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Full text of "schmeisky_schwaben_giengen"

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Schaller, Heinrich: Maschinenschriftliche Noti 
räten in Heidenheim (1957), Kreisarchiv en a 
Bü. 4/0121. 
AVB, Bd. 26. 
Schaller 0. Anm. 99. 
Bü. 4/0121. 
AVB, Bd. 27. 
Schaller 0. Anm. 99. 
Bü. 4/0121. 
mike Anm. 99. 
eıdenheimer Zeitung vom 9. Januar 
Kreisarchiv Burkeigsiis, m, e. 
Kreissparkasse Heidenheim, Personalakten. 
u Heldenhnisn, Personalakten. 
efonische Auskun i 
Zabem en ei aus Commerzbank Mannheim und Telefonat mit Dr. von 
Kreisarchiv Heidenheim, Personalakten. 
Kreisarchiv Heidenheim, Personalakten. 


Kreisarchiv Heidenheim, Jahresberichte der Kreisverwaltung 1973-1989 


Abbildungsnachweis: 


Abb. 
Abb. 
Abb. 


1.3 Landesbildstelle Württember 


2 a f 9 Württembergische Landesbibliothek 


10 — 17 Kreisarchiv Heidenheim 


Sind die Schwaben doch wie die Hasen! 


Zum Siegesjubel in Bayern nach der Schlacht von Giengen 


Günter Schmeisky 


Das ausgehende Mittelalter war gewiß keine friedliche Zeit. Aus der Konkurrenz 
unzähliger Fürsten-, Adels- und Stadtherrschaften erwuchsen immer neue Konflikte. 
Das Kaisertum war als machtvoller Ordnungsfaktor längst ausgefallen. 

Unter unzähligen Fehden und Kriegen des 15. Jahrhunderts ragt der Konflikt heraus, 
der zwischen dem Hohenzollern Markgraf Albrecht II. Achilles von Brandenburg- 
Ansbach und dem Wittelsbacher Herzog Ludwig IX., dem Reichen, von Niederbay- 
ern-Landshut ausgetragen wurde. Ausgangspunkt war Albrechts Streben, den vereinzel- 
ten fränkischen Besitz seines Hauses zu einer großen zusammenhängenden Territorial- 
herrschaft auszubauen, einem neuen Herzogtum Franken etwa. Dies entsprach zwar 
dem allgemeinen Grundzug reichsfürstlicher Politik dieser Zeit, berührte aber ver- 
ständlicherweise die Interessen der diesem Raum benachbarten alteingesessenen Dyna- 
stien, vor allem der Wittelsbacher. Dieses wiederum mußte Friedrich III. auf den Plan 
rufen, weniger als Kaiser, vielmehr als zu Wittelsbach in Konkurrenz stehender Habs- 
burger. So scharten sich schnell um die beiden Kontrahenten zahlreiche Verbündete. 
Um Albrecht Achilles, um nur die wichtigsten zu nennen, der Kaiser, demzufolge zahl- 
reiche Reichsstädte, und die beiden Grafen von Württemberg, um Ludwig der Kurfürst 
von der Pfalz und vor allem der in Konkurrenz zu Habsburg stehende Böhmenkönig 
Georg Podiebrad. Aus der Fehde zweier Fürsten wurde somit ein Reichskrieg, in wel- 
chem der Markgraf die Funktion eines kaiserlichen Reichsfeldhauptmanns ausübte. 

Die militärischen Auseinandersetzungen fanden, mit einer langen Phase des Waffen- 
stillstands, zwischen 1460 und 1462 statt. Höhepunkt und Abschluß waren praktisch 
die beiden Schlachten von Seckenheim (30. Juni 1462) und Giengen (19. Juli 1462). In 
Seckenheim war es Pfalzgraf Friedrich dem Siegreichen gelungen, drei seiner Hauptgeg- 
ner, Markgraf Karl von Baden, Bischof Georg von Metz und Graf Ulrich V. von Würt- 
temberg-Stuttgart, sogar gefangenzunehmen, so daß nach der Niederlage Albrechts bei 
Giengen und einigen erfolglosen Belagerungen im folgenden Jahr der Frieden vermit- 
telt werden konnte. 

