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BOSTÜNIENSIS
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JA'Vr i:i;:h(jC!;T
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J 1
SCHMIDTS
JAHRBÜCHER
DER
IN- UNI) AUSLÄNDISCHEN
GESAMMTEN MEDICIN.
HERAUSGEGEBEN
VON
P. J. MÖBIUS UND E DIPPE
IN LEIPZIG.
JAHRGANG 1903. BAND 279.
LEIPZIG
VERLAG VON 8. HIRZEL.
1903.
s^
f\A'
iiif unb au0f(änMfc$ett gefamm^en (Utebicin.
B<L 279.
190a
HeftL
A. Originalabhandlungen und Uebersichten.
Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete der Anatomie
des Centrahiervensystems in den Jahren 1901 und 1902.^)
Von
L. Edinger in Frankfurt a. M. und A, Wallenberg in Danzig.
Die Aufgabe, die seit dem Erscheinen dieses
Berichtes, seit 1885, gestellt war, möglichst voU-
stftndig und objektiv, aber nicht ohne eine gewisse
Kritik über die einschlagenden Arbeiten zu refe-
riren, wird immer schwieriger. Die Summe der
Publikationen wächst st&ndig, wir sind in eine
Periode der Detailarbeit eingetreten. Immer sel-
tener werden die Arbeiten, die mit einem Male
unsere Eenntniss nach ungeahnten Seiten erwei-
tem, immer leichter wird es auch für fast un-
geübte, Bekanntes nachzuprüfen, Bestätigungen und
Einzelheiten zu veröffentlichen. Schon im vorigen
Berichte wurde hervorgehoben, dass der Menge
neugedruckter Arbeiten nicht ein entsprechend
grosser Fortschritt gegenüberstehe. Das gilt in
noch erhöhtem Maasse heuer, wo durch die 632
(meist referirten) Aufsätze der Umfang des Be-
richtes wieder zunehmen musste, ohne dass dem
Leser ein entsprechender Gewinn wird. Es darf
wohl einmal ausgesprochen werden, dass es besser
wäre, wenn Arbeiter, die nicht genügend Zeit oder
Kraft haben, ihre Beobachtungen breit anzulegen
oder durch längere Arbeit zu controliren , besser
andere Arbeitgebiete in Angriff nähmen, als gerade
die Himanatomie, wo durch vereinzelte, oft kaum
controlirbare Behauptungen das ohnehin schwer
übersehbare Bild immer wieder unnOthig getrübt
wird. Sehr stOrend und auch wissenschaftlich
unrichtig ist die Methode des schnellen Publicirens
von Einzelheiten, denen dann der weiterarbeitende
«) Vgl Jahrbb. CCLXXI. p. 17.
Med. Jahrbb. Bd. 279. Hft. 1.
Autor in kurzer Folge immer neue Zugaben folgen
lässt. Zu einer Ausreifung kommen so Arbeitende
nie. In diesem Berichte wird man oft genug dem
gleichen Namen je mit einer Mittheilung 2- und
3mal begegnen.
Wenn wir das Neuerblühen der Himanatomie
etwa von 1885 datiren, so sind bis heute circa
3600 Arbeiten nach Ausweis dieser Berichte er-
schienen, die Bausteine eines stattlichen Baues.
Dem gegenüber wird natürlich auch eine aus-
reichende Benutzung der Literatur immer schwerer,
und häufen sich die „Neuentdeckungen^^ Sogar
Dinge, die längst in den Lehrbüchern stehen,
werden immer wieder neu gefunden. Fast ganz
verloren geht, wie es scheint, die Kenntniss von
dem, was die Autoren aus der Mitte des vorigen
Jahrhunderts, Stilling, Qudden, Meynert
u. A., gefunden, ja es scheint, als wäre deren Minder-
achtung geradezu universell, als gelte keiner ihrer
Funde mehr, weil bessere Methoden vorhanden
sind, die, wie der Kundige sieht, in sehr vielen
Fällen die Angaben unserer Klassiker direkt be-
kräftigen.
W^ geleistet wurde, vertheilt sich auf die
einzelnen Abschnitte diesmal ziemlich gleichmässig.
Es war kein einzelnes Feld da, auf das sich, wie
in früheren Jahren, mehrfach die meisten Arbei-
tenden begeben hätten. Die zum Theil wirklich
trefflichen Handbücher, die wir besitzen, erschienen
neu oder in Fortsetzungen, auf dem Qebiete der
Technik hat man endlich die Frage der Achsen-
cylinderßlrbung ernstlich in Angriff genommen,
1
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
vorläufig allerdings erst mit dem Resultate, dass
Achseneylinder nicht weiter geförbt werden können,
als sie mit Mark umgeben sind. In der Histologie
des Centralnervensystems wird auf den mannig-
fachsten Wegen versucht, dem als Neuron bekann-
ten Begriff näher zu kommen oder auch dessen
IrrthQmlichkeit zu beweisen. Auch nach Kennt-
nissnahme aller vorgebrachten Einwände dagegen
scheint uns heute noch kein Grund vorzuliegen,
das Neuron in dem Sinne, wie wir es im Bericht
1898 definirt, als funktionelle und biologische
Einheit aufzugeben. Vielleicht aber müssen wir
manche der älteren Nebenhypothesen fallen lassen,
z. B. die von dem unicellulären Ursprung aUer
peripherischen Nerven. Es liegen nun genügend
Angaben vor, die beweisen, dass es Nervenfasern
giebt, die aus mehreren Zelleneinheiten bestehen.
Viele Erfahrungen beweisen aber, dass mindestens
bei den Säugern immer der ganze Nerv unter dem
biologischen Einflüsse der centralen Zelle steht,
die seinem Ursprungstücke angehört. Der Nach-
weis multicellulftrer Nerven, der übrigens bei den
Säugern noch nicht geglückt ist, würde an sich
die Neurontheorie nicht erschüttern. Die Neuron-
theorie ist keine Religion ihrer Bekenner, wie
einige ihrer Angreifer zu meinen scheinen, son-
dern eine Hypothese, eine sehr fruchtbare Hypo-
these bis jetzt; aber, sagte einst Char cot, „eine
Hypothese ist wie ein Hemd, man muss sie haben,
aber man muss wissen, wann man sie zu wech-
seln hat'^ Auf dem wichtigsten Qebiete der Zellen-
histologie, auf dem der Fibrillenanatomie, ist heuer
nur wenig Sicheres zu Tage getreten. Nur eine
verbesserte Technik, nur neue Versuchsanordnun-
gen können uns auf dem schwierigen Qebiete
voranbringen.
Unsere Eenntniss der Orosshimfaserung scheint
sich einem Abschlüsse zu nähern, wenigstens für
die bisherige Technik. Was von pathologischen
Erfahrungen u. s. w. beigebracht wird, stimmt im
Wesentlichen mit dem, was man erwarten konnte.
Nur für den Fomix und die Faserung am Septum
haben wir Wesentliches neu erfahren. Auch hier
wäre übrigens bei früherer Berücksichtigung der
vergleichenden Anatomie viel Arbeit und mancher
weite Umweg erspart geblieben. Sehr erfreulich
sind die Ergebnisse, die die experimentelle Be-
arbeitung des Thilamtis gezeitigt hat. Einerseits
bestätigten sie, wie richtig im Wesentlichen unsere
bisherigen Anschauungen waren, andererseits haben
endlich Verletzungen des Thalamus selbst zu einer
besseren Eenntniss der da entspringenden Bahnen
geführt. Diese bessere Kenntniss und der Nach-
weis, dass Unterbrechungen der Pyramidenbahn
allein bei Thieren nicht zu Lähmungen führen,
haben dann den Zügen aus dem Thalamus u. s. w.,
die zum Rückenmarke oder doch zur Oblongata
abwärts ziehen, neue Wichtigkeit verschafft. End-
lich kommt man auch in der Säugeranatomie zu
der längst für die niederen Vertebraten bewiesenen
Auffassung, dass es ausser den cortikalen Bahnen
andere grundlegende Bahnen für den Mechanismus
der Motilität giebt. Die Frage steht noch immer
so : Welche Wertigkeit haben die in der Säuger-
reihe allmählich zunehmenden direkten Bahnen
zwischen den motorischen Endstationen und der
Rinde? Was die sensiblen Bahnen angeht, so wird
jetzt allmählich ziemlich allseitig anerkannt, dass
die sekundäre Bahn nicht weiter frontal als bis
zum Mittelhirn und Thalamus reicht, ebenfalls ein
durch die vergleichende Anatomie längst gewon-
nener Standpunkt Der grosse Wirrwar, der bis
vor Kurzem in dem herrschte, was man als „Schleife^*
bezeichnete, schwindet.
Die Anatomie des Kleinkimsj die in den Vor-
jahren wesentlich durch Beschreibungen der mannig-
fachsten Zellenformen dargestellt war, beginnt nun
auch festere Formen anzunehmen. Der Nachweis,
dass das Gerebellum bei niederen Vertebraten kaum
etwas anderes ist, als die Aufnahmestätte für sen-
sible Bahnen und ihre Verknüpfung mit dem
Zwischen- und Mittelhirn, dann die von verschie-
denen Seiten in Angriff genommene Revision der
lange vernachlässigten Farchung und Lappen-
bildung, einige geschickt hergestellte experimen-
telle Degenerationen von Eleinhimarmen , seien
hier schon erwähnt. Wenig wirklich Neues bringen
die Arbeiten über die Oblongata. Die Frage nach
der Bedeutung der einzelnen Vagusäste, die viel-
fach gerade von Laryngologen bearbeitet wurde,
nähert sich durch diese Beihülfe ihrem Abschluss.
So hat auch die Beihülfe, die für die Chiasmafrage
und die Frage nach dem Ursprung der Ocnlo-
motorii gerade von ophthalmologischer Seite ge-
währt wiude, dort zu einem gewissen Abschlüsse
geführt. Man findet in diesem Berichte kaum
hierher gehörige Arbeiten referirt, während frühere
Jahresberichte oft mehr denn ein Dutzend Studien
über jedes der beiden Themata gebracht haben.
Das Rückenmark ward während der Beriohtzeit
ganz vorwiegend auf seine segmentalen Verhält-
nisse hin untersucht; die Form Veränderungen, die
Lokalisationen der Muskelkerne in den einzednen
Hohen spielen eine grosse Rolle. Daneben wurde
einzelnen Bahnen, die noch ungenügend bekannt
sind (es sind ihrer recht wenige), ein erneutes
Studium zu Theil.
Auf vergleichend^anaiomischem Gebiete nahmen
die Entwickelung der Eopfganglien und die Ein-
theilung der Eopfherven natürlich wieder das
Interesse vieler Forscher in Anspruch. Man be-
ginnt nun auch endlich, die Fische gerade auf
diese Punkte hin genauer zu untersuchen, wie
denn überhaupt die Anatomie des Gehirns niederer
und höherer Fische diesmal genauer bearbeitet ist.
Vergleicht man die geringe Zahl der über niedere
Qehirne Arbeitenden mit der grossen Zahl Jener,
die das Säugergehim durchforschen, so muss man
immer wieder bedauern, dass gerade dem Gebiete,
wo noch die meisten Probleme zu iGsen sind, am
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
wenigsten Interesse zugewandt wird. Wenn es
als unser Ziel gilt, den Qesammtmechanismus des
Centralapparates zu erforschen, so wird sein Stu-
dium dort, wo er relativ am einfachsten gebaut ist,
nicht ohne Schaden dauernd Ternachlässigt werden.
I. Handbfielier, Didakttsches u. s. w.
1) Ziehen, Th., Makroskopische u. mikroskopische
Anatomie des Gehirnes. 2. Lief. Jena 1903.
2)^cgt, Oskar, Nearologisohe A rbeiten. Serie I :
Beitrage zur Hirofaserlehre. 1) Zur Erforschaog der
HimfaBeniDg. 2) Die Markreifuog des Kindergehirns
wahrend der ersten 4 Lebensmonate a. ihre methodo-
logische Bedeutung. Mit einem Atlas von 175 lichtdmck-
tafek u. 25 Fig. Lief. 1. Vogt, Cecile, u. Oskar
Vogt, Zur Erforschaog der Himfaserung. 60Taf. u.
25 Fig. 2 Theile. Text u. Atlas. Jena 1902. 0. Fischer.
FoL 145 S. (Der Atlas enthält die Tafeln zum ganzen
Baode, während der Text nur Lief. 1 umfasst) 80 Mk.
3) Wilder, B. G., Artikel: Brain, In referenoe
Haodbook of the Medical Sciences. 1900.
4) Obersteiner, Heinrich, Anleitung beim
Stttdiam des Baues der nervösen Ceotralorgane im ge-
sunden u. kranken Zustande. 4. Auft. Wien 1901.
F.Deoticke. 250 Fig.
5) Dejerine, J., Anatomie des centres nerveux.
Avec la collaboration de Madame Deferine-Klumpke,
Tome deuxi^me, Fase. 1. Paris 1901.
6) Ellenberger u. Baum, Handbuch der ver-
gleichenden Anatomie der Hausthiere. 10. Aufl. Berlin
1902. A. Hirschwald. 565 Textfig.
7) J a k 0 b , C, Anatomia y fisiologia del sistema ner-
Tioso, eo 8US relationes con la psiquiaUia. Semaine med.
p. 403. 1900.
8)Ramön y Cajal, S., Textura del sistema ner-
TOGO del hombre y de los vertebrados, Estudios sobre el
plan estruotural y composioion histologica de los oentros
nerviosos adicionados de consideraciones fisiologicas fun-
dadas en los nuevos descubrimientos. 4.-6. Fasciculo
Madnd 1900— 1903. Nicolas Moya.
9) Rosin, H., Normale u. pathologische Histologie
des centralen Nervensystems, mit Berücksichtigung der
Nearontheorie. Deutsche Klinik, herausgeg. von Dr.
E. V. Leydm u. F, Klemperer 1902.
10) Descriptive and illustrated catalogue of the phy-
siological series of comparative anatomy contained in
the museum of the royal College of surgeons of England.
Vol n. 2. Edit London 1902.
ll)Lewellys, F.Barker, andPreston Kyes,
Od the teaching of the normal anatomy of the central
nervous System of human beings to large classes of medi-
cil students. Prooeed. of the Assoc. of Amer. Anat.
Foarteenth Session, held at Baltimore, Dec. 27. 28. 1900.
Z i e h e n 's (1) Beschreibung des Gehirns nimmt
ihren Fortgang. Das zweite Heft enthält die makro-
skopische Anatomie des Hinter- und Nachhirns.
Für Kleinhirn und Brücke werden auch viele
mikroskopische Abbildungen gegeben. Zu loben
und die breite Basis, auf der Z. seine Schilderung
aufbaut, die treffliche Benutzung der Literatur und
vor Allem die reiche Berücksichtigung der niederen
Himformen. Dieses Heft ist auch vortrefflich
iUutnrt Die Schlussabtheilung wird von der Be-
sdueibung des Vierhügel-Hirnschenkelgebietes ge-
Wet Es ist gar kein Zweifel, dass das Z i e h e n'-
sehe Buch die beste und vollständigste Darstellung
te toseren Oehirnformen bildet, die wir bis jetzt
haben. Wenn es vollendet ist, werden wir eine
Oesammtdarstellung des Gehirns besitzen, wie sie
wohl bisher von keinem anderen Organ gegeben
worden ist
Von dem Handbuche Ramön y Oajars (8)
ist der Halbband .erschienen, der die Medulla ob-
longata behandelt. In der Vollständigkeit der Dar-
stellung, in den reichen, klaren und lehrreichen
Abbildungen hat er alle Vorzüge, die dem ersten
Band nachgerühmt worden sind. Die Darstellung
beruht wesentlich auf Silber- und Methylenblau-
Präparaten, während das durch Degeneration Er-
mittelte erst in zweiter Linie Berücksichtigung
fand. Ein grosser Theil der Studien zu diesem
Bande ist in dem früher an dieser Stelle beschrie-
benen Buche über die Oblongata schon besprochen
worden. Es ist aber doch wichtig, darauf hin-
zuweisen, dass namentlich für den Vagus und für
den Octavus hier ausserordentlich eingehende Dar-
stellungen gegeben werden, die zum grossen Theile
auf bisher unveröffentlichtem Materiale beruhen.
Das 5. Heft enthält eine viel genauere Be-
schreibung der Olive und der benachbarten Kerne,
als wir sie je vorher besessen haben, mit pracht-
vollen und sehr klaren Bildern. Es folgt dann die
Beschreibung der Zellen in der retikulären Sub-
stanz und ihrer Beziehungen zum Vorderstrange
des Rückenmarkes, der sogen. Vorderstrangkerne,
der Schleifenkreuzung. Zum ersten Male wird auf
Grund der Golgi- Methode die Endigung der
sekundären sensiblen Bahn im ventralen Thalamus-
kern mit prachtvollen Endpinseln geschildert.
18 Seiten sind dann allein der Ponsfaserung ge-
widmet, der Rest des Heftes beschäftigt sich mit
dem Oeinhim.
Eben vor Abschluss des Jahresberichtes er-
scheint auch die 6. Lieferung; sie bringt eine aus-
führliche Darstellung des Aufbaues der Vierhügel,
die fast ausschliesslich auf die Silberimprägnation
basirt ist. Die Vierhügel der Säuger sind, soweit
Zellen in Betracht kommen, jedenfalls noph nie so
genau geschildert. Auf 28 Seiten mit vielen Ab-
bildungen wird dann der Bau des Teotum opticum
der VOgel beschrieben. Beide Abschnitte sind,
wie die vorhergehenden schon, von einer Wür-
digung des gefundenen Baues in Beziehung auf
die Physiologie begleitet Aus der Darstellung
der Vierhügelhaube sei hervorgehoben, dass hier
nach längerer Zeit wieder einmal die Gudden'-
schen Haubenganglien untersucht worden sind, und
dass auch den Kernen der Rhaphe, namentlich
aber dem dorsalen Längsbündel eine durchaus
originale Darstellung gewidmet ist Wir erhalten
auch neue Bilder aus der Substantia nigra, dem
Ganglion interpedunculare und eine Beschreibung
des Tractus peduncularis transversus.
Auch die folgenden Abschnitte, die die Corpora
geniculata behandeln, und der Abschnitt über die
Retina sind fast ausschliesslich auf Golgi- Prä-
parate gestützt Für die Erforschung des Ghiasma
Edinger und Wallenberg, Anatomie des CentralnervenBystems.
wird übrigens auch die M a r c h i - MeÜiode, für die
der Betina die vitale Färbung herangezogen.
Von anderen Gesichtspunkten aus, speciell
medicinisch wichtigeren, ist das verlängerte Mark
in dem 2. Bande des Dejerine'schen Hand-
buches (5), der ebenfalls in der Berichtzeit erschienen
ist, geschildert worden. Hier wird wesentlich die
Faserung nach Weigert- Präparaten geschildert.
Der werthvollste Theil dieser neuen Lieferung, die
auch eine genaue Beschreibung des Kleinhirns ent-
hält, liegt in der ausserordentlich genauen Schilde-
rung der Projektionfasern aus der Himrinda Auf
Qrund von vielen prachtvollen Schnitten in allen
Richtungen und vor Allem gestützt auf ein erstaun-
lich grosses Degenerationmaterial, von dem eben-
falls viele Abbildungen gebracht werden, schildert
Dejerine den Verlauf der Fasern aus der Rinde
bis an den Hirnschenkel, dann den Rieohapparat,
den Bau des Corpus striatum und des Thalamus.
Für diese beiden Abschnitte, sowie für die Regio
subthalamica und den Riechapparat bringt er im
Wesentlichen nichts, was über Bekanntes hinaus-
ginge, doch sind auch hier die klare Schilderung,
die vollständige Benutzung der Literatur und die
prachtvollen Abbildungen wieder besonders hervor-
zuheben.
Das an der Berliner Universität begründete
Institut für Öehirnforsohung beginnt die Reihe
seiner VerüSfentlichungen mit einer grossen Samm-
lung von Abbildungen (2), die bestimmt sind, im
Wesentlichen die Lehre von der Himfaserung zu
fördern. Es handelt sich um Zeichnungen und
Photographien in VergrOsserungen, wie sie bisher
noch niemals gegeben worden sind, in hoher tech-
nischer Vollendung, sowohl von Präparat, als Ab-
bildung. Dieser wird zur Begleitung ein kurzer
Text beigefügt.
Die erste Tafel bringt Schnitte von einem nor-
malen erwachsenen Menschen, auch sekundäre
Faserdegenerationen, z. B. im medialen Theile des
Qeniculatum laterale, nach Herd im Qyrus an-
gularis und im centralen Theile desselben nach
Zerstörung des Cuneus. Auf 9 Tafeln wird eine
Schnittserie durch das Gehirn der erwachsenen
Katze gegeben, auf weiteren, sowie auf einigen
Textfiguren, erhalten wir Abbildungen von Katzen
der verschiedensten Alterstufen. 1 0 Tafeln sind der
Markscheidenentwickelung beim Hunde gewidmet.
Im 2. Theile werden Marohi -Präparate von
Hunden und Katzen vorgelegt, denen einzelne
Himtheile weggenommen worden sind. Es ist aus
der Darstellung, die die Verfasser geben, nicht zu
ermitteln, was von den erhaltenen Resultaten als
neu angesehen wird, da eine Zusammenfassung
fehlt Tafel 56 bringt Abbildungen vom normalen
reifen Kaninchen, auf den folgenden und einigen
Textftguren wird die Markscheidenentwickelung
des gleichen Thieres verfolgt.
Am Schlüsse ihres Textes prüfen die VIT. den
Werth einzelner Methoden und bringen ein Pro-
gramm für die Arbeit des neuen Institutes. Der
Atiias enthält ausserdem noch 11 3 Tafeln zur Mark-
scheidenentwickelung des Kindergehirns während
der ersten 4 Monate, photographisch reproducirte
Zeichnungen nach Markscheidenfärbungen. Der
Text ist noch nicht erschienen.
Die Ausführung dieser 171 Tafeln ist trefflich*,
ihre Benutzung würde noch erleichtert werden, wenn
die VIF. sich entschliessen wollten, die einzelnen
Theile statt mit den üblichen mehr oder weniger
verständlichen Abkürzungen voll zu bezeichnen.
Der Atlas zeigt, was in mancher Beziehung bei
Benutzung reicher Mittel geleistet werden kann.
Die Kreise mit speciell medicinischen Inter-
essen haben auch in der durchweg erweiterten
und vielfach neu illustrirten 4. Obersteiner *-
sehen Auflage (4) einen bewährten alten Führer
neu erhalten, und ihnen wird in der klaren und gut
illustrirten Abhandlung Rosin's (9) ein neuer
kurzer, aber zuverlässiger und praktischer Führer
geboten.
Die Darstellungen, die Ellenberger (6)
(makroskopische Anatomie) und Dexler (fei-
nerer Bau) vom Gehirne in dem Handbuche der
Anatomie der Hausthiere geben, sind sehr will-
kommen, weil beide, besonders aber die letzt-
genannte, sehr viel Neues in Darstellung und Ab-
bildungen enthalten. Die meisten Abbildungen
betreffen das Pferd, von dessen Himbau wir bisher
keine einigermaassen genügende Eenntniss be-
sassen. Die Windungen, deren vergleichende Ana-
tomie gegeben wird, sind ebenfalls von Dexler
bearbeitet
• Mit ganz besonderer Freude aber begrüsst der
Bßf. das Erscheinen des trefflichen Eatalogee der
Oehirnsammlung, die das Hunt er 'sehe Museum
besitzt (10). Den Hauptinhalt des 518 Seiten
starken Bandes bildet die Beschreibung der (Ge-
hirne der Reptilien und ziemlich aller lebenden
Säuger, auch der Schädelausgüsse einer grossen
Zahl ausgestorbener Sängerfamilien, die Elliott
Smith ganz neu geschaffen hat. Die meisten
Formen sind zudem abgebildet und ausreichend
genau beschrieben. An einzelnen Stellen, so bei
der Schilderung der menschlichen Qehirnoberfläche
und ihrer Windungen in Hinsicht auf ihre Beziehun-
gen zu Windungen an den anderen Säugergehimen,
bei der Schilderung der Lemuridengehirne, und an
vielen anderen Orten wird ein besonders werth-
voller Beitrag zur vergleichenden Hirnanatomie
gegeben, dem man gern grössere Zugftnglichkeit
yrünschen mOchte, als sie hier an einem Platze ge-
schaffen ist, der möglicherweise vielen Mitarbeiten-
den unbekannt bleibt Auch wo bekannte Gehirne
geschildert werden (Elephas z. B.), zeigen sich oft
sehr grosse Abweichungen von dem, was bisher^
für richtig galt Dieser beschreibende Katalog
bringt eine solche Menge neuen Materiales und
bildet so Vieles trefflich klar ab, dass er zweifellos
für lange Zeit wichtig und brauchbar bleiben wird«
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Gentralnervensystems.
Einzeloe Ergebnisse der grossen Arbeit, dieEUiott
Smith hier geleistet hat, sind an anderer Stelle
noch referirt Bei der Bearbeitung des Primaten-
gehimes erfreute er sich der Hülfe von W. L. H.
Duckwort h. Die Invertebrata sind von R. A. H.
Burn bearbeitet, der auch das Gehirn und Rücken-
mark der Fische, Amphibien und VOgel, ebenso
Rfickenmark und Meningen der Säuger beschreibt.
n. Methoden der üntersachung.
Ltkrbüeher, Modelle, Schneidern, Canserviren, Repro-
dukiumen u, e. w.
12) 8 1 r a 8 s e r , H., Anleitang zar Gehirnpräparation.
Jena 1901. Onatav Fischer. 38 8.
(Treffliche didaktische Vorschriften, Berücksichti-
gung aUer Einzelheiten.)
13)HaTdesty, Irving, Nourological technique.
(Äicago aod London 1902. Wesley. (Dem Ref. nicht
ragänglich.)
14) D ex 1er, H., Zar Präparationstechnik der Or-
gane des Gentralnervensystems. 8 Fig. Ztschr. f. Thier-
med. y. 5 n. 6. p. 361. 1901. (Ref. im Neurol. Gentr.-Bl.
p. 354. 1902.)
15)Wal8em,G.C. van, Das Aufsagen des Schädels
ohne Yerletzong der Dura- mater. 1 Fig. Arch. f. pathol.
Anat a. PhysioT. CLXX. 2. p. 366. 1902.
16) Bamön y Cajal, 8., Preparations du Systeme
nerveux central. Compt rend. de rAssoc. des Anat.
MontpeUier p. 274. 1902. (Dem Bef. nicht zugänglich.)
17) 8 1 r 0 u d , B. B., A new head-rest for the removal
of the human brain. Proceed. of the Assoc. of Amer.
anat, Thirtheenth Session, held in Washington, D. C,
May 1 and 2. 1900.
18) Froriep, August, Ueber ein für die Lage-
bestimmung des Himstammes im Schädel yerhängniss-
volles Artefakt beim Gefrieren des menschlichen CJadavers.
Mit 5 Abbildungen. Anatom. Anzeiger XIX. p. 426.
1901.
19) Froriep, A., üeber ein für die Lagebestim-
muog des Himstammes im Schädel verhängniss volles
AiteüÜLt beim Gefrieren des menschlichen (}adavers.
Jena 1901. Mit4Taf.
20)8ymington, Johnson, Are the cranial con-
teots displaced and the bnün damaged by freezing the
eotire head? Journ. of Anat. and Pbysiol. XXXVII.
(N.S.XVn). p.97. Jan. 1903.
(Froriep [18. 19] warnt vor der Benutzung von
Gefrierachnitten zur Bestimmung der Lageverhältnisse
d^ Oehims im Schädel, da sich selbst nach Formalin-
lojektion Himstamm und Kleinhirn beim Gefrieren nach
dem Rückgratskanale hin verschieben.
Der Fror i epischen Behauptung tritt Symington
scharf entgegen. Er legt Schnitte durch ein Gehirn vor,
die trotz Frierung nicht die geringste Verschiebung
uigeo. Wahrscheinlich ist die vorherige Härtung mit
Formel und nachträgliche Injektion mit Gummi schuld
ao diesem günstigen Resultat [Ref. E.].)
21) Smith, G. Elliot, On the natural preservation
of tbe brain in the ancient egyptians. Journ. of Anat
ttd Physiol. XXXVI. (N. S. XVI). July 1902.
(Abbildungen erstaunlich gut oonservirter Gehirne
«18 einem Grabe der XU bis XV. Dynastie ca. 2000
^> Chr. 8 m. hat einen prähistorischen Friedhof mit
^ 500 Leichen gesehen, bei jeder war das Gehirn er-
22) Stransky, Erwin, Zur Ck)nservirung von
'agerftrbungen. Neurol. Centr.-Bl. Nr. 21. 1901.)
(Statt Glycerin wird zur Conservirung von gefärbten
P^ipttiten [Marchi- Färbung, Saffranin u. A.) Paraf-
fiaiunliqaidum-Paraffinöl empfohlen.)
23) Tschernischeff, S., üeber die Anfertigung
mikroskopischer Präparate des Nervensystems nach Dr.
E. M. Siepanoff. Ztschr. f. wissenschaftl. Mikroskop, u.
f. mikroskop. Techn. XVII. 4. p. 449. 1901.
24) T s c h e r n i s c h e f f , 8., Anfertigung mikrosko-
pischer Präparate des Nervensystems nach der Methode
von Dr. E. Stepanoff. Gesellsch. d. Neurologen u. Irren-
ärzte zu Moskau. Sitzung vom 21. Oot 19(X). (Bef. im
Neurol. Centr.-Bl. p. 130. 1902.)
(Modifikation der Celloidin - Einbettung und Ersatz
des Celloidins durch „Colloxylin^.)
25) Reich, F., Ueber eine neue Methode der Her-
stellung feinster histologischer Präparate, insbesondere
aus dem Gebiete des Nervensystems mittels Schüttel-, bez.
Schnittcentrifugirung. Vorläufige Mittheilung. Neurol.
Centr.-Bl. p. 647. 1902. (Das alte Ran vier 'sehe
Schüttelverfahren.)
26) Hinter berger, H., Direkte Reproduktion
eines mikroskopischen Präparates (Gehirnschnitt) mittels
Heliogravüre. Mit 1 Tafel. Photogr. Correspondenz 1901.
(H. oopirt Weigert-Pal- Präparate auf Pigment-
Papier zur Herstellung von Heliogravuretafeln ; vgl. die
Arbeit des Ref. W. ül^r den gleichen Gegenstand 1896.)
Imprägnaiionen mü MetaUsalxen.
27) 8 0 u k h a n 0 f f , 8., Das endooelluläre Netz Oolgt's
in den Nervenelementen der spinalen Ganglien. Gesollscb.
d. Neuropathol. u. Irrenärzte zu Moskau. Sitzung vom
12. Oct 1901. (Ref. imNeuroiog. Centr.-Bl. p. 729. 1902.)
(Empfehlung der Golgi-V er atti 'sehen Impräg-
nation, siehe den vorigen Bericht)
28)Gudden,Hans, üeber eine neue Modifikation
der Oolgi^Bohen Silberimprägnirungsmethode. Neurol.
Centr.-Bl. p. 151. 1901.
(Ersatz des Arg. nitrio. durch organische Silbersalze,
besonders Arg. lactic. [,Aktol^], erleichtert die Impräg-
nation und vermindert die Unsicherheit der Golgi-
Methode am erwachsenen menschlichen Nervensystem.)
29) Robertson, W. F., and J. H. Macdonald,
Methods of rendering (?o/^»-sublimate preparations per-
manent by platinum Substitution. Journ. of ment Sc.
April 1901. (Ref. im Neurol. Centr.-Bl. p. 898. 1901.)
30) Messe, Max, üeber Silberimprägnation der
Nervenzellen u. der Markscheiden. Arch. f. mikroskop.
Anat. LIX. p. 401. 1901. (Vgl. den vorigen Bericht Nr. 47.)
31)Simarro,Luis, Nuevo metodo histologico de
impregnaoion por las sales fotogr&fioas de plata. (Comuni-
caciön preventiva.) Revista trimestral microgr&fica V.
2 y 3. p. 45. 1900. 15 Abbildungen.
32) Kadyi, Heinrich, üeber die Färbung der
nervösen Centralorgane nach Beizung mit Salzen schwerer
Metalle. Poln. Arch. f. biol. u. med. Wiss. 1. 1. p. 55. 1901.
33) Kadyi, üeber die Färbung der grauen Substanz
mittels der Beizung mit Metallsalzen. (IX. Versamml. d.
poln. Aerzte u. Naturforscher in Erakau vom 20. — 25. Juli
1900.) Ref. im Neurol. Centr.-Bl. XX. p. 687. 1901.
(1. Färbung der grauen Substanx : Formolhärtung ;
0.1mm dicke [event noch dickere] Schnitte kommen nach
Abspülen in Wasser einige Stunden bis einige Tage in Iproc.
Uran, acetic- und Iproc. Acid. acetic. -Lösung, Färbung
[sehr schnell] in 0.2—0.5% carminsaurem Natron oder
ammoniakidischem Carmin; 2. Neurogliaßrhung wie 1),
wenn Schnitte nach der Beizung in Kai. nitric.-Lösung
gebracht werden; 3. intensive Färbung der iceissen Suh-
stcmx wie 1), wenn Schnitte vor der Beizung in Eal.nitrio.-
Losung kommen; 4. exdueive Achsencylinderfarbung :
a) Härtung in 100.0 Aqua destillata, 2.0 Natr. bicarbon.,
5.0 Formel; b) Beizung in Iproc. Lösung von Cupr. acetic,
die keine freie Essigsäure enthält; c) Abispülung in 2proü.
Eal. nitric.-Lösung; d) intensive Färbung inO.2— 0.5proc.
Carminlösung; e) Differenziruog in 100.0 Aqua destillata,
1.0 carminsaures Natrium, 2.0 Kai. nitric; 0 Abspülung
in 2proc. Eal. nitric.-Lösung, bis keine Farbwolken ab-
gehen, Alkohol, absei., Chloroform, Canadabalsam.)
E d i n g e r und Wallenberg, Anatomie des Centraineryensystems.
34) Meyer, Semi, Eine EiseoimprägoatioD der
Neui-ofibrillen. Anatom. Anzeiger XX. 21. p. 535. 1902.
Robertson und Macdonald (29) ersetzen bei
der Cox 'sehen Sublimat-Methode das Quecksilber durch
ein Platin-Doppelsalz und erhalten auf diese- Weise schön
geschwärzte Präparate, die Deckgläsohen und Immersion
vertragen und sich lange halten: Nach Bobertson
kommen die Schnitte aus gesättigter Lithium-carbonicum-
Losung 1—2 Tage in fiisch bereitete Iproc. Eal.-Platin-
Chlorid- und lOproc. Acid. citric.-Lösung im Dunkeln ;
gut auswaschen ; 5 Minuten in Iproc. Jodkalium und ge-
sättigte wässerige Jod-Lösung und Wasser ana; Aus-
waschen; 5 Minuten in schwach ammoniakalisches
Wasser ; Wasser, Alkohol, Benzol, Benzolbalsam, dünnes
Deckglas. Die Macdonald 'sehe etwas umständlichere
Modifikation der Golgi-Gox'schen Methode muss im
Originale eingesehen werden.
Simarro (31) hat die seit Jahren mit wechselndem
Glücke angebahnten Versuche für die photographische
Technik giltige Principien auf die Färbung thierischer
Gewebe, besonders des Nervensystems anzuwenden,
durch vitale Injektion von Jod- oder Bromsalzen, oder
durch Einlegen der frischen Theile in jene Lösungen
weitergeführt. Er injicirt entweder lebenden Kaninchen
concentrirte Brom- oder Jodkalium-Lösung und bringt
nach 4—10 Tagen •/,— 1 cm dicke Stücke des CentraS-
nervensystems für 10 Tage im Dunkeln in Iproc. Arg.
nitric-LösuDg (mit Zusatz von Harnstoff), oder er legt
Theile frisch getödteter Thiere 2—3 Tage in die Brom-
oder Jodlösung mit Zusatz von lOproc. Formol ; Weiter-
behandlung wie oben. Aehnliche Resultate erhielt S.
aber auch ohne Brom -Jod -Zusatz (Chlorgehalt des
Körpers?). Schneiden ohne Einbettung in der Dunkel-
kammer, nebeneinander liegende Schnitte 2^6 Minuten
diffusem Tageslicht aussetzen, entwickeln (Pyrogallol)
und fixiren wie beim photographischen Process (am Unter-
sinkon der Schnitte sieht man, wann die Entwickelung
und Fizirung beendet ist). Nachfärbung, Abschwächung
und Verstärkung (Goldchlorid) möglich. In den Nerven-
zellen färben sich dabei die perioellulären Netze und
2 Arten von Fibrillen (dicke im Zusammenhange mit den
Netzen und dünne im Centrum der Zelle). Bei Brom-
salzpräparaten, die die schönsten Bilder geben, färben
sich mehr die äusseren, bei Jod- Vorbehandlung mehr die
inneren Zellenbestand theile. Die Nissl- Körper er-
scheinen als Lücken. Aach die Aohsencylinder mit ihrem
fibrillären Plasma, den Ranvier*schen Ringen und
Frommann 'sehen Streifen lassen sich auf diese Weise
darstellen. Das mosaikartige pericelluläre Netz dehnt
sich auf die Aohsencylinder bis zur ersten Ran vier '-
sehen Einschnürung aus.
Meyer (34) bringt nicht zu kleine Gewebestücke,
die er in der gebräuchlichen Weise in Formalin vorfixirt,
für 8 — 10 Tage in eine 1 — 5proc. Ferrocyankaliumlösung,
überträgt dann direkt für 2— 4 Tage in eine lOproc. Eisen-
alaunlösung (darauf auswaschen, Alkohol, absol. 2 Tage,
Xyiol und Paraffin je 2 Stunden) und hat mit diesem
Verfahren eine der Golgi 'sehen ähnliche elektive Im-
prägnation erzielt. Bei der Durchsichtigkeit des Berliner
Blau erweist sich aber diese Imprägnation nicht als eine
gleichmässige Durchtränkung der Zelle mit dem Metall-
salze, sondern am häufigsten, allerdings nicht immer,
werden die Neurofibrillen in distinkter Weise gefärbt
(Autorreferat.)
Soukhanoff und Czarniecki (125) empfehlen
zur Imprägnation spinaler Zellen das Rückenmark (Kanin-
chen) in eine vordere und hintere Hälfte zu spalten. Die
Stücke bleiben 7 Tage in der G olgi- Lösung, 2 Tage in
Arg. nitr.-LÖsung.
Strukturßrbung der Zelle, vüale Färbung.
35) Zangger, Heinrich, Histologisch- rärbetech-
nische Erfahrungen im Allgemeinen u. speciell über die
Möglichkeit einer morphologischen Darstellang der Zeil-
Narkose. (Vitale Färbung.) Inaug.-Diss. Zürich 1902.—
Vjhrechr. d. Naturf.-Ges. Zürich XLVIL 1902.
36) Turner, John, Anote on the staining of brain
in a mixture of methylene blue and peroxideofhydrogen.
A vital reaotion in post-mortem tissue. Brain Part 91.
p. 524. 1900. 2Taf.
37) Rawitz, Bernhard, Notiz zur histologischen
Färbetechnik. 1) Die Verwendung von Coerulein S (Höchst)
zur Färbung von Rückenmarkschnitten. 2) üeber die Ver-
wendung des polychromen Methylen blaues. Anat. Anz.
XXI. p. 554. 1902.
(Zu 1. Coeruloui S förbt Rückenmark - Zellen und
Aohsencylinder dnnkelgrün und wird als Ersatz für Car-
minfärbung empfohlen. Zu 2. Vereinfachung der Färbe-
teohnik.)
38) Dogiel, A. S., Die Technik der Färbung des
Nervensystems mit Methylenblau. St Petersburg 1902.
48 pp. 8. •
39) K 0 d i 8 , T., Eine neue Methode zur Färbung des
(Zentralnervensystems, nebst Bemerkungen über die Struk-
tur der Gross- u. Kleinhirnrinde. 1 Taf. Arch. f. mikro-
skop. Anat u. Entw.-Gesoh. LIX. 2. p. 211. 1901.
40) Vastarini, Cresi G., Nuovo metodo di colo-
razione del sistema nervoso. Bendic. Seconda Assemblea
ordin. Unione Zool. Ital. Napoli 1901. Monit. Zool. Ital.
XII. 8. p. 237. (Dem Bef, nicht zugänglich.)
41) Tiraboschi, C, Metodi per la colorazione
differentiale delle neurofibriUe di Apdthy, Bell. See. Ital.
2. S. IL 3—6. p.l89. 1901. (Dem Ref. nicht zugängüch.)
42) Schrötter, Hermann v.. Kurze Mittheilung
über eine neue Färbunffsmethode des Centralnerven-
systems. Neurol. Gentr.-Bl. p. 338. 1902.
(Rüokenmarkschnitte , am besten aus langer Vor-
behandlung in Müll er 'scher Flüssigkeit, werden mit
1 — 2proc. weiter nicht veränderter J./i^«arm - Lösung
[Natr. alizarinsulfon.] 24 Stunden oder länger, eventuell
erwärmt, gefärbt, Vs—1 Min. Differenzirung in Brunnen-
wasser, bis sie röthlich werden, Alcohol. absol., Auf-
hellung, Balsam. Graue Substanz violettbraun, weisse
gelbbraun- Zellenplasma mit Nissl- Körpern, Kern-
strnktur, Glia- Maschen und -Netze gut differenz^t. Baso-
phile Theile braun violett bis violett, acidophile Theile
[z. B. Markscheiden] gelb bis orange. Auch für degene-
rirte Markscheiden brauchbaif)
Zangger (35) hat in einer gross angelegten, den
Histologen und Chemiker ^leiohmässig interessirenden
Arbeit es unternommen, die chemisch - physikalischen
Bedingungen zu untersuchen, unter denen die Färbung
der todten und der lebenden Zelle zu Stande kommt. Er
unterscheidet die direkte („Substantive") Färbung von der
durch Vermittelung von Beizen zu Stande kommenden
(„a^jektiven*^) und geht näher auf die für die Fixation,
Ck)ncentration, Zusammensetzung der Farbstoffe, Differen-
zirung u. s. w. bestimmenden Principien ein. Von beson-
derem Werthe erscheinen dem Bef, [W.] die Versuche
des Vfs., die lebende Zelle zugleich zu narkotisiren und
zu färben. Die Erfahrung, dass an und für sich indif-
ferente Sto£fe, sofern sie in Fett und fettähnlichen Körpern
löslich sind und sich in lebendem Protoplasma verbreiten
können, die Zelle narkotisiren (Meyer), und die Ent-
deckung 0 verton *s, dass Farbstoffe, sofern sie chole-
sterinlöslich sind, ähnlich wirken, brachten den Vf. auf
die Idee, ein gefärbtes Narcotieum, d. h. eine indifferente
öllösliehe Farbe auf die lebende Zelle einwirken zulassen,
um gleichzeitig zu narkotisiren und die narkotisirte Zelle
zu färben. Als geeignet erwies sich für diesen Zweck
bisher nur das zu schwach färbende Azobenzol und ein
diaethylirtes Eosin, das ähnliche Bilder wie Neutral-
roth giebt.
Die Granula-Färbung ist durch vermehrte LÖslich-
keit-Tension für Farbstoffe bedingt (« den Fetten und
Cholesterin - Lecithinsuspensionen) , nicht durch eine
sauere Natur der Granula. Der Kern bleibt bei vitaler
Färbung vielleicht deshalb ungefärbt, weil er nur Stoffe
aufnimmt, die durch das Zeltenplasma verändert werden.
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
Auf den übrigen Inhalt der Arbeit einzugehen, ist leider
ao dieser Stelle nicht möglioh. Sie sei allen Histologen
angelegentlich zum Studium empfohlen.
Ans Turner's Arbeit (36) erfahren wir, dass das
Methyleoblaa auch bei gewöhnlichem und nicht einmal
besonders frischem Gehimmaterial, wenn man die Stücke
für etwa 8 Tage in einer Mischung des Farbstoffes mit
WaaserstofiiBuperoxyd dem Lichte aussetzt, eine elektive
Färbung von einzelnen Zellen mit ihren Ausläufern giebt.
Allerdings wurden vollständige Färbungen von Neuriten
nicht erzielt
Dogiel (38) beschreibt die verschiedenen MeÜioden
der Methylen blaufiLrbung des Nervensystems, maoht
besonders auf seine schon vielfach pnblicirten Yerbes-
senmgen der £hrlich*schen Färbungsmethode auf-
merksam (Referirt nach Meokel-Bonnet's Erg. d.
Anat Q. Entw.-Oesch. 1901).
Kodis(39) fixirt frisches Gewebe (Vt— 1cm dick)
in gesättigter wässeriger Losung von Hg(CN)*, dann in
lOpioc. Formol, färbt die Oefrierschnitte in verdünntem
molybdänsauren Hämatozylin (Auerbach). Auswaschen,
OoDtrastfärbung mit alkohol. Lichtgrün-Losung, Alkohol
ahsoL, Xylol, cSinadabalsam. Zellen-Protoplasmaund An-
fang der Fortsätze: Gentiana- violett, Kern ungefärbt,
Dendriten- Verästelung blau-violett, GÜa-Fasem röthlich,
Oüazellen-Eerne dunkelroth, Plasma selbst ungefärbt.
Neunten gewöhnlich nur bis zum Beginn der Mark-
scheide geförbt Für Paraffin- und Celloidin-Einbet-
tong ist Stückfärbung in stark verdünntem M a 1 1 o r y *-
sehen phosphormolybdänsauren Hämatozylin vorzu-
ziehen (Kerne blau, Plasma roth, kleinste Dendritenzweige
violett, Pigment orangeroth. Nudeolus und Nucleololus
blao, Nissl- Körper ungefärbt. Auf der beigegebenen
Tafel sind Azonen der Purkinje- 2ellen nicht sichtbar.
Holmgren (110) hat zur Darstellung der intra-
cellniären Siftkanälchen des vTrophospongium*^ (siehe
unter Histologie) Trichloressigsäure vor der Färbung an-
gewandt Neuerdings empfiehlt er zu diesem Zwecke
eine 27s— 5proc. Triohlor-Milchsäure-Lösung; Färbung
mit W e i g e r t 's Fuchsin-Besorcin.
Färbvmg von Markscheide und Äeheeneylinder,
Degmieratümen.
43) Becker, Eine neue Achsencylinderfärbung.
73. Versammlung deutscher Naturforscher u. Aerzte in
Hamburg vom 22. bis 28. Sept. 1901, Abtheil. f. Neurol.
Q. Psychiatrie, Sitzung vom 24. Sept (Ref. in Neurol.
Owitr.-Bl. p. 969. 1901.)
(Vorbehandlung mit Formol und Chromsäure, Fär-
bung direkt mit Hämatein oder nach sekundärer Beizung
mit Phosphormolybdän- und Phosphorwolframsäure mit
Neutralroth und anderen basischen Farbstoffen. Diffe-
renzirong mit Chromsäure oder modificirter P arscher
Methode.)
44) Kaes, Theodor, Neue Beobaohtuneen bei der
Weigert-Fäxhung. Münchn. med. Wchnsohr. XLIX. 22.
1902. 4Abbüdungen.
(Die Wei^ert'sche Hämatozylinfärbung stellt bei
geeigneter Mo(ufikation, besonders an den Berührung-
stellen von Knopfnadeln mit der Gewebeoberfläohe, nicht
nur die den ganzen Achsencylinder umgebende Mark-
scheidnng, sondern auch die perifibrillären Markumhül-
loogen dar, bis in die feinsten Verzweigungen.)
45) von Sohrötter, Ueber eine neue Methode der
MarkacheidenfSVbung. Centr.-Bl. f. allgem. Pathol. u.
patkol. Anat p. 299. 1902. (Bef. nicht zugänglicl^. Be-
ferirt in Neurol. Centr.-Bl. p. 660. 1902.)
(Härtung in Müller 'scher Flüssigkeit, Färben
1^20 Minuten in frischer kalter Lösung von OaUein
(GiQbler) in Brunnenwasser, Differenziren in 5proc.
Lösung oder be§8er in sehr schwacher Natronlauge
^ kurz in sohwacher Lösung von übermangansaurem
i^ Wasser, Alkohol absoL, Carboloxylol : Mark violett,
giaue Substanz und Bindegewebe farblos.)
46) Voigt, Hirnanatom. Mittheilungen. (Jahres-
versammlung des Vereins der deutschen Irrenärzte in
Berlin am 22. u. 23. April 1901.) Neurol. Centr.-Bl.
p. 479. 1901.
(Dicke der Fasern abhängig von der Markreifung,
daher Differenzirung verschiedener Fasersysteme durch
Weigert-Pal- Färbung möglich.)
47) Bing, H. J., u. V. Eilermann, Zur Mikro-
chemie der Markscheiden. Arch. f. Anat u. Physiol.
[physiol. Abth.] 3 u. 4. p. 256. 1901.
(Markscheidenfärbung centraler Nervenfasern : Fixi-
rung 4—6 Tage in Formol- Aceton (1:9); Färbung 5—
10 Minuten in gesättigter wässeriger Methylenblaulösung;
Ausspülen in Wasser; 1—2 Minuten in gesättigter wässe-
riger Pikrinsäurelösung; Differenzirung in Alkohol 3 —
4 Min., bis die graue Substanz sich abhebt ; Bergamottöl ;
Balsam: Markscheiden rothbraun, das übrige Gewebe
gelb. Auch in Müll er 'scher Lösung fixirte Stücke
geben diese Färbung. Alkohol- oder warme Aceton-
Fixirung di^egen hebt die Färbbarkeit auf. Die Vff.
lassen es duiingestellt, ob der sich fSrbende Stoff Leci-
thin ist.)
48) Fajersztajn, J., üeber den Hämatoxylin-
chromlack als Mittel zur Färbung des Achsencylinders.
Lemberg 1901. (Ref. in Neurol. Centr.-Bl. p. 541. 1902.)
(Gefriermikrotom - Schnitte aus 5 — lOproc. Formal-
dehyd-Lösung, die je nach der Grösse des Materials
2 Tage bis 1 Woche und darüber bis zu mehreren Monaten
eingewirkt hat, werden nach Auswaschen 5—24 Stunden
in 0.25 — 0.5proo. Chromsäurelösung gebeizt, ca. 10 Min.
gewaschen und nach der Weigert-Pal 'sehen Häma-
toxylin-Methode weiter behandelt. Ausser den Achsen-
cylindem färben sich öfter noch dicke Neuroglia-Fasern
und Markscheidentheüe. Beste Resultate an Mcdulla
oblongata, Rückenmark und peripherischen Nerven.)
49) Fajersztajn, J., Ueber den Hämatoxylin-
chromlaok als Mittel zur Färbung der Achsencylinder.
Poln. Arch. f. biol. u. med. Wissensch. L 1. p. 188. 1901.
60) Fajersztajn, J., Ein neues Silberimprägna-
tionsverfahren als Mittel zur Färbung der Achsencylinder.
Voriäufige Mittheilung. Neurol. Centr.-Bl. Nr. 3. p. 98.
1901.
51) Bielsohowsky, Max, Die Silberimprägna-
tion der Achsencylinder. Neurol. Centr.-Bl. p. 579. 1902.
52) Kaplan, Methoden zur Färbung des Nerven-
systems. (Jahresversamml. des Vereins der deutschen
Irrenärzte in Berlin am 22. u. 23. April 1901. Neurol.
Centr.-Bl. p. 480. 1901.
53) Kaplan, L., Aohencylinderfärbung. Neurol.
Centr.-Bl. p. 343. 1901.
54) Kaplan, L., Färbungen des Nervensystems.
(Jahresversamnd. des Vereins der deutschen Irrenärzte
in Berlin am 22. u. 23. April 1901.) Ref. in Centr.-Bl. f.
Nervenhkde. u. Psych, p. 345. 1901.
55) Kaplan, L., Nervenfärbungen (Neurokeratin,
Markscheide, Achsencylinder). Ein Beitrag zur Kennt-
niss des Nervensystems. 1 Tafel. Arch. f. Psychiatrie
XXXV. 3. p. 825. 1902.
(a. Neurokeraiinßrbung : 1. Fixirung in Müll er '-
scher Lösung, 10 Formol, 1—2 Tage. 2. Härtung und
Beizung in Müller 'scher Lösung, event. Monate lang.
3. Alkohol u. s. w., Celloidin oder Paraffin. Celloidia
bald sohneiden. 4. Schnitte 1 oder mehrere Tage in
Vtproo. Säure - Fuchsinlösung , möglichst im Brütofen,
täglich schütteln. 5. Mit Salzsäure angesäuertes Wasser.
6. Differenziren nach Pal. ^7. Salzsäurehaltiges Wasser,
event Contrastfärbung mit dünner Nigrosinlösung oder
Anthraoeneisen-Gidlui^te, Vio Wasser. 9. 95proc. und
absoluter Alkohol. 9. Carboloxylol. 10. Xyloloolopho-
nium 2:1. Blockfärbung möglich. Langer Alkohol-
aufenthalt schädlich. Spongiöses Balkennetz der Mark-
scheide roth gefärbt, identisch mit Ewald-Kühne 's
Nenrokeratingerüsi
b. Achsmcylinderßrbung : Celloidin- oder Paraffin-
schnitte aus in Müll er 'scher Lösung gehärtetem Mate-
8
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
rial kommen 3 Tage am besten bei 35<» C. in eine frische
lOproc. wässerige Lösung von Anthraoen-Eisen-Oallas-
tinte [täglich schütteln] ; nach kurzem Auswaschen Diffe-
renzirnng nach Pal, Auswaschen, event. GegenArbung
[8-Fuchsin, Carmin u. s. w.], Alkohol, Carbolzylol oder
Cigeputöl, Xylolcolophonium. Die Färbung reicht nur so
weit wie die Markscheide.)
56)Strähuber, Eine elektive Färbung des Achsen-
cylinders, bez. isolirteTinktion eines seiner Bsstandtheile.
Ceutr.-Bl. f. allgem. Pathol. u. pathol. Anat. p.422. 1901.
(1. Fizirung beliebig ausser Alkohol; 2. Beizung
[5 Tage] in Kalium bichrom. 5, Chromalaun 2, Wasser
100 Theile; 3. Alkohol, Celloidineinbettung ; 4. Färbung
circa 12 Stunden in concentrirter wässeriger Anilinblau-
lösung; 5. Differenzirung nach Pal oder in Wasser mit
einigen Tropfen unterchlorigsaurem Natron ; 6. Wasser —
96proc. Alkohol; 7. Carbolxylol, Canadabalsam. Zwischen
3 und 4 eventuell Färbung mit W eigert'schem Häma-
toxylin oder concentrirter alkoholischer Eosinlösung
24 Stunden ohne Differenzirung. die orst bei 5. erfolgt.
Die Methode färbt keine Fibrillen, deckt aber patho-
logische Veränderungen des Achsencylinders auf, wenn
die Markscheide noch intakt erscheint und umgekehrt.)
57) Schwalbe, £., Technische Bemerkungen zur
Carminfärbung des Centralnervensystems. Centr.-Bl. f.
aUg. Pathol. 21. p. 881. 1901. Ref. in Neuroi. Centr.-BL
p. 11. 1902.
(Schw. empfiehlt Celloidinschnitte , um sie für
Carminßlrbung brauchbar zu machen, vorher in Müll er '-
sehe Losung oder Iproc. Chromsäure zu legen. Nicht
neu.)
58) Chilesotti, Ermanne, Eine Carminfärbung
der Achsencylinder , welche bei jeder Behkidlungs-
methode gelingt. (Urancarminfärbung nach Sehmaus
modificirt) Centr.-BI. f. allg. Pathol. u. pathol. Anat.
XIII. 6 u. 7. p. 193. 1902.
(Fixation beliebig, keine Beizung oderMarksoheiden-
beize oder Cupr. acet. oder Neurogliabeize oder Benda-
Modifikation oder M a r c h i - Methode. Einbettung ent-
weder gar nicht oder nach Belieben. Färbung: Uran-
carmin nach Schmaus mit 2 Tropfen Iproc. salzsaurem
Alkohol pro Cubikcentimeter, kurz vor der Färbung zu-
zusetzen, 10 Minuten bis 4 Stunden Wasser, 96proc. oder
absoluter Alkohol, Carbolxylol oderXylol, Canadabalsam.
Achsencylinder, Ganglienzellen, Glia, Bindegewebe roth.)
59) Zosin, P., Die Färbune des Nervensystems
mit Magentaroth. Neurol. Centr.-Bl. p. 207. 1902.
(Härtung in Mülle r*scher Flüssigkeit, Celloidin-
schnitte 20 Minuten bis 1 Stunde in Iproc. Magentaroth,
Abspülen in Wasser, Alkohol absolutus bis zur Differen-
zirung, XyJol, Canadabalsam, Deckglas. Färbung ähnlich
wie bei der van 0 lesen 'sehen.)
60) Kolster, Rudolf, Ueber die Säurefuchsin-
färbung degenerirender Nervenfasern. 1 Tafel. Deutsche
Ztschr. f. Nervenhkde. XX. 3 u. 4. p. 29. 1901.
(Modifikation der von Homen 1885 angegebenen
Methode, frisch zerfallene Achsencylinder elektiv zu
färben: Mü Herrsche Lösung 5 Monate oder länger,
Celloidinschnitte in gesättigter wässeriger Losung von
„Säurefuchsin nach Weigert*^ von Dr. Grübler in
Leipzig, bis 24 Stunden, Differenzirung mit 96proo., durch
KOH alkalisirtem Spiritus höchstens 2 Wochen. Die Re-
sultate bleiben trotz dieser Modifikation hinter den Original-
präparaten H 0 m 6 n 's zurück.)
60a) Ramön y Cajal, S., Pequenas comunicacio-
nes tecnicas. Revista trimestr. micn^räf. Y. 2 y 3. p. 95.
1900.
61) Neubauer, üeber das Wesen der Osmium-
schwärzung. (74. Versamml. deutscher Naturf. u. Aerzte
in Karlsbad am 21. bis 26. Sept. 1902, Abth. f. allgem.
Pathol. u. pathol. Anat) Ref. m Neurol. Centr.-Bl. p. 981.
1902.
(Alle die Stoffe und Verbindungen, die eine doppelte
Bindung der 0- oder CH- Atome enthalten, worden durch
Osmiumsäure schwarz gefärbt, also nicht nur Fett, son-
dern unter Anderem auch Neurin.)
62) Raimann, Emil, Zur Technik der Marehi-
Methode. Neurol. Centr.-Bl. p. 608. 1901.
(Härtung in Mü ller'soher Flüssigkeit mit 2— IG*/«
Formalzusatz, Einbettung des oberflächlich abgetrockne-
ten Präparates in einer Wachs-Paraffinmischung, Schnei-
den unter möglichst verdünntem Alkohol, Schnitte in
12 Glasdosen abwechselnd eingelegt, die 3—6 Tage mit
M a r c h i - Losung gefüllt bleiben ; Auswaschen ; Alkohol,
(^bol-Xylol, Damarlack mit oder ohne Deckglas.)
63) Ben da, C, Ueber die Verwendung der neuen
Farbstoffe Sudan ZZ/ und Scharlach R für die Histologie
des Nervensystems. (Berl. Gesellsch. f. Psychiatrie u.
Nervenkrankh., Sitzung vom 14. Januar 1901.) Ref. in
Arch. f. Psychiatrie XXXV. 1. p. 272. 1901.
(Anwendung ähnlich wie Osmiumsäure zur Fett-
färbung: Gefrierschnitte nöthig; Vorfärbung mit Häma-
toxylin lässt die normalen Markscheiden besser hervor-
treten.)
64) Brodmann, K., Die Anwendung des Polari-
sationsmikroskops auf die Untersuchung degenerirter
markhaltiger Nervenfasern. Centr.-Bl. f. Nervenhkde.
u. Psych, p. 193. 1901.
Zur Marksoheidenfärbung empfiehlt von Schrot-
te r (42) 5proc. Alizarinlösung mit einigen Tropfen 5proc.
Oxalsäurelösung (statt Alizarin anscheinend noch besser
Gallein) bis zur orangegelben Tönung der Farblösung.
Nach 2—3 Std. Abspülen in Aq. dest, dann in 3prom.
Sodalösung, bis kein Farbstoff mehr abgeht; Alcohol.
absol., Aufliellung u. s. w. Markscheiden leuchtend roth,
das übrige Gewebe ungefärbt
Kodis (39) hat Gefrierschnitte aus der oben be-
schriebenen Quecksilber-Cyyanid-Formol-Fixirung 2 bis
5 Std. in 2proc. Eisenalaunlösung gebracht , nach dem
Abspülen 10—12 Std. in Vsproc. wässerige Hämatoxylin-
lösung, 1—3 Std. wieder in 2proc. Eisen- Alaun -Lösung
bis zur Entfärbung des Gewebes mit Ausnahme der
dunkelblauen Markscheiden. Auswaschen, Alkohol, Xylol,
Balsam. Diese Färbung kann auch mit der Zellenfärbung
(s. oben) combinirt werden.
Vielfach wird jetzt die Silber -Imprägnation zur
Darstellung von Achsencylinder- und Markscheidenstmk-
turen benutzt RamönyCajal (60a) hat eine Methode
zur Färbung der Eittsubstanz centraler Nervenfasern an-
gegeben : Nicht sehr dicke Stücke kommen 5 oder mehr
Tage in Aqua 70 com, Formol 30 com, Natr. subsulphur.
2— 4 g, dann 2—4 Tage in Iproc. Arg.-nitr.-Lösnng,
Auswaschen 1 — 2 Std. in fliessendem Wasser, Alkohol,
Schneiden, Damar oder Balsam. Dabei färben sich fast
ausschliesslich die Ran vierfachen Schnürringe, bez.
Cylinder um den Achsencylinder. um die centralen
Neuriten selbst zu färben, benutzt R. y C. ein ähnUches
Princip wie Simarro (s. oben): Er injicirt intra vitam
oder post mortem den Reduktor oder setzt ihn dem
Fixator (Formol) zu. Die Schnitte kommen aus Silber-
salz-, bez. Goldsalzlösung in alkalische Flüssigkeiten zur
Verstärkung der Wirkung. Auf diese Weise hat R. eine
Färbung mit Pyrogallussäure + Goldchlorür, Tannin -h
Goldchlorür, Tannin + Acidum gälicum -|- Silbemitrat,
Hydrochinon + Silbernitrat, Hydrochinon -|- alkalisirtes
Silbemitrat ausgearbeitet, deren Einzelheiten im Ori-
ginde nachgelesen werden müssen. Alle diese Methoden
sind nach der Angabe des Autor noch verbesserungs-
bedürftig.
Fajersztajn (50) benutzt die Reduktion ammonia-
kalischer Arg.-nitr.-Lösung durch Aldehydkörper, bes.
durch Formiddehyd zur elektiven (braunen-schwarzen)
Achsencylinder- Färbung. Da die Methode anscheinend
sehr leistungsföhig ist, mag sie etwas ausführlicher mit-
getheilt werden : Frische Stücke werden mindestens meh-
rere Tage in lOproc. Formalin gehärtet. Gefrierschnitte,
in Aq. dest ausgewaschen, kommen in 4 Sohälchen, von
denen eins mit ammoniakalischer2proo. Arg.-nitr.-Lösung
beschickt ist, das zweite noch einen Zusatz von 1 bis
.E d i n g e r und Wallenberg, Anatomie des CentralnervenBystems.
2 topfen verdünnter Ammoniaklösung erhfilt, das dritte
AQSser 2— 3 Tropfen derseiben Ammoniaklösongaaohnooh
1—2 Tropfen 0.3proc. NaOH-Losnng oder lOproo. Baryt-
wasser, das vierte 1 Tropfen lOproo. NH^-Lösung + 2 bis
5 Tropfen Alkalilösung neben der Silberlösnng enthält
Wie lange nnd in welchem Silberbade die Schnitte blei-
ben, mnss aosprobirt werden. Reduktion duroh 5proo.
Formalinlösung, ohne Abspülen, direkt auf dem Objekt-
trüger, Controle unter dem Mikroskop, Aqua destillata.
Chromprftparate erfordern oft Wiederholung der Procedur.
Fär Danerprüparate wird Differensirung und Fizirunc in
10— 15 com Alkohol (96«/e) 4- 1—3 Tropfen 0.3proo.Chlor-
goldlösnng (10—12 Std. im Dunkeln) oder Platinehlorid
empfohlen; Ganadabalsam, Deckglas.
fiielschowsky (51) hat diese Methode duroh
grössere Goncentration der ammoniakalischen Silberlösung
(lOproc. Arg.-nitr.-Lösung in kaustischem Ammoniak)
und der Beduktionflüssigkeit (lOproo. schwach alkalische
Formollösung), ferner duroh geringe Modifikation der Ver-
goldung für Dauerpräparate und durch Benutzung eines
photographischen Fixirbades zur Entfernung ungenügend
ndneirterSilberreste vor der Weiterbehandlung (Alkohol,
GijepQtoL, Xylol auf Objektträger, Canadabalsam) weiter
nugebildet, auch eine im Originale näher einzusehende
Stäokfirbung angegeben. Ausser den AohsencyUndern
wird eine fibrilläre Struktur innerhalb der Zellen, besonders
in den Dendriten, siohtbar.
BamönyCajal (60a) hat eine abgekürzte Methode
der Mar Chi -Färbung degenerirter Nervenfasern ange-
geben: Die Stücke bleiben, falls sie nicht eingebettet
werden, 4—6 Tage in S«/« Kai. biohrom. 20, l^U Aoid.
osmio. 5, concentr. Eisenohloridlösung 1 — 3. Sohneiden
in verdünntem Alkohol, dicke Schnitte in Wasser, Alko-
hol, Damar. Oelloidineinbettung erfordert Vorbehand-
long in 3% Kai. biohrom. 20, l«/« Acid. osmic. 5, 3<Vo
FerridcyankaliumlÖsung 5. R y C. konnte mit dieser
Methode auoh die fetthaltigen Zellen in den Oefässschei-
den des Gehirns, wie sie von Obersteiner besohrieben
wurden, darstellen.
Die normalen Markscheiden sind im Gegensatze zu
anderen doppeltbreohenden organischen Stoffen negativ
doppeltbrechend. A m b r o n n zeigte, dass unentwickelte
und geschädigte Nervenfasern positiv doppeltbrechend
werden, das gleichmässige Both eines zwischen die ge-
kreuzten N i c o 1 'sehen Prismen gebrachten Gipsblättchens
durch parallel mit der grosseren Achse des Plättchens
gerichtete lädirte Nervenfasern nicht in der Subtraktion-
farbe hellgelb wie in normalen Fällen, sondern in der
Additionfarbe blau erscheinen. Der Achsencylinder be-
halt, weil er nicht doppeltbrechend ist, seine rothe Farbe.
Brodmann (64^ hat die Uebergänge aus der selben
Normalfarbe in die blaue und violette Additionfarbe der
degenerirenden Markscheiden experimentell verfolgt In
späteren Stadien erfolgt gar keine optisohe Beaktion.
Die Begeneration wird durch das Auftreten feinster gelb-
licher Fäaerchen oder gelber Säume eingeleitet Die
eigenartige Methode ist leider nur für das Studium von
Degenerationen des peripherischen Nervensystems in
frischem Zustande brauchbar.
Neuroglia^Farbtmg,
64a) Anglade, D., u. Gh. Morel, Üebereineneue
Methode der Färbung der Neuroglia. (Soc. de Neurol. de
Pttis. Sitzung vom 7. März 1901.) Bef. in Neurol.
C«otr.-Bl. p. 591. 1901.
(Bärtung in 3 Theilen Forscher Flüssigkeit, 1 Theil
7proc. Sublimatlösung 48 Std. bei ST C, Auswasohen,
ÜwäBsern in Alkohol, Einschliessung in Aceton 24 Std.,
ii Paraffin 3 Stunden. Feine Schnitte in warmer , ge-
sättigter, wässeriger Losung von Grübler's Viktoria-
bbn, bis Dämpfe aufsteigen, Bespülung mit Gram 'scher
Losong, Entfärbung in Xylol 1 + Anilinöl 2, Canada-
bälssm oder besser Bemsteinfimiss. GegenfHrbung mit
verdünnter alkoholischer Erythrosinlösung.)
Med.Jahrbb.Bd.279.Hft. 1.
64b) Ljubuschin, A., Die Methode ÄngkMs in
ihrer Anwendung beim Studium der Elemente der Neuro-
glia. (Ges. d. Neuropathol. u. Irrenärzte zu Moskau.
Sitzung vom 21. Dec. 1901.) Bef. in Neurol. Gentr.-Bl.
p. 732. 1902.
(Empfehlung der An gl ade 'sehen Gliafärbung; Be-
stätigung Weigert *8cher Besultate.)
64c) Fischer, Einige Bemerkungen über die Fär-
bung pathologisoher Gliaformationen. (74. Vers, deut-
scher Naturf. u. Aerzte in Karlsbad am 21.— 26. Sept
1902. Abtheil. f. allg. Pathol. u. pathol. Anatomie.) Bef.
in Neurol. Gentr.-Bi. p. 981. 1902.
(Färbung der Schnitte bei 45—50« C. in 0.2proc.
wässeriger Chromsäurelösung 4 — 8 Std., Differenzirung
nach Pal, Naohfärbung mit concentr. Orangelösung mit
einer Spur Säurefuchsin. Nur für pathologische Glia.)
m. Histologie.
Ganglienzelle.
a) Allgemeines, Hypoiheiiaehes, Kritiachea,
64d) Mills, Charles E., The neurofibrillarj Üieory
and its bearings upon localization of function in the ner-
vous System. Proc. of the Acad. of nat sc. of Philad.
UV. 1. p. 113. 1902. (Dem Ref, nicht zugänglich.)
65) Bonne, C, Le Systeme nerveux et ses reserves
ä longue echeanoe. Prov. med. 1901. (Dem Ref. nicht
zugänglich.)
66)Mott, Frederick Walker, Vier Vorlesun-
gen aus der allgemeinen Pathologie des Nervensystems,
gehalten vor dem B. Coli, of Physicians of London Juni
1900. üebers. von WaUach. Mit einem Vorwort von
L.Edinger. Wiesbaden. J.F.Bergmann. 8. VIu.ll2S.
mit 59 Figuren.
(Enthält u. A. eine zusammenfassende Darstellung
der N euren theorie.)
67) Hill, Alex, Considerations opposed to the
«neuron theory''. 5 Taf. mit 29 Figg. Brain Part 92.
Winter 1900. p. 657.
68) Sehen ck, F., Die Bedeutung der Neuronen-
lehre für die allgemeine Nervenphysiologie. Würzb.
Abhandl. a. d. Gesammtgeb. d. prakt Med. II. 7. p. 183.
1902.
69) Book well, A. D., The neuron theory; its rela-
tion to physioal and psyohioalmethodsoftreatment New
York med. Becord LXII. 24. p. 933. 1902. (Dem Ref,
nicht zugänglich.)
70) Bark er, Lewellys F., The anatomio-cyto-
logical relationship of the neurone to disease of the ner-
vous System. Joum. of nerv, and ment dis. XXVII. 2.
p. 469. Sept. 1900. (Kritische Uebersicht)
70r) Barker, Lewellys F., The neuron doc-
triue: its present status. New Tork med. Becord p. 964.
1900.
71) Fugnat, La biologie de la oellule nerveuse et
la th6orie des neurones. Bibl. anatomique 1901.
72) Golgi, C, Brief an Luoiani, eine Zusammen-
fassung seiner Ansichten, bestimmt für Lueiam'a Lehr-
buch der Physiologie. Milane 1901. — Auoh C a m i 1 1 o
Golgi, Opera omnia Vol. 1. 2. Milane 1903.
73) Nissl, Franz, Die Neuronenlehre u. ihre An-
hänger. Ein Beitrag zur Lösung des Problems der Be-
ziehungen zwischen Nervenzeile, Faser u. Grau. Jena
1903. Gustav Fisoher. 478 S. mit 2 Tafeln.
74)Devanz, A., et P. Merklen, La neurono-
phagie. Presse med. Nr. 31. p. 365. 1902.
75) Gieson, Ira van, The death of the neuron.
Proc. New York pathol. Soo. N. S. I. p. 156. 1901. (Dem
Ref, nicht zugänglich.)
76)Buffini, Angelo, Le fibrille nervöse ultra-
terminali nelle terminazioni nervöse di senso e la teoria
del neurone. Nota preliminare. Biv. di Patol. nerv, e
ment p. 70. 1901.
10
Edinger und Wallenberg, Anatomie des CentrahLervensystems.
77) Ballance, Ch. A., et Pnrves Stewart,
Travanz de neorologie chirargicale TL 3 et 4. p. 145.
Dec. 30. 1901. 26 farbige Tafeln. (Dem Ref, nicht za-
gänglich. Ref. in Revue nenrol. p. 860. 1902.)
78) Purpura, F., GontributioD ä Tetude de la rege-
neration des ner& peripheriques ohez quelques mammi-
feres. Arch. ital. de Biol. XXKV. 2. p.273. 1901. (Dem
Bef, nicht zugänglich.)
79) F 1 e m i n g , R. A., The peripheral theory of nerve
regeneration with special reference to peripheral neuritis.
Scottish med. and surg. Joum. XI. 3. 1902. Ref. in
Joum. of comp, neurol. XIL p. XXYI. 1902.)
(F. nimmt einen doppelten Ursprung der Regenera-
tion durchschnittener peripherischer Nerven an: einen
centralen und einen peripherischen^ letzteren aus den zu
Neuroblasten umgewandelten Neunlemmzellen.)
80) Bethe, Üeber die Regeneration peripherischer
Nerven. (26. Wanderversammlung d. südwestdeutschen
Neurologen u. Irrebärzte zu Baden-Baden am 8. u. 9. Juni
1901.) Ref. in Neurol. Centr.-BL p. 720. 1901. — Arch.
f. Psych. XXXIV. p. 1066. 1901.
81) M ü n z e r , Zur Lehre vom Neuron. (74. Vers,
deutscher Naturf. u. Aerzte in Karlsbad am 21.— 26.8ept
1902. Abth. f. Neurologie u. Psychiatrie. Sitzung vom
23. Sept) Ref. in Neurol. Centr.-Bl. p. 971. 1902.
82) Münzer, Egmont, Oiebt es eine autogene-
tische Regeneration der Nervenfasern ? Ein Beitrag zur
Lehre vom Neuron. 2 Figuren. Neurol. Centr.-Bl.
p. 1090. 1902.
83) Bethe, Albrecht, Zur Frage von der auto-
genen Nervenregeneration. Neurol. Centr.-Bl. p. 60. 1903.
(B. weist die Möglichkeit einer von aussen her er-
folgten Einwanderung der regenehrten Nerven bei seinen
Versuchen über Regeneration peripherischer vom Centrnm
abgetrennter Nerven zurück.)
84) Münzer, Egmont, Zur Frage der auto-
genen Nervenregeneration. Erwiderung an Älbreehi Bethe,
Neurol. Centr.-BL p. 62. 1903.
h) Struktur der Zeüe.
85) Ho Imgren, Emil, Beiträge zur Morphologie
der Zelle. 1) ifervenzellen. Anatom. Hefte, herausgeg.
von J^. MßrM u. R, Bonnet LIX. Wiesbaden 1901.
J. F. Bergmann. Mit 4 Textfig. u. 10 Tafeln.
86) Poloumordvinoff, 8ur les corpuscules de
Nisal dans les cellules nerveuses. Russ. Arch. f. Pathol.,
klin. Med. u. BakterioL VI. p. 589. 1901.
(N i SS 1- Körper sind keine Eunstprodukte [contra
Held].)
87) Olmer, R., Becherches sur les granulations de
la cellule nerveuse. These de doctorat en med. Lyon
1901. (Dem Bef, nicht zugänglich.)
88) Carucci, V., Intomo alla struttura delle cellule
nervöse. Camerino 1901. Pavini. (Dem Bef. nicht zu-
gänglich.)
89) Mon forte, P., Contributo alle studio della
struttura intima della cellula nervosa nei vertebrati.
Bell, della Soc. Lancisiana delle Osped. di Roma XX. 1.
p. 113. 1900.
90) Marinesco, G., Sur la presence de granu-
lations oxyneutrophiles dans les cellules nerveuses.
CompL rend. Soc. Biol. de Paris LIV. 32. p. 1289. 1902.
(Dem Bef, nicht zugänglich.)
91) Paladine, G., Su alcuni punti controversi
della struttura intima dei oentri nervosi. Rend. Second.
Assemblea ordin.UnioneZool.ital. Napolil901. — Monit
Zool. ital. Xn. 7. p. 191.
92) Thudichum, Ludwig W., Die chemische
Constitution des Gehirns des Menschen u. der Thiere.
Nach eigenen Forschungen bearbeitet Tübingen 1901.
F. Pietzcker. Gr. 8. XII u. 339 8.
93) Le Monnyer, E., Contribution ä Tetude de la
cellule nerveuse. These de doctorat en med. Paris 1901.
(Dem Bef. nicht zugänglich.)
94) Bailey, Frederick Rudolph, Studies on
the morphology of ganglion cells in the rabbit Studies
from the department of pathology of the ooUege of physi-
cians (md surgeons. Columbia Uni versityN.'!^ VoLVUI
for the coUegiatr. year 1901—1902. p. 549. Mit 5 Tafeln.
(Veränderungen der Ganglienzellen nach Vergiftung
von Kaninchen mit Lyssa. Der erste Theil der Abhand-
lung giebt, im WesentUchen in Anlehnung an Nissl,
aber auf eigenen Studien begründet, das Bild der sorg-
fältig fixirten Ganglienzellen, nicht nur, wie leider ge-
wöhnlich, im Rückenmarke, sondern auch in der Oblon-
gata, den Spinalgangiien , dem Kleinhim, dem Lobus
olfaotorius, der Grosshimrinde und den Basalganglien.
Der pathologische Abschnitt bringt im Wesentlichen die
verschiedenen Stadien der Chromatolyse nach verschieden
langer Dauer der Vergiftung. Zahlreiche gute Abbil-
dungen.)
95) Embden, Gustav, PrimitivfibriUen verlauf in
der Netzhaut 1 Tafel. Arch. f. mikroskop. Anat. o.
Entw.-Gesch. LVU. 3. p. 570. 1901.
96) Vogt, Heinrich, Zur Geschichte u. Literatur
der Neurofibrillen. Centr.-Bl. f. allgem. Pathol. u. pathoL
Anat. XIII. 4. p. 124. 1902.
97) V 0 g t (Göttingen), Ueber Neurofibrillen. VII. Ver-
sammlung mitteldeutscher Psychiater u. Neurologen am
20. Oct. 1901 in Jena. Ref. in Neurol. Centr.-BL p. 1061.
1901. — Arch. f. Psychiatrie XXXV. p. 566. 1902.
(Bestätigung Bethe'scher Resultate über intra-
cellulären und extracellulären Fibrillenverlauf, ihren Zu-
sammenhang mit perioellulären Endnetzen, Nachweis von
fibrillären und plasmatisohen Zellenverbindungen, inter-
oellulärer Nervennetze an den Ganglienzellen der Säuger-
Retina.)
98) Vogt, H., Ueber Neurofibrillen in Nervenzellen
u. Nervenfasern der Retina. Mon. -Sehr. f. Psych, u.
Neurol. IX. 3. 1902.
99)Crevatin, F., Sülle fibre nervöse ultratermi-
nali Elend, d. R. Accad. d. So. d. Ist di Bologna. BolL
d.Sc. med. 8.8. LXXH. 5. p.270. 1901. (Dem As/l nicht
zugänglich.)
100) Ruffini, A., Le fibrille ultra-terminali nei
corpuscoli del Mdesner nell'uomo ed in altre termina-
zioni di senso di alcuni vertebrati. Atti d. R. Accad. d.
Fisiocritici in Siena (Proc. verb.) 4. S. Vol. XITT. Anno
Accad. CCX. 3. p. 66. 1901.
101) Donaggio, Arturo, Sulla presenza di sot-
tili fibrille tra le maglie del reticolo periferico nella cellula
nervosa. Con una figura. Rivist. sperimentaL di Fre-
niatr. XXVH. 1. p. 3. 1901.
102) Donaggio (Modena), Sur les appareils fibril-
laires endooellulaires de conduction dans les centres ner-
veux des vertebres superieures. V. Congres international
de PhysioL, Turin 17.— 21. Sept. 1901. Arch. ital de
Biol. XXXVL 1. 1902. Ref. in Neurol. Centr.-Bl.
p. 179. 1902.
(D. unterscheidet peripherische, glatt durchgehende
Fibrillen in der Ganglienzelle von centralen, die ein
dichtes Netzwerk bilden und mit den ersten verbunden
sind.)
103) Donaggio, Sugli apparati fibrillari endocellu-
lari di conduzione nei oentri nervosi dei vertebrati supe-
riori. Riv. speriment. Freniatr. XXVÜL 1. p. 108. 1902.
104) Soukhanoff, Serge, Sur le reseau endo-
ceUulaire de Qolgi dans les elements nerveuz de Tecoree
cerebrale. 4 Fig. Nevraxe IV. 1. p. 47. 1902.
105) Soukhanoff, S., Reseau endocellulaire de
Qolffi dans les elements nerveux des ganglions spinaux.
3 Fig Revue neurol. XXIV. p. 1228. 1901.
106) Suchanoff, Das endooelluläre Netz Qolg^s
in den Nervenzellen des Rückenmarkes. Ges. d. Neuro-
logen u. Irrenärzte zu Moskau. Sitzung vom 15. Jan. 1902.
Ref. in Neurol. Centr.-BL p. 777. 1902.
(Genaue Beschreibung der Qolgi-VeraU€wi\\eik Me«
thode und der damit erhaltenen Bilder.)
Edinger und Wallenberg, Anatomie des CentralnervenBystems.
11
107) Soukhanoff, Serge, Reeeau eDdocellnlaire
de Qolffi daos les cellales nervenses de la moelle epi-
Diere. Bevae nenrol. p. 897. 1902.
106) Oolgi, C, Le leticiüam intra-cellulaire et la
stnictnie fibnUaire peripheriqne de la cellule nerveose.
Oofflpt rend. 13. Coogies Internat, de Med. Paris 1900.
Test de Nenrol. p. 583.
109) Kops oh, Fr., Die Darstellang des Blnnen-
netzes in spinalen Oanglienzellen n. anderen Eörperzellen
mittels Osmiumsänre. 1 Fig. Sitz.-Ber. d. preuss. Akad.
d-Wiss. Berlin 1902. Sond.-Abdr. Berlin. Reimer in
0mm, (Dem Bef. nioht zugänglioh.)
110) Holmgren, £., Weiteres über das Tropho-
spoDginm der Nervenzellen u. der Drüsenzellen des Sala-
mander-Pankreas. Arch. f. mikroskop. Anat. LX. 1902.
— Bef. in Rivist di Patol. nery. e mental, p. 417. 1902.
(Dem. Ref, nioht zngänglioh.}
111) Holmgren, Emil, Einige Worte zu der
VittheUong von Kopsek : «Die Darstellung des Binnen-
netzes in spinalen Ganglienzellen u. anderen Eörperzellen
mittels Osmiumsänre^. Mit 2 Abbild. Anatom. Anzeiger
IXn. p. 374. 1903.
112) De Bnok et De Moor, Un detail de struo-
tore de la oellule nerveuse. 1 Abbild. (Belg. med. VUI.
29. p. 65. 1901.
(Zellenkanälchen, nichts wesentlich Neues.)
113) 8 j ö ▼ a 1 1 , E i n a r , üeber die Spinalganglien-
zellen des Igels. Ein neuer Befund von krystalloiden Bil-
dimgen in Neryenzellen. Dieintracellulären ,|Eanälchen'^-
Systeme. 2 Taf. Anatom. Hefte Abth. 1 : Arb. aus anat
lost Heft 58. p. 239. 1901. (Dem Bef, nioht zugänglich.)
114) 8olger, Bernhardt, üeber die ^intraceliu-
lareo FSden' der Oanglienzellen des elektrischen Lappens
TOD Torpedo. 1 Tafel Morphol. Jahrb. XXXL 1. p. 104.
1902.
115) Donaggio, Arturo, Sulla presenza di sot-
tili fibrille tra le maglie del reticolo periferioonellacellula
nervosa. Con una figura. Rivist speriment. di Freniatr.
XXVII. 1. p. 3. 1901.
116) Held, Hans, üeber den Bau der grauen u.
weissen Substanz. I. Zur Kritik der pericellulären Netze
der Oanglienzellen. 3 Tafeln. Arch. f. Anat. u. Physich
[aoat Abth.] 5 u. 6. p. 189. 1902.
117) Vincenzi, Livio, Sul rivestimento delle
cellole nervöse. Con 4 figure. Anatom. Anzeiger XIX.
p. 115. 1901.
118)Roncoroni, Luigi, Sui rapporti tra le cel-
lole nervöse e le fibre amieliniche. Arch. diPsioh. Ü^XII.
1901. Bef. in Neurol. Gentr.-BL p. 755. 1902. (Dem
ßef, nicht zugänglich.)
Pie Zellen der Brüokenkeme umspinnt ein dichtes
Geflecht markloser Nervenfasern mit feinstem Faserfilz,
bez. Netz, in dessen Knotenpunkten ovale und rundliche
Anschwellungen eingelagert sind. Ausserdem werden
Körnchen beschrieben, deren Zusammenhang mit Nerven-
fibrillen noch zweifelhaft ist)
119) Turner, John, Observations on the minute
strncture of the oortex of the brain as revealed by the
methylene blae and perozide of hydrogen method of stai-
Diog the tissue direct on its removal from the body.
18 Rgg. Brain Part 94. Vol. XXIV. p. 238. 1901.
120) Roncoroni, L., Le fibre amieliniche peri-
cellnlari e peridendritiohe nella corteocia cerebrale. Bif.
nied.XVIIL 121. 122. p. 512. 554. 1902.
121) Coluoci, C, La zonaperinucleare nella cellula
Berrosa. Ann. di Nevrol. XVm. 2. p. 123. 1900. (Dem
^f. nicht zugänglich.)
122) Donaggio, A., A proposito della zona peri-
nncleare nella oeUula nervosa: rettifioa. Ann. di Nevrol.
rnn. 3. p. 227. 1900. (Dem Ref, nicht zugängUch.)
123) Colnoci, C., A proposito della zona peri-
oQcleare nella cellula nervosa : risposta al Dott Donaggio,
Ann. di Nevrol. XVm. 3. p. 228. 1900. (Dem Ref nicht
zog&Dglich.)
124) Stefanowska, M., Sur les appendioes piri-
formes des cellules nerveuses cerebrales. Arch. ital. de
Biol. XXX VL 1. p. 90. 1901.
125) Soukhanoff, Serge, et Czarniecki
Feliks, Sur Tetat des prolongements protoj^lasmatiques
des cellules nerveuses de la moelle epiniere ohez les
vertebres superieurs. 6 Figuren. Nevraxe IV. 1. p. 79.
1902.
126) Soukhanoff, Serge, Gontribution k Tetude
des appendioes sur le corps oellulaire des Clements ner-
veux. 2 Figg. Nevraxe IV. 2. p. 225. 1902.
(An Rückenmarkzellen des Meerschweinchens und
Menschen, besonders imHinterhorn neugeborener Kinder,
lassen sich mit der SUbermethode öfters domenartige
Anhänge am Zellenkörper selbst nachweisen, wie sie
Ramon y Cajal an den Zeilen der cerebralen Trige-
minuswurzel beschrieben hai Ihre Bedeutung ist nooh
unklar.)
127) Geier, T., Sur la forme et le developpement
des prolongements protoplasmiques des cellules spinales
chez les vertebres superieurs. Nevraxe IV. Fevr. 15.
1903.
(Oolgi- Beobachtungen, die wegen der Abbildungen
im Originiue eingesehen werden müssen.)
128)Sciuti, Michele, Sopra alcune particolaritä
di struttura delle cellule dei gangli spinali dell'uomo.
1 Tafel. Ann. di Nevrol. XX. 3. p. 368. 1902.
(Sc. konnte an menschlichen Spinalganglienzellen
1) ein pericelluläres Netz nachweisen, das wahrscheinlich
Neuroglia-Natur besitzt, mit intracapsulären Zellen und
dem Kapselgewebe verbunden ist, und 2) ein periphe-
risches endooelluläres Netz, das wohl identisch ist mit
Oolgi's oberflächlidiem Netzwerk, Donaggio*8, Semi
Meyer 's, Bethe's u. A. identischen Befunden. Wie
weit auch hier dieNeuroglia betheiligt ist, wagt So. nicht
sicher zu entscheiden.)
129) Manouelian, T., Note sur la structure de la
ciroonvolution de Thippocampe. Soo. de Biol. p. 536.
Mai 25. 1901. (Dem Ref nicht zugänglich. Ref. in
Revue neurol. p. 86. 1902.)
(Bei jungen Hunden und Katzen besitzen die Pyra-
midenzellen der mittleren Schicht des Gyrus hippocampi
einen zweiästigen, ungemein stark verzweigten Spitzen-
fortsatz, ähnlich wie die (Mitral-) Zellen des Bulbus
olfaotorius — gleiche Funktion bedingt also gleiche
Gestalt.)
130) Abelsdorf f, G., Zur Anatoniie der Ganglien-
zellen der Retina. 1 Tafel. Arch. f. Augenhkde. XIJI. 3.
p. 188. 1902.
131) M a r e n g h i , G., Gontributo alla fina organizza-
zione della retina. BolL della Soc. med.-chir. di Pavia
L 1901. (Dem Ref nicht zugänglich. Ref. in Rivista
di Patol. nervös, e ment p. 364. 1902.)
(Pericelluläre Netze aus Gollatenüen von Opticus-
fasem und anderen Neuriten, Neuritenendigung von
Zellen des Stratum intergranulare in der äusseren Körner-
schicht, Gliazellen daselbst werden beschrieben. Die
sogenannten ,Mü Her 'sehen Fasern* sind wahrschein-
lich modifioirte Neurogliazellen.)
132) M e n 0 1 , E m., Einige Bemerkungen zur Histo-
logie des elektrischen Lappens bei Torpedo marmorata.
4 Textfigg., 1 Tafel. Arch. f. mikroskop. Anat u. Entw.-
Gesch. LX. p. 181. 1902.
133) Studnicka, F. K., Beiträge zur Kenntniss
der Ganglienzellen, ü. Einige Bemerkungen über die
feinere Struktur der Ganglienzellen aus demLobuselectri-
cus von Torpedo marmorata. Mit 1 Tafel. Sitz.-Ber. d.
kön. böhm. Gesellsoh. d. Wissensch. in Prag [mathem.-
naturwiss. Klasse] XV, vorgelegt den 22. März 1901.
e) Kern, PigmerU, Omtrosom,
134) Magini, G., Sopraunanuovasostanzanuoleare
delle cellule nervöse. Montepulciano 1901. Tip. Fumi.
16 pp.
12
E d i n g e r und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
135) Romano, Anacloto, A proposito di ana
nuova sostanza nel nucleo delle cellule nervöse elettriohe.
Anatom. Anzeiger XXI. p. 461. 1902.
136) Lazzatto,A. M., üeber Ergebnisse der Ner-
venzellenffirbnng in nnfixirtem Zustande. Berl. klin.
Wchnschr. XXXIX. p. 1212. 1902.
137) San 0, F., Cellnles nerveuses k denx noyanx.
1 Tafel. Journ. de Nenrol. Nr. 2. 1901.
(In einer Zelle, die einem eiterig entzündeten Spinal-
ganglion angehörte, fand 8. ausser anderen pathologischen
Erscheinungen eine deutliche Zweitbeilung des Kernes.)
138) Hatai, Shinkishi, On the mitosis in the
nerve cells of the cerebellar cortex of foetal oats. 1 Tafel.
Journ. of conipar. Nenrol. XI. 4. p. 278. 1901.
139) Hamilton, Alice, The division of di£fo-
rentiated cells in the central nervous System of the white
rat. 2 Tafeln. Journ. of compar. Neurol. XI. 4. p. 297.
1901.
140) Ferrin de la Touche et M. Dide, Note
sur la structure du noyau et la division amitosique des
cellules nerveuses du oobaye adulte. Revue neurol. Nr. 2.
p. 78. 1901. Mit Figuren.
141) Kolster, Rad., Ueber Centralgebilde in
Vorderhomzellen der Wirbelthiere. 4 Tafeln. Anatom.
Hefte Abth. 1 : Arb. a.anat.In8t. Heft 50. (XVI. 1.) p. 151.
1901.
142) Kolster, Rudolf, Ueber Centrosomen u.
Sphären in menschlichen Vorderhomzellen. 1 Tafel.
Deutsche Ztsohr. f. Nervenhkde. XX. 1 u. 2. p. 16. 1901.
143) Hatai, Shinkishi, On the presence ofthe
centrosome in oertain nerve cells of the white rat. 1 Taf.
(From the neurolog. Laborat. of the ünivers. of Chicago.)
Journ. of compar. Neurol. XI. 1. p. 25. April 1901.
(In verschiedenen centralen und peripherischen Zellen
Hessen sich Centrosome und Attraktionsphären nach-
weisen, bei jüngeren Ratten mehr als bei erwachsenen,
bei letzteren bestand eine Tendenz zur Degeneration der
gewöhnlich aus 2 Körperchen zusammengesetzten Centro-
some. Die Lage der Sphäre war sehr constant)
144) Fein her g, üeber den Bau der Oanglienzelle
u. über die Unterscheidung ihres Kernes von dem Kern
der einzelligen thierischen Organismen. 1 Tafel. Mon.-
Schr. f. Psych, u. Neurol. XI. 6. p. 401. 1902.
(Bei der Romanowski 'sehen Methylenblau- Eosin-
färbnng wird das Ontralkörperchen im Kern der Amöben
roth, während sich das Kernkörperchen aller Körper^
xeUm, also auch der Ganglienzellen, blau färbt.)
145) Rosin n. v. Feny vessy, üeber das lipo-
chrom der Nervenzellen. 2 Tafeln. Virohow's Arch.
CLXn. 1900.
(Die bereits vor 4 Jahren als Fettkömohen beschrie-
benen Zelleneinlagemngen färben sich mit Sudan III
roth, dadurch ist ihre Fettnatur sicher festgestellt.)
146) Rothmann, Max, üeber dasLipochrom der
Ganglienzellen. Deutsche med. Wchnschr. XXVII. p. 164.
1901.
147) 01m er, Note snr le pigment des cellules ner-
veuses. Compt. rend. Soc. de Biol. Mai 11. p. 506. 1901.
(Dem Bef, nicht zugänglich. Ref. in Revue neurol. p. 89.
1902.)
148) Hatai, Shinkishi. The finer structure of
the spinal ganglion cells in tne white rat 1 Tafel.
(From the neurolog. Laborat of the ünivers. of Chicago.)
Journ. of compar. Neuro!. XI. 1. p. 1. April 1901.
149) Smirnow, A. E. von. Einige Beobachtungen
über den Bau der Spinalganglienzellen bei einem vier-
monatlichen menschlichen Embryo. 1 Tafel. Arch. f.
mikroskop. Anat LIX. 3. p. 459. 1901.
(Netzförmige Protoplasmastruktur, H o 1 m g r e n'sche
Zellenkanälchen ohne Wandung (vgl. den vorigen Bericht),
Zellencolonien aus mehreren mit einander zu einem Syn-
cytium verwachsenen Zellen bestehend, die v. Sm. auch
im Vorderhorn desselben Embryo beobachten konnte.)
150) Romano, Anacleto^ Di aicune partico-
lariti nella fina anatomia dolle cellule nervöse elettriohe.
Con ana tavola. Napoli 1901. Gennaro M. a prioce Vico
FUippo e Giaoomo.
151) La Pegna, Eugenio, Le cellule nervöse
giganti nella rigenerazione del midolle spinale candale di
tritone. ITaf. Ann. di Nevrologia XIX. 6. p. 486. 1901.
152) Ramon y Cajal, 8., Signifioacion probable
de las celulas nerviosas de cilindro-eje oorto (con 3 gra-
bados). Trabigos del Laboratorio de Investigaciones Bio-
logioas del üniversidad de Madrid Tomo 1. Vi de la
„Revista Thmestral micrografica''. Madrid 1901—1902.
153) Roncoroni, L, SuUe cellule nervöse con
prolungamenti protoplasmatici a ramificazione distale.
Arch. per le Sc. med. XXIV. 2. p. 173. 1902.
d) funkiioneUe, senile, postmortale Veränderungen.
154) 6 0 u r y , J., L'amiboisme des cellules nerveuses.
Critiques des theories edifiees snr cette doctrine. Presse
med. 47. p. 273. 1901.
155) Stefanowska, Micheline, l^sappendices
terminaux des dendrites cerebrauxetleursdifferentsetats
physiologiques. 1 Tafel. Arch. des Sc. physiqu. etnatur.,
quatrieme periode XL Mai 1901. (Bestätigung früherer
Befunde.)
156) Stefanowska, Michalina, Sur les resul-
tats des travaux recents sur Thistophysiologie de la cel-
lule nerveuse. 1. Appendioes pyriformes. "W'szechlwiat,
Warszawa XXI. p. 204. 1902.
157) Stefanowska, Miohaiina, Les terminai-
sons reelles des cellules nerveuses et leur signification
dans les proces psychiques. Morphologie et physiologie
des appendices pyriformes. 1 Taf. Kosmos Lwow XXVI.
p. 244. 1901.
158) Geeraerd, R., Les variations fonctionelles
des cellules nerveuses corticales chez le cobaye etudiees
par la methode de Nisal. 1 Tafel. Ann. de la Soc. des
Sc. med. et nat Bruxelles p. 405. 1901. (Dem Ref. nicht
zugänglich.)
159) Guerini, G., Action de la fatigue sur la fine
structure des cellules nerveuses de la moelle epiniere.
Note preventive. Arch. ital. de Biol. XXXVII. 1902.
160) Van Durme, Paul, Etüde des differentsetats
fonctionnels de la cellule nerveuse. 4 Tafeln. Nevraxe
n. 2. p. 115. Fevr. 7. 19()1.
161 J P u g n a t , A m e d e e , Recherches sur les modifi-
cations histologiques des cellules nerveuses dans la
fatigue. Journ. de Physich et dePathol. generale 2. p.83.
Mars 15. 1901. (Ref. in Revue neurol. p. 680. 1901.)
(Motorische Vorderhorn- und Rindenzellen bleiben
intakt bei Ermüdung.)
162) Narbut, üeber den Zustand der Dendriten in
der Grosshirnrinde während dos natürlichen Schlafes.
Wissensch. Versamml. d. Aerzte d. Petersburger Klinik
f. Nerven- n. Geisteskranke. Sitzung vom 20. Deo. 1899.
(Ref. im Neurol. Centr.-Bl. p. 1126. 1901.)
(Variköse Dendritenveränderungen der Grosshim-
rindenzellen während des Schlafes [Hunde, G o 1 g i - Bilder]
beruhen auf Contraktionen in Folge chemischer Verände-
rungen.)
163) Aisberg, Moritz, Die protoplasmatisohe
Bewegung der Nervenzellenfortsätze in ihren Beziehun-
gen zum Schlaf. C!orr.-Bl. d. deutsch, anthrop. Gesellsch.
Nr. 1. 1901. (üebersicht)
164) Reusz, F. von, üeber Brauchbarkeit der
(?o^i*8chen Methode in der Physiologie u. Pathologie der
Nervenzelle. Magyar sevosi Arch. III. 1902. (Ref. im
Neurol. Centr.-Bl. p. 17. 1903.)
(Die rosenkranzartigen Anschwellungen und Varikosi-
täten der Dendriten müssen als Eunstprodukte bezeichnet
werden. Die G o l g i - Methode ist zum Studium der Fort-
satz-Veränderungen nicht zu verwenden.)
165) Geier, T., Contribution ä Fetude de Tetat
moniliforme des dendrites corticales. Nevraxe 11. 2.
p. 217. Fevr. 7. 1901.
(Dornonlose und variköse Dendriten kommen in der
normalen Hirnrinde vor. Der rosenkranzförmige Zustand
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensysteme.
13
der Deodriten ist Dicht ein Zeichen der Plasticität, son-
dern eines krankhaften Znstandes der Zellen.)
166) Iwanoff, L, üeber die Bedingungen des Er-
scheinens n. die Bedeutung der Varikosität der Proto-
plaamafortsätze der motorischen Zeilen der Hirnrinde.
(VorlÄufige Mittheilung.) Neurol. Ceqtr.-Bl. 20. p. 701.
1901.
(Bestätigung der Resultate von Weil und Frank
[dehe den vorigen Bericht], dass die Varikositäten der
Dendriten lediglich Artefakte der Golgi- Methode sind.)
167) Bonne, C, Sur les gouttelettes de graisse ä
eristence temporaire des ganglions spinauz de la grenouille.
öFigg. Compt. rend. Soc. hiol. LIII. 16. p. 474. 1901.
(Bern Ref. nicht zugänglich.)
168) Mo rat, J. F., Reserve adipeuse de nature
hivernale dans les ganglions spinaux de la grenouille.
Gompt rend. Soc. hiol. LIII. 16. p. 473. 1901. (DemÄe/l
nicht zugänglich.)
169) Mählmann, M., Die Veränderungen der
Nerreozellen in verschiedenem Alt^r beim Meerschwein -
eben. (Aus d. Prosektur d. städt. Spitals in Odessa.) Mit
3 Abbildungen. Anatom. Anzeiger XIX. p. 377. 1901.
(Ansammlung von Fettkömchen in den Spinal-
gaoglienzellen und centralen Zellen älterer Meerschwein-
cheD, partielle Fettmetamorphose, die nicht wie beim
Menschen mit Pigmentirung verbunden ist.)
170) Mühlmann, M., Weitere Untersuchungen
ober die Veränderungen der Nervenzellen in verschie-
denem Alter. 2. Taf . Arch. f. mikroskop. Anat. u. Entw.-
Geech. LVm. 2. p. 231. 1901.
171)Martinotti, Carlo, e Vitige Tirelli, La
microfotografia appllcata allo studio della strnttura della
cellola dei ganglii spinal! neirinanizione. 2 Tafeln mit
12 Figuren. Annali di freniatria e Sc. affini 1901.
172) Wen dt, Georg von, Beiträge zurEenntniss
der Strukturveränderungen der Ganglienseilen unter der
Ein wirkxmg stärkerer Induktionsströme. 11 Fig. Skandi-
na?. Arch. f.Physiol. XI. 6 u. 6. p. 372. 1901. (DemÄß/".
nicht zugänglich.)
173)Ceni, Carlo e De Guglielmo Pastro-
vich, Adattamento della cellnla nervosa airiperattivitä
fonzionale. Biv. speriment di freniatr. XXVn. p. 858.
1901.
174) Lugaro, Ernesto, Sul significato delle
modifioazioni patologiohe della parte cromatica delle
cellule nervöse. Atti del XI. Congresso freniatr. tenut.
in Ancona dal 29. Settembre al 3. Ottobre 1901.
(Daa Ausbleiben chromatolytischer Prooesse an
den Spinalg^nglienzellen nach Verletzung der hinteren
Wurzeln und der Hinterstränge erklärt L. als Folge des
fehlenden Begenerationvermögens gegenüber solchen
künstlichen, daher ausserge wohnlichen Läsionen, wo-
durch die betroffenen Zellen vollständig untergehen und
reischwinden, die übrig gebliebenen aber normal bleiben.)
175) De Beule, Contribution ä Fetude des lesions
des cellnles de Thypoglosse apres Tarrachement du nerf.
I Fig. Nevraxe III. 2. p. 146. 1901.
(Pathologisch : Beschreibung der verschiedenen Sta-
dien der Chromatolyse.)
176) K ölst er, R., Om fdrändringar i kämans ut-
seende hos nervceller, med tilläg af E. Hohngren. Hygioa
N. P. 1. p. 479. 1901. (Dem Ref. nicht zugänglich.)
177) Tanzi, E., Suiratrofia secondaria indiretta
de^i elementi nervosi. Ricerche sperimentali ed un'
oeserrazione di anoftalmia congenita in un cane. 31 Figg.
RiT. di Patol. nerv, e ment. p. 337. 1902.
178) Anderson, H. E., The nature of the lesions
wbich hinder the development of nerve-cells and their
prooeases. 1 Fig. Joum. of Physiol. XXVIII. 6. p. 499.
1802.
179) Monaco, Lo, e 0. Marroni, L*azione dei
soWeoti della sostanze grasse sulla cellula nervosa. Arch.
di FarmaooL aperim. e So. affini I. 1. 1902. (Itef. in Riv.
di Patol. nerv, e ment p. 365. 1902.)
üeber die
bei Salmo
mikroskop.
180)Faure, Maurice, u. Laiguel-Lavastine,
Ueber das Aussehen u. den Moment des Auftretens von
Leichenzersetzungen in der menschlichen Gehirnrinde.
Societe de neuro], de Paris. Sitzung vom 6. Juni 1901.
(Ref. im Neurol. Ontr.-Bl. p. 478. 1902.)
(Die mit der Nissl- Methodebeobachteten Leichen-
veränderungen treten sehr spät auf und unterscheiden
sich wesentlich von pathologischen Läsionen.)
181) Donaldson, Henry H., and Daniel M.
Schoemaker, Observations on the post-mortem ab-
sorption of water by the spinal cord of the frog (raua
virescens). Joum. of comp. Neurol. XII. 2. p. 183. 1902.
(Die postmortale Gewichtzunahme des Frosch-
Rückenmarkes ist durch Wasser-Imbibition verursacht,
mit gleichzeitigem Verlust an festen Bestand theilen und
schwankt nach Jahreszeit, Feuchtigkeit und Gewicht.)
e) Zur Enhoiekelung der Zeüe und der Nerven,
181a) Dohrn, Anton, Studien zur Urgeschichte
des Wirbelthierkörpers Nr. 18—22. Mittheil, aus d.
zoolog. Stat zu Neapel XV. 1. p. 901. 1902.
182) Harrison, Boss Granville,
Histogenese des peripheren Nervensystems
salar. 3 Tafeln u. 7 Textfiguren. Arch. f.
Anat. u. Entfr.-Gesch. LVII. 2. p. 354. 1901.
183) His, W., Developpement de la substance grisc
de Tecorce cerebrale. C. R. 13. 0)ngr. internat. de Med.
Paris Sect. d'Histol. et d'Embryol. p. 36. 1902.
184) His, Wilhelm, DasPrincip der organbildeu-
den Eeimbezirke u. die Verwandtschaften der Gewebe.
(Historisch - kritische Bemerkungen.) Arch. f. Anat u.
Physiol. [anat. Abth.] p. 307. 1901.
185) Giglio-Tos, Ermanne, Sülle cellule germi-
native del tubo midollare embrionale deiruomo. Con
6 figure. Anatom. Anzeiger XX. p. 480. 1902.
186) Hatai, Shinkishi, Observations on tho
developing neurones of the cerebral cortex of foetai cats.
1 Tafel. Joum. of foomp. Neurol. XII. 2. p. 199. 1902.
187) Hamilton, Alice, The division of diffe-
rentiated cells in the central nervous System of the white
rat. 2 Tafeln. Joum. of oomp. Neurol. XL 4. p. 297.
1901.
188)Froriep, August, Ueber die Ganglienleisten
des Kopfes u. des Rumpfes u. ihre Kreuzung in der
Occipitalregion. Beitrag zur Entwickelungsgeschichte
des Selachier-Kopfes. 1 Tafel u. 3 Abbildungen im Text.
Arch. f. Anat. u. Physiol. [anai Abth.] 6. p. 371. 1901.
189) Romano, Anacleto, Per la istogenesi dei
centri nervosi elettrici. Ricerche e considerazioni pro-
liminari. Anatom. Anzeiger XX. 21. p. 513. 1902.
190)Herriok, C. Judson, An Illustration of tho
value of the functional System of neurones as a morpho-
logical Unit in the nervous System. Amer. Joum. of Anat.
I. 4. p. 517. 1901. — Proceed. of the amer. anat. Assoc.
Chicago 1902. (Dem Ref. nicht zugänglich.)
191) Fragnito, 0., Le developpement de la cellule
nerveusedanslamoelleepinieredupoulet. 3 Taf. Bibliogr.
Anat. XL 3. p. 241. 1902. (Dem Ref nicht zugänglich.)
192) Fragnito, 0., Sullo sviluppo della cellula
nervosa. Rendio. Seconda Assemblea ordin. ünione Zool.
Ital. Napoli 1901. Monit Zool. Ital. XH. 8. p. 232. 1901.
193) Fragnito, 0., Lo sviluppo della cellula ner-
vosa nel midollo spinale di pollo. (Don tre tavole. Ann.
di Nevrol. XX. 3. p. 349. 1902.
194) Fragnito, 0., Le developpement de la cellule
nerveuse et les canalicules de Holmgren, 3 Figg. Bibliogr.
Anat. IX. 2. p. 72. 1902.
195) Bombioci, G., Risposta ad aloune osser-
vazioni al mio lavoro: «Sui caratteri morfologici della
cellula nervosa duranto lo sviluppo*^. Arch. per le Soc.
XXIV. 3. p. 313. 1900.
195a) Kren thal, P., Von der Nervenzelle u. der
Zelle im Allgemeinen. Jena 1902. Gust Fischer. 274 S,
mit 9 Taf. u. 27 Figuren.
14
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Gentralnervensystema.
196) Fragnito, 0., Per la genesi della oellula ner-
vosa. A proposito di nna reoente pabblioazione del Doti
P. Kronthal. Anatom. Anzeiger XXII. p. 292. 1902.
(Priorität- Ansprach gegenüber EronthaTs Hypo-
these von der plaricellularen Bildung der Oanglienzelle.)
197) Bamon y Cajal, S. Pedro, Algnnas
refleziones sobre la doctrina de la evolncion orginica de
los corpüsonlos piramidales del cerebro. Bol. Soc. Espaii
Hist Nat Abr. p. 179. 1902. (Dem Bef. nicht, zu-
gänglich.)
198) Stefanowska, M., Sur les appendices piri-
formes des cellnles nervenses cerebrales. V. Ck>ngre8
international de physiologie Tarin 17. — 21. Sept. 1901.
Arch. ital. de Biol. XXXVI. 1. 1902. (Ref. im Nenrol.
Centr.-Bl. p. 178. 1902.)
(Die,,Appendioe8piriforme8* der Ganglienzellen ent-
wickeln sich später als alle anderen Zellen-Theile.)
199) Yeragnth, Otto, üeber nieder differencirte
Missbildungen des Centralnervensystems. Ein Beitrag
zur teratologischen Himforschungsmethode. 4 Taf. u.
10 Fig. im Text. Inaug.-Diss. Zürich. — Arch. f.Entw.-
Mechanik Xn. 1. 1901.
200) Johnston, J. B., An attempt to define the
primitive functional divisions of the central nervous
System. 2 Figg. Joum. of comp. Neurol. XII. 1. p. 87.
1902.
(Der bis in die kleinsten Details vorzüglich ent-
worfene Plan der Struktar des Centralnervensystems, der
sicher zum Verständnisse der normalen und vergleichen-
den Anatomie viel beitagen wird, bezieht sich leider aus-
schliesslich auf die niedersten Vertebraten, speciell die
Fische. Siehe vergl. Anatomie.)
201) N e u m a n n , Einige Bemerkungen über die Be-
ziehungen der Nerven u. Muskeln zu den Gentralorganen
beim Embryo. Arch. f. Entw.-Mechanik d. Organismen
1902. (Dem Ref, nicht zu^glich.)
202) Zingerle, H., Ueber Störungen der Ankge
des Centralnervensystems, aaf Grundlage der Unter-
suchung von Gehirn-, Bückenmarks-Missbildungen. Arch.
f. Entw.-Gesch. d. Organismen XIV. 1 u. 2. p. 65. 1902.
f) Nervenmark und Achseneylinder (vgl auch die
Absohnitte a und e).
203) Bing, H. J., u. V. Eilermann, Zar Mikro-
chemie der Markscheiden. Arch. f. Anat u. Physich
[physich Abth.] 3 u. 4. p. 256. 1901. (Dem Ref, nicht
zugänglich.)
204)Wynn, William, The minute structure of
the medullaiy sheath of nerve-fibres. 2 Taf., 4 Fig. im
Text. Joum. of Anat. and Physich N. 8. XIV. 3. p. 381.
April 1900. (Vgl. den vorigen Bericht.)
205) Ferrari, C, Sulla struttura delle fibre ner-
vöse midoUate nei gangli cerebro-spinali. Bell, di Soc.
med.-chir. di Pavia Nr. 2. p. 71. 1900.
206)Dunn,ElizabethHopkins,Onthenumber
and on the relation between diameter and distribution of
the nerve fibres innervating the leg of the frog, rana
virescens brachycephala, Gope. 2 Teztfiguren. Joarn.
of comp. Neurol. XII. 4. p. 297. 1902.
(Die Unterschenkel- und Fuss-Aeste des Frosch-
Ischiadicus enthalten mehr Fasern als der Stamm, in
Folge von Fasertheilung. Der Durchmesser der Fasern ist
um so kleiner, je mehr sie dem Fusse sich nähern,
Schwalbe's Gesetz, dass die längsten Nervenfasern
auch die dicksten sind, gilt hier also scheinbar nicht. Der
Flächeninhalt der Achseneylinder ist annähernd oonstant
gleich dem der zugehörigen Markscheide.)
207) Herrick, 0. Judson, A note on the signi-
ficance of the size of nerve fibers in fishes. Joum. of
comp. Neuroh XII. 4. p. 329. 1902.
208) Calugareanu, D., Recherches sur les modifi-
cations histologiques dans les nerfs comprimes. 1 Taf. u.
2 Figuren. Joum, de Physich 9t de Pathoh gen. III. 3.
p. 413. 1901.
200) Lagaro, E., Sulla legge di Wailer, Riv. di
Patch nerv. ment. VI. p. 193. 1901.
g) NeurogUa.
210) Nissl, Üeber einige Beziehungen zwischen
der Glia u. dem Gefässapparat (27. Wandervers. d.
Süd westdeutschen Neurologen u. Irrenärzte. Sitzung am
25. Mai 1902.) Arch. f. Psychiatrie XXXVI. 1. p. 334.
1902.
211) Marchand, L., Rapports des fibrilles nevro-
gliques avec les parois des vaisseaux. Bull, et mem. Sog.
anat. Par. 6. S. LXXV. 2. p. 866.
212) Eure, S., üeber die Beziehungen der Glia
zu den Gefässen. Neurologia I. 1902. Ref. in NearoL
Centr.-Bl. p. 1017. 1902.
(E. konnte ein Hineinwachsen von Gapillaren der
Hirnrinde [bei experimenteller Tuberkulose] in das Proto-
plasma von Gliazellen beobachten.)
213) Smidt, H., Weitere Untersuchungen über die
Glia von Helix. Mit 5 Abbildungen. Anatom. Anzeiger
XIX. p. 267. 1901.
214) Haber, Carl, Studios on the neuroglia.
Amer. Joum. of Anat. 1. 1. 1901. (Dem Bef, nicht zu-
gänglich. Ref. in Neuroh Centr.-Bl. p. 950. 1902.)
(Die Neurogliafasem emanoipiren sich von dem
Protoplasma derNeuro^liazellen am meisten beim Hunde,
der Eatze und der Schildkröte, weniger beim EaninoheD
und IVosche, am wenigsten bei der Taube.)
215) Joseph, Heinrich, Untersuchungen über
die Stützsubstanzen des Nervensystems nebst Erörterun-
gen über deren histogenetische u. phylogenetische Deu-
tung. 66 S. mit 4 Tafeln u. 2 Figuren. Arb. aus d. zool.
Inst. d. üniv. Wien o. d. zool. Station Triest Xm. 3.
1902.
216) Aguerre, J. A., Untersuchungen über die
menschliche Neuroglia. 1 Tafeh Arch. f. mikrosk. Anat
LVI. 3. p. 509. 1900.
(Im Rückenmarke einer alten Frau fand A. mit der
W ei ger tischen Gliaf&rbung mehrere Formen grosser
Gliazellen mit unregelmässigen Eemen, daneben regel-
mässige dunkle kleine Eeme. Die Zahl der Kerne steht
in umgekehrtem Verhältnisse zu den Ghafasern. Mehr-
kernige Gliazellen sind wahrscheinlich durch Mitosen ent-
standen. A. steht vollständig auf Weigert's Stand-
punkte der Unabhängigkeit der Gliafasem von den Glia-
zellen.)
217) Capobianco, F., De la partioipation meso-
dermique dans la genese de la nevroglie cerebrale. Arch.
ital. de Biol. XXXVn. p. 152. 1902.
218)Hatai, Shinkishi, On the origin of neuro-
glia tissue from the mesoblast. 1 Tafel. Joum. of oom-
parat neurol. XII. 4. p. 291. 1902.
219) Marinesoo, M. G., Evolution de la nevroglie
h l'etat normal et pathologique. Compt. rend. de Soc. de
Bioh p. 688. Juillet 7. 1900.
220)Mack, Hermann von. Das Centralnerveo-
system von Sipunculus nudus L. (Bauchstrang). Mit be-
sonderer Berücksichtigung des Stützgewebes. Eine histo-
logische Untersuchung. 98 S. mit 5 Tafeln u. 17 Figuren.
Arb. aus d. zool. Inst. d. Univ. Wien u. d. zool. Station
in Triest XIII. 3. 1902. (Dem Ref nicht zugänglich.)
221) Weber, üeber das Vorkommen von sogen.
Monstre-Gliazellen im Gehirn. (Vortrag auf d. 36. Vers,
d. Vereins d. Irrenärzte Niedersaohsens u. Westphalens
am 4. Mai 1901 in Hannover.) Allg. Ztschr. f. Psych,
p. 747. 1901.
h) Ependym^ Meningm.
222) Fuchs, Hugo, üeber das Ependym. 4 Figg.
Verband!, d. anat. Ges. auf d. 16. Vers, zu Halle a. d. 8.
p. 226. 1902.
(Die Epend^zellen sind keine Flimmerzellen, »da
ihren haarförmigen Fortsätzen das Basalkörperohen
fehlt)
Edioger und Wallenberg, Anatomie des Gentralnervensystems.
15
223)Imamara, Shinkiohi, Beiträge zur Histo-
logie des Plexus choiioidens des Menschen. 1 Tafel. Arb.
L d. neoioL Inst d. Wiener Univ. 8. p. 272. 1902.
224) Pettit^ Auguste, et Joseph Girard,
Sor ia fonction secretoire et la morphologie des plexus
choroides des ventricules lateraux du Systeme nerveux
ceotraL 1 Tafel u. 6 Figuren. Arch. d*Anat. mioroso.
XL 2. p. 213. 1902.
225) Pettit, Auguste et Joseph Girard,
Action de quelques substanoes sur repithelium du revete-
meot de plexus chorioides du Systeme nerveux central.
Compt rend. de Soc. de Biol. Par. T. 54. Nr. 20. p. 699.
1902.
226) Catöla, G., Sulla presenza di nevroglia nella
strattora dei plessi coroidei. 4 Figuren. Biv. di Patol.
oenr. e ment 9. p. 385. 1901.
227)Sterzi, Giuseppe, Svüuppo delle meningi
midoUari dei mammiferi e loro oontinuazioneconleguaine
dei nervi 1 Tafel. Arch. ital. de Anat e di Embriol.
1. 1. p. 173. 1902. (Dem Ref, nicht zugänglich.)
228) Sterzi, G., Bicerche intomo alla anatomia
comparata ed all'ontogenesi delle meningi. Gonsiderazioni
stoQa filogened. Parte prima : Meningi midollari. 1 Taf .
Atti MX. veneto sc. lett. ed art. Anno aocad. 1900—1901.
LX. 2. 1901.
229) N ose, Sysuta, Zur Struktur derDura-mater
oerebri des Menschen. Mit 6 Abbild, im Text Arb. a.
I d. Dearol. Inst d. Univ. Wien (Prof. H, Oberateiner),
' 8. p. 67. 1902.
Es sind im Laufe der letzten Jahre so yielerlei
Theile des Ganglienleibes beschrieben worden, dass
es, bevor die Ergebnisse der letztjährigen Arbeit
grachildert werden, zweckmftssig sein wird, eine
üdertieht über das Bekannte zu geben.
Bisher soll man in der Oanglienzelle unter-
scheiden können :
A Zeilenleib. 1) Cytoplasma von der Struktur
eines Wabennetzes, 2) Zellensaft in den Hohlräumen
dieses Netzes (mehrere Autoren), 3) Neurofibrillen
(Ap&thy). 4) Fibrillen anderer Art (Flemming),
5) SaftkanAle (Holmgren)=» endoceUul&res Netz
(Q 0 1 g i), 6) einen netzförmigen Apparat, wesentlich
iQderPeripherie(Qolgi), 7)Qranula mannigfachster
CfrOsse und Anordnung (Nissl)«=3?Tigroidsub8tanz
Len h 0 8 s 6 k 's, 8) Pigment 9) Die Zellen werden
Ton einem nervösen (?) neurogliösen (?) Netze über-
Mgen(Oolgi).
B. Kern, 1) (Jerüstsubstanz, 2) Eernsaft, 3) Mem-
bnn, 4) Granula (2—3 Arten), 5) Kemkörper,
6) Centrosoma.
Die im Folgenden zu referirenden Arbeiten
behandeln meist mehrere der erwähnten Punkte
Die ausfQhrüchste kritische Darstellung des
Bekannten bringt das Buch von N i s s 1 (73). Sein
pteter Theil ist dem Nachweise gewidmet, dass
der Neuronbegriff weder in der älteren, rein ana-
tomischen Form Waldeyer's, noch in den Hodi-
fihtionen, die ihm Edinger, Hoche, Yer-
vorn, Münzeru«A. zu geben versucht haben,
«Q&echt zu halten sei. Neben dem Kritischen liegt
^ En^^iwerih des NissTschen Buches darin,
^ es mit grosser Klarheit feststellt, was bisher
wirklich bekannt und was nur erschlossen oder
^wmatfaet ist Hier soU ausfQhrlicher dargestellt
werden, zu welchen Schlössen N. über den Auf-
bau des Nervensystems gekommen ist Da aber
der Fund der Fibrillen ihn im Wesentlichen zu dem
Kampfe gegen die Neurontheorie ffihrte, so sei zu-
nächst seine Stellung zu Apäthy und Bethe
erwähnt
Nissl hält das dreidimensionale Elementar-
fibrillengitter Ap&thy's (siehe den Bericht 1897 —
1898) für unvereinbar mit der Thatsache loka-
lisirter Leitung. Die Miteinbeziehung der sogen,
diffusen (}olgi-Netze Bethe's in dessen Hypo-
these sei nicht genügend motivirt, da ihre
Existenz noch nicht als einwandfrei festgestellt zu
betrachten ist. Die Neurofibrillen der Nervenzelle
können nicht, wie Bethe meint, unverändert in
die Qolgi- Netze übergehen, sondern müssen bei
diesem Uebergange eine uns unbekannte Verände-
rung erleiden. Ebenso geht die Mehrzahl der
Neurofibrillen des Achsency linders beim Oebergange
in das nervöse Orau unbekannte Veränderungen
ein und nur ein kleiner Theil kann bis in die
nächste Nähe eines Qolgi -Netzes unverändert
verfolgt werden, auch dies nur an Stellen, an
denen die Nervenzellen mit den Qolgi- Netzen
nicht in ein nervöses Qrau eingebettet sind.
Bethe nimmt eine ausschliesslich intracelluläre
Entwickelung von markhaltigen Neurofibrillen-
bahnen an. Nissl dagegen hält die Annahme
extracellulär , das heisst im nervösen Qrau sich
entwickelnder Fasern für unbedingt nothwendig,
weil das numerische üebergewicht der markhaltigen
Fasern über die Rindenzellen im menschlichen
Vorderhirpe weder durch GoUateralen, noch durch
subcortikal entspringende Fasern erklärt werden
kann. Das nervöse Qrau ist zwar als eine spe-
cifisch nervös funktionirende Substanz und als
modificirtes Protoplasma nervöser Zellen anzu-
sehen. Ueber seine Struktur ist uns aber nichts
bekannt und die von Nissl früher angenommene
Identität des Qrau mit dem Elementargitter bei
Wirbellosen (siehe den vorigen Bericht) ist bisher
nicht bewiesen. Ein nervöses Qrau muss existiren,
denn die Zwischenräume zwischen den Qanglien-
zellen der grauen Substanz werden durch Den-
dritenverzweigungen, Qlia und (befasse bei Weitem
nicht ausgefüllt Nissl 's Anschauung vom Zu-
sammenhange der nervösen Elemente kann jetzt
etwa dahin formulirt werden (vgl. auch den vorigen
Bericht): Die Neurofibrillen der Nervenzellen treten
entweder von den die Oberfiäche der Zellen ein-
hüllenden Qolgi -Netzen in das Innere oder sie
verlassen unter Veränderung ihrer Struktur die
Zelle, um in das Qolgi- Netz einzutreten, oder
sie treten im Nervenfortsatze zusammen und ziehen
innerhalb des Achsencylinders markhaltiger Nerven-
fasern bis in ein nervöses Qrau von gänzlich un-
bekannter Struktur, das die Fähigkeit lokalisirter
Leitung und nervöser Leistungen verschiedener Art
besitzt An der Oberfläche des Nervenzellenleibes
und der Dendriten bestehen Einrichtungen in
IG
E d i n g e r und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
Oestalt von 0 o 1 g i • Netzen, wo die unbekannten
Bauelemente des nervösen Graues sich zu leiten-
den Neurofibrillen differenziren und als solche in
die Zelle eintreten. Ausser den Nervenfortsatz-
fibrillen der Nervenzellen müssen als Ursprungs-
orte der Neurofibrillen markhaltiger Fasern auch
das nervöse Orau und die 0 o 1 g i - Netze angesehen
werden. Neben der Auflösung im Orau (nach Ver-
lust der Markscheide) giebt es für einen Theil der
Fibrillen markhaltiger Fasern auch einen direkten
Uebergang in das 0 o 1 g i - Netz. Sehen wir von
der lediglich durch Schlüsse, nicht durch ana-
tomische Befunde abgeleiteten Existenz des ner-
vösen Orau, ferner von dem ebenfalls noch nicht
zur Anschauung gebrachten extracellul&reli Ur-
sprünge der Neurofibrillen markhaltiger Fasern ab,
so bleiben als gesicherte Basis für Nissl 's An-
schauung nur übrig: 1) Fibrillen, die zwar in den
Nervenzellen von einem Dendriten zum anderen
ziehen können, die femer das Zellengebiet als
Achsencylinderfibrillen verlassen, die aber im
Zellenleibe und in den Dendriten nur bis an die
Oberflftche verfolgt werden können ; 2) pericellu-
läre Netze von der Anordnung und Struktur, wie
sie Semi Meyer und Held zuerst beschrieben
haben und die mit Neuriten in direkter Verbindung
stehen können.
Gerade die Fibrillen und das Golgi 'sehe Netz
sind also die Elemente, deren Verst&ndniss zu-
nilchst besonders wichtig ist. Golgi (72) selbst
drückt sich sehr vorsichtig aus. Nach ihm existiren
in und an den Ganglienzellen dreierlei Netze, ein
parecchio-retikul&res , endocellulAres, wahrschein-
lich nervöser Natur, aber vielleicht auch durch
Canaliculi nutritivi gebildet, dann eine fibrillare
Struktur in der Peripherie der Zelle, die zweifellos
nervös ist, weil ihre Züge in die Fibrillen des
Achsencylinders übergehen, und schliesslich ein
feines, die Zellen (des Kleinhirns und Rücken-
markes) überziehendes Fasernetz, dessen Bedeutung
viel umstritten wird. G. ist nicht geneigt, dieses
Netz für nervös und för einen Theil des intersti-
tiellen nervösen Netzapparates zu halten, wie etwa
Bethe undDonaggio. Er hält es für wahr-
scheinlicher, dass hier ein Theil des interstitiellen
Neurokeratingerüstes vorliege. Die allerhöchste
physiologische Wichtigkeit schreibt Golgi dem
diffusen intercellulSren Netzwerke zu, das aus
CoUateralen und Achsencylindern, wie er oft be-
schrieben, stammt. Es geht continuirlich durch
das ganze Nervensystem. Hier existiren zahllose
Beziehungen zwischen Zellen unter einander und
zwischen Zellen und Nervenfasern; die specielle
Beziehung einer Zelle zu einem Fasemeuron existirt,
ist aber auch keine rein ausschliessliche. Die
Neurontheorie als solche hat G o 1 g i alle Zeit ver-
worfen. Sie drückt die mannigfachen Beziehungen
durchaus nicht aus. Die ganze geistreich aus-
gedachte Contaktlehre Ramön y Cajal's komme,
meint Golgi, von dessen Beobachtung, dass aus
Zellen der Cerebellarrinde Fasern abgehen, die als
Körbe die Purkinje- Zellen umspannen, mit
ihnen in Contakt treten. Da handle es sich um
unvollkommene Beobachtungen. Bei sorgfältigeren
Präparaten entdecke man, dass diese perioellulären
Körbe nicht Endpunkte der Achsencylinder seien,
sondern dass jene weiter laufen und im Netzwerke
der Körnersohicht verloren gehen.
Held (116) hat diese Punkte gleichfalls sta-
dirt. Er kommt (Autorreferat) zu folgenden An-
schauungen : An den grossen centralen Ganglien-
zellen (Rückenmark, Hirnstamm und Kleinhirn von
Hund, Meerschweinchen und Kaninchen) lassen
sich xtm Arten von periceUulären Neixen unter-
scheiden: 1) ein nenjöses periMulärea Terminalnäx
und 2) ein Stüiznelx (Golgi- Netz).
Das nervöse periceUuläre Tenninalnetx hängt mU
den marldosen Neuriten der grauen Substanz zu-
sammen, die aus dem markhaltigen Plexus von
Nervenfasern hervorgehen. Auf neurosomen-
gefärbten Schnitten erscheinen die marklosen Neu-
nten als feinere und gleichmässiger granulirte,
variköse Fäden, jene Netzwerke dagegen, die die
Oberfläche von Ganglienzellen in Leib und Den-
driten bedecken, als hauptsächlich in den dickeren
Knotenpunkten, gekörnte plasmatiseke Ausbreitungen
(Neurosomenhaufen) jener terminalen NeurOen. An
weniger stark difPerenzirten Präparaten sind die
Neurosomenhaufen eckige und sternförmige Klum-
pen und Anschujeüungen des Neuriienplasnias, die
schliesslich in sehr feiner und enger Weise netzartig
mit einander verbunden sind. Die terminalen
Neuriten gehen in der Weise in die Endfläche
eines nervösen pericellulären Netzes über, dass sie
eine Anzahl eoUaiercder oder axialer Anschaveüungen
von sternförmiger OestaÜ und mü sehr feinen Ver-
bindungsfäden zu den angrenzenden Neurosomen-
haufen ausbilden und meistens dadurch mehr wie
eine Nervenzelle mit Neurosomenhaufen, bez. End-
füssen bedecken. Andererseits betheiligt sich immer
an der Zusammensetzung einer nervösen Zellen-
hülle eine ganze Anzahl von Endneuriten. Im
Uebrigen gleicht der Art und Weise von Nerven-
faserendigtmgen an Ganglienzellen allgemein auch
die Innervation von peripherischen Organen. So
zeigen die motorischen Endplatten am Frosch-
muskel eine Zusammensetzung aus Neurosomen-
haufen. Auch das Ende des N. vestibularis und
cochlearis (H. Held, Untersuchungen über den
feineren Bau des Ohrlabyrinthes der Wirbelthiere. I.
Abh. d. mathem.-phys. Kl. d. kön. sächs. Gesellsch. d.
Wissensch. XXYIII. 1) erfolgt in der Form von stark
granulirten und sternförmigen Anschwellungen und
Endfüssen der feinsten marklosen Neuritenzweiga
Die lebensfrisch in Eumor aqueus untersuchten
Sinneszülen des Ohrlabyrinthes lassen diss^i Belag
von Neurosomenhaufen und ihren Zusammenhang
mü blassen Nervenfäden direkt erkennen. Im Be-
sonderen zeigen die Haarzellen der Macula und
Grista aoustica eine ebenfalls totale Einhüllung von
Edinger und Wallenberg, Anatomie des CentralnervenBystems.
17
Jfeoroflomenhaaren , während die Haarzellen der
Schnecke nur partiell bedeokt sind, ebenso wie die
Moskelfiwem. Ob auch oentrale Ganglienzellen
partielle nervöse Endflftohen haben kOnnen, ist
imentschieden. Es sei noch hinzugefügt, dass
M. Wolff (Arch. f. Anat. n. Physiol. [anat Abth.]
1902) auch an den Zellen der Leber und der
Lunge die Enden von Nerven als granuläre End-
anachwellungen gefunden hat. Im Allgemeinen
ergiebt sich also, dass überhaupt wohl die Form
fiewroiomBnreieher EndfusM eine gleiehmässige Ein-
ridUung nervöser Endflächen an der protoplasmO'
Uaeiien Auaeenfläehe fremder ZeUen bedeuten wird.
An den centralen Ganglienzellen kommt nun
noch ein ^iweiies Netz als eine oberflächliehe Hülle
vor, das Golgi-Netz; zum unterschied von den
dickeren Knotenpunkten des nervOsen pericellu-
Ifiren Terminalnetzes, seinen ungleich eckigen und
sterofftmigen Haufen und ihren feinen Verbindungs-
fiden sind aber diejenigen des Golgi- Netzes
gladmäsnger und nicht erhAltch stärker wie die
Neixbalken selber. Hit dem „Zerfall von Golgi -
Netsen** (Bethe) haben die Neurosomenhaufen
nichts zu thun, da man beides zusammen darstel-
len kann. Dann zeigt sich, dass die Neurosamen"
häufen in den Masehen des Oolgi-Netzes liegen.
Bd der Färbung des Golgi- Netzes durch die
Bethe 'sehe Molybdänmethode können einzelne
Nenrosomenhaufen als Inhalt einzelner Maschen
mitgeßLrbt sein ; ihre runde Form beruht aber dann
aof unvollständiger Färbung , da es sonst stem-
f5nnige S[lumpen sind, umgekehrt zeigt sich bei
alleiniger Färbung und Beobachtung von eng ge-
fügten Neurosomenhaufen gewisser Zellen die Lage
des ungeftrbten Golgi -Netzes als ein Negativ
Ton hellen Zwischenräumen. Stellenweise kommen
nun noch netzig verbundene Neurosomenhaufen
ausser an der Ganglienzellenoberfiäche in den
Winkeln zwischen verkreuzten oder parallel lau-
fenden Dendriten vor. Das spricht für eine mehr
äiffttse Netzbildung, wie sie Auerbach behauptet
hat, dessen Terminalnetz im üebrigen mit dem
nerrOeen pericellulären Terminalnetz an der Ober-
fidie von Ganglienzellen und Dendriten identisch
ist Die Netzzeichnungen SemvMeyer's sind
Oolgi- Netze.
Das perieeüuläre Oolgi-Netz selber ist im
Sinne der ersten Deutung Golgi 's als ein Stütz-
iK<s aufzufassen, das mit dem nervösen Terminal-
«te aUemirt. Es scheint von Gliazellen in der
Nihe von Ganglienzellen auszugehen. Im Üebrigen
ist es nur eine besonders dichte Modifikation eines
>Ugemänen und feinen Netzwerkes der grauen und
der weissen Substanz, dem Oliaretieidum (Fullnetz
Yon Bethe), da die einzelnen abstehenden Balken
desQolgi -Netzes in diejenigen des angrenzenden
nnd sonst blasser gefärbten Füllnetzes direkt über-
gehen.
Bin Analogon zu den Oolgi-Netzen sind die
Oliasehmirringe, die ebenfalls als verdichtete und
Med. Jahrbb. Bd. 279. Hft. 1.
auch stärker färbbare Bildungen aus den netz-
förmigen Gliascheiden der Nervenfasern hervor-
gehen und sich in ihre Marksegmentgrenzen ein-
schieben. So wie die Golgi -Netze durch eigene
Balken von einem Zellenterritorium auf ein zweites
U.S.W. übergreifen, so können auch dieGliaschnür-
ringe benachbarter Nervenfasern unter einander
oder die Gliaschnürringe passirender Nervenfasern
mit den Golgi -Netzen von Ganglienzellen durch
gleichartige Substanztheile balken- oder netzartig
verbunden sein.
Wir haben sonst nur wenige neue Arbeiten über
die Fibrillen und über das pericelluläre Netzwerk
erhalten. Für die ersteren scheint (E m b d e n [95],
Vogt [97. 98]) die Retina ein günstiges Objekt
zu sein. Bei der Beschreibung des Netzes wird
nicht immer inter-, intra- und perioelluläres Netz-
werk geschieden. Daraus entstehen dann Miss-
verständnisse und divergente Auslegungen.
Unabhängig von Held ist Donaggio (101)
zu in mancher Beziehung ähnlichen Resultaten
wie Held gekommen. Er fand bei Einwirkung
von Ammoniummolybdat auf gefärbte Präparate*
zwischen den Maschen des peripherischen Netz-
werkes der Zelle feinste Fibrillen, netzfOrmig oder
radiär angeordnet, deren Knotenpunkte zuweilen
stärker hervortreten. Ob diese Fibrillen mit G o 1 g i's
diffusem Netz oder dem Glianetz der Umgebung
zusammenhängen, lässt D. unentschieden. Auch
D. betont die Aehnlichkeit der Knotenpunkte seines
Netzes mit den „Endknöpfchen^^ Auerbach 's.
Das pericelluläre Mosaiknetz, das Simarro (3)
mit seiner Bromsilber-Methode (siehe das Capitel
Technik) darstellt und das dem Golgi-Netz
anscheinend entspricht, erstreckt sich auch auf
den Achsencylinder bis zur ersten R a n v i e r 'sehen
Einschnürung. Es hängt mit groben gewunde-
nen Fibrillen in der Zellenperipherie zusammen.
Andere feinere Fibrillen laufen im Centrum der
Zelle.
Da sich das Golgi-Netz mit Kaplan's
(52 — 65)Neurokeratinfärbung nicht darstellen lässt,
so kann es nach K. auch nicht aus Neurokeratin
bestehen, wie Golgi vermuthet hatta
Turner (119) beschreibt feine variköse Faser-
verästelungen um den Körper und die Dendriten
grosser Pyramidenzellen und ist geneigt, darin
Aufsplitterungen derDendriien von kleineren, stär-
ker sich färbenden, kömerähnlichen Zellen zu sehen,
weil sich die Neuriten bei der von ihm angewandten
Methodik (siehe das Capitel Technik) meist gar
nicht oder nur sehr schwach färben. Auf Grund
dieser Annahme kommt er zu einer Unterscheidung
von reizaufnehmenden und -abgebenden Zellen, die
an die alte Lehre Golgi 's von sensiblen und
motorischen Zellen erinnert Die Literatur wird
nicht genügend berücksichtigt.
Mit seiner Müller- Platinchloridmethode (siehe
den vorigen Bericht) fand Roncoroni (120) um
den Körper und die grossen Dendritenstämme aller
3
18
E d i n g e r und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensysteme.
Zellenarten des Stratum submoleculare der grauen
Bindensubstanz an jeder Stelle der Hirnrinde
gleichmftssig, in der Thierreihe aufsteigend mit
der Hohe des Intellekts, ein Filzwerk von mark-
losen Fasern in grosserer Zahl und Feinheit,
als an irgend einem anderen Punkte des Gentral-
nervensystems. Auch im Kleinhirn, im Rücken-
marke, Bulbus, Pens, Mittelhim, Bulbus olfactorius,
Ammonshom, in den subcortikalen Ganglien wer-
den perioellul&re Geflechte beschrieben.
Yincenzi (117) halt auf Grund seiner Stu-
dien am Bulbus von Föten und Neugeborenen ver-
schiedener Säugerarten, besonders am ventralen
Acusticuskerne der Katzen, die von Golgi be-
schriebenen pericellulAren Gebilde fQr diffuse Mem-
branen und nicht fflr Netzwerke. Gleichzeitig mit
ihnen färben sich die Wandungen der Capillaren.
Diese Membranen sind isolirend eingeschaltet zwi-
schen den Zellenkörpern und gewissen Netzbil-
dungen, die über die Zellen hinaus gehen und
Fasern an die Zellenkörper heranschicken, also
nicht, wie Yeratti (siehe den vorigen Bericht)
•glaubte, Endapparate darstellen.
In der Haut der menschlichen Fingerkuppe hat
Ruffini (76) peripherisch von den bekannten
dicken markhaltigen Spiralfasem, die im Inneren
der Meissner 'sehen Tastkörperchen endigen, in
Goldpräparaten stets dünne marklose Fibrillen ge-
sehen, die, mit jenen durch Anastomosen verbun-
den, eine netzförmige Hülle um die Körperchen
bilden und einmal in ein markloses Fadennetz des
Stratum subpapillare verfolgt werden konnten. Es
bilden also die sensiblen Endorgane auch beim
Menschen nicht die wahre Endigung der sensiblen
Nervenfasern, sondern es existirt eine anatomische
Continuität zwischen diesen und einem marklosen
Nervenfädchenapparate, dessen letzte Verbindungen
noch unbekannt sind. Mit dem Nachweise dieses
ultraterminalen Fibrillennetzes (ganz im Sinne
A p ä t h y 's), das wahrscheinlich die peripherische
Verbindung zwischen dem spinalen und dem sym-
pathischen Nervensystem herstellt, analog dem
zwischen Arterien und Venen eingeschalteten
Capillarnetze, ist nach R die Dnhaltbarkeit der
Neuronentheorie bewiesen.
Sehen ck (68) ist im Wesentlichen aus den
gleichen Gründen wie Bethe und Nissl Gegner
der Neuronentheorie, soweit das Neuron eine ana-
tomische und funktionelle Einheit bedeuten solL
An der trophischen und entwickelungsgeschicht-
lichen Einheit der Nervenzelle hält er fest, „da
die Entwickelung und Erhaltung der nervösen
Elemente nur durch das Zusammenwirken der
charakteristischen ZeUenbestandtheile zu Stande
kommt".
Pugnat(71) bespricht alle wichtigeren neuen
Arbeiten über Bau und Funktion der Nervenzelle
und glaubt, die neueren Erfahrungen mit der Neu-
ronentheorie vereinigen zu können, indem er N i s s l's
graue Substanz für eine „substance d6riv6e" im
Sinne der Lehre von Bard erklärt, nach der die
Zwischensubstanzen die eigentli<dien Funktion-
träger sind, während den Zellen nur trophische
Funktionen bleiben.
Nach den Untersuchungen von Hill (67) be-
ziehen die Kömerzellen des Kleinhirns im embryo-
nalen Stadium zum Theil ihre Neuriten aus Fasern
des Arbor vitae, andere senden, ausser dem lypi-
schen T-Neuriten zur Molekularschicht, einen
zweiten zum Arbor vitae hin. Auch die Sym-
pathicuszellen besitzen wahrscheinlich zweite Neu-
riten, die, bisher fälschlich als Dendriten angesehen,
die Verbindung mit niedrig organisirten Zellen
herstellen. Die Dornen der Dendriten endlich sind
wahrscheinlich von Gytoplasma bekleidete FibriUen-
enden (vgl. den Bericht 1895—1896). H. glaubt
diese Resultate als Gründe gegen die Neuronen-
theorie, soweit sie die anatomische Unabhängigkeit
der Nervenzellen proklamirt, in das Feld führen
zu können.
So ukhanoff und Czarniecki (125) haben
variköse und rosenkranzförmige Verdickungen,
Domen und eigenthümliohe Knospen an deiw Den-
driten verschiedener spinaler Zellen gesehen, im
Vorderhorn seltener als an anderen Stellen. Ko-
d i s (39) hat mit seiner Färbung (siehe Technik)
an den feinsten Dendritenzweigen centraler Zellen
blattförmige Anhänge, „Phylloden'S darstellen
können, die anscheinend den Dornen bei der Silber-
färbung entsprechen und die Grundsubstanz des
Grau im Gehirne bilden sollen.
Unsere Kenntnisse von der Struktur der N i s s 1 -
Körper sind in der Behchtzeit nicht wesentlich
erweitert worden. Die Untersuchung von Marti-
notti und Tirelli (171) an Spinalganglienzellen
huDgernder Kaninchen führt zu der Anschauung
von der halbflüssigen Consistenz der chromatischen
Substanz, die die Maschen eines netzförmigen
Stroma erfüllt Die Gonstanz des Zellenbildes bei
Inanition spricht gegen die nutritive Funktion der
Nissl- Substanz und für ihre grosse Resistenz.
Die Färbung frischer, unfixirter Theile des
Centralnervensystems auf dem Objektträger oder
mit concentrirten Anilin-Farbstofflösungen in phy-
siologischer Kochsalzlösung nach Luzzatto(136)
bestätigte die nicht arteficielle Natur der N i s s 1 -
Körper (contra Held). Sie haben nach L. nicht
dieselbe chemische Zusammensetzung wie der Kern,
denn sie bestehen aus basophiler Substanz, wäh-
rend der Kern neutrophil ist, wenigstens bei den
grossen „somatochromen" Zellen.
Studnicka(133) hat in den Zellen des Lobus
electricus von Torpedo marmorata eine Anhäufung
von Tigroid aufgefunden, die dem Zellenkern dicht
aufliegt, also in eine sonst tigroidfreie Zone hinein-
reicht und das Gentrum des Fibrillenwirbels im
Neuriten mit der Kernmembran verbindet Am
entgegengesetzten Kernpole, in der Verlängerung
dieser „tigroiden Achse'^ findet sich eine ähnliche
Tigroidmasse.
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnenrensystems.
19
Dt88 die N i 8 8 1 - Substanz mit ihrer, dem Eern-
chromatin &hnliohen Farbreaktion von Fragnito
als das Ghromatinnetz der „sekundären Neuro-
blaBten'S die erst das Protoplasma der fertigen
Zelle bilden, bezeichnet worden ist, wurde schon
im vorigen Berichte erwfthnt Eine ganz neue
Auffassung von der Natur dieser zellenleibbildenden
Elemente wurde von Eronthal (95a) veröffent-
licht: Er glaubt in dem Tigroid die Kerne von
Lenkocyten zu sehen, die aus den Himcapillaren
ausgewandert sind und das Material für die Bil-
dmig und das Wachsthum oder den Stoffwechsel
der Oanglienzelle liefern. Die Oanglienzelle ist
nach Kr. kein selbständig lebender einheitlicher
Organismus, vielmehr ein Complez von Zellen und
ZeUentheilen.
Zerstörende Leukocyten sah Mencl (132) in
die Ganglienzellen des Lobus eleotricus von Tor-
pedo marmorata einwandern (siehe vergl. Anatomie).
Monaco und Marroni (179) haben frisches
Kaninchenrückenmark in Schwefel&ther einerseits,
Petroleumäther andererseits gebracht und nach
verschieden langer Einwirkung nach N i s s 1 unter-
SQcht. Es ergab sich, dass Aether sulphuricus
▼orzugsweise auf die peripherischen Zellentheile,
Petroleumäther auf die centralen mit Kern und
Kemkürperchen zerstörend einwirkt Schwefel-
äther bewirkt eine Zerklüftung des Zellenplasma
und Veränderungen der Nissl- Körper bis zu
vollständiger Chromatolyse. Die Autoren sind ge-
nagt, diese Erscheinungen in Parallele zu bringen
mit toxischen und anderen pathologischen Zellen-
veränderungen, die ebenfalls bald im Centrum,
bald in der Peripherie der Zelle beginnen, je nach
der Natur der Schädlichkeit.
Deber das „Saftkanalaysiem" der Zelle liegen
auch wieder Mittheilungen vor. Holmgren,
sein Entdecker, hatte Identität mit dem Qolgi'-
Bcfaen endooellulären Netz angenommen, wasOolgi
entschieden bestreitet Soukhanoff(104 — 107),
der solche Netze an Zellen des (Gehirns, der Spinal-
ganglien und des Rückenmarkes gesehen hat, führt,
wie Oolgi, das Fehlen jeder Verbindung mit der
Zellenperipherie als Orund gegen ihre Identität
mit den intraoellulären Kanälchen an.
Holmgren (110.111), der an seiner früheren
Anfbssung von der Identität festhält, ist auf Orund
neuer Untersuchungen an grossen Nervenzellen von
Helix und an Spinalganglien- und Rückenmark-
zellen von Vertebraten zu der üeberzeugung ge-
kommen, dass seine Saftkanälchen (das „Tropho-
Bpongium'' der Zelle) innerhalb von Oliafortsätzen
gelegen und von Oiiasubstanz begrenzt sind, die
▼on aussen her („Kapselzellen'') in die Zelle hinein-
wiehst
Kopsoh (109) hatte angenommen, Holm-
gren halte die von ihm in den Spinalganglien-
seilen bei Lophius gefundenen Blutcapillaren für
identisch mit den intraoellulären Saftkanälchen.
Holmgren (111) protestirt gegen diese Annahme.
Die Saftkanälchen sind als Lymphspalten zu deu-
ten. Der Passus im Jahresberichte 1899/1900,
p. 17), der leicht zu ähnlicher irrthümlicher Auf-
fassung Anlass geben kann, ist dementsprechend
zu oorrigiren.
Mit den Holmgren 'sehen Befunden berühren
sich vielfach die an den Vorderhornzellen von
Hühnerembryonen gewonnenen Resultate Frag-
nito 's (193). Die Nervenzelle besteht nach ihm :
1) aus einem speciüsch nervösen Antheil, der sich
aus der Umwandlung mehrerer Neuroblasten bildet
(vgl. den vorigen Bericht), und 2) aus einem Binde-
gewebeantheile, der dem früher differenzirtenNeuro-
spongium, den Blut- und Lymphcapillaren ent-
stammt und bei der Fusion der Neuroblasten zu
einer Zelle wahrscheinlich mit eingeschlossen wird.
S olger (114) hält die von ihm schon 1897 be-
schriebenen intracellulären Fäden in denOanglien-
zellen des elektrischen Lappens von Torpedo für
Ausgüsse der kanälchenartigen (aber wandungs-
losen — contra Holmgren) Vacuolen dieser
Zellen ; sie münden zuweilen in den perioellulären
Raum und sind am ungefärbten Firäparat nicht
sichtbar. Als intracelluläre , partiell zu Kanäl-
chen verflüssigte Fortsätze intracapsulärer Zellen
(„Trophospongium'* Holmgren 's) sind sie nicht
zu deuten , da solche intracapsuläre Zellen nicht
vorhanden sind.
Mit dem ZeUenkem, dem GerUrowm und dem
Zeüenpigmeni beschäftigen sich folgende Arbeiten :
Luzzatto (136) fand den Kern um so reicher
an basophiler cyanophiler Substanz, je höher diffe-
renzirt die Zelle ist, sie wäre deshalb auch an
Nuolein, vielleicht deshalb auch an Reproduktion-
fähigkeit (conform mit Levi) reicher.
Romano (150) hält die von Magini
als Perichromatin beschriebenen kleinsten Kem-
einschlüsse in den Zellen des Lobus electricus von
Torpedo für identisch mit dem isolirenden und
schützenden Fett-Pigment, das er innerhalb des
Zellen-Protoplasma gefunden hat (siehe den vorigen
Bericht).
Hatai (138) hat die verschiedenen Stadien
der Kemtheilung bei grossen Keimzellen im Klein-
hirn von Katzenembryonen verfolgt und ist zu fol-
genden Resultaten gelangt: Die Keimzellen des
Nervensystems der Katze vermehren sich durch
„heterotypische Mitose'^ (F 1 e m m i n g). Die Zahl
der Chromosomen beträgt 16. Das Material der
„HalbspindeP* wird ganz, das der „Gentralspindel'^
zum Theil vom Nudeolus geliefert. DerNuoleolus
besteht aus acidophiler Substanz.
Rothmann (146) fand das hellgelbe Pig-
ment, dessen Fettnatur von Rosin sicher gestellt
worden ist (siehe den vorigen Bericht und 145), auch
bei alten Hunden, Pferden und AfFen in den
Ganglienzellen der VorderhOmer.
01m er (147) unterscheidet in den Nerven-
zellen 2 Arten von Pigment: 1) ein staubförmiges
20
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
gelbes (Spinalganglienzellen, Yorderhörner- und
Pyramidenzellen), das Residuum einer Alteration
der Zelle, das als Fremdkörper wirkt, und das die
Zelle auszustossen versucht (Tendenz zur Peri-
pherie zu gelangen); 2) dunklere widerstand-
ßlhigere KOmer (Locus caeruleus, Substantia nigra
u. 8. w.), die erst nach der Qeburt entstehen und
also zur normalen Entwickelung gehören.
Durch eine modificirte Eisenh&matoxylinlftrbung
konnte Kolster (142) die Nissl-EOrper zum
Verschwinden bringen und auf diese Weise auch
in menschlichen Vorderhomzellen selbst älterer
Individuen Gentrosomen und Sphäre nachweisen.
Ihre Bedeutung, besonders ihre Betheiligung an
der Mitose der Zellen ist noch zweifelhaft.
Die in mancher Beziehung eigenartigen Spinal-
ganglienzellen wurden von Hatai (143), von
Smirnow (149) und Sciuti (128) studirt
Namentlich aber bringen Bamön y Cajal's
Lehrbuch, dann sein Aufsatz (152) Neues über die
Zellen, deren vielverzweigter Achsencylinder nahe
dem Ursprung endet.
Vogt (97. 98) gelang der Nachweis von
pericellulären und endocellulären 0 o 1 g i - Netzen,
sowie von Fibrillen, ganz im Sinne Bethe's, an
den Zellen der Retina. Vgl. auch die Arbeiten
von Embden (95), Abelsdorff (130) und
Marenghi (131).
Das Zellenbild ist bekanntlich nicht constant.
Während Querini (159) die bei künstlich ermü-
deten Hunden in den Zellen des Rückenmarkes ge-
fundenen Veränderungen weder für constant, noch
für charakteristisch hält, glaubt van Durme (160)
nach faradischen Reizungen des obersten Hals-
markes (nach vorhergehender Durchschneidung
des Rückenmarkes in der Höhe des 2. Halswirbels)
an den Purkinje- Zellen und Grosshimrinden-
zellen von Kaninchen deutliche Veränderungen
charakteristischer Art gefunden zu haben, von
der Art, wie sie aus früheren Untersuchungen
bekannt sind. Die im ruhenden Zustande dunk*
len und chromatinreichen Zellen mit undifferen-
zirbarer Zellenstruktur werden bei der Thätig-
keit chromatinarm, zuerst im Kern, ihre Struktur
wird daher deutlicher. Sie nehmen femer an
Grösse zu (ebenfalls der Kern zuerst), der Kern
wird kreisförmig. Ermüdete Zellen sind arm an
Chromatin, kleiner und zeigen Vacuolenbildung.
Bezüglich der von van Durme aufgestellten
Hypothesen zur Erklärung dieser Veränderungen
sei auf das Original verwiesen.
Martinotti und Tirelli (171) sahen eine
von N i s s 1 bei anderen Zellenerkrankungen gefun-
dene Verbreiterung des Neuritenfortsatzes während
der Inanition auftreten, die eine distinkte Ver-
folgung einzelner Fibrillenbündel erlaubte.
Tanzi (177) hat anlässlich der Untersuchung
eines Hundes mit Anophthalmie eine Reihe von
Versuchen über die VeränderuDgen gemacht, die
an Kaninchen und Hunden nach Entfernung der
Augen in den primären und den sekundären Seh-
centren eintreten. Ausser der Weigert 'sehen
wurde namentlich die Nissl'sche Methode der
Chromatolyse mit besonderer Sorgfalt benutzt
Ebenso sind Versilberungen, namentlich der Rinden-
zellen, studirt worden. Die Arbeit, die an klaren
Abbildungen und an Einzelheiten reich ist, kommt
zu folgenden Schlüssen : Verletzungen am Nerven-
system Neugeborener erzeugen vollständige Dege-
neration nur in den verletzten Neuronen ; die sich
sekundär an diese anschliessenden werden atro-
phisch, gehen aber nicht ganz zu Grunde. So wer-
den z. B. die Zellen in der sekundären Sehbahn
zwar kleiner, behalten aber im Wesentlichen
ihre feinere Struktur. Die Atrophie der primären
Centren entsteht wesentlich durch das Verschwin-
den der dort mündenden Enden von Nervenfasern,
sie hat aber interstitiellen Charakter, doch nehmen
auch die Enden der sekundären Neurone insofern
daran Theil, als sie etwas atrophiren. Dadurch
nähern sich sämmtliche Zellen des Centru'm ein-
ander. In den Neuronen 3. und 4. Ordnung braucht
es nicht einmal zu indirekter Atrophie zu kommen,
immerhin findet man z. 6. in der Sehrinde der
untersuchten Hunde Verkleinerung und Annäherung
der an sich unveränderten Rindenzellen. Man kann
nicht annehmen, dass eine Rinde, zu der von der
Peripherie her keine Reize kommen, etwa andere
Funktionen annehme ; dagegen spricht z. B. schon
der ganze specifischeBau der Sehrinde beim Kanin-
chen. T. erörtert die entgegenstehenden Anschau-
ungen. Die Unterdrückung der Reize vermag eine
Zelle nicht zu Grunde zu richten, sie bringt sie
nur zu Atrophie, oder veranlasst, dass sie in einer
bestimmten Entwickelung stehen bleibt Wahr-
scheinlich entwickelt sich jede Zelle, wie das ja
auch für andere Gewebe nachgewiesen ist, zunächst
auf hereditärer Basis, und erst durch die Funktion
tritt eine weitere Entwickelung noch dazu. Die
verschiedenen sehr interessanten Fragen, die sich
hieran anschliessen, werden kurz besprochen.
Auf Grund des eingehenden Studium der Lite-
ratur, sowie eigener Versuche gelangt Lugaro
(209) zu ähnlichen Resultaten über die „retrograde
Degeneration*' wie Rai mann (siehe den vorigen
Bericht) : Es giebt keine retrograde Degeneration.
Central von der Läsion einer Nervenfaser tritt ein
Zerfall ein: a) durch direkte Trauma -Wirkung
(Lymphzufuhrveränderungen an den centralen Ab-
schnitten) ; b) durch toxische Einflüsse auf Faser
und Zelle; c) durch rapiden Zellentod nach Durch-
trennung des Achsencylinders ; d) durch forschrei-
tende ErnährungstOrung und Atrophie des Neuron
in seiner Totalität, wenn die Regeneration des peri-
pherisch abgetrennten Theiles nicht gelingt —
Bekanntlich war ein Hauptargument der Neuron-
theorie in ihrer älteren Form der wohl von H i s
zuerst behauptete unicelluläre Ursprung der Nerven-
fasern. An diesem Punkte setzt eine andere Reihe
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
21
ron Angriffen gegen die Theorie ein. Dohrn,
Balfour, Eupffer, Board hatten (s. frühere
Berichte) von jeher den multioellalären Ursprung
behauptet Dohrn (181a) hat nun neuerdings
seine älteren Untersuchungen an den Schleim-
hnalnerven der Selachier wieder aufgenommen.
Er hat wieder gefunden, dass diese Nerven aus
ZdknkeUen hervorgehen und direkt durch Pro-
liferation des Ekiodenns der Schleimkanalanlagen
gebildet werden. Das ausserhalb des Medullar-
rohres und der Ganglienleiste gelegene Ektoderm-
gebiet zeigte sich in entscheidender Weise an der
Bildung der sensiblen peripherischen Eopfnerven
betheih'gt Die aus dem Yerbande des Ektoderms
fra werdenden Zellen gesellen sich den verschie-
ä&m Eopfganglien bei. Yon einer Einlagerung
oder Anlagerung von Mesodermzellen in den fase-
rigst Theil der Nerven kann nach Dohrn eben
80 wenig die Rede sein, wie bei dem Ganglion.
Die Kerne, die es hier aufweist, sind entweder
durch Proliferation von Zellen des Ganglion oder
Ton Ektodermzellen entstanden, denen das Ganglion
angelagert Ist. In dem Plasma dieser Zellen bildet
dch ein hellglänzender Cylinder, der durch die
guixe Zelle zieht, rings von Plasma umgeben wird
and sich an ein gleiches Gebilde der vorhergehen-
den nnd nachfolgenden Zellen anschliesst. Die
Kerne dieser aus der Schleimkanalanlage hervor-
gehenden Nerven sind die S c h w a n n 'sehen Eerne,
die hellglänzenden Cylinder sind die Achsencylin-
der, das Plasma ist der Mutterboden der Schwann '-
sehen und der später auftretenden Markscheide.
Dieee vier d^n typischen Nerven bildenden Ele-
mente sind ausschliesslich Produkte der zur Bil-
dung der einzelnen Nervenfasern kettenartig an-
einder gereihten Ektodermzellen. Der Austritt
»nackter Achsencylinder^' aus Yorderhomzellen im
Sinne von His und Eölliker erscheint Dohrn
in einem anderen Lichte. Nach ihm handelt es
sich tun einen „plasmatischen Ausflusses u™ den
iustritt eines Theiles der ganzen MeduUarzelle,
die ans Plasma und Eern besteht, deren Eem
allerdings anßnglich im Bereiche des Medullar-
rohres zurückbleiben kann, häufig genug aber mit
ttstritt Bleibt der Eern vorläufig zurück, so tritt
an Theil des Plasma aus, spitzt sich pfriemen-
^ig zu und kann in geschlängeltem Verlaufe
den Zwischenraum zwischen Medullarrohr und
Xjotom zurficklegen. In vielen Fällen treten aber
I zugleich oder rasch nach einander mehrere Medullar-
lellen aus dem Vorderhorn aus und bilden die An-
I lige dnee motorischen Nerven in Gestalt eines
I Syncytium von 6 — 12 Eernen. — Innerhalb des
wähnten „plasmatischen Ausflusses" differenzirt
; ^ der „hellglänzende Cylinder", das Yorstadium
i des ans llbrillen bestehenden Achsency linders.
Kaplan (55) glaubt ebenfalls einen mehr-
I z^gen Ursprung peripherischer Nerven annehmen
zn mässen. Nach Fleming (79) regeneriren
sich die peripherischen Enden durchschnittener
Nerven zum Theil durch Neuroblasten, die aus
den Neurilemmzellen herstammen.
Nach Bethe (80) ist das Neuron keine ana-
tomische Einheit, denn Apäthy habe direkte Ver-
bindungen der einzelnen Neurone durch Neuro-
fibrillen nachgewiesen. Das Neuron ist auch keine
funkiumsüe Einheit, denn der bekannte Versuch
B.'s an Carcinus Maenas (siehe den Bericht 1897
bis 1898) beweist, dass das Nervensystem auch
ohne Ganglienzellen funktionirt; auch der Fibrillen-
verlauf innerhalb der Ganglienzelle zeige das ün-
zutrefl'ende der Vorstellung einer funktionellen
Neuron-Einheit. Das Neuron ist auch keine patho-
logische Einheit, denn die Schmeckbecher der
Papulae circumvallatae und foliatae verschwinden
v5Uig nach Durchschneidung des Glossopharyn-
geus, obwohl Reize auf die Zellen noch einwirken,
also ein Uebergreifen über die Grenze des Neuron
[siehe dagegen Semi Meyer 's Arbeit, der nach-
wies, dass die Zellen der Schmeckbecher nach Durch-
schneidung des Glossopharyngeus fMU verschwin-
den, sondern sich nur in Epithelien umwandeln !
Bif. W.]. Ausserdem konnte B. die Besultate
Ballance's und Stewart's bestätigen und er-
weitern, denn die peripherischen Abschnitte durch-
schnittener und am Wiederanheilen durch Excision
von Nervenstücken verhinderter peripherischer Ner-
ven regeneriren sich von den Zellen der Seh wann '-
sehen Scheide aus durch Wucherung des Proto-
plasma dieser Zellen. Diese regenerirten Nerven
können bei jungen Thieren unter Umständen wieder
leitungsfähig werden. [Ein Eindringen der Fasern
von aussen her sei dabei ganz ausgeschlossen, wie
B. in einer späteren Notiz (83) als Entgegnung
auf Münz er 's Einwurf bemerkt.] Es bestehe
also die Möglichkeit einer Regeneration periphe-
rischer Nerven unabhängig von ihren ürsprung-
zellen. Nach Durchschneidung dieser regenerirten
Nerven degenerirt nur das peripherische Stück, das
centrale Ende, das stumpf zwischen den Muskeln
endet, bleibt erhalten. Zur Degeneration sei also
nicht das Abtrennen der Verbindung mit dem in
der Ganglienzelle gelegenen trophischen Gentrum
nOthig, sondern nur eine distale Lage im Gegen-
satze zu dem intakt bleibenden proximalen Stücke.