Wenn nun Volker Himmelein (S. 24) schreibt, daß beide Schlachten „bei den Zeitge- 
nossen gewaltiges Aufsehen‘ erregt hätten, in „zahlreichen Chroniken und Berichten 
erwähnt, in Sprüchen und Liedern verewigt‘ worden wären, so ist zu bedauern, daß 
in den gängigen Ausgaben politischer Lyrik des Mittelalters zwar Lieder zu Secken- 
heim, nicht jedoch zu Giengen enthalten sind (vergl. etwa Liliencron Nr. 113, 114, 115 
bzw. Müller 197 ff.). Andererseits erwähnt Wilhelm Heyd in seiner Bibliographie unter 
der Nummer 4593 die Verse eines Johann, Vikars von Lochkirchen, über die Schlacht 
von Giengen. 

Dieses Gedicht, bestehend aus 34 leoninischen Hexametern, findet sich auf dem Vor- 
satzblatt eines Folianten des ehemaligen Augustiner-Eremiten-Klosters Seemannshau- 
sen, Landkreis Rottal/Inn, der heute unter der Signatur clm 17 661° (Seemannsh. 61°) 


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20 


25 


30 


Anno milleno 

dux Ludowicus, 
obtinuit castrum 

de curribus factum, 
In quo marggravius 
de Brandenburg natus 
et secum partes 
Auspurg, Ulm, plures, 
comites et nobiles, 
Swevi, Francones 
Bavaros videntes, 
consilium ineunt, 

et hi fugam capiunt, 
Fugam dederunt 
Multi prostrati 

ad flumen fugiunt 
Est generale 

quod omnes Swevi 
et historiam scıo, 
Dux Ludowicus, 
stragem per talem 
et alii plures, 

et sapientes 
Clusener, Tauffkircher, 
et sunt quam plures 
De isto proelio 
Reddentur per rura, 
Auspurg panerium 
de Ulma tertium, 
Ideo cantamus, 
cum Ludowico, 
Johan, vicarius 

fecit haec metra, 


34 omnia non omnes 


quadringentesimo sexagesimoque secundo 
justitiae verus amicus, 
prope Gengen civitatem, 
sagittis bene munitum. 
regnavit ut dominus, 

et Bavaris semper ingratus, 
civitates imperiales, 

triginti sex nominatas, 
rusticis fore meliores. 
milites ceterique barones, 
secum pugnare volentes, 

ut hi, qui vivere volunt, 

ne mala morte peribunt. 

et in fuga perierunt. 
undique multi vulnerati 

et submersi perierunt. 
proverbium et speciale, 

ut lepores sunt anımosı, 
pro nunc non scribere volo. 
marggravio tunc inimicus, 
habitum meruit militarem, 
in terra tunc potiores 

et stragem inicientes, 
Pfeffinger Wilhelmque Träuner, 
terdecem non pauciores. 

sit laus et gloria Christo. 
ducunt paneria plura. 

fuit marggravii primum, 
per suldanos laceratum. 
laudes Deo referamus 

duci nostro et amico. 

de Lochkirchen nominatus, 
qui vult, hic corrigit illa, 
possunt, ubicumque videri. 


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zu den Beständen der Bayerischen Staatsbibliothek in München gehört. Diese Hand- 
schrift enthält nach dem Verzeichnis von Karl Halm und Wilhelm Meyer überwiegend 
Legenden und Predigttexte verschiedener Herkunft. Halm und Meyer nennen die Jah- 
reszahl 1401, der Aufkleber des Buchrückens trägt die Zahl 1440. 

Daß es sich um einen Nachtrag handelt, legen der Ort des Eintrags, die Zeitverhält- 
nisse, aber auch der von der übrigen Handschrift abweichende Charakter des Inhalts 
nahe. Zahlreiche Versehen des Schreibers lassen zudem erkennen, daß es sich um eine 
unkonzentrierte, wenn auch korrigierte Abschrift handeln muß. In Vers 1 scheint mir 
die Schreibung der Ordinalzahl 1462 darauf hinzudeuten, daß in der Vorlage Ziffern 
gestanden haben, die der Abschreiber infolge mangelnder Lateinkenntnisse nur unvol]- 
ständig in Worte umzusetzen verstand. Vers 4 wurde übersehen, später auf dem Rand 
nachgetragen. In Vers 15 ist der Schreiber zunächst um zwei Wörter zurückgesprungen, 
hat „undique“ anstelle des graphisch ähnlichen ‚vulnerati“ geschrieben. In Vers 21 ist 
„meruit“ verschrieben, ebenso beginnt Vers 24 mit einer Verschreibung, einem hier 
überflüssigen „et“. Die in den Versen 28 f. fehlende zweite Fahne scheint mir dagegen 
inhaltlich bedingt, nämlich auf Vers 8 bezogen. 

Doch bevor wir den Dichter selbst zu Wort kommen lassen, seien noch einige wenige 
Worte zur Textgestalt erlaubt. Bei der Wiedergabe des lateinischen Textes habe ich mich 
an der heute in Schulbüchern üblichen Orthographie orientiert, jedoch vermieden, in 
den Lautstand einzugreifen. Die zugegeben üppige Zeichensetzung soll allein dem Ziel 
dienen, dem weniger geübten Lateiner einen bequemeren Zugang zu Textstruktur und 
Inhalt zu ermöglichen. Nur dieser Aufgabe hat auch die Übersetzung zu dienen, die 
sich deshalb in wenigen Fällen, wo es die Verständlichkeit erfordert, kleine Freiheiten 
herausnimmt. Es versteht sich von selbst, daß jede Übersetzung, ja schon jede Komma- 
Setzung bereits eine Interpretation darstellt. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, auf die 
abgebildete Handschrift zurückzugehen. 


(1) Im vierzehnhundert und zweiundsechzigsten Jahr eroberte Herzog Ludwig, ein 
wahrer Freund der Gerechtigkeit, ein Kriegslager in der Nähe der Stadt Giengen, das 
aus Wagen errichtet und durch alle Arten von Geschossen gut gesichert war. (5) In die- 
ser Wagenburg herrschte der Markgraf, der aus Brandenburg gebürtig und den Bayern 
von jeher feindlich gesonnen war, wie ein Herr, und er hatte als Verbündete einige 
Reichsstädte wie Augsburg, Ulm und weitere, insgesamt waren es 36 namhafte Städte, 
sowie etliche Grafen und Edle, unseren Bauern sollten sie eigentlich überlegen sein. (10) 
Als nun die schwäbischen und fränkischen Ritter sowie die anderen Freiherren unsere 
Bayern erblickten, die mit ihnen kämpfen wollten, faßten sie den Beschluß, daß diejeni- 
gen, die am Leben bleiben wollten, die Flucht ergreifen, um nicht eines bitteren Todes 
zu sterben. (14) Sie begaben sich auf die Flucht und kamen auf der Flucht um. Überall 
lagen viele Gefallene, von überall her flohen viele Verletzte zum Fluß und ertranken. 
(17) Es gibt ja ein allgemein bekanntes, hier besonders passendes Sprichwort, daß alle 
Schwaben Hasenfüße sind, und ich kenne eine Geschichte, die ich jetzt aber nicht nie- 
derschreiben möchte. (20) Herzog Ludwig, dem Markgrafen damals feindlich geson- 
nen, verdiente durch dieses Gemetzel militärischen Ruhm und mehrere andere, alsdann 
noch mächtigere und weise und Verderben bringende Männer wie der Klausner, Tauf- 
kirchner, Pfeffinger und Wilhelm Trauner, und zwar sind es so um die dreizehn. Chri- 


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stus sei für diesen Kampf Lob und Preis. (27) Bald werden sie durch das Land nach 
Hause ziehen, sie führen viele erbeutete Truppenfahnen mit sich. (28) Die Augsburger 
Fahne war aus dem Heer des Markgrafen als erste erobert worden, die von Ulm als 
dritte, von Söldnern zerfetzt. (30) Deshalb jubeln wir, laßt uns Gott unseren Dank 
abstatten, zusammen mit Ludwig, unserem Herzog und Freund. (32) Johann, den man 
Vikar von Lohkirchen nennt, hat diese Verse geschmiedet, und wer will, der kann sie 
verbessern, denn man kann ja nicht alles können, wie die Erfahrung lehrt. 