Das Neuron sei Veine miuMcdungsgesekickäicke
Einheit, denn eine Nachprüfung der Resultate von
His zeige, dass bei Hühnerembryonen Zellenreihen
längs der künftigen peripherischen Nervenbahn zu
einer Zeit vorhanden sind, zu der noch keine Nerven-
fasern das Rückenmark verlassen haben, als erste
Nervenanlage, die also aus Zellen besteht Die
Zahl der im Myotom differenzirten primitiven Fasern
kann grösser als beim Austritte aus dem Rücken-
marke sein. Centrale Ausläufer bipolarer Nerven-
zellen strahlen weit in das Rückenmark ein, es
könnte eben so gut der Schluss gezogen werden,
dass die peripherischen Nervenzellen die Fasern
bis zur Ganglienzelle heranbilden wie umgekehrt
In frühen Stadien fand B. innerhalb der primären
22
E d i n g e r und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
Nervenzellenreihen primitive Nervenfasern, häufig
mehrere. Die Bilder sprechen daf&r, dass die
primitiven Nervenfasern vom Centram bis zur Peri-
pherie innerhalb einer ganzen Reihe miteinander
verbundener Zellen entstehen. Damit sei die Hypo-
these von H i s als unwahrscheinlich gekennzeichnet,
die multioellulftre Ebitstehung des Achsencylinders
als durchaus begründet zu bezeichnen. [Vgl. da-
gegen die Arbeit von Harrison (182), Bef. W.]
Statt der Neuronentheorie, die als Cellulartheorie
abgethan sei, ist eine neue gedankliche Verbindung
der Thatsaohen noth wendig: Das ganze Nerven-
system sei aufgebaut aus Zellen - Societftten , die
untereinander durch Neurofibrillen in funktionellem
Zusammenhange stehen. Solche Societät kann man
Neuron nennen, wenn ihr morphologischer (aber
nicht trophischer und funktioneller) Mittelpunkt
eine (Janglienzelle ist. Solche Sodetäten kOnnen
aus vielen und aus wenigen Zellen bestehen. Da-
neben giebt es andere Societäten ohne dieses mor-
phologische Centrum, die „intracentralen^^ Fasern
im Sinne Nissl's.
Mfinzer (81. 82) hat die Versuche Bethe's
über Regeneration durchschnittener peripherischer
Nerven nachgeprüft und er h< es auf Orund seiner
eigenen Versuche nicht für ausgeschlossen, dass
sie durch ein Auswachsen centraler Fasern in die
Muskulatur und von dort in den Nervenknoten am
peripherischen Schnittende stattfinde. Es sei kein
Grund vorhanden, den Begriff des Neuron als tro-
phischer Einheit aufzugeben. Die trophische Ein-
heit eines Fibrillen - Complexes sei vielleicht be-
dingt durch cellulogenetische Zusammengehörig-
keit (Vgl dazu die Erwiederung Bethe's [83].)
Ballance und Stewart (77) haben bei .
Katzen, Hunden und Affen peripherische Nerven
durchschnitten und entweder direkt wieder zu-
sammengenäht, oder nach Einschaltung eines Ner-
venstückes zwischen das distale und das proximale
Ende. Sie kommen auf Orund ausgedehnter histo-
logischer Studien zu der Ansicht, dass in erster Reihe
die Neurilemm - Zellen des peripherischen Endes
für die Regeneration des peripherischen Nerven
verantwortlich zu machen seien. Centrale mark-
haltige Nerven können sich nicht regeneriren, weil
sie keine Neurilemm-Scheiden haben. Der Achsen-
cylinder ist nicht, wie die Neuron-Theorie es ver-
langt, aus einer Zelle hervorgegangen, sondern
entsteht aus der Fusion einer linear angeordneten
Reihe von Zellen. Die Beweiskraft der Experi-
mente von B. und St wird übrigens von Carl
Huber in einem Referate über ihre Arbeit (Joum.
of comp. Neurol. XII. p. 29. 1902) stark ange-
zweifelt.
Auf Orund der Untersuchung vieler embryo-
naler Stadien von Salmo salar bestätigt Harri-
son (182) die His 'sehen Anschauungen über die
Oenese des Nervensystems. Jede Nervenfaser ent-
stamme nur einer Zelle.
His (184) hält zwar gegenüber Seh aper.
der Neuroblasten und Spongioblasten aus den Keim-
zellen entstehen lässt (siehe den Bericht 1897 bis
1898), an seiner früheren Ansicht fest, dass nur
Neuroblasten aus Keimzellen, Spongioblasten durch
Umbildung von Epithelzellen entstehen, aber er
versteht darunter bereits differenzirte Epithelzellen.
Dagegen können aus undifferenzirten Epithelzellen
oder „Protoepithelien** Keimzellen und indirekt
durch diese Spongioblasten entstehen.
Auf Orund der Untersuchung eines ganz jungen
menschlichen Embryo kam Oiglio-Tos (185)
für die Epithel- und Keimzellen des primitiven
Nervenrohres zu Resultaten, die mit denen von
S c h a p e r gut zusammenstimmen. Im primitiven
Nervenrohre des Menschen giebt es nur Epithel-
zellen. Diese kOnnen sich durch Karyokinese
theilen und auf diese Weise zu His 'sehen Keim-
zellen werden, die also keine specifisch von den
Epithelzellen verschiedenen Elemente, sondern
Bpithelzellen in einem Stadium der Karyokinese
sind.
Hatai (186) bestätigt bei fötalen Katzen und
Ratten die Resultate Bechterew 's und beson-
ders Paton's, dass die Axonen der fötalen Rinden-
zellen sich später als die Dendriten entwickeln
(siehe den vorigen Bericht).
Hamilton (187) fand bei Embryonen von
weissen Ratten nur bei der ersten Entwickelung
ventrikuläre Mitosen vorherrschend, später Nehmen
die extraventrikulären rasch zu, sind gleich nach
der Oeburt in der Mehrzahl, aber es wächst dann
wieder die Zahl der ventrikulären Mitosen zugleich
mit einer Zunahme der Kemtheilungen imOanzen.
H. beschreibt dann 2 Arten sich theilender Zellen,
eine kleine, die sich zu Oliazellen, und eine grosse,
die sich zu Oanglienzelle)i entwickelt
Nach eingehenden Untersuchungen von Embryo-
nen elektrischer Rochen und von Torpedo ooellata
(siehe den vorigen Bericht) hat Romano (189)
folgendes Bild von der Bildung der Lobi electrici
entworfen : Aus den Keimzellen entstehen Neuro-
blasten, die sich in Neuroelektroblasten und schliess-
lich in Neuroelektrosomen umwandeln. Diese
Differenzirung geht parallel mit der Ausbildung
der peripherischen elektrischen Organe. An der
Bildung des Zellenprotoplasma betheiligen sich bei
der ersten Entwickelung die vielen Dotterkörnohen
zwischen den Ektodermzellen. Später wird der
plastische Stoff, wenn erst ein Blutkreislauf aus-
gebildet ist, vom Blute geliefert Das Pigment
entsteht erst bei Ingebrauchnahme der Liobi als
isolirendes und schützendes Element (siehe den
vorigen Bericht), auch die Neuroglia ersetzend.
Ein dem Myelin analoger fettreicher Stoff mit ein-
gelagerten Kernen umgiebt als Scheide die Fasern,
die dadurch entstehen, dass peripheriewärts wan-
dernde Ektodermzellen den Hauptfortsatz der Lobus-
zellen mit seinem Fibrillenstrange mitnehmen.
Von den primitiven Ektodermzellen bleibt
später nur der Nucleolus übrig, und zwar unver-
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
23
iDdert, als Attraktioncentrum des Nährstoffes. Die
Zellen der Lobi electrici müssen phylogenetisch
als eine Neuerwerbung angesehen werden, die sich
dem bereits aus dem Ektoderm differenzirten
Nervenrohr epigenetisch auflagert
Froriep (188) unterscheidet bei Torpedo
ooellata die Qanglienleiste des Kopfes von der des
fiumpfes. Die erstere (cerebrale) legt sich in ihrem
oocipitalen Gebiete (der Oanglien-Anlage hinterer
Visceralbogen) medial von der letzteren (spinalen)
und bleibt in der frontalen Hälfte dieser Ueber-
gangzone Siegerin, während in dem caudalen Ab-
admitte die Rumpfganglienleiste obsiegt. In beiden
Hälften aber trifft man noch Ueberreste von der
anderen (besiegten) Leiste an. Es findet kein
ooDtinnirlicher Uebergang der einen Leiste in die
andere statt, wie das bisher angenommen wurde.
Beide sind ganz unabhängig von einander.
Die blaue Farbe der Achsencylinder und der
Kittsubstanz der Zwischentrichter, wie sie Kap-
lan (55) erhält, reicht nur so weit, wie die Mark-
scheide, fehlt also am centralen und peripherischen
Ende. Daraus folgert K., dass sich auch histo-
logisch und genetisch dieser markscheidenführende
Theil der Perifibrillärsubstanz des Achsency linders
von den anderen Theilen unterscheide, und nennt
ihn „Azostroma'' oder „Myelo-Axostroma^'. Er
nimmt an, dass dieses Axostroma, da es an den
Ban vi er 'sehen Einschnflrungen völlig unter-
brochen ist, aus mehreren Zellen entstehe und sich
erst im Laufe der Entwickelung zu einem einheit-
lichen fibrillenführenden Achsencylinderstamm um-
gewandelt habe, der dann auch mit der Oanglien-
selle eine „sociale Einheit", eine „Betriebs- Einheit*'
bildet Nur in diesem beschränkten Sinne lasse
sich die Lehre von der Einheit des Neurons noch
festhalten (vgl. dazu oben die „Sooietäten" Bethe 's).
Nervenmark und Achsencylinder hängen histo-
logisoh eng zusammen, denn degenerirte Fasern
seigen die Achsencylinderfärbung nicht mehr. (Da-
mit stimmt sehr gut die bereits im vorigen Berichte
erwähnte, seitdem mehrfach bestätigte Thatsache
ftberain, dass es dem Bef. W. mit geringer Modifi-
kation der Marohi- Methode gelang, degenerirte
markhaltige Nervenfasern bis in die unmittelbare
Nshe von Zellen zu verfolgen und einen Deber-
gsng in pericelluläre aus schwarzen Kömchen
loaammengesetzte Netze wahrzunehmen.) Die
Methode stellt keine Collateralen dar. Innerhalb
der Markscheide färbte sich mit Kaplan's Neuro-
bratin- Färbung ein spongiöses Balkennetz in Form
von Kegeln und Cylindern, das K. mit Ewald -
E ü h n e 's Neurokeratingerüst identificirt. Wenn
ea aoch möglicher Weise erst durch die Präparation
ttteficiell entsteht, muss es doch als „Aequivalent-
bfld*^ im Sinne NissTs betrachtet werden. In
degenerirenden Fasern verschwindet es.
Nach Wynn (204) besteht die Stützsubstanz
der Karkscheide wahrscheinlich aus 2 dünnen
Plasma -Scheiden, von denen die eine sich der
Primitiv-Scheide anlegt, die andere den Achsen-
cylinder bekleidet; die Markscheide selbst besteht
aus protoplasmatischen Hohlkegeln, deren Basis in
der peripherischen Scheide, deren Spitze in der
centralen Scheide liegt Das Neurokeratin - Netz
ist ein Artefakt DieSchmidt-Lantermann'-
schen Incisuren entstehen künstlich aus Rupturen
der Marksubstanz xunsehen den Hohlkegeln.
Im Anschlüsse an die Arbeit von Miss Dünn
(206) berichtet Herr ick (207), dass bei Menidia
im Gebiete der Augenmuskulatur, des Pharynx und
verschiedener Sinnesorgane neben groben Nerven-
fasern feinere angetroffen werden, die zwar weiter
peripheriewärts als jene ziehen können, deren End-
organe (Muskelfasern, Sinneszellen) aber im Ver-
hältnisse zu den übrigen degenerirt oder atrophisch
sind. Neben der Länge kommt also auch die Aus-
bildung ihrer Endorgane für die Dicke der Nerven-
faser in Betracht
Ueber die Neuroglia liegt wenig Neues vor, es
fehlt noch immer an einer Methode, die ihreHisto-
genese mit Sicherheit ermitteln liesse.
Nissl (210) definirt die Oliazellen als „die-
jenigen nichtnervösen, vom äusseren Keimblatt ab-
stammenden Zellen des Nervensystems, welche
Potentia die Fähigkeit besitzen, Intercellularsub-
stanz, d. h. Weigert 'sehe Oliafasern zu produ-
ciren^^ Diese Zellen können daher in einem Zu-
stande angetroffen werden, in dem sie keine Qlia-
fasern abscheiden, und bestehen dann aus Kern,
Plasma und Fortsätzen. Letztere treten in mannig-
fache Beziehungen zur QeßLsswand. Die neuge-
bildeten Qliafasern liegen längs eines „Bildungs-
streifens^^ dem Protoplasma der Zelle oder ihrer
Fortsätze fest an. Da es bis heute nicht gelungen
ist, die histologischen Qualitäten der Gliazellen hin-
reichend zu erkennen, so dass eine Oliazelle als
solche auch erkannt werden kann, wenn sie gerade
keine Qliafasern producirt, so lässt sich auch nicht
mit Sicherheit entscheiden, ob die sogenannten
„freien Keme^' des Nervengewebes Oliazellen sind.
Die eigenartigen Beziehungen der Gliazellen zur Ge-
fässwand sind im Wesentlichen schon vonFried-
mann im Jahre 1890 geschildert worden.
Carl Huber (214) hat die von Benda
angegebene Eisen -Alizarin -Kreosotfärbung zum
Studium der Neuroglia vonThieren aus allen Verte-
braten-Klassen benutzt und an diesen im Wesent-
lichen die von W e i g e r t am Menschen gemachten
Beobachtungen bestätigen können.
Hatai (218) unterscheidet bei weissen Ratten
und Mäusen zwei Arten von Gliazellenkemen, von
denen die eine dem Ektoderm entstammt und den
NervenzeUenkernen gleicht, während die andere,
den Kernen der Endothebsellen der Capillaren
ähnelnd, sich vom Mesoblast herleiten lässt, und
zwar theils aus Mesoblastzellen, die von den Menin-
gen her einwandern, theils von Endothelzellen der
Capillaren. Weber (221) hat in pathologisch
veränderten Gehimtheilen sehr grosse Gliazellen
24
E d i n g e r und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
gesehen. Er hält sie auf Ornnd fftrberisoher Eigen-
thümlichkeiten für Jugendformen, an denen sioh
die Fasern vom Zellenkörper abzusondern im Be-
griffe sind.
Nach Luzzatto (36) ist der Kern der Glia-
Zellen basophil (conform mit Rosin und Levi)
und besitzt basophil erythrophile EernkGrperchen
und Oranulationen.
Die Oefässe der Plexus chorioidei sind nach
Catöla (226) vielfach von Neurogliafasern um-
sponnen, die sich mit einer leicht modificirten
Weigert 'sehen Methode färben lassen. Sie liegen
dicht unter dem Epithel.
Nose (229) beschreibt folgende Schichtung der
Dura mater : 1) parietales Blatt mit Anh&ufungen
schlecht färbbarer Bindegewebezellen, 2) elasti-
sches Gewebe, 3) fibrOses Bindegewebe in 2 bis
3 Lamellen geordnet, im Alter oft verkalkt, mit
Lacunen (Key und Retzius) besonders in der
Nähe der Oefösse, die im parietalen Blatte weiter
sind als im visceralen.
Noch mOgen zwei Arbeiten Besprechung finden,
die allgemeine Gesetze durch die Untersuchung
von Missbildungen zu ermitteln streben.
Nach eingehender Untersuchung von 9 Missbil-
dungen des Centralnervensystems gelangt Y era-
guth (199) zu werth vollen Schlttssen für die nor-
male und pathologische Entwickelung des Nerven-
systems, die eine Weiterbildung der von Mona-
kow,Leonowau. A. inaugurirten Lehren bilden
und den Werth teratologischer Hirnforschung in
ein ganz neues Licht stellen. Hier seien nur die
Hauptergebnisse angedeutet Die Thatsache des
unabhängigen Auswachsens von Neuronen (schön
ausgebildete hintere Wurzeln, Spinalganglien und
Sympathicus bei totaler Amyelie und Anencephalie)
spricht gegen die Apäthy-Bethe-Nissl'sche
Fibrillenlehre. Auch die Kopfnerven, soweit sie
Bezüge aus Ganglien erhalten (dazu gehören auch
Oculomotorius - Ciiiarganglion und Hypoglossus-
Froriep'sches Ganglion), sind dabei gut ent-
wickelt. Abkömmlinge der Ganglienzelle können
sich also vollständig unabhängig vom Medullar-
rohr entwickeln. Kranielle Nerven (und periphe-
rische optische Anlagen) können existiren, trotz-
dem dass ihre centralen Ursprungstellen nicht
oder nicht mehr bestehen (Roux, v. Monakow).
Einzelne makroskopische Theile des Centralnerven-
systems können sich entwickeln, während andere
zurückbleiben; in diesen undifferenzirten Theilen
können sich wieder einzelne Zellen bis zu vor-
geschrittenen Stadien difFerenziren (trotz fehlenden
Anschlusses im umgebenden Gewebe), während
andere auf niederen Stufen stehen bleiben : „Ge-
setz der Selbstdifferenzirung der Zellen'* (Roux).
Einzelne ZeUengruppm, die nach der Geburt eine
funktionelle Einheit darstellen, können sich als
solche selbständig entwickeln, ohne in der Um-
gebung Anschluss zu finden (z. B. Spinalganglien
und hintere Wurzeln): „Modifikation der Selbst-
differenzirung durch Mitwirkung der differenziren-
den Wechselwirkung der Zellen^'. Der „Selbst-
differenzirung der Neurone bei nieder differenzirten
Missbildungen*' stellt V. die „Selbstdifferenzirung
der Neuroneneompkxe" entgegen und sieht darin
„eine Verminderung der selbstdifferenzirenden Kraft
sensu strictiori und ein erstes Inkrafttreten der
differenzirenden Wechselwirkung der Zellen". Auf
noch höherer Stufe übernimmt vielleicht das Nerven-
system eine morphogenetische Funktion, zunächst
für die Organe, mit denen es in funktionelle Ver-
bindung tritt Die starke Entwickelung des Ge-
fässapparates in den abnorm gebildeten Theilen
des Nervensystems erklärt die Neigung zu Blu-
tungen, auch intra partum und postfötal, und
das Auftreten von Syringomyelie , Forencephalie,
Heterotopie u. s. w. Zur Erhaltung der Herzaktion
nach der Ablösung des Foetus vom Placentakreis-
laufe, zur Athmung und zur Kehlkopf-Innervation
ist die Differenzirung der Medulla oblongata nicht
nothwendig.
Zingerle (202) untersuchte eine Reihe von
Missbildungen des Centralnervensystems in Hin-
sicht weniger auf die groben morphologischen Ver-
biidungen und deren Ursachen als auf das Ver-
halten der erhaltenen, nicht direkt veränderten
Theile, um den Einfluss nachzuweisen, der durch
erstere auf das Wachsthum der erhaltenen Theile
ausgeübt wird. Auch den Schädel zieht er in den
Bereich seiner Betrachtungen. Die 1. Gruppe der
untersuchten Missbildungen besteht aus Änmee-
phcUien und Hemic^hnlien, Diese entstehen da-
durch, dass das ursprüngliche Keimgewebe seine
Fähigkeit, neue differente Zellenformen zu bilden,
verliert und zum Theil als solches, zum Theil in
der Modifikation der Ependymzellen zu wuchern
beginnt. Damit geht zugleich der Einfluss ver-
loren, den der primäre Epithelantheil auf die
Formgestaltung des normalen Gehirns hat, und so
bildet sich an Stelle der Gehirnbläschen ein regel-
loses Convolut von sogen. Substantia cerebrovascu-
losa. Gegen das Rückenmark zu klingen die Ver-
änderungen allmählich ab; Anomalien des Gentral-
kanals finden sich jedoch beinahe stets vor. Als
2. Gruppe werden Oyklopie und Jrkineneephtdie
zusammengefasst Es sind mildere Erkrankungen,
denen Verwachsungen im Gebiete des Zwischen-
hirns und Ausdehnung der Dicke des 3. Ventrikels
gemeinsam sind. Dabei besteht Mikrooephalie.
Auch die weitere Formgestaltung des Gehirns geht
in anomaler Weise vor sich (einheitliches sekun-
däres Vorderhim, Mangel der Riechlappen, un-
paares Augenbläschen). Auch hier finden sich
der cerebralen Störung coordinirte Verbildungen
des Centralkanals (Hydromyelie bei Arhinence-
phalie, Mehrfachbildung und Defekt bei Cyklopie),
die auf das Wachsthum der Rückenmarksanlage
einen bestimmten Einfluss haben, Defekte oder
Verlagerungen der Hinterstränge, Hinterhörnerund
Clarke 'sehen Säulen. Bei mehrfachem Kanäle
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralneryensystems.
bildet 8iob, einem jeden entspreohend, ein Hinter-
stnng und nimmt die umgebende graue Substanz
denBan von HinterhOrnern an; jedem Kanäle lagert
eine weisse Pommissur auf. Beiden Oruppen ge-
meinsam sind variable Eerndefekte in den tieferen
Tfaeilen des Hirnstammes in Folge der abnormen
Gestaltung der Bpithelwandungen der Ventrikel;
diese Eerndefekte lassen sich jedoch noch nicht
prScis überblicken. Ferner findet sich, in direkter
AbhftDgigkeit von der abnormen Gehirnentwicke-
Inng, Mikromyelie und zum Theil Hemmung der
Harkscheidenbildung. Ausserdem Aplasie aller
aus den erkrankten Theilen abwärts ziehenden
Bahnen (Pjramidenstrftnge u. s. w.). Die oentri-
petaien Neuronenoomplexe, die mit den miss-
bildeten Theilen der Neuralanlage in direkte und
aoBschliessliche Verbindung treten sollten, fehlen
oder sind rudimentär. Bei Defekt der Seh- und
VierhOgel fehlen die mediale und die laterale
Schleife, bei solchem des Kleinhirns die Clark e'-
schen Säulen, die Kleinhirnseitenstrangbahnen und
die Corpora restiformia, während die unteren Oliven
and die Kerne der Brückenanschwellung mangel-
haft ausgebildet sind. Somit enltviekeln sieh die
fftwwieomjpiUxe innerhalb des C&ntrcdnervensystems
m tn^tr gegenseitiger Abhängigkeit. Dagegen hm-
mm die extraspinalen und die extraeerebralen Theile
des Nervensystems zur Eigenentunckdung , und es
fiNitt ihnen ein gewiss selbständiges Waehsthum zu-
erkannt werden. Bemerkenswerth ist femer, dass
die erhaltenen Theile der Neuralanlage atypische
odtr neue, normaler Weise nieht vorkommende Ver-
iMimgen eingehen können, ein Vorgang, der nach
BoQx als unvollkommene Selbstregulation aufzu-
fassen ist So beschreibt Z. eine basale Kreuzung
des Stabkransee bei Arhinencephalie und Cyklopie,
eise dorsale Kreuzung von Fasern aus den Hinter-
strangskemen bei Anencephalie und Hemicephalie.
lY. Vorderhlm.
Entunekelung, EXntheUung.
230) Goidstein, Kurt, Beitrl^ zur Bntwicke-
^■Bgsgeschichte des menschlioheD Gehirns. 1) Die erste
utwiokelaiig der grossen Himcommissoren u. die „Ver-
wichsmig'' von Thalamus u.Striatum. Anatom. Anzeiger
XXIL 19. p. 415. 1903.
231) Smith, G. Elliot, Notes upon the natural
nUififiion of the cerebral hemisphere. 6 Figg. Jonrn.
of Anat and Physiol. Vol. 35. N. 8. Vol. 15. Part 4.
232) Grönberg, Gösta, Die Ontogenese eines
»»deren Sängergehirns. Nach Untersuchungen an Eri-
«croa europaeus. Zoolog. Jahrb. Abth. f. Anat XV.
1901.
233) Zuckerkandl, E., Zur Entwickelung des
«Jkena xl des Gewölbes. Wien 1902. Mit 1 Figur u.
. 234) Betzius, Gustaf, Zur Frage der transi-
tonseheD Furchen des embrvonalen Menschenhirns. Blo-
che Untereuchungen N. F. XI. Stockholm u. Jena
. 235) Retzius, G., Zur Frage von den sogen, transi-
tonschflD Fuchen des Menschenhirns. Verhandl. d. anat
MelJ«hrbb.Bd.279. Hft 1.
Ges. a. d. 15. Vers, zu Bonn. Anatom. Anzeiger XIX.
Erg.-H. 1902.
236) Symington, J., On the temporary fissures
of the human cerebral hemispheres, with observatioDS on
the deyelopment of the hippocampal fissure and hippo-
campal formation. Rep. 71. Meeting of the Brit Assoc.
for the advanc. of so. Glasgow 1901. p. 798. (Dem Ref.
nicht zugänglich.)
Windungen.
237)Studniczka, F. E., Ueber die erste Anlage
der Grosshimhemisphären. Sitz.-Ber. d. k. böhm. Ges.
d. Wissensch. 30. Juni 1901.
238) Smith, G. Elliot, On the homologies of the
cerebral sulci. Journ. of Anat and Physiol. XXXVI.
p. 309. 1902.
239) Grünbaum, A. S. F., and C. 8. Sherring-
ton, Observations on the physiology of the cerebral
cortex of some of the higher apes. Proc. of the Royal
Soo. Vol. 69. 1902.
240) Leggiardi-Laura, C, Questioni sulle cir-
convoluzioni oerebrali. Riv. di Biol. gen. (Como) III.
4 e 5. p. 304. 1 Taf. u. 4 Figg.
241) Giannelli, Augusto, EUoerche sul lobo
occipitale umano e su aloune formazioni che con esso
hanno rapporto. Riv. sperim. di freniatria Vol. 26.
242) V. Monakow, Die Varietäten in der Anlage
der Fissura calcarina u. derFissura retrooalcarina. Arch.
f. Psych. XXXVI. 1. 1902.
243) Cunningham, D. J., The inferior parietal
lobule. Dubl. Quart Joum. Vol. 113. p. 295. 1902.
244) Cunningham, D. J., Adrees to the anthro-
pological section of the Brit Association. Glasgow 1901.
245) Spitzka, Edward A., C!ontribution to the
question of fissural integrality of the paroccipital ; obser-
vations on 100 brains. Journ. ment Pathol. 1901. Mit
Figuren.
246)Leggiardi-Lanra, C, Sopra il sigoificato
della cosidetta „duplioitä della scissura di Rolando* e
sopra un rapporto oostante della scissura post-rolandica.
Giom. d. R. Acad. di Med. di Torino LXIII. 9—12. 1900.
247) Leggiardi-Laura, G., Di unsolootrasverso
del lobo parietale costantemente rappresentato neiruonio.
Mit Figuren. Riv. di Biol. gen. (Como) HI. 1 e 2.
248) Guszmann, Josef, Beitrag zur Morphologie
der Gehimoberflfiohe. 7 Figg. Anatom. Anzeiger XIX.
9. 10. 1901.
249) Spitzka, Edward A., The mesial relations
of the inflected fissure; observations upon one hundred
brains. 5 Figuren. New York med. Joum. Jan. 1900.
250) Holl,M., Zur Morphologie der menschlichen
Insel. Arch. f. Anat u. Physiol. [anat Abth.] 1902.
251) Hell, M., Üeber die Insel des Menschen- u.
Anthropoidengehimes. Arch. f. Anat u. Physiol. [anat
Abth.Jp. 1.1902.
252) Retzius, Gustaf, Zur Morphologie der
Insula Reih. Biolog. Untersuch. N. F. XI. Stockholm
u. Jena 1902.
253) Weinberg, Richard, Die Intercentral-
brucke der Camivoren u. der Sulous Rolandi. Anatom.
Anzeiger XXII. 13. 1902.
254) Zingerle,H., Zur Morphologie u. Pathologie
der Insel des menschlichen Gehirnes. (Aus der psy-
chiatrischen u. Nerrenklinik in Graz.) Arch. f. Anat u.
Physiol. [anat Abth.] 1902.
255) Spitzka, Edward Anthony, Contri-
butions to the enoephalio anatomy of the races. First
Paper : Three eskimo brains, from Smiths Sound. Amer.
Joum. of Anat IL 1. p. 25. Nov. 29. 1902.
256) Kar plus, J. P., Ueber ein Austrahergehim.
(^ferst^ner^Bohe Arbeiten aus d. neurolog. Institute an
d. Wiener Univers. Heft 9. 1902.
(Enthält treffliche Photographien und ausführliche
Beschreibung eines gut erhaltenen Australiergehirnes und
4
2G
E d i n g e r und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
die Beschreibung dreier Negergeh iroe anbekannteD Stam-
mes, ausserdem Diskussion der Aifenspalten frage.)
257) 8 p e r 1 n 0 , G., Descrizione morfologica dell*enoe-
falo del prof. Carlo Otaeomini. 4 Taf. Oiom. d. R. Accad.
di Torino LXIII. 8. p. 737. 1900.
258) Sperino, Gniseppe, Descrizione morfo-
logica dell'encefalo del prof. Carlo Qiaeomini. 3 Tafeln.
Internat. Mon.-Schr. f. Anat. a. Physiol. XVIII. 7—9.
1901.
259) Sperino, Giuseppe, L'encefalo dell'ana-
tomioo Carlo Oiaeomtnt. Riv. sperim. di Freniatr. XXVII.
1.1901. 2 Taf.
260) Leggiardi- Laura, C, IlcervellodiVaoher.
Arch. di Psich., Sc. penali ed Antropol. crim. XXI. 3.
p. 223. 1901. Mit Fisg.
261) Leggiardi- Laura, C, Ancora sul cervello
di Vacher: Varietä delle circonvoluzioni ed istoatipia
cerebrale. Arch. di Psich., Sc. penali ed Antropol. ehm.
XXI. 4. p. 484. 1901.
262) Spitzka, Edward Anthony, A preli-
minary communication of a study of the brains of two
distinguished physicians, &ther and son. Philad. med.
Journ. April 16. 1901.
263) Spitzka, Edward A., The redundancy of
the preinsula in the brains of distinguished educated men.
New Tork med. Becord June 15. 1901.
264) Spitzka, Edward Anthony, Is the cen-
tral fissure duplicated in the brain of Carlo Otaeomini^
anatomist? A note on a fissuial anomidy. Philad. med.
Journ. Aug. 24. 1901.
265) Spitzka, Edward Anthony, A rarefissu-
ral atypy in the brain of W. A. . ., a New York assembly-
man. Med. Critic Oct. 1902.
266) Wilder, Burt G., Revised Interpretation of
the central fissures of the educated Suicide's brain ex-
hibited to the association in 1894. Journ. of nery. and
ment. Dis. Oct 1900.
267) Retzius, Gustaf, Das Gehirn des Physikers
u. Pädagogen Per Adam Süjeström. Biolog. Untersuch.
N. F. XL Stockholm u. Jena 1902.
268) Sug&r, M., Betrachtangen über das Gehirn
Desider 8zil&gyi*s. Orvosi Hetilap Nr. 1 u. 2. 1902.
(Ungar.) Ref. in NeuroL Centr.-Bl. Nr. 9. 1902.
(Besondere Entwickelung der Frontallappen und be-
sonders der Sprachwindung links, die 37mm Länge
' (Durchschnitt 23 mm) hatte. Sehr grosse motorische
Oentren. Desider SziUgyi war Staatsmann, Redner und
Athlet)
Einxelne Säuger,
269) Zuckerkandl, Zur Morphologie des Affen-
gehimes. 3 Taf. u. 3 Figg. Ztschr. f . Morphol. u. Anthro-
pol. IV. 3. p. 463. 1902. (Dem Bef. nicht zu^^glich.)
270) Bolk, Louis, Beiträge zur Affenanatomie,
n. Ueber das Gehirn vom Orang-Utan. Petrus Oamper.
Jahrg. I. 1902.
271) Burckhardt, Rud., Das Gehirn zweier sub-
fossiler Riesenlemuren aus Madagascar. 2 Figg. Anatom.
Anzeiger XX. 8 u. 9. p. 229. 1901.
272) Dräseke, J., Centetes ecaudatus. Ein Bei-
trag zur yergieichenden makroskopischen Anatomie des
Centralnervensystems der Wirbelthiere , mit besonderer
Berücksichtigung der Insektivoren. Mon.-Schr. f. Psych,
u. Neurol. X. 6; Dec. 1901.
273) Hammer, Ernst, Das Lowengehirn. Inaug.-
Diss. Leipzig 1902. Georg Thieme. — Internat Mon.-
Schr. f. Anat u. Physiol. XIX. 7—9. p. 262.
274) Hatschek, R., u. fi. Schlesinger, Der
fiirnstamm des Delphins. Mit 25 Abbildungen im Text.
Arbeiten aus d. neurolog. Institute an d. Wiener Univers.
Herausgegeben von Prof. Eeinrieh Obersteiner Heft 9.
Leipzig u. Wien 1902. Franz Deuticke.
275) Herubel, Marcel A., Sur le cerveau du
phascoloBome. Compt rend. Acad. Sc. Paris CXXXIV.
26. p. 1603. 1901.
276) Smith, G. Elliot, Notes on the brain of
macroscelides and other insectivora. Linnean Soc. Journ.
Zoology XXVm. 1902.
277) Kohlbrugge, J.H.F., Das Gehirn vonPtero-
pus ednlis. 4 Figuren. Mon.-Schr. f. Psych, u. Neurol.
XU. 2. p. 85. 1902.
278) E 0 h 1 b r u g g e , J. H. F., Die Grosshimfurchen
von Tragulus javanicus, (Üervulus muigao und Sus babi-
russa. Mon.-Schr. f. Psych, u. NeuroL XI. 5; Mai 1902.
Ventrikel, Plexus, Meningen.
279) Sterzi, Giuseppe, Ricerche intorno alla
anatomia comparata ed airontogenesi delle meningi. 0)d-
siderazioni sulla filogenesi. Parte prima : meningi raidol-
lari. Istituto anatomico di Padova. Venezia 1901. Offi-
cine Grafiche di 0. Ferrari.
280) Sterzi, Giuseppe, Gli spazii linfatici delle
meningi spinali ed il loro significato. Monit. zool. ital.
Xn. 7. 1901.
281) Spitzka, Edward A., A preliminary com-
munication with projection-drawingis, illustratingthetopo-
graphy of the paracoeles (lateral ventricles) in their rela-
tions to the surface of the cerebrum and the cranium.
New York med. Journ. Febr. 2. 1901.
282) Pettit, Auguste, et Joseph Girard,
Sur la fonction secretoire et la morphologie des plezus
choroides des ventricules lateraux du Systeme nerveux
central. Arch. d'Anat microscop. XI. 2. p. 213. 1902.
1 Taf. u. 6 Figg.
283) Pettit, A., et J. Girard, Sur la fonction
secretoire et morphologie des plexus choroides. Bull.
d'Histoire nat Nr. 5. p. 358. 1902.
284) Shinkichi, Imamura, Beiträge zur Histo-
logie des Plezus choroideus des Menschen. Arbeiten aus
d. neurolog. Institute an d. Wiener Univers. Herausgeg.
von Prof. Beinrieh Obersteiner Heft 8. Leipzig u. ^ien
1902. Franz Deuticke.
(Genaue Beschreibung. Es werden ein zottiger von
einem zottenfreien Theil unterschieden, das Epithel und
die in ihm auftretenden Veränderungen beschrieben,
namentlich kommen regressive Metiunorphosen vor,
ausserdem eine circumscripte Sklerose.)
285) Cavazzani, Emilio, Sülle fonzioni dei
plessi coroidei nei ventricoli del cervello. Nota sulle
ricerche del D. Ämoldo Venexiani, Gaz. d^li Osped.
Nr. 38. 1902.
( V e n e z i a n i hat nach Injektion von Methyl violett,
das die Epithelien der Plezus choroidei zerstört, fast
völliges Versiegen des Liquor cerebrospinalis gesehen.
Was noch abgesondert wurde, war stärker alkaluch and
auch sonst chemisch anders zusammengesetzt, als die
normale Flüssigkeit. DaCappelettiim gleichen Labo-
ratorium nachgewiesen hat, dass die cerebrospinale
Flüssigkeit nach Pilooarpineinspritzung an Menge sehr
zunimmt, und Pettit und ebenso Girard erkannt haben,
dass die Epithelien der Plexus choroidei grösser werden,
und dass mehr hyaline Eügelchen in ihnen auftreten,
wenn die Thiere Aether oder Muskarin bekommen, beides
Stoffe, die die Sekretion anregen, so hält Cavazzani
die Annahme von der sekretorischen Eigenschaft der
Plexus für völlig gesichert)
286) Cavazzani, £., Sur Tinnervation motrioe
des vaisseaux du cerveau et de la moelle. Arch. ital. de
Biol. XXXVIIL p. 17. 1901.
287)Obregia, Sur l'innervation des vaisseaux de
la pie-mere et de Tecorce cerebrale. Revue neurol. X.
16. p. 808. 1902.
288) Barratt, J. 0. Wakelin, The form and
form-relations of the human cerebral ventricular cavity.
Journ. of Anat and Physiol. Vol. 36. N.S. Vol. 16. Part 2.
p. 106. 1901. 1 Taf. u. 13 Figg.
Die kleine inhaltreiche Arbeit von Blliot
Smith (231) bringt eine sehr klare Beepreohung
der Eintheilung des Grosahirns. An der Basia
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Gentralnervensystems.
27
wird der Bulbos olfaotorius Tom Pedunculus olfac-
toriuB). nnd dieser wieder vom Tuberoulum olfac-
torium unterschieden. Der Bef. mOchte auf Grund
Beiner vergleiohenden anatomischen Untersuchungen
an Reptilien den Pedunculus lieber alsLiobus olfac-
toritts anterior bezeichnen und die Anschwellung,
die an seinem vorderen Ende durch die über den
Lobtts gelegte Formatio bulbaris bewirkt wird, den
Bulbus olfactorius, nicht als eigenen Himtheü ab-
scheiden. Es lassen sich zwischen dem Pedun-
culus olfactorius und dem Lobus olfactorius ante-
rior bei all«i Wirbelthierarten die verschiedensten
Debergänge finden. Aber die weitere Eintheilung
Sm.'8 ist zu billigen. Er scheidet lateral den'
Lobus pyriformis ab von der Formatio hippocampi,
die wieder scharf in den Hippocampus und die
Fascia dentata zerfallt Als nfichster Theil wird
das Corpus striatnm unterschieden, und was jetzt
von der Hemisphäre noch übrig bleibt, bezeichnet
S m. als Neopaüiium. Diese letztere Unterscheidung
trifft in der That den Nagel auf den Kopf, denn es
ist k«n Zweifel, dass die zuerst genannten Him-
theile sehr viel früher auftreten, als Ganzes sehr
viel gleichartiger stationär sind, und dass die
eigentliche Hemisphi&re, deren Entwickelung durch
die Thierreihe hindurch bis zu den mächtigen For-
men der Primaten eine ständig wechselnde ist,
sich erst später gebildet hat An der Basis unter-
scheidet 8 m. noch die Substantia perforata anterior
und das Corpus paraterminale, eine median liegende
graue Masse, die im Wesentlichen der Basis und
den Seitenblättem des Septum entspricht Die
Oberfläche dieses Körpers ist identisch mit dem,
was er in früheren Abhandlungen Area praecom-
missuralis genannt hat Die Arbeit verfolgt dann
die Entwickelung der neun erwähnten Hirntheile,
Djunentlich bei den niederen Säugern.
8tudnicka(237) erörtert sehr klar die Frage
nach der ErUsUkung der Hemisphären, die durch
viele widersprechende Meinungen besonders ver-
wickelt ist In den letzten Jahrzehnten herrschte
die Auffiassung vor, dass sich am vorderen Ende
des primitiven Yorderhirns (Telencephalon) eine
zunächst unpaare Anlage fände, die später durch
die Falx in zwei Hemisphären getheilt würde. S t
selbst hat von 1894 an in mehreren Mittheilungen
auf die ältere Ansicht zurückgegriffen, wonach die
Hemisphären als paarige Ausstülpungen aus dem
primitiven Yorderhim entstehen. Eupffer hatte
auf (hund von Untersuchungen an Aocipenser
und Petromyzon die Ansicht vertreten, dass eine
unpaare Qrosshimanlage nicht seitlich, sondern
oberhalb der Stelle, wo die Längsachse des
Oehims vom endet, entstehe, und schliesslich
hatten für das Hühnchen Henrich, und Neu-
mayer für das Säugergehim behauptet, dass
neben diesem unpaaren Medianabschnitte dem
Bpencephalon Kupffer's beiderseits je eine
Hemisphäre erwachse, dass also die erste Anlage
deaHemispbärium dreitheilig sei. Sicher ist jeden-
falls, dass die Annahme von der unpaaren Anlage
aufgegeben werden muss, dagegen sprechen eigent-
lich alle neueren Untersuchungen. Wenn man
sich den einfachen Yentrikel des primitiven Yorder-
hirns vorstellt, so muss man die Seitenwand von
der mittleren Wand, der „Deckplatte", unterscheiden.
Die Hemisphären entstehen nur aus den Seiten-
wänden, und da sie mit ihrer grOssten Masse ober-
halb des Lobus olfactorius impar entstehen, muss
man annehmen, dass sie zur oberen Partie des
Gehirns gehören. Bei Petromyzon ist die Hemi-
sphärenanlage compakt und stülpt sich erst sehr
spät aus. Die mediane Wand bleibt, wie wohl
zuerst Bure khar dt genauer nachgewiesen hat,
immer rein epithelial (Lamina supraneuroporica).
Die Deutung von Henrich und von Neumayer
legt auf eine Ausstülpung in dieser Lamina, die
mit dem Eupffer 'sehen Epencephalon identi-
ficirt wird, besonderen Werth. St sucht nachzu-
weisen, dass auch dieser Yersuch, die Lehre vom
Eupffer 'sehen medianen Epencephalon zu retten,
nichts wesentlich Wichtiges bringe, da eben die
Hemisphären selbst, auf die es ankommt, aus den
Seitentheilen entstehen. Bei den Gehirnen mit
massiven Hemisphären kann man gar nicht von
einer Dreitheilung reden. Aus der Seitenwand des
Yorderhirns bilden sich ausser den Hemisphären
ganz frontal auch die Bulbi olfactorü aus. Bei
Petromyzon entstehen beide Gebilde aus einer ein-
zigen compakten Anlage, ebenso (Eupffer) bei
Bidellostoma , doch sind hier die Anlagen nicht
compakt, sondern dünnwaiidig. Bei Petromyzon,
denGanoiden und den Teleostiem legt sich übrigens
die ganze CerebrospinalrOhre massiver und nicht so
röhrenförmig an, wie bei den übrigen Wirbelthieren.
Ganz damit in üebereinstimmung stehen die
schönen Studien von GrOnberg (232). Gr.
hat das Gehirn des Igels auf mehreren Stufen
seiner Entwickelung genau studirt und giebt nach
Präparaten und Wachsreconstruktionen die sehr
lehrreichen Bilder wieder, die dieses offenbar sehr
einfach gebaute Säugergehim bietet Er hält an
der Dreitheilung der CerebralrOhre fest Die Hemi-
sphären gehen als Dachpartien aus dem Prosence-
phalon hervor, das also in seinem primären Ab-
schnitte dem Stammganglion, dem Thalamus und
den Dachgebilden des Zwischenhirnes ihren Ur-
sprung giebt Der basale Abschnitt wird frontal
von der Schlussplatte begrenzt, an ihrem dorsalen
Ende, da, wo Eupffer 's Lobus elf. impar liegt,
beginnt erst die Yerlüthungstelle der beiden Seiten-
theile der primären Hirnrinde. Das Zwischenhirn
hat also eine unpaare Anlage, die Hemisphären
entstehen paarig. Yen einer unpaaren Anlage
mit späterer Theilung ist dabei nicht die Bede.
Interessant ist, dass vorübergehend auf dem Stamm-
ganglion eine Längsfurche auftritt, ähnlich, wie sie
bei den Schildkröten [und den Yögeln, Ref.] zeit-
lebens besteht Der dorsal vom Lobus elf. impar
gelegene Abschnitt zwischen den Hemisphären
28
E d i D g e r und Wallenberg, Anatomie des Centralnenrensystems.
wird als Concrescentia primitiva bezeichnet In
ihm liegen die gemeinsame Anlage des Psalterium
und des Balkens, auch der Commissura anterior.
Die Commissura habenularis superior und vor ihr
eine Ausstülpung, die als Rudiment eines Zirbel-
polsters anzusehen wäre, werden beschrieben. Den
Processus infundibuli hält Or. fdr homolog dem
dorsalsten Abschnitte des Saccus vasculosus.
Retzius's Arbeiten scheinen ihm hier entgangen
zu sein. Für Einzelnes, sowie für die Entwicke-
lungsverhältnisse des Mittel- und Hinterhirnes sei
auf das Original verwiesen.
Aus der Mittheilung von Ooldstein (230),
der ein Oehim aus der zweiten Hälfte des 4. Monates
bei Seh aper untersuchen konnte, sei hervor-
gehoben, dass dieses ganz furchenlos war. (Auch
Retzius [234. 235] hat neuerdings Gelegenheit
gehabt, zu bestätigen, dass die sogenannten transi-
torischen Furchen dieser • Frühgehirne an ganz
frisch conservirten Füten nicht nachweisbar sind.)
Eine vordere Bogenfurche (His) oder eine hintere
ist nicht vorhanden, der Balken wächst durch die
Lamina terminalis; von einem Durchwachsen ver-
klebter Hemisphärenwände kann nicht die Rede
sein. Seine Vergrüsserung kommt dadurch zu
Stande, dass, wenn die Hemisphären wachsen, sich
immer neue Fasern zwischen die alten einschieben.
Das auswachsende Rostrum schliesst das Cavum
sept. pellucidi. Thalamus und Striatum sind ur-
sprünglich jederseits nur durch die relativ dünne
Bodenpartie derGrosshimhemisphäre mit einander
verbunden. Der Bef. [E.] kann dies durchaus für Föten
aus allen Wirbelthierklassen bestätigen, überall
findet er zwischen beiden erwähnten Hirntheilen
einen tiefen Spalt Dieser Spalt gleicht sich nach
Qoldstein allmählich aus, wenn Grosshimfasern
durch die Substanzbrücke hindurch thalamuswärts
wachsen. Es giebt also kein Verwachsen ursprüng-
lich getrennter oberflächlicher Himpartien, eben so
wenig ein Durchwachsenr der Hirnwand durch
Fasern. Die Ausgestaltung des Gehirns erfolgt im
Wesentlichen dadurch, dass Fasermassen durch die
anfangs dünnen prim&*en Verbindungen der Hirn;
theile hindurchwachsen und dann sich allmählich
vergrüssem.
Die Windungen sind während der Berichtzeit
von den verschiedensten Gesichtspunkten aus be-
arbeitet worden. Nur die Richtlinien, in denen
gearbeitet wird und wenige Einzelheiten sollen
hier referirt werden. Wer mitarbeiten will, wird
immer der Originale mit ihren Abbildungen be-
dürfen.
Nach Elliot Smith (237) ist unsere Eennt-
niss und besonders unsere Nomenclatur der Hirn-
windungen noch sehr unvollständig. Besonders
hält sie nicht Stand vor einer auf der vergleichen-
den Anatomie begründeten Kritik. Der Vf. hat an
einem sehr grossen Materiale, das Vertreter aller
Säugerfamilien, ausserdem Embryonen fast von
jeder Gattung enthielt, die Frage der Windungen
von Neuem studirt. Es standen ihm auch Ausgüsse
von Säugerschädeln aus der Eocenperiode zur Ver-
fügung. Die Unterlage seiner Arbeit findet man
im Descriptive Catalogue of the Museum of the
Royal College of Surgeons (10) und ausserdem in
einer speciellen Arbeit über das Gehirn der Le-
muren, die erst nach Abschluss des Berichtes er-
schienen ist Auch hier kann aus der kurzen, sehr
inhaltreichen Arbeit nur das Wichtigste wieder-
gegeben werden. Eine Furche, die Fissura hippo-
campi, ist bei allen Säugern vorhanden (nur bei
einigen erwachsenen Odontoceten geht sie wieder
verloren) ; auch die Fissura rhinalis ist, wenigstens
bei den FOten, ziemlich immer vorhanden, nur bei
einigen ganz kleinen Marsupialiem und Insekti-
voren scheint sie zu fehlen. Es handelt sich, wie
man sieht, um die beiden Grenzfurohen des Neopal-
lium, die mediale und die laterale. Die Furchen
des Neopallium will S m. als Sulci im Gegensatze
zu den Fissurae bezeichnen. Die Suld sind onto-
genetisch und phylogenetisch jünger als die Fissuren.
Nur eine begrenzte Zahl ist allen Butheria gemein-
sam. Wenn man sie nach ihrer relativen Constanz,
ihrer Stabilität und ihrem frühen entwickelungs-
geschichtlichen Auftreten ordnet, bekommt man
ungefähr folgende Reihe: Sulcus calcarinus, Sole,
suprasylvius, Sula orbitalis, Sulc. coronalis, Siüc.
lateralis, Sulc. pseudosylvius, Sulc. diagonalis, Salc.
crucialis, Sulc. postsylvius, Sulc. intercalaris, Sula
genualis, Sulc. retrocaloarinus.
S m. beschreibt in der vorli^enden Arbeit zu-
nächst den Sulcus calcarinus, das caudalste fast
senkrecht stehende Stück dessen, was wir bisher
Rand Windung genannt haben; unsere bisherige
Fissura calcarina ist der Sulcus retrocalcarinus.
Da es sich hier um eine sehr wichtige Arbeit han-
delt, die wohl einen neuen Ausgangspunkt für viele
Forschungen bilden wird, seien die Figuren und
ihre Neubenennung wiedergegeben, die schneller
als Beschreibungen lehren, wieSm. die Windungen
bezeichnet Die ausgezogenen Linien bezeichnen
relativ constante Furchen.
Der Sulcus suprasylvius tritt fast gleichzeitig
mit dem Sulcus calcarinus auf, er ist die tiefste
Furche der Convezität und auch ihre constanteste;
es ist die Furche, die beiCamivoren in Verbindung
mit dem Sulcus postsylvius die „erste Randwin-
dung'' der Autoren abgrenzt Der ganze sogen,
hintere Schenkel der Syl vi 'sehen Spalte also ihr
innerstes Stück, ist aus den Furchen zu streichen,
da er nur der Ausdruck der Himrotation ist Wie
bei den Primaten die Insel durch Auftreten der
Opercula zu Stande kommt, wie einzelne Furchen,
die bei den anderen Thieren zu Tage liegen, dann
zur Umgrenzung der Insel verwendet werden u. s. w.,
das ist im Originale nachzulesen. Die complete
S y 1 V i 'sehe Spalte ist Eigenthum der Primaten ; das,
was man bei Oamivoren, üngulaten u. s. w. so ge-
nannt hat, ist eine sehr variable Grube, die durch-
aus nicht in Homologie mit dieser Spalte der Pri-
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
29
maten gebracht werden darf. Am Oehirn von
Ghiromys erkennt man klar, dass die Sylvi'sohe
Spalte der Prosimier in 2 Furchen zerfällt, deren
dorsale sicher derSulous suprasylvius ist, während
die Tentrale das Analogen des bei den Felinen gut
ausgebildeten, sonst aber sehr unstabilen Sulcus
pseQdosylvius ist Die kleine Arbeit, deren Resul-
tate so sehr von dem abweichen, was wir bisher
angenommen haben, giebt viel zu denken.
Das Studium der Hirnwindungen wird leider
vielfach ganz unter Ausserachtlassung besonderer
Fragestellung betrieben. Nachdem einmal ein ge-
wisser Typus für die ganze Oberfläche mit relativ
grosser Sicherheit festgestellt ist, haben Beschrei-
Bulcos intercalariB.
Snicus goanalia.
Fiflsora hippocampL
Fig. 1: Medialseite.
Sulcus
calcarinas.
Salcus
coUateralis.
Fisflora
rhinaliä.
Snlciu crociatos.
Snlciu coroiuüis.
Solcas saprasylvius.
Sulcus lateralis.
Salcus
postlatonüis.
Snicas orbitalis,
Sulous diagonalis.
Fissura rhlnalis.
fig, 2: Laterale Seite.
l'D&gQa oder Abweichungen davon nur dann Werth,
vean nach den Ursachen der Abweichungen ge-
sohlt werden kann. In diesem Sinne ist die An-
tamnüung von Oehimmaterial solcher Menschen,
^flren Lebensweise bekannt war, wie sie z. B. die
Ueine Arbeit von K A. Spitzka (262) über das
Oehirn der beiden Neurologen Seguin bringt,
immeridn dankenawerth. Ebenso ist es willkommen,
<1mb durch G. Sperino (257—259) das Gehirn
^on Carlo Giacomini, der selbst so viel über
die Hirnwindungen gearbeitet hat, beschrieben
worden ist. Sp.'s Arbeit enthält auch eine er-
wünscht kommende Zusammenstellung dessen, was
bisher an 40 Gehirnen „berühmter Männer^' ge-
funden worden ist.
Zwischen Sperino und Spitzka hat sich eine
Meinungsverschiedenheit ergeben, weil der erstere
dieCentralfurche des untersuchten Gehirns für ver-
doppelt erklärte, wasSpitzka(263) leugnet, üebri-
gens hat auch Wilder seine frühere Angabe, wo-
30
E d i n g e r und Wallenberg, Anatomie des Gentralnervensystems.
nach im Qehirn eines von ihm secirten Selbstmör-
ders jene Furche verdoppelt war, jetzt zurück-
gezogen (266).
Das Gehirn des von Betzius (267) unter-
suchten Physikers war recht windungsreioh und
zeigte, abgesehen von einer beträchtlichen Ent-
wickelung des Hintertheües des Operoulum eine
deutliche Verkürzung der Syl vi 'sehen Spalte, ein
Befund, der schon mehrmals bei Gehirnen von
geistig Hochbegabten erhoben worden ist Solange
es nur unsere Aufgabe ist, solche Oehirne genau zu
beschreiben, damit sie dereinst als Material dienen
können, können wir kein besseres Vorbild finden, als
diese Retzius 'sehen Oberflftchenschilderungen.
In geistreicher Weise erörtert Cnnningham
(244) wie sich das menschliche Oehim aus dem
der Anthropoiden entwickelt haben mag, indem er
namentlich die ausserordentlich grosse Rinden-
partie schildert, die für die mimischen Bewegungen
der noch immerhin dünnen Oesichtsmuskulatur
schon bei den Affen vorhanden ist, indem er zeigt,
wie sich an diese Centren durch Weiterentwioke-
lung leicht die Sprachcentren anschliessen konnten.
Ghinz besonders die Entwickelung der Spraoh-
gegend, namentlich der Insel, hat Bolk (270)
untersucht Es standen ihm zwei vortrefflich con-
servirte Qrang-Oehime zur Verfügung, die er zu-
nächst nach den äusseren Formen, dann nach den
Schnittumrissen (Rückenmark bis Vierhügel), auch
auf Horizontalschnitten durch die Hemisphären
studirt hat Er kommt, soweit die Arbeit sich mit
der Insel beschäftigt, zu dem Schlüsse, dass dieser
Himtheil beim Menschen doppelter Herkunft ist
Es hat sich der Insel der Anthropoiden vom frontal
ein äusseres Stück angelegt; die Grenze verläuft
genau durch den Sulcus centralis insulae. Das
Relief des Sulcus posterior insulae, also des alten
Stückes, stimmt beim Menschen und beim Orang
überein. Dabei hat sich das Opercularsystem etwas
geändert, namentlich hat ein Theil des primitiven
Operculum sich zu einem gesonderten Abschnitte,
zum Operculum frontale, beim Menschen entwickelt
Die Ansicht mancher Autoren geht dahin, dass
nur an abnormen oder niedrig stehenden (}ehimen
die Insel unbedeckt sei. Demgegenüber erwähnt
K A. Spitzka (263), dass der vordere Insel-
abschnitt bei den beiden von ihm untersuchten
Neurologen links sichtbar war. Leider handelt es
sich hier aber um die Beschreibung gehärteter Ge-
hirne, wo so etwas leicht arteficiell entstehen kann.
An einem menschlichen (Jehim fand HoU (251)
den Sulcus centralis insulae so schlecht entwickelt,
dass die dadurch entstandene geringe Gliederung
des frontalen Abschnittes der Insel direkt an
Anthropoidengehime erinnerte.
Retzius (252) kann sich der Holl'schen
Auffassung nicht anschliessen. Er hat von Neuem
100 Hemisphären aus verschiedenen Altersklassen
untersucht und in 94 den Sulcus centralis insulae
kräftig und als eine Furche entwickelt gefunden,
vrährend der Sulcus retrocentralis nur in 17 F. ein-
heitlich war. Er war nur in 4 F. so tief, wie der Sul-
cus centr. und nur in den 6, wo jener fehlte, tiefer.
Auch für die Rassengehirne gilt, was für die
Untersuchung einzelner Hirntypen ausgesprochen
worden ist; es muss zunächst ein reichliches
Ifiaterial beigeschafft werden, ehe irgend welche
Schlüsse möglich sind. In diesem Sinne ist der
erste Theil der Arbeit von Kar plus (256) zu be-
grüssen, der die genaue Beschreibung und Abbildung
des Gehirns eines rassenreinen Australiers bringt
Der zweite Theil enthält Bemerkungen über einige
Gehirne von Negern, deren Stammeszugehörigkeit
nicht zu ermitteln war.
Spitzka (255) beschreibt und bildet 3 Eskimo-
gehime ab. Seine Arbeit enthält auch noch eine
gerade jetzt werthvoUe Zusammenstellung der vor-
handenen Literatur über Rassengehirne.
Die obere Brücke, die in der Gentralfurohe des
Erwachsenen selten, bei Föten etwas häufiger vor-
kommend diese Furche in einen medialen und
lateralen Abschnitt theilt, hat nach Weinberg
(253) eine wichtige phylogenetische Bedeutung.
W. versucht nachzuweisen, dass sich die Central-
furche des Menschen zusammensetzt aus dem
Sulcus cruciatus und dem Sulcus praesylvius, die
bei den Reptilien nur durch eine schmale analog
gelagerte Windung voneinander getrennt sind.
Die sdu* genaue nmkroskopische und mikro-
skopische Prüfung, die Monakow (242) der
Fissura caloarina an einem Materiale von mehr als
80 menschlichen Hemisphären aller Altersstufen
angedeihen liess, zeigt die grosse Variabilität dieser
Furche, innerhalb der mindestens 4 Typen unter-
schieden werden können. Irgend welche Bedeu-
tung als Grenzlinie von cortikalen Sinneefeldem,
vor Allem der Sehsphäre, haben die Furchen des
Parieto-Oocipitallappens nicht; das zeigt der mikro-
skopische Bau der Rinde und das geht auch daraus
hervor, dass die feinere Gestalt der Fissura calca-
rina bei erwachsenen Individuen mit angeborener
peripherischer Vernichtung beider Sehnerven ganz
dieselben Furchenverhältnisse darbieten kann, wie
bei sehenden Individuen. Ein Seitenzweig oaudal
von der Fissura, die Fissura retrocalcarina, trennt
durch sein tiefes keilfSrmiges Eindringen den
Occipitallappen oft auf eine weite Strecke in eine
laterale und eine mediale Hälfte.
E. A. S p i t z k a (249) hat an 100 Gehirnen die
kleinen Furchen an der Basis des Hinterhauptr
lappens studirt, ebenso hat er an einer gleich
grossen Anzahl seine Aufmerksamkeit dem Ver-
halten des kleinen Furchenabschnittee gewidmet,
der frontal von den Gentralwindungen etwas auf
die Medialseite übergreift, Fissura inflexa.
Eine ganze Anzahl monographischer Arbeiten
über Säugergehime ist erschienen. Sie berück-
sichtigen zwar alle die inneren Verhältnisse auch,
aber ihr Wichtigstes ist die Beschreibung der
äusseren Form, und hier speciell des Vorderhimes.
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Gentralnervensystems.
31
Die treffliche Arbeit von 0. ar()nberg(232) über
das Igelgehirn ist bereits erwfthnt Sie birgt viele
wichtige Angaben über alle Theile des Gehirnes und
zeichnet sich durch besonders klare Abbildungen aus.
Die Beschreibung, die Drftseke (272) vom
Qehim von Centetes ecaudatus giebt, vermehrt
unsere Kenntniss des bisher wenig beobachteten
losektivorengehimes durch eine sehr genaue Schil-
derung. Dr. benützt die gewonnenen Kenntnisse
n einer monographischen Vergleichung der Insek-
tiTorengehime untereinander, wobei auch das Ge-
hirn von Didelphis benutzt wird. Auch das
Rflckenmark eridirt Berücksichtigung.
Pteropus wurde von Eohlbrugge (277) be-
schrieben. Nur makroskopische Abbildungen.
Aus der genauen Beschreibung der Schfldel-
aosgüsse zweier subfossiler Riesenhalbaffen, die
Burckhardt (271) giebt, ergiebt sich, dass
Olobilemor, abgesehen von der GrGsse, kaum ein
anderes Gehirn hat als Lemur maoao, und dass
dasOehim vonMegaladapis, obwohl es auch einem
Riesenhalbaffen angehört, nicht mit Lemur, sondern
etwa mitlndris zusammengehört. In benachbarten
Zweigen eines Stammes sind genetisch unabhängig
Riesenformen aufgetreten. Es giebt also nicht nur
Riesenaffen, sondern auchBieseohalbafiFen, und diese
iiaben nicht etwa ein Gehirn wie die anderen anthro-
pomorphen Affen, sondern wie wirkliche Halbaffen.
Auf die Arbeit von Kohlbrugge (278), die
sich auf ein reiches Material von erwachsenen und
f&talen seltenen Hirschen stützt, kann hier nur hin-
gewiesen werden. Sie ist ohne Abbildungen nicht zu
besprechen. Man findet hier auch eine Beschreibung
und Abbildung des Gehirnes von Sus babirussa.
Ebenso soll auf die reichen Abbildungen, die
die Dissertation von Hammer (273) vom Löwen
bringt, Abbildungen, die das gesammte bisher be-
kannte Material wiedergeben, hingewiesen werden.
Original ist die Beschreibung von zwei erwach*
seilen Gehirnen und einem neugeborenen.
Die mannigfachen Besonderheiten, die der
Himstamm des Delphinee birgt, treten in der
Arbeit vonSchlesinger und Hatschek (274)
deotlich hervor. Dem Mangel des Olfactorius und
der gelingen Sntwiokelung des Opticus steht die
nächtige Ausbildung des H(}rapparates gegenüber.
IHe Pyramiden, die im Ponsgebiete gut entwickelt
liod, nehmen bis zum caudalen Oblongataende so
ib, dass sie schliesslich in der Comm. ant spinalis
▼obren gehen. Es giebt einen medialen Hinter-
Btnagkem für die aus dem Schwanz aufsteigenden
Fasern. Die Hirnnervenkeme bieten manche Ab-
veichnngen vom bisher Bekannten. Ganz beson-
ders sturk ist der Acusticus mit seinem Apparat,
^ TrapezkOrper und den Schleifenkernen ent-
viekelt Dementsprechend sind die hinteren Vier-
^tlgel auch sehr gross. Dorsal vom Hauptkem
^ Oeolomotorius liegt der mfiohtige „Nucleus
dlipticas*^ vielleicht für die Innervation des den
Cetaoeen eigenen Musculus palpebralis. Die Hauben-
kerne, aber natürlich auch alle dem Riechapparate
zugehörigen Gebilde, Mammillaria, Fornix u. s. w.,
sind recht klein. Kräftig ist das Ganglion habe-
nulae mit dem Fasciculus habenulo-peduncularis,
und stärker als der Balken ist die dicke Commis-
sura posterior.
Wenn auch nicht rein anatomisch, so ist doch
die Arbeit von Grünbaum und Sherring-
ton (239) von so ausserordentlichem und nahe-
liegendem Interesse, dass wenigstens kurz hier
angefahrt werden soU, dass es diesen Autoren ver-
gönnt war, an einer ganzen Anzahl anthropomorpher
Affen (Orang, Gorilla, Chimpanse) die Hirnrinde zu
reizen. Es hat sich gezeigt, dass fast alle sogen,
motorischen Punkte nur in der vorderen Central-
windung liegen. Auf dem gegebenen Schema bleibt
die hintere Windung vollständig frei, unten seit-
lich am Stirnlappen wurde ein Centrum für die
Augenbewegungen gefunden. Bei der hohen Aus-
bildung, die die erlernten Bewegungen schon bei
den Affen haben, ist dieser Befund so auffallend,
dass man sich fragen muss, ob wir nicht etwa
beim Menschen, wo niemals so genaue Versuche
möglich sind, wie bei den Thieren, die Grenzen
der motorischen Region zu weit gezogen haben.
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Psych, u. Neurol. XX. 1901.
318) Arndt u. Sklarek, Ueber Balkenmangel im
menschlichen Gehirne. Berl. klin. Wchnschr. XL. 1 . 1903.
319) Strohmayer,Wilh., Anatom. Untersuchung
der Hörsphäre beim Menschen. Mon.-Schr. f. Psych, u.
Neurol. X. 1901.
S. Ramön yCajal(290) setst seine Publi-
kationen über den feineren Bau der Rinde fort
Die Hörrinde des Lobus temporalis hat im Wesent-
lichen die gleichen Schichten, wie die fibrigen
Rindeng^biete. Die Differenzen auch der Einzel-
bestandtheile sind ausserordentlich gering, wenn
man den genauen Unterscheidungen und den treff-
lichen Abbildungen, die hier reichlich geboten wer-
den, folgt Doch enthält sie in allen Rinden-
Bchichten mit Ausnahme der äussersten Zellen, die
vielleicht nur im Schlftfenlappen Torkommen, Ge-
bilde mit auffallend starken horizontalen, can-
delaberartig aufgezweigten Aesten und einem cen-
tral gerichteten Achsenfortsatze. Die auf- und
absteigenden horizontalen Fortsätze nehmen in
ihrer Gesammtheit eine beträchtliche Fläche ein,
manchmal mehr als Icmm. Alle Bemühungen,
besondere Beziehungen dieser Zellen zu der Fase-
rung oder zu anderen Zellen zu erkennen, sind
fruchtlos geblieben. Auch die Nervenfasergeflechte
der Hürrinde weichen nur sehr wenig von denen
anderer Rindengebiete ab. Auffallend sind beson-
ders dicke Fasern, die etwa in die 3. bis 5. Rinden-
schicht eintreten und sich dort in ihrer nächsten
Nähe aufzweigen, aber unbekannter Herkunft sind.
Führen sie wirklich akustische Reize zu, so könn-
ten diese durch die Achsencylinder der akustischen
Speoialzellen oder der verschiedenen grossen Pyra-
midenzellen den Schläfenlappen wieder verlassen.
Es wurde auch die Rinde von Hund und Katze
untersucht; sie ist nicht so reich an den erwähnten
specifischen, wahrscheinlich Associationen dienen-
den Zellen.
Die Iiwelrinde, der der zweite Theil der Ramön
y Cajal'schen Arbeit gewidmet ist, hat wieder
den allgemeinen Rindentypus, wenn auch die
Schichten sich nicht gerade sehr stark von einander
unterscheiden. Das Glaustrum wird als „Schicht
der tiefen Stern- und Spindelzellen'' aufgefasst
Das Verhalten des Achsencylinders dieser Zellen
war nicht festzustellen; in Beziehung zum Cor-
pus striatum stehen sie nicht Auch innerhalb
der Inselrinde kommen die „akustischen Special-
zellen'' vor.
Das gleiche Rindengebiet ist von Stroh-
mayer (319) am Gehirn einer Frau untersucht
worden, die von Geburt an durch Defekt des Nervus
cochlearis vollständig taub gewesen war. Die Win-
dungen und Furchen des Schläfenlappens zeigten
keine vom Durchschnitt abweichende Gonfigura-
tion, es waren aber die beiden ersten Temporal-
windungen auffallend schmal, auch die Insel war
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centraineryensystems.
33
sehr Uein, besonders in ihrer frontalen Abtheilung,
und die linke wieder rudimentftrer als die rechte.
Ab diesem Oehime waren auch die hinteren Zwei-
hflgel im Yerh<nisse zu den normal grossen yor-
deren sehr klein, ihre Arme und die inneren Knie-
hdeker schmal. Vergleichende Messungen ergaben,
dass in der kranken Binde das Stratum zonale
wesentlich dünner als in der normalen war. Gh*088e
Pyiamidenzellen, die sonst in der 2. und 3. Schicht
liegen, waren gar nicht yorhanden ; die dicht geord-
neten Pyramidenzellen waren klein, namentlich
standen sie in der 4. Schicht auffallend dichter und
unregeimfissiger, als in der normalen Rinde. Die
Yerftnderungen erstreckten sich über die 1. Schlftfen-
windung beiderseits und waren nicht herdförmig.
Str. yermuthet, dass die hurenden Elemente der
Sdüifenrinde in die 4. Bindenschicht zu yerlegen
seien. Auch die Sprachrinde ist wenigstens makro-
skopisch untersucht worden, der operculare Theil
links war oifenbar sehr mangelhaft entwickelt
Am Schlüsse der Arbeit über die Hirnrinde bringt
S.Ram6n y Cajal(290) eine kurze Beschreibung
einiger Zellenelemente im Corpus striatum.
Obreg ia(287) hat gefunden, dass dieBamön
y Cajarschen Zellen der obersten Schicht der
Rinde, die bekanntlich mehrere Aohsencylinder
ktben, 1 — 3 davon um die Qefftsse der Pia so auf-
sweigen, dass es genau so aussieht, wie die peri-
pherischen Neryenzellen , die als Vasomotoren
dienen. Hier könnte ein regulatorischer Apparat
des Blntzuflusses für die aktiye Binde liegen.
Nissl unterscheidet bekanntlich eine ganz
bestimmt struktnrirte und gekörnte Neryenzellen-
srt als motorische Zellen. Der Typus kommt auch
im Gehirn unter den grossen und kleinen Pyra-
miden der Binde yor, doch haben ihn durchaus
nicht alle Pyramidenzellen, namentlich nicht alle
sogenannten Beetz'schen Zellen. Da es Nissl
lingst aufgefallen ist, dass nicht alle-Thiere solche
motorische Zellen in ihrer Binde haben, yeranlasste
erKolmer (291), einmal genauer diesen Dingen
nschzQgehen. Dabei hat sich denn ergeben, dass
beim Menschen „motorische Zellen" nur zu beiden
Seiten der Centralf arche auf eine relatiy schmale
Strecke hin yorkommen, auch im untersten Theile
der hinteren Centralwindung ganz fehlen. Beim
Affen sind sie etwa fthnlich yertheilt, beim Hund
Mhmen sie die Oegend um die Fissura cruciata
und relatiy weit caudal dayon ein, bei der Katze
beginnen sie noch yor dem Oyrus centralis und
i'^en über die Fissura cruciata weg bis fast in
die Hitte der zweiten und dritten Bogenwindung.
Bei der Fledermaus, dem Igel, dem Kaninchen, der
Xans, der Hatte und dem Meerschweinchen, ebenso
bei don Schwein und dem Binde ist trotz genauer
Serienschnitte auch nicht eine einzige „motorische
Zellen in der Hirnrinde gefunden worden. Be-
bnnüich hat beim Kaninchen der Verlust einer
gitasren Bindenpartie oder einer ganzen Hemi-
9jfiAte nicht jene Folgen auf motorischem Gebiete,
Med.Jahrbb.Bd279.Hrt. 1.
die wir beim Affen und beim Menschen kennen.
Die Arbeit enthUt sehr genaue Angaben über die
Struktur, die Nissl seinen motorischen Zellen
ausschliesslich yorbehAlt
Es scheint, dass auch unsere Kenntniss yon
den stärkeren Zügen imMarkweiss sich jetzt einem
gewissen Abschlüsse n&here. Die Untersuchungen
aus der Berichtzeit haben kaum ein unerwartetes
Besultat zu Tage gefordert. Die mit besonderer
Sorgfalt an künstlichen Degenerationen angestellten
Untersuchungen P r o b s t 's (3 1 7 u. s. sub Thalamus)
bringen im Wesentlichen Bestätigungen, besonders
der Studien yon Monakow, Nissl, Dejerine
U.A. Der Vf. meint, dass erstjetzt, nach Einführung
seiner in der That trefflichen Methodik, eine richtige
Erkenntniss der Leitungsbahnen -im Qehirn zu er-
reichen sei. Schon in der Einleitung des yorigen
Berichtes ist anerkannt, wie wichtig für die ganz
sichere Feststellung der Faserbeziehungen des Tha-
lamus Probst 's Arbeiten geworden sind, und
man wird auch in diesem Berichte sub Zwischen-
him einiges dayon wiederfinden. Der Yf. über-
schätzt aber insoweit seine Methode, als er auf
anderweit Öewonnenes sehr wenig Werth legt So
kommt es, dass ihm z.B. das mächtige Fasersystem
zwischen Thalamus und Striatum, das nun für alle
Thierklassen nachgewiesen und durch degeneratiye
Befunde am Menschen und Hund gestützt ist, ganz
entgangen ist
In einem FaUe yon Erweichung aller 3 Occi-
pital Windungen , den Probst (317) eingehend
untersucht hat, wurden die zum Thalamus gehenden
Fasern der Sehbahn ebenso, wie nach den Unter-
suchungen yon Monakow, Henschen u. A.
schon bekannt ist, im yentralen Abschnitt des Stra-
tum sagittale gefunden, der dorsale Abschnitt wird
wohl yon Fasern aus den beiden Scheitellappen
eingenommen. Eine Degeneration des Schläfen-
lappens wurde nicht gefunden, und deshalb nimmt
Probst an, dass das ganze sagittale Mark nur
aus Stabkranzfasem zum und yom Thalamus be-
stehe; das untere Längsbündel als Association-
bündel existire nicht Zwischen dem Burdach'-
schen unteren Längsbündel und der Oratio let'-
sohen Sehstrahlung kann nach Probst keine
scharfe Orenze gezogen werden. Die Untersuchun-
gen yon Sachs und Henschen werden merk-
würdiger Weise nicht angezogen. Die gleichen
Erwägungen führen Probst zu der Ansicht, dass
die Hinterhauptfasern des Balkens durch den Bal-
kenwulst zum Tapetum des yentralen Yentrikel-
randes ziehen, also nicht nur symmetrische Binden-
gebiete unter sich yerbinden. Sie ziehen wahr-
scheinlich aus den Occipitalwindungen bis in den
Oyrus fusiformis und lingularis hinein.
Die Monographie, die Anton und Zingerle
(305) dem Stimhim widmen, bringt zunächst refe-
rirend, was über dessen Funktion bekannt ist Es
ist herzlich wenig. Aus der Mehrzahl der Unter-
suchungen geht heryor, dass Kopf- und Bumpf-
34
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Gentralnervensysteins.
muskeln dort Centren haben, aber wfthrend M u n k
diese an der Gonyexitftt findet, yerlegt sie H o r s 1 e 7
an die mediale Flfiche des Bandwulstes. Sicher
scheint auch, dass sich vor dem Sulcuspraeoentralis
ein Gentrum fQr die Augenbewegungen befindet,
ebenso der Einfluss des Stinüiims auf die Er-
haltung des Gleichgewichtes. Aber diese moto-
rischen Gentren liegen alle nur im hinteren Theile
des Lappens, der yordere Theil sowohl, wie der
dort entspringende Stabkranz l&sst sich nicht elek-
trisch erregen und Qber seine Funktion liegen
keine eindeutigen Angaben vor. Man hat ihn
bekanntlich vielfach zu den höheren seelischen
Leistungen in Beziehung gebracht Die Süssere
Oestaltbeschreibung des Stimhirns, ebenso wie die
mikroskopische Durchsicht von Schnitten normaler
Gehirne, deren viele abgebildet sind, folgen ; dann
schildern die Yff. die anatomischen Ergebnisse bei
einer ganzen Anzahl von Erkrankungen im Stim-
gebiet, immer auf Grund jedesmal angefertigter
Schnittserien, und schliessÜch bringen sie, wohl
der werthvollste Abschnitt des Buches, eine zu-
sammenfassende Beschreibung der Markfaser-
systeme des Stirnhirns. Der Stimlappen ist
durchaus nicht wesentlich anders gebaut, als die
übrigen Grosshirntheile, die Lagerung der Einzel-
fasersysteme, Stabkranz, Associationbahn u. s. w.,
auch das gegenseitige VerhUtniss zu einander ist
dasselbe, wie an anderen Orten. Die meisten der
Associationfasern liegen lateral vom Ventrikel, die
Projektion- und Gommissuren-Strata diesem und
der medialen Rinde näher. Der Stabkranz als
Ganzes zeigt nicht, wie Flechsig angiebt, be-
sondere Verhältnisse im Stimhim. Allerdings
werden durch die massigen Associationlager der
Gonvexität seine Fasern mehr auseinander gedrängt
und sie erscheinen dadurch als spärlicher. Das
gilt namentlich für die mediale Abtheilung des
Stabkranzes, die auch Bahnen aus der ganzen Rand-
windung bekommt Diese, ebenso wie die aus dem
Fuss der vorderen Gentralwindung, der ganzen
unteren Stimwindung und der mittleren Stim-
windung konnten auch d^generativ nachgewiesen
werden. Die Hauptmasse des Stabkranzes stammt
aus dem vorderen und medialen Sehhflgelkem, ein
weiterer Antheil gelangt durch das mediale Drittel
des Pedunculus (Dejerine giebt das mittlere an)
in die Brücke. Mindestens ein Theil dieser fron-
talen Brückenbahn liegt im ventralen Theile der
Gapsula interna. Balkenfasern wurden in allen
Windungen nachgewiesen, nur für die Inselgegend
sind sie sehr fraglich.
Der Fasciculus uncinatus besteht, wie ein
Degenerationfall lehrt, nur zum kleinen Theil aus
Fasern zwischen Stirn- und Schläfenlappen, zum
grösseren aus solchen, die auf ihrem Wege in der
Insel eine Unterbrechung erfahren haben, denn bei
einer Läsion im Stimlappen degenerirt die Mehr-
zahl der Fasern nur bis in die Insel hinein. Ganz
ähnlich sind die Beziehungen der Insel zum Fasci-
culus arcuatus. Das Gingulum gehurt jedenfalls
auch zu den Associationsystemen und war in allen
Fällen, in denen der Stabkranz degenerirt war,
erhalten ; auch es scheint nur zum geringen Theil
aus langen Fasern zu bestehen.
Viele Untersuchungen balkenloser Gehirne
haben in diesen immer einen Faserzug erkennen
lassen, der einseitig, etwa in der Gegend, wo die
laterale Balkenfaserung liegen sollte, vom Stimpol
bis in das Tapetum des unteren und hinteren
Hernes zieht, wo er sich verliert.
Tyaäus franio-oecipüalia.
Schröder (312) bestreitet entschieden, dass
es eine solche fronto-oocipitale Associationbahn im
normalen Gehirn gebe. Diese sei ftlschlich aus
den Fällen von Balkenmangel erschlossen, wo einer
Hypothese von Sachs zu Folge die Balkenfasern,
die hier nicht zur Verwachsung über die Mittellinie
treten, sich in der Längsrichtung des Gehirns zu
einem nur scheinbaren Associationbündel anordnen.
Die Bündel, die die Autoren im normalen Gehirn
mit diesem, eben bei Balkenmangel deutlichen
Strange homologisirt haben, sind ganz andersartige,
das Associationbündel des Schwanzkemes nämlidi,
das diesem Kerne auf die ganze Länge folgt, aber
sicher keine Fasern in das Unterhorn abgiebt, und
ein diesem dicht lateral anliegendes Feld, das, netz-
förmig aussehend, im Wesentlichen aus Stabkranz-
fasem besteht, die, ehe sie zur Rinde aufsteigen,
erst eine kurze Strecke in longitudinaler Richtung
laufen. Das netzförmige Feld ist zuerst von Sachs
erkannt worden. Es lässt sich von den nahen
Balkenfasern, abgesehen von seinem eigenen cha-
rakteristischen Aeusseren, auch dadurch trennen,
dass die BalkenfiEwern straffer, nicht so wellig wie
die erwähnten Stabkranzfasern verlaufen und dasssie
immer Fasern im rechten Winkel rindenwärts senden.
Auch Probst (316), der ein balkenloses Ge-
hirn seriatim geschnitten hat, kommt zu der An-
sicht, dass Sachs Recht habe, dass im normalen
Gehirne gar kein echtes fronto-oocipitalee Asso-
ciationbündel bestehe, und diese nun von allen
Seiten eintreffende Gorrektur einer bisher fest-
gehaltenen Ansicht erfährt eine schöne Bekräftigung
durch die Beobachtungen von Arndt und Skla-
rek (318). In dem seriatim geschnittenen balken-
losen Gehirne, das sie untersuchten, war ein kleiner
Theil des Balkens erhalten, während ganz gleich
gelagerte Fasern direkt in das parieto-oooipitale
Längsbündel umbogen.
Arnold und Zingerle, die auf gleichem
Standpunkte stehen, nennen diese dem Ventrikel
so nahen Stabkranzbündel Stratum sagittale inter-
num. Sie sahen dieses Stratum intakt bleiben,
als der ihm dicht anliegende Fasciculus nudei
caudati Autt. entartet war. Dieses letztere, nicht
auf lange Strecken degenerirende System des sub-
ependymären Grau wollen sie als Fasciculus longi-
tudinalis medialis bezeichnen. Sie widmen ihm
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Gentralnervensystems.
35
me genaue Schilderung, weil sie es für ein wich-
tiges, ganz medial liegendes Assooiationstratum
halten, das zur Verknüpfung der Rindentheile auf
kürzere und längere Strecken dient und auch eine
Verbindung der medialmi Rindentheile mit der
Gonvezität yermittelt Der Eef, kann nicht finden,
dass fOr die letztere Auffassung der Beweis voll
erbradit sei. In diesem System sollen speciell die
Fasern des Fascioulus nuolei caudati diesen mit
der übrigen Rinde in Beziehung bringen.
Der Fasciculus nudei caudati wird von Ober -
Steiner und Redlich (314) unter dem Namen
f asoiculus suboalloaus sehr genau geschildert. Die
VIL haben ihn bei S&ugem aus fast allen Klassen
stodirt Er ist gewöhnlich bei den Thieren mfich-
tiger als beim Menschen. Schwerlich handelt es
sich um hinge Bündel. Die Fasern sind vom Stra-
tum zonale des Nucleus caudatus zu trennen, ebenso
Too einem ans der Rinde stammenden caudalwftrts
ziehenden Bündel, das als retikulirtes cortice-
eaodsles Bündel bezeichnet wird. Sie liegen ein-
gebettet in lockere Zellen, von denen Bef. [E.] an-
gebm kann, dass sie nur der Rest einer ungeheueren
Zellenmasse sind, die bei Föten von Mensch und
Thier das Stammganglion bedeckt. Der Fasciculus
sabcallüsus ist bei Thieren an Stellen entwickelt,
wo gar kein Soh wanzkem ezistirt, steht also sicher-
lich nicht ausschliesslich zu jenem Kern in Be-
xiehang. Wahrscheinlich handelt es sich im Ganzen
um kurze Fasern. Sie strahlen auch in den Belag
I des Hinterhoms aus, bilden aber sicher nur einen
1 ganz geringen Theil dessen, was man Tapetum
nennt, beim Menschen wenigstens, bei Ungulaten
' überziehen sie die in das Hinterhorn ausstrah-
lenden Balkenfasem, aber in stärkerer Schicht
In einer zweiten Arbeit (313) erörtert Schrö-
der, auf welche Befunde sich die Ansicht stützte,
dafifl das Tapetum nicht als Balkenausläufer anzu-
sehen sei. Da er die Existenz des fronto-occipi-
talsn Associationbündels , aus dessen caudalem
Ende nach Onufrowicz, Muratow u. A. das
Tapetum stammen soll, durchaus bestreitet, so
kommt er natürlich zu dem Schlüsse, dass gar
Iffiine Veranlassung bisher vorliege, von der alten
Hei rächen Auffassung, wonach das Tapetum nur
US Balkenfasem bestehe, abzugehen.
Eine grössere Anzahl von Arbeiten über den
Stabkranz (Probst U.A.) wird man sub Thalamus
leferirt finden.
Die Faserzüge, die zwischen Orosshim und
Kttelhim verlaufen, sind für die Säuger bisher
fast unbekannt geblieben. Deshalb ist eine Ex-
perimentaluntersuchung von Beevor und Hors-
^ey (309) sehr willkommen. Es ist den Vff., die
banptaftchlich an Katzen und an zwei Affenarten
Sttrbeitet haben, mittels der Degenerationmethode
gdnngen, Fasern aufzufinden, die die vorderen Yier-
hflgel mit dem Lobus occipitalis verbinden. Sie
degeneriren immer bei Verletzung der lateralen
Seite des Hinterhauptlappens. Je mehr von der
Rinde, die den G e n n a r i 'sehen Streif enthält, ver-
letzt wird, um so mehr Fasern entarten. Der
Tractus occipito-tectalis verläuft zum Theil inner-
halb der Sehstrahlung, er endet vollständig im
Stratum griseum profundum des vorderen Hügels.
Auch der Schläfenlappen schickt Fasern zum Mittel-
him. Wurde der hintere Abschnitt des Oyrus
ectosylvius bei der Katze verletzt, so entarteten
Fasern a) im Thalamus, b) im Corpus geniculatum
mediale, c) im Arm der hinteren Hügel und d) in
den Kernen der Brücke. In die graue Substanz
der Hügel selbst sind diese Fasern nicht zu ver-
folgen gewesen. Bei Macacus degenerirten nach
Verletzung des caudalen Abschnittes der Schläfen-
windung die gleichen Züge, ausserdem Fasern zum
Locus niger. Fasern zur Brücke wurden nicht
gefunden. Diese Bündel konnte man alle nach
mehr oder weniger sicheren Andeutungen in
früheren Arbeiten bereits vermuthen, wenn sie
auch niemals mit der Sicherheit festgestellt waren,
wie sie jetzt vor uns liegen. Oanz neu und un-
erwartet aber ist, dass auch nach Verletzung des
motorischen Theilee der Rinde einige Fasern bis
in die vorderen Hügel hin entarten. Der Weg,
den sie nehmen, geht theils durch den Thalamus,
theils durch den lateralen Abschnitt des Hirn-
schenkels. Bei der Katze und dem Dachs existiren
nicht nur einzelne Fasern, sondern ein wohl aus-
geprägtes System ; eine dorsale Gruppe, die auch
schon von Boyce einmal gesehen worden ist, ver-
lässt schon weit frontal die innere Kapsel, durch-
zieht den Thalamus, wo einige Fasern frei enden,
um schliesslich im vorderen und hinteren Hügel
sich aufzulösen, eine ventrale gelangt von der Rinde
bis in den Himschenkelfuss und zieht dann von
da dorsalwärts zu den gleichen Endstätten. Aus
dem Stimlappen selbst konnten keine Fasern mit
Sicherheit bis in das Tectum verfolgt werden.
Wenn man bei Kaninchen durch Reizung der
Rinde das Kaumuskeloentrum aufsucht und dieses
dann exstirpirt, bekommt man nach Economo
(308) Degenerationen, die theils in den Thalamus
gehen, theils durch die mediale Abtheilung des
Hirnschenkels in die Substantia nigra gelangen.
Diese anatomisch nicht weiter caudal zu verfolgende
Bahn wurde von E. experimentell durch Reizung
studirt, und er kommt zu dem Schlüsse, dass aus den
Centren in der Substantia nigra Bahnen entspringen,
die in der Brückengegend total kreuzen, ehe sie
den Trigeminuskem erreichen, dann nochmals
kreuzen, um 'auch zum gleichseitigen Kerne auf
diesem Umwege zu gelangen. Die Versuche von
E. legen den Gedanken nahe, ob durch die Reizung
nicht die von Wallenberg als Tractus fronto-
bulbaris bei der Ente beschriebene Bahn ge-
troffen worden ist In dem physiologischen Schluss-
abschnitte seiner Arbeit über das Vogelgehirn (siehe
nächsten Bericht) kommt A/IE., verschiedene Ver-
suche an Vögeln berücksichtigend, zu der Ansicht,
dass dieWallenbe r g'schen Bündel wahrschein-
36
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Gentralnervensystems.
lieh centrale Bahnen für den Kau- und Schluckakt
darstellen. Was E. schildert, steht nicht im Gegen-
sätze zu dieser Auffassung.
Holmes (307) hat das Nervensystem eines
Hundes untersucht, dem Oolz beide Hemisphären
entfernt hatte. Er giebt eine Beschreibung mit
vielen Abbildungen, die deshalb besonders ausführ-
lich und wichtig ist, weil die Geschichte dieses
Hundes bekanntlich in der physiologischen Lite-
ratur eine gewisse Bolle spielt Ein Theil der ge-
fundenen anatomischen Resultate ist schon früher
von dem Bef, [E.] an anderen Orten publicirt wor-
den, zum Theil in dessen Fornixarbeit (siehe den
Bericht) benutzt. Von den Besultaten sei erwähnt,
dass zunächst der grGsste Theil des Thalamus nach
Wegnahme der Hemisphäre verschwindet, wobei
übrigens der ventrale Kern am wenigsten leidet
Natürlich degeneriren alle Fasern im Pedunculus
und in dem Fornix. Da das Corpus striatum und
die aus ihm entspringende Radiatio strio-thalamica
intakt bleiben, so tritt letztere sehr deutlich hervor.
Die primären optischen Centren, namentlich das
Pulvinar und die Corpora geniculata, atrophiren
äehr in den schon von Monakow beschriebenen
Abschnitten; die vorderen Yierhfigel waren auf
der Seite, wo der Opticus normal war, im Stratum
superficiale entartet, auf der Seite, wo der Opticus
zufällig durchschnitten war, fehlte das Stratum
ganz. Es bezieht also seine Fasern aus dem Opti-
cus und der Rinde. Die Meynert'sohe Com-
missur blieb erhalten. Die Spitze eines Schläfen-
lappens mit der Ammonswindung lag vom Gehirn
getrennt im Schädel, hier war Alles bis auf einen
einzigen Faserzug, der aus den Pyramidenzellen
des Ammonshoms zur Fascia dentata zieht, degene-
rirt. Der laterale Theil des Corpus subthalamicum
war entartet Aus diesem Ganglion und aus Fasern
der Radiatio strio-thalamica leitet H. die in seinem
Falle besonders deutlichen Fasern ab, die kamm-
artig den Hirnschenkelfuss durchbrechen. Nach
Wegnahme des Pallium entarten nur solche Bahnen,
die bei niederen Thieren gar nicht vorkommen.
üeber den Riechapparat, das Ammonshorn, den
Fornix und die Commissuren ist eine reichere Lite-
ratur als je zuvor in der Berichtzeit entstanden.
Zunächst ist Zuckerkandl (297), dem wir
über den cortikalen Abschnitt bekanntlich die
wichtigsten Untersuchungen verdanken, wieder auf
einzelne Theile des „Riechhims" zurückgekommen.
Den Gyrus subcallosus mOchte er (gegen Elliot
Smith) ganz von der Ammonsformation scheiden.
Die beiden Windungen weisen bei den verschie-
densten Thieren ganz charakteristische Merkmale
auf, die jedesmal die Sonderung gestatten. Die
Grenze des Ammonshorns und die Oberflächenrinde
wird durch die Fissura hippocampi gegeben, die
die Balkenwindung gogen die Fascia dentata und
den Gyrus subcallosus gegen den Gyrus supra-
callosus abtrennt Z. meint, dass die Balken-
windung die schlingenfOrmige Ausbiegung am
üebergange des Ammonshorns in den Gyrus supra-
callosus zum Ausdrucke bringa Die Ansicht von
Elliot Smith, dass die dorsalen Abschnitte des
Ammonshoms und der Fascia dentata bei den
Thieren mit einem Balken sich als Gyrus supra-
callosus und Lancisi 'sehe Streifen erhalten, ist
richtig und von Z. selbst schon früher ausgespro-
chen worden. Z. hat auch den Fornix der Beutel-
thiere mikroskopisch und makroskopisch untersucht
und giebt davon viele Abbildungen. Die Verhält-
nisse sind klarer, aber im Wesentlichen dieselben
wie bei den anderen Säugern. Darin liegt eine
Complikation, dass ausser dem ventralen Ammons-
horn noch ein sehr mächtiger dorsaler Abschnitt
besteht, und die aus jenem stammenden Fasern
sich den Fasern aus dem ventralen Ammonshorn
zugesellen, üebrigens sollen nicht ausschliesslich
Markbündel aus dem Ammonshorn, sondern auch
solche aus anderen Rindengebieten durch den AI veus
in das Gewölbe gelangen. Ist das richtig und
billigt man, wie der Bef, es thut, die Ansicht von
Elliot Smith, dass der Alveus und das Psal-
terium nur Ammonsfasem enthalten, somüssteman
diese Z.'schen Fasern den Balkenfasem zurechnen
und also doch (eine Ansicht, die schon aufgegeben
war) den Beutlern wenigstens Spuren eines Balkens
zuschreiben. Der Balken, die Commissur des Neo-
pallium, tritt nach Elliot Smith erst bei den
Insektivoren in Spuren auf. Doch hat Elliot
Smith (300) neuerdings an dem (j^him von
Makroskelides, das sonst Talpa sehr gleicht, schon
einen recht kräftigen Balken entdeckt.
Die Arbeiten über die Commissura anterior
(Probst [s. unter Thalamus], RamönyCajal
[294]) bringen nichts Neues. Sie bestätigen aber
Löwen thal's 1896 erhobene Resultate — Dege-
neration nach Abschneiden eines Bulbus bis in den
Bulbus der anderen Seite. Bei Dürchschneidung der
vorderen Commissur gelang es P r o b s t , isolirt das
dorsale Bündel zu durchschneiden ; dieses enthält
Commissuren zwischen beiden Gegenden, die ventral
von der äusseren Kapsel liegen. Der Verlauf von
Fasern der Commissura anterior durch die Capsula
interna ist von Elliot Smith (300) genauer
studirt worden ; er hat nichts mit der GrOsse des
Gehirns zu thun, wie Elliot Smith früher
meinte, sondern kommt, wie das Studium eines
sehr grossen Artenmateriales lehrt, nur bei den
diprotodonten Beutlern vor, die älteren Polyproto-
donten haben, wie auch die Monotremen, solche
Commissurenfasem nur in der Capsula externa.
Ueber den gesammten Riechapparat haben
Castanajan und S. Ram6n y Cajal (294)
gearbeitet Dem Autorreferate des Ersteren ent-
nehmen wir, dass er zunächst die 3 Abschnitte:
Fila oifactoria, Tractus olfactorius, Tractus olfacto-
ammonicus (Zuckerkandl 's Strahlung) auf
Schnitten untersucht hat, dass er sie einzeln zur
Degeneration brachte, also ihre Unabhängigkeit von
einander bewies, und dass er auch aus vergleichend
E dinge r und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
37
anatomischen Qrflnden zu der Annahme gelangt,
dass diese 3 Theile den Biechapparat darstellen.
C. erwähnt noch, dass ganz ¥rie der Biechapparat
SDoh die anderen sensorischen Apparate sich aus
solchen 3 Theilen aufbauen, deren mittlerer jedes-
mal eine partielle Kreuzung eingeht
Wenn es je eine Arbeit gab, die den Ref. ander
Beweiskraft der Schlüsse, die man aus Oolgi-
Prftparaten allein ziehen kann, zweifelhaft gemacht
hat, so ist es die von Bamön y Cajal. Die un-
geheuer complicirten Bilder, die das technische
Geschick des Vfs. in den Silberprftparaten erzeugt,
wirken absolut verwirrend, sosehr, dass es dem A/!
oft nicht möglich war, in den trefflichen Prftparat-
abbildungen die Beweise für des Autor Schlüsse
SU finden. Da die Arbeit in einer nicht verbrei-
teten Zeitschrift erschienen ist, sei ihr ein ausführ-
licheres Beferat gewidmet
Der Bulbus olfactorius wird wesentlich in Ueber-
einstimmnng mit den früheren Darstellungen ge-
schildert, die der Yf. selbst gegeben hat. Neu ist
der Nachweis einer sehr grossen Anzahl von Asso-
dationzellen, die mit ihren sich auffasernden Axonen
einen oder mehrere Glomeruli erreichen. Diese
Zellen liegen mit ihren Auslftufem in der Glome-
nÜQs-Schicht selbst Dann giebt es aber auch in
der Schicht der Mitralzellen Associationzellen ver-
schiedener Art, z. B. solche, deren Axon in die
Molekularschicht taucht, wie der Vf. die Schicht
zwischen Mitralzellen und Olomerulus nennt Hier
bilden sie eine Art von Plexus. Ausserdem giebt
es Zellen, deren Achsencylinder medial von den
Mitralzellen liegt und entweder diese selbst oder
nur Antheile der Schicht in der die Association-
zellen li^en, untereinander verbindet Diese
Schicht heisst Bamön y Cajal Capa plexiformis
and Schicht der Kömer und der Fasern derweissMi
Substanz. Die Eümer sind eben jene Nervenzellen.
Sie sind in den letzten Jahren von E 0 1 1 i k e r und
besonders von Hill für Oliaelemente erklftrt wor-
den. Die weissen Markfasern stammen zu einem
Theile ans Mitralzellen, zum anderen sind sie Fasern
derCommissura anterior, die Bamön y Cajal in
einem Bulbus entspringen und im anderen auf-
Sozweigt endigen Iftsst, wie das in der That den
Degenerationbildem entspricht und durch die Be-
funde an den Zellen sehr wahrscheinlich gemacht
wird. Zum TheUe auch sind es dicke Fasern noch
unbekannter Herkunft Viele von diesen Fasern
durchbrechen auch aUe Schichten des Bulbus und
enden frei anfgezweigt um die Glomeruli herum.
Der von Oanser zuerst beschriebene Lobus
olfactorius aocessorius, der medial im Bulbus der
Makrosomaten liegt, wird n&her (295) geschildert
Die Struktur ist viel dichter und feiner, als die des
anderen Bulbus, die Zellen sind alle kleiner; ein
eigenes Bieohbündel aus der Nase tritt ein. Die
Hauptmasse der sekundären Biechbahn zieht als
laterale Biechstrahlung in die Binde derHimbasis,
wo sie sich dann mit feinen Enden um die Den-
driten des Cortex frontalis, sphenoidalis und der
lateralen Seite des Lobus pyriformis auflöst, ganz
besonders in der Furche, die diesen Theil vom an-
deren Qehim trennt (Fissura limbica.)
Nicht alle Achsencylinder der Mitralzellen liegen in
der lateralen Wurzel, einige ziehen als Dorsalwurzel zu
einem kleinen Herd, der sich, wenn der Ref. recht ver-
steht, von der Rinde des Lohns sphenoidalis medialwärts
unter den Stimlappen zieht
Der Yf. beschreibt dann die Frontalrinde, die
unter der Strahlung liegt, sie nimmt Collateralen
aus der Biechstrahlung auf und sendet einen Theil
ihrer Achsencylinder in die Capsula interna, einen
anderen in die Commissura anterior.
Li den lateralen Theil des Gyrus bippocampi
dringen also, ebenso wie in den Lobus sphenoidalis,
die letzten Enden der Biechstrahlung von aussen
her ein. Das Bindengebiet vom Lobus sphenoidalis
nach innen muss man nach seinem feineren Bau
und nach seinen Beziehungen zur Biechstrahlung
in mehrere Abtheilungen trennen. Man unter-
scheidet zweckmässig: 1) Cortex sphenoidalis, von
ihr durch die Fissura limbica getrennt, 2) Gyrus
bippocampi. Am letzteren wird der medialste
Abschnitt, Subiculum, der laterale, Portio saliens
oder Portio ammonica centralis genannt An letz-
terer unterscheidet der Vf. nochmals die Portio
praesubicularis von der Hauptmasse der Portio
externa oder olfactiva.
Nicht in allen Theilen dieser Rinde ist die Struktur
die gleiche. Die Schichten des Cortex sphenoidalis und
der Portio prinoeps bippocampi zeigen im Allgemeinen
den Typus anderer Rindengebiete. Das Praesnbioulum
und das Subiculum aber sind von mächtigen Zügen
durchbohrt, die aus dem Marklager austretend nach
Durchquerung der Rinde ein dickes Mark an der Rinden-
oberflSche bilden. Das Subiculum lässt peripherisch von
der relativ dünnen Schicht der Pyramidenzellen einen
charakteristisohen Bestandtheil erkennen: Inseln aller-
kleinster dicht gelagerter Nervenzellen. CompUcirter
schon sind die Lä^e und die Art der Ganglienzellen im
Praesubiculum ; hier tritt auch eine tiefe Querschicht
von Markfasem auf. In der Portio olfactiva des Oyrus
bippocampi unterscheidet 8. RamönyCajal: 1) Zona
plexiformis ; sie entspricht der Tangentialfaserschicht an
der übrigen Rinde, hat aber eine peripherische aus ein-
dringenden Riechfasern gebildete Schicht, 2) Lage der
polymorphen Riechzellen ; grosse um Inseln liegende Ge-
bilde, deren Dendriten in Schicht 1, deren Achsen-
cylinder markwärts zieht In dieser und in der Schicht 1
zweigen sich ganz wie in anderen Rindengebieten zahl-
lose ankommende Fasern auf. Die dorsaler liegende
Schicht der Pyramiden hat Zellen, an deren Basis eine
ganz ungewÖhnUch grosse Dendritenverzweigung liegt.
Riesenpyramiden, ebenso besonders kleine Zeilen fehlen,
auch sind nur relativ wenige Zellen mit kurzem auf-
gezweigten Achsencylinder da. Die von viel Markfasern
durchquerte Rinde des Subiculum besitzt ausser den er-
wähnten Inseln kleiner und mittierer Pjrramiden nur eine
Schicht Pyramidenzellen von mittierer Grösse, sie ist
also sehr einfach gebaut Die Markfasem gelangen zum
Theil in das Ammonshom, zum Theil stammen sie aus
diesem und enden anfgezweigt. In dem gesammten als
Cortex sphenoidalis zusammengefassten Rindengebiete
entstehen mehrere Bahnen: 1) Commissura olfactoria.
Nach Abschneiden des Bulbus erfolgt symmetrische
Degeneration bis in den Bulbus der anderen Seite. Ist
nur der Lobus pyriformis verletzt, so entartet nur der
caudale Abschnitt der Commissurenfasern. 2) Taeni^
38
Edinger und Wallenberg, Anatomie des CentralnerTensyetems.
semicircularis. Mit dieser identificirt der Vf. ein mäch-
tiges von ihm genauer beschriebenes Fasersystem aas
den Zellen der Rinde des Lohns sphenoidalis , viel-
leicht auch ans dem Nnclens amygdalae. Dieses System
ist bei den Osmatischen Thieren besonders stark; es
legt sich, die frontale Stahkranzfasemng überquerend,
median dicht an deren ventralen Band, um dann ventro*
caudal bis zu den Pedunculis zu ziehen.
Beziehungen des Rieobapparates zu anderen
als den Gebieten des Cortex sphenoidalis sind Vf.
sehr fraglich. In Betracht kommen bekanntlich
noch der Lobus olf. post. und das Ammonshorn.
Der Lobus olfactorius posterior erinnert in seinem
Bau im Oanzen mehr an das Subiculum als an die
Rindengebiete, in denen sicher Olfactorinsfasem
enden. Es ist auch nicht mit Sicherheit gelungen,
eine Riechbahn dahin zu verfolgen. Sehr zweifel-
haft ist es dem Vf. namentlich, ob das Ammonshorn
und die Fasoia dentata, deren Bau genauer be-
schrieben wird, irgendwie direkt mit dem Riech-
apparate zu thun haben. Die vieibetehriebene direkte
Bahn aus dem Riechlappen xutn Ammonshorn via
Septum undFomix eocistirt nicht. Was den Autoren
als solche erschien, besteht aus Fasern, die im
Oyrus fornicatus entstehen (Fornix longus) und im
Septum enden, und aus Fasern, die (wahrscheinlich
aus dem Pedunoulus cerebri) zum Septum auf-
steigen, um sich da zu verzweigen.
Zuckerkandl (298), der gerade die hier
geleugnete Verbindung wieder genau bei Dasypus
studirt hat, h<, wie der Ref. glaubt, mit vollem
Rechte an der Meinung fest, dass es einen Riech-
lappen-Ammonshornzug giebt. Aus dem Ammons-
home stammt die Stria terminalis, die das Septum
pellucidum durch die Commissura ant. in ein vor-
deres und ein hinteres Bündel gespalten überzieht,
um in der basalen Rinde zu enden. Aus den übrigen
Theilen der Randwindung zieht im caudalen Ab-
schnitte des Septum pellucidum das Cingulum, das
in einen lateralen und einen medialen Schenkel ge-
spalten bis in den Pedunculus olfaot. und das Tuber-
culum olfactorium verfolgt werden kann. Diese
FaserQ, die als Riechbändel zusammengefasst wer-
den, werden durch Fibrae perforantes verstärkt,
die dem Fomix longus und obliquus angehören.
Das Riechbündel des Septum, das also seine
Fasern durch die Fimbria und die Bündel aus dem
G. supracallosus (Fomix longus) bezieht, ausserdem
via Cingulum aus dem Gyrus fornicatus stammt,
verbindet also die ganze Bogenwindung und den
Gyrus supracallosus mit dem Riechlappen.
Probst hat bei Hunden und Katzen das
Cingulum durchschnitten. Dabei entarteten Züge,
die vor dem Fomix zum Lobus olfactorius hinab-
steigen. Das steht also in üebereinstimmung mit
Zuckerkandl Das Septum pelluc. ist weit
complioirter gebaut, als man bisher glaubte. Nach
RamönyCajal (303) enthält es mehrere Eigen-
kerne, deren einer auch von Martinotti (304)
beschrieben wird, um sie herum verzweigen sich
ausser zahlreichen Collateralen des Fornix und des
Cingulum und der Stria semicircularis Fasern aus
dem Thalamus und aus dem Pedunculus cerebri.
Edinger und Wallenberg (s. unten) konnten
nach Durchachneidung der Fimbria degenerirende
Fasern im Septum finden. Via oentripeta lateral
del septo nennt Ramön y Cajal ein Bündel im
Septum ftrei aufzweigender Fasern, das lateral in
das Septum eintritt. Ebenda um die Ganglien-
zellen des Septum verzweigen sich viele Collateralen
auB der Stria semicircularis, aus den Zellen des
Cortex sphenoidalis. Das also wäre eine wirkliche
Verbindung des Septum mit dem sekundären Riech-
centram. Aus den Ganglienzellen des Septum,
deren drei Grappen beschrieben werden, stammen
ein lateraler und ein medialer Zug. So müsste
man denn annehmen, dass das Septum pellucidum
Fasern aussende, die mit den Bahnen des Lobus
frontalis caudal ziehen, dass es Bahnen durch
Collateralen aus der Riechrinde übernehme und
dass es auch durch die Stria semicircularia noch
einen weiteren Zuzug aus der Riechrinde erhalte.
An der Ammonsrinde unterscheidet Ram6n y
Cajal (294) folgende Schichten von aussen nach innen:
1) peripherische Zona pleziformis oder molecularis,
2) Schicht der grossen polymorphen Zellen, 3) Schicht
der mittleren quasten form igen Zellen, 4) Schicht der
grossen quastenformigen Zellen, 5) Schicht spindelför-
miger dreieckiger, ül^rhaupt polymorpher tiefliegender
ZeUen und 6) Schicht der weissen Substanz, also ioi
Oanzen im Wesentlichen die gleichen Schichten, wie sie
auch soDst überall an der Rinde vorkommen. S. Ramön
y Cajal widmet ihnen eine Beschreibung, die genauer
ist wie irgend eine bisher gegebene.
Manouelian (129) beschreibt kurz einige Zellen
aus der mitüeren Schicht der Ammonsrinde vom Hunde
und der Katze unter Betonung, dass ihre Dendriten
sich ganz anders verhalten als die entsprechenden Zellen
anderer Rindengebiete. Sie erinnern an Dendriten im
Bulbus olfactorius.
Das Ammonshorn und die Fasoia dentata er-
halten nach Ramön y Cajal (294) Fasern aus
dem Gyrus fornicatus, solche aus dem Indusium
und vor Allem ein bei niederen S&ugem sehr
mftchtiges Faserbündel aus einem merkwürdigen
bisher unbeschriebenen Ganglion am caudalen Rande
der spheno-occipitalen Rinde. Dieses Ganglion
wird in Nr. 293 besonders beschrieben und genau
geschildert Dass aus dem Subiculum Fasern in
das Ammonshorn dringen, ist schon oben erwähnt
Die Bahnen, auf denen dies geschieht, sind das
Cingulum, die Striae Lancisi und der Tractus subi-
culo-ammonicus. Alle diese Züge durchqueren
die Rinde des Subiculum und Praesubiculutn. Aus
dem Ammonshorn stammt nur die Fimbria. Der
Fornix longus hat, wie auch die anderen Autoren
angeben, nichts mit dem Ammonshorn zu thun,
er ist die Ausstrahlung der Rinde des Gyrus fomi-
catus und des Indusium.
Nach einer Stirnlappenabtragung am Affen hat
Rütishauser (306) Fasern des Fomix longus
in das Septum pellucidum hinein entarten sehen.
Sie stammten aus dem basalen Theile des Stirn-
lappens. (Fortsetzung folgt)
L M ediomisdie Fhjsik, Chemie und Botanik.
80
B. Auszüge.
I. Medicinische Physik, Chemie und Botanilc.
1. Die Bereohnung der Verbrennungswärme
mittelB der Blementanaflammensetiung ; von
Er w i n V 0 i t (Ztechr. f. Biol. N. F. XXVI. p. 345.
1903.)
y. fasst die Verbrennangswftrme, d. h. die
WSnnemenge, die bei ootfi^er Oxydation einer orga-
niflohen Substanz auftritt, als eine Funktion der
Saaerstofibienge auf, die bei völliger Verbrennung
gebunden wird« Die zur Oxydation nOthige Sauer-
stoffinenge ergiebt sich aus der Elementarzusammen-
aetzang pro 1 00 g Substanz nach Y. aus der Formel :
^'*<'o=8(m + 3^ + oö)-«'^''*'~^
die zar Verbrennung von 1 g der Substanz nOthige
Saaeretoffmenge (= Sauerstoffcapacitftt der Sub-
stanz) darstellt h., a, s. und o sind der procen-
tische Gehalt der Substanz an Wasserstoff, Kohlen-
stoff, Schwefel und Sauerstoff. Der Quotient
Verbrennungwärme ^ a u^ • u^ ««
7 ^-^ — : — pro Oramm Substanz, giebt fOr
Sanerstoffcapacit&t ^ '^
die Substanz den W&rmewerth für 1 g Sauerstoff,
eine Zahl (E), die also angiebt, wie viel Wärme
lg Sauerstoff aus der vorliegenden Substanz ent-
wickeln kann.
V. hat nun für eine grosse Zahl von Substanzen
den Werth dee Quotienten K (zu Oramm-Galorien)
berechnet, dabei stellte sich heraus, dass trotz ver-
schiedenster Sauerstoffcapaoität, der Werth des
Quotienten E bei den einzelnen Gruppengliedem
«naloger chemischer EGrper constant ist, z. B. fOr
niedere Fettsäuren 3275, für hohe feste Fettsäuren
3258 u. 8. w. ; ähnlich verhalten sich im Wesent-
lichen Zucker, Amidosäuren, Biweisskürper. Man
kann abo bei reinen Substanzen, wenn bekannt
ist, welcher Oruppe von Verbindungen sie ange-
hOien, die Verbrennungs wärmen aus der EUementar-
ZQsammensetzung berechnen.
W. Straub (Leipzig).
2. üebar den Brennwerth des Saaerstoffa
bei einigen phyaiologisoh wichtigen Sab-
itiBiaa; vonDr. Otto Erummacher. (Ztschr.
t KoL N. F. XXVI. p. 362. 1903.)
Im Anschlösse an dieüntersnchungenVoit's,
hak Kr. den Sauerstoff- Brennwerth für Reis, Weizen,
fUflchfaser, Hungerkoth von Vögeln und Eoth bei
v^Bdiaelnder Fütterung calorimetrisch gemessen, um
festsQstellen, dass auch hier die Verbrennungs-
^inne mit hinreichender Sicherheit aus dem Quo-
tienten E und der fflementaranalyse berechnet
Verden kann. W. S t r a u b (Leipzig).
3. Nonwellea reoherohes aur raraenio de
rorganiame, presenee de oe mitalloide dana
la aerie animale; par Gabriel Bertrand.
(Ann. de Tlnst. Pasteur XVII. p. 1. Janv. 1903.)
Bekanntlich ist das Arsen dasjenige chemische
Element, das noch in den minimalsten Spuren ana-
lytisch sichtbar gemacht werden kann. A. G a u t i e r
hat Methoden ausgearbeitet, die ihn das Arsen an
ungeahnten Orten auffinden Hessen, in Strassen-
staub und Bodenerde, in Eartoffeln und in der
menschlichen Schilddrüse u. s. w. Er hat auf
qualitative Verschiedenheiten seine mehrfach be-
sprochenen theoretischen Spekulationen aufgebaut.
Durch noch weitere Verbesserung der Methoden
des Arsennachweises schlägt B. denGautier'-
schen Becord um das Mehrfache und macht aus
den Gautier 'sehen Differenzen der Art solche
des Gradea in dem Sinne, dass er dem Arsen die
Eigenschaft der Allgegenwart in der belebten Natur
zuschreibt Analytisch konnte er demgemäss in
der ganzen Thierreihe von den Schäcinien und
Actinien bis zum Hammel Arsen in Mengen von
1 — 5 Tausendstel pro 30 g Trockengewicht nach-
weisen.
Daraus zieht B. etwas enthusiastische Schlüsse.
Den, dass Arsen in allen lebenden Zellen vor-
kommt und mit Eohlenstoff, Stickstoff, Schwefel
und Phosphor [wo bleibt der Wasser- und Sauer-
stoff? Bßf.] einen fundamentalen Bestandtheil des
Protoplasma ausmacht, wird wohl Niemand ernst
nehmen. Eben so wenig, wie man etwa im Gold
einen fundamentalen Bestandtheil des Meerwassers
sehen wird, bloss deswegen, weil es technisch ge-
lingt, das Element aus dem Meere abzuscheiden.
Vor der von B. gefürchteten Gefahr des Justiz-
mordes, durch blos qualitativen Nachweis des Arsens
inLeichentheilen werden sich die Gerichtschemiker
zu schützen wissen, wenn sie ihre alten unempfind-
lichen Methoden beibehalten.
W. Straub (Leipzig).
4. üeber die ooiorimetriaohe Bestimmang
des BNsens; von Dr. Schwenkenbecher.
(Deutsches Arch. f. kUn. Med. LXXV. 3—5. p.481.
1903.)
Schw. wendet sich u. A. gegen Jolles und
dessen „Ferrometer^'. Er muss nach seinen Ver-
suchen entschieden G. Erüss zustimmen, „dass
eine quantitativ zuverlässige, oolorimetrische, bez.
spektrophotometrische Eisenbestimmung unter Be-
nutzung der Eisenrhodanreaktion vorderhand nicht
ausführbar ist, und dass mithin alle Resultate,
40
IL Anatomie und Physiologie.
welche mit Hülfe der Photometrie der Rhodan-
fftrbung von EiaenlGsungen gewonnen sind, ein ge-
nügendes Vertrauen nicht verdienen'^ D i p p e.
5. Ueber das Vorkommen dea üraoila im
Thierkörper; von A. Eossei u. H. Steudel.
(Ztsohr. f. physioL Chemie XXXVIL 3. p. 245.
1903.)
Das Uracil, das als Zerfallsprodukt des Hefe-
nucleins entdekt wurde, findet sich auch bei der
Zersetzung der Thymusnudeinsfture ; ebenso konnte
es aus Heringspermatozo^n gewonnen werden. Das
üracil gehört also zu den imThierkOrper weit ver-
breiteten Substanzen. V. Lehmann (Berlin).
6. Ueber Hefegununi und IiiTertln; von
K. 0 s h i m a. (Ztschr. f. physiol Chemie XXX VL
1. p. 42. 1902.)
0. kommt zu dem Resultate, dass das Hefe-
gummi aus einer Substanz besteht, die bei der
Hydrolyse hauptsächlich d-Mannose, vielleicht auch
etwas d-Glukose liefert, ausserdem aber noch ein
Methylpentosan enthält. Das gewöhnlich stark mit
Hefegummi verunreinigte Invertin konnte ziemlich
vollständig gereinigt werden, wenn die filtrirte
neutrale Lösung mitKupferaoetat versetzt, der ent-
standene zerriebene Niederschlag durch H^S in
Eupfersulfid übergeführt, die von H^S befreite
Lösung in das dreifache Volumen Alkohol gegossen,
etwas Kochsalzlösung hinzugefügt wurda
Y. Lehmann (Berlin).
7. Ueber daaSohioksal oykllsoherTerpene
und Kami>ber im thierisohen Organismus.
3. Mittheilung : üd)er das VerhaUm des Kamphens
im Thierkörper; von Emil Fromm; Hermann
Hildebrandt u. Paul Clemens. (Ztschr. f.
physiol. Chemie XXX Vn. 3. p. 189. 1903.)
Die meisten der nach Verfütterung von Terpenen
gebildeten und als gepaarte Qiykuronsäuren aus-
geschiedenen Ozyterpene zerfallen bei der Spal-
tung der gepaarten Qiykuronsäuren wieder. Nur
aus der nach Eamphenfütterung erscheinenden
Olykuronsäure konnte ein gegen verdünnte Sfturen
beständiges Spaltungsprodukt . erhalten werden,
C1OH10O, das Kamphenol genannt wurde. Bei der
Untersuchung der VfF., ergab sich aber, dass dieses
kein Alkohol, sondern ein Aldehyd, und zwar das
Kamphenilanaldehyd ist Dieses kann aber nicht
an die Olykuronsäure gebunden sein. Aus der
Analyse der Olykuronsäure ergab sich, dass die
Formel desPaarlingsCioHfgOs heissen muss. Dies
ist das Dihydroxylderivat des Kamphens, das
Kamphenglykol, C|oH|0(OH),, das durch Wasser-
verlust in Camphenilanaldehyd übergeht
y. Lehmann (Berlin).
II. Anatomie und Physiologie.
8. üeber den Flaorgehalt der Knochen und
Zahne; von Dr. Jodlbauer. 2. Mittheilung.
(Ztschr. f. Biol. N. F. XXVL p. 269. 1902.)
Herbivoren und Camivoren zeigen im Fluor-
gehalte ihrer Knochen keinen wesentlichen Unter-
schied, doch schwankt der Qehalt an Fluor im
Knochen bei einzelnen Thieren ziemlich bedeutend.
Zu bemerken ist, dass die platten Knochen der
einzelnen Thiere fluorftrmer sind als die Röhren-
knochen. Aber auch in den verschiedenen Röhren-
knochen scheint der Fluorgehalt nicht gleichmfissig
zu sein. Die Oberschenkel z. B. scheinen mehr
Fluor als die Unterschenkel zu enthalten. Inwieweit
vielleicht die Funktion des Knochens oder seine
Emfthrung hierbei eine Rolle spielt, muss unent-
schieden bleiben.
Die Zähne enthalten mehr Fluor als Knochen,
und zwar ist es der Schmelz, der dieses Mehr be-
dingt Auch nimmt der Fluorgehalt von den vor-
deren Zähnen zu den hinteren zu. In den Zahn-
keimen findet man mehr Fluor als in den ersten
Zähnen ; ausserdem fällt der sehr geringe Fluor-
gehalt der Unterkiefer in diesem Entwickelung-
stadium auf und es macht den Eindruck, als würde
dem Unterkiefer zu dieser Zeit zu Gunsten der
Zahnanlage Fluor entzogen.
W. Strau b (Leipzig).
9. Topographische Anatomie der bron-
chialen und traohealen Lymphdrflsen ; von Dr.
Wladimir Sukiennikow. (Berl. klin. Wo-
chenschr. XL. 14. 15. 16. 1903.)
S. hat sich die Aufgabe gestellt, die Anatomie
der bronchialen und traohealen Lymphdrüsen, über
die die Vorstellungen weit auseinander gehen, einer
näheren Betrachtung zu unterziehen und ihre Topo-
graphie möglichst genau festzustellen. Unter
bronchialen und traohealen Lymphdrüsen versteht
er diejenigen Lymphdrüsen, die die Lymphgef&sse
der thorakalen Respirationorgane (Lungen, Bron-
chen, Trachea) unmittelbar aufnehmen und die der
Trachea, den Bronchen und den bronchialen Seiten-
ästen anliegen. Es ist ihm im Gegensätze zu
früheren Behauptungen gelungen, die grOsste Regel-
mässigkeit im Auftreten und in der Oruppimng
dieser Lymphdrüsen nachzuweisen.
Wenn man sich an die anatomischen Ywh<-
nisse der Trachea, der Bronchen und der Bronchial-
äste hält, so entsteht durch die Theilung der Trachea
und durch den regelmässigen Abgang der bron-
chialen Seitenäste ein System von Winkeln, in
denen fast sämmtliche broncho-trachealen Lymph-
drüsen gruppenweise vertheilt und an deren Lage
sie gebunden sind. Es bilden sich durch die An-
ordnung bestimmte Räume, die die in Fettbinde-
gewebe eingehüllten Lymphdrüsen enthalten. Ihre
n. Anatomie und Physiologie.
41
eingehend beschriebene Topographie muss im Ori*
^ale nachgesehen werden, dem auch sohematisch,
aber gut gezeichnete Figuren beigegeben sind.
Ausser den broncho «trachealen finden sich aber
noch die broncho - pulmonalen Lymphdrüsen, die
im Lungenhilus und Lungenparenchym gelegen
aind, die Lymphe sowohl aus den Lungen, als auch
ans den Bronchen und deren Aesten aufnehmen und
mit den broncho- trachealen Drüsen durch in Ketten
angeordnete Drüsen, ebenfalls von gewisser Regel-
missigkeit, in Verbindung stehen.
Den Schlass der Arbeit bildet ein specieller
Theil, der eine specielle Beschreibung der ein-
zeken Oruppen der Lymphdrüsen bringt. Freilich
würde Dach Ansicht S.'s zum vollen Verständ-
nisse der topographisch-anatomischen Verhältnisse
der tracheo- bronchialen und broncho-pulmonalen
Lymphdrüsen eine genaue Untersuchung der Ent-
▼ickelungsgeschichte dieser Drüsen und eine ge-
nauere Eenntniss der Verbindungen und des Zu-
flusses der Lymphe unumgänglich nothwendig sein.
N e u m a n n (Leipzig).
10. ün ncmTOftu mnaole de Toeil (nmaonlua
papUlae optioi) ; par le Dr. 0. N i c o 1 a i. (Ann.
d'Oculist. CXXVin. p. 342. Nov. 1902.)
N. beschreibt mit Abbildungen einen neuen
Muskel im Sehnervenkopfe des Menschen und ver-
schiedener Thierklassen; dieser H.papillae opt soll
sidi aus einer cirkulären, einer longitudinalen und
einer radialen Portion zusammensetzen. Man sollte
kanm glauben, dass in dieser bei den letzten Myopie-
Arbeiten so gründlich abgesuchten Gegend noch
80 bedeutsame Gebilde unerkannt geblieben seien.
Bb wird vergleichenden Untersuchungen vorbe-
halten bleiben, festzustellen, ob die histologischen
Eigenschaften des neuen Organs wirkliches Muskel-
gewebe beweisen, oder ob nicht das ebenfalls meso-
tomale Gewebe des elastischen Aderhantringes zu
itTthflmlichem Wahrnehmungen geführt hat [Bsf.]
Bergemann (Husum).
11. Ueber echte Papillen in der normalen
CoqJimotiTa ; von Dr. Nakagawa in Japan.
(Aich. f. Augenhkde. XLVIL 1. p. 51. 1903.)
N. hat im Oreef 'sehen Laboratorium Augen von
Pferd, Rind, Schaf und Schwein auf Papillen unter-
BQcht und stets echte Papillen in der ganzen Umge-
bimg der Cornea gefunden, meist einige Millimeter
TOD Limbus anfangend, 5 — 10 und mehr Papillen
iiiatereinander. Auch beim Menschen wurden echte
F^piüen regelmässig angetroffen. „Sie beginnen
direkt an der äusseren Grenze des Limbus con-
joactiTae, da, wo das Epithel der Cornea in das
verdickte Epithel der Conjuncüva übergeht und
>Ui xQgleioh Yon der Unterlage der Sklera ablOst^^
Sie erstrecken sich in einer Ansahl von 4 — 13, etwa
20101 nach unten und 1.5 mm nach oben in die
Oonjimctiva bolbi; sie sind durchschnittlich 120 jt«
boeh und 80 /i breit Die menschlichen Papillen
Med. Jahrbb. Bd. 279, Hft, 1.
zeichnen sieh vor denen der Hausthiere durch ihre
Grösse und Höhe aus. Sie bestehen aus einem
dichteren , oberflächlichen. Bindegewebeüberzuge
mit spärlichen Kernen und einem kernreicheren,
sehr lockeren Inhalte von faserigem Bindegewebe.
Jede einzelne ist von einem Blutgefässe durch-
zogen, das aus dem tiefskleralen Bandschlingen-
netze der Cornea stammt. Das darüberliegende
Conjunctiva-Epithel füllt die Thäler zwischen den
einzelnen Papillen aus, ohne die Krümmungen mit-
zumachen. Bei den untersuchten Thieren enthielt
dieses zwischengelagerte Epithel Pigment, beim
Menschen nicht
Diese echten Papillen sind streng zu scheiden
von „papillären^* Wucherungen und Follikeln.
Erstere sind unregelmässige Anschwellungen des
subepithelialen adenoiden Conjunctiva- Gewebes,
die Follikel unter dem Conjunctiva-Epithel liegende
lymphdrüsenartige Neubildungen ; beides sind patho-
logische Gebilde, die bei verschiedenen Erkrankun-
gen der Bindehaut sich entwickeln.
Bergemann (Husum).
12. üeber PnpillenYerftndernngen nach
dem Tode; von Dr. Placzek. Vorläufige Mit-
theilung. (Centr.-Bl. f. d. med. Wissensch. Nr. 12.
p. 193. 1903.)
P. fand zuerst an der Pupille von Thier-, dann
auch von Menschenleichen das Nysten'sche (be-
setz der Todtenstarre bestätigt Die Pupille ver-
engert sich einige Zeit nach dem Tode ; nach ver-
schieden langer Zeit erfolgt dann wieder eine Er-
weiterung, doch nicht bis zu dem Umfange, der bei
Eintritt des Todes bestand. Miotica und Mydria-
tica haben keinen Binfluss auf diese postmortal
ablaufende, gesetzmässige Veränderung.
Bergemann (Husum).
13. Die FnpUlarreaktion der Ootopoden;
von R Magnus. (Arch. f. d. ges. Physiol. XCIl.
10—12. p. 623. 1902.)
Entsprechend der hohen Organisation des Cepha-
lopodenauges ist auch die Pupillenreaktion ausser-
ordentlich fein abgestuft Wie M. durch entspre-
chende Reizungsversuche darthun konnte, wird
die Iris, die zwei Sphinkter- und einen Dilatator^
muskel besitzt, von Verengerungs- und Brweite-
rungsnerven und bezüglich der Chromatophoren
der Iris von einem Färbungs- und einem Entfar-
bungsnerven versorgt Die Pupillenreflexe liessen
sich durch optische Reize, bez. durch elek-
trische Reizung des vom Auge abgetrennten Seh-
ganglions und des Pedunculus opticus herbei-
führen. Endlich wurde von M. auch durch die
entsprechenden vivisektorischen Eingriffe die Lage
der Pupillencentren in den sogen. C^tralganglien
festgestellt Garten (Leipzig).
14. The vlanal aonity of the natives of
Sarawak; by Ch. S. Myers. (Journ. of Physiol.
XXVIIL 4. p. 316. 1902.)
42
n. Anatomie und Physiologie.
Die Sehprflfimgen an 32 Eingeborenen aus
Sarawak in Bomeo ergaben durchsohnittlioh eine
7 IC
Sehsohftrfe von -^.
5
Die Bestimmung wurde mit
Haaokenproben ausgeführt. Garten (Leipzig).
15. Bin Fall von akaatiaoh-optisoher 8yn-
ftsthesie; von Dr. Helene Stelzner. (Arch.
f. OphthalmoL LV. 3. p. 549. 1903.)
Die interessante Mittheilung ist besonders werth-
voU, weil St seit ihrer frühesten Jugend das gleich-
zeitige Auftreten von Farbenempfindungen bei Ge-
hörswahmehmungen an sich selbst beobachtet hat
Ausserdem hat auch ihre Schwester und deren er-
wachsene Tochter dieselben Synftsthesien. Bei
St sind die Farbenempfindungen besonders aus-
geprftgt beim Hören von Vocalen, verschwommener
bei Consonanten. In der Deutlichkeit des Colohts
bei Vocalen folgen die Farbenempfindungen bei
gemischten Oer&uschen, z. B. Eanonenschuss, Lftrm
einer Menschenansammlung u. s. w. Alle Thier-
stimmen haben ihre begleitenden Farben. In ganz
bestimmten Nüancirungen kommen diese Photismen
zum Bewusstsein auch beim Hören von Musik.
Jeder einzelne Ton und Accord, jedes einzelne
Instrument erweckt eine andere bestimmte Farben-
empfindung. Orüne Photismen werden ebenso wie
bei fast allen sonst Beobachteten nie wahrgenom-
men. Lokalisirt werden bei St alle diese Pho-
tismen im SchAdelinnern , etwa wie eine gleich-
massige bengalische Beleuchtung; nach aussen
verlegt werden sie wie bei einzelnen anderen Be-
obachteten nicht Eine physiologische Erklärung
der Erscheinung vermag auch S t nicht zu geben.
Sie wünscht durch ihre Mittheilung zu weiteren
Beobachtungen und besonders zu anatomischen
Untersuchungen anzuregen.
Bergemann (Husum).
16. Ueber die Beeinflossang sabjektiver
QesiohtBempflndiingen ; von YictorUrban-
tschitsch. (Arch. f. d. ges. Physiol. XCI V. 7 u. 8.
p. 347. 1903.)
Die dankenswerthe Abhandlung enth< eine
reichhaltige Zusammenstellung sehr interessanter
Beobachtungen über Scheinbewegungen und Schein-
bilder, sowie über gewisse Scheinverftnderungen
der Farbenempfindungen, und zwar 1) über Schein-
bewegungen farbloser objektiver Bilder, 2) Schein-
bilder und Scheinbewegungen farbloser subjektiver
Bilder, 3) über den Einfluss der Farbenempfindungen
auf objektive und subjektive Oesichtsbilder, 4) über
die Beeinflussung der Farbenempfindungen im ob-
jektiven und subjektiven Oesichtsbilde. Die Beein-
flussung der Oesichtsempflndungen erfolgte durch
akustische Einwirkungen, die mannigfaltigsten Haut-
reize, Luftdruckschwankungen in der Paukenhöhle,
Eopfbewegungen und den galvanischen Strom. Die
Beeinflussung der Farbenempfindungen wurde ge-
prüft im objektiven Gesichtsbilde an ihren quali-
tativen und quantitativen Veränderungen ; im sub-
jektiven Gtesichtsbilde an dem Verhalten zweier
verschiedener Farbenempfindungen zu einander und
an gleichfarbigen und complementftren Nachbildern.
Es ist leider nicht möglich, auszugsweise ein an-
n&hernd klares Abbild des reichen Inhaltes zu lie-
fern. U.'s Mittheilungen, die „nur eine schwache
Andeutung^' geben von der unerschöpflichen Menge
mannigfach sich combinirender und durdikrea-
zender Einwirkungen auf die subjektiven Gesichts-
empfindungen, bieten, auch dem Femerstehenden
eine Fülle der Anregung, zumal eine grosse An-
zahl der anschaulich geschilderten Versuche ohne
grosse Hülfsmittel sich ausführen Iftsst
Bergemann (Husum).
17. üeber ein acheinbares Organgefühl des
Angea; von Ernst Th. v. Brücke und Dr.
Arthur Brückner. (Arch. f. d. ges. PhysioL
XCI. 7 u. 8. p. 360. 1902.)
Die VfF. beschreiben die Beobachtung, dass,
wenn man einige Zeit auf dem einen Auge einen
Occlusivverband getragen hat und diesen in einem
schwach erhellten Baume entfernt, in Bezug auf
das unverdeckt gebliebene Auge eine eigenartige
Empfindung auftritt, die als „AJbblendungsgefiihl^*
bezeichnet wird. Man hat die Vorstellung, als ob
das Lid des Auges heruntergesunken ist Diese
Empfindung trat bei allen Versuchspersonen, wenn
auch in mehr oder weniger charakteristischer
Weise auf. Es wird eingehend eine Menge von
Versuchen beschrieben, bei denen sich dieses Ab-
blendungsgefühl geltend macht Es tritt ganz all-
gemein dann auf, wenn sich die Minderwerthigkeit
des Bildes nachweisen Iftsst, das durch das eine
Auge wahrgenommen wird.
Rietschel (Leipzig).
18. üeber die von der nurbenempflnd-
liohkeit anabh&ngige Aenderong der Weist-
empfindliohkeit ; von EwaldHering. (Arch.
f. d. ges. Physiol. XCIV. 11 u. 12. p. 533. 1903.)
H. bringt für die Richtigkeit seiner Oegen&rben-
theorie einen neuen experimentellen Beweis. Seine
Versuche führen ihn zu dem Ergebnisse, dass
„bezüglich der Unabhängigkeit der Weissermüdung
von der Farbenermüdung der stäbchenfreien Seh-
feldmitte eine principielle Sonderstellung nicht
zukommt, dass vielmehr auch an dieser Stelle die
Weissempfindung unabhängig von der Farben-
empfindung zu variiren vermag^^ Mit dieser That-
sache ist die Dreifarbentheorie, die im letzten
Jahrzehnt besonders von A. Eoenig und von
Eries vertreten wird, unvereinbar; auch nicht
in der eingeschränkten Auffassung, wenn man mit
M. Schnitze annimmt, „dass die Stäbchen nur
farblose Lichtempfindungen, die Zapfen aber über-
dies die farbigen Empfindungen vermitteln und
dass, wie ausdrücklich hinzugefügt werden müsste,
die Stäbchen schneller ermüden als die Zapfen^.
Bergemann (Husum).
n. Anatomie und Physiologie.
43
19. UeberaplanatisoheBreohiixig und Spie-
gelung in Oberfläohen sweiter Ordnung and die
Horahaatrelinüttion ; von Dr. Ludwig Mat-
thiessen. (Arch. f. Physiol. XCL 5 u. 6. p.295.
1902.)
Im Allgemeinen findet eine homooentrisohe
Breohnng an den Rotationflfichen zweiter Ordnung
Bioht statt, sondern nur gewisse Rotationflftchen
Tierter Ordnung sind als wirklioh aplanatisohe
Ittohen anzusehen. Hier wird nun bewiesen, dass
für gewisse Strahlendurchgftnge, bez. Reflexionen
auch sämmtliche RotationflAchen zweiter Ordnung
oder Kegelschnitte, diese in ihrer ganzen Ausdeh-
nuog, aplanatisohe FlAchen sind. In Bezug auf die
elliptoidisohe Hornhaut des menschlichen Auges
hat die Ellipticitftt fQr den Strahlengang im direkten
Oesichtsfelde absolut keine Bedeutung, dagegen
übt sie auf das ganze übrige verhältnissmSssig
grosse seitliche Oesichtsfeld eine aplanatisohe Wir-
kung aus. Die theoretische Begründung auch
noch anderer Sfttze muss in der Originalarbeit
nachgelesen werden. O.F.Nicolai(Hallea.d.S.).
20. Ein Beitrag rar Lehre von der opti-
aohen Lokaliaation bei Blindgeborenen; von
Dr. W. Schlodtmann. (Arch. f. Ophthalmol.
LIV. 2. p. 256. 1902.)
Nach SchL haben die bisherigen Prüfungs-
methoden der optischen Lokalisation mit Erfolg
operirter Blindgeborener den Fehler, dass nicht die
Leiatongsfähigkeit des Oesichtsinnes allein unter-
sacht wurde, sondern eine Combination von Ge-
lidit- und Tasteindrüoken verlangt wurde. Eine
Reihe hierher gehöriger (irrthümlicher) ünter-
SQchongsergebnisse diente zur Stütze der empi-
ristiachen Projektiontheorie. Schi, kommt durch
seine Beobachtungen zu dem Schlüsse, dass diese
empiriatische Auffassung nicht zu Recht bestehe,
dan vielmehr alle Funktionen der Netzhaut als
angeboren zu betrachten seien. Er untersuchte
drei Blinde, die nie so viel Sehvermögen besessen
hatten, um eine Beleuchtungsquelle richtig zu
lokaliairen und die nie durch Vergleich ihrer Tast-
empfindungen mit den Oesichtseindrücken sich
iigend welches OrientirungsvermOgen hatten an-
eignen ktonen. Von allen dreien wurde das mittels
eines Concavgpiegels in das Auge geworfene con-
oentiirte Licht empfunden und richtig angegeben,
die Biohtung aber, woher der Lichtschein kam,
entweder gar nicht oder falsch bezeichnet: „Falsche
Projektion.*' Palpirte aber Schi, die Bulbuswand
Biit einem stumpfen Instrumente, so wurde schnell
Qod richtig die der Druckstelle gegenüberliegende
Seite als der Ort der Lichtquelle angegeben. Bei
gleitendem Drucke fand eine entsprechend gegen-
ainnig oontralaterale Lokalisation statt.
Bergemann (Husum).
21. Hotis über Mitbewegungen Bwischen
Iiid*undNMenmaakulatnr; von Prof. M. Bern-
hardt (BerL klin. Wchnschr.XXXVin. 32. 1902.)
Die von B. beobachtete Erscheinung besteht
darin, dass beim Blinzeln mit den Augen, beim
leichtesten gewöhnlichen Lidschlusse synchron an
beiden Nasenflügeln, seltener nur einseitig, bei
vielen sonst ganz gesunden Menschen eine Mit-
bewegung stattfindet, die sich als leichtes Heben
der Nasenflügel, als eine mftssige Erweiterung des
Naseneingangs darstellt. Am häufigsten zeigt sich
diese Mitbewegung an den Nasenflügeln ; in einigen
Fällen zog sich die Haut auf dem Nasenrücken in
Falten. Interessant ist, dass B. in einem Falle
diese Mitbewegung bei der 56jähr. Mutter und
deren 33jähr. Sohne wahrnehmen konnte, während
2 Töchter die Erscheinung nicht zeigten. Eine
Erklärung findet sie in der anatomischen Configu-
ration der Oeeichtsmuskeln. He nie theilt den
M. orbioularis oculi in 3 Portionen, den M. palpe-
bralis superior und inferior, den M. orbitalis und
den M. malaris, der als der äusserste und unterste
Abschnitt den Uebergang zur Muskulatur der Lippe
vermittelt Der laterale Theil des M. malaris kann
bis zum Nasenflügel reichen, üebrigens stehen
die Kopf- und Oeeichtsmuskeln überhaupt, mit
Ausnahme der Kaumuskeln, in vielfachen Verbin-
dungen. B. fand das Phänomen bei 16% der
Leute, die er darauf hin beobachtete. Er betont,
dass es nichts mit Mitbewegungen zu thun habe.
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
22. Beoherohes experimentatea aar la
llatigae oUlaotive; par N. Vaschide. (Joum.
de l'Anat et de la Physiol. XXXVm. 1. p. 85.
Janv.— F6vr. 1902.)
Der Vf. hat experimentell festgestellt, dass die
Ermüdung des Olfactorius keine so schnelle ist,
wie man allgemein annimmt Vor Allem ist sie
eine partielle, und wenn z. B. die Nase für die
Empfindung von Aether bereits völlig abgestumpft
ist, merkt man kaum eine Abnahme der Empfin-
dung für Kampher. 0. F. N i o o 1 a i (Halle a. d. S.).
23. The influenoe of oxygen upon the
aurvival respiration of maacle; by W. M. Flet-
cher. (Joum. of Physiol. XXVm. 6. p. 364.
Sept 12. 1902.)
Der ausgeschnittene Amphibienmuskel ent-
wickelte in einer Stickstoffatmosphäre 30®/o weniger
COs als der Muskel, bei dem die Muskelstarre in der
Luft eintritt In reinem Sauerstoff dagegen liefert
der ausgeschnittene Muskel bis zu 3mal mehr CO,
als in der Luft Garten (Leipzig).
24. Beiträge rar Phyaiologie des Tetanns.
L Mittheilung: Ueber die Muakeltöne bei Metrischer
Tslanisvrung des ausgesehnittenen Froschgastirocne'
mius; von W. Brünings. (Arch. f. d. gee. Phy-
siol. XCHL 7 u. 8. p. 302. 1903.)
Mit Hülfe einer einfachen Vorrichtung gelang
es B., auch am Kaltblüter (Frosch) die bisher nur
an Muskeln von Warmblütern gehörten Muskel-
tOne, wie sie hier bei entsprechend frequenter
44
H Anatomie und Physiologie.
rhythmischer Reizung auftreten und den Reizun-
gen zunächst isochron sind, wahrzunehmen. Die
Untersuchung dieser akustischen Phänomene, wie
sie bei direkter Muskelreizung erhalten werden,
sollte namentlich zur Beantwortung zweier Fragen
dienen: 1) „Wann entstehen Muskelgeräusche?'
und 2) „Bis zu welcher Grenze kann bei zuneh-
mender Reizfrequenz der Froschmuskel mit einem
hOrbaren Ton reagiren?*'
Die erste für die Deutung des bei willkürlicher
Innervation auftretenden Muskelgeräusches wich-
tige Frage kann ebenso durch B.'s, wie durch
frühere Untersuchungen nicht endgültig entschie-
den werden. Ein Hauptmoment für die Entstehung
eines Geräusches ist nach B. in den zeitlichen Ver-
schiedenheiten des Beginnes und des Ablaufes der
Contraktionen in den einzelnen Muskelfasern ge-
geben. Dieser Fall lässt sich nach B. sehr gut
durch das Experiment veranschaulichen. Bei fre-
quenter rhythmischer Reizung des Muskels vom
Nerven aus wird der Nerv unterhalb der Reizstelle
auf eine längere Strecke emseUig abgekühlt und
dadurch die Leitung der rhythmiätshen Erregungen
in einem Theile der Fasern in verschieden hohem
Maasse verzögert. In der That fand B., dass mit
der einseitigen Abkühlung des Nerven der vorher
gehörte reine Muskelton in ein Geräusch übergeht
und dass bei gleichmässiger Erwärmung des Nerven
der alte Muskelton wieder auftritt.
Die zweite Frage, bis zu welcher Grenze der
Froschmuskel bei zunehmender Reizfrequenz mit
einem hörbaren Tone reagirt, lässt sich unter Be^
rücksichtigung des Ermüdungzustandes, der Reiz-
stärke und der Temperatur genauer beantworten.
Besonderen Einfluss auf die maximale Tonhöhe hat
die Temperatur. Beispielweise konnte B. unter
sonst gleichen Yersuchsbedingungen bei Ib^ höch-
stens Töne von 70, bei 35^ von 435 Schwingungen
wahrnehmen. In ganz ähnlicher Weise sind, worauf
B. bisher nicht eingegangen ist, auch die durch
verschiedene äussere oonsUmte Reize im Muskel
ausgelösten rhythmischen, elektrischen Vorgänge
/rasch sich folgende Aktionströme), wie seiner Zeit
Bef. nachgewiesen hat, in Bezug auf ihren Rhyth-
mus in hohem Grade von der Temperatur abhängig,
und zwar sind die Perioden von gleicher Grössen-
ordnung mit den Schwingungen der höchsten von
B. noch wahrgenommenen Töne, wenn er den
Muskel durch möglichst frequente, elektrische Bei-
zungen tetanisirte.
Die bei Reizungen vom Nerven aus erhaltenen
„höchsten Töne^^ waren meist niedriger als die bei
direkter Muskelreizung gehörten. Es gelang B.
nicht, ein von anderen Autoren am Warmblüter-
muskel beschriebenes Tieferwerden des Tones
(Transformation) am Frosch muskel zu erhalten.
Garten ^Leipzig).
25. Beisversnohe am Naolens oaudatas des
Hundes; von Dr. Arthur Schüller. (Arch. f.
d. ges. Physiol. XCL 9 u. 10. p. 477. 1902.)
Die bisher bei elektrischer Reizung des Nucleus
caudatus erhaltenen Wirkungen, Bewegungen der
Glieder, Beschleunigung der Athmung, Contraktion
der Blase u. s. w., sind nach den Versuchen Sch.'s
wahrscheinlich durch Mitreizung der Eapselfasern
bedingt Seh. hat diese Mitreizung dadurch aus-
geschlossen, dass er am Hunde die Rindenpartien
abtrug, die sekundäre Degeneration abwartete und
dann erst bei einer zweiten Operation die Reizung
des Nucleus caudatus vornahm. Unter diesen
Versuohsbedingungen fielen die genannten Reiz-
erfolge weg.
Ausserdem führte Seh. einige Wärmestich-
versuche am Hunde aus. Die meisten bisherigen
Experimente waren am Streifenhügel des Kanin-
chens angestellt worden. Auch beim Hunde wurde
in den ersten Stunden nach dem Einstich eine
Temperatursteigerung beobachtet, die in einem
Falle sogar 1,^ betrug. Garten (Leipzig).
26. A forther note on the prepyramidal
traot (Monakow'« bandle); by E. H. Fräser.
(Journ. of Physiol. XXVIH 5. p. 366. Sept. 12.
1902.)
An 2 Affen und 5 Katzen wurden mit Hülfe
eines spitzigen Galvanokau ters innerhalb der Strecke
von Thalamus opticus bis Pyramidenkreuzung Ver-
letzungen erzeugt, und nach eingetretener sekun-
därer Degeneration mit der Mar chi 'sehen Methode
die anatomische Untersuchung vorgenommen. Die
Befunde, für deren Allgemeingültigkeit bei den bis-
herigen Differenzen der üntersucher eine grössere
Zahl von Versuchen wünschenswerth wäre, sprechen
dafür, dass die Fasern des Monakow 'sehen Bün-
dels (absteigende motorische cortikale Haubenbahn)
ihre Ursprungzellen im rothen Kerne der Haube
haben (eine bisher viel umstrittene Frage). Beim
Affen ist das Bündel schmaler, aber weniger diffus
wie bei der Katze, wo die Fasern der gekreuzten
Pyramidenbahn und des Monakow 'sehen Bün-
dels mehr gemischt sind. Die Collateralen der
Bündelfasern treten am Seitentheil des Vorder-
horns in die graue Substanz ein, um an Vorder-
hornzellen zu endigen. Das Vorkommen aufstei-
gender Fasern im genannten Bündel, wie es von
einigen Forschem beobachtet wurde, konnte F.
nicht bestätigen. Garten (Leipzig).
27. Die Folgen der Darohsohneidang der
aensibeln Wnraeln im unteren Lumbalmarke»
im Saoralmarke and in der Cauda eqnina des
Hundes; von Dr. L. Merzbacher. (Arch. f. d.
ges. Physiol. XCII. 10—12. p. 586. 1902.)
Während bei anderen Eürpertheilen die Auf-
hebung der Sensibilität eine Störung der Motilität
zur Folge hat, ist dieses beim Schwanz des Hundes
nicht der Fall. M. konnte zeigen, dass der Schwanz
nach Durchschneidung sämmtlicher zugehörigen
hinteren Wurzeln eben so getragen und beweget
wurde, wie vor der Operation. Der Schwanz zeigte
KL Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
45
also aach keine Yerftnderung seines Tonus. Da-
gegen ist der Tonus der Aftermuskulatur min-
destens stark herabgesetzt und der ganze Def&ka-
tionakt (oharakteristisohe Beugeetellung der EUnter-
beine^ Hebung des Schwanzes, Bauchpresse u. s. w.)
ist in Folge der ünempfindlichkeit der Mastdarm-
fichleimbaut aufgehoben. Die Eothballen fällen
nur noch, passiv vorwftrts gedrängt, von Zeit zu
Zeit aus dem meist klaffenden After heraus, „wäh-
rend der Hund sich absolut nicht darum kümmert'^
Oarten (Leipzig).
28. üeber Synthese von Vooalen ; von L.
Hermann. (Aroh. f. d. ges. Physiol. XCI. 3u.4.
p. 135. 1902.)
Bei der von H. zur Synthese von Vocalen be-
nutsten Methode wird nahe an dem Pole eines
Telephonmagnets eine mit bestimmten Ausschnitten
versehene eiserne Scheibe mit einer gewissen Ge-
schwindigkeit vorbeigedreht Hierdurch treten in
Folge der InduktionstrGme , die bei Annäherung
und Entfernung eines jeden Zahnes der eisernen
Scheibe erzeugt werden, nach Maassgabe der Zahl
and Anordnung der Zähne in einem zweiten, mit
dem ersten verbundenen Telephon eben so viele
Schwingungen der Schallplatte auf. Man kann
also, je nach Anordnung der Zähne und nach Um'^
drehungsgesch windigkeit der Scheibe, ganz be-
stimmte Schwingungen der Schallplatte herbei-
führen. Die Gonstruktion der Loch- oder Zahn-
scheiben für die Vocale wurde durch die frühe-
ren Versuchsergebnisse H.'s möglich (Darstellung
der Schallcurven nach einer phonautographischen
Methode und Analyse derselben). Es hatte sich
damals ergeben, dass bei A, 0, ü dieCurven einen
zur Periode der Stimmnote stets unharmonischen,
in jeder Periode von Neuem auftretenden Ton
enthielten, den H. seiner Zeit als Formanten bezeich-
nete, unter Berücksichtigung dieser beiden Gom-
ponenten, Stimmnote und Formanten, gelang es
thatsächlich Scheiben herzustellen, die bei ihrer
Rotation sehr deutlich den Yocal A, beziehungs-
weise E lieferten. Durch diese Synthese lässt sich
feststellen, welche Wellen der phonautographischen
Schallcurven für den Vocal unwesentlich sind, ab-
hängig vom Timbre des Stimmorgans, und welche
den Vocal selbst charakterisiren. Weitere Ver-
suche in der gleichen Weise, die bisher noch nicht
erhaltenen Liaute U, Oe und Ue zu gewinnen, wer-
den in Aussicht gestellt Oarten (Leipzig).
III. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
29. Sinwirkuog von Mikroorganismen auf
einige ehemisohe Normallötangen ; von H.
Beck. (Centr.-BL f. Bakteriol. u. s. w. XXXII
811.9. p. 649. 1902.)
Das zur Luftprüfang häufig benutzte Lunge-
Zeckendorff'sche Reagens kann durch Ein-
wirkung gewisser Bakterien enterbt werden ; ver-
oüedenwird dies durch Sterilisation und luftdichten
Verschluss. Das Gleiche ist bei Oxalsäurelosungen
der Fall, die selbst im Dunklen durch Pilzmycelien
verändert werden könne». Walz (Oberndorf).
30. Le ronge nentre (Neatralroth). Bon
röle dans l'etnde de laphagooytoteeng6neral
et dans oelle de la bleimorrhagie en parti-
eolier; par J. Himmel. (Ann. de l'Inst Pasteur
XVL 9. p. 663. 1902.)
Nach den Untersuchungen H.'s filrben sich
in den lebenden Leukocyten alle durch Phago-
cytoee aufgenommenen Substanzen mit Neutralroth
(Iccm kalt gesättigter Losung auf 100 com phy-
siologischer Kochsalzlösung). Die Granulationen,
<üe sich in den lebenden Leukocyten färben, sind
Dichts Anderes als Stoffwechsel- oder Sekretion-
produkte. Die Färbung hängt von den ozydirenden
Bguischaften der Phagocyten ab. Ihre Dauer und
lotensität sind abhängig von den vitalen Eigen-
^ftsn dieser Phagocyten und der mehr oder
veniger schädlichen Einwirkung der aufgenom-
OBenen Substanzen. Das Hyaloplasma besitzt keine
oiydironden Eigenschaften. Mit dem Tode der
Zdle werden in Folge von Neutralisation des um-
gebenden Medium die eingeschlossenen Substanzen
entfärbt Die Säure, die von den Leukocyten er-
zeugt wird, scheint den Amidosäuren nahe zu
stehen. Die Färbung der Gonokokken, seien sie
lebend oder todt, in Zellen eingeschlossen oder
nicht, unterscheidet sich in keiner Weise von der
Färbung anderer Bakterien mit Neutralroth.
Walz (Obemdorf).
31. Snr lea sensibilisatrioea des sernms
aotlfii contre lea aabstanoes albominoides ; par
Gengou, Bruzelles. (Ann. de l'Inst. Pasteur
XVL 10. p. 734. 1902.)
G. fand, dass in den Sera, die er bei Kaninchen
durch Injektion von Kuhmilch, Hühnereiweiss,
reinem Pferdefibrinogen und erhitztem Hunde-
serum erhielt, neben Präcipitinen noch Immun-
körper (Substances sensibilisatrices Bord et 's)
vorhanden waren, wie sie Bord et in bakterio-
lytischen und hämolytischen Sera nachgewiesen
hat und wie sie in den meisten antibakteriellen
Sera gefunden wurden. Diese Immunkörper wir-
ken nur im vorliegenden Falle nicht gegenüber
Zellen oder Mikroben, sondern gegenüber unorgani-
sirten Substanzen, und zwar scheint das Serum
der mit Hundeserum behandelten Kaninchen gleich-
zeitig auf das Globulin und Albumin des Hunde-
serum zu wirken. Im Serum der mit Kuhmilch
behandelten Kaninchen wirkt der Immunkörper
auf das Gasein, das Laktoglobulin, nicht aber auf
das Laktalbin. Die Wirkung war nur beim Serum
der mit Hundeserum vorbehandelten KanincheT\
46
IIL AUgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
Bpeoifisch, nicht aber bei Injektion von Eiweiss,
Milch u. A. Zuweilen, aber ohne bestimmte Regel,
wirkten die ImmuDsera auch gegen andere Sekrete
desselben Thieres, z. B. wirkte das Serum eines
mit Hühnerblut injicirten Thieres auch gegen
Hühnerei weiss. Walz (Obemdorf).
32. Weitere Stadien über die F&llang des
Oaselns durch Lab und Laktoseram ; vonP.Th.
Müller in Graz. 2. Mittheilung. (Centr.-BL f.
BakterioL u. s. w. XXXII. 7. p. 521. 1902.)
M. konnte durch Lnmunisirung mit den pep-
tischen und tryptischen Spaltungsprodukten des
Osseins kein caseinfftllendes Lnmunserum erzielen.
Die erhaltenen Sera zeigten auch keine irgend be-
merkenswerthe prftcipitirende Fähigkeit gegenüber
den Caseinderivaten, die zur Injektion verwendet
worden waren. Hingegen rief die Injektion von
Labparacasein , sowie von Jodcasein die Bildung
von Prftcipitinen hervor, die Ossein niederzuschlagen
vermochten. Das Prficipitin des Paracaseinserum
muss von dem des Laktoseserum verschieden sein,
indem nur das erstere durch Paracasein gebunden
wird. Das Präcipitin des Laktoseserum ist in der
Euglobulinfraktion enthalten. Durch Erhitzen der
Euglobulinfraktion gehen, wie es scheint, aus ihr
Substanzen hervor, die die Laktosefällung zu hem-
men im Stande sind. Pseudoglobulin und Albumin
bleiben unwirksam.
Die labhemmenden Substanzen des erhitzten
Normalkaninchenserum können durch verdünnte
Essigsäure oder durch Halbsättigung mit Ammon-
Bulphat gefällt werden. Trypsinverdauung ver-
nichtet binnen Kurzem die Fähigkeit des Normal-
serum, beim Erhitzen labhemmende Substanzen zu
liefern. Das erhitzte Normalserum vermag Para-
casein bei Gegenwart von Ealksalzen in Lösung
zu erhalten. Trotz der Hemmung der sichtbaren
Ausscheidung des Oaseins wird Molkeneiweiss aus
demselben abgespalten. Somit wird die Einwir-
kung des Labfermentes auf das Ossein durch das
inaktivirte Serum nicht verhindert.
Walz (Oberndorf).
33. üeber Versaohe mit bakteriellem Lab
und Trypsin ; von A. L o e b. (Oentr.-Bl. f. Bak-
terioL u. s. w. XXXn. 6. p. 471. 1902.)
Seit Neisser und Wechsberg das Phä-
nomen der Oomplementablenkung bei baktericiden
Beagenzglasversuchen gezeigt haben, sind derartige
unregelmässige Reihen auch bei Agglutininen und
Präcipitinen beschrieben worden. Das Phänomen
besteht darin, dass zu der gleichen Menge des
einen reagirenden Stoffes abfallende Mengen des
anderen kommen ; dabei erweisen sich die grössten
Mengen der wirksamen Substanz weniger wirksam
als die kleineren. Aehnliches wies L. bei dem
Lab- und tryptischen Ferment des Staphylococcus
quadrigeminus Ozaplewski nach.
Walz (Obemdorf).
34. De ladeatrootiondMtozineaaamoyen
des perozydes et des ozydases d*origine ani*
male et Yegetale; par N. Sieber. (Arch. des
Sc. biol. de St Pötersb. IX. 3. p. 151. 1902.)
Die Verfasserin hatte schon früher gemeinsam
mit Nencki und Schoumow-Simanowski
gefunden, dass Diphtherie- und Tetanustoxin duroh
die Verdauungsäfte zerstört werden, dass dagegen
Abrin nur wenig verändert wird. Da trotzdem
Abrin per os sehr wenig wirksam ist gegenüber
der subcutanen Injektion, so musste die Abschwä-
chung des Abrins im Yerdauungskanal andere Ur-
sachen haben. Um diese Verhältnisse klarzulegen,
studirte die Verfasserin zuerst die Wirkung der
Oxydation auf die Toxine. Sie verwandte hierza
zunächst Wasserstoffsuperoxyd und Oalciumbioxyd
(OaOs), zwei chemisch genau bekannte Substanzen,
femer in zweiter Linie fermentähnliche Oxydasen,
die sie aus Fibrin und thierischen Organen, sowie
aus Schwarzwurzeln gewann. Sie fond nun, dsss
OaOO, und H^O, nicht nur die Diphtherie- und
Tetanustoxine, sondern auch das Abrintoxin zer-
stören. Die anomalen und pflanzlichen Oxydasen
neutralisiren Tetanus- und Diphtherietoxin , sind
aber ohne Wirkung auf das Abrin. Die zerstörende
Wirkung der Oxydasen gegenüber den Toxinen
offenbart sich nicht nur in vitro, sondern auch im
ThierkOrper selbst, wenn man ihm subcutan die
Mischung des Toxins und der Oxydase beibringt
Die Oxydasen wirken auch auf kleine Toxindosen
noch dann, wenn diese Substanzen in verschiedene
Eörpertheile injicirt werden. Die Zerstörung der
Toxine durch Emulsionen, die Oxydasen enthalten,
findet nur statt, wenn diese Emulsionen die für
Oxydasen charakteristischen Färbereaktionen geben.
Fehlt die Ousjakreaktion, so ist die Wirkung auf-
gehoben. Walz (Obemdorf).
35. Ueber den Alexing6halt normaler nnd
pathologischer menschlicher Blutsera; von R
Trommsdorff. (Centr.-BL f. BakterioL u. s. w.
XXXn. 6. p. 439. 1902.)
Nach den Versuchen Tr.'s, der hierbei die
hämolytische und die baktericide Wirkung des
Serum als Uaassstab für die jeweils vorhandenen
Alexine annahm, sind die Alexine beim normalen
Uenschen in ausserordentlich wechselnder Menge,
aber stets deutlich nachweisbar, vorhanden. Das-
selbe ist der Fall bei septisch schwer erkrankten
(und auch bei mit vorgeschrittenem Garcinom be-
hafteten) Personen. Man kann daher die Unter-
suchung des Blutserum auf Alexine bis jetzt nicht
als für die Diagnose oder Prognose in Betracht
kommende Methode bezeichnen.
Walz (Oberndorf).
36. Ueber Inaktivirnngaversnohe mit Pri-
oipitinen; von L. Michaelis. (Oentr.-BL f.
BakterioL u. s. w. XXXH 6. p. 458. 1902.)
Das Serum eines gegen Serumeuglobulin imma-
nisirten Kaninchens verlor durch Erhitzen seine
nL Allgemeine Pathologie nnd pathologische Anatomie.
47
piißipitirende Wirkung auf Rinderaenim. Wurde
das inaktiyirte Serum mit etwas Binderpseudo-
gjobulio vermischt und ihm nach 1 Stunde aktives
PridpitLn zugefQgt, so trat die Niederschlags-
bildiing, wenn auch zeitlich gehemmt, schliesslich
doch ein. Dieselbe Hemmung tritt durch die ver-
schiedenartigsten SiweisskOrper ein; es handelt
sich um physikalische Hemmung durch viskOse
fiweisskOrper. Andererseits hatte aber das in-
aktivirta Serum eine überraschende Eigenschaft
gewonnen. Wenn man eine Serie von ROhrchen
ansetzt mit gleichem Oehalte an fällbarem Eiweiss
und einer gleichen Menge aktiven Präcipitins, so
nimmt die Menge des sich bildenden Niederschlags
proportional einer nunmehr zugefügten Menge von
inaktivirtem Prftcipitin in derselben Weise zu, als
ob man nicht inaktivirtes, sondern aktives Immun-
avom zufügta Das Iftsst sich nur durch die An-
aahme zweier Stoffe, eines thermolabilen und eines
thermostabilen, erklftren. Zum Unterschied von
den htoolytischen Sera sind aber beide Stoffe nur
im Immunserum und keiner von ihnen, entsprechend
etwa dem Complement bei der Hämolyse, im nor-
nalen Serum vorhanden. Walz (Obemdorf).
37. Contribution a Petude des spermo-
lyainea; parE.S. London. IL communication.
(Aich. des Sc. bioL de St P6tersb. IX. 2. p. 171.
1902.)
Durch die gross angelegte Arbeit L.'s zieht
sidi als rother Faden die Idee der Verschiedenheit
iwiadien den Spermolysinen und den Hämoly-
sinen, obwohl beide zahlreiche gemeinsame Eigen-
Bdiaften haben« Auf die r&tselhaften Fälle, in
denen eine infektiöse Krankheit die Prädisposition
dea Körpers gegenüber derselben Infektion ver-
mkrt, scheint die Lehre von den Spermolysinen
einiges Licht zu werfen. Die Immunisirung, in
gewissem Sinne der Krankheit entsprechend, hat
dieBUdung dee Desmons (Immunkörpers), in uuse-
lem Falle des Spermodesmons , zur Folge. Das
Spermodesmon wirkt, entgeg^gesetztdemSpermo-
lysine, auf die Spermatozoon gflnstig. Wenn also
daa gebildete Spermodesmon allein bleibt, ohne
Bdi in Spermatolysin umzuwandeln in Folge der
ibweaenheit des entsprechenden Spermoalexins,
»werden im Körper fflr die Spermatozoon günstige
Bedingungen geschaffen. Das erklärt aller Wahr-
Bdieialichkeit nach die FäUe, in denen L. das
Sermn immunisirter Thiere weniger spermolytisch
fud, als dasjenige der Göntrolthiera Folgt dagegen
der Immunisirung in Gegenwart eines entsprechen-
dai Alexins die Bildung eines yollständigen Cyto-
IjBlns, so fahrt das zu einer Verminderung der
Snpflbiglichkeit des Körpers.
Daa sicherste Mittel für die künstliche Dar-
I Stellung des Spermolysins ist die Immunisirung
\ v<n Kenschweinöhen durch Kaninchenspermato-
lofin. Der uoigek^irte Vorgang, die Immuni-
i «irong von Kaninchen durch Meerschweinchen-
spermatozoön , führt zur Bildung eines Spermo-
desmons, das kein entsprechendes Spermoalexin in
dem Yorhandenen Serum findet, so dass der Haupt-
zweck der Immunisirung nicht erreicht ist Um
dieses Spermodesmon auf den Orad eines Spermo-
lysins zu bringen, muss man seine Zuflucht zu
einem Serum nehmen, das das noth wendige Spermo-
alexin enthält ; ein solches Serum erhält man vom
Meerschweinchen oder Frosch. Bin im Ganzen
ähnliches Resultat erhält man bei Immunisirung
einer Katze mit Spermatozoon vom Meerschweinchen
oder Kaninchen. Während andere Thierarten, Taube
und Frosch, auf die Immunisirung mit Kaninchen-
oder Meerschweinchenspermatozoön gar nicht oder
durch Bildung eines von dem der Katze oder des
Kaninchens ganz verschiedenen Spermodesmon
reagiren.
Die Einverleibung von Kaninchenspermatozoön
ruft beim Meerschweinchen nicht blos ein Wachsen
des entsprechenden heterospermolytischen , son-
dern offenbar auch in geringerem Grad des iso-
und autolytischen Vermögens hervor. Beim Meer-
schweinchen tritt nach Einverleibung homogener
Spermatozoon die Vermehrung des iso-, bez. auto-
spermolytischen Vermögens nicht regelmässig und
in ziemlich geringem Grade ein.
In Erwägung, dass die Vermehrung des iso-,
bez. des autospermolytischen Vermögens des Serum
nicht von einer Vermehrung des heterospermo-
lytischen Vermögens begleitet ist und vice versa
muss man schliessen, dass das iso-, bez. auto-
spermolytische Vermögen eine sekundäre Funktion
desHeterospermolysins ist, jedoch nicht umgekehrt
In Bezug auf die cytolytische Wirkung unter-
scheidet sich das künstliche Spermolysin nicht
vom physiologischen; wenn das Alexin einem
fremden Serum entlehnt ist, behält und erzeugt es
seine charakteristische cytolytische Wirkung. Die
Milz hat an der Erzeugung des künstlichen Spermo-
desmons keinen Antheil. Versuche ergaben, dass
bei Thieren in der Inanition diese Verhältnisse
sich nicht ändern. Walz (Oberndorf).
38. Antihepatisohea Berom; von Ladis-
laus Deutsch. (OrvosiHetilapXLIV.39.1902.)
Bringt man eine groese Menge Leberemulsion
von Meerschweinchen in die Peritonäalhöhle von
Kaninchen, so nimmt das Serum der letzteren nach
kurzer Zeit spedflsche, antihepatischeEigenschaften
an. Das antihepatische Serum agglutinirt eines-
theils die Leberemulsion der Meerschweinchen,
andererseits aber führt es in vivo zur Nekrose der
Leberzellen (Hepatolysin). Diese agglutinirende
Wirkung tritt 5 — 6 Tage nach der Leberemulsion-
injektion auf und steigt an Stärke bei jeder fol-
genden Injektion. Nach 3 Injektionen ist der
Grenztiter des Leberagglutinins verhältnissmässig
hoch, er steigt bis zu Vjo — Vioo Werth. Das
Leberagglutinin ist unabhängig von dem Blut-
agglutinin, das nach Leberinjektionen im Kaninchen-
48
in. Allgemeine Pathologie und pathologisdie Anatomie.
serum ebenfalls nachweisbar ist Nach Injektion
der gewaschenen Leber gewinnen wir blos Leber-
agglutinin. Die lebertödtende Substanz (Hepato-
lysin) benGthigt mehrere (2 — 3) Injektionen und
zeigt sich erst nach 3 — 4 Wochen. Manchmal ist
sie überhaupt nicht nachweisbar. Hepatolysin
tOdtet in vitro das Protoplasma der überlebenden
Leberzellen und macht die Zellen durchsichtig
und gequollen. In tIto führt das lokal (intra-
peritonäal) applicirte Serum an der Oberflftohe der
Leber zu Nekrosen, die von parenchymatöser und
fettiger Degeneration bis zur totalen Coagulation
jede Phase derOewebezerstörung aufweisen. Diese
Nekrose, die das Bindegewebe verschont, beweist
die elektiv toxische Wirkung des Serum auf die
specifische Drüsenzelle. Die lebertOdtende Sub-
stanz (Hepatolysin) gehOrt ätiologisch zur B o r d e t -
Metschnikoff'schen Gruppe der specifischen
Cytotoxine und entsteht aus den für den EOrper
fremden Plasmatheilen der eingeführten Leber-
emulsion. J. H 0 n i g (Budapest).
39. Ueber Bakterienhämolysine , im Be-
sonderen daa CoUlysin ; von H. K a y s e r. (Zeit-
schr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. XLII. 1. p. 118.
1903.)
Die Ergebnisse der Arbeit sind: 1) Es sind
hitzebeständige und hitzeunbeetändige Bakterio-
hämolysine zu unterscheiden. Zu den ersten ge-
hören das Pyrocyaneo-, Typhus- und Colilysin, zu
den zweiten das Tetano- und Staphylolysin.
2) Zum Nachweis der Bakteriohämolysine eignet
sich am besten das Hunde-, Pferde-, Eaninchen-
und Rinderblut. Von verschiedenen Bakterio-
hämolysinen werden unter Umständen ungleiche
Blutarten besonders stark angegriffen. 3) Zwischen
den Serum- und Bakterienfiltrathämolysinen be-
stehen tiefgreifende unterschiede (Agglutination,
Thermostabilität). 4) Die natürlichen Antilysine
eines Blutserum können auf verschiedene blut-
lösende Bakterien sehr ungleich antilytisch wirken.
5) Im sterilen Bakterienfiltrate können chemische
Umsetzungen vor sich gehen, die die Hämolysir-
fähigkeit störend beeinflussen.
Von dem thermostabilen Colilysin im Speciellen
gilt Folgendes : 1) Bouillonculturen und Bouillon-
filtrat des Bacillus ooli besitzen die Eigenschaft,
manche Erythrocytenarten, besonders die des Hun-
des, aufzulösen. 2) Die Säuremenge der Aus-
gangsbouillon ist ebenso wie die Alkalibildung von
Einfluss auf den Grad der Hämolysinproduktion
und der schliesslichen Blutlösung. 3) Der Hämo-
lyse geht keine Agglutination voraus, doch folgt
bei nicht völliger Lösung eine Verklumpung der
Erythrocyten. 4) Eine noch bei 0^ aktive hapto-
phore und eine bei 37^ rasch wirkende toxophore
Gruppe können getrennt beobachtet werden. 6) Luft-
dicht verschlosae^ne sterile Golifiltrate behalten ohne
jeden Zusatz unter Umständen mehrere Monate
lang ihr Hämolysinvermögen in unverminderter
Stärke. 6) Verschiedene normale Thiersera bergen
Anticolilysin in ungleichen Mengen. Das Serum
von erwachsenen Menschen und von Neugeborenen
paralysirt ebenfalls die Wirkung von Golilysin.
7) Das künstliche Antilysin eines Bacillus ooli
wirkt auch auf das Lysin anderer Colistämme,
allerdings in schwächerem Maassa 8) Todte, aus-
gelaugte Colibakterien können zwar Gifte für
manche Thierarten enthalten, doch hämolysiren
sie nicht Woltemas (Solingen).
40. The röle of the tozins in inflammations
of the eye ; by R. L. R a n d o 1 p h. ( Amer. Joum.
of the med. Sc. CXXIV. 5. p. 771. Nov. 1902.)
Die Thatsache, dass dieselben Bakterien, die
als Erreger bestimmter Bindehauterkrankungen
des Auges nachgewiesen werden, auf der Conjunc-
tiva auch vorkommen, ohne dass diese erkrankt,
möchte R. etwa so erklären : Es könnte sein, dass
die Mikroorganismen eine gewisse mechanisdie
Irritation hervorrufen; wahrscheinlicher ist ihm
jedoch die Annahme, dass ihre Stoff wechselpro-
dukte eine Art chemischer Wirkung auf das Gewebe
ausüben. Die Infektion wird erleichtert durch
Substanzverluste, die das Eindringen der Toxine,
bez. Bakterien erleichtem. Er stellte seine Ver-
suche an am Eaninchenauge mit Toxinen aller im
Conjunctivalsack nachgewiesenen Bakterien : Gono-
coccus, Staphylococcus aureus, Diphtheriebacillus,
Streptococcus, Xerosebacillus, Pneumococcus, Bac-
terium coli commune, Micrococcus epidermidis
albus (id est Staphylococcus albus). Diesen letz-
teren schwach pathogenen Erreger konnte er übri-
gens an 47 Eaninchenaugen 36mal in Culturen
nachweisen.
Minuten- bis stundenlanges Verweilen der ein-
zelnen Toxine im Conjunctivalraume erzeugte in
keinem Falle sichtbare Reaktionen. Die Injek-
tionen der Toxine in das Conjunotivalgewebe ver-
ursachten regelmässig stärkere oder schwächere
Entzündungen je nach Art etwa entsprechend der
Virulenz des Bacterium. Noch wesentlich heftiger
äusserten sich akute Entzündungserscheinungen,
wenn die Toxine in die vordere Kammer injicirt
wurden.
R. folgert aus seinen beachtenswerthen Be-
obachtungen, dass verschiedenen, bisher für in-
different gehaltenen Bewohnern der Conjunctiva
doch mehr Bedeutung bei der Pathogenese mancher
Ophthalmie beizumessen ist, als es bisher geschah.
Bergemann (Husum).
41. Zur KenntniM des Meohaniamns der
künstlichen Immunität gegen Pest; von G.
M a r k 1. (Ztschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. XLU.
2. p. 244. 1903.)
Voll virulente Pestbacillen werden in der Bauch-
höhle von Ratten, die unter dem Einfluss von
Immunserum stehen, von Phagocyten aufgenommen,
während avirulente Bacillen ohne Mitwirkung von
in. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
49
Plttgo(7ten aufgeUtot werden. Bei Culturen von
mittlerer Virulenz wird sowohl Auflösung der
Badllen, als Phagocytose beobachtet, je nach dem
örade der Virulenz herrscht der eine oder der
andere Vorgang vor. Derselbe Mechanismus wie
bei der passiven Immunität kommt bei aktiv immu-
Disirten Thieren zur Oeltung. Ausschlaggebend
ist die relative Widerstandffthigkeit des Körpers ;
ist sie gross, so kommt es vorwiegend zur Auf-
, iSenng der Bacillen, im anderen Falle vorwiegend
' znr Phagocytose. W o 1 1 e m a s (Solingen).
42. Die Iieokocyten als Complementbildner
I bei der Cholerainfektion; von L. Ascher.
i (Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. 8. w. XXXIL 6. p. 449.
: 1902.) '
Metschnikoff, der früher als ürsprung-
stätte der Alezine die Phagocyten angesehen hat,
hst neuerdings seine Ansicht dahin modificirt, dass
der Immunkörper, der thermostabile Bestandtheil
des Immunserum, im Plasma cirkulirt, das Comple-
ment, der thermolabile Theil, in den Phagocyten
bleibt und nur bei der Phagolyse oder bei der
Coagulation anstritt EntgegenMetschnikoffs
Angaben kommt nach A. die extracellulftre Auf-
lösung, wenn auch schwacher als im Peritonaeum,
auch im Humor aqueus, im Oedem und im unter-
haotsellengewebe vor ; femer erfolgt sie auch, wenn
24 Standen vorher Bouillon injicirt wird, was nach
Metschnikoff die Phagocyten vor Phagolyse
bewahren soll, und endlich konnte A. die Behaup-
tung, dass abgetödtete Leukocytenmengen mehr
Complemente enthalten, als das entsprechende
; Serum, keineswegs bestätigen. Es ergiebt sich
; daher kein Anhaltepunkt dafür, dass die Leuko-
I cyten auch nur die geringste Beziehung zum Gom-
: [dement haben. Walz (ObemdorO.
43. Eeoharohes aar loa anticorpa dea apores ;
parW.Deffalle, Li^ge. (Ann. de l'Inst Pasteur
; XVL 10. p. 756. 1902.)
I
Die Injektion von Bakteriensporen bewirkt bei
Thieren eine Bildung von Antikörpern (Aggluti-
nioen und Immunkörpern, substances sensibili-
satrioes) im Serum. Die Injektion von Schimmel-
pUzsporen bleibt ohne solche 'Wirkung. Sicherlich
ist die Bildung dieser Antikörper das Resultat der
Beaorption der Sporen als solcher und nicht ihrer
Aoakeimung, da das Resultat bei Injektion abge-
tfidteter, nicht pathogener Sporen dasselbe ist wie
bei Injektion von lebenden. Die Antikörper der
Sporen wirken auch auf andersartige Sporen, wenn-
gleich nicht so stark. Die Sporen verhalten sich
^ der Bildung der Antikörper ganz verschieden
▼on den Bacillen. Die lebenden oder massig er-
hitsten Bacillen erzeugen Agglutinine und Immun-
^5rp6r, nach ESrhitzung auf 115<^ jedoch nur noch
Agglutinine. Nach Injektion von Sporen, die auf
115* erhitzt waren, sind im Serum dagegen sowohl
Agglutinine als Immunkörper vorhanden, ein klarer
Med. Jabrbb. Bd. 279. Hft 1.
Beweis fQr die Unabhängigkeit beider Eigenschaften
im Serum. Walz (Oberndorf).
44. üeber das Vorhandenaein der soge-
nannten säureliebenden Bakterien im Stuhle
des erwachsenen Menschen ; von A. C i p o 1 1 i n a
in Genua. (Cenlr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIL
8 u. 9. p. 576. 1902.)
Versuche anderer Forscher haben festgestellt,
dass im Kothe der Säuglinge fast immer Keime
sich finden, die fähig sind, sich in sauren Nähr-
medien zu entwickeln. C. fand auch im Kothe Er-
wachsener stets Keime, die sich in essigsaurer
Bouillon entwickelten. Es wurden 4 Keime näher
bestimmt, von denen einer dem Bacillus acidophilus
der Neugeborenen, 2 der Gruppe des Bacterium
acidi lactis angehören. Der 4., ein Diplococcus,
ähnelt in seiner Entwickelung dem Bacillus acidi
lactici. Walz (Oberndorf).
45. Ueber die sogenannten aiureliebenden
Baoiiien im Binglingaatuhle ; von Dr. A n t o n i o
Radella. (Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXIX.
18. p. 717. 1901.)
R. legte aus 13 Meconiumstühlen, 7 Stöhlen
von Brustkindern und 6 von Flaschenkindern
Culturen in Essigsäurebouillon an und impfte davon
nach 24 — 48 Stunden auf Agar ab. Auf diese Art
wird das Bacterium coli am Wachsthume verhindert,
und man kann daher Organismen isoliren, die mit
den gewöhnlichen Methoden nicht erkannt werden.
Diese Mikroben wachsen besser auf alkalischen,
als auf sauren Nährböden. R. nennt sie daher nicht
säureliebende, sondern säureertragende Bacillen.
Sie zeichnen sich durch einen grossen Polymor-
phismus aus. Für Meerschweinchen sind sie nicht
pathogen. In der gewöhnlichen Bouillon können
sie neben Bacterium coli wachsen.
Brückner (Dresden).
46. UeberPseudotuberkoloaebaoÜlenbeim
Mensolien; von Dr. L. Wrede in Göttingen.
(Beitr. z. pathol. Anat u. allgem. Pathol. XXXIL
3. p. 526. 1902.)
W. fand bei einem Neugeborenen in den inneren
Organen eine durch nicht säurefeste, zur Gruppe der
Pseudotubeikulosebacillen gehörende Mikroorganismou
hervorgerufeDe Pseudotuberkulose. Der dabei gefundene
Bacillus liess sich mit keinem der bisher beschriebenen
Pseudotuberkulosebacillen identificiren.
Noesske (Kiel).
47. Experimentelle UnterBnehnngen über
die Wirkung todter TuberkelbaoUlen ; von Dr.
C. Sternberg in Wien. (Centr.-Bl. f. allgem.
Pathol. u. pathol. Anat XIU. 19. p. 753. 1902.)
Todte Tuberkelbacillen rufen imThierkörperim
Wesentlichen, wenn auoh in geringerem Grade,
dieselben Veränderungen hervor wie lebende
Tuberkelbacillen. In entsprechend grosser Menge
injicirt erzeugen sie typische Tuberkelknötchen,
die aus epitheloiden Zellen und Riesenzellen be-
stehen, ab und zu auch verkäsen. In geringer
50
III. Allgemeine Pathologie nnd pathologiflche Anatomie.
Menge bewirken sie bei den Vereuchsthieren einen
Marasmus, der in verschieden langer Zeit zum Tode
führt Die abgetödteten Tuberkelbacillen sind noch
lange Zeit nach der Injektion im ThierkOrper nach-
weisbar und durchweg gut färbbar.
Die pathogene Wirksamkeit des Tuberkel-
bacillus ist mithin an eine dem Bacillenleib an-
haftende Substanz gebunden, die eine länger-
dauernde und wiederholte Sterilisirung in strömen-
dem Dampfe erträgt ; bei Extraktion mit Alkohol,
Aether und Chloroform aus dem BacillenkOrper
ausgezogen, haben die Stoffe an ihrer specifischen
Wirkung verloren.
Nach den experimentellen Erfahrungen hält es
St fQr wahrscheinlich, dass unter den enormen
Mengen gut färbbarer Tuberkelbacillen, die man
bisweilen im Sputum von Phthisikern findet,
reiche bereits abgestorben, aber doch
färbbar sind, und dass ein Theil der Vei
gen in der tuberkulösen Lunge den st
vorhandenen todten Tuberkelbacillen zuzi
ben sind.
Als Ergänzung zu diesen Untersuchungen
laubt sich Bbf. auf seine im Jahre 1900 mitgetheil
ten, in St 's Arbeit nicht berücksichtigten Beobach-
tungen über die Wirkung todter Tuberkelbacillen
beim Menschen hinzuweisen, die vom lUf. damals
an seinem linken Unterarme angestellt wurden und
die im Wesentlichen mit den von St bei Versuchs-
thieren ermittelten Beobachtungen übereinstimmen
(vgl. Noesske, Eosinophile Zellen und Knochen-
mark, insbesondere bei chirurgischen Infektions-
krankheiten und Oeschwülsten. Deutsche Ztsohr.
f. Ghir. LY. p. 211. 1900). Noesske (Kiel).
48. Ueber die Lebenabedingungen des
Taberkaloseerregera in der Salibutter; von
A. Pettersson. (Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w.
XXXn. 4. p. 274. 1902.)
P. hat zu Salzbutter mit verschieden starkem
Salzgehalte wechselnde Mengen Tuberkelbacillen
zugesetzt und stets Abnahme der Virulenz in kurzer
Zeit gesehen. Jedoch nur bei Zusatz von sehr
kleinen Mengen Bacillen wurde die Infektionfähig-
keit völlig aufgehoben. Walz (Oberndorf).
49. Die WideratandBl&higkeit der Büffel
gegen die experimentale Tuberkulose; von
M. Prettner in Prag. (Centr.-Bl. f. Bakteriol.
u. s. w. XXXI. 14. p. 681. 1902.)
Pr. fand unter 5000 in Prag geschlachteten
Büffeln niemals Tuberkulose. Gegen Impftuber-
kulose sind die Büffel sehr widerstandf&hig und
gegen Impfung mit künstlichen Culturen überhaupt
unempfindlich. Mit einem Serum eines immuni-
sirten Büffels glaubt Pr. gute Heilerfolge bei tuber-
kulösen Meerschweinchen und einem Affen gehabt
zu haben und hofft das Serum auch beim Menschen
mit Erfolg verwenden zu künnen.
Walz(Obemdorf).
50. Der BinlluM auMohlieasliober Fleiaoh-
nahruDg auf die Impftuberkuloae der Hühner;
von K. P r e i s i c h. (Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w.
XXXI. 15. p. 749. 1902.)
Pr. hatte in Metschnikoff 's Laboratorium
die Frage, ob Gicht verminderte Empfänglichkeit
gegen Tuberkulose gebe, an Hühnern studirt, die
durch Fleischnahrung leicht Oicht bekommen. Zu-
gleich konnte er dadurch Riebet 's Beobachtung
nachprüfen, der bei Impftuberkulose der Hunde
mit Fleischnahrung günstige Erfolge erzielt hatte.
Aus den Versuchen scheint ein günstiger Einfiuss
auf die Wirkung und Entwickelung der Tuber-
kulose hervorzugehen. Doch schreibt Pr. dem
Fleische keine speciüsche Wirkung zu, denn es
nicht in jedem Falle; lange Zeit
3, also daran gewöhnte, Hühner
Brkulüs, wie die Controlhühner;
iph mit Fleisch genährte Hühner
Ktion besser widerstehen. Die
ähnlich wie die mancher viel-
y Tuberkulin, Laparotomie, Frei-
nur in der intensiven Aenderung im
Stoffwechsel. Walz (Obemdorf).
5 1 . KreislaufVerh<nisse und lokale Taber-
kulose ; von Dr. G. F r i e d 1 ä n d e r. (Arch. f. klin.
Chir. LXVIU. 4. p. 1031. 1902.)
Auf Anregung von Ben da hat Fr. die Frage
experimentell behandelt, warum beim Eindringen
von schwachvirulenten Bacillen in die Blutbahn
gerade bestimmte Gewebe, bez. Organe und Organ-
theile tuberkulös erkranken, also eine PrädisjK)-
sition für die hämatogene tuberkulüse Erkrankung
besitzen, und andere nicht Die Untersuchungen
ergaben, dass auf embolischem Wege bei Infektion
mit schwachvirulentem Materiale im Gefässgebiete
der Art. femoral, regelmässig diejenigen Gewebe
erkranken, die auch unter natürlichen Verhält-
nissen eine Pradisposition für die lokale Tuber-
kulose besitzen. Schon physiologisch sind die Ge-
fässgebiete der lokalen Tuberkulose charakterisirt
durch eine besonders langsame schon physiologisch
fast bis zur Stase gehende Capillargeschwindigkeit
und durch eine geringe Gefässdichte. Bei der typi-
schen Resektion scheint ein wesentliches Moment
für die Ausheilung der Tuberkulose in der nach-
folgenden Callusbildung zu liegen, die mit einer
Neubildung von Blutgefässen einhergeht Die an
die Callusbildung sich anschliessenden Verände-
rungen in dem lokalen Ereislaufe bilden jedenfalls
für die Ausheilung des chronisch entzündlichen
Processes eine nicht unwesentliche Bolle.
P. Wagner (Leipzig).
52. üeber Tuberkulose quergestreifter
Muskeln; von S. Saltykow in Groningen.
(Oentr.-Bl. f. allg. Pathol. u. pathol. Anat XIIL
18. p. 715. 1902.)
Im Anfange des Processes ist die Entstehung
von Tuberkeln ausschliesslich auf die Oefässe be»
in. Allgemeine Pathologie und patkologisclie Anatomie.
51
schränkt oder doch an sie gebunden. Was die Oe-
webe-, und zwar die Muskelbetheiligung bei der
Bildung der specifischen tuberkulösen Produkte
anlangt, so entbehren die Oewebeveränderuogen
anüangs jeden speoifiscben Charakters, zumal liess
sich in frühen Stadien keine Tuberkelbildung
unmittelbar aus wuchernden Muskelzellen wahr-
nehmen. Erst später (vom 12. Tage ab) zeichnet
sich das durch Wucherung der Muskel- und Binde-
gfewebezellen entstandene Eeimgewebe durch zahl-
reiche epitheloide Zellen, durch Biesenzellen und
zerstreute Bacillen aus und kann für ein speci-
fisches tuberkulöses Oewebe erklärt werden ; nur
in diesem Sinne konnte S. eine Betheiligung der
Mnskelzellen an dem specifischen tuberkulösen
Processe nachweisen. N o e s s k e (Kiel).
53. Ueber die pathologisohe Histologie
desConglomerattnberkelB im Qehim ; von Prof.
Barbacci in Siena. In's Deutsche fibersetzt von
Dr. A. M fi 1 1 e r in Zürich. (Centr.- Bl. f. allg. Pathol.
u. pathoL Anat XIII. 21. p. 833. 1902.)
& gelang es, auf experimentellem Wege eine
dem Solitärtuberkel des Gehirns ähnliche Verän-
derang zu erzeugen, dadurch, dass er direkt in die
Hirnrinde von Kaninchen kleine Partikel einer
ToberkelbaciUencultur einimpfta Nach seinen Be-
obachtungen, die er in den verschiedensten Infek-
tionperioden (12 Stunden bis 4 Monate nach der
Infektion) anstellte, nehmen die am meisten charak-
teristischen Elemente der tuberkulösen Neubildung
ohne Unterschied ihren Ursprung sowohl von den
fixen Gewebezellen, als von den freien Zellen des
Blutes. Es hängt nur von einer Reihe von Neben-
umständen ab, die einerseits innig verknüpft sind
mit der Natur und dem Zustande des Gewebes, in
dem sich der Tuberkel entwickelt, andererseits mit
der Quantität und dem biologischen Verhalten der
vorhandenen Tuberkelbacillen, was für einen An-
theil die einen oder die anderen an der Bildung
des Tuberkels nehmen. Wo und so lange die
Lokalkräfte genügen, um den Kampf aufzunehmen,
woden die morphologischen Elemente des Tuber-
kels ihren Ursprung hauptsächlich von den fixen
Oewebezellen nehmen; wo indessen diese nicht
genfigen, und mehr noch, wo sie schnell über-
mannt werden, wird sich mit Vorliebe oder aus-
schliesslich die tuberkulöse Neubildung aus den
beweglichen Zellenelementen des Blutes organi-
siien. Aus seinen Befunden schliesst B., dass die
epiüieloide Zelle in manchen Fällen im Stande ist,
die Bacillen, die sie in ihrem eigenen Leibe beher-
^gt, zu zerstören. Daher hält er auch die An-
nahme, dass die epitheloide Zelle eine Degenera-
tionerscheinung sei, für unberechtigt.
Noesse (Kiel).
54. Beoherohee ezperimentalea et olini-
qnes sor la preMion intraplearale dans le
Pneumothorax; parL. Bard, Genöve. (Revue
de MW. XXL 6. 7. p. 449. 576, 1901.)
Aus seinen klinischen und experimentellen
Studien zieht B. folgende Schlüsse : In Folge der
anatomischen Struktur der Lungen sind die ver-
schiedensten und ausgedehntesten Wunden der-
selben für Gase und Flüssigkeiten nur in broncho-
pleuraler Richtung durchgängig. Schwere und
ausgedehnte Verletzungen des Organs oder Retrak-
tionhindernisse der Gewebe, wie sie sich bei par-
tiellem Pneumothorax finden, ermöglichen allein den
Durchtritt von Gasen und Flüssigkeiten in pleuro-
trachealer Richtung. Bei allgemeinem Pneumo-
thorax, wenn die Fistel nicht obliterirt ist, ist in
beiden Respirationphasen bei ruhiger Athmung der
Druck positiv. Dieser positive Druck entsteht
aus dem spontanen Gleichgewichtstreben der intra-
bronchialen und intrapleuralen Gase, ohne das der
Husten daran Theil nimmt Der sogenannte Ventil-
pneumothorax ist die normale Form des allgemei-
nen nach innen ofiPenen Pneumothorax.
Husten und Anstrengungen wirken auf den
intrapleuralen Druck energischer als auf den intra-
bronchialen ; daher bewirken sie eine Compression
und Atelektase der Lungen, ein Zurückdrängen
des Mediastinum, doch keineswegs ein Bindringen
von Luft in die Pleura durch die Lungenwunde.
Der Grad des positiven intrapleuralen Druckes ist
wenig hoch, beinahe constant bei demselben Kran-
ken, er zeigt respiratorische Schwankungen von
einigen Centimetern, im Mittel von 6 — 8 cm
Wasser. Nach zufälligen Störungen sucht er sich
von selbst allmählich wieder auf sein bestimmtes
Niveau einzustellen, durch das Spiel der normalen
Respiration. Der Grad des Druckes ist, wenn nicht
gleich der Elastidtät der Lungen, so doch ihr ent-
sprechend und von ihr abhängig. Der positive
intrapleurale Druck im Pneumothorax ist eine Er-
scheinung von Adaption und pathologischer Com-
pensation, entsprechend der Persistenz der Fistel,
dazu bestimmt, letztere zu obliteriren, die beachtet
werden muss, sobald sie sich gebildet hat und
deren Entwickelung sich in der anfänglichen Suffo-
kationphase beschleunigen könnte. Die Messung
des Druckes der intrapleuralen Gase ist ein wich-
tiges diagnostisches Mittel zur Unterscheidung der
verschiedenen Pneumothoraxarten, besonders für
den Nachweis einer Lungenfistel, ihrer Persistenz
oder Obliteration. Gleichwohl liefert die Richtung
nach dem mittleren Drucke, sein Charakter (positiv,
null oder negativ), keine genauen Anhaltepunkte
für diese Diagnose; an seine Stelle muss man die
Betrachtung der höchsten Drucke setzen : der Druck
ist positiv in beiden Phasen bei allgemeinem
Pneumothorax mit persistenter Fistel; er ist positiv
während der Exspiration und negativ während
der Inspiration bei partiellem Pneumothorax mit
ofTener Fistel. Er ist negativ in beiden Phasen
bei allgemeinem Pneumothorax, wenn keine Fistel
vorhanden oder wenn sie seit kürzerer oder län-
gerer Zeit obliterirt ist
Noesske (Leipzig).
52
IV. Phannakologie und Toxikologie.
55. Zar Kenntniss der Lymphgef&asnea-
bildQDg in plearitiaohen Schwarten; von Dr.
L. Talke in Königsberg i. Pr. (Beitr. z. pathoL
Anat. u. allg. PathoL XXXII. 1. p. 106. 1903.)
Nach T. findet in entzündlichen Neubildungen
(Schwarten, Schwielen u. s. w.) Neubildung von
Lymphgefässen statt. Die neugebildeten Lymph-
gefässe zeigen verschiedene Formen: Endothel-
röhrchen (Lymphcapillaren mit einfacher Wand),
grössere Lymphgefftsse mit zweischichtiger Wand,
Plexusbildung, Lymphspalten im Gewebe, besonders
perivaskuläre Lymphspalten und schliesslich intra-
adventitielle (perivaskuläre) Lymphgefftsse. Der
Entstehungsmodus dieser Lymphgef&sse ist noch
nicht sichergestellt N o e s s k e (Kiel).
56. Beoherohes eliniqaes Bor relimination
de l'ether par las poamons; par Gh. Achard
et L. L 6 V i. (Arch. de M6d. exp^rim. et d'Anat
pathol. XIV. 3. p. 327. 1902.)
Um die Eliminationkraft der Lunge für flflchtige
Körper zu prüfen, spritzten A. u. L. Lösungen von
Schwefelftther in Wasser, bez. Olivenöl gesunden
und kranken Menschen unter die Haut und unter-
suchten die in besonderen Apparaten aufgefangene
Exspirationluft auf ihren Oehalt an Schwefel-
äther. Als empfindliches Reagens auf Spuren von
Schwefeläther dient eine Natriumbichromatlösung
im Verhältnisse von 1 : 300, die sich bei Gegen-
wart von Schwefeläther grün färbt
Das wichtigste Ergebniss ihrer Versuche ist
die Beobachtung, dass die Elimination flüchtiger
Körper durch die Luftwege weniger von dem
anatomischem Zustande des Lungenparenchyms
als von den bei der Respiration mitspielenden
physiologischen Momenten abhängt
N 0 e s s k e (Kiel).
57. Ueber dieVersohleppung von Kohlen-
staub in den Blutstrom; von Dr. K. Walz.
Mit 1 Tafel. (Arb. a. d. pathol. Inst, in Tübingen
m. 3. 1902.)
Nach W. ist das Vorkommen von Kohle inner-
halb der Blutbahn kein so überaus seltenes £r-
eigniss, wie allgemein angenommen wird. Er fand
in einem Falle neben tuberkulöser Meningitis eine
Kohlenembolie der Oehirngefässe, in einem 2. Falle
Kohle im cirkulirenden Blute. Beide Fälle müs-
sen auf den Einbruch einer anthrakotischen tuber-
kulösen Lymphdrüse in ein Blutgefäss zurück-
geführt werden. Im 3. Falle, bei Stauungslunge,
fanden sich Kohlepigment enthaltende Herzfehler-
zellen innerhalb von Blutgefässen und im Blute
des Infarktes. Durch diese Befunde ist erwies«!,
dass, entgegen der Ansicht von Weintraud und
V. Recklinghausen, die Verschleppung von
Kohlepigment auf dem Blutwege erfolgen kann.
Femer ist bewiesen, dass Kohlepigmentohne Durch-
bruch im Sinne Weigert's sowohl in die Blut-
bahn ein-, als auch, mit oder ohne Vermittelung
von Leukocyten, wieder in andere Organe aus-
wandern kann.
Die beiden ersten Fälle sind durch eine Figuren-
tafel illustrirt N o e s s k e (Kiel).
58. Zar Kenntniss der pathologischen Blat-
draokänderangen nach Beobaohtnngen von
weil. Dr. H. Hensen; von Dr. A. Oross in Kiel.
(Deutsches Arch. f. klin. Med. LXXIV. p. 296.
1902.)
Die Blutdruckmessungen wurden mit dem
Riva-Rocci 'sehen Apparate bei Morbus Base-
dowii unter dem Einflüsse von Digitalis und bei
Urämie ausgeführt. Beim Morbus Basedowii fand
sich Erhöhung und Labilität des Blutdruckes ; Digi-
talis steigerte bald den Blutdruck ohne, bald mit
Besserung der klinischen Symptome; bald ver-
schwanden die CompensationstOrungen ohne Blut-
drucksteigerung oder gar unter Blutdruckerniedri-
gung. In einigen Fällen fehlte die Wirkung auf
Blutdruck und Kreislaufstörung. Während der
Urämie wurde stets eine bedeutende Steigerung
des Blutdruckes constatirt, die mit der Besserung
zurückging. N o e s s k e (Kiel).
59. Ueber den Binfluss von Trinkkaren
mit Mineralwässern anf den osmotischen
Draok des mensohiiohen Blutes; von Dr. J.
Orossmann in Bukarest (Deutsche med. Wo-
chenschr. XXIX. 16. 1903.)
Die Versuche Or.'s bestätigen die Angabe von
S t r a u s s , dass das Blut seinen osmotischen Druck
gegenüber der Kochsalzzufuhr zum Körper mit
grosser Kraft festhält. Weder die Zufuhr hypo-
tonischer, noch die hypertonischer Flüssigkeiten
in grossen Mengen vermochte den osmotischen
Druck des Blutes in bemerkenswerther Weise zu
verändern. Auf den Harn ist die Wirkung ver-
schiedener Brunnen eine sehr verschiedene. Die
molekular hochconcentrirte Bonifaciusquelle stei-
gert hier den osmotischen Druck, während einfaches
Wasser und Neuenahrer Sprudel ihn herabsetzen.
Dippe.
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
60. Experimentelle Untenaohnngen über
das Verhalten des Eisens im Organismus der
Thiere und Menschen; von Dr. Henryk Lan-
dau. (Ztschr.f.klin.Med.XLVLl— 4.p.223.1902.)
Die Untersuchungen haben zu folgenden Er-
gebnissen geführt :
„1) Die anorganischen Eisensalze werden im
Yerdauungstractus der Thiere und Menschen resor-
birt. Diese Resorption kommt ausschliesslich im
Duodenum zu Standa Aus den Epithelzellen des-
selben gelangt das Eisen durch die Lymphvege,
sowie durch die Blutgefässe direkt weiter in den
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
53
EOrper. Die absolute Eisenmenge, die auf diesem
Wege sur Resorption gelangt, ist, wenigstens unter
physiologischen Verhältnissen, nur äusserst gering.
2) Das resorbirte Eisen wird hauptsächlich in der
Milz, theils auch in der Leber und im Knochen-
marke abgelagert; in den beiden letzten Organen
wahrscheinlich in enger organischer Verbindung, in
der das Eisen durch die gewöhnlichen Reaktive
nicht immer nachweisbar ist Nur das durch
den in Folge ungünstiger Ernährungsbedingungen
(Anämie, Hunger) stattfindenden massenhaften Zer-
fall der rothen Blutkörperchen im Körper frei wer-
dende Eisen sammelt sich fast vollkommen in der
Leber in der Gestalt einer lockeren Verbindung
an, wodurch der Oesammteisengehalt dieses Organs
bedeutend steigt 3) Die Eisenaiisscheidung findet
hauptsächlich in dem unteren Darmabschnitte
(Blind-, Dick-, Hastdarm), in viel geringerem Maasse
in den Nieren (durch das Epithel der gewundenen
Eanälohen) statt Nur wenn der Körper mit Eisen
fiberfflllt ist, nimmt auch die Ausscheidung des-
selben durch die Nieren einen etwas weiteren
Umfang an. 4) Der Z usatz von anorganischen Eisen-
salzen sn dem gewöhnlichen Futter der Kaninchen
steigert in ziemlich hohem Orade den Eisengehalt
der Leber und der Milz dieser Thiere. 6) Der Zu-
satz von anorganischen Eisensalzen zu künstlicher
eisenfreier Nahrung steigert ziemlich bedeutend
den ^sengehalt der Thiere, obwohl nicht in dem
Grade, dass derselbe dem Eisengehalte der normal
geffitterten Thiere gleich werde. Derselbe übt
gleichfalls einen günstigen Einfluss auf die Ent-
wickelungsfähigkeit , sowie auf den Allgemein-
zostand der Thiere aus (geringere Schwankungen
de« Körpergewichts, sowie der Blutbeschaffenheit
dieser Thiere denen gegenüber, die mit künstlicher
eifienfreier Nahrung ohne Eisenzusatz gefüttert
werden). 6) Der Grund der Wirksamkeit der
anorganischen Eisenpräparate bei manchen der
anämischen Zustände ist nicht in deren Neben-
wirkung (Reizung) auf die blutbildenden Organe,
sondern wahrscheinlich in der direkten Wirkung
SU suchen, und zwar wird durch dieselben das
Material zur Hämoglobinbildung, bez. zur Neubil-
dong der rothen Blutkörperchen geliefert.*' D i p p e.
61. üeber Pyrannm als Antinearalgioanoi ;
von Dr. Emma Schlesinger in Berlin. (The-
rap. Monatsh. XVII. 1. 1903.)
Pyranum ist eine Vereinigung von Benzoesäure,
Salicylsänre undThymol zu einem in Wasser leicht
Itelidien Natronsalz. An Thieren und Gesunden
erwies es sich als ungefährlich, bei verschiedenen
Kranken erwies es sich als mildes Antifebrile, als
gutes Antirheumaticum und als besonders gutes Anti-
nearalgicum. Man giebt es zu 0.5 — 1.0 in Oelatine-
hpseln oder in Pulvern mehrmals am Tage. D i p p e.
62. Das Aoetopyrin unter den Salioylaten;
von Dr. Wilhelm Meitner. (Petersb. med.
Wcbnschr. N. F. XX. 4. 1903.)
M. ist mit dem Acetopyrin ausserordentlich
zufrieden und hält es für das beste der zahlreichen
Salicylpräparate. Es belästigt den Magen, in dem
es in Antipyrin und Aspirin zerlegt wird, gar
nicht und hat trotz seines verhältnissmässig ge-
ringen Gehaltes an Salicylsänre und trotz der des-
halb nur geringen Nebenerscheinungen eine sehr
kräftige antirheumatische, antineuralgische u. s. w.
Wirkung. Dippe.
63. Mesotan, ein änsaerliohes Antirhea-
matioam; von Dr. E. Liepelt. (Berl. klin. Wo-
chenschr. XL. 1. 16. 1903.)
Bericht aus dem Krankenhause Bethanien zu
Berlin. Erfolge recht gut. L. wendet das Mesotan
zu gleichen Theilen mit Olivenöl an und lässt es
3mal täglich auf die kranken Gelenke einreiben,
die dann mit Watte oder Billrothbattist bedeckt
werden. In vielen Fällen kommt man damit allein
aus, zur Verstärkung der Wirkung sind kleine
Mengen von Aspirin sehr geeignet. In einem Falle
von Tripperrheumatismus wirkte das Mittel nicht.
Recht gut bewährte es sich bei Muskelrheu-
matismus. Dippe.
64. Das Theocin (Theophyllin) als Din-
retioom; von Dr. J. Stein. (Prag. med. Wchnschr.
XXVIII. 16. 1903.)
Bericht aus dem Erankenhause in Saaz. Er-
folge sehr gut. 3mal täglich 0.3 wirkten sehr
sicher, wurden gern genommen und verursachten
in der grossen Mehrzahl der Fälle keinerlei un-
angenehme Erscheinungen. Dippe.
65. Theodn (Theophyllin)» ein nenea Dia-
retioom; von Dr. Carl Doering. (Münchn.
med. Wchnschr. L. 9. 1903.)
Bericht aus der 1. inneren Abtheilung des
städtischen Erankenhauses am ürban zu Berlin.
Tagesdosis 0.5 — 1.2, 0.75 pro die scheinen meist
zu genflgen. Einige Kranke, meist Männer, be-
kamen bei einigermaassen grossen Dosen Erbrechen.
Gesammturtheil: „Kurz zusammengefasst haben wir
also im Theocin ein Mittel, das schneller und stärker
auf die Diurese wirkt als die bisher bekannten
Diuretica, besonders das Theobromin. Ein voller
Ersatz für dieses Mittel ist es aber nicht, da seine
Wirkung weit weniger nachhaltig ist und bei län-
gerem Gebrauche meist sehr schnell aufhört. Auch
für Coffein ist es kein voller Ersatz, da ihm eine
Wirkung auf das Herz nicht zukommt. Haupt-
sächlich indicirt erscheint es da, wo es sich darum
handelt, einen grossen Hydrops schnell zu be-
seitigen." Dippe.
66. Therapeutische Versaohe mit Theocin;
von Dr. Ludwig L6vy. (Ungar, med. Presse
Vm. 10. 1903.)
Bericht aus dem Budapester St.- Rochusspital.
Erfolge in den meisten Fällen gut. L. meint, man
solle das Theocin aufgeben, wenn nicht sofort:
64
lY. Pharmakologie und Toxikologie.
nach den ersten 1 — 2 Gaben eine deutliche Wir-
kung eintritt Es ist dann überhaupt nicht viel
von dem Mittel zu erwarten und man riskirt un-
angenehme Erscheinungen. Wirkt das Theocin
gleich von Anfang gut, dann kann man oft Ueber-
raschendes mit ihm erzielen. D i p p e.
67. Ueber die dioretlBohe Wirkung des
Theophyllin (Theooin); von Dr. Oscar Stross.
(Wien. klin. Rundschau XVn. 20. 1903.)
Bericht aus der 1. med. Abtheilang des k. k.
Krankenhauses in Wien : Das Theooin ist ein ausser-
ordentlich sicher wirkendes Diuretioum, und zwar
tritt die Wirkung schon nach kleinen Oaben ein.
Schwächt sie sich ab, so nOtzt es nichts, die Dosis
zu steigern, es ist richtiger, einige Tage auszu-
setzen, meist wirken dann die kleinen Oaben wieder
gut Das Theocin bewirkt oft unangenehme Neben-
erscheinungen: Uebelkeit, Erbrechen, Kopfschmer-
zen, Unruhe, Schlaflosigkeit In vielen Fftllen hilft
hiergegen eine Verbindung mit Hedonal (0.5) Mor-
phin, Opium, Belladonna. Wesentlich scheint es
zu sein, dass man das Mittel nicht am Nachmittage
und Abend giebt; 3mal tfiglichO.2 — 0.3, die letzte
Oabe nach dem Mittagessen, wurde meist gut ver-
tragen. Dippe.
68. Erflahrangen mit Stjrpticin; von Dr.
JohannvonCsiky. (Deutsche Med.-Ztg.Nr. 26.
1903.)
v. Gs. ist mit dem Stypticin sehr zufrieden.
Er giebt es in ziemlich grossen Mengen, 5 bis
8 Tabletten pro Tag, und hat sehr gute Erfolge
gesehen : bei den Blutungen in Folge ungenügender
Rückbildung der Oebärmutter im Wochenbette,
nach Aborten, bei entzündlichen Erkrankungen der
Oebärmutter und der Anhänge, nach der Aus-
kratzung wegen Endometritis, bei Fibromen und
bei krankhafter Lage des Uterus. Dippe.
69. Ueber die therapeatlBOhe Verwendung
des Dionin in der Frazie; von Dr. Eduard
Thumen in Wien. (Klin.-therap. Wchnschr.
Nr. 12. 1903.)
Th. rühmt das Dionin sehr seiner schmerz-
stillenden und beruhigenden Wirkung wegen. Er
hat es gegen die verschiedensten Leiden mit gutem
Erfolge angewandt: Entweder Dionin 0.4, Aq.
amygd. amar. 20.0, M. D. S. 3mal täglich 15 Tropfen,
oder in Pulvern zu 0.03. Dippe.
70. Experimentelle Beitrage BorKenntniaa
einiger Morphinderivate (Codein, Dionin, He-
roin, Feronin); von Prof. A. Mayor in Genf.
(Therap. Monateh. XVIL 5. 6. 1903.)
Aus den eingehenden Untersuchungen M.'8
interessiren uns am meisten die für die praktische
Anwendung der geprüften Morphinderivate ge-
zogenen Schlüsse. Danach ist das Peronin als zu
ausgesprochenes Herzgift überhaupt nicht zu em-
pfehlen. Als Hustenmittel ist es durch die 3 anderen
leicht zu ersetzen. Von diesen sagt IL: „Das
Heroin setzt unzweifelhaft dieTh&tigkeit der sensi-
tiven Centralorgane herab. Das Dionin, das in
seiner Wirkung viel Aehnlichkeit mit dem Godein
hat, wirkt gegen Hustenreiz, indem es, wie letz-
teres, eine Art elektive Wirkung auf die sensitiven
Nervenendigungen der Tracheal- und Bronchial-
schleimhaut ausübt Das Dionin schafft keine
Euphorie und ist deshalb bei der Abgewühnung des
Morphins gut zu verwenden, da es das Auftreten
des zu fürchtenden Herzcollapses verhindert Das
Heroin schafft Euphorie und ist deshalb nur mit
Vorsicht zu verwenden. Als Analgeticum über-
trifft es entschieden das Codein. Als Schlafmittel
sind beide nicht viel werth. Dippe.
71. Ueber Veronal; von Dr. Walter Be-
reut. (Therap. Monatsh. XVn. 6. 1903.)
Beridit aus der inneren Abtheilung des städti-
schen Krankenhauses Moabit in Berlin: Erfolge
gut Bei heftigen Schmerzen, starker DyspnOe
lässt das Mittel meist im Stich, bei einfacher
Schlaflosigkeit wirken kleine Oaben zu etwa 0.5
sicher und angenehm. Bei starker Erregung hat
B. grosse Dosen bis zu 3.5 auf einmal und 8.0 in
24 Stunden gegeben, hat dabei niemals bedenk-
liche Erscheinungen, oft aber, namentlich auch bei
beginnendem Delirium tremens, eine sehr gute
Wirkung gesehen. D i p p a
72. Veronal» ein neues Sohlaftnittel; von
Dr. A. Lilien feld in Gross- Lichterfelde. (BerL
klin. Wchnschr. XL. 21. 1903.)
L. fasst seine Erfahrungen dahin zusammen :
„dass wir in dem Veronal ein, ich mOchte fast
sagen unfehlbares Hypnoticum gewonnen haben,
dem keines unserer bisherigen Schlafmittel an
Sicherheit und Intensität derWirkunggleichkommt*^
Mittlere Dosis 0.5, bei Frauen wirken oft schon 0.3.
In warmem Theo oder warmer Milch wurde das
Mittel stets gern genommen. Die Wirkung tritt
nach etwa ^/| Stunde ein und hält 7 — 9 Stunden
an. Von unerwünschten Wirkungen stellte sich
nur bei einer Hysterischen ein Ausschlag, ähnlich
wie nach Antipyrin, ein. Anhaltende Darreichung
war ohne Nachtheil. Die Wirkung liess nicht nach.'
Herz- und Lungenkranke vertrugen das Veronal
vorzüglich, besonders bewährte es sich auch bei
Morphinmentziehungskuren. Dippe.
73. Ueber die therapeatlBOhe Wirkung des
neuen SohlafknitteU Veronal; von Dr. Poly.
(Münchn. med. Wchnschr. L. 20. 1903.)
In der Würzburger medicinischen Klinik hat
sich das Veronal vortrefflich bewährt. Es wirkte
zu 0.25 — 0.75 ausserordentlich sicher und an-
genehm, auch da, wo Sulfonal und Trional im
Stiche gelassen hatten. Es erregte (auch bei
schwachem und krankem Magen) keinerlei un-
angenehme Nebenerscheinungen und schw&chte
IV. Pharmakologie nnd Toxikologie.
55
sich in seiner Wirkung auch bei l&ngerem Qe-
brauche nioht ab.
Bei schwaohen und massigen Schmerzen tritt
meist ein guter Schlaf ein, bei starken Schmerzen
nur dann, wenn man neben dem Veronal etwas
Morphin giebt. D i p p e.
74. üeber eine neue Verbindung des An«
isthesins (Dr. Bitsert) sur subcutanen Injek-
tion nSnbontin^ (Dr. Bitaert) ; von Dr. B e c k e r.
(Mflnchn. med. Wchnschr. L. 20. 1903.)
Das „Anästhesin'S ^^^ Aethylester der Para-
amidobenzo3saure, ist als lokales Anästheticum be-
reits vielfach erprobt und bewährt gefunden worden.
Es wirkt in Pulver, Salben und Öligen Lösungen
auf die Haut (namentlich auch nach Verlust des
deckenden Epithels, bei Brandwunden u. s. w.) und
auf die verschiedenen Schleimhäute stark anästhe-
sirend und hat vor ähnlichen Mitteln den grossen
Vorzug, nicht giftig zu sein. Seiner Verwendung
zu Einspritzungen unter die Haut stand seine Dn-
iSelichkeit in Wasser sehr im Wege. Versuche
mit öligen Lösungen befriedigten nicht und das
gut lösliche salzsaure Salz des Anästhesins erwies
sich bei ausgedehnter Anwendung als zu reizend.
Bei weiteren Versuchen hat nun Ritsert in
der paraphenolsulphosauren Verbindung des An-
ästhesins einen Körper gefunden, der allen An-
forderungen an ein subcutan anzuwendendes An-
ästheticum Yortreffiich entspricht Das „Subcutin'^
ein weisses, krystalLnisches Pulver aus feinen
Nadeln, löst sich in kaltem Wasser zu l<>/o, bei
Körperwärme zu 2.5<^/o. Es ist in Lösung haltbar
nnd beständig beim Kochen. Es wirkt entwicke-
Inngshemmend auf Bakterien und ist auch in
grossen Oaben nioht giftig. Dm eine Iproc. Lösung
der Qewebeflüssigkeit isotonisch zu machen, muss
man etwa 0.7<^/o Kochsalz hinzufügen. Mit dieser
Lteong hat B. ausgedehnte Versuche gemacht
nnd hat gefunden, dass sie sowohl bei S c h 1 e i c h'-
aeher Infiltrationanästhesie, wie zur regionären
Anästhesie nach Reclus und Oberst vortreff-
lich zu verwenden ist. Sie wirkt ebenso sicher
QBd angenehm, wie das giftige Cocain. D i p p e.
75. Untersaohungen Aber Fhoaphorleber-
timn; von Dr. Alfred Heiduschka. (Arch.
f. Kinderhkde. XXXTTL 3—6. p. 23L 1902.)
E hat die gebräuchliche Phosphorleberthran-
ISsongaos verschiedenen Dresdener Apotheken auf
ihre Haltbarkeit untersucht Dabei ergab sich,
pdiss Phosphorleberthran keine uneingeschränkte
Haltbarkeit besitzt, dass er aber in der Stärke und
Qo&Btität, wie er bisjetzt meist angewendet worden
nt(0Ljec.a8elli 100.0, Pho8ph.0.01), vollkommen
die Haltbarkeit besitzt, die ein Arzt von einem
Anneimittel verlangen muss^^ Nach Verlauf von
S Tagen waren im Maximum 22<^/o des in der
litang enthaltenen Phosphors oxydirt.
Brückner (Dresden).
76. Suli'asione terapeutioa delle iniesioni
endovenose di iodio metallioo ; per L. M. S p o 1 -
verini. (Polidin. VIU. 7. 8. p. 289. 364. 1901.)
Durch das Brgebniss seiner Thierversuche
ermuthigt, hat Sp. auch beim Menschen Ein-
spritzungen von metallischem Jod in die Venen
vorgenommen, und zwar bei der tuberkulösen Peri-
tonitis und der tuberkulösen Lymphadenitis der
Kinder, bei chronischem Oelenkrheumatismus und
bei Syphilis. Den Kindern spritzte er jeden 2. bis
3. Tag 5 cg metallischen Jodes ein, d. h. 5 com der
folgenden Lösung: Jodi 1.0, Kai. jodat. 3.0, Aq.
destill, et steril. 100.0; den Erwachsenen täglich
oder jeden 2. Tag 21 — 28 cg metallischen Jodes,
d. h. 15 — 20ccm der Lösung: Jodi 1.5, Kai. jodat.
5.0, Aq. destill, et steril. 100.0. Die Technik ist
sehr einfach, wenn das Venensystem gut entwickelt
ist Die Einspritzungen verursachen nur ein leich-
tes, schnell vorübergehendes Brennen und werden
in der Regel sehr gut vertragen ; auch nach der
Einverleibung von 28 cg Jod hat Sp. keinerlei
Vergiftungserscheinungen, keine Nierenreizung und
keine Blutveränderung beobachtet Nur die be-
nutzte Vene weist regelmässig etwa 2 Tage nach
der Einspritzung eine ziemlich beträchtliche, aber
schmerzlose Verdickung auf, die sich von der Ein-
stichstelle aus 10 — 12 cm weit erstreckt. Wie
die mikroskopische Untersuchung lehrt, handelt es
sich dabei nicht um eine Thrombosirung, sondern
nur um eine Wandverdickung durch kleinzellige
Infiltration und Wucherung der Bindegewebe-
elemente in der Media und Adventitia ; das Endo-
thel bleibt intakt. Diese Verdickung kann sich
bei Kindern nach einigen Wochen völlig zurfick-
bilden, bleibt aber bei Erwachsenen, besonders bei
älteren Personen, in der Regel bestehen. Ganz
ausnahmeweise treten nach der Einspritzung stär-
kere örtliche Reizerscheinungen auf, die die Durch-
führung der Kur unmöglich machen können.
Die Erfolge waren überraschend gut. Bei
2 Kindern mit tuberkulöser Peritonitis trat schon
nach der 3. Einspritzung eine deutliche Besserung
ein, der Ascites fing an zurückzugehen, nach 8 bis
10 Einspritzungen war ein Flüssigkeiterguss nicht
mehr nachzuweisen und 1^/^ Monate nach Beginn
der Behandlung konnten die Kinder in gutem Zu-
stande entlassen werden ; auch 2 — 3 Monate später
war das Befinden unverändert gut. In einem
anderen Falle bestand gleichzeitig eine tuberkulöse
Enteritis, und in dem 4. Falle traten nach einigen
Einspritzungen die oben erwähnten örtlichen Reiz-
erscheinungen auf; aber auch in diesen beiden
Fällen war die günstige Einwirkung der Jodinjek-
tionen auf die Bauchfelierkrankung deutlich zu
erkennen. Einen sehr guten Erfolg erzielte Sp.
bei einem 7jähr. Kinde mit tuberkulöser Lymph-
adenitis. Auch in 2 Fällen von chronischem Oe-
lenkrheumatismus, in denen die gewöhnlichen Kur-
mittel wirkungslos geblieben waren, trat nach 5 bis
8 Jodeinspritzungen (zu 0.21 Jod. pur.) eine über-
56
V. Neuropaihologie und Psydiiatrie.
raschende Besserung ein. Yonügliche Resultate
waren bei 2 Lueskranken zu verzeichnen, besonders
in einem Falle von multipler Osteoperiostitis, Haut-
gummata und Orchitis, in dem schon nach der
2. Injektion die Besserung zu Tage trat und nach
7 Injektionen alle syphilitischen Krankheiterschei-
nungen geheilt waren.
Nach diesen Erfahrungen glaubt S p. die endo-
venGsen Jodeinspritzungen bei den 4 genannten
Erankheitzustftnden als ein einfaches und wirk-
sames Eurmittel empfehlen zu kOnnen, besonders
wenn die gewöhnlichen Mittel, auch der innere
Oebrauch der Jodpräparate, im Stiche lassen.
Janssen (Rom).
V. Neuropathologie und Psychiatrie.
77. Ueber Morbus Basedowii. (VgLJahrbb.
CCLXXVm. p. 49.)
E. Oause (Ueber die Psychosen bei Morbus
Basedowii. Inaug.-Diss. Marburg 1902) theilt
3 Krankengeschichten aus der Marburger Irren-
anstalt mit
Im 1. Falle handelte es sich um eine 59jähr. Person,
die erst puella publica, dann Zeitongstiügerin gewesen
war und offenbar viel getrunken hatte. Der Morbus
Basedowii sollte vor 2—3 Jahren begonnen haben. Vor
14 Tagen war die Kr. erregt und verwirrt geworden.
Sie war nicht orientirt, euphorisch. £s trat iinkseitige
Lähmung auf. Der schwere Morbus Basedowii blieb
während der Beobachtung ziemlich unverändert Die
Kr. verfiel, wurde ödematös, bekam Pleuraerguss und
starb nach 2 Monaten.
Ausser Trübung der Pia und einer kleinen Blutung
im 4. Ventrikel wurde im Gehirn nichts gefunden. Natür-
lich Herzentartung. Leberverhärtung.
Die 2. Kr. war eine 77jähr. Frau. Vor IVt Jahren
waren die Augen vorgetreten. Seit 2 Monaten war die
Kr. erregt und verwirrt.
DiePat., deren Morbus Basedowii nicht ganz zweifel-
los war, ging schon nach ein paar Tagen zu Grunde.
Ausser senilen Veränderungen wurde nichts Be-
sonderes gefunden.
Die 3. Kr. war ein 25jähr. Mädchen aus belasteter
Familie. Sie war begabt, aber von jeher abnorm ge-
wesen. Vor 4 Jahren hatte sich nach den Masern der
Morbus Basedowii entwickelt Die Kr. war immer
schrullenhafter und unzugänglicher geworden, hatte aller-
hand Wahnvorstellungen geäussert.
In der Anstalt zeigte die Kr. das Bild der katatoni-
schen Verwirrtheit, verfiel und ging nach >/s Jahre zu
Grunde. Exophthalmus, Struma, Tachykardie blieben,
wie es scheint, ziemlich unverändert
Die Sektion ergab nichts Besonderes.
Der Vf. versucht die Literatur zu besprechen
und kommt zu dem Schlüsse, dass verschiedene
Combinationen vorkommen und weitere Unter-
suchungen wünschenswerth seien.
James Nevins Hyde (The dermatoses
occurring in exophthalmic goitre. Transact. of the
Amer. dermat Assoc Chicago p. 150. 1903) be-
richtet über Hauterkrankungen bei Morbus Base-
dowii.
I. 39jähr. Frau. Morbus Basedowii und Hidro-
cystoma, d. h. wassererfüllte Bläschen, gruppenweise im
Oesicht
II. 24jähr. Mädchen. Morbus Basedowii und Tele-
angiektasie, d. h. Erweiterung der kleinen Blutgefässe der
Stirn haut, weniger der Gesichts- und Halshaut
lU. 42jähr. Frau. Morbus Basedowii imd Pruritus.
IV. 49jähr. Frau. Morbus Basedowii, Pruritus und
^angioneurotisches Oedem*^.
Der Vf. weist auf den Zusammenhang von
starkem Schwitzen mit dem „Hidrocystoma'S von
Hyperämie der Haut mit der Neubildung kleiner
Oefftsse hin, erw&hnt, dass Pruritus schon früher
bei Morbus Basedowii beschrieben worden sei,
und giebt eine üebersicht über das, was andere
Autoren an der Haut der Basedow -Kranken ge-
sehen haben.
R. Llewelyn Jones (Oraves's disease in
association with rheumatoid arthritis. Brit med.
Joum. May 2. 1903) setzt auseinander, dass neben
Morbus Basedowii Zeichen von Rheumatismus be-
stehen kOnnen und dass manche Symptome (z. B.
Schwitzen) beiden Krankheiten sozusagen ange-
hören. Es kommt bei dem Hin- und Herreden gar
nichts heraus. Eine recht werthlose Tabelle über
20 Er. mit Basedow-Symptomen wird beigegeben.
Lorand (L'origine du diab^teet ses rapports
avec les 6tats morbides des glandes sanguines.
Extr. du Bull, de la Soc. royale des Sc. m6d. ä
Bruxelles) weist darauf hin, dass Beziehungen
zwischen Diabetes, Akromegalie und Morbus Base-
dowii bestehen möchten. Sei eine der in Betracht
kommenden Drüsen (Pankreas, Hypophyse, Schild-
drüse) erkrankt, so träten auch in den anderen Ver-
änderungen ein.
A. Bydel (Zur Rodagenbehandlung der Baae-
dow'schen Krankheit Charit6-Annalen XXVIL
p. 601. 1903) berichtet über 3 mit Rodagen be-
handelte Basedow-Patientinnen. Es war nur ein
geringer und vorübergehender Erfolg wahrzu-
nehmen, der sich auch durch Suggestion erklaren
liess. Es wurden 15 — 20 g tAglich gegeben. R
macht darauf aufmerksam, dass diese Menge nur
40g Milch entspreche, also von vornherein als
ungenügend anzusehen sei.
R. Heller (Zur Therapie der Basedow 'sehen
Krankheit Wien. med. Presse. Sond.-Abdr. aus
Nr. 10 u. 11. 1903) hat von Wasserbehandlung
gute Erfolge bei Morbus Basedowii gesehen. Er
liess auf ein in warmes Wasser getauchtes Lein-
tuch einen 40 cm langen, 20 cm breiten Rücken-
schlauch aus Kautschuk legen ; der Patient leg^e
sich so, dass die Wirbelsäule dem Schlauche auflag,
wurde dann eingepackt und blieb, während 38 bis
40gradiges Wasser durch den Schlauch geleitet
wurde, eine Stunde liegen; den Schluss machte
eine Halbbad von 24— 22* R Der Vf. su<^t zu
zeigen, dass durch dieses Verfahren die Pulaourve
in günstigem Sinne verändert werde, und theilt
einige Krankengeschichten mit M ö b i u s.
y. Neuropafhologie und Psychiatrie.
57
78. Bor SegmentdlAgDOfle d«r Süokeii«
nurksgetohwAlste, nebtt einein naaen duroh
OperiUon geheilten Fall; von F. Krause.
(Berl. kliD. Wchnechr. XXXVIII. 20. 21. 22. 1901.)
Er. berichtet über 3 F&Ile von RQokenmarks-
tomor.
Im 1. Falle (65jähr. Frau) bestanden durch 3 Jahre
onr Schwäche nnd Paritotbesien im rechten Beine und in
der rechten Hüfte, die allmählich in gleicher Hohe auch
laf die linke Seite übergingen. Im J. 1900 war das rechte
Bein ganz gelähmt, die Muskeln waren nicht atrophisch ;
lioks bestand Therm anästheeie und Analgesie im ganzen
Beine bis in die Inguinalgegend, im reohten Beine nur
Lagegeffihlstörung. Dazu rechts etwas unterhalb des
Dsrmbeinkammes zwischen Kreuzbein und Trochanter
eüie totale Anästhesie, darüber eine Hypästhesiezone.
Pitdlareflexe beiderseits gleich; rechts Achillesdonus.
Die Diagnose, deren Begründung Kr. ausführlich erörtert,
wurde nach Symptomen und Verlauf auf einen Tumor an
der rechten Seite des Markes in der Höhe des 10. Dorsal-
segmentes gestellt; da im Gebiete des 12. totale An-
istliede bestand, nahm Kr. ein Hinaufreichen des Tumor
Ins in das 10. Segment nach der Angabe des Ref, an.
Hier wurde der Tumor auch gefunden. Es handelte sich
un ein Psammoearkom der Innenfläche der Dura. Es
tut fast volle Heilung ein. Von Interesse war in diesem
FilJe das fast vollständige Fehlen der initialen Schmerzen,
das sich dadurch erklärt, dass der Tumor zwischen
2 Warzelursprüngen sass.
Im 2. Falle handelte es sioh um ein metastatischee
Wirbelearcinom nach Exstirpation einer Mamma wegen
(>tfciDoma. Es bestand Paraplegie mit nicht vollstän-
diger Anästhesie der Beine; dazu noch gürtelförmige
totele Anästhesie in der Höhe des 7. Dorsalsegmentes ; ent-
fipreehend den Angaben des Eef. war auch hier wieder
das 5. Dorsalsegment durch den carcinomatös erkrankten
4. Wirbelkörper zerstört
Im 3. Falle, den K r. schon früher publioirt hat, war
die Segmentdiagnose erschwert durch das aussergewöhn-
ückeVorkommniss, dass der Tumor nicht nur das Rücken-
mark in der Höhe seines Sitzes oomprimirt hatte, sondern
auch die an seinem Sitze vorübergehenden, zum Wirbel-
aastritte verlaufenden Wurzeln. §o reichte die Anästhesie
uf Seite des Tumor bis in das 6. Dorsalsegment, woraus
man uatar gewöhnlichen Umstanden auf eine Betheilignng
fflindestens des 5. geschlossen haben würde in der Höhe
des 4. Brustwirbels, während hier der Tumor nur bis zum
& Wir^lkörper reichte. MaasMebend für die Diagnose
vxr in diesem Falle deutUohe Wirbelempfindlichkeit in
der Höhe des Tumor. L. B r u n s (Hannover).
79. Bin operirter Bftokenmarkatamor;
gleiohseitig ein Beitrag sarliehre derBrown'-
Sequard'sohenHalbaeitenlftaioo und rar Kennt-
ite des Verlaufes der aenaiblen Bahnen im
Bfiokanmarke; von A. Boettiger. (Arch. f.
Psych. XL Nervenhkde. XXXV. 1. p. SL 1901.)
& beaprioht nooh einmal genaa den 1, von
Krause beaohriebenen Kranken, den er vor Kr.
urteisocht hat und bei dem er die Diagnose ge-
stallt hat Br vervoUstftndigt in einigen Besiehun«
88ä die Symptooiatologie, z. B. bestand am rechten
Une KxteDsoren-Gontraktur und eine Lähmnng
te rächten Banohmasknlator ohne Yeränderung
^elaktrisohen Erregbarkeit Die Segmentdiagnose
kit & mehr ans den motorischen Symptomen ge-
stallt; bei der supranuolearen Lfthmung der Bauch-
nifikflln nahm er eine Betheilignng des 8. Dorsal-
segnentes an, und in dieser Höhe wurde der Tumor
Med. Jahrbb. Bd. 279. Hft 1.
auch gefunden. Von Interesse ist noch Folgendes:
Der Tumor hatte genau nur das 8. Dorsalsegment
oomprimirt Die AnAsthesien auf der Seite des
Tumor erstreckten sich aber auf das Gebiet von
mindestens 3 Segmenten. Deshalb nimmt B. an,
dass die sensiblen Wureelfasem, die sich ja im
Rückenmarke kreuzen und auf die andere Seite
übergehen, das nicht gleich thun, sondern erst
durch 3 Segmente etwa auf derselben Seite ver-
bleiben. L. B r u n 8 (Hannover).
80. Oontributo allo studio deitnmoriinoi«
pienti della superfleie cerebrale e del niidoUo
spinale; pel Mingassini. (Riv. sperim. di
Freniatr. XXVIL 3 e 4. 1901.)
M. bringt zuerst 3 F&lle von Hirntumor. In
den beiden ersteren handelte es sich um Tumoren
der motorischen Region. Die Lokaldiagnose war
leicht; im 1. Falle konnte der Tumor mit gutem
Erfolge exstirpirt werden. In beiden Fällen war
die Allgemeindiagnose schwierig, weil chronische
Ohreiterung bestand.
Im 3. Falle, in dem als Lokalsymptom senso-
rische Aphasie mit Alexie und Agraphie bestand,
wurde über dem linken Schl&fenlappen ein Oummi
exstirpirt Der Kranke starb unter erneuten
Krämpfen ; der linke Schläfenlappen war erweicht
Im 4. Falle handelte es sich um Ljmphomatose
der Wirbelsäule. Die Rückenmarkserscheinungen
wiesen zunächst auf ein Ergriffensein des oberen
Halsmarkes, dann der Halsanschwellung hin. Erst
Schmerzen in den Armen und spastische Lähmung
des rechten Armes, später Lähmung und Muskel-
atrophie beider Arme, dann spastische Parese der
Beine mit Blasen« und MastdarmstOrungen.
Im^ 5. Falle hatte eine Sarkommetastase in der
Dura des unteren Halsmarkes zuerst nur isolirte
linkseitige Serratuslähmung hervorgerufen ; später
wurde erst der linke, dann der rechte Arm ge-
lähmt und atrophisch. Die linke Pupille und Lid-
spalte waren enger als rechts. Sarkommassen am
Nacken zu fühlen. L. Br u n s (Hannover).
81. The sensory seginental area of the
nmbiUona; bj William Q. Spiller. (Philad.
med. Joum. IX. 6. p. 293. 1902.)
In einem FaUe von Zerst^^ng des Markes durch
Fraktur der Wirbelsäule reichte die totale Gefühl-
losigkeit genau bis in die Hübe des Nabels. Die
Zerstörung des Markes betraf das 9. bis 10. Dorsal-
segment; das bestätigt die Ansicht Head's gegen-
über Thorburn, der das Gebiet des Nabels in
ein tieferes Segment verlegt
L. Bruns (Hannover).
88. ▲ oaae of mf elema <rf the spine with
oonpreasion of (he oord; by J. J. Thomas.
(Boston med« and surg. Joum. CXLY. 14. p. 367.
1901.)
Der Fall betraf einen Mann von 39 Jahren, unter
Schmerzen in der Brust entwickelte sich allmfthlich eine
8
58
y. Neuropathologie und Psyofaiatria
spastisch-ataktische Pataplegie mit Gesichts- und Blasen-
störangen; dahei eine bogenförmige Kyphose der Wirbel-
säule. Allmählich entwickelte sich eine Schwellung am
hinteren Ende der linken 5. Rippe; im Urin fand sich
Albamen und Albamose. Bei der Operation fanden sich
aasgedehnte Enochenerkrankangen; es wurde so viel
wie möglich entfernt. Der Erfolg war trotz der unvoll-
ständigen Entfernang der Tumormassen funktionell ein
sehr guter; der Fat. konnte wieder seinen Beruf als
Recht»uiwalt ausüben. L. B r u n s (Hannover).
83. üeber einen operaÜT behandelten Fall
von Büokenmarkstamor ; von H. Oppenheim.
(Berl. kün. Wchnschr. XXXIX. 39. 1902.)
O.'s neuer Fall ähnelt fast genau einem früher von
ihm beschriebenen; nur war diesmal der Erfolg ein glück-
licher; die Fat überstand die Operation und wurde voll-
ständig geheilt Die Krankheit begann mit Schmerzen in
der rechten Abdominalgegend in der Höhe des Nabels;
dazu kamen spastische Farese des rechten Beines und Hyp-
ästhesie am linken Beine. Später war in der Hohe des
Nabels der Schmerz auf beiden Seiten vorhanden; in den-
selben Qebieten auch totale Anästhesie ; der Abdominal-
reflex fehlte unterhalb des Nabels; die Bauchmuskeln
waren rechts schwächer und etwas atrophisch; es fand
sich spastische Farese beider Beine mit ausgesprochenen
Gefuhlstorungen, die aber links stärker waren als rechts.
Blasen- und Mastdarmstörungen. An der Wirbelsäule
ausser Skoliose nichts. Der Tumor fand sich rechts in
der Höbe des 9. und 10. Dorsalsegmentes, intradural; er
konnte leicht entfernt werden ; der OperationverUuf war
ein sehr günstiger; Fat wurde vollkommen geheilt.
L. B r u n 8 (Hannover).
84. Spinal cord tmnon — tmnora of the
central nervonia System: remarks on note-
worthy oases ; by J. C o 1 1 i n s. (New York med.
Heoord LXIL 23. p. 882. 1902.)
Nach einigen, ziemlich kurzen Bemerkungen
über die Symptomatologie der Rackenmarks-
tumoren, speciell der extramedullären, bringt G.
3 eigene Fälle. Im 1. Falle waren die Symptome
typisch; die Diagnose eines extramedullären Tumor
am Dorsalmarke wurde gestellt und eine Operation
vorgeschlagen ; aber erst 10 Monate später, nach-
dem das Leiden sehr viel schlimmer geworden war,
wurde die Operation gestattet Der Tumor konnte
glatt entfernt werden, die Lähmungen gingen aber
nicht mehr zurück. Im 2. Falle war nur die Dia-
gnose Myelitis gestellt. Im 3. Falle starb die Fat,
nachdem man eine Operation in Aussicht genommen
hatte ; hier hatten sich die Symptome rapid ent-
wickelt Es fand sich eine sehr ausgedehnte weiche
Geschwulst in der Pia. C. ist der Ansicht, dass
bei einiger Sicherheit der Diagnose die Rücken-
markstumoren operativ angegriffen werden müssten,
hebt aber die Schwere der Operation besonders
hervor. Zuletzt folgt eine Tabelle der operativen
und nicht operativen Rückenmarkstumorfälle.
L. B r u n s (Hannover).
85. Fibroma of the upper dorsal region of
the spinal oord, remoTal, death and aatopsy ;
by Allen Starr. (Philad. med. Joum. IX. 6.
p. 288. 1900.)
St's Er. litt zunftohst an heftigen linkseitigen
Schmerzen in der Herzgegend, genau in der Gegend der
linken Brustwarze; später bestand doppelseitige Para-
plegie und Anästhesie; ein Brown-Sequard'sohes
Stadinm wurde nicht beobachtet Es wurde die Diagnose
eines Tumor am 5. Dorsalsegment gestellt, aber erst am 3.
[entsprechend den Angaben des Sef.] wurde der Tumor
gefanden. Eine Besserung in den Lähmungserscheinun-
gen trat nicht ein, das Mark war zu schwer geschädigt;
S t. schiebt das darauf, dass nach der Diagnose erst noch
eine Quecksilberkur vorgenommen war ; er hält das durch-
aus für unzulässig, da erstens Oummiknoten am Mark
sehr selten seien und zweitens auch operativ behandelt
werden könnten. Der Tod trat in Folge von schwerem
Decubitus ein. L. B r u n s (Hannover).
86. Infantile paralyais; an epidemic of
88 oaaes; by Charles F. Painter. (Boston
med. and surg. Journ. CXLVIL 24. p. 633. 1902.)
Die Poliomyelitis trat in Glouoester (Mass.) im
Sommer 1900 gehftuft auf. Alle Fälle kamen in
einem Umkreise von 4 Meilen vor. Von Interesse
ist der umstand, dass auch diese Epidemie [wie die
vom Bef. aus dem Jahre 1898 mitgetheilte] in der
Zeit von Juni bis September auftrat üebrigens
sollen nach Dana 80<^/o der F&lle von Poliomyelitis
überhaupt in die Zeit zwischen Juni und September
fallen. Binmal begann die Krankheit mit Krämpfen
im Oesicht; je Imal war eine leichte Facialis-
lähmung, und eine leichte Ptosis zu bemerken ; bei
3 Kindern blieb seit der Krankheit eine Blasen-
incontinenz zurück. Nur 1 Kind starb. Bemerkens-
werth ist, dass während dieser Zeit in jener Gegend
2 Todesfälle an Cerebrospinalmeningitis vorkamen.
Wahrscheinlich war noch in 20 anderen Fällen die
Diagnose Poliomyelitis zu stellen; indessen konnte
P. darüber keine genauen Mittheilungen erhalten.
Als Ursache der Epidemie will er die abnorme
Hitze, die während dieser Zeit bestand, ansehen.
Das jüngste Kind war 13 Monate, das älteste
10 Jahre, 23 waren 3 Jahre alt oder jünger. Bei
keinem der Pat verschwand die Lähmung ganz.
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
87. Paralyaie aaoendente aigud. Nirrite
radioalaire sana altöration möningee. Absenoe
de lymphooytose dans le liquide oephalo-
raofaidien; parF. Widal et L. Le Sourd. (Oaz.
des H6p. LXXV. 147. p. 1449. 1902.)
W. und Le S. hatten Gelegenheit, die Autopsie
auszuführen in einem Falle, in dem man im Leben
die Entwickelung einer akut aufsteigenden Paralyse
beobachten konnte. Zuerst waren die Beine ge-
lähmt, dann befiel die Lähmung plOtzlidi die
Muskeln des Oesichts und verschonte hierbei die
Muskeln der Arme, die erst sub finemvitae befallen
wurden. Die einzige ausgesprochene Veränderung,
die man bei der mikroskopischen Untersuchung
feststellen konnte, war eine an den vorderen Wurzeln
lokalisirte Neuritis. Die Nerven und die Meningen,
sowie das Mark, die mit den verschiedensten
Methoden untersucht wurden, boten keinerlei Ver-
änderungen, die die im Leben zu Tage getretenen
Erscheinungen hätten erklären kennen. Das be-
merkenswerthe Fehlen einer Lymphocytose in der
Y. Neuropathologie und Psychiatrie.
59
GerebrospinalflüsBigkeit bei soausgepragten Wurzel-
läBioneii beweist, dass das Auftreten jener Erschei-
nimg an eine Erkrankung der Meningen gebunden
ist, die hier fehlta
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
88. Beitrag rar Kenntnias der Myaathenia
gnwim mit Befund von Zeüberden in lahl-
reiehen Mnakeln; von Dr. Richard Link.
(Deutsche Ztschr. f. Nervenhkde. XXm. 1 u. 2.
p. 114. 1902.)
L. theilt die Eiankengeschichte eines 43jähr. Metzgers
mit, der die deutlichen Zeichen der Myasthenie darbot:
Ptosis, Augenmuskelstöningen mit gekreuzten Doppel-
bildern, Dysphagie, zunehmende abnorme Ermüdbarkeit
Qod lähmongsartige Schwäche der gesammten Eörper-
nraskulatar, myasthenische Reaktion bei Freibleiben der
Tegetativen Organe, Fehlen von Atrophie u. s. w. Kurze
Zeit, nachdem er sich stark yerschluckt hatte, starb der
Fat nach ca. imonatiger Dauer der Krankheit unter den
Erscheinungen der Athemlähmung. Man fand ein makro-
skopisch normales Gentralnervensystem mit etwas inji-
cirter Pia, eine Thymus, als ca. 3cm langen flachen
Körper, die schon intra yitam auf Qrund einer leichten
DfUnpfüng oben auf dem Stemum (nach Kenntnissnahme
der ffittheilungen Ton Laquer-Weigert) angenom-
men war, und ganz frische lobulärpneumonische Herde.
Die mikroskopische Untersuchung des Gentralnerven-
systems und der peripherischen Nerven ergab ein nega-
tives Resultat. Die Thymus zeigte die gewöhnlichen
lymphoiden Zellen und Hassarschen Körperohen, aber
' keine Zeichen einer malignen Degeneration. Speciell
ergab die Färbung auf elastische Fasern, dass die Oefässe
innerhalb der Thymus völlig intakt waren. Dagegen fand
L in beiden MM. recti intemi der Augen, im rechten
Etectus extemus, in beiden MM. supinatores longi, in
beiden MM. deltoidei, im rechten Tibialis anticus, die
makroskopisch normal erschienen, bald in grösserer, bald
in geringerer Ausdehnung Zellenherde, die theils im Peri-
mysium intemum lagen, theils sich zwischen die Muskel-
fasern einlagerten. Sie bestanden aus kleinen runden oder
ovalen einkernigen Zellen mit wenig Protoplasma, die
sich von den Muskelkernen scharf unterschieden. Die
tjuerstreifnng der Muskelfasern war allenthalben gut er-
halten. Färbung auf Bakterien ergab ein negatives Resultat.
Keine Herde fand L. im linken M. trochlearis und in beiden
Recti superiores, im linken Tibialis anticus und in beiden
Jleo-psoas, sowie im Zwerchfelle und einem Papillar-
tainskel.
Dieee Zellenherde, die sich hier zum ersten
Male auch in Augenmuskeln fanden, stimmen mit
den yon Weigert undOoldflam beschriebenen
fast völlig flberein. Weigert fasst sie auf als
Metastasen eines bösartigen Thjmustumor; dies
trifft ,fQr diesen Fall sicher nicht zu, denn ein
solcher fand sich nirgends. Entzündlicher Natur
waren die Herde bei dem völligen Fehlen von Fieber,
bei dem Fehlen aller Erscheinungen von Myositis,
bei dem negativen Ausfalle der Bakterienfärbung
und bei der Intaktheit der Muskelfasern in der
Nachbarschaft sicher auch nicht Was nun die
Pathogenese dieser merkwürdigen Krankheit an-
langt, so stellt L. in Anlehnung an Weigert, der
.die Anhäufung fremder Zeilen nicht ohne Einfluss
auf die Muskelfunktion sein l&sst, ob biologisch-
chemisch oder mechanisch-cirkulatorisch, folgende
Hypothese auf : „Die bei der Thätigkeit der Muskel-
fasern entstehenden Stoffwechselprodukte müssen
abgeführt werden, damit der Muskel zu neuer Arbeit
befähigt wird. Oesohieht das nicht, so erlahmt der
Muskel, wie das bekannte Experiment lehrt, bei
dem ein übermüdeter Froschmuskel erst nach Durch-
leitung von physiologischer Kochsalzlösung zu
neuer Gontraktion fähig wird. Es w&re nun denk-
bar, dass die Zellenherde, die ja zwischen den
Muskelfasern liegen, die Lymphcirkulation beein-
trächtigen, die Fortleitung der Ermüdungstoffie er-
schweren, und so die Entstehung einer abnormen
Ermüdbarkeit begünstigen.^* L. wendet gegen
diese Yermuthung ein, dass die Herde sich nicht
in allen untersuchten Muskeln finden; zweitens,
dass sie für eine solche Wirkung doch recht klein
sind. Deshalb müsse man nach wie vor das toxische
Moment, das viele Autoren bevorzugen, für die
Pathogenese neben dem mechanischen heranziehen.
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
89. üeber Ohorea mollia aive paralytioa
mit Muskelverändernngen ; von Dr. W. Rind-
fleisch. (Deutsche Ztschr. f. Nervenhkde. XXIU.
1 u. 2. p. 143. 1902.)
R beschreibt zunächst den Charakter der chorea-
tischen Lähmungen. Im Ganzen sind bis jetzt
7 Fälle mitgetheilt, die sämmtlich bis auf einen
der ausländischen Literatur angehören; inDeutsdi-
land hat die Krankheit auch jetzt noch immer keine
eingehendere Würdigung erfahren. Li der Königs-
berger medicinischen Klinik sind nun im Laufe der
letzten Jahre 2 typische Fälle von Chorea moUis
beobachtet worden, die R. ausführlich schildert
Hier sei der klinische Befund an den Muskeln des
2. Patienten, der nach 4wöchiger Dauer der Krankheit
an Bronchopneumonie starb, mitgetheilt : Grosse Schlaff-
heit und Ühmungsartige Schwäche der gesammten will-
kürlichen Muskulatur. Passive Bewegungen lassen sich
ohne eine Spur von Widerstand ausführen. Besonders
aufüdlend ist es, mit welcher spielenden Leichtigkeit sich
der Unterkiefer hin- und herklappen lässt; die Zunge
wird normal hervorgestreckt; das Schlucken geschieht
sehr ungeschickt. Der Kopf kann nicht aktiv bewegt
werden; er ftllt sofort der Schwere nach herunter.
Sitzen, Gehen und Stehen völlig unmöglich. Im rechten
Beine keine willkürlichen Bewegungen sichtbar, mit den
übrigen Gliedern werden aktive Bewegungen in sehr
geringer Ausdehnung und mit ausserordentlich geringer
Energie ausgeführt; dabei Ablenkungen undMitbewegun-
Sm wie bei der Chorea. Elektrische Erregbarkeit der
uskeln normal. Sensibilität normal. Sehnenrefleze
völlig erloschen ; Fusssohlenreflex ziemlich lebhaft, von
normalem Typus. Die mikroskopische Untersuchung
des Centralnervensystems ergab nichts als eine massige
Erweiterung der pericellulären und perivaskulären Lymph-
räume im Thalamus opticus, im lansenkem und in der
Medulla oblongata. In den grauen Vordersäulen des
Bückenmarks waren an mehreren Stellen die NissT-
schen Granula stark aufgequollen. Hirnrinde, Brücke
und Nerven verhielten sich völlig normal. Einer ein-
gehenden histologischen Untersuchung wurden die quer-
gestreiften Muskeln unterzogen, die makroskopisch etwas
biass aussahen. Im frischen Material zeigte es sich, dass
die Muskelfasern zum Theil stark verfettet waren ; auch
fiel sofort ein bedeutender Kemreiohthum in die Augen.
Es wurden versdiiedene Stücke aus der Muskulatur
beider Oberschenkel, des rechten Armes und des Halses
nach Härtung theils mit der van Gieson 'sehen, theils
60
VL Innere Medioku
mit der Weigert 'sehen MarkscheidenfärbaDg behan-
delt. Die Moakelfasem zeigten ein sehr wechselndes
Volumen; neben vielen stark verschmälerten, sah man
sehr breite, stark aufgecjuollene und geschiängelte Fasern.
Eben so ungleichmftssig war die Färbung. Die ganz
schmalen, aber auch vi^e breite Fasern sahen im
Hämatozylin-Eosinpräparat so blass aus, dass man sie
nur an den ihnen aufgelagerton typischen Kernen recog-
nosciren konnte ; andere, besonders breite Fasern, hatten
den Eosinton sehr stark angenommen. Die Querstreifnng
war durchweg sehr mangelhaft, einige Fasern stellten
völlig homogene Bänder dar. Sehr in die Augen sprang
eine starke Vermehrung der Muskelkerne. Man sah
reichliche und zum Theil sehr lan^e Eernreihen, an
einigen Stellen auch mehrere Eemzeüen nebeneinander,
die an vielen Stellen nicht wie beiMnskelatrophie parallel
zu den Muskelfasern, sondern in schräger Richtung dazu
verliefen. Diese Kernzeilen traten jedoch ganz zurück
gegenüber den viel häufigeren unregelmässig conturirten
Eemklumpen, wie sie bei Basedow-Muskeln, in atrophi-
schen Muskeln bei veisohiedenartigen kaohektisohen Zu-
ständen beschrieben worden sind. Die Kemklumpen
drängten sich überall zwischen die Muskelfasern hinein,
sie vielfach einbuchtend. Im interstitiellen Gewebe, das
durchweg ebenfalls recht kornreich war, fand man an
einigen Stellen kleine Rundzelleninfiltrate und vereinzelte
flämorrhagien. Die intramuskulären Nervenfasern ver-
hielten sich völlig normal, Bakterien konnten nicht nach-
gewiesen werden. Alle diese Veränderungen waren in
sämmtlichen zur Untersuchung gelangten Stücken ziem-
lich gleichmftssig verbreitet
Die Bedeutung dieser Muskelerkrankung ist
um so gWteser, als bei infekti/toer Chorea bisher
keine Literaturangaben über Ähnliche Befunde vor-
liegen. Angesichts des überaus dürftigen Befun-
des von Seiten des Nervensystems erscheint die
Frage nicht unberechtigt, ob man dieMuskelverftn-
derungen in Zusammenhang mit den L&hmungen
bringen darf. R mOchte einen derartigen Zusam-
menhang nicht für ganz undenkbar halten, obwohl
er sich nicht verhehlt » dass nu&nche Bedenken
gegen diese Annahme erhoben werden kOnnen.
Um sekundäre, von der Hyperaktivität der Muskeln
abhängige Veränderungen kann es sich nicht han-
deln, da in dem beschriebenen Fall von einer
Hyperkinese gar keine Bede war. Das dürftige
Resultat der Untersuchung der nervösen Centnd-
organe und die völlige Integrität der Nerven, femer
das Fehlen von Störungen der elektrischen Erreg-
barkeit sprächen sehr dafür, dass die Muskeln primär
erkrankt seien und dass ihre und die Erkrankung
des Gehirns Wirkungen einer das Nerven- und
Muskelsystem bald gleichzeitig, bald nacheinander
befallenden infektiös -toxischen Noxe darstellen.
Auffällig war, dass man an der Leiche au keiner
Zeit eine Spur vonTodtenstarre nachweisen konnte.
Eine Erklärung kann R. hierfür nicht geben; er
glaubt jedoch, dass es doch vielleicht lohnend sei,
künftig in Fällen, in denen man entzündlioh-
degenerative Veränderungen in den Muskeln er-
wartet, auf das Verhalten der Leichenstarre zu
achten. S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
VI. Innere Medicin.
90. üeber Diphtherie. Zusammenstellung ;
von Dr. Max Brückner in Dresden. (VgLJahrbb.
CCLXXVn. p. 50.)
1) Ä note onNeisser's test far diphthenabaeüli;
by L. C 0 b b e 1 1 (Lancet Nov. 23. 1901 .)
2) The value ofNeisser's stam in the diagnosis
ofdiphiheria;hjR. M. Beaten, F. CaigerandW. C.
Pake 8. (Brit. med. Journ. Sept 21. 1901.)
3) /. On the dtagnosü of diphtheria. U. A double
stain for the bdeillus diphtheriae; by R. L. Fitfield.
(ÜDiv. of Pennsylv. med. Bull. XIV. 7. 1901.)
4) A preliminary noie on ihe indol-like reaetion
given by euUures of the diphtheria and of the pseudo-
diphtheria haeillus; byRichard T. Hewlett. (Trans-
act. of the pathol. See. of London LI. p. 187. 1900.)
5) The wdoUlike reaetion given by cuUuree ofthe
diphtheria and of the pseudo- diphtheria baeillue; by
Richard T. Hewlett. (Transact. of the pathol. Soc.
of London LH. p. 113. 1901.)
6) The morphology of the diphtheria baeiUus; by
A. Wessels Williams. (Proceed. of the New York
pathol. Soc. N. S. I. 4. p. 93. 1901.)
7) Notix über den Einfluss des Petroleume auf den
Diphtheriebaeülus ; von Dr. P a p a s o t i r i u. (Mänchn.
med. Wohnschr. XLVII. 40. 1900.)
8) Influenee de la mticidine sur le bacille diphte-
rique et sa ioadne; par Fernand Arloing. (Lyon
med. XXXIV. 3. p. 78. 1902.)
9) Die Aetiologie der Diphtherie; von Dr. L Zup-
nik. (Prag. med. Wchnschr. XXVH. 33—34. 1902.)
10) Les sensibüiaatrieea des badllee diphtiriques
et pseudodiphtSriqttes ; par Lambotte. (Centr.-Bl. f.
Bakteriol. u. s. w. XXX. 22. p. 817. 1901.)
U) Die klinische Bakteriologie der Diphtherie. Bei-
trag zur DifferentialdiagDOse des Diphtherie- u. Pseudo-
diphtheriebacillns ; von Dr. J. A. S c h a b a d. (Jahrb. f.
Kinderhkde. 3. F. IV. 4. p. 381. 1901.)
12) Die bakteriologische Diagnose der Diphtherie ;
von Dr. Gottlieb Salus. (Prsg. med. Wchnschr.
XXXVII. 15. 1902.)
13) Zur bakteriologischen Diagnose der Diphtherie;
vonProf.Ganghofner. (Prag. med.Wohnschr. XXXVIL
15. 1902.)
14) Zur bakteriologischen Diagnose der Diphtherie ;
von Docent Dr. Raudnitz. (Prag. med. Wchnschr.
XXXVn. 15. 1902.)
15) Zur bakteriologischen Diagnose der Diphtherie;
von Dr. Langer. (Prag. med. Wchnschr. XXXVII. 15.
1902.)
16) Sur le diagnostie baeteriologique de la diph-
terie; par le Dr. S. Korchoane. (Aroh. rasses de
Pathol. Xin. 1. 1902.)
17) The interpretation of baeteriological findings in
diphtheria diagnosis; by Hibbert Winsle w Hill.
(Boston med. and sarg. Jonm. CXLIV. 10. p. 226. 1901.)
18) ü^>er Diphtheriebaeillen naeh Diphtherie; von
Dr. Holger Prip. (Ztsohr. f. Hyg. u. Infektionskrankh.
XXXVI. 2. p. 283. 1901.)
19) On a common souree of diphtherial infection
and a means ofdealingwithit ; byRT. Hewlett andH.
MontagueMarray. (Brit. med. Joom. Jone 15. 1901.)
20) PostscarkUinal diphtheria and rhinorrhoeaand
otorrhoea; by E. H. Williams. (Brit med. Joarn.
Dec. 21. 1901.)
21) Diphtherie und Diphtheriebacükts bei Schar^
lach; von Dr. J. A. Sohabad. (Arch. f. Kinderhkde«
XXXIV. 3-6. p. 101. 1902.)
22) An apparent ca^e of diphtherial infection from
well persons carrying diphtheria badlli ; by Franklin
W. White. (Boston med. and surg. Joarn. CXLV. 9,
p. 241. 1901.)
YL Innere Medloin.
61
23) Verlauf und Ursache einer Hospitaldtphiherie-
epidemie; von Dr. Fritz Gudo. (Deatsche med. Wo-
chenschr. XXVHI. 43. 1902.)
24) Coli -Diphtherie; von Dr. Johann Seitz.
(Oorr.-Bl. f. Schweizer Aerzte XXXI. 7. p. 209. 1901.)
25) Diphiheria baeiüi in noma; by Joseph
Waish. (Proceed. of the pathol. See. of Philad. June
1901.)
26) Ä diphiheria-like organism fotmd in pigeons ;
by A. Macfadyen and R. T. Hewlett. (Transact. of
the pathol. Soo. of London LI. p. 13. 1900.)
2^) De la transmiesion de limmunite arti/ieieUe
fw-d-PM de la diphUrie des parents aux enfarUs; par
S.-K. Dziergowßky. (Aroh. des So. biol. VIIL 3.
p. 211. 1901.)
28) ContrOnUion ä l'iHide de Vheredite dans l'immu-
niU artificielle vis-ä-vis de la diphterie ; par S.-K. D z i e r -
gowsky. (Arch. des Sc biol. VIIL 5. p. 429. 1901.)
29) Lesions anaiomo - paihologiques des organes
parmchymateux au cours de la aiphtkie experimen-'
taU; par F. Klitine. (Aroh. desSc. biol. VIII. 2. p. 130.
1900.)
30) üeber die Pathogenese der diphtherischen Mem-
hrtmen; von Dr. K. Suclsuki. (Beitr. z. pathol. Anat.
IL aUg. Pathol. XXIX. 3. p. 562. 1901.) »
31) Bemerkungen %u der Arbeit van K. Sudsuki:
Ueber die Pathogenese der diphtherischen Membranen;
von Dr. A. D i e t r i c h. (Ebenda p. 414.)
32) Das Schicksal der Diphtheriehacülen im Ver-
dauungskanetle u. die dasselbe bestimmenden Faktoren;
TOD Dr. J. 8 ü g 8 w e i n. (Wien. klin. Wohnschr. XV. 6.
1902.)
33) Uleer of the stomaeh caused by the diphiheria
haeiüus; by "William R. Stokes. ßull. of the Johns
Hopkins Hosp. XIL 124. p. 209. 1901.)
34) The elinieal manifestations of diphiheria; by
Fr. A. Pack ar d. (Proceed. of the Philad. county med.
Soc. XXTT. 4. p. 190. 1901.)
35) Diphtkeria. Analysis of one hundred cases ; by
John Marshai Day. (Dnbl. Jonm. of med. So. Aae. 1.
1901.)
d&)The heart in diphiheria; by Charles Holten.
(Bdinb. med. Joum. N. S. XI. 4. p. 334. April 1902.)
37) Suüa meningite dei bambini conseeutiva a dif-
tsrüe laringecu Rioerohe bacteriologiohe ; pel dott. Paolo
Bacialli. (Oaz. degli Osped. XXIIL 42. p. 404. 1902.)
38) Diphtkeria toith persistant irismusandopisiho'
tottus, Escherieh's pseudoietanus : by Irving M.
8no w. (Amer. Joum. of the med. Sc. CXXXV. 6. p. 1006.
1902.)
39) Mort subite au cours de l'intoocieaiion diphte"
rique; par Ch. Aubertin et L. Babonneix. (Gaz.
des Hop. LXXIV. 91. p. 877. 1901.)
40) AnfHüe von Apnoe bei diphtherischer Lähmurig ;
von W i 1 h e 1 m Ebstein. (Deutsohe med. Wohnschr.
XXVI. 49. 1900.)
41) Zur Beurtheilung der Eiufeissbeftmde im Harne
^phtkeriekrcmker Kinder; von Dr. Joseph Langer.
(Jahrb. f. Kinderhkde. LV. 5. p. 536. 1902.)
42) Note aur le diaxorSaction d* Ehrlich dans la
dipktme; — sa valeur diagnosHque; par F. Lobli-
geois. (Gaz. hebd. XLIU. 46. p. 541. 1901.)
43) Ein Beitrag xur Diphtherie der Congunctiva,
(Goojanctivitis crooposa durch Diphtheriebacillen.) Pem-
phigoB. Heilsenim; von Dr. Eugen Sohlesinger.
(Küoohn. med. Wohnschr. XLIII. 3. 1901.)
44) üeber InfUienxa als Mischinfektion bei Diph-
therie; von Dr. E a r 1 L e i n e r. (Wien. klin. Wohnschr.
XIV. 41. 1901.)
45) Diphiheria <u a oomplieation of measles; by
I)avid Newton Blakely and F. Grant Burrow.
(Boston med. and surg. Joum. July 25. 1901.)
i6) Ein Fall von Morbilli pemphigoidei mit Diph-
<*«n«; von Dr. J. Zuhr. (Wien. klin. Wohnschr. XIV.
1.1901.)
ura oomplicating diph-
iuckley. (Lancet July 20.
47) A rare form- ofj
theria; by Charles W.
1901.)
48) Diphiheria: with specicU reference io ihe Sym-
ptoms and ireatment; by Lawrence T. Regster.
(Med. News March 1. 1902.)
49) The ireatment of diphiheria ; by John Bier-
n a c k i. (Edinb. med. Joum. N. S. X. 5. p. 422. Nov. 1901 .)
50) The ireatment of diphiheria oiherihanwithanti'
ioxin; by P. C r o g e r G r i f f i t h. (Proceed. of the Phi-
lad. county med. Soc. XXIL 4. 1901.)
51) The feeding of diphiheria patienis, with special
reference io children and severe cases; by G. Kirton.
(Lancet June 15. 1901.)
52) Zur Therapie von diphtherischen und eroupösen
Affektionen des Rachens ohne Lokalbehandlung; von Dr.
S. K e r s 0 h. (Memorabilien XLIIL 7. p. 385. 1901.)
53) Ueber ein natürliches Sehtdxmitiel bei Anginn
diphtheriiica und Angina scarlatinosa. (Eine neue Heil-
methode) ; von Dr. L e 0 p 0 1 d K ü r t. (Wien. med. Wo-
chensohr. LI. 44. 1902.)
Cobb6tt(l) schlägt folgende Ab&nderang der
N ei sser 'sehen Färbung vor: Zunächst Färben
mit Methylenblau 1:5. Ist das Präparat nicht
Mar, so wird vom Rande herBssigsäure unter eine
Seite des Deckglases gebracht und an der anderen
Seite wieder abgesaugt. Alsdann treten die Pol-
körner bei den Diphtheriebacillen hervor, während
die Pseudobacillen die Farbe stärker behalten als
die echten Diphtheriebacillen. In seltenen Fällen
versagt übrigens die Reaktion.
Beaten, Gaiger undPakes(2) sprechen
sich über den Werth der Neisser'schen Färbung
folgendermaassen aus : Dem unerfahrenen erleich-
tert die Methode das Brkennen der Diphtherie-
bacillen. Die Untersuchung desAbstrichpräparates
wird durch die Färbung erleichtert Doch kommen
bei Anwendung der Neisser'schen Färbung die-
selben Lrrthümer und Täuschungen vor wie bei
anderen Methoden.
Pitfield (3) erklärt die Untersuchung des
nach L6ffler gefärbten Ausstrich präparates für
ein sehr gutes und ausreichendes diagnostisches
Hülfsmittel. In unsicheren Fällen bedient er sich
folgender Methode: 1) Färbung mit HOllenstein-
lüsung (Arg. nitr. 5.0, Aq. dest 5 com, alkoholische
Fuchsinlosung 3 com), 1 Minute bis zum Kochen
erhitzen, 1 Minute f&rben lassen, darauf Abspülen
in Wasser, 2) gleiche Behandlung mit Pyrogallol
(Acid. pyrogall. 1.0, 10% Natronlauge 5 com,
Aq. dest 10 com). 3) Waschen und 1 — 2 Min.
Färben mit Oarbolfuchsin.
Hewlett (4. 5) fand, dass sowohl die Cul-
turen von alten Diphtheriebacillen als auch die-
jenigen von Pseudodiphtheriebacillen mit Nitriten
und Salzsäure die Indolrothreaktion geben. Sie
fällt am stärksten bei 2 — 3 Wochen alten Culturen
aus. Die Destillate der Culturen lassen die Reak-
tion vermissen. Weitere Untersuchungen belehrten
H., dass die Reaktion durch Scatoloarbozylsäure
hervorgerufen wird.
W i 1 1 i a m s (6) beschreibt eine Abart des Diph-
theriebaoillus, die besonders gut in Ascitesflüssig-
keit wächst Es lassen sich 2 Typen unterscheiden,
62
VI. Innere Medicin.
die jedoch Uebergänge zeigen : a) grosse Bacillen
mit dicken Enden und Verzweigungen, dieSegmen-
tation zeigen und regelmAssig angeordnete, den
einzelnen Abschnitten entsprechende Granula be-
sitzen, b) kleine Bacillen, die nur selten schmale
Auftreibungen erkennen lassen, kleine und spär-
liche Verzweigungen besitzen, weniger Segmente
und Granula aufweisen (1 — 2). Die beiden Formen
zeigen auch culturelle unterschiede.
In Amerika war Petroleum als Heilmittel gegen
die Diphtherie empfohlen worden. Papaso-
tiriu (7) konnte nachweisen, dass die Diphtherie-
bacillen durch Petroleum, weder abgeschwächt, noch
gar abgetödtet werden.
Arloing (8) theilt mit, dass „Mucidine'S eine
Lösung des Schleimes einer bestimmten Schnecken-
art, in vitro die Virulenz der Diphtheriebacillen
herabsetzt. In dem Safte vermag sich der Bacillus
nicht zu entwickeln. Das Diphtheriegift wird davon
nicht beeinflusst
Z u p n i k (9) giebt der üeberzeugung Ausdruck,
dass den morphologischen und culturellen Merk-
malen bei der Artbestimmung der grOsste Werth bei-
zumessen ist. Beim Diphtheriebacillus hat man von
dieser sonst allgemein anerkannten Regel eine Aus-
nahme gemacht, stützt sich auf ganz andere Dinge,
wie z. B. die Pathogenität fßr Meerschweinchen.
Die culturellen und morphologischen Eigenschaften
des sogen. Diphtheriebacillus sind keine oonstanten.
In einer Reihe vergleichender, unter Beobachtung
besonderer Vorsichtmaassregeln vorgenommener
Untersuchungen Z.'s fanden sich nach dieser Rich-
tung hin erhebliche unterschiede. Z. züchtete von
Kranken mit zweifelloser Diphtherie aus den Mem-
branen neben einander und zu gleicher Zeit 2 bis
3 verschiedene hoch virulente „lange Lüffler-
bacillen'^ Femer fand er bei der Untersuchung
von Familienfällen bei den einzelnen Geschwistern
verschiedene Arten von „langen Diphtheriebacillen'^
Der Diphtheriebacillus vermag, wie sich weiter
feststellen liess, unter dem Einflüsse äusserer Um-
stände seine Eigenschaften nicht erheblich zu ver-
ändern. Andererseits gleichen sich Differenzen
zwisphen einzelnen Stämmen nach Herstellung
vollkommen gleicher äusserer Bedingungen nicht
aus. Demnach müssen die gefundenen verschie-
denen LOff 1er 'sehen Bacillen als heterogene
Arten aufgefasst werden. Auch die Virulenz der
Löffler 'sehen Bacillen ist nicht veränderbar.
Sie ist bei den verschiedenen Stämmen eine ver-
schieden hohe. Aus alledem zieht Z. den Schluss:
„Der heutige Elebs-Löffler'sche Diptherie-
bacillus stellt einen Sammelbegriff heterogener
Arten dar, die in eine natürliche Mikroorganismen-
gruppe gehüren*^ Der L 0 f f 1 e r 'sehen BaoiUen-
gruppe zur Seite steht die Gruppe derHoffmann-
W eilen ho f 'sehen Bacillen, die ebenfalls zur
Art der ,^plaBmolysirten Stäbchen^' gehört. Dass
sie alle durch dasselbe Antitoxin entgiftet werden,
erklärt sich daraus, dass sie ähnliche Stoffwechsel-
produkte bilden. Die Lü ff 1er 'sehen Bacillen
sind nicht die Erzeuger der Bretonneau'schen
Diphtherie, und zwar aus folgenden Gründen : In
einer Anzahl der Fälle zweifelloser Br^tonneau'-
scher Diphtherie fehlen die Lüffler'schen Bacillen,
während sie sich bei einer grossen Zahl von Er-
krankungen der Athmungsorgane finden, die mit
Diphtherie nichts zu thun haben. Die Löffler'-
schen Bacillen finden sich sogar bei Gesunden.
Das durch die LOff 1er 'sehen Bacillen bei Thier
und Mensch erzeugte Erankheitbild ist ein durchaus
verschiedenes. Es kommen Familienfälle vor, in
denen trotz zweifelloser Uebertragung der Erkran-
kung bei einem der Mitglieder die Bacillen fehlen.
Die Erzeugung von Lähmungen ist keine speci-
fische Eigenschaft der Lü ff 1er 'sehen Bacillen,
überhaupt nichts der Diphtherie Eigenthümliches ! !
Der Heilwerth des Serum ist nicht erwiesen und
selbst, wenn er es wäre, würde damit noch kein
Baweis für die ätiologisdie Bedeutung des Lüf f •
1er 'sehen Bacillus gegeben sein.
Lambotte (10) suchte die Frage, ob die
Löff 1er 'sehen Bacillen mit den Pseudobacillen
verwandt sind, nach der biologischen Methode von
Bord et zu lüsen. Es wäre zu untersuchen, ob
LOff 1er 'sehe Bacillen verschiedener Herkunft
nicht auch Unterschiede erkennen lassen. Das
würde dafür sprechen, dass man die Pseudobacillen
als Abkömmlinge der L 0 f f 1 e r 'sehen Bacillen auf-
zufassen hat
Seh ab ad (11) hat in weitschichtigen Unter-
suchungen die Unterscheidungsmerkmale der „ech-
ten^^ und derPseudodiphtheriebacillen festzustellen
versucht Er kommt zu folgenden Schlüssen:
„1) Diphtherie- und Pseudodiphtheriebacillen stel-
len zwei verschiedene Arten dar. 2) Der Unter-
schied zwischen ihnen besteht im Wachsthume
auf Nährboden (besonders auf Agar und Asoites-
flüssigkeit), in der Morphologie, der Reaktion der
Bouilloncultur, der N ei ss er 'sehen Färbung und
der Pathogenität für Thiere. 3) Die am meisten
beständigen Erkennungzeichen sind die Reaktion
der Bouilloncultur und die Färbung nachNeisser.
4) Man muss von den Pseudodiphtheriebaoillen
die avirulenten Diphtheriebacillen unterscheiden,
welche, abgesehen von der Pathogenität, in allen
anderen Punkten mit typischen virulenten Diph-
theriebacillen identisch sind. 5) Durch das Verwech-
seln avirulenter Diphtheriebacillen mit Pseudo*
diphtheriebacillen ist hauptsächlich die bei den
letzteren von verschiedenen Autoren oonstatirte
Abweichung in Bezug auf Reaktion der Bouillon-
cultur und die Neissser'sche Färbung zu er-
klären. 6) Avirulente Diphtheriebacillen kOnnen
in allen Fällen auf Grund der übrigen Unter-
scheidungsmerkmale diagnosticirt werden. 7) Die
Methode Spronck's giebt bei schwach virulen-
ten Diphtheriebacillen undeutliche Resultate.^^ In
einem Nachtrage wendet sich Seh. gegen Beh-
ring, der strenger Unitarier ist und die Säuren
VL Innere Medicin.
63
bQdoDg nidit als ein Kriterium der eohten Diph-
theriebaoiUen anerkennt. Soh. erklftrt sich das
I damit, dass Behring die Bouillon unverhältniss-
missig stark alkalisch maoht
I Eorchoiine(16) kommt jiach dem Studium
I von 23 Culturen zu folgenden Schlüssen : 1) Zu
! einer genauen Diagnose der Diphtherie bedarf es
, der bakteriologischen Untersuchung. 2) Die bak-
teriologische Untersuchung spielt bei der Ver-
! hütung der Diphtherie eine grosse Bolle. 3) Die
Pseudobaoillen von Hoff mann - Wellenhof
bilden mit ROcksicht auf ihre biologischen Eigen-
schaften eine Gruppe, die vollständig von den
LSffier 'sehen Bacillen verschieden ist. 4) Han-
gelnde Säurebildung in neutraler Bouillon schliesst
den LOffler 'sehen Bacillus aus. 5) Mangelnde
Polkörner bei Neiss er 'scher Färbung ebenso.
6) Za einer genauen Diagnose genügt meist eine
einzige Untersuchung ohne Thierversuch. 7) In
Zweifelhaften Fällen bringen Impfungen derThiere,
die durch Antitoxin controlirt werden, den sicheren
Beweis für die Anwesenheit von Diphtherie.
Im Anschlüsse an einen Bericht über die bak-
teriologische Untersuchung in 100 klinisch zweifel-
baften Diphtheriefällen erGrtert Salus (12) die
EinwSnde, die gegen die bakteriologische Diagnose
erhoben worden sind. Er kommt dabei zu folgen-
dem Ergebnisse: „1) Der Diphtheriebadllus ist an
dem Zustandekommen der Diphtherie wesentlich
betheiligt 2) Wir kennen Diphtherie bakterio-
logisch diagnosticiren, heute besser denn je zuvor.
3) Wir sollen in zweifelhaften Fällen Diphtherie
bakteriologisch diagnosticiren, wenn nicht aus
therapeutischen, so doch aus prophylaktischen
Gründen.'^
Dazu bemerkt Oanghofner (13), dass der
L5ffler'sche Bacillus nach seiner Ansicht der
keger der Diphtherie ist Daran vermOgen die
Goltorellen und morphologischen Verschiedenheiten
der einzelnen Stämme nichts zu ändern. Für die
ätiologiache Bedeutung des Bacillus spricht unter
Anderem die Thatsache, dass sich sowohl im Blute
Ton Menschen, die Diphtherie überstanden haben,
ais auch im Blute von Thieren, die künstlich diph-
tberiebank gemacht worden waren, dasselbe Anti-
toxin findet Wenn mit der nOt^igen Vorsicht
vorgegangen wird, namentlich wenn Aufoahme,
Untersuchung und weitere Beobachtung der Kran-
hn von ein und derselben Person vorgenommen
^enlen, findet man auch den Bacillus nahezu in
jedem Falle von Br6tonneau'scher Diphtherie. Die
bakteriologische Untersuchung ist in den zweifel-
baften Fällen angezeigt Für die Praxis kOnnen
die Pseodobaoillen und die avirulenten Diphtherie-
badll^ vemaohlässigt werden. Die fortgesetzte
bakteriologische üeberwachung der Reoonvalescen-
^ and der Oesonden, die Bacillen beherbergen,
<^ gar deren Absperrung ist praktisch wohl nicht
durdifUirbar. Immunisirung in Anstalten und die
möglichst frühzeitige therapeutische Anwendung
des Heilserum bei allen Kranken genügen, um
grösseren Schaden zu verhüten. Von der Wirk-
samkeit des Serum ist 0. auf Orund seiner aus-
gedehnten klinischen Erfahrung vollständig über-
zeugt
Raudnitz (14) empfiehlt zur Entnahme von
Dntersuchungsmaterial einen kleinen hOlzemen,
scharfen Löffel, mit dem man sicherer ak mit der
Platinöse arbeitet Wenn die Beläge fehlen, ist
es nicht immer mit Sicherheit möglich, durch die
bakteriologische Untersuchung Diphtherie auszu-
schliessen. Dann geht R. auf Pseudobacillen und
avirulente Bacillen namentlich mit Rücksicht auf
die Häufigkeit ihres Vorkommens ein. Bezüglich
des Heilserum stellt er auf Orund schlechter per-
sönlicher Erfahrungen folgende Forderungen auf:
1) Heilserum ist in vollständig durchsichtigen
Fläschchen zu verwenden. 2) Jeder Arzt hat das
Recht, ein ihm verdächtig erscheinendes Serum
zurückzuweisen.
Langer (15) führt auf Grund von Beispielen
aus, dass wir die bakteriologische Untersuchung in
einer grossen Anzahl von Fällen nicht entbehren
können. Auch mit Rücksicht auf die Prognose ist
die bakteriologische Untersuchung von grossem
Werthe (Feststellung von Mischinfektionen). Die
Heilserumbehandlung nimmt L. gegen Hueppe
in Schutz.
In der Bostoner Untersuchungsanstalt für Diph-
therie wurde nach dem Berichte von Hill (17)
vom Mai 1898 bis 31. Jan. 1901 eine grosse An-
zahl von Untersuchungen vorgenommen, nämlich
im Jahre 1898 1661, 1899 2836, 1900 5020.
Es hat demnach die Anzahl der jährlichen Unter-
suchungen ausserordentlich zugenommen. Die
bakteriologische Diagnose stimmte häufig nicht
mit der klinischen überein. Das darf nicht über-
raschen. Denn die klinischen Erscheinungen einer
Infektionkrankheit stellen die Reaktion des Körpers
gegen denjenigen Theil der Bakteriengifte dar, die
der Körper nicht zu neutralisiren vermag. Diese
Reaktion kann sehr verschiedene Formen annehmen.
Die Anwesenheit der Bacillen zeigt uns (für die
Mehrzahl der fllle) an, dass die vorhandenen
klinischen Erscheinungen Anzeichen der Vergiftung
mit Diphtherietoxin sind. Ausgenommen sind die-
jenigen Fälle, in denen avirulente Bacillen vor-
handen sind. Deren Prooentsatz schlägt H. nicht
hoch an. Die Gesundheitbehörde in Boston steht
nicht auf dem Standpunkte, dass jede Person, von
der man eine positive Cultur erhält, unbedingt an
Diphtherie leidet, obwohl es fast immer der Fall
ist Aber sie ist der Ansicht, dass eine solche
Person die Krankheit bei anderen erzeugen kann.
H. erkennt an, dass eine solche Person harmlos
für ihre Umgebung sein kann, dann nämlich, wenn
der Bacillus avirulent ist ; das ist jedoch so selten
der Fall, dass es vernachlässigt werden kann. Der
64
VI. Innere Medicbt
Nachweis der Virulenz Iftsst sich, wenn sehr zahl-
reiche Untersuchungen verlangt werden, praktisch
nicht durchführen. Aus diesen BrwAgungen heraus
kommt H. zu dem Schlüsse, dass das positive Er-
gebniss der Gultur die Isolimng des Trägers
erfordert Es kann einmal ein Unschuldiger be-
troffen werden. Aber dieses Opfer muss der All-
gemeinheit gebracht werden. Der negative Aus-
fall der Cultur ist viel weniger sicher zu verwenden
bei nur einmaliger Untersuchuog. 5— 10<^/o der
Fälle ergeben bei nur einmaliger Untersuchung ein
negatives Resultat In 60— 70<>/o der F&lle, in
denen der Arzt klinisch Diphtherie diagnosticirt
hatte, wurden Bacillen gefunden, in lO^/o der
Fälle, in denen klinisch keine Diphtherie vorzu-
liegen schien, ebenfalls. In den bakteriologisch
vollständig negativen Fällen liegen entweder Fehler
bei der Entnahme des Materiales vor, oder es sind
verflüssigende Bakterien vorhanden. Diese Fälle
sind nicht häufig und werden mit wachsender
Uebung immer seltener. Das Deckglaspräparat
hat nur einen Werth bei positivem Befund, der in
etwa 50®/o der Fälle erhoben wurde. Die Unter-
suchung der Diphtheriereconvalescenten ergab, dass
etwa 30^Iq der Quarantäne entgehen, wenn man
sich mit einer negativen Gultur zufrieden giebt
Auch bei negativem Ausfall von 2 Gulturen schlüpfen
noch immer 1 — 3®/o der Ansteckenden durch. Aber
aus praktischen Gründen wird man sich damit zu-
frieden geben müssen.
Ueber das Verhalten der Diphtheriebacillen
nach abgelaufener Diphtherie hat Prip (16) im
Biegdamspital zu Kopenhagen ausgedehnte Unter-
suchungen angestellt Er berichtet, dass von
654 Kranken 345 nur so lange Bacillen hatten,
als Beläge vorhanden waren. 60 Kranke wurden
wiederholt untersucht, so lange die Beläge hafteten,
und es zeigte sich, dass in ^/| der Fälle die Bacillen
früher schwanden als die Auflagerungen. Es müssen
demnach Gulturen zu diagnostischen Zwecken mög-
lichst in einem frühen Stadium der Erkrankung
angelegt werden. Bei 309 Kranken blieben Bacillen
nachweisbar nach erfolgter Abetossung der Beläge^
Die in Zwischenräumen von 2 — 5 Tagen angelegten
Gulturen fielen bald positiv, bald negativ aus. Bei
107 Kranken waren in derBeconvaleecenz vorüber-
gehend Perioden vorhanden, in denen die Bacillen
fehlten, um nach einiger Zeit wieder anfzutanchen.
Um eine Neuinfektion konnte es sich nicht gehan-
delt haben, da sich dieses Verhalten auch bei den
Entlassenen zeigte. Bei 118 Beoonvalescenten
fand man 1—10 Tage lang, bei 93 10—20 Tage,
bei 51 20—30 Tage, bei 41 30—60 Tage, bei
4 60— 90 Tage, bei 2 90— 120 Tagelang Bacillen.
Desinficirende Mittel vermochten das Verschwinden
der Bacillen nicht zu beschleunigen, eben so wenig
die Anwendung des Heilserum. Von interourrenten
Erkrankungen wurden in der Reoonvalescenz be-
obachtet: 1) Angina 15mal. Bei einem dieser Kr.
blieben die Bacillen ungest5rt; dabei war der Ver-
lauf afebril, grössere Beschwerden fehlten. 2) Schar-
lach 5maL Bei 2 Kranken schwanden die Bacillen
vollständig, bei 1 scheinbar (es wurde aber nur
eine Gultur angelegt), bei den übrigen nur vorüber-
gehend. Bei 2 Tracheotomirten, bei denen sich
Scharlach von der Wunde aus entwickelte, schwan-
den die Bacillen im Rachen vollständig. Es scheint
also das Scharlachgift schädigend auf die Diphtherie-
bacillen zu wirken. Bei 3 Kranken mit Erysipel
und 2 weiteren mit Varicellen schien dasselbe Ver-
hältniss zwischen den Diphtheriebacillen und der
Neuinfektion zu bestehen. Von 100 aus der An-
stalt entlassenen Reconvalescenten, die nachunter-
sucht wurden, hatten 60 noch Bacillen. 48 davon
entzogen sich früher oder später den weiteren all-
wöchentlich vorgenommenen Untersuchungen. Es
konnten folgende Erfahrungen gesammelt werden :
Die Schwere der Erkrankung hatte keinen Einfluas
auf die Zähigkeit, mit der die Bacillen hafteten.
Bei 18 Untersuchten blieben die Bacillen 1 bis
2 Wochen weg, um sich alsdann von Neuem zu
zeigen. Mitunter tauchten Bacillen plötzlich in
der Nase auf, um nach 1 — 4 Wochen wieder zu
schwinden. Dabei war kein Schnupfen vorhanden I
Bei einem Kranken mit Mittelohrentzündung konn-
ten virulente Bacillen 73 Tage nach Ablösung
der Membranen nachgewiesen werden, während
2 Monate vorher weder im Rachen, noch im Sekrete
des anderen Ohres solche vorhanden gewesen waren.
Bei 13 Untersuchten waren keine Bacillen mehr
vorhanden vor Ablauf eines Monates, bei 20 wurden
sie gefunden länger als 1 Monat, bei 11 über
2 Monate, bei 6 über 3 Monate, bei 5 über 4 Monate,
bei je 1 über 8, 1 1 und 22 Monate. Bei 18 Kranken
wurde 18mal eine Virulenzbestimmung vorgenom*
men, die das erste Mal stets positiv ausfiel, und
zwar 13 — 335 Tage nach Abstossung der Beläge.
Von 60 Reconvalescenten hatten 7 die Krankheit
weiter verbreitet, und zwar nach Verlauf von 1 bis
3 Monatmi. Nach den gewonnenen Erfzhrungen
können die Beoonvalescenten nicht so lange isolirt
werden, bis sie bacillenfrei sind. Im Blegdam-
spitale werden die Reconvalescenten entlaaaea,
wenn die Nachuntersuchung 2 negative Gulturen
ergeben hat, oder, bei positivem Befund, wenn sie
sich nach Ablauf der Krankheiterschetnungen emea
Monat lang im Freien bewegt haben.
Hewlett und Murray (19) untersuchten
385 aus verschiedenen Gründen eingelieferle kranke
Kinder auf die Anwesenheit von Diphtheriebacillen
und fanden 92mal Pseudobacillen , 58mal eohte
Lüffler'sohe Bacillen. Letztere waren häufiger
bei jungen 1 — 2jähr., erstere bei älteren Kindern.
Nur in 7 Fällen waren klinische Erscheinungen
vorhanden, die für Diphtherie sprachen, und nur
in 3 von diesen wurden echte oder falsehe Diph-
theriebacillen gefunden. H. und M. fordern beeeore
Mundpflege bei jüngeren Kindern und empfehlen
zu diesem Zwecke Spülungen mit Borwasser, die
schwerlich den gewünschten Erfolg haben dürften.
VI. Innere Hedioin«
65
Williams (20) fand h&ufig im Nasensekret
Qod Ohreiter von Scharlaohreconvalescenten Diph-
theriebaciUen. Kinder mit solchen Erkrankungen
sollen isolirt, ihre Sekrete bakteriologisch unter-
Buoht werden. Ob man Serum anwenden soll, ist
eine offene Frage. Mindestens wird es nichts
Bchaden. Bei 2 Kindern stellte sich im Anschluss
an eine eiterige Rhinitis Rachendiphtherie ein.
Schabad(21) hat Untersuchungen über das
Verbalten des Diphtheriebacillus bei Scharlach-
kranken angestellt, aus denen Folgendes hervor-
geht: „1) Die Complikation des Scharlach mit
Diphtherie wird nicht nur bei Scharlachreconvale-
soenten beobachtet, sondern auch wfthrend des
Höhepunktes der Krankheit und selbst ganz zu
Beginn des Scharlachs. 2) Zur Diagnose der
Gombination des Scharlachs mit Diphtherie beim
Beginn der Erkrankung ist die üebereinstimmung
der klinischen Symptome mit dem Ergebniss der
bakteriologischen Untersuchung erforderlich, d. h.
es müssen sowohl die klinischen Symptome der
Diphtherie, als auch Diphtheriebacillen vorhanden
sein. 3) Während bei Diphtherie der Scharlach-
reoonvalescenten und beim Hinzutreten derselben
mm Scharlach während des Höhepunktes der
Krankheit die aus dem Rachen cultivirten Diph-
theriebacillen von normaler Virulenz für Meer-
schweinchen sind, erweisen sie sich bei Combi-
nation des Scharlach mit Diphtherie beim Beginn
der Krankheit, trotzdem sie alle Merkmale echter
Diphtheriebacillen an sich tragen, als wenig, bez.
gar nicht virulent fOr Meerschweinchen. 4) Das
Fehlen der Virulenz bei den Diphtheriebacillen, die
beim beginnenden Scharlach gefunden werden,
scfalieest noch nicht ihre Theilnahme am patho-
logischen Process, d. h. Combination des Scharlach
mit Diphtherie, aus. 5) Ausser den Fällen der
Combination des Scharlach mit Diphtherie werden
beim Scharlach zu Anfang desselben bisweilen
Diphtheriebacillen angetroffen, ohne dass klinische
Symptome der diphtherischen Angina bemerkbar
und. In Anbetracht des leichteren und günstigeren
Ausganges dieser Fälle im Vergleich mit den Fällen
Ton Combination des Scharlach mit Diphtherie
erscheint es wahrscheinlich, dass in diesen Fällen
die Diphtheriebacillen blos Saprophytenrolle spie-
len, ohne am pathologischen Process Theil zu
nehmen. 6) Um die Verbreitung von Diphtherie
nntar den Scharlachkranken und Beconvalescenten
in den Scharlachabtheilungen der Krankenhäuser
XU verhüten, ist es unerlässlich, dass die neu ein-
tretenden Scharlachkranken, welche in ihrem Rachen
Diphtheriebacillen beherbergen, von den übrigen
iiolirt werden. Um dies zu ermüglichen, muss
der Bachen aller oder wenigstens der mit Belägen
im Bachen eintretenden Scharlachkranken sofort
bei der Aufnahme in das Hospital bakteriologisch
ontersucht werden. 7) Alle Fälle von Combination
dee Sduurlach mit Diphtherie, wie auch die Fälle,
in denen sich die Diphtherie zum Scharlach wäh-
Med.Jahrbb. Bd.279. Hftl.
rend des Höhepunktes der Krankheit oder während
der Beconvalescenz hinzugesellt, müssen mit Diph-
therieheilserum behandelt werden.*^
Wie leicht gesunde Personen, die mit Diph-
theriereconvalescenten in nahe Berührung kommen,
die Erkrankung verschleppen können, lehrt ein von
White (22) mitgetheiltes Beispiel:
Ein 2jähr. Kind mit Bachendiphtherie genas nach
SerumeinspritzuDg rasoh, hatte jedoch 3 Monate lang
Bacillen im Bachen. Das Kind warde so lange isolirt,
bis man eine „negative Cultor*^ erhielt Sodann wurde die
Wohnung desinficirt Bei einer Nachuntersaohnng fan-
den sich bei dem Beconvalescenten wiederum Bacillen.
Die dem Haushalt angehörigen Personen (eine 25jähr.
Frau, die als Kind Diphtherie durchgemacht hatte, 2 ältere
Kinder und ein Säugling) hatten mit Ausnahme der
ältesten und jüngsten vollvirulente Bacillen im Bachen,
ohne dabei krank zu sein. Wh. zieht aus dieser Be-
obachtung den Schluss, dass die in der Umgebung der
Beconvalescenten Lebenden bakteriologisch untersucht
und eventuell abgesperrt werden müssen.
In Dr. Christ 's Kinderhospital zu Frank-
furt a. H. trat, wie Cuno (23) mittheilt, eine
Hausepidemie von 16 Fällen auf, deren Ursprung
man sich zunächst nicht erklären konnte. Als man
sämmtliche Kinder, Krankenschwestern und Aerzte
auf die Anwesenheit von Diphtheriebacillen hin
untersuchte, fand man solche bei einer an chro-
nischem Rachenkatarrh leidenden Pflegerin. Es
stellte sich nun heraus, dass sich die Diphtherie-
erkrankungen in ihrem zeitlichen Auftreten durchaus
an den wechselnden Dienst der Schwester an-
schlössen. Diese wurde in die Diphtherieabtheilung
gebracht, mit Serum behandelt imd nach 10 Tagen
entlassen. Bei einer anderen Schwester mit chro-
nischem Kehlkopfkatarrh, die wiederholt mit nega-
tivem Erfolg bakteriologisch untersucht worden
war, fanden sich Bacillen, nachdem die letzte Haus-
erkrankung aufgetreten war. Sie wurde ebenfalls
auf die Diphtheriestation gebracht Alsdann erlosch
die Epidemie.
Walsh (25) konnte bei 8 Kranken mit Noma
Diphtheriebacillen nachweisen. Er glaubt, dass in
diesen Fällen die primäre Oewebenekrose von den
Diphtheriebacillen erzeugt wurde, dass aber auch
andere Organismen eine solche veranlassen können.
Bei Tauben, die an sogenanntem „pigeon Cancer*'
litten, fanden Macfadyen und Hewlett (26)
Organismen, die sie als Diphtheriebacillen an-
sprechen. Die Thiere boten verschiedenartige
Krankheiterscheinungen dar, Schorfe auf der Kopf-
haut, warzige Auswüchse an den Augenlidern,
Geschwülste neben dem Unterkiefer, Membranen
am weichen Ghiumen. Durch Inoculation von Ge-
webepartikelchen der Unterkiefertumoren konnten
Neubildungen an den Augenlidern erzeugt werden,
während die Einverleibung der aus den Geschwül-
sten gezüchteten Bacillen ein negatives Resultat
ergab. Auch für Meerschweinchen und Mäuse
waren die Bacillen nicht pathogen. Sie traten in
2 Varietäten auf, von denen die eine dem LOff-
1er 'sehen Bacillus, die andere dem Xerosebacillus
66
TL Innere Medioin.
glich. Die erstere wurde auch im Halse von ge-
sunden Tauben gefunden.
Ein 58jähr. Pai von 8 e i t z (24) bekam unter schwe-
ren Ailgemeinersoheinnngen einen Belag auf den Mandeln,
so dasB die Diagnose auf Diphtherie gestellt wurde. Tod
am 3. Krankheittage unter den Erscheinungen der Herz-
schwäche. Die bakteriologische Untersuchung ergab die
Anwesenheit vouBacterium coli commune. Die Infektion
war wahrscheinUch von dem neben dem Krankenzimmer
gelegenen Closet aus erfolgt
Umfangreiche und mflhselige Untersuchungen
hat Dziergowsky (27. 28) angestellt, um die
Wege zu erforschen, auf denen die künstlich er-
zeugte Immunität von den Eltern auf die Kinder
übertragen wird. Er benutzte zu seinen Studien
Pferde, die gegen Diphtherie immunisirt waren. Es
ergab sich, dass das Ei und der Foetus vor der
Bildung der Plaoenta von der Mutter her Antitoxin
aufnimmt Nach Bildung der Placenta findet ein
Uebergang von Antitoxin auf die Frucht nicht
mehr statt Da der Foetus aber wächst, so nimmt
seine Immunität nun allmählich ab. Das Frucht-
wasser enthält sehr wenig Antitoxin; einelmmuni-
sirung auf diesem Wege dürfte kaum von Belang
sein. Den Einfluss der Placenta deutet D. dahin,
dass sie ein elektives Vermögen besitzt, kraft dessen
sie nur die normalen, nicht an Antitoxin gebun-
denen Olobulinkörper durchlässt Nach alledem
wäre die von der Mutter auf das Kind übertragene
Immunität keine eigentlich vererbte, sondern im
Mutterleibe erworbene. Sie schwindet beim Neu-
geborenen rasch. Aus weiteren Versuchen an
12 Hennen und 2 Hähnen geht hervor, dass das
Antitoxin im Eigelb, nicht im Eiweiss enthalten
ist, dass es während des Brütens nicht durch
Enzyme zerstOrt wird, dass es vom Eigelb (Dotter-
globulin) in das Serum des Foetus übergeht Ein
Theil geht auch vom Eigelb in das Eiweiss über.
Alle diese Thatsachen weisen darauf hin, dass die
vererbte Immunität eine passive ist
Bringt man einem Versuchsthiere Diphtherie-
gift in eine Tasche des Unterhautzellengewebes,
so treten bei einer gewissen Stärke des Giftes
parenchymatöse Veränderungen an den Kapseln
der Nebennieren, am Herzen, an der Leber, den
Nieren auf.
Klitine (29) zeigt, dass der Grad dieser Ver-
änderungen nicht direkt abhängig ist von der Stärke
des Giftes, sondern von der Dauer der damit er-
zeugten Erkrankung. Spritzt man starkes Gift in
die Blutbahn ein, so gehen die Thiere an Er-
schöpfung zu Grunde. Die Veränderungen an den
inneren Organen sind jedoch nicht sehr ausge-
sprochen. Benutzt man zur Vergiftung eine schon
einige Zeit vorher angelegte Tasche des Unterhaut-
zellengewebes, so zeigen die Thiere auch bei starker
Gabe nur die Zeichen einer schwachen Vergiftung.
Die Bacillen werden darin verändert, abgeschwächt
Mit der Pathogenese der diphtherischen Mem-
branen beschäftigt sich Sudsuki (30). Nach
einer historischen Einleitung beschreibt er summa-
risch die Befunde, die er in 32 Fällen von Diph-
therie erhoben hat Er schildert gesondert die
durch den Löff 1er 'sehen Bacillus gesetzten Ver-
änderungen der Rachentheile und der Luftröhre.
Die „abweichende" Anschauung, zu der er nach
seinen Arbeiten gekommen sein will, tritt nicht
recht klar zu Tage. Dietrich (31) erhebt gegen
die Arbeit den Einwand, dass der Vf. wieder den
alten Fehler macht, die histologischen Begriffe von
Croup und Diphtheritis einerseits und menschlicher
Diphtherie andererseits zu vermengen. Er hätte
die menschliche Diphtherie von der experimentell
durch den Löffl er 'sehen Bacillus erzeugten
Kaninchendiphtherie trennen sollen. Schliesslich
legt er Verwahrung ein gegen ein irrthümliches
Citat aus einer seiner Arbeiten.
8 1 0 k e s (33) fand bei der Sektion eines an Diphtherie
▼erstorbenen 23jähr. Mannes im Magen ein im Durch-
messer 2VflCm grosses Gesohwur, in dem Diphthehe-
baciiien durch F&bung und Cultur nachgewiesen werden
konnten.
Mit dem Schicksale der in den Magendarm-
kanal gelangten Diphtheriebacillen beschäftigt sich
S ü 8 s w e i n (32). Er giebt ganz richtig an, dass
Magendiphtherie recht selten ist, meint aber irr-
thümlich, dass bei solcher Diphtheriebacillen noch
nicht nachgewiesen worden seien. Ausserdereben
angeführten Arbeit von S tokos finden sich in den
bei früherer Gelegenheit von uns besprochenen
Untersuchungen von Wright und Schödel
nach dieser Richtung hin positive Angaben. Um
zu erfahren, was aus den Bacillen im Verdauungs-
kanale wird, untersuchte er 8mal den Mageninhalt
an der Leiche und 15mal den Stuhl bei Kranken.
Er konnte Bacillen 4mal im Magen, niemals im
Jejunum oder im Stuhle nachweisen. Er ver-
mochte femer festzustellen, dass in künstlichem
Gemisch freie Salzsäure bei 0.04%, Milchsäure
bei 0.08*/o, gebundene Salzsäure bei 0.054% die
Diphtheriebacillen nach einstündigem Einwirken
abtödtet Schliesslich zeigte sich, dass der Magen-
saft der Diphtheriekranken einen herabgesetzten
Säuregehalt besitzt und in einer grossen Anzahl
von Fällen Diphtheriebacillen nicht zu vernichten
vermag. Freie Salzsäure konnte S. in keinem der
(5) Fälle nachweisen. Die Entstehung der Magen-
diphtherie wird man sich demnach folgendermaaseen
vorzustellen haben : Das Diphtheriegift erzeugt in
der Schleimhaut des Magens hämorrhagische Ero-
sionen, an denen die verschluckten Bacillen sich
ansiedeln und zur Membranbildung führen können, *
falls die antiseptische Kraft des Magensaftes herab-
gesetzt ist Im Darme werden die Diphtherie-
bacillen nach Ansicht S.'s vom Bact. coli über-
wuchert. Ausserdem werden sie wohl auch durch
Galle und Pankreassaft ungünstig beeinflusst
Packard (34) hält die klinischen Erschei-
nungen der Diphtherie nicht für hinreichend ein-
deutig, um sie für die Diagnose zu verwerthen!
Diese soll bakteriologisch gestellt werden. Von
den Krankheiterscheinungen erklärt er das erdi^
VI. Innere Medioin.
67
Coloht der Kranken und die HerzstOrungen fQr die
diagnostiBch wichtigsten, während er die Lfthmun-
gen nicht als pathognomonische Erscheinungen an-
erkennt
Die Erfahrungen, die an 100 Diphtheriekranken
gemacht wurden, theilt Day (35) mit Die Sterb-
lichkeit betrug 18*/o. 60 Kranke waren jünger
als 10 Jahre. Die Besprechung der diagnostischen
und klinischen Erfahrungen fördert nichts Neues
zu Tage. Die Prognose war am besten bei den-
jenigen Kranken, die frühzeitig eingeliefert wurden.
Frühieitige Erkrankung der Nase, f5tider Ausfluss
sind prognostisch ungünstig. D. glaubt, dass die
meisten Kranken am 7., 14. oder 21. Tage sterben.
Bei der Behandlung verwendet er Serum, daneben
Grtiidi L 0 f f 1 e r 'sehe Lösung, Salol-Menthol-Spray ,
bei starker Schwellung der Rachentheile Kataplas-
men. Innerlich giebt er Eisenchlorid und Chinin.
Die Nasendiphtherie wird mit Spülungen von Carbol-
wasser oder Sodalüsung bekftmpft Im gegebenen
Falle treten die Stimulantien in ihre Bechte. Die Er-
krankungen scheinen im Durchschnitte nicht sehr
sohwere gewesen zu sein. Einmal wurde tMtliche
Herzschwfiche am 14. Tage, niemals Nephritis ver-
leichnet Schwerere Lähmungen stellten sich bei
8 Kranken ein. Bei Stenose empfiehlt D. einzu-
greifen, wenn die Kranken unruhig werden. Soweit
ans den Mittheilungen zu ersehen ist, wurde 2mal
'intubirt (2 Todesfälle), Imal mit Erfolg tracheo-
tomirt Die Kranken wurden entlassen, wenn
24 Stunden nach der letzten Spülung oder Pinse-
lang eine „negative Cultur^' erhalten wurde.
Hit der Herzerkrankung bei Diphtherie be-
schäftigt sich Bolton (36). Er beschreibt tOdt-
lidie und vorübergehende Herzschwäche im akuten
Stadium und in der Reconvalescenz. Die primäre
Herzschwäche soll nur in schweren Fällen von
Rachen -Nasen -Diphtherie zwischen dem 3. und
15. Tage vorkommen und im Durchschnitte am
10. Tage tOdtlich enden. Am häufigsten machen
sich die Erscheinungen der Herzerkrankung um
d^ 6. Tag herum geltend. In seltenen Fällen
kommt es zu Thrombosen. In der Reconvalescenz
tritt die HerzerkrankuDg meist in Verbindung mit
Uhmungen auf.
Vier tracheotomirte Kinder erkrankten nach
Bacialli (37) in Form einer Epidemie an Sepsis
und starben unter den Erscheinungen einer Menin-
gitis. Die bakteriologische Untersuchung der
Cerebrospinalflüssigkeit und der inneren Organe
ergab, dass die Sepsis in 3 Fällen durch Strepto-
kokken, in 1 Falle durch eine Varietät des Frän-
k e 1 'sehen Pneumococous erzeugt war.
Ein 7jfihr. Fat. von Sdow (38), der an Rachen-
diphtherie litt, bekam vom 5. bis 10. Tage Spasmus
giottidiB und allgemeine Krämpfe. Vom 10. bis 21. Tage
stellten sich Trismas und Opisthotonus ein. Da die Er-
kruikung anfänglich für Tetiuas gehalten wurde, wendete
man Tetanusantitoxin an, jedoch ohne Erfolg. Besser
wirkte Morphium. Der Kr. genas. Nach Ansicht S n.*s
haDdelte es sich um eine seltene Form Ton Tetanie, wie
sie Escherich zuerst unter der Bezeichnung Pseudo-
tetanus beschrieben hat. Sn. bespricht die einschlägige
Literatur.
Aubertin u. Babonneix (39) behandelten einen
25jähr. Mann mit Rachendiphtherie. Am 8. TageSerum-
einspritzung. 14 Tage später Gaumenläbmung. Keine
Verändemnp^en am Herzen und an den Lungen. Nach
weiteren 8 Tagen plötzlicher Tod. Bei der Sddion fand
sich eine Myokarditis. Das Nervensystem (Medulla, Vagi)
war vollständig unversehrt.
Ein lOjähr. von Ebstein (40) beobachtetes Mäd-
chen mit Diphtherie (ohne Serum behandelt) war am
10. Tage fieberfrei, hatte Lähmungen des Oanmens, der
Zunge, der Stimmbänder, der Aocommodation, Bewegung-
Störungen in den Beinen. 8 Tage später stellte sich unter
hohem Fieber erhebliche Kurzathmigkeit ein, die schliess-
lich zu Apnoe fährte. Nach Sstündiger künstlicher Ath-
mnng kehrte die Respiration wieder. Es trat eine Däm-
pfung über dem rechten unteren Lungenlappen auf (Aspi-
rationpneumonie). Nach 2 Tagen Temperaturabfall. Die
Anfälle wiederholten sich in abnehmender Schwere noch
5mal. Allmähliche langsame Genesung.
E. nimmt als Ursache des merkwürdigen Zu-
standes entweder eine Störung im Athemcentrum
oder in den davon ausgehenden, im Rückenmarke
verlaufenden Bahnen an. Er läset es unentschieden,
ob die Störung durch das Diphtheriegift oder durch
ein anderes in dem pneumonischen Herde erzeugtes
Toxin ausgelöst wurde. Das erstere erscheint ihm
am wahrscheinlichsten.
Wenn man frisch gelassenen Harn von Diph-
theriekranken mit Essigsäure versetzt, so tritt
leicht eine Trübung oder ein Niederschlag auf.
Dieser entsteht nach Langer (41) dadurch, dass
das im frischen Urin enthaltene Biuret in das
schwer lösliche Tetraurat übergeführt wird. Die
Reaktion zeigt also nur an, dass der Harn sehr
concentrirt ist Bei der vielfach angewendeten
Eiweissprobe mit Essigsäure und Ferrocyankalium
kann sie zu Täuschungen führen.
Diazoreaktion konnte Lobligeois (42) in
118 Fällen von Diphtherie nur 5mal nachweisen.
Von diesen Kranken müssenjedoch 4 ausgeschieden
werden (3 mit gleichzeitigem Scharlach, 1 Sterben-
der). Bei Scharlach ist die Diazoreaktion häufiger.
L. traf sie in 18 Fällen 15mal an. Bei denSerum-
exanthemen fehlt sie, ist demnach ein wichtiges
dia^ostisches HülfsmitteL
Conjunctivitis crouposa und Conjunctivitis diph-
therica, 2 verschiedene Krankheiten, können, wie
Schlesinger (43) ausführt, durch den Diphtherie-
bacillus hervorgerufen werden und bilden demnach
eine ätiologische Einheit. Es giebt auch eine (ana-
tomisch und klinisch) diphtherische Conjunctivitis,
die nicht durch den Diphtheriebacillus erzeugt wird.
Schi, beschreibt ein 8 Monate altes derartig er-
kranktes Kind, bei dem aus den Membranen Eiterkokken
und Bacillus prodigiosus gezüchtet wurden. Ein anderes,
3 Monate altes Mädchen mit Pemphigus bekam eine Con-
junctivitis crouposa. Hier fanden sich Diphtheriebacillen
und Kokken. In beiden Fällen wurde Heilserum ange-
wendet, das Sohl, warm empfiehlt
Dass die Influenza eine bösartige Complikation
der Diphtherie darstellt, scheint aus 11 Beobach-
tungen Lein er 's (44) hervorzugehen. Die In-
C8
YI. Innere Medidn.
fluenza erzeugt schwere Bronchitiden und Pneu-
monien, die in den mitgetheilten Fällen wohl den
Tod beschleunigt oder zum Theil direkt herbei-
geführt haben.
Nicht weniger zu fürchten ist die Complikation
der Masern mit Diphtherie. B 1 a k e 1 y und B u r -
row (45) beobachteten sie im Hospitale vom
l.Febr. 1898 bis zum 31. Juli 1900 bei 157 Kran-
ken, von denen 54 = 34% starben, w&hrend die
Mortalität der einfachen Diphtherie nur 13% be-
trug. 82 Kranke, d. h. 52%, bekamen Kehlkopf-
diphtherie. Yon ihnen gingen 36 = 44®/« zu
Qrunde. 47 Kranke wurden intubirt (Mortalität
55%). Von den nicht Intubirten starben 29%.
Die Sterblichkeit der nicht mit Masern complicirten
Kehlkopfdiphtherie belief sich auf 31.4®/o (bei den
Intubirten 45%, bei den nicht Intubirten 8.06%).
Die Diphtherie ist um so mehr zu fürchten, je früh-
zeitiger sie zu den Masern hinzutritt B 1. und B.
befürworten die Immunisirung der Kinder auf
Masernstationen und die Anwendung des Heil-
serum bei den Kranken, die sie in allen Fällen
durchführten.
Zuhr (46) beschreibt einen 8|jähr. Knaben mit
Masern, bei dem sich auf den MaserDfleoken pemphigus-
ähnliche Bläschen von Erbsen- bis Wallnnssgrösse ent-
wickelten. Es trat ein schwerer Allgemeinzastand ein.
4 Tage später wurde eine Nasen - Rachendiptherie con-
statirt Nach 3 weiteren Tagen starb der Kranke.
Purpura als Complikation der Diphtherie sah
Buckley (47) bei einem lOjähr. Mädchen.
Am 7. Tage (3 Tage nach der Semmeinspritznng)
bekam das Eind blutiges Erbrechen, 1 Tag später einen
hämorrhagischen, zum Theil bläschenförmigen Ausschlag.
Geringe Albuminurie. Schwerer Allgemeinzustand. Dazu
gesellten sich Schmerzen in den Ellenbogengelenken,
blutiger Stuhlgang, sodann eine Serumurticaria. Am
16. Tage trat ein neuer Schub des Ausschlages auf an
Vorderarmen und Händen. Dabei dort schmerzhafte An-
schwellungen. Herz erweitert, an der Spitze ein systo-
lisches Oeräusch. Ausgang in Heilung.
lieber die Pathologie und Therapie der Diph-
therie macht Regster (48) Mittheilungen, aus
denen Folgendes hervorgehoben sei : Der Diphtherie
eigenthümlich ist eine starke, der Temperatur nicht
entsprechende Pulsbeschleunigung [?]. Bei reiner
bacillärer Diphtherie treten keine Drüsenschwel-
lungen auf, nur bei Mischinfektion. Die Misch-
iofektionen zeigen, abgesehen vom schweren kli-
nischen Verlaufe (septische Diphtherie), keine kli-
nischen Eigenthümlichkeiten. Albuminurie ist bei
der Diphtherie selten [?]. Die Schwere der All-
gemeinerscheinungen geht parallel der Ausbreitung
der Membranen. Croup ist fast immer diphthe-
rischer Natur. Von Complikationen wird Peri-
karditis als häufig vorkommend bezeichnet Zur
Behandlung empfiehlt R. Heilserum in grossen
Gaben, heisse Salzwasserspülungen, kräftige Nah-
rung, Stimulantien. Vor Allem bedürfen die Kran-
ken der Ruhe, die unter umständen durch Morphium
erzwungen werden soll. Die Behandlung der Eehl-
kopfdiphtherie ist^ die übliche. Bei Stenose zieht
R. die Intubation der Tracheotomie vor.
Ausführlich bespricht Biernacki (49) die
Behandlung der Diphtherie. Er empfiehlt Spü-
lungen des Rachens, Anwendung von Heilserum,
bei sinkendem Blutdrucke (sogenannter primärer
Herzschwäche) Strychnin, Coffein, absolute Ruhe,
bei wirklicher Herzschwäche Alkohol [Vorsicht
beim Aufstehen!], bei sinkender Temperatur Zu-
führung von Wärme, bei abnehmender Diurese
heisse Umschläge auf die Nierengegend, Infusion
von Salzwasser. Erbrechen bei gleichzeitiger
Diarrhöe wird bekämpft mit subcutaner Kochsalz-
infusion, bei fehlender Diarrh(to mit Salzwasser-
einläufen. Werden diese vertragen, so macht B.
Nährklystiere, lässt alsdann versuchsweise kleine
Mengen Wasser trinken. Werden sie nic(^t ver-
tragen, so nimmt er Suppositorien mit Pepton zu
Hülfe. Wird Wasser per os vertragen, so fügt er
peptonisirte Milch, später andere Diätetica zu. In
schweren Fällen wendet er Gavage an. Die Be-
handlung der Lähmungen ist die allgemein übliche.
Die Ausführungen von Qriffith (50) über
die Behandlung der Diphtherie enthalten nichts
wesentlich Neues.
Ausführliche Vorschriften über die Ernährung
der Diphtheriekranken macht Kirton (61). Er
zieht die Ernährung durch den Mund jeder an-
deren vor und bevorzugt dabei die Milch. Wird
die Flüssigkeit regurgitirt, so muss die Nahrung
eingedickt werden (Oel6s, EipasteundAehnliches).
Bei Erbrechen kleine Mengen, etwa stündlich 1 Ess-
lOffel, peptonisirter Milch oder frischen Fleischsaftes,
Eiweisswasser u. s. w., in schweren Fällen auch
Ei mit Branntwein, Zucker und Milch. Wenn die
Nahrung immer wieder ausgewürgt wird, wenn
Husten beim Schlucken auftritt, namentlich bei
tracheotomirten Kindern, wenn die Kinder eigen-
sinnig sind, soll man alle 4 Stunden durch die Nase
füttern, am besten peptonisirte Milch. Macht dies
Schwierigkeiten oder wird die Nahrung erbrochen,
so muss man Nährklystiere machen, am besten
mit peptonisirter Milch alle 4 Stunden. 1 Stunde
vorher macht man ein Wasserklystier, um genügend
Flüssigkeit zuzuführen, Imal am Tage ein Reini-
gungsklystier. Treten Diarrhöen auf, so giebt man
Stärkeklystiere mit Opiumzusatz. Schliesslich
werden noch längere Zeit hindurch täglich Ein-
spritzungen mit sterilem Pferdeserum (20 — 40 ocni)
gemacht
E e r s c h (52) beschreibt ein 3jähr. Kind mit nekroti-
sirender Pharyngitis, die ohne örüiche Behandlang ab-
heilte. K. hatte ihm eine Mixtur mit salioylsanrem Natroa
und Jodkalinm verschrieben.
Kürt (53) hat in der fleissigen Anregung der
Speichelabsonderung ein Schutzmittel gegen An-
gina, Diphtherie und Scharlach gefunden.
91. Ueber Taberkaloae. (Vgl. Jahrbb.
CCLXXV. p. 71.)
Allgemeines. Aetiologie.
1) Die Tuberkulose ; von Prof. v. Dräsche in Wien.
(Wien. med. Wchnschr. LH. 25. 1902.)
VI. Innere Medloin.
69
2) The causation and preveniion of phthüis ; by
BjromBramwell. (Lancet Jnly 5. 12. 1902.)
3) Sehwitübucht eine Nervenkrankheit; von Dr.
Eonrad Schweizer in Freibarg i.B. (München 1903.
Verlag d. ftrztl. RandschatL 8. 48 8.)
4) Le terrain humain de la tubereulose; par le Dr.
Edmond Weber. (Revae med. de la Soisse rom.
XXin.l;Janv. 20. 1903.)
5) Ooniributüm ä VHnde de Vetiologie de la tuher-
culose /parBichelonne. (Arch. de Med. mil. XLI. 5.
p. 435. Mai 1903.)
6) The nahire of the infectivity ofphthisis. A study
of the views of Koeh, Flügge and others; by Alfred
Hillier. (Brit. med. Jonm. March 14. 1903.)
7) Phihiais and house infeetion ; by J. R. J o h n s o n.
(Ibid.)
8) Zum Auftreten der Tuberktdoee auf dem Lande;
voD Dr. Kristen Isager. (Nord. med. ark. XXXV.
Afd. II. Innere Med. 1. 2. 1902.)
9) A diseuseion on the relaiion of phthisis to fac-
toryattdworskshop eondHions. (Brit. med. Jonrn. Sept 13.
1902.)
10) Beitrag x$tr Kmntnies der Tuberkuloeeverbreitung
in Baden; von Dr. W. Ho ff mann. (Beitr. zur Klinik
d. Tuberk. Heft 1. Würzburg 1903. A. Stuber*sVerl.)
11) Das Auftreten der Tkiberkuloae in Cigarren-
fabriken; von Prof. L. Brauer. (Ebenda.)
12) Die Lohgerberei in ihrer Bexiekung xur Ikiber-
huhse; von Dr. Carl R ei tt er in Wien. (Ztschr. f.
Tuberk. u. Heilst IH. 4. p. 325. 1902.)
13) Die Tuberkuloeeeterhlichkeü in der preussisehen
Monarehievon 1876—1901; von Dr. Arthur Kayser-
ling. (Ztaohr. f. Tab. u. Heilst IV. 3. p. 191. 1903.)
14) Der Einfhise der Lungerttuberkuloee auf Lebens-
dauer und Erwerbsfähigkeü und der Werth der Volks-
ketUtättenbehandlung; von Dr. £d. Stadler. (Deut-
sches Arch. f. klin. Med. LXXV. 3—5. p. 412. 1902.)
15) Ueber üiberkulose bei Kindern; von Dr. Jan
Riczynski. (Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F. IV. 1. p. 67.
1901.)
16) Die Infektion mit Tuberkulose im Kindesalter
ftnd deren Bekämpfung; von Eornel Preisich u.
iladir Schütz in Budapest (Ztschr. f. Tuberk. u.
HeJlstm. 6. p. 470. 1902.)
17) Beitrag xur Tuberkulose des Kindesalters und
Prophylaxe derselben; von Dr. 0. Kluge in Itzehoe.
(Ebeoda IV. 4. p. 324. 1903.)
18) Untersuchungen über die Durchgängigkeit der
jugendlichen Magen^Darmwand für TuberkelbaeiUen ;
von Prof. Diese in Marburg. (Berl. klin. Wohnschr.
XL 1. 1903.)
19) Zur tuberkulösen Lungenphthise im Säuglings-
oÄer; von Dr. Martin Hohlfeld. (Münchn. med.
Wchnschr. XLIX. 47. 1902.)
20) üebertragbarkeü der Rindertuberkulose auf den
^Imsehen; von R. Koch. (Deutsche med. Wchnschr.
XXVin. 48. 1902.)
21) Rinder- und Menschentuberkutose; von Dr.
T j a d e n. (Deutsche Vjhrschr. f. öffentl. Geshpfl. XXXIV.
3. p. 366. 1902.)
22) Die Frage nach der Identität der Menschen- und
7kieriuberkulose ; von Prof. Disselhorstin Halle a. S.
(Münchn. med. Wchnschr. XLIX. 27. 1902.)
23) Bemerkungen xur Tuberkulosefrage; von Fer-
dinand Hueppe. (Prag. med. Wchnschr. XXVII. 52.
1902. Vgl. a. Wien. med. Wchnschr. LH. 51. 1902.)
24) Ueber Fütterungstuberkulose; von Prof. D. von
Hansemann. (Berl. klin. Wchnschr. XL. 7. 8. 1903.)
25) TJeber die Tktberkuloseinfektion durch den Ver-
^«ntngshanal; von A. Heller in Kiel. (Deutsche med.
Wchnschr. XXVIH. 39. 1902.)
2%)Buman and bovine tubereulosis. The possibility
of koman infeetion from cattle ; by N a t h a n R a w. (Brit.
med. Joum. March 14. 1903.)
27) Beitrag xu dem Studium der Rinder- und
menschliehen Tuberkulose; von Dr. Angelo Cippo-
lina. (Berl. klin. Wohnschr. XL. 8. 1903.)
28) Perlsucht und menschliehe Tuberkulose; von
Prof. Max Wolff in Berlin. (Berl. klin. Wohnschr.
XXXIX. 46. 1902. — Deutsche med. Wchnschr. XXVIII.
32. 1902.)
29) Versuche über Fütterungstuberkulose bei Rindern
und Kälbern; von Prof. Max Schottelius. (Münchn.
med. Wchnschr. XLIX. 39. 1902.)
Z(S)W<is ist Perlsucht? Nebst kurxem Bericht über
experimentelle üebertragung der menschlichen Tuber-
kulose auf grössere Hausthiere ; von J. E s s e r u. J. 0 r t h.
(Berl. klin. Wchnschr. XXXIX. 34. 1902.)
31) Zur Frage der Uebertragbarkeit der Menschen-
tuberkulose auf Rinder und Ziegen ; von Dr. A. M o e 1 1 e r
in Beizig. (Deutsche med. Wchnschr. XXVIII. 40. 1902.)
32) Ueber Impftuberkulose ; von 0. Lassar in
Berlin. (Deuteche med. Wchnschr. XXVm. 40. 1902.)
33) Ueber einen Fall von Impftuberkulose eines
Schlachthausarbeiters durch tuberkulöse Organe eines
Rindes; von Dr. Paul Krause. (Münchn. med. Wo-
cbenschr. XLIX. 25. 1902.)
34) Transmission ä Vkomme, par inoeulatüm acci-
dentelle, de la tubereulose bovine^ et reinoculation eoc-
perimentale äveau; par G. H.H. Spronck et K. Höf-
nagel. (Semaine med. XXIL 42. Oct 15. 1902.)
35) A case of tubereulosis of the skin foUowing
aeeidental inoculation with the bovine tubercle bacillus ;
by Mazyck P. Ravenal. (Proceed. of the pathol. Soc.
of Philad. N. S. V. 3; Jan. 1902.)
36) The intercommunieabüity of human and bovine
tubereulosis; by M. P. Ravenel. (Ibid. V. 7. p. 181.
1902.)
37) Beilrag xur Frage der Identität der Rinder- und
Menschentuberkutose; von Dr. Troje in Braunsohweig.
(Deutsche med. Wchnschr. XXIX. 11. 1903.)
3B) Two cases of consumption probably infected by
tubercuhus milk; by James M. Co wie. (Brit med.
Joum. Nov. 29. 1902.)
39) Ueber die Artgleichheit der vom Menschen und
der vom Rinde stammenden TuberkelbaeiUen und über
Tuberkulose-Immunisinmg von Rindern ; von E. v. B e h -
ring. (Wien. klin. Wchnschr. XVL 12. 1903.)
40) Die JennerisaHon als Mittel xur Bekämpfung
der Rindertuberkulose in der landwirthschaftlichen
Praxis; von E. v. B e h r i n g. (Ztschr. f. Thiermed. VI.
5 u. 6. p. 322. 1902.)
41) Anweisung für die Tuberkulose- Schutzimpfungen
von Rindern; von E. v. Behring. ("Ebenda p. 328.)
42) Beitrag xur Tuberkulosd>ekämpfung auf örund
von 59}ähr. Zuehtregistem ; von Dr. Friedrich Her-
mann auf Weidlitz bei Bautzen. (Ebenda p. 336.)
43) Tuberkulose beim Pferde; von Dr. H. Markus
in Utrecht (Ebenda p. 369.)
44) Beitrag xur Frage über das Vorkommen von
Tuberkdbaciüen in der Milch von reagirenden Kühen;
von OlofStenström in Hamra (Schweden). (Ebenda
VL 4. p. 241. 1902.)
45) Die fötale tuberkulöse Infektion; von Dr. Ro-
bert Schlüter. (Leipzig u. Wien 1902. Franz Deu-
ticke. Gr. 8. 38 S.)
46) Die Bexiekung der Heüungsvorgänge gewisser
Formen der LungenphÖiise xur Oelmkbildung am ersten
Rippenringe; von W. A. Freund. (Therap. Monatsh.
XVI. 6. 1902. — Berl. klin. Wohnschr. XXXIX. 33.
1902.)
47) Larynaspolyp und Lungentuberkulose; von Dr.
FriedelPick. (Prag. med. Wchnschr. XXVm. 20.
1903.)
48) Zur Frage der Genese der Lungentuberkulose;
von Dr. Georg Schmor 1. (Münchn. med. Wchnschr.
XLK. 33. 34. 1902.)
49) Die Genese der Lungenphthise und die Ver-
schiedenheit der mit dem Namen - Tuberkel^ bexeichneten
70
VI. Innere Hedicin.
Oebilde; von Dr. E. Aufrecht io Magdebarg. (Deut-
sches Arch. f. klin. Med. LXXV. 3 u. 5. p. 193. 1903.)
50) lieber die Wirkungsweise des Iktberkelbadüus
bei eaeperitnenteller Lungentuberkulose; vod Dr. Oott-
holdHerxheimer. (Beitr. z. pathol. Anat u. allgem.
Pathol. XXXIII. 3. p. 363. 1903.)
51) Zur Diagnose der angeborenen SchwindsucktS'
anläge; von Prof. Oeorg Sticker. (Munchn. med.
AVchnschr. XLIX. 33. 1902.)
52) Die Bedeutung der tuberkulösen Belastung für
die Entstehung von Ohrenkrankheiten bei Kindern; von
Prof. Ostmannin Marburg. (Munchn. med. Wchnschr.
XLIX. 29. 1902.)
53) Üeber die Bedeutung der Cigarren und besonders
der Stummel derselben im Hinblick auf die Verbreitung
der Tuberkulose; von Dr. Luigi Peserico in Padua.
(Aroh. f. Hyg. XLIV. 3. p. 189. 1902.)
54) TuSercular expeetoration in public thorough-
fares; by H. E. Annett. (Thompson Yates Laborat.
Report IV. 2. p. 359. 1902.)
55) The danger to the public frofn the ambulant
consumptive; by J. 0. Cobb. (Philad. med. Jonrn.
April 26. 1902.)
56) Le traumalismej la tubereulose et la loi sur les
aecidmts du travail ; par le Dr. £. M o s n y. (Ann. d* Hyg.
publ. 3. S. XLVm. 1. 2; Juillet, Acut 1902.)
57) Beitrag xur Züchtung und xur Biologie des
Tliberkelbacillus ; von Hilarius Mensi. (Ztechr. f.
Hyg. u. Infektionskrankh. XXXIX. 3. p. 407. 1902.)
58) Ueber Anreicherung der TuberkeJhaciüen im
Sputum (nach Hesse); von Dr. Robert Königstein.
(Wien. klin. Wchnschr. XV. 33. 1902.)
59) Ein Beitrag xur Lehre von der Mischinfektion
bei Lungentuberkulose; vonDr.Herniann Eersoh-en-
steiner. (Deutsches Aroh. f. klin. Med. LXXV. 3—5.
p. 441. 1902.)
60) Intomo all'influenxa del microcoeco tetragono
sul processo tubercolare del polmone ; pel Dott. Alberto
Michelazzi. (Rif. med. X Vm. 239—242. 1902.)
61) The etiohgieal signifieance of the acid-resisiing
group of bacteria , and the evidence in favour of their
botanical relation to bacülus tuberculosis ; by A. C.
Abbott andN.Oildersleeve. (Univers. ofPennsylv.
med. Bull. XV. 4; June 1902.)
62) Ueber die Bexiehungen der säurefesten Sapro-
phyten (PseudotttberkeWacillenJ xu den Tuberkelbaeillen ;
von Dr. Felix Eiemperer in Berlin. (Ztschr. f. klin.
Med. XLVIIL 3 u. 4. p. 250. 1903.)
63) Ueber die Identität des Bacillus des Karpfens
(Bataillon^ Dubard und lerre) und des Bacillus
der Blindschleiche (Moeller); von Bataillon, A.
Mo eller und Terre. (Ztschr. f. Tuberk. u. Heilst.
VI. 3. p. 467. 1902.)
Aus den allgemein gehaltenen Besprechungen
der Tuberkulose brauchen wir nur die kleine Schrift
von Schweizer (3) hervorzuheben, ein etwas
absonderlicher, aber lesenswerther Beitrag zum
Kampfe gegen die reinen „Contagionisten^^ Soh w.
erkennt die Bedeutung der Tuberkelbaeillen an,
aber mit ihrem Eindringen und Festhaften im
Körper ist die „Schwindsucht'^ durchaus noch nicht
gegeben. Die latente Tuberkulose, die meist in
der Kindheit beginnt, soll sogar auf den Körper
günstig wirken können : „die Infektion kann bei
günstiger Primäranlage zunächst auch einen Impuls
zu scheinbar besserem Gedeihen und zur regeren
Entfaltung der ursprünglich gegebenen oder er-
worbenen Körperkräfte abgeben^^ unzählige Male
wird der Körper mit der Tuberkulose gut fertig;
dazu, dass sieb Schwindsucht entwickelt, gehört
noch Mancherlei, und hier spielen nervöse Einflüsse
im weitesten Sinne, namentlich auch geistige Alte-
rationen eine grosse Rolla
Auch Weber (4) und Bichelonne (5)
sprechen sich gegen die übertriebene Bedeutung
der „Contagion^^ aus und für die Bedeutung der
„Prädisposition*^
I sag er (8) ist etwa 10 Jahre lang einziger
Arzt eines grösseren Landbezirkes gewesen und
giebt wieder, was er dabei über die Ausbreitung
der Tuberkulose beobachtet hat Er meint, das
dichte Zusammenwohnen auf dem Lande und der
enge Verkehr der im gleichen Hause oder in
Nachbarhäusern Wohnenden mit einander beför-
derten die üebertragung der Tuberkulose ganz ent-
schieden. Bei dem ersten Falle in einer bis dahin
gesunden Familie könne man meist ziemlich sicher
die Quelle der Infektion in der nächsten Umgebung
feststellen. Dabei kämen als Quelle nicht nur
Kranke mit florider Phthise in Betracht, sondern
besonders auch Leute mit schleichender Tuber-
kulose, die auf ihr Leiden gar nicht achten!