Erläuterungen | 
v.3 Die als „Schlacht von Giengen“ in die Geschichtsbücher eingegangene Erobe- 
rung der markgräflichen Wagenburg fand am Montag vor Maria Magdalena, am 19. Juli 
1462, statt. Über die Größe der beiden Heere finden sich in den Quellen widersprüch- 
liche Angaben, sie dürfte bei etwa 10 000 Mann auf seiten Ludwigs und etwa 7 000 
Mann auf seiten Albrechts gelegen haben. 

V.4 Von taktischem Einsatz und Feuerkraft einer Wagenburg gibt der Meistersänger 
Hans Rosenplüt in einem Lied über das Gefecht von Hembach (1450) ein recht 
anschauliches Bild (zitiert nach Würdinger 384 f.): 


„Die von Nürnberg schickten aus ein Thier, 

Das war so grausamlich gestalt, 

Das ging aus in der Wochen zwier, 

Das Thier hat viel ir Feind bezalt; 

Das Thier gab aus Stein, Blei und Pfeil, 

Das haben Ritter und Knecht eingenommen; 
In Tag und Nacht reist es zwölf Meil 

Und ist allzeit ganz heim hin kommen, 
Man hätt oft scharf auf es gewart 

Mit Reutern und mit Wagenpurgen, 

Das Thier das stund oft vest und hart, 

Daß es konnt Niemand nieder wurgen; 

Das Thier das hett ein Rüssel vorn 

Mit tausend Büchsen- und Armbrustschützen, 
Ein König macht wohl fürchten seinen Zorn, 
Das Thier mit seinen messein Spritzen, 
Zweitausend Spießer warn sein zwei Seiten 
Und auch sein Bauch, das ist kein Scherz, 
Sein Zagel waren sechshundert Reiten, 
Achthundert Schweizer waren sein Herz; 
„Ein Wagenburg so heißt sein Nam.“ 


Die wörtliche Übersetzung „mit Pfeilen gut gesichert‘ erscheint mir deshalb kaum 
möglich. 
V.6 Die Formulierung „semper“, von jeher, wird man nicht wortwörtlich nehmen 


dürfen. 
Ludwig und Albrecht waren nämlich Vettern, über ihre Jugend schreibt Johann Georg 


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von Lori (272 f.) 1772: „Ludwig wurde, fern von dem Hoflager in Landshut, bis in das 
30. Jahr auf dem Schloß Burghausen, in Gesellschaft seines Vaters Schwester Sohn, 
Markgraf Albrechts von Brandenburg, mehrer als ein Schatz verwahrt, als wie ein 
Prinz erzogen. Alles versaumte man, was seine von der Natur empfangene fürtrefliche 
Gaben verschönern konnte. Auch den nothwendigen Unterhalt reichete man ihm nur 


sparsam, so daß er mit seinem Vetter in einem Bette schlafen, und an anständiger Klei- 
dung öfters Mangel leiden muste‘“ 


V.7 Die Angaben über die Zahl der mit Albrecht verbündeten Reichsstädte gehen in 
der Literatur etwas auseinander, die Zahl 36 habe ich nirgends gefunden. 

Stälin S. 533, Anm. 2 nennt die Zahl 31, Würdinger 39 die Zahl 32, Stadlinger 186 f., 
Anm. 1 zählt die Namen von 31 Reichsstädten auf, Würdinger 44 zitiert einen Zettel 
mit den Aufgeboten von 31 namentlich genannten Städten. 

Augsburg und Ulm erscheinen jeweils an erster und zweiter Stelle der Listen, weil sie 
die größten Aufgebote zu stellen hatten. 


V. 15 Der Übersetzung liegt die Auffassung zugrunde, daß sich das Adverb „undique“ 
gleichmäßig auf die parallel angeordneten vorausgehenden und nachfolgenden Worte 
bezieht, also eine constructio apo koinu vorliegt. 

V. 16 Eine Karte über den Ort der Schlacht findet sich bei Zenetti, die bei Hodum, 
Giengen ’87, S. 14 abgedruckt wird. Bei Stälin 540, Anm. 1 finden sich die folgenden 
Angaben: „Die Oertlichkeiten werden im Regensburger großen Stadtbuch also 
bezeichnet: „der Markgraf und die Städte lagen mit ihrer Wagenburg bei der Stadt Gin- 
gen enseits [jenseits] des Wassers Gingen [Brenz] daselbs;“ Herzog Ludwig „kam mit 
Gewalt über das Wasser und griff den Markgrafen in der Wagenburg an‘ Nach Hans 
Magensreitter war die Stellung der Baiern vor der Schlacht: „enhalb jenseits, gegenüber 
von] Güssenberg und des Wassers [der Brenz] auf der Loe [Erhöhung] “ Schedel läßt 
den Herzog Ludwig nach beendigtem Ritterschlag pertransire ripam““ 


V.18 Eine auffallend ähnliche Formulierung findet sich in der Einlage einer Nürnber- 
ger Chronik: „...aber des reichs hewptmans riterschaft bestanden als dy hasen, als der 
Swaben und ir genosen recht ist‘ (zitiert nach Kluckhohn 376). 

Wanders „Deutsches Sprichwörter-Lexikon“ führt unter dem Lemma „Schwabe“ meh- 
rere Sprichwörter auf, in denen die Schwaben als Hasenfüße verspottet werden. Als Bei- 
spiele: „Der Schwabe hat kein Herz, aber zwei Magen‘“ (Nr. 12) „Man findet eher 
einen beherzten Schwaben, einen weissen Raben, trocknes Wasser, einen mässigen Pras- 
ser, einen schwarzen Schimmel, einen viereckigen Himmel, bei den Schnecken das 
Blut, als einen Geizhals, der Gutes thur““ (Nr. 16) 

Wie nahe dies, bezogen auf die württembergischen Truppenkontingente im Heer des 
Markgrafen, der Wahrheit gekommen sein mag, bestätigt ein Brief des Feldhauptmanns 
Hanns von Rechberg an Graf Ulrich V. von Württemberg-Stuttgart, den Vielgeliebten, 
aus dem Jahr 1461: „Wenn die Ausreißer nicht ernstlicher bestraft würden, liefen 
zuletzt alle davon und ließen ihn allein, im ganzen Heere gebe es keine ungezogenere 
und verworrenere Leute als die württembergischen, sie kümmerten sich um Niemand“ 
(zitiert nach Stadlinger 186). 

Zur Ehrenrettung der Schwaben sei jedoch erwähnt, daß es daneben Beispiele zuhauf 
für die kriegerische Tüchtigkeit der Schwaben gibt, wie zum Beispiel: „Die Schwaben 


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i ieht“ r Nr. 5) „Die Schwaben fechten dem Reiche vor.“ 
en ie sich N “ (Ludwig Uhland, Schwäbische Kunde). 
x E Tu der mir zugänglichen Literatur über die Schlacht von Giengen Ba 
Einen der hier genannten Namen auffinden, obwohl zum Beispiel Würdinger 40 f. u. 
53 ff. umfangreiche Namenslisten von Kampfgenossen Ludwigs ja . ai 
Die Taufkircher erscheinen bei Zedler und Kneschke als altes freiherr = es, on grä 
liches Geschlecht in Bayern. Kneschke ad 148 N einen Christoph I., ver 

i i von Trauner, um 1 err in Klebing. 
Er .. bei Zedler als rei aufgeführt, das um 1500 die 

ürde in Niederbayern innegehabt hat. 

pen von ei Bd. 9, S. 256 als ein im 16. und 17. Aare 
in Bayern vorgekommenes Adelsgeschlecht erwähnt. Hund 39 f. bringt eo. ic 2 
Angaben über einen Wilhelm Trauner, Pfleger zu Traunstein und Raschenl a: (a 
1475), Pfleger zu Reichenhall (ab 1487), der im Jahre 1502 verstarb und in Ar eer- 
digt wurde. Nimmt man hinzu, daß nach Hund dessen Schwägerin Fre ® ereits 
1460, deren Ehemann Rudolf, Wilhelms Bruder, 1474 verstorben sind, c u ai 
dieser Wilhelm Trauner sein, der als junger Mann bei Giengen mitgekämpft und hier 
Erwähnung gefunden hat. 