ü. s. w. nicht gerade sehr neue Weisheiten.
Auch die Ermittelungen Hoffmann's (10)
über die Verbreitung der Tuberkulose in Baden
bestätigen in der Hauptsache Bekanntes : Mit der
Erhebung über den Meeresspiegel nimmt die Zahl
der Tuberkulosefälle ab, dabei kommen in Betracht
der häufigere Betrieb der Landwirthschaft in der
Höhe, die geringere Volksdichte, aber ausserdem
augenscheinlich auch noch umstände, die wir nicht
kennen. Je mehr Industrie, desto mehr Tuber-
kulose, je mehr Landwirthschaft, desto weniger.
Der Einfluss von Armuth, Alkoholconsum und Er-
nährung liess sich statistisch nicht feststellen. Im
Norden Badens ist die Tuberkulose besonders häufig,
im Süden der Krebs.
Die Häufigkeit der Tuberkulose im Norden
Badens findet zum Theil wohl ihre Erklärung
in der dort stark verbreiteten Cigarrenindustrie.
Brauer (11) giebt hierüber zahlreiche eingehende
üebersichten und Zusammenstellungen, aus denen
hervorgeht, dass die Arbeiter in den Cigarren-
fabriken häufiger an. Tuberkulose erkranken , als
die gleichgestellten Leute in anderen Gewerben;
und zwar sind es nicht klimatische oder sociale
Verhältnisse, die das bedingen, sondern es ist
diese besondere Arbeit mit Allem, was dazu gehört.
Reitter (12) wfinscht zuverlässige Fest-
stellungen über das Verhältniss der Lohgerberei
zur Tuberkulose. Einige haben behauptet, die
Qerber würden so g^t wie niemals phthisisoh,
Andere meinen, sie würden es besonders oft R.
zeigt, dass beide Angaben ungenügend begründet
und weitere Nachforschungen recht wünschens-
werth sind.
Kay8erling(13) giebt umfangreiche Tabellen
über die Tuberkulosesterblichkeit in Preussen.
Von 1875—1887 blieben die Zahlen sich etwa
gleich, dann trat ein erheblicher und ziemlich
YL Innere Hedicin.
71
gleichmSssig zunehmender Abfall ein bis Ende 1 898,
1899 und 1900 eine kleine Zunahme, 1901 wieder
ibfolL Die betrSohtliche Abnahme seit 1 887 h&ngt
wohl sicher mit der Entdeckung des Tuberkel-
bidllus und der ganzen neueren Bewegung gegen
die Taberkuloee zusammen. Einen günstigen Ein-
floBs der Yolkssanatorien lassen die Zahlen noch
nicht erkennrai«
Wie lange dauert die Lungentuberkulose und
wie weit beeinträchtigt sie die Arbeitffthigkeit?
Diese Fragen sucht Stadler (14) mit Hülfe des
Materiales der Marburger Poliklinik zu beantworten.
Die Antwort widerspricht zum Theil bisher all-
gemein gültigen Anschauungen und bedarf wohl
weiterer Begründung: „Die durchschnittliche Dauer
der Lungentuberkulose beträgt für das erwerbs-
fthige Alter des kleinen Bauern-, Arbeiter- und
Handwerkerstandes mindestens 6 — 7 Jahre. Sie
ist fiSr die Frauen etwas^änger, als für dieMAnner,
^ Kranke, bei denen sie jenseits des 40. Lebens-
jahres beginnt, durchschnittlich um 1 Jahr kürzer,
als fOr das Alter vom 14. bis 39. Lebensjahre.
Durch die verschiedenen Berufsschäden wird die
Dauer der Taberkulose bei social gleichgestellten
Arbeitern nicht merklich beeinflusst Die For-
derung eines Berufswechsels für lungenkranke
Arbeiter in ausgesprochen gesundheitschädlichen
Gewerben ist daher unberechtigt, wenn nicht eine
soeiale Besserstellung damit verbunden werden
kann [?!]. Die Dauer der Arbeitfähigkeit verhält
sich im Allgemeinen entsprechend der Erankheit-
dauer, nur ist bei den Frauen die Zahl der theil-
weiae Arbeitfähigen und der Arbeitunfähigen duroh-
admittlichviel grösser, als bei den Männern. Nach
5 Jahren ist die Hälfte aller Kranken noch im Be-
aitie eines 'gewissen Grades von Arbeitfähigkeit,
i h. noch nicht invalide im Sinne des Livaliden-
Tenicherungsgesetzes.^* Die übliche kurze Behand-
long in einer Volksheilstätte ändert an diesen Yer-
lAtauBsen nicht allzuviel
Raczynski (15) beschäftigt sich mit der
I^Msuhse der Kinder. Seiner Berechnung nach
leidet mindestens die Hälfte aller Kinder, die in
<li8 St Ludwig-Kinderspital zu Krakau kommen,
>a Tuberkulose. Oft wird das Leiden nur zufäUig
bei der Sektion gefunden, bei vielen Kindern wird
ei aioherlich überhaupt nicht erkannt R. bespricht
^ die verschiedene Art und Weise, wie die
Taberkelbaoilien in den Körper eindringen können,
md die Diagnose.
Auch Preisich und Schütz (16) und
^i&ge (17) machen auf die grosse Häufigkeit der
^berknlose bei kleinen Kindern aufmerksam.
Aagensoheinlich sind die Kinder nicht etwa be-
Benders empfänglich, sie sind nur durch ihre ganze
I^bensweise der Infektion besonders ausgesetzt.
IW die Infektion lange latent bleiben und erst
uch Jahren zum Yorscheine kommen kann, wird
immer noch nicht genügend beachtet P r. u. S c h.
(ordern unter Anderem günstig gelegene Hospitäler
für chirurgische Tuberkulöse. KI. legt besonderen
Werth auf eine frühzeitige Trennung der Kinder
von ihren tuberkulösen Eltern.
Dass ein Kind gerade in seinen ersten Lebens-
tagen, und zwar von Seiten seines Yerdauungs-
kanales ungenügend gegen Infektionen geschützt
ist, vermochte Dis8e(18) anatomisch zu beweisen.
Er fand, dass der Magen des Neugeborenen durch-
aus noch nicht eine so vollständige und dicke
Schleimdecke aufweist, wie wir sie an der Magen-
schleimhaut des älteren Kindes und des Erwach-
senen finden. Es bestehen zunächst nur einzelne
Schleimpfröpfe, die erst im Verlaufe mehrerer Tage
zu einer richtigen Decke zusammenfliessen und so
lange das nicht geschehen ist, werden mit der
Milch genossene Tuberkelbacillen verhältnissmässig
leicht in den Körper eindringen können.
Hohlfeld (19) berichtet über 2 Fälle von
ausgedehnter Lungentuberkulose mit Cavernen-
bildung bei Säuglingen. —
Ein grosser Theil der ätiologischen Arbeiten
beschäftigt sich mit der durch Koch 's neueste
Mittheilungen wieder zu grosser Bedeutung ge-
langten Frage, ob Binder- und Menecheniuberkuiose
dasselbe sind oder nieht. In seiner letzten Ver-
öffentlichung (20), dem Vortrag bei der Internatio-
nalen Tuberkuloseconferenz zu Berlin» beschränkt
K. sich lediglich darauf, ob die Rindertuberkulose
auf den Menschen übertragen werden kann oder
nicht? und kommt in der Hauptsache zu einem be-
stimmten Nein ! Er führt aus, wie ungemein selten
die primäre Darmtuberkulose ist und wie sehr viel
häufiger sie sein müsste, wenn wirklich perlsüch-
tiges Fleisch und perlsüchtige Milch, die beide in
grossen Mengen genossen werden, bei dem Men-
schen Tuberkulose erzeugen könnten. Die ein-
zelnen als besonders schlagende Beweise ange-
führten Fälle sucht K. zu wiederlegen, die bekannten
örtlichen Hauterkrankungen der Fleischer u. s. w.
hält er nicht für Tuberkulose.
Auch diese neuesten Ausführungen Koch 's
haben vielfach Widerspruch gefunden. T j a d e n (2 1 )
und Disselhorst (22) drQoken sich noch recht
vorsichtig aus; Hueppe (23) und v. Hanse-
mann (24) greifen die einzelnen Punkte der
Koch'schenBeweisführungkräftigan. v. Hanse-
mann giebt zu, dass die primäre Fütterungs-
tuberkulose recht selten ist, sie kommt aber vor,
und zwar vor Allem bei Schwerkranken, beiOreisen
und bei ganz besonders für die Tuberkulose Em-
pfibiglichen. ,Jn den meisten Fällen kann sie früh-
zeitig ausheilen" ! Das scheint uns für die ganze
Frage von besonderer Wichtigkeit Durch diese
Eigenthümlichkeit entzieht sie sich oft dem Nach-
weise. „Zuweilen nimmt sie grössere Dimensionen
an und kann durch Propagation auf andere Organe
oder allerhand ZuflLlIigkeiten den Tod herbeiführen.^'
Heller (25) bestätigt seine früheren Angaben,
dass die primäre Darmtuberkulose bei richtigem
Zusehen durchaus nicht so sehr selten ist. Von
72
YL Innere ICediom.
714 gestorbenen Diphtheriekranken fand er 140
tuberkulös und bei 53 war die Tuberkulose durch
den Yerdauungskanal eingedrungen. In einer
gleichen Statistik aus Boston lauten die Zahlen :
220, 35, 13.
Cipollina (27) fQtterte einen Affen mit
tuberkulöser Kuhmilch und erzielte eine allgemeine
Tuberkulose ohne Darmtuberkulose. Auch das
scheint uns von grosser Bedeutung, etwas Aehn-
liches könnte sehr wohl auch bei dem Menschen
eintreten. Dieser Ansicht ist auch Wolff (28),
der ausserdem noch darauf aufmerksam macht, dass
die Tuberkelbacillen aus Fleisch und Milch ja nicht
nur durch den Darm, sondern sehr wohl schon
höher oben im Bachen in den Körper eindringen
können. „Die seltene Beobachtung von primärer
Darmtuberkulose beim Menschen ist noch kein
sicherer Beweis fQr das wirklich seltene Vorkommen
einer tuberkulösen Infektion des Menschen durch
animalische Nahrungsmittel^* W. fahrt einen
eigenen Fall an, der die ganze neue Lehre Koch's
bedenklich erschüttert Es gelang ihm mit den
Bacillen einer primflren Darmtuberkulose beim
Menschen bei einem Kalbe typische Perlsucht
hervorzurufen I
Schottelius(29) h< die Identität zwischen
Menschen- und Rindertuberkulose dadurch für er-
wiesen, dass es ihm gelang, 3 Rinder durch den
Auswurf eines Phthisikers tuberkulös zu machen.
Esser undOrth (30) berichten über ganz ähn-
liche Uebertragungen. Mo eller (31) ist etwas
derartiges bei Kälbern und bei Ziegen nicht ge-
lungen.
Lassar (32), Krause (33), Spronckund
Höfnagel(34), Ravenel(35.36)undTroje(37)
berichten über neue Fälle von Hauttuberkulose bei
Menschen verursacht durch Rindertuberkulose.
R a V e n e 1 ist auch abgesehen von dem besonderen
Falle ein entschiedener Anhänger der Identität.
Besonders überzeugend klingt der Fall vonTr oje,
in dem sich bei einem ganz gesunden unbelasteten
Menschen eine Uauttuberkulose entwickelte, die,
anscheinend geheilt, wiederholt in Monate langen
Pausen recidivirte und zu einer tuberkulösen In-
filtration der zugehörigen Lymphdrüsen führte.
Es bleibt also wie auch v. Behring (39) aus-
führlich darthut, dabei dass die Tuberkelbacillen
des Menschen und des Rindes zur gleichen Art ge-
hören, und dass sie von Einem zum Anderen über-
tragen werden, und mag diese üebertragung auch
nicht gar zu leicht sein und nicht gar zu häufig
vorkommen, so sollte es vorläufig auch bei den
bekannten Yorsichtmaassregeln tuberkulösen Nah-
rungsmitteln gegenüber bleiben und sollte der viel-
fach mit den besten Erfolgen eingeleitete Kampf
gegen die Rindertuberkulose nicht unter-, bez. gar
abgebrochen werden. Einen wesentlichen Beitrag
für diesen Kampf liefert v. Behring (40. 41), in
dein er ein gründlich erprobtes Verfahren zur Im-
munisirung von Rindern gegen die Tuberkulose
giebt Er verwendet dazu vorzugsweise Tuberkel-
bacillen von Menschen, die durch lange Züchtung
auf künstlichen Nährböden an Virulenz verloren
haben.
Dasselbe Heft der Zeitschrift fOrThiermedicin,
in dem sich die beiden Mittheilungen v. Beh-
ring's befinden, enthält noch 2 interessante Arbei-
ten über Tuberkulose bei Thieren: Hermann (42)
macht darauf aufmerksam, dass man auch bei den
Rindern viel mehr als das bisher geschehen ist, auf
eine angeborene oder erworbene Anlage zur Tuber-
kulose achten müsse, und dass die Beseitigung
Alles dessen, was diese Anlage hervorrufen, bez.
verstärken kann, ein wesentlicher Punkt in dem
Kampfe auch g^gen die Rindertuberkulose ist. In
Betracht kommt hier vor Allem Viererlei : 1) das
Brehmer'sche Oesetz, dass die späten Spröss-
linge kinderreicher Familien besonders leicht an
Tuberkulose erkranken ; 2) der Mangel an frischer
Luft und Bewegung (Stallfütterung auch im
Sommer); 3) Paarung in zu naher Verwandtschaft ;
4) die Vererbung, die Abstammung von tuber-
kulösen Eltern. — Markus (43) beschreibt
13 Fälle von Tuberkulose bei Pferden. Er meint,
man müsse und könne hier zwischen Aspiration-
tuberkulöse und embolischer Tuberkulose unter-
scheiden.
Ob, bez. wie oft die Milch von tuberkulösen
Kühen mit gesunden Eutern Tuberkelbacillen ent-
hält, darüber sind genügend auseinandergehende
Ansichten vorhanden. Stenström (44) meint
nach seinen Untersuchungen, die Milch komme aus
'dem gesunden Euter meist ohne Bacillen, diese
würden ihr aber sehr häufig bei dem Melken bei-
gemengt aus dem Koth der kranken Thiera Der
Koth enthält stets reichliche Bacillen, da dieThiere
ihren gesammten Auswurf verschlucken. —
Schlüter (46) fasst zusammen, was wir
Sicheres über die tuberkulöse Infektion des Foetus
beim Menschen und bei Thieren wissen. Wir
wissen, dass sie vorkommt, und zwar meist von
der Mutter her durch Vermittelung der Plaoenta,
„aber sie kommt doch nicht so oft vor, dass sie
etwa ein wichtiges ätiologisches Moment für eine
so colossal verbreitete Krankheit darstellte, g^
schweige denn andere Theorien der Tuberkulose-
entstehung entbehrlich machte".
Freund (46) knüpft an seine in unserer
vorigen Zusammenstellung ausführlich besprochene
Lehre von der Bedeutung einer zu engen oberen
Brustapertur für das Zustandekommen der Langten-
tuberkulöse an, bestätigt durch neuere Unter-
suchungen die Thatsache, dass der Wegfall dieeer
Engigkeit durch Eintreten einer grösseren Beweg-
lichkeit zwischen 1. Rippe und Sternum, bez. zw^i-
sehen Manubrium und Corpua sterni auf die Bei-
lung der Lungenphthise einen sehr günstigen ESn-
fluss hat, und räth von Neuem dringend dasu,
in geeigneten Fällen die 1. Rippe zu daroh-
schneiden.
YL Innere Medloin.
73
Pick (47) bringt einen neuen Beitrag zur Be-
deatnng ungenügenden Luftzutrittes für die Lungen-
taberkolose: Ein Schwindsüchtiger besserte sich
überraschend schnell, nachdem ihm ein grosser
Kehlkopfpolyp herausgenommen war.
Schmor 1(48) widerlegt sehr eingehend die
OrQnde, die Ribbert dafür angeführt hat, dass
die Lunge in der Mehrzahl der F&lle nicht direkt
durch Inhalation, sondern auf dem Blntwege (meist
von den Bronchialdrüsen her) tuberkulös inficirt
verd& Schm. will diese Form der Schwind-
suchtentstehung durchaus nicht ganz von der Hand
weieen; er hftlt aber die Infektion durch Inhalation
ffir das weitaus häufigere und weist dabei von
Neuem auf die früher von ihm dargelegten beson-
deren anatomischen Verhältnisse an und in den
Lungenspitzen hin.
In vieler Beziehung den Anschauungen R i b -
bert's nahe steht Aufrecht (49), der jetzt in
einer umfangreichen Arbeit seine Ansichten über die
Entstehung der Tuberkulose, speciell der Lungen-
phthise, dargelegt hat. Wir geben die zusammen-
fittsende Schilderung am besten mit A.'s eigenen
Worten wieder: „Die hauptsächlichste numerisch
vahiBcheinlich bedeutsamste Eintrittspforte des
Toberkelbacillus in den menschlichen EOrper sind
die Tonsillen. Von hier aus wird er durch die
Halelymphdrüsen bis zu den Mediastinaldrüsen
weiter befördert und führt zur Schwellung dieser
Drflsen. Beim Lebenden, zumal bei jugendlichen
Personen, welche wegen beginnender Lungen-
spitzeninfiltration in Behandlung kommen, fühlt
n«n sehr häufig genau am ünterkieferwinkel
einer- oder beiderseits eine oder mehrere ge-
Bchwoilene Drüsen, bei Sektionen finden sich am
lAnfigaten geschwollene, z. Th. verkäste Media-
stinaldrOsen als ausschliessliche Folge der Einwir-
^ des Tuberkelbacillas zumal bei solchen Men-
schen, welche an irgend einer nicht tuberkul5sen
Knnkheit gestorben sind. Freilich dürften sich
noch Qfter als bisher Yerkäsungen mit Tuberkel-
Mlen in der Halslymphdrüsenkette und auf diese
^eise ein direkter Zusammenhang mit den Ton-
ällen feststellen lassen, wenn diesem Punkte etwas
nehr Aufmerksamkeit zugewendet werden wird als
uaocfa geschehen ist
Nachdem femer die Permeabilität intakter Ge-
tewinde für den aus geschwollenen adhärenten
Lymphdrüsen stammenden Tuberkelbacillus er-
lesen ist, wird es begreiflich, dass aus tuber-
^^^S^^ Hals-, resp. Mediastinaldrüsen solche
Bacillen in die Blutbahn übergeführt werden kün-
^* Ton den Halsvenen aus müssen sie in das
lecfate Herz und so in die kleinsten Zweige der
I^^^gonarterie gelangen, von Mediastinaldrüsen aus
kSonen sie direkt in die Arteria pulmonalis oder
in die Vena pulmonalis eindringen und in ersterem
Falle gleichfalls in die Lunge gerathen, in letzterem
Falle in den grossen Kreislauf kommen und bei
Med.Jahibb.Bd.27ö*Hftl,
grosser. Reichlichkeit allgemeine Miliartuberkulose
zur Folge haben.
Dass beim Eindringen der Bacillen in den klei-
nen Kreislauf gerade die Lungenspitzen der ge-
eignetste Ort für ihre Sesshaftigkeit sind, beruht
einestheils auf den am wenigsten günstigen Cirku-
lationsverhältnissen in der Lungenspitze, anderen-
theils auf der Möglichkeit mechanischer Zerrungen
ihres Gewebes. Da die Cirkulation in der Lunge
von der Dehnung derselben durch den inspira-
torischen Zug der Thoraxmuskulatur und des
Zwerchfells abhängt und auf diese Weise der Ab-
fluss des Blutes nach der Vena pulmonalis be-
fördert wird, kommt diese Beförderung, wie ohne
Weiteres verständlich ist, den Lungenspitzen am
wenigsten zu gute. Sitzende Lebensweise vermag
diese ungünstigen Cirkulationsverhältnisse in be-
sonderem Grade zu steigern. — Zerrungen des
Gewebes der Lungenspitzen aber kommen bei an-
gestrengten Respirationen zu Stande, weil hierbei
die Sternocleidomastoidei und Scaleni in Anspruch
genommen werden, deren extremste Leistung zu
derjenigen des Zwerchfelles sich geradezu anta-
gonistisch verhält Auch heftige Hustenstüsse
müssen zu einer Rüokstauung der Luft nach den
Lungenspitzen hin führen, weil diese nur von
Weichtheilen gedeckt sind, welche sich an der
Austreibung der Luft nicht betheiligen. Es ist
nicht ausgeschlossen, dass alle diese umstände
schon a priori, d. h. vor dem Eindringen des
Tuberkelbacillus, zu einer histologischen Schädi-
gung des Gewebes der Lungenspitzen führen können.
Sind aber erst die Tuberkelbacillen an und in
der Wand kleinerer Gefässe der Lungenspitzen
haften geblieben, dann führen sie bei eigener Ver-
mehrung auch zu einer Zunahme der zelligen Ele-
mente der Gefässwand, welche so bedeutend wird,
dass Durchschnitte, resp. Abschnitte derselben
den Eindruck ciroumscripter Zellhaufen machen,
welche bisher als neugebildete Granulationen als
graue Tuberkel angesehen worden sind.
Während in der Leber fast immer nur diese
Veränderung, also der graue Miliartuberkel, d. h.
eine bedeutende Schwellung der Gefässwand zu
Stande kommt, führt die Gefässwandverdickung
in der Lunge ebenso wie in der Milz und Niere,
weil diese Organe Endarterien besitzen, ohne, aber
wohl noch häufiger mit Verlegung des GeflLss-
lumens durch Thrombose, zu einer Ernährungs-
störung der durch diese Gefftsse versorgten Qe-
websabsohnitte, zur Nekrose. In diese nekrotischen
Herde gelangen die Bacillen von der Gefässwand
aus und damit ist der käsige Tuberkel gegeben.
Er ist das Produkt der oombinirten Wirkung der
Nekrose und des Tuberkelbacillus.
Die Ausdehnung der durch vaskulär eingedrun-
gene Tuberkelbacillen herbeigeführten anatomischen
Veränderungen in der Lunge ist von der Menge
der Bacillen wahrscheinlich aber auch von der
Menge kleinster Partikel abgestorbener organischer
10
74
VI. Luiere MedlciiL
Substanz abhängig, wie sie in käsigen Massen vor-
kommt. Bei kleinen Mengen von Tuberkelbacillen,
welche als solche allein durch die intakte Oefftss-
wand hindurchgelangt sind, kommt es nur zu iso-
lirter Herdbildung in der Lungenspitze, bei grosser
f Menge entstehen in den Lungen und dann in allen
Abschnitten derselben enorm zahlreiche k&sige
Tuberkel. In ersterem Falle kann es zur Ver-
narbung oder nach Ausstossung des nekrotischen
käsigen Herdes zu einer kleineren Gaverne in der
Lungenspitze kommen, in letzterem führt meist
bei raschem Verlaufe die Krankheit zum tOdtlichen
Ausgange. Doch scheint mir nach meinen kli-
nischen Beobachtungen auch dann eine Heilung
nicht ausgeschlossen zu sein. Wenn wir bedenken,
dass ausgedehnte Tuberkulosen des Peritonaeum
mit Zurficklassung fibröser Tuberkel, dem Best-
bestande käsiger Tuberkel, deren nekrotisches Mate-
rial resorbirt ist, vollkommen heilen können, lässt
sich die Möglichkeit des gleichen Vorganges in der
Lunge wohl annehmen.
Wenn aber gerade die Lunge den traurigen
Vorzug besitzt, in Folge des Vorhandenseins
käsiger von der Qefässwanderkrankung abhängiger
Tuberkel den ausgedehntesten GewebszerstOrungen,
bez. der Cavernenbildung ausgesetzt zu sein, so
beruht das nicht auf den käsigen Tuberkeln direkt,
sondern auf den durch ihr Vorhandensein be-
dingten pneumonischen Processen, welche, um es
kurz zu definiren, zu Exsudationen in die Alveolen,
sowie in ihre Interstitien führen und damit die
Qrundlage für das Hineingelangen von Bacillen
aus den käsigen Tuberkeln bilden. Erst durch den
Zerfall des pneumonisch infiltrirten Gewebes ist
die Entstehung grösserer Cavernen bedingt.
Beim Vorhandensein isolirter käsiger Tuberkel
in der Lungenspitze beschränkt sich die pneumo-
nische Erkrankung auf deren Umgebung. Sie kann
bei geeigneten Maassnahmen zur Resolution kom-
men oder zu chronischer Pneumonie oder zur
Cavernenbildung führen. Bei Durchsetzung eines
ganzen Lungenlappens oder einer ganzen Lunge
mit käsigen Tuberkeln führt die entsprechend weit
ausgedehnte pneumonische Erkrankung zur Buhl'-
schen Desquamativpneumonie, bez. zur käsigen
lobären Pneumonie.
Der specifischen Therapie fäUt die noch zu
lösende Aufgabe zu, ein Mittel zur Vernichtung
des Tuberkelbacillus und so zur Verhütung der
Entstehung der käsigen Tuberkel zu finden. Der
hygienisch-diätetischen Therapie (in Luftkurorten,
Lungenheilanstalten, Volksheilstätten) erwächst auf
Grund dieser Untersuchung die Aufgabe, die pneu-
monischen Processe — welche erst die Eigenart der
Lungenphthise ausmachen und die grösste Gefahr
in sich schliessen, dass der Tuberkulöse zum Phthi-
siker wird — zu verhüten und , wenn sie schon
vorhanden sind, den Zerfall der pneumonisch er-
krankten Theile hintanzuhalten. Die Empirie,
welche der wissenschaftlichen Erklärung und Be-
gründung längst voraufgegangen ist, beweist zur
Genüge, dass solche Bestrebungen von Erfolg ge-
krönt sind.*'
Bezüglich der „Disposition zur Tuberkulose'*
legt A. den grössten Werth auf die Sorofulose und
deren Wesen scheint ihm in einer krankhaften
Durchgängigkeit der Gtefässwände zu liegen, die
einerseits den Bestandtheilen des Blutes, nament-
lich den weissen Blutkörperchen den Austritt aus
den Gefftssen, andererseits den Tuberkelbacillen
den Eintritt in die Gefässe sehr leicht macht
Herxheimer (50) hat Versuche und ge-
naue Untersuchungen darüber angestellt, wie die
Tuberkelbacillen bei Einspritzungen in die Trachea
und in die Bronchen wirken. Wir geben auch
hier das praktisch Wichtigste mit des Vft. eigenen
Worten wieder : „Der Tuberkelbacillus passirt die
Trachea und gelangt so durch die Bronchien und
Bronchiolen in die Alveolen. Zwar übt er auf
diesem Wege eine gewisse chemotaktische Wirkung
auf polynukleäre Leukocyten aus, welche die Wan-
dung der Bronchien durchsetzen und sich eventuell
im Bronchus um liegen gebliebene BaciUenhaufea
lagern, allein in ihrer überwiegenden Mehrzahl ge-
langen die Tuberkelbacillen ungehindert in die
Alveolen, ohne das Bronchialepithel und somit die
Bronchialwand anzugreifen. Hier in den Alveolen
werden sie hat momentan von theilsabgestosaenen,
theils noch wandständigen Alveolarepithelien auf-
genommen. Auch diese letzteren stossen sich in
Folge dessen ab. Gleichzeitig üben die Bacillen
einen zerstörenden Einfluss auf die elastischen
Fasern. Eine Folge dieser Zell- und Zwischen-
substanz schädigenden Wirkung der Tuberkel-
bacillen ist eine Wucherung der fixen Elemente,
sowohl der Epithelien als auch der fixen Binde-
gewebezellen, bez. Endotheiien. Der Tuberkel-
bacillus übt weiter eine einzelne Zellen nekro-
tisirende Wirkung aus, sowie ferner eine chemo-
taktische auf polynukleäre Leukocyten. Da, wo
die Bacillen in grösseren Haufen liegen, geht das
Gewebe in der Umgebung ganz zu Grunde und es
sammelt sich hier eine grössere Zahl polynukleärer
Leukocyten an. Diese gehen nun auch bald zu
Grunde. Dagegen treten Rundzellen, besonders an
der Peripherie des Tuberkels, auf. Auf einer par-
tiellen Nekrotisirung beruht die Bildung Lang-
hans'scher Rieeenzellen. Die fortgesetzte, die
neugebildeten Zellen schädigende Wirkung der
Bacillen hindert eine Bindegewebsbildung und Qe-
fässneubildung. Als eine Folge dieser Wirkung
der wuchernden Tuberkelbacillen auf geschwächtem
Boden kommt zuletzt die Totalnekrose, die Ver-
käsung, beginnend im Centrum, wo zunächst am
meisten Bacillen liegen, zu Stande.
Die andauernde Wirkung der Tuberkelbacillen
wäre demnach das einzige für den Tuberkel ganz
Charakteristische. Durch diese Darstellung werden
auch ohne Weiteres die im Anfange so geringen
Unterschiede zwischen der Infektion mit lebenden
YL Innere Medicin.
75
Tnberkelbacillen und denjenigen mit abgestor-
benen Bacillen, resp. sonstigen Fremdkörpern ver-
ständlich/'
Stick er (51) suchte einen Beitrag zur ge-
naueren Bestimmung der Schwindsuchtanlage zu
liefern, indem er mit einem besonderen Apparate,
dem Thorakodynamometer, die Einathmungskraft
rersohiedener Menschen bestimmte. Bei gesunden
jangen Leuten ergaben sich 32 — 46 kg für die
einmalige maximale Leistung, 30 — 44 kg für die-
jenige Kraft, die nach einiger Uebung etwa 10 —
20mai hinter einander aufgebracht werden kann.
Die Druckkraft der rechten Hand betrug bei diesen
Leuten 25 — 44 kg. Eine beträchtlich geringere
Einathmungskraft scheint St. eines der Zeichen
des angeborenen phthisischen Habitus zu sein. Er
fiind in derartigen Fällen 22 — 33 kg maximale,
18—26 kg andauernde Einathmungskraft bei Leu-
ten, die 18 — 39 kg drücken konnten.
Ostmann (52) weist aus einem stattlichen
Zahlenmateriale nach, dass tuberkulös Belastete
ganz besonders häufig an Ohrenleiden erkranken,
und zwar gehen Häufigkeit und Schwere der Ohren-
leiden mit der Schwere der Belastung parallel. Es
handelt sich dabei durchaus nicht immer um tuber-
hilQse Ohrenleiden ; die Sache ist augenscheinlich
so, dass die Belasteten besonders leicht von Er-
krankungen der Nase und des Rachens betroffen
▼erden und dass diese bei ihnen mit Vorliebe das
I Ohr stark in Mitleidenschaft ziehen.
I Pe8erico(53) fand, dass auf Cigarrenstum-
I mein Tnberkelbacillen an trockenen Orten bis zu
I 2 Wochen, an feuchten etwa 10 Tage lang leben
I hleiben. Das ist besonders für Italien, wo fast
I jeder Stummel seinen Liebhaber findet, gewiss
nicht ohne Bedeutung. In ganzen Cigarren konnte
1 P. nur Schimmelpilze, Kartofifelbacillen , einige
I Proteosarten und pyogene Kokken, aber keine
{ Toberkelbacillen nachweisen.
{ Annett (54) und Cobb (55) machen auf das
Unheil aufmerksam, das der Auswurf der Schwind-
sQcfatigen anrichten kann.
M 0 8 n y (56) erörtert, vorzugsweise vom Stand-
' punkte des Unfallbegutachters, den Zusammenhang
I zvischen Verletzung und Tuberkulose. Er steht
in der Hauptsache auf dem richtigen Standpunkte,
^ das Trauma meist eine latente Tuberkulose
▼achnifen, bez. eine vorhandene verschlimmern
wird.
Henzi (57) hat den von Hesse empfohlenen
Nährstoff geprüft und wohl bewährt gefunden:
Hihrstoff Beiden 5.0, Kochsalz 5.0, Olycerin 30.0,
Agar 10.0, Normallosung von Erystallsoda 5.0,
«lestillirtes Wasser 1000.0. Auf diesem „Hesse-
Agar*^ gedeiht derTuberkelbacillus vortrefflich und
hehält mehrere Monate lang seine Virulenz etwa
in flacher Stärke. Tuberkelbacillen aus dem Aus-
wurfe lassen sich auf diesem Agar binnen wenigen
Tagen zu beträchtlicher Yermehrung bringen, solche
aus Harn gedeihen gut, wenn sie reichlich vor-
handen sind, ihre Weiterentwickelung und Ver-
mehrung bei geringer Anzahl gelang nicht. „Die
Begleitmikroorganismen des Sputums und des
Urins werden auf Hesse-Agar anfangs im Wachs-
thum bedeutend gehemmt, aber nicht bis zum Auf-
treten makroskopisch sichtbarer Golonieen von
Tuberkelbacillen. Wir besitzen darum nach wie
vor keine andere, allgemein verwendbare, Methode
der Isolirung der Tuberkelbacillen von Begleit-
mikroorganismen als die Thierpassage."
Eerschensteiner(59) hat eingehende Unter-
suchungen über die Mischinfektion bei derLungen-
phthise angestellt und kommt zu folgenden Ergeb-
nissen: „Die Flora des Phthisikersputums unter-
scheidet sich von der bei anderen Lungen- und
Bronohialeiterungen, soweit nicht gangränöse Pro-
cesse in Fhige kommen, nur durch die Anwesen-
heit des Tuberkelbacillus. Am häufigsten finden
sich im eitrigen Sputum, gleichviel ob von Tuber-
kulösen oder von nicht Tuberkulösen stammend,
Streptokokken. Sehr häufig kommen vor bei
Tuberkulösen Staphylokokken, Tetragenes, diph-
therieähnliche Bacillen. Seltener sind bei Tuber-
kulose verschiedenartige Mikrokokken, Pneumo-
kokken, Influenzabacillen , coliähnliche Bacillen.
Bei nicht tuberkulösen Bronchialeiterungen sind
Influenzabacillen und Pneumokokken vergleichs-
weise etwas häufiger, diphtherieähnliche Bacillen
und besonders Staphylokokken vergleichsweise
selten. Ein principieller unterschied besteht aber
nicht. Ganz sporadisch wurden gefunden Strepto-
trichäen und Blastomyceten, nie säurefeste Pseudo-
tuberkelbacillen und Pyocyaneus. Durch intra-
tracheale Injektion von Tuberkelbacillen, zusammen
mit Micrococcus tetragenes, gelang es beim Kanin-
chen rapid verlaufende Einschmelzungsprocesse im
Lungengewebe zu erzeugen, die sich in Ausbil-
dung einer grossen Caveme innerhalb 4 Wochen
äusserten. Der Lungenbefund war dabei der einer
reinen Tuberkulose. Durch Versuch am Menschen
konnte gezeigt werden, dass ein Streptococcus aus
tuberkulöser Lunge gezüchtet, der für Kaninchen
massig virulent war, auch für den gesunden Men-
schen einen gewissen Orad von Pathogenität be-
sass. Es wurde durch subcutane Injektion ein
lokales Erysipel erzeugt. Damit ist ein Parallelis-
mus zwischen Menschen- und Thierpathogenität
auch für die Streptokokken des Sputums erwiesen,
natürlich nur soweit gesunde Individuen in Betracht
kommen. Von Nebenergebnissen sei, als syste-
matisch wie praktisch wichtig, nur erwähnt, dass
bei unzweifelhaften Pseudodiphtheriebacillen so-
wohl Neisser's Granula, wie auch Säurebildung
constatirt wurde, dass daher das Vorhandensein
dieser Befunde nicht für die Diagnose des Löff-
ler'schen Diphtheriebacillus verwerthet werden
darf."
Nach den Untersuchungen von Michelaz zi (60)
stehen der Micrococcus tetragenes und die Tuberkel •
76
YL Innere HedidiL
baoillen in eig^thümlicher Oegenwirkung, indem
ersterer Thieren eingeimpft, die nachtrftgliche Ent-
wickelung von Tuberkelbacillen verhindert Be-
stehen bereits tuberkulöse Veränderungen, so schä-
digt der zu zweit eingeimpfte Tetragenes die
Tuberkelbacillen nicht mehr.
Abbott undQildersleeve (61) geben eine
sorgföltige Beschreibung der säurefesten Bacillen,
die wegen ihrer grossen Aehnlichkeit mit den
Tuberkelbacillen das allgemeine Interesse in hohem
Maasse erweckt haben. Augenscheinlich handelt
es sich dabei nicht nur um eine Aehnlichkeit, son-
dern um eine nahe Verwandtschaft Das haben
Koch und v. Behring bereits betont und das
geht auch aus den Versuchen Elemperer's (62)
hervor, der nachweisen konnte, dass bei Meer-
schweinchen die Einverleibung säurefester Bak-
terien einen abschwächenden und hemmenden Ein-
fluss auf die tuberkulöse Infektion ausQbt Säure-
feste Bakterien in Tuberkelbacillen überzuführen,
gelingt nicht, nahe Beziehungen von Einem zum
Anderen bestehen aber, EL m(k)hte annehmen,
„dass die Tuberkelbacillen parasitär ^gewordene
säurefeste Saprophyten sind^S
Bataillon, Moeller undTerre(63) legen
dar, dass der wiederholt beschriebene Bacillus des
Karpfens und der der Blindschleiche ein- und das-
selbe sind, „eine Varietät des Koch 'sehen Bacillus,
welche sich dem Kaltblüter angepasst hat^'.
(Fortsetzung folgt)
92. Ueber Arthropathla psorlatloa; von Dr.
C. Adrian. (Mittheil. a. d. Orenzgeb. d. Med. u.
Chir. XL 2. p. 237. 1903.)
Auf Grund einer eigenen Beobachtung aus der
Strassburger Chirurg. Klinik und 93 aus der Lite-
ratur gesammelter Fälle kommt A. zu der Ueber-
zeuguDg : „Es giebt eine besondere, mit Psoriasis
complicirte, meist polyartikuläre Gelenkerkrankung,
die ausgezeichnet ist durch einen eminent chro-
nischen Verlauf, ohne Neigung zu Herzcompli-
kationen, und die durch Salicylpräparate im All-
gemeinen nicht zu beeinflussen ist und oft früh-
zeitig zu Missstaltung und allmählich zu Destruktion
der Gelenke führt".
A. giebt eine eingehende Schilderung dieser
Krankheit. Aetiologisch ist sie dunkel, wie die Pso-
riasis auch. Armuth, Säfteverluste, anderweite Ge-
lenkerkrankungen, im Besonderen der akute Rheu-
matismus, scheinen bei der Entstehung keine grosse
Rolle zu spielen. Männer erkranken häufiger als
Weiber (im Gegensätze zur Arthritis deformans) und
am häufigsten Männer um das 40. bis 45. Lebens-
jahr herum mit schwerer allgemeiner Psoriasis.
„Ein specieller Zusammenhang der Arthropathia
psoriatica mit organischen oder funktionellen Er-
krankungen des Nervensystems, so dass sie als
centrale oder reflektorische Trophoneurose auf-
zufassen wäre, ist nur in ganz vereinzelten Be-
obachtungen wahrscheinlich gemacht, aber keines-
wegs bewiesen.^' Auch für die Auffassung als
Infektionkrankheit ergaben sich keine sicheren An-
haltepunkte. „Zur Gicht hat unsere Erkrankung,
wie auch die Psoriasis selbst, keinerlei Beziehun-
gen.^* Eben so wenig liess sich ein Zusammen-
hang mit Gonorrhöe oder Syphilis feststellen.
Es giebt leichte Fälle, „Psoriasis douloureux",
die gut ablaufen können. Häufiger ist der üeber-
gang in die schwere Form, bei der eine Genesung
ausgeschlossen ist Das Leben bleibt den Kranken
meist lange erhalten, da bedenkliche Complikationen
von Seiten der inneren Organe selten sind. Für
die Behandlung sind Badekuren in Ragaz, Franzens-
bad, Kreuznach, Baden-Baden wohl das Wirk-
samste. Von inneren Mitteln wird am meisten Jod-
kalium empfohlen. D i p p e.
93. üeber Gtosammtatlolutoff- und Harn-
säoreauMoheidang bei Pioriaiis; von Dr. Leo
V. Zumbusch in Wien. (Ztschr. f. Heilkde.
XXm. 9. p. 290. 1902.)
Gegenüber verschiedenen, besonders in der
englischen Literatur sich findenden Angaben, nach
denen zwischen Schuppenflechte und harnsaurer
Diathese ein Zusammenhang bestände, kommt v.Z.
auf Ghrund genauer Untersuchung von 21 Psoria-
tikem zu dem Schlüsse, dass der Hambefund in
Bezug auf Stickstoff- undHamsäuremenge, wie auf
specifisches Gewicht keine Abweichung von der
Norm darbietet und dass man daher trotz dei nicht
seltenen Complikation von Sohuppenfiechte mit
arthritisohen Erscheinungen nicht berechtigt ist,
eine uratische Diathese als Ursache der Psoriasis
anzunehmen. R e i s s n e r (Schöneberg).
94. Ueber den Herpes; von Dr. Ludwig
Merk. (Wien. klin. Wchnschr. XVL 9. 1903.)
Das einheitliche Bild des Herpes, der Bläschen-
flechte, wie es von F. Hebra aufgestellt wurde,
ist immer mehr verloren gegangen. Man unter-
scheidet jetzt sehr scharf zwischen dem Herpes
(facialis, progenitalis) und dem Zoster. Nach M.
geschieht dieses nicht mit Recht Denn die Tren-
nung ist nur gerechtfertigt, wenn man «torAsBZoBter-
eruptionen schwachen Ausbrüchen des Herpes vul-
garis gegenüberstellt Dann haben wir einerseits :
protrahirten Verlauf, Halbseitigkeit, anfängliche
Uebererregbarkeit, spätere Anästhesie, Mangel an
Recidiven, andererseits : raschen Verlauf, oft Aus-
breitung über die Medianlinie, keine oder geringe
Parästhesie, keine nachfolgende Anästhesie, häufige
Recidive. Aber beide Processe kommen in allen
möglichen Abstufungen vor, so dass eine strenge
Scheidung oft unmöglich ist.
M. sucht nun die einheitliche Pathologie des
Herpes darzulegen, indem er die Entstehung von
Lymphangioitis durch Verletzungen oder Schleim*
hautkatarrhe bespricht, die Verhältnisse der Lymph-
gefässe zu den Nerven darlegt und zu dem Schlüsse
kommt, dass eine auf sensible Nerven übergreifende
YL Innere Hedioin.
77
Ljmphangioitis einen Herpesausbnich zur Folge
haben kann. Durch den Reiz, der auf den Nerven
aoegeübt wird, kommt es zu Hyperämie, Saft-
steuung, Homschiohtinsufficienz und Bläschen-
bildung. Wird auch ein motorischer Nerv gereizt,
so kommt ee neben dem Herpesausbruohe zur Läh-
mung. Dem Herpes „sensorius^^ stände so ein ätio-
logisch ebenbürtiger Herpes „motorius'* gegenüber.
Je centraler die Läsion sitzt, desto mehr Fasern
▼erden getroffen, desto deutlicher wird im Gebiete
seneorischerNerren das Bild des Herpes zoster ent-
stehen. Je peripherischer die Läsion, desto mehr
ergiebt sich das Bild des Herpes vulgaris.
Y. Lehmann (Berlin).
95. Adipositas dolorosa und sohmenende
lymmetrisehe Lipome ; von Dr. P. T h i m m in
Leipzig. (Monatsh. f. prakt. Dermatol. XXXVL 6.
p. 281. 1903.)
Aus den in der Literatur beschriebenen Fällen
und auf Grund einer eigenen Beobachtung, die eine
28j&hr. Frau betraf, kommt Th. zu dem Schlüsse,
da88 bei den schmerzlosen diffusen und multiplen
circomscripten Lipomen derselbe pathologische
Grundprocess und dieselbe genetische Ursache
vorliegt wie bei der Adipositas dolorosa und bei
den schmerzenden Lipomen, und dass das den
beiden letzteren allein zukommende Symptom der
Schmerzhaftigkeit lediglich in lokalen Verhältnissen
zu suchen sei. Er hält überhaupt die Adipositas
dolorosa und die schmerzenden symmetrischen
Lipome nicht für zwei von Grund aus differente
Krankheiten, nimmt vielmehr an, dass sie höchstens
In der Weise von einander verschieden sind, wie in
anatomischer Beziehung die diffusen und die cir-
cumscripten Lipome. - R e i s s n e r (SchGneberg).
96. Ueber eine Bpidemie von Triohopbsrtie
diiSopfes beiSohnlkindenk; von Dr. Werther
in Dresden. (Monatsh. f. prakt Dermatol. XXXVL
3.p.l09. 1903.)
W. beobachtete im Stadtkrankenhause zu Dres-
den Friedrichstadt eine Epidemie von Trichophytie
M 14 Knaben und 3 Mädchen im Alter von 6 bis
10 Jahren. Bs fanden sich Herde auf dem be-
luiarten Kopfe, wie auf der übrigen Haut ; im Oe-
acht und am KOrper in Gestalt markstückgrosser
Scheiben mit gerüthetem Grunde, trocken und ab-
schuppend ; auf dem Kopfe von rundlicher Form,
erbeen- bis thalergross, bei einem Kranken bis zu
10 Stellen. Die Haut war bei frischen Herden
leicht gerOthet und mit Krusten bedeckt, bei älteren
kuppend und grau ; die Haare waren ausgefallen
oder dicht über der Austrittstelle abgebrochen,
ferner fanden sich vereiterte Follikel sowohl ver-
^ii^lt, wie gruppirt. Die Behandlung bestand in
Bepinaelung mit Jodtinktur oder mit Ghrysarobin-
ttlhenstift und Nachbehandlung mit lOproc. Schwe-
febalbe oder 3proc. Salicylsalbe, bei den absce-
direnden Formen in Erweichung, Eröffnung und
ienchten Umschlägen. Heilung trat in ca. 8 Wochen
ein. Die Quelle der Epidemie konnte nicht sicher
ermittelt werden ; allerdings war eine erste üeber-
tragung vom Vieh nicht unwahrscheinlich. W. be-
richtet dann noch über genauere culturelle Unter-
suchungen der Trichophyton, ohne jedoch Neues
zu bringen. R e i s s n e r (Schüneberg).
97. Lupus erythematodes belGtoaohwistem ;
von Prof. S. Röna. (Arch. f. Dermatol. u. Syph.
LVL 3. p. 381. 1901.)
Bei 2 Schwestern von 28 und 24 Jahren wurde
Lupus erythematodes im Gesicht und am Kopfe
gefunden. Die Kranken stammten aus einer nur
wenig tuberkulöse Daten aufweisenden Familie.
Tuberkulosefreiheit der Person und Familie fand
R. unter 25 Fällen von Lupus erythematodes 8mal;
Tuberkulosefreiheit der Person, aber Tuberkulose
in der Familie 9mal. Eine Kranke mit Lupus
erythematodes, die R. bis an ihr Lebensende ver-
folgen konnte, starb an Lungentuberkulose. Das
Yerhältniss im Befallensein der beiden Geschlechter
war in R.'s 63 Fällen zu Gunsten des weiblichen
(30 Frauen, 23 Männer). Der Lupus erythematodes
kommt in höherem Alter nur selten vor (ca. IO^Iq
über 50 Jahre). Gleichzeitiges Vorkommen von
Lupus erythematodes und Lupus vulgaris hat R.
unter etwa 100 Fällen nie gesehen, häufiger aber
eine Form des Lupus erythematodes, die dem Lupus
vulgaris so ähnlich sah, dass erst nach längerer
Beobachtung diese letztere Erkrankung ausge-
schlossen werden konnte. P i n k u s (Berlin).
98. üeber Luposbehandlimg mit dem
Lang*80hen Luftbrenner, nebst hiatologisohen
Unterauchangen über die Wirkung der heisaen
Lnft auf gesunde und kranke Haut; von L.
S p i t z e r in Wien. (Ztschr. f. Heilkde. XXIIL 6.
p. 203. 1902.)
Lang benutzt an Stelle des ursprünglichen
Holländer 'sehen Luftbrenners einen modificirten
Paquelin- Brenner, der wie gewöhnlich durch
Benzindämpfe zum Glühen gebracht wird, dem
jedoch durch ein separates Gebläse die durch eine
glühende Platinolive erhitzte Luft zugeführt wird.
Die AuströmungsöfFnung wurde gewöhnlich bis auf
1 cm Entfernung an das erkrankte Gewebe hinan-
gebracht, meist unter Schleich 'scher Anästhesie.
Es wurden bisweilen Flächen von solcher Aus-
dehnung verbrannt, dass sie als Verbrennung mit
offener Flamme eine Lebensgefahr bedeutet hätten,
ohne dass bedrohliche Erscheinungen auftraten.
Auch tiefer gelegene Schleimhauttheile wurden
mittels eines längeren Brenneransatzes behandelt.
Die Verbrennung wurde nach Abwischen des ersten
Schorfs manchmal noch 1 — 2mal wiederholt. Die
Exstirpation wurde als Normal verfahren angesehen,
und nur in inoperablen Fällen wurde gebrannt Als
Vorzüge der Methode bezeichnet S p. : kurze Hei-
lungsdauer, Erzielung schöner, weicher Narben, An-
wendbarkeit selbst bei sehr ausgedehnten Flächen,
78
VL Innere Medidn.
Durchführbarkeit auch für den praktiedien Arzt,
vielleicht auch bessere Aussichten wegen derReci-
dive. Die relativ schdnsten Erfolge wurden bei alten,
elephantiastischen, in ganzer FlAohe geschwürigen
Qesichtlupus - FftUen erzielt Bei 32 Patienten
(29 Krankengeschichten) wurden 45 Verbrennun-
gen nothwendig. 90^/o waren Oesichtserkrankun-
gen, darunter über ^/s mit Betheiligung der Schleim-
häute. Ueber das Endergebniss Ulsst sich noch
nichts mittheilen; die Rückfälle, die allerdings
stets sehr kurz nach der Luftbrennung auftraten,
waren jedesmal ganz umschrieben und leicht zu
beherrschen.
Die von S p. studirten kiatohgischen Verände-
rungen normaler und lupOser Haut (2 Tafeln mit
Abbildungen) lehren, dass bei Luftbrennung im
Sinne Holländer 's die Wirkung so geringfügig
ist, dass wohl jede Illusion auf Heilung zerstört
wird. Nur bei ganz geringer Entfernung (2 mm)
kann man eine bis an das Bindegewebe dringende
Wirkung erzielen; eine Tiefenwirkung kommt aber
überhaupt nur dann zu Stande, wenn der Schorf,
bevor man ein 2. Mal in der gleichen Sitzung luft-
brennt, abgerieben wird. Der Schorf für sich ver-
hindert eine weitere Heisslufteinwirkung.
Mohr (Bielefeld).
99. üeber Syphilis.
Ueber sypküitisehe Hatisepidemien ; von Dr. Arth.
Jordan in Moakan. (Monatsh. f. prakt. Dermatol.
XXXVI. 8. p. 440. 1903.)
Anknüpfend an Mittheilungen russischer Col-
legen über syphilitische Hausepidemien berichtet
J. über 2 eigene Beobachtungen. In dem einen
Falle erkrankten der Ehemann, die Ehefrau und
die 3jähr. Tochter; im 2. Falle erkrankten 5 Kinder
von 3 Familien, die in demselben Hause wohnten
und die gleiche Küche benutzten. Unzweifelhaft
handelte es sich bei allen Personen um eine extra-
genital erworbene Lues, die wahrscheinlich durch
die Schwester der kranken Frau des einen an Lues
leidenden Aufsehers eingeschleppt war. Die ersten
Erscheinungen zeigten sich im Halse und machten
bei allen eine Infektion per os wahrscheinlich.
[Bßf. hat ebenfalls im vergangenen Jahre eine ähn-
liche FamilienerkrankuDg beobachtet ; das jüngste
Kind, 1 Jahr alt, von einem Nachbarkinde inücirt,
übertrug die Lues auf die Mutter, diese auf ihren
Mann, ferner erkrankte noch eine im Hause lebende
Schwester der Ehefrau, und eine Schwester des erst
erkrankten Kindes.] R e i s 8 n e r (Schöneberg).
Die Sjfphilis derMiUter und derNeitgeborenen; von
Prof. Fr. Mra«ek. (Wien. klin. Wchnsohr. XVI. 18.
1903.)
M. hat von 1882—1888 alle syphilitischen
Neugeborenen, die im Institut von Kund rat zur
Sektion kamen, sowie die zugehörigen Placenten
und Mütter untersucht. Er berichtet über die
160 Fälle ziemlich eingehend und kommt zu fol-
genden allgemeinen Schlüssen: „Je früher die
Frucht inficirt wird, desto grössere Gefahr besteht
ftU* dieselbe. Weder das Alter, noch die Form der
mütterlichen Syphilis Ifisst einen sicheren Sdiluss
auf den Ausgang der Oravidität zu. Bei nicht er-
wiesener Syphilis der Mutter (also möglicherweise
patemer Infektion) fanden wir von 11 Fällen 9mal
Placentaerkrankung, eine Erscheinung, die in der
Frage der Art der paternenüebertragung sich zwar
auch nicht entscheidend verwerthen lässt, gewiss
aber sehr beachtenswerth ist. Die lange Jahre
währende üebertragbarkeit der Syphilis der Mutter
und die deletäre Wirkung derselben auf die Descen-
denten fordern zur energischen Behandlung jeder,
auch der latent syphilitischen Mutter auf. Um
eine generelle üebersicht in diesem von mir vor-
getragenen Thema zu gewinnen, ist es nothwendig,
dasselbe durch Fälle von syphilitischen Müttern,
welche gesunde Kinder zur Welt gebracht haben
und durch Fälle von frühzeitigem Abortus zu er-
gänzen'^ Dippe.
Dis Hutchinson' sehen Zähne ; von Dr. D. D. N i o u -
1 e 8 0 u. (Spitalül. XXH. 23-24. p. 831. 1902.)
Nach Darlegung der verschiedenen Meinungen
über das Zustandekommen dieser Zahnverande-
rungen und seiner eigenen Erfahrungen, gelangt
N. zu dem Schlüsse, dass sie in Verbindung mit
anderen Zeichen von hereditärer Lues, wohl dazu
beitragen, diese Diagnose zu festigen, dass aber
Hutchinson 'sehe Zähne allein noch keinen Be-
weis für Lues abgeben, da auch andere krankhafte
Einflüsse eine ähnliche Störung in der Zahnernäh-
rung und Entwickelung bewirken können.
Ueber die syphilitisehen Schanker der Klitoris; von
OeorgeSevereana. (Spitalnl. XXIII. 2. p. 64. 1903.)
Die syphilitischen InitialafPekte der Klitoris sind
relativ selten ; S. giebt das Yerhältniss zu den an-
deren Sklerosen mit 2.7<^/o an. Sie bewirken eine
bedeutende Vergrösserung des Organs, eine charakte-
ristische roth- violette Färbung und eine erhebliche,
fast knorpelige Induration. Auch die Vorhaut der
Klitoris ist gewöhnlich mit ergriffen, stark ver-
grössert, so dass sie einen förmlichen Tumor dar-
stellt, wie schon von Fournier als charakte-
ristisch für das Syphilid der Klitoris hervorgehoben
wurde. Als Begleiterscheinung findet man eine
Vergrösserung der inneren oberflächlichen Inguinal-
drüsen, des Ganglion C 1 o q u e t i und der äusseren
Betrocruraldrüsen (P o i r i e r). Die Vergrösserung
und Härte der Klitoris verbleiben noch lange Zeit
nach erfolgter Heilung.
Bezüglich der Behandlung ist die intramusku-
läre Einspritzung von je 0.10 Hydrargyr. sali-
cylici Imal wöchentlich vorzuziehen, namentlich
wenn es sich um gleichzeitig bestehende Schwanger-
schaft handelt 8 Einspritzungen sind im Allge-
meinen genügend. Auch Injektionen von 0.03 Subli-
mat, je 2 wöchentlich, geben gute Resultate.
E.Toff(BraUa).
Brusidrüsensyphilis im Frühstadium; von Dr.
R. Matzenauerin Wien. (Wien. klin. Wchnschr. XV.
40. 1902.)
Die Zahl der bisher beschriebenen Fälle von
syphilitischer Erkrankung der Brustdrüse im Früh*
VI. Innere Medioin.
79
Stadium ist eine sehr geringe, nur Ambrosoli,
Laneereaux, Lang, M. von Zeissl und
Ron an et haben derartige Fftlle veröffentlicht.
Die beiden von M. beschriebenen F&lle betrafen
ein 17jähr. Mädchen und einen 43jähr. Arbeiter;
bei der ersteren entwickelte sich in beiden Brust-
drQsen eine diffuse Entzündung, die auf der einen
Seite zur eiterigen Einschmelzung führte. Bei
beiden Patienten trat die Entzündung der Brust-
drüsen etwa 3 Monate post infectionem auf und
heilte auf antisypbilitische Behandlung ab.
üeber nodose Suphüide (j, Erythema nodosum syphi-
lUicum^) und syphilitische Phlebüis; von Dr. Max
Marcuse. (Aroh. f. Dermatol. u. Syph. LXTTT. 1. p. 3.
1902.)
M. verüffentlioht 3 F&lle von sekundftrer Lues
aus der Bemer dermatologischen Universitätklinik,
die die von Mauriac zuerst beschriebene Form
von im Frühstadium der Syphilis vorkommenden
und als „Erythema nodosum syphiliticum^^ be-
zeichneten Bindegewebehyperpiasien aufwiesen.
Er kommt auf Qrund seiner eigenen und der vor
ihm beschriebenen Fälle zu folgenden Schlüssen :
y^ seltenen, auch nach anderer Richtung meist
relativ schweren Fällen von Lues treten — unter
Bevorzugung der auch für das idiopathische Ery-
thema nodosum als Prädilektionstellen geltenden
Körperregionen — Erythema nodosum -ähnliche
Effioresoenzen auf, die in der Regel als eine speci-
fiache Exanthemform zu betrachten und wohl am
besten als nodöse Syphilide zu bezeichnen sind.
Diese erscheinen gewöhnlich im ersten Jahre post
infectionem, finden sich oft zugleich mit anderen,
sekundären Hautmanifestationen und nehmen einen
Terschiedenartigen Verlauf : bald werden sie spurlos
resorbirt, bald erweichen und uloeriren sie. Sie
reagiren auf speoifische Behandlung ; doch ist die
specieUe Wirkung der Hg-, bez. Jodtherapie auf
diese Erkrankungsform noch nicht genügend fest-
gestellt. Aus klinischen Oründen, wie auf Orund
Ton pathologisch-anatomischen Untersuchungen ist
der Ausgang dieser Herde von den subcutanen
Venen wahrscheinlich. Aus klinischen Oründen
(bald akutes, bald chronisches Entstehen, bald
Resolution, bald Erweichung, verschiedene thera-
peutische Resultate) ist es wahrscheinlich, dass
diese Brkrankungsform bald mehr zur sekundären,
\ bald mehr zur tertiären Syphilis zu rechnen, also
als intermediäre zu bezeichnen ist*'
R e i B 8 o e r (Schöneberg).
Emige Fälle van atypischen y uleerirtenf syphi-
Htisehen Hautgummen, diagnosticirt in Folge der Be-
handlung mü intramuskulären Einspritxungen von
Calomel vapore pa/ral. ; von Dr. Y. D u d u m i. (Progresol
med. rom. IX. 5—7. p. 65. 1903.)
D. hat mehrere Fälle von atypischen, ulcerirten
Hantgummen beobachtet und ist zu folgenden
Schlüssel gelangt: Die erwähnten ülcerationen
sind relativ häufig und können oft mit tuberkulösen,
varikösen, ekthymatösen und selbst krebsigen Ge-
schwüren verwechselt werden. Die atypische
Form dürfte verschiedene Ursachen haben, wie
z. B. den Alkoholismus, die scrofulo-tuberkulöse
Diathese und Anderes. Die Diagnose istf unmög-
lich, falls nicht gleichzeitig auch andere syphi-
litische Symptome gefunden werden, wie Narben,
Pigmentflecke, Enochenerkrankungen. Das einzige,
sichere diagnostische Mittel ist in solchen Fällen
die specifische Behandlung, bestehend in intra-
muskulären Einspritzungen von 0.10 Dampfcalomel,
Imal wöchentlich, oder 2mal wöchentlich 0.05 bis
0.06 g.
Die intramuskulären Injektionen von SublinuU in
seltenen und massiven Dosen xur Behandltmg der Lues
bei Kindern; von Dr. George Lupesou (Gustav
Weinberg). (Inaug.-Diss. Jassy 1902.)
L. betrachtet das Sublimat in intramuskulären
Einspritzungen als ein ausgezeichnetes Mittel zur
Behandlung der Lues bei Kindern und zieht es den
unlöslichen Quecksilberpräparaten, die in grossen
Dosen schwere Zufälle bewirken können, bei Weitem
vor. Der durch die Einspritzung hervorgerufene
Schmerz ist unbedeutend und verschwindet rascher,
als bei Erwachsenen, andererseits kann das Präparat
mathematisch genau dosirt werden, die Wirkung
ist eine schnell einsetzende, was namentlich bei
schweren syphilitischen Affektionen von Wichtig-
keit ist 3 — 5 Einspritzungen genügen meistens,
um die syphilitischen Symptome zum Schwinden
zu bringen. Um Recidiven vorzubeugen, sollen die
Injektionserien im Laufe der ersten 2 Jahre zeit-
weilig wiederholt werden. Man macht die Ein-
spritzungen alle 6 — 8 Tage und dosirt im Verhält-
niss zum Alter des Kindes. Ausser der specifischen
Behandlung soll auch eine nicht specifische durch-
geführt werden : hygieinische Lebensweise, Luft-
wechsel, Bäder u. s. w. Die Nieren sollen über-
wacht und gleichzeitig auch eventuelle parasyphi-
litische Erkrankungen behandelt werden.
E.Toff(Braila).
Ueber Behandlung schwerer Syphilisformen mit
Jodquecksüberkakodylai; von Dr. GeorgLöwenbach.
(Wien. klin. Wchnschr. XVI. 9. 1903.)
Von Brocq ist in neuerer Zeit zur intra-
muskulären Injektion, besonders bei Syphilis ma-
ligna praecox, sowie gummös-ulcerösen Spätformen,
eine Combination von Jod, Quecksilber und Arsenik,
das Jodquecksilberkakodylat, empfohlen worden.
L. hat 40 Kranke damit behandelt. Er kommt zu
dem Besultate, dass sich diese Injektionen in erster
Linie empfehlen bei kachektischen , anämischen
Individuen mit ulcerösen und gummösen Formen,
im Früh- oder Spätstadium, selbst dann, wenn
andere Arten der Hg- und J-Therapie ohne jeden
Erfolg waren. Nächstdem empfiehlt das Mittel sich
bei polymorphen Früh-, sowie bei späteren papulo-
squamösen, krustösen und Lichen-Formen, beson-
ders wieder bei schwächlichen Individuen. Ferner
zeigte das Präparat gute Wirkung bei Combination
von Syphilis mit Psoriasis.
Y. Lehmann (Berlin).
80
YH Geburtshülfe, Frauen- und Einderheilkunde.
VII. GeburtshOlfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
100. Diagnose und Behandlang der Genital-
tuberkoloae beim Weibe ; von Prof. HugoSell-
heim in Freiburg i. B. (Beitr. z. Cteburtsh. u.
Gynäkol. VI. 3. p. 406. 1902.)
Für die Diagnose der Qenitaltuberkulose sind
nach S. wichtig : Spuren vorausgegangener tuber-
kulöser Erkrankungen, noch bestehende tuber-
kulöse Erkrankungen anderer Organe, mangelhafte
AusbilduDg und EntwickelungstOrungen einzelner
Organe, Zeichen mangelhafter Girkulation, phthi-
sischer Habitus, Wachsthumsanomalien der Epi-
dermisgebilde. Sicherheit in der Diagnose giebt
erst die Untersuchung der befallenen Theile selbst,
insbesondere der Nachweis der Tuberkulose des
Bauchfells, dann aber die von H e g a r als charakte-
ristisch angegebenen zahlreichen Knötchen im Ver-
laufe der Ligg. sacro-uterina, an der Hinterflfiche
des Uterus, an der Hinterflftche der Ligg. lata.
Auch die tuberkulös entarteten Qenerationorgane
selbst bieten gute Anhaltepunkte für die Diagnose,
so die Tuberkulose der Scheide und Portio vagi-
nalis, die ausgesprochene Bosenkranzform der
Tuben, besonders mit sehr harten Knoten. Der
mikroskopische Nachweis von Tuberkelbacillen ist
nach S. bei den ausgesprochenen histologischen
Veränderungen, die der Tuberkulose eigen sind,
zwar wünschenswerth, aber überflüssig. S. spricht
die Ueberzeugung aus, dass man in den meisten
Fällen in der Lage ist, die Qenitaltuberkulose zu
erkennen.
S. berichtet dann über 58 während der letzten
8 Jahre klinisch behandelte tuberkulöse Frauen.
31 wurden palliativ behandelt, 27 operirt Von
den 31 palliativ behandelten Frauen konnten 11
nachuntersucht werden, 3 füllten einen Fragebogen
aus. Von 7 Frauen, die höchstens bis zu einem
Jahre controlirt werden konnten, hatten 2 ihre
volle Arbeitfähigkeit wieder erlangt, 2 konnten
leichte Arbeit verrichten, 3 blieben arbeitunfähig.
Bei den 7 Frauen, die sich längere Zeit als 1 Jahr
nach ihrer Behandlung zur Nachuntersuchung stell-
ten, erreichten 6 ihre volle Arbeitfähigkeit wieder,
die 7. konnte wenigstens leichte Arbeit verrichten.
Mit dem Verschwinden der Beschwerden und dem
Wiedereintritt der Arbeitfähigkeit ging eine mehr
oder weniger starke Schrumpfung der Anschwel-
lungen und somit eine relative Ausheilung des
Processes Hand in Hand.
Bei der Feststellung der Erfolge der 27 ope-
rativen Eingriffe kommen 15 controlirbare FäUe in
Betracht. Von diesen 15 Operirten haben 7 ihre
volle Arbeitfähigkeit wiedererlangt, darunter sind
6 ihre früheren Beschwerden vollständig los ge-
worden und die 7. spürt eine bedeutende Besse-
rung ihrer Beschwerden. Bei den übrigen 8 Frauen
ist nur leichte Arbeit möglich; 3 sind ganz be-
schwerdefrei, 4 fühlen eine bedeutende Besserung
und 1 kann eine ganz geringe Erleichterung an-
geben. Am besten sind die radikal operirten Frauen
daran. S. empfiehlt deshalb, wenn man einmal
gezwungen ist, zum Messer zu greifen, immer die
Entfernung der erkrankten Adnexe sammt dem
Uterus per laparotomiam anzustreben, voraus-
gesetzt, dass die Veränderungen in der Umgebung
diese Möglichkeit zulassen.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
101. Zar Frage der weiblichen Gtonital-
taberknlose; von J. Amann jr. in München.
(Mon.-Schr. f.Qeburtsh. u. Gynäkol. XVL Erg.-Heft
p. 586. 1902.)
In seinem Referate bei dem internationalen
Gynäkologencongresse zu Rom kommt A. zu fol-
genden Schlüssen : Angeborene tuberkulöse Infek-
tion des Menschen kommt bestimmt vor, erfolgt
auf dem Blutwege. Wie in anderen Organen kann
sie auch in den Geschlechtsorganen stattfinden.
Die Keime werden zuerst in den Drüsen auf-
gespeichert und gelangen von da in die Blutbahn.
Die congenital inficirten Kinder gehen wahrschein-
lich meist bald zu Grunde, doch ist langdauernde
Latenz nicht auszuschliessen. Bei älteren Kindern
und Erwachsenen erfolgt die tuberkulöse Infektion
fast ausnahmelos von den Athmungswegen aus,
und zwar zunächst in die Hals- oder Tracheo-
bronchialdrüsen mit oder ohne Schädigung der
Eingangspforte, weit seltener, wenn überhaupt,
primär, vom Darme aus in die Mesenterialdrüsen.
Von den Drüsen aus gelangen die Bacillen durch
Arrosion in die Blutbahn und setzen in den ver-
schiedensten Körperorganen sekundäre tuberkulöse
Herde. Der Drüsenherd kann sich zurückbilden,
ja verkalken, während der sekundäre Herd sich
weit ausbreiten kann, seinerseits wieder in die
Gefässbahn einbrechen und sogar eine Miliartuber-
kulose veranlassen kann. Von den Wegen der
Entstehung der weiblichen Genitaltuberkulose ist
nur der hämatogene Weg von den Bronchialdrüsen
sicher erwiesen, selten zu sein scheint die Ver-
mittelung von Bauchfelltuberkulose vom Darm
oder durch Lymphwege. Meist ist bei weiblicher
Genitaltuberkulose gleichzeitig Lungen-, bez. Bron-
chialdrüsentuberkulose vorhanden. Bei tuberku-
lösen Männern findet man 3^/0, bei tuberkulösen
Frauen — 20% Genitaltuberkulose. Hypoplasien
der Genitalien, chronisch entzündliche, z. B. gonor-
rhoische Veränderungen, sowie der puerperale Zu-
stand begünstigen die tuberkulöse Infektion. Fast
ausnahmelos ist zunächst der Eileiter ergriffen,
auch stets am stärksten, von hier aus erfolgt die
Infektion des Gebärmutterkörpers, Gebärmutter-
halses, der Scheide durch abfliessendes Sekret oder
sie sind sämmtlich oder nur streckenweise auf dem
Blutwege infioirt Das Bestehen einer primären,
YIL Geburtshülfe, Frauen- und EinderheiUninde.
81
doicb direkte Infektion von aussen entstandene
Oenitaltuberkulose beim Weibe ist in hohem Grade
fraglich. Sicherheit kGnnen nur genaue Autopsie-
iiefonde geben. Die Tuberkelbacillen haben keine
Sgenbewegong. Ihre HinaufbefOrderung in den
Eileiter liesse sich noch am besten durch Bethei-
ligvng der SpermatozoS» erklären, doch ist bei
luigem Zusammenleben mit einem tuberkulösen
Manne die Infektion durch die Athmungswege viel
Tahrscheinlicher. Tuberkulöse Primärafifekte an
den äusseren Oeschlechtstheilen oder der Scheide
mit entsprechender Drüsenschwellung sind so gut
wie nicht beobachtet Die Bezeichnung ascen-
dirende oder desoendirende Tuberkulose ist un-
iweckmissig, da auch in den sogenannten pri-
ndren, also angeblich ascendirenden Fällen die
Eileiter zuerst ergriffen sind. Ebenso unzweck-
mägsig ist der Ausdruck „weibliche Urogenital-
tQbokulose", da es sich um 2 selbständige, neben
einander bestehende Systemerkrankungen handelt.
Die Tuberkulose der Harnwege ist descendirend ;
die Niere wird auf dem Blut wege von einem Drüsen-
M aus inficirt; von ihr aus erfolgt die Infektion
der Harnleiter und Blase. Diese kOnnen aber auch
för aich auf dem Blutwege inficirt werden.
J. Praeger (Chemnitz).
102. üeber Genitaltnberknlose ; von A. M a r -
tin. (Mon.-Schr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. XVI.
6g..Heft p. 555. 1902.)
M. betont in seinem Referate bei dem inter-
nationalen Gynäkologencongresse in Rom zunächst,
! dass die weiblichen Genitalien viel häufiger, als es
bisher angenommen wurde, an der Infektion durch
Tuberkelbadllen betheiligt sind. Bei 1600, in
etwas über 3 Jahren gewonnenen Genitalpräparaten
der öreifswalder Klinik wurden 24mal Tuberkel-
badllen nachgewiesen. Die primäre Tuberkulose
da Qeuitalien ist viel seltener, als die sekundäre,
^ost ist der Procees ein descendirender, seltener ein
aaoendirender. Femer fiinden die Debertragungen
der Bacillen in die Genitalien auf metastatischem
^ege durch die Lymph- und Blutbahn statt. Be-
sonders die Darmtuberkidose spielt als Quelle der
frbankung der retroperitonäalen Lymphbahnen
eine BoUa Der Nachweis, dass die Tuberkulose
seiion im Hutterleibe auf die Frucht übergehen
^ ist durch Tuberkulose der Placenta, Nach-
weis von Bacillen in den Nabelgefässen und einem
I^^orgefäss eines 30 Stunden alten Kindes einer
^Tnbttkulose verstorbenen Mutter (Bugge) ge-
liefert Alle Theile der Genitalien können von
^berkolose ergriffen werden ; meist sind gleich-
artig mehrere Abschnitte erkrankt; zwischen
1^ liegen gelegentlich auch gesunde Abschnitte.
Aplasie und Dystrophie der Genitalien wurde in
Qmbwald in keinem Falle von Genitaltuberkulose
beobachtet, dagegen war relativ häufig Arterio-
sklerose vorhanden. Nur eine Kranke kam als
Wschnerin zur Beobachtung. Bis jetzt ist kein
Mei Jahrbb. Bd. 279. Hft. 1.
pathognomonisches S^p^om der Genitaltuberkulose
bekannt. Störungen der Menstruation (Amenor-
rhoe, reichliche Blutungen) können vorhanden sein
oder fehlen. Verdächtig ist bei reichlicher Sekre-
tion Ausstossung käsiger Bröckel (event Bacillen-
nachweis 1). Bisweilen sind Schmerzen vorhanden,
oft aber sogar eine gewisse Euphorie. Auffallend
war die häufige Sterilität. Die Diagnose wird durch
den Nachweis von Tuberkelbacillen einwandfrei
gestellt. Heredität, phthisischer Habitus, Be-
ziehungen zu phthisisch erkrankten Männern geben
dem Nachweis eines Leukocytenhaufens mit Epi-
thelioid- und Riesenzellen grosse Bedeutung.
Die Prognose ist stets eine ernste, aber nur bei
weitgehender Zerstörung eine ungünstige.
Bei weitgehender Erkrankung, besonders auch
anderer Organe, hat man sich auf Allgemeinbehand-
lung und Bekämpfung einzelner Symptome zu be-
schränken. Ist der Process auf die Genitalien
beschränkt oder tritt die Genitalerkrankung in
lebenbedrohender Weise in den Vordergrund , so
bietet die Exstirpation des Herdes, eventuell der
gesammten Genitalorgane Aussicht auf Erfolg.
M. geht weiter auf die Tuberkulose der ein-
zelnen Abschnitte der Gtonitalorgane ein: Tüber-
kuhse der Vulva ist relativ selten. Auch Misch-
infektionen (so Gonokokken neben Tuberkelbacillen)
kommen vor. Meist handelt es sich um Gewebe-
hypertrophie und Zerfall, polypöse Wucherungen,
hyperplastische Prooesse. Darauf liegen die tuber-
kulösen Geschwüre mit unterminirten Bändern und
fistulösen Gängen. Der Process pflanzt sich lang-
sam über die ganze Vulva, Schamlippen, Kitzler
fort und erstreckt sich gegen den Mastdarm hin.
Differential -diagnostisch kommt wesentlich die
Unterscheidung von Syphilis in Betracht The-
rapie: neben Allgemeinbehandlung Ezcision und
Plastik.
Tiiberhuiose der Seheide ist fast immer sekundär
(primärer Fall von Bierfreund). Die Dloe-
rationen sind zum Theil flach, von grauem Aus-
sehen, wie mit Locheisen ausgeschlagen. Sie sind
charakterisirt durch die Infiltration in der Um-
gebung der Gefässe, das Zusammenfliessen der
Herde und deren centralen Zerfall.
Die Tkdberkuhae des Uterus befällt häufiger den
Körper als den Hals. Die Körpertuberkulose ist
fast immer eine sekundäre nach der des Eileiters.
Die miliare Knötchenbildung , das geschwürige
Stadium und die Pyometrabildung sind nur Ent-
wickelungstadien desselben Processee. Primäre
Erkrankungen des Gebärmutterhalses sind sehr
selten. Neben dem miliaren Knötchen und dem
fiachen Geschwür kommt an der Portio eine fun-
göse, papilläre G^chwulstbildung von Wallnuss-
bis Apfelgrösse vor.
Tliberkuiose des Eüeiiers findet sich fast in
jedem FaUe von Genitaltuberkulose. Die Erkran-
kungsformen werden in eine akute käsige und eine
chronische miliare eingetheilt. Im Anschluss an
11
82
YII. OeburtshtUfe, Frauen- und Kinderheilkunda
Bauchfelltuberkulose entwickelt sich der Process
meist in der Ampulle des Eileiters. Duidi Ver-
wachsungen kommt es zur Bildung umfangreicher
Eiterstöcke, auch zur Abkapselung tuberkulösen
Sekretes um die Ampulle. Der isthmische Knoten,
die rosenkranzförmige Anschwellung und die Tor-
pedoform sind nicht absolut charakteristisch für
Eileitertuberkulose.
Die Hiberkuloae des Eierstoekes ist bei perito-
nialer und Eileitertuberkulose hAufig, meist doppel-
seitig. J. Praeger (Chemnitz).
103. üeber Taberkolose der weibliohen
Sezaalorgane und des Peritonaeam ; von J.
V e i t in Leiden. (Mon.-Schr. f. Geburtsh. u. Gynä-
kol. XVI. Erg.-H. p. 525. 1902.)
In seinem Referate bei dem internationalen
Gyn&kologenoongresse zu Rom behandelt V. im
1. Theile die Genitaltuberkulose, im 2. die Peri-
tonitis tuberculosa. Die Genitaltuberkuloee ist
viel häufiger, als man früher annahm. So fand
y. Hansemann in 5^8 Jahren unter 7000 Lei-
chen 450 weibliche Leichen mit Tuberkulose;
unter letzteren waren die Genitalien ISmal er-
krankt Sekundäre Genitaltuberkuloee ist häufiger
als primäre. Der streng wissenschaftliche Nach-
weis der primären Natur einer gefundenen Genital-
tuberkulose ist nur auf Grund sehr sorgfältig unter-
suchten anatomischen Materials möglich.
Die anatomische Diagnose der Genitaltuber-
kulose gründet sich auf den Tuberkel und die
Tuberkelbaoillen , doch können letztere auch bei
heilenden Formen von Tuberkulose fehlen. Der
Weg der Infektion ist meist desoendirend, von der
Bauchhöhle oder den benachbarten Organen, die mit
dem Eileiter verwachsen sind, in irgend welche
Abschnitte der Genitalien, seltener ascendirend,
von der Vulva aus in die Scheide, beim Beischlafe,
durch den Finger, durch Instrumente, durch Ver-
schmieren des Danninhaltes vor der Vulva. Femer
kann die Infektion auf dem Wege der Blutbahn
oder nach zufälligen Verletzungen durch die Lymph-
bahnen erfolgen. Die Genitaltuberkulose kann
spontan ausheilen, meist ist die Prognose schlecht.
Bei primärer, bez. isolirter Genitaltuberkulose ist
die Operation (vaginale oder abdominale Radikal-
operation) zur Zeit die beste Heilungsmethode.
Bei nicht isolirter, bez. sekundärer Tuberkulose
kommt in erster Linie die Allgemein-, insbesondere
Anstaltbehandlung in Frage, ausnahmeweise auch
die Operation. Palliativ sind zu empfehlen Ein-
spritzungen von Jodoformemulsion in vaginal er-
öflhete Eiterherde oder Pjosalpinxsäcke , femer
örtliche Behandlung des erkrankten Endometrium
mit Jodoform.
Die tuberkulöse Peritonitis ist stets sekundär.
Man unterscheidet die ascitische und die adhäsive
Form. Dabei können die Genitalien primär oder
sekundär erkrankt sein oder es kann nur eine
Tuberkulose ihres Bauchfellüberzuges bestehen.
Die Peritonitis tuberculosa kann spontan ausheilen,
wenn auch nicht häufig. Die mit reiner Knötchen-
bildung verbundenen ascitischen Formen der Peri-
tonitis, in denen es sich nicht um papilläre Peri-
tonitis nach Ruptur von papillären Eierstocks-
geechwülsten oder um carcinomatöse Peritonitis
handelt, sieht man jetzt im Allgemeinen als hei-
lende Formen von Tuberkulose an, wenn man auch
keine Tuberkelbaoillen findet Die Peritonitis tuber-
culosa heilt durch Bauchschnitt, wenn auch Miss-
erfolge, bedingt durch weit vorgeschrittene Tub^-
kulose anderer Organe, vorkommen. Nach eigener
Erfahrung V.'s und Literaturstudien heilen etwa
3/4 der Erkrankungen örtlich aus. Unter den Erkl&-
mngen des Heilungevorganges hält V. die von G a 1 1 i
für die wahrscheinlichste, dass die bakteridde
Wirkung des Serum, das in Folge des Eindringens
des Tuberkelbacillus in das peritonäale Binde-
gewebe in die Bauchhöhle ergossen wird, den hei-
lenden Einfluss ausübt In Mschen Fällen soll
man nur operiren, wenn Beschwerden durch die
Peritonitis bestehen, da leicht eine Wieder-
holung der Operation nöthig werden kann. Bei
chronischem Verlaufe operire num erst dann, wenn
sich nicht bald der Anfang der spontanen Heilung
zeigt Nur bei gleichzeitig gefundener, völlig iso-
lirter Genitaltuberkulose mache man die abdominale
Radikaloperation, sonst genügt die Laparotomie in
der Linea alba und völlige EnÜeemng der Flüssig-
keit J. Praeger (Chemnitz).
104. Klinisohe and anatonüaohe Beiträge
aar Genitaltaberkoloae des Weibea; von C.
Ahlefelder. (Mon.-Schr. f. Geburtsh. u. GynäkoL
XVL 3. p. 296. 1902.)
A. theilt aus der Greifswalder Frauenklinik
(A. Martin) das klinische Bild und den anatomi-
schen Befund von 13 Fällen von weiblicher Genital-
tuberkulose eingehend mit, illustrirt die Fälle durch
10 schöne Mikrophotogramme und gelangt zu fol-
genden SMüsaen:
Die Genitaltuberkulose betrifft 2<^/o des kli-
nischen gynäkologischen Materials. Sie ist vor-
wiegend eine Krankheit des zeugungsfähigen Alters.
Die Frauen sind bei tuberkulösen Erkrankungen
ihrer Genitalien entweder primär steril oder sie
büssen mit Ergriffensein ihrer Generationorgane
die Fortpflanzungsfähigkeit ein. Die Hauptursache
der Sterilität ist in der Undurchgängigkeit der
Tuben zu suchen. Die Genitaltuberkuloee befällt
vorwiegend gesunde, kräftige Personen ohne Dis-
position und ohne erbliche Anlage ; es ist also dem
Nachweise einer hereditären Belastung für die Dia-
gnose keine allzu grosse Bedeutung beizumessen.
Die Symptome sind nicht so scharf, um eine leichte
Diagnose zu ermöglichen. In über der Hälfte aller
Fälle wird die vorhandene Tuberkulose entweder
als zufälliger Befund erhoben oder nachträglich an
dem aus anderweitiger Anzeige entfernten Organe
nachgewiesen. Der Nachweis anderweitiger tuber-
YII. Oeburtshülfe, Frauen- und EinderheiUnmde.
83
hdltoer Erkrankungen ist wichtig. Bedeutungs-
j ToU ist das frühzeitige Auftreten grösserer Peri-
tonäalexsudate bei Ausschluss anderer Ursachen.
Das Tasten der Tuberkelknötchen auf dem Peri-
I tonäalüberzuge gelang in keinem der Fälle, mag
1 aber in besonders günstigen Fällen zur Diagnose
fuhren.
Die operative Behandlung bestand 5mal in
abdominaler Köliotomie, 5mal in Eolpotomie, zum
Theil mit Resektion der erkrankten Theile, und
3mal in der Totalezstirpation. 3 Ejranke starben,
1 an Meningitis tuberculosa und 2 an vorgeschrit-
tener Lungenaffektion. Es ist also bei Frauen mit
schwerer Tuberkulose anderer Organe, speciell der
Lungen, neben der die tuberkulöse Erkrankung
der Genitalien nur eine nebensächliche Bolle spielt,
von einer Operation besser abzusehen. In den
übrigen 10 Fällen war das unmittelbare Operation-
resoltat gut, die Beoonvalesoenz mit einer Aus-
nahme glatt. 2 Kranke stehen noch in klinischer
Behandlung, von den 8 entlassenen Frauen ist
eine wegen erneuten Ascites wieder aufgenommen,
von 2 war kdne briefliche Antwort zu erreichen,
5 berichteten über Naohlass ihrer Beschwerden und
Gewichtzunahma KurtEamann (Qreifswald).
105. Zur Behandlung der weiblichen Go-
norrhöe mit Hefe; von Dr. Otto Abraham.
(Mon.-Schr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. XVI. 6. p. 10 1 7.
1902.)
Fehlt uns auch noch bis heute das specifische
Antigonorrhoicum, das uns die Zukunft schenken
wird, wie wir mit Recht hoffen dürfen, so haben
wir doch ohne Zweifel Fortschritte in der Behand-
lung des Leidens zu verzeichnen. Ein solcher ist
in der zwar schon im Alterthume bekannten, aber
heute wesentlich verbesserten und wissenschaft-
lich genauer untersuchten Beeinflussung der Oonor-
rhOe durch die Hefe erzielt worden.
A. bespricht die Theorien, die Landau,
Buchner u. A. über die Art der Hefewirkung
aufgestellt haben, und kommt selbt auf Orund
seiner chemisch bakteriologischen Untersuchungen
zu dem Schlüsse, dass das Agens ein Enzym, also
ein rein chemisches sein müsse; ob die Zymose
oder ein anderes proteolytisches Enzym, wagt er
nicht zn entscheiden. Dieses Enzym wird von
der lebenden Hefe direkt, besonders bei guter Er-
sährung derselben, durch Asparagin, abgesondert
und wird aus der sterilen Dauerhefe erst durch
starke Oährung gewonnen. Bei Zusatz einer 1 Oproc.
Znckerldsung zur Dauerhefe sah A. nach 6 Stunden
eüie Abnahme der Qonokokkencolonien, bei Zusatz
einer 36proc. eine starke schon nach 4 Stunden.
Hier blieb die Platte nach 6 Stunden schon ganz
steriL
Betreffs der Anwendungsform der Hefe zollt
A. derjenigen von Albert in Dresden volle An-
erkennung als der derLand au 'sehen entschieden
vorzuziehenden. A. versucht aber die complicirte
Technik durch Verwendung von Vaginakugeln aus
Hefe, Asparagin und Oelatine«zu umgehen, die mit
flüssigem Paraffinöl umhüllt werden. Die Hefe-
zellen erhalten sich in diesen Kugeln längere Zeit
lebensfähig; die Kugeln können von der Fat selbst
eingeführt werden, diese hat nur für die Nacht
Watte oder ein MenstruaUdssen vor die Vulva zu
legen und Morgens mit lauwarmem Wasser nach-
zuspülen.
Die klinisch so angestellten Versuche A.'s
gaben ein sehr günstiges Resultat Bei Vulvitis,
Kolpitis und Portio-Erosionen hatte er überhaupt
keinen Misserfolg. Der Fluor schwindet nach
wenigen Tagen vüllig, Erosionen heilen in 4 bis
8 Tagen. Out beeinflusst wird auch die Endo-
metritis oervicis : 30 von 34 Frauen wurden vOllig
geheilt in 5 — 23 Tagen. Auch chronische Katarrhe
Hessen sich vüllig beseitigen, ünbeeinflusst blieb
die Urethritis. Von 3 Frauen mit Endometritis
corporis genas eine. A. nimmt daher an, dass die
Hefe in direkte Berührung mit der erkrankten
Schleimhaut kam.
Die VaginakugeLi sind als „Bheolkugeln^' in
der rothen Adler-Apotheke, Berlin C, käuflich.
E. Teuf fei (Berlin).
106. Die Anwendung des Kolpenrynters
in der gebnrtshülflioh-gyn&kologisohen Praxis ;
von ih. Bollenhagen in Würzburg. (Würzb.
Abhandl. a. d. Gbsammtgeb. d. prakt. Med. III. 4.
p. 103. 1903.)
Von den verschiedenen Kolpeurynterformen
ist nach B. der Braun 'sehe Kolpeurynter für die
allgemeine Praxis besonders geeignet ; als Ergän-
zung hält er es für zweckmässig, aber nicht für
nöthig, eine kleine Nummer eines Barn es 'sehen
Ballons, sowie einen Champetier-Müller'-
schen Ballon zur Verfügung zu haben. Zur Des-
infektion des Kolpeurynters sind Abwaschen, Ab-
bürsten und Aufbewahrung in antiseptischer Flüs-
sigkeit ausreichend. Vor dem Einlegen des Ballons
ist die Desinfektion der Scheide, eventuell auch
des Cervikalkanals, noth wendig. Das Einlegen des
Ballons in die Scheide geschieht in Bückenlage
der Kreissenden, das Einlegen in den Uterus oder
Cervikalkanal in Querlage mit Anhaken der vor-
deren Muttermundslippe. Zum Füllen des Ballons
benutzt B. eine nach dem Muster des Dieu-
1 a f o y 'sehen Aspirationapparates angefertigte,
50 com fassende Spritze mit eingeschaltetem zwei
Wege-Hahne.
Man hat es nach B. ganz in seiner Hand, ob
man den Ballon als Wehen erregendes oder als
Dilatationmittel benutzen will. Bei Anwendung
eines grossen starren oder doch sehr praU auf-
gefnllten Ballons mit starkem Zuge tritt die Wehen
erregende Kraft gegenüber der mechanischen Dila-
tation ganz zurück. Den Vorwurf gegen die uterine
Anwendung des Ballons, dass er zu üterusrupturen
Veranlassung gebe, bespricht B. auf Orund der
84
VIL Geburtshülfe, Frauen- und Einderheilkunde.
verschiedenen in der Literatur mitgetheilten Fälle.
Er hebt die Schwierigkeit hervor, bei ernsthafter
Prüfung einen bestimmten Behandlungsmodus als
direkte Ursache hinzustellen, da meist sehr viele
Faktoren, so die Zerreisslichkeit des unteren üterus-
segmentes bei Placenta praevia, im Spiele sind.
Eine gewisse Vorsicht in der Auswahl der Fälle
bei uteriner Ballonanwendung ist allerdings ent-
schieden geboten. Ausserdem ist bemerkenswerth,
dass die zahlreichen, nach intrauteriner Anwendung
des Ballons, auch in Folge von Nabelschnur- und
Extremitätenvorfall, nothwendigen operativen Ent-
bindungen eine nicht zu unterschätzende Gefahr
für das kindliche Leben bilden. Trotz alledem
erachtet B. die Eolpeuryse für ein leicht anwend-
bares, für Mutter und Eind im Ganzen ungefähr-
liches Verfahren, das in jeder noch so engen
Wohnung bequem und sicher angewandt werden
kann.
B. bespricht dann die vaginale Anwendung
des Eolpeuryntera zur Verhinderung des vollstän-
digen Fhichtwasserabflusses bei vorzeitigem Blasen-
sprunge, sowie zumBlasenschutze bei engem Becken,
besondera auch bei vorliegender Nabelschnur. Zur
Scheidentamponade bei Placenta praevia ist Gaze
oder Watte rationeller als der Eolpeurynter.
Zur Einleitung der künstlichen Frühgeburt
haben L 5 h 1 e i n 's Vorschläge in letzter Zeit immer
mehr Beifall gefunden; dieser räth, sofort einen
grossen Ballon in den Uterus einzulegen, ihn mit
einem massigen Gewichte von 1kg zu belasten
und an die Erweiterung des Muttermundes sofort
die Wendung und Extraktion anzuschliessen, bevor
sich Strikturen bildeten, die eine schnelle Ent-
wickelung des nachfolgenden Eopfes unmöglich
machen.
In der Behandlung der schweren Formen der
Eklampsie mit erhaltener Cervikalportion hat sich
femer die intrauterine BaUondilatation entweder
allein oder mit kleinen Muttermunds - Incisionen
verbunden, ein grosses Feld erobert
Bei Placenta praevia standen bis vor einigen
Jahren im Wesentlichen drei Methoden zur Ver-
fügung: Die Tamponade, der künstliche Blasen-
sprung, sowie die frühzeitig ausgeführte oombinirte
Wendung auf einen Fuss mit vollständigem Ab-
warten. Als Methode, die bei gleicher Sicherheit
für die Mütter bessere Chancen für die S[inder
böte, kommt nun noch dieMetreuryse hinzu, deren
Anwendung aber nach B. nur nach vorheriger
Sprengung der Blase rationell erscheint. Ausser-
dem lassen nach B. auch alle anderen patholo-
gischen Zustände, die bei unerweiterten Weich-
theilen die Entbindung erfordern, den intrauterinen
Ballon, bei grösserer Eile mit Zug, sonst aber ohne
Zug angebracht erscheinen.
Zum Schlüsse erwähnt B. noch die Anwendung
des Eolpeurynter bei Retroflexio uteri gravidi, bei
frischer puerperaler Inversion des Uterus, zur Be-
förderung der Resorption alter parametraner Ex-
sudate, bei Vaginismus und zur langsamen Erwei-
terung der narbig verengten Scheide.
Arth. Ho ff mann (Darmstadt).
107. DieKolpeuryse beilnoaroerationteri
grftTidi retroflezi; von Dr. Walter Albert in
Dreden. (Münchn. med. Wchnschr. L. 12. 1903.)
um Irrthümer in der Diagnose zu vermeiden,
genügt es nach A., Zweierlei zu berücksichtigen :
1) das Ausbleiben der Menses und 2) die sofortige
£!atheterisation der Harnblase.
Zur Reposition ist nach A. immer zuerst die
Eolpeuryse anzuwenden. Vorher ist nur die Harn-
blase zu katheterisiren und der Darm zu entleeren.
Energische Repositionverauche, sowie Herabziehen
der Portio mit Haken oder Zangen sind dagegen
zu unterlassen. Ein gewöhnlicher Braun 'scher
Gummikolpeurynter von mittlerer Grösse wird zu-
sammengefaltet in die Vagina eingeführt, zwischen
Uterus und Beckenboden gelagert und mit ca. 300
bis 400 com desinficirten Wassers angefüllt Später
kann mehr Flüssigkeit nachgefüllt werden, mehr
als 600 ccm hatte A. aber niemals nöthig. Wie lange
der Eolpeurynter liegen bleiben muss, lässt sidi
schwer vorhersagen; in einem Falle war der Uterus
schon nach 2 Stunden aus dem kleinen Becken
herausgehoben. Meist wurde übrigens der Eolpeu-
rynter über Nacht liegen gelassen.
Die Nachbehandlung besteht bis zum Ende des
4. Monats im Einlegen eines passenden Pessars, in
späterer Zeit genügen meist Seiten- oder Bauch-
lagerung der Schwangeren und häufige Entleerung
der Harnblase.
A. theilt zum Schlüsse 5 eigene Beobachtungen
mit, in denen die Eolpeuryse bei Incarceratio uteri
gravidi retroflexi mit Erfolg angewandt worden war.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
108. Die Behandlung der Gtoburt bei engem
Becken in der Frivatprazia ; von Dr. A. M ü 1 1 e r
in München. (Münchn. med. Wchnschr. L. 6. 1903.)
M. hebt die Wichtigkeit der Austastung des
Beckens und der Impression des Eopfes in das
Becken zur Beurtheilung der GhrCssenverh<nisse
zwischen Eopf und Becken hervor. Als prophylak-
tische Maassnahme befürwortet er die B r ü n n i n g -
hausen-Prochownick'sche Diätkur.
M. bespricht dann im Einzelnen die Einleitung
der künstlichen Frühgeburt, die prophylaktische
Wendung, die hohe Zange, die Symphyseotomie
und den Eaiserschnitt. Zur Beurtheilung, toann
die künstliche Frühgeburt eingeleitet werden muss,
nimmt er in den letzten 2 Schwangerschaftmonaten
wöchentlich die Impression vor. Erfüllt trotz
Diätkur der Eopf schon in der 30. bis 33. Woche
den Beckeneingang, so räth M. zur Sectio caesarea.
Die prophylaktische Wendung hat M. in über
100 Fällen ausgeführt; in weiteren 10 Fällen ge-
lang die prophylaktische Wendung noch nach ver-
geblich versuchter hoher Zange. Von den 117
YII. OeburtshOlfe, Frauen- und Einderheilkunde.
85
gewendeten Kindern lebten 90 über 8 Tage ; 4mal
war das Kind schon vor der Wendung abgestorben
und lOmal musste der nachfolgende Kopf perforirt
werden. Der Brfolg der prophylaktischen Wen-
dung hängt nach M. sehr wesentlich von der üebung
und Oeschicklichkeit des Operateurs ab. Für den
j geübten Cteburthelfer nimmt M. das Recht in An-
spruch, einen Versuch mit der hohen Zange zu
machen, ehe man sich zu einer eingreifenderen
Operation entschüesst Seine Erfahrungen mit der
hohen Zange lauten befriedigend. DieSymphyseo-
tomie, bez. die Pubiotomie will M. nur ganz aiis-
nahmeweise vornehmen. Für die künstliche Früh-
geburt betrachtet er dieHetreurysemitOewichtzug
als das Normalverfahren der Zukunft und den von
ihm angegebenen starken unelastischen Ballon als
das anerkannt einzige Modell, das diese Methode
sicher und sehr oft aushfilt.
Der Standpunkt des Praktikers bei Beckenenge
ist nach M. kurz der folgende. In der Schwanger-
schaft: Diätkur und künstliche Frühgeburt; sub
partu : prophylaktische Wendung, hohe Zange und
Perforation, nur ausnahmeweise Pubiotomie oder
Sectio caesarea relativa, je nach den äusseren Um-
ständen unter Zustimmung oder auf Wunsch der
Patientin und wenn möglich in einer Klinik.
Arth. Ho ff mann (Dannstadt).
109. Ueber Hintersoheitelbeineinatellang;
von Dr. W. Zangemeister in Leipzig. (Beitr.
2. Gebnrtsh. u. GynäkoL VI. 3. p. 365. 1902.)
Z. unterscheidet wie Schatz eine primäre
und eine sekundäre Hinterscheitelbeineinstellung,
iSsst aber nicht wie Schatz den Wehenbeginn,
sondern den erfolgten Blasensprung als scheidendes
Moment zwischen beiden gelten.
Unter 2250 Geburten der Leipziger Klinik
kamen 10 «■■ 0.44 <^/o sekundäre Hinterscheitelbein-
einstellungen vor; bei diesen war die Entbindung
so: spontan (nach Veit) 2, nach Symphyseotomie
spontan 2, durch Wendung und Extraktion 1, durch
Sectio caesarea 2. Alle 7 Kinder kamen lebend
MT Welt ; in 3 WUen wurde perforirt, und zwar
2mal bei lebendem Kinde. Als Ursache der Bin-
steUung handelte es sich fast durchweg um platte
Becken, besonders um allgemein verengte platte
Becken; das Missverhältniss vom Kopfe zum geraden
Dorchmesser des Beckeneinganges ist danach wohl
als die wichtigste Vorbedingung der abnormen
Stellung anzusehen.
Z. empfiehlt, nidit in jedem Falle von sekun-
därer Hinterscheitelbeinstellung sofort auf die Aus-
sicht eines spontanen Oeburtverlaufes zu verzichten,
TOT Allem dann nicht, wenn die Wendung nicht
mehr möglich ist und nicht eine eingreifendere
Therapie wie der Kaiserschnitt durch die Becken-
enge geboten erscheint Vor Perforation des leben-
den Kindes räth Z. noch etwas zuzuwarten, wenn
1) ein nicht zu kleines Segment des Kopfes sich in
das Becken stellt, 2) die Wehen und Herztöne gut
sind und 3) es sich nicht um Kreissende handelt,
die schon mehrere schwere Entbindungen durch-
gemacht haben (der grösseren Gefahr der Uterus-
ruptur wegen). Die Symphyseotomie ist nach Z.
auch bei weiterem Abwarten möglich und kann
auch bei etwas grösserem Missverhältnisse noch
einen spontanen Verlauf ermöglichen. Z. betrachtet
sie gerade hier als eine sehr erfreuliche Bereiche-
rung der Therapie. Die Wendung ist nach Z. be-
sonders dann am Platze, wenn sich die Einstellung
trotz geeigneter Lagerung, nicht ändert, und wenn
complicirende oder einen spontanen Verlauf in Frage
stellende Momente vorhanden, bez. zu befürchten
sind. Die Umwandlung der Kopfeinstellung durch
äussere oder combinirte Handgriffe ist nach Z. ziem-
lich aussichtslos. Vor der hohen Zange warnt er ;
höchstens kann der Perforation des lebenden Kindes
ein vorsichtiger Versuch mit der hohen Zange
vorausgeschickt werden.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
110. Bin neuer Voraohlag zur Behandlung
des naobfolgenden Kopfes; von Dr. Steffeck
in Berlin. (Deutsche med. Wchnschr. XXIX. 3.
1903.)
S t. nimmt seit 7 Jahren bei der Entwickelung
des nachfolgenden Kopfes sowohl auf die Kopf-
einstellung, wie auf die Möglichkeit der Athmung
des Kindes nicht die geringste Rücksicht, sondern
drückt, sobald die Arme gelöst sind, mit beiden ge-
ballten husten langsam und in kleinen Intervallen
direkt auf den Kopf des Kindes in der Richtung nach
hinten unten. Besonders empfehlens werth erscheint
es ihm, diese Expressio capitis inWalcher 'scher
Hängelage vorzunehmen, da abgesehen von der
hierdurch erreichten Beckenerweiterung in dieser
Lage jede Assistenz bei dem schwierigsten Akte
der Operation völlig entbehrlich ist. S t. empfiehlt
dementsprechend folgende Behandlung der Becken-
endlage.
Sobald das Kind spontan bis zu den Sohultem
geboren ist, Umwandlang der Geradlage der Kreissenden
in Querlage, Arrolösang bei erhobenen Beinen, dann
W a 1 0 h e r *8che Hängelage und, zwischen den Beinen der
Kreissenden stehend, E^ressio capitis mit beiden Händen
duroh Druck von aussen direkt auf den Kopf, in der Rich-
tung nach hinten unten. Ist der Kopf völlig in das Becken
eingetreten, so erfolgt sofort seine weitere Entwickelung
mit dem Veit-Smellie'schen Handgriffe. Während
der Ausübung des Druckes lässt St den Kindskörper
einfach herabhängen ; der Druck selbst wird in kleinen
Zwischenzeiten ausgeübt, um eine mehr allmähliche An-
passung des Kopfes an das Becken zu ermöglichen und
um den Operateur nicht zu sehr zu ermüden.
Oegenüber dem von vornherein angewandten
Veit-Smellie'schen oder dem Martin 'sehen
Handgriff erblickt St. den Hauptvortheil seines Ver-
fahrens in der grossen Zeiterspamiss und in Folge
davon in der möglichsten Vermeidung schwerer
Asphyxien. Ein weiterer Vortheil des geschilderten
Verfahrens liegt nach S t in der überraschenden
Leichtigkeit der Ausführung und in der Ver-
minderung der Verletzungen des Kindes, die bei
86
yn. Gbburtahülfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
dieser Methode nur in 15ffell5nnigen Eindrücken
und eventuell in intracraniellen Blutungen bestehen
können.
S t. hat seine Methode bis jetzt in 36 Fällen
angewandt und dabei stets lebende Kinder, die
auch am Leben blieben, erzielt. 6 besonders lehr-
reiche Fälle theilt er kurz mit
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
111. Snr Pemploi da lait sterilise in-
dastriellement dans ralimentation des noar-
rissoDB des grandes Tillea ; par le Dr. M. 0 u i.
(Echo m6d. du Nord LX. 16. 1902.)
0. glaubt nicht, dass die fabrikmässig bei 110*
sterilisirte Milch Nachtheile für die Säuglinge hat.
Sonst müsste die Barlow'sche Krankheit viel häu-
figer sein. Wichtig ist, dass die Mütter auch bei
Verwendung sterilisirter Milch die sonstigen Regeln
der Diätetik nicht ausser Acht lassen, wie es nur
zu häufig geschieht (Ueberfütterung !). Da femer
in den Orossstädten gute, frische Milch kaum zu
haben ist, so liegt kein Orund vor, von der fabrik-
mä^gen Sterilisation abzugehen.
Brückner (Dresden).
112. Ueber Buttermiloh ala S&nglings-
nahrnng ; von Dr. W. C a r o. ( Arch. f. Kinderhkde.
XXXIV. 6 u. 6. p. 321. 1902.)
Auch im Kaiser- und Kaiserin-Friedrich-Kinder-
krankenhause hat man sich nun von der Nützlich-
keit der Buttermilch bei der Säuglingsemährung
überzeugt. C. berichtet, dass die Buttermilch in
43 von 58 Fällen akuter und in 71 von 87 Fällen
chronischer Magendarmerkrankungen gute Dienste
leistete. Baginsky stellt in einer Nachschrift
genauere Mittheilungen über die „pathologischen
Fälle'* in Aussicht. Brückner (Dresden).
113. Üeber einige üraaohen aohwerer
FankÜODflstörangen des Sänglingsdarmea ; von
Dr. Alex. Jürgensohn. (Jahrb. f. Kinderhkde.
3. F. V. 4. p. 464. 1902.)
1) 6 Monate altes Kind. Dyspepsie mit tödtlichem
Ausgang. Das zur Ernähmng verwendete Wasser war,
wie sich später herausstellte, grob verunreinigt^ enthielt
Jjeichentheile , die von einem 30 Jahre vorher an der
Stelle des Brunnens befindlichen Kirchhofe stammten.
2) Ijähr. Kind. Dyspepsie mit Ausgang in Enteritis
follicularis. Grobe Verunreinigung des verwendeten
^y assers. Wasserwechsel. Heilung.
3) ^l^jähr, Kind mit lange anhaltender Verdauung-
störung. Da kein einwandfreies Wasser zur Verfügung
stand, Ortswechsel. Heilung.
In allen 3 Fällen wurde die Beschaffraheit des
Wassers durch eine genaue ehemische Analyse
festgestellt
Bei 2 anderen Kindern wurde als Ursache der
Erkrankung üebergang von Antimon in die Nah-
rung aus schlechten Gummipfropfen ermittelt.
Nachdem der SSoxA^e^Apparat weggelassen war,
trat rasch Heilung ein.
Brückner (Dresden).
114. Ueber Inflaenia Im SängUngsalter ;
von Prof. Max Flesch. (Jahrb. f. Kinderhkda
3. F. V. 4. p. 456. 1902.)
FL hat schon früher darauf hingewiesen, dass
Brustkinder der Influenza gegenüber weniger wider-
standsfähig sind als Flaschenkinder. Als Sektion-
ergebniss fand er hftufig eine sehr erhebliche
Rüthung und Oeschwürbildung der Duodenal-
schleimhaut.
Fl. berichtet wiederum über ein 5 Monate altes Brust-
kind, das während einer Influenzaepidemie tödtlich er-
krankte, ohne dass während des Lebens ein genauer Be-
fund hätte erhoben werden können. Bei der Sektion
fand Fl. eine Perikarditis und starke Hyperämie der
Schleimhaut im Duodenum. Brückner (Dresden).
115. Ueber einige Beflexe im ersten Kindaa-
alter; von Prof. Cesare Gattaneo. (Jahrb. f.
Kinderhkde. 3. F. V. p. 458. 1902.)
C. hat an 180 jungen Kindern die verschie-
denen Reflexe geprüft Das wichtigste Ergebniss
der mühsamen Arbeit ist das, dass nur die Patella-
reflexe und Plantareflexe fast stets im ersten
Kindesalter vorhanden sind.
Brückner (Dresden).
116. 1) Zar Aetiologie der Bhaohitia ; von
Prof. G. Edlefsen in Hamburg. (Deutsche
Aerzte-Ztg. Nr. 22. 1901.)
2) üeber die Entstehangatiraaohen der
Bhaohitia und ihre Verwandtaohaft mit ge-
wiaaen Infektionskrankheiten ; von Prof. 0. E d -
lefsen in Hamburg. (Ebenda Nr. 8. 1902.)
Das Auftreten der Rhachitis ist periodischen
Schwankungen unterworfen. K weist fQr Ham-
burg nach, was sohon vielfach anderwärts auoh
festgestellt worden ist, dass die häufigsten Erkran-
kungen im Frühjahr und Sommer zur Beobachtung
gelangen. Diese Thatsaohe, sowie die Er&hning,
dass die Bhaohitis so häufig mit Erkrankungen
des Bespirationapparates complicirt ist, künnte zu
Gunsten der Kohlensäuretheorie verwerthet werden.
Doch sprechen gegen diese viele andere und hin-
reichend bekannte Qründe. E. wirft die Frage auf,
ob die erwähnten periodischen Schwankungen
nicht in Parallele gesetzt werden künnen zu den-
jenigen der Infektionkrankheiten. Für Kiel konnte
er an seinem poliklinischen Materiale nachweisen,
dass die Rhachitis auffällig häufig in Häusern auf-
trat, in denen Erkrankungen an Pneumonie, Gerebro-
spinalmeningitis und akutem Oelenkrheumatismus
vorgekommen waren. Sollte sich dieses YerhUt-
niss auch anderwärts bestätigen, so könnte es
wohl zu Gunsten der Infektiontheorie verwendet
werden.
In dem zweiten Aufsatze sucht E. einer Reihe
von Einwänden, die Kassowitz gegen seine
Auffassung erhoben hatte, zu begegnen. Nach
einer nochmaligen kritischen Verarbeitung seines
Materials findet er seine Ansicht erst recht gestützt
und durch Kassowitz nicht widerlegt
Brückner (Dresden).
VIT. OeburtshQlfe, Frauen- und Einderheilkunde.
87
117. Die Barlow'sohe Krankheit in der
Sohweis; von Prof. E. Hagenbach-Burck-
hardt (Corr.-Bl. f. Schweizer Aerzte XXXII. 24.
1902.)
Aus der Schwäz aind bisher nur 7 Fälle von
Barlow'scher Krankheit berichtet worden. H.-B.
fOgt diesen Beobachtungen eine eigene hinzu, die
im Baseler Einderspitale gemacht wurde. Er be-
nutzt diese Oelegenheit zu einigen Bemerkungen
über die Aetiologie, Pathologie und Therapie der
interessanten Erkrankung.
Brückner (Dresden).
118. Neue Fälle von infantileni Soorbnt;
von Dr. J. Com by. (Arch. de MM. des Enf. YL
p. 221. April 1903.)
Der Xindersoorbut oder die Barlow'sche Krank-
heit wird oft verkannt, was um so bedauerlicher
ist, als in den bei Zeiten erkannten Fällen eine
richtige Therapie oft wahre Wunder wirkt, wäh-
rend sonst die Kinder dem Tode entgegengehen.
Aetiologisch findet man, dass die Kinder ausschliess*
lieh mit verschiedenen industriellen Milch- und
Mehleonserven genährt wurden. Oäriner^sohe Milch,
stenlisirte Milch können Scorbut bewirken und
der Orund dOrfte in den Veränderungen, denen die
Milch durch diese Präparirnngen unterworfen ist,
zu suchen sein. Als Hauptsymptome der Elrank-
heit sind Schwellungen der OÜeder, verbunden mit
grosser Schmerzhaftigkeit {sohmerxhafte Pseudo-
foraplegie) zu erwähnen, ferner subperiosteale
Hämatome an den Tibien, Purpuraflecke und
die klassischen Scorbutveränderungen des Zahn-
fldsches, bestehend in starker Schwellung, Bkchy-
mosirung, Ulcenrung mit Neigung zu Blutungen,
doch treten diese Veränderungen an der Mund-
schleimhaut oft spät hervor und die kleinen Patien-
ten werden oft, selbstverständlich erfolglos, auf
Rheumatismus, Arthritis, Coxalgie, infantile Para-
lyse u. s. w. behandelt
Die Therapie besteht in Weglassen der Con-
aervennahning, Verabreichung von frischer ge-
kochter Milch, von etwas Erdäpfelpur6e, Trauben-
odflr Orangensaft, Saft von rohem Fleische u. s. w.
Olttchzeitig harte Matratze und fieissiges Lüften
des Zimmers. E. T o f f (Braila).
119. Vorübergehende Verlangsamnng und
Azyihmie des PolMa beim Kinde ; von Dr. A.
Jacquier. (Inaug.-Diss. Paris 1902.)
Langsamkeit und Arrhythmie des Pulses sind bei
Kindern kein seltenes Vorkommniss und man darf
ans diesen Symptomen keine allzu pessimistischen
Schlfisse ziehen. In der Beconvalescenz nach fieber-
haften Krankheiten ist sehr oft ein verlangsamter
und unregelmässiger Puls zu beobachten und sogar
als ein gtües Zeichen anzusehen ; fehlt er, so sind
Reoidive zu befürchten. In anderen Fällen findet
man als Ursachen der Pulsveränderungen : ver-
schiedene Vergiftungen, Erkrankungen des Magen-
Darmtraktes, Wfirmer, Anämie, rasches Wachs-
thum, Neurosen (Chorea, Hysterie, ürininoontinenz)
u. s. w. In allen diesen Fällen handelt es sich um
vorübergehende Störungen der Herzinnervation auf
direktem oder reflektorischem Wege.
E.To ff (Braila).
120. Die Behandlnngsmethoden des Keuoh-
huatena; von Dr. M. Rocques. (Inaug.-Diss.
Paris 1903.)
R. giebt eine historische üebersicht über alle
gegen Keuchhusten empfohlenen Mittel undProce-
duren und gelangt zu dem Schlüsse, dass zur Zeit
ein specifisches Medikament gegen diese Krankheit
nicht existirt Am vortheilhaftesten scheint noch
folgendes Vorgehen zu sein : im 1. Stadium wende
man eine einfache antikatarrhalische Behandlung
an ; im 2. Stadium gebe man Belladonnasyrup und
halte die Kinder im Zimmer ; später Bromkalium.
Gegen Ende dieser Periode und im 3. Stadium Luft-
wechsel und Leberthran. E. T o f f (Braila).
121. Notes on the Symptoms and treat-
ment of acute pyelitia in infents; by John
Thomson. (Repr. from the Scottish med. and
surg. Journ. July 1902.)
Akute Pyelitis tritt nicht selten bei kleinen
Mädchen auf, die aus irgend welchen Ursachen ge-
schwächt sind. Sie beruht meist auf Einwande-
rung von Baoterium coli commune, die durch Ez-
coriationen am After begünstigt wird. Die Er-
krankung kann mit hohem Fieber und schweren
Allgemeinerscheinungen einhergehen. In dem
(sauren) Urin finden sich viel Eiter und Bakterien.
Häufig stellen sich auch bei jungen Kindern Fröste
ein. Die Prognose ist günstig. Zur Behandlung
empfiehlt sich die Darreichung von Alkalien in
kräftigen Qaben. T h. benutzt dazu citronensaures
Kalium. Brückner (Dresden).
122. Qennine flahmmpftiiere imSauglinga-
alter; von Dr. IdaDemoch. (Arch. f. Kinder-
hkde. XXXIIL 3—6. p. 284. 1902.)
2 Monate altes, gut entwickeltes, erblich nicht be-
lastetes Kind. Geringe Oedeme an den Unterschenkeln.
Herzdämpfang nach Unks vergrössert. Im Urin Eiweiss
and Cylinder. Sektion und mikroskopischer Beftmd:
Dilatatio cordis, concentrische Hypertrophie des linken
Ventrikels, Qranalaatrophie der Nieren.
Brückner (Dresden).
88
vm. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
VIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheillcunde.
123. Ueber Intubation und Traoheotomie.
ZuBammenstelluDg ; von- Dr. Max Brückner in
Dresden.
1) Vier Jahre vor und ncteh der Einführung der
Serumbehandlung der Diphtherie. (Auf Grand von
37000 operirten Fällen von Larynzdiphtherie im Kindes-
alter.) Mit 13 Tabellen n. 23 Oarven; von Dr. F. Sie-
gert in StrasBburg. (Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F. 11. 1.
p. 56. 1900.)
2) Audiatur et altera pars, Bemerkungen za der
Seromstatistik des Herrn Doo. Siegert; von Prof. Max
K a 8 s 0 w i t z. (Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F. II. 5. p. 844.
1900.)
3) Entgegnung auf die Arbeit von Siegert : , Vier
Jahre vor und nach der Einführung der Serumbehand-
lung der Diphtherie'^ ; von Dr. T r u ni p p in Manchen.
(Jahrb. f. Kmderhkde. 3. F. U. 4. p. 748. 1900.)
4) Offner Brief an die Redaktion; von Prof. J. von
Bokay. (Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F. U. 4. p. 753. 1900.)
5) Bemerkungen xu den verschiedenen Entgegnungen
aus Anlass meines Aufsatzes : , Vier Jahre vor und nach
der Einführung der Serumbehandlung der Dipßitherie;
von Dr. F. Siege rt (Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F. II. 5.
p. 878. 1900.)
6) Ueber den gegenwärtigen Stand der Iniubaiion;
von Johann von Bokay in Budapest. (Verhandl. d.
18. YersammL d. Ges. f. Kinderhkde. in Hamborg 1901
p. 78. 1902.)
7) Die Tracheotomie und Intubation bei Diphtherie
seit der Serumbehandlung. Referat, erstattet in der Ge-
sellschaft für Kinderheilkunde auf der 73. Naturforscher-
versamml. zu Hamburg, Sept 1901. (Arch. f. Kinderhkde.
XXXUI. 3 u. 6. p. 372. 1902.)
8) Klinische Studien über Wesen und Vencendbar-
keit der Intubation; von Kurt Noesske. (r. Volk-
mamCs Samml. klin. Vortr. N. F. Nr. 324. Leipzig 1902.
Breitkopf u. Härtel.)
9) Ueber die Indikaiionsstellung der operativen Be-
handlung der diphtherischen Larynxstenose; von Dr.
Georg Aisberg u.Dr. Sigmund Heimann. (Arch.
f. Kinderhkde. XXXUI. 1 u. 2. p. 98. 1902.)
10) ü^acheotomie und Intubation als Stenosen-Opc"
rationen bei Diphtherie; von Dr. Bahn. (Jahrb. f.
Kinderhkde. 3. F. V. 2. p. 165. 1902.)
11) Ueber das Verhältniss von Intubation und
Tracheotomie bei der Behandlung der diphtherüischen
Larynxstenose; von Prof. Ganghofner. (Jahrb. f.
Kinderhkde. 3. F. V. 5. p. 521. 1902.)
12) Diphtherieserumtherapie und Intubation im
Kinderspital in Basel; von Adele Weissenberger.
(Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F. II. 3. p. 312. 1900.)
13) Diphtherieheilserum ' Resultate 1894—1900.
Tracheotomie und Intubation ; von Dr. G u n o. (Münchn.
med. Wchnschr. XLVIU. 20. 1901.)
14) Observations on intubation of the larynx; by
E. W. Goodall. (Edinb. med.Joum. N.S. XI. 3. p.677.
March. 1902.)
15) Bericht über 100 Intubationen bei diphtheri-
tischer Larynxstenose; von Dr. FritzSippeL (Med.
0)rr.-Bl. d. Württemb. ärztL Landesvereins LXXIU.
4 u. 5. 1903.)
16) Observations upon 40 eonsecutive cases of intu-
bation ofthe larynx indiphtheria; by Conrad Bosau.
(Lancet July 13. 1901.)
17) Die Intubation in der Privatpraxis; von Dr.
T r u m p p in München. (Münchn. med. Wchnschr. XLYI.
45. 1899.)
18) Ud>er Intubation in der Privatpraxiis; von Dr.
Marx. (Münchn. med. Wchnschr. XLYIL 46. 1900.)
19) Zur Kmntniss der Atresia laryngis post üUu-
bationem; von Dr. Gottfried Ritter. (Arch. L
Kinderhkde. XXXII. 1 u. 2. p. 48. 1901.)
20) Beiträge xur Lokalhehandlung der im Gefolge
der Intubation entstandenen Qeschwüre des Kehlkopfes;
von Dr. Johann von Bokay. (Deutsche med. Wo-
chenschr. XXVIL 47. 1901.)
21) Die operative Beseitigung der Intubationsstenosen
des Ixurynx und der T^ciehea bei Kindern; von Friedrich
Pels-Leusden. (Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F. Y. 3.
p. 256. 1902.)
22) Zur Lehre vom erschwerten Decanulemeni und
dessen Behandlung bei tracheotomirten diphtheriekranken
Kindern; von Dr. C. Folger. (Jahrb. f. Kinderhkde.
3. F. lY. 5. p. 590. 1901.)
23) Zur Casuistik des erschwerten Decanuleme$üs
nach Tracheotomie; von Dr. LudwigKnöspel. (Prag,
med. Wchnschr. XXYL 23. 24. 1901.)
24) Ueber die Behandlung des ersehuferten Deeanule-
fnents in Folge von Oranulombildung nach Intubation
und sekundärer Tracheotomie; von H. von Ranke.
(Münchn. med. Wchnschr. XLYIII. 43. 1901.)
25) Das fernere Schicksal der überlebenden tracheo-
tomirten und intubirten Kinder; von Dr. Trunipp.
(Münchn. med. Wchnschr. XLYIIL 43. 1901.)
26) Zur KJenntniss der Spätstörungen nach Tracheo-
tomie und Intubation; vonDr. Meinhard Pfaundler.
(Münchn. med. Wchnschr. XLVUI. 43. 1901.)
27) Zur operativen Behandlung akuter Larynx-
Stenosen ; von Dr. T r u m p p. (Münchn. med. Wchnschr.
L. 13. 1903.)
28) Detubation sans eontrole au moyen de Vüeetro-
aimant; par Collet. (Lyon med. XXXIIL 30. p. 106.
1901.)
29) Die perorale Intubation ; von Dr. F r a n z K a h n.
(Fortschr. d. Med. XX. 4. p. 107. 1902.)
30) Ursachen und Behandlung der Kehlkopf Stenosen
im iCim^o^^ ; von Dr. J. H. S p i e g e 1 b e r g in München.
( Würzb. Abhandl. a. d. Gesammtgeb. d. prakt Med. II. Bd.
Heft 2. Würzburg 1902. A. Stubers's Yerlag (C. Ka-
bitzsch). 30 8. 75 Pf.)
In einer grossen statistischen Arbeit, der das
Material von 69 deutschen, Osterreichischen und
schweizer Krankenhäusern zu Grunde gelegt ist,
stellt Siegert (1) die Sterblichkeitverhältnisse
bei der Diphtherie in der Zeit von 1890—1898
dar. Es betrug demnach die Sterblichkeit der
während der Yorserumperiode Behandelten 41.5^/oy
der nach Einführung des Serum Behandelten hin-
gegen nur IßÄ^lo. Im üebergangsjahre 1894
stellte sich die Mortalität auf 37.4<^/«. Operirt
wurden 1890—1893 47.2«/^, 1894 42.9«/«, 1895
bis 1898 27.6^/0 der Aufgenommenen. Von den Ope-
rirten starben vor Anwendung des Serum 60.55^1^
bei Serumbehandlung 37.70/0, im Üebergangsjahre
1894 53.7<^/0. Die Leistungen der Intubation und
Tracheotomie werden an 22 000 in 57 Spitälern
behandelten Kranken abgeschätzt. In 43 Kranken-
anstalten wurde bis zum Jahre 1898 principiell
die Tracheotomie beibehalten oder nach vorüber-
gehenden Versuchen mit der Intubation wieder als
alleiniges Verfahren ausgeführt Es betrug nach
S.'s Berechnungen die Qesammtmortalität der Ope-
rirten in der Yorserumperiode 6O.3<>/0, in der
Serumperiode 38.3<^/0, die Mortalität der prin-
VIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
89
cipiellen Tracheotomie 59.4<>/o, bez. 35.1%, die
Mortalität der fakultativen Intubation oder Tracheo-
tomie 63.6<^/o, bez. 35.00/o und die Sterblichkeit
der principiellen primären Intubation 64.4®/o und
40.5<^/o. S. zieht aus den Zahlen folgende Schlüsse :
„1) Durch die Einführung der Intubation in die
^ Operationtechnik der operativen Behandlung der
Larynxdiphtherie ist eine Verbesserung der Erfolge,
was die Sterblichkeit der Operirten anlangt, bis
jetzt nicht erfolgt In der Vorserumperiode er-
weist sich die Tracheotomie der Intubation erheb-
lich überlegen, im Uebergangsjahre wie in der
Serumperiode ergiebt sie eine um ca. 2<^/o geringere
Mortalität 2) Die bedingte Intubation unter Aus-
wahl der leichteren Fälle bei principieller primärer
Tracheotomie der schweren Fälle und frühzeitiger
sekundärer Tracheotomie, wo die Intubation nicht
ausreicht, leistet in der Spitalbehandlung seit Ein-
führung des Diphtherieheilserum so viel, wie die
ausschliessliche Tracheotomie, erheblich Besseres
als die primäre unbedingte Intubation. 3) Die un-
bedingte primäre Intubation ist weder theoretisch,
noch praktisch zu empfehlen und sollte deshalb
definitiv aufgegeben werden. 4) Die principielle
Tracheotomie ist in der Privatpraxis wegen des
Fortfalls der dauernden ärztlichen Ueberwachung
in nächster Nähe und wegen der leichten Nach-
behandlung durchaus am Platze. 5) Die Intubation
ist als Vorbereitung zur Tracheotomie wie zur Be-
seitigung des in seltenen Fällen vorkommenden
erschwerten Decanulements sehr zu empfehlen.
6) Durch die Serumbehandlung ist die Sterb-
lichkeit der wegen Larynxdiphtherie operirten
Kinder fast auf die Hälfte der früheren Höhe ge-
sunken/^
Die wohlwollende Beurtheilung des Diphtherie-
heilserum durch Siegert veranlasste Easso-
witz (2) zu heftigem Widerspruche. Er sucht den
Nachweis zu liefern, dass der Bericht Siegert 's
subjektiv gefärbt ist und dass die Schlussfolge-
mngen aus seinen eigenen Zahlen widerlegt wer-
den können. Siegert hätte für die Vorserum-
periode grössere Zeiträume berücksichtigen müssen.
In der kurzen Zeit können die epidemiologischen
Schwankungen der Diphtherie nicht zum Ausdrucke
kommen. Siegert hat eine Anzahl von Städten
nicht berücksichtigt, die für die Erfolge des Serum
ungünstig sind. Der behauptete schroffe Abfall
der Sterblichkeit fehlt auch in einer Anzahl der
von Siegert zur Statistik benutzten Kliniken.
Dies wird deutlich, wenn man nicht die procentuale
Mortalität, sondern die absolute Zahl der Todesfälle
der Betrachtung zu Gründe legt. Den Abfall der
ersteren leitet K. ab aus der vermehrten Aufnahme
leidit Erkrankter in die Kliniken imd aus dem Er-
sätze der klinischen Diagnose durch die bakterio-
logische Untersuchung. Eben so abfällig beurtheilt
K. die Folgerungen, die S i e g e r t aus seinen Zahlen
für die Erfolge bei der Behandlung der diphthe-
rischen Kehlkopfstenose gezogen hat
Med. Jahrbb. Bd. 279. Hft. 1.
Oanz ablehnend verhält sich auch v. B 6 k a y (4)
den Ausführungen Siegert 's gegenüber. Er
meint, Siegert würde zu anderen Anschauungen
gelangt sein, wenn er das gesammte vorliegende
Material verarbeitet hätte.
Trumpp (3) vertritt die Intubation ' gegen
Siegert und verwahrt sich gegen ein falsches
Citat aus einer seiner Arbeiten. Siegert hätte
nicht nur das deutsche, sondern ein internationales
Material verarbeiten müssen. Schon die von Sie-
gert gewonnenen Zahlen berechtigen nicht zu den
von ihm gezogenen Schlussfolgerungen. Wenn
einzelne Autoren bei Uebergang von der bedingten
zur unbedingten Intubation schlechte Resultate er-
zielten, so muss das Material im Einzelnen geprüft
werden.
Auf diese Angriffe erwidert Siegert (5) im
Wesentlichen, dass er absichtlich das Material zu-
sammengefasst habe, um die Fehler kleiner Zahlen-
reihen auszuschalten. Eine Statistik aus ihren
Componenten widerlegen zu wollen, wieesKasso-
witz thut, sei nicht statthaft Einige Hospitäler
konnten nicht berücksichtigt werden, da sie auf
die Anfrage nicht antworteten (Paris, München).
Aus technischen Gründen konnte nicht das ganze
Material graphisch dargestellt werden. Siegert
hat übrigens seine Schlüsse aus einem grösseren
Materiale gezogen als Trumpp.
Bei der 73. Naturforscher -Versammlung zu
Hamburg hatB6kay(6) sich dahin ausgesprochen,
dass die Intubation bei der Behandlung der Stenose
über die Tracheotomie zu stellen seL Er berichtet
über die Fortschritte und Vervollkommnung der
Intubation. Im Stefanie -Kinderspitale wurden
unter seiner Leitung von 1891 — 1901 1261 Kin-
der intubirt Vor der Serumperiode schwankte
die Heilungziffer zwischen 28.89 und 36.4<^/o, in
der Serumperiode zwischen 46.84 und 64.92%.
Im Durchschnitt genasen demnach ohne Serum
31.79^0) mit Serum 53.56<^/o der behandelten
Kinder. Die Tracheotomie wurde in der Serum-
periode 119mal ausgeführt, mit einer Heilung-
ziffer von 14.6%. B. findet durch die Erfahrungen
der letzten 10 Jahre die Richtigkeit des Satzes
bestätigt, den er bereits im Jahre 1892 aufgestellt
hat: „dass die primäre Tracheotomie bei Croup
blos in jenen Fällen durch die Intubation nicht
ersetzt werden kann, wenn a) neben der bestehen-
den Larynxstenose auch hochgradige Pharynx-
stenose vorhanden ist und b) wenn wegen starker
Odematöser Anschwellung des Aditus laryngis eine
erfolgreiche Intubation nicht zu erhoffen ist". —
Bei Beurtheilung der von B. erzielten Erfolge ist
zu berücksichtigen, dass sein Material ein sehr
ungünstiges war, dass hochwerthiges Serum aus
pecuniären (Gründen nur in den schwersten Fällen
zur Anwendung kam und dass der Eingriff nie
sehr frühzeitig vorgenommen wurde, etwa auf der
Grenze des 1. und 2. Stadium des Croup, da ja
unter der Einwirkung des Serum viele Stenosen
12
90
VIIT. Ohirorgie, Augmi- und OhrenheiUnmde.
sich zurüokbilden (nach den Erfahrungen von B.
370/0). Auch beim Maaemeroup, der in der über-
wiegenden Mehrzahl der Fälle diphtherischer Natur
ist, wendet B. Serum und unter Umständen die
Intubation an (B. konnte in 20 Fällen stets den
L G f f 1 e r 'sehen Bacillus nachweisen). Bezfiglich
der Einwände, die gegen die Intubation erhoben
worden sind, erwähnt B., dass sowohl das Hinab-
stoseen der Membranen, als auch die Verstopfung
des Tubus durch solche recht seltene Ereignisse
sind. Ersteres sah er mit ungfinstigem Ausgange
3mal. Pneumonien hatten 22.7% seiner Kranken.
Sie stellten sich (Sfter (in 26«/o der Fälle) bei
schwerer als bei leichter (in 14.3*/o der EWe) Er*
krankung ein, und zwar am häufigsten zwischen
dem 4. und 11. Tage der Behandlung des Croup.
In der Semmperiode hatte B. 10% Pneumonien
mehr als früher, da durch das Serum 50% mehr
Heilungen überhaupt erzielt wurden. B. ist der
Meinung, dass die Intubation nicht in dem Maasse,
wie ein Theil der Aerzte annimmt, das Auftreten
der Pneumonien verschuldet In schweren Fällen,
bei ungenügender Athmung und Expektoration ist
allerdings damit zu rechnen. Dann entwickelt
sich jedoch die Pneumonie nicht in Folge des
engen Tubus, sondern in Folge der Verminderung
der ezpulsiven Kraft des Hustens bei dem mangeln-
den Schluss der Stimmbänder. Die Schluckpneu-
monie hält B. nicht für häufig. Bei Decubitus des
Kehlkopfes wendete er mit Erfolg in 6 Fällen die
O'Dwy er 'sehen Alaun- Oelatine-Bronzetuben an.
B. schÜiesst mit einigen Bemerkungen über die
Anwendung der Intubation bei nicht diphtherischen
Stenosen, bei erschwertem Decanulement, bei Er-
wachsenen.
Zu wesentlich anderen Anschauungen kam der
Correferent Siegert (7) auf Qrund einer umfas-
senden statistischen Studia Er verarbeitete wie-
derum nur klinisches Material, und zwar von
90 Spitälern Mitteleuropas. Es umfasst 22615
wegen Kehlkopfdiphtherie in den Jahren 1895 bis
1900 operirte Kranke, von denen 7753 = 34.28%
starben.
Die Angaben stammen aus Spitälern, in denen
theils unbedingt tracheotomirt , theils primär in-
tubirt oder je nach Lage der Dinge intubirt oder
tracheotomirt wird. Bei Beurtheüung der Resul-
tate ist zu berücksichtigen, dass als Maassstab für
die Tracheotomie die Heilung gilt, während als
Misserfolg der Intubation ausser den Todesfällen
noch diejenigen in Betracht kommen, in denen
wegen erfolgloser Intubation sekundär tracheoto-
mirt werden musste. In 64 Spitälern mit aus-
schliesslicher Tracheotomie (11104 Fälle) starben
34.29<>/o der Kranken. Der Erfolg der Operation
war während der ganzen Berichtzeit (Serum !) ein
sehr gleichmässiger. Die Mortalitätziffer schwankte
im Allgemeinen zwischen 33.1% und 35.6%. Nur
in 4 Spitälern betrug sie noch nicht 20%, in Halle
nur 15<>/o. In 10 Spitälern wurde principiell pri-
mär intubirt, und zwar 3830mal. Es starben
1361 Kranke =» 35.540/o. Rechnet man die
sekundär Tracheotomirten ein, so versagte die In-
tubation in 40.7®/o der Fälle. Die Ergebnisse der
Intubation waren im Oegensatze zur Tracheotomie
sehr schwankende. In 26 Spitälern, in denen
fakultativ intubirt wurde (7681 Fälle), betrug die
Sterblichkeit 33.64%. Primär tracheotomirt wurde
in 22.30/0, primär intubirt in 77.7«/o der Fälla
Von den primär Tracheotomirten starben 50.4*/o.
Sekundär tracheotomirt wurden 22.6% der In-
tubirten. Bei ihnen betrug die Sterblichkeit 52.4%.
Es wurden demnach operirt 39.850/t der Kranken.
Von den ohne nachfolgende Tracheotomie Intubir-
ten starben 21.9^/o. Es versagte demnach, wenn
man die primär und sekundflr Tracheotomirten mit
in Betracht zieht, die Intubation in 53*/o der Fälle.
In 7 Spitälern, die von der Tracheotomie zur In-
tubation übergingen, wurde eine Verbesserung der
Erfolge nicht erzielt Umgekehrt zeigte sich, dass
die Tracheotomie die Leistungsfähigkeit der Intu-
bation um so mehr erhöht, je eher sich die Spitäler
zur primären und sekundären Tracheotomie ent-
schliessen. Nur in 4 Spitälern wurde unter Zu-
hülfenahme der Tracheotomie mit der Intubation
ein so gutes Resultat erzielt, wie es 21 mal bei
alleiniger Tracheotomie erreicht worden ist.
S. zieht aus diesen Ergebnissen folgende
Schlüsse: „1) Tracheotomie und Intubation er-
geben im Spital die gleiche Mortalität 2) Zur Er-
reichung dieses Resultates bedarf die Intubation
der primären und sekundären Tracheotomie. 3) Der
grösseren Häufigkeit der Tracheotomie entspricht
in den intubirenden Spitälern ceteris paribus der
Erfolg. 4) Durch Uebergang zur Intubation haben
die tracheotomirenden Spitäler ihre Mortalität nicht
vermindert. 5) Die fakultative Intubation macht
in % aller Fälle die Tracheotomie entbehrlich.
6) Nur die Anwendung beider Verfahren erlaubt
den bestmöglichen Erfolg." — „Auf Orund dieser
Sätze steht also fest, dass bis zum Jahre 1890 in
den mitteleuropäischen Spitälern eine Verbesserung
des Enderfolges durch Einführung der Intubation
nicht erreicht wurde. Das hat aber mit der Frage
nichts zu thun, ob die eingreifendere, blutige Ope-
ration als . alleiniges Verfahren berechtigt ist in
den Fällen, wo der viel schonendere, leichter und
schneller ausgeführte und unblutige Eingriff zu
gleichem Endresultate führt Diese Frage stellen,
heisst sie verneinen." Nach Abwägung der Vor-
theile des einen und des anderen Verfahrens
schliesst S.: , Intubation und Tracheotomie sind
gleichberechtigte leistungsfähige Schwestern im
Kampfe gegen die Larjnxdiphtherie, berufen, ein-
ander zu ergänzen, nicht aber einander auszu-
schliessen." Für die weiteren Untersuchungen
wird es von Werth sein, wenn die Spitäler ihr
Material alljährlich veröffentlichen. Die primäre
Tracheotomie und die primäre Intubation bedürfen
einer genaueren Indikationstellung. Ebenso müssen
YIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
Ul
ffir den Zeitpunkt und die Bedingungen der sekun-
dären Tracheotomie genaue und eindeutige An-
zeigen aufgestellt werden.
Mit den zuletzt aufgeworfenen Fragen beschäf-
tigen sich die nfichsten 3 Arbeiten in ausfQhrlioher
Weiae.
In einer sehr gründlichen Arbeit, die sich auf
die in der Einderheilanstalt zu Dresden gemachten
Erfahrungen stQtzt, erörtert N o e s s k e (8) die Er-
gebnisse und Indikationen der Intubation. In
dieser Anstalt wird fakultativ intubirt. N. betont,
dass bei einem Vergleiche zwischen den Erfolgen
der Intubation und der Tracheotomie vor Allem
berOcksichtigt werden muss, zu welcher Zeit und
in welchem umfange Serum angewendet wurde.
Die Studie stfltzt sich auf die Beobachtung von
462 Diphtheriekranken, von denen 284 (61.7%)
Stenose hatten. llSmal, d. h. in 40«/a der Falle
ging die Stenose bei Anwendung von Serum und
Waaserdampf zurück, 171mal musste operirt wer-
den. Yon den Operirten starben 47 — 27.6<^/o.
£b wurden primär tracheotomirt 94 (verstorben
32 s» 34%)) sekundär tracheotomirt 25 (verstorben
10b=40%), demnach überhaupt tracheotomirt 119
(verstorben 42 — 36.2<>/o). Allein mit Intubation
wurden behandelt 52 Er. (verstorben 5 -» 9.6<^/o),
mit Intubation und nachfolgender Tracheotomie
hingegen 7 7 (verstorben 1 5 »a 1 9.5%). Aus diesen
Zahlen darf man nicht ohne Weiteres schliessen,
dass die Intubation der Tracheotomie überlegen
ist Denn die Fälle sind nicht gleichwerthig.
N. geht ausführlich auf die Yortheile und Nach-
theile der Intubation ein. Die Intubation, der
unblutige Eingriff, der keine entstellende Narbe
setzt, kann ohne grosse Vorbereitungen, Assistenz,
bei ungenügender Beleuchtung, ohne Schmerz,
ohne Narkose ausgeführt werden. Es kommt dabei
lu keinen gefährlichen Blutungen oder anderen
schweren Gomplikationen. Die Athmung erfolgt
auf dem natürlichen Wege. Bei der nOthigen
Vorsicht kommt es nicht Öfter und nicht in so
hohem Grade zu Decubitus wie bei der Tracheo-
tomie, die unter umständen bleibende Defekte in
der Trachealwand zurOcklässt. Als Nachtheile der
Intubation müssen, abgesehen von der oft lästigen
Salivation und dem harmlosen Verschlucken des
Tubus angesehen werden 1) die in seltenen Fällen
▼oihandene Unmöglichkeit der Ernährung und
2) die unbedingte Nothwendigkeit ständiger ärzt-
licher Ueberwachung. An dem letzteren Postulat
wird die Einführung der Intubation in die Privat-
praxis scheitern. Hier kommt sie nur als proviso-
nsdie Operation in Betracht. Bei starker psy-
chischer Erregung kann die Intubation zuweilen
als Linderungsmittel benutzt werden. Oute Dienste
leistet sie auch bei allen akuten Stenosen nicht
diphtherischer Natur. Beim Masern- und Scharlach-
croop muss sie öfter der Tracheotomie weichen, die
bei allen geschwürigen Processen (Lues, Tuber-
kulose, Varicellen) allein das Feld behauptet. Zu
vermeiden ist die Intubation ferner bei Oedem des
Kehlkopfeinganges, mag es schon vorhanden sein
oder sich erst nach einer oder zwei erfolgreichen
Intubationen einstellen. Wo die Intubation in
zarter schonender Weise nicht gelingt, ist von ihr
Abstand zu nehmen. Dies ist sehr häufig der Fall
bei Säuglingen. Sehr junge oder rhachitische
Säuglinge, bei denen fast stets Bronchitis oder
Pneumonie die Diphtherie begleitet, werden am
besten primär tracheotomirt Auch bei älteren
Kindern bildet die Pneumonie eine Contraindika-
tion der Intubation, ebenso die septische Diphtherie.
Bei Marasmus, CoUaps, ungenügender Bzpektorar
tion unterbleibt die Intubation am besten. Sekun-
där zu tracheotomiren ist stets, wenn die Intuba-
tion die Stenose nicht behebt, bei absteigendem
Group. Damit darf man nicht lange warten, um
der Schädigung des Herzens zuvorzukommen.
Aisberg und Heimann (9) verwerthen das
Material der Baginsky 'sehen Klinik, wovon 1895
bis 1900 75mal primär tracheotomirt (55 Todes-
fälle), 126mal intubirt und sekundär tracheo-
tomirt (71 Todesfälle) und 244mal primär intubirt
wurde (22 Todesfälle). A. u. H. kommen zu fol-
genden Grundsätzen für die Indikationstellung:
„I. Ein operativer Eingriff soll bei Larynzstenosen
leichten und mittleren Qrades mit Hülfe des Heil-
serums und unter An Wendung des Sprays möglichst
vermieden werden, n. Die primäre Intubation ist
indicirt bei allen Larynxstenosen höheren Qrades,
bei denen, soweit es dias klinische Bild für möglich
erscheinen lässt, ein blutiger Eingriff vermieden
werden kann (wie sich aus Folgendem ergiebt).
HL Die primäre Tracheotomie ist indicirt a) bei
Asphyxie und Collaps, b) bei bestehender Pneu-
monie, c) bei schweren Erkrankungen des Herzens,
d) bei bestehender Gaumensegel- und Zwerohfells-
lähmung, e) bei schweren anatomischen Verän-
derungen des Pharynx, sowie hochgradiger Ver-
schweUung der gesammten Pharynxgebilde bei
Nekrose derselben. IV. Die sekundäre Tracheo-
tomie ist angezeigt: a) wenn die Stenoseerschei-
nungen bei liegender Tube in erheblichem Maasse
fortdauern, vorausgesetzt, dass ihr Lumen nicht
verstopft ist, b) wenn Pneumonie hinzutritt, c)wenn
Gaumensegel- und ZwerchfeUslähmung hinzutreten.
V. Die Intubation ist nicht zu empfehlen im Säug-
lingsalter wegen der Kleinheit der Theile und der
Enge des Pharynx, besonders auch wegen der durch
die Tube erschwerten Nahrungsaufoahme, die in
diesem Alter von vitaler Bedeutung ist''
In etwas umständlicher und weitschweifiger
Weise bringt Bahn (10) die Anschauungen und
Regeln zum Ausdruck, die sich in der Solt-
m a n n 'sehen Klinik herausgebildet haben. Danach
ist die primäre TVaeheotomie angezeigt: 1) Bei
kleinen, unter l^/i Jahre alten Kindern, wenn
schwere floride Rhachitis besteht. 2) Bei schwe-
rem Collaps und im agonalen Stadiumu 3) Bei
ausgebreiteten gangränösen und geschwürigen Pro-
92
YIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
cessen im Rachen. 4) Bei gleichzeitig bestehender
starker pharyngealer DyspnOe undOedemdesEehl-
kopfeinganges. 6) Bei spasmodischen oder mecha-
nischen Hindernissen im Eehlkopflumen selbst,
die dem Tubus ein Hindemiss entgegensetzen.
6) Bei ftusserlich am Halse bemerkbarer Mema-
töser Schwellung, bez. bei tiefgehendem Haut-
emphysem am Halse. 7) Bei einer oomplicirenden
und durch die Untersuchung nachweisbaren Broncho-
Stenose. 8) Bei Fortdauer von Athemnoth nach
der Intubation. Indikationen fdr die s^eundäre
TracheoiomiB sind vorhanden : 1) Wenn der Tubus
bereits mehrere Tage gelegen hat und nach der
4. Extubation sofort wieder anhaltende Athemnoth
eintritt. 2) Wenn Verstopfung der Tube durch
Membranen eintritt und man annehmen muss, dass
noch weitere Membranstücke in den Bronchen
jBottiren. 3) Wenn Zellengewebeveränderungen vor
dem Kehlkopf (prft- oder perilaryngeale Abscesse)
bei noch bestehender Stenose im Oange sind, selbst
wenn sie subjektive Erscheinungen noch nicht
machen. 4) Wenn aus rein Äusseren Oründen das
Kind sich gegen den Tubus strftubt, wenn es Un-
lust- und Schmerzgefühle äussert, ungeberdig und
aufgeregt ist und trotz strenger Bewachung sich
selbst eztubirt oder fortgesetzte Extubation versuche
macht. 6) Wenn eine Thymushyperplasie oder
Bronchialdrüsenhyperplasie (Tuberkulose) anzu-
nehmen, bez. nachweisbar ist 6) Wenn wieder-
holt neue Einziehungen auftreten und eine vor-
genommene Extubation keine Besserung veranlasst.
7) Wenn eine genügende Ernährung unmöglich
gemacht ist, namentlich dadurch, dass sich das
Kind gegen die Sonde bei liegendem Tubus sträubt.
8) Bei kleinen, unter 2 Jahre alten Kindern, wenn
nach 5 — 6 Tagen 2mal rite extubirt worden ist
und sofort Athemnoth wieder eintritt Demnach
ergeben sich für die Itäubaiion folgende Regeln :
1) Die Intubation soll möglichst frühzeitig an-
gewendet werden. 2) Yor der Intubation muss
man erst alle Indikationen zur Tracheotomie er-
wogen haben. 3) Bei der Intubation muss eine
Person zur Assistenz vorhanden sein, die geübt
und geeignet ist, bei einer etwa nothwendig wer-
denden Tracheotomie zu assistiren ; bei jeder Intu-
bation muss alles zur Tracheotomie vorbereitet
sein. 4) Die intubirten Kinder sollen ebenso wie
die tracheotomirten, sobald der Allgemeinzustand
es erlaubt (Pneumonie im Stadium der Infiltration
und namentlich CoUaps spricht dagegen), in das
Dampfzimmer kommen. 5) Die Intubation darf
möglichst nur auf einmaliges Einführen des Tubus
hinausgehen. 6) Die Tubennummern sind nie zu
klein zu nehmen. 7) Vor der Extubation müssen
gleichfalls erst alle Indikationen in Rechnung ge-
zogen werden. 8) Vor der Extubation soll • man
möglichst ausgiebig Brom geben. 9) Bei der Ex-
tubation muss immer eine neue Intubation vor-
gesehen sein. Die Extubaiion ist zu versuchen:
1) Wenn die Macht der Rachenentzündung ge-
brochen und ein deutliches Abrollen oder Ein-
schmelzen der Raohenbeläge und ein Verblassen
des Untergrundes zu sehen ist 2) Wenn die Ath-
mung nicht mehr stossend ist und über den Lungen
nicht mehr saccadirt und in den beiden Phasen
ganz gleiohmässig und vOllig ausgiebig ist 3) Wenn
keine Stenosengeräusche mehr zu hOren sind. Von
vornherein einen gewissen Anhalt für die Dauer
der Intubation gewährt das Alter der Kinder. Nach
den in Leipzig gemachten Erfahrungen betrug sie
bei 1— 2jähr. Kindern 2—4 Tage, bei 2— 4jähr.
3—6 Tage, bei 5jähr. und älteren 3 — 4 Tage.
Abgesehen von der Behandlung der Stenose will
R die Intubation noch angewendet wissen als
experimeinUiOs Operation, wenn die Untersuchung
zunächst keinen Schluss auf einen absteigenden
Process erlaubt, als provisorüche zur Vorbereitung
für die Tracheotomie, als naekbehandelnde beim
Decanulement Schliesslich beschäftigt sich R.
noch mit der Intubation im Privathause. Trotz
der vielen Worte, die er darauf verwendet, sagt er
eigentlich nichts weiter, als dass man sie aus-
führen soll, wenn keine Indikation zur Tradieo-
tomie vorliegt.
Oanghofner (11) äussert sich im Hinblick
auf Siegert 's Arbeiten dahin, dass die Auf-
stellung von Leitsätzen auf Orund statistischer
Berechnungen etwas Missliohes haba Denn es
wird das vorliegende Material dabei nicht nach der
Qualität abgeschätzt Das gilt für die Diphtherie
sowohl mit Rücksicht auf den Qrad der Intoxi-
kation, als auch vor Allem mit Rücksicht auf das
Alter der Kranken. In O.'s Klinik sind von 1895
bis 1900 486 Kranke intubirt worden, von denen
163 «s 33.5®/o starben. Am grOssten war die
Sterblichkeit im 1. Lebensjahre, nämlich 60®/o;
dann folgte das 2. mit 39.7^0* das 3. mit 32.7®/,^,
das 4. mit 25.8^/o, das 5. mit 20.8<^/o. Von den
486 behandelten Kranken stammten 295 aus den
ersten 3 Lebensjahren. Von diesen starben 116
= 39.30/0. Von 176 Kindern unter 2 Jahren
starben 77 = 43.7Vo. Die Sterblichkeit wird
demnach ausserordenüich durch das Lebensalter
beeinflusst üeber die Indikationen zur Intubation
äussert sich 0. folgendermaassen : „Es ist (jedoch)
nur in seltenen Fällen sicher vorauszusagen, dass
man mit der Intubation nicht auskommen wird;
das sind namentlich die Fälle von hochgradiger
Schwellung der Pharynxschleimhaut mit oonse-
kutiver Pharynxstenose, sowie die Fälle von Schwel-
lung des Larynxeinganges , starkem Oedem der
Epiglottis und der aryepiglottischen Falten. In
den meisten übrigen Fällen bringt erst ein Ver-
such mit der Intubation die Entscheidung der
Frage, ob man sich mit dem unblutigen Verfahren
begnügen kann oder zur Tracheotomie schreiten
muss.*'
üeber die im Baseler Kinderspital gemachten Br«
fahrungen berichtet Adele Weissenberger(12).
Die Mortalität betrug bei 306 mit Serum behan*
ViLL Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
93
delten Kindern 13.39ö/o- Operirt wurden 121
(verstorben 32 =26.44»/o), nicht operirt 185 (ver-
storben 9 = 4.86<^/o). Im Allgemeinen war der
Erfolg um so ungünstiger, je jünger und länger
erkrankt die Kinder waren. Bei den Operirten
schien das zeitliche Einsetzen der Behandlung
nicht von so grossem Einfluss zu sein. Im All-
gemeinen wurden 1000 I.-E., bei den Operirten
mast 1700—2200 L-E., in schweren Fällen bis
zu 3000 I.-E. verabreicht. In 10 Fällen nahm die
Stenose nach der Einspritzung zu (8mal musste
operirt werden), in 39 Fällen ging sie zurück.
(Das wurde auch vor Einführung des Serum Öfter
beobachtet Leider werden keine genaueren An*
gaben hierüber gemacht.) Die Abstossung der
Beli&ge, das Fieber, die Pulszahl wurden durch das
Serum nicht beeinflusst. Die Nebenwirkungen
waren die bekannten (5.5% Ausschläge). Intubirt
wurden 124 Kinder, und zwar ausschliesslich 72
(verstorben 29.1 6 Vo\ nachträglich tracheotomirt 45
(verstorben 28.88<^/o). Die primäre Tracheotomie
wurde 7mal ausgeführt, 2mal ohne Erfolg. Die
Intnbationdauer, die vielleicht noch herabgesetzt
werden kann, betrug im Mittel 84 Stunden bei
den nur Intubirten. Die Drucknekrose ist nicht
allein abhängig von der Dauer der Intubation. Sie
i wird begünstigt durch herabgesetzte örtliche und
allgemeine Cirkulation, durch zu grosse Tuben.
Bei kleinen gracilen Kindern empfiehlt es sich
I nidit, die dem Alter entsprechende, sondern die
I nächst niedere Nummer zu wählen. Elende
Kinder oder solche mit allgemeiner Girkulation-
i stfimng dürfen nicht oder nur wenige Stunden
intubirt werden. Hinabstossen der Membranen
' und ErstickungsanfäUe kamen 6mal vor. 2 Kinder
starben dabei, die vielleicht durch die primäre
Tracheotomie gerettet worden wären. Daher sollen
auch Kranke mit starker Membranbildung von der
Intubation ausgeschlossen werden. Im Allgemeinen
überwiegen die Yortheile der Intubation die Nach-
theile ganz erheblich.
In Dr. Christ 's Kinderhospital zu Frank-
furt a. M. wird, wie Cuno (13) mittheilt, die
Serumbebandlung energisch gehandhabt, während
«De örtliche Behandlung unterbleibt. Hauptwerth
wird auf kräftige Ernährung (unter Umständen
Sondenfütterung) und Kräftigung des Herzens ge-
legt Die Immunisirung ist aufgegeben worden.
Eb wurden von 1883—1894 1928 Kinder be-
handelt, Ton denen 708 = 36.7% starben, wäh-
rend 1894—1900 von 1257 nur 118 = 9.4%
ZQ Grunde gingen. Von Januar 1899 bis Mai 1899
ergab die Tracheotomie ohne nachweisbaren Orund
sehr schlechte Resultate ; es starben alle Operirten.
Später besserten sich die Verhältnisse wieder.
Obwohl C. nicht im Spitale wohnt, aber telepho-
nisch Tag und Nacht zu erreichen ist, schritt er
zur ESnf&hmng der Intubation. Von 31 Kranken
starben 8 = 25.8^/o. 21 mussten nachträglich
tracheotomirt werden. 4 bekamen Decubitus, einer
starb in Folge von Verlegung der TubenöfTnung
trotz sofort ausgeführter Tracheotomie.
Goodall (14) sammelte seine Erfahrungen
an 101 Kranken, von denen 43 nur intubirt wur-
den. Von diesen hatten 40 Diphtherie (verstorben
8 = 20®/o), 3 einfache Laryngitis (verstorben 1),
44 Kranke wurden intubirt und sekundär tracheo-
tomirt, und zwar 37 Kranke mit Diphtherie (ver-
storben 12 = 32.4%), 4 mit einfacher Laryngitis
(verstorben 2), 3 mit Maserncroup (1 Todesfall).
Die sekundäre Tracheotomie wurde ausgeführt, da
die Intubation versagte 20mal (9 Todesfälle), da
die definitive Extubation unmöglich war 8mal
(4 Todesfälle), weil einige Zeit nach der Extubation
heftige Athemnoth auftrat 8mal (1 Todesfall), da
eine 2. Intubation nicht gelang 3mal (1 Todesfall),
da sich die Tube verstopfte 3mal, wegen Geschwürs-
bildung Imal [hierzu gehören auch einige der zu
zweit angeführten Fälle. Ref.]^ weil der Arzt vom
Dienst nicht intubiren konnte Imal. In 7 Fällen
musste sofort tracheotomirt werden , da ein Ver-
such mit der Intubation misslang. In 7 weiteren
Fällen wurde intubirt wegen erschwerten Decanu-
lements. Wenn die Tuben nicht früher ausgehustet
werden, können sie 36 — 60 Stunden liegen bleiben.
Jeder Kranke, der nach 3maliger Intubation nicht
endgültig extubirt werden konnte oder die Tube
wiederholt aushustete, wurde tracheotomirt Das
Beschlagen der Tuben hält 0. für kein sicheres
Zeichen von Decubitus. Am Schluss bespricht 0.
die Einwände, die gegen die Intubation erhoben
worden sind.
Sehr günstige Erfolge mit der Intubation und
Serumbehandlung wurden nach Sippel (15) in
der Olgaheilanstalt zu Stuttgart erzielt. Er giebt
einen Auszug aus 100 Krankengeschichten wieder.
Die Sterblichkeit betrug lO^/o. 9 Imal wurde nur
intubirt (Mortalität 6.6<^/o)i 9mal sekundär tracheo-
tomirt (Mortalität 44.4<^/o). Verhältnissmässig
günstig waren die Erfolge bei Säuglingen. Bei
Pharynxstenose, Olottisödem, septischer Diphtherie,
Druckgeschwüren muss tracheotomirt werden. Ganz
besonders empfiehlt S. die Intubation als Vorberei-
tung zur Tracheotomie, die bei liegendem Tubus
sehr erleichtert wird. Erhebliche Schluckbeschwer-
den hat er bei seinen Intubirten nicht gesehen.
Verstopfung der Tube durch Schleim kam 5mal,
Hinabstossen abgelöster Membranen Imal, Auto-
extubation 7mal vor. 3mal wurde die Tube nur
zur Hälfte ausgehustet und stemmte sich mit dem
oberen Ende gegen den Rachen , so dass starke
Athemnoth auftrat. Decubitus und Fortdauer der
Stenose nach 5mal 24 Stunden war nicht immer
eine Indikation zur sekundären Tracheotomie. Man
kam oft mit fortgesetzter Intubation aus.
Bosan (16) behandelte mit Serum und Intubation
40 Kinder mit diphtherisoher LarynxBtenose. 32 wurden
nur intubirt (4 Todesfälle), 8 nachträglich tracheotomirt
(3 Todesfälle). Von den letzteren hatten 3 Trachealcroup.
2 davon erlagen einer Pneumonie. Ein 3. Rind starb
einige Monate später an einem Recidiv. Von den 4 ohne
94
YUI. Ghinirgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
Erfolg Intubirtea waren 3 überhaapthoffnuDgslos erkrankt
3 warden zwar von ihrer Stenose befreit, gingen aber
doch zu Grande, eins davon an Scharlach. Bei schwie-
riger EmShrang empfiehlt B. Sondenfätternng and Nähr-
klystiere. Erschwerte Expektoration lässt er anregen
durch häufiges Trinken eines Schluckes Wasser, bei zähem
Sekret durch Jodkalium.
Far dieEinfQhrung der Intubation in die Privat-
praxis tritt Trumpp(17) ein. Er hat eine kleine
SammelforschuDg angestellt, die ergab, dass von
89 Aerzten 20 keine Erfahrungen über die Intu*
bation beeassen, während sioh 68 für, 11 gegen
den Eingriff im Privathause ausspradien. Von
42 europäischen Aerzten wurden 5468 Kranke
ausserklinisch intubirt Von diesen wurden ge-
heilt in der Vorserumperiode 46.36<^/o, in der
Serumperiode 82.04^/g. Aus Amerika berichteten
13 Aerzte über 4066 Fälle. Es wurden ohne
Serum 31.5<^/o, mit Serum 81.5<^/q Heilungen erzielt
In 13 Fällen trat der Tod ein in Folge mangelnder
Ueberwaohung. Tr. hält sich zur Aufstellung
folgender Sätze für berechtigt : 1) Jeder Arzt, der die
allgemeine Praxis treibt, soll die Intubation lernen.
2) Sie ist unbedingt angezeigt bei Erstickungs*
gefahr. Sie muss daher ausgeführt werden, wenn
keine Zeit zur Tracheotomie ist oder diese ver-
weigert wird. 3) In anderen Fällen ist der Arzt
berechtigt, eine Hausintubation vorzunehmen und
im Nothfalle selbst ohne die Einrichtung des ärzt-
lichen Permanenzdienstes durchzuführen : a) wenn
der Transport des Kranken in das Spital nicht
möglich ist; b) wenn die Angehörigen über die
Vorzüge und Gefahren der blutigen und unblutigen
Operation aufgeklärt sind und sich für die Intu-
bation entscheiden (I); c) wenn gute Verkehrs*
mittel vorhanden sind und der Arzt längstens
binnen einer Stunde an das Krankenbett geholt
werden kann.
M a r X (18) hält sich nach 3 (I) glücklich abgelaufeneu
Fällen ebenfalls für berechtigt, die lotubatioo zur Ein-
führung in das Privathaus zu empfehlen.
Mit den Intubationstenosen beschäftigt sich
Ritter (19) nach seinen in der Qanghofner'-
schen Klinik gesammelten Erfahrungen. Er führt
aus, dass Atresien des Kehlkopfes entstehen:
1) durch den diphtherischen Process an sich;
2) nach der Tracheotomie, häufiger nach Intubation
mit nachfolgender Tracheotomie. Er theilt fol-
gende Beobachtung mit.
16 Monate alter Knabe mit Stenose, die mit Smaliger
Intubation behandelt wurde. Da die Pausen zwischen
den einzelnen nöthigen Intubationen immer kleiner wur-
den, sekundäre Tracheotomie. 4 Tage später vergeblicher
Intubationversuch. Das Kind starb nach 5monatigem
Spitalaufenthalt an Masern. Bei der Sektion fand sich
die Eehlkopfschleimhaut unterhalb der Stimmbänder
narbig verändert. Am unteren Ende des Kehlkopfes be-
stand eine 2 mm lange vollständige Obliteration.
R. stellt 9 ähnliche Fälle aus der Literatur
zusammen. Aus den Erfahrungen geht hervor,
dass die sekundäre Tracheotomie bei Decubitus des
Kehlkopfes die Obliteration begünstigt. Man ist
daher jetzt in der Qanghofn er 'sehen Klinik zu
folgendem Verfahren gelangt: Wenn nach 3nuü
24 Stunden die definitive Extubation nicht mög-
lich ist, so wird 1 — 2 — 3mal für je 24 Stunden
der Tubus eingeführt Besteht dann die Stenose
noch fort, so wird der entsprechende Bo^etiz^'sche
Tubus eingeführt, der 3 Tage liegen bleibt Kann
auch dann noch nicht extubirt werden, so wird
der nächst kleinere ^^eiia^'ache Tubus 5 Tage
liegen gelassen, und das wird bis zur endgültigen
Detubage mehrere Male wiederholt
J. V. Bökay (20) theilt 5 Krankengeschichten
mit, an denen die günstige Wirkung der 0 ' D w y er '-
sehen Alaun-Oelatine-Broncetuben auf den Intuba-
tiondecubitus erläutert wird. v. B. empfiehlt die
Methode dringend.
Pels-Leusden (21) berichtet über 3 Fälle von
Intubationstenosen, in denen König die Resektion des
obliterirten Stuckes vorgenommen hat 2 Kinder genasen,
eins ging 4 Wochen nach der Operation in einem plötz-
lich einsetzenden Erstickungsan falle zu Grunde. P.-L
beschreibt genau die Technik des Verfahrens, sowie der
unter umständen nothwendig werdenden Plastik bei zu-
rückbleibenden Defekten in der vorderen Trachealwand.
Folg er (22) bespricht systematisch die Ur-
sachen des erschwerten Decanulements, die er ein-
theilt in mechanische und funktionelle. Die hau«
figste der mechanischen Ursachen ist die Bildung
von Granulationen in der Umgebung der Wunde,
zu denen rhachitisohe Kinder besonders geneigt
sind. Hieran sohliessen sich die aus den Granulatio-
nen hervorgehenden narbigen Stenosen an. Seltener
sind Formänderungen der Trachea (Vorbuchtung
der hinteren Trachealwand in Folge des Zugee der
auseinander gedrängten Knorpel bei zu kleinem
Schnitte, inspiratorische Ansaugung der vorderen
Wand nach Entfernung der Kanüle bei zu grossem
Schnitte und weichen Knorpeln, Störungen durch
Bildung von nachgiebigem Narbengewebe bei para-
medialem Schnitte und Nekrose der Knorpelenden
oder durch Unterschieben der kürzeren Knorpel-
enden unter die längeren mit nachträglicher Fixi*
rung in dieser Stellung, Rückwärtsdrängen der
oberen Trachea durch den Druck schlecht sitzender
Kanülen). Den Uebergang von den mechanischen
zu den funktionellen Stenosen bilden die Schwel-
lung der subchordalen Schleimhautpartien und die
chronische Chorditis inferior. Bei sekundärer Tra-
cheotomie wird das erschwerte Decanulement meist
verursacht durch Tubendecubitus, der erzeugt wird
durch unpassende Tuben bei zu langer Dauer der
Intubation. F. führt, wenn nach 80 Stunden die
endgültige Extubation nicht mOglich ist, die
sekundäre Tracheotomie aus. Zur Verhütung des
Decubitus erscheint es wichtig, die Pausen zwi-
schen den einzelnen Intubationen möglichst gross
zu machen. Sehr erschwert wird das Decanulement,
wenn sich aus Tubendecubitus narbige Verftnde-
rungen entwickelt haben. Die funktionellen Ur-
sachen des erschwerten Decanulements beruhen
zum Theil auf organischen oder (häufiger) auf
Inaktivitätparalysen der Kehlkopfmuskulatur, zum
Vlll. Chirurgie, Angen- und Ohrenheilkunde.