v.27 Die zahlreichen erbeuteten Kriegsfahnen ragten an ideeller Bedeutung aus der 
ch materiell reichen Beute heraus. Würdinger 55 schreibt: „Das Reichsbanner, des 
Kaisers Panier mit dem Doppeladler und den Wappen der Reichsstädte, die Fahne des 
Markgrafen mit dem rothen Adler und des Reichsmarschall Pappenheim s Reiterfahne 
bewahrten lange im Saale zu Burghausen das Gedächtniß an diesen Tag: 
V.29 Das Substantiv „suldanus‘ konnte ich in keinem der mir verfügbaren Wörterbü- 

“ ie Ü i hlossen. 

her finden, die Übersetzung ist aus dem Kontext ersc 
Söldner aus deutschen Landen, der Schweiz und Böhmen, haben auf beiden Seiten in 
der Schlacht von Giengen mitgekämpft (vergl. z. B. Kluckhohn 213; Martens 136; Stad- 
linger 188; Stälin 540; Würdinger 42). E= | 
V. 32 Den Namen des Dichters habe ich in keinem der mir zugänglichen Lexika 
gefunden. Vorerst muß auch offenbleiben, ob neben dem nahe bei Seemannshausen lie- 
genden Lohkirchen bei Mühldorf nicht auch das Lohkirchen bei Erding für seine 
Pfarre in Frage kommt. 


Was ist nun von diesen Versen zu halten? Welche Funktion könnten sie einmal 
ehabt haben? . 
; Zunächst fällt auf, daß der Dichter nur über ungenaue Information verfügt haben 
dürfte. Daß der Kaiser und der König von Dänemark mit der einen Seite, der König 
von Böhmen mit der anderen Seite, neben zahlreichen weiteren Fürsten, verbündet 
waren, fehlt. Als Verbündete Albrechts erscheinen lediglich Reichsstädte und nament- 
lich nicht genannte Adelige, Ludwig scheint sogar ganz ohne Verbündete gewesen zu 
sein. 

Auf den Verlauf der Kampfhandlungen geht das Gedicht kaum ein, obwohl diese in 
anderen Quellen detailliert geschildert werden. Sogar der Name des Flusses, der Brenz, 
in dem die Flüchtenden ertranken, fehlt. Von den eroberten Feldzeichen werden zwar 


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die Fahnen Augsburgs und Ulms erwähnt, die doch wertvolleren Fahnen von Kaiser 
und Fürsten hingegen fehlen. 

Weiterhin erwähnt Johann keinen der Heerführer Ludwigs, dagegen die Namen von 
vier unbedeutenden Adeligen, ja sogar die nicht weiter erklärte Zahl 13 (V. 24 f.). 

Wußte Johann überhaupt um die enge Verwandtschaft zwischen Ludwig und 
Albrecht? 

All dies scheint mir jedoch dann zusammenzupassen, wenn man in diesen Versen ein 
Gedicht sieht, das für einen konkreten Anlaß und für einen kleinen, lokalen Kreis ver- 
faßst wurde. Ausgehend von Vers 27, möchte ich dann interpretieren, daß der Rück- 
marsch der siegreichen Kämpfer in die Heimat unmittelbar bevorstand, ihre Heimkehr 
erwartet wurde, das Gedicht zum feierlichen Einzug der Helden in die Pfarrei vorberei- 
tet wurde. 

Welchen literarischen Rang wird man den Versen zuschreiben können? Sicherlich 
handelt es sich bei dem Hilfspriester von Lohkirchen um keinen zu Unrecht in Verges- 
senheit geratenen Dichter des 15. Jahrhunderts. Andererseits scheinen mir diese Verse 
doch ein schönes Zeugnis dafür zu sein, wie weit der Geist der Renaissance im Einzel- 
fall bis in die Provinz dringen konnte. Konnte man sich nicht in der Tat in die Zeiten 
eines Vergil oder Horaz, oder eines Archipoeta, zurückversetzt fühlen, wenn im Tri- 
umph einziehenden Siegern lateinische Verse, in durch Binnenreim komplizierterem 
klassischem Versmaß, entgegenklangen? 


Mein besonderer Dank gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Handschriftenabteilungen 
der Bayerischen Staatsbibliothek in München und der Württembergischen Landesbibliothek in Stutt- 
gart, hier vor allem Frau Dr. Herrad Spilling, aber auch zahlreichen Kolleginnen und Kollegen am 
Margarete-Steiff-Gymnasium in Giengen, hier vor allem Frau Ingeborg Kick, deren vielfältige, kaum 
aufzählbare Hilfeleistungen diese Arbeit erst möglich gemacht haben. 


Abbildungsnachweis: 
Bayerische Staatsbibliothek München, clm 17 661° (Seemannsh. 61°) 


Literatur: 


Bachmann, Adolf: Deutsche Reichsgeschichte im Zeitalter Friedrichs III. und Max I., 1. Bd. (Leipzig 
1884). 


Fischer, J./ Amelung, P./ Irtenkauf, W. (Bearbeiter): Württemberg im Spätmittelalter. Ausstellung des 
Hauptstaatsarchivs Stuttgart und der Württ. Landesbibliothek. Katalog (Stuttgart 1985). 


Halm, Karl/Meyer, Wilhelm: Catalogus codicum Latinorum bibliothecae regiae Monacensis, 2 Teile 
(München 1868 - 91). 


Heyd, Wilhelm: Bibliographie der württembergischen Geschichte, 2. Bd. (Stuttgart 1896). 
Himmelein, Volker: Eberhard, der mit dem Barte (Tübingen 1977). 


Hodum, Karl „Die Schlacht bei Giengen 1462“ in: Gemeinde Hermaringen, Mitteilungsblatt (19. 
November 1987), S. 3 f., oder in: Unsere Stadt, Giengen ’87 (Giengen 1987), S. 12 ff. 


Hund, Wiguleus: Stammenbuch (Ingolstadt 1586). 
Kluckhohn, August: Ludwig der Reiche, Herzog von Bayern (Nördlingen 1865). 
Kneschke, Ernst Heinrich: Neues allgemeines Deutsches Adels-Lexikon (Leipzig 1859-1870). 


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Lilienchron, Rochus von: Die historischen Volkslieder der Deutschen vom 13. bis 16. Jahrhundert, 
ili ‚Ro 
4 Bände (Leipzig 1865-1869). ee ns kn, 
1 i er 
i Georg von „Abhandlung von Ludwig dem Reichen, Herzoge in Baiern, Stifter ( 
e. en in Ingelad abgelesen an dem Geburtstage Sr. Churfürstl. Durchl. den er März, 
Bo in: Abhandlungen der churfürstlich-baierischen Akademie der Wissenschaften, V. Band (Mün- 


chen 1772), S. 269-306. BR 
Magenau Rudolf Friedrich Heinrich: Der Güssenberg und die Güssen (Ulm 1823). 
Ders.: Historisch-topographische Beschreibung der Stadt Giengen an der Brenz (Stuttgart 1830). 


i i ärtigen Gränzen des Königreichs Württem- 
Karl von: Geschichte der innerhalb der gegenwärtigen Gi 
Ev orgefallenen kriegerischen Ereignisse vom Jahr 15 vor Christi Geburt bis zum Friedensschlusse 


1815 (Stuttgart 1847). on “= 
Müller, Ulrich: Politische Lyrik des deutschen Mittelalters. Texte II (Göppingen 1974) = Göppinger 
Arbeiten zur Germanistik Nr. 84. j 
Stadlinger, Leo Ignaz von: Geschichte des württembergischen Kriegswesens von der frühesten bis zur 
neuesten Zeit (Stuttgart 1856). 

Stälin, Christoph Friedrich von: Württembergische Geschichte in 4 Teilen, Teil 3 (Stuttgart 1856). 
Wander, Karl Friedrich Wilhelm: Deutsches Sprichwörter-Lexikon, 4. Bd. (Leipzig Bar). 
Würdinger, Josef: Kriegsgeschichte von Bayern, Franken, Pfalz und Schwaben von 1347 bis 1506, 2. 
Bd. (München 1868). Bi 

Zedler, Johann Heinrich: Großes vollständiges Universal-Lexikon (Halle und Leipzig 1732 - iss 
Zenetti, Paul „Die Schlacht bei Giengen“ in: Der Hellenstein, Beilage zur Heidenheimer Zeitung 
(16. März 1957). 


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