95
Theil auch auf der psychischen Erregung der
Kranken. F. geht dann auf die Symptome und
die Behandlung ein. Liegen Hindernisse oberhalb
oder im Niveau der Traohealwunde vor, ist eine
Qewohnheitparese vorhanden, so wird am besten
sekundftr intubirt Auf alle Fälle wird die Wunde
offen gehalten durch Drainrohre, Bougies, StOpsel»
kanülen oder kurse, leicht gebogene, verstellbare
Kanülen mit abgeschrfigtem trachealen Ende. Nur
selten werden die Granulationen so gross, dass sie
operativ entfernt werden mfissen. Yerhfitet wird
das erschwerte Decanulement am besten durch
eine richtige Schnittfflhrung, baldigen Versuch des
Decanulements, Benutzung von Kanülen mit ver-
schiedenem Krümmungsradius.
K n Ö 8 p 6 1 (23) beschreibt die Leidensgesohichte eines
IV^jihr. Kindes mit einer Granalationstenose nach pri-
märer Tracheotomie. Da Bougiren und Intabiren keinen
Erfolg hatten und schliesslich eine winklige Abknickang
der Trachea festgestellt wurde, wurde das Hinderniss
operativ entfernt Kn. glaubt, dass die Oranalation-
stenose aus einem diphtherischen, nicht ans einem
Decubitusgeschwür entstand. Für die Abknickung der
Trachea musste die seitliche Anlegung des Schnittes ver-
antwortlich gemacht werden.
Y. Ranke (24) hatte bei 900 Intubirten nur
5mal nach sekundärer Tradieotomie Granulom-
bildong. Er beschreibt, wie bei Entfernung der
Granulome von der Wunde aus das Decanulement
durch seitweise Intubation unterstützt wurde.
3 Kinder genasen, 2 starben an Gastroenteritis,
bez. Tuberkulose. Bei ersterem fand sich im rech-
te Ventriculus Morgagni noch eine kleine poly-
pöse Wucherung, bei letzterem bestanden keine
Granulome mehr, hingegen ein Geschwür im Kehl-
kopfe.
Landouzy hat behauptet, dassTraoheotomirte
zu Tuberkulose disponirt seien. Nachforschungen,
die Trumpp (25) nach dieser Richtung hin an-
stellte, ergaben, dass für Deutschland die Behaup-
tung von Landouzy keine Geltung hat, dass
jedoch ein nicht unerheblicher Procentsatz der
Tracheotomirten und auch der Intubirten an Folge-
erscheinungen leidet Man muss suchen, die Ope-
rationen noch mehr zu vermeiden und ihre Technik
ni verbessern.
Auch Pfaundler (26) konnte feststellen,
dass nach der Tracheotomie recht viele Patienten
I Besfurationstörungen behalten. Das Gleiche gilt
nicht für die Intubirten.
Trumpp (27) berichtet femer über Versuche, die
er mit Backsicht auf die Yerbesserong der Tuben an-
stellte. Sie sind noch zu keinem Abschlüsse gelangt.
Er hofft, dass die von ihm construirten elastischen Tuben,
die jedoch noch einiger Verbesserungen bedürfen, be-
rufen sein werden, den Decubitus zu vermeiden.
Collet (28) hat einen Apparat erfanden, der die
Extabation vermittelst eines Elektromagneten ermöglicht
Kuhn (29) empfiehlt die von ihm angegebene
«perorale* Intubation vermittelst eines biegsamen Metall-
tchlaackse und macht Prioritfttansprüohe geltend.
Endlich sei die Abhandlung von Spiegel-
berg (30) empfehlend erwähnt, in der die Ur-
sachen und die Behandlung der Eehlkopfsteno-
sen im Eindesalter zusammenfassend besprochen
werden.
124. Bin Beitrag sur Eenntnisa der Be-
aiehnngen der akuten Miliartuberknloae anr
Operation tuberkulöser Ly mphomata colli ; von
Dr. H. W i 1 1 m e r. (Beitr. z. klin. Chir. XXXIIL 3.
p. 788. 1902.)
W. giebt zunächst einen Ueberbliok der bis-
herigen Anschauungen über die Aetiologü der akuten
Müiarit4berkulo8B, die sich in folgenden Sätzen zu-
sammenfassen lassen : Es giebt heine Miliartuber-
kulose ohne primären Herd. Dieser muss auf ein
Oeßlss entweder durch direkte Continuität oder
mittels einer Intimametastase übergreifen. Bezüg-
lich der weiteren Frage: Wann kommt es zum
Uebergreifen auf ein Qefäss und wann hat das
tuberkulös inficirte Oefftss akute Miliartuberkulose
im Oefolge, sind es namentlich zwei Momente, die
eine, wenn auch nicht vollständig befriedigende
Antwort geben: 1) Die individuelle Disposition,
2) alle jene Vorgänge, die auch sonst einen Ein-
fluss auf die akutere Ausdehnung eines tuber-
kulösen Herdes ausüben. Hierher gehören be-
sonders die Operationen tuberkulöser Erkrankungen
mit nachfolgender akuter Miliartuberkulose. Der
Infektionmodus kann hier ein verschiedener sein
und wird sich nur in den wenigsten Fällen mit
Sicherheit feststellen lassen.
Eine eigenartige Sonderstellung, und zwar so-
wohl bezüglich ihres Verhältnisses zur apontan
wie auch zur postaperaiiv auftretenden Miliartuber-
kulose nehmen nun nach W.'s Ansicht gerade die
tuberkuiaeen Lymphome des Balees ein. Sie ist
lediglich durch die topographischen Verhältnisse
bedingt, und zwar durch die nahen Beziehungen
der Halslymphdrüsen zu den grossen Blut- und
Lymphgefitosstämmen. Merkwürdiger Weise hat
W. in der ihm zur Verfügung stehenden Literatur
keinen einzigen Fall von Impftuberkulose nach
Exstirpation tuberkulöser Lymphomata colli auf-
finden können. Er theilt deshalb aus der Heidel-
berger chirurgischen Klinik drei typische Fälle
dieser Art mit, die in den Jahren 1898 — 1901 be-
obachtet wurdtti.
Trotz dieser allerdings vollkommen vereinzelt
dastehenden Beobachtungen steht W. auf dem
Standpunkte, dass die Exstirpation die wirksamste
und empfehlenswertheste Behandlungsmethode der
Lymphomata colli ist, die grundsätzlich angestrebt
werden muss. Dabei sollte allerdings der kranke
Körper mit einer prophylaktischen antituberkulösen
Behandlung besonders darauf vorbereitet werden,
dass er dem mehr oder minder sicher zu er-
wartenden Eindringen einzelner tuberkulöser Theil-
chen gerüstet begegnen kann. Die Exstirpation
der tuberkulösen Halslymphdrüsen ergiebt 52.4 —
54.00/0 Dauerheilungen. Bei 80.0^/o der Phthisen
war die Operation für die Lungentuberkulose von
günstiger Bedeutung. P. W a g n e r (Leipzig).
96
Vm. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
125. Ueber die Taberknlose der m&nn-
liehen Qesohleohtsorgane ; von Prof. v. BQng-
ner. (Beitr. z. klin. Chir. XXXV. 1. p. 1. 1902.)
Vor 9 Jahren hat y. B. seine Methode der
Casiration mii Evtdsion des Vas defereru (sogen.
hohe CaaircUion) bekannt gegeben. „Da die hohe
Castration gegenüber dem bisher fiblichen älteren
Verfahren den Vortheil der grosseren Heilungs-
chance bietet) dQrfte es sich empfehlen, die tiefe
Castration in jedem Falle Ton männlicher Qenital-
tuberkulose durch die hohe Castration zu ersetzen.
Nachdem ferner einige Bedenken , die anfangs
gegen die Evulsionsmethode der hohen Castration
erhoben wurden, zu Folge der jetzt sehr viel
grösseren Erfahrungen haben zerstreut werden
können, wird es angezeigt sein, die hohe Castra-
tion in der Regel durch Evulsion des Vas deferens
und nur ausnahmsweise (in besonders vorgeschrit-
tenen Fällen) durch blutige Exstirpation desselben
unter Controle des Auges vorzunehmen.*^ Selbst-
verständlich wird aber nur Der den Nutzen der
hohen Castration gegenüber der älteren Methode
anerkennen, der mit v. B. der Ueberzeugung ist,
dass die Tuberkulose des Samenleiters gewöhnlich
vom Nebenhoden aus in aufsieigender Richtung
sich verbreitet In neuerer Zeit hat die Ansicht
einer aaeendirenden Verbreitung der OenitaUuber-
kidoee augenscheinlich immer mehr Boden ge-
wonnen. Am entschiedensten haben sich für sie
V. Bruns und seine Schule, sowie v. Baum-
garten ausgesprochen.
Die Gesammtzahl der Fälle v. B.'s beweist,
dass in den meisten Fällen von Tuberkulose der
männlichen Geschlechtsorgane entweder der Neben-
hode allein oder mit diesem der Samenleiter er-
krankt ist, dass ferner der Nebenhode der erste
und am ausgedehntesten ergriffene Theil zu sein
pflegt und dass in einer Reihe von Fällen im An-
schlüsse an den Nebenhoden der Hode, sehr viel
häufiger aber das Vas deferens erkrankt, dessen
Erkrankung sich gewöhnlich mit derjenigen des
Nebenhodens combinirt findet. Die Erfahrungen
V. B.'s sprechen ferner dafür, dass die Oenital-
tuberkulose des Mannes ausserordentlich häufig
nach vorangehender Lungentuberkulose auftritt.
Liegen Fälle von Urogenitaltuberkulose vor,
so ist die Tuberkulose des Oenitalapparates zwar
oftmals sekundär, aber dieserhalb durchaus noch
nicht gewöhnlich in absteigender Fortentwickelung,
also nicht in direktem Anschlüsse an die Tuber-
kulose der Hamorgane zu Stande gekommen, son-
dern es entsteht höchstwahrscheinlich auch hier,
wenn beispielsweise primär die Niere erkrankt
war, gerade wie bei der isolirten Qenitaltuber-
kulose zuerst der Herd im Nebenhoden und von
diesem aufsteigend die Erkrankung des Samen-
leiters.
Zur EadikaU)ehandlung der auf den Hoden und
die Hodenhälfte des Samenleiters beschränkten
Tuberkulose empfiehlt v. B. die hohe Castraiion,
zur Behandlung der über den ganzen Oenitaltractus
einschliesslich der Samenblase und Prostata ver-
breiteten Tuberkulose in erster Linie die inirar
eanalikuläre Jodoformglycerm-Injektion allein oder
in Verbindung mit der hohen Castration und erst
in zweiter Linie die operative Ausrottung des
Genitaltractus einer Seite auf der ganzen Länge
seines Verkufes. Die technisch sehr einfache
Injektion in das Vas deferens hat v. B. erst experi-
mentell geprüft und dabei gefunden, dass es in
dieser Weise in jedem Falle gelingt, den Oenital-
tractus in ganzer Länge und vollständig mit In-
jektionmasse zu füllen. Am Lebenden hat v. B.
dieses neue Verfahren bis jetzt 3mal in Anwen-
dung gebracht, und zwar anscheinend mit sehr
günstigem Erfolge.
Der Arbeit sind 11 Krankengeschichten und
3 Tafeln mit Abbildungen beigegeben.
P. Wagner (Leipzig).
126. Zur Castration bei Hodentuberkulose;
von Dr. L. Berger. (Arch. f. klin. Chir. LXVIII.
4. p. 915. 1902.)
Auf Orund genauer pathologisch-anatomischer
und experimenteller Untersuchungen haben in
neuerer Zeit namentlich Bruns und Baum-
garten die Berechtigung der Castration bei der
Uodentuberkulose nachgewiesen.
B. berichtet aus der Chirurg. Abtheilung von
Trzebicky über 50 Kranke mit Hoden-, bez.
Nebenhodeniuberkuloee , von denen 35 einseitig,
9 doppelseitig castrirt wurden. Von den 43 ein-
oder beiderseitig Castrirten sind 26 = QOÄ^j^ bis
jetzt gesund geblieben. „Wiewohl diese Zahlen
uns zur Lösung der so gewichtigen Castrations-
frage bei der Hodentuberkulose gar nicht berech-
tigen, sprechen sie doch toenigsiens nicht gegen diese
Operation}*' P. Wagner (Leipzig).
127. Ueber die Enderfolge der operatiTen
Behandlung bei Ooxitis tuberoolosa ; von Dr. '
W. Manninge r. (Deutsche Ztschr. f. Chir. LX V.
1. p. 1. 1902.)
Die aus der Eocher'schen Klinik stammende
Arbeit stützt sich auf 44 Fftlle tuberkulöser Ooacüis;
hierzu kommen noch aus früheren Statistiken dieser
Klinik (Zehnder, Quinand)23, bez. 40 Resek-
tionen, so dass das Oesammtmaterial 107 Resek-
tionen ausmacht.
In allen Fällen wurde die Resektion mittels
des Koch er 'sehen hinteren Winkelschnittes ge-
macht. Die Nachbehandlung bestand io einer durch
Wochen fortgesetzten Extension in abducirter Stel-
lung. In den späteren Fällen wurde nebst der Bx*
tension ein bis zum Knie reichender Gipsverband für
die ersten Wochen angelegt Je nach dem Heilungs-
yerlaufe wurde nach durchschnittlich 3 Wochen mit
den Bewegungsübungen angefangen, und zwar
Gewicht darauf gelegt, nur aktive Bewegungen zu
gestatten.
Vm. Ghirorgid, Augen« und Ohrenhoilbinde.
97
Was dxeEndremUate anlangt, so konnte M. von
seinen 44 Kranken nur von 3 keine weitere Nach-
richt «-halten. Yon den 41 Kranken sind gut ohne
Fisteln geheilt 16; geheilt nach Fisteleiterung oder
Nachoperation 7, gutes Allgemeinbefinden, ab und
za lädite Fisteleiterung zeigen 4 Kranke. Profuse
Eiterung oder sohlechtes Allgemeinbefinden be-
steht bei 5 Kranken, gestorben sind 9 Kranke. Im
Otnzen et^en 67Vo gute 33% schlechten Bteul-
titen gegenflber.
Weniger gfinstig sind die funktionellen Erfolge,
und zwar meist wegen ungenflgenderNaohbehand-
long. Die Verhältnisse der Röntgenuntersuchung
weisen darauf hin, dass das Hauptgewicht bei der
Nachbehandlung auf dauernd zu erhaltende gute
Stellung gerichtet sein muss, dass das Foroiren
von ausgiebigen Bewegungen, sobald es auf Kosten
der guten Stellung geschieht, zu vermeiden ist,
dass man sobald als möglich eine funktionelle Be-
lutong des Beines erstreben muss, den besten
physiologiachen Reiz, der das Ausbleiben der
Atrophie hintanh<, und die Atrophie der Muskeln
▼erhatet Viel gfinstiger sind die Resultate, wenn
man nur vor Augen hält, inwiefern man durch
die Operation ein gebrauchffthiges Bein eiiialten
konnte. Fast alle Kranken können ihrer Arbeit
nachkommen; im Hause gehen sie meist ohne
Unterstützung, um zu längeren Ausgängen einen
Stock zu Hülfe zu nehmen. Einige machen Stun-
den lang dauernde Bergtouren, ohne Schmerzen
oder Ermüdung zu spüren, und dies trotz der nicht
unbeträchtlichen Verkürzung und Contraktur.
Die Indikaiian zur operativen Behandlung bilden
in erster Linie Knochenerkrankung und Eiterungen,
namentlich wenn es sich um weniger gut Situirte
handelt, für die es eine Lebensfrage ist, bald auf
die Beine zu kommen. Hier ist eine consequente
oonservative Therapie meist undurchfQhrbar. Fistu-
löse Processe und sekundäre Luxation des Kopfes
sind zwingende Anzeigen zur Operation.
P. Wagner (Leipzig).
128. Die Taberkvloee der Sohambeinsym*
physe; von Dr. P. Herz. (Deutsche Ztschr. f.
Chir. LXIV. 1—3. p. 217. 1902.)
H. theilt 2 eigene Beobachtungen von Sym-
pkyeeniuberkuloee mit ; in der Literatur finden sich
nur 6 hierher gehörige Beobachtungen. Von den
8 Kranken waren 4 Männer, 4 Weiber; das Alter
schwankte zwischen 16 und 73 Jahren. Das ana^
tomische BUd, das die Symphysencaries in allen
bisher beobachteten Fällen darbot, war das der
eiterigen Qewebeeinschmelzung unter Bildung von
Sequeetera. Die Absoesee seigten die Eigenschaften
sqgen. kalter Absoeese und lagen scheinbar supra«
symphysfir. Der Verlauf der Symphysenluber-
kttloee ist ausserordentlich chronisch ; die I^'ognoee
qQoad vitam et fnnotionem ist bei richtiger Be-
handlung sehr gut Die Stellung der richtigen
Diagnoee ist in den Anfangstadien sehr schwierig.
Med. Jahrbb. Bd. 279. Hft 1.
weil weder charakteristische subjektive, noch ob-
jektive Symptome vorhanden sind. Leichter wird
die Diagnose erst, wenn es zur Bildung von Ab-
scessen, und zwar, wie es ja meist der Fall zu sein
scheint, zur Bildung suprasymphysärer Abscesse
kommt, die allerdings öfters mit irreponiblen
Leistenhernien oder Lipomen verwechselt worden
sind. Therc^imUiaeh kommt bei der Symphysen-
tuberkulose nur eine möglichst energische, ope-
rative Entfernung der erkrankten Partien in Frage,
die am besten ausgeht von einer Freilegung des
Herdes mittels suprasymphysären Querschnittes.
P. Wagner (Leipzig).
129. Die Behandlung der Spina ventoaa
mittelat flreier Autoplaatlk; von Dr. C. Timann.
(Beitr. z. klin. Ghir. ZXXVL 1. p. 189. 1902.)
Das klinische Bild der Spina ventoea, d. h. die
mehr oder weniger spindelförmige Auftreibung der
kleinen Schaftknochen an Hand und Fuss ist be-
kanntlich fast stets durch käsig tuberkulöse Osteo-
myelitis, bei Weitem seltener durch Lues, akute
Osteomyelitis oder Tumoren bedingt Die Behand-
lung dieser mit Vorliebe das kindliche und jugend-
liche Alter betreffenden Erkrankung ist sehr ver-
schieden. Auf Grund der von Müller (Aachen-
Rostock) ausgeführten Operationen bespricht T. die
Behandlung der Spina veniosa mittels freier Atäo-
plaetik. Das sehr einfache Verfahren ist für alle
Fälle anwendbar, in denen die typische DiapA^xen-
erkrankung der Mittelhand, Mittelfuss- und Pha-
langenknochen vorliegt, während dieOelenkenden-
erkrankungen ein Objekt für diese Methode nicht
abgeben oder wenigstens nur für den seltenen Fall,
dass Dia- und Epiphysen erkrankt sind. Das Ver-
fahren ist kurz folgendes.
In Blutleere wird die erkrankte Diaphyse (je früher
im Stadium der Erkrankung, um so besser) total exstirpirt,
meist mit dem Periost ; der so entstandene Defekt wird
durch ein entsprechend grosses, besser, noch grösseres
Stüok aas dem unteren Ende der Ulna ersetzt Dieses
Stück, etwa Viom breit and 2 — 3 mm dick, wird sorg-
föltig mit dem zagehöri£^en Stück Periost mittels eines
feinen Meisseis ans der freigelegten Partie des äusseren
Ulnarandes entnommen, unter möglichster Extension
des Fingers wird es zwischen die stehen gebliebenen Ge-
lenkenden eingepflanzt Die Wundhöhle wird mit Jodo-
form bestreut und die Längswunde sogleich durch Naht
geschlossen. Beide Wunden werden durch einen Ver-
band verbanden.
T. theilt 12 Operationen mit; in sämmtlichen
Fällen wurden vor und nach der Operation, sowie
im weiteren Verlaufe in gewissen Zeitabständen,
Bimtgenaufhahmen angefertigt. Wofern es gelingt,
die zurückbleibende Höhle gründlichst von tuber-
kulösen Granulationen zu säubern und aseptische
Verhältnisse herzustellen, heilt .das imphintirte
Knochenperioststüok ziemlich rasch und dauernd
ein. Die Funktion der Finger bleibt meist recht
gut Im Laufe des Gebrauches formt sich der Er-
satzknochen immer mehr um und nimmt schliess-
lich nach 3 — 5 Monaten eine Form an, die dem er-
setzten Knochen täuschend ähnlich wird. Eine
13
98
Vin. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
Yorschrif t ist bei der Operation sehr zu beachten :
Je jQnger der Kranke ist, um so grosser muss das
Ersatzstück genommen werden.
P. Wagner (Leipzig).
130. Ueber metastatiaohe Bindehautent-
Bfindmig bei Qonorrhöe ; von Dr. K u r k a. (Wien,
klin. Wohnschr. XV. 40. 1902.)
EL berichtet aus der F u o h s 'sehen ELünik über
2 typische Fälle dieser sehr seltenen Gonorrhüe-
Complikation. Im Zusammenhange mit einer akuten
Urethra -QonorrhOe äusserte sich gleichzeitig in
beiden Augen 10, bez. 14 Tage nach dem Auftreten
der HamrOhrensekretion eine heftige Entzündung;
dieConjunctiva war stark injicirt, mit schleimigem
Sekret bedeckt, leicht chemotisch, aber nicht infil-
trirt In dem einen Falle bestand daneben eine
starke plastische Iridocyditis. Beide Male waren
Gonokokken nicht nachzuweisen, auch nicht in
den Schnittpräparaten, die aus dem Conjunctiva-
gewebe des einen Auges hergestellt wurden.
K. findet in der Literatur nur 20 Fälle, die
den seinen nahe stehen. EUervon blieben nur4mal
die Processe auf die Conjunctiva beschränkt, die
übrigen Fälle waren complicirt mit Erkrankungen
der Hornhaut, der Iris, des Ciliarkörpers oder der
Qelenke. Bei Behandlung mit 2proo. Argentum
nitricum erfolgte gewöhnlich in 10 — 14 Tagen
die Abheilung der Conjunctiva. Von differential-
diagnostisch in Betracht kommender Ophthalmo-
blennorrhoe und akutem Bindehautkatarrh unter-
scheidet sich die Erkrankung besonders durch die
schleimige Sekretion, den Mangel an Gonokokken,
die tiefe episklerale Injektion und die meist gleich-
zeitig bestehenden anderen gonorrhoischen Meta-
stasen (Iritis, Polyarthritis).
Bergemann (Husum).
131. Tbree oases of different forma ofoon-
genital syphilitic diaeaae of the eye ooonrrinig
in the aame family, with remarka thereon ; by
J. Hinsheiwood. (Glasgow med. Journ. LIX.
4. p. 261. 1903.)
H. beobaohtete bei 3 Qesohwistern aoaser anderen
speoifischen Symptomen 3 verschiedene Formen heredi-
tärer Syphilis am Auge : bei einem 14jähr. Mädchen die
Rückstände einer Keratitis und Iritis, bei einem 12jähr.
Knaben Retinitis und bei einem 9jähr. Knaben Chorioi-
ditis. Die 19 Jahre alte Schwester and 2 jüngere Ge-
schwister von 3, bez. l^i Jahren waren frei von syphi-
litischen Veränderungen ; ebenso die 45jähr. Matter, die
ausser diesen 6 Kindern noch 3 geboren hatte, die todt
zur Welt kamen, und 2, die nur 2 Monate, bez. 2 Stunden
lebten. Der Vater konnte nicht untersucht werden. H.
führt die Infektion der Kinder auf das väterliche Sperma
zurück. Das Freibleiben der Mutter von sichtbaren
syphilitischen Erkrankungen erklärt er sich durch eine Art
von Immunität, die durch die verschiedenen Schwanger-
schaften zu Stande kam. Bergemann (Husum).
132. Ueber Paeudotaberkoloa« und gut-
artige Taberknloae des Angea mit beaonderer
BerüokBiohügaiig der binooalannikroakopi-
aohen üntemuohanganMthoda; von Dr. Star-
gar d t. (Arch. f. Ophthalmol. LY. 3. p. 469. 1903.)
St bezieht die werthvollen klinischen Befunde,
die er bei verschiedenen Erkrankungen des vor-
deren Bulbusabschnittes machen konnte, auf die
besondere Leistungsf&higkeit des verbesserten
Z e i 8 'sehen Binocular- Mikroskops. Er verwandte
die starke (35fache) YergrOsserung mit Ooular U
und Objektiv von 30 mm Brennweite. Bei Be-
nutzung der neuen Erleuchtungseinrichtung ge-
lang es ihm mit dieser VergrOsserung u. A. ausser
der BlutstrOmung in den oberfl&chlichen Gonjuncti-
val-QefSssen auch die BlutstrOmung im Band-
schlingennetze der Hornhaut und streckenweise
Hornhautnerven zu erkennen. S t's klinische Be-
obachtungen betreffen 4 Erkrankungen des vorderen
Augenabschnittes durch Baupenhaare, eine durch
eine Oetreidegranne und 8 Fftlle von gutartiger
Tuberkulose. Ein lAngerer Abschnitt beschäftigt
sich mit seinen ausführlichen Studien über das
Wesen der Baupenhaarerkrankungen des Auges.
S t's Deutung interessanter, zur Zeit bisher nicht
wahrgenommener Befunde, sowie der Mechanik und
Pathogenese der £[ftrchenerkrankungen Usst sich
in einem kurzen Auszuge leider nicht erschöpfend
wiedergeben.
Die beachtenswerthen Mittheilungen verdienen
jedenfalls weiteres Interesse und ergänzende Nach-
prüfungen vor Allem durch anatomische Unter-
suchungen. Bergemann (Husum).
133. Speoielles und Allgemeines snr Frage
der Angentaberkoloae ; von Dr. Aschheim.
(Samml. zwangL Abhandl. a. d. Geb. d. Augenhkde.
V. 2. 1903.)
In der ühthof fachen Klinik wurden meh-
rere tuberkuloseverdächtige Lid- und Bindehaut-
erkrankungen anatomisch und bakteriologisch, so-
wohl culturell, als auch durch den Thierversuch
genauer studirt, und zwar 3 Fälle von sicherer
Tuberkulose, 1 Fall von wahrscheinlicher Tuber-
kulose und 2 von scheinbarer Tuberkulose; ausser-
dem 16 Chalazien.
Mit Berücksichtigung der zuständigen Literatur
kommt A. zu etwa folgendem Schlüsse: Gewähr
für Tuberkulose leisten nur der Nachweis von
Bacillen und das positive Thierexperiment ; mit
grosser Wahrscheinlichkeit auch das anatomische
Bild und positive Tuberkulininjektion ; das klinische
Bild allein berechtigt nicht zu einer bestimmten
Diagnose; denn es kann eben so wohl ein nicht
tuberkulöser Process unter dem Bilde der echten
Tuberkulose sich äussern, als wahre Tuberkulose
ohne charakteristische äussere Merkmale sich ent-
wickeln. Bergemann (Husum).
134. Fanophthalmitis taborouloas in paar»
perio; von W. Lüttge. (Arch. f. Ophthalmol.
LV. 1. p. 53. 1903.)
Die sehr seltene Erkrankung, die in gleicher
oder ähnlicher Weise bisher in der Literatur noch
nicht beschrieben ist, kam am 17.Jalil899 in der
Leber 'sehen Klinik zur Beobachtung.
Vm. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
99
£ui6 Sljähr. Frau, die mit Ansnahme einer vor meh-
roreo Jahren überstandeDeD [tuberknlösen?] Drüsen- und
Knocheneiterang gesund gewesen sein wollte, erkrankte
6Tkge nach der 4. Niederkunft und bis dahin regelrechtem
Wochen bettrerlauf mit Schüttelfrost und hohem Fieber.
Am nächsten Tage Wohlbefinden. Am 8. Tage post partum
wurde das rechte Auge geröthet, 3 Wochen später blind.
7 Wochen nach der Niederkunft (17. Juli 1899) wurde
bei der 1. Untersuchung in Heidelberg diagnosticirt :
Ftoophthalmititis puerperalis mit folgendem Befund:
Rechts Amaurose, starkes Lider- und Bindehautodem,
Vergroaaerung und Yortreibung des Bulbus, üefrothe In-
jektion, Drucksteigerung, rauchig getrübte Hornhaut,
weite Pupille, hintere Synechien, gelblicher Reflex aus
der Tiefe. Linkes Auge gesund. Nach 3 Tagen Durch-
bruch von Eiter unter die Go^junctiva. Am 21. Juli
Eoncleation. Die genauere Untersuchung des kranken
Inges führte nun zu der überraschenden Thatsaohe, dass
die klinische Diagnose PanOphthalmitis puerperalis (meta-
statica) nicht, wie irrthümüchyorausgesetzt wurde, durch
den Nachweis eines der bisher bekannten Erregers puer-
peraler Sepsis (Streptococcus, Staphylococcus aureus,
«Diplococcus') besttttigt werden konnte. Vielmehr han-
delte es sich um spednsch tuberkulöse Prooesse. Neben
reicblichen Riesenzellen konnte in der Uvea ein typischer
Tuberkel nachgewiesen werden. Die bakteriologische
Untersuchung war anfangs erschwert durch Missungen
der Deokglaspraparate und des Cultunrerfahrens. Auch
io den Celloidinschnitten waren Tuberkelbacillen nicht
aufzufinden; erst nach Umbettung in Paraffin konnten
spiriiche Tuberkelbacillen auch im Gewebe erkannt wer-
I den. Ausgezeichnete positive Resultate gab der Thier-
versuch. Das Kaninchen, dem Eiter in die vorderen
Augenkammem injicirt worden war, erkrankte an typischer
\ hnpftaberkulose beider Augen. In beiden Augen und
Longen massenhaft Tuberkelbacillen nachweisbar. ^1 4 Jahr
I spiter starb Pat. an „Gehirnhautentzündung^. Eine
I Sektion fand nicht statt. Ein Zusammenhang zwischen
I der Augenerkrankung und dem Wochenbette scheint un-
I zweifelhaft zu bestehen. Ueber den primftren Sitz der
i Krankheitkeime aber lässt sich mit Sicherheit nichts fest-
stellen. Die zugehörige Literatur ist ausführlich heran-
gezogen. Bergemann (Husum).
135. Die Taberknlose dea Sehnenren-
stammes; von Prof. v. Michel. (Münchn. med.
Wchnadir. L. 1. 1903.)
M. giebt auf Orund eigener und zugehöriger
BeohachtuDgen Anderer ein anschauliches Bild der
klinischen und anatomischen Verhältnisse bei der
Taberkulose des Opticus. Die Erkrankung befällt,
Torzugsweise im Kindesalter, den Sehnerv in allen
seinen Theilen mit den mannigfachsten Aeusse-
nragen der Tuberkuloee und erzeugtje nach Stärke,
Lage und Umfang des Prooesses verschiedene
Bintergrandveränderungen und SehstOrnngen. Am
hiufigsten findet sie sich in den Meningealhäuten
des Opticus als Fortsetzung einer Meningitis tuberc.
oerebri. In demselben Zusammenhange wurde sie
auch an der Durchtrittstelle des Opticus durch das
Foramen opticum beobachtet In diesen Fällen
vaien die Nervenscheiden dicht infiltrirt undtbeil-
weise mit miliaren Tuberkeln durchsetzt ; alle Oe-
fässe wiesen Perivaskulitis im höchsten Orade auf,
die kleinsten waren durch Zelleneinwanderung und
lotimawucherung obliterirt Meist zeigte der
Spiegel dann anfangs Neuritis optici, eventuell mit
Schwellungspapille, später Atrophie.
Interessante Ergebnisse hatte die Untersuchung
eines Bulbus, der wegen Netzhautgeschwulst mit dem
Bilde einer Retinitis proliferans interna enudeirt
worden war. Vom Sehnervenkopf ausgehend war
die gan^ Innenfläche der Netzhaut bedeckt mit
dichten Granulationen, die in ihren mittelsten
Schichten meist den Oefössen anliegende miliare
tuberkulöse Knötchen aufwiesen. Die centralen
Oefässe schienen unverändert zu sein; Iris und
Ciliarkörper waren frei von knötchenartigen Ver-
änderungen. Bergemann (Husum).
136. Da diagnottio de la tnberonlöse de
llris par la ponotion de la ohambre anterieare
et de son traitement; par le Dr. 0 cur fein.
(Revue mM. de la Suisse rom. XXm. 4. p. 223.
Avril 20. 1903.)
0. machte Versuche am Menschen, Kaninchen
und Meerschweinchen. Er injicirte Kammerwasser
aus 2 menschlichen Augen mit Iritis tuberculosa
in die Vorderkammer von Kaninchen und Meer-
schweinchen und erzeugte dadurch eine tuber-
kulöse Iritis bei den Versuchsthieren , die regel-
mässig an Allgemeintuberkulose zu Grunde gingen,
wenn das erkrankte Auge nicht bei Zeiten enucleirt
vnirde. Die tuberkulöse Grundlage der Erkrankung
wurde zugleich festgestellt durch üebertragung
von Gewebestflcken des kranken Auges auf Ver-
suchsthiere und Gulturböden, von denen dann
wieder mit Erfolg weitergeimpft wurde. Es gelang
G. wiederholt, im Kammerwasser dieser Thieraugen
mit tuberkulöser Iritis Koch 'sehe Tuberkelbacillen
nachzuweisen. Er wfinscht deshalb der Probe-
punktion der Vorderkammer bei tuberkulosever-
dächtigen Iritiden zur ünterstfitzung der Diagnose
weitere Berücksichtigung. Er schätzt ihren dia-
gnostischen Werth weit höher, als die bisher ge-
bräuchlichen Prtlfnngsmittel, wie z. B. auch die
Koch 'sehe Tuberkulinprobe, den Bacillenuach-
weis u. s. w.
Für die Behandlung der tuberkulösen Iritis
empfiehlt G. rechtzeitige Enudeation wegen der
Gefahr einer Weiterverbreitung der Erkrankung
im übrigen Körper; es soll nicht gezögert werden
damit, wenn es sich um jugendliche Kranke und
eine progressive Form der Tuberkulose handelt,
die durch entsprechende allgemeine und medika-
mentöse Behandlung unbeeinflusst bleibt, vor Allem
aber, wenn eine primäre Erkrankung des Auges
an Tuberkulose anzunehmen ist
Bergemann (Husum).
137. Ueber die diagnoatiBohe Bedeatnng
dea Taberknlina anf ophthalmologlachem Qe-
biete; von F. Enal in. (Allg. med. Centr.-Ztg.
LXXI. 94. p. 1116. 1902.)
Seit Hutchinson 's Abhandlung über Kera-
titis parenohymatosa (1857) gilt als deren Haupt-
ursache die Lues hereditaria. Einzelne Augenärzte
stimmten dem nicht bei und so finden wir, dass
von 96<>/o bis herunter zu 18*/o Lues hereditaria
100
IX. Hygieine und Staatsarzneikunde.
als ürsaohe zugegeben wird. Von einigen Aerzten,
wie von v. Michel, wird die Tuberkulose als
Hauptursache hingestellt K untersuchte in der
Augenklinik in Breslau 24 Kranke mit JCeratitis
parenchymatosa. Bei 11 liess sich Lues hereditaria
mit Sicherheit nachweisen, bei 5 war Tuberkulose
oder Anlage dazu yorhanden, bei 3 war Lues und
Tuberkulose; fraglich bliebe 5 FAlle. E. spritzte
den Kranken ^/|o mg Tuberkulin in 0.5proa Phenol-
lösung unter die Haut zwischen den Schulter-
blättern und wiederholte diese Einspritzung in
Dosen von 1 — 5 mg während der nächsten Zeit
E. fand, dass mit einer einzigen, nicht ganz
aufgeklärten Ausnahme überall dort, wo Lues
hereditaria nachzuweisen war, keine Reaktion ein-
trat, und dort, wo allgemeine und lokale Reaktion
eintrat, auch Anhaltepunkte fQr Tuberkulose vor-
handen waren. [Dem Bef. scheinen diese ünter-
suohungsergebnisse zwar beweisend zu sein für
die vorhandene Tuberkulose, aber nicht beweisend
dafür, dass die Tuberkulose aliein die Ursache der
Keratitis parenchymatosa sei; die Lues hereditaria
kann doch Ursache beider sein.]
Lamhofer (Leipzig).
IX. Hygieine und Staatsarzneli(unde.
138. Ueber Methoden aar Begataohtnng
des Fleisohextraktes; von Fr. Kutscher und
H. Steudel. 1. Mittheilung. (Ztscbr. f. physioL
Chemie XXXVm. 1 u. 2. p. 101. 1903.)
Bei ihren Versuchen, die Qüte des Fleisch-
extraktes zu prüfen, wollten K. und St. das Vor-
kommen von Bemsteins&ure darin zu Qrunde legen.
Denn diese entsteht nach Blumenthal erst bei
der Fäulniss, dürfte also in gutem Extrakt nicht
vorhanden sein. Da indessen in den meisten Proben
von LiMg'a Fleischextrakt sich Bemsteinsäure
fand, so soll die Frage, woher diese stammen
könnte, noch ofiEen gelassen werden.
V. Lehmann (Berlin).
139. Ueber einen Apparat aar bakterio-
logischen Wasserentnahme; von R. Kraus.
(Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIL 6. p. 469.
1902.)
Das Princip des von R^hrbeek Nachf. in Wien an-
gefertigten Apparates beruht darin, dass an einem in eine
Spitze aasgezogenen, luftleer gemachten Eöibohen, das
in bestimmte Tiefe versenkt wird, die Spitze dorch ein
Messerchen abgetrennt wird. Die Auslösung des durch
eine Feder gespannten Messerchens geschieht durch eine
kleine Gompressionpumpe, deren Schlauch zum Apparat
führt Walz (Obemdorf).
140. Beitrag aum bakteriologischen Naoh-
weise von Trinkwasserveranreinigungen an-
lässlioh infektiöser Srkrankoi^gen; von Meus-
burger und Rambousek. (Gentr.-BL f. Bak-
teriol. u. s. w. XXXIL 6. p. 476. 1902.)
M. und R. empfehlen zur Unterscheidung von
Typhus- und ColibaoiUen angelegentlichst die An-
reicherungsmethode von Parietti: 3 Röhrchen
mit ca. 5 com Bouillon werden mit 3, bez. 6 und
9 Tropfen einer 4proa Salzsäure und 5proc. Carbol-
säure enthaltenden Lösung versetzt Man fertigt
3 Serien solcher ROhrchen an, der ersten Serie
werden 4, der zweiten 8, der dritten 12 bis
16 Tropfen des zu untersuchenden Wassers zu-
gesetzt. Trübung der Bouillon deutet auf das Vor-
handensein von Typhusbaoillen, die durch die
Flattenmethode herausgezüchtet werden können.
Walz (Obemdorf).
141. Weitere Stadien über die Sterili-
sation von Trinkwasser anf ohemisobem Wege
(Traube'sobes Verfahren mit Hilfe von Chlor-
kalk); von Dr. Engels in Marburg. (Centr.-Bl.
f. Bakteriol. u. s. w. XXXII. 7. p. 495. 1902.)
E., der schon früher das Seh um bürg 'sehe
Verfahren nachgeprüft hat, kommt aufgrund seiner
sorgfältigen Untersuchungen über die Sterilisaton
des Trinkwassers mit Chlorkalk nach Traube zu
dem Resultate, dass der Chlorkalk erst in einer
Dosis von 0.45 g pro Liter, ungefähr dem lOOfachen
der von Traube angegebenen Dosis, sicher im
Stande ist, innerhalb 10 Minuten die gelegentlich
im Trinkwasser vorkommenden pathogenen Keime,
Cholera- und Typhusbacillen, im Einliterkolben ab-
zutOdten. Ein solches Wasser schmeckt widerlich,
ist trübe und unappetitlich; auch würden wohl die
enthaltenen Katriumsulfitmengen auf die Dauer
nicht ohne Einfluss sein. Wir haben, vielleicht
Ozon ausgenommen, noch kein oheoBisches Mittel,
das ohne Gesundheitgef&hrdung in kurzer Zeit
steriles Wasser liefert. Walz (Obemdorf)«
142. Ueber Errichtung nnd Binriohtang
von Sanglingskrankenanstalten; von Arthur
Schlossmann. (Arch. f. Kinderhkde. XXXIIL
3—6. p. 177. 1902.)
SchL entwickelt die Gesichtspunkte, nach
denen das von ihm in Dresden in das Leben ge-
rufene und segensreich wirkende ^SäuglingsheiDaL^^
eingerichtet wurde. Für die Beschaffung der
Mittel sorgt der Verein „Einderpoliklinik mitSiug-
lingsheim". Er hat sich die Aufigabe gestellt:
1) armen Kindern ua^tgeltlioh polikUaische Be-
handlung zu gewähren ; 2) eine Anstalt für kranke
Säuglinge zu erhalten ; 3) Säugliogs-Pflegerinnen
zu erziehen ; 4) die Beschaffung künstlicher Säug-
lingsnahrung zu unterstützen und 5) „durch Be-
lehrung und Hülfe mit Rath und That die Kinder^
und Säuglingsterblichkeit herabzusetzen". Die
wichtigste Aufgabe für die klinische AbtheUung
war die Beschaffung von Frauenmilch. Diese Auf-
gabe wurde dadurch gelöst, dass mitderSäugliBga-
anstalt die Unterstützung hüUebedt&rftiger Wöohne*
IX. Hjgieine und Staatsarzneüninde.
101
rinnen ▼erbunden wurde. Die Mütter werden mit
ihren Kindern aufgenommen und mfissen dafür
kranke Säuglinge mit stillen oder sich fflr solche
Milch abdrücken lassen. Durch ausgiebige, aber
ungekünstelte Ernährung, sowie Ausnützung der
Ammen werden von diesen im Durchschnitt 1200 g
Milch gewonnen. Davon erhält das Ammenkind
die eine Hälfte, während die andere den Kranken
zu Oute kommt Schi, hält es für unumgänglich
nothwendig, bei jedem Kinde die jedesmalige
Trinkmenge durch die Wage festzustellen. Von
der JVauenklinik werden diejenigen Wöchnerinnen,
die sich voraussichtlich zum Stillen eignen , mit
dem Säugling der Anstalt überwiesen. Hier wer-
den sie nach einer 4 — Swöchigen Probezeit als
Hansamnaen angestellt Für 42 Kinder werden
12 Ammen angestellt Das Ammenkind wird,
sobald es abgestillt ist, auf Kosten der Anstalt in
Pflege gegeben. Ein Theil der Aufgenommenen
vird hingegen wieder als Amme an Private gegen
eine Vergütung überwiesen, woraus der Anstalt
ein pekuniärer Nutzen entsteht Auch die Sorge
Ar die Füege der Ammenkinder übernimmt die
inatalt Die Amme, die eine Stelle erhält, muss
sich verpflichten, 20 Mark monatlich für ihr Kind
an den Verein zu zahlen. Dafür wird dieses bei
einer Ziehmutter untergebracht und beaufsichtigt
Iftr besonders gute Ziehmütter werden Prämien
inagesetzt Für die zu entwöhnenden Kinder wird
die künstliche Nahrung von einer besonders dazu
angestellten Person zubereitet Es werden Milch-
miachnngen und andere Nahrung (Buttermilch,
Malzsuppe) in sterilisirten Einzelportionen nach
*<U8ea abgegeben.
Was die Pflege anlangt, so rechnet Schi, auf
42 Kinder 13 Pflegerinnen, 12 Ammen, 2 Wärte-
rinnen (für die Nacht), also im Qanzen 27 Per-
sonen. Er beschreibt die Pflege, wie sie in der
Anstalt in mustergültiger Weise durchgeführt wird.
Um über gutes Pflegepersonal dauernd verfügen
n kSnnen , wurde die Anstalt mit einer Pflege-
rinnenschule verbunden. Die Ergebnisse der
Pflege waren befriedigende, da Hausinfektionen nur
^onerat selten vorkamen, kein Ammenkind zu
Qrnnde ging. Zum Schluss macht Sohl, noch
o&ige Hittheilungen über einen beabsichtigten
Renban und die daraus entstehenden Kosten.
Brückner (Dresden).
143. üeber Häufigkeit nnd Ursachen des
IMes bei der AnstaltsbelunkUniif kxanker
^^^otfinge; von A. Sohlossmann u. H. Peters.
(An)lLf.Kinderhkde.XXXnL8— 6. p.246. 1902.)
SehLu. P. betrachten kritisch die Todesfälle,
^ ^ihreiid eines Jahres (vom 1. Juli 1900 bis
30. Joni 1901) im ,^nglingriieim*^ zu Dresden sich
««gaetoiL Von 293 Ammenkindern ging kein
«ougea zu Grunde. Y<m 207 kranken Säuglingen
■tobes 63 «=» 25.6^/«. Dies ist gegenüber den
^ertitttiiissen anderer Säuglingsabtheilungen ein
äusserst günstiges Resultat, das vorwiegend durch
dieYerabreichung von Frauenmilch an die Kranken
erzielt wurda Brückner (Dresden).
144. Znr Anstaltspflege von Sängüngen;
von Dr. Cornelia de Lange. (Aroh. f. Kinder-
hkde. XXXm. 5 u. 6. p. 415. 1902.)
d e L. berichtet über die Erfolge, die im „Huis
van outkoming Beth-Palet^' zu Amsterdam, einem
Zufluchtheime für Wöchnerinnen und ihre Kinder,
erzielt wurden. Die Mutter bleibt daselbst mit dem
Säuglinge, den sie selbst nährt, etwa 6 Monate.
Dann wird ihr eine Stelle vermittelt. Es werden
die mit sehr geringen Mitteln getroffenen Einrich-
tungen beschrieben, sowie die Ergebnisse, die mit
der Säuglingspflege erzielt wurden, mitgetheilt.
Es zeigte sich, „dass es sogar unter ziemlich
ungünstigen hygienischen Verhältnissen gelingt,
Brustkinder in Anstaltspflege gross zu ziehen, dass
auch beim Allaitement mixte die Prognose nicht
infausi zu sein braucht, dass jedoch Flaschenkinder
meist in dem Kampfe um's Dasein erliegen".
Brückner (Dresden).
145. ProTinsial-Sänglingsbänser. Wie Säug-
lingsheüstäUm üeberachüase erztekn können. Eine
medicinisch-sociale Studie von Beruh. Jelski.
(Die Krankenpflege IL 4. 1902/3.)
Die Vorschläge J.'s decken sich mit den von
Schlossmann praktisch verwirklichten. J. stellt
drei Kostenanschläge auf, nach denen Säuglings-
krankenanstalten mit Frauenmilchemährung sogar
Ueberschüsse erzielen sollen.
Brückner (Dresden).
146. Die Blitiyerletsangen in klinischer
nnd sooialreohtlioher Besiehnng; von Dr. S.
Jellinek. (Wien. klin. Wchnschr. XVI. 6. 7.
1903.)
Nadi einigen mehr allgemeinen Erörterungen
über die Zunahme der Häufigkeit der Blitzschäden,
über die Sicherungsapparate gegen die Blitzgefahr
und über die Häufigkeit der Blitzschläge in Bäume
berichtet J. über seine Beobachtungen bei Blitz-
schlägen, die er im letzten Sommer zu machen
Gelegenheit hatte. Ein Blitz schlug in eine kleine
Kapelle ein, in der 42 Personen versammelt waren.
Niemand wurde getOdtet und nur an etwa 14 Per-
sonen konnten Hautverletzungen nachgewiesen
werden. Bewusstlos sind allerdings die meisten
geworden, manche fielen zu Boden, andere blieben
regungslos auf den Bänken sitzen und hatten trotz
Bewusstsein jede Herrschaft über sich verloren.
Die meisten der Beschädigten waren vom otia-
trischen Standpunkte aus bemerkenswerth. Bei
vielen war Schwerhörigkeit aufgetreten, und zwar
eine so starke, dass die Umgebung in den ersten
Tagen sich nur mühsam mit den Kranken verstän-
digen konnte. Der Zustand besserte sich allmäh-
lich. Ein 17jähr. Mädchen, das nur kurze Zeit
bewusstlos gewesen sein soll, hörte 2 Tage nach
102
Dieudonnö, Immunität, Schutzimpfung und Serumtherapie.
dem Anfalle Pfeifen in ihren Ohren, wie ein „Signal
der Eisenbahn'* das stärker und schwächer wurde
und dann plötzlich verschwand. Ein 11 Jahre
altes Mädchen, das ernstlich gelitten hatte und
eine Art leichter Psychose zeigte, klagte in den
späteren Tagen über reissende Schmerzen im lin-
ken Ohre ; hinter dem Ohre in der Nähe des Pro-
cessus mastoideus fehlten an einer guldengrossen
Stelle Haare, als ob sie wegrasirt worden wären ;
der Rand dieser Stelle war geröthet, sein Epithel
zum Theil abgelöst und nässend. Luft- und Eno-
chenleitung des linken Ohres war stark herab-
gesetzt. Die Ohrenleiden nach Blitzschlag sind
nach J. bisher wenig studirt worden; er führt
einige in der Literatur bekannt gewordene an.
AugenstOrungen waren bei 3 Patienten vorhanden.
Einem blitzte es zeitweise vor den Augen, auch
wenn sie geschlossen waren. Bei einem anderen
bestand am rechten Auge ein Ekchymoma subcon-
junctivale, die untere Hälfte der Cornea war
schwach grau getrübt, ciliare Injektion, die Pupille
reagirte etwas träge. Später vollkommene Oe-
nesung. Beim 3. Kranken sah man leichte link-
seitige Ptosis, Verengerung der Pupille, die reflek-
torisch etwas träge reagirte. Nach 8 Tagen waren
die Erscheinungen geschwunden. Augenverletzun-
gen nach Blitzschlag sind schon häufiger ver-
zeichnet und auch genau untersucht worden. Vom
neurologischen Standpunkte aus verdienen 2 Fälle
besonders erwähnt zu werden.
Das oben erwähnte lljähr. Mädchen lag 8 Stunden
in tiefer Bewnsstlosigkeit, Puls und Respiration waren
dabei normal. Darauf stellte sich ein maniakalischer
Zustand ein, es musste gewaltsam niedergehalten wer-
den, verfiel zeitweise in tiefen Schlaf and gerieth plötz-
lich wieder in Aufregung. Dieser Zustand dauerte
48 Standen, von da ab zeigte die Pai grosse Mattigkeit,
benahm sich wie eine Betrunkene. Am 3. Tage machte
sie den Eindruck einer höchst aufgeregten ängstlichen
Fat, klagte über Kopfschmerzen, über Schmerzen im
linken Auge und im linken Ohre. Steigerung der Haut- and
Periostrefleze und starke Hyperalgesie. Nach 14 Tagen
wesentlicbe Besserung.
Bei einem löjähr. Knaben, der am Rumpfe und an
den Geschlechtstheilen Hautverletzungen hatte und nach
kurzer Zeit vollkommen hergestellt zu sein schien, trat
3 Wochen nach dem Blitzschlage ganz plötzlich eine
Sinnesverwirrung ein vom Charakter des Verfolgungs-
wahns. Seit dieser Zeit klagte der Pat über Kopf-
schmerzen.
Der Charakter der Hautverletzungen entsprach
den auch sonst bei Blitzschlägen beschriebenen.
Bemerkenswerth ist ein akutes Oedem am Fusse
eines 14jähr. Knaben, das nach 2 Tagen vorüber
war. Trotz der vielen Hautläsionen waren nur
bei einem einzigen Patienten Blitzfiguren auf-
getreten in der Form von frischen, weissen, ge-
zähnten Streifen in der Haut des rechten Ober-
schenkels. Mit Rücksicht auf die verbreitete An-
sicht, dass das OetrofFenwerden am Kopfe tödtlich
sei, haben 2 Kranke, die am Leben blieben, eine
gewisse Bedeutung. J. theilt auch die Obduktion-
befunde zweier Personen mit, die bei einem anderen
Blitzunglücke getOdtet worden waren. Am meisten
fielen J. Hautveränderungen an beiden Leichen
auf, die wie Sugillationen aussahen. Beim Ein-
schneiden wurde diese Vermuthung bestätigt Die
mikroskopischen Gehimbefunde hat J. in Virchow's
Archiv (CLXX. 1902) ausführlich beschrieben.
Bemerkenswerth sind mikroskopische Blutaustritte
und gewisse Zellenveränderungen. Die Blutungen
und der Tod sind nach J. als reine Elektricität-
wirkung aufzufassen. Bei seinen Thierezperimen-
ten konnte er sich des Oefteren überzeugen, dass
nicht die Athmung zuerst still steht Nach dem
elektrischen Trauma athmet das Thier oft noch
Minuten lang und auch regelmässig und geht
schliesslich doch zu Gninde. In forensischer Be-
ziehung betont J. die Sugillationen und eineschusa-
ähnliche Durchtrennung der Haut an der Fuas-
sohle ; femer das Auftreten von Oeistesstürungen,
die Amnesie, die mikroskopischen Veränderungen
im Oehim der Blitztodten und die besondere Art,
wie die Kleider der Betroffenen und der Ort des
Unfalles zerstört wurden. Schliesslich erörtert J.
noch die Bedeutung der Blitzschäden für die Un-
fallheilkunde. Hier ist besonders der Umstand zu
berücksichtigen, dass beim elektrischen Trauma
die Wirkung sich oft erst Stunden und Tage
später einstellen kann.
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
C. BOcheranzeigen.
1. Immunität, Schntsimpfang und Serum-
therapie. Zusammenfassende üebersieht über
die Immuniiäislehre ; von Dr. Adolf Dieu-
donn6. 3. umgearb. Aufi. Leipzig 1903.
Job. Ambr. Barth. Or. 8. 168 S. (5 Mk.,
geb. 6 Mk.)
Die Thatsache, dass das D.'sche Werk in
3. Auflage erscheint, spricht am besten für den
Werth des Buches. Den Fortschritten der Wisaen-
Schaft entsprechend, die gerade auf diesem Gebiete
viel neue und nicht unwesentliche Errungenschafteii
zeitigte, hat auch das vorliegende Werk eine Er-
weiterung erfahren. Immerhin hat es dadurch
seinen allgemein praktischen Charakter nicht ver-
loren, da sich D. befleissigt hat, seine Ausfühnin^a
allgemein verständlich zu behandeln. Sie sind
Flatau, Jacobsohn, Minor. — Dunbar. — Sticker.
103
eben lur Ohentirang für Diejenigen bestimmt, die
dieBem Gebiete femer stehen. Die beiden ersten
Capitel bringen die theoretischen Orundlagen der
Immanitfttlehre, es werden die Begriffe der an-
geborenen und erworbenen Immunität erOrtert und
im Anschluss hieran die der Antitoxine, Bakterio-
lysine, Agglutinine u. s. w. Für den praktischen
Medidner wichtiger und interessanter sind aller-
diogs die Capitel Aber die Schutzimpfung und die
Blotseromtherapie. Auch hier war eine grossere
Aoflfflhrlichkeit nOthig, da vor Allem die praktisch
virklich brauchbaren Serumprftparate eingehender
besprochen wurden. Den Schluss des sehr em-
pfehlenswerthen Buches bildet eine ausführliche
Literatanuaammenstellung.
N e u m a n n (Leipzig).
2. Handbuch der pathologiBohen Anatomie
des nervensystems. Herausgegeben von
Dr. R Flatau, Dr. L. Jacobsohn, Dr.
L Minor. l.Abth. Berlin 1903. S. Karger.
Ghr. 8. S. 1—820 mit Abbild. (10 Hk.)
Das Werk, von dem bisher die erste Abtheilung
in einer Sütrke von 20 Bogen Torliegt (es wird im
Suuen 3 — 4 unmittelbar auf einander folgende
AbtheUangen umfassen), soll eine Lücke ausfüllen,
die sich bei der gewidtig anschwellenden neuro-
logiachen Literatur immer fühlbarer macht. Es
nll die pathologische Anatomie des Nervensystems
in ihr» Gesammtheit als solche für sich allein zur
Darstellang bringen. Hierdurch wird das Weiter-
arbeiten auf diesem Oebiete bedeutend erleichtert
werden. Der Werth des Handbuches, das, soweit
der erste Band ein Drtheil zulftsst, durch viele Ab-
büdnngen und Tafeln vortrefflich ausgestattet ist,
viid noch dadurch erhöht, dass die einzelnen
Capitel meistens von solchen Autoren bearbeitet
^f die sich auf ihren Specialgebieten durch
bttTonagende Leistungen ausgezeichnet haben.
Bis jetzt sind bearbeitet : L Die Untersuchungs-
awthoden ; IL Der allgemeine Theil und der erste
ibeefanitt des IIL, speciellen TheUes (Krankhafte
Yeiinderungen der knOchemen Kapsel und der
Hüllen des Gehirns von BL Strübe). Die„Methoden"
«rfallen in: (3«him- und Rückenmarksektion,
Te(dmik zur Untersuchung der histologischen Ver-
bdenmgen des Nervensystems, Anatomische Ver-
andenmgen des Nervensystems nicht pathologischer
Natur (diese 3 Abschnitte von L. Jacobsohn)
nnd: Die bakteriologischen Untersuchungsmethoden
des Nervensysteois (von L. Michaelis). Im
^^Igoneinen Theile behandeln van Gebuchten
die pathologische Anatomie der Nervenzellen,
I'Qgaro die der Nervenfasern und Neuroglia,
Nonne und Luoe die pathologische Anatomie
der Qelasse. Den einzelnen Artikeln ist stets eine
kons Uebersicht über die normal-anatomischen
YeritUtnisse vorausgeschickt. Jedem Abschnitte
ist ein ausführliches Literaturverzeichniss bei-
§effigt S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
3. Zur Ursache und speoifisohen Heilung
des Heuflebers; von Prof. Dun bar in
Hamburg. München u. Berlin 1903. R.01den-
bourg. Gr. 8. 60 S. u. 3 Tafeln. (3 Mk.)
Es ist dem Vf. durch Versuche an Heufleber-
krankeu und an Gesunden gelungen, darzuthun,
dass die nfichste Ursache des Heufiebers die Ein-
wirkung von GrftserpoUen auf die Schleimhftute ist
Da die PollenkOrner nur auf die Kranken wirken,
so muss natürlich eine besondere Anlage voraus-
gesetzt werden, über deren Beschaffenheit wir noch
nichts Rechtes wissen. Der Vf. ist der Ansicht,
dass die Empfänglichkeit erworben werden kOnne ;
er glaubt, selbst durch die Influenza kränk ge-
worden zu sein. Aus den Stärkestäbchen der
Gräserpollen stellte D. einen in Blutserum lOslichen
Stoff dar. Brachte er dieses Gift den Heufieber-
patienten bei, so zeigten sich die Symptome der
Krankheit, bei örtlicher Anwendung örtlich, bei
Einspritzung unter die Haut doppelseitig und sehr
stark. Auf Gesunde wirkte das Gift gar nicht
Weiter spritzte der Vf. das Gift Kaninchen ein und
verwendete das Serum derThiere versuch weise als
Antitoxin. Es ergab sich, dass in der That durch
Einspritzung des Antitoxins bei Heufieberkranken
eine vorübergehende Immunität gegen das Pollen-
gift erreicht werden konnte. Auch wurde die
Wirkung des Giftes gehemmt, wenn ihm vor der
Einträufelung in Nase oder Auge das Antitoxin
beigemengt worden war.
Die höchst interessanten Versuche des Vfs. sind
schon nachgeprüft und bestätigt worden (vgl. z. B.
Brit med. Journ. March 28, April 18). Inwieweit
sich eine praktische Therapie auf sie gründen lässt,
das muss abgewartet werden. M ö b i u s.
4. Qesondheit und Ersiehang. Eine Vor-
aehtäe der Ehe; von Prof. Gg. Sticker.
2. Aufl. Glossen 1903. S. Ricker'sche Ver-
lagsbuchh. 8. 275 S. (5 Mk.)
„Es [das Buch] hat die Absicht, jungen Leuten,
die aus dem Eiternhaus und der Schule in das
freiere Leben treten, ärztliche Aufklärung über
Dinge zu geben, auf welche viele von ihnen mit
Unruhe oder mit Leichtsinn sehen." In 11 Ab-
schnitten bespricht der Vf. Werth und Sinn der
Erziehung, Krankheit und Heilkunde, die Ent-
artung und ihre Ursachen, Trunksucht, Ghdschlechts-
krankheiten u. s. w. u. s. w. Eine fast übergrosse
Fülle des Stoffes wird in dem verhältnissmässig
kleinen Buche geboten, und in den Anmerkungen
giebt der sehr belesene Vf. eine Masse von Citaten
aus alten und neuen Schriftstellern, Belege und
Beispiele aller Art Am Schlüsse des Ganzen
heisst es, dass Reinlichkeit, Nüchternheit und
Keuschheit für Eltern und Kinder nöthig sind, dass
die Lehren derAerzte, die ein gesundes Geschlecht
bezwecken, dieselben sind wie die der guten Sitte.
Diesem Schlüsse und dem meisten, was im Buche
vorgetragen wird, darf man unbedenklich zu-
104
Möbius. — Hirschfeld. — MObius«
stimmen. Die Darstellung ist ernst und anregend,
voll herzlicher Wärme und überdem schreibt der
Yf. ein gutes Deutsch. Ein wirkliches Verstandniss
des Buches setzt freilich eine gewisse H()he der
Bildung voraus, aber Belehrung und Nutzen wird
Jeder, der mit offenem Kopfe herankommt, vom
Lesen haben. Vielleicht thäte der Vf. bei späteren
Auflagen gut, durch Ueberschriften und Inhalts-
verzeichniss die Sache etwas übersichtlicher zu
machen. Möbius.
5. Beiträge snr Lehre von den Ctotohleohts-
üntenohieden ; von P. J. Möbius. Heft 1 — 5.
Halle a. d.s. 1903. C.Marhold. 8. (JelMk.)
M. will in seinen „Beiträgen^^ Ergänzungen und
Ausführungen geben zu seinem Aufsatze „über den
physiologischen Schwachsinn des Weibes", der
1903 in 5., veränderter Auflage erschienen ist. Im
1. Hefte (Oesehiecht und KrankheU) zeigt er, dass
es eine dem weiblichen Qeschlechte eigene Liang-
lebigkeit nicht giebt, dass das frühe Absterben der
Männer in der Hauptsache durch den Alkohol und
die venerischen Krankheiten bewirkt wird. Im
2. Hefte (Geschleckt und Entartung) zeigt er, dass
alle Störungen des Qeschlechts-Charakters , von
dem Hermaphroditismus bis zur Emancipation,
Wirkungen der Entartung sind, und dass der
Kampf gegen den Alkohol die einzige Weise ist,
auf die praktisch gegen die Entartung vorzugehen
ist Im 3. und im 4. Hefte (Die Wirkungen der
Gastration) geht M. davon aus, dass das Soma von
vornherein ein Geschlecht hat, und erörtert, welchen
Einfluss die Keimdrüsen und ihre Entfernung auf
den Qeschlechts-Charakter haben. Diese Abhand-
lung ist die erste vollständige Besprechung der
Castration, und sie zeigt, wie mangelhaft die von
Bieg er gegebene Darstellung ist. Im 5. Hefte
(Oeechleeht und Kopfgrösse) wird dargethan, dass
der kleine Kopf der Weiber auf ein geistiges Minus
deutet, denn die geistigen Fähigkeiten wachsen im
Allgemeinen mit der Grösse des Kopfumfanges,
lind die Anwendung der Lehre vom relativen Ge-
hirngewicht auf die menschlichen Geschlechter ist
ein Irrthum. Bei dieser Gelegenheit wird zum
ersten Male über eine grosse Zahl (360) von Köpfen
hervorragender Männer berichtet.
6. Der umisohe Menaoh; von Dr. Magnus
Hirschfeld. Leipzig 1903. M. Spohr. 8.
193 S. (4Mk.)
H. giebt eine zusammenfassende Sdiilderung
des „urnischen Menschen", d. h. Derer, die durch
Naturanlage sich zu dem eigenen Geschlechte hin-
gezogen fühlen. Im Allgemeinen kann man H.'s
Aussagen zustimmen. Er erkennt richtig, dass
die Hauptsache eine von der Norm abweichende
Gehirnbeschaifenheit ist, durch die der Mann dem
Weibe, das Weib dem Manne ähnlich wird, und
dass die Richtung des Geschlechtstriebes auf das
eigene Geschlecht etwas Sekundäres ist. Mit Recht
verwahrt er sich dagegen, dass solche Zustände
durch „Reizhunger" oder gar durch „Lasterhaftig-
keit" entstehen könnten. Eine solche Meinung ist
nur da möglich, wo verkehrtes Handeln mit ver-
kehrtem Triebe verwechselt wird. Der Eef. hat
mehrfach auf diese Dinge hingewiesen. Nur darin,
dass sich der Vf. gegen die Unterordnung des
umischen Zustandes unter den Begrifif der Ent-
artung sträubt, sind die Meinungen verschieden.
Man sollte doch meinen, für einen Arzt müsste es
auf der Hand liegen, dass ein Znstand, durch d^i
die Fortpflanzung der Art unmöglich gemacht wird,
Entartung ist. Aber der Wille ist auch hier Herr
des Intellektes, d. h. die Urninge fühlen sich ge-
kränkt, wenn man sie zu den Entarteten zählt, eie
wollen partout gesund sein, mag der Intellekt sagen,
was er will. Freilich, man kann es ihnen nicht
übel nehmen, wenn man an die landläufigen Reden
über Entartung denkt. Auch H. meint, der Ent-
artete sei „ein minderwerthiger Repräsentant der
Gattung Mensch". Wenn doch das greuliche Wort
Minderwerthigkeit einem nicht überall im Wege
stünde I Was haben wir, wenn wir naturwissen-
schaftlich denken, mit Werthurtheilen zu schaffen?
Natürlich sind in dem Sinne alle Abweichungen
von der Art „minderwerthig" , als durch sie die
normale Entwickelung gestört wird. Aber damit
ist doch nicht gesagt, dass der Entartete übeiiiaupt
werthlos sei, dass er von unserem Mensch^i-
standpunkte aus unter allen Umständen weniger
werth sei als ein Normaler. Freuen wir uns nicht
an gefüllten Blumen, obwohl sie entartet sind?
Wenn man sich vorstellt, das Budget der Natur
sei beschränkt, so begreift man, dass sie manches
nur durch Schuldenmachen erreichen konnte,
m. a. W., dass gewisse Vorzüge nur möglich sind,
wenn zugleich Defekte da sind. Die Genialen sind
gerade so gut Entartete wie die Geistesschwachen,
und alle die gelehrten Herren, die heute über Ent-
artung schreiben, sind selbst Entartete [der Bef.
auch], also gebe man sich zufrieden, trage sein
Schildchen „entartet" mit Geduld und stosse sich
nicht an populäre Vorurtheile. Möbius.
7. Ueber das Pathologische bei Nietsaohe ;
von P. J. M ö b i u s. [Grenzfragen des Nerven-
u. Seelenlebens. XVILHeft.] Wiesbaden 1902.
J. F. Bergmann. VU u. 106 S. (2 Mk. 80 Pf.)
M. schildert zunächst den ursprünglichen
Nietzsche und zeigt, dass er erblich belastet
und von vornherein disharmonisch war. Der zweite
Theil der Arbeit erzählt von der Entwickelung der
progressiven Paralyse bei Nietzscha N. hat
sich im J. 1866 infidrt, die ersten Verändeningen
im Geistigen, die als Zeichen der Paralyse anzu-
sehen sind, sind 1881 aufgetreten. Es ist mög^
lieh, dass die ererbte Migräne, die von 1871 — 81
den Kranken so quälte, dass er sein Amt aufgeben
mnsste, durch die Folgen der Infektion veraohlim-
mert worden ist Von N.'s Werken gehören der
Schreber, Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken. — Minkowski, Die Gicht.
105
Zuathustra und alles Spätere der paralytischen
Zeit an, doch ist zwischen paralytischer ISrTegung
ond Remission zu unterscheiden. Im Zarathnstra
steigt die Erregung bis zum vierten Theile an. In
i^enseits von Out und Böse*' klingt sie ab. „Die
Genealogie der Moral'^ gehört einer Remission an.
Die Werke des letzten Jahres (1888) sind wieder
in zunehmender Erregung geschrieben.
Das Budi M.'s ist bisher von Denen, die es
hauptsächlich angeht, nach Kräften todtgeschwiegen
worden.
8. Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken ;
YonDr. jur. D. P. Schreber, Senatspräsi-
dent a. D. b. k. Oberlaudesgericht Dresden.
Leipzig 1903. 0. Mutze. 8. 516 S. (8Mk.)
Der an Paranoia leidende Vf. schildert seine
Irlebnisae während der .Krankheit^ seine wahn-
hafte Vorstellung von Welt und Gott, seinen Kampf
um Aufhebung der Entmündigung. Ausser R o u s -
seau's „Gesprächen^' kennt der Bef. kein Buch,
das mit dem des Vfs. zu vergleichen wäre. Hier
wie dort spricht sich ein hochbegabter, auch mora-
lisch ausgezeichneter Mann in ausführlicher Weise
aus und zeigt uns sein Inneres. In forensischer
Besiehung sind die beigefügten Akten (Gutachten
von Weber auf dem Sonnenstein, Entgegnungen
des Vfs., Urtheil des Oberlandesgerichts) sehr
iotareesant; das Oberlandesgericht hat die Ent-
mlkndigung des Vfs. aufgehoben und damit die
Veröffentlichung der Denkwürdigkeiten mOglich
gemacht MObius.
9. Die Oioht; von Prof. 0. Minkowski in
Köln. [Spea Pathologie u. Therapie, heraus-
geg. von Prof. H. Nothnagel VU. Band,
IHTheiL] Wien 1903. Alfred Holder. Gr. 8.
VU u. 381 S. mit 9 Abbildungen im Texte
n. 3 Tafeln. (9 Mk.)
IL beginnt mit einer kurzen geschichtlichen
Emleätong, bestimmt den Krankhettbegriff : Gicht,
schildert das allgemeine KrankheitlHld, giebt dann
eine sehr sorgfältige eingehende Beschreibung der
einzelnen Krankheiterscheinungen, erürtert in be-
lODderen Abschnitten das Verhalten der Harnsäure
imd das des allgemeinen Stoffwechsels bei der
Gicht, beschreibt die pathologisch - anatomischen
Verändeningen , bespricht Aetiologie, Diagnose,
Prognose, Therapie. Am meisten interessirt der
kuse Abedmitt : „Theorie der Gicht*'. Fest stehen
hierbei 2 Thatsaohen: die Ablagerung desNatrium-
arates in den Oichtherden und die Erhühung des
HanisiurQgehaltes im Blute der Gichtkranken.
Da man eine dieser Thatsachen nicht gut von der
ableiten kann, ist es geboten, für beide
netnsame Ursaohe anzunehmen und diese
siebt H. ,4n einem abnormen Verlauf des Nudeln-
«Bsaties, welcher es bedingt, dass die aus der
Pnriagnippe der Ihideinsäure gebildete Harnsäure
nidit diejenigen Verl»ndungen eingehen kann.
Med. Jahrbb. Bd. 279. Hft. 1.
durch welche unter normalen Verhältnissen ihr
Transport und ihr weiteres Schicksal im Organis-
mus vermittelt wird". „Ob hierbei mit grosserer
Wahrscheinlichkeit ein abnormer Ablauf der Zer-
setzungsprocesse an der Substanz der Zellkerne im
Organismus oder nur ein abnormer Zerfall der mit
der Nahrung eingeführten Nucleine innerhalb des
Digestionstraktus als das entscheidende Moment
anzusehen ist, mag vorläufig dahingestellt bleiben.
Die Bedeutung, welche den Digestionstfirungen in
der Aetiologie der Gicht zuzukommen scheint,
spricht vielleicht zu Gunsten der letzteren Mög-
lichkeit In jedem Falle aber kOnnen wir uns
vorstellen, dass aus gewissen Anomalien im Ver-
lauf der Nudeinzersetzung eine abnorme Bindungs-
weise der Harnsäure im Organismus resultiren
kaAn.*' Diese abnorme Bindung bedingt es, dass
die Harnsäure nicht vorschriftmässig zersetzt, bez.
ausgeschieden wird, sondern sich im Blute anhäuft,
und sie bedingt wohl auch die Niederschläge an
den Gichtherden. „Dass an denjenigen Stellen, an
welchen wir die Uratablagerungen finden, noch
besondere lokale Einflüsse bei dem Zustande-
kommen dieser Ablagerungen mitwirken müssen,
ist sdbstverständlich. Diese lokalen Einflüsse
konnten vielleicht sich darin äussern, dass that-
sächlich nur an diesen Stellen die abnormen Stoff-
wechsdprocesse sich abspiden, denen die Urat-
herde ihre Entstehung verdanken. Es wäre aber
auch denkbar, dass die abnormen Umsetzungen der
Kemsubstanzen nicht nur an denjenigen Stellen
erfolgen, die wir als Prädilektionsstellen für die
Ablagerung der Urate kennen, sondern auch an
verschiedenen anderen Stellen des KOrpers, dass
sie aber nur an gewissen Stellen, wo besondere
mechanische Bedingungen oder bestimmte Cirkula-
tions- und Emährungsverhältnisse gegeben sind,
das Zustandekommen von uratablagerungen zur
Folge haben, während sie in den übrigen Organen
wohl gewisse Funktionsstörungen und pathologische
Zustände verursachen kOnnen, ohne aber zu einer
krystaUinischen Ausscheidung von Uraten Veran-
lassung zu geben.^^ ,Jn wdchen Beziehungen zu
jenen Vorgängen die eigenthümliche Erscheinung
des akuten Gichtanfalles steht, bleibt vorläufig noch
ein RäthseL Wahrscheinlich ist es, dass die Ab-
lagerung der Urate dem Auftreten der AnßUle
vorausgeht, und dass der akute Gichtanfall sdbst
nur dne durch das Hinzutreten von besonderen
Einflüssen ausgdOste Reaktion des Organismus auf
die Uratablagerungen darstellt, welche auf die
Elimination der abgelagerten Urate hinzielt, wenn
auch dieses Ziel meist nur unvollkommen erreicht
wird.'* „Wdcher Art jene besonderen, den akuten
Anfall audOsenden Momente sind, darüber lässt
sich vorläufig auch noch nichts Bestimmtes sagen.
Es scheint, dass traumatische, toxische und infek-
tiöse Einflüsse hier mitspielen kOnnen. In letzter
Linie handelt es sich jedenfalls um besondere che-
mische Vorgänge, die an den Stätten der Urat-
14
106
Hildebrand« — Sohenba — Blumenthal. — Gasper.
ablageniDg durch gewisse, in die Blutbahn einge-
drungene Substanzen heryorgerufen werden, viel-
leicht um Yorg&nge, die man in eine gewisse Ana-
logie mit solchen setzen kann, wie sie z. B. nach
einer Tuberkulininjektion die lokalen Entzündungs-
erscheinungen in der Umgebung der Tuberkel aus-
zulosen vermögen.'^
Etwas zu kurz fasst sich IL bei der Prognose.
Hier Hesse sich doch noch Einiges sagen. Im All-
gemeinen sind wohl die F&lle, in denen die Oicht
schon in jungen Jahren heftig auftritt, ernster auf-
zufassen als die, in denen sie ältere Leute (auf
Örund abstellbarer Missstftnde) betrifft
Sehr ausfOhrlich und mit ruhiger wohlthuen-
der Kritik ist die Behandlung dargestellt
Dippe.
10. Taberkolose und Soroftilose; von Prof.
Dr. 0. Hildebrand in Basel. [Deutsche
Ghir., herausgeg. von E. v. Bergmann u.
P. V. Bruns. Lief. 13.] Stuttgart 1902.
Ferd.Enke. Or.8. CLVinu.292S. (15 Mk.)
Diese Bearbeitung der Jiiberkiulase und Sero-
fuhse bildet zugleich die Lief. 13 der „Deutsehen
Chürurgie'^. Nach einer kurzen Einleitung be-
spricht H. zunächst die Anatomie, Histologie und
Histogenese des Tuberkels und des tuberkulösen
Qewebes. Der 2. Abschnitt ist der Aetiologie, der
3. der Verbreitung und Lokalisation der Tuber-
kulose im EOrper gewidmet Im 4. Abschnitte
werden die klinischen Erscheinungen der chirur-
gischen Tuberkulose und im 5. Abschnitte die Be-
handlung der Tuberkulose, sowohl die Lokalbehand-
lung, wie die Allgemeinbehandlung, besprochen.
Mit welchem Fleisse und mit welcher Sorgfalt
H. bei seiner Arbeit vorgegangen ist, beweist das
dem Buche vorangestellte, 150 eng bedruckte
Seiten einnehmende Literaturverzeichniss.
P. Wagner (Leipzig).
11. Die Krankheiten der warmen Länder.
Mn Hanäbüßh für Aerxie; von Dr. B. S che u be.
3. umgearb. Aufl. Jena 1903. Oust Fischer.
Gr. 8. Vin u. 789 S. mit 5 geograph. Karten,
1 3 Tafeln u. 64 Abbildungen im Text. (16 Mk.)
Seh. hat sein Buch von Neuem gründlich
durchgearbeitet und ergänzt Tafeln und Abbil-
dungen sind erheblich vermehrt worden, ein gutes
Register ist hinzugekommen. Wir haben das gute
Buch bereits zweimal angezeigt (Jahrbb. CCLL
p. 278 und GCLXVm. p. 202) und haben dem
Gesagten nichts Wesentliches hinzuzufügen.
Dippe.
12. Pathologie dea Hama am Kranken-
bett. Für Aerxie und Studirende; von Dr.
Ferd. Blumenthal. Berlin u. Wien 1903.
Urban & Schwarzenberg. 8. XII u. 448 S.
mit 39 z. Th. farbigen Illustrationen. (9 Mk.)
Das V. Leyden gewidmete Buch beschreibt
in einem 1. Theile die aUgemeinen Eigenschaften
des Harns, die chemischen Bestandtheile, die Harn-
farbstoffe, Gallenfarbstoffe, Gallensfturen , Diazo-
reaktion, Kohlehydrate, Aceton, Acetessigsäure
u. s. w., die aromatischen EOrper, Harnsäure, stick«
stoffhaltige Endprodukte, seltene Hambestand-
theile, Eiweissstoffe, Medikamente, Hamconkre-
mente, „funktionelle Diagnostik'S Der 2., kürzere
Theil behandelt den Harn bei den verschiedenen
Krankheiten : im Fieber, bei Infektionskrankheiten,
Gardnom, Blutkrankheiten, Stoffwechselkrankhei-
ten, Leberkrankheiten, Magen-, Darmkrankheiten,
Krankheiten der Respirationsorgane, des Herzens,
der Nerven, der Nieren ; „der Harn im Hunger'',
„der Harn in der Gynäkologie und Geburtshülfe''.
Mit grossem Fleisse hat Bl. alles Bekannt-
gewordene auf einem ziemlich engen Raum zu-
sammengetragen. Manches darunter ist noch recht
zweifelhaft; vieles ist bewährt und gehört zum
nothwendigen Rüstzeug eines guten Diagnostikers
und Therapeuten. Dippe.
13. Lehrbaoh der Urologie mit BinaohliUM
der mftnnliohen Sezualerkrankimgen ; von
Dr. Leopold Casper in Berlin. 1. Lief.
Berlin u. Wien 1903. Urban u. Schwarzen-
berg. Gr. 8. 80 S. (2 Mk.)
„In den letzten Jahren sind mehrfach einzelne
Abschnitte aus dem Gebiete der Urologie in Form
von Monographien und Abhandlungen erschienen,
allein es mangelte an einem Werk, das das ge-
sammte Gebiet der Urologie mit Einschluss der
männlichen Sexualerkrankungen in übersichtlicher
und leicht verständlicher Form zusammenfasst.^^
Diese Aufgabe zu erfüllen, hat sich das vorliegende
Werk gestellt, dessen Verfasser bereits vielfache,
anerkannte urologische Arbeiten geUefert hat Das
Buch soll in 7 Lieferungen von je 6 Druckbogen
erscheinen und namentlich dem praktischen Be-
dürfnisse des Arztes und der Studirenden gerecht
werden. Es soll enthalten : 1) einen aügemeinen
Theü, in dem das Erankenexamen, die physika-
lischen Untersuchungsmethoden, die chemische,
physikalische und mikroskopische Untersuchung
der Sekrete undExkrete behandelt werden; 2) den
epedeUen 7%eü, der die Krankheiten der HarnrOhre,
des Penis, der Blase, der Prostata, der Hoden,
Nebenhoden und der Samenblasen, der Nieren und
endlich die funktionellen Störungen des Sexual*
apparates enthält
Die bisher vorliegende L Lieferung enthält einen
kurzen Ueberblick über das Krankeneacamen, sowie
über die Anatomie und Physiologie des Ihustus
gemto-urinaUs. In eingehender Weise werden
dann die physikalischen ühtersuehungsmeihoden be-
sprochen: die Sonden- und Katheleruntersuehung,
die Drethroskopie, die Oystoskopie, die Digiiahmier'^
suchung der Blase, die üniersudhung mü Röntgen^
strahlen. Den Schluss des allgemeinen Theiles
bildet das Capitel über die physikaUsehe, ehemisAe
und mikroskopische Untersuchung der Sekrete, Der
Ca t heiin, Die epiduralen Injektionen u. 8. w. — Dumont, Handbuch.
107
spedeU» Uieü beginnt mit den Krankheiim der Barn-
röhre und des Penis.
Wenn das Werk abgeschlossen vorliegt, werden
wir nochmals eingehender darauf zurückkommen.
P. Wagner (Leipzig).
14. Die epiduralenlojektionen durch Punk-
tion des Saoralkanals und ihre Anwen-
dung bei den Erkrankungen der Ham-
wege. Anatomisehe, eocperimenteüe und kli-
mische Untersuchungen; von Dr. Fernand
Gathelin. Uebersetzt von Dr. A. Strauss.
Stuttgart 1903. Ferd. Enke. 8. 123 S. mit
33 Abbüdungen. (4 Mk.)
Der üebersetzer ist auf Orund eigener, zum
Theü überraschender Erfolge zu der Ueberzeugung
gekommen, dass C.'s Methode der epiduralen In-
jektionen, die das Rückenmark schont, nicht nur
der Klinik vorbehalten ist, sondern berufen scheint,
ihre segensreichen, bei gewissen Krankheiten von
keinem anderen Verfahren erreichten Wirkungen
auch in der allgemeinen Praxis zu entfalten.
Die Methode der epiduralen Injektionen durch
Punktion des Sacralkanales ist vollständig ver-
schieden von der subarachnoidealen. Sie ist eine
analgesirende Methode und stellt einen neuen Ein-
gangsweg für Medikamente in den Körper dar.
Der epidurale Hohlraum ist tolerant; man kann
ohne Qefahr mannigfache Substanzen von relativ
grossen Mengen in ihn hineinspritzen. Die Technik
der Sacralpunktion ist ziemlich leicht, sie begreift
3 Zeitpunkte in sich: die Perforation der Membran
mit der um 20<^ geneigten Nadel und das Vor-
dringen der horizontalen Nadel. Bei den Injek-
tionen ist das Rückenmark geschützt; die Sub-
stanzen wirken einerseits auf die Nervenwurzeln,
andererseits auf die Venen. Es besteht also eine
Doppel Wirkung : nervOser Traumatismus in dem
einen, Osmose und Dialyse in dem anderen Falle.
Die eingespritzte Substanz ist die physiologische
Kochsalzlösung in der Dosis von 5 — 20 com. Die
Methode ist absolut schmerzlos, sowohl beim Kinde,
wie beim Erwachsenen.
In der allgemeinen Medicin hat die epidurale
Methode bei Ischias, Lumbago, Zona und besonders
bei Sdimerxen in den unteren Oliedmaassen, bei
viteeralen tabisehen und anderen Krisen, bei Biei-
koUk u. s. w. schöne Erfolge gezeigt Man hat sie
auch bei der Pott 'sehen Krankheit als intraverte-
bralee Topicum und bei syphilitischer Myelitis zur
Einführung von merkuriellen Salzen angewendet.
Ausgezeichnete Resultate wurden bei Hamineonti-
nenz, namentlich bei Enuresis der Kinder und bei
gewissen Formen der Incontinenz des Jünglings-
alters erzielt Erfolgreich wurde die „Epidurali-
sation" femer bei vielen Hamneuropathien , die
jeder anderen Heilung widerstanden, bei Spermator-
rhOe, Impotenz und der ganzen Kategorie der
„Falsch ürinirenden*S die die grOsste Wohlthat von
den ipiduralen Injektionen empfingen, erprobt
Die Zukunft muss lehren, ob die epiduralen
Injektionen wirklich das halten, was sich ihr Be-
gründer von ihnen verspricht, und vor allen Dingen,
ob sie wirklich gefahrlos sind.
P. Wagner (Leipzig).
15. Handbuch der allgemeinen und lokalen
Anästhesie für Aente und Studirende;
von Prof. Dr. F. L. D u m 0 n t in Bern. Berlin
u. Wien 1903. ürban u. Schwarzenberg. 8.
234 S. mit 116 Figuren. (7 Mk.)
Seit einer Reihe von Jahren machen sich Chloro-
form und Aeither auf dem Qebiete der Anästhesie
die Herrschaft streitig; ausserdem dreht sich der
Streit auch noch um die Frage, ob überhaupt die
Allgemeinanästhesie, ihrer Oefiüuren wegen, nicht
durch die lokale Anästhesie zu ersetzen, ja sogar
ganz zu vermeiden sei. „Unter solchen Verhält-
nissen war es für den praktischen und angehenden
Arzt nicht immer leicht, eine richtige Orientirung
für sein Handeln im speciellen Falle zu finden. Je
nachdem er an der einen oder anderen Hochschule
studirt hatte, lernte er diese oder jene oder sogar
gar keine richtige Methode kennen, und sah sich
im praktischen Leben oft einer Verantwortlichkeit
gegenübergestellt, die er mit gutem (Gewissen nur
schwer übernehmen konnte. In Hinblick auf die
Wichtigkeit des Oegenstandes , erschien es uns
daher nicht unzeitgemäss , diejenigen Methoden
der Allgemein- und Lokalanästhesie zusammen-
zustellen, die bis jetzt sich bewährt und die gegen-
wärtig dem Arzte in jedem Falle die richtige Weg-
leitung geben dürften.''
Nach allgemeinen Vorbemerkungen bespricht
D. zunächst sehr ausführlich die Aether- und die
Chloroformnarkose und nimmt dabei ganz beson-
ders Rücksicht auf die verschiedenen Methoden der
Darreichung dieser Mittel. Denn mancher unglück-
liche Ausgang sowohl der Chloroform-, als auch
der Aethemarkose ist sicherlich mehr auf die un-
richtige Anwendung, als auf das Mittel selbst zu-
rückzuführen. Aether und Chloroform haben ihre be-
stimmten In- und Qegenindikationen, sie schliessen
einander also nicht aus, sie ergänzen sich viel-
mehr.
Was die Frage der strafrechtlichen Verantwort-
lichkeit hei der Aeiher- und Chloroformnarkose an-
langt, so stellt D. folgende Sätze auf: „1) Ver-
antwortlich zu erklären ist derjenige Arzt, der
Herzkranke chloroformirt und sie in der Narkose
verliert 2) Verantwortlich zu erklären ist der-
jenige Arzt, der Kranke mit akuten Lungenerkran-
kungen ätherisirt und sie in der Narkose verliert.''
D. bespricht dann die Stiekoxydul- , Äethyl-
chlorid-, BromäthyU, Pental-, Chkrair, sowie die
Alkoholnarkose; hieran reiht er die verschiedenen
Formen der Mischnarkosen (Narkosen mit Ge-
mischen) und eombimrten Narkosen, bei denen die
einzelnen Anästhetica natAeinander verabreicht
werden.
108 V. Bergmann — v. Mikulioz. — Bennecke. — Sultan u. Sohreiber. — Jesaner. — Esmonet.
Ein weiterer Abaohnitt ist der MßduUaranäetheeie
und den ^pieltira^Jn/eifc^toyiannaohGathelin ge-
widmet üeber letztere liegen noch keine grosseren
Erfahrungen vor; das erstgenannte Verfahren hUt
D. fdr eine Ätunahmemethode, die die Allgemein-
narkose nie zu verdrängen im Stande sein wird,
aber in gewissen Fällen von operativen Eingriffen
am Damme und Becken ihre Berechtigung findet.
Die letzten Capitel enthalten die verschiedenen
Methoden der Lokalanästhesie durch Compression,
Kälte oder Ortliche Anwendung von Arzneimitteln.
Alle die verschiedenen Verfahren werden ihrem
Werthe nach mehr oder weniger ausführlich be-
sprodien.
Wir können das D. 'sehe Buch wegen seiner bei
aller AusfQhrlichkeit doch kurzgedrängten klaren
Darstellung auf das Wärmste empfehlen.
P. Wagner (Leipzig).
16. Handbnoh der praktiaoben Ohlmrgio.
In Verbindung mit vielen Autoren bearbeitet
und herausgegeben von B. v. Bergmann,
P. V. Bruns u. J. v. Mikulicz. 4 Bände.
L, n. u. rv. Band. 2., umgearb. Aufl. Stutt-
gart 1902—1903. Ferd.Enke. Or.8. 1098,
1119U.1120S. (22Mk.60Pf.,23.u.23Mk.)
Das ausgezeichnete Handbuch der praktischen
Chirurgie, das bereits vor Fertigstellung der 1. Auf-
lage vergriffen war, liegt jetzt wieder fast voll-
ständig in xumter, umgearbeiteter Auflage vor. Der
L, n. und IV. Band sind complet, nur am IH Bande
fehlen noch einige Lieferungen. Sobald auch diese
erschienen sind, werden wir nochmals auf das
ganze Werk zurückkommen.
P. Wagner (Leipzig).
1 7. Operationsübangen an der Leiobe. Mn
Leitfaden für Studirende; von Prof. Dr. E.
Bennecke in Berlin. Mit einem Vorwort
von Prof. Dr. F. EOnig. Leipzig 1903.
H. Härtung & Sohn. EL 8. 182 S. mit 108 Ab-
bildungen. (4 Mk.)
Das Buch enthält das, was in den von EOnig
geleiteten Operationcursen gelehrt wird, bei denen
B. seit einer Reihe von Jahren betheiligt ist Dass
eine Anzahl von Operationen mehr aufgenommen
worden ist, als in den Cursen geübt zu werden
pflegen, ergab sich aus der Nothwendigkeit einer
gewissen Abrundung des Stoffes und „kann viel-
leicht dazu dienen, dem Buch einige Brauchbarkeit
auch über jenen engen Ereis hinaus zu geben."
Wir sind sicher, dass sich der klar und ver-
ständlich geschriebene Operationleitfaden Freunde
erwerben wird, wenn schon gerade an Büchern
dieser Art kein Mangel ist P. W a g n e r (Leipzig).
18. DienntaHfillbinHotbAlleiu FürAerzte
bearbeitet von Dr. G. Sultan u. Dr. K
Sohreiber; unter Mitwirkung von DDr.
Heermann, Palm, Schieck, Weber.
Leipzig 1903. F.CW.VogeL El. 8. 365 S.
mit 78 Abbildungen. (8 Mk.)
Dieses Buch, zu dem die Vogel'sche Verlags-
buchhandlung die Veranlassung gegeben hat, ent-
hält folgende 7 Abschnitte :
G. Sultan : Die erste Hülfe in chirurgischen
NothfUlen.
H. P a 1 m : Die Hülfeleistung bei plötzlich auf-
tretenden Erkrankungen und Gomplikationen auf
geburthülflich-gynäkologischem Gebiete.
F. Schieck: Die erste Hülfe bei akuten Er-
krankungen und Verletzungen des Auges.
G. Heermann: Die erste Hülfe bei Ver-
letzungen und plötzlichen Erkrankungen des Ohres.
E. Schreiber: Erste Hülfe bei plötzlichen
inneren Erkrankungen.
L. W. W e b e r : Die erste Hülfeleistung bei plötz-
lich auftretenden Gehimerkrankungen, namentlich
bei Geistesstörungen und Eramp^Bmf&llen.
K Schreiber: Die erste Hülfe bei akuten
Vergiftungen.
Sämmtliche Abschnitte zeigen eine leicht ver-
ständliche Darstellung, die vielfach auch durch
gute Abbildungen unterstützt wird. Eine Ver-
mehrung dieser Abbildungen konnte bei einer später
nOthig werdenden 2. Auflage nichts schaden.
Das gut ausgestattete Buch wird sich sicher
rasch zahlreiche Freunde erwerben«
P. Wagner (Leipzig).
19. Die ambulante Behandlung der Unter-
Bobenkelgesobwüre; von Dr. Jessner.
2. Aufl. Würzburg 1903. A. Stuber's VerL
(C. Eabitzsch). El. 8. 53 S. (80 Pf.)
Diese Abhandlung bildet Heft 7 der von J.
herausgegebenen „dermatologischen Vorträge für
Praktiker".
Nach kurzen Bemerkungen über die üreaehen
der ünteraehenkelgeaehivare geht J. auf die Behand-
lung ein.
Wenn die Ortliche Behandlung des Ulcus cruris
den Anforderungen der Praxis entsprechen soll, so
hat sie folgende Bedürfhisse zu erfüllen : 1) die
Behandlung muss ambulant durchgeführt werden
können ; 2) sie darf den Eranken nicht zu täglichen
Besuchen beim Arzte zwingen ; 3) die Behandlung
darf nicht zu kostspielig sein.
Nach J.'s Erfahrungen entspricht diesen An«
forderungen am besten der Unna 'sehe ZMoMm-^
verband, dessen Anwendung ausführlich beschrieben
wird. P. Wagner (Leipzig).
20. Contribution a Petude du testioule dana
quelques infeotions. Orohites experimen-
tales; par le Dr. Ch. Esmonet Paris 1903.
0. Steinheil. 8. 166 pp. et 4 planches.
Der 1. Theil des Buches befasst sich mit den
Veränderungen, die der Hode hei ah4en Infektiot^
krankheHen erleiden kann, und zwar ist es in der
Hauptsache nur die Variola, in deren Gefolge die
Hoden ausserordentlich h&ufig erkranken. Die
txxriolöse Orchitis besteht in der Hauptsache in einer
V. LenhoBB^k. — Hanke. — Dahlfeld. — Eönigsberger.
109
diffosoi oder knotenförmigen Infiltration des Binde-
gevebes, eventuell mit Hftmorrhagien und Yerände-
rongen in den SamenrOhrohen. Meist geht die
EDtsfindung vollkommen zurück, seltener hat sie
Atrophie im Oefolge.
Der 2. Theil des Buches enthält sehr inter-
eflsinte «xpenmenUUe üntenuckungen über die Er-
zeugung von Orohitiden durch Injektion toxischer
und infektiöser Substanzen in die Art spermatica.
Nsmentlich die Untersuchungen über die künst-
lich erzeugten tuberkulösen Entzündungen sind
beschtenswerth. P. W a g n e r (Leipzig).
21. Die Bntwiokelung des Glaskörpers ; von
Prof. Dr. V. Lenhossök. Leipzig 1903.
F. C. W. Vogel. Gr. 4. 106 S. mit 2 Taf. u.
19 Abbüd. im Text (12 Mk.)
Durch L.'8 sehr beachtenswerthe Untersuchun-
gen wird eine völlig neue Entstehung des Olas-
kSrpers geldirt und sowohl die Bindegewebe- wie
die Netzhaut- und Elxsudationtheorie widerlegt
L erklArt seine abweichenden Ergebnisse aus der
Yerwerthung von sehr jungen Embryonen und der
Anwendung einer besonderen Technik. Er stellt
fest) dass der Glaskörper eine Bildung der Linse
ist und beide Organe genetisch innig zusammen-
gehören. Die ersten Anzeichen des fibrillftren Glas-
kOrpergewebes sind schon yorhanden, sobald sich
fib^haupt eine Linsenanlage in Form einer Yer-
dickong des Bktoderms über der Augenblase be-
merklich macht, beim Kaninchen am 10. Tage.
Beim 12tSgigen Kaninchen ist zu bemerken, dass
ahlreicfae Basalkegel von Linsenzellen sich un-
mittelbar aus derCttticula lentis in die Glaskörper^
fibriUen fortsetzen, während die Cuticula retinae
ab ununterbrochenes Ganzes vom Glaskörper ab-
geschieden bleibt Im Perilenticularraume liegen
inmitten der Glaskörperftbrillen Mesenchymzellen,
die schon ursprünglich zwischen Ektoderm und
Angenblase vorhanden waren, aber keinen Zusam-
menhang mit den Fibrillen erkennen lassen. Von
Biod^webe ist in diesem Baume keine Spur nach-
nweieen. Die OhUkörperfibriOm sind demnach
^BiUimgeprodukie derBMohellenderekUHierfnakn
l^nttnanlaffe aufzufassen. Schon an demselben
I^ beginnt die Differenzirung der Fibrillen zu
einem dreidimensionalen Netzwerke und eine Ab-
schntSnmg der nun selbständigen Glaskörperanlage
vom Mntterboden, von dem nun die Bildung des
UüBenepithels ausgeht Am 13. bis 14. Tage ist
die Cuticula lentis, die spätere Ltnsenkapsel, schon
dn ununterbrochenes Häutchen. Zur selben Zeit
^ginnt am vorderen Linsenrande die Bückbildung
der OlaekörperfibriUen. Man findet jetzt hier fol-
gendes Bild, das bei den bisherigen Forschungen
nie richtig gedeutet worden ist: hinter der Ekto-
dermlage befindet sich eine Bindegewebeschicht,
ans der später Hornhaut, Iris und Pupillarmembran
Wrorgehen, zwischen der Bindegewebeschicht und
der Linse der Best des perilentikularen Glas-
körpers, der allmählich bis zum 16. Tage spurlos
versdiwindet Gleichzeitig erscheint die Arteria
hyaloidea zum ersten Male eine Strecke weit als
frei den Glaskörper durchziehendes Gefflss. Die
Einzelheiten der hochinteressanten Untersuchungen,
insbesondere die Befunde bei Katze, Rind und
Mensch, erfordern das Studium des Originals,
dessen klarer Inhalt mit ganz besonders gut wieder-
gegebenen Abbildungen reich ausgestattet ist Eine
Fortsetzung der Untersuchungen an weiter ent^
wickelten Augen stellt L. in Aussicht
Bergemann (Husum).
22. Therapie der Augenkrankheiten; von
Dr. Hanke. Wien u. Leipzig 1903. Alfr.
Holder. 8. 234 S. (3 Mk. 20 Pf.)
H. schöpft aus langjährigen Erfahrungen als
Assistent an der Fuchs 'sehen Klinik und hat den
reichhaltigen Stoff mit Geschick in knapper und
klarer Form zusammengestellt Das Werk soll
dem praktischen Arzte ein Rathgeber und Weg-
weiser sein; es empfiehlt sich als Nachschlage-
büchlein, in dem der Praktiker das Wichtigste für
Diagnose und Therapie schnell und übersichtlich
zur Hand hat Bergemann (Husum).
23. Bilder für stereoskopisohe Uebangen
Bum Gebrauche für Schielende; von Dr.
Dahlfeld. 4. Aufl. Stuttgart 1903. F.Enke.
Qu. 12. 28 Tafeln mit 8 S. Text (4 Mk.)
Die neue Auflage mit 28 Bildern und einer
belehrenden Einleitung empfiehlt sich wie die frü-
heren durch gefällige Ausstattung und praktische
Verwerthbarkeit Bergemann (Husum).
24. Hermann von Helmholti; von Leo
Königsberger. 11. u. III. Band. Braun-
schweig 1903. Friedr. Vieweg & Sohn. Gr. 8.
XI u. 383, IX u. 142 S. (10 Mk., 4 Mk.)
Der n. undin.Band derv.Helmholtz-Bio-
graphie (wir haben auf den L Band in diesen Jahr-
büchern CCLXXVn. p. 222 aufmerksam gemacht)
wird von jedem Leser mit gleichem, wenn nicht
noch grösserem Interesse als der L Band gelesen
werden. Der 11. Band umfasst die Zeit von 1868 —
1871, während der v. H. als Professor der Physio-
logie in Heidelberg wirkte, und die von 1871 —
1887, während der v. H. als Professor der Physik
in Berlin thätig war. Während der Heidelberger
Zeit beschäftigen v.H. ausser Arbeiten auf physika-
lischem Gebiete noch seine grossen physiologischen
Untersuchungen. Wir heben nur einzelne hervor :
Die Lehre von den Tonempfindungen als physio-
logische Grundlage für die Theorie der Musik; seine
Arbeiten für die 2. Auflage der physiologischen
Optik; die Untersuchungen über den Horopter, das
stereoskopische Sehen, die Fortpflanzungsgeschwin-
digkeit der Beizung in den Nerven. In Berlin
umfassten seine Arbeiten das Gebiet der Physik,
Mechanik, Elektricität, Physiologie u. s. w., so das^
110 Chrobak, Berichte aus der zweiten geburtshülflich-gyn&kologischen Klinik in Wien.
Eng9lmann in seiner Gedächtnissrede auf t. H.
sagen konnte, dass sich, wie um Homer 7 Städte,
um V. H. 7 Wissenschaften stritten.
Im III. kleinsten Bande ist das Wirken v. H.'s
als Präsident der 1887 gegründeten physikalisch-
technischen Reiohsanstalt geschildert, seine Reise
nach Amerika mit dem gefährlichen Sturze auf
dem Schiffe, seine schwere Erkrankung (Schlag-
anfall) am 12. Juli 1894 und sein Tod am 8. Sept.
desselben Jahres.
Beide Bände enthalten 6 Bildnisse, von Lim-
bach gemalt, und das Facsimile eines Briefes von
V. Helmholtz.
Wohl die meisten Leser werden dem Autor,
der mit dieser Biographie ein des grossen Ge-
lehrten würdiges Oedenkbuch geschaffen hat, dafür
sehr dankbar sein, dass durch die ausgezeichnete
Besprechung der Arbeiten, durch die vortreffliche
Erklärung besonders schwieriger Themata das Ver-
ständniss für die Arbeiten von v. H. ganz wesent-
lich erleichtert worden ist.
Lamhofer (Leipzig).
25. Berichte aus der sweiten gebnrta-
hülflich-gynäkologisohen Klinik in Wien.
Herausgegeben von R Chrobak. 11. Wien
1902. Alfred Holder. 8. XX Vn u. 349 S.
(5 Mk. 20 Pf.)
1) Oaveani ; von R. C h r o b a k (p. IX— XXVII).
Chr. warnt vor dem üeberhandnehmen des
Specialistenthums und spottet über den „Frauen-
und Kinderarztes dessen selbst beigelegter, hoch-
tönender Titel keineswegs besonderen Kenntnissen
und Fertigkeiten, sondern nur dem Streben und
Drangen nach rascherem Vorwärtskommen seinen
Ursprung verdankt. Chr. fordert für die Stellung
des Hausarztes wieder das alte Ansehen und be-
dauert, dass dieses von vielen Speoialärzten unter-
graben wifd. Weiterhin bespricht er die Aus-
bildung der Aerzte im Allgemeinen, die Aussichten
der jungen Chirurgen und Geburtshelfer und klagt
zum Schluss, für seine Klinik mit einer solchen
colossalen Zahl von Geburten nur eine so geringe
Zahl angestellter Assistenten zu haben.
2) lieber 232 KramakmießUe aus der IL ge-
burtskülfUch-gynäkologisehm Klinik in Wien; von
Dr. Otto Liermberger in Levico-Vetriolo
(p. 1-142).
Vom 1. Jan. 1890 bis dl.Dec. 1899 wurde in
der Chrobak 'sehen Klinik unter 30973 Geburt-
fällen bei 232 Geburten oder bei 0.75% aller Ent-
bindungen kraniotomirt ; auf 133 Geburten kam
demnach eine Kraniotomie. Von 1973 Geburten
bei engem Becken wurden 146 durch Kraniotomie
beendigt; 86 weitere Kraniotomien kamen auf
29000 Geburten bei normalem Becken.
Die Kraniotomiefrequenz von 0.75*/o im All-
gemeinen und von 7.4^/o bei engem Becken ist
nach L. ein indirekter Beweis für die Richtigkeit
der Ansichten der Chrobak 'sehen Schule über
die günstigen Erfolge der möglichst lange ihrem
spontanen Verlaufe überlassenen Geburt bei engem
Becken. Das in Kopfendlage befindliche lebende
Kind wird erst dann perforirt, wenn ein gefahiv
drohender Zustand der Mutter eine rasche Geburt-
beendigung erfordert und diese unter Schonung
des kindlichen Lebens nicht ausgeführt werdmi
kann. Das in Kopfendlage befindliche todte Kind
wird perforirt, wenn nach dem bisherigen Geburt-
verlaufe eine Spontangeburt ohne Gefährdung der
Mutter durch Protrahirung der Geburt oder voraus-
sichtliche Verletzungen nicht zu erwarten steht
Der nachfolgende Kopf wird perforirt, wenn sich
durch Hindernisse im Becken seine Entwickelung
in unverkleinertem Zustande als unmöglich erweist
oder in den Weichtheilen gelegene Hindemisse
nicht vor Absterben des Kindes beseitigt werden
künnen.
Von den 232 operirten Frauen starben 18
= 7.76«/o ; davon fallen 2 Todesfälle = 0.9*/o
der Klinik, 1 = 0.5<^/o der Kraniotomie zur Last
Li keinem Falle konnte die Kraniotomie als Ge-
legenheitursache für eine stattgehabte Infektion
beschuldigt werden und in keinem Falle erfolgte
der Tod direkt und allein durch eine bei der
Kraniotomie gesetzte Verletzung.
Den Schluss dieser, sowie auch der folgenden
Abhandlungen bilden Auszüge aus den Geburt-
geschichten.
3) üeher die an der Klinik ausgeführten Kaiser-
schnitte der Jahre 1889^1900 ; von Dr. H e i n r i c h
Keitler (p. 143—225).
Vom 1. Oct 1889 bis 31. Dec. 1900 wurde
unter 36062 klinischen Entbindungen 64mal der
Kaiserschnitt ausgeführt; es kam also auf 547.8 Ge-
burten 1 Kaiserschnitt In 53 Fällen gab Becken-
enge die Indikation zum Kaiserschnitt.
Die Stellung Chrobak 's gegenüber Fällen
mit zweifelhafter Asepsis beim Kaiserschnitt aus
relativer Indikation ist folgende: Ausser der Anstalt
untersuchte können, wenn kein Anzeichen von In-
fektion besteht, dem conservativen Kaiserschnitt
unterzogen werden. Inficirte Frauen können unter
Umständen bei relativer Indikation dem Kaiser-
schnitte unterzogen werden ; die rationelle Methode
hierbei ist die von Porro. Obwohl Chrobak
in einem Falle, in dem von einem Arzte ausserhalb
der Klinik Entbindungsversuche angestellt waren,
mit bestem Erfolge den conservativen Kaiserschnitt
ausgeführt hat, ist diese Operation doch in der-
artigen Fällen zu widerrathen und höchstens durch
die typische Operation nach Porro zu ersetzen.
Bei der Wahl der Methode kommt nachK. in erster
Linie die conservative Methode in Betracht Be-
züglich der Methode des entfernenden Kaiser-
schnittes betont er, dass die supravaginale Ampu-
tation mit retroperitonäaler Stielversorgung nur in
aseptischen Fällen angewandt werden darf.
K. bespricht die Technik des conservativen
Kaiserschnittes und behandelt dabei eingehend den
Chrobak, Berichte aus der zweiten geburtshülflich-gynäkologischen Klinik in Wien. 111
FritBoh 'sehen queren Fundalschnitt. Er hat
keinen einzigen Nachtheil bei dem queren Fundal-
scbnitt erlebt, allerdings auch keine bedeutenden
Yontlge dabei gefunden. Er erleichtert die Ex-
traktion, auch dasNfthen ist sehr bequem und man
kann dabei gut massiren. G h r o b a k will deshalb
I den queren Fundalsohnitt nicht bei Seite legen.
' Von den 64 Operirten sind 11 gestorben. An
j je 2 Frauen wurde der Kaiserschnitt 2- und 3mal
I aiugefflhrt Ueber die sp&teren Schicksale der
Flauen theilt K. Folgendes mit: Nach 6 Wochen
waren die Frauen durchschnittlich im Stande,
leichte Arbeit zu verrichten; einzelne konnten
I dieses frdher, andere später thun. Schwere Arbeit
wurde von dem grOssten Theil der Frauen nicht
geleistet, weil sie in Folge ihrer materiellen Lage
es nicht nOthig hatten ; die meisten gaben aber an,
dass sie dazu ohne Weiteres im Stande wären. Die
Bauchnarbe hielt bei der weitaus grössten Mehr-
zahl der Nachuntersuchten tadellos. Der Uterus
wurde verhältnissmässig oft an der Narbe adhärent
gefanden; auch wurde er in den Notizen häufig
als gross und hart beschrieben. Die Menses ver-
liefen in fast allen Fällen ohne Störung. Von den
wenigen Frauen, die nach Ausführung des ent-
fernenden Kaiserschnittes zur Nachuntersuchung
kamen, gab nur eine Ausfallerscheinungen an.
Ganz auffallend war die grosse Sterblichkeit der
laiserschnittkinder. Yen allen Nachuntersuchten
bat später eine einzige spontan, und zwar ein
todtes Kind geboren.
4) üeber die künsüichm Frühgeburten der Jahre
1889^1900; von Dr. Heinrich Keitler und
Dr. Gustav Pernitza (p. 226—296).
In dem genannten Zeiträume wurde unter
35062 Geburten 93mal die künstliche Frühgeburt
angeleitet, und zwar 67mal wegen Beckenenge,
BSfflal auf andere Indikationen hin. Als Haupt-
laethoden kamen zur Anwendung die Blasen-
spiengong, das Einlegen von Bougies und die
Eyitreoryse. Zur Unterstützung wurden gebraucht :
Scheidenduschen, Kolpeuryse, Tamponade des Cer-
^iUkanals, Tamponade der Scheide, Wendung
oder Herabholen eines Fusses. Ist keine in Be-
tnMiht kommende Beckenverengerung vorhanden
und eine rapide Beendigung der Oeburt nicht er-
forderlich, ist femer der Cervikalkanal dem Yer-
Btzächen nahe oder verstrichen, der Muttermund
«Gbet und besteht Schädellage, so sprengt P. die
^^; ebenso bei Hydramnios. Ist schleunige
ätbindnng angezeigt und verlangt der Zustand
te Matter kein in erster Linie schonendes Yer-
Uiren, ist der Cervikalkanal für 2 Finger duroh-
g^g, 80 führt P. die Wendung aus oder holt
^nen Fuss herunter, an dem je nach Erfordemiss
^ elastischer Zug angebracht wird. In allen
ühtigea Fällen, in denen keine besondere Eile
^oiderlich ist, verwendet P. im Allgemeinen
Bongie oder Intrauterinballon, ausgenommen die
nUe, in denen der Zustand der Mutter besondere
Schonung verlangt; für diese Fälle ist Blasen-
sprengung oder Bougie vorzuziehen. Besteht eine
dringende Indikation zur raschen Geburtbeendigung
und verlangt der Zustand der Mutter kein scho-
nenderes Verfahren, ist femer die Wendung noch
nicht ausführbar, so soll nach P. die Hystreuryse
mit elastischem Zug oder mit Durchziehen immer
grösserer Ballons, eventuell unter Verwendung des
Champetier 'sehen Metreurynters vorgenommen
werden.
Von 53 wegen Beckenenge durch künstliche
Frühgeburt entbundenen Frauen wurden 32 lebende
und 21 todte Kinder geboren; die Mortalität be-
trägt also 39<^/o.
P. fasst Chrobak's Stellung zur künstlichen
Frühgeburt folgendermaassen zusammen : „Bei
Mehrgebärenden ist die künstliche Frühgeburt am
Platze, wenn die Anamnese unzweifelhaft ergiebt,
dass die früheren Geburten wegen der bestehenden
Beckenenge ungünstig für das Kind verlaufen sind,
und die Mutter den Kaiserschnitt, bez. dieSymphy-
seotomie ablehnt. Verhältnissmässig oft wird sich
dieser Fall in der Privatpraxis ereignen. Bei Erst-
gebärenden ist die Indikation mit grüsster Vor-
sicht zu stellen, da die Vergleiche mit voraus-
gegangenen Geburten fehlen. Starke Entwickelung
der Fmcht und auffallend schlechte Beckenverhält-
nisse — selbstredend als untere Grenze die an-
genommen, bis zu welcher allein der Kaiserschnitt
lebende Kinder liefern kann — werden Fingerzeige
abgeben; immerhin soll bei Erstgeschwängerten
die künstliche Frühgeburt auf das Aeusserste ein-
geschränkt werden. Die Resultate für die Mütter
sind derzeit trotz der glänzenden Resultate, die
Einzelne mit dem Kaiserschnitte erzielt haben, be-
trächtlich bessere als bei demselben. Demgemäss
wird die künstliche Frühgeburt bei Beckenenge
hauptsächlich in der Privatpraxis immer noch eine
anerkannte Operation bleiben, und es besteht die
Noth wendigkeit, sie an der Klinik den Studirenden
zu lehren. Es muss danach gestrebt werden, dass
die Geburt in Schädellage vor sich geht''
5) Ueber 138 Geburten bei Haeenta praevia
(1896—1900); von Dr. Emil Klein (p. 297— 332).
unter 17184 Geburten des genannten Zeit-
raumes wurde 138malPlacenta praevia festgestellt,
also in O.S^jo der Fälle oder 1 Fall von Placenta
praevia auf 124 Geburten. 28 Geburten verliefen
spontan; in den übrigen Fällen waren operative
Eingriffe noth wendig, darunter 18mal innere Wen-
dung mit Extraktion, 49mal innere Wendung mit
Manualhülfe, Smal Wendung nach Braxton-
Hicks mit Extraktion, 26mal Wendung nach
Braxton-Hicks mit Manualhülfe, 3mal innere
Wendung mit Spontangeburt Die Mortalität der
Mütter bei operativen Geburten war 11 = 10*/o,
die der lebensfähigen Kinder 59 = 52.2%. Bei
Wendung nach Braxton-Hicks mit Extraktion
starben von 8 Müttern 2 »» 25<>/o und 4 Kinder
e» 50%; bei Wendung nach Braxton-Hicks
112
Beuttner. -^ Jacobi. — Trautmann.
und späterer ManualhOlfe starben von 26 Müttern
2 = 7.6Vo und 20 Kinder — 76.9%. Das Ab-
warten der Oeburt des Rumpfee nach vollzogener
Wendung und die nunmehr geleistete Mannalhülfe
war das in der überwiegenden Mehrzahl der
98 Wendungen befolgte Vorgehen; 74 Manual-
hülfen stehen 24 Extraktionen gegenüber. Zur
Erweiterung des Muttermundes wurde in 45 oder
32.6<»/o der Fälle der B raun 'sehe Eolpeurynter
ein- oder mehrere Male angewandt. Die Gte»^mmt-
mortalität der Mütter betrug 13 oder 9.4<^/0. Yon
141 Früchten wurden lebend entlassen 44 oder
31.20/0; 97 oder 68.80/0 wurden todtgeboren oder
starben in der Anstalt
6) Die Emriehtung der gynäkologischen Station ;
von Dr. L. Reinpreoht (p. 333—349).
R. beschreibt die schon in den 30er Jahren des
vergangenen Jahrhunderts geschafifenen , natur-
gemäss hOchst mangelhaften Räume der Klinik und
berichtet zum Schlüsse über die von Chrobak
bei abdominalen Operationen befolgten Grundsätze.
Arth. Hoffmann (Dannstadt).
26. Gynaeoologia Helvetica; herausgegeben
von Dr. 0. B e u 1 1 n e r in Oenf. II. Jahrgang
(Bericht über das Jahr 1901). Genf 1902.
Henry Kündig. Giessen. Emil Roth. 8.
222 S. mit 40 Illustrationen. (5 Mk.)
In diesem Hefte stellt B. Alles von Schweizer
Aerzten auf gynäkologischem Gebiete „Geschaffene^'
in guten ausführlichen Referaten zusammen. Das
von B. bearbeitete Material enthält eine ganz be-
trächtliche Zahl werthvoller Abhandlungen; die
Typhlitisfrage und das Deciduoma malignum sind
besonders berücksichtigt. Auch aus dem Gebiete
der Veterinär-Geburthülfe und -Gynäkologie sind
mehrere interessante Arbeiten erwähnt, speciell
Untersuchungen über bakteriologische Fragen bei
der Euterentzündung der Kühe. Der gut ausge-
stattete Jahresbericht wird sicher eine gute Auf-
nahme finden. Arth. Hoffmann (Dresden).
27. Atlas der Haatkrankheiten mit Ein-
sohlnM der wiohtigaten venerisohen Er-
krankungen. FürpraktiachßAerxie und Stu-
dirende; von Dr. E. Jacobi, a. o. Professor
u. Direktor d. dermatol. Dniv.-Klinik in Frei-
burg i. Br. Berlin u. Wien 1903. ürban &
Schwarzenberg. 4. l.Abth. 64S.mit42Taf.
(12 Mk. 50 Pf.)
Der nach Moulagen hergestellte Atlas, dessen
1. Hälfte erschienen ist, zeigt zum grössten Theile
ganz überraschend naturgetreue Bilder. Jedenfalls
sind Dermatosen noch nie besser abgebildet wor-
den [nach Ansicht des Bef. auch nicht in dem
Kaposi 'sehen Werke]. Die Herstellung solohw
getreuer Bilder wurde, wie J. mittheilt, durch An-
wendung eines neuen photographischen Druck-
verfahrens (Citochromie) ermöglicht
Die vorliegenden 78 Bilder zeigen die Ery-
theme und verwandte Affektionen, Lupus vulgaris
und erythematosus, scrofulQse Affektionen, Lepra,
Trichophytie, Favus und andere Mykosen, Psoriasis,
Lichenarten, Prurigo, Variola, Varicellen, Masern,
Scharlach, Anthrax, Aktinomykosis, Herpes, Pem-
phigus vulgaris und vegetans.
Der zu den Bildern gehörige Text zeichnet
sich durch Klarheit und Kürze aus.
V. Lehmann (Berlin).
28. Zar Düforentialdiagnoae von Derma-
tosen nnd Loes bei den Bchleimhaut-
erkrankangen der Mundhöhle und oberen
Luftwege mit beaonderer Berüoksioh-
tigang der Hautkrankheiten als Theil-
erscheinangen ; von Dr. öottfr. Traut-
mann in München. Wiesbaden 1903.
J. F. Bergmann. Gr. 8. VIII u. 191 S.
(4 Mk. 60 Pf.)
In dieser Zusammenstellung haben wir eine
mühsame, aber überaus dankenswerthe Arbeit vor
uns. Sie bietet, wie es in der Natur der Sache
liegt, etwas mehr, als der Titel besagt Denn es
mussten natürlich die Exantheme der Schleim-
häute überhaupt etwas eingehender charakterisirt
werden.
Es werden im 1. Theile diejenigen Ausschlage
und deren Dififerentialdiagnose besprochen, die
wirklich als Theilerscheinungen von äusseren Haut-
erkrankungen zu betrachten sind, auch wenn that-
sächlich in einigen Fällen nur die Schleimhaut
erkrankt ist Die Fälle beziehen sich auf Liehen
ruber, Erythema exsudativum multiforme, Erj-
thema nodosum, Herpes, Medidnalintoxikationen,
Pemphigus, Ekzem, Impetigo herpetiformis, Pso-
riasis, Lupus erythematodes, Lupus Tulgaris,
Tuberkulose.
Der 2. Theil beschäftigt sich mit anderen Bi^
scheinungen in Mund, Rachen u. s. w., die mehr
selbständig sind, aber ebenfalls beiderDifferential-
diagnose gegen luetische Erscheinungen in Betracht
kommen. V. Lehmann (Berlin).
Für die Redaktion verantwortlidi : Dr. P. J. MOUw in htAftig, — Verlag von 8. Ulnel in Leipsig»
Druck von Walter Wlfuid in Lelpslg.
3aßtr6u<$et
der
m unb auefönMfc^en ^tfammUn (UUM^in.
Bd. 27a
1903.
Heft 2.
A. Originalabhandlungen und Uebersichten.
Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete der Anatomie
des Centralnervensystems in den Jahren 1901 und 1902.^)
Von
L. Edinger in Frankfurt a. M. und A. Wallenberg in Danzig.
YI. Zirisehenhim, Mittelhlm, Opticus.
320) Probst, M., Heber die Bedeatnng des Seh-
hÄgds. Wien. klin. Wohnsohr. XV. 37. 1902. (Zu-
sammenfassang früherer Besnltate.)
321) P r 0 b s t , M., Ueber den Verlauf der centralen
Sefaüiseni (Binden-Sehhügelfasern) a. deren Endi^ang im
Zwischen- n. Mittelhime o. über die Associabons- n.
Commissurenfasern der Sehsphäre. Arch. f. Psychiatr.
XXXV. 1. p. 22. 1902. 2 Tafeln.
322) Probst, M., Ueber den Verlauf n. die Eodi-
goog der Rinden - Sehhügelfasem des Parietallappens,
sowie Bemerkungen über den Verlauf des Balkens, des
Gewölbes, der Zwinge u. über den Ursprung des Mo-
flobur'sohen Bündels. Arch. f. Anat u. Physiol. [anat
AbtlL] p. 357. 1901. 2 Tafeln.
323) P r o b 8 1 , M., Zur Kenntniss des Faserverlaufes
<ic8 Temporallappens, des Bulbus olfaotorius, der vorderen
CoDunissur u. des Fomix nach entsprechenden Exstir-
pitions- u. DnrchschneidungSTersuchen. Arch. f. Anat.
IL PhysioL [anat Abth.] p. 338. 1901. 2 Tafeln.
324) Probst, M., Zur Kenntniss des Bindearmes,
der Haubenstrahlung u. der Regio subthalamica. Mon.-
Schr. f. Psych, n. Neurol. X. 4. p. 288. 1901. 2 Tafeln.
325) Kolk, J. van der, Pathologisch-anatomisch
QDdttzoek Tan den thalamus opticus in verband met
hattdverschiynselen in cerebro, eene bijdrage tot de studio
des secondaire veranderingen. Psychiatr. en Neurol.
Bladen 6. 1901. 2 Tafehi.
(Ausgedehnte Erweichungen des Grosshims führten
nr Atrophie des vorderen und eines Theiles des medialen
^^haUmoskemee. van der K. glaubt auf Grund seines
Befundes, dass der Nucleus anterior mit dem Ammons-
faorn, der mediale Kern mit dem Lobus lingualis und
fOSiforouS gm^^mmflnhängt.)
326) Ernst, £., Ueber die absteigenden Verbin-
doogoD der Sehhügel u. vorderen Vierhügel. Inaug.-Diss.
>) Fortsetzung; vgl. Jahrbb. CCLXXIX. p.
^ed.Jahrbb. Bd.279,Hft2.
1.
Petersburg 1902. (Russisch.) (Dem Ref. nicht zugänglich.
Ref. im Neurol. Centr.-Bl. p. 1016. 1902.)
327) Wallenberg, Adolf, Giebt es centrifugale
Bahnen aus dem Sehhügel zum Rückenmark ? Neurol.
Centr.-Bl. p. 50. 1901.
328) Obersteiner, H., Ein porencephalisches Ge-
hirn. Arb. a. d. neurol. Inst, an d. Wiener Univers. VIII.
1902. 2 Tafeln u. 23 Abbild, im Text.
329) Troschin, G., Die cortikale Schleife (sensible
Bahnen in der inneren Kapsel). Aus d. wissensch. Verei-
nigung d. Aerzte an d. Nervenklinik zu Kasan. Sitzung vom
20. März 1900. (Ref. im Neurol. Centr.-Bl. p. 142. 1902.)
330) Borst, Max, Die psy cho-reflektorische Facialis-
bahn (r. Bechterew) unter Zugrundelegung eines Falles
von Tumor im Bereiche des Thalamus opticus. Neurol.
Centr.-Bl. p. 155. 1901.
(Die von einem Thalamus-Tumor abhängigen Degene-
rationen werden mit den intra vitam beobi^hteten Sym-
ptomen in Verbindung gebracht)
331) Tarasewitsch, Johann, Zum Studium der
mit dem Thalamus opticus u. Nucleus lenticularis in Zu-
sammenhang stehenden Faserzüge. Arb. a. Prof. H. Ober-
steiner's Laboratorium IX. p. 251. 1902. 2 Tafeln u.
5 Abbild, im Text
332) Edinger, L., u. A. Wallenberg, Unter-
suchungen über den Fornix u. das Corpus mamillare.
Arch. f. Psychiatr. XXXV. 1. p. 1. 1901. 2 Tafeln.
333)Mirto, Domenico, Sulla fina anatomia delle
regioni pedunoulare e subtalamica dell'uomo. Ann. dell.
R. Clin, psich. e nenropatol. di Palermo 1898/99. p. 183.
2 Tafeln.
334)Vaschide, N., etClaude Vurpas, Recher-
ches sur la structure anatomique du Systeme nerveux
chez un anencephale en rapport avec le mecanisme fonc-
tionel. Nouv. Iconogr. de la Salpetr. XIV. 5. p. 388.
1901. 2 Tafeln u. 6 Figuren. (Dem /^e/l nicht zugänglich.)
335) Bamon y Cajal, S., Contribucion al estudio
de la via sensivita central y estructura del tälamo optico.
Rev. Trimestral Micrograüca Tomo V. Madrid 1900. Con
6 grabados. (Ref. s. Cap. VII.)
15
114
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnenrensystoms.
336) Marie, Pierre, n. JeanFerrand, Zwei
neue Fälle von Atrophie der Corpora mammillaria in Ver-
binduDg mit ErweichuDg der RindeDsehcentra. Societe
de Neurol. de Paris. Sitzung vom 10. Jan. 1901. (Ref.
im Nenrol. Centr.-Bl. p. 494. 1901.)
(Atrophie des gleichseitigen Oorpos mammülarenach
LSsionen des Gnneos, bez. optischer Badiiülasern.)
337) Münzer, Egmont, n. Hago Wiener,
Das Zwischen- n. Mittelhim des Kaninchens u. die Be-
ziehungen dieser Theile zum übrigen Gentrainerven-
System, mit besonderer Berücksichtigung der Pyramiden-
bahn u. Schleife. Mon.-Schr. LPsychiatr. u. Nenrol. XII.
Erg.-Heft p. 241. 1902. 8 Tafeln.
338) Sil ex, P., Üeber die centrale Innerv^äon der
Augenmuskeln. Nach gemeinschaftlich mit Dr. R. Du
Boia-Beymond auageführtan üntersachungen. Bericht
über d. 27. Yersamml. d. ophthalmolog. Gesellsch. zu
Heidelberg 1898. Wiesbaden 1899. J.F.Bergmann. Mit
1 Abbildung.
339) 0 er wer, üeber die Rindencentren der Augen-
bewegungen. Inaug.-Diss. Petersburg 1899. (Russisch.)
340) Piltz, Jan, Przyczynek do badaA nad szla-
kami osrodkowymi nerwöwokomchowych. (Surlesvoiee
centrales des nerfs oculomoteurs.) Oaz. lek. Warszawa
XXI. p. 993. 1901.
341) Piltz, J., Ueber centrale Augenmuskelnerven-
bahnen. Neurol. Gentr.-Bl. Nr. 11, 1902.
342) Piltz, J., Gontribution ä Tetude des voiea
centrales des nerf^ moteurs de Toeil. Revue neurol. N. 8.
VIIL1900.
343) Ramön y Gajal, S., Estructura deltuberculo
cuadrigemino posterior, cuerpo geniculado interne y vias
acusticas centrales. Tiabigos dei Laboratorio de Inveeti-
gaciones Biologicas del üniversidad de Madrid. Tomo I.
Madrid 1901/02. Gon 6 grabades. (Ref. s. Gap. VIL)
344)Retziu8, Gustaf, ZurEenntnissderOehim-
basis u. ihrer Ganglien beim Menschen. Biolog. Unter-
suchungen N. F. ]Q. Stockholm u. Jena 1902.
345) Gentes et Aubaret, Gonnexions de la voie
optique avec le 3e ventricule. Gompt rend. Soo. biol.
Paris LIV. 31. p. 1283. 1901. Renn. biol. de Bordeaux.
(Dem Ref, nicht zugänglich.)
346) Marquez, Manuel, Nuevas consideraciones
acerca de los entrecrnzamientos motores del aparato de
la Vision. Rev. trimestr. microgräf. V. 2 y 3. p. 73. 1900.
5 Figuren. (Theoretisches.)
347)Gallemaerts, £., Surlastructureduchiasma
optique. Bull, de r Acad. R. de Belgique 4. S. XIY. p. 521.
1900. 14 Figuren. (Dem Ref. nicht zugänglich.)
348) Gallemaerts, Les centres corticaux de la
Vision apres Tenucleation ou Tatrophie du globe ooulaire.
Bull, de l'Acad. B. de Med. de Belgique 4. S. XVI. 4.
p. 267. Avril 1902. 2 Figuren. — Revue neurol. X. 21.
Nov. 1902.
349) Berl, Victor, Einiges über die Beziehungen
der Sehbahnen zu dem vorderen Zweihügel der Kamn-
chen. Arb. a. d. neurol. Inst an d. Wiener Universität
Herausgeg. von Prof. Dr. K Obersteiner. Heft 8. Leipzig
u. Wien 1902. Franz Deutioke.
350) Frankl- Hoch wart, L. v.. Zur Eenntniss
der Anatomie des Gehirns der Blindmaus (Spalax typhlus).
Arb. aus Prof. Obersteiner's Laboratorium Heft 8. 1902.
351) Burton, D. Myers, Beitrag zurKenntniss
des Ghiasmas u. der Gommissuren am Boden des dritten
Ventrikels. Arch. f. Anat u. Physiol. [anat Abth.] 1902.
352) Pich 1er, A., Der Faserverlauf im menschl.
Ghiasma. AngenärzÜiche Ünterrichtstafeln. Herausgeg.
von K Magnus. Heft 22. 1901. 12 Tafeln.
353)8 taure n ghi, Gesare, L'anatomie du chiasma
opticum Sans seotion dans quelques vertebres. Gompt
rend. 13. Gongres Internat de Med. Paris 19(XX Section
d'Histol. et d'fmbryol. p. 92. (Dem Ref. nicht zugänglich.)
354) Lo Monaco, D., eS.Ganobbio, Sniduturbi
visivi e sulle degenerazioni che susseguono al taglio di
una bandeletta otüca. Glin. Gculist Marzo 1902. (Ref.
in Riv. di Fatol, nerv, e ment p. 419. 1902.)
(Tractus-Durchschneidung beim Hunde hat die be-
kannten oentripetalen und centrifugalen Degenerationea
zur Folge.)
355) Marenghi, G., Section intracrdnienne du oerf
optique chez les mammiferes (lapin). Arch. Ital. de biol.
XXXVn. 2. p. 274. 1902.
356) Spiller, William G., A case of complete
absence of the Visual System in an adult Brain 4. p.631.
1901. 4 Tafeln.
357) Mirto, D., La mielinizzazione del nervo ottico
oome segno di vita extrauterina protratta nei neonati pre-
maturi ed a termine. Pisani XXIII. 1. p. 5. 1901. 1 Tafel.
358) Pagano, G., Ancora sulle fibre associative
periferiche dei nervi otticL Atti de R. Aocad. de 8c.
med. 1899. Palermo 1900. p. 94. (Dem Ref nicht zu-
gänglich.)
Der Tbalamus hat bisher immer fQr eines der
am wenigsten gut bekannten Gebilde gegolten.
Ihm ist eine ganze Anzahl mit bester Methodik aus-
geführter Arbeiten gewidmet Dabei hat sich er-
freulicher Weise herausgestellt, dass Alles, was
wir bisher, wesentlich durch M o n a k o w , Nissl
und Forel über die zum Thalamus ziehenden
Bahnen wissen, richtig und zunftchst kaum er-
weiterungsfähig ist, auch dass, wie Monakow
bereits angegeben, der Stabkranz des Thalamus
doppelläufig ist, dass in ihm Bahnen zur Rinde
und aus der Rinde verlaufen. Die neuen Unter-
suchungen haben aber unsere Kenntnisa der aus
dem Thalamus selbst entspringenden Bahnen er-
heblich erweitert und vieles ältere gesichert ESs ist
namentlich das Verdienst von Probst (320 — 324),
wenn eine grosse Anzahl künstlich gesetzter Thala-
mus Verletzungen mit der Mar Chi -Methode gründ-
lich durchstudirt worden ist Gerade Thalamus-
Verletzungen waren bisher kaum bekannt Das
Meiste was wir über Thalamusstrahlungenwussten,
war aus Yerletzungen des Pallium und aus dem
Studium relativ grosser Erweichungen beim Men-
schen bekannt
Bevor Pr. an die Beantwortung der Frage
herantreten konnte, welche Bahnen aas dem
Thalamus entspringen, musste untersucht werden,
ob es nicht Züge giebt, die caudal entspringend
den Thalamus durchziehen und im Pallium «iden.
Eine lange Reihe hierauf gerichteter Experimente
(Halbseitenl&sionen an den mannigfachsten Punkten
des Nachhimes und Mittelhirnes) ergab, dass es
keine Fasern giebt, die von da aus weiter frontal,
als bis in den Thalamus entarten. Alle von der
Peripherie kommenden Reize erleiden also im Thala-
mus eine Leitungsunterhrechung. Zerstörung des
Thalamus selbst durch eine Hakenkanüle bringt
immer Züge bis in diePyramidensohicht der Rinde
zur Degeneration. Die Fasern aus den ventralen
Sehhügelkernen enden wesentlich in den Qyri
sigmoidei, den 6yri coronarii und deren Nachbar-
schaft Die Fasern aus den lateralen Kernen, dem
Pulvinar, dem hinteren Kerne und dem Oeniculatum
laterale ziehen als Stratum sagittale laterale zur
Rinde des Parietal- und Occipitallappens. Auch zum
£dinger und Wallenberg, Anatomie des Geniralnervensystems.
115
medialen Mantelgebiete lassen sich Thalamusfasem
verfolgen. Dazu kommt dann noch eine ventrale
Sehhügelfaserung zu den Basal Windungen aus dem
frontalen und medialen Kema Zu dieser Faser-
nasse tritt dann noch das ganze System der Trao-
tos oortioo-thalamici, tritt das Stratum zonale aus
den Optiousfasem und treten die aus der Haube in
den Sehhfigel gelangenden Bahnen. So entsteht
das Mark weiss des Thalamus. Oaudalwärts konnte
Probst Fasern zum Haubenkern und der Sub-
stantia reticularis nachweisen. Seine zum Orau
des Yorderen Zweihügels gehenden Bahnen werden
des erneuten Studium bedürfen, nachdem Hors-
ley und Beevor (309) gezeigt haben, dass es
TractQs cortico-tectales giebt, die den Thalamus
nur passiren. Keine echte Sehhügelbahn verl&uft
weiter als bis zur caudalen Mittelhirngrenze. Wohl
aber stammt aus derBegio retro-thalamica eine An-
zahl Bündel, die man unter i,lange Bahnen** be-
schrieben finden wird.
ESneeitige SehhügelzerstOrungen erzeugen bei
Händen und Katzen Zwangshaltungen und «Be-
wegungen^ Hemianopsie und gewisse OefühlstOrun-
gen. Von all' dem bleibt, wenn genügend Zeit
lom Ausgleiche gelassen wird, nur die Hemianopsie
bestehen. Doppelseitige Zerstörungen führen aber
SU Verblödung, Erblindung und schweren Störun-
gen aller Sinnesempfindungen. Das Alles ist zu
erwarten, wenn man nach unserem Stande der
Eointnisse annimmt, dass die via Traotus spino-
et bulbo-thalamid anlangenden Gefühlsbahnen alle
im Sehhügel zunftchst enden. Auch für die moto-
rischen Beize, die der Sehhügel aus der Bewegungs-
rinde erhAlt, besitzt er in den Zügen zum Nach-
thalamus Verbindungsbahnen, die ihn mit der
motorischen Faserung zum Rückenmarke u. s. w.
verknüpfen.
Aach beim Affen liegen die Verhältnisse nach
Butishauser (306) nicht principiell anders.
Hach Abtragung der Stimtheile der Hemisphären
eatsrten die vorderen und mittleren Abschnitte des
Sebhfigels durch den unteren Stiel
Die Probst 'sehen Arbeiten bieten eine reiche
Findgrabe von Binzelbeobachtungen anatomischer
Bod besonders auch physiologischer Art, auf die
hier nicht ganz eingegangen werden kann, doch
Btad sie an vielen Stellen dieses Berichtes ver-
verthet Erwähnt sei aus den Studien über die
nun Thalamus ziehenden Bahnen (323), dass nach
Biadenezstirpation in der Hörsph&i^e die Degene-
ittionen vorwiegend im Stiele des medialen Knie-
hSekers und in einem Theile des ventralen Thala-
mnskenies liegen ; ausserdem geht eine kleine An-
zahl von Fasern in den lateralen Abschnitt des
Himschenkelfusses. Das steht im Einklänge mit
dem Slteren Befunde von Monakow.
Auch von Anderen ist über das gleiche Gebiet
gearbeitet worden. Trosch in (329) brachte durch
Thalamuaverletzungen die Tractus thalamo-corti-
cilee ocoipitales zur Entartung.
Nach langdauerndem Verluste eines Auges
bleiben, wie l&ngstMoeli behauptete, die gleichen
Bahnen in der Bntwickelung zurück. Oalle-
maerts (348) will (nach einem Referate in der
Revue neurologique) in 5 Fällen von Augenverlust
alle Rindenschichten in der Dmgebung derFissura
calcarina atrophisch gefunden haben. Man ver-
gleiche die älteren Untersuchungen von Monakow
und die von S piller (856), die zu entgegen-
gesetzten Resultaten kommen.
Münzer und Wiener (337) kommen in
einer gross angelegten Arbeit für die durch Zellen-
färbung abscheidbaren Thalamuskeme des Kanin-
chens, abgesehen von wenigen Modifikationen, zu
derselben Eintheilung wie N i s s 1 (siehe den Bericht
vom Jahre 1896 — 1896). Dorsal vom caudalen
Pole des Corpus geniculatum mediale unterscheiden
sie einen „Nucleus suprageniculatus'^ Die Be-
schreibung der nach partiellMi und totalen Gross-
himverletzungen (mit und ohne Thalamusläsion)
bei neugeborenen Thieren erhaltenen Atrophien
(Oudden's Methode) enthält viele bemerkens-
werthe Angaben. Naoh Qrosshim Verletzungen blei-
ben folgende Kerne unbeeinflusst: „Kern der Mittel-
linie", Nudeus arouatus, ein „hinterer Kern",
Ganglion habenulae, Ganglion interpedunculare,
vorderer und hinterer Vierhügel, Nudeus supra-
geniculatus, Substantia nigra, Nudeus ruber, Hinter-
strangskeme. Ein grosser Theil der im Pes pedun-
culi laufenden Fasern verbindet das Grosshim mit
Mittd- und Zwischenhim. Marchi- Degene-
rationen nach Augenenudeationen und Vierhügd-
verletzungen an Kaninchen brachten wichtige Auf-
schlüsse über den Tractus peduncularistransversus.
M. und W. unterscheiden in ihm einen Opticus-
antheil aus der Retina zur Gegend dorsal von der
Substantia nigra und oberhalb des Nudeus supra-
geniculatus in den vorderen Vierhügd und einen
umgekehrt laufenden Theil, der an den genannten
Stellen zu entspringen scheint und bis zur Ein-
trittstelle des Tractus in die Mittelhimbasis zu ver-
folgen ist
Der Befermü [E.] erinnert daran, dass er bei
Reptilien und Vögeln ein Bündel beschrieben hat,
das, aus dem Tectum opticum stammend, einen
ähnlichen Verlauf hat wie der Tractus transversus
und in dem runden Kerne des Thalamus endet.
Ein sdchee Bündel kommt auch bei Fischen vor,
und es ist sehr wahrscheinlich, dass der Tractus
peduncularis transversus der Säuger identisch ist
mit diesem bei allen Vertebraten vorkommenden
Traotus tecto-thalamicus.
Ernst (326) zerstörte bei Hunden vom Rachen
aus Thalamus und Vierhügel imd konnte die ab-
steigenden Degenerationen aus dem Sehhügd wie
Probst zu beiden rothen Kernen, zum oberfläch-
lichen Vierhügelgrau und zum centralen Hauben-
keme der Brücke, ausserdem aber auch noch zum
Nudeus centralis inferior der Formatio reticularis
der Oblongata verfolgen.
116
Edinger und Wallen borg, Anatomie des Gentralnervensystems.
Wallenberg (327) hat nach Verletzung
medio-dorsaler Gebiete des caudalen Zwischen-
liirns bei der Katze M a r c h i - Degenerationen zum
Vorderstrange des Rückenmarkes gesehen. Ausser-
dem entarteten Fasern, die sich caudalwftrts dem
Monakow 'sehen Bündel aus dem rothen Kerne
zum Hinterseitenstrange anschlössen. Es giebt
demnach einen „Zwischenhim-Antheil des Mona-
kow'sehen Bündels" und einen opistho- thalami-
schen „Zwischenhim-Antheil der Vierhügel- Vorder-
strangbahn".
Probst (324) hat seine Befunde bei Thieren
bezüglich der Bindearm -Endigung durch die
M a r c h i - Untersuchung in einem Falle von Binde-
arm-Erweichung beim Menschen bestätigen können.
Die wesentlichen Resultate der Arbeit sind : Ab-
gabe von Collateralen zum rothen Kerne (caudaler
Abschnitt), Endigung im centralen Kerne zwischen
innerer und äusserer Marklamelle, mediodorsal von
den Schleifenfasem und gleichzeitig weiter frontal-
wärts reichend. P. beschreibt femer Bindearm-
Fasern zur hinteren Commissur und zum Gentre
median. Ein Theil des Bindearmes kreuzt schon
im Kleinhirn. Der Verlauf der Linsenkern- und
Hirnschenkelschlinge wird wie von Monakow
geschildert. Die Fasern der Forel 'sehen Com-
missur verbinden die Gegend caudal vom rothen
Kerne mit einem gekreuzten ventral vom äusseren
KniehOcker gelegenen Felde.
Mirto (333) hat mit der Golgi-Methode die
Regio subthalamica und tegmentalis untersucht.
In der Substantia reticularis tegmenti fand er zwei
Arten von Zellen, die den Strangzellen des Rücken-
markes ähnlich sind. Der Nucleus mber enthält
grosse und kleine Zellen. Die grossen Zellen im
ventro-caudalen Abschnitte senden ihren Neuriten
caudalwärts zum Bindearme. Ein Theil der Binde-
arm-Fasern endet im rothen Keme, ein anderer
giebt nur Collateralen ab. Also im rothen Keme
endigen und entspringen Bindearm-Fasem. Zwei
Gliazellen-Formen im rothen Keme werden be-
schrieben. Die Axone des Corpus L u y s verbinden
sich theilweise mit dem Linsenkeme, daneben
können sie bis zur Substantia nigra und zum
rothen Keme verfolgt werden, ihre Endigung ist
unbekannt. Der Luys'sche Körper enthält Colla-
teralen und direkte Endigungen aus der Linsen-
kernschlinge. Zum Tractus opticus hat er (contra
Bernheimer u. Stillin g) keine Beziehungen.
Seine Kapselfasern stammen zum grössten Theile
aus dem Globus pallidus und enden theilweise im
Felde H von Forel zusammen mit Bindearm-
Fasern. Für dieses Feld schlaf M. den Namen
„Substantia reticularis subthalamica" vor, weil es
die direkte Fortsetzung der Substantia reticularis
tegmenti ist. Es enthält neben Bindearm-Fasem
auch Elemente aus dem hinteren Längsbündel und
Eigenbündel der Substantia reticularis. Die Endi-
gung des Bindearmes findet viaLamina meduUaris
externa im Thalamus und via Kapsel des Cor-
pus Luys undLinsenkernschlinge im Linsenkeme
statt.
Aus den anatomischen Ergebnissen der Probst '-
sehen Arbeit (324) sei noch erwähnt: Der Tractus
mammillo-thalamicus (Viqu d'Azyr) degenerirt
thalamuswärts. Der Stil des Corpus mammillare
enthält frontalwärts entartende Fasern, wie Wal-
lenberg im Jahre 1899 bereits nachgewiesen hat
(s. vorigen Bericht). Pr. lässt sie aus den Zellen
der Formatio reticularis entspringen.
Ueber den Opticus ist mehrfadi von neuen Ge-
sichtspunkten aus gearbeitet worden. Das basale
Bündel haben, wie nachträglich erwähnt sei, Sin-
ger und Münzer (337) bereits vor Wallen-
berg degenerativ nach Augenenucleation bis in
ihren „Nucleus ventndis N. optici^' verfolgen kön-
nen, der augenscheinlich mit Edinger 's „Ganglion
ectomamillare^* identisch ist
Die üntersuchungsresultate, welche Spiller
(356) an dem Gehirne eines Idioten mit Agenesie
beider Bulbi und der optischen Bahnen erhielt, be-
stätigen bezüglich der primären Optiousoentren
(Corpus geniculatum eztemum, Pulvinar, weniger
der vordere Vierhügel beim Menschen) frühere An-
gaben. Interessant ist die Integrität der Binde in
der Fissura calcarina und die normale Entwicke-
lung der Keme und Wurzeln der Augenmuskeln.
In dem von Obersteiner (328) beschrie-
benen Falle von Porencephalie fehlten unter Ande-
rem der rechte Tractus opticus und die damit zu-
sammenhängenden Sehbahnen und Centren. 0.
konnte daher die drei primären Opticusendstätten
wieder bestätigen. Das Stratum zonale und die
weisse Opticusschicht „W2" im vorderen Vier-
hügel (letztere als eigentliche Opticusfaserschicht
zu bezeichnen) enthalten ausser Opticusfasera auch
andera Die Retinafasern kreuzen nicht im Tha-
lamus und VierhügeL Das basale Opticusganglion
besitzt keine Beziehungen zum Opticus.
Thiele (380) hat keine Aeste des Tractus
opticus zum Infundibulum und zum Corpus Luys
gefunden. Die erste Aufsplitterung geschieht erst
im Corpus geniculatum extemum.
Bei der Blindmaus, Sphalax typhlus, bleibt das
kleine in einer verschlossenen Orbita liegende Auge
mit seiner Retina ganz auf embryonaler Stufe.
Der Opticus ist nur ein dünnes, nervenloses Bün-
delchen, das die Himbasis gar nicht erreicht Das
Gehirn dieses zeitlebens blinden, interessanten
Thieres hat v. Frankl-Hochwart (350) sehr
genau an mehreren Exemplaren untersucht Die
Vierhügel haben ein feines Stratum zonale, und
auch die darunter liegende gewöhnlich als Seh-
fasern gedeutete Schicht ist in Spuren vorhanden,
aber beide Schichten sind doch im Vergleiche etwa
zur Maus nur sehr dünn. Die anderen Schichten
in den Vierhügeln, namentlich das tiefe Mark, sind
gut entwickelt. Auffallend stark ist das Corpus
geniculatum mediale ausgebildet, vielleicht eine
vermehrte Entwickelung des Gehürsinnes anzeigend.
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
117
Die Gud den 'sehe CJommissur fehlt wahnohein*
lieh ganz, kann also nicht ans diesem Ganglion
stammen. Der Tractus peduncularis transversus
fehlt auch. Das Corpus geniculatum laterale ist
bis auf einen ganz kleinen Rest vollständig atro-
phirt Am Sehhflgel, der nicht viel kleiner als
der anderer Nager ist, fällt der Mangel des Stra-
tum zonale auf. Da, wo das Ghiasma liegen sollte,
findet man nur eine kleine weisse Commissur,
▼ielleicht die Meynert'sche. Die ForeTsche
Kreuzung ist gut ausgebildet, ebenso zeigen das
Ganglion habenulae, das Corpus subthalamicum
and die Gommissura posterior keine Veränderung,
haben also wohl nichts mit der Sehbahn zu thun.
Die Blindmaus hat gar keine Augenmuskelkerne,
Dicht einmal Rudimente von solchen. Da nun das
dorsale Läugsbfindel nicht kleiner ist als bei der
Maus, 80 können die Theile davon, die die Ver-
bindung mit den Augenmuskeln besorgen, nicht
allzu bedeutend sein. Obwohl der Abducenskern
audi fehlt, hat das Thier Fasern aus der oberen
Olive zu dessen Gegend. Dieser Olivenstiel kann
also nicht, wie man bisher meinte, nur der Ver-
bindung mit dem Abducens dienen. Die sehr
interessante Arbeit sei zum Studium im Original
empfohlen.
Ergänzend zu der Arbeit von v. Frank 1 und
zu der Arbeit von Obersteiner über das por-
encephaliBche Gehirn hat Berl (349) von Neuem
experimentell die Frage aufgenommen, wo die aus
dem Occipitallappen in das Mittelhim einstrahlen-
den Fasern endigen (Marchi- Methode). Es hat
sich gezeigt, dass bei Kaninchen die Endigung der
Rinden-Zweihügelbahn und die Endigung der reti-
nalen Zweihfigelbahn in der gleichen Vierhügel-
schicht liegen, dass im Stratum zonale keine cor-
tikalen Fasern enden und dass die beiden Kerne
des Geniculatum laterale, ebenso wie die Tha-
lamuskeme, was übrigens v. Monakow schon
angegeben hatte, in ihren Beziehungen zur cor-
tikalen Sehstrahlung nicht gleichwerthig sind.
Aehnliches fand Probst (321) mit der glei-
chen Methode bei Hunden und Affen. Während
beim Kaninchen nur die gleichseitigen Vierhügel
mit der Hinterhauptrinde verbunden sind, degene-
riren hier auch Fasern in den gekreuzten Hügel
hinein. Auch das Stratum zonale war degenerirt
Probst (324) beschreibt direkte Verbindungen
der Kuppe des vorderen Zweihügels mit den Ocu-
lomotoriuskemen, besonders dem gekreuzten. Er
bestätigt femer die von Kölliker gefundene
ventrale Commissur der lateralen Schleifenkerne
und der hinteren Zweihügel. Die Verbindungen
der Zweihügel mit der Hirnrinde sind lediglich
centrifugaler Natur.
Das Corpus Luys war bei einer Katze mit
cystOser Zerstörung des frontalen Theiles der 3.
und 4. Aussenwindung nach P. stark geschrumpft
Burton D. Myers (351), der das Chiasma
und die Commissuren am Boden des 3. Ventrikels
degenerativ und entwickelungsgeschichtlich an
sehr reichem Materiale studirt hat, berücksichtigte
bei den Untersuchungen leider nur das Kanindien.
Er kommt zu Resultaten, die fOr niedere Verte-
braten, Vögel und Reptilien, nach sehr klaren
Bildern längst festgestellt sind. Es ist aber er-
freulich, dass jetzt auch für die Sauger, wo, durch
Oudden namentlich, ein gewisser Wirrwarr in
den Bezeichnungen eingetreten war, auch Klarheit
geschaffen wird. Die partielle Kreuzung im Chiasma
des Kaninchens wird bestätigt Ein hübscher Ver-
such zeigt auch, dass das Sehen beim Kaninchen
binoculär ist Im caudalen Winkel des Chiasma
liegt die von Hannover bereits beschriebene Com-
missura (decussatio) inferior, ihre Markscheiden-
entwickelung fällt zwischen den 2. und 7. Tag.
Die dorsal davon liegende Kreuzung (Decussatio
superior), die lateral vom Tractus, wahrscheinlich
im Nudeus anterior des basalen Opticusganglions
endigt, wird am 2. Tage markhaltig. Qanser's
Decussatio subthalamica anterior umfasst ausser
dieser Decussatio superior noch ein in spitzem
Winkel kreuzendes, erst am 7. Tage markhaltiges
Fasersystem, wahrscheinlich zum Nucleus supra-
opticus des basalen Opticusganglion. Diese Fasern
umfassen jederseits die Fomixsäulen. Der Opticus
selbst, der am 1. Tage noch fast marklos ist, wird
erst zwischen 7. und 9. Tage markhaltig. Es giebt
ein Bündel Opticusfasern, das vom Tractus in der
Nähe des Chiasma caudal durch die Decussatio
inferior zieht und sich dann an deren mediale Seite
anlegt
Der Opticus enthält bekanntlich bei Fischen
(Krause) Fasern, die aus dem Tectum stammen
und zur Orbita ziehen. Für die Säuger sind solche
bisher nicht mit Sicherheit nachgewiesen worden.
Nun haben Lo Monaco und S. Canobbio (354)
bei Hunden den Tractus durchschnitten und ausser
den aufwärts degenerirenden Fasern (Retinabündel)
mit der Marchi- Methode solche gefunden, die
von der Schnittfläche zum Auge hin entarten. Sie
sind an Zahl geringer als die ersteren und über
den ganzen Querschnitt zerstreut Sie kreuzen
sich zum guten Theile im Chiasma.
Münzer und Wiener (337) haben die vom
Bßferentm [W.] wiederholt nachgewiesene centri-
fugale Verlaufsrichtung des im medialen Opticus-
bündel bei Tauben enthaltenen Antheils aus dem
Ganglion isthmi nicht bestätigen kOnnen. Auch bei
Kaninchen degenerirten nach Vierhügelverletzung
keine Fasern in den Opticus hinein, auch nicht
in den Tractus opticus, dagegen war die Gud-
den'sche Commissur deutlich entartet
In früheren Berichten ist der Funde an der
Hirnbasis des Menschen gedacht worden, die
Retzius' scharf beobachtendes Auge neu er-
heben konnte. Retzius (344) hat wieder an der
Hirnbasis lateral von der Eminentia saccularis
mehrere kleine, nicht constante Höcker, Eminentiae
laterales und postero-laterales, gefunden, die Gau*
118
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
glienzeMengruppen im Inneren führen. Ausserdem
entdeckte er in dem Winkel zwischen Tractus und
Crus oerebri ein Ghinglion, Nucleus extremus hyp-
encephali, das deutlich an der Unterflfiche hervor-
springt. Auch bei Orang und Schimpanse Hess
es sich nachweisen. Der Beferent [E.] erinnert
daran, dass bei allen niederen Yertebraten, auch
bei den Vögeln, laterooaudal vom Infundibulum ein
kräftiges Qanglion vorkommt, das er als Ganglion
ectomammillare bezeichnet hat. Nach der Lage
dürfte es identisch mit dem Nucleus extremus sein.
Es hat in der Beriohtzeit nicht an Versuchen
gefehlt, die noch ganz unbekannten Verbindungs-
bahnen aufzufinden, die die Hirnrinde mit den
Augenmuskeln verknüpfen. Nach Verletzungen
der Gentren für die Augenmuskelbewegung, die
vor der Fissura cruciata liegen, treten, abgesehen
von Entartungen im benachbarten Mark des Balkens,
im Thalamusmark nach Silex (338) feine Dege-
nerationstreifen auf, die in das Corpus geniculatum
und in der Richtung nach den Vierhügeln hin-
ziehen. Der Augenmuskelkem selbst wird nicht
erreicht
Aehnliohes fand Piltz (341), der speoiell die
Fasern abbildet, die (spärlich genug) aus dem
degenerirten Hirnschenk^fuss durch die Hauben-
strahlung zum Dach des Aquaeductus ziehen. Die
Entartung im Himschenkelfuss , die er abbildet,
beweist, dass seine Verletzung sehr viel grösser
(vielleicht subcortikal) war, als sie etwa den Augen-
muskelcentren entspricht Auch hier findet sich
keine Bahn bis in die Kerne selbst Piltz citirt
eine dem Bef. [E.] nicht zugängliche Dissertation
von 0er wer (339), der nach der gleichen Exstir-
pation sekundäre Degeneration in den medialen
zwei Vierteln des Himschenkelfusses, in der Sub-
stantia nigra und in den gleichseitigen gekreuzten
Oculomotoriuskemen fand. Auch die Abduoens*
kerne und die dorsalen Längsbündel beiderseits
zeigten Zerfallprodukte. Offenbar ist durch diese
Arbeiten die Frage nicht gelöst, zumal in den dor-
salen Längsbündeln und den Abduoenskemen, ja
auch in den Oculomotoriuskemen und Wurzel*
fasern ganz normaler Thiere regelmässig mit der
Marchi- Methode Zerfallsohollen gefunden wer-
den; diese sind, wie an anderem Orte nachgewiesen
worden ist, wohl das Zeichen für rascheren Stoff-
wechsel dieser fast ständig angestrengten Nerven-
bahn. ^
Von der Regio subthalamica wurden diesmal
namentlich die Corpora mammiUaria studirt. Im
Zusammenhange mit dem Referate über diese Unter-
suchungen sei das Wenige angezeigt, was über die
Fornixsäule neu vorliegt. Edinger (332) fand
an grosshirnlosen Hunden, dass die Fornixsäule
fast ganz im lateralen und dorsalen Abschnitt des
Ganglion mediale corporis mammillaris endigt;
nur ein sehr kleiner Theil tritt in die Oud deut-
sche Fomixkreuzung ein. Das caudale Bündel
und der Tniotus tbalamo-mammillaris haben auch
nur zum medialen Ganglion, und zwar zu dessen
ventralem Abschnitte Besiehungen, doch senden
sie auch einen Theil ihrer Fasern in die Markkapsel
des Corpus mammillare. Der Nucleus lateralis
atrophirt weder nach Verletzung des Thalamus,
noch nach Wegnahme der Hemisphären ganz, er
steht in inniger Beziehung zur Markkapsel, die
zum grössten Theile aus ihm und den Fasern des
Tractus thalamo-mammillaris stammen dürfte. Ehr
erhält selbst Fasern aus diesem Bündel und ent-
sendet caudalwärts den Pedunculus corporis mam-
millaris. Wallenberg (332), der Kaninchen und
Mäuse operirt hat, fand, dass beim Haus-Kaninchen
und bei den weissen Mäusen der Fomix nur zum
TheU im lateralen Abschnitte des medialen Ganglion
endet, zum anderen aber in den ventro-medialen
Theil des Ganglions geräth. Merkwürdigerweise
aber fand er bei 2 Riesen-Lapins, dass da nur ein
kleiner Theil der Fomixfasem in das Corpus mam-
millare geräth, während die Hauptmasse zum
Theil ungekreuzt in die Kapsel und zum centralen
Höhlengrau des frontalen Mittelhims tritt, zum
Theil aber innerhalb der Deoussatio hypothalamica
posterior kreuzt Die gekreuzten Bündel splittern
sich zum grössten Theil dorsal vom Pedunculus
auf; in einem Falle konnte ein gekreuztes Bündel
geschlossen bis in die Gegend des Gud deutschen
Ganglion tegmenti profundum und des dorso-
medialen Brückengrau verfolgt werden. Wenn
auch die unterschiede, die hier zwischen Hund
und Kaninchen gefunden wurden, sich vielleicht
daraus erklären, dass die einzelnen Ganglien bei
beiden Typen nicht recht homologisirt sind, so
bleibt doch der auffallende Befund, dass bei der-
selben Thierart, den Kaninchen, eine verschieden-
artige Endigung des Fornixbündels vorkommen
kann. Wenn aber schon beim Kaninchen so grosse
Unterschiede im Verhalten der Fornixsäule vor*
kommen, so werden viele Widersprüche in den
Angaben der Autoren, die sich mit den Fomix-
endigungen beschäftigt haben, leicht ihre Lösung
finden, üebrigens war es Gudden schon auf-
gefallen, dass sowohl die Ganglien bei verschie-
denen Thieren ganz verschieden grosse Entwicke-
lung haben, als auch bei verschiedenen Kaninchen
beträchtliche Variationen im Verhalten des kreu-
zenden Schenkels sich ergaben.
Münzer und Wiener (337) haben bei ihren
ebenfalls an Kaninchen angestellten Grosshim*
Läsionen Schwund der zur gekreuzten Seite ziehen-
den Fasern der Deoussatio fomicis gesehen, sobald
das Ammonshom mit getroffen war. Atrophie des
medialen Ganglion mammillare trat bei ausgedehn-
ter Verletzung der Grosshimoberfläohe besonders
dann ein, wenn der dorsofrontale Theil des
Zwischenhims (Endstätte für die Fasern des Fasoi-
culus thalamo - mammillaris) mit verletzt wurde.
Im medialen Mammillar-Ganglion konnte eine Tren-
nung in eine antero-dorsale und postero-ventrale
Abtheilung (Gudden) nicht durchgeführt werden.
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Oentralnervensystems
119
Nach Probst (322) fehlt ausser denHonden auch
den Katzen die Fomixkreuzung. Er batdieAussen-
seite des Uncus und den unteren caudalen Theil
des Ammonshornes verletzt Die Fornizdegenera-
tion konnte danach vorwärts durch die Säulen bis
in die Corpora mammillaria verfolgt werden, aber
Tiele der degenerirten Fasern endigten aufgesplit-
tBtt in den Ganglienzellen der Basis vor dem
Chiaama; ganz so haben es auch Edinger und
Wallenberg (332) fQr das Kaninchen ange-
geben. Das gleiche Resultat erhielt Probst,
wenn er den Fomix unter dem Balken wegschnitt;
wurde hingegen das Corpus mammillare zerst(5rt,
80 degenerirten frontalwärts nur ganz wenige
kurze Fasern.
Bischoff (301) hat eine ziemlich isolirte
cystische Entartung des Ammonshornes und seiner
Nachbargebiete: Uncus, Fimbria u. s. w., unter-
sacht Der gleichseitige Forniz ist fast ganz zu
Grunde gegangen, die Säule wird fast nur von den
Fasern des Fomix longus gebildet, die ja aus dem
dorsalen Theil der Bandwindung stammen. Die
Colnmna fornicis enthält aus dem Ammonshom
fast nur ungekreuzte Fasern, die in das Septum
anstrahlenden ZQge sind theilweise gekreuzt In
das Septum ziehen nach B. auch im Wesentlichen
die Zöge aus dem Fomix longus. Zum Mammillare
gelangt nur ein Theil der gleichseitigen Fimbria.
Dieses Ganglion war natürlich in seinem lateralen
Theile atrophirt Auch der aus ihm stammende
Tractns mammillo-thalamicus Yiq d'Azyr und der
vordere Sehhügelkemf in dem jener endet, waren
atrophisch. Dieses Bündel hat wohl doppelsinnigen,
zweifachen Faserverlauf, denn es ist von dem Bef. W.
wiederholt auch nach Thalamuserkrankung atro-
phisch gefunden worden. Die Basis der ersten
Stirnwindung war atrophisch [obperoontinuitatem
Ä/; ob via Fomix Vf.?].
Für die Atrophie der einen Fornixsäule, die in
einem Falle multipler Himherde mit Sklerose des
Tbalamus von Tarasewitsch (331) aufgefun-
den wurde, liess sich durch sorgfältige Serien-
imtersuchung keine Ursache finden.
Das von Honegger entdeckte, von Edinger
bä Schildkröten und Hunden bis zur Mittelhim-
basis verfolgte „Biechbündel zum Zwischen- und
Mittelhim'* aus der Area olfactoria und dem Gan-
aer'sehen „Basalganglion^' war von Bischoff
(«ehe &eai vorigen Bericht Nr. 335) beim Igel
degenerativ bis zur Haube des Mittelhirns dar-
gestellt worden. Wallenberg (381) konnte nach
Zerstörung desRiechfeldee im w^teren Sinne beim
Kaninchen mit der Marc hi- Methode feststellen,
dass ein Theil des Bündels, wie schon Honeg-
ger angab, innerhalb der Decussatio subthalamica
posterior kreuzt, dass auch im Bindearm und in
der Brücke Fasern auf die andere Seite gelangai,
dass femer einzelne Elemente in die Formation
des hinteren Längsbündels eintreten („Pars olfac-
toria fasdculi longitudinalis dorsalis^). Dieser
Theil des Längsbündels gelangt zusammen mit
einem anderen, der innerhalb der Formatio reti-
cularis lateralis abwärts läuft und auf diesem Wege
Fasern an die angrenzenden Eeme abgiebt, bis in
das Rückenmark. Bei 2 Enten hat der Bsf. W. (382)
ein Bündel mit gleichem Ursprünge und ähnlichem
Verlaufe degenerativ dargestellt, es fehlen hier
aber Kreuzungen und Fasem zum dorsalen Längs-
bündel.
yn. Einzelne lange Bahnen«
359) Obersteiner, H., Die YahatioDen in der
LageruDg der PyramidenbahDeD. Arb. a. Prof. K Ober-
steiner'a Laboratorium IX. p. 417. 1901. Mit 5 Abbild,
im Texte.
360) Sträussler, Ernst, Eine Yariation im Yer-
lanfe der Pyramidenbahn. Nearol. Gentr.-Bl. p. 834.
1901.
(Die Pyramiden-SeiteDstranebahD, welche in einem
Falle von frischer Hemiplegie mit M a r c h i verfolgt werden
konnte, reichte weit in das Areal der benachbarten Stränge
hinein.)
361) Barnes, Stanley, Degenerations in hemi-
plegia: with special referenoe to a ventro-lateral pyra-
midal traot, the accessory fillet and Pick* 8 bündle. Brain
XXY. p. 463. Antamn 1901. 89 Figuren im Text, 1 Tafel.
362) U g 0 1 0 1 1 i , F., Goutribnzione alio studio delle
vie piramidale neirnomo. Riv. sperim. di Freniatr.
XXYII. 1. 1901. Ref. in Rivista di Patol. nery. e ment
1901.
(Erklärung homolateraler Pyramidon-SeitenstraDg-
degeneration nach einseitigen Orosshimherden durch em
Bändel, das oberhalb des Himschenkelfasses kreuzt, in
die gekreuzte Pyramide und nach der Pyramidenkreuzung
in den gleichseitigen Seitenstrang gelangt Siehe den
vorigeD Bericht)
363) Spill er, W. G., üeber den direkten ventro-
lateralen Pyramidenstrang. Neurol. Gent)'.-Bl. p. 534.
1902.
364) ügolotti, Ferdinande, II fascio 6xPiek,
Rivista di Patol. nerv, e ment 9. p. 408. 1902. 2 Figg.
365) Stewart, Purves, Degenerations following
a traumatic lesion of the spinal cord ; with an acconnt of
a traot in the cervical region. Brain II. 1901.
366) Stewart, Purves, üeber den „Traot X* in
der untersten Cervikalgegend des Rückenmarkes. Nearol.
Centr.-Bl. p. 747. 1902. 3 Abbüd.
367) Gallewsky, M., Histologische u. klinische
Untersuchungen über die Pyramidenbahn u. dsABabinskC-
sehe Phänomen im Sfinglingsalter. Inaug.-Diss. Breslau
1902. pem Ref, nicht zugänglich.)
368)Poutier et Gerard, De Tentre-croisement
des pyramides chez le rat; leur passsffe dans le faisceau
de Burdach. Soo. de Biol. p. 703. Juillet 7. 1900. Ref.
in Revue nearol. p. 628. 1901. (Nichts Neues.)
369) Simpson, Satherland, Secondary degene-
ration following unilateral lesions of the cerebral motor
oortex. Internat Mon.-Schr. f. Anat. u. Physiol. XIX.
7—9. p. 304. 1902. 2 Tafeln, 5 Textfigaren.
370) B i k e 1 e 8 , G., Zar Kenntniss der Lagerang dor
motorischen Himnerven im Himschenkelfuss. Nearol.
Centr.-Bl. p. 944. 1901. 2 Figuren.
371) Bikeles, G., Ein Fall von oberflächlicher Er-
weichung des Gesammtgebietes einer Arteria fossae Sylvii.
^(Aus d. intern. Klin. u. d. pathol.-anat Inst in Lemberg.)
Neurol. Gentr.-Bl. p. 296. 1901.
372) Aspissow, N. u. J., Zur Frage über die
Lokalisation der oortikalen Contra des N. facialis u. über
die centralen Leitungsfasern des oberen Zweiges desselben.
WissenBch. Yers. d. Aerzte d. St Petersb. Klin. f. Nerven-
n. Geisteskranke. Sitzung vom 20. Dec. 1899. Ref. in
Nenrol. Centr.-R p. 1126. 1901.
120
E d i n g e r und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
373) Kosaka, K., üeber sekundäre Degeneration
iD MittelblrD, Brücke u. Medulla oblongata nach Zer-
störung des Grosshirns, insbesondere des motorischen
Rindencentrums. Mittheil, aus d. med. Fakultät d. kaiserl.
Japan. Universität zu Tokio Y. p. 77. 1901. 4 Tafeln.
374) Trosohin, G., Die centriden Verbindungen
der sensiblen u. motorischen Hirnnerven. (Aus d. wissen-
schaftl. Vereinigungen d. Aerzte an d. Nervenklinik zu
Kasan. Sitzung vom 26. März 1900.) Autorreferat in
Neurol. Centr.-Bl. p. 281. 1902.
375) A m a b i 1 i n 0 , R., Sulla via piramidolemniscale
Ann. di Nevrol. XX. 1. p. 79. 1902. Con una tavola.
376) Hamilton, Alice, A oase of heterotopia of
the white matter in the medulla oblongata. Joum. of
Anat. I. 4. p. 417. 1902. With 4 text figures.
(H. beschreibt ein abnormes Haubenbundel in der
Brücke und oberen Oblongata eines 6jähr. Kindes, das
frontal sich von der medialen Schleife loslöste und caudal
via Substantia reticularis grisea zum Facialiskem ver-
folgt werden konnte. Vielleicht handelt es sich nm
einen Theil der von Ho che beschriebenen centrifugalen
Schleifenfasem zu den motorischen Himnerven.)
377) Pusateri, £., Contributo alle studio dell'ori-
gine del fascio pedunculare del Türek e del fasoio longi-
. tudinale inferiore. Ann. dellaR.olin. psich. e neuropatol.
di Palermo p. 139. 1898—1899.
378) H ö s e 1 , üeber sekundäre Degeneration u. Atro-
phie im Hirnschenkelfuss u. Schleifenfeld nach einem
Herd in der Insel u. dem Fuss der unteren Stimwindung.
Arch. f. Psych. XXXVL 2. p. 479. 1902. 2 Tafeln.
379) Schütz, H., Ueber die Beziehungen des
unteren Längsbündels zur Schleife u. über ein neues
motorisches Stabkranzsystem. Neurol. Centr.-Bl. Nr. 19.
1902.
380) Thiele, F., A case of cerebral and oerebellar
tumours with well-defined tract degenerations. Brain
XCV. p. 509. Autumn 1901.
381) Wallenberg, A., Das basale Riechbündel
des Kaninchens. Anatom. Anzeiger XX. 7. p. 175. 1901.
382) Wallenberg, A., Eine centrifugal leitende
direkte Verbindung der frontalen Vorderhirnbasis mit der
Oblongata (+ Bückenmark?) bei der Ente. Anatom. An-
zeiger XXU. 1902.
383) Long, E. Les voies de condnction des impres-
sions sensitives dans la moelle et le cerveau. (Compt.
rend. des Sc. de la Soc. de Physich et d'Hist nat de
Geneve.) Arch. des Sc. physiol. et nat. Geneve Nr. 1.
p. 92. 1901. (Siehe vorigen Bericht)
384) Sirleo, L., Degenerazioni secondarie alla
distruzione dei nuclei del f unicolo mcile (fascio di OoÜ)
6 del funiculo cuneato (fascio di Burdaeh), Arch. ital.
di Med. intern. UI. 3—6. 1900. Ref. in Rivista di Patol.
nerv, e ment. VI. 3. p. 130. 1901.
385) Gebuchten, A. van, Recherches sur les
voies sensitives centrales. La voie centrale des noyaux
des oordons posterieurs ou voie centrale meduUo-thala-
mique. Nevraxe IV. 1. p. 1. 1902.
386) Bianchini, Contributo alle studio delle de-
generazioni ascendenti nelle lesioni trasverse del midollo.
Rivista critica di Clin. med. 22. 1901. (Dem Ref, nicht
zugänglich. Ref. in Rivista di Patol. nerv, e ment. p.270.
1901.)
(Bestätigung älterer Untersuchungen, die ergeben,
dass im G o w e r s 'sehen Bündel neben cerebellaren auch
spino-tektale und spino-thalamische Fasern enthalten sind.)
387) Henneberg, Ueber den centralen Verlauf
des (7ot<;er«'schen Bündels beim Menschen. Berliner
Gesellsch. f. Psychiatrie u. Nervenkrankheiten. Sitzung
vom 11. März 1901. Autorreferat in Centr.-Bl. f.Nerven-
hkde. n. Psych, p. 339. 1901.
(Bestätigung der Angaben früherer Autoren, nament-
lich QuenseTs, über den Verlauf des Tract spino-cere-
bcliaris ventralis und spino-thalamicus beim Menschen.)
388) Troschin, G., Die Lehre von dem üeber-
gange der sensiblen Leitungen aus dem Rückenmark in
die Medulla oblongata. (Aus den Wissenschaft]. Ver-
einigungen d. Aerzte an d. Nervenklinik zu Kasan. Sitzung
vom 26. März 1900.) Autorreferat in Neurol. Centr.-Bl.
p. 280. 1902.
(Im Wesentiicben eine Bestätigung älterer Etosnltate,
besonders derjenigen von Edinger und Flechsig.)
389) Gebuchten, A. van, Les voies ascendantes
du cordon lateral de la moelle epiniere et leurs rapports
avec le faisoeau mbro-spinal. Nevraxe HI. 2. p. 159.
1901. 29 Figuren.
390) Wallenberg, Adolf, Anatomischer Befund
in einem als „akute Bulbäraffektion (Embolie der Art
cerebellar. post. inf. sinistr. 7)^ beschriebenen Falle. Arch.
f. Psychiatrie XXXIV. 3. 1901. 2 Tafeln.
391) Gebuchten, A. van, Recherohes sur les
voiee sensitives centrales. La voie centrale du trijumeaa.
Nevraxe IlL 3. p. 237. 1902. 17 Figuren.
392) Hatschek, Rudolf, Ein vergleichend-ana-
tomischer Beitrag zur Eenntniss der Haubenfaserung u.
zur Frage des centralen Trigeminusverlaufes. Arbeiten
ans d. neurol. Inst an d. Wiener Universität; herausgeg.
von Prof. K Obersteiner IX. 1902. Mit 10 Abbildungen
im Text^.
393)Thiele,F.H., and Victor Horsley, Astndy
of the degenerations observed in the central nervons
System in a case of fracture dislocation of the spine.
Brain IV. p. 519. Winter 1901. With 11 Photomicrographa.
394) Ransohoff, Albert, üeber einen f^ von
Erweichung im dorsalen Theile der Brücke. Arch. f.
Psychiatiie XXXV. 2. p. 403. 1902. 1 Tafel.
(Die durch Markscheidenfärbung zur Ansicht ge-
brachten Degenerationen bestätigen grösstentheils Be-
kanntes.)
395) Ramon y Oajal, S., Die Endigung des äusse-
ren Lemniscus oder die sekundäre akustische Nerren-
bahn. Deutsche med. Wchnsobr. XXVIII. p. 275. 1902.
2Fignren.
396) Dantchakoff, Madame Wera, Recherches
experimentales sur les voies acustiques. Travail da
laboratoire de Psychiatric, Prof. A. Mahaim. Bull, de
l'Acad. de Med. de belgique, Seance du 22. Mars 1902.
2 Tafeln.
397) Gebuchten, A. van, Recherches sur la voie
aooustique centrale (voie acoustique bulbo-mesencepha-
lique). Nevraxe IV. Fevr. 15. 1903.
398) Probst, M., Ueber den Hirnmechanismns der
Motilität. Jahrbb. f. Psych, u. Neurol. XX. 1902.
399) Probst, M., Experimentelle Untersuchungen
über die Anatomie u. Physiologie der Leitungsbahnen des
Gehirnstammes. Arch. f. Anat. u. Physiol. [anat. Abth.]
Suppl.-Heft p. 147. 1902. 3 Tafeln, 1 Fig. im Texte.
400) Collier, James, and Farquhar Bnz-
zard, Descending mesencephalic tracts in cat, monkey
and man; Monakow' 8 bündle; the dorsal longitudinid
bündle ; the ventral longitudinal bündle ; the ponto-apinal
tracts lateral and ventral; the vestibulo-spinal tract; the
central segmental tract (centrale Haubenbahn); desoen-
ding fibres of the fillet. (The tracts from the nuclei
fastigii to Deiters nuclei ; descending thiüamo-spinal fibres ;
a tract from the inferior collioular region to the ventral
column of the spinal oord.) Brain XXIV. 2. p. 177. 1901.
24 Taf.
401) Haenel,Hans, Zur pathologischen Anatomie
der Hemiathotose. Zugleich ein Beitrag zur Kenntniss
der aus der Vierhügelgegend absteigenden Bahnen beim
Menschen. DeutschaZtschr. f. Nervenhkde. XXI. 1 n. 2.
p. 28. 1901. 2 Tafehi.
402) Giannettasio, Nicola, e Angelo Pu-
gliese, Contributo alla fisiologia delle vie motrici nel
midollo spinale del cane. Rivista di Patol. nerv, e ment.
VL 3. p. 97. 1901. 3 Tafeln.
403) Roth mann, M., Das Monakow' %Qhß Bündel
beim Affen. Berliner Gesellsch. f. Psych, u. Nerven-
krankh. Sitzung vom S.Juli 1901. Ref. in Nenrol. Centr.*
Bl. p. 730. 1901.
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensysteme.
121
404)RothmaDD,Max, Das JfonaAwtr'ache Bündel
beim Affen. Mon.-Schr. f. Psych, u. Neurol. X. p. 363.
1901. 1 Tafel.
405) Rothmann, Max, Üeher experimentelle
LSsionen der MeduUa ohlongata. Verhandl. d. 19.CoDgr.
f. innere Med., heraosgeg. von Prof. E. v. Leyden n. Dr.
Bmü Pfeiffer p. 431. 1901.
406) Probst, Max, üeber Bindenreizungen nach
Zerstörang der primären u. sekundären motorischen Bah-
odD, über die Bedeutung der motorischen Haubenbahnen,
über Sehhügelrindenfasem der Hörsphäre, über Gommis-
garenfiisern im Tractus opticus, über die Haubenstrah-
Inogscommissur u. über das dorsale Längsbündel. Mon.-
Schr. f. Psych, u. Neurol. XI. p. 406. 1902. 2 Tafeln.
407) Fräser, E. H., Posterior longitudinal bündle.
Joum. of Physiol. XXVII. 1901.
407a) Barratt, Wakelin, On the changes in the
oerroos System in a case of old standing amputation.
Brain 2. p. 310. 1901.
1) Motorische Bahn.
Seit langen Jahren beechftftigt man sich zum
1. Male wieder näher mit dem Oetammtmedionia'
mu8 der Motilität Obwohl Ref. E. immer wieder
danaf hingewiesen hatte, daes bei allen niederen
Vertebraten ein cerebraler Apparat ezistirt, der
ohne Pyramidenbahnen iat, dass diese Bahn anch
bei den niederen Säugern nur minimal ausgebildet
is^ war doch die gangbare Meinung immer wieder
hervorgetreten, dass die Traotus oortico-spinales
im Weeentliohen die Unterlage des motorischen
WillensTorganges darstellten. Es hat einer sorg-
Mtigen und kritischen Experimentaluntersuchung
bedurft, wie sie wesentlich von Rothmann
(Beferate über diesen physiologischen Theil findet
man an anderen Stellen dieser Jahrbücher) dann
weh von Probst ausgeführt wurde, um die einmal
herrschende Meinung zu erschüttern. Die Ter-
Reichende Anatomie hat Ungst gezeigt, dass bei
den Teleostiem z. B., wo gar kein Pallium existirt,
die Tractus thalamo-spinales , vielleicht auch die
Tnctos teoto-spinales, Apparate, die sich durch die
gnze Thierreihe wiederholen, die Unterlage für eine
tohere motorische Bahn bilden könnten, neben der
ooch mehr rein spinale existiren müssen. Zu eben
diesem Schlosse kommen nun auch die Arbeiten,
die sieh auf das Experiment am Säuger stützen.
Bothmann namentlich hat in immer varürten
böslichen geaseigt, dass bis hinauf zum Affen die
I^BTchschneidang der Pyramidenbahn nach einiger
Zät so ausgeglichen ist, dass kaum ein Ausfall
achtbar bleibt, und, ganz wie vor Jahren Bef. auf
Qnind vergleiohend anatomischer Arbeiten, kommt
9 m dem Schlüsse, dass die Werthigkeit des
Tnctos cortioo-spinalis bis zum Menschen all-
nihlich zunimmt Auch die P r o b s t 'sehe Arbeit
Aber den Himmechanismus der Motilität (398) ge-
hört nidit streng in den Bahmen dieses anatomi-
Khen Berichtes, es soll aber speciell auf sie hinge-
viesai werden, weil hier auf Orund einer grossen
Bohe von Halbeeitendurohschneidungen, Rinden-
ibtrannungen , Schweifkemverletzungen u. s. w.,
deren Besultate anatomisch nachgeprüft wurden,
dargelegt wird, dass bei den Thieren (Katzen, Igel,
Hed.Jahrbb. Bd. 279.Hft.2.
Hunde kamen in Betracht) ausser dem Tractus
cortico-spinalis noch eine der Motilität dienende
Bahn existirt, die die in den letzten Berichten
mehrfach erwähnten Tractus thalamo-spinales und
thalamo-cerebeUares, sowie cerebello - spinales
passirt In dieser Arbeit findet man auch Angaben
Ober gelegentlichen abnormen Verlauf der Pyra-
midenbündel, über die Pyramidenvorderstrangbahn
bei Katzen und viele Bestätigungen frOherer mit
weniger guten Methoden unternommener Arbeiten.
Interessant ist es, zu sehen, wie auch jetzt noch
immer wieder der in der Literatur fast vergessene
Meynert zu Recht kommt. So bringen die ge-
nauen Untersuchungen von Probst über die Ver-
bindungen des Sehhügels und dessen Stellung im
Oesammtsysteme wesentlich von Meynert be-
reits Ausj^esprochenes. Der SehhOgel ist, wie hier
genau gezeigt wird, nicht nur mit allen Theilen
der motorischen Zone verbunden, sondern durch
seine Verbindungen mit dem Vierhflgel und dem
Hypothalamus, die ihrerseits die Tractus thalamo-
spinales und tecto-spinales , sowie das hintere
Längsbündel entsenden, der Ausgangspunkt für
eine zweite motorische Bahn. Auch in weiter
caudalwärts liegenden Abschnitten des Central-
apparates, in der MeduUa oblongata und in der
Brücke, ebenso im RQckenmarke selbst, giebt es
wieder neu entspringende motorische Bahnen. So
erklärt es sich wohl, dass z. B. bei der Katze die
Verletzung der Pyramide im verlängerten Marke
keine wesentlichen Bewegungstörungen hervorruft
Die Arbeit enthält auch noch viele Beizversuche
nach Abtragung einzelner Rindengebiete oder nach
Durohschneidung in verschiedenen Ebenen, auch
nach Wegnahme des Kleinhirns.
Wie wirken cortikale Beizungen, wenn die
beiden Wege, der direkte zum Rückenmarke und
der via Thalamus führende unterbrochen sind?
Der entsprechende Versuch ist von Probst (399)
ausgeführt worden. Die Durchschneidung des
ganzen einen Himschenkelfusses und der Oegend
frontal vom Nudeus ruber mit Verletzung des
lateralen ventrale Thalamuskemes erzeugt ab-
steigend bis zum Rückenmarke ausser Pyramiden-
entartung bis in das Lendenmark Degeneration des
Tractus rubre -spinalis. Andere Bahnen dorthin
entarten nicht Bindenreizung erzeugt nun keine
Zuckungen in der contralateralen Körperhälfte
mehr. Immerhin wird auch nach diesen schweren
Verletzungen das Thier nicht dauernd lahm. Es
erholt sich vielmehr sehr rasch. Der Versuch be-
weist, was ebenfalls aus den Ergebnissen von Ver-
suchen an niederen Thieren längst zu schliessen
war, dass ffir die Motilität auch Bahnen in Betracht
kommen, die caudal von den Sehhügeln liegen. Die
vergleichende Anatomie hat ja längst gezeigt, dass
es Thiere ohne Pallium und mit nicht nennens-
werthem Thalamus giebt (Petromyzon u. s. w.), die
doch keineswegs gelähmt sind. Durch Kohn-
stamm, Probst und Rothmann haben wir
IG
122
Edinger und Wallenberg, Anatomie de« Centralnenraisystems.
nun erfahren, auf welchen Bahnen das Vorderhim
Einfluss auf die Bewegungen erlangen kann. Qanz
neuerdings hat dann auch Rothmann in beson-
ders eleganter Weise beide Bahnen unterbrochen.
Br hat bei Affen erst die Hinterseitenstr&nge im
Halsmarke zweizeitig durchschnitten. Bei dieser
Operation gehen, wie die anatomische Vorunter-
suchung gezeigt hat, beide Bahnen zu Orunda
Es trat trotzdem keine dauernde Lfihmung ein.
Im Wesentlichen kommen, wie die Sache heute
liegt, für die motorische Leitung in Betracht: Die
Tractus cortico-thalamici , der Tractus rubro-spi-
nalis (Monakow 'sches Bündel), ein Tractus tha-
lamo-spinalis (Wallenberg 's-Zwischenhimtheil
des Monakow 'sehen BQndels) und wahrschein-
lich der Tractus tecto-spinalis, ein Bündel aus dem
Mittelhimdache, das ventral von dem dorsalen
L&ngsbündel rückenmarkwftrts zieht An diese
schliesst sich dann der Eigenapparat des Bücken-
markes und derOblongata an, der bei den niederen
Yertebraten bis zu einem hohen Orade selbständig
ist und auch bei den höheren (siehe Bewegungen
des geköpften Kaninchens) in seiner Bedeutung
nicht unterschätzt werden darf, üeber den erst-
genannten Zug, die I\framidenbahn liegen einige
Einzelangaben, Ausdehnung des Areales, aberri-
rende Bündel, Züge zu den Bülbftrkemen, vor.
Die Pyramiden- Degeneration nach ausgedehnter
Erweichung im motorischen Rindengebiete zer-
streute sich in dem von Bikeles (370) beschrie-
benen Falle, obwohl das Beincentrum intakt war
(die Degeneration hörte im obersten Dorsalmarke
auf), über das ganze Areal der Pyramidenbahn
innerhalb der inneren Kapsel und weiter unten ; es
findet also (conform mit Melius und Hoche)
bereits nahe der Rinde eine Vermischung der
Pyramidenfasem für die verschiedenen Körper-
theile statt
Thiele (380) dagegen sah die Fasern aus der
Beinregion distinkt durch die Grenze von mittlerem
und hinterem Drittel des hinteren Schenkels der
inneren Kapsel und caudalwärts grösstentheils an
der Aussenseite des Himschenkels bis zur Brücke
hin verlaufen. Th. beschreibt CoUateralen der
Pyramidenfasem innerhalb der Corona radiata.
Obersteiner (359) weist bei der Schilde-
rung eines Falles von abnormer Breitenausdehnung
der Pyramide in der Qegend der unteren Olive
(analog den von Pick und van Oehuchten
mitgetheilten Beobachtungen) darauf hin, dass
gerade die Pyramidenbahnen als die phylogene-
tisch jüngsten viel mehr zu Variationen in Form
und Lagerung neigen, als die entwickelungs-
geschichtlich älteren Faser -Systeme (z. B. der
Fasciculus longitudinalis dorsalis).
Bar rat t (470a) beobachtete 42 Jahre nach
einer Oberarm -Amputation unter Anderem eine
Atrophie der gekreuzten Pyramide innerhalb des
Himstammes. Innere Kapsel und motorische Rinde
waren dabei unverändert
Das Pick 'sehe Bündel ist bekanntlich von
Hoche (siehe die vorigen Berichte) als abnorm
hoch kreuzendes Pyramidenbündel aufgefasst wor-
den. Zum gleichen Resultate kam ügolotti (364),
dem es beim Marchi- und Weigert-Studium
vieler Fälle von cerebralen Herderkrankungen 3mal
gelang, das Bündel darzustellen und 2mal genauer
zu verfolgen. Barnes (361) hält das Pick'sohe
Bündel für eine aufsteigende Bahn aus der Pyra-
miden-Kreuzung zum Nudeus ambiguus. Es ist
häufiger, als Pick annahm. Auch in dem von
Amabilino (375) beschriebenen Falle konnte
innerhalb des Bulbus ein dem P i c k 'sehen Bündel
analoges, frontal von der Pyramiden- Kreuzung kreu-
zendes Bündel bis zum Halsmarke verfolgt werden.
Stewart (365) hat nach traumatischer Läsion
des Rückenmarkes einen Faserzug „X" im 7. und
8. Cervikalsegment degeneriren sehen, der lateral
von der Stelle liegt, die weiter oberhalb der
V. Bechterew - Helweg'schen „Dreikanten-
bahn^* entspricht S p i 1 1 e r (363) hatte (schon im
vorigen Berichte) ein aberrirendee ungekreuztes
Pyramidenbündel beschrieben, das ebenfalls in
dieses Areal geräth, und schlägt vor, es den „direkten
ventro- lateralen Pyramidenstrang** zu nennen.
Stewart (366) verwahrt sich gegen die Identifi-
zirung der beiden Bündel Der Spiller 'sehe
Pyramidenstrang, wohl identisch mit den „Fibres
pyramidales homolat^rales superficielles^' von Mme.
Dejerine und mit dem von Probst beschrie-
benen „aooessorischen Pyramidenbünde^S ist in der
Berichtzeit von Barnes (361) unter 5 Fällen von
Läsion der motorischen Rindenregion 4mal degene-
rativ dargestellt worden. Er ist am besten in den
beiden ersten Cervikalsegmenten sichtbar und kann
gelegentlich bis zum Lumbosacralmarke verfolgt
werden.
Barnes (361) sah anscheinend dasselbe
Bündel von der lateralen Schleife sich abzweigen
und zur Vorderstrang-Peripherie gelangen. Das
von Amabilino (375) beschriebene Pyramiden-
bündel, das im Halsmarke innerhalb des Q o w e r s '-
sehen Areals abwärts lief, war ein gekreuztes.
Die Pyramidenfasem zu den motorischen Hirn-
nervenkemen sind in der Berichtzeit von vielen
Autoren studirt worden. Simpson (369) hat
nach Zerstörung der gesammten, von der moto-
rischen Rindenregion stammenden Faserung bei
Affen, Katzen und Hunden zwar reiche Verzwei-
gung aus dem Himschenkel in das Grau der vor-
deren Vierhügel (Katze), bei allen Thieren eine
(durch Ramön y Cajal bekannte) Endigung von
CoUateralen der Pyramidenbahn in der Brücke ge-
sehen, dagegen keine Pyramidenfasem zu moto-
rischen Himnervenkemen. Zwar strahlen einzelne
Pyramidenfasem innerhalb des Bulbus dorsal wärts
in die Formatio reticularis beider Seiten aus, es
handelt sich aber dabei um spinalwärts ziehende
aberrirende Pyramidenfasem analog dem Pick' -
sehen Bündel.
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystenu.
123
Die „aocessorische Schleife'* trennt sich nach
Barnes (361) vom Pyramidenbündel in der Höhe
der oberen Brücke (oonform mit Ho che), geräth
in die mediale Schleife und versorgt von dort aus
den motorischen 6. Kern, den 7. Kern, weiter unten
den Nndeus ambiguus, den 12. Kern, während die
Augenmuskelkeme (conform mit Hoc he und An-
deren) frei bleiben.
Nach Troschin (374) laufen bei der Katze
die motorischen Rindenbahnen für den 4., 5. und
6. Kern nur in der Pyramide, nicht im medialen
Abschnitte der Schleife.
DieMarchi-ünter8UchungvonBikele8(371)
in einem Falle von oberflAchlicher älterer Erwei-
chung der linken 3. Stimwindung, frischer Erwei-
chung des ventralen Theiles der vorderen Centnd-
windung und des-Oyrus parietalis inferior ergab
innerhalb des Himschenkels eine Degeneration
medial von der eigentlichen Pyramidenbahn. B.
hält sie nicht für die frontale Brückenbahn, weil
die Schwärzung bis zur Oblongata verfolgt werden
konnte, und glaubt in ihr eine Bestätigung für die
filtere Annahme medialer Lagerung derPyramiden-
^m für die motorischen Himnervenkeme zu er-
blicken.
Eine frische Blutung in das Mark des Stirn-
lappens, die den Streifenhügel und die innere Kapsel
mit zerstört und zur centrifugalen Mar chi- De-
generation der 2 mittleren Fünftel des Hirnschenkel-
fosses, des Stratum intermedium und des Bündels
▼on der Schleife zum Fusse geführt hatte, gab
A m a b i 1 i n o (375) Gelegenheit, die von dem letzt-
genannten Bündel zu den motorischen Hirnnerven-
kemen beider Seiten ziehenden Fasern zu ver-
folgen. Die für die gekreuzten Kerne bestimmten
Fasern treten am medialen und ventralen Pole der
Pyramide aus, die zu gleichseitigen Kernen führen-
den am lateralen Pole. Einzelne Fasern dieser
nPyramiden-Schleifenbahn" (Flechsig) „via pira-
mido-lemniscale'^ enden in der Substantia nigra und
in der Formatio reticularis der Haube des Mittel-
hims und des Bulbus. Ein Ursprung des Bündels
aus dem Corpus striatum ist noch ungewiss; wahr-
scheinlich handelt es sich um ein Gemisch von
Striatum- und Pyramidenfasem.
Die absteigenden Schleifenbahnen enthalten
nach Collier und Buzzard (400) neben den
motorischen Himnerven- Bahnen noch Sehhügel-
faaem zur Haube des Hirnstammes und wahre
Schleifenfasern zu den Hinterstrangkemen [und
Oliven?]. Letztere waren vielleicht in Folge einer
Tumor- Wirkung retrograd degenerirt
Bei Hunden wurden von Aspissow (372)
swei besondere Centra für Ohrbewegungen, zwei
andere fOr die Wangen- und Mundmuskeln, vier
andere für den Augenschluss gefunden, die doppel-
seitig wirken. Die Degeneration nach ihrer Zer-
störung konnte nicht den Beweis eines gesonderten
Verlaufes der Fasern für den oberen Facialis er-
Ausser den Pyramiden war auch die
mediale Schleife schwach degenerirt. Die Endi-
gung der Rindenleitung für den oberen Facialis
findet wie die des unteren im Facialiskeme statt
Nach eingehender historischer üebersicht über
die bisher mitgetheilten Mar chi- Befunde nach
Läsion motorischer Rindencentren berichtet Ko-
sak a (373) über 5 eigene Versuche von experi-
menteller Zerstörung der motorischen Rindenregion
bei 3 Affen und 2 Hunden. Bei Affen folgt doppel-
seitige Pyramiden-Degeneration auf einseitige Ver-
letzung der motorischen Rindenregion (Theile des
Qyrus centralis anterior und frontalis lateralis).
Ob die Pyramiden-Degeneration auf der gesunden
Seite nur zum Rückenmarke oder auch zu den
motorischen Hirnnervenkernen zieht, konnte nicht
entschieden werden. Beim Hunde gehen erst (con-
form mit den Resultaten von Probst) in der
Oblongata degenerirte Fasern von einer Pyramide
auf die andere über. Die zu den gekreuzten moto-
rischen Hirnnervenkernen gehenden Züge lösen
sich oberhalb dieser Kerne ab, die zu den gleich-
seitigen erst im Niveau der Kerne selbst (nur beim
Hypoglossuskerne ist ein derartiges Verhalten nicht
sicher nachgewiesen). Diq Kerne selbst werden
nicht erreicht Von einer „accessorisohen Schleife^'
(v. Bechterew) als motorischer Rindenbahn zu
den Hirnnervenkernen konnte sich K. nicht über-
zeugen. Abnorm hoch kreuzende Pyramidenfasem
gelangen via gekreuzter Hinterstrang in den Pyra-
midenseitenstrang.
Das Monakow 'sehe Bündel (T^adus mbro-
apinalis) nimmt nach den eingehenden Untersuchun-
gen von Collier und Buzzard (400), die an
einem sehr grossen Materiale von Tumoren des
Himstammes und von experimentellen Läsionen
an Katzen und Affen gearbeitet haben, beim Men-
schen denselben Verlauf, wie es vom Affen und der
Katze bekannt ist Ausser dem gekreuzten rothen
Kerne wird als Ursprung noch die graue Substanz
ventro-lateral von der dorsalen Commissur ange-
geben (die hier ausgehenden Fasern enden aber
bereits in der Höhe der Pyramidenkreuzung). Auch
das ventrale Lftngsbündel (Vierhügel- Vorderstrang-
bahn) erhalt einen Zuwachs aus dem Orau ventro-
lateral von der dorsalen Commissur (oonform mit
den Befunden des Ref. W., vergleiche das Capitel
„Thalamus^'). Das Monakow 'sehe Bündel, das
ventrale L&igsbündel, das dorsale L&ngsbündel
und derTractus vestibulo-spinalis vom Deiters '-
sehen Kerne zum Vorderhom (bis in das Sacral-
mark verfolgt) ersetzen die motorische Funktion
des Pyramidenbündels. Ihre Entwiokelung steht
in umgekehrtem Verhältnisse zur Ausbildung der
Pyramidenbahn. Sie müssen als die ontogene-
tisch und phylogenetisch älteren Wege für moto-
rische Reize, gleichzeitig auch als Sitz der tiefen
Reflexe und als Qrund cerebraler Spasmen nach
Pyramidenläsionen angesehen werden.
Damit stimmt sehr schön der Befund von
Haenel (401) überein, der in einem Falle von
124
Edinger und Walleuberg, Anatomie des Ceniralnervensystems.
cerebraler Kinderlähmung durch einen Herd in der
rechten Begio subthalamica mit Betheiligung des
Mittelhirns an Stelle der gänzlich zerstörten Pyra-
midenbahn eine Hypertrophie mehrerer motorischer
Haubenbahnen fand, und zwar des medialen tiefen
Markes (Yierhfigel-Vorderstrangbahn) und des late-
ralen tiefen Markes des Monakow 'sehen Bündels,
der ,,aGces8orischen Schleife^^ v. Bechterew 's
(s= motorischer Schleifenantheil von Hoche und
laterales pontines Bündel von Schlesinger).
Ausserdem hatten sich bisher unbekannte Verbin-
dungen zwischen Thalamus, Mittelhirn und Klein-
hirn neugebildet
Bothmann (403 — 405) hat jetzt auch beim
Affen nach Oblougata- Verletzungen das Mona-
kow 'sehe Bündel und seine Endigung im Vorder-
Seitenhom zur Degeneration bringen können. Es
ist hier relativ kleiner als beim Hunde, liegt im
Wesentlichen ausserhalb (ventral von) der Pyra-
midenbahn und scheint seinen Ursprung nicht im
rothen Kern zu haben. Probst (399) hftlt da-
gegen (ebenso wie van Qehuchten) den rothen
Kern als Ursprung des Monakow 'sehen Bündels
fest und betont, dass (bei Katzen und Hunden) das
ganze Areal des Pyramidenseitenstranges von ihm
eingenommen wird. Den Namen „Tractus prae-
pyramidalis" verwirft er deshalb. Für die Vier-
hügel-Vorderstrangbahn sei der Name „Fasciculus
praedorsalis" nicht zu empfehlen. Es giebt [con-
form mit den Besultaten dos Bef.W,] einen opistho-
thalamischen Ursprung der Vierhügel- Vorderstrang-
bahn. P. beschreibt auch Collateralen des Mona-
kow'sehen Bündels zum Seitenstrangkem und
eine Brücken- Vorderstrangbahn.
Oiannettasio und Pugliese (402) haben
nach partiellen Durchschneidungen der unteren
BückenmarkshAlfte bei Hunden die Degenerationen
nach Mar Chi, die Zellenveranderungen nach
Nissl untersucht Sie halten die Vierhügel-
Vorderstrangbahn für den wesentlichen funktio-
nellen Ersatz der Pyramidenbahn.
Münzer und Wiener (337) haben, wie
Pawlow (siehe den vorigen Bericht), das mediale
gekreuzte Bündel des tiefen Markes (Tractus tecto-
bulbaris oder praedorsalis cruciatus) niemals bis
in das Rückenmark verfolgen können. Der Tractus
tecto-bulbaris superficialis (ungekreuztes Bündel
des tiefen Markes) stellt nach M. u. W. eine Ver-
bindung von Auge und Ohr her und wird nach
seinen Endst&tten „Tractus tecto-protuberantialis
et bulbaris^^ genannt Die von Wallenbergbei
Tauben nachgewiesenen Beziehungen zum Oanglion
ectomammillare konnten von M. u. W. nicht be-
stätigt werden. Bei den genannten Bahnen des
tiefen Markes machen die Autoren Prioritfttrechte
gegenüber den Bef. Edinger - Wallenberg
geltend, doch sei erwähnt, dass das Bündel von
E. schon 1889 (2. Auflage der Vorlesungen) abge-
bildet, abgeschieden, aber nicht caudal verfolgt
worden ist Der Pyramidenseitenstrang enthält
ausser cortioo-spinalen und rubre- spinalen auch
endogene (myelogene) Fasern.
Nach van Qehuchten (389) besitzt das
Monako w 'sehe Bündel keine aufsteigenden Fasern
(contra Probst); solche werden vorgetäuscht,
wenn in Folge einer Ghromatolyse der Zellen des
rothen Kernes die absteigenden Fasern von ihren
peripherischen Strecken aus degeneriren.
Von Collier und Buzaard (400) wird ein
ungekreuztes Bündel aus dem Sehhügel zum Vorder-
strange des Bückenmarkes beschrieben, das ventro-
lateral vom ventralen Längsbündel (Vierhügel-
Vorderstrangbahn) verläuft
Dorsales Längtbündel,
Fräser (407) hat bei A£fen und Katzen das
hintere Längsbündel oder den Deiters 'sehen
Kern oder den Boden des 4. Ventrikels zwischen
Deiters'schem Kerne und hinterem Längsbündel
zerstört, ohne im letzten Falle eines der beiden
anderen Gebilde mitzuverletzen. a) Die Zerstörung
des dorsalen Längsbündels caudal von der Höhe des
Deiters 'sehen Kernes bewirkt eine homolaterale
Degeneration im Vorderseitenstrange des Bücken-
markes bis zur Lumbarregion, überall in's Vorder-
hom einstrahlend. Nur wenige Fasern degeneriren
aufwärts. Bei Zerstörung in der Höhe des Dei-
ters'sehen Kernes degenerirt das Bündel auf der
gleichen Seite absteigend und auf der gekreuzten
Seite aufsteigend. Die aufsteigend degenerirenden
Fasern enden in den Kernen des 4. und 3. Ner-
ven, wenige im Darkschewitsch'schen Kerne.
In den Wurzeln des 3. und 4. Nerven und in
der Gommissura posterior degenerirt keine Faser,
b) Nach Zerstörung des Deiters 'sehen Kernes
degeneriren abwärts Fasern in beiden hinteren
Längsbündeln, besonders im gleichseitigen, und
aufsteigend Fasern im gekreuzten Längsbündel, die
hauptsächlich [conform mit den vom Brf. W. bei
der Taube erhaltenen Besultaten] im medialen
Theile des Bündels liegen. Nach Zerstörung des
Abducenskernes ist auch der laterale Theil des
Bündels zerstört. Es gelangen Fasern vom 6. Kern
in den 3. Nerven. Auch der „Tractus vestibulo-
spinalis'* ist degenerirt c) Nach Läsionen zwischen
dem hinteren Längsbündel und Deiters'schem
Kerne, mit Unterbrechung der zwischen beiden
laufenden Fasern, ist die Degeneration die gleiche
wie in b).
Probst (406) beschreibt Fasern aus der Haube
des frontalen Mittelhirns zum dorsalen Längs-
bündel, deren Verlauf anscheinend mitdem„Riech-
antheil des hinteren Längsbündels'^ übereinstimmt
[vgL des Bef. W. Arbeit Nr. 381].
Schleife und andere, f^sertsibW 9 Bahnen.
Es hat sich als ein wahres Missgeechick für
die Entwickelung unserer Kenntnisse von der
centralen Leitung erwiesen, dass man früher die
ganze Faserschicht dorsal von der Brücke ge*
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Gentralnervensystems.
125
meiDum als Schleife bezeichnete. Seit mehr als
15 Jahren wiederholen sich die Versuche, aus dem
,^hleifenarear' einzelne besondere BQndel zu
tramen. Längst zwar hat man sich geeint, die
laterale Schleife — dieTractus aoustico-teotales —
von der medialen Schleife zu trennen. Unter dem
letzteren Namen sind gewöhnlich die Tractus
bnlbo-thalamici vwstanden. Dazu kommen aber
nodi die sogen, accessorischen Schleifenbündel-
liuern, die zweifellos dem Pyramidensystem ange-
hören, nAmlich die medial von der Pyramide liegende
„Schleife von der Haube zum Fuss*^ (Meynert
undSpätere) und lateral von der Pyramide Fleoh-
sig's „Fussschleife'S wohl identisch mit dem, was
Hoc he als centrale Bahn zu den motorischen
Bolblrkemen bezeichnete.
Hösel (378), der einen Fall von ausgedehnter
GroMhim-Thalamuserweichung sorgfältig unter-
sndit hat, benutzt leider noch die filtere, etwas
Terwirrende Nomenclatnr. Er kommt zu folgen-
d«: Eüntiieilung des Himschenkelfussgebietes mit
der Schleife : „1) Im caudalen Abschnitt des Hirn-
sehenkelfusses verlftuft im innersten Fünftel die
„Schleife von der Haube zum Himschenkelfuss^'.
2} Im zweiten Ffinftel die frontale Brückenbahn.
3) In cerebralen Abschnitten tauschen beide ihre
Lige aus, und es liegt im innersten Fünftel die
frontile Brückenbahn, im zweiten Fünftel die
„Schleife von der Haube zum Himsohenkelfuss'^
4) Im dritten Fünftel verlfiuft die Pyramidenbahn.
5) Im vierten Fünftel verlftuft in der Hauptsache
die temporale Brückenbahn. 6) Im medialen Ab-
schnitt des fünften Fünftels liegt die Fusssdileife.
7) Im lateralen Abschnitt des fünften Fünftels ver-
linfl der oocipitale Himschenkelfuss-Antheil der
Sehstrahlnng. 8) Die Schleife von der Haube zum
HiraachenkelfiiBS verlftuft beiioi ICenschen nicht im
istmlen Abschnitt desHimsdienkelfusses. 9) Die
Fonschleife und die Schleife von der Haube zum
fiimeohenkelfuBse sind je eine direkte Rinden-
sdkleife. 10) Dieselben treten niokt zu den Hinter-
stnngskemen in Beziehung. 11) Die Schleife von
der Haube zam Himschenkelftiss nimmt ihren
ürsprong im hintersten Abschnitt der Stirnwin-
diuigeii. 12) Die Fussschleife entweder auch dort
oäer in der Jneel.'^
Wenn sich die Angaben von Schütz (379)
l^Mtigen sollten, dann hfttten wir ausser der
P^midenbahn und der Bahn durch das Mona-
co w'sohe Bündel noch eine dritte Bahn aus dem
Vorderhim durch die Schleife direkt bis in das
BGcketimark. Es sind Fasern, die aus dem late-
ndan Theil der oberen Schleife in den Mandelkern,
<^ie vordersten Theile der ersten Schlftfenwindung,
& Centralwindungen , den Qyrus lingualis und
<te Cuneua ausstrahlen sollen. Dabei bilden sie
ftr eine Strecke einen Theil des unteren Lfings-
^^^els. Die Schlüsse sind Präparaten vonEinder-
S^umen, die in der Harksoheidenentwickelung
entnommen. Der Bsf. [E.] hat bei der
Lekttlre wiederholt den Eindruck gehabt, dass
Theile verschiedener Systeme, besonders Theile
der Tractus strio-thalamici , die schon sehr früh
markhaltig werden, mit einbezogen sind. Das sind
aber Fasern, die mit der Rinde nichts zu thun
haben. Auch wäre es sehr auffallend, dass noch
keine Degenerationbilder eines so ausgedehnten
Fasersystems bisher vorliegen sollten. Man wird
jedenfalls für eine so wichtige Sache noch Be-
stätigung auf degenerativem Wege verlangen
müssen.
Sirleo (384) hat die Hinterstrangkerne bei
Hunden zerstört und die Degenerationen nach
Mar Chi untersucht Die von den OoH'schen
Kernen ausgehenden Schleifenfasern geben Aeste
an den hinteren Yierhügel und das Corpus mam-
millare ab und enden theils in den Kernen der
Basis (inneres Bündel), theils gelangen sie als
direkte Rindenschleife via innere Kapsel in die
Parietalrinde (vergleiche dagegen die Resultate
von Probst, van Oehuchten und Anderen).
van Gebuchten (385) hat durch Degene-
rationversuche an Kanindien die früheren Angaben
der Autoren über Verlauf und Endigung der von
den Hinterstrangkernen zum Mittel- und Zwischen-
him emporziehenden Fasersysteme nachgeprüft und
im Wesentlichen das vorher Bekannte bestätigt
Bemerkenswerth erscheint die im Allgemeinen
ventrale Lage der vom OoH'schen Kerne kom-
menden Fasern im Bulbus. Cerebralwärts ver-
schwinden die Lageunterschiede der OoH'schen
und Bur dach 'sehen Fasern, immerhin halten
sich weiter oberhalb die OoH'schen Fasern lateral,
die B u r d a c h 'sehen dorso-mediaL Es giebt keine
direkte Rindenschleife, v. 0. sah keine Schleifen-
fasern zur Zona incerta und zum Pedunculus cor-
poris mammillaris [contra Ref. W.], keine zur hin-
teren Commissur [contra Probst] und zur Mey-
nert 'sehen Commissur [contra Tschermak].
Probst (399) beschreibt Fasern der medialen
Schleife, die in der Meynert 'sehen Commissur
zur gekreuzten Regio subthalamica gelangen. Zur
Substantia nigra und zum Pedunculus corporis
mammillaris gelangen bei Katzen und Hunden
wahrscheinlich keine Schleifenfttsem. Die im
medialen Kerne desMammillare endigenden centri-
petalen Fasern des Pedunculus corporis mammil-
laris besitzen wohl einen anderen Ursprung [vgl.
dagegen die Resultate des Ref. W. bei Kaninchen].
Die Schleifenfasem endigen nach P. in caudalen
Theilen der ventro-lateralen Kernregion des Thala-
mus, während die Bindearmfasern, soweit sie sich
nicht im rothen Kerne aufsplittern, hauptsächlich
zu frontalen Abschnitten der medialen und central-
frontalen Kerne gelangen. Es giebt weder direkte
Schleifen -Rindenfasern, noch Bindearm -Rinden-
fasem.
Henneberg (387) konnte auf Orund der
Untersuchung eines Falles von Myelitis dorsalis
und cervicalis die Angaben früherer Autoren über
126
E d i n g e r und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
die Endigung des Tractus spino-thalamious in der
ventro- medialen Umgebung des inneren Enie-
höckers bestätigen.
van Oehuchten (389) hat nur wenige
Fasern des Oowers 'sehen Bündels beim Kanin-
chen bis zum hinteren Yierhügel verfolgen können.
Gerebralwärts von diesem lassen sich keine Ele-
mente des Bündels mehr nachweisen. [R^f. W.
hat aus der obersten Gervikalgegend Fasern bis
zur caudalen Yierhügelgrenze aufsteigen sehen.]
Eine complete Zerstörung des Rückenmarkes
im 3. Lumbaisegment bot Thiele und Hors-
ley (393) Oelegenheit, Marchi- Degenerationen
in den spino-cerebellaren, spino-tectalen und spino-
thalamischen Bündeln zu verfolgen. Im Fasciculus
spino-tectalis laufen Fasern zum hinteren Yier-
hügel via laterale Schleife und zum vorderen Yier-
hügel, und zwar zum äusseren Theil der gleich-
seitigen grauen Schicht und zur gekreuzten inneren
Schicht durch die Commissur der vorderen Yier-
hügel. Der Fasciculus spino-thalamicus endet im
Pulvinar.
Der iSe/i Wallenberg (390) konnte in einem
Falle von embolischer Erweichung lateraler Theile
der Oblongata (in Folge Yerschlusses der Art cere-
belli inferior posterior) die von ihm beim Kanin-
chen beschriebene centrale Trigeminusbahn mit
Weigert 'scher Markscheidenfärbung auch beim
Menschen verfolgen.
van Qehuchten (391) hat durch eigene
Yersuche an Kaninchen die Resultate des Bef. W.
über Ursprung und Yerlauf der centralen Quintus-
bahn in allen wesentlichen Punkten bestätigt Der
spinale Antheil der Bahn soll sich nach van G.
der Schleife beigesellen, während er nach des Eef.
Beobachtung sich der spino- thalamischen Bahn
dorsalwärts anschliesst und auf diese Weise ein
Bindeglied zwischen Tractus spino-thalamicus
einerseits und dem bulbären Theile des Tractus
quinto-thalamicus andererseits bildet
Auch Ramön y Cajal (8) bestätigt des
Bef. W. Angaben über Yerlauf und Endigung der
centralen 5. Bahn.
Beiüngulaten lässt sich nach Hat schek (392)
mit der Markscheidenfärbung ein von der Umgebung
sich scharf abhebendes Bündel dorso-lateral vom
hinteren Langsbündel aus der frontalen Kem-
gegend des sensibeln Quintus bis in den Thalamus
hinein verfolgen, das nach Lage, Yerlauf und
Endigung (ventro-caudale Theile im Nucleus ven-
tralis thalami, dorso-frontale im Nucleus centralis)
mit der vom Bef. W. bei Kaninchen gefundenen,
beim Menschen bestätigten sekundären Trigeminus-
bahn wenigstens in deren dorsalem Abschnitte, auf-
fallend übereinstimmt und von H. wohl mit Recht
identificirt wird. Der gleiche Zug, wenn auch
weniger deutlich von der Umgebung abgehoben,
fand sich auch bei Katzen, Affen und beim Men-
schen wieder. Der Degenerationmethode muss die
Entscheidung der Frage vorbehalten bleiben, ob
innerhalb des geschilderten Faserareals auch noch
Züge anderer Provenienz enthalten sind.
T r 0 s c h i n (374) hat auf Onmd von Oblongata-
läsionen bei Katzen die Lage der sekundären sen-
sibeln Bahnen für den 9., 10. und 5. Nerven in
der Formatio reticularis wieder gefunden, doch
glaubt er, dass sie schon in der Höhe des vorderen
Yierhügels sich der medialen Schleife zugesellen,
während Bef. W. einen gesonderten Yerlauf, wenig-
stens der Quintusbahn, bis zum Thalamus beim
Kaninchen gesehen hat Es mag die Endstrecke
bei verschiedenen Thieren verschieden sein. Des
Bef. Arbeit über die Bahn scheint Troschin ent-
gangen zu sein.
Nach Probst (399) laufen in seinem „ven-
tralen KleinhirnsehhügelbündeP (siehe den vorigen
Bericht), knapp dorsal von der medialen Schleife,
neben Cerebellarfasem und Elementen der sekun-
dären Quintusbahn auch Fasern aus dem lateralen
Burdach'schen (<= Monakow 'sehen) Kerne.
Die von Breuer und Marburg (472) be-
schriebene, durch Yertebralisthrombose bewirkte
Erweichung in lateralen Oblongatatheilen hatte
unter Anderem auch Degeneration eines Bündels
dorsal von der medialen Schleife und eines zweiten
lateral von dem hinteren Längsbündel gelegenen
veranlasst Das letztere Bündel entspricht der
centralen Quintusbahn des Bef. W., das erstere
dem von Spitzer „ventrales Hauben feld'^ ge-
nannten und für die sekundäre Trigeminusbahn
allein in Anspruch genommenen Zuge. Wahr-
scheinlich kommen beide Bündel für diesen Zweck
in Betracht
Akuaiüehe Bahnen. (S. auch Nr. 290, 319.)
Experimentelle Rindenläsionen der Hörsphäre
bei Katzen führten nach Pusateri (377) zu
Marchi- Degenerationen kurzer und langer Asso-
ciationfasern (letztere innerhalb des Fasciculus
longitudinalis inferior zur Aussenfläche des Oooi-
pitalhims) und des Türk 'sehen Bündels im late-
ralen Hirnschenkel mit der bekannten Endignng
im frontalen Brückengrau. Der Tractus oocipito-
frontaUs blieb frei von Degenerationen.
Kosaka (373) sah aus dem Türck'schen
Bündel bei seinen operirten Thieren Fasern via
lateraler Theil der Schleife zum hinteren Yierhügel
aufsteigen, also centrifugale Fasern aus dem Tem-
porallappen zum sekundären Oehörcentrum. Auch
aus den übrigen Theilen des Hirnschenkels strahlen
Fasern zu den Yierhügeln empor.
S. Ramön y Cajal (395) bestätigt anGolgi-
und Weigert- Präparaten von Kaninchen, Mäusen
und Meerschweinchen die in der grossen Arbeit
von Held aufgedeckten Endigungen lateraler
Schleifenfasern im hinteren Yierhügel und in der
Rinde des vorderen Yierhügels, bestreitet aber das
Yorhandensein von Fasern aus der lateralen Schleife
zum Bindearme, sowie von direkten Schleifen-Rin-
denfasem. Andererseits aber werden direkte Yer-
Edinger und Wallenberg, Anatomie des CentralnervensystemB.
127
bindongen der lateralen Schleife mit dem Corpus
genicttlatnm intemnm und Rindenstrahlungen aus
diesem Ganglion beschrieben. Collatenden der zu
den vorderen Yierhflgeln gehenden Fasern treten
in den hinteren Vierhfigel ein, Collateralen der
Eniehöckerendigungen su beiden Yierhügelpaaren.
Die Oud den 'sehe Gommissur enth< unter Ande-
rem Yerbindungsfasem beider hinteren EniehOcker
und beider hinteren YierhOgel. Geht schon aus
diesen Beobachtungen die bisher nicht genügend
gewürdigte Thatsache hervor, dass der innere
1 Kniehöcker und der hintere ZweihQgel als mehr
I oder weniger coordinirte Centren der HOrbahn zu
I betrachten sind, dass also nicht, wie allgemein an-
genommen wurde, der hintere Zweihügel nur eine
Zwischenstation zwischen der Trapezfaserung und
dem inneren KniehOcker bildet, so konnte Madame
Dantschakof f (396) auf Grund vonNissl-ünter-
BQchungen bei Kaninchen, denen von der Yerf. und
Mahaim die Yerbindungen des Corpus genicula-
tam intemum gänzlich oder theilweise zerstört
worden waren, diese Coordination bis zur Evidenz
nachweisen. Der innere Enieh(ksker des Kanin-
chens besteht aus einem kleinen oberen und einem
grosseren unteren Kerne. Die Zellen des unteren
Kerns stehen zum grössten Theile mit der Rinde
des Schlaf enlappens, die des oberen mit dem Arme
des hinteren Zweihügels und mit Schaltzellen in
Verbindung, die weder bei Unterbrechung der cere-
bralen noch der der caudalen Yerbindungen dege-
neriren. Die Durchschneidung des hinteren Zwei-
hOgelarmes und des Corpus geniculatum intemum
blieb ganz ohne Einfluss auf die Zellen des hin-
teren Zweihügels. Es bestehen demnach analoge
Verhältnisse zwischen innerem Knieh(3cker und
hinterem Zweihügel wie zwischen Äusserem Knie-
hücker und yorderem Zweihügel. Der hintere
Zweihügekrm stellt keine Yerbindung zwischen
innerem Kniehücker und hinterem Zweihügel dar.
Der letztere ist direkt mit dem gleichseitigen und
gekreuzten Schlftfenlappen durch nahe der Median-
linie iaufende Fasern verbunden.
In dem durch Obersteiner (328) beschrie-
benen Falle von Porencephalie betheiligten sich
die laterale Sohleife und der Trapezjkürper nicht
u der Atrophie der. centralen Hürbahnen, wäh-
lend die Zerstörung der Opticuscentren im Gehirn
«Kih zum Schwunde des Tractus opticus geführt
batte.
Probst (406) konnte sich nicht von der Exi-
stenz direkter akustischer Rindenbahnen (Held)
' überzeugen. In seiner Kleinhirn- Arbeit (422) unter-
Bcfaeidet er einen lateralen Theil der lateralen
Schleife, der aus dem gekreuzten ventralen Acusti-
coskeme stammt, von einem medialen aus dem
' Taberculum acnsticum via Snbstantia reticularis
(mit Ausstrahlungen in den gekreuzten Dei ters'-
Mhen Kern, Flooculus und dreieckigen Acusticus-
kern) und aus der lateralen Acusticuswurzel (Colla-
tenden zum dreieckigen Acusticuskem). Die Striae
acusticae sollen eine Yerbindung des Tuberculum
acusticum mit der gekreuzten oberen Olive dar-
stellen. P. beschreibt auch Fasern, die das Tuber-
culum acusticum mit dem gekreuzten inneren
Kniehücker verbinden.
van Gehuchten(S97) hat durch Ausreissen
der Facialiswurzel die sekund&re Acusticusbahn
unterbrochen und deren Yerlauf nach Marchi
verfolgt Der ventrale Acusticuskem entsendet
dorsale und ventrale Trapezfasem. Die dorsalen
umschlingen die spinale Trigeminuswurzel auf
deren dorsaler FlAohe, biegen dorsal vom Nucleus
inferior der lateralen Schleife in die longitudinale
Richtung um und endigen im Nucleus superior
der lateralen Schleife an der Basis des hinteren
Yierhügelganglion. Sie bilden den „Faisceau de
Heild'^ Die ventralen Trapezfasem endigen an
derselben Stelle. Sie umschlingen die spinale
Trigeminuswurzel ventral und haben ihre Um-
biegung zur longitudinalen Richtung ventral vom
unteren Kem der lateralen Schleife. Alle diese
Trapezfasem sind kurz und gehen nicht weiter
centralw&rts als bis zum oberen Schleifenkern.
Die in der oberen Olive entspringenden und endi-
genden Fasem sind nicht behandelt Die Achsen-
cylinder des Tuberculum acusticum kreuzen im
dorsalen Theile der Rhaphe als Striae acusticae,
sammeln sich im retroolivaren Marke (dorsal und
medial von den Fasem aus dem ventralen Kerne),
steigen in der lateralen Schleife, als deren medialster
Bestandtheil, zum hinteren Yierhügelganglion der
Gegenseite auf und sind nicht weiter centralwftrts
zu verfolgen.
Yin. Elelnhini nnd seine Yerbindungen.
408) V. Rens z, F., Neues Yerfahren bei Kleinhirn-
Operationen an Tauben. Yortrag, gehalten in der biolog.
Sektion der Termeszettadomänyi T&rsulat am 14. Mai
1902. Ref. in Neurol. Centralbl. p. 265. 1903.
(Kleine schmale Lanzette mit Armstange wird durch
Haut und Membrana oooipitalis bei stark nach vorn ge-
beugtem Kopfe in der Richtung des hinteren Augenwin-
kels eingestochen und seitwärts oder nach der Mitte zu
vorgeschoben. Aethernarkose.)
409) Ramön y Cajai, S., Textura del sistema ner-
vioso del hombre y de los vertebrados 5. Fase. Gapitel :
Yias y nücleos intrinseicos del bulbo-protuberancia-cere-
belo y ganglios cerebelosos oentrales-histogenesis cerebe-
losa. Madrid 1901. Nicolas Moya.
410) Fowler, X. A., Model of the nucleus den-
tatus of the oerebellum and its accessory nuclei. Bull,
of the Johns Hopkins Hosp. Xu. 121. p. 151. 1901.
2 Tafeln u. 1 Figur im Text.
(Sorgfältige Beschreibung einer Born 'sehen Wachs-
Reconstruktion der Eleinhimkeme des Menschen).
411) Smith, Elliot G., The primary subdivision
of the mammalian cerebellum. Journ. of Anat. and Phy-
siol. XXXYI. 1902.
412)Bolk, Louis, Beiträge zur Affen- Anatomie.
lY. Das Kleinhirn der Neuweltwen. Morphol. Jahrb.
XXXI. 1. p. 44. 1902. 1 Tafel u. 26 Figuren im Text.
413) Bolk, Louis, Hauptzüge der vergleichenden
Anatomie des Cerebellum der Säugethiere, mit besonderer
Berücksichtigung des menschlichen Kleinhirns. Mon.-
Schr. f. Psych, u. Neurol. Xn.5. p.432. 1902. 6 Figuren.
128
Edinger und Wallenberg, Anatomie des OentndnervensyBtems.
414)KreuzfuohB, 8., Die Orösse der Oberfläche
des Kleinhirns. Arb. a. d. nearol. Inat zu Wien Heft 9.
p. 274. 1902.
415) Schwalbe, G., Zur Tcpcgraphie des Klein-
hirns. Verhandl. d. anatom. Ges. aaf d. 16. Vers, in
Halle a. d. S. vom 22.-25. April 1902. Anatom. Anzeiger
XXI. £r^.-H. p. 92. 1902. 2 Abbildungen.
(Theile der Tonsillen and derLobi caneiformes ragen
relativ häufig in den Wirbelkanal hinein, theils in Form
medialer Zapfen, theils lateral unter Bildung eines Toros
marginalis. Als wahrscheinlichste Ursache sieht S c h w.
eine RaumbecDgung des Eleinhirnraumes in Folge relativ
starken postembryonalen Wachsthums des Kleinhirns an.)
416) Shroud, BertB., Gontribution to the mor-
phology of the oerebellum. Amer. Joum. of Anat I. 4.
p. 518 (proc. Assoo. amer. Anat. Chicago 1901—1902).
(Dem Ref, nicht zugänglich.)
417) DellaRovere, D., e De Vecchi, R., Ano-
malia del cervelletto (prima osservazione di scissione in
due lobi distinti del verme). Riv. pathol. nerv, e ment
p. 241. 1902. Mit Figuren.
418) Streng, 0. 8., Preliminary report upon a case
of uniUteral atrophy of the cerebellum. Joum. of comp,
neufol. XI. 1. p. 61. 1901.
419) Steindler, Arthur, Zur Kenntnisa d. hin-
teren Marksegels. Arb. aus d. neuroL Inst d. Univ. Wien
(Prof. Obersteiner) VIII. p. 93. 1902.
420) Manouelian, M. Y., Des fibres nerveuses
terminales dans le noyau du toit du oervelet Oompi
rend. de la See. de Biol. VI. 1901. (Dem Ref, nicht zu-
gänglich. Ref. in Biv. di Pathol. nerv, e ment p. 270.
1901.)
(Die im Dachkeme endigenden Fasern stammen theils
aus dem Yestibularis [Fase, cerebello-acustious Ramon
y Cajal], theils aus der weissen Substanz medial vom
Dachkerne [Ramon y Cajal].)
421) Prus, Sur la localisation des centres moteurs
dans recorce du cervelet Polnisches Arch. f. biol. u. med.
Wiss. Red. H. Kadyi, Lemberg 1901. I. 1. (Dem Ref,
nicht zugängtich.)
422) Probst, Moriz, Zur Anatomie u. Physiologie
des Kleinhirns. Arch. f. Psych. XXXV. 3. p. 692. 1902.
3 Tafeln.
423) Probst, M., u. K. v. Wieg, Ueber die kli-
nischen u. anatomischen Ergebnisse eines Kleinhimtumors.
Jahrbb. f. Psychiatrie p. 211. 1902. 2 Tafeln u. 1 Figur
im Text
424) T 0 u 0 h e , M., Hemorrhagie cer^belleuse. Dege-
nerescence medullaire. Soc. de Neurol. de Paris; Seance
du jeudl Mars 7. 1901. Ref. in Revue neurol. p. 278.
1901.
425) Orestano, Fausto, Le vie cerebellari effe-
renti. Riv. di Patol. nerv, e ment p.49. 1901. 5 Figuren.
426) Grisafulli, £., Ricerohe sperimentali sulla
lisio-patologia del oerveletto. Rif. med. XVI. 136—138.
1900.
Von drei Seiten ber wird die ausserordentlich
unzulängliche Eintheilong, die man von der mensch-
liehen Anatomie ausgehend den Kleinhimlappen
gegeben hat, durch ein besseres System zu er-
setzen versucht, das den YerhSltnissen bei allen
S&ugern gerecht werden soll. Elliot Smith (411)
in einer kurzen, Bolk(412) in einer ausfQhrlichen
Mittheilung, Ziehen (1) in der Darstellung
seines Handbuches nehmen diese nothwendig ge-
wordene BeTision vor. Es ist aber nicht möglich,
ohne Abbildungen auch nur die Grundlinien dieser
Arbeiten wiederzugeben.
Bolk (412) geht von den Lemuren aus und
seine Arbeit enthält ausser der erwähnten Ein-
theilung noch eine Reihe sehr interessanter Dar-
legungen über Wachsthumoentren in der Binde
des Cerebellum. Diese stehen durohaua in Deber-
einstimmong mit der vom B^f.lL 1886 zuerst Yet-
tretenen Anschauung, daas man alle die Yerschie-
denen Eleinhimformen versteht, wenn man ein
einfaches Auswachsen mit sekundärer Fältelung
der dfinnenEleinhimplatte, wie sie etwa beiPetro-
myzon oder den Amphibien und Beptilien beobachet
wird, annimmt.
Ereuzfuohs (414) hat durch genaue Mes-
sung an der DmfiangsUbige und der Windungslftnge
von Schnitten gleicher Dicke durch ein mensch-
liches Kleinhirn dieOröase der Eleinhimoberfläche
annähernd berechnen können. Von den 84246 qmm
entfallen nur 16344 auf die freie Oberfläche, 67902
auf die Fläche in der Tiefe der Windungen. Die
versenkte (und damit auch die Gesammt-) Ober-
fläche ist also relativ weit grösser als beim Gross-
him. Die verschiedenen Theile des Kleinhirns
verhalten sich in Beziehung auf das Verhäitniss
zwischen versenkter und freier Oberflädie ver-
schieden.
Das hintere ICarksegel des Menschen ist nach
den schönen Untersuchungen von Steindler (416)
ein dünnes Markblatt, ausgespannt zwischen Floc-
culus und Nodulus, von der Tonsille nach vom
gegen doi First und die vordere Wand der Bauten-
grube gedrängt. Lateral geht es in den Flocken-
stiel über, nach hinten und oben in den Markkem
des Kleinhirns. Es bildet ein ungleichschenkeliges
Dreieck jederseits lateral vom Wurme mit nach
hinten und oben gerichteter Spitze („Flügel^' des
Velum medulL post. Beil) und conatanter Lücke
für eine Vene am Uebergang zum Wurme. Das
Segel ist oft mit abgesprengten knötchenförmigen
Kleinhimrindentheilen bedeckt, besonders in der
Mitte. Vom Flocculusmark treten Fasern in das
Velum ein. St unterscheidet in ihm folgende
Schichten : 1) Epithel der Bautengrube, 2) homo-
gene Schicht mit spärlichen Kernen und welligen
Fasern, 8) Markfaserschicht mit sagittalen Fasern
aus der Gegend dorsal vom Nudeus dentatus und
frontalen Fasern aus dem Flookenstiel, dazwischen
Zellenkerne von cerebellarem Typus, die sich deut-
licher in der 4) Schicht als Fortsetzung der Mole-
kularschicht des Kleinhirns zeigen, 5) Piaschicht.
Aus der Struktur des Segels und aus vergleichenden
Studien an Säugern, Vögeln und Fischen kann der
Schluss gezogen werden, dass das Velum genetisch
dem Kleinhirn angehört und, wie Beil schon ver-
muthet hat, als rudimentärer Kleinhimantheil zu
betrachten ist Wie weit daneben die Membrana
obturatoria der Bautengrube (Kölliker)am Auf-
bau sich betheiligt, ist noch ungewiss.
Strong (418) hatte Gelegenheit, die Central-
organe eines Kindes mit nahezu vollständigem
Mangel der linken Kleinhimhemisphäre zu untet^
suchen (nur der Flocculus war vorhanden). Es
fehlten ausser dem linken Corpus dentatum auch
die rechte Olive (linke normal) und die Striae
E d i n g e r und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
129
acosticae. In der Brücke waren die Querfasern
links stark reducirt, die Brüokenkeme dagegen
rechts atrophisch, ebenso die Lftngsfasern. Der
linke Strickkörper und Bindearm waren kleiner,
der linke hintere Yierhtlgel schmäler, höher und
distalwärts gedrängt, sein Arm weniger prominent,
als der rechte. Atrophie zeigte auch der linke
vordere Zweihügel. Dagegen bestand keine deut-
liche Asymmetrie der Stirnlappen.
Die letzten Jahre haben uns viel mehr Einzel-
heiten über die Gerebellumrinde gebracht, als über
die Faserzüge. Deshalb ist es erfreulich, dass
neuerdings mehr auf die Erforschung der letzteren
Werth gelegt wird. Edinger, dessen Arbeit
unter vergleichender Anatomie referirt werden wird,
hat das Principielle im Aufbau eines Kleinhirns
überhaupt zu ermitteln gesucht und sich deshalb
zur Untersuchung des mächtigen, aber relativ ein-
fach gebauten Selachierkleinhims gewandt. Das
Hauptergebniss seiner Untersuchung liegt wohl
darin, dass jenes primitive Kleinhirn im Wesent-
lichen nur Aufnahmestätte für Faserzüge aus den
sensiblen Nerven und ihren Kernen ist, alles Andere
kommt, bei den Selachiern wenigstens, räumlich
kaum in Betracht
Turner (119) beschreibt 2 Arten von kleinen
Zellen der Holekularschicht, von denen die eine
den Körper der Purkinje- Zellen mit ihren
Aesten umspinnt, die andere wahrscheinlich um
die Dendriten ein Netzwerk bildet
Das Handbuch S. Bamön yCajal's bringt
eine vollständige Neuduroharbeitung der gesammten
Histologie und der Bahnen. Das Wichtigste aus
dem ersten Abschnitte findet man bereits in früheren
Jahrgängen dieses Berichtes. Auch die Stellung des
Autors gegenüber einigen wichtigen Fragen in der
Lehre von den Kleinhimverbindungen soll, im
Zusammenhange mit den Ergebnissen anderer
Forscher, berichtet werden. Die Fasern des Skieh-
horpers sind zum grössten Th^ile centripetal leitend,
theilen sich innerhalb des Kleinhirns in einen
lateralen Ast für die Hemisphären und einen
medialen für den Wurm, und werden zu Moos-
fas^n, die mit den Kömerzellen sich verbinden.
Die üiMfiAtrfi-O/ti'enia^n leitet nach Ramön
y Cajal (409) lediglich centripetal; die innerhalb
der Olive endigenden Fasern stammen nicht aus
dem Kleinhirn, sondern wahrscheinlich aus den
Kernen des Hirnstammes und aus dem Rücken-
marke. Ein grosser Theil der scheinbar in der
Olive endigenden oder entspringenden Fasern ge-
hört anderen Fasersystemen an (centralen sensiblen
Bahnen) und durchquert lediglich die Olive.
Kell er (479) dagegen hat neben den im Ober-
wurme endigenden Fibrae olivo-cerebellares auch
centrifugale cerebello-olivare Fasern gesehen (Ver-
letzung basaler Bulbustheile bei der Katze). Aus
den Hinterstrangkemen und aus der centralen
Haubenbahn stammen wohl die übrigen in der
Med. Jahrbb. Bd. 279. Hft 2.
Olive endigenden Fasern. Die anderen Resultate
K.'s bestätigen ältere Beobachtungen.
van Oehuchten (389) lässt den Tractus
spino-cerebellaris dorsalis lediglich in der Wurm-
rinde endigen.
Thiele und Horsley (393) beschreiben
eine schon von Ho che gefundene Verästelung des
Tractus spino-cerebellaris dorsalis in einem kleinen
Kerne ventral von der spinalen Trigeminuswurzel
(dorso-lateral vom Seitenstrangkern) und eine zweite
in der Umgebung des Fasciculus solitarius. Die
den Aussenrand des Strickkörpers umziehende
graue Substanz steht mit der spinalen Vestibularis-
wurzel in Verbindung.
Innerhalb des G o w e r s 'sehen Bündels (Tractus
spino-cerebellaris ventralis) haben die Autoren
ausser den bekannten Collateralen zum Seiten-
strangkern auch Commissurenfasern zum gekreuzten
hinteren Vierhügel gefunden (via Velum medulläre
anterius und Frenulum corporis quadrigemini poste-
rioris); ferner sahen sie Fasern zum gekreuzten
Flooculusstiel, Acusticuskem und Deiters 'sehen
Kern. Nach van Qehuchten (389) endigt der
ventrale Tractus spino-cerebellaris in der Nähe des
Daohkems der gleichen und der gegenüberliegenden
Seite. Der Autor nimmt an, dass die Fibrae arci-
formes externae ventrales, die bekanntlich all-
gemein als Verbindungsfasem der Hinterstrangs-
kerne mit der gekreuzten Kleinhirnhälfte via Corpus
restiforme gelten, den Zellen der Formatio reticu-
laris bulbi entspringen und einen Tractus bulbo-
cerebellaris herstellen, analog dem Tractus spino-
oerebellaris dorsalis und ventralis. [Die Degene-
rationversuche des Bef. (W.) an Kaninchen stützen
diese Auffassung nicht]
Die aufsteigenden Vestibularisfasern finden
weder im v. Bechterew 'sehen Kerne, noch
im Nucleus Deiters', noch in centralen Klein-
himkemen ihr Ende, sondern, wie Ramön y
Cajal (409) ausdrücklich angiebt, in der Rinde
des Wurms und der Hemisphären. Probst (422),
der an Hunden und Katzen eine grosse Reihe von
Verletzungen des Kleinhirns an verschiedenen
Stellen des Bulbus und Rückenmarkes in verschie-
dener Höhe gemacht und die sekundären Degene-
rationen auf lückenlosen Serienschnitten mit der
Mar Chi -Methode untersucht hat, bestätigt be-
züglich der centripetalen Kleinhimbahnen im
Wesentlichen ältere Beobachtungen.
Innerhalb der BHkke hat Ramön y Cajal
(vor ihm Held) bekanntlich Collateralen derPyra-
midenfasem gesehen (vgl. den vorigen Bericht)..
Sie entstammen vorzugsweise medianen Bündeln.
Bei höheren Säugern, besonders beim Menschen,
enden viele Pyramidenfasem selbst im Brücken-
grau; es nimmt in Folge dessen die Zahl der
Pyramidenfasem innerhalb der Brücke ab. Andere
Pyramidenfasem wieder theilen sich in einen
Brückenast und einen absteigenden spinalen Ast:
also Bifurkation statt der Abgabe von Collateralen.
17
130
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Gentralnervensystems.
HamönyCajal beschreibt aoeh Collateralen
aus den zwei medialen Dritteln der medialen
Schleife zum Brückengrau (Katze). Die medialsten
enden in einem eigenen dorsalen Kerne der Rhaphe.
Auch diese Fasern hat schon Held vor Ramön
y Cajal gesehen. Der BrQokenarm fOhrt nach
Ramön y Cajal nahezu ausschliesslich centri-
petale Fasern zur Kleinhirnrinde, die als Kletter-
fasem an die Dendriten der Purkinje- Zellen
herantreten. Nach Probst (422) enthftlt der
Brückenarm neben den centripetalen auch centri-
fugale Fasern aus der Hemisphärenrinde zu den
gekreuzten BrQckenkemen und zum Nucleus reti-
cularis pontis, dagegen keine Kleinhim-Rücken-
marksbahn (contra M a r c h i und B i e d 1). [Siehe
auch Orestano (425).]
Die absteigenden Kleinhimbahnen sind in der
Berichtzeit ganz besonders eingehend studirt wor-
den. Die zur Yorderstrangperipherie gelangenden
Fasern, über deren Herkunft (Kleinhirn oder Dei-
ters'scher Kern?) die Autoren nicht einig waren
(vgl. den vorigen Bericht), stammen nach den Unter-
suchungen von Ramön y Cajal (409) aus dem
V. Bechterew 'sehen und Deiters'schenKern,
nach Probst (422), der seine experimentellen
Ergebnisse aufGh'und einer mit v. Wieg (423) ge-
meinschaftlich ausgeführten Untersuchung der
durch einen Kleinhimtumor verursachten Degene-
rationen auch beim Menschen bestätigen konnte,
nur aus dem Deiters 'sehen Kern. Dasselbe
Resultat erhielt (conform mit Risien Russell,
Ferrier, Turner und Anderen) Thiele (380)
in einem Falle von Kleinhirntuberkel. Orestano
(425) dagegen hat nach Kleinhirnexstirpationen
bei Hunden und ^tzen Degeneration dieser von
Thomas als „absteigende Kleinhimbahn^' bezeich-
neten Vorderstrangbündel gesehen und verlegt
ihren Ursprung in den Nucleus dentatus. Auch
die in das hintere Längsbündel eintretenden Fasern
aus der Oegend des Deiters 'sehen Kernes sollen
diesen nur durchqueren und aus dem Kleinhirn
stammen. Collier und Buzzard (400) be-
schreibe einen Tract vom Daohkem zum Dei-
ters'sehen Kern, haben aber keine Fasern zum
Yaguskern gesehen, wie sie Edinger (siehe den
vorigen Bericht) beim Menschen nachweisen konnte.
Der von ihm schon früher beschriebene centripetale
Zug aus dem Rückenmarke zum Deiters'schen
Kern konnte von Probst wieder bestätigt werden.
Eine von Touche (424) beobachtete Hämor-
rhagie der linken Hemisphäre mit Zerstörung late-
raler Theile des Corpus dentatum hatte zu Degene-
rationen im gleichseitigen Brückenarm und Binde-
arm, femer im hinteren Längsbündel und Trige-
minus geführt, während auf der gekreuzten Seite
die Pyramide (weniger die gleichseitige) und der
(natürlich gleichseitige) Pyramidenseitenstrang Ent-
artung zeigten. T. schliesst daraus, die absteigenden
Kleinhimbahnen könnten nur in den Pyramiden
verlaufen.
Orestano (425) unterscheidet unter den ceutri-
fngalen Kleinhimbahnen: 1) bulbo- spinale, von
denen die eine aus den centralen Kleinhimkeroen
(weniger aus der Rinde) via Corpus restiforme der
gleichen Seite zum Seitenstrangkera, zum Bur-
dach'schen und Monakow'schen Kerne und
via Fibrae ardformes internae zu den Oliven, be-
sonders zur gekreuzten, zieht (vgl Probst weiter
untenX die zweite aus dem Dachkern und Nucleus
dentatus zum Deiters - v. Bechterew'schen
Kerne (auch zum gekreuzten) und zu der an der
Innenseite des Strickkörpers gelegenen Roller '-
sehen „aufsteigenden Yestibulariswurzel" gelangt ;
die anderen entsprechen im Wesentlichen den
vorhin erwähnten Zügen aus dem Deiters'schen
Kerne zum Rückenmarke und zum hinteren Längs-
bündel; 2) zur Brücke absteigende Kleinhirnfasern
via Brückenarm, gekreuzt und ungekreuzt ; es be-
finden sich keine Commissurenfasem des Klein-
hirns darunter ; 3) zur Hirnbasis aufsteigende Klein-
himbahnen. [Der Fasciculus „en crochet'^ (Thomas)
und der „Fasciculus retropeduncularis^' zwischen
jenem und dem Bindearm in der grauen Substanz
zwischen beiden endigend, aus dem Wurm stam-
mend, sind den unter 1) genannten Bahnen zuzu-
rechnen.] Der Bindearm, im rothen Haubenkern
und im Thalamus an bekannten Orten endigend,
total kreuzend, giebt auch Fasern zum Linsenkem
ab, aber nicht zur Qrosshirnrinde. Vor seiner Kreu-
zung entsendet der Bindearm die schon von Ramön
y Cajal beschriebenen und wieder bestätigten
(siehe weiter unten) T- Collateralen zum Vorder-
horn des Rückenmarkes hinab, ausserdem andere
Aeste zum Oculomotoriuskern [Klimow, B»f.(W,)]j
zur Formatio reticularis pontis und ihrer Nachbar-
schaft (Thomas). Rubro-cerebellare und thalamo-
cerebeÜare Fasern mit umgekehrter Leitungs-
richtung sind nur wenige im Bindearm enthalten.
RamönyCajal (409) glaubt in dem absteigenden
Aste des Bindearmes (zum Yorderseitenstrange des
Rückenmarkes) die von Marchi beschriebene
absteigende Brückenbahn wiederzufinden. [Die
Bifurkation der Bindearmfasern lässt sich übrigens
an Weigert- Präparaten der weissen Maus vor-
züglich demonstriren. Bßf. (W.)]
Nach Probst (422) besitzt die vom Wurm
und Dachkem ausstrahlende Kleinhirabahn einen
caudalen Ast zum Seitenstrangkera und zu den
Hinterstrangkemen, einen mittleren Ast zum drei-
eckigen Acusticuskem und Abducenskem und einen
frontalen Ast, der „accessorisches Bindearm-
bündel^* genannt wird. Dieses Bündel gelangt
nach der Kreuzung innerhalb des Wurmes in die
Qegend der Forel 'sehen „HaubenbündeP^ ventral
und ventrolateral von der cerebralen Quintuswurzel
und endigt in den Thalamuskemen med. c und
ventr. a via Lamina interna thalami, besitzt also
ganz denselben frontalen Verlauf, wie die sekun-
däre Trigeminusbahn. Die zum gekreuzten Seh-
hügel via Lamina interna gelangende Kleinhirn-
£ d i n g e r und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
131
faserang enihftlt ausser diesem aooessorischen Binde-
armbündel und dem eigentlichen Bindearm, der
Ton P r 0 b 8 1 „dorsales Kleinhirn-Thalamusbündel^'
genannt wird, im Corpus dentatum entspringt, voll-
ständig kreuzt und nach Abgabe von Collateralen
an den rothen Haubenkem in den Sehhügelkemen
med. b, med. c, ventr. a endet, noch das im vorigen
Berichte erwähnte „ventrale Eleinhim-Thalamus-
bündel". Dieses entspringt ebenfalls im Nudeus
dentatus, kreuzt via Fibrae arciformes internae die
Rhaphe der Brücke und verläuft dorsal vom inneren
Theü der medialen Schleife, mit Fasern der cen-
tralen Quintusbahn vermischt, denen sich ein ven-
trales Bindearmbündel zugesellt, zu denselben Bnd-
stätten wie der Bindearm selbst. Die Eleinhim-
fasem lassen sich (vgL das Capitel Sehhügel) weiter
frontal im Thalamus verfolgen, als die sekundären
sensiblen Bahnen. Das „ventrale Kleinhim-Seh-
hügelbündeF war auch in dem von Probst und
Wieg (423) mitgetheilten Falle entartet
IX. leduUa oblongata, Brficke, Kerne
der Hirnnerren.
427) Sabin, Florence R., A acte conceroiag the
model of the mednlia, pons and midbraio of a new-born
babe as reprodnoed by F. Ziegler, Anatom. Anzeiger
XXII. p. 281. 1902. 2 Figuren.
428) Oudden, Beiträge zur topographischen Ana-
tomie des Himstammes. Jahresversamml. d. Vereins d.
deotschen Irrenärzte in München am 14. n. 15. April 1902.
Ref. in Nenrol. GeDtr.-Bl. p. 430. 1902.
(Demonstration von Sohnittpräparaten mit oombi-
oirten Schnittfühmngen : horizontal and sagittal, frontal
und horizontal n. s. w.)
429) Hamilton, Alice, A case of heterotopia of
the white matter in the mednlla oblongata. Jonm. of
Anat I. 4. p. 417. 1902. 4 Figuren.
430) Mac hin, N., Zum Bau des oentralen Höhlen-
gnues des Gehirns. Internat Mon.-8ohr. f. Anai n. Phy-
aoL XV. 7—9. p. 387. 1901. 2 Tafek. (Dem ife/*. nicht
zoginglich.)
431) Gannien et Gentes, Notes snr trois oas
I d'ibsence du treu de Magendie ohez Thomme. Gaz. hebd.
des Sc. med. de Bordeaux XXL 1900.
432) Mc Mnrrich, J. Playfaire, On the spinal
homologues of the cranial nerve components. Science
N. S. XVI. Nr. 380. p. 578. 1902. (Dem Ref, nicht zu-
ginglich.)
433) Ahlström, Gustaf, Bidrag tili kännedomen
om lokalisationen inom oculomotoriuskäman hos män-
oiskin. Nord. med. ark. N. F. XL 16. 1900. Ref. in
NeuroL Centr.-BL p. 708. 1901.
(Nach Enncleation des linken Auges bei einem 64jähr.
Manoe [eine Reihe Ton Jahren vor dem Tode] fanden sich
Dor im linken kleinzelligen paarigen Mediankerne des
Ocnlomotorius sichere Veränderungen der ZeUen und
Fasern. A. sieht darin eine Bestätigung der Resultate
Bernheimer's über die Beziehungen des kleinzelligen
Kernes zur glatten Muskulatur des Auges.)
434) Gehachten, A. van, et J. van Biervliet,
Le noyau de roculo-moteur commun 16, 19 et 21 mois
apres U resection du nerf. Nevraxe U. 2. p. 115. Fevr. 7.
190L 2Tafehi.
435) Beruh eimer. St, Die Lage des Sphinkter-
ceotroms. Arch. f. Ophthalmol. LH. 2. p. 302. 1901.
436) Bumm, A., Experimentelle Untersuchungen
über das Ganglion ciliare der Katze. Bericht über die
Jahresversamml. d. Vereins d. deutschen Irrenärzte 1902.
Ztschr. f. Psychiatrie LIX. 5. 1902.
437) Bumm, A., Ueber die Beziehungen des Hals-
sympathious zum Ganglion ciliare. Sitz.-Ber. d. Ges. f.
Morphol. u. PhysioL in München XVH. 2. p. 59. 1901.
438) Marina, A., Importanza del gangUo ciliare
come centro periferico per lo sfintere delFiride. (}azz.
degU Gsped. XXIL 135. p. 1415. 1901. (Dem Bef, nicht
zugänglich.)
439) Guerri e Coluzzi, Contributo allo studio
della struttura del gangUo ciliare. Ann. d. Faooltä di
Med. e Mem. d. Accad. med.-chir. di Perugia XU. 1—2.
p. 23. 1900. (Dem Ref, nicht zugänglich.)
440) Sz&kall, J., üeber das Ganglion ciliare bei
unseren Hausthieren. Arch. f. wissensoh. u. praktThier-
hkde. XXVm. 5. p. 476. 1902. 5 Figuren. (Dem Ref.
nicht zugänglich.)
441) Onodi, A., Das Ganglion ciliare. Anatom.
Anzeiger XIX. p. 118. 1901.
(Uebersetzung einer ungarisch geschriebenen Arbeit,
die im Jahre 1887 der ungarischen Akademie der Wissen-
schaften vorgelegt wurde. Vergleichende Untersuchung
der GiliargangÜen bei Selachiem lehrt die sympathische
Natur dessel^^n.)
442) Coluooi, C, C!ontribato alla anatomia e fisio-
logia del trigemino. Rendic. d. seoonda assemblea ordiiu
unione zool. ital. Napoli 1901. Monii zool. ital. XIL 8.
p. 232. 1901. (Dem Ref nicht zugänglich.)
443) Gehuchten, A. van, Recherches sur la
terminaison centrale des nerfe sensibles peripheriques.
in. La raoine bulbo-spinale du trgumeau. Nevraxe n.
2. p. 175. Fevr. 7. 1901. 21 Figuren,
444) Boohenek, A., La raoine bulbo-spinale da
trijumau et ses oonnexions aveo les trois branohes peri-
pheriques. Nevraxe m. 1. 1901.
(Bestätigung der Untersuchungen von Bregman
und dem Ref [W.] Der Trigeminus enthält keine Fasern
zum Kleinhirn und keine gekreuzten Wurzelfasem.)
445)Bickel, Adolf, Zur Anatomie des aooesso-
rischen Trigeminuskemes. Arch. f. mikroskop. Anat u.
Entw.-Gesch. LIX. p. 270. 1901. 1 Tafel u. 3 Textfigg.
446)Coenen, Hermann, Das Trigeminusganghon
des Orang. Arch. f. mikroskop. Anai u. Entw.-Gesch.
LX. 3. p. 515. 1902.
(Das QuintusgangUon des Orang enthält 4 verschie-
dene Zellentypen, darunter nur wenige Exemplare von
der beim Menschen in der Mehrzahl vorhandenen hohen
Entwicklung und Grösse. DasGangUon gleicht in seiner
Zusammensetzung mehr dem menscmichen Spinal-
ganglion.)
447)Herver, A., Recherche anatomique de Pori-
gine centrale du nerf oculomoteur externe (nervus abdu-
cens). Moniteur (russe) neurol. VIIL 4. p. 1. 1900. Ref.
in Revue neurol. p. 349. 1901.
448) Weigner, E., Nervus aousticus, nervus
facialis a nervus intermedius. Rozpravy Oeske Akad.,
Ro«nik 9. TKda 2. Öislo 26. 1900. (19 S.) 1 Taf eL (Dem
Ref nicht zugängUch.)
449) Wyrubow, N. A., Zur Frage über die cen-
tralen Endigungen a. Verbindungen der 7. u. 8. Hirn-
nervenpaare. Wissenschaftl. Versamml. d. Aerzte d.
St. Petersb. Klinik f. Nerven- u. Geisteskranke. Sitzung
vom 20. Dec. 1899. Ref. in NeuroL Centr.-Bl. p. 1127.
1901.
450) Wyrubow, N., Ueber die oentralen Bndi-
gungen u. Verbindungen des 7. u. 8. Hirnnerven. (Aus
dem Laboratorium von Prof. W, v, Bechterew.) Neurol.
Gentr.-Bl. p. 434. 1901. Mit 10 Abbildungen.
451)Eotelewski, Zur Lehre vom Kern des oberen
Faoialisastes. Experimentelle Untersuchung. Inaug.-
Diss. Warschau 1901. (Russisch.) (Ref, im Neurol.
Centr.-Bl. p. 160. 1902.)
(Durchschneidnng des oberen Faoialisastes bei jungen
Katzen und Hunden hatte Atrophie einer dorso-lateralen
Zellengruppe des Facialiskemes zur Folge.)
452) Amabilino, Rosario, Su rapnorti del
ganglio genioolato con la corda del timpano e ool faccialo.
132
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centnünervensystenus.
Ricerche anatomicbe sperimentali. Ann. dell. R. Clin,
peich . e neuropatol. di Palermo p. 1 21 . 1 8d8/99. 7 flgoren .
(Die Zellen des Qanglion genicalatom faoiale haben
keine Beziehungen zum Facialis, wie auf Orund eines
Referates im Berichte 1897—1898 angegeben war.)
453) Yincenzi, Livio, Sulla fina anatomia del
nucleo ventrale dell'aoustioo. Anatom. Anzeiger XIX.
p. 33. 1901. 20 Figuren.
454) Yinoenzi, Livio, Di alouni nuovi fatti ris-
guardanti la fina anatomia del nucleo del corpo trapezoide.
Anatom. Anzeiger XIX. p. 359. 1901. Con 8 figure.
455) B i e h 1 , Der Verlauf der Yorhofnerven im Him-
stamme. Yerhandl. d. deutschen otolog. Oesellsch. p. 155.
1901. (Dem E&f, nicht zugänglich.)
456) Deganello,ü., Asportazione dei oanali semi-
ciroolari. Altorazioni conseoutive nelle cellule dei nudei
bulbari e del cervelletto. Arch. des So. med. XXIY. 4.
p. 337. 1902. 1 Tafel.
457) Eishi, Ichita, üeber den Yerlauf u. die
periphere Endigung des Nervus Cochleae. Aroh. f. mikro-
skop. Anat. u. Entw.-Qesch. UX. 1. p. 144. 1901. 1 Tafel.
458) Ram6n y Cajal, S., Disposioiön terminal de
las fibras del nervio oodear. Rev. trimestr. miorograf.
V. 2 y 3. p. 111. 1900. Con 7 grabados.
459) Probst, M., Zur Xenntniss der Schleifen-
schicht u. über centripetale Rückenmarksfasern zum
Z>««^9'8ohen Kern, zum Sehhügel u. zur Substantia
reticularis. Mon.-Schr. f. Psychiatr. u. Neurol. XI. p. 3.
1901. 2 Tafeln.
460) Athanasiu, J., La structure et Torigine du
norf depresseur. Joum. de TAnat. et de la Physiol. III.
p. 265. Mai— Juin 1901. Pem Rtf, nicht zugänglich.
Ref. in Revue neurol. p. 1115. 1901.)
(Der Nervus depressor entspringt in den intra-
cardialen Ganglien und endet im Oanglion jugulare, bez.
cervicale supremum.)
461) van Gebuchten, Les fibres inhibitives du
coeur appartiennent au nerf pneumogastrique et pas au
nerf spinal. Nevraxe lY. Fevr. 15. 1903.
462) Eöster, Georg, Üeber den Ursprung des
Nervus depressor. Yorläufige Mittheilung. Neurol. Centr.-
Bl. p. 1032. 1901.
463) Eöster, Georg, u. Armin Tschermak,
Ueber den Ursprung u. Endigung des Nervus depressor
u. Nervus laryngeus superior beim Kaninchen. Arch. f.
Anat. u. Physiol. [anat. Abth.] 8uppl.-Bd. p. 255. 1902.
2 Tafeln. (Betrifft nicht das Centralnervensystem.)
464) Yincenzi, Livio, Di molte mie ricerche
sull'origine di alcuni nervi cerebrali rimaste affiatto ignote.
Rivendicazioni di prioritä. Anatom. Anzeiger XIX. p. 601 .
1901. Con 6 figure.
(Priorität- Anspruch bezüglich der Untersuchung des
dorsalen Yaguskemes mit der Silbermethode, des Hypo-
glossuskernes und anderer Himnervenkerne.)
465) Eohnstamm, 0., Zur Anatomie u. Physio-
logie der Yaguskerne. 26. Wanderversamml. d. südwest-
deutschen Neurologen u. Irrenärzte zu Baden-Baden.
Sitzung am 8. u. 9. Juni 1901. (Ref. im Neurol. Centr.-
Bl. p. 767. 1901.)
466) Biervliet, Joseph van, Recherches sur
les localisations radiculaires des fibres motrices du larynx.
Nevraxe DI. 3. p. 295. 1902. 3 Abbildungen.
467) De Beule, Fritz, Recherches experimentales
sur rinnervation motrice du huynx chez le lapin. Nevraxe
lY. 2. p. 163. 1902. 10 Figuren.
468) Gebuchten, A. van, etA. Bochenek, Le
nerf de WiUis dans ses connexions avec le nerf pneumo-
gastrique. Nevraxe n. 3. p. 323. 1901. 2 Abbildungen.
469) Weigner, E., Beziehungen des Nervus acces-
sorius zu den proximalen Spinalnerven. Anatom. Hefte,
Abth. 1. Arbeiten a. d. anatom. Inst Heft 56 u. 57.
(XYn. 3 u. 4) p. 549. 1901. 37 Figuren.
470) Lubosch, Wilhelm, Drei kritische Beiträge
zur vergleichenden Anatomie des Nervus accessorius.
Anatom. Anzeiger XIX. p. 461. 1901. Mit 1 Tafel.
471) Parhon et Goldstein, Sur Torigine de la
brauche descendante de Thypoglosse. Roumanie med.
1. 1899. (Ref. in Revue neurol. p. 859. 1902.)
(N i 8 8 1 - Untersuchung nach Zerreissung des Ramus
descendens hypoglossi ergab Reaktion lediglich in einer
kleinen dorso - lateralen Zellengruppe des Hypoglossos-
Eemes. Das Halsmark war intakt)
472) Breuer, Robert, u. Otto Marburg, Zur
Elinik u. Pathologie der apoplektiformen Bulbärparalyse.
Arbeiten a. d. neurol. Inst. a. d. Univers. Wien. Heraus-
geg. von Prof. Dr. Ä Oberatemer, IX. 1902. Mit 11 Ab-
bildungen im Texte.
473) Bechterew, W. v., Ueber ein wenig be-
kanntes Fasersystem an der Peripherie des antero-lato-
ralen Abschnittes des Halsmarkes. Neurol. Centr.-ßl.
p. 194. 1901.
474) Bechterew, W.V., Sur le Systeme peuconnu
des fibres nerveuses passant par la peripherie delaregion
antero-exteme de la partie cervicale de lamoelleepiniere.
Moniteur (russe) neurol. YIII. 4. p. 64. 1900. (Ref. in
Revue neurol. p. 350. 1901.)
475) Obersteiner, H., Ueber das Hdweg'üche
Bündel. Neurol. Centr.-Bl. p. 546. 1901.
476) Pusateri, £., Oontributo alle studio della
sclerosi cerebrale atrofioa con osservazioni sull'origine
del tapetum e del fascio peri-olivare di v. Bechterew.
PisaniXXII.2.1901. 2Taf. (Dem i2e/: nicht zugänglich.)
477) P 0 n t i e r , M., Les olives du bulbe chez Thomme
et les mammiferes. Th^ de dootoratenMed. Lille 1901.
A. Massen. 7 Tafeln.
(Yergleichende Untersuchung der Oliva inferior bei
verschiedenen Säugerarten. Die Entwickelung der Olive
geht parallel mit der Entwickelung der Eleinhirn-Hemi-
sphären und des Grosshirns, ist beim Menschen am
höchsten. • Nicht-Säuger haben keine Oliva inferior. Die
Olive ist ein zwischen Rückenmark, Eleinhirn und Gross-
hirn eingeschaltetes sensitiv-motorisches System.)
478) Acquisto, Y., Intomo alcune particolaritä di
struttura dell'oliva bulbare di uomo. Pisani XXII. 2.
p. 130. 1901. (Dem Ref. nicht zugänglich.)
479) Eeller, Robert, Ueber die Folgen von Yer-
letzungen in der Gegend der unteren Olive bei derEatze.
Arch. f. Anat u. Physiol. [anat. Abth.] p. 177. 1901.
13 Abbildungen.
480) Soreo, Josef, Ueber suboortikale Entstehung
isolirter Muskelkrämpfe. Ein Beitrag zur Elinik der Yier-
hügeltumoren, nebst Bemerkungen über den Yerlauf der
oenlialen Haubenbahn. NeuroL Oentr.-Bl. p. 642. 1902.
8 Figuren.
481) Eohnstamm, 0., Das Oentrum der Speichel-
sekretion. 20. Congress f. innere Med. in Wiesbaden.
Sitzung vom 15. bis 18. April 1902. (Ref. in Beri. kün.
Wchnschr. p. 445. 1902.)
482) Eohnstamm, Oscar, Der Nuoleus saliva-
torius chordae tympani (nervi intermedii). Anatom. An-
zeiger XXI. p. 362. 1902.
483) Bechterew, W. v., Ueber einen besonderen
Eem der Formatio reticularis in der oberen Brücken-
region. Neurol. CJentr.-Bl. p. 835. 1902.
484) Long, Margaret, On the development of
the nuclei pontis during the second and third months of
embryonic life. Johns Hopkins Hosp. Bull. XII. 121.
p. 123. 1901. 4 Tafeln.
485) Lacaze-Duthiers, H. de, Le Systeme
nerveuz du cabochon (capulus hungarious). Arch. de
ZooL ezperim. et gen. 3. S. IX. 1. p. 43. 1901. 1 Tafel.
(Dem Ref. nicht zugänglich.)
486) Eölliker, A., Die Medulla oblongata u. die
Yierhügelgegend von Ornithorhynchus u. Echidna. Leip-
zig 1901. W. Engelmann. 100 S. mit 27 Figuren im Text
(Ref. in Riv. di Fatol, nerv, e ment. p. 219. 1901.)
487) Ziehen, Th., Das Centralnervensystem der
Monotremen u. Marsupialier U. Mikroskopische Ana-
tomie. 1. Abschnitt Der Faserverlauf im Himstamm von
Pseudochirus peregrinus. Jenaische Denkschriften YL
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
133
log. Forsciiaogsreisen JLLL. Jena lUUl. Gust
fischer. 7 Tafeln iL 11 Figuren im Text
I Miss Sabin (427) hat naoh ihrer im vorigen
Berichte eingehend gewürdigten, bisher aber nur
in Tafeln und Schnittbildem niedergelegten Recon-
stroktion des Himstammes eines Neugeborenen,
\ jetzt durch Herrn F. Ziegler in Freiburg i. Br.
! 4 drehbare Modelle oonstruiren lassen, die dem
Stodirenden eine plastische Anschauung der Struktur
aller Theile vom Halsmarke aufwärts bis zu den vor-
deren YierhCIgeln in allen bemerkens werthen Einzel-
heiten gewfthren und als werthvoUe Bereicherung
des ünterrichtmateriales begrüsst werden dürfen.
Nachdem in früheren Jahren der Ocufomotonu«-
Ursprung durch zahlreiche Arbeiten geklärt worden
' ist, tritt als noch nicht sicher gelöst die Frage
nach dem Gentrum für den Sphincter iridis in den
Vordergrund des Interesses. Die Studien von van
Oehuchten und Biervliet (434) am Kanin-
chen bestätigen im Wesentlichen Bekanntes über
die Zellengruppen, die kreuzenden Fasern u. s. w.
Früher glaubte man allgemein, dass die PupiUar-
fasem dem Kerne selbst entstammen. Neuerdings
neigt die Hehrzahl der Forscher zu der zuerst von
Marina apfgestellten Ansicht, dass das eigentliche
Sphinktercentrum im Ganglion ciliare liege, über
das viel gearbeitet wird, dass diesem aber aus dem
Kern des Oculomotorius eine Bahn zuwachse. Nach
Bernheimer (435) liegt jedenfalls im klein-
zelligen Mediankerne der Ursprung von Sphincter-
fasem. Ihm ist es in mühevollen Versuchen an
Affen gelungen, den kleinzelligen Hediankern des
Ocnlomotorius von oben her anzustechen. Er be-
kam dann eine absolute Sphinkterlähmung.
Im Qanglion ciliare degeneriren nach B u m m
(436), wenn man die Ciliarnerven durchschneidet,
Vi der Ganglienzellen. B. hält sie für periphe-
nsche Oculomotorius- und Trigeminus - Neurone ;
▼ffitere '/s entarten, wenn man das obere Hals-
ganglion des Sympathicus durchschneidet, das auch
dann noch übrig bleibende Vs l^^t B. für Schalt-
van Oehuchten (443) hat bei Kaninchen
den Drigeminus zwischen Oanglion Qasseri und
Hirnstamm und die spinale Trigeminuswurzel
innerhalb des Himstammes durchschnitten und
b)mmt auf Qrund der Marchi- Degenerationen
zu folgenden Ergebnissen: Die spinale Quintus-
vnrzel besitzt keine kreuzenden Fasern, keine Ver-
bindung mit dem Kleinhirn, dem Strickkörper, der
Sobfitantia ferruginea und den Fibrae arciformes.
Die Qestaltveränderungen des Querschnittes der
5. Wurzel in verschiedenen Höhen werden genau
geschildert Sie reicht bis zum 2. Gervikalsegment
herab, hier zum Theil einen integrirenden Bestand-
theil des Burd ach 'sehen Stranges bildend, zum
Theil lateral in die Li s sau er 'sehe Randzone
übergehend. Aufsteigende Fasern der spinalen
Trigeminuswurzel giebt es nicht; die bisher als
soldie beschriebenen (Biedl) gehören dem Qo-
w er s 'sehen Bündel an [des Eef. W.'s Befunde am
Kaninchen sprechen gegen diese Auffassung, da
die aufsteigenden Fasern der Quintuswurzel schon
in der Höhe des Facialisaustrittes verschwanden].
In dem vom Bef. W. (390) beschriebenen Falle
von Embolie der hinteren Kleinhimarterie hatte
eine durch den Herd bedingte Zerstörung der spi-
nalen Quintuswurzel zur Degeneration ihrer Fasern
bis zum 2. Gervikalsegment geführt. Hier schlössen
sie sich dorsomedial der L i s s a u e r 'sehen Zone an.
Bickel (445) hat mitdervonKrause modifi-
cirten vitalen Methylenblaumethode in der cere-
bralen Quintuswurzel 2 Arten von Zellen unter-
scheiden können. Die einen sind multipolar, die
anderen unipolar. Nur die letzteren senden ihren
Neuriten zur cerebralen Trigeminuswurzel, nur sie
sind daher als ihre Ursprungzellen anzusprechen.
In dem von Breuer und fifarburg (472)
beschriebenen Falle von Vertebralis- Thrombose
hatte die Zerstörung und absteigende Degeneration
der spinalen Quintuswurzel auch noch absteigende
Entartung in medial davon, innerhalb und medial
von derSubstantia gelatinosa gelegenen Fasern zur
Folge. Die ersteren nennt M. „Fibrae aberrantes'S
die letzteren „Fibrae comitantes Trigemini^S Ihre
Bedeutung ist noch nicht geklärt
Die Verfolgung der „retrograden Degeneration^'
1 — 2 Monate naoh Resektion des Rectus extemus
bei Katzen und Hunden lehrte nach den Angaben
von Her ver (447), dass jeder Abducens aus bei-
den Abducenskemen entspringt (aus dem gekreuzten
via hinteresLängsbündel), Als gemeinsamesRinden-
feld für die Augenmuskeln, nach dessen Exstir-
pation Degenerationen bis in die Abducenskeme
verfolgt werden konnten, muss die Gegend zwi-
schen Fissura cruciata und Fissura praesylvia be-
trachtet werden.
Bei einer durch Caries des Schläfenbeines be-
wirkten Paralyse des Facialis undAcusticus konnte
der Hirnstamm von Wyrubow (449. 450) nach
Marchi und Nissl untersucht werden. Im
Facialis waren auch Fasern aus dem inneren Theile
des gekreuzten Kernes degenerirt. Nissl- Ver-
änderungen fanden sich auch im gleichseitigen
van Oehuchten 'sehen „accessorischen Abdu-
cens-Keme'S ^^^ ^^ ^^^ nicht bekannt [fälsch-
lich Bef. W.] beschrieben wird. W. nennt ihn
„accessorischen oder oberen Kern des Facialis^S
W. beschreibt auch Cochlearisfasern zumDeiters'-
schen Kerne und zur Radix desoendens nervi
acustici einerseits, zu beiden oberen Oliven via
Corpus trapezoides andererseits, Yestibularisfasern
zum gekreuzten Nucleus internus sive dorsalis
acustici, zum v.Bechterew'schen undDeiters'-
schen Kwne, absteigende Yestibularisfasern zur
Radix desoendens acustici, zur Substantia reticu-
laris, zu beiden medialen Burdach'schenKernen,
von da Kreuzung in der Schleifenschicht, Endigung
in den unteren Oliven. Frontalwärts sind die
Acusticus-Degenerationen [wohl Cochlearis Bef. W.]
134
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Gentralnervensystems.
in beide laterale Schleifen (gleichseitige mehr als
gekreuzte) zu verfolgen und enden im Ganglion
des hinteren Yierhtlgels (Kreuzungen über dem
Aquädukt und in der Bindearmkreuzung), senden
Collateralen via hinteres Längsbündel zum 3. Kern
(dorsaler aocessorischer 3. Kern von v. Bech-
terew). Monakow 's Striae aousticae sind keine
Wurzelfasem des Acustious.
Vincenzi's Arbeit (453) richtet sich in
erster Reihe gegen die im vorigen Berichte ge-
schilderten Besultate Veratti's über die Struk-
tur der Acusticuskerne. Er unterscheidet an den
Zellen des ventralen 8. Kernes eine pericelluläre,
isolirende 0 o 1 g i - Membran, die auch die Fortsätze
einhüllt und in Folge polygonaler kleinster Felder-
chen einen mosaikartigen Charakter besitzt, und
ein peripherisches Netzwerk (siehe „Histologie").
Die Form der Zellen im vorderen und hinteren
Abschnitte des ventralen Kernes ist dieselbe. Alle
Zellen haben Dendriten (contra Yeratti) und be-
sitzen keine Aehnlichkeit mit Spinalganglienzellen.
DerNeurit giebt erst spät Collateralen ab, verzweigt
sich weit entfernt von der Zelle und tritt in das
Corpus trapezoides ein. Es giebt keinen Coch-
leaLTiS' Ursprung aus dem Nucleus ventralis (contra
Sala).
Die Held 'sehen Becher des Trapezkernes sind
nicht, wie die Silberfarbung vortäuscht, Netzwerk.
Sie bestehen aus einer Kapsel, die am Nervenfort-
satze endet (wenn Bef, richtig versteht). An je
einer Faser sitzen zwei Becher. Ein feines in oder
auf der Zelle mit Silber darstellbares Netzwerk
hat mit diesen Bechern nichts zu thun. Nicht
ganz stimmt damit, was Ramön j Cajal (8)
an dem Cochleariskerne gesehen hat. Die ein-
tretende Faser spaltet sich in einen frontalen Ast,
der mit Held 'sehen Bechern sich um die Zellen
der frontalen ^/i des ventralen Kernes legt, und
in einen caudalen, der um den Rest der Zellen
seine Endkürbe bildet. Das Kaliber der zwiebei-
förmigen Endausbreitungen im frontalen Aste nimmt
nach vorne hin zu und geht caudalwärts allmählich
in die Netzform der absteigenden Faserendigungen
über. Die von den aufsteigenden Aesten abgehen-
den Collateralen verzweigen sich theils in einem
„Plexus marginalis" an der Aussenseite des ven-
tralen Acusticuskerns, der durch eine nervenlose
Zwischenschicht vom Epithel getrennt ist, theils
in einem zellenhaltigen Plexus am oberen und
äusseren Kernrande. Die absteigenden Aeste sind
durch viele Collateralen, durch die beschriebenen
netzförmigen Endkörbe (jede Faser versorgt meh-
rere Zellen) und durch stafiFelförmige Anordnung
in antero-posteriorem Sinne charakterisirt. Ein-
zelne von ihnen dringen, besonders als. laterales
Bündel, bis zum Tuberculum acusticum und zu
dem dorsalen Rande des Strickkörpers empor und
lassen ihre Collateralen theils pericelluläre End-
netze und Endkörbe bilden, theils endigen sie
frei, besonders am caudalen Pole des Tuberculum.
Der aufsteigende Ast des Cochlearis verbindet die
Schnecke mit der centralen Acusticusbahn, nur die
vorderen 2 Drittel des ventralen 8. Kernes sind als
eigentliches Gehörcentrum anzusehen, der abstei-
gende Ast dagegen, das caudale Drittel des ven-
tralen Kernes, Tuberculum acusticum (-}- Olive)
gehört der acustico - motorischen Reflexbahn an.
Demgemäss sind die aufisteigenden Aeste und
Centren bei den höheren Säugern und beim Men-
schen reicher entwickelt als bei den niederen, die
wiederum eine höhere Entfaltung des Tuberculum
acusticum aufweisen. Im Bereiche der aufsteigen-
den Aeste werden eine dendritenarme Zellenform
beschrieben, deren Neurit sich zum Trapezkörper
wendet, innerhalb der caudalen Aeste dreieckige,
spindelförmige und sternförmige Zellen mit reichen
Dendriten Verästelungen und Kömerzellen am Rande
des ventralen 8. Kernes.
Die zahlreichen Kerne in der Nähe des Aeusiicus-
urspnmges haben ebenfalls durch S. Ramön y
Cajal (8) eine eingehende Bearbeitung erfahren.
In der Höhe der oberen Olive unterscheidet der Vf.
Folgendes : Den diffus zwischen den Trapezfasern
liegenden Nucleus trapezoides, dann medial die
obere Olive, der lateral eine acoessorische, ziemlich
gleich gebaute obere Olive anliegt Ventral von
ihr findet man in der Verlängerung des Trapez-
körpers den Nucleus praeolivaris extemus und
internus und dorsal von der oberen Olive liegt
noch der kleine Nucleus postolivaris. Die Dar-
stellung des Ursprunges und des Verlaufes der
Acusticusfasem bietet gegen die frühere Schilde-
rung des Vfs. nur insofern wesentliche Bereiche-
rung, als die auch von anderen Seiten mehrfach
geschilderten Umspinnungen der einzelnen Zellen
durch Trapezfasem besonders genau geschildert
werden. Auffallend ist die Angabe, dass der Vf.
die Striae acusticae, die er aus dem dorsalen
Theile des Tuberculum acusticum (Nucleus late-
ralis nervi cochlearis)* ausschliesslich entspringen
lässt, auch nur bis zur Mittellinie verfolgen konnte.
Die allzu reiche Im prägnirung, die die abgebildeten
Präparate auszeichnet, hat hier offenbar die Ver-
hältnisse complicirter scheinen lassen, als sie
wirklich sind. Man kann an Weigert- Präpa-
raten sehr wohl die beim Menschen so mächtigen
Striae in die Rhaphe eintreten sehen. Sehr inter-
essant ist die Deutung, die der Vf. den Kernen
innerhalb des Corpus trapezoides giebt Um alle
verzweigen sich mächtige Collateralen theils aus
den sekundären Cochlearisbahnen [Trapezfasern?],
theils aus einzelnen Cochlearisfasern selbst. Die
so umsponnenen Zellen senden ihre Achsencylinder
im Wesentlichen zu den Ursprungskernen der moto-
rischen Nerven, wie es sich für den Facialis und
Abducens ja auch nachweisen lässt, während die
abwärts steigenden Bündel zum Aocessorius u.8. w.
wohl nur angenommen sind. Auf diesem Wege
könnten direkt motorische Reflexe von Oehörein-
drücken aus entstehen. Der Nervus vestibularis
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
135
ans dem Oanglion Scarpae endet in seiner Haupt-
masse auf- und besonders abwärts steigend in dem
breiten lateral vom Solitärbündel gelegenen Yesti-
bulariskem, wfthrend ein anderer Theil der Fasern
zum y. Bechterew 'sehen Kerne und ein dritter
um Deiters 'sehen Kerne gelangt Aus dem
letzteren zieht die Sekundärbahn in den gleich-
seitigen Abducenskem und in das gekreuzte dor-
sale LängsbQndeL Auch die Verhältnisse bei
VOgeln werden genauer geschildert
Chorda-tympani-Durchsohneidung bewirkt nach
den Untersuchungen von K o h n s t a m m (481. 482)
Degeneration in einer Zellengruppe mit moto-
rischem Typus (grOsstentheils' gekreuzt), die inner-
halb des Nudeus reticularis lateralis sich vom
caudalen Pole des Facialiskemes bis zum frontalen
Pole des motorischen Quintuskernes erstreckt, dorsal
vom Yentrikelboden, medial von der Bhaphe, lateral
fom Deiters 'sehen Kerne, ventral von der dor-
salen Oruppe des Facialiskemes begrenzt wird.
K. halt diese Gruppe für die Ursprungzellen des
I zum Ganglion submaxillare ziehenden motorischen
Antkeils der Chorda tympani oder des Nervus
intermedius, der sonach einen visceralen Nerven
mit motorischer und sensibler Wurzel (Oeschmacks-
&8em) darstellen würde. Sollte sich diese Be-
obachtung bestAtigen, so wäre ausser dem dorsalen
Vagnskeme und einem Theile des Nudeus am-
bignus auch dieaer,,NueietusaUvaionu8'' ein moto-
rischer visceraler Nervenkern. Einzelne Wurzel-
fasern aus diesem Kerne gesellen sich wahrscheinlich
auch dem 7. und dem motorischen 5. Nerven bei.
Kohnstamm (465) hat am Hunde und Kanin-
chen die Zellenverftnderungen nach Fa^u«-Durch-
schneidung, die Faserverftndwungen nach Duroh-
trennung der Yaguswurzeln central vom Oanglion
JQguLure studirt K. hält den Nucleus dorsalis vagi
nir einen gemeinsamen motorischen Kern des Kopf-
BympathicuSy den Nucleus fasciculi solitarii für den
I gemeinsamen sensiblen Bndkern des Yagusgebietes
{ (einschliesslich der in 5 , 7 und 9 übergehenden
Vorielfasem). Etwas caudal vom 9. Eintritte ver-
n^ilzt dieser Kern mit der grauen Substanz des
5. Kernes (Kaninchen) zu einer Masse. In dieser
Hfte treten die meisten Yagusfasem ein. Gleich
doi motorischen Fasern sonst kommen ventral
▼OQ diesen Fasern die Wurzeln aus dem dorsalen
i ^agoakeme zu liegen. Sind alle diese Wurzeln
I ^iBgebeuzt, so giebt es doch auch eine theilweise
! gobeazte Bahn im Vagus. Die frontalsten dieser
gekreuzten Fasern gelangen in den Intermedius,
^ candaleren in den Glossopharyngeus. Beide
enlgpringen aus den NuM aatwatorü, von denen
der caudalere in der Verlängerung des Seiten-
fbangkemes zwischm Nucleus ambiguus und Oliva
int liegt und Nudeus saliv. inf. genannt wird,
wfthrend der frontalere (Nucleus saliv. super.) schon
oben beschrieben ist (481. 482).
Mehrere Arbeiten beschäftigen sich mit den
Kernen für die motorischen Kehlkopfnerven, die
bekanntlich (siehe frühere Berichte) niemals ganz
einheitlich unwidersprochen aufgefasst worden sind.
Entgegen der Ansicht Grabower's und anderer
Autoren haben van Gebuchten und Boche-
nek (468) beim Kaninchen nach Ausreissung der
bulbären Accessoriuswurzeln eine Degeneration in
dem Laryngeus inferior via Vagusstamm gesehen
und folgern daraus, dass der Accessorius sich an
der motorischen Larynx-Innervation betheiligt
van Biervliet (466) hat bei Kaninchen drei
Gruppen von Nerven wurzeln unterscheiden können,
die von der MeduUa aus den gemeinsamen 9., 10.,
11. Stamm formiren: eine obere Gruppe (eine
Wurzel) entspricht dem Glossopharyngeus; ihre
Zerstörung hat keine Larynxstörungen zur Folge ;
eine mittlere 10. Gruppe (viele, in 3 — 5 Strängen
gruppirte Wurzeln) innervirt den Laryngeus superior
und einen Theil des Laryngeus inferior ; die untere
Gruppe (3 — 5 Wurzeln), dem Accessorius entspre-
chend, innervirt ebenfalls den Laryngeus inferior.
Auch de Beule (467) konnte in einer gross
angelegten Arbeit die Frage nach der Betheiligung
des bulbären Accessorius an der Zusammensetzung
des Laryngeus inferior (conform mit van Ge-
buchten, Bochenek und van Biervliet)
bejahen. Der Accessorius innervirt besonders
den Musculus thyreo-arytaenoideus externus. Als
motorisches Larynxcentrum lässt d e B. nicht den
Nucleus ambiguus, sondern den dorsalen Vagus-
Accessoriuskem gelten. [Damit setzt er sich in
Gegensatz zur Hehrzahl der anatomischen, experi-
mentellen, pathologisch - anatomischen und klini-
schen Erfahrungen der letzten Jahre.]
Der Nervus accessorius ist nach Lubosch (470)
beim Menschen kein gemischter Nerv. Die sogem
sensiblen Wurzeln des Accessorius spinalis sind
sensible Rückenmarkswurzeln, die sich einer Acces-
soriuswurzel anlegen oder mit ihr anastomosiren.
Der spinale Vagusantheil (sogen. N. accessorius)
von Hatteria procumbens stimmt mit dem Ver-
halten bei Sauropsiden überein, d. h. es giebt bei
ihnen keinen spinalen Accessorius wie bei Säugern,
sondern nur einen weiter distal reichenden Vagus
(spinaler Vagus) mit sensiblen und motorischen
Wurzeln. Die gegenwärtige Nomenclatur (des
11. Gehirnnerven) entspricht nicht den verglei-
chend-anatomischen Verhältnissen und ist geeignet,
bei dem Gebrauche Verwirrung zu stiften. Man
sollte als Accessorius schlechtweg den aus dem
Rückenmarke stammenden Theil des Säugethier-
nerven zur Vagnsgruppe rechnen und bei den
Sauropsiden an Stelle des Accessorius die Bezeich-
nung spinaler Vagusantheil annehmen, der dann
allerdings den frontalen Segmenten des Accessorius
der Säuger homolog wäre.
Köster (462. 463) hat bei Kaninchen den
Ursprung des Nervus depressor aus einer bestimm-
ten Gangliengruppe (besonders am frontalen Pole)
des Ganglion jugulare nachweisen können. Das
kennzeichnet den Nerven als einen dem sensiblen
136
E d i n g e r und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
Yagus gleichwerthigen. Die für den Laryngeua
superior bestimmte Zellengruppe fült zum Theil
mit der des Depressor zusammen. Der Rest des
Ganglion entspricht dem sensibeln Yagus. Die
Depressor-Fasem versorgen die Aorta, nicht das
Herz.
Es ist schwer, hier ganz klar zu sehen. Viel-
leicht deckt die folgende Zusammenstellung E oh n -
stamm 's das Feststehende: Die obere Wurzel-
gruppe des Yago-Glossopharyngeus gehört zum
Olossopharyngeus , die mittlere senkt sich beim
Kaninchen in das Jugularganglion ein, die untere
tritt Z¥n8chen Ganglion und bulbären Acceesorius-
wurzeln zum Yagus. Diese untere Abtheilung
enthält die herzhemmenden Fasern. Denn nach
intrakranieller Durchschneidung der bulbären Aoces-
soriuswurzeln (465) Usst sich eine Degeneration
nur bis zum Recurrensabgang verfolgen, und es
bleibt die Herzwirkung bei Yagusreizung erhalten.
Da aber Reizung der unteren Wurzelgruppe van
Gebuchten 's, die von der Wiener Schule
(Kreidl u. A.) die mittlere genannt wird, Herz-
hemmung macht, so ist es nun ausgemacht, dass
die frontal von den bulbären Accessoriuswurzeln
entspringenden caudalen Yaguswurzeln die Träger
der Herzwirkung sind. Der bekannte Befund von
Neubfirger-Edinger (Reizungsymptome des
Herzvagus durch einen Yarix des Assessoriuskem-
gebietes) erklärt sich dann durch die Wirkung auf
das übergeordnete Neuron in der Formatio reti-
cularis (vgl. Eohnstamm, Goordinationskeme
des Hirnstammes. Mon.-Schr. f. Psych, u. Neurol.
1900.).
Ueber einzelne Bahnen und Kerne innerhalb
der Oblongata wird von verschiedenen Seiten be-
richtet.
V.Bechterew (473. 474) hält das v.Bech-
terew-Hel weg 'sehe „Glivenbünde^' oder die
„Dreikantenbahn*' für ein absteigendes, das ober-
halb der Oliva inferior in der Haube entspringe
und mit den Pyramiden (Spiller, siehe auch
das Capitel „Lange Bahnen^') nicht in Yerbindung
stehe.
Obersteiner (476) sah absteigende Dege-
neration der Dreikantenbahn bis zum obersten
Dorsalmark in Folge eines Glioms der MeduUa
oblongata und glaubt, wie v. Bechterew, ihren
Ursprung cerebralwärts von der Olive, ihren Yer-
lauf dorsalwärts davon annehmen zu dürfen. Yer-
bindungen der Bahn mit der ventralen Nebenolive,
die auch der Eef. Wallenberg (390) gesehen
hat, lassen sich aber nicht ausschliessen.
Collier und Buzzard (400) konnten die
centrale Haubenbahn, deren Ursprung unbekannt,
jedenfalls nicht im dorso-medialen Thalamus zu
suchen ist, bis zur unteren Olive degenerativ ver-
folgen. Zum V. Bechterew - Helweg'schen
Bündel bestehen keine Beziehungen. S o r g o (480)
bestätigt diesen Yerlauf und glaubt eine Yerbin-
dung der centralen Haubenbahn mit der Bindearm-
kreuzung via dorsolaterales Haubenfeld annehmen
zu können.
In einem Falle von frischer Erweichung in
lateralen Theilen der Oblongata durch eine Throm-
bose der linken Yertebralis haben Breuer und
Marburg (472) mit derHarchi-Methode sekun-
däre Degenerationen von „dorso-, intra- und ventro-
olivaren^^ Fasern nach abwärts verfolgt. Die drei
Faserkategorien vereinigen sich am spinalen Oliven-
ende, liegen dorsal von der Pyramide an der Peri-
pherie und entziehen sich caudalwärts weiterer
Yerfolgung, werden aber wohl in das Areal der
„Dreikantenbahn^ gerathen. Ihr Ursprung ist
wahrscheinlich im Deiters'sohenEerne, daneben
auch im Kleinhirn zu suchen.
Die Beschreibung der von Keller (479) nach
Durschschneidung basaler Bulbus- Abschnitte in
der Höhe der unteren Olive bei der Katze gefun-
denen Degenerationen bringt keine wesentlich
neuen Daten über Bau und Faserung der Olive
(vgl. auch das Capitel „Kleinhirn"). Interessant
ist der Nachweis von degenerirten Faserendigungen
oder Endbäumchen an Zellen vieler Kerne mit der
Marchi- Färbung (Bestätigung des vom Ref. W.
vor 4 Jahren erhobenen Befundes, vgL den vorigen
Bericht).
DerNucleus rotundus (sive accessorius) extemus
des Keilstranges ist nach Ramön y Cajal (409)
ein abgesprengtes Stück der Substantia gelatinosa
Rolandi.
Im lateralen Theile des Seitenstrangrestes
wird von Ramön yCajal ein „Kern des Klein-
hirnseitenstranges'* beschrieben, in dem sich Golla-
teralen der Kleinhimbahnen auflüsen. Im Seiten-
strangkerne lässt sich ein innerer Hauptkem von
einem äusseren kleineren „Nucleus linealis** ab-
trennen. Die Neuriten der Seitenstrangkernzellen
vereinigen sich zu einem an der ventralen Ober-
flächegelegenen, aufwärts leitenden Strange, dessen
Endstation unbekannt ist
Die Kerne der Formatio reticularis sind: a) End-
stationen für sekundäre sensible Bahnen ; sie ent-
senden die Fasern einer tertiären sensibeln Bahn,
die an verschiedenen Stellen des Himstammes
endet; b) Schaltstationen zwischen der Pyramiden-
bahn und den motorischen Kernen des Bulbus.
V. Bechterew (483) hat bei Uensch, Hund
und Katze neben den schon früher bekannten
Kernen der Formatio reticularis einen in die Fort-
setzung des Seitenstranggrundbündels eingelager-
ten, besonders bei Katzen entwickelten Kern grosser
motorischer Zellen am cerebralen Brückenrande
gefunden, dem er den Namen „Nucleus centralis
superior lateralis" oder „Nucleus oentralis superior^
beilegt. Der früher von v. B. als „oberer Central-
kem" beschriebene Kern wird jetzt „Nucleus cen-
tralis superior medialis" oder „Nucleus medianus^'
genannt
An menschlichen Embryonen des 2. und 3. Mon.
studirte Miss Long (484) die Entwickelung der
Edinger and Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
137
Brückenkerne. Der Hanptkem der Brücke liegt
in frdhea Stadien in der Höhe der Brfickenkrüm-
mung an der ventralen Oberfläche des Rhomben-
oephalon. Die Brückenkeme erscheinen zuerst an
der Oberfläche und im ventralen Theile des Mantel-
lagers im lateralen Theile der Brücke. Das ven-
trale Faserbündel liegt ventral von den Brücken-
Jrernen, mit Ausnahme einer lateralen Zellenmasse.
Die dorsalen Brückenkerne bilden später zwei
zusammenhängende Massen, die, durch das ventrale
Faserbündel von den ventralen Brückenkernen ge-
trennt, sich nur am lateralen Ende mit ihnen ver-
binden. In späteren Stadien wächst hauptsächlich
der dorsale Kern. Die Neuroblasten der Brücke
stehen mit dem Epithel d€(6 Bodens der Bauten-
gnibe in Verbindung durch eine Zellenmasse an
den lateralen Enden des Nucleus pontis, durch
runde Zellen der Bhaphe und in der Medianlinie
durch die Neuroblasten des Keils, der das ependy-
male Epithel und die mittlere Eernmasse der Haube
mit dem Brückenkem verbindet
In der Berichtzeit haben E 0 1 1 i k e r (486) und
Ziehen (487) das reiche Material Richard
Semon's durch sorgfältige Studien an Weigert-
Serien durch die Centralorgane niederer Säuger
fOr die vergleichende Nervenanatomie nutzbar ge-
macht Der Himstamm von Ornithorhynchus und
Echidna ist von Eölliker bearbeitet worden.
Aus der Fülle charakteristischer Eigenheiten seien
nur folgende hier angeführt : Der lateral vom hin-
teren Längsbündel gelegene Hypoglossuskem er-
scheint erst bei voller Oeffnung des Centralkanals,
veil die Bautengrube sich weit distalwärts erstreckt
Der Cochlearis durchsetzt dicht neben dem Yesti-
bulans die Oblongata bis zum ventralen Corpus
restiforme. Der Facialis besitzt einen dorsalen
nnd einen bei Echidna dreitheiligen ventralen Eem.
Die sensible Quintuswurzel nebst Eem nimmt
nahezu die Hälfte des Oblongataquerschnitts ein.
Die ebenfalls enorm entwickelte cerebrale Quintus-
^nirzel entspringt aus Zellenhaufen in der grauen
Substanz des Aquaedukts und der Yierhügel-Com-
miasur. Das Brückengrau ist auf einen medianen
Theil beschränkt (siehe Ziehen im vorigen Be-
richt), lässt aber ein starkes Bündel hervorgehen,
das zum Theil zur medialen Schleife zieht, zum
Tfaeil den Himschenkelfuss bildet Die in der
Oblongata nur dünnen Pyramiden fehlen in der
Brücke gänzlich. Aus der grossen Arbeit von
Ziehen (487) über den Himstamm von Pseudo-
chirus peregrinns sei an dieser Stelle nur Folgen-
des hervorgehoben: Die Pyramiden-Hinterstrang-
bahn liegt im Bückenmarke zwischen Angulus
^ztemns und internus des Hinterhoms. Der letz-
tere bildet sich frontalwärts zum Nucleus cuneatus
um. Ein medianer Goll'scher Eem (Bischoff's
Sdiwanzkem) ist vorhanden. Da er auch bei guter
Schwanzentwickelung fehlen kann, bei schlechter
vorhanden ist, ist Bischoff's Annahme über
Beine Beziehungen zur Sensibilität des Schwanzes
Mel Jahrbh. Bd. 279. Hft, 2.
nicht hinreichend begründet Der Nucleus „inter-
calatus" (Staderini-Muchin) entspricht dem
caudalen Pole des Nucleus triangularis acustic.
(Muchin). Von letzterem zieht ein starkes Bün-
del zur Gegend des Facialiskems oder zur oberen
Olive (beide sind nicht deutlich von einander zu
trennen). Der Facialis tritt dorsal von der spi-
nalen Quintuswurzel aus, nicht ventral wie bei
den übrigen Säugern. Die spinale 5. Wurzel und
die sogenannte „gekreuzte Trigeminus- Wurzel'' sind
mächtig entwickelt Die von Schütz beschrie-
bene Fasemng des centralen Hühlengrau steigt
fronto-ventralwärts zur Rhaphe der Brücke hinab.
Die Brückenkerne liegen hauptsächlich ventral von
den Pyramiden. Der ventrale Eem der Rhaphe
setzt sich in das Qanglion interpedunculare fort,
das wieder mit Qanser's Bodengrau- Bündel in
Verbindung steht Der Pedunculus corporis mam-
millaris lOst sich aus der medialen Schleife los.
Das hintere LAngsbündel und die Faserung des
HOhlengrau strahlen in das „Pedamentum laterale"
aus [graue Substanz um das basale Riechbündel,
Bßf. W.]. Starke Entwickelung zeigen die zu
einem halben Cylindermantel mit frontaler Con-
cavität eingerollte Commissura posterior, der
mediale Theil des lateralen Thalamuskemes, Gan-
glion habenulae und Taenia, Ganglion opticum
basale, Eeme des Tuber cinereum, Commissura
moUis mit caudalem und frontalem Eeme. Zwi-
schen centralen und dorsalen Thalamuskem lagert
sich ein „Nucleus triqueter'S Die Stria terminalis
besitzt einen eigenen Eem. - Dorsal vom Nucleus
ansäe peduncularis hat die vordere Commissur
einen eigenen Eem. Das Psalterium ist mit dem
Sehhügel verschmolzen. Ventral vom Boden des
Seitenventrikels wird ein „Nucleus accumbens''
beschrieben, der zum Theil wohl dem Eerne des
Ganser 'sehen „basalen Längsbündels'* entspricht
Die Gappa olfactoria besitzt 9 Schichten.
Bekanntlich wird seit Langem in der Oblon-
gata das dem Sympathicua angehOrige Gebiet abzu-
grenzen gesucht Eohnstamm's Arbeiten liegen
schon in dieser Richtung, in dem Abschnitte über
vergleichende Anatomie wird man einer Arbeit,
die hierher gehört, von Johnson begegnen, und
schliesslich ist man auch auf experimentellem
Wege der Frage näher getreten. Allerdings fanden
Onuf und Coli ins (514) nach Ausrottung des
Ganglion stellatum, wie c7ohl zu erwarten, gerade
in der Oblongata nichts recht Sicheres. Zu-
nächst beschreiben die Vff. als Randkern der
Rautengmbe die Verdickung dorsolateral vom cau-
dalsten Hypoglossuskemgebiete, weil sie von Re i n -
hard als Vasomotorencentram angesprochen wor-
den war. Sie war intakt Auch der Nucleus
intercalatus Staderini war unverändert Für
das Homologen der Clarke 'sehen Säule halten
sie die Zellengmppe latero-ventral von dem ab-
steigenden gemischten System Glossopharyngens-
18
138
Bdinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
endkern u. s. w. Sie fanden hier nur einmal (in
einem technisch ungenügend behandelten Prftpa*
rate) einseitige YeränderuDgen. Oanz unsicher
sind auch die wenigen Abweichungen vom Nor-
malen, die die Yagusend- und Ursprungkerne
bieten.
Das Buch von Onuf und Collins enthält
eine klare Beschreibung der Anatomie des Sym-
pathicus, ebenso eine bis 1897 vollständige Schil-
derung der Physiologie, und giebt schliesslich, was
seit langen Jahren nicht mehr geschehen ist, eine
Uebersicht über die Pathologie des Sympathicus.
Bei dieser Gelegenheit sei daraufhingewiesen, dass
in dem Handbuche der Physiologie von Schäfer
eine aus Langley's Feder stammende ganz voll-
ständige Schilderung der Sympathicusphysiologie
erschienen ist.
X. SpinalgangUen, Wurzeln, Bfickenmark.
488) Bruce, Alexander, A topographical atias
of the spinal cord. London, Edinburgh, Oxford 1901.
Williams k Norgate. 32 Taf. u. Erklärung.
489) Borda, Jose T., Topografia de los nncleos
grises de los segmentos mednlares del hombre. Baenos-
Aires 1902. Con 72 Tablas conteniendo 95 dib^jos.
490) Zietzschmann, Otto, Rückbüdongsvor-
gänge am Schwänze des Sängethierembryo mit besonderer
Beracksichtigung der Verhältnisse am Mednllarrohre.
Arch. f. Anat u. Physiol. [anat. Abth.] p. 225. 1902.
1 Tafel.
(Vergleichende Studien an verschiedenen Säugethier-
arten über die Umbildung des candalsten embryonalen
Rückenmarkabsohnittes in das Filam terminale. Im
Schwänze werden Spinalganglien angelegt, die später
wieder verschwinden.)
491)Bardeen, Charles Rassell, and Arthur
Wells Elting, A Statistical study of the variations in
the formation and position of the lumbo-sacral plexus in
man. Anat Anzeiger XIX. p. 124. 1901. With8fignre8.
492)Oehuchten, A. van, etA.Lubouschine,
Recherches sur la limite superieure du cone terminal.
Nevraxe HI. 1. 1901.
(Der Conus terminalis beginnt an der Grenze des
2. uud 3. Sacralsegmentes, die häufig schwer zu finden
ist Das 3. Sacralsegment nimmt also nicht mehr an der
Innervation der ünterextremität theil.)
493) George SCO, J.-L., Note sur la structure des
ganglions spinaux. (Nota asupra structurei ganglionilor
spinaJi.) Roumanie med. 19—20. 1900. (Ref. in Revue
Neurol. p. 907. 1902.)
(G. unterscheidet 4 Arten von hellen und 1 Art von
dunklen Spinalganglienzellen.)
494) S i b e 1 i u s , C h r., Zur Eenntniss der Entwicke-
lungsstörungen der Spinalganglienzellen bei hereditär
luetischen, missbildeten u. anscheiuend normalen Neu-
geborenen. Deutsche Ztsohr. f. Nervenhkde. XX. 1 u. 2.
p. 35. 1901. 3 Tafeln.
(Kemveränderungen, Verdoppelung der Nucleolen,
colonieartige Anordnung der Zellen.)
495) Orr, David, and G. R. Rows, The nerve-
cells of the human posterior root gangiia and their chan-
ges in general paridysis of the insane. Brain 2. p. 286.
1901. 12 Figuren auf 6 Tafeln.
496)Hatai, Shinkishi, Number and size of the
spinal ganglion cells and dorsal root fibers in the white
rat at different ages. Journ. of comp. Neurol. XII. 2.
p. 107. 1902.
497) B u m m , A., lieber die experimentelle Durch-
tronnuDg der vorderen u. hinteren Wurzel des zweiten
Halsnerven bei der Katze n. ihre Atrophiewirkung aof
das zweite Halsgangliou. Sitz.-Ber. d. Gesellsch. f.
Morphol. u. Physiol. München 1902. Heft 2.
498)8caffidi, V., Sulla questione della presonza
di fibre efferenti nelle radici posteriori. Policlinico IX.
1902. (Dem Ref. nicht zugänglich. Ref. in Riv. di Fatol,
nerv, e ment. p. 457. 1902.)
(lüsion hinterer Wurzeln beim Hunde führte nicht
zu centrifugaler Degeneration, wenn jede Zerrung ver-
mieden wurde ; es giebt also keine centrifugalen hinteren
Wurzelfasem.)
499) Gebuchten, A. van, Recherches sur la
terminaison centrale des nerfs sensibles peripheriques.
rv. La racine posterieure des deux premiers nerfs cervi-
oaox. Nevraxe II. 3. p. 229. 1901. 22 Figuren.
500) Gehuchten, A. van, Recherches sur la
terminaLson centrale des nerfs sensibles peripheriques.
V. La racine posterieur^ du huitieme nerf cervical et du
Premier nerf dorsal. Nevraxe IV. 1. p. 57. 1902. 26 Figuren.
501) Wersiloff, N., Tumor des Plexus brachialis.
Gesellsch. d. Neurologen u. Irrenärzte in Moskau. Sitzung
vom 27. April 1901. (Ref. im Neurol. Centr.-Bl. p. 18L
1902.)
(Carcinom des Plexus brachialis hatte u. A. zur
Degeneration des Bur dach 'sehen Stranges geführt)
502) Respinger, Wilhelm, Aufsteigende De-
generation im Rückenmark nach Destruktion der 5. Cer-
vikalwurzel. Festschr. z. 25jähr. Jubiläum d. Herrn Prof.
Masstni in Basel 1901. (Dem Ref, nicht zugänglich.
Ref. im Neuroi. Centr.-Bl. p. 899. 1902.)
(Bekannter Verlauf zum Burdach'schen Kerne.
Keine direkten Hinterwurzelfasem zur Schleife und zum
Corpus striatum.)
503) Lubouschine, A., La degenerescence ascen-
dante et descendante des fibres de la moelle epiniere
apres arrachement du nerf soiatique. Nevraxe III. 2.
p. 203. 1901. 16 Figuren.
504) H 0 m e n , £. A., Pathologische u. experimen-
telle Beiträge zur Kenntniss des sogenannten SckuUxe'-
sehen Kommafeldes in den Hintersträngen. Deutsche
Ztschr. f. Nervenhkde. XX. 1 u. 2. p. 24. 1901. 1 Ab-
bildung im Text u. 2 Tafeln.
505) B i k e 1 e s , G., Zum Ursprung des dorso-medialen
Sacralfeldes. Neurol. Centr.-Bl. p. 53. 1901.
506) Marburg, Otto, Die absteigenden Hinter-
strangsbahnen. („Absteigende Fasern der lateralen Hinter-
strangspartie, dorsale u. ventrale Uoberwanderungszone,
Fasciculus longitudinalis septi, Fasciculus septo-margi-
nalis lumbo-sacralis'^.) Aus dem neurol. Inst an der
k. k. ünivers. in Wien. Vorstand Prof. Obersteiner,
Jahrbb. f. Psych, u. Neurol. 1902. Mit 6 Abbildungen
im Text
507) Warrington, Note describing an investi-
gation carried out jointly with Dr. Lasleti on ascending
tracts in the spinal cord of the human subject Liverpool
med.-chir. Journ. XX. p. 318. 1900.
508) Petren, Karl, Ein Beitrag zur Frage vom
Verlaufe der Hautsinne im Rückenmarke. Skimdiuav.
Arch. f. Physiol. XIH. p. 9. 1902.
509) Ponjatowsky, A., üeber die Möglichkeit,
den Verlauf der sensorisohen Neuronen am Rückenmarke
Amputirter zu studiren. Aus d. wissenschaftl. Diskus-
sionen im Marienhospitale zu Nikolajew. 8. 48 S.
510) Winter, Eduard, üeber sekundäre Degene-
ration, nebst Bemerkungen über das Verhalten der Patellar-
reflexe bei hoher Querschnittsläsion des Rückenmarkes.
Arch. f. Psychiatr. XXXV. 2. p. 430. 1902. 1 Tafel.
511)Schacherl,Max, üeber Clarke's „Posterior
vesicular columns^. Arbeiten a. Prof. Obersteiner' sLabo-
ratorium. Wien 1902. Heft 8.
512) Lapinsky, M., u. R. Cassirer, üeber den
Ursprung des Halssympathicus im Rüokenmarke. Deut-
sche Ztschr. f. Nervenhkde. XIX. p. 137. 1901. 1 Figur.
513) Huet, De gevolgen der exstirpatie van het
ganglion colli supremum nervi sympathici voor het cen-
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
139
tnde zenuwBtelsel. Amsterdam 1898. (Dem Ref, nicht
zii|[aDglioh.)
514) Onuf, B., and Jos. Gollins, Experimental
resesrches on the central localisation of tbe sympathetic
witk a critical review of its anatomy and physiology.
Arch. of Nenropathol. and Psychopathol. in. 1 and 2.
1900.
515) Zappert, Julins, üeber eine Rückenmarks-
farche beim Kinde. Arbeiten a. Prof. Obersteiner* 8 Labo-
ntoriom. Wien 1902. Heft 8.
(Die von Flechsig und Obersteiner beschrie-
bene Furche im Hinterseitonstrange des kindlichen ßückeo-
markes hängt möglieher Weise, wie Flechsig anoahm,
mit geringer Ausbildang des Pyramidenseitenstranges zu-
sammeD.)
516) Obersteiner, H., Nachträgliche Bemerkung
za den seitlichen Furchen am Rückenmarke. Arbeiten
a d. Neurol. Inst an d. Wiener Universitäi YIII. 1902.
1 Abbildung.
517) Long, Edouard, Sur les fibres qui passent
par la commissure anterienre (commissure blanche) de la
moelle epiniere. Compt rend. Soc. biol. Paris LIII. 4.
p. 1177. 1901.
518) Petren, Karl, Ein Fall von traumatischer
Rückenmarksaffektion, nebst einem Beitrage zur KennV
Diss der sekundären Degeneration des Rückenmarkes.
Nord. med. ark. IL 3. N. R. 14. 1901. 1 Tafel.
519) Ilberg, Georg, Das Oentralnervensystem
eines l%TtLge alten Hemicephalus mit Aplasie der Neben-
nieren. Arch. f. Psychiatr. XXXVI. 2. p. 581. 1902.
1 Tafel.
520) Roth mann, Max, Ueber die spinalen Ath-
mungsbahnen. Arch. f. Anat. u. Physiol. [physiol. Abth.]
p. 11. 1902.
521)Stewart, Purves, Degenerations foUo wing
a traomatic lesion of the spinal cord, with an account of
a tract in the cervical region. Brain 2. p. 222. 1901.
7 Tafeln u. 4 Figuren im Text
(In einem Falle von Compression des 7. Cervikal-
segments konnte unter Anderen ein Faserzug an der Peri-
pherie des Vorderseitenstranges etwa 1 Segment nach ab-
wärts verfolgt werden, der äinliche Lage besass wie das
OÜTeo bündel von Helweg-Bechterew.)
522) Lubouschine, A., Contribution k Tetude des
fibres endogenes du cordon antero-lateral de la moelle
cenricale. Nevraxe III. 2. p. 123. 1901. 8 Figuren.
523) Lju buschin, A., Zur Lehre von den endo-
genen Fasern in den Vorderseitensträngen des Rücken-
markes. Gesellsch. d. Neurologen u. Irrenärzte in Moskau.
8it2Qng vom 11. Mai 1901. (Ref. im Neurol. Centr.-Bl.
p. 184. 1902.)
524) Bochenek,Adam, Degenerescence des fibres
endogenes ascendantes de la moelle apres ligature de
Tiorte abdominale. Nevraxe III. 2. p. 221. 1901. 8 Figuren.
525) Bechterew, W. von, Das antero- mediale
Bündel im Seitenstrange des Rückenmarkes. Neurol.
Centr.-Bl. XX. p. 645. 1901.
526) Krause, R., u. M. Philippson, Unter-
snchungen über das Oentralnervensystem des Kaninchens.
Arch. f. mikroskop. Anat u. Entw.-Oesch. LVII. 3. p. 488.
1901. 4 Tafeln.
527) Krause, R., et M. Philippson, Recherches
snr la structure de la corne anterienre de la moelle du
lapin par la methode des injections vitales de bleu de
methylene. Commnnication preliminaire. Bull, de 1' Acad.
royale de Belgique (Glasse des Sc.) Nr. 11. p. 847. Nov.
1900. 3 Figuren.
528) Parhon, C, et M. Goldstein, Quelques
ooQvelles contributions ä Tetude des localisations medul-
laires. Joom. de Neurol. 1901.
529) Parhon, C, et M. Ooldstein, L'origine
reelle da nerf circonflexe. Revue neurol. X. p. 486. 1901.
2 Figuren.
530) Parhon, C, etMme.C. Parhon, Recherches
m les centres spinaux des mosdes de la jambe. Joum«
de Neurol. Nr. 17. 1902. (Dem Ref, nicht zugänglich.
Ref. in Riv. di Fatol, nerv, e ment. p. 456. 1902.)
(Nähere Angaben über die Lokalisation einzelner Bein-
muskeln im 4. und 5. Lumbaisegment bei Hunden, Üeber-
tragung der Resultate auf den Menschen, Analogie der
ZeUengruppenlage für ^eich funktionirende Muskeln in
der oberen und unteren Extremität.)
531) Parhon, C, et Goldstein, Reoherches sur
la localisation spinale des muscles pectoraux chez Thomme
et chez le chien. (Ceroetasi asupra localisatiunei spinale
a muschilor pectorali la one si la caine.) (Dem Ref. nicht
zugänglich. Autorreferat in Revue neurol. p. 907. 1902.)
(Beim Hunde innervirt die centrale Zellengruppe des
6. und des 7. Cervikalsegments, beim Menschen die cen-
trale Gruppe des 5. und 6. Cervikalsegments den Pecto-
ralis major, die ventro-mediale Gruppe den Pectoralis
minor, die ventro-laterale den absteigenden Ast des Nerv,
thoracicus migor.)
532) Parhon et Goldstein, Quelques nouvelles
contributions ä Tetude des localisations medullaires.
Journ. de Neurol. 25. 1901 ; 1. 1902. (Dem Ref, nicht
zugänglich. Ref. in Revue neurol. p. 858. 1902.)
(Die spinalen Muskelcentren sind nicht, wie belgische
Autoren annehmen, nach segmentalem Typus angeordnet,
sondern nach gleichartiger Funktion der Muskeln, d. h.
es liegen die Extensoren-Gentren zusammen, femer die
Flexoren-Centren u. s. w.)
533) Parhon, 0., et Goldstein, Les localisations
motrices spinales et la theorie des metameres. (Locali-
zasile motrice spinale si teoria metamenilor.) Spitalul
1902. (Ref. in Revue neurol. p. 859. 1902.)
(Ebenfalls Vertheidigung der Theorie funktioneller
Anordnung motorischer Kerne im Rückenmarke.)
534) Parhon, C, et M.Goldstein, Sur la locali-
sation des centres du biceps crural, du demi-tendineux et
du demi-membraneux dans la moelle epiniere. Journ.
de Neurol. Nr. 13. 1902. (Dem Ref. nicht zugänglich.
Ref. in Riv. di Patol. nerv, e ment p. 456. 1902.)
(Der Biceps cruralis hat bei Hunden sein spinales
Centrum nicht, wie P. und G. früher glaubten, in der
centralen, sondern in der intermediären Gruppe des
Ischiadicus-Kernes; die centrale Gruppe innervirt den
Semi-Membranosus und 8emi-Tendinosu8.)
535) Parhon, C, u. M. Goldstein, Die spinalen
motorischen Lokalisationen u. die Theorie der Meta-
merieen. Neurol. Centr.-Bl. p. 935. 1901. 8 Figuren.
536) De Bück, D., Localisations nucleaires de la
moelle epiniere. Belg. med. IX. 30 et 31. 1902. (Dem
Ref. nicht zugänglich.)
537) Bruce, Alexander, A contribution to the
motor nuclei in the spinal cord of man. Transact. of the
med.-chir. Soc. Edinburgh N. S. XXL p. 16. 1901/02.
2 Tafel u. Figuren. (Dem Ref. nicht zugänglich.)
538) Knape, Ernst v., Experimentella bidrag tili
kännedom om tibialis- och peroneus-kämornas lokalisation
i ryggmärgen. Finska läkaresällsk. handl. LII. p. 488.
1900. (Ref. im Neurol. Centr.-Bl. p. 708. 1901.)
539) Knape, Ernst v., Experimentelle Unter-
suchungen über die Veränderungen im Rückenmarke
nach Resektion einiger spinaler Nerven der vorderen Ex-
tremität. Beitr. z. pathol. Anat. u. allgem. Pathol. XXIX.
2. 1901.
540) Knape, Ernst v.. Experimentelle Unter-
suchungen über die motorischen Kerne einiger spinaler
Nerven der hinteren Extremität des Hundes. Deutsche
Ztschr. f. Nervenhkde. XX. 1 u. 2. p. 117. 1901.
541) Knape, Ernst v., Ueber die Veränderungen
im Rückenmarke nach Resektion einiger spinaler Nerven
der vorderen Extremität Beitr. z. pathol. Anat. u. all-
gem. Pathol. XXIX. 2. 1901. (Ref. im Neurol. Centr.-Bl.
XX. p. 660. 1901.)
542) Marinesco, Untersuchungen über spinale
Lokalisation. 74. Versamml. deutscher Naturf. u. Aerzte
in Karlsbad am 2L bis 26. Sepi 1902. Abtheil. f. Neurol.
140
Edinger und Wallenberg, Anatomie des CentralneryenßysteniB.
u. Psychiatrie. Sitzung vom 23. Sept. (Ref. im NeuroL
Centr.-Bl. p. 971. 1902.)
543) 0 nn f , On the arrangement and fanction of the
cell groups of the sacral region of the spinal cord in man.
State Hospitals Press Utioa New York 1901.
544) Sano, F., Inleiding tot de studio van hetvijfde
halssegment b^ den mensch. Handelingen van hetvijfde
Ylaamsch Na^or- en Geneeskundig Gongres gehenden
te Brügge op 29. Sept. 1901. 5 Figuren.
b&) Sano, F., Gonsiderations sur les noyaux
motenrs medullaires inoervant les muscles. Journ. de
NeuroL 15. 1901.
546) D e j e r i n e , Reflexions k propos des localisationB
motrices spinales. Journ. de NeuroL 7. 1902. (Dem Ref,
nicht zugänglich. . Ref. in Revue neurol. p. 859. 1902.)
(Die spinale Muskel -Innervation folgt weder dem
segmentalen, noch dem funktionellen Typ, sondern ist
nach den Wurzeln angeordnet.)
547) Barratt, J. Wakelin, On the changes in
the nervous System in a caae of old-standing amputation.
Brain p. 310. 1901. 5 Figuren.
(36 Jahre nach Amputation des rechten Armes im
mittleren Drittel konnte u. A. eine die graue und weisse
Substanz besonders im 2. bis 6. Gervikalsegment be-
treffende Hemiatrophie undYerminderung der Zellenzahl
im rechten Yorderhom nachgewiesen werden.)
548) Switalski (Lemberg), Läsionen im Rücken-
marke bei Amputirten. Societe de neurol. de Paris.
Sitzung vom 10. Jan. 1901. Ref. in NeuroL Centr.-Bl.
p. 494. 1901.
(Nach Schenkelamputationen atrophirt die gleich-
seitige Rückenmarkshälfte, sowohl graue wie weisse Sub-
stanz, zuweilen bis zum Halsmarke hinauf, dabei nach
oben hin zunehmende Sklerose der Hinterstränge.)
549) Perrero, E., Sülle alterazioni del sistema
nervoso centrale siano primitive o seoondarie alle mon-
struositä per difetto (electromelia, emimelia). Arch. per
le Science med. 1901. Ref. in Neurol. Centr.-BL p. 500.
1902.
(Die Zellenveränderungen in einem Falle von con-
genitalem Defekt der rechten Hand erstreckten sich vom
unteren Abschnitte des 6. Gervikal- bis zum 1. Dorsal-
segmente.)
550) Rosenberg, Ludwig, Rückenmarksver-
ändorungen in einem Falle alter ünterarmamputation.
NeuroL Centr.-BL p. 742. 1902. 3 Abbildungen.
551)Obarris, Juan Maria, Localizaciones me-
dulläres. Thesis. Buenos Aires 1902.
(Ziemlich vollständige Darstellung unseres heutigen
Wissens von der Lokalisation. Einige pathologische FäUe.
Transversale Myelitis u. s. w. Nichts Neues.)
552) Obersteiner, H., Rückenmarksbefund bei
Muskeldefekten. Wien. klin. Rundschau XVL 1902.
(Dem Ref. nicht zugänglich. Ref. in Rivista di Fatol,
nerv, e ment. p. 425. 1902.
553) Barpi, U., Intomo all'origine dei nervi del
plesso brachiale nel cavallo. Giern, dlppologia 7—8.
1901. (Dem Bef, nicht zugänglich.)
554) Cavazzani,E., Sur Tinnervation motrice des
vaisseaux de la moelle. Arch. itaL de Biol. XXXVIÜ.
p. 17. 1902.
555) Bechterew, W. v., Ueber die Darstellung
der Rückenmarkssysteme mit Hülfe der Entwickelungs-
methode. Arch. f. Anat u. PhysioL [anat. Abth.] 4 u. 5.
p. 280. 1901.
556) Brugsch, Theodor, u. E. ünger, Die
Entwickelung des Yentriculus terminalis beim Menschen.
Arch. f. mikroskop. Anat. u. Entw.-Gesch. LXI. 2. p. 220.
1902. 8 Figuren.
557) Dercum, F. X., a. 6. Spiller, Nerve fibers
in the pia of the spinal oord. Proc. of the pathol. Soc. of
Philad. Mai 1901. Ref. in Neurol. Centr.-Bl. p.707. 1901.
558) Dercum, F. X., et W. G. Spiller, Fibres
nerveuses ä myeline dans la pie-mere de la moelle epi-
niere. Revue neuroL p. 222. 1901. 3 Figuren.
559) Hei lieh, G., Beiträge zum normalen u. patho-
logischen Baue des menschlichen Rückenmarks. Sbomik
Klinicky UL p. 261. Ref. in Neurol. Centr.-Bl. p. 810.
1902.
(H. beschreibt sensible Pialnerven im vorderen Sep-
tum zur grauen Substanz, besonders zur Clarke 'sehen
Säule, spinale Ganglienzellen der Yorderwurzeln im Sacral-
marke und Yorderhomzellengruppon in der Nähe der
Pick 'sehen Gruppe, die sensibel sein sollen.)
560) Mirto, Domenico, Sülle alterazioni delle
cellule del gangUo cervicale superiore, in seguito al taglio
dei diversi rami di distribuzione di esso. Ricerche speri-
mentali ed istologiche. Ann. dellaR.Clin. psich. e neuro-
patol. di Palermo p. 57. 1898—1899.
(Schwere degenerative Zellen Veränderungen des Gan-
gUon cervicale supremum nach Durchschneidung seiner
peripherischen intra- und eztracraniellen Aeste, geringe
Zellenatrophie nach Yerletzung der interganglionären
Yerbindungsfäden.)
561) Hardesty, Irving, Obserrations on the
medulla spinalia of the elephant with some comparative
studies of the intumescentia cervicalis and the neurones
of the oolumna anterior. Journ. of compar. Neurol. XII.
2. p. 125. 1902.
562) Hardesty, L, The neuroglia of the spinal cord
of the elephant with some preliminary observations upon
the development of neuroglia fibers. Amer. Journ. of
Anat. n. 1. p. 81. 1902. 4 Figuren. (Dem Bef. nicht
zugänglich.)
563)Figueiredo-Rodrigues,J.A.,DasRücken-
mark des Orang-Utan. Arch. f. mikroskop. Anat. u.
Entw.-Geech. LIX. 3. p. 417. 1901.
564) Breukink, A., Zum Aufbau des Kaninohen-
rückenmarkes. 1. Mittheilung. Mon.-Schr. f. Psych, u.
NeuroL XII. 2. p. 123. 1902.
565) Falcone, C, Sulla organogenia comparata deL
midollo spinale : nota prev. Atti Accad. med.-chir. Napoli
N. S. LY. 5. 1902. (Dem Bef nicht zugänglich.)
a) Plexus, SpifuUgangliien, hintere Wurzeln, Hinter-
stränge,
Bardeen und Elting (491) haben an
246 Leichen (von Weisaen und Negern) die Zahl
der zur Innervation der Beine beitragenden Wur-
zeln untersucht. Diese betrug in 2.4^/^ 6 Wurzeln
(1. Lumb. bis 1. Sacr.), in 26.8«/o 7 Wurzeln
(1. Lumb. bis 2. Sacr.), in 65.40/o 8 Wurzeln
(1. Lumb. bis 3. Sacr.), in 5.3% 9 Wurzeln (1. Lumb.
bis 4 Sacr.). Der Einfluss der Basse, des Ge-
schlechtes, der (rechten oder linken) Seite wurde
mit berücksichtigt
Die von Orr und Rows (495) mit Toluidin-
blau-Färbung angestellten Untersuchungen bestä-
tigten die Resultate Lugaro 's über die 5 ver-
schiedenen Zellenformen auch für den Menschen.
Li allen Zellen fand sich ein peripherischer und
ein perinudeärer, von N i s s 1 - EOrpern freier Raum,
beide nicht arteficiell entstanden. Der periphe-
rische steht mit einem hellen pericellulären Räume
(Lymphraum?) in Yerbindung. Die Zellen Verände-
rungen der Spinalganglien bei progressiver Para-
lyse erklären nicht die paralytische Hinterstrang-
degeneration.
Hatai (496) unterscheidet 3 Zellenformen in
den Spinalganglien der weissen Ratte : eine grössere
helle, eine kleinere dunkle, dazwischen eine üeber-
form. Die kleinen Zellen sind wahrschein-
Edinger und Wallenberg, Aüatomie des Centralnervensystems.
141
lioh noch nicht völlig entwickelte (weder patho-
logisch, noch artefioiell verändert). Bei einer
grossen Reihe von Zählungen der Spinalganglien-
lellen und hinteren Wurzelfasem bei Ratten in
verschiedenem Alter überzeugte er sich, dass die
Zahl der Spinalganglienzellen sich mit dem Alter
nicht verändert Die grösste Zahl der Zellen, das
grSsste Volumen der Zellen , Kerne und Fasern,
femer die grösste Zahl von Hinterwurzelfasern
und die relativ grOsste Zahl markreifer Wurzel-
fasern trifft man im Halstheile, dann folgen die
Lendenregion, zuletzt die Dorsalabschnitte. Die
Zahl der Spinalganglienzellen ist immer mehr als
doppelt so gross, als die der entsprechenden Hinter-
wurzelfasem. Die Zahl der Hinterwurzelfasern
nimmt relativ mit dem Alter zu. Vergleicht man
nur die Zahl der grossen Spinalganglienzellen mit
der Faserzahl der Hinterwurzeln, so ist nur im
Hals- und Brusttheile ein Zellenüberschuss vor-
handen, der möglicher Weise auf Rechnung der
grossen Zahl „Dogiersoher Zellen des 2. Typs'*
(siehe den vorigen Bericht) an diesen Stellen zu
setzen ist
Bei der Katze liegt das zweite Spinalganglion
eztravertebral, ist also Operationen leicht zugäng-
lich. Bumm (497) hat die zu ihm tretenden
Wurzeln durchschnitten. Die motorischen Fasern
entarten völlig. Aber auch in den prä- und post-
ganglionären sensiblen Fasern treten, wenigstens
I bei dem schon 14 Tage nach der Oeburt operirten
Thiere, gewisse Atrophien auf. Die Fasern färben
I sich nicht ordentlich mit üeberosmiumsäure wie
I normale peripherische Nerven und sind auch sicher
dünner. Nur wenige Fasern bleiben normal. Da
an einigen Stellen des Ganglion Zellen total ver-
schwinden, nimmt B. an, hier handele es sich um
Spinalganglienzellen mit central gerichteten un-
getheilten Fortsätzen. Sie liegen am ventrodorsalen
Bande des Ganglion und ausserdem zerstreut überall.
Wahrscheinlich sind es Sympathicusantheile.
van Gebuchten (499) hat die aufsteigende
Mar Chi -Degeneration nach Durchschneidung der
zwei obersten Gervikalwurzeln bei Kaninchen bis
weit in dieOblongata hinein verfolgt. Die hinteren
Wurzelfasern des Cerv. I in der Höhe des Hypo-
glossüskernes liegen ventral und ventromedial von
der spinalen Trigeminuswurzel, die des Cerv. II
Dsedial von ihr, weiter cerebralwärts rflcken beide
Äntheile dorsal von der Quintuswurzel, die zweite
dorsal von der ersten, beide im inneren Abschnitte
des 0)rpus restiforme bis zum Austritt der Vagus-
▼vzeln verfolgbar. Es gehen also die beiden
ersten Cervikal- Hinterwurzeln in E d i n g e r 's „seit-
liches Wurzelfeld der Oblongata'' ein. [Bef. (W.)
luuin dieses nach eigenen Degenerationversuchen
bei Kaninchen bestätigen.] Die absteigende Wurzel-
degeneration konnte nur 3 Segmente abwärts ver-
folgt werden; sie vertheilte sich über grössere
Hmterstrangabschnitte. Bei 2 anderen Kaninchen
wurde von van Gebuchten (500) durch Aus-
reissen des Plexus brachialis eine Zerstörung der
8. Cervikal- und 1. Dorsal wurzel gesetzt Diese Wur-
zeln liegen medial und enden dorsal von der 1. und
2. Cervikal wurzel, der dorsalen Oberfläche der Oblon-
gata ganz nahe gerückt Also die medialsten Fasern
des Bur dach 'sehen Stranges enden im Bulbus
am meisten dorsal wärts, die lateralsten am meisten
ventral wärts. Es giebt keine direkte Hinterwurzel-
Kleinhirnbahn, auch keine gekreuzten Hinterwurzel-
fasern (via Commissura grisea). Die absteigende
Degeneration konnte 8 Segmente nach abwärts ver-
folgt werden.
Nach Petrin (518), der die Degenerationen
nach einer traumatischen Zerstörung des 1. und
2. Dorsalsegmentes und Degeneration der 8. hin-
teren Cervikalwurzel studirt hat, gehören ausser
den Gervikalwurzeln noch die 3 — 6 ersten Dorsal-
wurzeln in das Bereich des Burd ach 'sehen
Stranges, untere Cervikal- und obere Dorsal-
wurzeln enden im medialen Burdach 'sehen
Kerne, die 4 ersten Gervikalwurzeln im late-
ralen. Der mediale Burd ach 'sehe Kern muss
auch noch andere Verbindungen haben. Im Gegen-
satze zuvanGehuchten's Befund am Kaninchen
sah P. direkte Wurzelfasern zum Strickkörper der
gleichen Seite (keine zur Schleife, keine zum ge-
kreuzten Corpus restiforme).
Die bei Kaninchen nach Ausreissen deslschia-
dicus von Lubouschine (503) beobachteten
Degenerationen der 6. bis 7. Lumbal- und 1. Sacral-
wurzel lagen nach oben hin wie sonst im Goll'-
schen Strange, die absteigenden Fasern Hessen sich
im medialen Theile der Hinterstränge bis zum
5. Sacralsegment verfolgen. L. sah, wie van Ge-
buchten, keine Wurzelfaserkreuzung.
Von den absteigenden Hinterstrangbahnen ent-
hält das Schultze'sche Komma nach van Ge-
buchten (500) exogene kurze und endogene
lange Fasern. H o m 6 n (504) lässt es zum grössten
Theile aus absteigenden Wurzelfasem bestehen.
Die von Winter (510) beschriebene Querschnitt-
läsion nach Quetschung des 3. Dorsalsegmentes
führte unter Anderem zur Degeneration des
Schnitze 'sehen Komma bis zum 1. Lumbai-
segment Das dorso-mediale Saoralbündel (Ober-
steiner) hatte in einem von Bikeles (505)
untersuchten Tabesfalle trotz ausgedehnter Hinter-
wurzel-Degeneration vom Sacralmarke bis zum
Halsmarke beiWeigert-Pal- Färbung normales
Aussehen. B. schliesst daraus auf einen vorwiegend
endogenen Ursprung seiner Fasern. Das ist richtig.
Der geringe Antheil absteigender hinterer Wurzel-
fasem an der Constitution des Bündels kann, wie
der Bßf. [W.] 1898 angegeben hat, nur durch
M a r 0 h i - Färbung dargestellt werden.
Nach Petrin (518) sind im Schul tze'schen
Komma, im triangulären Sacralfelde und wahr-
scheinlich auch im ovalen Felde (Flechsig) exo-
gene (Wurzel-) Fasern enthalten. Endogene sind
wahrscheinlich, aber nicht nachgewiesen.
142
Edinger uad Wallenberg, Anatomie des CentralnervensystemB.
Die ausfQhrlichen Untersuchungen nach Wei-
gert und Marchi in 8 Fällen mit KQcken-
markscompression und 2 Fällen mit Degeneration
hinterer Wurzeln im Hals- und oberen Brustmarke
führten Marburg (506) zu Resultaten, die theil-
weise ältere Ergebnisse bestätigen konnten, zum
Theil aber ganz neue Aufschlüsse über die Struktur
der Hinterstränge geben : Die absteigenden Aeste
der hinteren Wurzelfasern sind viel weiter abwärts,
zu verfolgen, als bisher angenommen wurde. Bei-
spielsweise lassen sich Spuren hinterer Cervikal-
wurzeln noch im dorsomedialen Sacralbündel nach-
weisen. Yom Halsmarke bis zum oberen Sacral-
marke reicht ein Feld „absteigender Fasern der
lateralen Hinterstrangspartie'' mit ventraler Ver-
dickung am Hinterhornhalse und dorsaler Ver-
dickung im hinteren äusseren Hinterstrangsfelde.
Absteigende Hinterstrangsfasern (wahrscheinlich
exogener und endogener Natur) erreichen zum Theil
durch die dorsale Verdickung des angegebenen
Feldes das Septum paramedianum oder ein diesem
entsprechendes Oliaseptum im unteren Brust- oder
oberen Lumbaimarke („dorsale üeberwanderungs-
zone''). Dieser Gliastreifen (mit den Fasern) ge-
langt im unteren Lendenmarke zum Septum media-
num und lässt sich bis in das unterste Sacralmark
hinab verfolgen. Dadurch werden die verschiedenen
Höhen vom Halsmarke bis zum Conus meduUaris
mit einander verknüpft Die endogenen Elemente
scheinen in der Gegend des Collum und Apex com.
poster. zu entspringen. Ihr Ende liegt wohl an
gleicher Stelle (Aufsplitterung um Hinterhornzellen
H 0 c h e). Von der ventralen Verdickung der late-
ralen Hinterstrangpartie aus geUngen gröbere ab-
steigende Hinterstrangfasern des Halsmarkes via
ventrales Hinterstrangfeld zur Medianlinie des
Sacralmarkes („ventrale üeberwanderungzone"),
bilden daselbst ein Bündel („Fasciculus longitudi-
nalis septi'') vorwiegend endogenen Ursprungs,
dessen Fasern längs des medianen Septum die
hintere Commissur erreichen, zum gekreuzten
Hinterhorne gelangen und dort enden. Dieser
,,Fasciculus longit. sepf schliesst sich im unteren
Sacralmarke den bereits im unteren Lumbaimarke
zum Septum gelangten Fasern der lateralen Theile
an und bildet mit ihnen ein dreieckiges Feld, das
vorwiegend absteigende Fasern enthält und im
Conus fast die ganzen Hinterstränge erfüllt („Fasci-
culus septomarginalis lumbosacralis'')* Alle diese
Gebiete enthalten auch aufsteigende Fasern.
Die im ventralen Hinterstrangfelde aufstei-
genden endogenen Fasern erstrecken sich nach
Petrin (518) nur 5 Segmente weit nach oben.
Nach 1 stündiger Aortenligatur unterhalb des
Abganges der Nierenarterien leidet nach den An-
gaben von Bochenek (524) bei Kaninchen nur
die graue Substanz des Lumbosacralmarkes. Ein-
mal war nur eine Seite, besonders das Hinterhorn,
erkrankt und die sekundären Degenerationen Hessen
sich im gleichseitigen Hinterstrange und in beiden
Vorderseitensträngen nachweisen, boten aber nichts
wesentlich Neues.
Rothmann (404) beschreibt im Hinterstrange
des Affen einen vom „Schwanzkern'' (Bisch off)
absteigenden „Tractus septo-marginalis'', der sich
bis in das Sacralmark verfolgen lässt und anschei-
nend motorische Schwanzfaaern enthält.
b) HifUerkömer.
Eine ausführliche Monographie hatSohacherl
(511) den Stilling-Clarke'schen Säulen ge-
widmet. Dem inhaltreichen Werke entnehmen wir
folgende Einzelheiten: Seh. will im Sinne von
Clarke nicht allein die im Dorsal- und Lenden-
marke gelegenen Zellengruppen als Clarke 'sehe
Säulen bezeichnen, sondern die in der ganzen Länge
des Rückenmarkes an gleicher Stelle vorhandenen
Gebilde der Hinterhornbasis. Demgemäss lässt
sich beim Menschen in den obersten 3 Cervikal-
segmenten, besonders im 2., eine Clarke 'sehe
Säule nachweisen, weiter unten im 7. bis 8. Ger-
vikalsegmente. Sie wächst dann im Dorsalmarke
an, erreicht ihr Maximum bekanntlich in Di^ und
L|, nimmt wieder im Lendenmarke ab, verschwindet
bei S), um in S, — S4 wieder aufzutauchen. Seh.
macht dann auf die individuellen Schwankungen
der Grösse aufmerksam. Zuweilen findet sich eine
continuirliche Säule durch das ganze Rückenmark.
Die im oberen Halsmarke die Mitte der Hinterhorn-
basis einnehmenden Säulen rücken weiter unten
allmählich dorso-medial, im unteren Dorsalmarke
und oberen Lendenmarke deutlichen Vorsprung
nach innen bildend, von L^ ab wandern sie wieder
ventralwärta. Die Zellenformen (N i s s 1 - Färbung)
und ihre physiologischen und pathologischen Ver-
änderungen werden genau beschrieben. Bemerkens-
werth ist die anscheinend ventromediale Richtung
der Neuriten. Die zur C 1 a r k e 'sehen Säule tre-
tenden Hinterwurzelfasem, dorsomedial einstrah-
lend, stammen aus denselben und aus tieferen
Segmenten, und zwar ist die Zahl dieser Segmente
in unteren Rückenmarksabschnitten weit grösser
als im oberen. Die Zellen der Säule senden ihre
Neuriten zum Seitenstrange, im selben Segmente
oder erst höher oben. Bezüglich der Zahl der
Segmente, innerhalb derer der Austritt stattfindet,
verhalten sich die einzelnen Theile des Rücken-
markes wie bei den afferenten Fasern. Gaskell's
„viscerale" Fasern zu den Vorderwurzeln konnten
nur einmal nachgewiesen werden. Wegen der
interessanten vergleichenden Untersuchungen an
Säugern und Vögeln sei auf das Original ver-
wiesen.
Gaskell hatte vor Jahren (siehe frühere Be-
richte) energisch darauf hingewiesen, dass nament-
lich in der Clarke 'sehen Säule und dann in
gewissen Eerngebieten der Oblongata, die jener
homolog seien, die Ursprung- und Endstätte der
sympathischen Fasern sein müsste. Seitdem hat
man, namentlich durch die physiologischen Unter-
E d i n g e r und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
143
Buchungen vonLangley, immer sicherer erfahren,
dass, worauf Vieles hingewiesen hatte, der Sympathi-
CU8 aus einer Reihe von peripherischen Einzelcentren
besteht, die unter sich durch Austausch von Fasern
in mannigfacher Beziehung stehen, zumTheil auch
im Gebiete des Ghrenzstranges und Kopfsympathicus
Fasern aus dem Rückenmarke und der Oblongata
erhalten und dahin andere einsenden. lieber Ur-
sprung und Endort solcher Fasern war bisher kaum
Sicheres bekannt Es ist daher zu begrüssen, dass
Onuf und Co Hins (514) gerade diese Frage ex-
perimenteU aufgenommen haben. Sie zerstörten
bei jungen Katzen bestimmte Strecken des Qrenz-
Stranges und untersuchten dann mit der N i s s 1 '-
sehen, der Marchi'schen und der Weigert-
Pa rächen Methode das Rückenmark und die
Oblongata. Nach Ausrottung von Lumbarstrang-
ganglien fanden sich viele Fasern zu den C 1 a r k e '-
sehen Säulen beiderseits (wahrscheinlich war der
nicht operirte Strang durch den Wundheilprocess
mit geschädigt) entartet, ausserdem waren in einem
etwas frontal von dem betroffenen Wurzeleintritte
gelegenen Gebiete viele Zellen der Säulen in Ent-
artung. Es stammen also die sympathico-spinalen
Fasern nicht, wie Eölliker meint, aus den Spinal-
ganglien, sondern aus den sympathischen Qrenz-
stranggangUen und enden an den Zellen der Säulen.
0. u. C. acceptiren ausserdem die allgemeine An-
nahme, dass diese Zellen noch dem Tractus spino-
oerebellaris Ursprung geben. Die Wegnahme von
4 Ganglia thoracica sympathici hatte ähnliche
Vertndorungen in den Zellen beider Säulen zur
Folge, obwohl hier weder Anastomosen beider
Orensstränge, noch fortgeleitete prävertebrale Ent-
zündung vorkamen. Faserdegenerationen wurden
nicht gefunden (vielleicht weil es für die Mar chi-
Kethode zu spät war). Die Veränderungen liegen
etwa in der Höhe des Wurzeleintrittes. In diesem
und einem ähnliehen Falle wurden aber auch Ver-
Saderungen in den Qanglienzellen an der Basis der
Homer gefunden, die zwischen beiden Clarke'-
sdien Säulen liegen ==> paracentrale Gruppe, ausser-
dem solche in den SeitenhOrnern beiderseits. Ganz
<& gleichen Yerftnderungen in allen drei Zellen-
gebieten wurden gefunden, als man das Ganglion
Btdlatum ausgerottet hatte. Die Fasern müssen
i^bsteigen, da die Degenerationen bis zum 9. Thorax-
ficgnent nachweisbar waren. 0. u. C. sind ge-
neigt, die Zellen derSeitenhdmer und die grösseren
^^Uoi der paracentralen Gruppe als ürsprungsort
Ton motorischen Sympathicusfasem anzusehen,
während um die kleineren Zellen dieser Gegend
und um die Zellen der Glarke 'sehen Säule herum
nor AufspUtterung stattfinden soll. Das Hypo-
^'^^tisehe dieser Auffassung lassen sie klar erkennen,
vie denn die ganze Arbeit sich durch Vorsicht im
ScUussaiehen auszeichnet Wenig oonclusiv sind
leider die Beobachtungen an der Oblongata von
Thieren, denen man das Ganglion stellatum aus-
goottet hatte, weil hier Alkoholhärtung und Carmin-
färbung, zwei einander, wie Gudden schon nach-
gewiesen hat, ausschliessende Technikarten zur
Anwendung kamen.
Bei Kaninchen haben aber Lapinski und
Cassirer(512) nach Exstirpation des Ganglion
cervicale supremum und inferius im Halsmarke
keine Zellen Veränderungen und Marchi- Degene-
rationen gefunden. Mit N i s s 1 - Färbung lassen
sich dorsal von den Vorderhornzelien drei geschä-
digte Zellenarten unterscheiden.
e) Vorderseitensiränge.
In dem von Obersteiner (328. 516) be-
schriebenen Falle von Porencephalie war im Rücken-
marke lateral vom Hinterhorne beiderseits ein tiefer
Sulcus sichtbar, der von der Kleinhirn seitenstrang-
bahn umsäumt wurde und schon früheren Autoren
(u. A. Flechsig) bekannt war. 0. hält ihn für
frühzeitig angelegt und vertieft durch das Fehlen
der Pyramiden - Seitenstrangbahn. Er nennt ihn
„Sulcus accessorius lateralis dorsalis (medullae)^'
zum Unterschiede von dem „Sulcus accessorius late-
ralis ventralis (medullae)** längs der Helweg-
V. Bechterew 'sehen „Dreikanten bahn^'. Auch
II borg (519) hat die fragliche Furche bei einem
Hemicephalus mit Aplasie der Pyramidenbahn ge-
sehen. Zappert(515) bringt sie ebenfalls mit
Anomalien der Pyramidenseitenstrangbahn in Ver-
bindung.
Endlich sind auch wieder mehr Versuche
angestellt worden, die dem von Edinger auf
vergleichend anatomischem und klinischem Wege
nachgewiesenen sekundären sensiblen Weg aus den
Hinterhörnern zu den Seitensträngen experimen-
tell näher kommen wollen. Vermuthlich pflanzt
sich (Edinger) die zunächst im Hinterhorne
endende Bahn aus den Spinalganglien gekreuzt
und ungekreuzt in den Seitensträngen fort, wo
ihr zwei Wege offen stehen, die beide, wie zu-
erst Kohnstamm sehr wahrscheinlich gemacht
hat, im Areal des Go wer s 'sehen Bündels und
mediodorsal von diesem liegen: Tractus spino-cere-
bellaris ventralis und Tractus spino-thalamicus.
Der (Jrundversuch ist die Zerstörung des Hinter-
hornes, wo die sekundäre Bahn entspringt Diesen
hat wieder Lubouschine (522) angestellt. Er
erhielt bei Kaninchen (Lumbaimark) Degeneration
des gleichseitigen und des gekreuzten Tractus
anterolateralis bis zum 4. Dorsalsegmente aufwärts;
absteigend war nur der gleichseitige Strang bis zum
5. Sacralsegmente entartet. Durch Injektionen von
physiologischer Kochsalzlösung in das Rückenmark-
grau unterer Cervikalsegmente, nach dem Vorgehen
vonMünzer u.Wiener, konnte L« (522. 523) die
Hinterhomläsion besser lokalisiren und feststellen,
dass hier gleichseitige Vorderseitenstrangfasern ent-
springen, die theils sofort endigen, theils allmäh-
lich an die Peripherie in das Areal des G o w e r s '-
sehen Bündels gelangen. Wie Edinger schon
angab, kreuze die Fasern in der vorderen Com-
144
Edinger und Wallen berg, Anatomie des Centralnervensystems.
missiir, ein Theil von ihnen ist frontal nicht
über das Rückenmark hinaus zu yerfolgen. Nach
Petrin (518) braucht die gleiche Bahn im Hals-
marke 5 — 7 Segmente, um von der Grenzschicht
der grauen Substanz zur Peripherie zu gelangen.
Es geht also das Grundbündel des Seitenstranges
unmerklich in den Tractus anterolateralis über.
Ein Theil des Bündels endet anscheinend im Seiten-
strangkeme der Oblongata.
Auf Grund eigener klinischer Untersuchungen
und des Studium der Literatur über Halbseiten-
läsionen des Rückenmarkes glaubt Petrin (508)
für den Verlauf des Drucksinnes zwei Bahnen an-
nehmen zu müssen, von denen eine in den Hinter-
strängen der gleichen Seite aufwärts zieht, die
andere sich den in das gleichseitige Hinterhom
gelangenden anderen Hautsinnesfasem, namentlich
der Temperatur- und Schmerzleitung anschliesst
und mit ihnen gemeinsam zum Vorderseiten-
strange, insbesondere dem G o w e r s 'sehen Bündel
der anderen Seite kreuzt, um dort in die Sagittal-
richtung umzubiegen. Die Kreuzung der Bein-
fasern ist erst im 12. Dorsalsegmente und l.Lum-
balsegmente vollendet, und sie gelangen dann erst
5 — 7 Segmente höher an die laterale Peripherie.
Die ventralen Fasern der Kleinhirnseitenstrang-
bahn werden, wie Petr6n (518) conform mit
Fla tau angiebt, in höheren Rückenmarksebenen
dorsal wärts gedrängt Petrin (5 18) und W i n -
t er (510) konnten innerhalb des Areals der Pyra-
midenseitenstrangbahn aufsteigende Fasern durch
Marchi- Färbung nach Querschnittläsionen fest-
stellen. In dem von Ober steiner beschriebenen
Falle waren sie durch das Fehlen der Pyramiden-
fasem sichtbar geworden.
V. Bechterew (525) schlägt vor den von
ihm und Bruce (siehe die Berichte 1895/96 und
1897/98) beschriebenen ventralen Abschnitt der
seitlichen Grenzschicht, der im Hals-, Brust- und
Lendenmark sich zwischen Pyramidenbahn und
Grundbündel einerseits, Vorderhom andererseits
ausdehnt und durch späte Markreife sich von den
Nachbarbündeln abgrenzen lässt, als „antero-
mediales Seitenstrangbündel'^ zu bezeichnen, zum
Unterschiedevon dem früher beschriebenen „postero-
medialen SeitenstrangbündeP^ Die caudale Endi-
gung des Bündels ist noch unbekannt.
M a r i e 's „Fasciculus sulco-marginalis" stammt
nach Lubouschine (522) aus den Zeilen des
gekreuzten Vorderhomes, besteht aus ab- und auf-
steigenden Aesten und endigt in verschiedenen
Höhen des Rückenmarkes, die er mit einander ver-
bindet.
Partielle Rückenmarks- Durchschneidungen im
Gebiete des 3. Cervikalsegmentes bei Hunden führ-
ten in den von Rothmann (520) angestellten
Versuchen zu dauernden Athmungstörungen nur
bei Verletzung der lateralen Vorderstränge und
ventralen Vorderseitenstränge. Die von der Me-
dulla oblongata zum Zwerchfellkem hinabziehen-
den Fasern verlaufen im Vorderseitenstrange, die
für die Thoraxathmung bestimmten grösstentheils
im Vorderstrange.
V. Bechterew (555) hat neuerdings wieder
auf den Werth derFlechsig'schen entwickelungs-
geschichtlichen Methode der Markreifung zur Ab-
trennung einzelner Systeme innerhalb der weissen
Substanz des Bückenmarkes hingewiesen. Ausser
4 Systemen im Burd ach 'sehen, 3 Systemen im
G 0 1 1 'sehen Strange haben sich die am Septum dor-
sale (ovalesFeld Flechsig) und im Schultze'-
schen Komma verlaufenden Bahnen, ferner das
dreieckige Sacralfeld (Giese) schon lange Zeit vor
den neueren Publikationen abscheiden lassen. B.
nennt von anderen durch die Markreifung trenn-
baren Hinterstrangsystemen : Ein ventrales Hinter-
strangsfeld, imLV — S III gut ausgebildet, später
markreif als das ovale Feld; Li ssauer 's Rand-
zone, 1884/85 von v.B. als „laterale Hinterwurzel-
zone*' beschrieben. Innerhalb des Vorderseiten-
stranges: Rothmann 's sacrale Eleinhimbahn,
Tract. antero-lateralis Gowers, drei Systeme
innerhalb des Vorderseitenstrang -Grundbündels;
das intermediäre und antero-marginale Bündel wird
als absteigende Eleinhimbahn gedeutet; femer
V. Bechterew - Helweg's „Dreikantenbahn",
zwei Bündel der Grenzschicht (vorderes, später
markhaltiges; hinteres, Mher markreifes Bündel);
die aufsteigende Vorderstrangbahn = „Faisceau
sulco-marginal" Marie.
Die Grenzschicht des Vorderhorns degenerirt
nach Petr6n (518) 3 — 4 Segmente weit nach
unten und oben. Die Vorderstrangfasern haben
kürzeren Verlauf als dieSeitenstrangfasern. P. hat
auch zum ersten Male beim Menschen das mediale
Seitenstrangbündel v. Bechterew 's degenerativ
darstellen können. Es war 3 Segmente weit nach
oben zu verfolgen.
Lubouschine (522) lässt den grössten Theil
der Fasern in der seitlichen Grenzschicht aus dem
Hinterhome entspringen.
d) Vorderhömer, Kerne der Spinalnerven.
Immer sicherer werden unsere Kenntnisse von
der Lokalisation der einzelnen Myotome im Rücken-
marke. Die im vorigen Berichte erwähnten vielen
Arbeiten hierüber haben weiter anregend gewirkt,
und wenn auch wenig principiell Neues gefunden
wurde, so ist doch dieser Abschnitt der Rücken*
markanatomie einer der am besten ausgebauten
geworden.
Zunächst sei der schöne Atlas vonBruce(488)
erwähnt Br. hat das Rückenmark einer Frau ge-
schnitten und aus jedem Segment den Schnitt
photographirt, der dessen Charakteristica am besten
enthielt. Von einigen Segmenten mussten natür-
lich zwei Schnitte abgebildet werden. Jedem nach
der Markscheidenmethode gefärbten Schnitt sind
ausserdem einer oder zwei beigegeben, die die
Zellenbilder nach Toloidinfärbung enthalten. Die
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
145
treffliche technische AusfQhrung und der wirklich
küDStlerisohe Qehalt des Ganzen sollen noch her-
yorgehoben werden.
J086T. Borda (489) hat sich der ungeheuren
Mühe unterzogen, drei normale Rückenmarke voU-
stAadig durchzuschneiden und drei weitere theil-
weise ähnlich zu verarbeiten. Die Schnitte wur-
den mit Thionin gefärbt und B. giebt auf 72 Tafeln
eine sehr grosse Anzahl der RQckenmarksquer-
Khnitte mit eingezeichneten Zellen wieder, derart,
dass aas den meisten Segmenten 3 — 6 Schnitte
bei genügender Gr^tose abgebildet werden. Der
frontalste Schnitt liegt schon jenseits der Pyra-
midenkieuziing. Hierzu gehOren 126 Seiten be-
schreibenden Textes. Schliesslich wird versucht,
die Zellenreihen als lange Säulen zu beschreiben
und in einer lehrreichen Abbildung zu reoon-
stroireD, und wir erhalten eine grosse Anzahl von
Tabellen, die über die Anzahl der in jedem Schnitte
gesählten Zellen Auskunft geben. Innerhalb der
Tabellen sind wieder die einzelnen Zellensäulen
geschieden. Aus den Schlussfolgerungen sei her-
Toi^gehoben, dass auch die sehr vollständige
Durcharbeitung des Bückenmarkgrau keinerlei
N^entäre Zellenanordnung hat erkennen lassen,
daäs, wie auch früher wiederholt angegeben war,
die Kuskulattir des Stammes aus der medialen
Zellensäule, dass die Glieder aus der lateralen
hmerrirt werden, dass für die Oefühlsbahn keine
Lokalisation scharf aufzustellen ist, dass die
Glarke'sche Säule von der Mitte des 3. Lumbai-
segmentes sicher bis zum 1. Dorsalsegment zu
folgen ist, dass aber von da aus Zellen in ihrer
Fortsetzung bis zum medialen Hinterstrangkem
Ddien. Wegen der Einzelheiten muss auf das Ori-
ginal verwiesen werden, dessen Abbildungen von
■Qsserordentlicher Klarheit und hohem Werthesind.
Krause und Philippson (527) haben die
Mea im Vorderhom des Kaninchens mit der
▼üalen Methylenblau -Methode studirt Die Be-
nehangen der Zellen zu einander und zu der
laserang sind hier ausserordentlich klar sicht-
bar und besser als jemals vorher zu erkennen.
HamenÜich lassen sich für jede Zellengruppe
bescmders die Bichtung und die Verbindungen
der Ausläufer erkennen. Die Zellen der late-
i^ Qrappe bilden das motorische Neuron der
^vxen und der langen ungekreuzten Reflexe
^ der Pyramidenbahn-Impulse. Alle drei Reize
Mnnen dieselbe Zelle passiren. Die medialen
ZeUen vermitteln den gekreuzten Reflex. Die
centralen Zellen bilden das intermediäre Neuron
des langoi gekreasEten und ungekreuzten Reflexes.
B^lirt werden diese üebertragungen durch die
Verbindung von Neuriten verschiedener Herkunft
2Q einem Wnrzelbfindel, durch weit ausgreifende
I^driten, die in andere Zellenregionen hinein-
reieheD, und durch rückläufige Gollateralen.
Von Onuf (543) ist eine sehr eingehende Be-
fichmbuBg des menschlichen Sacralmarkeserschie-
Med,JähTbb.Bd. 279. Hft. 2.
nen. Für die Abtrennung einzelner Zellengruppen
im Vorderhom benutzte er rieben der Serie eines
normalen Rückenmarkes eine continuirliche Schnitt-
reihe von einem Kinde mit bilateraler congenitaler
Klumphand und Klumpfuss. Die Resultate der
schönen Arbeit decken sich vollständig mit den
im vorigen Berichte eingehend gewürdigten von
ihm, Müller u. A.
Ueber die Art und Weise, in der die Vorder-
homzellengruppen zur Innervation der Muskeln in
Beziehung stehen, ist eine Einigung unter den
Autoren bisher nicht erzielt Im Wesentlichen
lassen sich folgende Meinungen entdecken: Bris-
saud glaubt, die motorischen Kernsäulen des
Rückenmarkes seien nach Gliedsegmenten geord-
net (Oberarmkem, Yorderarmkern, Handkem und
so weiter); Sano (545) vindicirt jedem Muskel
seinen besonderen Kern; nach Marinesco (542)
sind eigene Kerne für einzelne Muskeln mit isolir-
ter Funktion oder für associirte Muskelgruppen
vorhanden; Farben und Ooldstein (535)
halten eine Anordnung der Kerne nach den ein-
zelnen Nerven und nach funktionellen Einheiten
(eigene Kerne für gleichsinnig wirkende Muskeln)
für wahrscheinlich; v. Knape (539. 540) lässt
ebenfalls nur eine funktionelle Trennung der Kerne
zu (Flexorgruppen werden z. B. hauptsächlich von
lateralen, Extensorgruppen von medialen Zellen-
gruppen innervirt); nach Dejerine (546) ent-
spricht die motorische Lokalisation im Rücken-
marke den vorderen Wurzeln : jede vordere Wurzel
bezieht ihre Fasern aus einem Kerne, der in der
Hohe ihres Eintritts liegt; van Gebuchten und
De Bück halten eine segmentale (Rückenmark-
segmente) Anordnung der motorischen Innervation
für wahrscheinlicher.
Ueber die Lage der für einzelne Nerven und
Muskeln bestimmten Vorderhornkerne bestehen
ebenfalls noch erhebliche Divergenzen bei den
einzelnen Autoren, selbst bei Versuchen an der-
selben Thierspecies. v. K n a p e (540) unterschei-
det im Yorderhorn des Hundes 6 Zellengruppen
(ventromediale, ventrolaterale, ventrale, dorsolate-
rale, intermediäre, centrale Gruppe). NachAusreis-
sen des Nervus peronaeus erhielt er Ghromatolyse
im 5. bis 7. Lumbaisegment und im 1. bis 2. Saoral-
segment (in L4 — 7 war die ventrolaterale Gruppe
afficirt, in L5 — 7 die ventrolaterale und dorso-
laterale, in L5 — 6 die centrale, imSacralmark die
ventrale). Nach Parhon und Goldstein (535)
liegen die motorischen Kerne für den Nervus pero-
naeus communis beim Hunde im 4. und 5. Lumbai-
segment (dorso-laterale Gruppe). Die Fussmuskeln
(„intrins6ques") erhalten ihre Innervation vom
6. Lumbaisegment (dorso-posteriore Gruppe).
Der Nervus tibialis hat nach v. Knape (540)
seine motorischen Centren im 4. bis 7. Lumbal-
und 1. Sacralsegment (L4 — 6 lateraler Theil der
dorso- lateralen Gruppe, L7 ventro-laterale Gruppe,
Sl ventrale Gruppe), nach Parhon und Gold -
19
146
Edinger und Wallenberg, Anatomie des CentralnerTenBystems.
stein in der dorao-medialen Gruppe des 4. und
5. Lnmbalsegments.
Der Bioeps femoris wird nach Parhon und
Oo Idstein von der centralen Gruppe der oberen
Hälfte des 4. Lumbaisegments innervirt, der Semi-
Membranosus und Semi-Tendinosus von der inter-
mediftren Gruppe in gleicher HOh& Der Nervus
cruralis besitzt sein motorisohes Centrum nach
Y. Knape (540) im 3. bis 6. Lumbaisegment
(Hund), und zwar in der ventro-lateralen Gruppe
des 3., der ventro-lateralen und dorso- lateralen
Gruppe des 4., der dorso -lateralen und inter-
mediären Gruppe des 6. Lumbaisegments.
Nach Parhon und Goldstein (535) ist die
ventro- laterale Gruppe des 3. Lumbaisegments,
daneben wohl auch weiter unten die intermediftre
Gruppe an der Cruralis-Innervation betheiligt Das
Centrum des Nervus obturatorius befindet sich nach
V. Enape (540) im 4. bis 6. Lumbaisegment (be-
sonders dorso -laterale, daneben centrale, ventro-
mediale und ventro-laterale Gruppe), nach Parhon
und Goldstein (530. 535) in der centralen
Gruppe des 3. Lumbaisegments.
Den ülnariskem verlegt v. Enape (541) in
das 7. bis. 8. Cervikal- und 1. Dorsalsegment,
den Medianuskem in die gleichen Segmente, den
Radialiskem in das 6. bis 8. Cervikal- und 1. Dorsal-
segment Parhon und Goldstein (535) sahen
nach Amputation der Vorderpfote beim Hunde
Chromatolyse in der dorso-medialen Gruppe des
8. Cervikalsegments und der dorso-lateralen Gruppe
des 1. Dorsalsegments, nach Amputation des Vorder-
armes in mehreren Abschnitten der dorsalen Haupt-
gruppe im 7. und 8. Cervikalsegment (laterale
Zellen fOr die hinteren, mediale fQr die vorderen
Muskeln bestimmt). Als Tricepekern sprechen die
Autoren die übrigen Zellen der hinteren Gruppe
des 7. Cervikalsegments an, als Kern des Ober-
armes die dorso-mediale und dorso-hiterale Chruppe
des 6. Cervikalsegments. Der Pectoralis major er-
hält seine motorischen Fasern beim Menschen nach
Sano (544. 545) vom 4. bis 6. Cervikalsegment,
nach Parhon u. Goldstein (530) beim Hunde
vom 6. bis 7. Cervikalsegment (centrale Ghiippe,
von Sano auch für Katze und Taube bestätigt),
Marinesco (542) verlegt dasPectoralis-Centrum
des Hundes in das 7. Cervikalsegment (medial vom
Kerne des Serratus anticus major). Den Deltoideus
innervirt beim Menschen (Sano) zusammen mit
Teres major et minor, infrascapularis, suprascapu-
laris, subscapularis die ventro-laterale Ghnippe des
4. bis 6. Cervikalsegments. Beim Hunde (Parhon
und Gold stein) ist nur die intermediäre Gruppe
des Cervikalsegments 6 betheiligt Marinesco
lässt auch den N. suprascapularis aus dem 6. Cer-
vikalsegment entspringen (je ein Kern fQr Supra-
spinatus und Infraspinatus). Der Zwerchfellkem
liegt nach Sano (545) beim Hunde und der Katze
im 3. bis 6. Cervikalsegment, beim Kaninchen im 3.
bis 7. (544), beim Menschen im 3. bis 5. Cervikal-
segment (centrale Gruppe, wie bekannt; für den
stemalen, mittleren und Lendentheil besteht je ein
besonderer Kern). Im 1. bis 3. Cervikalsegment
lässt sich nach Marinesco (542) eine laterale
Zellengruppe für denTrapezius von einer medialen
für den Stemodeidomastoideus abgrenzen.
N i s s 1 - Färbung des Rückenmarkes einer Frau,
der 30 Jahre vor ihrem Tode der linke Arm hand-
breit oberhalb des Ellenbogengelenkes amputirt
worden war, ergab Rosenberg (550) einen Zellen-
schwund innerhalb der ventro-lateralen Gruppe
vom 6. Cervikal- bis 1. Dorsalsegment
Obersteiner (552) konnte in einem Falle
von congenitalem Defekt des Stemodeidomastoi-
deus, Trapezius, Pectoralis, Supra- und Lifraspinatus
und der Rhomboidei keine Diiferenz zwischen den
VorderhOmern entdecken, und warnt vor Yer-
wechselung physiologischer Variationen mit patho-
logischen Veränderungen. Ponjatowsky (509)
prüft, nachdem er die a priori bei Amputirten zu er-
wartenden Rückenmarksveränderungen erörtert hat,
auf Grund der veröffentlichten Befunde (38 FftllCi
tabellarisch zusammengestellt), in wie weit seine
Vermuthungen eintreffen oder nicht Er findet im
Allgemeinen die Verringerung der grauen Substanz
bestätigt, nicht aber die Atrophie der Endverzwei-
gungen der Pyramiden und die Atrophie der Com-
missurenzellen Lenhoss^k's. In Betreff der
Veränderungen, die in den Vorder- und Seiten-
strängen sich zeigten, fand P. trotz der spärlichen
Mittheilungen im Allgemeinen seine Vermuthungen
bestätigt
Hardesty (56) standen die caudale Oblon-
gata und die obere Rückenmarkshälfte eines jungen
männlichen Elephas indicus zur Verfügung (vgL
K 0 p s c h im Berichte 1897/98). Der G o 1 1 'sehe
Strang hat im Cervikalmarke einen lateralen Aas-
läufer, der die dorsale Peripherie des Keilstrangea
umgreift Seine Fasern sind dichter gelagert und
dünner als die des Bur dach 'sehen Stranges.
Die Pyramidenbahn kreuzt nicht zum Seitenstrange»
sondern läuft als gekreuzte „Fasciculi cerebro-spi-
nales intemi^' im ventralen Theile der Commissura
grisea, dorsal von der Commissura anterior. Die
Clarke 'sehen Säulen sind ausserordentlich faaei^
reich. Die Tractus cerebellospinales künnen als
eigene Bündel schon aus den Säulen heraus (im
2. Dorsalsegment) zur lateralen Peripherie hin ver-
folgt werden. An gleicher Stelle treten besonders
viele Hinterwurzeln an die Säulen heran. Eine
bestimmte Gruppirung der Vorderhomzellen war
im Halsmarke nicht nachweisbar. H. hat dana
vergleichende Messungen an den Rückenmarkzellen
verschiedener Säugerarten und an ganzen Rücken-
marken angestellt und die Ergebnisse in 10 Tafeln
niedergelegt Die kleineren Tldere besitzen ein
relativ dickeres Rückenmark als die grosseren und
relativ grossere Zellen. Am meisten proportional
der Thiergrüsse ist das Volumen des ganzen Neuron
(Zelle und Faser). Grossere Thiere haben in der
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnenrensystems.
147
gnuen Substanz nicht nur grossere, sondern auch
mehr Zellen als kleinere.
Figueiredo-Bodrigues (563) hat unter
Hertwig's und Erause's Leitung das Rücken-
mark eines Orang-Utan und eines Chimpansen
untersucht Als bemerkenswerth seien erwähnt :
Gekreuzte Hinterwurzelfasern zum Stilling-
Clarke 'sehen Kerne und zum Hinterhornkeme ;
ventrales und dorsales Oliaseptum der centralen
grauen Substanz ; gute Ausbildung einer dorsalen
▼eissen Gommissur; Ausdehnung des Apex cornu
posterioris bis zur dorsalen Peripherie, wahrschein-
lich L i s s a u e r 's Zone entsprechend ; starke Ent-
wickelung der Slilling-Clarke'schen Säulen
im Sacralmarke (Saoralkeme).
' e) Pia,
Der Befund markhaltiger Nervenfasern in der
Pia der unteren Büokenmarkshälfte, besonders in
der Gegend der Hinterstränge wird von Der cum
und Spill er (558) dahin gedeutet, dass wahr-
scheinlich normaler Weise sich von den hinteren
Wurzeln zur Pia abzweigende, aber sonst marklose
Fasern gelegentlich markhaltig werden kOnnen, wie
die Opticusfasern der Betina. In einer anderen
Arbeit (5 5 7) halten sie diese Fasern für Sy mpathicus-
Elemente.
XI. Niedere Vertebraten.
a) Ertde BJnttciekekmg, Aügenmnes.
(Siehe auch Nr. 181—185.)
566) Weber, A., CoDtribution ä Fetude de la meta-
merie du cerveau aDterieor ohez quelques oiseaaz. Arch.
d'Anat microscop. III. 4. p. 369. 1902. 2 Taf. 6 Figg.
(Dem Ref. nicht zagänglich.)
567) Froriep, A., üeber die Ganglienleisten des
Kopfes n. desBampfes n. ihreKreuzang in der Occipital-
n(P0Q. Bettrag zur Entwiokelangsgeschiohte deaSelaohier-
bpfes. Arch. f. Anat u. Physiol. [anat Abth] 6. 1901.
568) Johns ton, J. B., An attempt to define the
primitire fanctional divisions of the central nervoas
s;8teni. Joum. of comp. Neurol. XII. 1902.
569) J o h n s t o n , J. B., Das Oehim u. die Granial-
MTven der Anamnier. Deutsch von K TT. Gerihe,
^hd-Bonnefs Ergebnisse der Anat. u. Entw.-Oesoh.
II. p. 973. 1902. (Treffliches Sammelreferat)
570) Hof mann, Max, Zur vergleichenden Ana-
tomie der Gehirn- u. Rückenmarksvenen der Vertebraten.
Zisdir. f. Morphol. u. Anthropd. III. 2. 1902. Auch
Stattgart 1901. Erwin Nägele.
571) Oiglio-To8, Snll'origine embrionale del nervo
tri^mino neU'uomo. Anatom. Anzeiger XXI. p. 85. 1902.
Ooolfignre.
572) Giglio-To8, Sni primordi dello svüuppo del
nervo acostico-faciale nell-uomo. Anatom. Anzeiger XXI.
p. 209. 1902. Con 5 figure.
573) Wei^ner,Carl, Bemerkungen zur Entwicke-
^ des Ganglion acustico-faciale u. des GangHon semi-
Imn. Anatom. Anz. XIX. p. 145. 1901. Mit 6 Abbild.
574) Falcone, Cesare, 8opra alcune partico-
luiük di sviluppo del midollo spinale. Note di embrio-
gMia oomparata. Arch. ital. di Anat. e di embiol. 1. 1.
I p. 97. 1902. 4T^elD.
575)Stroud, B. B., If an ^Isthmus Rhombence-
phafi' why not an ^Isthmus Prosencephidi^ ? Proceed.
of Amer. anai, Twelfth annual Session, held in New Haven,
Cornu, Dec. 27 and 28. 1899.
Froriep (567) hat namentlioh au Selaohier-
embryonen die Lage der Oanglieuleisten iu der
Occipitalregion studiri Hier drängen die Ele-
mente der Eopfganglienleiste zum Ektoderm hinaus,
um die Kiemenbogen zu erreichen. Dorthin ist
ihnen der Weg durch die Rumpfganglienleiste und
die Somitenreihe verlegt Das führt zum Kampf der
Theile, in dem die Zellen der kämpfenden Theile
vielfach aus ihrer natürlichen Stellung gedrängt
werden. Frontal siegt die Eopfganglienleiste
(Olossopharyngeus), im kaudalen Qebiete gewinnen
die Rumpfsomiten die üeberhand. Während der
ganzen Entwickelung aber findet man in dem da-
zwischen liegenden Gebiete eine sehr wechselnde
Demarkationlinie. Schliesslich geht frontal die
Rumpfganglienleiste ganz spurlos zu Grunde, kaudal
aber bleiben Reste der Eopfganglienleiste, wenn
auch von der Rumpfganglienleiste fest umschlossen,
übrig ; sie bilden später den Accessorius. Aber an
keinem Theile bleiben typische Yisceralbogen-
nerven und typische Spinalnerven in den gleichen
Metameren funktionfähig erhalten. Dohrn(181a)
vertheidigt dagegen unter Vorlage vieler Abbil-
dungen von Selachierembryonen seine ältere Auf-
fassung, dass eine Scheidung der Eopfbezirke in
einen cerebralen und einen spinalen Absdinitt im
Sinne Froriep 's nicht zulässig ist, sondern dass
typische Visceralbogennerven und typische Spinal-
nerven in denselben Metameren der Wirbelthier-
k5rper vorkommen kOnnen und bei den Vorfahren
der Selachier vorgekommen sein müssen.
Weigner(573) konnte die Entwickelung des
Ganglion semilunare und acustico-faciale bei Ziesel-,
Schwein- und menschlichen Embryonen verfolgen.
Beide Ganglien entstammen der dorsalen Zone des
Hinterhimes, ihre Verbindung mit dem Ektoderm
ist noch unsicher. Vom acustico-facialen Ganglion
spaltet sich das Ganglion geniouli ab und tritt bei
einer bestimmten Entwickelung vorübergehend mit
dem Ganglion semilunare in Verbindung, wenigstens
bei Ziesel- und SchweinefOten. Das Ganglion geni-
culi enthält die grössten Ganglienzellen, das Vesti-
bularganglion mittelgrosse, dasGochlearganglion die
kleinsten. Diese GrOssenverhältnisse und gewisse
tinktorielle Eigenschaften erhalten sich definitiv.
Giglio-Tos (571) hat an einem 17tägigen
menschlichen Embryo die Anlage des Trigeminus
und des Ganglion Oasseri studirt. Als früh
embryonale Vorläufer der definitiven Nerven-
ganglien sind Zellenhaufen anzusehen, die G.-T.
„Proganglien" (sa Hauptganglien Eupffer) und
„Pronerven" nennt Das definitive Ganglion
Gasser i geht aus einer complicirten Gruppe von
Pronerven und Proganglien des Eiemen-(Branchial-)
Nervensystems hervor. Der Ursprung der Quintus-
anlage entspricht primär nicht dem Hinterhim,
sondern dem Mittelhim-Bläschen. Der Ursprung
aus dem Hinterhirn ist sekundär und bedingt
durch eine sekundäre Verschiebung der primitiven
dorsalen Wurzel. Das definitive Ganglion geht
148
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
hervor aus einer Vereinigung der 3 (dem Ramus
ophthalmicus , maxillaris und mandibularis ent-
sprechenden) primitiven neuralen Proganglien, der
3 mesooephalen (epibranchialen) Proganglien und
der 3 branchialen Pronervi. Die Struktur des
Ganglion Oasseri in so frühen menschlichen
Entwickelungstadien entspricht genau der Yer-
theilung und Struktur des Quintus bei der Lamprede
in reifem Zustande.
Bei demselben Embryo, an dem Giglio-
Tos die Genese des Quintus studirte, konnte
er (572) für die Anlage des Acustioo- facialis
feststellen, dass sich der Facialis und der Acusticus
ursprünglich unabhängig von einander als Eiemen-
Pronerven von der Crista neuralis aus entwickeln.
Beide besitzen ein laterales, mediales und epi-
branchiales Proganglion und einen Pronervus bran-
ohialis, der sie vereinigt. Den lateralen und epi-
branchialen Proganglien entsprechen Epidermis-
verdickungen (Piacoden). Die laterale Piacode des
Acusticus wird zum Epithel des Hörbläschens.
Während der Stamm des Facialis bei phylogenetisch
älteren Yertebratenformen sich unmittelbar vor den
des Acusticus lagert, verschiebt er sich bei lebenden
Arten, besonders beim Menschen, und legt sich
(wohl in Folge der Reduktion der Kopflänge und
der stärkeren Entwickelung beider Stämme) über
den Acusticus, doch bleibt die ursprüngliche vor-
dere Lage erkennbar. Durch die Verschiebung
nach oben verliert der Facialis seine Verbindung
mit dem Kleinhirn, während der sich tiefer lagernde
Acusticus sie verstärkt In Folge der Aufhebung
seiner Kleinhirnverbindung atrophirt der zwischen
Kleinhirn und lateraler Piacode befindliche Theil
des Facialis, es gehen daher dieFacialisfasern peri-
pheriewärts in den epibranchialen Acusticus-Pro-
nerven über, der sich zum peripherischen Theile
des Facialis umformt Der hintere und proximale
Theil der 8. Anlage wird zum Acusticusnerven.
In späteren Stadien enthält die definitive Aousticus-
wurzel neben Acusticusfasern auchFacialiselemente.
Angriffe von Dohrn (siehe oben Nr. 181a) und
besonders von R a b 1 veranlassten Stroud (575)
eine von ihm schon im Jahre 1897 zur Erklärung
des dorsalen Austrittes des Trochlearis und der
totalen Kreuzung seiner Wurzelfasern aufgestellte
Hypothese unter Berücksichtigung neuerer, nament-
lich ontogenetischer Arbeiten näher auszuführen
und zu vertheidigen. Nach einer Zusammenstellung
der bisherigen Erklärungsversuche für den Abgang
des Trochlearis von der Dorsalkante des Gehirn-
rohrs („dorsaler Abgang'^) und die Bildung eines
dorsal von der Centralhühle befindlichen Ghiasma
(„ultradorsaler Abgang'*) geht Str. zur näheren
Begründung seiner Theorie über, auf Grund einer
Prüfung aller anatomischen und ontogenetischen
Daten über den Trochlearis, die im Originale ein-
gesehen werden mögen. Während die Anatomie
des Trochlearis in der ganzen Wirbelthierreihe im
Wesentlichen übereinstimmende Verhältnisse er-
giebt, divergiren die Ansichten über die Ontogenese
des Nerven ausserordentlich. Nach kritischer Wür-
digung der einzelnen Theorien kommt Str. dann
wieder zur Annahme eines alten dorsalen Muskel-
paares, früher mit dem Parietalauge in Verbindung
und jederseits durch einen dorsal vom MeduUar-
rohr abgehenden motorischen Nerven, den Stamm-
vater des Trochlearis, innervirt Diese Muskeln,
zu einem Theile schräg und quer verlaufend, be-
sassen, wie andere auf die Medianlinie gerichtete
Muskeln, die Tendenz auf die andere Seite überzu-
greifen, da ein Elindemiss (z. B. dorsale Median-
flosse) gewiss nicht bestand. Beim Untergange
des Parietalauges greifen diese Muskeln mit neu-
gebildeten Fasern auf die Lateralaugen der Gegen-
seite über (damals noch dicht neben einander,
dorsolateral gelegen). Der Nerv des so entstandenen
Obliquus superior zeigt die Spuren der ursprüng-
lich peripherischen Kreuzung in seinem Ghiasma an.
Der Annahme einer üeberkreuzung von Muskeln
(„antimere üeberwanderung**) ist die Analogie mit
thatsächlich bestehenden Muskelkreuzungen im
Gebiete des Facialis, Vagus, Hypoglossus, sowie
am Musculus Sternalis förderlich.
Nachdem in den letzten Jahren die Ausbreitung
der Nerven am Kopfe bei niederen Vertebraten,
besonders Fischen, relativ gut bekannt geworden,
auch nach dem Vorgange von Streng ein
Theil des centralen Verlaufes der Nerven bei den
gleichen Thieren klargelegt ist, glaubt John-
ston (568) eine neue Eintheilung der Nerven,
insbesondere der Hirnnerven, versuchen zu kOnnen.
Er geht dabei im Wesentlichen auf schon von
Gaskell (siehe Jahresbericht 1886) geäusserte
Ansichten zurück. Die verschiedenen Funktion-
gebiete des Nervensystems sind am vollständigsten
in der Oblongata der Fische vorhanden ; man kann
sie in folgender Weise definiren :
A. Sensibles, zuleitendes Glied. Dieses zer-
fällt wieder in einen somatischen und einen
splanchnischen Abschnitt. Der somatische besteht
aus dem Antheil für die Hautsensibilität und dem
Abschnitt für die Seitenlinie aus den Wurzeln des 8.
Der splanchnische Abschnitt, der sich aus der
Gegend der Clarke 'sehen Säulen des Bücken-
markes frontalwärts fortsetzt, enthält die sensiblen
7., 9. und 10. Wurzeln. Er innervirt als Visceral-
äste die Schleimhäute. Möglicher Weise ist der
Abschnitt, der die Geschmacksknospen im Munde
und die Endknospen in den KiemenhOhlen und
derKOrperoberfiäche innervirt, von ihm zu trennen.
B. Motorisches Glied. Zerfällt wieder in einen
somatischen Abschnitt für die Gesammtmuskulatur
(N. 3, 4, 11, 12) und einen splanchnischen, der,
vom Seitenhorn des Rückenmarkes ausgehend, die
motorischen Fasern des 5., 7., 9. und 10. abgiebt.
Das Hinterhorn der niederen Vertebraten lässt sich
in 4 Längszonen trennen. Die erste der 4 Säulen
umfasst den ganzen dorsolateralen Abschnitt der
Oblongata und des Cerebellum, also alle Kerne der.
Edinger und Wallenbergi Anatomie des Gentralnervensystems.
149
absteigenden Wurzeln, das Tub. acusticum und die
Hinterstrangkerne. Hier enden die Fasern für die
Hautsensibilitftt, die auditorische und die Seiten-
linie: Componenten, die ja von den allgemeinen
Hautcomponenten physiologisch abzuleiten sind.
Das Gehörorgan , eine neuere Modifikation des
Seitenliniensystems, hat sich wahrscheinlich mit
diesem von einer einzigen Wurzel differenzirt
Diese hypothetische Wurzel wird als „Neuromast-
Worzel^ bezeichnet Medial von der ersten Säule
liegen die absteigenden Wurzeln 7, 9, 10 (Fasci-
colas communis). Am caudalen Ende der Oblon-
gata bilden sie eine Kreuzung (Commissura infima
Halleri), die zu einem gemeinsamen Kerne in
Beziehung steht Die Zellen dieser splanchnischen
Säule, die caudalwärts in die C 1 a r k e 'sehen Säulen
übergehen sollen, sind wesentlich centrale, die ihre
Neuriten in andere Himtheile senden. Doch be-
dürfen die sekundären Verbindungen noch dringend
▼eiterer Untersuchungen. Vom Lobus vagi, der
zu dieser Säule gehört, ^eiss man, dass Bahnen in
den lateralen Theilen der Oblongata frontal- und
caudalwärts ziehen. Das frontale Stück tritt zum
sekundären Yaguskern in Beziehung. Aus diesem
sekundären Kerne treten Fasern als Commissur
durch das Cerebellum und andere nach der ven-
tralen Mittellinie. [Der Bef. vermuthet, dass der
^kundäre Taguskem^^ mit dem wiederholt von
ihm beschriebenen Ganglion isthmi identisch sei.]
Die 3. Säule enthält die motorischen Kerne für die
Tisoerale Muskulatur, also 5, 7, 9, 10, und als
4. Säule werden die Kerne 3,4,6 zusammen-
Falcone's (574) Studien beschäftigen sich
mit Vergleichen der zeitlichen Rückenmarksent-
vickelung bei Menschen und niederen Yertebraten,
besonders mit Bezug auf die übrige Organentwicke-
lung. Es kommen hier beträchtliche DifiFerenzen
I zwischen den Arten vor. Die dorsale Schlussplatte
z. B. differenzirt sich bei den niederen Yertebraten
i ^ früher, als bei den Säugern. Für das meiste
muss hier auf das Original verwiesen werden, das
viele Einzelangaben bringt. In die Schlussplatte
sollen sehr früh schon Hesodermelementegerathen,
die sich dann an der Entwickelung der Ausbuch-
tungen des Centralkanales und der Anomalien, die
dort vorkommen kOnnen, betheiligen. Alle Modali-
täten der Rückenmarksentwickelung hängen ab
vom Epithel des Neuralkanales, alle Heterotopien,
Verdoppelungen und andere Centralkanal- Anoma-
lien von der Lagerung und Ausbildung der dorsalen
Schlussleiste. Den Entwickelungsbedingungen des
primitiven Epithels ist die Art der Vertheilung der
verschiedenen Strukturelemente des Rückenmarkes
subordinirt
Die Rückenmarksentwickelung vonSalmo salar
schildert Harris on (182) im VSTesentlichen in
üebereinstimmung mit H i s u. A. Abspaltung der
Spinalganglienanlage von der Schlussplatte u. s. w.
Nach Entwickelung der motorischen Nerven aus
ventralen Neuroblasten wandern Zellen aus dem
Rückenmarke an den Nerven entlang heraus (wahr-
scheinlich sympathisch-motorische Elemente). Die
Hinterzellen oder Rohon 'sehen Riesenzellen im
dorsalen Theile des MeduUarstranges, nahe der
Flügelkante, d. h. unmittelbar neben dem Oanglien-
strang, meist bipolar, selten unipolar, bilden «die
Anlage des Hinterstranges und die ersten Nerven-
fasern im Embryonalmarke. Die bipolaren Zellen
wandeln sich später in unipolare Zellen mit T-Fort-
satz um und bilden sich später nach Schwund des
Dottersackes zurück. Ein Theil der Hinterzellen
bildet nur Strangfasern, ein anderer daneben auch
peripherische sensible Fasern. Die Hinterzellen
sind identisch mit bipolaren mittelgrossen Zellen
des Amphioxus, aber nicht mit dessen „colossalen
Zellen", identisch auch mit Hinterzellen von Petro-
myzon u. s. w., besitzen eine unzweifelhafte Ana-
logie mit Spinalganglienzellen, sind ontogenetisch
älter als diese und kennen als Spinalganglienzellen
angesehen werden, die nicht aus dem Rücken-
marke ausgewandert sind. (Sohloss folgt)
150
L ICedioiiÜBdie Physik, Chemie und Botanik.
B. Auszüge.
I. Medicinische Physik, Chemie und Botanik.
147. CalorimetrisoheWlohanteranohaiigeii ;
von Arthur Schlossmann. (Ztschr.f.physiol.
Chemie XXXVH. 4. p. 337. 1903.)
Durch calorimetrische Untersuchungen verschie-
dener Proben von Frauenmilch und Analyse der
einzelnen Bestandtheile erhielt Schi. Zahlen, mit
deren Hülfe man aus einer Analyse der Frauen-
milch deren Brennwerth berechnen kann. Man
hat die für Fett im Liter gefundene Zahl mit 9.392,
die für Milchzucker mit 3.862 und die für Stick-
stoff mit 41.67 zu multipliciren, um den Calorien-
gehalt zu ersehen. V. Lehmann (Berlin).
148. Ueber die Bedeutung calorimetrisoher
Unteranohangen f&r klinische Zwecke; von
Prof. Schlossmann. (Berl. klin. Wchnschr. XL.
12. 1903.)
Die calorimetrische Untersuchung des Eothes
giebt einen besseren Aufschluss über die Leistung
des Verdauungsapparates als die chemischen Unter-
suchungen. Auch die calorimetrische Untersuchung
des Harns ist von Wichtigkeit, namentlich beim
Diabetes, um ausser dem Zucker die übrigen EOrper,
wie Aceton, Diacetessigsaure, Butters&ure u. s. w.,
festzusteUen. Es wird dann nicht mehr der Zucker-
gehalt des Urins für die Beurtheilung des Falles
maassgebend sein, sondern man wird den Diabetes
nach Galerien berechnen. Aehnlich ist esmitOicht
und Nephritis. Auch hier wird die calorimetrische
Untersuchung Aufklärung über die Stoffwechsel-
verhältnisse, sowie über die Zweckmässigkeit der
befolgten Diät geben.
Die Technik der Untersuchungen ist durch die
Hempel'sche Bombe sehr vereinfacht und be-
deutend verbilligt. S o b o 1 1 a (Heilanstalt Sorge).
149. 1) üeber den Nachweis nnd die Be-
stimmung des Indols in den Faeoes mittels
der Ehrlioh'sohen Dimethylamidobenzaldehyd-
reaktion ; von Prof. AdolfSchmidt (Münchn.
med. Wchnschr. L. 17. 1903.)
2) Bestimmungen derFanlniasprodnkte im
Urin and in den Faeoea mit Benntsang der
Ehrlioh'sohen Aldehydreaktion; von Dr. R
Baumstark. (Ebenda.)
1) Das neue Ehrlich 'sehe Reagens giebt mit
Indol Rothfarbung. Es giebt allerdings mit Scatol
eine blaue Färbung ; da aber die Menge des Scatols
in den Faeces ziemlich gering ist, so stört es nicht
sehr, dass die beiden Körper im Faecesauszug nicht
von einander zu trennen sind. Die Probe auf
Indol wird am besten so angestellt, dass man zu
10 com (alkoholischen) Faecesauszuges Iccm der
Reagenslüsung (1 : 20 Alkohol) und dann tropfen-
weise concentrirte Salzsäure bis zum Eintritt der
Rothfärbung (höchstens Iccm) hinzusetzt Die
Mischung muss ca. 10 Minuten geschüttelt werden.
Die quantitative Bestimmung^ wird nach B. so ange-
stellt, dass man ca. 10 g des frischen Eothes mit 40 com
absolaten Alkohols verreibt, filtrirt und in lOocm des
Filtrates die Reaktion in der angegebenen Weise anstellt
Iccm wird dann vor dem Spekü'oskope mit soviel Alkohol
verdünnt, dass der typische Absorptionstreifen eben noch
sichtbar ist Ist y die Menge des zur Verdünnung ge-
brauchten Alkohols, so ist die Indolmenge in den lOocm
des Fitrates (x) — (y + 1) X 0.000015.
Als täglicher Durchschnittswerth bei Gesunden
ergab sich 17 mg. Das Yerhältniss von Ham-
indican, Aetherschwefelsäiiren im Harn und Indol
in den Faeces zu einander erwies sich als durch-
aus unregelmässig, so dass von einem dieser Fak-
toren nicht Schlüsse auf den Oesammtumfang der
Fäulniss gezogen werden können.
2) Baumstark hat dann verschiedene Kranke,
bei denen das Verhalten der Eiweissfäulniss von
Interesse sein konnte, auflndican, Aethersohwefel-
säuren und Indol untersucht Allgemeine Schlüsse
lassen sich daraus noch nicht ableiten.
V. Lehmann (Berlin).
150. 'üeber einige Bestandtheile der Hefe;
von 0. Hinsberg und E. Roos. (Ztschr. f. phy-
siol. Chemie XXXVIIL 1 u. 2. p. 1. 1903.)
Untergährige Bierhefe wurde abgepresst, der
Pressrückstand mehrfach mit Alkohol erhitzt Der
Rückstand der eingedampften Filtrate und Wasch-
alkohole wurde stark alkalisch gemacht und zwei-
mal mit Aether ausgeschüttelt Bei der Unter-
suchung dieses ätherischen Auszuges fanden sich
mindestens zwei Hefecholesterine, eins von der
Formel CjeHnO, ein farbloses ätherisches Oel mit
Hyacinthengeruch. Femer fand man eine Reihe
von Fettsäuren, von denen bisher die Säuren mit
den Formeln CisHgoO,, Ci|H,,Oa, GigHiiO, fest-
gestellt wurden. Ganz neu ist die Auffindung des
ätherischen Oeles. V. Lehmann (Berlin).
151. Weitere Unteraaohangen über das
Cytoain; von A. Kossei u. H. Steudel. (Ztschr.
f. physiol. Chemie XXXVm. 1 u. 2. p. 49. 1903.)
Nachdem K. u. St die weite Verbreitung des
Cytosins, das sich aus den Nucleinsubstanzen bil-
det, nachgewiesen hatten, versuchten sie den Nach-
weis in der Hefezelle. Es lag die Vermuthung
nahe, dass das Cytosin, ebenso wie das Thymin
und das Uracil, in allen entwickelungsfähigen
Zellen zu finden sei. In der Hefezelle ist dieser
Nachweis gelungen, d. h. das Cytosin bildet sich
auch aus den Nucleinstoffen der Hefe.
L MedioiniBche Physik, Chame und Botanik.
151
Da das Cytosin sich durch dieselbe Reaktion
(EÜBwirkung salpetriger Sfture) in Uracil über-
führen Hess, wie Ouanin in Zanthin, Adenin in
Hypoxanthin, so ergiebt sich daraus die Constitu-
tion des Cytosins als die einer Pyrimidinverbin-
dirng, die an dem Kohlenstoifatome 2 oder 6 eine
Amidogruppe trfigt Bei der Oxydation liefert das
CjtoBin Biuret. Es eigiebt sich femer eine nahe
Beziehung zu den PurinkOrpem, speoiell derHarn-
sänre, als deren Vorstufe das Cytosin wohl zu be-
trachten ist Y. L e h m a n n (Berlin).
152. üeber ensymatiaohe Zeraetaung der
Hadeinaftiire ; von T. A r a k L (Ztscbr. f. physioL
Chemie XXXVIIL 1 u. 2. p. 84. 1903.)
unter verschiedenen physiologischen und patho-
logiachen Bedingungen findet eine Auflösung der
Substanz des Zellenkemes statt, die enzymatisoher
Natur sein muss. Bei der Selbstgfthrung der Hefe
ist dieser Vorgang lange bekannt Auch die neueren
Yersache von Kutscher an Thymuseztrakt, so-
wie andere Versuche über Autodigestion thierischer
Organe weisen auf die Existenz eines nucleinsfture-
IQeenden Fermentes hin.
A. konnte zeigen, dass das Trypsin, sowie
Thymuseztrakt und digerirte Darmschleimhaut die
LOsong der Kemsubstanz der rothen Vogelblut-
iörperchen und der Thymusnudeinsfture bewirken.
Im letzteren Falle wird diegelatinirende a-Nuclein-
sfture in die lösliche b-Nucleinsäure übergeführt.
Bei längerer Einwirkung der Extrakte wird die
b-Nocleinsftare weitergespalten.
V. Lehmann (Berlin).
einiger
2. Mit-
153. Dantellimg und Analyse
Vaoleinaäiiren : von P. A. Levene.
tfaeUnng. (Ztsohr. f. physiol. Chemie XXXVIL
6 TL 6. p. 402. 1903.)
Bd der hydrolytischen Spaltung der Nuclein-
äoien aus Milz und aus Pankreas erhielt L. keine
IlTiilins&ure, aber die Furfurokeaktion. Ferner
wurden Guanin und Adenin, Thymin und Cytosin
gefanden. V. Lehmann (Berlin).
154 Ueber das Nuoieoproteid der Leber;
^J. Wohlgemuth. 1. Mittheilung. (Ztschr.
f. phygioL Chemie. XXXVIL 5 u. 6. p. 475.1903.)
W. gewann das Nuoieoproteid der Leber, indem
er feinen Brei von möglichst frischer Rinderleber
nut Wasser auskochte, flltrirte und nach dem Ab-
blhlen mit verdünnter Essigsäure versetzte. Dies
vnrde mehrmals wiederholt, die vereinigten Nieder-
Khläge wurden mehrfach mit Alkohol, dann mit
Aetfaer behandelt. Gereinigt wurde die Substanz
dorch Losen in Natriumcarbonat in der Kälte und
AngfiOlen des Filtrates mit Essigsäure.
Die in diesem Nudeoproteid enthaltene Pen-
tose wurde als l-Xylose, die sich auch im Pankreas-
proteid findet, festgestellt Da nun Leber und
Pankreas den ailergrOsstenTheilderOrganpentosen
I die im Harne bei Pentosurie vorkommende
Pentose aber r-Arabinose ist, so wird wohl bei der
Pentosurie der Zucker synthetisch im Körper ge-
bildet werden. V. Lehmann (Berlin).
156. Vorläufige MittheUung fiber dM dla-
■tatisohe Ferment der Nebennieren; von Dr.
Alfr. C. Croftan. (Arch. f. d. ges. PhysioL XC.
6 u. 6. p. 285. 1902.)
Für den Befund, dass wässeriges Nebennieren-
extrakt sterile Stärkel5sung zu Glukose, bez. Mal-
tose saccharificirt, verlangt C r. 2 Fermente, eine
Olukose und eine Maltose. W. Straub (Leipzig).
156. üeber die Veraeifbarkeit einiger SAure-
imide (Diamide) und Aminsäuren dnroh Fer-
mente; von Dr. M Gonnermann. (Arch. f. d.
ges. Physiol. XCV. 5 u. 6. p. 278. 1903.)
G. ergänzt seine bereits mitgetheilten Versuche
über die Spaltbarkeit der Säure- Amide und-Anilide
durch Fermente. Als spaltende Agentien dienten
Pepsin, Trypsin, Ptyalin, die Histozyme der Leber
und Niere und die pflanzlichen Fermente Livertin,
Maltin und Emulsin. Auf ihre Verseifbarkeit wur-
den geprQft Oxaminsäure, Succinimid, Succinamin-
säure, Dibenzamid, Disalicylamid und Phtalimid.
Das Ergebniss dieser und seiner früheren Unter-
suchungen wird durch eine Tabelle veranschaulicht,
auf die hier verwiesen werden muss. Durchgängig
wirkungslos auf alle die genannten Stoffe waren
nur die Enzyme Ptyalin, Invertin und Maltin, wäh-
rend die übrigen Enzyme, ohne dass sich zur Zeit
ein Wirkungsbezirk abgrenzen lässt, auf die einen
Stoffe wirksam, auf andere wirkungslos sind.
Garten (Leipzig).
157. Fermentreaktion nnd WärmetÖnong ;
von R. 0. Herzog. (Ztsohr. f. physiol. Chemie
XXXVn. 5 u. 6. p. 383. 1903.)
Auf Grund der Wärmetönung lassen sich die
Fermentreaktionen in 3 Gruppen eintheilen : 1) in
solche mit sehr geringer Wärmetönung (Spaltung
von Polyglykosen , Glykosiden, Fetten, Eiweiss-
körpem); 2) in solche mit deutlich positiver Wärme-
tOnung (Gährungen und Oxydationen) ; 3) in solche
mit negativer Wfirmetönung. Hierher würden die
Reduktionen gehören. Man darf wohl annehmen,
dass auch ein Theil der im Körper stattfindenden
Reduktionen katalytischer Natur ist
V. Lehmann (Berlin).
158. Ueber die FepainbestimmQBg nach
Mette und die Hothwendigkeit ihrer Modifi-
kation Ar kliniaohe Zwecke; von Dr. Niren-
stein u. Dr. Schiff. (BerL klin. Wchnschr. XL.
12. 1903.)
Die Mette'sche Methode der Pepsinbestim-
mung hat sich zwar bei reinen Pepsinlösungen be-
währt, versagt aber bei der Untersuchung mensch-
licher Magensäfte, weil diese Substanzen enthalten,
die die Verdauung behindern. Der Gehalt der
Magensäfte an solchen Substanzen ist ein wechseln-
152
n. Anatomie und Physiologie.
der. Es ist daher nOthig, diese Substanzen vorher
zu eliminiren, ehe man die Hette'sche Unter-
suchung vornimmt N. und Seh. femden, dass
man diese Eliminirungam besten durch eine 16fache
Terdünnung des Magensaftes erreicht, wodurch die
behindernden Substanzen vollständig ausgeglichen
werden. N. und S o h. erklären, dass erst durch diese
von ihnen gefundene Modifikation das Mette'sche
Verfahren klinisch brauchbar geworden seL
Sobotta (Heilanstalt Sorge).
169. Sind im Labinolekül mehrere fünktio-
nirende Qruppeii anaonelmieiiP von Dr. S.
Eorschun. (Ztschr. f. physiol. Chemie XXXVIl.
4. p. 366. 1903.)
Die Verwandtschaft der Enzyme mit den
Toxinen ist durch dielmmunisirung mit Enzymen,
die Erzeugung von Antienzymen festgestellt wor-
den. Es liegt nun die Annahme nahe, dass das
Enzymmolekül ebenso wie das Toxinmolekül ge-
baut ist: wie letzteres eine toxophore und eine
haptophoreOruppe, müsste erstereseinezymophore
neben der haptophoren Qruppe besitzen. Um diese
Annahme beim Lab zu begründen, müsste man
Labmodifikationen nachweisen, die wohl das Anti-
lab verankern, aber selbst keine Labwirkung aus-
üben. E. fand nun, dass von der Lösung des
Witte'schen Labpulvers, wenn sie durch Berke-
feldkerzen filtrirt wird, zur Labwirkung grossere
Mengen erforderlich sind, als von der nicht filtrirten
Lösung, und dass diejenige Labmenge, die gerade
zur Neutralisirung einer bestimmten Antilabmenge
nOthig war, in der filtrirten Lösung viel grOeaer
war, als in der nicht filtrirten. Man muss daher
nach E. annehmen, dass die intakten Labmoleküle
in viel höherem Maasse durch das Filter zurück-
gehalten werden, als das modificirte Lab.
Es ist nach den Versuchen im Lab eine hapto-
phore und eine zymophore Oruppe anzunehmen.
V. Lehmann (Berlin).
160. ünteraoohungen über den mensoh-
liehen Sohweisa; von L. B r i e g e r u. G. Diessel-
horst (Deutsche med. Wchnschr. XXIX. 10.
1903.)
Der OeMerpunkt und ebenso das specifische Ge-
wicht des Schweisses sind hauptsächlich vom Eoch-
salzgehalte abhängig. Die individuelle Verschieden-
heit des osmotischen Druckes des Schweisses ist
hauptsächlich durch seinen wechselnden Gehalt
an Eochsalz bedingt. Die letzten Portionen einer
Schweissabsonderung zeigen stets einen grösseren
Eochsalzgehalt als die ersten Partien.
Bei der Untersuchung Eranker fand sich eine
Abnahme des Eochsalzgehaltes bei Rheumatikern,
eine Zunahme dagegen bei Nephritikern und Neur-
asthenikem.
Die durchschnittliche Gefrierpunkterniedrigung
des Schweisses kommt der des Blutes nahezu gleich.
Sobotta (Heilanstalt Sorge).
II. Anatomie und Physiologie.
161. Ueber dae Gewicht dea Qehima und
einselner Himtheile beim Säugling und älteren
Kinde ; von Prof. H. P f i s t e r, (Neurol. Centr.-
Bl. XXII. 12. 1903.)
Aus den Wägungen der Gehirne von etwa
300 Kindern zieht der Vf. hauptsächlich folgende
Schlüsse.
Das Gehirngewicht ist auf allen Alterstufen bei
den Knaben grösser als bei den Mädchen.
Das erste Drittel des Wachsthumes wird mit
dem Ende des 8. Monates erreicht, das zweite in
der ersten Hälfte des 3. Jahres, das dritte sehr
langsam (nach Marchand im 20., bez. 18. Jahre).
In einzelnen Fällen hat Pf. bei Knaben vom 5. Jahre
an 1350 — 1400g und mehr gefunden, bei Mädchen
vom 7. Jahre an 1300 g und mehr.
Auf allen Alterstufen kommen grosse indivi-
duelle unterschiede vor, die weder durch Gheschlecht,
noch Grösse zu erklären sind: bei in der 2. und der
3. Woche unterschiede über 160 g, vom 3. Monate
an 200— 300 g und mehr.
Das Gewicht des Kleinhirns ist immer bei
Knaben grösser als bei Mädchen. Im Laufe der
Entwickelung nimmt es bei Knaben noch stärker
zu als bei Mädchen. Auch hier kommen indivi-
duelle Schwankungen vor. Beim Neugeborenen
wiegt das Kleinhirn etwa 20 g, beim Erwachsenen
135 (9) und 150 (5). Das erste Drittel des Wachs-
thumes wird mit dem 6. Monate erreicht, das zweite
vor Ende des 2. Jahres, das dritte sehr langsam.
Zwar wog manchmal das Kleinhirn bei 12 bis
14 Jahren schon so viel wie bei Erwachsenen, in
der Begel aber nicht Im Laufe des Lebens ver-
siebenfacht das Kleinhirn sein Gewicht, während
das G^esammthirn nur um etwa das Vierfache zu-
nimmt.
In 54.5<^/o der Fälle (220) war die linke Hemi-
sphäre des Grosshirns schwerer als die rechte (nur
um 5 — 15g). Möbius.
162. Seoherohea anr la fonoüon delliypo-
phyae du oerreaa ohes lea grenouillea; par
G. Gaglio. (Arch. ital. de Biol. XXXVIIL 2.
p. 117. 1902.)
G. hat Fröschen (und auch Schildkröten) die
Hypophyse exstirpirt, und konnte dabei den von
Gyon behaupteten Einfluss auf das Vagusoentrum
nicht feststellen. Er hält die Hypophyse fQr nicht
imbedingt zum Leben nothwendig. Schildkröten
konnte er nach der Totalexstirpation dauernd
am Leben erhalten.
G. F. Nicolai (Halle a. d. S.).
n. Anatomie und Fhyaiologie.
153
I 163. Experienoes Bur ranesthesiedalaby-
rinthe de Toreille ohes lea ohiena de mer
(Soylliiim oatalua) ; par G. 0 a g 1 i o. ( Arch. ital.
de Biol. XXXVin. 3. p. 383. 1902.)
Nachdem G. früher gezeigt hat, dass man die
Labyrinthfunktion bei Tauben durch lokale Cocain-
behandlung auszuschalten vermag, setzte er seine
Untersuchung auch auf Haifische fort, bei denen
das Labyrinth besonders leicht zugänglich ist, und
bei denen natürlich Störungen der Bewegungen
leichter zu beobachten sind als bei Tauben. Die
Wirkung einer akuten Cocainvergiftung des Laby-
rinthes ist eine Störung des Oleichgewichtes, die
sich besonders darin äussert, dass die Thiere beim
Schwimmen aus der Richtung gerathen und Man^ge-
bewQgungen gegen die normale Seite hin ausführen.
Gleichzeitig ist vorübergehend die Leistungsfähig-
keit der Muskulatur gestört, was 0. sehr sinnreich
dadurch zur Beobachtung brachte, dass er die Thiere
mit dem Schwänze an einer geaichten Federwage
zi^en liess. Die Leistungsfähigkeit sank dabei
bei Vergiftung des einen Labyrinthes auf die Hälfte,
bei Vergiftung beider auf ein Viertel des Normalen.
W. S t r a u b (Leipzig).
164. Zur Morphologie der menaohliohen
Insel; von M. Hell. (Arch. f. Anat. u. Physich
[anat Abth.] 5 u. 6. p. 330. 1902.)
Zar Morphologie und Pathologie der Insel
des meneohliohen Gehirnes ; von H. Z i n g e r 1 e.
(Ebenda p. 335. 1902.)
Zingerle berichtet über das Gehirn eines
Neugeborenen mit starkem Hydrooephalus, bei dem
die Inselregion im Wesentlichen nach dem Typus
der Anthropoiden gebaut ist Er sieht hierin eine
Hemmung, die, wenn sie stärker gewesen wäre,
sicher zu atypischer Formirung geführt hätte.
Hell berichtet über einen ähnlichen Fall bei
einem Erwachsenen.
G. F. Nicolai (Halle a. d. S.).
165. 1) Experimentelle Untersuchangen
über die Abhängigkeit der Fapillenreaktion
and Papillenweite von der Mednlla oblongata
et spinalis. 2) Besprechung und sohematisohe
Brläatemng der Papillenreflexbahn bei mono-
ond bilateraler Fapillenreaktion ; von L. Bach
und H. Meyer. (Arch. f. Ophthalmol. LV. 3. p. 414.
1903.)
B. u. M. berichten im L Theile über eine Reihe
^on Yersuchen an der Katze, die zu theil weise
ganz neuen Beobachtungen geführt haben. Die
mannigfachen Einzelheiten lassen sich nicht kurz
Kosammenfassen, eben so wenig wie der Inhalt des
II. Theiles. Die Versuche ergaben „das Vorhanden-
sein einer ganz circumscripten, nahe der Mittel-
linie und dem Athemcentrum am spinalen Ende
der Rautengrube gelegenen Zone, die für den Licht-
reflex der Pupille von grOsster Bedeutung ist Die
Versuchsergebnisse lassen sich durch die Annahme
Med. Jahrbb. Bd. 279. Hft 2.
eines regulirenden Einflusses dieser Stelle auf den
Lichtreflex der Pupille, am besten wohl durch
die Annahme eines daselbst gelegenen Reflexhem-
mungscentrum erklären. Cerebralwärts davon liegt
ein in Bezug auf den Lichtreflex der Pupille unter-
geordnetes Reflexcentrum, und zwar liegt dasselbe
nicht spinalwärts von den hinteren Vierhügeln."
Bergemann (Husum).
166. üntersachnngen über das Abklingen
der Erregung im Sehorgane nach karzdaaernder
Beiaang; von Prof. C. Hess. (Arch. f. d. ges.
PhysioL XCV. 1 u. 2. p. 1. 1903.)
Bei geeigneter Versuchsanordnung gelingt es
nach einem kurzdauernden Reize, wie H. schon
früher gezeigt hat, 6 Nachbildphasen (einschliess-
lich der primären Erregung) zu erhalten. Da die
Erscheinung von anderer Seite nicht sicher be-
obachtet werden konnte, beschreibt H. eine sehr
einfache Versuchsanordnung, die auch den un-
geübten in den Stand setzt, die Beobachtung mit
Erfolg anzustellen.
Entgegen den Angaben anderer Forscher ist
die Phase 3 auch in der Fovea zu beobachten. Nur
tritt sie hier spftter ein und läuft rascher ab. Dabei
ist schon innerhalb des stäbchenfreien Bezirkes von
dessen Mittelpunkt nach der Peripherie hin eine
continuirliche und deutlich nachweisbare Aende-
rung in der Reaktiongeschwindigkeit wahrnehmbar.
Auch nach langem Lichtabschlusse (D-Adaptation
des Auges) gelingt es, die Phase 3 zu beobachten ;
die gegentheiligen Angaben beruhen entweder auf
mangelhafter Beobachtung oder in krankhaften Ver-
änderungen.
Ferner zeigt H., dass von den 6 Nachbild-
phasen 2, 4 und 6 deutlich dunkler, 1, 3 und 5
deutlich heller als der Qrund erscheinen. Der
zeitliche Ablauf der Nachbilder wird, wie H. durch
eine Curve schematisch darstellt, bei jedem folgen-
den Nachbilde immer mehr in die Länge gezogen
und zugleich wird die Helligkeit, bez. Dunkelheit
immer geringer. Da für den nur Zapfen enthalten-
den Bezirk der Fovea wie für die Peripherie der
Netzhaut der Typus des Abklingens einer Erregung
der gleiche ist, so wird eine Erklärung der Nach-
bilderscheinungen aus der alten wie auch aus der
modificirten Dreifasertheorie unmöglich.
Garten (Leipzig).
167. Caae of a man blind firom oongenital
oataraot who acquired sight alter an Operation
when he was 80 years of age; by A. Mait-
land Bamsay. (Lancet May 16. 1903.)
R.'s Mittheilung ist ein werthvoller Beitrag zu
den Beobachtungen über das Sehenlernen Blind-
geborener.
Der sehr intelligente Kr. war von Jagend auf bis zu
seinem 30. Leben^ahre staarblind. Er hatte sich bis
dahin in Gärtner- und landwirthschaftliohen Arbeiten
nützlich gemacht, indem er seinem mangelnden Gesicht-
sinne mit seinen anderen Sinnen, vor Allem mit einem
sehr fein aosgobildeten Gehör, zu Hülfe kam. Nach
20
154
n. Anatomie und Physiologie.
erfolgreicher Operation war es ihm anfangs nicht möglich,
sofort zu begreifen, was er sah, z. B. das Oesicht des
Arztes. Es kam ihm erst richtig zum Bewnsstsein da-
durch, dass er sich sagte, die Stimme des Sprechenden
kommt aus dem Monde; er fixirte also die Stelle, woher
die Stimme kam und bekam so allmählich eine Vor-
stellung von dem Aussehen des Mundes, des Gesichtes
u. s. w. Anfangs sah er Alles zu gross ; so machte es
ihm z. B. nach der Operation Schwierigkeiten, Treppen
zu steigen, weil er die Stufenhöhe überschätzte und dann
meist so hoch trat, dass er gleich 2 Stufen nahm. Indem
er aber die gesehenen Dinge sich sehr senau einprägte
und alles Neue von allen Seiten her gründlich betrachtete
und indem er die gemachten Erfahrungen von früheren
Gesichtseindrücken zum Vergleiche heranzog, lernte er
ziemlich schnell auch vorher nicht Gesehenes richtig zu
deuten. Seine Intelligenz und Combinationgabe ermög-
lichten es ihm, schon nach wenigen Tagen die Zeit auf
dem Zi£Ferblatte der Uhr zu bestimmen, ohne dass er die
Schriftzeichen der Zahlen kannte; er hatte nur erfahren,
wie der Reihe nach die Zahlen die Stunden bedeuten und
dass der Raum zwischen 2 Zahlen 5 Minuten ausmache.
Bei der Erlernung der Farbenunterschiede verwerthete
er seine Erfahruneen, die er in seiner Beschäftigung mit
Blumen gemacht hatte. Er wusste z. B., welche Theile
einer Narcisse gelb oder weiss waren und bestimmte sie
sofort richtig, als ihm eine Narcisse vorgelegt wurde.
Am längsten hatte er daran zu üben, die grüne Farbe zu
erkennen. Auffallend war ihm eine grosse Unsicherheit
beim Herumgehen im Erankensaale mit geschlossenen
Augen, während er vor der Operation viel sicherer, ohne
anzustossen, sich hatte frei bewegen können.
Berge mann (Husum).
168. üeber die Beiiehangen iwisohen
KörpergröBse und StoflVerbraaoh der Honda
bei Buhe ond Arbeit; von Dr. B. Slomtzoff.
(Arch. f. d. ges. Physiol. XCV. p. 158. 1903.)
Die Horizontalbewegung des eigenen Körpers
erfordert für gleiche bewegte Masse und gleichen
Weg um 80 mehr Arbeit, je kleiner das Thier ist
Bei Buhe ist die Abhängigkeit des Stoffwechsels
von der Oberflfiche des Thieres festgestellt, ob-
gleich, wie es scheint, die KOrperoberfläohe nicht
allein bestimmend für die Grösse des Stoffwechsels
ist Der Arbeitaufwand für Horizontalbewegung
ist der Eörperfläche nur annähernd proportional ;
es bleiben aber noch andere noch nicht aufgeklärte
Momente, die individuelle Schwankungen dieser
Regel verursachen. Der Arbeitaufwand für Steig-
arbeit ist bei verschiedenen Thieren nicht unerheb-
lich verschieden. Eine gesetzmässige Beziehung
dieser unterschiede zur Eörpergrösse hat sich nicht
ergeben. W. S t r a u b (Leipzig).
169. Einflass der GeBChwindigkeit, der
Körpertemperatur und der Uebang auf den
StofiWeohaelyerbraaoh bei Bohe und bei
Muskelarbeit ; von N. Z u n t z. (Arch. f. d. ges.
PhysioL XCV. p. 192. 1903.)
Die Geschwindigkeit beeinflusst im Gegensatze
zu Mensch und Pferd bei Hunden nicht sichtlich
die Grösse des Stoffverbrauches für die Wege-
einheit Bei erhöhter Körpertemperatur ist der
Stoffverbrauch des ruhenden Körpers und der für
die Athemarbeit erhöht ; die Muskeln leisten aber
eine bestimmte Arbeit mit demselben Stoffaufwande
wie bei normaler Temperatur. Die Grösse des
Verbrauches für die einzelnen Leistungen der Mus-
kulatur wird durch üebung sehr erheblich herab-
gesetzt Die üebung für eine bestimmte Arbeit
bedingt aber keine Erspamiss bei anderen, nicht
speciell geübten Arbeiten. Mit der grösseren üebung
der Muskulatur geht eine Steigerung des Stoff-
wechsels einher, ebenso wie bei überschüssiger
Eiweissemährung. W. S t r a u b (Leipzig).
170. Forther observations on the aeqaenoe
of changes prodnced in the nrine as a reaalt
of exeroise; by G. C. Garratt (Joum. of Phy-
siol. XXIX. 1. p. 9. Febr. 23. 1903.)
Aus den Untersuchungen des Urins, der wäh-
rend der Muskelarbeit (Badfahren) und nachher in
kurzen Zwischenzeiten gesammelt wurde, ergaben
sich folgende Schlüsse: Die Anstrengung scheint
eine schnelle Ausscheidung der Schwefelsäure (als
Kalium- und Ammoniumsalz) zu bedingen, die
Maximalausscheidung fällt einige Stunden früher
als die des Gesammtstickstoffes. Die Phosphor-
säure wird in grösserer Menge (an alkalische Erden
und Ammoniak gebunden) ausgeschieden, zugleich
damit steigt die Ausscheidung des Harnstoffes und
die Gesammtacidität Das normale Verhältniss
zwischen Chlor und Natrium scheint nicht ge-
ändert zu werden. V. Lehmann (Berlin).
171. üeber das Verhältniss der Hamaoa-
soheidnng in den aufgenommenen. Flüssig-
keiten bei Ghesunden und Kranken; von Dr.
Franz Tripole in Abbazia. (Ztschr. f. diätet
u. physikal. Ther. VH. 1. 2. p. 24. 77. 1903.)
T r. studirte zunächst die Verhältnisse bei (Ge-
sunden durch genaue Beobachtungen an sich selbst
während 30 Monaten. Die Ergebnisse bestätigen
Bekanntes: I^oemtualiter nimmt die Harnmenge
zu, wenn wenig, ab, wenn Tiel getrunken wird.
Bei hoher Lufttemperatur ist der Harn spärlich,
bei niedriger reichlich, bei grossem Feuchtigkeit-
gehalte der Luft nimmt seine Menge zu, bei grosser
Trockenheit ab. „Trifft geringe Luftfeuchtigkeit
mit niederer Temperatur zusammen, so scheint
letzterer klimatischer Faktor im Sinne einer Ham-
vermehrung zu prävaliren, dagegen macht sich bei
mittelhohen Temperaturen und sehr hoher Luft-
feuchtigkeit der Harn vermehrende Einfluss letz-
terer entschieden geltend.^' Plötzlicher Ersatz aller
alkoholischen Getränke durch gewöhnliches kaltes
Wasser erzeugt eine mächtige Diurese. Natürliches
kohlensaures Wasser steigert die Hammenge sehr.
Traurige Stimmung setzt sie herab. Auch bei ziem-
lich gleichartigem Verhalten des Gesunden treten
beträchtliche Schwankungen in der Harnausschei-
dung auf. Dippe.
172. Untersuchungen zur Physiologie und
Pharmakologie der Nierenftinktion ; von Dr.
OttoLoewi. (Arch. f. experim. Pathol. u. Phar-
makoL XLVIIL p. 410. 1902.)
IL Anatomie und Physiologie.
155
L. vermittelt in seiner Arbeit zwischen der
Filtration- und der Sekretion theorie der Harnbildung.
Er bemüht sich, besonders den Einwand der An-
hänger der Sekretiontheorie, „dass die Filtration-
theorie unerklärt lassen soll, wodurch mit dem
Wassergehalt des Harns und mit seinem Oehalt
an hamffthigen Substanzen die Sekretiongeschwin-
digkeit des Harns wfichst", zu widerlegen.
L.'s Voraussetzung ist die anderweitig fest-
gestellte Thatsaohe, dass ein Theil der im Harn
vorkommenden Substanzen im Blut nicht in echter
Lösung, sondern gebunden an colloidale Stoffe
kreist; diese Absorptionfähigkeit der Colloide ent-
zieht natürlich bis zum Sättigungsgrade des absor-
birenden Golloids die entsprechenden Substanzen
der Filtration.
Versuche an Kaninchen, Katzen und Hunden
mit Blasenkanüle, denen zur Unterhaltung der
Diurese verschiedene Diuretica gegeben wurden.
Zunächst ergab sich, dass mit zunehmender Flüssig-
keitproduktion auch der Oehalt des Harns an Chlo-
riden und Trockensubstanz stieg. Principiell anders
verhalten sich die Phosphate, deren Ausscheidung
durch künstlich gesteigerte Diurese nicht beein-
floflst wird. L. erklärt dies damit, dass die Phos-
phate in der Norm in einer derartigen oben er-
wähnten colloidalen Bindung im Blut kreisen ; den
direkten Beweis dafür liefert er dadurch, dass er
ein Intravenös zugeführtes Blut an Phosphat unter
den gleichen Bedingungen prompt im Harn wieder
fand. Harnstoff verhält sich wie Kochsalz, wird
also vermuthlich von den Blutcolloiden nicht ge-
bunden. Die Erscheinung des normalen Zucker-
gehaltes des Blutes und der bei künstlicher Hyper-
gljkämie auftretenden Glykosurie ist gleichfalls
auf eine bis zu etwa l^j^ gehende Bindefähigkeit
derBlutcolloide für Traubenzucker zurückzuführen.
Da bei bestehendem Pankreasdiabetes ein Diu-
rettcum auch die Zuckerausfuhr steigert, ist der
Pankreasdiabetes als durch gesteigerte Glykämie
verursacht anzusehen, es kreist also im pankreas-
diabetischen Zustande freier, nicht oolloidal gebun-
dener Zucker im Blut. Im Gegensatz dazu bewirkt
im phloridzindiabetischen Zustande die Steigerung
der Diurese keine Zunahme des Harnzuckers, es ist
also hier kein freigelOster Zucker vorhanden. Zur
Erklärung der Erscheinung der Olykosurie dürfte
anzunehmen sein, divss die Nieren durch die Phlo-
ridzinvergiftong die Fähigkeit erlangen, den Blut-
zucker aus seiner coUoidalen Bindung zu spalten.
Es zeigt sich also, dass bezüglich der frei-
gelösten Hambestandtheile des Blutes in den Nie-
r^ eine wirkliche Filtration besteht, während
andere Bestandtheile durch Sekretion abgeschieden
werden. Diese Sekretion verläuft der in echten
Drüsen stattfindenden nicht analog.
Bezüglich der Wirkung der Diuretica ergab
sich, dass keines der geprüften eine eigentliche
Steigerung der Drüsenthätigkeit der Niere hervor-
ruft. W. S t r a u b (Leipzig).
173. Die Magensaftsekretion des Neu-
geborenen; von Otto Gohnheim und Franz
S 0 e t b e e r. (Ztschr. f. physiol. Chemie XXX VII.
5 u. 6. p. 467. 1903.)
Das erwachsene Thier secemirt Hagensaft,
wenn es eine wohlschmeckende Speise sieht, riecht
oder schmeckt, gleichgültig, ob die Speise wirklich
in den Magen gelangt oder nicht. Ist dieser Vor-
gang schon beim Säugling vorhanden? Wenn ja,
durch welches Sinnesorgan wird er ausgelöst?
Secemirt endlich der Neugeborene überhaupt schon
Magensaft? Und wie ist dieser zusammengesetzt?
Diese Fragen versuchten G. und S. an jungen
Hündchen zu entscheiden.
Schon ein ItägigesThierchensecernirte Magen-
saft beim Saugen an den Zitzen der Mutter, und
dieser Magensaft enthielt schon freie Salzsäure.
Ein 4tägiges secernirte schon Magensaft beim
Saugen an einer trächtigen Hündin ohne Milch.
Neugeborene Thiere sondern also auch schon „psy-
chischen Magensaft^' ab ; die Erregung der Sekre-
tion des Magensaftes von den Receptionorganen
des Kopfes aus ist also ein angeborener Beflex.
Wodurch der Reflex ausgelöst wird, durch den
Oeruch oder die SaugbewQgung, bleibt unent-
schieden. Y. Lehmann (Berlin).
174. Beitrag sor Morphologie und Hikro-
physiologie der Brnnner'sehen Drüsen; von
A. A. Bogomoletz. (Arch. f. mikroskop. Anat
LXL 4. p. 656. 1903.)
Auf Orund histologischer Untersuchungen von
Thieren, die vor der Tödtung in verschiedener
Weise gefüttert waren, scheinen die Brunner'schen
Drüsen (die nach dem Yf. alveolär sind) hauptsäch-
lich ein eiweissverdauendes Ferment, daneben auch
Schleim abzusondern.
0. F. Nicolai (Halle a. d. S.).
175. The meohanism of panoreatio secre-
tion; by W. M. Bayliss and E. H. Starling.
(Joum. of Physiol. XXYEI. 5. p. 325. Sept 12.
1902.)
Pawlow sah bekanntlich, dass nach Ein-
spritzung verdünnter Säure in das Duodenum eine
Pankreassekretion eintrat und bezog diesen Yor-
gang auf einen vom Duodenum ausgelösten Reflex.
Demgegenüber zeigen B. und S i, wie bereits in
einer vorläufigen Mittheilung (Physiol. Centr.-Bl.
1901), dass in einem Extrakt, das aus der Schleim-
haut des Duodenum und des Jejunum durch Zer-
reiben in 0.4proc. Salzsäure gewonnen wird, ein
Stoß „Sekretin*^ enthalten ist, der, in sehr geringen
Mengen in die Blutbahn gebracht, eine kräftige
Pankreassekretion auslöst. Das Pawlow 'sehe
Experiment erklärt sich also nach B. und St da-
durch, dass die schwache, in den Dünndarm ge-
spritzte Säure aus einem im Darmepithel ent-
haltenen StofF, „Prosekretin^', Sekretin frei macht.
Dieses tritt in die Blutbahn über und steigert, in
das Pankreas gelangend, die Drüsenthätigkeit
156
n. Anatomie und Physiologie.
Das Sekretin ist, wie eingehende Versuche
ergaben, sehr bestandig, verträgt sogar das Kochen
und ist in 90proc. Alkohol löslich. Nur durch
Oxydationmittel wird es rasch unwirksam gemacht.
Weiterhin bestätigen B. und S t. die beschriebene
Wirksamkeit des Sekretin bei verschiedenen Thier-
arten. Die Bildung des Sekretin aus dem „Pro-
sekretin*' der Schleimhaut i^ jedenfalls kein „vitaler"
Vorgang, da die Gewinnung des Sekretins auch
noch aus in Alkohol aufbewahrten oder getrockneten
Darmstficken möglich ist Bei der durch Sekretin-
injektion hervorgerufenen Pankreasthätigkeit wird
ein Sekret erhalten, das wohl auf gekochte Stärke
augenblicklich wirkt, Fette spaltet, aber geronnenes
Eiweiss nur äusserst langsam auflöst. Es enthält
eben noch kein Trypsin, sondern nur inaktives
Trypsinogen. Letzteres lässt sich aber sehr leicht
durch Zusatz einiger Tropfen von Darmsaft oder
von Eochsalzextrakt derDuodenalschleimhaut(wirk-
sames Princip: Pawlow's „Enterokinase'') in
ersteres umsetzen. Als Nebenwirkung des durch
Extraktion aus der Schleimhaut gewonnenen Sekre-
tins kommt eine Blutdrucksenkung in Betracht,
die sich aber bei sorgfältiger Darstellung des
Sekretins vermeiden lässt, also auf der Wirkung
eines anderen chemischen Stoffes des gewöhnlichen
Schleimhautextraktes beruht. Die Wirkung des
Sekretins beschränkt sich auf die Bauchspeichel-
drüse und die Leber. Garten (Leipzig).
176. Nnove rieerohe sni oorpaBooli di
Faoini; per G. Sala. (Bell, della Soc. med.-chir.
di Pavia Maggie 3. 1901.)
S. hat in den Pa c in i 'sehen Eörperchen des
Mesenterium und des Pankreas von Katzen ähn-
liche Bindegewebezellen gesehen, wie sie Dogiel
in den Herb st 'sehen Eörperchen gefunden hat.
Die rundlichen oder länglichen kernhaltigen und
mit Fortsätzen versehenen Zellenkörper sind sowohl
inmitten des Eörperchens, als auf der Oberfläche
der Eapseln gelegen. Die Fortsätze können sich
weiter verzweigen und mit denen anderer Zellen
anastomosiren. Die der innersten Kapsel auf-
liegenden Zellen bilden mit ihren Fortsätzen um
den Innenkolben herum eine Art „Zellenkorb".
Im Innenkolben selbst finden sich ziemlich grosse,
abgeplattete Zellen mit feinkörnigem Inhalt. An
der Nervenfaser hat S. folgende Eigenthümlichkeiten
beobachtet: Im Stiele des Pacini 'sehen Eörper-
chens ist die Schwann'sche Scheide oft mit Eernen
versehen. Mitunter dringt eine Nervenfaser, nach-
dem sie ein Eörperchen durchlaufen hat, in ein
zweites ein, hier alsbald eine knotenförmige Ver-
dickung bildend. Häufig giebt die Nervenfaser
zarte Seitenzweige ab, die entweder sehr bald knopf-
förmig endigen oder nach längerem unregelmässigen
Verlaufe in eine Art „Eapuze" auslaufen. Gar
nicht selten geht von der Terminalfaser eine feine
Fibrille ab, deren Verzweigungen sich plexusartig
um die Hauptfaser herumschlingen und schliesslich
in der Mitte oder im oberen Drittel des Innen-
kolbens mit knöpf- oder keulenförmigen Anschwel-
lungen endigen. Wie S. ausdrficklich hervorhebt,
sind diese Nervenendigungen nicht als sogenannte
ultraterminale Fasern im Sinne Ruffini's aufzu-
fassen. Janssen (Rom).
177. On the producta of the proteolytic
aotion of an ensyme oontained in the oella of
the spieen; by J. B. Leathes. (Journ. of Phy-
siol. XXVm. 5. p. 360. Sept. 12. 1902.)
Ein aus Ochsenmilz gewonnenes Enzym, das
viel kräftiger in saurer, als 4a alkalischer oder
neutraler Lösung wirksam ist, liefert, wie L. ge-
funden hat, dieselben Verdauungsprodukte des
Eiweisses, wie sie durch Trypsin in alkalischer
Lösung oder bei hydrolytischer Spaltung durch
Mineralsäuren erhalten werden. Aehnliche, wenn
nicht identische, Enzyme sind auch aus Zellen
zahlreicher anderer Organe dargestellt worden.
Ihre physiologische Wirksamkeit wäre nach L. zu
verstehen, wenn, wie Ehrlich annimmt, die
Reaktion des Kernes eine sauere wäre. In den
Zellen würden durch die genannten Enzyme die
zugefflhrten Stoffe im Allgemeinen die gleichen
Processe, aber in entgegengesetzter Reihenfolge
wie das Nährmaterial im Darm durchlaufen, ab-
gesehen vom Hungerzustand, wo dem Herzmuskel
und Nervensystem aus den Zellen der verschie-
denen Organe durch Autolyse des Eiweisses die-
selben Produkte zugefQhrt würden, wie bei der Er-
nährung vom Darmkanal aus. Qarten (Leipzig).
178. Beitrage sur Eenntnias der Derma-
tome der menBohliphen Bampfhaut; von Dr.
Otto Orosser und Dr. Alfred Fröhlich.
(Morphol. Jahrb. XXX. 3. p. 508. 1902.)
Or. und Fr. haben sich der Aufgabe unter-
zogen, die Projektion der sensiblen Hautgebiete in
das Rückenmark, die seit ihrer Anwendung auf
pathologische Vorgänge (Thorburn, Kocher,
Head) eine stets wachsende Beachtujig gefunden
hat, in ihrer Entwicklung zu studiren. Im Princip
stellen die Dermatome gürtelförmige Streifen um
Brust und Bauch dar. Sie zeigen, wie Eioh-
horst angegeben hat, 3 kranial wärts gerichtete
Erhebungen, an der Wirbelsäule, lateral vom An-
gulus scapulae und am Stemum ; diese Erhebungen
scheinen abhängig zu sein von der Vertheilung der
zur Haut aufstrebenden 3 Rami cutanei. Die bis-
herigen Erklärungen für das Zustandekommen der
einem Spinalsegment zugehörigen Hautzonen (z. B.
als Folge von Anastomosen, Wichmann) be-
friedigen nicht. Gr. und Fr. weisen nach, dass
die Zonen dadurch bedingt sind, „dass die Haiääste
jedes einzelnen Thorakalnerven ein Hautgebiet auf-
suchen, welches der entsprechenden, am Kranken-
bett beobachteten Zone entspricht, und sich in
diesem vertheilen^^ Die Eintrittspunkte des rech-
ten Cutaneus posterior, lateralis und anterior in
das subcutane Gewebe liegen bei den oberen Tho-
nL Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
157
rakalnerven in einer horizontalen Linie. Ersterer
yerläaft zunächst weit abwftrts, ehe er zur Haut
emportritt ; der rechte Cutaneus lateralis yerlasst
den Nervenstamm, ehe dieser seinen Verlauf längs
der Rippe abwärts beginnt, so dass dieser Haut-
zweig unabhängig bleibt vom intercostalen Verlauf
seines Stammes ; der rechte Cutaneus anterior geht
aus dem Stamm erst dort hervor, wo dieser zum
Stemum hin wieder emporsteigt Während der
Verbreitungsgürtel dieser 3 Aeste bei den oberen
Rumpfnerven horizontal liegt, bildet er bei den
unteren eine schräg zur Symphysengegend ab-
steigende, sich verbreiternde Zone. Abweichend
YOQ dieser fast geradlinigen Verlaufsweise treten
namentlich am Bamus posterior Variationen der
HautäBte hervor. Im oberen Theile des Rückens
tritt nur der mediale, im unteren nur der late-
rale Zweig zur Haut, in der Mitte aber (in viel-
fachen Schwankungen) beide. Diese nicht ganz
coDstanten Verhältnisse bedingen individuelle Ab-
weichungen in den dorsalen Partien der Derma-
tome. Durch das geschilderte Verhalten wird es
klar, inwiefern die Dermatome nicht mit dem in
anderer Weise gürtelförmigen Verlaufe von Skelet
und Muskulatur übereinstimmen. Welche Wachs-
thumsmomente diese Inoongruenz zwischen Skelet
und Nerven vertheilung bedingen, ergiebt die von
Gr. und Fr. studirte Entwickelungsgeschichte des
menschlichen Rumpfes. Die grOssten Verschie-
bungen finden im Bereiche der Rami posteriores
statt. Bei einem 14^2°^^ langen menschlichen
Embryo verlaufen die Spinalnerven unter rechtem
Winkel vom Rückenmark ab in den Rumpf hinein,
ihre Hautäste erreichen ohne Umwege ihr End-
organ. Während des weiteren Wachsthums (17 mm)
findet ein leichtes Zurückbleiben der Haut statt,
so dass der Ramus lateralis nach oben verzogen ist,
doch gleicht durch Nachrücken der Haut später
wieder dieses Verhältniss sich aus. Der Ramus
posterior wird auf seinem Wege zur Haut in den
breiten Rückenmuskeln, namentlich im CucuUaris,
festgehalten und bei dessen Wachsthum rückwärts
mitgenommen ; mit dem Wachsthum der Wirbel-
säule, hinter dem das Wachsen des Rückenmarkes
zurückbleibt, gerathen die Spinalnervenwurzeln in
einen schräg rückwärts gerichteten Verlauf und noch
mehr geschieht dies durch das Abwärtsrücken ihres
Verästelungsgebietes nach dem Hervorsprossen der
Beine, auf die die benachbarten Dermatome voll-
ständig hinübergezogen werden. Durch gegen-
seitiges Ausgleichen dieser 3 Componenten (Wachs-
thum der Wirbelsäule, der Muskulatur und der
Haut), sowie der Lageveränderung der Rippen
kommen zum Schluss doch wieder die streifen-
förmigen Dermatome heraus, nur in anderer Lage-
rung, als sie am jungen Embryo, dessen EOrper in
einfache Metamere zertheilt war, zu sehen waren.
Pinkus (Berlin).
III. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
179. Experimentelle Unteranohnngen über
BakterienantagonismuB; von A. Lode. 1. Mit-
theilung. (Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXUI.
3.p. 196. 1903.)
Die zufällige Beobachtung, dass eine Eokken-
colonie einen ausserordentlich starken, auch zur
Demonstration auf Platten sich eignenden, hem-
menden Einfluss auf benachbarte Colonien anderer
Bakterien ausübte, veranlasste L. zu einer Reihe
▼on Versuchen über diesen streptokokkenähnlichen
Mikroorganismus, den er Micrococcus antagonistes
nennt Bei der Zartheit der Antagonistencolonien
kann die Wirkung nicht in einer Ueberwucherung
oder Erschöpfung des Nährbodens bestehen, son-
dern die Ursache muss in Stofifwechselproduk-
ten liegen. Versuche ergaben, dass nicht ein-
fache Beaktionänderung zu Grunde lag, sondern
dass eine durch Hitze inaktivirbare Substanz ge-
bildet wird, die noch weiter untersucht werden
wird. Walz (Oberndorf).
180. Die Morphologie der Blastomyoeten
hn OrganiBmaa in Besag anf die Antikörper
des Blntaerame; von Fr. Sanfelice in Cagliari.
(Centr.-BL f. Bakteriol. u. s. w. XXXH. 12. p. 892.
1902.)
Als Hauptgrund gegen die parasitäre Natur
der Russell 'sehen Fuchsinkörperchen wurde
stets hervorgehoben, dass sie in verschiedenartig-
sten Geweben sich finden. S. sucht nun darzu-
thun, dass der Orund, weshalb die auf Thiere ge-
impften Blastomyoeten bisweilen die typische Form
dieser EOrperchen annehmen, in den speciellen
Eigenschaften des Blutserum der geimpften Thiere
liegt. Nach gleichzeitiger Impfung mit Blutserum
gegen Saccharomyces neoformans immunisirter
Thiere und nach Impfung mit denselben patho-
genen Blastomyoeten treten die BusselTschen
Eörperchen in verschiedenen Organen der Ver-
suchsthiere auf. Das Phänomen der Transforma-
tion dieser Blastomyoeten in Fuchsinkörperchen
ist vollkommen gleich dem Vorgang, den man bei
Bakterien als Bakteriolyse bezeichnet hat ; die Sub-
stanz, die diese Umwandlungen hervorzubringen
vermag, muss der agglutinirenden Substanz, der
Klasse der Antikörper angereiht werden. Wenn
die Blastomyoeten in der Form der R u s s e 1 1 'sehen
Eörperchen nicht mehr cultivirbar sind, so ist dies
kein CFrund gegen ihre parasitäre Natur.
Walz (Oberndorf).
181. üeber einige Eigenschaften agglatini-
render, sowie aaoh anderweitiger speoifiaoher
Sernmarten; von W. Beljaeff. (Centr.-Bl. f.
Bakteriol. u. s. w. XXXIII. 4. 5. p. 293. 369,
1903.)
158
in. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
Kraus hat beobachtet, dass mehrere sped-
fische Sera mit verschiedenen Culturfiltraten flockige
Niederschläge bilden, die nach Pal tauf mit der
Erscheinung der Agglutination in innerem Zusam-
menhang stehen sollten. Nach den Untersuchungen
B.'s mit Sera typhuskranker Menschen und Bacillus
typhi laufen jedoch Agglutinationprocess und spe-
cifische Niederschlage keineswegs einander parallel.
Zuweilen verursacht selbst stark agglutinirendes
Serum keine Niederschläge, wogegen in anderen
Fällen auch schwach agglutinirende Sera starke
Niederschläge erzeugten. Aus weiteren Versuchen
schliesst B., dass die specifischen Eigenschaften
der auf verschiedenartige Weise immunisirten,
bez. vorbehandelten Thiere von einer Reihe ein-
facher physikalischer Constanten der entsprechen-
den Serumarten (Depression, specifiscbes (Gewicht
und Refraktion), sowie vom Alkalitätgrade als voll-
kommen unabhängig angesehen werden müssen.
Walz(Obemdorf).
182. üeber Wirkangen der Hämolysine
im Organismus; von R. Kraus und C. Stern-
berg. (Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s.w. XXXIL 12.
p. 903. 1902.)
Die Eenntniss der Hämolysine beruht fast ganz
auf dem Studium ihrer Wirkung in vitro. Er. u.
St machten es sich zur Aufgabe, ihr Verhalten im
KOrper zu untersuchen. Es stellte sich heraus,
dass Immunhämolysin, intravenOs in bestimmten
Mengen Hunden eingespritzt, einen akuten Tod
bewirkt. Diese Wirkung ist eine rein toxische
und steht mit der hämagglutinirenden oder hämo-
lytischen Wirkung in keinem Zusammenhange.
Den dabei oft entstehenden Ikterus erklären Er. u.
S t. durch quantitative und qualitative Gallen Verän-
derung und Gallenstauung in Folge des akuten Blut-
zerfalls. Das hämolytische Serum wirkte innerhalb
des Eörpers in gleicher Weise wie in vitro, d. h.
es löste die rothen Blutkörperchen auf.
Walz(Obemdorf).
183. üeber ein för menschliche Flacenta
speoiflfloheB Semm; von Dr. W. Liepmann.
(Deutsche med. Wchnschr. XXVm. 51. 1902.)
L. prüfte die Frage, ob es möglich sei, in
Eaninchen durch fortgesetzte Injektionen von Pla-
centazotten ein für diese specifiscbes Serum zu
erzielen. Zu dem Zwecke wurde den Eaninchen
eine völlig sterile Aufschwemmung menschlicher
Placenta in physiologischer Eochsalzlösung 5 bis
8mal, in Abständen von einigen Tagen, in die
Bauchhöhle eingespritzt 1 Woche später wurde
das Blut entnommen, dessen Serum folgende Eigen-
schaften zeigte : es wurde durch Zusatz von Pia-
centazotten getrübt, während normales Eaninchen-
serum klar blieb. Der Eintritt dieser Trübung war
abhängig von der Stärke des Serum und von der
Temperatur (Brutschranktemperatur war am gün-
stigsten). In d^m durch Centrifugiren erhaltenen
Sedimente der getrübten Röhrohen fanden sich
präcipitinähnliche, albuminoide Massen und intakte
Placentazotten, deren Zellkerne noch durch Färben
mit Hämatoxylin sichtbar zu machen waren.
Nachdem somit erwiesen war, dass das gewon-
nene Serum specifisoh auf die Placentaelemente
reagirte, ergaben weitere Untersuchungen, dass es
eine geringe hämolytische Wirkung hat (weil ja
das Placentagewebe niemals völlig blutleer zu
machen ist) und dass es durch Zusatz von Menschen-
blutserum oder von menschlichen Oewebestüoken
nicht getrübt, bez. erst nach so langer Zeit getrübt
wird, dass eine Unterscheidung von der specifischen
Plaoentareaktion mühelos gelingt
Weitere Untersuchungen sollen ergründen, ob
es auf diese Weise gelingen wird, Placentagewebe
im Blute nachzuweisen. Weiterhin deutet L. die
Möglichkeit einer Serumdiagnose der Schwanger-
schaft an. Sobotta (Heilanstalt Sorge).
184. Ueber lösliche, dorohaseptisohe Auto-
lyse erhaltene Giftstoffe von Rohr- iindTyphaB-
baoillen; von Dr. H. Conrad i. (Deutsche med.
Wchnschr. XXIX. 2. 1903.)
In jeder Bakterienzelle sind autolytische Sub-
stanzen vorgebildet, und in jeder üppig wachsen-
den Cultur entstehen aus den durch Autolyse zer-
fallenden Bakterienleibem baktericide, autolytische
Zersetzungsprodukte, die die schwächlichen Indivi-
duen der Zucht abtödten. Das Absterben von Gul-
turen unter gewissen Umständen, namentlich bei
Brutschranktemperatur, ist demnach nicht auf Er-
schöpfung des Nährbodens, sondern auf die Ein-
wirkung dieser autolytischen Fermente zurückzu-
führen. L. konnte nachweisen, dass ohne Zusatz
von frischem Nährmaterial ein erneutes Wachs-*
thum in den „erschöpften^^ Culturen stattfand, wenn
er die autolytischen, baktericiden Sto£fe durch Dia-
lyse entfernte.
C. kam dadurch auf den (bedanken, die wasser-
löslichen Toxine durch kurzdauernde aseptische
Autolyse der Bakterien darzustellen, womit, abge-
sehen von der vereinfachten Darstellung der Bak-
teriengifte, eine rationelle Gewinnung antitoxischer
Sera angebahnt würde. Bisher hat C. auf diese
Weise die wasserlöslichen Ruhr- und Typhus-
bacillengifte dargestellt. Von dem so gewonnenen
Ruhrbacillengifte genügte 0.1 ocm, um bei Heer-
schweinchen charakteristische, tödüich verlaufende
Buhr zu erzeugen. Das von einer schwach viru-
lenten Typhuscultur gewonnene Gift wirkte in
Dosen von 0.2 com beT intraperitonäaler Ein-
spritzung tödtlich auf Meerschweinchen. G. weist
auf diese kleinen Mengen bakterienfreier Giftlösung
hin, im Gegensatze zu den von anderer Seite
(Levy u. Pfersdorf) angegebenen, durch Auto-
lyse gewonnenen Giften (Milzbrand), die erst in
bedeutend grösserer Dosis wirken.
Sobotta (Heilanstalt Sorge).
m. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
159
185. Zar Frage des üebergangea der
Typhnsagglniiiiine yon der Mutter auf den
FoetOB ; von C. S t ft u b 1 L (Centr.-61. f. BakterioL
u. 8. w. XXXm. 6. p. 458. 1903.)
Nach den experimentellen Untersuchungen S t's
an Meerschweinchen gehen sowohl die aktiv, als
lach die passiv erworbenen Typhusagglutinine von
der Mutter auf den Foetus über ; die aktiven, wenn
der Beginn der Injektionen mindestens 14 Tage
von der Oeburt zurückliegt Der Agglutination-
^ werth des fötalen Serum nähert sich um so mehr
dem des mütterlichen Serum, bez. kommt ihm
gleich, je mehr die erste Injektion und der Wurf
zeitlich getrennt sind. Die Jungen ein und des-
selben Wurfes zeigen ungefähr den gleichen Serum-
gehalt an Agglutininen. Walz (Obemdorf).
186. üeber den vererbten und intrauterinen
üebergaag der agglntinirenden Eigenschaften
des Bintea and die Bildung der Agglatinine
im Körper der Embryonen; von W. Jure-
witsch. (Gentr.-BL f. BakterioL u. s.w. XXXTTT.
1. p. 76. 1903.)
Das Blut normaler Meerschweinchenembryonen
vermag den Typhusbacillus nicht zu agglutiniren.
Versuche an normalen Kaninchen sprachen dafür,
dasB die Fähigkeit, Agglutinine zu bilden, vererbt
▼erden kann. Bei Meerschweinchen, die während
der ganzen Schwangerschaft immunisirt wurden,
konnte eine sehr geringe Agglutinationfähigkeit im
Blnte der Früchte nachgewiesen werden. Wenn
dagegen nur vor der Schwangerschaft die Thiere
mit Typhusculturen behandelt wurden, war die
Agglutinationfähigkeit im Blute der Embryonen
oft sogar viel grösser, als in demjenigen der Mutter.
Walz (Oberndorf).
187. Untersuohangen über natürliche und
kdnatUohe Milibrandimmunit&t; von 0. Bai L
(Centr.-BL f. BakterioL u. s. w. XXXIH. 5. p. 343.
1903.)
B. hat schon früher darauf aufmerksam ge-
macht, dass die Angabe Büchner's, es werde
die bakterienfeindliche Wirkung von Hunde- und
KuuBchensemm bei einer Mischung beider zerstört,
wenigstens für Milzbrand nicht zutreffe. Im Gegen-
theile erhalte das sonst für diesen Mikroorganismus
unwirksame Hundeserum auf diesem Wege kräftige
nulzbrandtödtende Eigenschaften. B. hat weitere
Versudie hierüber angestellt und beschränkt sich
Zunächst, darauf hinzuweisen, dass die leicht aus-
führbare Ertheilung bakteridder Wirkungen an das
Hnndeserum beweise, dass die natürliche Immunität
dieses Thieres sehr wohl im Verhalten seines Blutes
jbren Grund haben könne, denn die Verhältnisse
in vitro können nicht ohne Weiteres auf den Thier-
l^fifper fibertragen werden. Es sei durchaus wahr-
KheinUch, dass die primäre Bindung, die Anlage-
nmg eines Immunkörpers an den Milzbrandbacillus
Yoa weit höherer Bedeutung im Thierkörper sei.
als die daran sich anschliessende, im extravasku»
lären Versuche einzig sichtbare Wirkung der Ab-
tödtung. Die Bindung durch den Immunkörper
beweise, dass der Körper im Stande sei, einen Ein-
fluss auf den Erankheiterreger auszuüben, und das
dürfte das Wesentliche sein. Walz (Obemdorf).
188. SohutBimpIting doroh Anthrakaae-
Immniiproteidin gegen Miisbrand; von R
Emmerich. (Centr.-Bl. f. BakterioL u. s. w.
XXXn. 11. p. 821. 1902.)
Bei den Versuchen K's war eine immunisirende
Wirkung bei Vorbehandlung mit Anthrakase-Immun-
proteidin in keinem Falle zu vermissen, wenn sie
auch bei ungünstigem Ausgange nur eine Lebens-
verlängerung von etwa 15 Stunden gegenüber den
Controlthieren bedeutete. Bei genügend grosser
Dosis übersteht das Thier (Kaninchen oder Schaf)
die gefährlichste Milzbrandinfektion. Von Belang
ist auch die Zeitdifferenz zwischen Immunisirung
und Infektion. Sichere Schlüsse über die Im-
munitätdauer sind jedoch noch nicht möglich.
Walz (Obemdorf).
189. UntemaohoDgen über die Wirksam-
keit dea Milsbrandaemma des Hnndea als
SohatB- und Heilmittal; von Fr. Sanfelice.
(Centr.-Bl. f. BakterioL u. s. w. XXXIII. 1. p. 61.
1903.)
Die Versuche, Milzbrandsera zu Schutz- und
Heilzwecken herzustellen, ergaben bisher sehr
widersprechende Resultate. Nach S. gelingt es,
sicheren Schutz gegen nachfolgende Infektion bei
Kaninchen durch Milzbrandserum vom Hunde zu
erzielen; dieses Serum weist eine bemerkenswerthe
Heilwirkung auf. Walz (Obemdorf).
190. Saueratoffübertragende Körnchen in
MilsbrandbaoiUen ; von A. Dietrich u. G.
Liebermeister. (Centr.-Bl. f. BakterioL u. s. w.
XXXII. 12. p. 858. 1902.)
Milzbrandbacillen im inficirten Thierkörper und
in ganz junger Bouilloncultur erscheinen selbst bei
stärksten Vergrösserungen homogen. In Gulturen
treten jedoch bald kleine Körnchen im Innern des
Leibes auf, die sich leicht färben lassen durch
Naphtholblau. Fügt man einem hängenden Tropfen
einer Milzbrandbacillencultur ein Tröpfchen einer
Iproc. Lösung von Dimethylparaphenylendiamin
und dann einer Lösung von o-Naphthol, frisch um-
krystaUisirt, in Iproa Sodalösung (es löst sich nur
wenig) hinzu, so färben sich die Körnchen blau.
Die Reaktion tritt nicht ein, wenn der Oontakt der
Luft ausgeschlossen ist, kommt nur im hohlen
Objektträger zu Stande. Die Rolle der Kömchen
muss also darin bestehen, dass sie den molekularen
Sauerstoff der Luft aktiviren, dass sie als Sauer-
stoffüberträger wirken. Genaue weitere Unter-
suchungen zeigten ihre Identität mit den Babes-
Ern st 'sehen Körperchen. Wahrscheinlich ge-
hören sie zu den Nudeinen und besitzen auch für
160
m. Allgemeine Pathologie and pathologische Anatomie.
den lebenden und wachsenden Bacillos die Rolle
eines Sauerstofffibertrftgers. Walz (Oberndorf).
191. Las raoes ooli baoillaires. Etnde de
la BÖro-reaotion individuelle; par le Dr. 0.
Cany. (Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXII.
11. p. 769. 1902.)
Nach den Untersuchungen aus der Klinik
Escherich 's scheint jedes Individuum eine
besondere Coli -Rasse zu besitzen, die mit dem
Serum des Individuum eine „in^ü^iclueUc Reaktion'*
eingeht. C. untersuchte, ob diese individuelle
Reaktion sich beeinflussen lasse durch Veränderung
der Lebensbedingungen u. A. Durch Calomelgaben
wurde sie erheblich vermindert und selbst auf-
gehoben, erschien aber wieder nach Aussetzen des
Calomels. Walz (Oberndorf).
192. VirnlenBunterBohiede veraohiedener
Taberkelbaoillenottltaren ; von D.Yeszpr6mi.
(Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIII. 3. p. 176;
4. p. 273. 1903.)
Y. bestätigt im Grossen und Ganzen die Resul-
tate von Vage des (Ztschr. f. Hyg. XXVIII), wo-
nach die verschiedenen Tuberkelbacillenculturen in
gleicher Menge in die Blutbahn von Kaninchen ge-
bracht, eine verschieden stark ausgebreitete Miliar-
tuberkulose hervorrufen, also verschieden starke
Wachsthumsenergie im Thierkörper zeigen. Die
längere Zeit geQbte Züchtung auf künstlichen Nähr-
böden vermag die Virulenz der Tuberkelbacillen
bedeutend abzuschwächen und selbst zu vernichteu.
V. ist überzeugt davon, dass auch schon primäre
Unterschiede vorhanden sind, dass die aus ver-
schiedenen Fällen menschlicher Lungentuberkulose
frisch gezüchteten Culturen deutliche Unterschiede
in der Virulenz zeigen. Walz (Oberndorf).
193. DieBakterienflora der geaunden und
kranken Naaensohleimhaut ; von W. Hass-
lauer. (Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIII.
1. p. 47. 1903.)
Die Häufigkeit der Tuberkulose unter der
Schneiderabtbeilung der Würzburger Garnison ver-
anlasste H. auf Dieudonnö's Anregung zur
Untersuchung der Schneider und einer Reihe an-
derer Handwerker und Mannschaften. Es fanden
sich nie Tuberkelbacillen. Die sonst gefundenen
Bakterien, meist Streptokokken, Diplococcus pneu-
moniae, Staphylococcus albus undPseudodiphtherie-
bacillen, lassen keine allgemeinen Schlüsse zu.
Walz (Obemdorf).
194. Das Vorkommen von Bakterien und
die Flimmerbewegong in den Nebenhöhlen
der Nase; von F. Törne. (Centr.-Bl. f. Bakteriol.
u. s. w. XXXIII. 4. p. 250. 1903.)'
T. hat von Neuem die Nebenhohlen der Nase
bakteriologisch untersucht. Bei 6 einwurfsfrei ge-
schlachteten Kalbern war sowohl der Sinus maxil-
laris, als der Sinus frontalis völlig steriL Von 31
als einwurfsfrei zu bezeichnenden Leichen erwiesen
sich in allen den 17 Fällen der Sinus maxillaris
und frontalis als steril, in denen die Untersuchung
innerhalb eines Zeitraumes von 2 Stunden nach
dem Eintreten des Todes stattfand. Von den
später secirten Leichen war nur die Hälfte in Be-
zug auf jene Höhlen steril. Man darf also schliessen,
dass auch beim Menschen jene Nebenhöhlen normal
steril sind, und dass die Einwanderung der Bak-
terien erst einige Stunden nach dem Tode statt-
findet. Eine wichtige Rolle bei der Freihaltung
der Nebenhöhlen von Fremdkörpern spielt das
Flimmerepithel. Walz (Obemdorf).
195. Ueber die Bakterienflora der Jfoaen-
sinu und dee lOttelohrea ; von W. Calamida
u. E. Bertarelli. (Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w.
XXXn. 6. p. 428. 1902.)
G. und B. fanden bei ihren Versuchen in nor-
malen Verhältnissen beim Hunde und Menschen
die Frontal- und Ethmoidalsinus fast stets steril,
während die Sterilität der Kieferhöhlen beim Hunde
weniger regelmässig ist als beim Menschen. Von
den wenigen isolirten Keimen war nur ein Staphylo-
coccus albus Thieren gegenüber pathogen. Die
Passage der Mikroorganismen erfolgt bei normalen
Schleimhäuten leichter nach der Kieferhöhle,
weniger leicht nach der Frontalhöhle und am
schwierigsten nach der Paukenhöhle.
Walz (Obemdorf).
196. Zur Aetiologie der Anginen; von H.
B 0 n h 0 f f. (Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIL
12. p. 849. 1902.)
B. hat bei einer Anginaepidemie in Marburg im
Winter 1902 in allen Fällen einen Bacillus ge-
zQchtet, der sich nie im Munde Gesunder fand. Es
ist ein kleiner Streptobacillus ohne EigenbewQgung ;
Einzelindividuen sind selten. Oram-Färbung fehlt
Wachsthum erfolgt nur bei Bruttemperatur. Das
Wachsthum auf Agar ist charakteristisch nach
48 Stunden. Die Orösse der Colonien ist sehr
verschieden, sie sind scharf kreisrund, schwach
gelblich und zeigen immer eine Faltenbildung.
Letztere fehlt an den 24stündigen Colonien, die
sich von Streptokokkencolonien noch nicht unter-
scheiden lassen. In Bouillon tritt nur geringe
Trübung ein, in Traubenzuckeragar erfolgt Wachs-
thum längs des ganzen Striches ohne Oasbildung.
Auf Blutserum finden sich uncharakteristiache
zarte thautropfenähnliche Colonien. Milch wird
nicht verändert. Indolbildung auf Pepton fehlt
Gelatine wird nicht verflüssigt, bez. erstarrt nach
Wachsthum in der Kälte wieder. Thierpathogenität
ist vorhanden. Walz (Oberndorf).
197. Zur Oaraiatik der Angina Vinoentifla.
diphtheroides ; von Dr. Lämmerhirt (Deut-
sche med. Wchnschr. XXVIII. 25. 1902.)
L. beschreibt ein Kind unbekanDten Alters und Qe-
sohleohtes, das plötzlich mit Fieber und Halsschmerz
in. Allgemeine Pathologie und pathologisohe Anatomie.
161
erkrankt war. Es fand sich auf der linken Mandel ein Ge-
schwür. Heilang nach 20 Tagen. Im Abstrich fand sich
stets derBacillns fusiformis mit Spirillen; in geringer An-
zahl waren Kokken, niemals Diphtheriebaoillen vorhanden.
Bemerkenswerth ist, dass nur eine Mandel er-
griffen war, und dass die Nekrose so rasch eintrat,
dass es gar nicht zur Membranbildung kam.
Brückner (Dresden).
198. Zur Iiehre von der Pathogenität des
BacUloB pyooyanens; von Otto Soltmann.
(Deutsches Arch. f. klin. Med. LXXIII. p. 650.
1902.)
Ein blühend aassehender 12jähr. Knabe ging an einer
septischen Pneumonie am 8. Tage zu Grande. Die Sektion
ergab, dass mit Ausnahme des linken Oberlappens and
des rechten Mitiellappens alle Lungenpartien luftleer
wareD, von ockergelben und weissgrauen Flecken herd-
iormig darchsetzt Im rechten ünterlappen sohmieri^or
Zerfall des Lungengewebes. In den Bronchen reichlich
zäher Eiter. In der Schleimhaut des Magens und Dünn-
darmes gelbe und gelb -grüne erhabene Flecke. Die
vettere Untersuchung zeigte, dass es sich um eine In-
fektion mitBacillos pyocyaneus handelte, der der alleinige
Erreger der Sepsis war. Bemerkenswerth ist, dass die
Krankheit ein vollständig gesandes, darch keinerlei vor-
aosgegaogene Störang geschwächtes Eind befiel. Es
hatte sich, was für die Aetiologie vielleicht von Bedeatang
ist, Tiel in Pferdeställen aufgehalten.
Brückner (Dresden).
199. Bakteriologische ünterauobongen über
den Erreger des Uloos moUe ; von E. T o m a -
scewski. (Ztschr. f . Hyg. u. Infektionskrankh.
IUI. 2. p. 327. 1903.)
Die Züchtung specifischer Streptobacillen aus
Ulcus molle gelang auf Blutagar, Blutagarcondens-
vasserund nicht coagulirtem Blute. Uebertragungs-
TersQche auf Hftuse, Meerschweinchen und Kanin-
chen blieben erfolglos. Auf Menschen verimpft
riefen dieCulturen, auch wenn sie bis zur 15. Gene-
ration auf Blutagar fortgezfichtet waren, typische
Dloera mollia hervor. Woltemas (Solingen).
200. Ueber eigenartige l^arasitenftinde bei
ByphUis. Ihre Bedeutung für die Entstehung, Dia-
gwse und Ausbreitung dieser Infektionskrankheit bei
Bnoadisenen und Kindern, sowie für die Bexiehun-
9^ der Syphilis xu anderen Krankheitsprocessen ;
vonProf.Max Schüller in Berlin. Mit 6 Tafeln.
(Ceiilr..Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXII. 5. 6. 7.
8 Q. 9. p. 342. 433. 489. 609. 1902.)
Seh. weist zunAchst die, nach seiner Meinung
tinbegründeten, Angriffe gegen die Erebsparasiten
tarück. Die von ihm als Parasiten angesprochenen
Oebüde bei Syphilis zeigen mit ihnen, trotz Abwei-
chung in Form und Einwirkung auf die Gewebe,
manche üebereinstimmung in Entwickelung und
Lebensbedingungen. Schon früher hatte er in der
Mitte der frischen Initialsklerose gewundene oder
xickzack&hnliche O&nge gefunden, die eigenthüm-
liche Gebilde beherbergen. Da er diese für die Ein-
gangspforten der Infektion hielt, versuchte er mit
Erfolg, aus der nicht exoidirten Initialsklerose durch
Aufdrucken des Deckglases, mit seitlichem Druck auf
Med.Jahrbb.Bd.279. Hft2.
die Sklerose, sie darzustellen, untersucht wurde
frisch, in Wasser oder nach Lufttrocknen in Oel
oder Balsam. Er fand grosse Kapseln und rund-
liche oder ovale Körper, die eine nach dem doppelt-
conturirten Randsaume zugerichtete radiäre Striche-
lung zeigen. Er h< sie für junge Organismen und
hält sie fQr so charakteristisch, dass nach ihnen
die Diagnose auf Lues gestellt werden könne. In
Schnittpräparaten liegen diese Körper innerhalb
der Gänge. Die besten Bilder giebt einfache Oel-
aufhellung nach Entwässerung in Alkohol, eventuell
Einbettung in Balsam, Färbung ist nicht nöthig.
In älteren ulcerirten Primäraffektionen fehlt das
Gangwerk, doch sind die Kapseln auch in primär
syphilitisch inficirten Drüsen zu finden. Einmal
fand Seh. sie auch in breitem Condylom und öfters
in Qummiknoten und bei Gelenkaffektionen im
Granulationgewebe. Dieselben Parasiten glaubt er
auch bei hereditärer Gelenksyphilis nachgewiesen
zu haben. Die Culturversuche und Uebertragungs-
versuche auf Thiere sind noch nicht abgeschlossen,
werden jedoch von Seh. optimistisch beurtheilt.
Walz (Oberndorf).
201. Syphilis und Malaria. Eine parasito-
logische Hypothese; von R. Rüge. (Centr.-Bl. f.
Bakteriol. u. s. w. XXXII. 8 u. 9. p. 596. 1902.)
R sucht durch Vergleich der beiden Krank-
heiten Syphilis und Malaria die Wahrscheinlichkeit
darzulegen, dass der Erreger der Syphilis zu den
Protozoon gehört Beide Krankheiten haben deut-
lich begrenzte Incubationzeit , beide sind nur in
ihrem Frühstadium übertragbar, lassen eine aus-
gesprochene, lange Immunität zurück und haben
eine ausgesprochene Neigung zu Rückfällen. Bei
beiden sind die Krankheiterreger nicht blos in
Milz und Knochenmark wie gewöhnlich, sondern
namentlich auch im Gehirn angehäuft. Am meisten
tritt ferner die Aehnlichkeit in der Therapie in's
Auge : beide sind für ihr Specificum nur in einem
bestimmten Entwickelungstadium zugänglich. Ent-
sprechend den Kenntnissen über die Protozoon
glaubt R, dass das hypothetische Protozoon der
Syphilis ungeschlechtliche und geschlechtliche For-
men bildet, dass im Frühstadium der Syphilis sich
fast ausschliessUch die ungeschlechtlichen Formen
im menschlichen Körper finden, dass die Syphilis
in diesem Stadium von Individuum zu Individuum
der Species „homo*^ übertragbar ist und dass die
nicht mehr übertragbaren geschlechtlichen Formen
in Menge erst im Spätstadium der Syphilis gebildet
werden. Wa 1 z (Obemdorf).
202. Fragen nnd Probleme der modernen
Malariaforsohang ; von R Rüge. (Centr.-Bl. f.
Bakteriol. u. s. w. XXXIL 11. p. 776. 1902.)
R. hält die Einwände Laveran's gegen die
Yerschiedenheit der Parasiten der einzelnen Malaria-
formen durch die neueren Forschungen für end-
gültig widerlegt; namentlich hat die Erkenntniss
der Thatsache, dass die viel umstrittenen Halb-
21
162
m. Allgemeine Pathologie nnd pathologische Anatomie.
monde Gameten sind, dazu beigetragen, die An-
nahme von der Einheitlichkeit der Malariaparasiten
unhaltbar zu machen. R. hat sich selbst eingehend
mit Untersuchungen über die Entwickelung der
Tertianagameten beschäftigt FQr die Unterschei-
dung zwischen Gameten und Schizonten ist nicht
die Art des Plasmawachsthums oder die Form des
Ghromatins, sondern die Lage und Wachsthumsart
des Ghromatins entscheidend. Diejenigen Tertiana-
parasiten, bei denen das Chromatin innerhalb eines
Plasmaringes und nicht im Plasma selbst liegt,
sind als Gameten anzusehen. Durch jeden Fieber-
anfall wird die Hauptmenge der bis dahin gebildeten
Gameten zerstört, denn während der Apyrexie
fehlen die erwachsenen Gameten fast völlig. Die
neue Gametengeneration entwickelt sich während
der Apyrexie genau so wie die neue Schizonten-
generation, beide brauchen 48 Stunden zu ihrer
Entwickelung. R. giebt am Schluss genauere Mit-
theilungen über die Technik nach Romanowsky.
Walz(Obemdorf).
203. Neue Beobaohtnngen über die Larven
▼on Anopheles und Culex im Winter; von
Galli-Valerio und G. Rochaz in Lausanne.
(Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXTI. 8 u. 9.
p. 601. 1902.)
Auch im nördlichen Klima, im Kanton Waadt,
Icönnen die Larven von Anopheles und Culex selbst
in mit Eis bedeckten PfQtzen überwintern. Be-
obachtungen sprechen sogar dafür, dass dies auch
auf einem inzwischen trocken gewordenen Boden
möglich ist Bei Laboratoriumversuchen erwiesen
sich die Eier gegenüber mechanischen und physi-
kalischen Einflüssen als sehr widerstandfähig.
Walz(Obemdorf).
204. Waldmosquitos und Waldmalaria;
von A. Lutz in Säo Paulo. (Centr.-Bl. f. Bak-
teriol. u. s. w. XXXIL 4. p. 282. 1903.)
L. beschreibt eine interessante Malariaepidemie
in dem von stehenden Gewässern völlig freien
Berg- und Waldland bei Säo Paulo, in 700— 800 m
Höhe. Den Krankheitträger bildet eine besondere
Anophelesart (A. Lutzii). Seine Brutstätten bilden
nicht Sümpfe, sondern, wie L. überzeugend nach-
weisen konnte, eine Reihe von Wasser auf-
speichernden Pflanzen, insbesondere Bromeliaceen,
die am Grunde der dichtstehenden Blätter mit
Wasser gefüllte Taschen bilden, in denen sich die
Larven häufig fanden. Walz (Obemdorf).
205. Weitere Beitrage rar Malariaplaa-
modienfärbong mittels A-Methylenblaa-Eosin;
von K. Reuter. (Centr.-Bl. f. BakterioL u. s. w.
XXXIL 11. p. 842. 1902.)
R. empfiehlt folgendes Verfahren zur Färbung der
Malariaplasmodieo : Die lufttrockenen Aasstrichpräparate
werden durch schnelles üebergiessen mit Formolalkohol
(Formol 10, Alcohol. absol. 90) und sofortiges sorgfältiges
Abtupfen mit Fliesspapier fixirt (das beste Verfahren für
alle Blntförbemethoden). Darauf werden sie in einem
geräumigen Scliälchen mit der im Messcylinder gemischten
Farblösung rAq. dest. 20 com und A-Methylenblan-Eoein-
lösang- Grübler 30 Tropfen) Übergossen. Durch Schaukeln
des Sohälchens kann man die Ausfällung des Farbstoffes
und damit die Färbxmg wesentlich beschleunigen. Sie
ist in 15 — 30 Minuten stets beendet Abspülen mit Aq.
dest unter dem Strahl der Spritzflasche, Abtupfen mit
Fliesspapier, untersuchen des lufttrocken gewordenen
Präparates in Balsam oder ohne Deckglas im Inuner-
sionsöl. Walz (Obemdorf).
206. Zar Aetiologie des akuten Qelenk-
rheamatiBDuoa ; von Dr. C. P h i 1 i p p. (Deutsches
Arch. f. klin. Med. LXXVL 1—3. p. 150. 1903.)
Eine Arbeit mit vorwiegend „negativen Er-
gebnissen'^ P h. meint, dass mit unseren jetzigen
Hülfsmitteln bei dem akuten Gelenkrheumatismus
weder im Blute, noch in den Oeleokergflssen
Mikroorganismen nachzuweisen sind. Meerschwein-
chen, Kaninchen, Hunde, Affen waren üeber-
tragungen gegenüber unempfänglich, empfl&nglich
scheinen Kälber, namentlich recht junge Kälber,
zu sein. Dippe.
207. Die Entstehung des Hilstumors
(Hyperplasie oder Hyperämie?); von Dr. Ju LA.
Grober. (Deutsches Arch. f. klin. Med. LXXVL
4 u. 5. p. 413. 1903.)
Gr. experimentirte an Mäusen und Meer-
schweinchen und stellte durch genaue Wägungen
zunächst fest, dass die Milz des verdauenden Thieres
wasserreicher ist, als die des hungernden. Die
infektiöse MilzBch wellung (bei akuter Sepsis) beruht
im Wesentlichen auf einer starken Blutüberfüllung
des Organes. Der grosse Wasserreichthum auch
dieser Milzen ist eine Folge der Hyperämie ; die
vorhandenen entzündlichen Erscheinungen sind für
die Grüssenzunahme ohne Bedeutung. Dippe.
208. üeber die Entstehung des Indioans
im thierisohen Organismus; von Ferdinand
Blumenthal und Fritz Hosenfeld. (Cha-
rit6-Annalen XXVIL p. 46. 1903.)
BL und R. ziehen aus neuen Versuchen fol-
gende Schlüsse: „Beim hungernden Kaninchen ist
es ausgeschlossen, dass etwaiges im Darm ge-
bildetes Indol die Quelle für das im Harn erschei-
nende Indican ist Beim Phloridzindiabetes des
Kaninchens entsteht nur dann Indicanurie, wenn
zu gleicher Zeit die Stickstoffausscheidung im Harn
zunimmt, d. h. ein Eiweisszerfäll eintritt Bei
Thieren, bei denen keine vermehrte Stickstoffaus-
scheidung vorhanden ist, fehlt auch die Indicanurie.'^
„Unsere weitere Aufgabe wird es sein, im Darm,
bez. in den Geweben die Muttersubstanz für das
Indican des Hungernden oder mit Phloridzin ver-
gifteten Kaninchens nachzuweisen." Dippe.
209. üeber Fleisohnahrung und ihre Be-
siehungen 8ur Gioht ; von Dr. Martin Koch-
mann. (Arch. f. d. ges. Physiol. XCIV. 11 u. 12.
p. 593. 1903.)
m. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
Iü3
Kionka konnte bei Hühnern durch aus-
schliessliche Fleischnahrung Gicht erzeugen. E o c h -
mann suchte dasselbe bei Hunden zu erreichen,
umsomehr, als Pflüger vor Kurzem die ausschliess-
liche Pferdefleischfütterung für die Hunde als schäd-
lich hingestellt hatte. Gichtige Erscheinungen traten
nun bei den Hunden nicht auf, wohl aber zeigten
alle Thiere mikroskopisch den Befund der akuten
Nephritis. W. S t r a u b (Leipzig).
210. Ueber Bildung andBüokbildimggioh-
tisoher Tophi; von Prof. Ed. Rindfleisch in
Würzburg. (Virchow's Arch. CLXXL 3. p. 361.
1903.)
R. giebt eine genaue Beschreibung eines von
sdnem eigenen Körper operativ entfemfen, circa
rosskastaniengrossen, gichtischen Tophus, der sich
an der linken Bursa olecrani entwickelt hatte.
Das Auftreten der krystallinischen Harnsäure
im Schleimbeutel giebt den ersten Anstoss zu allen
weiteren anatomischen Veränderungen. Die Wand
des Schleimbeutels erzeugt ein junges Bindegewebe,
das sich gegen die Harnsäure erhebt und sie in
grösseren und kleineren Portionen umwächst und
einschliesst Dieses Bindegewebe ist entsprechend
seiner langsamen EntstehuDg auffallend schön
organislrt Aufgebaut aus ziemlich gleichdicken
lamellen klar durchscheinender Orundsubstanz mit
massig zahlreichen, in typischen Abständen ein-
gestreuten Körperchen erinnert es lebhaft an die
Struktur der Hornhaut. Die Zellen haben sämmt-
lieh Ausläufer, die sich zumeist stemfSrmig in die
Fläche verbreiten, zum Theil aber auch die Lamellen
I schräg durchbrechen und in die benachbarten Inter-
I laihellarspalten vordringen. Die Lamellen sind im
Ganzen um die einzelnen Harnsäuredepots con-
oentrisch geschichtet, doch giebt es auch bandartige
Zage, die sich von der Eapseloberfläche erheben
und den Tophus in einigen Hauptrichtungen durch-
ziehen. Gefüllte Blutgefässe durchziehen die Neu-
bildung. Selten waren rundzellige Infiltrate, meist
in der Nähe der Arterien, zu sehen.
Da, wo das Bindegewebe mit dem eingeschlos-
senen Hamsäuredepot zusammenstösst, erhebt sich
Über die äussersten Lamellen der Grundsubstanz
^e nicht ganz continuirliche Schicht von Zellen,
selten in einfacher, meist in doppelter Lage, aber
auch zu kleinen Häufchen geballt, stern- und
spindelförmig, oft mit langen Ausläufern, welche
letztere sich nicht nur gegen die bindegewebige
Unterlage, sondern auch gegen den anstossenden
Hamsäurebrei richten und diesen netzartig durch-
flechten. Das Qanze macht den Eindruck einer
▼ersuchten Organisation der Fremdkörpermasse.
Je weiter die Zellen nach innen vorgedrungen sind,
umsomehr kann man an ihnen Eemschwund und
nungelhafte Färbbarkeit als Ausdruck des Zellen-
todes nachweisen. Andererseits sind auch Resor-
ptionvorgänge zu erkennen. Die Bandzellen des
Bindegewebes zeigen alle eine gewisse Tendenz
zum Qrösserwerden. Sie liegen in Gruppen von
10 — 12 Stück um einzelne Hamsäureballen ge-
schaart Einige von ihnen haben das charakte-
ristische Aussehen der Riesenzellen und liegen oft
mit breiter Fläche einem Harnsäureballen an und
umwachsen ihn, ohne ihre Färbbarkeit zu verlieren.
Diese Riesenzellen haben die Bedeutung von Fress-
zellen, die unter günstigen Bedingungen eine Ver-
kleinerung des Harnsäuredepots wohl bewirken
können.
Die Arbeit ist durch eine Figurentafel illustrirt
Noesske (Kiel).
211. Sulla genest deicalooli biliar!. Ricerche
istologiehe, chimiche e sperimmiali ; perF.E.Italia.
(Policlin. 4. p. 163. 1901.)
Mignot war es im Jahre 1897 zuerst gelun-
gen, Gallensteine experimentell zu erzeugen. Er
verwandte dabei abgeschwächte Culturen vom Bac-
terium coli. Bei seinen Versuchen wurden indessen
Bedingungen geschaffen, die von den natürlichen
Verhältnissen ganz wesentlich abweichen. Da
zudem noch viele Fragen offen geblieben sind, hat
It. die Versuche wieder aufgenommen. Er spritzte
Hunden und Kaninchen bei leerem Magen virulente
und abgeschwächte Culturen vom Bacterium coli
und vom E b er th 'sehen Bacillus in die Gallen-
blase ein ; in der ersten Versuchsreihe unterband
er vorher den Ductus cysticus, in einer zweiten
unterliess er dies. Die Ergebnisse seiner Versuche
fasst er folgendermaassen zusammen :
1) Werden den Thieren virulente Culturen des
Bacterium coli und des E b er th'scheu^ Bacillus
in die Gallenblase eingespritzt, so sterben sie, ehe
es zu einer Conkrementbildung kommt 2) Ab-
geschwächte Culturen der beiden Mikroorganismen
können in der Galle eine Aenderung der chemi-
schen Reaktion hervorrufen und dadurch das Chole-
stearin in Form von Körnchen zum Ausfallen brin-
gen ; werden nun diese Körnchen durch den von
der entzündeten Schleimhaut reichlich abgeson-
derten Schleim zusammengeschweisst, so entstehen
kleine Conkremente, die sowohl in Bezug auf ihren
Bau als auf ihre chemische Zusammensetzung mit
Gallensteinen identisch sind. 1 1 hat bei Hunden
bereits nach 20 Tagen harte Conkremente und
schon nach 7 — 12 Tagen weiche Gebilde von der-
selben Zusammensetzung in der Gallenblase ge-
funden. 3) Die Nährflüssigkeiten, in denen die
genannten Mikroorganismen wuchsen, sind, wenn
letztere abgetödtet sind, ebenso wenig wie die ge-
tödteten Bakterien allein (etwa als Fremdkörper)
im Stande, Conkrementbildungen herbeizuführen.
4) Die Stauung der Galle in der Gallenblase durch
Unterbindung des Ductus cysticus ist zur künst-
lichen Erzeugung der Gallensteine nicht noth wendig.
Auch in der zweiten Versuchsreihe, in der It. den
Ductus cysticus durchgängig liess, erhielt er bei
Verwendung von abgeschwächten Culturen cha-
rakteristische Conkremente. 5) Die vom Darme
164
III. AUgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
bis in die Qalienblase langsam vordringenden Mikro-
organismen gewöhnen sich auf dem Wege daran,
in der Galle zu leben und sind daher bei der An-
kunft in der Oallenblase bereits abgeschwficht
6) Wie It durch sorgfältige Untersuchungen nach-
weisen konnte, ist die Qallensteinbildung nicht von
der grösseren oder geringeren Menge von Schleim-
drüsen in der Oallenblase abhängig ; deshalb kann
auch eine grossere Zahl von Drüsen nicht, wie
Müller es ausgesprochen hat, eine Disposition
zur Conkrementbildung bedingen.
Janssen (Rom).
212. I batteri deUa calcolosi biliare oolti-
vati nella bile. ülteriore oontriboto alla genesi
miorobioa del oalooli biliari; per F. E. Italia.
(Rif. med. XVII. 145. p. 830. 1901.)
It hat die verschiedenen Mikrooganismen, die
in Gallensteinen gefunden sind oder die bei der
Gallensteinbildung eine Rolle spielen sollen, von
Neuem in Galle gezüchtet und die entstehenden
krystallinischen und nicht krystaUinischen Nieder-
schläge genau untersucht Die Ergebnisse dieser
Studien, die das Bacterium coli, den Eberth'-
schen Bacillus, den Streptococcus pyogenee, den
StaphylocoGCus aureus und den Bacillus subtilis
betrafen, waren folgende : 1) Die specifischen, die
Gallensteinbildung verursachenden Mikroorganis-
men sind das Bacterium coli commune und der
E b e r t h 'sehe Bacillus. 2) Der Streptococcus pyo-
genes und der Staphylocoocus aureus können in
seltenen Fällen ebenfdls Gallensteinbildungen her-
beiführen ; da sie aber nicht im Stande sind, das
Cholestearin zu föUen, sind die etwa gebildeten
Conkremente nur aus Ealksalzen aufgebaut 3) In
Gemeinschaft mit dem Streptococcus und dem
Staphylocoocus entfaltet das Bacterium coli com-
mune seine biochemischen Wirkungen in der Galle
schneller als allein ; die entstehenden Conkremente
sind aus Cholestearin, Ealksalzen und Ghdlenpig-
menten zusammengesetzt Janssen (Rom).
213. Isolirte regionäre Achseldrüsentaber-
knlose bei Tamoren der weiblichen Mamma,
nebst Bemerkungen über die Genese der
Milohdrüsentaberknlose ; von Dr. Heinrich
Ebbinghaus in Zürich. (Yirchow's Arch.
CLXXI. 3. p. 472. 1903.)
E. beobachtete 2 gutartige Tumoren der Mamma
bei einer 42- und einer 57jähr. Frau, die beide zu-
gleich eine regionäre Achseldrüsentuberkulose bei
sonst gesundem und kräftigem Körper darboten.
In dem einen Falle handelte es sich um ein Fibro-
adenom, im anderen um ein Myxofibroma intra-
canaliculare. Beide Geschwülste waren frei von
Tuberkulose.
E. hält es für sehr unwahrscheinlich, dass ein
Tumor überhaupt Tuberkulose in seinen Lymph-
bezirken zur Ansiedelung zu bringen vermag, mag
er nun gutartig oder bösartig sein. Findet sich
dennoch dort eine Tuberkulose, so bestand sie schon
unabhängig von dem Tumor und konnte höchstens
durch lokale, innerhalb dieser Neubildung sich ab-
spielende Vorgänge (gesteigerte Resorptionverhalt-
nisse u. s. w.) aus einer latenten zu einer mani-
festen Erkrankung werden. N o e s s k e (Kiel).
214. Contribato alla oonosoens» dei tamori
maligni della mammella dell'aomo; per G. Be-
ta gh. (Poüclin. Vn. 25. 26. 1901.)
B. theilt aus der Durante 'sehen Klinik 4 Fälle
von Epitheliom und einen Fall von Sarkom der
männlichen Brustdrüse mit.
Der eine der Epitheliam'YiÜle beansprucht in kli-
nischer und histologischer Beziehung besonderes Inter-
esse. Zunächst bestand eine abnorme Ausbildung der
Brustdrüsen (Gynäkomastie). An der erkrankten Seite
Hess sich aus der Brustwarze eine gelbUche, oft blutig
gefärbte Flüssigkeit herauspressen, in der sich Fettköm-
chenzeUen, Epithelien und rothe Blutkörperchen fanden.
Wie die histologische Untersuchung ergab, stammte die
Flüssigkeit ans cystischen Hohlräumen, die von einem
mehrschichtigen Epithel ausgekleidet waren und von
deren Wandungen papilläre Wucherungen ausgingen.
Diese Hohlräume waren zwar zum Theil mitten in der
Geschwulstmasse gelegen, liessen aber nirgends Bezie-
hungen zur Neubildung erkennen und waren offenbar
aus erweiterten Milchgängen hervorgegangen.
Nach B. handelte es sich um die Reste einer
chronischen Mastitis, und zwar um eine der
Mastitis endocanalicularis analoge Form. Auf dem
Boden der Mastitis hätte sich dann der Krebs ent-
wickelt. B. glaubt nicht, dass die Gynäkomastie
eine Disposition zur Entwickelung von Brust-
drüsengeschwülsten bedinge.
Sarkome der männlichen Brustdrüse sind be-
deutend seltener als Carcinom; mehr als 12 Fälle
sind bisher nicht beschrieben worden.
B.'s Fall betraf einen 59jähr. Mann, bei dem sich
innerhalb eines Jahres multiple Sarkome der rechten
Regio mammaha und Metastasen in den gleichseitigen
Achseldrüsen entwickelt hatten. Die Geschwülste der
Regio mammaria waren mit denen der Achselhöhle ent-
sprechend dem Verlaufe der Lymphgefässe durch eine
Kette von kleinen Tumoren verbunden, die sich genau
ebenso verhielten wie jene. Bei der mikroskopischen
Untersuchung erwies sich die Neubildung als ein Melano-
sarkom. Janssen (Rom).
215. The genesia ofglioma retinae in nenr-
oglia; by Dr. Pusey. (BulL of the Johns Hopkins
Hosp. Xm. 139. Oct. 1902.)
Im Zusammenhange mit einer kritischen Literatnr-
betrachtung bespricht P. seine Untersuchungen an einem
Glioma retinae. Gute Abbildungen unterstützen die Dar-
steUuDg. Bemerkenswerth an dem makroskopischen Be-
funde sind nur die Verkleinerung des Bulbus und die Ten-
sionverminderung trotz nicht erfolgter Perforation. Von
besonderer Bedeutung bei der mikroskopischen Unter-
suchung war die Feststellung, dass der Tumor in der
Hauptsache aus Neurogliagewebe besteht. In der Netz-
haut z. B. ist „die Neuroglia so zu sagen auf Kosten der
anderen nervösen Netzhautbestandtheile entwickelt*, die
theilweise ganz verschwunden sind oder nur in spärlich-
stem Maasse angetroffen werden. Die Neuroglia durch-
zieht u. A. auch den Glaskörper und die Linse. Besonders
bewährte sich P. die Färbungsmethode von Mallorj,
Phosphormolybdänsäure, Hämatoxilin. Die Gliomrosetten
sind nach seiner Ansicht ebenfalls aus Neurogliazellen
und Fasern gebildet. £r empfiehlt deshalb, den tod'
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
165
Wiotersteiner and Flexa er far diese Geschwulst
befürworteteaNameaNearo-Epitheliomaretiaae fallea za
lassen und die alte Yirchow'sohe Bezeichnang Glioma
retioae beizabehaltea. Bergemano (Hasum).
216. Zar Symptomatologie der Bücken-
markatumoren ; von Dr. M. Jaff6 in Posen.
(Arch. f. klin. Chir. LXVIL 3. p. 473. 1902.)
J. berichtet über eia in Höhe des zweitea Dorsal-
segmentes sitzeadea, vom inneren Blatte der Dara-mater
lasgehendes, gefässreiohes Fibrosarkom bei einer 52jähr.
Fraa, die an Paraplegia and Anaesthesia dolorosa mit
starken Steifigkeiten der gelähmten Beine, erhöhten
SehDenreflezen , totaler Blasen- and Mastdarmlähmung
und schwerem Decabitas gelittea hatte. Warzelsym-
ptome hatten nicht bestanden, dagegen eine abgestampfte
£aipfiodIichkeit and gerade in dem Rückenmarksegmente,
das das obere Grenzgebiet der abgestampften Empfin-
dang beherrschte, sass die Geschwalst J. hält die Früh-
diagnose and genaae Niveaadiagnose, in welchen beiden
Momenten die Therapie der Rückenmarkstamoren be-
grändet Uegt, für häafiger möglich, als sie bisher gelang.
Noesske (Eiel).
217. Experimentelle üntersuehnngen über
Drackateigerangen im Büokenmarksaok ; von
Dr. Rudolf Finkeinburg. (Deutsches Arch.
L kün. Med. LXXVI. 4 u. 5. p. 383. 1903.)
F. machte seine Versuche an Hunden und
Kaninchen und steigerte den Druck sowohl von
der Cauda equina wie vom Sch&del her. Das wich-
tigste Ergebniss ist, dass es bei Hunden und Katzen
gelingt, durch eine gewisse Drucksteigerung im
Subarachnoidealraume des RQckenmarkes die Knie-
reflexe abzuschwächen, bez. zum Verschwinden zu
J}ringen. Geringere Drucksteigerungen, die hierzu
nicht ausreichen, bewirken in der Regel eine er-
hebliche Steigerung des Reflexes und lösen tonische
Krämpfe in den Hinterbeinen aus. Diese Krämpfe
beruhen augenscheinlich auf einer direkten Rei-
zung des Rückenmarkes, bez. der vorderen und
hinteren Wurzeln ; sie treten auch auf, wenn man
den Rückenmarksack nach dem Qehirne zu ab-
gebunden hat. Sehr auffallend ist es, dass der
wirksame Druck (wie bei Hirndruckversuchen auch)
an Stärke wechselt bei verschiedenen Thieren und
bei demselben Thiere zu verschiedenen Zeiten.
Es spielen hier allerlei individuelle Verhältnisse
(Absorption, Resorption u. s. w.) eine Rolle. Die
Thatsache, dass es bei einzelnen Versuchen über-
haupt nicht gelang, die Kniereflexe zum Schwin-
den zu bringen, mOchte P. mit dem Wegfalle cere-
braler Hemmungen und der dadurch bedingten
gesteigerten Reflexerregbarkeit des Rückenmarkes
erklären. Dippe.
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
^
218. Ueber intraYenöse SaaentolOnfüsio*
Den; von Prof. Gustav Gärtner. (Wien. klin.
Wchnschr. XV. 27. 1902.)
Die Einverleibung grosser Mengen von Sauer-
stoffgas in die Venen, wird von Thieren reaktionlos
ertragen, auch nach langer Zufuhr wurde niemals
Gas im Herzen gefunden. Aenderungen derCirku-
laÜQn treten nicht zu Tage. Praktische Verwen-
dang der Thatsachen erwartet sich G. bei Kohlen-
oxydvergiftung und bei asphyktischen Neugebo-
renen. Der Sauerstoff muss mit grosser Sorgfalt
bereitet sein ; der gewöhnlich im Handel in Stahl-
flaschen erhältliche ist es nicht, er enthält zu oft
Beimengungen von Stickstoff (bis zu 20<^/o), was
natOrlich Luftembolie zur Folge haben würde.
W. Straub (Leipzig).
219. Etnde tozioologiqua de radrinalin ;
par Plinio Taramasio. (Revue m6d. de la
Soisse roDL XXII. 8. p. 589. Acut 20. 1902.)
Bei subcutaner Injektion ist Adrenalin für
Kaninchen mit 0.02 g pro Kilogramm, fOr Meer-
schweinchen mit 0.0 Ig pro Kilogramm sicher tOdt-
lich. Dosen von 0.004 können unter Umständen
tödtlich wirken. Der Tod erfolgt durch akutes
Lungenödem nach 1 Stunde. Häufig bemerkt
man lokale Gewebenekrose an der Injektionstelle ;
VergiftuDgsymptome sind- DyspnOe, Sensibilität-
abnahme, Schwächung der Reflexerregbarkeit und
der Motilität. FrOsche werden unter ähnlichen
Symptomen erst bei 0.5 g Adrenalin pro Kilogramm
getOdtet W. S t r a u b (Leipzig).
220. Ueber einen interessanten Fall von
Naevns papillomatosos universalis. Behandr
lung mit Thyreoidin; von Dr. C. Beck. (Monatsh.
f. prakt. DermatoL XXXH. 9. p. 433. 1901.)
Die ausserordentlich ausgebreitete verruköse
Hautveränderung ging unter der Behandlung mit
Thyreoidintabletten {OM— 0.2 Merdk, beziehentlich
B. W, & Oo.) bis zu einem gewissen Grade zurück,
recidivirte aber in den behandlungsfreien Zwischen-
zeiten. P i n k u s (Berlin).
221. üeber die suboatanen Ii^ektlonen mit
Serum Truneoeok bei Neurasthenie und ver-
sohiedenen nerrosen Zuständen, die gewisse
Krankheiten, wie Pellagra, Anämie xu s. w.
begleiten; von Dr. Cosma. (Spitalul. XXIIL
4—5. p. 178. 1903.)
C. hat dieses Serum bei Arteriosklerose ange-
wendet und hierbei gefunden, dass zwar von einer
eigentlichen Heilung des Grundprocesses nicht ge-
sprochen werden kann, dass aber die verschiedenen
nervOsen Symptome, die ihn begleiten, wie Herz-
klopfen, Schlaflosigkeit, Schwindel, Athembeschwer-
den u. A. sichtlich günstig beeinflusst werden.
Auch bei Neurasthenie und anderen nervOsen Er-
scheinungen, wie man sie namentlich in Begleitung
von Pellagra, Anämie u. Aehnl. beobachtet, bemerkt
man Besserung nach 10 Einspritzungen und oft
gänzliche Heilung nach weiteren 10 — 20. Ausser-
dem nehmen die Kranken an Gewicht zu.
E. Toff(Braila),
166
lY« Pharmakologie und Toxikologie.
222. nntersnohangen über RhodaiiYerbin-
düngen; von Q. Treupel und A. Edinger.
2. Mittheilung. (MQnchn. med. Wchnschr. XLIX.
14. 1902.)
Die vom Menschen gut vertragenen Dosen von
0.3 — 0.5 g Rhodannatrium stumpfen bei fortge«
setzter Darreichung die Aciditftt des Harnes be-
trächtlich ab, gleichzeitig ist die Harnsäure- und
Phosphorsäureausscheiduog vermindert.
W. Straub (Leipzig).
223. Beiträge Bur Kenntnisa der Wirkung
des Chinins auf das (Gehörorgan ; von Dr. E.
Wittmaack. 1. u. 2. Theil. (Arch. f. d. ges.
Physiol. XCV. 5 u. 6. p. 209. 1903.)
Im 1. Theile weist W. nach, auf Orund von
Versuchen, die unter bestimmten Cautelen ange-
stellt waren, dass die Störungen des OehOrorgans,
wie sie nach Chininvergiftung beobachtet werden,
nicht auf Hyperämie und Blutungen zurückzuführen
sind. Etwaige Blutergüsse im mittleren oder inne-
ren Ohre, wie sie früher nach Chininvergiftung be-
schrieben wurden, sind nach den Beobachtungen
W.'b erst agonalen Ursprunges, bedingt durch die
schweren Erstickungserscheinungen, unter denen
die Thiere zu Qrunde gehen.
Im 2. Theile weist W. durch Untersuchung der
Ganglienzellen des Ganglion Cochleae nach, dass
diese Zellen sehr stark durch das Gift verändert
werden. Bereits 4 Stunden nach der Einführung
einer grösseren Giftdosis ist die Veränderung eine
derartige, dass die Unterscheidung der Ganglien-
zellen von normalen möglich wird. Als erstes
Zeichen der Vergiftung kann eine stärkere Färb-
barkeit der Nissl-Schollen im Zellenleibe gelten.
(Färbung der Nissl-SchoUen mit Methylenblau, der
Grundsubstanz mit Erythrosin nach Held.) Dann
nimmt die Grundsubstanz immer mehr einen
violetten, statt dem rein rothen Farbenton an. Die
Nissl-Schollen zeigen bei mittelschweren Vergif-
tungen bereits Unregelmässigkeiten ihrer Lagerung,
Anhäufung an einem Zeilentheil, Zusammenbacken
zu grösseren Klumpen u. dgl, auch scheinen sie
stellenweise ausgefallen zu sein. Bei schweren
chronischen Vergiftungen endlich erschien das
Protoplasma diffus blau gefärbt und nur ganz ver-
einzelt waren überhaupt noch Reste von Nissl-
SchoUen zu erkennen. Diese Veränderungen wer-
den durch eine Reihe farbiger, nicht schematisirter
Abbildungen von normalen und pathologischen
Ganglienzellen von Hunden und Meerschweinchen
übersichtlich dargestellt Wie für die Netzhaut in
den letzten Jahren nachgewiesen wurde, dass ihre
Ganglienzellen bei verschiedenen Vergiftungen,
unter Anderem bei Chininvergiftung, den ersten An-
griffspunkt bilden, so ist es auch für das Gehör-
organ nach den vorliegenden Untersuchungen wahr-
scheinlich, dass die Ganglienzellen den Sitz der
primären Giftwirkung darstellen.
Garten (Leipzig).
224. Einwirkung von Ohinasaure auf Harn-
säure- und nippuraaureauaaoheidung ; von Dr.
Frz. Hupfer. (Ztschr. f. physiol. Chemie XXXVII.
4. p. 302. 1903.)
Weiss hatte gefunden, dass Chinasäure die
Hippursäureausscheidung erhöht, die Hamsäure-
ausscheidung herabsetzt; auch Andere kamen zu
demselben Resultate, und so wurden verschiedene
chinasaure Verbindungen als Gichtmittel empfohlen.
H. zeigt nun, dass zwar die Hippursäureausschei-
dung durch Chinasäure gesteigert, aber die Harn-
säureausscheidung nicht vermindert wird. Weiss
habe zu wenig Hamsäurebestimmungen gemacht,
stütze sich nur auf eine Versuchsreihe, Andere
hätten nicht einmal die Nahrung während der Ver-
suche controlirt.
Die Theorie von dem Antagonismus von Hippur-
säure und Harnsäure muss damit fallen.
V. Lehmann (Berlin).
225. Ueber die physiologiflohe Wirkung
einiger PhenanthrenderiTate ; von P. Bergeil
u. R. Pschorr. (Ztschr. f. physiol. Chemie
XXXVm. 1 u. 2. p. 16. 1903.)
B. und F. fanden, dass dem Phenanthren,
C||H|o, von dem sich das Morphin ableitet, im
Körper keine besonderen Wirkungen zukommen;
es geht eine Verbindung mit Glykuronsäure ein,
wahrscheinlich unter intermediärer Bildung eines
Oxyphenanthren (Phenanthrol).
Dagegen erzeugen die Oxyphenanthrene beim
Warmblüter schwere tetanische Anfälle, ebenso
eine Sulfosäure und die Phenanthrencarbonsäuren.
Verschieden davon sind die Wirkungen der Deri-
vate des Phenanthrenchinons. Diese rufen keine
tetanischen Erscheinungen hervor, sind aber aus-
gesprochene Methämoglobinbildner.
V. Lehmann (Berlin).
226. Beitrag aar Aethemarkose ; von Dr.
C. Longard. (Münchn. med. Wchnschr. L. 24.
1903.)
Die Aethemarkose würde zweifellos schon
längst Qemeingut aller Aerzte geworden sein, wenn
sich die Anwendung des Aethers zur Narkose
technisch so leicht gestaltete, wie die des Chloro-
forms.
Die Orundforderungen, die man an eine gute
Aeihermaske stellen muss, sind 1) dass sie die un-
eingeschränkte Zufuhr atmosphärischer Luft ge-
stattet; 2) dass sie uns in den Stand setzt, die ver-
dorbene ausgeathmete Luft sofort zu entfernen ;
3) dass sie die vollständige Verwerthung des ein-
geführten Aethers bewirkt, da nur so eine Con-
trole des Aetherverbrauches möglich ist. Die von
L. zusammen mit Dr. Wagner construirte Maske
entspricht diesen Bedürfnissen.
Auf Grund seiner Beobachtungen bei über
2700 Aethernarkosen kommt L. zu folgenden
Schlussfolgerungen: Der^e^Aer ist bei richtiger Au*
rv. Pharmakologie und Toxikologia
167
I wendoDg das ungeßhrliehste und beste Narkoticum,
das wir besitzen. Die unangenehmen Nebenwirkun-
gen, die ihm bisher zur LAst gelegt wurden, sind
nicht Folge des Aethers als solchen, sondern nur
bedingt durch die gleichzeitige Kohlensäurevergif-
tong des Körpers. Darum ist erste Vorbedingung
einer guten Aethemarkose die reichliche Zufuhr
atmoephftrisoher Luft Bs giebt keine Gontraindi-
Monen gegen die Aethemarkose; weder akute,
noch chronische Katarrhe der Lunge verbieten sie.
Eine Feuersgefahr besteht bei der gründlichen Aus-
nutzung der Aetherdämpfe nicht, so dass man ruhig
bei Licht operiren kann. P. Wagner (Leipzig).
' 227. Bmoin, ein neues Gegenmittel beim
I HorphiniamiiB ; von Dr. A. Fromme in Stel-
lingen (Hamburg). (MQnchn. med. Wchnschr. L.
27. 1903.)
Nach Versuchen mit allerlei Mitteln glaubt Fr.
im Brucin einen Stoff gefunden zu haben, der bei
der Abgewöhnung des Morphins die besten Dienste
leistet Brucin ist ein Strychnospräparat und als
solches Antagonist des Morphin. Es verbessert
sehr bald das Allgemeinbefinden der Morphinisten,
bewirkt eine bessere Blutbildung, guten Schlaf,
regt Appetit und Verdauung an. Am besten giebt
I man Morphin und Brucin zusammen innerlich mit
steter Verminderung des Ersteren bei geringer Er-
häiong des Letzteren. Man kann mit 3 cg 2 bis
3mal täglich beginnen und bis zu 18 cg steigen.
Bedenkliche Wirkung dieser Brucindosen hat Fr.
nicht gesehen. Dippe.
228. Erfahrungen mit dem neuen Schlaf-
nüttelMVeronal**;vonFritz Lotsch. (Fortschr.
d. Med. XXI. 19. 1908.)
Sehr gfinstiger Bericht aus der L med. Klinik
lu Berlin. Veronal wirkt zu 0.25 — 1.0 bei ein-
facher Schlaflosigkeit sicher, angenehm und ohne
alle bedenklichen Nebenerscheinungen. Kranke
der verschiedensten Art vertrugen es gleich gut,
bei heftigen Schmerzen , starken Beklemmungen
Q- 8. w. versagt es. Dippe.
229. Ueber die Wirkongsweiee des Ootoins
ud Vortoins auf den Darminhalt; von Dr.
findolf Karb. (Deutsches Arch. f. klin. Med.
LXXVL 1—3. p. 80. 1908.)
E. hat Versuche darüber angestellt, wie weit
die genannten beiden Mittel zur Desinfektion des
I^vmes geeignet sind. Dabei erwies sich das
Portom als ganzlich v^irkungslos, es nützt auch bei
Krankheiten so gut wie gar nichts. Das Ootoin
^irkt entwickelungshemmend auf die Bakterien
im Darme, aber nicht gleichmftssig, auf die einen
mehr, die anderen weniger.
Klinisch bewährte sich das Cotoin bei Enteri-
tiden und namentlich auch bei typh(^sen Durch-
^en (bis zu 2.6 g pro die) oft recht gut, gegen
die taberknlüse Enteritis half es nichts. Dippe.
280. üeber Empyroform, ein trockenes,
fast geraohlosea Theerpräparat ; von Dr. Bruno
Sklarek. (Ther. d. Gegenw. N. F. V. 7. p. 805.
1908.)
Empyroform ist ein Condensationprodukt von
Theer und Formaldehyd, ein bräunliches Pulver
von kaum an Theer erinnerndem Gerüche. Es ist
in der Neisser 'sehen Klinik in Salbenform als
1 — 20proc. Empyroformvaseline, als 10 — 20proc.
Empyroform- Blei-, bez. -Zinkvaseline, als Empyro-
formpaste (Empyrof., Amyl. ana 25.0, Vaseline 50.0)
verwandt und hat sich namentlich bei Ekzemen
gut bewährt. In den ersten Stadien des Ekzems
wirkt oft eine Tinktur ganz besonders gut : Empyro-
form. 5.0 — 10.0, Chloroform., Tinct. Benz, ana ad
50.0. M. D. S. Pinselung. Im squamOsen Stadium
legt man nach der Pinselung ein Salicylseifen-
pflaster (von Beiersdorf 5 — lOproa) auf. Das
Empyroform kann auch im nässenden Stadium des
Ekzems als Empyroform- Zinkpaste oder als Tinktur
angewandt werden, es wirkt in hohem Grade juck-
stillend, austrocknend und ohne jede Ortliche Rei-
zung. Dippe.
281. Anthrasoly ein gereinigter, farbloser
Theer und seine therapeutische Verwerthnng;
von Dr. A. Sack und Dr. H. Vieth. (Mfinchn.
med. Wchnschr. L. 18. 1908.)
Der Theer ist nach der Ansicht der Vff. seiner
unangenehmen Eigenschaften wegen zu Unrecht
als Heilmittel vernachlässigt worden. Es ist ihnen
gelungen, in dem Anthrasol ein dünnflüssiges, hell-
gelbes, nach Theer riechendes Oel darzustellen,
das sich in Alkohol, fetten Oelen, flüssigem Paraffin,
Vasogen verdünnen lässt und alle guten Eigen-
schaften des Theers hat Es wirkt bei Ekzemen,
parasit&ren Hautkrankheiten sehr günstig, wirkt
juckstillend, „keratoplastisch'' und ist vOllig reizlos.
Die VfT. stellen ausführliche Berichte in Aus-
sicht. Dippe.
282. Zur Behandlung des Milsbrandes mit
intraTenösen Injektionen von löslichem Silber
(CoUargolnm) und über die Anwendbarkeit
anderer löaiioher Silberpräparate au intra-
venösen Ii^ektionen; von Dr. R. v. Baracz.
(Arch. f. klin. Chir. LXX. 2. p. 490. 1908.)
V. B. berichtet über 8 F&lle von schwerem Milz-
brand, deren günstiger Ausgang mit aller Wahr-
scheinlichkeit der Wirkung der intravenösen Col-
largolinjektionen zuzuschreiben ist Alle 8 Kranke
bemerkten schon 1 Stunde nach der Injektion
grosse Erleichterung des Allgemeinzustandes, die
Temperatur fiel stets ab. Die lokale Behandlung
war in allen 8 Fällen fast indifferent, v. B. hat
verhältnissmässig hohe Dosen des Mittels ange-
wendet, bis zu 80 com einer Iproc. CollargoUösung.
üeble Zufälle nach diesen grossen Gaben wurden
nie beobachtet. Auch von Seiten der Kranken
wurden nie irgendwelche unangenehme Symptome
168
Y. Neuropathologie und Psychiatrie.
angegeben, mit Ausnahme des Schüttelfrostes, der
gewöhnlich jeder intravenösen Einverleibung des
Collargols folgte.
Auf Orund der von v. B. gemachten Erfahrung
dürften in jedem schweren Falle von Milzbrand
— besonders bei dem inneren Milzbrand, der sog.
Hadernkrankheit — weitere Versuche mit intra-
venösen GoUargolinjektionen vorgenommen werden.
Anhangsweise bespricht v. B. die Ergebnisse
der Behandlung des Milzbrandes bei Kaninchen
durch intravenöse Injektionen des Collargolum und
die Anwendbarkeit verschiedener löslicher Silber-
präparate zu intravenösen Injektionen.
P. Wagner (Leipzig).
233. Beitrag aar Behandlung der puer-
peralen Sepsis; von Dr. Reidhaar in Basel.
(Mon.-Schr. f. Geburtsh. u. Qynftkol. XVI. 4. 5.
p. 765. 882. 1902.)
B. berichtet über die sehr günstige Beeinflus-
sung einer schweren puerperalen Streptokokken-
sepsis durch intravenöse Injektionen von Collargol-
Cred6 (O.lproc., 1 — 2mal täglich), nachdem
Antistreptokokkenserum yollständig versagt hatte.
Fieber, Schüttelfröste und Allgemeinbefinden ver-
loren sofort ihren bedenklichen Charakter, die
Nahrungsaufnahme hob sich. Nach Aussetzen der
Injektionen trat wieder Verschlechterung ein.
E. Teuf fei (Berlin).
234. Trachom und Caprooitrol (v. Arlt);
von Dr. E m i 1 B 0 c k. ( Wchnschr. f. Ther. u. Hyg.
d. Auges VI. 20. 21. 1903.).
Trachombehandlnng mit Caprooitrol von
Februar 1902 bis Mära 1903; von Dr. F. v. Arlt
(Ebenda 29.)
Die VfiE. berichten über weitere Erfolge, die
sie und Andere bei der Behandlung des Trachoms
mit Cuprocitrol gemacht haben. Das Mittel wirkt
nach den bisherigen Erfahrungen mit derselben
Raschheit und Nachhaltigkeit, wie z. B. Cuprum
sulphur. in Substanz und Argent-nitricum- Lösung,
hat vor diesen aber den grossen Vorzug, dass es
keine wesentlichen Schmerzen und Beizerschei-
nungen und keinen Aetzschorf hervorruft Es wird
in 5 — lOproc. Salbenform unter die Lider gebracht
und gut verrieben ; der Kranke kann es auch ohne
ärztliche Hülfe anwenden. In den sehr wenigen
Fällen, die seiner Heilwirkung nicht zugänglich
sind, hat es nie Schaden angerichtet.
Bergemann (Husum).
235. Bohwere Veratsung duroh Sohmier-
seife bei einem 18 Konate alten Kinde ; von
Dr. JosephLanger. (Münchn. med. Wchnschr.
XLVIIL 15. 1901.)
Ein IVsjähr. Kind hatte Schmierseife verschlackt.
In der Klinik (Ganghofner) stellte man fest : Schmerz-
haft ächzendes, flüchtig athmendes Kind. Schleimhaut
der Unterlippe, der Wangen, des harten und weichen
Gaumens, die Oberfläche beider Mandeln granweiss ver-
färbt. Ausspülung mit Essi^wasser, innerlich Opium-
tioktnr. Nach 24 Stunden Fieber, Verfall. Pneumonie
im linken ünterlappen. Urin alkalisch, gering eiweiss-
haltig, enthielt rothe Blutkörperchen, spärliche Epithe-
lien und Cylin derbrocken [?]. Tod an demselben Ta^.
Sektion : Verätzungen im Munde, in der Speiseröhre, im
Magen. Pneumonia iobi infer. dextri. Es ist nicht mit
Bestimmtheit zu sagen, ob der Tod allein durch die
Seifenvergiftung hervorgerufen worden ist Die Seife
enthielt keine freie Kalilauge, 5% Pottasche.
Brückner (Dresden).
236.Folyneoriti8toadBoh-alimeiitärer Natur;
von L. S t r 0 m i n g e r. (Spitalul. XXIIL 7. p. 252.
1903.)
Der 36jähr. Pat hatte nach dem Verspeisen von ver-
dorbenen Würsten 4 Tage lang an heftiger Gastroenteritis
gelitten; gleichzeitig bestanden Kopfschmerzen, Herz-
klopfen und leichte Temperaturerhöhung. Nach einigen
Tagen verspürte er Ameisenlaufen in Händen und Füssen,
dieGUeder wurden schwer, sehr schmerzhaft und es ent-
wickelte sich eioe Polyneuritis, die bereits über 1 Jahr
dauert. Durch die Behandlung (Serum Trunececk,
Galvanisation, Quecksilber, Strychnin, elektrische Bäder,
Massage) wurde der Zustand erheblich gebessert
£.Toff(Braüa).
V. Neuropathologie und Psychiatrie.
237. üeber venohiedene Aagenmaakel-
störungen. (Vgl. Jahrbb. CCLXXVIII. p. 157.)
Seggel (Doppelseitige Abduoens- und seit-
liche Blicklfthmung. Mfinchn. med. Wchnschr. L.
18. 1903) sah das im Titel beschriebene Bild durch
eine Geschwulst in der Gegend der Abducenskerne
entstehen.
Bei einem 62jähr. Manne bestand erst rechts Abdu-
censlähmung (mit sekundärer Ablenkung) und links Un-
fähigkeit, nach rechts zu sehen, bei erhaltener Conver-
geuz. Später wurde auch der linke Abducens gelähmt,
as trat Facialislähmung (mit Nekrose der Hornhaut) auf
und der Pat. ging unter Tumorsymptomen zu Grunde.
Die Sektion ergab einen Tukerkel in der Brücken-
gegend, der die Abducenskerne u. s. w. beschädigt
hatte.
S. bespricht ausfQhrlich das Bild der Lfthmung
der Seitwftrtswender. Der Ii$f. freut sich, dass
der Vf. ihm gegen Dr. Oraefe Recht giebt bei
der Frage, ob scheinbare Bewegungen nach der
Seite bei Verdeckung des anderen Auges Conver-
genzbewegungen seien oder nicht.
A. P6chin (ün cas d'ophtalmopl^gie con-
genitale. Revue d'Hyg. Infant I. 3—4. 1902X
dessen Arbeit nach dem Referat in der Revue
neurol. (XL 7. p. 375. 1903) wiedergegeben wird,
erzählt von einem 20jähr. Jüngling mit angeborener
Ophthalmoplegie.
Unvollständige Rosis. Die Augäpfel konnten sich
nicht um 1 mm drehen, sie waren parallel nach vorn ge-
richtet und standen immer ganz still. Accommodation
und Pupillenbewegung normal. Parese der Facialis-
muskeln.
G. Schwabe (Bericht über G. Seh w.'s Augen-
klinik. Leipzig 1903. p. 50) beschreibt eine Familie
mit Ptosis und Bpicanthns.
V. Neuropathologie und Psychiatrie.
169
Von 10 Kindern eines Paares waren 2 früh gestorben.
Bei 8 wurden bis zn den ersten Schaljahren Sprach-
- störuDgen beobachtet. Die letzten 5 Kinder zeigten gleich
dem Vater beiderseits vollständige Ptosis und Epioanthns.
Der Vater war als Kind wegen seiner Ptosis operirt
worden, die rechte Lidspalte war 5, die linke 7mm hoch.
Nor nach oben hin war die Bewegung der Augäpfel ge-
hemmt Von den Kindern beschreibt 8 c h w. 3 Mädchen.
Die Lidspalten der ISjähr. Tochter waren 3 und 4 mm,
die der 9jähr. 3 und 5 mm, die der öViJähr. 2 und 3 mm
hoch. Ausserdem bestanden bei allen 3 Mädchen Epi-
ciothos, Strabismus couYerg. conoomit. mit etwas Nystag-
mus, Astigmatismus und lallende Sprache.
M. Reichardt (üeber angeborene Pupillen-
Btarre. Neurol. Centn- Bl. XXII. 11. 1903) kann
xwar nicht darthun, dass es eine angeborene
Pupillenstarre gebe, meint aber, es sei mOglicher-
veise doch so. Er hat bei 2 blödsinnigen Kranken
(einer 40jähr. weiblichen Person und einem 21 jähr.
Epileptischen) isolirte Pupillenstarre gefunden ; es
war nicht möglich zu sagen, ob reflektorische, oder
totale. Die Pupillen der Mutter des Epileptischen
waren auch starr. Nach dem Tode des Kranken
wurde am Rfickenmarke nichts Besonderes gefun-
den (das Oehim war verloren gegangen).
Theod. Schilling (Zur Frage der recidi-
Tirenden Oculomotoriuslähmung. Münchn. med.
Wchnschr.L. 18. 1902) theilt aus Oppenheim 's
Beobachtung einen vollkommen typischen Fall von
wiederkehrender Oculomotoriuslähmung mit.
Der 15jähr.Pat hatte den ersten Anfall mit 8 Jahren
gehabt. Anföoglich jährlich, waren die Anfälle später
einige Male im Jahre gekommen, aber leichter geworden.
Nichts deutete auf Migräne. Bemerkenswerth ist,
dass links markhaltige Fasern im Opticus gefunden wur-
den, und dass der Knabe stotterte.
Ein Fibrom des Nerven anzunehmen, ist der
Vf. nicht geneigt; Oiftbildung ist ihm wahrschein-
licher.
Jac. W. Russell (Gase of migraine with
ophthalmoplegia. Brit med. Journ. May 2. 1903)
berichtet über wiederkehrende Oculomotorius-
lähmung.
Die Verwandten des ISjähr. Pat waren migränefrei,
litten auch nicht an Epilepsie. Er war nach 4tägigen
Oeburtwehen mit der Zange zur Welt befördert worden.
Hit 14 TtLgen hatte er den 1. Anfall von Erbrechen ge-
habt und seitdem waren die Anfölle regelmässig wieder-
gekehrt: Kopfschmerz (sobald wie das Kind Zeichen
geben konnte) und Erbrechen alle 2 — 4 Wochen. Wäh-
rend der ersten 6 Jahre waren die Anfälle von Ptosis und
Schielen links begleitet worden, Erscheinungen, die an-
^Qglich zwischen den Anfällen wieder vergangen waren,
mit der Zeit aber sich festgesetzt hatten.
Ausser einer Parese des linken Oculomotorius war
ao dem Knaben nichts Krankhaftes zu finden. Am
15. August trat ein Anfall ein : Schmerzen in der Stirn
and im Auge links. Lichtscheu, wiederholtes Erbrechen,
CoDgestion der Bindehaut, leichte Unregelmässigkeit des
Herzens, Steigerung des Kniephänomens. Am nächsten
Morgen war der linke Oculomotorius ganz gelähmt,
Schmerz und ihrbreohen hörten auf. Am 17. August war
auch das Auge wieder wie vorher. Die nächsten Anfälle
worden am 25. Aug., 18. Sept., 1. Oct, 14. Oct, 30.0ct.,
d. Nov., 29. Nov. beobachtet
Der Fall ist bemerkenswerth durch den frühen
Beginn und die Häufigkeit der Anfälle. Von der
nichtenglischen Literatur weiss der Vf. gar nichts.
HelJahrbb. Bd.279. Hft,2.
E. Schnitze (Ophthalmoplegia interna trau-
matica. Centr.-Bl. f. Nervenhkde. u. Psych. N. F.
XIV. p. 23. Jan. 1903) sah nach einer Kopfver-
letzung Lähmung der inneren Muskeln eines Auges
als erstes Symptom der progressiven Paralyse.
Einem 45jähr. Bergmanne war ein schweres Stück
auf den £opf gefallen. Wahrscheinlich Schädelbruch.
Gleich nach dem Anfalle starke Verengerung der linken
Pupille. Bald danach klagte der Er., er könne mit dem
linken Auge nicht lesen. Die Untersuchung ergab Läh-
mung des Sphincter ir. und des Ciliaris links, die auch
1 Jahr später bestand. Allmählicher geistiger Verfall.
Sprachstörung. Aufhebung der Sehnenreflexe. Etwa
3 Jahre nach dem Unfälle Tod. M ö b i u s.
238. Ueber Migräne. (VgLJahrbb.GLXXVIL
p. 47.)
W. Strohmayer (Ueber die Beziehungen
zwischen Epilepsie und Migräne. Münchn. med.
Wchnschr. L. 10. 1903) betont mit Recht, dass
Uebergftnge zwischen Epilepsie und Migräne nie
nachgewiesen worden sind, dass zwar ein Migräne-
Kranker epileptisch werden, dass eine symptoma-
tische Migräne mit der Krankheit Migräne ver-
wechselt werden kann, dass aber beide Krank-
heiten doch durch eine tiefe Kluft geschieden sind.
Er theilt eine Reihe von interessanten Kranken-
geschichten mit: bald handelt es sich um Combina-
tion und bald um schwierige Diagnose.
Ch. F6r6 (Sur des rdves pr6curseurs de la
migraine ophthalmique. Revue de M6d. XXIIL 2.
p. 127. 1903) weist auf die einen Migräneanfali
ankündigenden Trftume hin und erzfthlt 2 inter-
essante Beispiele.
I. Ein 43jähr. Mann Utt seit einigen Monaten an
Augenmigräne, die in der Regel früh um 9 Uhr eintrat.
Der Kr. wusste, wann ein Anfall kam, denn er hatte
dann vorher von Feuer geträumt, und zwar von einem
Vulkanausbruche oder von einem Brande, Vorgängen,
die sich immer rechts abspielten. Bei der Migräne trat
ein rechtseitigesFlimmerskotom auf und der nachfolgende
Kopfschmerz war über dem rechten Auge am stärksten.
Die Feuerträume hatten sich schon vor der Migränezeit
zuweUen eingestellt.
F. fand Zeichen der progressiven Paralyse (Fehlen
des Kniephänomens, reflektorische Pupillenstarre) und
ordnete eine antisyphiÜtische Behandlung an. Die
Migräneanfälle hörten auf, aber die Träume kamen noch
eine Zeit lang. Später entwickelte sich die Puralyse.
n. Ein 16jähr. Mädchen, dessen Vater an Migräne
litt, träumte seit dem Eintritte der Pubertät von Zeit zu
Zeit von dem „weissen Phantom**, d. h. von einer weiss-
gekleideten, versohleierten schönen Frau, die von rechts
her kam und irgend welche religiöse Geremonieen ver-
richtete. Nach einem halben Jahre zeigten sich am
Morgen nach dem Phantomtraume Migräneanfälle, bei
denen ein Skotom in der rechten Hälfte des Gesichts-
feldes erschien, die rechten Glieder einschUefen und wie
gelähmt wurden, schhesslioh rechtseitiger Kopfschmerz
mit Erbrechen eintrat Brombehandlung unterdiückte
die Anfälle, und der Phantomtraum kam nur noch selten,
zu der Zeit der Regel nämlich, wieder.
L. Hoeflmayr (Eine merkwürdige Compli-
kation eines Migräne-Anfalles. Neurol. Centr.-Bl.
XXU. 3. 1903) erzählt von einer 63jähr. Migräne-
Kranken, die einen besonders schweren Anfall er-
litt Sie blieb 10 Tage lang bewusstlos, hatte
22
170
V. Neuropathologie und Psychiatrie.
noch hinterher Hallucinationen und SehstOrungen,
die an Hemiskotom erinnerten. Sie blieb lange
schwach und deprimirt Der Vf. meint, die Kranke
sei nicht hysterisch gewesen. Wenn sie es aber
doch gewesen wftre ? H 0 b i u s.
239. üntersaohnngen über das Verhalten
des Balkena nach gröaaeren oortikalen Hirn-
läaionen; von Dr. KattwinkeL (Deutsches
Arch. f. klin. Med. LXX. 1. p. 1. 1901.)
Bei Läsionen in einer der Hemisphären sind
sekundäre Degenerationen im Balken von mehreren
Autoren beschrieben worden, wobei die Stärke der
Balkendegeneration der Ausdehnung der cortikalen
Läsion, bez. dem ausgefallenen Gehimabschnitte
entsprechen soll. E. untersuchte, wie sich der
Balken bei Läsionen in einer der Hemisphären ver-
hält, ob sich sekundäre Degenerationen in diesem
Oebilde nachweisen lassen und ob es vielleicht
möglich ist, die degenerirten Fasergänge zu ver-
folgen. Er untersuchte 36 Gehirne, in denen durch
Erweichung oder Blutung umschriebene Windungs-
gruppen in grösserem Umfange zu Grunde ge-
gangen, ja, wo ganze Lappen zerstört waren. Bei
alten Herden wandte er die Markscheidenfärbung
nach Weigert und Pal, bei relativ frischen
Läsionen die Mar chi 'sehe Methode, femer noch
die gewöhnlichen Eernfärbungsmethoden an. Der
Vf. theilt nur die Fälle mit, in denen es sich um
Läsionen fast der gleichen Hirnpartien handelt, bei
denen von anderen Autoren sekundäre Degenera-
tionen im Balken beschrieben worden sind. Seine
Resultate weichen ganz von denen der Autoren
ab. Er hat überhaupt keine sekundären Degene-
rationen im Balken zu finden vermocht Selbst bei
ausgedehnten Herden, bei Zerstörung ganzer Hirn-
lappen konnte er keine in seinen Präparaten nach-
weisen. Er betont aber, dass er nicht sagen kann,
ob nicht Degeneration oder Beeorption weniger
diffuser von der Läsion ausgehender Fasern im
Balken stattgehabt hat, da er diesen Nachweis für
sehr schwierig, wenn nicht unmöglich halt Auf-
fallend war andererseits das häufige Vorkommen
von primären Herden im Balken ; E. hat sie in ^/i
seiner Fälle gefunden. Fast regelmässig, wo sicu
Lacunen in anderen Oehirntheilen fanden, waren
auch kleine primäre Herde im Balken vorhanden.
E. meint, dass das Ausbleiben von sekundären
Degenerationen im Balken nach cortikalen Defekten
vielleicht seine Erklärung in der ungeheuren Menge
von Collateralen finde, eine Ansicht, die auch von
P. Marie ausgesprochen wurde.
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
240. Ueber Agrammatismiis als Folge von
Herderkrankangen ; von Prof. A. Pick. (Zeit-
schr. f. Heilkde. XXIU. 2. p. 82. 1902.)
P. schildert die Krankheit einer Arbeitersfraa, die
nach der 9. Entbindung einen Schlaganfall erlitt mit Con-
volsionen, Sprachstörung und psychischer Erregung. Bei
der Aufnahme in die Klinik wurde Pai ruhig, gab un-
sichere Auskunft über ihre Krankheit und verwechselte
die auch zeitlich mangelhaft lokalisirten Daten. Sie liesa
einzelne Buchstaben oder Silben aus und setzte an deren
Stelle ähnlich klingende ; ausserdem machte ihr die Arti-
kulation gehäufter Consonanten entschiedene Schwierig-
keit (z. B. statt Karoline sagte sie „Kaline*^). Nach-
sprechen und -Schreibon zeigten die gleiche Störung.
Pupillen frei, keine Differenz im Faciahs, kein Tremor in
dessen Gebiete, leichte Deviation der Zunge nach links,
kein Tremor, Dynamometer rechts 18, links 20; beim
Gehen fiel die Pat leioht auf den rechten Fuss auf;
Sensibilität normal; Kniephänomen rechts beträchtlich
stärker als links ; kein Fussdonus. Die Intelligenz hatte
beträchtlich gelitten ; die Kr. wusste nicht, welches Jahr
man schreibt, welcher Monat ist u. s. w. Die Kr. wurde
nach */• Jahren neuerlich eingeliefert; der Zustand war
wesentlich verschlimmert, die Sprache bedeutend sohlech-
ter, vielfach unverständlich. Der übrige Status war im
WesentUchen unverändert 3 Monate nach der Aufnahme
hatte die Pat. einen kurz dauernden Anfall von Bewusst-
losigkeit; danach Sprache schlechter, stärkere Parese
des rechten Facialis; an den Armen keine deutliche
Differenz, das rechte Bein entschieden paretisch ; Knie-
phänomen beiderseits sehr lebhaft, kein Fussclonus; nach
kurzer Dauer gingen die Erscheinungen auf den früheren
Status zurück. 4 Wochen später wiederum Anfall mit
Temperatur von 39.5®. 3 Monate später verschlimmerte
sich die Sprachstörung. 6 Monate nach dem letzten
Anfalle erlag die Pat einer Pneumonie. Die inneren
Meningen ebenso wie die basalen Arterien zart Die
ersteren stark ödematös, namentlich über der vorderen
Hälfte der linken Grosshimhemisphäre. Diesen Partien
entsprechend zeigte die linke Hemisphäre die Windungen
ihres Stirnlappens, namentlich den Fuss der mittleren
und unteren Stirnwindung, stark verschmälert. Dieselbe
Yerschmälerung auch an der Spitze des linken Schläfen-
lappens. Die nach Härtung durch die beiden Grosshirn-
hemisphären angelegten Horizontalschnitte Uessen eine
Herderkrankung nicht nachweisen. An der Medulla
oblongata und der Medulla spinalis keine Veränderungen.
P. hatte, gestützt auf die Angaben der Ana-
mnese, im Anschlüsse an bekannte Erfahrungen
über Cerebralerkrankungen im Puerperium nicht
einen Moment gezögert, eine Erweichung zu dia-
gnosticiren. P. glaubt, dass die constatirte Atro-
phie des Sprachgebietes als das Endstadium eines
akut einsetzenden Processes, und zwar höchst wahr-
scheinlich einer akuten Encephalitis anzusehen sei.
Die Sprachstörung, die namentlich während der
ersten Beobachtung ganz deutlich den Charakter
des Agrammatismus, und zwar zum Theil in der
Form des sogen. „Depeschenstyls" zeigte, muss
man nach P. mit der Atrophie des ganzen Sprach-
gebietes in Znsammenhang bringen, und zwar in
erster Linie mit der Lftsion des Schläfelappena.
Er stützt sich hierbei namentlich auf das folgende
Argument : In jener Phase des Verlaufes, in wel-
cher der Agrammatismus deutlich hervortritt, ist
die sonstige Sprachstörung im Wesentlichen eine
paraphasische , während erst später in der ße-
schränkung des Sprachschatzes und der Ver-
schlechterung der Sprache überhaupt der moto-
rische Faktor der Störung mehr hervortritt ; dem-
entsprechend müsse die Atrophie des Schläfelappens
vorangegangen sein. Die naheliegende Annahme
einer mit Herderscheinungen complicirten progres-
siven Paralyse lehnt P. ab wegen des Fehlens der
Störungen an den Pupillen, des Tremor im Facialis«
Y. Neuropathologie und Psychiatrie.
171
und HypogloBsusgebiete und des sonstigen Tremor.
SchlieBslich kommt P. noch einmal kurz auf die
zuerst von Steinthal ausgesprochene und noch
bis in die neueste Zeit von einzelnen Autoren irr-
thQmlicher Weise festgehaltene Ansicht zurück,
dass es sich beim Agrammatismus um eine aus
dem Rahmen der Sprachstörung auszuscheidende
psychische Störung handle.
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
241. Bückenmarkstnmor mit Erfolg ezstir-
pirt; von Henschen und Lennander. (Mit-
theil, a. d. Orenzgeb. d. Med. u. Chir. X. 5. p. 673.
1902.)
Der von H. diagnosticirte und von L. operirte
extramedulläre Tumor am Halsmarke bedeutet
wiederum einen schönen Erfolg der Rücken-
markschirurgie, er ist wohl der erste, so hoch-
sitzende, mit Glück operirte Tumor.
Die Symptome begannen hier mit Schmerz in der
rechten Schulter, dann entwickelten sich zunächst Oe-
föhlstörungen am linken Beine, und zwar vor Allem
Herabsetzung des Kältegefühls. Allmählich breitete sich
die Anästhesie (immer die Unke Seite bevorzugend) immer
mehr aus, so dass voir der Operation der Tastsinn am lin-
ken Beine verschwunden und am rechten sehr herab-
gesetzt war ; ebenso fehlte er am Rumpfe bis zum Nabel
und an der Ulnarseite beider Arme, der Daumen fühlte
leiderseits, Schmerz- und Temperatur sinn waren am
linken Beine und in der linken Rumpfhälfte aufgehoben.
Im rechten Beine bestand Ataxie und fehlte das Lage-
gefühl, rechts war beides gut. Was die Motilität an-
betraf, so waren schliesslich beide Beine, besonders aber
das rechte, gelähmt; an beiden Armen, besonders aber
rechts, fehlten alle Fingerbewegungen; Extension und
Flexion der Hand; die Streckung des Unterarmes und
die Sapination waren schwach; Bewegung der Unterarme
imd Schulterbewegungen waren frei. Keine deutUchen
trophischen Störungen der Muskeln. Die Sehnenreflexe
varen klonisch, besonders rechts. Die Harnentleerung
var erschwert. Die rechte Pupille war enger als die
linke. Bei Druck rechts neben der 6. Spina cervicalis
Empfindlichkeit ; spontan, ausser den initiaden an der lin-
ken Schulter, kaum Schmerzen.
Die Diagnose wurde auf einen Tumor in der
H&he des 7. Cervikalsegments gestellt und dieser
Diagnose entsprechend ein extramedullär und intra-
daräl sitzendes Fibrosarkom entfernt. Es trat so
ziemlich voUe Heilung ein. Die Art der Erkran-
kung (Tumor), auch sein extramedullärer Sitz,
sein Sitz auf der rechten Seite war wohl sicher ;
die Höhendiagnose war möglich aus der Ausdeh-
nung der Lähmungen und der rechten Pupillen-
verengerung. Aus dem Beginne des Leidens mit
Bensiblen Störungen am linken Beine und der
Ataxie des rechten Beines schlossH. auch, dass der
Tumor an der hinteren Peripherie des Markes sass
[oh das immer stimmen wird? Bef.]. Eigenthüm-
^ waren in diesem Falle offenbar excentrisch
projicirte Schmerzen in der linken Hflftgegend
und ein CKirtelschmerz um den unteren Bauch-
theil; sie konnten die Segmentdiagnose sehr er-
schwerten, scheinen aber nach neueren Erfahrungen
^68 Bef, bei Rückenmarkstumoren nicht so selten
2^8eiiL L.Bruns (Hannover).
242. Zwei Fälle von Bückenmarkssarkom;
von H. S e n a 1 0 r. (Charitö- Annalen XXVII. p. 208.
1903.)
Im 1. Falle S.'s hatte es sich um ein tanbenei-
grosses Sarkom in der Höhe des 7. bis 9. Dorsal wirbeis
gehandelt. Die Symptome, die in einer spastischen Läh-
mung der Beine mit Blasen- und Mastdarmstörang, mit
totaler Gefiihlslähmndg der Beine und Hypästhesie bis
znr 8. Rippe bestanden hatten und die langsam und all-
mählich eingetreten waren, begleitet von heftigen Schmer-
zen und Spasmus der Beine, hatten die Diagnose derCom-
pression durch einen Tumor in der Höhe der unteren
Dorsal Wirbel stellen lassen. Da aber eine deutliche Dif-
formität der Lendenwirbel bestand, wurde eine difiFose
Carcinomatose der Wirbelsäule mit Druck auf das Mark
angenommen ; der Druck auf das Mark hatte dann nicht
in der Höhe der Difformität der Wirbelsäule, sondern
darüber stattgefunden, was ja sehr wohl möglich war.
Die Sektion erwies die Wirbelsäule als gesund; die Diffor-
mität war durch Spasmus der Bauchmuskeln erzeugt.
Im 2. Falle handelte es sich um ein extradurales
Sarkom in der Höhe des 3. und 4. Brustwirbels. Der
Fall konnte nur unvollkommen untersucht werden. Die
Fat. ging in Folge von Blasendiphtherie rasch zu Grunde,
doch war auch hier aus der Ausbreitung der Sensibilität-
störungen und der Druckschmerzhaftigkeit des 2. bis
4. Dorsalwirbelkernes eine Segmentdiagnose zu stellen.
L. Bruns (Hannover).
243. Spinal hydatid oysts oansing severe
oompresslon myelitis; by Tytier and Wil-
liamson. (Brit. med. Joum. Febr. 7. 1903.)
Bei einer 27jähr. Frau hatte sich 3 Jahre vor der
Aufnahme in das Spital innen vom Angulus der linken
Scapula eine Geschwulst entwickelt, die ezstirpirt und
als Echinococcusblase erkannt wurde. Bald darauf hef-
tige Schmerzen im Rücken und in der Wirbelsäule und
allmähliche Entwickelung einer totalen Paraplegie mit
Anästhesie bis zur 5. Rippe, Blasen- und Mastdarmläh-
mung, links an der 3. und 4. Spina dorsalis eine kleine
rundliche Geschwulst, deren Punktion Hakenkränze er-
gab. Operation extradural. 15 Echinococcusblasen, die
entfernt wurden. Heilung bis auf spastische Parese, die
das Gehen aber erlaubte.
Echinococcusblasen sitzen fast immer extra-
dural und meist auf der hinteren Peripherie der
Medulla. Häufig entwickeln sie sich erst in den
Rückenmuskeln und dringen durch die Inter-
vertebrallOcher in den Wirbelkanal ein. In solchen
Fällen ist wie hier durch Untersuchung der extra-
vertebralen Geschwülste eine in jeder Richtung
genaue Diagnose zu stellen und die Operation-
prognose ist dann keine ungünstige.
L. Bruns (Hannover).
244. Sarooma of the third oervioal Seg-
ment; Operation, remotral; oonttnnedimprove-
ment; by Putnam, Erauss u. Park. (Amer.
Joum. of the med. Sc. CXXV. 1. p. 1. Jan. 1903.)
Der Fall der Autoren ist der hochsitzendste der
bisher mit Glück operirten Rüokenmarkstumoren,
weil diePhrenici betiieiligt waren, war es besonders
gefährlich. Beginn mit heftigen nach dem Hinter-
kopfe ausstrahlenden Nackenschmerzen ; allmählich
spastische Paraplegie der Arme und Beine mit
Blasen- und Mastdarmstörungen und Anästhesie
bis an die Clavicula. Der Tumor sass am 3. Cer-
vikalsegment intraduraL Langsam fortschreitende
172
V. Neuropathologie und Psychiatiie.
Besserung aller Symptome; zeitweise Brown-
S 6 q u a r d 'sehe Symptome.
L. Bruns (Hannover).
245. Notes aar an oas de oompretaion
midullaire aveo lamineotomie ; par De Bück.
(Belgique möd. X. 2. 1903.)
Ein junges Mädchen hatte durch einen Fall einen
Bruch des 7. Dorsalwirbels erlitten, der lange latent blieb.
Im Anschlüsse daran Eümmersche rareficirende Osteitis.
Allmählich Lähmung der Beine, Anästhesie bis in die
Döhe des Nabels; gesteigerte Sehnenreflexe und Ba-
b i n s k i 's Zeichen ; keine Blasen- und Mastdarmstörungen.
Eine Laminektomie deckte die Wirbelfraktur nicht auf;
im Anschlüsse an sie totale Blasen- and Mastdarm-
lähmung; Torübergehend vollständiges Fehlen der Sehnen-
reflexe ; nachher wieder Achillesolonus. Niemals ToUes
Fehlen des Muskeltonus ; immer etwas Hypertonie.
L. Bruns (Hannover).
246. Un eas d'aifeetion fBumiliale i sym-
ptomes oerebrospinaux ; par P e s k e r. (Travail
du laboratoire de M. leDr. Pierre Marie. Paris
1900.)
P. beschreibt 2 Fälle einer familial auftreten-
den (es handelte sich um Brüder) cerebrospinalen
Nervenerkrankung. Das Leiden begann im frühesten
Eindesalter mit Krämpfen. Später entwickelte sich
eine nicht deutlich spastische, aber doch mit Con-
traktur der Adduktoren am Oberschenkel und mit
Deformität der Füsse verbundene Lähmung der
Beine mit Atrophie aller Gebilde derselben; in
einem Falle eine Art Ataxie, im anderen ein In-
tentiontremor der Arme; Nystagmus und ausge-
prägte Intelligenzschwäche. Anatomisch zeigte
sich in einem Falle eine Hypoplasie des gesammten
centralen Nervensystems; nirgends eigentliche Skle-
rose; üeberwiegen der Erkrankung der weissen
Substanz. Im Rückenmarke waren speciell die
Kleinhirnseitenstränge, Theile der Hinterstränge
und der Clarke'schen Säulen degenerirt Die Fälle
stehen zwar den als familiale Diplegia cerebralis
und familiale spastische Paralyse beschriebenen
nahe, hatten aber doch Besonderheiten, die ihnen
zunächst noch eine isolirte Stellung anweisen.
L. Bruns (Hannover).
247. Etüde bot Tanatomie pathologique
de la maiadie de Friedreich; par Jules Vin-
co 1 e t (Travail du laboratoire de M. le Dr. P i e r r e
Marie. Paris 1900.)
Auf Grund 2er Fälle von Friedreich'scher
Ataxie, die zur Sektion gekommen und genau unter-
sucht sind, bespricht Y. zunächst eingehend die
ganze Symptomatologie und Differentialdiagnose
dieses Leidens ; dann die bisherigen pathologisch-
anatomischen Befunde. In seinem eigenen 1. Falle
fand sich Degeneration der Ooll'schen und Bur-
dach'schen Stränge, der Kleinhimseitenstränge und
derSeitenstrangpyramiden; im 2. waren die Seiten-
strangpyramiden frei ; hier war die Lähmung der
Extremitäten nicht sehr erheblich. Y. nimmt an,
dass sich häufig in den einzelnen Fällen oder bei
einzelnen Familien mit Friedreich'scher Krankheit
anatomische Differenzen zeigten. Interessant in
kUnischer Beziehung ist das Yorkommen des Ex-
tensiontypus des Babinski'schen Phänomens bei
Friedreich'scher Krankheit ; das spricht dafür, dass
die degenerirten Fasern im Hinterseitenstrange
wirklich Pyramidenfasern sind, was P. Marie
früher bezweifelte. L. Bruns (Hannover).
248. Sohalen für nervenkranke Kinder;
von Dr. Heinrich Stadelmann. (Wien. med.
Presse 49. 1902.)
St weist darauf hin, dass für die vielen Kinder,
die wegen nervöser Störungen den Anforderungen
der Schule nicht gewachsen sind, nicht in richtiger
Weise gesorgt ist. Auch die Hülfschulen arbeiten
nicht in dem Sinne, wie es eine Schule für nerven-
kranke Kinder verlangt Dadurch erwachsen dem
neuropathisch veranlagten Kinde schwere Nach-
theile. S t zeigt, dass die Symptome des nerven-
kranken Kindes, das in eine besondere Schule ge-
hört, vielgestaltig und wechselnd sind. Eline
methodisch angestellte Prüfung der Intelligenz,
eine Untersuchung der „Perception und Apper-
ception^' vermag einzudringen in die abnorme An-
lage. Für jedes Kind ergiebt sich ein eigenes Lehr-
programm, das die individuellen psychischen De-
fekte oder Auswüchse zum Ausgange hat Die
Aufstellung des Lehrprogrammes ist zugleich ein
Theil des Heilplanes. Kinder mit Störungen der
Sprache oder der Beweglichkeit werden zuerst des-
halb behandelt Der Unterricht soll sich der Reste
einer vorhandenen Fähigkeit annehmen, um sie
gross zu ziehen und Auswüchse abzuschneiden.
Bei der Erziehung und im Spiele der nervenkranken
Kinder gelten die gleichen Principien wie im unter-
richte. Diese Methode des Individualisirens hat
St bisher gute Dienste geleistet; er hat beobachtet,
dass nervenkranke Kinder durch diesen Unterricht
sich geistig sammeln, ein ruhigeres, geschlosseneres
Denken bekommen und lernen, mit ihren Fähig-
keiten umzugehen. Der Werth, den die in Yer-
bindung mit einer Heilanstalt gedachte Schule für
nervenkranke Kinder besitzt, liegt in der das Kind
in keiner Weise anstrengenden Beibringung geistiger
Bildung, auf Qrund derer man auch der Berufs-
frage näher treten kann, und insbesondere in der
Frühbehandlung der Neurosen und Psychosen.
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
249. La eatalepaie symptomatique ; par le
Prof. Brissaud. (Progrös m6d. XYIL 1. p. 1.
1903.)
Ebenso wie es eine grosse Anzahl symptoma-
tischer Hysterieen (durch Blitz, Yergiftung u. s. w.)
giebt, muss man auch den symptomatischen Cha-
rakter vieler Fälle von Katalepsie anerkennen.
B r. bespricht die verschiedenen Yersuche, eine ge-
naue Definition der Katalepsie zu geben, und zeigt,
dass ein Kennzeichen unerlässlich für den Bogriff
ist, nämlich die Fähigkeit des Kranken, die Haltung
der Qlieder beizubehalten, die man ihnen giebt
YI. Innere Medloln.
173
Alle übrigen Erscheinungen des Syndrom „Kata-
lepsie'' sind nicht immer vorhanden, so auch nicht
die ünempfindlichkeit und eine Art von Koma.
Br. bespricht dann das Vorkommen bei Nieren-
krankheiten, die Aehnliohkeit mit den Haltungen
bei Katatonischen. Das Muskelphänomen bei der
Katalepsie analysirt er als eine Contraktion (nicht
Contraktur) bei gleichzeitiger Trägheit Die letz-
tere sei auf eine cerebrale Störung zu beziehen,
^e in der rein psychischen ünföhigkeit besteht,
an der bestehenden Haltung der Glieder etwas zu
' ändern. Br. theilt die Krankengeschichte eines
64j&hr. Mannes mit, der nach einer CO- Vergiftung
mit den Erscheinungen der Aphasie und Worttaub-
heit in das Hospital kam und sich in einem kata-
I leptisohen Zustande befand. Bei der Autopsie fand
man punktförmige Hämorrhagieen in der Rinde
and frische Erweichung der linken Hemisphäre
nnd der grossen Qanglien. B r. sucht darzuthun,
dass die Katalepsie nicht durch die Vergiftung er-
zeugt war, sondern lediglich durch die Cirkulation-
gtSmngen in der Hirnrinde. Das sei auch der Fall
bei der renalen Katalepsie. Er verwirft auch die
Annahme von Bernheim, dass das Muskel-
phänomen auf einer Steigerung des Tonus beruhe.
Die Möglichkeit, katalepsie&hnliche Erscheinungen
bei schwer und tief Schlafenden (z. B. bei Kindern)
jeder Zeit hervorzurufen, beweise, dass Intoxi-
kationen nicht im Spiele sein können.
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
250. Hote snr an oas de bestialite ohes la
femme; par Ch. F6r6. (Arch. de Nenrol. 2. S.
XV. 90. p. 497. Juin 1903.)
Ein ^ahr. belastetes Mädchen, das an Zorn-AnMen
litt und während dieser Anfälle seine Kleider zerriss,
wurde zufällig in einem solchen Zustande von 2 Hunden
g^kt, Yon dem einen an den Oeschlechtstheilen, von
dem anderen am Munde. Sie hatte eine starke Wollust-
Srnpfindung, und dieseEmpfindung kehrte wieder, sobald
ein Hand sie am Munde leckte. Sie schämte sich dessen,
aber ihre ganze Sehnsucht ging während der folgenden
Jahre auf das Lecken der Hunde, obwohl die Eltern sie
später von jedem Hunde fern hielten. Onanie machte
dem Mädchen gar kein Vergnügen. Als sie mit 18 Jahren
verheirathet wurde, ertrug sie den ehelichen Verkehr nur
mit Anstrengung; erst als ihr dabei der Hund einfiel,
empfand sie Wollust, und doch war ihr diese Gedanken-
verbindung schrecklich. Während sie ihr 1. Kind stillte,
erblickte sie einen Hund, und seitdem bewirkte das Stillen
Wollust. Das Kind starb an Krämpfen, wie sie glaubte,
wegen ihres sündhaften Verhaltens, das 2. Kind stillte
sie nicht. Dann starb der Mann und sie fühlte sich er-
leichtert. Als Witwe enthielt sie sich aller geschlecht-
lichen Handlungen, aber die Sehnsucht nach dem Hunde
erlosch erst mit 5.5 Jahren.
Die beiden Söhne ihrer Tochter erkrankten an De-
mentia praecox. M ö b i u s.
251. Lliygidne du bäiser; par Ch. F6r6.
(Revue de M6d. XXin. 6. p. 450 1903.)
F. macht darauf aufmerksam, dass der Euss
nicht nurOift übertragen kann, sondern auch durch
seelische Erregung schaden kann. Insbesondere
bei Kindern, die wider ihren Willen oder in un-
ziemlicher Weise geküsst worden sind, hat man
Nachtheiliges beobachtet. Natürlich wird eine
vornherein krankhafte Beschaffenheit solcher Kinder
anzunehmen sein, aber damit verliert die Oelegen-
heitursache nicht ihre Bedeutung. In einem Falle
F.'s folgte bei einem 12jähr. Mädchen der erste
epileptische Anfall auf einen erschreckenden Kuss.
Auch künnen die ersten geschlechtlichen Regungen
vorzeitig durch Küsse hervorgerufen werden und
es kann die Erinnerung an ein solches Erlebniss
nachhaltige Wirkungen haben. Ein 5jfthr. MAdchen
war von einem Alteren Manne auf den Mund ge-
küsst worden und der Mann hatte dem Kinde seine
Zunge in den Mund geschoben ; seitdem schauderte
das Mädchen vor jedem Kusse und nach der Yer-
heirathung war ihr der, geschlechtliche Verkehr
nur dann möglich, wenn das Küssen unterblieb,
denn der Kuss hemmte sofort ihre Empfindungen.
Mübius.
VI. Innere Medfcin.
252. Ueber Taberknloae. (Schluss; vgl.
Jahrbb. CCLXXIX. p. 68.)
Diagnose.
64) The diagnosis of pulmonary tttberctdosis ; by
C Theodore Williams. (Brit.med.Joum.Marchl4.
1903.)
65) The early diagnosis ofpidmonary tubereulosis ;
byttHyslop Thomson. (Lancet Jan. 24. 1903.)
66) A method of eacamining theptdmonary apex;
by A. 0. Auld. (Lancet Febr. 14. 1903.)
67) How io reeognixe iuhercular ck<mges in the
o/piees of the lungs on percussion ; by Henry E. Stad-
Hnger. (Philad. med. Joum. Sept 13. 1902.)
68) Die früheste Diagnose der Tuberkulose; von Dr.
G. Krämer. (Württemb. Corr.-Bl. LXXII. 23. 1902.)
69) Pulmonary syphüis svmulating pulmonary
tvheretdosis; by Henry W. Berg. (New Tork med.
Record LXI. Dec. 13. 1902.)
70) Syphüis of the kmgs simulating pulmonary
ivbereulosis ; by Alfred Stengel. (Univ. of Penna.
med. bulL XVI. 3; May 1903.)
71) The dioxo-reaetion in pulmonary tubereulosis ;
by Raoul de Boissiere. (Brit. nied. Joarn. Nov. 15.
1902.)
72) Ueber den prognostischen Werth der Ehr lieh'-
sehen Diaxoreaktion bei Phthisikem; von Dr. Th.
Gie seier. (Ztsohr. f. Tuberk. n. Heilst lü. 5. 1902.)
73) Weitere Mittheihmgen xur Serumdiagnose der
luberkulose; von Prof. £. Rom borg. (Münchn. med.
Wchnschr. XLIX. 3. 1902.)
74) Zur Serumdiagnose der Tuberkulose; von Dr.
P. Knitinga in Amsterdam. (Ztschr. f. Tuberk. u.
Heilst, m. 6. 1902.)
75) Zur Serumdiagnose bei der Lungentuberkulose;
von Dr. Francesco De Orazia. (Berl. klin. Wchnschr.
XXXIX. 11. 12. 1902)
76) Ueber die Serumdiagnose der Tuberkulose; von
Dr. Franz v. Gebhardt u. Arpdd v. Torday.
(Münchn. med. Wchnschr. XLIX. 28. 1902.)
77) Die Bedeutung des Tuberkulins für die Früh-
diagnose der Tuberkulose und die erste Anwendung des-
selben in der Armee; von Dr. Karl Franz. (Wien,
med. Wchnschr. LII. 36—38. 1902.)
174
VI. Innere Medicuu
78) Zur Tuberkulindiagnose in der Heilstätte; von
Dr. M. P i c k e r t. (Ztschr. f. Tuberk. u. Heilst. 1. 4. 1 902.)
79) Dioffnostisehe Erfahrungen mit Tuberkulin an
Jjimgenkranken; von Dr. Freymuth. (Munchn. med.
Wchnschr. L. 19. 1903.)
80) Spinalgie als Frühsymptom tuberkuloser In-
fektion; von Dr. Johannes Petruschky. (Ebenda9.)
81) Ein Beitrag xur Diagnose der Lungen- Cavemen ;
von Dr. H. C y b u 1 s k i. (Ebenda XLIX. 44. 1902.)
Die diaf?no8ti8chen Arbeiten beschäftigen sich
auch dieses Mal fast ausschliesslich mit der Lun^m-
tuberkulöse. Von verschiedenen Seiten wird betont,
dass wir bestrebt sein mQsseD, mit Rücksicht auf
die Behandlung, das Leiden immer noch früher zu
erkennen, als es bisher vielfach geschieht. Alles,
was dazu dienen kann, wird aufgeführt und den
Aerzten in das Oedftchtniss zurückgerufen. Bei
der üblichen Untersuchung legen die Einen mehr
Werth auf die Perkussion, die Anderen auf die
Auskultation. Wir stimmen mehr den Letzteren
zu und mochten besonders auch betonen, wie wich-
tig es ist, die Kranken recht genau nach ihrer
Familiengeschichte, ihren Yorkrankheiten u. s. w.
auszufragen.
de Boissi^re (71) bestätigt, dass mit^er
Diaxoreaktion nicht viel anzufangen ist. Sie ist
im Oanzen bei der Phthise selten und zeigt sich
meist nur in vorgeschrittenen Fällen. Nach
Gieseler (72) ist auch ihre Bedeutung für die
Prognose sehr zweifelhaft.
Auch über die Serumduignose liegen nur un-
günstige Berichte vor. Rom borg (73) bestätigt
seine früheren Angaben, dass die Serumdiagnose,
so wie sie jetzt gehandhabt wird, zur frühen Er-
kennung der Tuberkulose nicht zu brauchen ist,
und R u i t i n g a (74) schliesst sich dem an. Beide
gehen auf die ganze durchaus bedeutungsvolle
Frage näher ein. Rom borg beschäftigt sich
namentlich auch mit der in unserer vorjährigen
Zusammenstellung ausführlich besprochenen Arbeit
von Koch.
Nach DeQrazia (75) undv.Gebhardt und
v.Torday (76) werden Tuberkelbacillen auch von
dem Serum Nichttuberkulüser agglutinirt, wäh-
rend das Serum Tuberkulöser die verschiedensten
Keime zum Zus&oimenballen bringt.
Das Ttd)erkulin als Diagnosticum wird wieder
von verschiedenen Seiten gerühmt. Hier seien nur
die Arbeiten von Franz (77), Pickert (78) und
Freymuth (79) angeführt.
Etwas Neues, oder doch wenigstens den Meisten
Neues bringt die Mittheilung von Petruschky (80).
P. stimmt denen zu, die da meinen, zuerst
würden die Bronchialdrüsen tuberkulös und dann
erst von diesen aus die Lungen. Es käme darauf
an, schon die Bronchialdrüsentuberkulose zu er-
kennen und dazu wäre eine sehr werthvolle Er-
scheinung, eine auffallende „Spinalgie^S d. h.
Druckempfindlichkeit gewisser Brustwirbel. „Bei
Abtastung der Processus spinosi zeigt sich mehr
pder weniger grosse Empfindlichkeit einiger Dom-
fortsätze gegen Druck, während die übrigen nicht
empfindlich sind. Die Empfindlichkeitsunterschiede
treten bei Wiederholung der Abtastung noch deut-
licher hervor. Die schmerzhaften Wirbel stehen
häufig ein wenig hinter dem Niveau der übrigen
zurück (Spur Lordose). Bei der Abtastung hat der
untersuchende Finger oft den Eindruck, als seien
die empfindlichen Domfortsätze etwas breiter,
weicher und elastischer, als die übrigen. Die be-
troffenen Wirbel liegen meist zwischen dem 2. und
7. Rückenwirbel."
P. findet diese Spinalgie, die bei außgespro-
chener Lungentuberkulose fast nie vorhanden ist
und die nicht der Beginn einer schwereren Wirbel-
erkrankung ist, recht häufig. Er hat 79 Kindern
mit ausgesprochener Spinalgie diagnostische Tuber-
kulindosen eingespritzt und 77 reagirten ! 26 Kin-
der mit Tuberkuloseverdacht, die auf Tuberkulin
reagirten, in deren Lungen aber noch nichts nach-
zuweisen war, hatten keine Spinalgie. Von 285 als
gesund untersuchten Schulkindern hatten 37 Spin-
algie und bei allen 37 lag die Möglichkeit einer
Bronchialdrüsentuberkulose recht nahe. Ob es sich
bei dieser Spinalgie um Störangen des collateralen
Kreislaufes, um periostale Reizzustände, oder um
kleine Tuberkelherde in den Wirbeln handelt, das
lässtP. offen. Jedenfalls glaubt er, mit Hülfe dieser
Erscheinung die tuberkulöse Infektion frühsseitig
entdecken und Mhzeitig mit Tuberkulin behandeln
zu können.
Cybulski (81) macht darauf aufmerksam,
dass man bei Kranken mit Cavemen sehr deutlich
die charakteristischen Rasselgeräusche hört, wenn
man sein Ohr dem weitgeöffneten Munde des Pat.
nahe bringt
KliniseJies. Verlauf und Formen.
82) Die Entunckelung der chronischen Tuberkulose,
vom Standpunkte des Zellstoffu^eehsels aus betrachtet;
von Dr. J. M i t u 1 e s 0 u. (Centr.-Bl. f. ionere Med. XXIII.
43. 1902.)
83) Beiträge xum Studium des Stoffwechsels in der
chronischen Tuberkulose ; von Dr. J. M i t u 1 e s c u. (Berl.
klin. Wchnschr. XXXIX. 44—47. 1902.)
84) üeber den Stoffwechsel bei Tuberkulösen; von
Dr. Mirooli u. Dr. Soler i. (Berl. klin. Wchnschr.
XXXIX. 34. 35. 1902.)
85) The urinary calcium seeretion in tuberoulosts ;
by Alfred C. Croftan. (Jonrn. of tuberc. V. 1. p. 22.
Jan. 1903.)
86) Quantitative changes in the bloodin pulmonary
tuberculosis ; by Martin L. Stevens. (NewYorkmed.
Record LXn. 4. July 26. 1902.)
87) Fieberentstehung und Fieberbekämpfung in ihren
Beziehungen xur allgemeinen Behandlung der Lungen-
tuberkulose; von Dr. Fritz Köhler. (Görbersd. Ver-
öffentl. aus Dr. Berehmer^s Heilanstalt f. Lungenkranke.
Berlin 1902. Vogel u. Kreienbrink. p. 40.)
88) Zur Kenntniss der Tßmperaturschwankungen
bei Ltingenschwindsuckt wahrend der HeilstäUenbehand"
lung; von Dr. D. Kuthy. (Ztschr. f.Diätet u. physikal.
Therapie VI. 9. p. 513. 1902. — Ungar, med. Presse VIII.
1. 1903.)
89) Beiträge xur Erklärung der günstigen Wirkung
der Bettruhe auf das Fieber der Phthisiker; von Dr.
Pickert. (Münchn. med. Wchnschr. L. 19. 1903.)
YL Innere Medicin.
175
90) Ueber die Beziehungen van KörperbewegungeHf
Körpencärme und Aibumoeurie xu einander und zum
Fieber im Verlaufe der Phthise; von Dr. G. 8 c h r ö d e r
ilDi. Th. Brühl. (MüDohn. med. Wchnschr. XLIX.
33. 34. 1902.)
91) Ueber die Beziehungen von Körperbewegungen,
Körperwärme und AUfumosurie xu einander und zum
Fider im Verlaufe der Phthise; von Dr. A. Ott
(Ebenda 38.)
92) Dte Temperaiurhestimmung hei Kranker^ in
Lungenheilstätten; von Dr. K. Bauer. (Festschr. z.
Feier des 50jähr. Bestehens d. ärztl. Vereins Nürnberg.
Nürnberg 1902. Hof bnchdr. 6. P. J. Bieiing-Dietz. p.62.)
93) Ueber den Einftuss chronischer LungefUuber-
bdose auf Psyche und Nerven; von Dr. H. Engel.
(Münchn. med. Wchnschr. XLIX. 33. 34. 1902.)
94) Sur un travail de Mm. Anglade et Choeraux
((TAlen^on) concemant la tubereulose dansTStiologiedes
maladies mentales et nerveuses; par Ray m on d. (Ball,
de l'Acad. de Med. 3. 8. XLIX. 11. Mars 17. 1903.)
95) Untersuchungen über Beftexhyperästhesien hei
Lungentuberkulose; von Pro! F. Egger. (Sond.-Abdr.
siu d. Festschr. zum 25jähr. Jubiläum des Herrn Prof.
U, Massini. Basel 1901.)
96) Sur la digestion ehez les phthisiques ; par le Dr.
£ D 1 u 8 k i , Zakopane. (Ztschr. f. Tuberk. n. Heilst IV.
2. p. 100. 1903.)
97) De la tachycardie continue apyrUique du debttt
de la tubereulose aigue; par F. Vialard. (Bull. gen.
deTher. CXLV. 8. Fevr. 28. 1903.)
98) Ueber die Lageveränderungen des Herzens im
Verlaufe der chronischen Lungentuberkulose; von Dr.
H. CybulskL (Görbersd. Veröffentlichungen. Berlin
1902. Vogel u. Kreienbrink. p. 25.)
99) Ueber das gleichzeitige Vorkommen von Herz-
Üaippenfehlem und Lungenschwindsucht; von Dr.
Meisenburg. (Ztschr. f. Tuberk. u. Heilst UL 5.
p. 378. 1902.)
100) Ueber Lufldruekveränderungen und Lungen-
hbliungen; von Dr. F o s s. (Görbersd. Veröffentlichungen.
Berlin 1902. Vogel u. Kreienbrink. p. 97.)
101) Ueber eine eigenthümliche Complikation der
bmgenblutung ; von Dr. H. G y b u 1 s k i. (Münchn. med.
Wchnschr. XLIX. 39. 1902.)
102) Purpura haemorrhagica hei Lungentuberkulose.
(MüDchn. med. Wchnschr. XLIX. 2. 1902.)
103; Ueber Heilung und Heilbarkeit der Lungen-
pktkise ; von Prof. D. von Hansemann. (Berl. klin.
Wchnschr. XXXIX. 32. 1902.)
104) Ueber Ausheilung grosser tuberkulöser Lungen^
^»fmen; von Dr. Bernhard Fischer. (Beitr. z.
Klinik d. Tuberk. L2. Würzburg 1903. A. Stuber's Verl.
(CJUbitzsch).
105) A elinieal leeture on a ease ofgenerdt tuber-
«rfo«g; by W. Haie White. (Fhilad. med. Journ.
Sept 20. 1902.)
106) La baeiliSmie tuberetdeuse sttbaigue; par De-
bof e. (Gaz. des HÖp. LXXVL 29. Mars 10. 1903.)
107) Die Miliariuberhäose der Chorioidea als Sym-
ptom der akuten allgemeinen Miliartuberkulose; von Dr.
Eberhard Margulies. (Ztschr. f. kUn. Med. XLVÜI.
3iL4.p. 23a 1903.)
106) A ease ofgenercU miliary tuberculesis ; sym-
ploiiu of acute myeUtis involving ihe canus meduUaris
and eauda eguina; with a note on ihe value ofthe ab-
äommalicebag; by Widal G.Thorpe and Edwyn R.
Grazebrook. (Lancet March 28. 1903.)
109) iy)ereulosis ofthe cervical lymphgUmds; by
Daniel Eisendraht (Journ. of tuberc. V. 1. p. 35.
Jan. 1903.)
110) Dt l'adenopathie axiüavre au debutde laiuber-
cidose dupomum; par Ch. Fernet (Ball, de TAcad.
de Med. 3. 8. XLIX. Mars 10. 1903.)
111) The relation ofthe iubercle hacillus to pseudo-
leukemia (Stemberg's disease); by Joseph bailer.
(Philad. med. Journ. April 5. 12. 1902.)
112) Zur Symptomatologie der ^unter dem Bilde der
Pseudoleukämie verlaufenden Lymphdrüseniuberkulose^ ;
von Dr. Heinrich Schur. (Wien. klin. Wchnschr.
XVI. 5. 1903.)
113) Ueber eine eigenartige Form von Tuberkulose
des lymphatischen Apparates; von Dr. Julius Stein-
haus. (Wien. klin. Wchnschr. XVI. l2. 1903.)
114) Zur Kenntniss der Tuberkulose des lympha-
tischen Apparates; von Dr. E. Hitschmann u. Dr.
0. S t r 0 s s. (Deutsche med. Wchnschr. XXIX. 21 . 1903.)
115) Zur Tuberkulose der Schilddrüse (Struma
tuberculosa) ; von Dr. PaulClairmont (Wien. klin.
Wchnschr. XV. 48. 1902.)
116) The early diagnosis of tuberculotis laryngitis;
by Richmond Mc Kinney. (Journ. of taberc. V. 1.
p. 27. Jan. 1903.)
117) Tuberkulöse Kehlkopfgeschunäste; von Dr.
Ludwig Neufeld. (Berl. kUn. Wchnschr. XL. 1.
1903.)
118) Ueber die Behandlung der Kehlkopfluberkulose,
mit Rücksieht auf die neueren Heilmittel; von Dr. E 1 e -
mer von TövölgyL (Therap. d. Gegenw. N. F. IV. 3.
1902.)
119) Die Behandlung der Kehlkopfluberkulose; von
Dr. E. K r 0 n e n b e r g in Solingen. (Münchn. med. W o-
chenschr. L. 15. 16. 1903.)
120) Les formes cliniques de la pleuresie aigue
tubercideuse; par L. Bard. (Semaine med. XXII. 24.
Juin 11. 1902.)
121) Ein Fall von produktiver tuberkulöser Pleu-
ritis ; von Dr. F r a n z E r b e n. (Wien. klin. Wchnschr.
XV. 42. 1902.)
122) Der Thierversuch als Hülfsmitiel zur Erken-
nung der tuberkulösen Natur pleuritischer Exsudate,
seine Methodik und die Bewerthung seiner Ergebnisse;
von Dr. J u 1. A. G r 0 b e r. (Deutsches Aroh. f. klin. Med.
LXXIV. 1 u. 2. p. 43. 1902.)
123) Tuberculouspericarditis, with effusion; repeated
tappings; badlle in ihe exsudate; recovery; by Flo-
renceR. Sabin. (Medicine März 8. 1902.)
124) The positive diagnosis of meningitis, particu-
lary tubercuUnis, by means of lumbar puncture; by
Alfred Hand. (Philad. med. Journ. Aug. 30. 1902.)
125) Biaetion des meninges ä certains poisons du
baeille tuberculeux humain; parP. Armand -Delillo.
(Arch. de Med. ezperim. XIV. 3. p. 277. Mai 1902.)
126) La mhUngite tuberculeuse en pUiques; par
G. Madelaine. (Gaz. des Hop. LXXVL 11. 1903.)
127) La mSningiie iubereuleuse est -eile curable?
par C h. R 0 g a z. (Ann. de la policlin. de Bordeaux XV.
1 ; Jan. 1903.)
128) Zur Prognose der Meningitis tuberculosa; von
Dr. Alfred Gross. (Berl. klin. Wchnschr. XXXIX.
33. 1902.)
129) Zur Frage der Heilbarkeit der tuberkulösen
Meningitis; von Dr. F. Mer mann. (Beitr. z. klin.
Chir. XXXIV. p. 268. 1902.)
130) Ein Fall abortiver Meningitis tuberculosa; von
Dr. G. Neu mann. (Ztschr. f. Tuberk. u. Heilst IV. 1.
p. 1. 1902.)
131) Stenonite ä hadlles de Koch au cours d'une
tuberctdose pulmonaire; par Henri Claude et Paul
Bloch. (Gaz. des Hop. LXXVL 30. Mars 12. 1903.)
132) Tuberculosis of the parotid gland; exeision of
the tumor; recovery. No reeurrence one year and more
after the Operation; by Charles L. Scudder. (Amer.
Journ. of the med. Sc. CXXIV. 6. p. 1013. Dec. 1902.)
176
VI. Innere Medioin«
133) Fremdkörpertuberkulose der Zunge in Tkunor-
form ; von Dr. M. IS i 1 b e r m a r k. (Deutsche Ztschr. f.
Chir. LXIV. 5 u. 6. p. 561. 1902.)
134) Primäres tuberkulöses Magengesekunir ; von
Dr. Ignaz Frommer. (Ungar, med. Presse VII. 25.
1902.)
135) Iktbercuhme hypertrophique du caeeum; dia-
gnostic des tumeurs de la fosse üiaque droite; par
Dieulafoy. (Semaine med. XXH. 41. Oct 8. 1902.)
136) A case of kyperplastie tuber cuiosis of the
vermiform appendix; byXhomasK. Orowder. (Amer.
Journ. of the med. Sc. CXXIV. 2. p. 236. Aag. 1902.)
137) Hyperplastic tuberculosis oflowerendofiUidm,
wüh sccUteredmiliaryiubercleson the Peritoneum; reseC'
tion of lower pari of ileum; implantation of free end
inlo ascending colon; recovery; by Dr. C. N. Dowd.
(Proceed. of the New York sorg. Soc. Febr. 26. 1902.)
138) The radical treatmeni of chronic intestinal
tuberculosis y with suggestions for treatmeni in more
acute disease and in tubereulous Peritonitis; by A. W.
MayoRobson. (Lancet Sept 27. 1902. — Transact.
of the cÜD. Soc. of London p. 58. 1902.)
139) Zur Iherapie der Tuberkulose des Blinddarms;
von Dr. J . W e i n 8 b e r g. (Wien. med. Wchnsohr. Lll.
32. 33. 1902.)
140) Zusammenstellung der im pathologischen In-
slittä %u Qenf unihrend 25 Jahren Mir Sektion gekom-
menen Iktberkulosefälle, mit besonderer Berücksichtigung
der primären und sekundären DarmtuberkulosCf soune
der Häufigkeit der ebendaselbst beobachteten Amyloid-
entartung ; von Prof. F. W i 1 h. Z a h n. (Münchn. med.
Wchnschr. XTJX. 2. 1902.)
141) ün c<is de tvbercuiose du foie, de la rate et des
ganglions tracheo-bronchiques ; tubercules simulant des
gommes; par Tolot (Lyon med. XCIX. 36. Sept. 7.
1902.)
142) La tuberctdose primitive des ganglions mesen-
teriques; par G. Carriere. (Gaz. des Eöp. LXXV.
138. Dec. 6. 1902.)
143j Fiül von anatomisch nachgewiesener SpoTttan-
heilung der tuberkulösen Peritonitis ; von Dr. 0. b o r c h -
grevink. (Deutsche med. Wchnschr. XXIX. 3. 1903.)
144) 20 Fälle operativ behandelter Peritonitis tuber-
ctdosa ; von Dr. RudolfMüller. (Mittheii. a. d. Hamb.
Staatskrankenanst. UI. 4. p. 597. 1901.)
145) Ueber den Werth der Laparotomie bei tuber-
kulöser Peritonitis der Kinder; von Dr. ü. Schramm.
(Wien. med. Wchnschr. LIIL 8. 9. 1903.)
146) üeber die Heilungsvorgänge bei der operativen
Behandlung der Bauchfell' und Nierentuberkulose; von
Dr. Weisswange in Dresden. (Münchn. med. Wo-
chenschr. XLIX. 28. 1902.)
147) The diagnosis and treatmeni of tuberctdar
cystitis; by Joseph B. Bissei. (Philad. med. Journ.
X. 10. Sept. 6. 1902.)
148) Zur Diagnose und Therapie der Blasen-Nieren-
tuberkulöse bei der Frau ; von Dr. W. S t o e c k e 1. (Beitr.
z. Küuik d. Tuberk. L 2. p. 129. 1903.)
149) Sur une forme particuliere de tubereulides
ctäanees. (Acnitis) ; ^^ CAvie. (Lyon med. XCIX. 33.
Acut 17. 1902.)
150) Lupus follicularis disseminatus; von Prof.
8. Bett mann. (Beitr. z. Klinik d. Tuberk. L 1. p. 93.
1903.)
151) Ist der Lupus erythemtUodes ein Tuberkulid?
von Dr. A. Gunsett. (Münchn. med. Wchnschr. L. 9.
1903.)
152) Anderweitige Tuberkulose bei Lupus und
Skrophuloderma; von Dr. Carl Gronvon. (Ebenda
2. p. 159.)
153) Rhumatisme tuberculeux; par A. Poncet.
(Gaz. des Uöp. LXXVL 8. Jan. 20. 1903.)
lb^)Ehumati8metubereiUeuxabartic%Uaire, LoccUi-
sations viscerales et autres du rhumatisme tubereuleux;
par Antonin Poncet (Lyon med. XCIX. 29. Juillet 20.
1902. — Gaz. hebd. XUX. 58. Juület 20. 1902. — BuU.
de TAoad. de Med. 3. S. XLVUl. 28. Juillet 15. 1902.)
155) Sur un cas de rhumaiisme tuberculeux verte-
bral aigu; par M. Patel. (Gaz. hebd. XLIX. 55.
Juillet 10. 1902.)
156) Rhumatisme Aubereuleux. HydrocUe essen-
tielle d'origine tuberculeuse; par Rome. (Ibid. 93.
Nov. 20. 1902.)
157) Observation d'ostSite tuberculeuse de la voule
eranienne; par Deiamare et Conor. (Gaz. des flop.
LXXVL 21. Fevr. 19. 1903.)
158) De to tuberculose musculaire; par le Dr. G.
Derscheid. (PoÜclin. Xn. 2. Jan. 15. 1903.)
159) Primary acute miliary tuberculosis of the con-
junctiva; by George A. Berry. (Edinb. med. Jouni.
N. S. Xm. 5; May 1903.)
160) Ueber xwei Fälle von Intimaluberkulose der
Aorta; von Dr. 8. von Symnitzky. (Prag. med.
Wchnsohr. XXVIU. 7. 1903.)
Mitulescu (82. 83) meint, dass sich in den
Veränderungen des Stoffwechaels der Ksim]^( zwischen
Tuberkelbacillen und EOrperzellen und die ver-
schiedenen Stadien der Krankheit deutlich aus^
prägten. Man kann beobachten, wie anfangs der
Stoffwechsel gesteigert ist N und P im Harne
sind vermehrt; die Zellen strengen sich an, die
eingedrungenen Bacillen unschädlich zu machen.
Gelingt ihnen das, so kehrt nach und nach AUes
zur Norm zurück, gelingt es ihnen nicht, bleiben
die Bacillen Sieger, so stellt sich ein ,4ncompen-
sationzustand^' ein. M. belegt seine Angaben
durch Beobachtungen an Kranken und durch Thier-
versuche.
Mircoli und Soleri (84) haben den Stick-
stoffgehalt des Harnes bei zahlreichen Phthisikern
bestimmt und kommen zu dem Ergebnisse, dass
dieser im Anfange der Krankheit bei ungOnstigeni
vorschreitenden Verlaufe gering ist (Gö^/^), bei
Neigung zur Abgrenzung und Ausheilung ist er
hoher (84<>/o) und ganz besonders hoch (86^/0) bei
schwerkranken Phthisikern mit ausgesprochener
Mischinfektion.
Croftan(85) fand bei seinen Seh windsflch-
tigen einen auffallend hohen Calciumgehalt des
Harnes und meint, dass dieser Umstand sogar dia-
gnostisch verwerthbar wäre.
Die Blutuntersuchungen von Stevens (86)
sind bedeutungslos.
Mehrere Arbeiten beschäftigen sich mit dem
Fieber, bez. den TemperaiurverhäÜnisaen derTuber^
kulösen.
Köhler (87) macht eine etwas gekünstelte
Trennung zwischen psychisch und organisch be-
dingtem Fieber und bespricht die Behandlung
beider Arten. Kuthy (88) betont, wie die Pflege
in einer Heilstätte nicht nur bei fiebernden, son-
dern auch bei nicht fiebernden Phthisikern die täg-
lichen Temperaturschwankungen erheblich herab-
VI. Innere Medicin.
177
setzt Pick er t (89) erklärt die günstige Wir-
kung der Bettruhe auf das Fieber Schwindsflch-
tiger hauptsfiohlich durch die dabei eintretende
Hyperämie der Lunge. Lässt man Kranke, die
im Bette nicht mehr fiebern, auf einem Stuhle
sitzen mit herabhängenden Beinen, so thtt leicht
Fieber ein, das bei ganz horizontaler Lage auch
ansserhalb des Bettes ausbleibt. Schröder und
Brühl (90) halten die bekannte, von Penzoldt
raerst ausgesprochene Behauptung, dass Phthisiker
auf körperliche Anstrengungen ganz besonders
leicht mit Fieber reagiren, nicht für richtig. Diese
Behauptung beruht in der Hauptsache auf Tem-
peratunnessungen im After. Hier ruft aber auch
bei Gesunden längeres Oehen eine örtliche „Hyper-
thermie^^ hervor, die nicht als Fieber aufgefasst
werden darf, da sie u. A. nicht von Albuminurie
b^leitet ist, und die sich bei Tuberkulösen nicht
anders verhält als bei anderen Menschen auch.
Ott (91) stimmt diesen Ausführungen nicht zu, er
hält an dem „Penzoldt 'sehen Phänomen^' und
demWerthe der Aftermessungen fest. Bauer (92)
ist fOr sorgfältig (10 Minuten laug, mindestens
1/1 Stunde nach dem Essen, in aller Ruhe) aus-
geführte Mundmeesungen. Der Temperaturunter-
schied zwischen Mund und After beträgt 0.4 —
0.6* C.
Engel (93) erörtert die bekannten psychischen
Stönm^en der Phthisiker, bei denen die ursprüng-
lichen Charakter- und Geistesanlagen, der Verlauf
der Krankheit, die äusseren Verhältnisse die Haupt-
rolle spielen und geht dann genauer auf diejenigen
Erscheinungen ein, die man wahrscheinlich als
Ansdrack einer chronischen Vergiftung von der
banken Lunge her ansehen muss.
Anglade und Chocraux (94) wünschen
gensoere Untersuchungen über diese autotoxigenen
Nervenerkrankungen. Nach ihren Untersuchungen
handelt es sich dabei an Gehirn und Bückenmark
um die gleichen chronischen Entzündungen, wie
man sie bei der richtigen Tuberkulose dieser Organe
in der Umgebung der Tuberkuloseherde findet
Sgger (95) hat bei seinen Schwindsüchtigen
nach Head'schen Reflexhyperästbesien gesucht und
liat sie oft gefunden. Etwa in 16^/o der Fälle, bei
Weibern häufiger als bei Männern, bei jüngeren
Knnken öfter als bei alten, besonders häufig bei
noeoropathischen^^ Einen praktischen Werth für
Diagnose, Prognose u. s. w. scheinen diese Reflex-
hyperasthesien nicht zu haben.
Dluski (96) führt auf, was über die Magen-
und VetdauungeverhäUnieee der Phthisiker bekannt
geworden ist und meint durchaus richtig, man
solle dabei nicht nach besonderen Dingen suchen.
Angeborene Anlage, der Verlauf des Lungenleidens,
die Verhältnisse sind auch hier die Hauptsache und
bedingen die bekannten Verschiedenheiten.
Zu den nervösen Störungen in Folge von Selbst-
vergiftung rechnet Vialard (97) auch die Puls-
'^•c^^Mm^wtt^, die namentlich im Anfange akuter
Med. Jahrbb. Bd, 279. Hft. 2.
Tuberkulose auch ohne Fieber besonders stark her-
vortritt Er erinnert an die Angabe von Arloing
und Guinard, dass ihr Tuberkulin A. in hohem
Qrade vasodilatatorisch , herzbeschleunigend und
-schwächend wirke.
Dass das Herz bei der Lungentuberkulose aus
seiner üblichen Lage gerückt werden kann, ist
leicht verständlich. Cybulski (98) beschreibt
mehrere derartige FäUe. Im Allgemeinen wird
man starke Verziehungen nur in gutartigen Fällen
mit ausgesprochener Neigung zur Schrumpfung
finden.
Meisenburg (99) hat das grosse Material
der Leipziger med. Klinik auf das vielbesprochene
gleichzeitige Vorkommen von Lungenphthise und
Herzfehlern hin durchgesehen. Es zeigte sich
dabei, dass Herzfehler bei den Schwindsüchtigen
etwa eben so oft vorkommen wie bei allen anderen
Kranken auch, dass die Tuberkulose weitaus am
häufigsten ist bei der Pulmonalstenose (bei 4 von
5 Kranken = SO^'/g) , demnächst bei der Mitral-
insufficienz (16<^/o), seltener bei den Aortenfehlem
(5.40/0), am seltensten bei der Mitralstenose. M.
erörtert dann, was bei diesen bekannten Verschie-
denheiten in Betracht kommen dürfte. Dass eine
chronische Blutstauung in der Lunge einen ge-
wissen Schutz gegen die Tuberkulose gewährt, ist
zweifellos. Eine genauere Durchsicht der Fälle
ergiebt aber, dass sie nicht ohne Weiteres Still-
stand oder Heilung des Leidens bewirkt
Die Angabe von Qabrilowitsch, dass bei
sinkendem Barometerstande LungenbltUungen be-
sonders häufig seien, stimmt für Oörbersdorf nicht.
Foss (100) construirt daraus ein Uebergewicht
der hochgelegenen Anstalten gegenüber den in der
Ebene erbauten.
Cybulski (101) sah 2 Kr., die Blutgerinnsel
als Bronchialausgüsse aushusteten. Bei langsamen
Blutungen im Schlafe kann so etwas wohl am
ehesten vorkommen. Die Gerinnsel erregen leicht
Athemnoth und Beklemmung.
Hansemann (103) schildert kurz die wich-
tigsten Vorgänge bei der Heilung der Lungen-
phihise. Vollständige Heilungen mit festen Narben
hat er nur in solchen Fällen gesehen, in denen das
Leiden auf die Oberlappen beschränkt war. Hier
kann aber allerdings fast der ganze Lappen zu
einer Narbe zusammenschrumpfen. Es giebt Nar-
ben 1) ohne jede Spur tuberkulöser Veränderungen.
2) Derbe schiefrige Narben mit einzelnen verkrei-
deten, käsigen Herden, in denen sich augen-
scheinlich Jahrzehnte lang lebende Tuberkelbacillen
halten können. Ein Ausbrechen dieser Bacillen
nach langer Pause ist augenscheinlich recht selten.
Findet man in der Umgebung derartiger Narben
frische Tuberkel, so ist eine neue Lifektion von
aussen her wahrscheinlicher. 3) Oiebt es Narben,
in denen sich mit der Aussenwelt zusammenhän-
gende Höhlen von Erbsengrösse und darüber be-
finden. Diese Höhlen weisen einen reichen Gehalt
23
178
VI. Innere Medicin.
an allerlei Bakterien auf und darunter oft auch
Tuberkelbaclllen , aber trotsdem kann man auch
in diesen Fällen von Heilung sprechen, die Qefahr
eines Neuaufflaokems der Krankheit ist nicht allzu
gross.
Fi sc her. (104) fand bei einem alten Phthi-
siker, der an den Folgen von Lues, Potatorium und
chronischer Nephritis gestorben war, eine augen-
scheinlich sehr gross gewesene, fast ausgeheilte
Caveme, die den rechten Oberlappen einnahm. In
der Wand sassen einzelne cystische Tuberkel,
Tuberkelbaclllen waren nicht mehr nachzuweisen.
Die übrigen Theile der Lungen waren frei.
Zur akuten Tuberkulose sei erwähnt,
dass Debove (106) angiebt, der Nachweis von
Tuberkelbaclllen im Blute gelänge bei richtigem
Centrifugiren sehr häufig. Er meint, dass man
damit auch diejenigen Fälle werde richtig deuten
können, die sich bei Lebzeiten (und zuweilen auch
bei der Sektion) nur als allgemeine Infektionen
ohne rechte Ortliche Erscheinungen äussern. —
Margulies (107) macht darauf aufmerksam,
dass die Tuberkel in der Chorioidea durchaus nicht
immer, wie es in den Büchern steht, in das Augen-
innere hervorragen. Sie sitzen zuweilen in den
tieferen Schichten der Aderhaut (in der Wand
grösserer Venen) und wOlben, falls sie gross genug
sind, die Sklera vor. —
Drüsen: Fernet (110) hat häufig zu Beginn
der Lungenschwindsucht eine Anschwellung der
Achseldrüsen gefunden. Häufig zugleich mit Ver-
grösserung der Halsdrüseu, beides auf der Seite
der kranken Lunge. Sailer (111), Schur
(112), Steinhaus (113), Hitschmann und
Stross(114) beschreiben Fälle, in denen eine
ausgedehnte Drüsentuberkulose unter dem Bilde
der Pseudoleukämie, bez. Lymphosarkomatose ver-
läuft Diese von uns oft besprochenen Fälle bieten
noch mancherlei unklares dar und sind diagnostisch
meist schwer zu deuten. —
Schilddrüse:
Clairmont (115) sah bei einem 2jähr., sonst ge-
sunden Kinde in der Gegend der Schilddrüse eine in
2—3 Wochen rasch wachsende Geschwulst, die aus
tuberkulösem Granuiationengewebe mit verkästen Her-
den bestand. Nach 7t Jahre Recidiv. Zweite Operation
mit anscheinend gutem Erfolge.
Derartige Fälle sind selten. Ob sie als pri-
märe Schilddrüsentuberkulose aufzufassen sind, ist
zweifelhaft.
Kehlkopf: Mc Kinney (116) bespricht die
oft recht schwierige Diagnose. Besonders leicht
zu Verwechselungen geben die seltenen Fälle An-
läse, in denen die Kehlkopftuberkulose in Form
einer polypenartigen Geschwulst auftritt Einen
solchen Fall beschreibt Neu fei d (117). Die
Geschwulst war erbsengross und sass am linken
Aryknorpel, ihre Entfernung beseitigte die ziem-
lich starken Beschwerden des Kranken. T 6 v ö 1 -
gyi (118) spricht sich sehr für eine energische
örtliche Behandlung der Larynxtuberkulose gleich
zu Beginn des Ladens aus. Bei Infiltraten, Peri-
chondritiden, starken Entzündungen empfiehlt er
Phenolum sulforicinicum, bei Geschwüren Milch-'
säure, bei heftigen Schlingbeschwerden OrthoformOL
Kronenberg (119) ist für chirurgische Behand-
lung da, wo man das Tuberkulöse gut entfernen
kann und das Allgemeinbefinden noch günstig ist
Sonst ist das Wichtigste eine richtig durchgeführte
Allgemeinbehandlung.
Pleura und Perikard: Bard (120) sucht
eine sehr schöne Eintheilung der tuberkulösen
Pleuritiden zu geben je nach ihrer Intensität, der
Art der zu Grunde liegenden Lungenphthise u. s. w.
Erben (121) berichtet über eine Schwindsüchtige
mit einem Pleuraergüsse, der im Verlaufe von
l^/i Jahren mehrfach punktirt wurde und stets
massenhafte Tuberkelbacillen enthielt Aus der
Punktionöffnnng wucherte ein daumenlanges Tuber-
culom heraus. Grober (122) meint, ein richtig
angestellter Thierversuch gebe vollkommen sicher
Aufschluss darüber, ob ein Erguss tuberkulöser
Natur ist oder nicht Man muss ganz gesnnde
Meerschweinchen benutzen, muss sie durch Iso-
lirung vor jeder anderen Art der Infektion be-
wahren und muss ihnen 10 — 20ccm der zu unter-
suchenden Flüssigkeit in die Bauchhöhle spritzen,
dann sind Irrthümer so gut wie vollkommen aus-
geschlossen. Dass ein Meerschweinchen auf ein
tuberkulöses Exsudat nicht reagirt, kommt bei
Verwendung derart grosser Mengen nie vor. Hat
man genügendes Material, so impfe man stets
mehrere Thiere zu gleicher Zeit. G r. konnte so
nachweisen, dass die klinisch als tuberkulös ge-
kennzeichneten Ergüsse stets Bacillen enthielten,
auch wenn bakteriologisch - mikroskopisch k^ne
nachzuweisen waren. Von den „primären^' Pleu-
ritiden unbekannter Herkunft ist seinen Unter-
suchungen nach etwa ein Drittel bis die Hälfte
tuberkulöser Natur.
Sabin (123) erzählt von einem 20jähr. Kr., der ein
grosses Perikardialexsudat bekam, das 3mal mit Erfolg
punktirt wurde, in der gewonnenen Flüssigkeit waren
Tuberkelbacillen nachzuweisen. Später bekam der Kr.
ein pleuritisches Ezsadat, das 14mal punktirt werden
mosste. Der Kr. genas.
Hirnhäute: Dass die Verimpfung auf Meer-
schweinchen auch bei anderen Ergüssen die zuver-
lässigste Methode zur Bestimmung ihrer tuber-
kulösen Natur ist, ist bekannt genug. Bei der
Meningitis liefert uns die Lumbalpunktion genügen-
des Material. — Armand-Delille (125) hat
Thieren Aether- und Chloroformauszüge aus Tuber-
kelbacillen in die Hirn- und Rückenmarkhäute ge-
spritzt und danach ganz ähnliche Veränderungen
zu Stande kommen gesehen, wie man sie bei
der chronischen tuberkulösen Meningitis oder bei
Wirbeltuberkulose findet — Als meningite tuber-
culeuse en plaques scheiden die Franzosen (126)
eine besondere Form ab, bei der sich voraugsweise
an derHirnconvexität, in der Nähe der motorischen
VI. Innere Hedioin.
179
Centren, umschriebene tuberkul5se Herde bilden,
die sich klinisch durch ganz verschiedene um-
schriebene Himerscheinungen : Eiftmpfe, Lähmun-
gen n. s. w. kennzeichnen.
Kann die tuberkulöse Meningitis heilen? Ro-
gas (127) meint, dass man diese Frage nach ver-
schiedenen zuverlftssigen Beobachtungen entschie-
den bejahen müsse, und Gross (128) führt ein
Beispiel dafür an. Allerdings wurden in diesem
Falle nur in einem Präparate 3 säurefeste Bacillen
gefunden, alle anderen Untersuchungen des durch
Lumbalpunktion Gewonnenen liessen im Stiche,
aber trotzdem war an der tuberkulösen Natur der
Meningitis nicht wohl su zweifeln und der Kranke
genas. Dass man mit derartigen Heilungen recht
vorsichtig sein muss, beweist der Fall von M er-
mann (129). Auch M.'s Er., ein 6jähr. Junge,
genas von einer tuberkulösen Meningitis, nach
4 Monaten kehrte das Leiden aber wieder und
ftthrte binnen 10 Tagen zum Tode. Sektion: tuber-
kulöse Meningitis. Derartige Scheinheilungen kön-
nen bei Erankenhausmaterial leicht für wirkliche
Heilungen genommen werden. N e u m a n n (180)
erzählt von einer Schwindsüchtigen, die plötzlich
Kopfochmerzen, Erbrechen, Fieber bekam und be-
wuBstlos wurde. Nach 48 Stunden war Alles
wieder vorüber. Ob man derartige Fälle wirklich
als abortive tuberkulöse Meningitis ansehen darf,
das ist doch noch recht zweifelhaft
Vsrdauungsorgane: Für die Fälle von
Claude und Bloch (131) und Scudder (132)
genügen die Titel. Silbermark (133) sah eine
etwa haselnussgrosse Geschwulst, die ihrem Auf-
bau nach nur Tuberkulose sein konnte und in
deren Innerem sich nicht sicher zu bestimmende
Fremdkörper, wahrscheinlich Haarstücke fanden.
Frommer (134) behandelte eine Kranke, die
zunächst nur die Erscheinungen eines Magen-
geschwüres darbot und dann an akuter Tuber-
kulose zu Grunde ging. Keine Sektion. Die
Arbeiten 136 — 139 führen Beispiele an für die
diagnostisch oft recht schwer zu deutende tumor-
artige Tubwkulose des Darmes, spedell des Blind-
darmes und für ihre chirurgische Behandlung. —
Aus der bereits in unserer vorigen Zusammen-
stellnng erwähnten Arbeit von Zahn (140) möch-
ten wir nur erwähnen, dass Z. als sehr wesentlich
für das Zustandekommen der Darmtuberkulose
Magenstörungen ansieht, die sich oft in anatomisch
nachweisbaren Veränderungen kundthun. — Car-
ridre (142) bespricht die Mesenterialdrüsentuber-
kulose der Kinder, namentlich die seltene „primäre*^
Form. Etwas wesentlich Neues enthalten seine
Ausführungen nicht
Bauchfell: Borchgrevink (143) theilt
einen neuen zuverlässigen Fall von Spontanheilung
einer tuberkulösen Peritonitis mit In dem Er-
güsse waren Tuberkelbacillen nachgewiesen wor-
den und als die Kr. einige Jahre danach starb, fan-
den sich im Bauchfelle zahlreiche Verdickungen
und Verwachsungen, aber keine Tuberkel und
keine Tuberkelbacillen mehr. Der Fall giebt ein
gutes Beispiel für die häufigste Art, in der die
serösen Häute tuberkulös inficirt werden. Von
einer erweichten Bronchialdrüse aus waren zuerst
Perikard, vorderes Mediastinum und rechte Pleura
ergrififen worden, dann kam das Bauchfell heran.
Von diesem aus hatte die Tuberkulose auch die
Qeschlechttheile ergrififen. Müller (144) ist ein
Anhänger der operativen Behandlung der tuber-
kulösen Peritonitis, obwohl er die Möglichkeit der
Spontanheilung zugiebt Von seinen 20 Kranken
litten 13 an der exsudativen Form: 6 starben,
7 wurden geheilt; 6 litten an der adhäsiv schwie-
ligen Form : 2 starben, 4 genasen. Die Arbeit ent-
hält werth volle Einzelheiten. Auch Schramm(145)
ist entschieden für die Laparotomie. Bei serösem
Ergüsse macht er einen 8 — 10 cm langen Schnitt,
lässt alle Flüssigkeit ab und tupft das kleine
Becken gut aus. Bei der adhäsiven Form sucht er
die Verwachsungen, soweit das ohne zu grosse
Gefährdung des Darmes möglich ist, zu lösen, und
reibt das Bauchfell mit Jodoformgaze kräftig ab.
Bei eiterigen Ergüssen : Ablassen des Eiters, vor-
sichtiges Auskratzen, Tamponade mit Jodoform-
gaze. Weisswange (146) erklärt sich die gün-
stige Wirkung der Operation durch einen ver-
mehrten Blutzufluss zu den kranken Theilen.
Harnblase: Bissei (147) bringt nichts
Neues. Stoeckel (148) meint, dass die Blasen-
tuberkulose bei Frauen oft vorkomme, aber leicht
übersehen werde. Eine frühzeitige und sichere
Diagnose erlaubt einzig und allein das Cystoskop,
das bei richtiger Anwendung nicht schadet Man
sieht meist sehr leicht unverkennbare Tuberkel-
knötchen, etwaige Geschwüre sind ohne diese
Knötchen kaum als tuberkulös zu erkennen. S t
ist der Ueberzeugung, dass in fast allen Fällen die
Blase erst zu zweit von der Niere her inficirt wird.
Dementsprechend findet man stets Ureterentuber-
kulose, die sich namentlich durch eine krater-
förmige ausgezackte üreteröfifnung kennzeichnet
Einen so erkrankten Ureter darf man katheteri-
siren, einen gesunden bei kranker Blase niemals.
Nicht selten ist die Blase noch gesund, man findet
aber bereits Ureter- und Nierentuberkulose. The-
rapie der Nieren-Üretertuberkulose : Exstirpation
wenn die andere Niere gesund ist Die Blasen-
tuberkulose an sich hat eine ausgesprochene Nei-
gung zur Heilung und bedarf oft keiner beson-
deren Eingriffe.
Haut: Carle (149) sah bei einem sonst
gesunden, aber zu Hautkrankheiten besonders ge-
neigten Menschen im Gesichte zahlreiche akne-
artige Knötchen, die mikroskopisch gut ausgebil-
dete Tuberkel mit Biesenzellen enthielten. B e 1 1 -
mann (150) bespricht den Lupus follicularis
disseminatus, dem er eine Mittelstellung zwischen
echter Hauttuberkulose und Hauttuberkuliden an-
weisen möchte. Er bietet zahlreiche Eigenschaften
180
VI. Innere Medidn.
der Tuberkulide dar, während der sichere Nach-
weis von Tuberkelbacillen nur in vereinzelten
Fällen gelingt. Die einzelnen Knötchen sehen
genau so aus, wie die Knötchen beim Lupus vul-
garis zu Anfang auch, aber sie unterscheiden sich
von diesem u. A. durch das Auftreten fast aus-
schliesslich zwischen dem 15. und 30. Jahre und
nur im Gesichte, durch die primäre akute oder
subakute Dissemination, durch den Mangel jeder
Neigung zum Wachsen und zum Zusammenfliessen
bei den einzelnen Knötchen, durch das Fehlen
jeden Zerfalls. B. fahrt einen Fall an. Oun-
sett(151) hält es auf Orund der Literatur und
einer eigenen Beobachtung für „absolut ausge-
schlossen*^, dass der Lupus erythematosus einToxi-
tuberkulid ist. „Ob überhaupt die ganze Lehre
der Tuberkulide auf festen Grundlagen beruht, das
ist eine Frage, die ich nicht zu entscheiden wage.^^
Qrouven(152) hat das ÜCaterial der Bonner Haut-
Klinik und -Poliklinik daraufhin durchgesehen, wie
oft Kranke mit Lupus und Scrophuloderma tuber-
kulöse Belastung und Tuberkulose an anderen
Stellen aufweisen. Wir können aus der umfang-
reichen Arbeit nur anführen, dass sich unter 178
sicher verwerthbaren Kranken bei 80.32<^/o Be-
lastung oder anderweite Tuberkulose fand.
Oelenke, Knochen. Muskeln, Ueber
den tuberkulösen Rheumatismus Poncet 's (153.
154) ist zu dem, was wir in unserer vorigen Zu-
sammenstellung gesagt haben, nichts Wesentliches
hinzuzufügen.
Derscheid (158) bespricht im Anschlüsse
an einen Fall die Muskeltuberkulose. Nach De-
lorme kann man 4 Formen unterscheiden: die
knotige Form, mit einem oder mehreren weichen
Knoten bis zu Eigrösse ; den kalten Muskelabscess,
oft deutlich aus einem Knoten entstehend, die fun-
göse und die skleröse Myositis.
Die Fälle von Berry (159) und Sym-
nitzky (160) stellen Kuriosa dar. Die Titel
genügen.
Verhütung und Behandlung,
161) Internattonale Tuberhdoaeeonferenx (22. bis
26, Oet, 1902). Beriebt von Dr. J. Meyer in Char-
lottenbarg. (Ztschr. f. Tuberk. u. Heilst. IV. 1. p. 57.
1902;2.p. 164.1903.)
162) Amerikanischer Tuherkulosecongress. (Ebenda
IV. 1. p. 69, 1902.)
163) Der Stand der Tuberkulose-Bekämpfung im
Frühjahre 1903, Geschäfts - Bericht für die General-
versaminlang des Central-Komites am 16. Mai 1903 im
Keichstagsgebäude zu Berlin; von Prof. Pannwitz.
Berlin 1903. Deutsches Central-Komite zur Errichtung
von Heilstätten für Lungenkranke. Gr. 4^ 215 S. mit
Abbildungen, Karten u. s. w.
164) Der gegenuKirtige Stand der Ikiberkulose-
bekämpfung in Deutschland; von Dr. Julian Mar-
cuse in Mannheim. (Wien. med. Wchnschr. LH. 45.
1902.)
165) Les resultats de la lutte anti-tuberetdeuse en
Aüetnagne; par Daniel Critzman. (Ann. d'Hyg.
publ. 3. S. XLIX. 5; Mai 1903.)
166) Ueber den Stand der Bestrebungen xur Be-
kämpfung der Tuberkulose in Oesterreich; von Prof.
von Schrotte r. (Wien. klin. Wchnschr. XV. 46.
1902.)
167) Der Stand' der Tuberkulosebekämpfung in
Frankreich, nebst Bemerkungen ; von Dr. Neuburger
in Gross-Iichterfelde. (Ztschr. f. Tuberk. u. Heilst IIl.
5. p. 422. 1902.)
168) Die Bekämpfung der Tuberkulose in Fingland;
von Dr. H.W. Armit, Wembley. (Ebenda HL 6. p. 521.
1902.)
169) La hUte eontre la lubereulose en Italic; par le
Prof. C 0 z z 0 1 i n 0 , Naples. ( Ebenda p. 524.)
170) Zur Heilstättenbewegung inSchwedeti; von Dr.
Holmberg in Gothenborg. (Ebenda p. 533.)
171) Weitere Erfolge in der Bekämpfung der Tuber-
kulose in Russland; von Dr. A. Dworetzky in Riga.
(Ebenda p. 524.)
172) Die gegenicärtig in Russland bestehenden anii-
tuberkulösen Oesellschaften und Tuberkulosecommi^'
sionen ; von Dr. A. D w o r e t z k y in Moskau. (Ebenda
IV. 2. p. 159. 1903.)
173) Der Stand der Vblksheilstättenbewegung in der
Sckiceix; von Dr. Theodor Zangger. (Deutsche
Med.-Ztg. Nr. 56. 1902.)
174) The antiiuberctUous campaign in Latin Ame-
rica; by Emile R. Coni. (New York med. Record
LXIIL18;May2. 1903.)
175) Origin and growth ofsanaioriafortubereulasts
in Massachusetts; by Vincent G. Bowditch. (Journ.
of tuberculosis V. 2. p. 147. April 1903.)
176) Mountain sanaioria for tuberculosis; by
Walter Lindley. (Boston med. and sarg. Joum.
CXLVin. 18; April 30. 1903.)
177) J. discussion on ihe administrative prevention
of tuberculosis, (Brit. med. Journ. Aug. 16. 1902.)
178) The administrative control ofthe tuber culatis
diseases ;byH. CooperPattin. (Ibid. June 7. 1902.)
179) Ueber die Fürsorge für unbemittelte Lungen-
kranke ; von Dr. A r m i n T r e u. (Petersb. med. Wochen-
schr. N. F. XX. 7. 1903.)
180) The consumptive poor, What to do with them:
a plea for notification ; by William Findlay. (Glas-
gow med. Journ. LIX. 5. p. 321. May 1903.)
181) What shaU we do ivith ths consumptive poor ;
by S. A. Knopf. (New York med. Record LXIL 1;
July 5. 1902.)
182) Whai shall we do with our consumptive poor,
beeing a discussion of Dr, Knopfs paper; by Dr.
Alfred Meyer. (Ibid. 11; Sept 13.)
183) The control of consumption by thepid>lieheaUh
autharity; by T. Percy C. Kirkpatrick. (DubL
Joum. of med. Sc. 3. S. 373. Jan. 1903.)
184) La ItUte eontre la tuberctUose d'apres les tra-
vaux de la Conference de Berlin; par le Dr. L. Chei-
nisse. (Semaine med. XXII. 45. Nov. 5. 1902.)
185) Le traiiement des tuberculetix indigents ; par le
Dr. Raoul Bruno n. (Ann. d'Hyg. publ. 3. S. XLVIU.
4;0ct. 1902.)
186) Etiologie et prophylaade de la tuberctUose; par
le Dr. Gl ad 0. (Progres med. XXXL 31 ; Acut 2. 1902.)
187) Der Kampf gegen die Tuberkulose; von Dr.
Klaus Haussen in Bergen. (Ztschr. f. Tuberk. u.
Heilst. III. 4. p. 314. 1902.)
188) Ueber die Tuberkulose und die Mittel, dieselbe
XU bekämpfen, Vorschläge zu öffentlichen Maassregeln
zur Bekämpfung der Tuberkulose; von M. Holmboe n.
Klaus Haussen. (Ebenda IIL 5. p. 396; 6. p. 499.
1902.)
189) Berieht des Komitee der k. k, Gesellschaft der
Aerxte xur Berathung von Maassregeln bexüglich der
Prophylaxe und der Bekämpfung der Tuberkidose. (Wien,
klin. Wchnschr. XVI. 1. 1903.)
190) Motivenbericht xum ^Bericht der k. k. Gesell-
schaft der Aerxte u. s, w.'^ ; von Dr. Maximilian
Stern borg. (Ebenda.)
YI. Innere Medicin.
181
191) Zur Bekämpfung der Tuberkulose, Änxetge'-
pfliekl und Wohnungsdesinfektion ; von Dr. Ludwig
Tele k y. (Ebenda XV. 20. 1902.)
192) Zur Bekämpfung der Tuberkulose; von Dr.
Ludwig Telekj'. (Ebenda 38-41. 1902.)
193) Die Bekämpfung der Tuberkulose als Volks-
krankheü und die BactUenfurekt ; von Prof. Wilhelm
Winternitz. (Bl. f. klin. Hydrother. Xu. 7. 1902.)
194) Die EkUwickekmg des Kampfes gegen die Tuber-
kulose als Volkskrankheit; von Prof. B. Fränkel in
BorliD. (Ztschr. f. Tuberk. u. Heilst. IV. 2. p. 97. 1903.)
195) Die Anxeigepftiehi hei Tuberkulose; von Prof.
C. Fraen kel in Halle a. d. 8. (Deutsche med. Wochen-
schr.XXVni. 11. 1902.)
196) Thun wir unsere Pflicht im Kampfe gegen, die
Scheindsueht als Volkskrankheit? von Dr. E. Fischer
10 Kreuzungen. (Corr.-BL f. Schweizer Aerzte XXXII.
22. 1902.)
197) The Sanatorium treatment of pulmonary tuber-
ndosis wiih espeeial referenee to Nordrach methods;
byPeverellS. Hieben s. (Brit. med. Journ. March 14.
1903.)
198) Sanatoria plus komes for eonsumption; by
W.Rushton Parker. (Ibid.)
199) On a model Sanatorium for eonsumptives ;
by Sir Lander Brunton. (Ibid. June 7. 1902.)
200) Notes on a new System of treatment in ptUmo-
nary phihisia ; by Duncan Turner. (Lancet Oct. 18.
1902.)
201) Ihe treatment and eare of eonsumptives at
tkeir homes and the urgent need of local sancUoria; by
&A.Knopf. (New York med.Record LXIU.8; Febr.21.
1903.)
202) Sanatorium treatment of tuberculosis ; by
J.Edward Stubbert (Post-Graduate XVII. 7. p. 776.
jQly 1902.)
203) Dispensary or home treatment of tuberculosis ;
by John F. Rüssel. (Ibid. p. 803.)
204) Ä year^s ivork at the white haven Sanatorium
of the free hospital for poor eonsumptives; by Law-
rence F. Flick. (Philad. med. Journ. Nov. 8. 1902.)
205) / sanatorii e la lotta eontro la tubercolosi; del
Prof. A. Fasan 0. (Arch. internaz. di med. e chir. XIX.
4.5.6.P. 165. 1903.)
206) Volksheilstätten oder Haussanatorien ; von Dr.
S.Ünterberger. (Petersb. med. Wchnschr. N. F.
XIX. 27. 1902.)
207) hidividueUe und allgemeine Hygiene Schwind-
füehtüfer, mit specieller Berücksichtigung von Sana-
Mm ; von Dr. H e n r y H e r b e r t. (Ztschr. f. Tuberk.
iLHeilst.in. 6. p. 484. 1902.)
206) Die Anstaltsbehandlung der Tuberkulose der
^ämmngswege, 3. Auflage des Buches: »Die Behand-
loDg der Lungenschwindsucht in geschlossenen Heil-
«ostalten* ; von Dr. P. D e 1 1 w e i 1 e r. Im Auftrage des
^b. völlig neu bearbeitet und herausgegeben von Dr.
Oustav Besold. (Berlin 1902. Georg Reimer. 8.
Vinii.2118.)
209) üfber Bau und Einrichtung von Sanatorien
firlAmgmkranke; YonKermtLunGidionBen. (Die
l^kenpflege II. 5. 1902—1903.)
210) Die Handhabung der Krankenpflege inLungen-
Mstätten; von Alexander v. Weismayr. (Die
Kraekenpflege IL 1. 1902—1903.)
211) IHe Volksheilstäite — eine Erxiehungsstätte ;
▼onOttoSocher. (Ztschr. f. Tuberk. u. Heilst. IV. 3.
p. 215. 1903.)
212) Nach welchen Bedingungen soll die Aufnahme
w» lAmgenkranken in Heilstätten erfolgen? von Dr.
A. Moeller in Beizig. (Ebenda IV. 2. p. 110. 1903.)
213) Die Ausitahl der Kranken für die Lungenheil-
itäUen und die frühzeitige Erkennung der Lungentuber-
^96 in der ärxiliehen Praxis ; von Dr. Kurt Bran-
denburg in Berlin. (BerL Klinik Heft 169. Juli 1902.)
214) lieber die Schwierigkeiten bei der Auslese der
Kranken für die Volksheilstätten und über den Modus
der Aufnahme in dieselben. Ein auf Grundlage der Ant-
worten auf ein Rundschreiben zusammengestellter Be-
richt, dem Rostocker Aerzteverein erstattet von Prof.
R. Kobert. (Stuttgart 1902. Ferd.Enke. Gr.8. 148S.
— Vgl. a. Münchn. med. Wchnschr. XUX. 33 1902.)
215) The selection of ca>sesof pulmonary tuber etdosis
for Sanatorium treatment ; by T. N. K e l y n a c k. (Edinb.
med. Journ. N. 8. XHI. 5. p. 409. May 1903.)
216) Bemerkungen xur Heilstättenbehandlung Lun-
gefikranker ; von Dr. F. W o 1 f f. (Münchn. med. Wochen-
schr. L. 19. 1903.)
217) Zur .Heilstättenbehandlung der Tuberkulose;
von Dr. E. Meissen in Hohenhonnef. (Münchn. med.
Wchnschr. XLIX. 33. 1902.)
218) Die Bedeutung der Heilstätten im Kampfe
gegen die Ikiberkulose; von Dr. GeorgLiebe. (Münchn.
med. Wchnschr. L. 19. 1903.)
219) Die Bewerthung der modernen Lungenheil-
stättenbehandlung im Lichte der Statistik, ihrer Praxis
und ihrer Aiifgcd)en; von Dr. F. Köhler. (Ebenda.)
220) Erfolge der Heilstättenbehandlung bei lungefi-
kranken Mügliedem xweier Krankenkassen; von Dr.
Walter Ambrosius. (Ebenda.)
221) Bericht über 208 seit 3—11 Jahren geheilt ge-
bliebene Fälle von Lungentuberkulose ; von Dr. Meissen
in Hohenhonnef. (Ztschr. f. Tuberk. u. Heilst. IV. 2.
p. 115. 1903.)
222) Die Heilstätte Tattxi (Russland); von Dr.
R. Pavlowskaja. (Ebenda III. 4. p. 344. 1902.)
223) Die Volksheilstätte für Lungenkranke in Hellen-
doom (Holland); von H. W. Bode. (Ebenda IIL 6.
p. 534. 1902.)
224) Dr. F. Weber' s Sanatorium Quisisana in Jalta
(Russland). Bericht für das Jahr 1901 ; von Dr. F. W e b e r.
(Ebenda IV. 1. p. 51. 1902.)
225) Heilstätte für Lungenkranke in Tannwald
(politischer Bezirk Oablonx) in Böhmen; von Dr.
R. Heller. (Ebenda p. 55.)
226) Die LungenheüanstaU des Johanniterordetis
bei Sorge im Har%; von Dr. E. Sobotta. (Ebenda
p. 70.)
227) Die Lungenheilstätte Holsterhausen bei Werdeti
a. d. Ruhr ; von Dr. F. K ö h 1 e r. (Ebenda p. 72.)
22ß) Le Sanatorium maritime de Juelsminde ; par
Emile Hoff-Hansen. (Ebenda IV. 3. p. 241. 1903.)
229) Das y,K&nigin Elisabeth Sanatorium^ bei Buda-
pest ; von Dr. D. K u t h y. (Ebenda p. 244.)
230) Das Sanatorium für lAingenkraftkc xu Ortes
bei Boxen (Südtirol); von Dr. V. Mal f er und Dr.
L. Nazarkiewicz. (Ebenda p. 255.)
231) Zioei neue Schweizer Sanatorien; von Dr.
Hager. (Ebenda p. 257.)
232) Die Dauererfolge der Heilstäitenbehandtung
Schwindsüchtiger; von Dr. F. Reiche in Hamburg.
(Münchn. med. Wchnschr. XLIX. 33. 1902.)
233) Die Handhabung des Heilverfahretis bei Ver-
sicherten durch die Landes- Versicherungsanstalten der
Hansestädte im Jahre 1901, sowie die Jahresberichte
über die Heüstättenanlagen Oderberg, Glückauf Gross-
Hansdorf, Westerland.
234) Ergebnisse des von der Landesversicherungs-
anstalt der Hansestädte eingeleiteten Heilverfahrens bei
lungenkranken Versicherten bis Ende 190L Gedruckt
bei Lütcke & Wulff in Hamburg.
235) Aus den Lungenheilstätten. Bericht über das
Jahr 1901 ; von Dr. A. Ott (Hygien. Rundschau Nr. 24.
1902.)
236) JaJiresberichi des Sanatoriums für Lungen-
kranh" Schömbergy O.-A. Neuenbürg ; von Dr. A. Koch.
(Württemb. Corr.-Bl. LXXII. 52. 1902.)
237) Vierter Jahresbericht der neuen Heilanstalt für
Tyungenkrafike xu Sckömberg, O.-A. Neuenbürg ^ nebst
easuistischen Beitnigen xur Klinik der Tuberkulose;
182
VI. Innere ICedicln.
von Dr. 6. Schröder und Dr. W. Nägelsbach.
(Ebenda LXXIII. 14. 1903.)
238) Beobaehtufigen aus der Volkskeüstätte Orahoit-
see; voo Dr. Br ecke. (Therap. Monatah. XY. 11. 12.
1902.)
239) Jahresbericht aus demBrone^SanataruamfAb'
theilung für MinderbemüieÜe) der Dr. Brehmer^ sehen
ReüansiaU; tod Dr. Ludwig Thieme. (Oörbers-
dorferVeröfifentl. Berlin 1902. Vogel & Kreienbrink. p.l3.)
240) Berieht über die Thätigkeü des Evangelisehen
Sanatoriums für Lungenkranke in Pitkäjärvi; von Dr.
Alexander v. Pezold. (Petersb. med. Wchnschr.
N. F. XIX. 48. 1902.)
241) Die Zukunft der Heilanstalt ÄUand; von Prof.
L. V. Schrott er. (Wien. klin. Wchnschr. XV. 40.
1902.)
242) Neue Beiträge xur Frage der Sputumbeseiiigung
und chemisch-physikalischen Spuiumdesinfektion; von
Dr. Walde mar Thom. (Ztschr. f. Taberk. u. Heilst.
IV. 2. p. 143. 1903.)
243) Staubuntereuehungen auf Tuberkeibaeiüen in
der Züricher HeilanstaU für Lungenkranke in Wald;
vonFranzWagner. (Inaug.-Dias. Wald 1903. Bach-
drackerei H. Hess.)
244) Ueber desinfieirende Wandanstriche mit be-
sonderer Berücksichtigung der Tuberkulose; von Dr.
Lydia Babinowitsob. (Ztschr. f. Hyg. iLlnfektiona-
krankh. XL. 3. p. 529. 1902.)
245) üeber die häusliche Behandlung der Thiber-
kulose ; von Prof. VinoenzCzerny. (Beiträge z. Elin.
d. Tuberk.L2. p. 119. 1903.)
246) Die Bekämpfung der Schwindsucht in den
Wohnungen; von Stadtrath Pütt er in Halle a. d. 8.
(Ztschr. f. Tuberk. u. Heilst. IV. 3. p. 213. 1903.)
247) Home treaiment of tuberculosis ; by Law-
rence F. Flick. (Therap. Gaz. June 15. p. 365. 1902.)
248) On the feaeibiliiy andmanagement ofa hygienic
eure of ptdmona/ry tuberculosis outside of closed sana-
toria; by Charles L. Minor. (Ebenda lU. 6. p. 510.
1902.)
249) Die Fürsorge für die ambulant xu behandelnden
Schwindsüchtigen ; von Prof. W. Weintraudin Wies-
baden. (Ebenda IV. 1. p. 14. 1902.)
250) Die Behandlung Lungenkranker in einem
öffentlichen Krankenhause; von Dr. Tenner. (Wien,
klin. Wchnschr. XYI. 1. 1903.)
251) Äerxtliehe Winke für Lungenkranke; von Dr.
IL W e n d r i n e r. (Paderborn 1902. Ferd. Schöningh.
Kl. 8. 93 S.)
252) Wie schützen wir uns vor Wiedererkrankung
an Lungentuberkulose ; von Dr. W. Boemisch in Arosa.
(Essen 1902. Thadeo & Schmemann. 8. 45 S.)
253) Luftreinheit, aseptische und aloxische Behand-
lung der Lungen xur Bekämpfung der Tuberkulose ; von
Dr. W. Z e u n e r. (Berlin 1903. Aug. Hirschwald. 8.
83 8.)
254) Zur Freiluftkur in der Phthisiatrie ; von Dr.
Voll and in Davos-Dorf. (Therap. Monateh. XVL 12.
1902.)
255) Zur Behandlung Schwindsüchtiger in offenen
Kurorten; von Dr. B. Rischawy in Heran. (Wien.
kÜD. Rundschau XVH. 15. 1903.)
256) üeber den EinfUiss des Seeklimas auf Lungen-
tuberkulose nctch Beobachtungen auf Helgoland; von Dr.
E. Lindemann. (Ztschr. f. Tuberk. u. Heilst. IV. 1.
p. 4. 1902.)
257) Hbhenklinui und Tuberkulose ; von Dr. E. M e i s -
8 CD. (Deutsche Praxis XL 15. 1902.)
258) An address on the treatment of pulmonary
tuberculosis by hygiene; by C. Theodore Williams.
(Lancet June 14. 1902.)
259) Some observations on and the restdts of the
treatment of one hundred eases of pulmonary tuber-
culosis treatedby the openairmethod; byD.J.Chowry-
M u t h u. (Brit med. Joum. Nov. 1. 1902.)
260) The dietetie treatment of pulmonary ^«^er-
<»4o<i8; by Noel D. Bardswell. (Ibid.)
261) The dietetie treatment of pulmonary tuber-
culosis from the point of view of its haematology and
histopaihology ; by J. J. Galbraith. (Ibid. March 14.
1903.)
262) La ration alimentaire utile du tuberctdetta:.
Les dangers de la suralimentation; parleDr.Fernand
Barbary. (Bull. gen. de Ther. CXLV. 14; Avril 15.
1903.)
263) Some suggestions relative to the treatment of
tuberculosis; by F. M. Pottinger. (New York med.
News May 31. 1902.)
264) Tßic treatment of pulmonary tuberculosis ; by
William A. Caldwell. (Philad. med. Joum. Aug. 30.
1902.)
265) Ihe open-air treatment of tuberculosis in the
State forest reservations of Pennsylvania ; by J. T. R o t h -
rock. (Ibid. Aug. 2. 1902.)
266) Tent life in Ärixona in the treatment of tuber-
culosis; by Henry H. Stone. (Ibid. Oct 18. 1902.)
267) Why the open-air treatment of consumption
succeeds; by M. D. Yeeder. (New York med. Eteoord
Jan. 3. 1903.)
268) The treatment of pulmonary inwüids in favo-
rable climates; by Earl 8. Bullock. (Ibid. July 12.
1902.)
269) Oontribution ä Vitude du traitement preventif
et curatif de la phthisie pulmonaire par modifieation
du terrain depridisposition; par leDr. Joseph Tetan.
(Ball. gen. de Thdr. CXLV. 9; Mars 8. 1903.)
270) Die Probe-Tuberkulininjektion xur Abwehr der
Tuberkulose in der Armee ; von E 1 i m o w i t z. (Ztschr.
f. Hyg. u. Infektionskrankh. XL. 1. p. 141. 1902.)
271) Tkiberculin as a remedy in tuberculoeis ofthe
lungs; by W. Camac Wilkinson. (Brit med. Journ.
June 7. 1902.)
272) üeber die diagnostische und therapeutische
Venrendung des Jkiberkulins ; von Dr. A. Moeller und
Dr. A. K a y 8 e r 1 i n g. (Ztschr. f. Tuberk. o. Heilst m.
4. p. 279. 1902.)
273| Therapeutische und diagnostische Veneendung
des liiberkulins ; von Dr. Richard Adler in Prag.
(Prag. med. Wchnschr. XXYIII. 3—11. 1903.)
274) üeber Erfolge mit Ikiberkulinbehandlung nach
Qoetseh'schem Verfahren; von Dr. W. Roemisch
in Aiosa. (Müncho. med. Wchnschr. XLIX. 46. 47. 1902.)
275) Beobaehiungen bei Behandlung vonPhthisikem
mit Tuberkulin ; von Dr. F. R o s e n b e r ge r. (CSentr.-Bl.
f. innere Med. XXFV. 19. 1903.)
276) (Jombmirte Behandlung der Lunaentuberkulosc
mit Kcdk und Tuberkulin; von Dr. Rudolph in Magde-
burg. (Ebenda 48.)
277) Einfluss des neuen Tuberkulins auf den Zell-
stoffwechsel ; von Dr. J. M i t u 1 e 8 c u in Bukarest (Deut-
sche med. Wchnschr. XXYIII. 39. 40. 1902.)
278) Experimenteller Beitrag xur Frage der Agglu-
tination der Tuberkelbaeillen und xur Behandlung der
Tuberkulose mit Neu-Tuberkulin Koch (Baeillenemul-
sion); von Fritz Theilung in Zürich. (Centr.-BL f.
Baktenol. u. s. w. XXXIL 1. p. 28. 1902.)
279) Bemerkungen xur luberkulinbehandlung ; von
Dr. M ü n z e r. (Prag. med. Wchnschr. XXYIII. 13. 1903.)
280) Tuberkulosebekämpfung ; von E. v. B e h r i n g.
(Berl. klin. Wchnschr. XL. 11. 1903.)
281) Gedanken über die Prophylaxe und Therapie
der Tuberkulose; von Dr. Ernst Fuld. (Therap.
Monatsh. XVI. 12. 1902.)
VL Innere Medioüu
183
2B2) Tke emnamie aeid (hetol) treatment oftuber-
aUons; by Prof. A. Landerer. (Joarn. of tubero. V.
l;JuLl9ü3.)
283) Die Hetol'fZimmUäure'JBehandOung der Lun-
gmhtberkuioee und ihre Ampendung in der ärztlichen
Praxis ; von Dr. £rwinFranck in Berlin. (Therap.
Monmtsh. XV. 12. 1901.)
284) Zur Hetoibekandkmg hei Lungentuberkuiaee;
▼OD Dr. Bein hold Bloch in Goblenz. (Deatsohe
PnxiB XL 17. 1902.)
285) Bßtoütehandhmg der Tuberkuloee und Heil^
HSüenbewegung und ihr Einflues auf die uirthaehaft-
Uehe Lage der Äarxle; von Dr. R Weiss mann in
lindenfels. (Ebenda 21.)
286) Zur Beiolbehandhing ; von Dr. 8. Gold-
schmidt in Bad BeiohenhalL (Ebenda Xü. 2. 1903.)
2Siy Erfahrungen über Eeiolbehandlung in der aU-
gemeinen änUliehen Praxis ; von Dr. Katzenstein in
München. (Münchn. med. Wchnschr. XUX. 33. 1902.)
288) Einige Bemerkungen über die Behandlung
tuberkulöser Erkrankungen tnii ximmtsaurem Natron
tuek Landerer; von Herrn. Riegner. (£benda4b.)
289) Zur Behandtung der Lungen- und Kehlkopf-
tuberkulöse mit Betol (Lander er); von Prof. H.
Krause. (BerL klin. Wchnschr. XXXIX. 42. 1902.)
290) Coniribution ä Vetude du iraitemeni de la
tuberctdose pulmonaire par le einnamate de soude ; par le
Dr. P. Meyer, Levsin. (Bevae med. de la Soisse rom.
XXIL 11. p. 7ö5. Nov. 20. 1902.)
291) The hetol treatment of tuberculosis ; by Dr. 0.
A m r 8 i n. (Lsncet Joly 12. 1902.)
292) Zur Frage von der Wirksamkeit der Hetol-
bekandiung; von Dr. Sigismnnd Gohn. (Berl. klin.
Wchnschr. XL. 13. 1903.)
293) Betolsanguinal. Ein Beürag xur Eetolbehand-
hmg der TuberkuloseinderLandpraixis; von Dr. Krone.
(Med. Woche Nr. 28. 1902.)
294) Eine neue Methode^sur Heilung der Tuberkulose,
der ehronisehen Nephritis und des Careinoms mittelst
ntbeuianer Injektionen einer sehr verdünnten wässerigen
Losung der offieineüen Ameisensäure; von Dr. Edaard
Krall in Güstrow (MeoUenborg). 2. Theil: Kranken-
geschichten. (München 1902. Verlag d. ärztl. Rondschao.
Gr. 8. 11 8.)
295) Ueber Kreosottherapie; vonDr.O.Barwinkel.
(Allg. med. Gentr.-Ztg. Nr. 18. 1903.) (Empfehlung des
Kieoeot)
296) Beitrag xur Behandlung der Lungentuberku-
hse; Yon Dr. J osef Margoniner in Berlm. (Therap.
Monatah. XYIL 2. 1903.)
(Empfehlung eines neuen Kreosotpräparates : ,Pneu-
min^. ,Da8 Pneumin ist ein Gemenge von Methylen-
verbindungen der im Bachenholztheer vorkommenden
Ph«nole, wie Gujyakol, Methylkresol und Xylenoi*".)
297) Ueber die Behandlung der Lungentuberkulose
mit Oeosoi (Oucffaeolum valeirianieum) ; von Dr. A.
Kühn in Rostock. (Therap. Monatsh. XVL 11. 1902.)
(Empfehlung des Geosot, «dem eine ausserordentlich
tooiairende Wirkung auf den Gesammtorganismus zu-
kommt*.)
298) Beitrag xur rationellen Behandlung der Lun-
geiMberhdose mit besonderer Berücksichtigung des
Aphihisin (Sgnonym: Öuajaeolum compositum Hell),
einer löslichm Ouajacol-Petrosulfol- Verbindung; von
' Dr. Friedrich Kölbl in Wien. (Wien. med. Presse
45. 1902.)
299) Die Wirkung des Ichthyols bei Tuberkulose;
von Dr. Dezrö LevaL (Ungar, med. Presse YII. 24.
1902.) (Empfehlung.)
300) Die Tuberkulose und ihre Therapie durch
Calomel; von Dr. Mar teil in GUuchau. (Wien. med.
Wchnschr. LIU. 7. 8. 10. 1903.)
(M. hat das Calomel bereits wiederholt empfohlen.
Neu scheint uns zu sein, dass er es auch verdächtigen
Neugeborenen prophylaktisch giebi ,,£& steht mir eine
Reihe von Fillen zur Verfügung, in denen es mir gelang,
bei täglicher Verwendung von Calomel von 0.003 3mal
pro die diese mit absoluter Sicherheit dem Tode ver-
fallenen Kinder am Leben zu erhalten.*^)
301) Subcutane Infektionen von Arsenik bei der
Therapie der Phthise ; von Dr. H. C y b n 1 s k i. (Münchn.
med. Wchnschr. XUX. 33. 1902.)
(10 Fälle. Die Einspritzungen wirkten aaf das All-
gemeinbefinden günstig, die Lungen blieben unverändert)
302) Aspirin in der Therapie der Lungentuber-
kulose; von Dr. H. Cybulski. (Therap. Monatsh. XVL
9. 1902.)
(Das Aspirin wirkt günstig gegen pleuritische Er-
scheinungen und gesen Fieber.)
303) La eryogenine dans la fixere des tubereuUux;
par F. Dumarest (Lyon med. XXXI V. 47. Nov. 23.
1902.) (Empfehlung.)
304) Des if^ections sous-eutanees ou inlramuscu-
laires de jaune d*oeuf dans le iraitement de la tuber-
culose; par Ch. Bay ie. (Ibid. 37. Sept 14. 1902.)
305) Etudes exp6rimentales etoUniquessurletraite-
ment de la tuberculose; von Dr. Marc Laffont et
Andre Lombard. (Progres med. 3. S. XVll. 11.
Mars 14. 1903.) (Empfehlung des Cytophilins.)
306) Note sur Vemploi & methylarsinate disodique
ehex ks tubereuleux; par Vigenaud. (Bull. gen. de
Ther. CXLUI. 24. Juin 30. 1902.)
307) Methylene blue in consumption; by Henry
Herbert (Journ. of tuberc. V. 1. p. 33. Jan. 1903.)
308) The treatment of pulmonary tuberculosis ttith
formic aldekyde; par W. G. Shaiicross. (Phiiad.
med. Journ. Dec. 13. 1902.)
309) GoUeetive investigation conceming the value
of silver-nitrate injeetions in the treatment of pulmonary
consumption ; byThomasJ.Mays. (Ibid. March 14.
1903.)
310) I^emilinary note on the chemical and tliera-
peutic properties of Lachnanthes tinctoria; by J. A.
Gardner; Harold EL D. Spitta and Arthur
L a t h a m. (Lancet July 12. 1902.)
311) A further contribution to our knowledge of
electrie oxonation as a remedial agens, espeeially in the
treatment of tuberculosis; bjQ.Lenox Out ÜB. (New
York med. Becord LXII. 11. Sept 13. 1902.)
312) HochfrequenxstrÖme und Lungentuberkulose;
von Dr. H. Streb ei in München. (München 1902.
Verlag d. ärztl. Randschau. Gr. 8. 24 8.)
313) Beitrag mit mechanischen Behandlung der
Lungentuberkulose; von Dr. L u d w. T h i e m e. (GÖrbersd.
Yerofifentlichungen. Berlin 1902. Vogel u. Kreienbrink.
p. 21 .) (Empfehlung der E r n i *sohen Klopfknr.)
314) Vorschlag xur Behandlung einseitiger tuber-
kulöser Lungenspitsienaffektionen vermittelst Lagerung
der Kranken; von Dr. Richard Link. (Ztschr. f.
Tuberk. u. Heilst lU. 6. p. 480. 1902.)
(Man soll die Kranken während einiger Stunden des
Tages auf die kranke Seite legen.)
315) Ein Vorsehlag xur Behandlung der beginnen-
den Lungentuberkulose durch künstliche Hyperämie;
von Dr. U. Spude. (Ebenda IV. 3. p. 227. 1903.)
(Die Hyper&mie wird durch Sauerstoff und einen
Elektromagneten erzielt)
316) Die operative Behandlung der Lungentuber-
kulose; von Prot'. A. Landerer. (Münchn. med. Wo-
chenschr. XLIX. 47. 1902.)
(L. hat mit einer vorsichtigen Thorakoplastik bei aus-
gedehnter Phthise mit Cavemen gute Erfolge erzielt)
Diesee stattliche Literaturverzeiohniss giebt
nur einen Theil dessen wieder, was im letzten
Jahre, seit unserer vorigen ZusammeuBtellung über
die Behandlung derTnberkuloee veröffentlicht wor-
den ist Wer die lange Reihe durchgeht, wird ohne
184
VI. Innere Hedidn.
Weiteres erkennen , in welcher Richtung Theorie
und Praxis sich bewegt haben und er wird nicht
erwarten, dass wir auf die einzelnen Arbeiten ein-
gehen, da es sich ja bei der überwiegenden Mehrzahl
um die Wiederholung oft erörterter Dinge handelt
Im Allgemeinen ist zu sagen, dass man sich
doch auch bei der Verhütung und Heilung der
Tuberkulose wieder mehr dem einzelnen Menschen
zuwendet Der Kampf richtet sich nicht mehr so
ausschliesslich gegen die Bacillen, sondern viel-
fach auch gegen die Empfänglichkeit der bedrohten
Menschen. Dass man den Bacillen möglichst kräftig
zu Leibe gehen soll, ist selbstverständlich, man soll
aber auf der anderen Seite auch immer wieder mit
aller Kraft versuchen, die Widerstandsfähigkeit
aller Menschen gegen die Bacillen zu erhöhen,
diesen bei Menschen und Thieren die Ansiedelung
immer schwerer zu machen. Das Wichtigste
hierbei sind die bekannten hygieinischen Maass-
nahmen : die Fürsorge für gute Wohnung, für gute
Ernährung, der Kampf gegen den Alkohol, die Be-
seitigung der Berufschädigungen u. s. w. Ob bei
der Ernährung die Zufuhr besonderer Stoffe, Salze
u. s. w. von wirklichem Werthe ist, darüber lässt
sich etwas Sicheres noch nicht sagen. Auf die
Versuche, den Menschen gegen die Tuberkulose
künstlich immun zu machen, kommen wir weiter
unten zu sprechen.
In den zahlreichen Sanatorien, die es mittler-
weile auf der Erde giebt, herrscht, wie die Jahres-
berichte und sonstigen Mittheilungen beweisen,
meist reges Leben. Dass die Erfolge nicht so
glänzend sind, wie man wohl vielfach erwartet
hat, wird mit Vorliebe zum guten Theile den prak-
tischen Aerzten zur Last gelegt, die den Anstalten
zu viel ungeeignetes Material zuweisen sollen.
Verschiedene Herren haben sich auch im letzten
Jahre redlich Mühe gegeben, uns darüber zu unter-
richten, wie man die Lungentuberkulose frühzeitig
erkennen kann und was unter „beginnender Phthise^^
und für Sanatorien geeigneten Kranken zu ver-
stehen ist. Die mancherlei Schwierigkeiten, die
sich in der Praxis auch dem tüchtigsten und ge-
wissenhaftesten Arzte bei der rechtzeitigen Ueber-
weisung unbemittelter Schwindsüchtiger in die An-
stalten entgegenstellen, werden dabei meist nicht
genügend gewürdigt, und gerade zu komisch wirkt
es, aus der K ober t 'sehen (214) Zusammenstel-
lung zu ersehen, wie verschieden die Herren An-
staltleiter selbst über „geeignete Fälle^* denken.
Die Einen wollen nur Kranke aufnehmen, die noch
keine Tuberkelbacillen im Auswurfe haben. Andere
stellen den Nachweis dieser Bacillen als Grund-
bedingung auf; die Einen lehnen jeden Kranken ab,
der fiebert, Andere machen sich aus abendlichen
Temperatursteigerungen nichts u. s. w. Die ganze
Sache lässt sich eben nicht in ein Schema bringen,
es ist in jedem Falle zu viel Besonderes zu berück-
sichtigen. Soviel ist wohl sicher, dass es nicht
richtig war, die Anstalten nur so für sich nackt und
bloss hinzustellen. Es muss irgend eine Vorstufe
geschaffen werden, in der die Kranken beobachtet
und die für das Sanatorium geeigneten von den
anderen geschieden werden können und es muss
für nachher etwas eingerichtet werden, das die
Gebesserten oder Geheilten hinüberleitet in das
alltägliche Leben, in ihre Arbeit Was zur Zeit
erreicht werden kann, geben am besten die Zahlen
aus der Landesversioherungsanstalt der Hansastätte
wieder: wirkliche Heilungen sind danach selten,
erhebliche Besserungen, die das ganze Verfahren
rechtfertigen, kann man aber doch wohl mindestens
bei der Hälfte aller aufgenom menen Kranken erzielen.
Den besten Aufschluss über die ganze Heilstätten-
bewegung und Alles, was damit zusammenhängt,
giebt der umfangreiche, geschickt zusammengestellte
Geschäftsbericht von Pannwitz (1 63).
Drei der I\vphylaxe gewidmete Arbeiten seien
kurz erwähnt Thom (242) bespricht kritisch
Alles was bisher zurünschädlichmachungdee Aus-
wurfes empfohlen worden ist und kommt zu dem
Ergebnisse, dass für die Allgemeinheit eine Flüssig-
keit, die Natronlauge und ein Desinficiens enthält,
das Beste ist Die Lauge löst, schliesst das Spu-
tum auf und macht die Bacillen dem Desinficiens
zugänglich. Die Flüssigkeit muss im Verhältnisse
zu dem Auswurfe reichlich sein und lange ein-
wirken. Th. stellt Genaueres in Aussicht —
Wagner (243) stellte durch eingehende Unter-
suchungen fest, dass selbst in Räumen, in denen
sich zahlreiche Schwindsüchtige aufhalten, bei ge-
nügender Lüftung und Besonnung, bei feuohter
Reinigung und bei sorgfältiger Behandlung des
Auswurfes der Staub nur selten virulente Tuberkel-
bacillen enthält — Rabinowitsch (244) hat
eine Anzahl von Farben als Wandanstrich erprobt
und hat gefunden, dass einige (z. B. 2 Porzellan-
Emaillefarben von Rosenxtüeig dh Baumann in Cassel,
die Berliner Emaillefarbe und die Zoncafarbe) in
der That, vermöge ihrer chemischen Zusammen-
setzung, stark keimvemiohtend, gerade auch auf
Tuberkelbacillen wirken und diese Wirkung Wochen
und Monate lang ungeschwächt beibehalten. —
Oeber das Tuberkidin, und zwar vorzugsweise
über das alte Tuberkulin liegt eine Anzahl günstiger
Berichte vor. Klimowitz(270) meint, es sollte
in der Armee zur Ausschaltung latent Tuberkulöser
bei der Einstellung angewandt werden. W i 1 k i n -
son(271)undMoeller undKayserling (272)
hatten gute Erfolge. Letztere wandten in der Heil-
stätte Beizig zu diagnostischen Zwecken lediglich
das alte, zu therapeutischen das alte und das neue
Tuberkulin an. Welches in diesem oder jenem Falle
besser wirkt, lässt sich noch nicht sagen. Gut sind
bei vorsichtiger Anwendung beide und die Heil-
stätten sollten die Tuberkulinbehandlung in aus-
gedehntem Maasse vornehmen. Adler(273) nennt
„die moderne Behandlung mit dem Tuberculinum
vetus Kochii^', d. h. die vorsichtige Anwendung mit
sehr kleinen Dosen, „die wirksamste Methode der
VT. Innere Medlcin.
185
Bekämpfung der Tuberl^ulose'^ Roemi8ch(274)
hat in Arosa, ebenfalls mit sehr vorsichtigen kleinen
Gaben in der Art wie sieOoetsoh empfohlen hat,
bei mehreren Kranken vortreffliche Erfolge erzielt,
bei denen nach langer Beobachtung und Behand-
lung kaum noch eine Besserung zu erwarten zu
sein schien. Auch Rosenberger (275) em-
pfiehlt nach einigen Beobachtungen in der Würz-
burger med. Klinik die Tuberkulinbehandlung nach
Goetsch. Er macht besonders auf die Ver-
schiedenheit der Präparate aufmerksam. Kann man
die Kur nicht mit einem Präparate durchführen,
80 soll man bei einem Wechsel stets wieder mit
kleinsten Dosen anfangen. Rudolph (2 7 6) em-
pfiehlt, die Tuberkulinkur durch reichliche Kalk-
zufnhr zum Körper zu unterstützen. Mitulescu
(277) kommt bez. der Einwirkung des neuen Tuber-
kulins auf den Zellenstoffwechsel zu dem Ergeb-
nisse, „dass das Tuberkulin als therapeutisches
Mittel in kleinen, vorsichtig anwachsenden Mengen
und nur in den für diese Behandlung geeigneten
Fällen angewandt, keine celluläreDesassimilations-
vergrOsserung hervorruft, sondern für den Organis-
mus den Vortheil bietet, eine nutritive Zellerregung
zu verursachen, ein erkennbares Streben zum Pro-
teinansatz und eine schrittweise Bildung von speci-
fischen Immunkörpern, welche die Vitalität des
Tuberkelbacillus vermindern und seine Toxine und
Proteine neutralisiren. Lokal entsteht eine peri-
tuberkulöse Reizung, welche die Begrenzung und
Incystirung des Tuberkels durch das sklerotische
Gewebe begünstigt". T h e 1 1 u n g (278) steht dem
Neutuberkulin sehr viel skeptischer gegenüber.
Nach seinen Versuchen im Hygieineinstitute zu
Zürich hat es auf die experimentelle Tuberkulose
bei Meerschweincben keinen heilenden Einfluss und
es ist unter umständen recht gefährlich „Zwei mit
dem Höchster Präparate: zerriebene Tuberkel-
bacillen, geimpfte Meerschweinchen starben an
Tuberkulose; von 2 mit dem aus Höchst bezogenen
Präparate: Neutuberkulin Koch, Bacillenemul-
sion geimpften Meerschweinchen wurde eins tuber-
kulös. Die beiden Präparate enthielten lebens-
Mige, für Meerschweinchen virulente Tuberkel-
badllen^'. Münzer (279) erinnert daran, dass
auch Niessen in dem Neutuberkulin lebende
Tuberkelbacillen nachgewiesen hat Dieses Mittel
ist also entschieden bedenklich.
Die neueste Mittheilung von v. Behring (280),
sein in Wien gehaltener Vortrag, hat durch die
Tagesblfttter schnell allgemeine Verbreitung ge-
funden. V. B. hält die Frage, können Rinder auf
die Dauer gegen die Tuberkulose immun gemacht
werden, für gelöst, und er steht nicht an, sie mit
ja zu beantworten. Seine Impfungen mittels intra-
venöser Einspritzungen kleiner Mengen schwacher
menschlicher Tuberkelbacillen sind mittlerweile in
einer derartigen Menge vorgenommen und sind
durdi lange Beobachtung während der man den
Thieren die beste Oel^;enheit gab, tuberkulös zu
Med. Jahrbb. Bd. 279. Hft 2.
werden, bez. sie tuberkulös zu inficiren versuchte,
als derart zuverlässig befunden worden, dass v. B.
die von ihm geimpften Thiere für vollkommen
immun hält, so etwa wie ein richtig geimpfter
Mensch den Pocken gegenüber unempfänglich ist.
Wichtig ist die Beobachtung, dass die intravenöse
TuberkelbaciUenimpfung bei älteren Thieren und
vor Allem augenscheinlich bei bereits tuberkulös
inficirten Thieren, eine sehr starke, oft bedenkliche
Reaktion mit Fieber und Pleuropneumonie hervor-
ruft Diese Beobachtung veranlasste v. B. die Im-
pfung immer weiter vorzurücken, er empfiehlt für
die Praxis nur Kälber in den ersten 3 Monaten zu
impfen und er meint, dass man bei der Ueber-
tragung seiner Immunisirungsmethode auf Men-
schen auch die jungen noch nicht inficirten Men-
schen, Säuglinge in den ersten Monaten wird in
Angriff nehmen müssen. Ob es jemals möglich
sein wird, eine dauernde Immunität statt mit den
gefährlichen Tuberkelbacillen mit ihren Toxinen,
bez. Antitoxinen zu erreichen, das erscheint v. B.
zweifelhaft. Er stellt Versuche darüber in Aus-
sicht, ob die Milch immunisirter Kühe auf Kälber,
bez. kleine Kinder eine schützende Einwirkung hat
Fuld (281) meint, dass man auf Orund der
neueren Kenntnisse über Tuberkulose und Perl-
sücht, sowie über die Wirkung des Tuberkulins bei
Rindern versuchen sollte, die menschliche Tuber-
kulose durch ein Rinder-(Perlsucht-)Tuberkulin zu
bekämpfen. —
Ueber das Hetol liegt eine ganze Anzahl gün-
stiger Berichte vor. F r a n c k (283), Bloch (284),
Weissmann (285), Goldschmidt (286),
Katzenstein (287), Riegner (288) und
Krause (289) haben gute, zum Theil sehr gute
Erfolge erzielt und rühmen die Methode als un-
gefährlich und wirksam mit und ohne Unterstützung
der äusseren Verhältnisse. Grundbedingung ist
genaues Einhalten der Landerer 'sehen Vor-
schriften. Krause hat bei seinen Kehlkopf-
kranken die Heilwirkung des Hetols an heraus-
geschnittenen Stücken Studiren können. Meyer
(290) und Amrein (291) drücken sich zweifeln-
der aus, Cohn (292) sah von seinen 14 Kranken
nur einen besser werden, 7 blieben unverändert,
6 wurden schlechter. Auch für die innerliche An-
wendung hat das Hetol wieder einen Empfehler
in Krone (293) gefunden.
Für alles Weitere genügen die Titel und die
hinzugefügten kurzen Bemerkungen. D i p p e.
253. Ein seltenes Gefässgeräasch in der
Lunge; von P. K. Pel. (Berl. klin. Wchnschr.
XL. 15. 1903.)
P. fand bei einem 32jähr. Manne, der an latenter
Tuberkulose der rechten Spitze litt, ein lautes, continnir-
hches, saasendes Blasen mit systolischer Verstärkung
und begleitet von einem hohen, pfeifenden, fast musika-
lischen Obertone über dem rechten Oberlappen. Es be-
stand starke Neigung zu Lungenblutungen. P. nimmt
an, dass entweder ein Aneurysma artorio-venosum oder
24
186
VI. Inhere Medidn.
eine in der Nähe einer Arterie gelegene Yenenerweite-
rujig vorlag. WahrscheiDÜch handelte es sich um eine
taberkulöse Erkrankung der OefBsswände, wodurch auch
die Neigung zu Blutungen zu erklfiren wäre.
Sobotta (Heilanstalt Sorge).
254. Zar Frühdiagnose der Pleoritie dia-
phragmatioa ; von Dr. v. Stenitzer. (Wien.
Idin. Wohnschr. XVI. 16. 1903.)
Im Anschloss an die Krankengeschichte einer
Pleuritis diaphragmatica ohne Exsudat bespricht
V. S t. die besonderen Kennzeichen, die eine Früh-
diagnose ermöglichen. An erster Stelle stehen die
Schmerzen, die durch jede Bewegung des Zwerch-
fells ausgelost werden (z. B. Aufstossen, Singultus)
und sehr weit, bis in die Schulter, ausstrahlen.
Ausserdem giebt es zwei charakteristische Druck-
punkte, den Hussy 'sehen und den Phrenicus-
druckpunkt am Halse. Sodann finden sich Störun-
gen der Zwerchfelldynamik : einseitiger Hochstand
des Zwerchfells, unzureichende Zwerchfellathmnng
oder auch Zwerchfellreizung, und schliesslich
kommen noch die Reflezzuckungen des Rectus
abdominis in Frage. Diese Zuckungen erfolgen
nur auf der Hohe der Einathmung, sind auf die
erkrankte Seite beschränkt und betreffen nur den
obersten Theil des Muskels, bez. seine Ansatz-
portionen an Rippenknorpel und Schwertfortsatz.
Diese Reflezzuckung ist von einer raschen An-
spannung der gesammten Bauchmuskulatur gefolgt,
die anscheinend als eine Fortieitung der reflekto-
rischen Erregung vom Rectus aufzufassen ist und
ihre Erklärung in den innigen reflektorischen Be-
ziehungen zwischen Zwerchfell und Bauchmus-
kulatur findet
Von den übrigen Symptomen kOnnen allen-
falls noch der quälende Husten und die oft starke
Dyspnoe zur Diagnose verwerthet werden, diese
namentlich dann, wenn ausser der schmerzhaften
Behinderung der Athmung keine andere Ursache
für die Dyspnoe gefunden werden kann.
Sobotta (Heilanstalt Sorge).
255. Kephritis syphilitioa acuta; von Dr.
WaldvogeL (Deutsche med. Wchnschr. XXVIII.
44. 1902.)
In einem Falle von Syphilis kam es kurz nach
dem Auftreten von Condylomen zu den Erschei-
nungen akuter Nephritis (Ascites, Oedeme, Vermin-
derung der Harnmenge, Albuminurie, Cylindrurie).
Alsbald nach dem Beginne der verordneten Schmier-
kur gingen, ohne dass Lebensweise oder Bekösti-
gung geändert wurden, die nephritischen Erschei-
nungen zurück.
W. nimmt daher an, dass es sich hier um
Nephritis syphilitica acuta praecox gehandelt habe.
Obgleich der Kranke vorher Masern und Lungen-
entzündung gehabt hatte, ist ein Zusammenhang
der Nephritis mit diesen Erkrankungen nicht an-
zunehmen, weil sich der Kranke inzwischen ganz
wohl befunden hatte. Der schnelle Rückgang der
nephritischen Erscheinungen (schneller als der der
syphilitischen) spricht ebenfalls dafür, dass die
Nephritis eine speoifische war.
Sobotta (Heilanstalt Sorge).
256. üeber Oylindrarie and Albaminorie
beim Erysipel; von Dr. R. Pollatschek.
(Centr.-Bl. f. innere Med. XXIV. 20. 1903.)
P. untersuchte 50 Fälle von typischem Ery-
sipel auf Eiweiss- und Cylinderausscheidung. Er
fand sämmtliche Qrade der Nierenreizung von vor-
übergehender Albuminurie leichtester Art bis zu
den schwersten Nierenentzündungen. Diese Ver-
änderungen fanden sich bei 38^/^ der Erysipel-
kranken und zeigten sich als einfache Cylindrurie
ohne Albuminurie, als Albuminurie ohne Cylindrurie
oder als Albuminurie mit Cylindrurie. Indessen
ist selbst starke Albuminurie in Verbindung mit
dem Erscheinen renaler Elemente mitunter eine
vorübergehende Erscheinung und nicht unbedingt
prognostisch ungünstig.
Sobotta (Heilanstalt Sorge).
257. Ueber Albaminorie; von Prof. M.
C 1 0 e 1 1 a. (Corr.-BL f. Schweizer Aerzte XXXHL 8.
1903.)
Bei seinen Untersuchungen über bestimmte
Beziehungen zwischen Albuminurie und Nephritis
ist C 1. zu folgenden Resultaten gekommen. Bei
der Albuminurie treten im Urin drei unter einander
stark verschiedene EiweisskOrper auf: Das Serum-
albumin, das Serumglobulin und das Nudeoalbu-
min. Die Hauptmenge des in der Hitze coagulir-
baren Eiweisses des Eiweisshams besteht aus
Serumalbumin und Globulin, während das Nuoleo-
albumin stark zurücktritt. Das Verhältniss der
beiden Hauptrepräsentanten zu einander bezeichnet
C 1. als den Albuminquotienten I — 1
und er hat gefunden, dass alle drei EiweisskOrper
bei ihrem Auftreten gewisse Oesetzmässigkeiten
zeigen, die mit der klinischen Diagnose in Zusam*
menhang gebracht werden kOnnen.
Es hat sich ergeben, dass die akute Nephritis
unter dem Zeichen der vermehrten Olobulin- und
Nudeinausscheidung steht, während die chronisch
indurative Nephritis ein gerade umgekehrtes Ver-
hältniss zeigt, also das Serumalbumin bei ihr vor-
herrscht
Bisher nahm man allgemein an, dass es Blut-
ei weiss sei, das im Urin zu Tage tritt: es müssten
demnach direkte Beziehungen zwischen den Albu-
minquotienten von Urin und Blutserum im Verlaufe
einer Nephritis bestehen. Das Experiment hat aber
gezeigt, dass der Wechsel des Albuminquotienten
im Urin nicht seinen Qrund haben kann in einer
entsprechenden Veränderung des zugehörigen Blut«
serum. Zwischen Blutserum und Urin muss viel-
mehr ein Transformator eingeschaltet sein, der die
relativen Mengenverhältnisse der einzelnen Ei-
weisskOrper abändert Csatary suchte ihn im
VI. Innere Medicuu
187
y^halten der Cirkulationapparate, was aber Gl.
experimentell als unrichtig nachweisen konnte.
Vielmehr ist der Zustand des Nierenparenchyms
für die Beschaffenheit des Albuminquotienten im
Urin maassgebend. Die pathologische Yerftnderung
des Nierenparenchyms besteht gewissermaassen in
einer siebartigen Lftsion der Membran, die nach
Art der Erkrankung einen stärkeren oder geringeren
üebertritt des EiweisskOrpers gestattet. So ist sie
z. B. bei akuter Nephritis stärker, bei indurativen
Processen geringer. Schliesslich lAsst sich hieraus
aach ein Schluss auf die Veränderungen bei der
physiologischen und cyklischen Albuminurie zie-
hen: bei beiden besteht zwar eine abnorme Poren*
weite der Epi- und Endothelien, sie genügt aber
noch, um den Eiweissdurchtritt zu verhindern.
Bezüglich der Bedingungen des Auftretens von
Nncleoalbumin hat sich gezeigt, dass das Nudein
nidä aus dem Serum stammt, sondern nur von
der Niere selber geliefert wird: das Hamnuclein
ist das Resultat eines starken Zellenverfalls in der
Niere. Da es also bei akuter Nephritis reichlich,
bei Schrumpfniere dagegen fast gar nicht aus-
geschieden wird, so kommt dieser Erscheinung
nicht nur eine diagnostische, sondern auch eine
prognostische Bedeutung zu.
▼. E o r a n y i hat die Gefrierpunktbestimmung
des Blutes zum Studium der Nierenpathologie
herangezogen. Das Sinken des Gefrierpunktes zeigt
eineUeberladung des Blutes mit chemischen Stoffen
an, da dann in dem Blute mehr Molekfile als nor-
mal sind. Es wäre also damit ein Maassstab für
die Funktionleistung der Niere gegeben, da diese
Moleküle bei intakter Nierenthätigkeit sonst eli-
minirt worden wären. In Berücksichtigung dieser
Tbatsache hat CL die Arbeitleistung der Niere mit
dem Verhalten der Eiweisskürper bei der Albumin-
urie verglichen. Es hat sich gezeigt, dass zwi-
8(^ea dem Albuminquotienten und der Arbeit-
Ustnng der Niere gar kein Zusammenhang besteht
und dass femer die absolute Grösse der Eiweiss-
aosscheidung nicht proportional geht der Funktion-
stfinmg der Niere.
Am Schlüsse seiner Arbeit beweist C 1. direkt
durch Anwendung verschiedenartig wirkender Nie-
iBogifte im Thierversuche, dass anatomische Läsion
und Fonktionstörung keine congruenten GrOssen
sind, eine Annahme, die schon von klinischer Seite
«ugesprochen wurde. Die Pathologie der Fanktion-
stSrnngen der Niere bietet überhaupt noch viele
ungelöste Fragen. N e u m a n n (Leipzig).
258. Zar Frage der traamatisohen Albu-
ainurie; von Dr. Fr. Engel in Kairo. (Berl.
Hin. Wchnschr. XL. 10, 1903.)
Ein jünger, 22jähr. Mann war vom Pferde gestürzt
nnd hatte sich ausser einigen Sohninden an der Hand
die rechte hintere untere Thoraxbälfte leicht gequetscht.
I^ne üntersnchoog des Urins auf Eiweiss ergab 2— 3o/oo
Eiweiss, auch waren Spuren von Zucker vorhanden.
Mihoakopiaoh Hessen sich weder Blut, noch andere anor-
male geformte Bostandtheile, bez. Nierenepithelien und
Cylinder nachweisen. Die subjektiven Beschwerden des
Kranken schwanden unter PrvßsanüxrTJmBctiLäg^n nach
einigen Tagen, auch war Eiweiss am nächsten Tage nicht
mehr nachzuweisen, während sich Zaoker noch circa
4 Wochen nach dem Unfall sparenweise nachweisen
Eine bei dem Kranken kurz vor dem Unfälle
auf Zucker und Eiweiss vorgenommene Unter-
suchung hatte nichts ergeben. Es ist deshalb anzu-
nehmen, dass die, wenn auch leichte Quetschung
in der Nierengegend die Albuminurie hervorgerufen
hat Die traumatische Olykosurie ist bekannt,
während man auf traumatische Albuminurie nicht
geachtet hat Manche gewissermaassen spontan
auftretende Albuminurie ist wohl auf ein leichtes,
nicht beachtetes Trauma zurückzufahren, nament-
lich wenn dadurch eine Quetschung oder stärkere
Erschütterung des Bauches unter dem Thorax,
vielleicht auch nur eine heftige Contraktion der
Bauchmuskulatur veranlasst wird.
Einen ähnlichen Fall von transitorischer Albu-
minurie hat Edlefsen beschrieben. Das von
Menge nach Abtastung der Nieren zu Unter-
suchungzwecken beobachtete Auftreten von Eiweiss
ist schliesslich auch eine traumatische Albuminurie
geringfügigster Art N e u m a n n (Leipzig).
259. Die Kryoakopie dea Urins and Ascites
bei Erkrankungen der Leber; von Prof. Luigi
FerranninL (Centr.-BL f. innere Med. XXIV.
11. 1903.)
Die Kryoskopie des Urins diente bisher aus-
schliesslich zur Prüfung der Nierenfunktionen, ob-
gleich sicherlich alle extrarenalen Elemente, die
die Urinzusammensetzung beeinflussen, durch sie
der Untersuchung unterzogen werden können. F.
hat sich vornehmlich mit der Kryoskopie des Urins
bei Erkrankungen der Leber beschäftigt. Die
innigen Beziehungen zwischen Leber- und Nieren-
funktion sind bekannt : bei allen Lebererkrankungen
ist die Nierenthätigkeit in Mitleidenschaft gezogen,
was sich in einer mehr oder minder ausgesprochenen
FunktionstOrung der Niere äussert
Trotz der grossen Bedeutung der Leber bei
der Urinsekretion hat Niemand bisher mit der
Kryoskopie die Veränderungen studiert, die durch
Einwirkung der Leberelemente in der Zusammen-
setzung des Urins vor sich gehen. Dreser und
ähnlich auch Bernard haben den Gefrierpunkt
des Urins mit dem des Blutserum in Verbindung
gebracht Eoranyi schlägt vor, zur Bestimmung
der Nierenfunktion die molekulare Concentration
des Urins, die durch den Oefrierpunkt bestimmt
war, mit dem procentualen Eochsalzgehalt zu ver-
gleichen. Seine geistreiche Theorie wurde übrigens
von einer Reihe von Autoren unterstützt, von
Claude und Balthazard modificirt Die hier-
durch von Letzteren und von Eoranyi gefundenen
Formeln haben mangels besserer Methoden die
grGsste Anwendung gefunden, obgleich sie keine
188
VL Innere Medicin.
festen Regeln besitzen, wie F. an von ihm ge-
fundenen Resultaten zeigt
Die von F. auf Grund ausfQhrlicher Tabellen
und weitgehender Berechnungen bei seinen kryo-
skopischen Untersuchungen gezogenen Schluss-
folgerungen sind für ein Referat ungeeignet und
müssen im Original nachgelesen werden. F. lag
vor Allem daran, über die Hamveränderungen zu
berichten, wie sie bei Leberkrankheiten nachzu-
weisen sind, ohne dass augenfällige Nierenstöungen
vorliegen: Veränderungen, die eben nur durch
kryoskopische Untersuchung nachzuweisen sind.
Der weitere Verfolg dieser neuen üntersuchuugs-
methode kann beim Studium der Krankheiten der
Leber wichtige Dienste leisten.
N e u m a n n (Leipzig).
260. Paroxysmale Hämatoporphyrinarie;
von Prof. J. Pal. (Centr.-Bl. f. innere Med. XXIV.
25. 1903.)
Nach Einnahme von Sulfonal bei Bleikolik,
Darmblutungen, Lebererkrankungen, bei Basedow'-
Bcher Krankheit und bei paroxysmaler Hämoglobin-
urie ist von verschiedenen Autoren das Auftreten
von pathologischen Mengen von Hämatoporphyrin,
das sich in Spuren in jedem normalen Harn nach-
weisen lässt, beobachtet worden. Ein Fall von
paroxysmaler Hämatoporphyrinurie ist in der Lite-
ratur bisher noch nicht bekannt und von P. zuerst
beobachtet worden. Es handelte sich um einen
66jähr. Mann, der seit 6 Jahren bei der Nässe und
Kälte des Winters folgende eigenartige Anfälle
darbot: nach leichtem Krampf in der Brust, Un-
behagen und schmerzhaften Empfindungen in der
rechten Lumbaigegend, einmal auch in der Magen-
gegend, folgte eine Entleerung von fast schwarzem
Harn, in dem sich reichlich Hämatoporphyrin nach-
weisen liess. P. glaubt in ätiologischer Beziehung
die Erscheinung am wahrscheinlichsten mit einer
vor Jahren vorausgegangenen luetischen Infektion
in Zusammenhang bringen zu dürfen. Vielleicht
lassen die Prodrome auch auf Vorgänge im Sym-
pathicus, bez. in den Oefässen schliessen.
N e u m a n n (Leipzig).
261. ChemlBohe ünteraaohaDgen des Blates
bei Annrie daroh akote Qaeoksilbervergiftung ;
von Dr. F. ümber. (Charitö-Annalen XXVn.
p. 160. 1903.)
U. liefert in der Hauptsache einen Beitrag zu
der dunklen Lehre von der Urämie und schliesst
mit folgenden Sätzen : „Wir kOnnen also sicherlich
auf Orund unserer Untersuchung sagen, dass in
dem vorliegenden Falle von schwerer akuter par-
enchymatöser Nephritis und gleichzeitiger hoch-
gradiger Anurie bereits am 3. Tage eine sehr
erhebliche üeberladung des Blutes mit Harnstoff,
bei gleichzeitigem vermehrten Wassergehalt und
vermehrten PurinkOrpern zu oonstatiren war. Trotz-
dem lebte die Kranke unter Fortdauer der Anurie
noch volle 2 weitere Tage, ohne die geringsten
Erscheinungen von Urämie aufzuweisen, wiederum
einmal ein Beweis dafQr, dass die Retention harn-
fähiger Substanzen allein — sogar bei schwe-
ren entzündlichen Veränderungen des Nierenpar-
enchyms — nicht genügt, um den Symptomen-
complex der Urämie auszulösen, es sei denn, dass
man eine gewisse Immunität einzelner Individuen
gegen eine urämische Intoxikation annehmen
wollte." Dippe.
262. Zar Pathogenese der akaten tranai-
torisohen Amaoroae bei Bleikolik, Urämie and
Bklampaie; von Prof. J. Pal. (Centr.-BL f. innere
Med. XXIV. 17. 1903.)
P. meint, dass den bekannten Sehstörungen bei
Bleikolik, Urämie und Eklampsie die gleiche Ur-
sache zu Grunde läge ; es handle sich dabei aber
nicht im üblichen Sinne um eine Giftwirkung.
„Die Auffassung der zu Grunde liegenden Vorgänge
als „„urämische*^" ist nicht zutrefifend, weil sie
selbst im Falle der echten Urämie nicht eine un-
mittelbare Folge der Nephritis sind, sondern ebenso
wie in den anderen Fällen im Zusammenhange mit
einer akuten oder subakuten bedeutenden Erhöhung
der Gefässspannung, welche in diesen Krankheiten
sich einstellt, zu Stande kommen.^' Dippe.
263. Bin Fall von allgemeinem idiopathi-
Bchem Oedem mit tödtliohem Aaagang; von
Dr. Rudolf Staehelin. (Ztsohr. f. klin. Med.
XLIX. 5 u. 6. p. 461. 1903.)
51jähr. Frau. Das Wesentliche des Falles ergebt
die Ueberschrift. Das Oedem begann im Gesicht, ging
dann auf Rumpf and Glieder und blieb an diesen ganz
besonders stark und hartnäckig. Herz und Nieren waren
gesund. Lues lag nicht vor. Jegliche Behandlung war
nutzlos. Genaue Sektion,
Derartige Fälle sind namentlich von E. Wagner
beschrieben. Man kann eine akute Form des idio-
pathischen Oedems unterscheiden, die meist in
einigen Tagen bis Wochen gut ausgeht, und eine
chronische Form, die Monate und Jahre dauern
kann und meist mit dem Tode endet. Das Wesen
der Krankheit ist uns noch vollkommen dunkel.
Dippa
264. üeber Adiposia dolorosa (Maladie de
Dercam) ; von Dr. A r t h u r W e i s s. (Wien. klin.
Wchnschr. XVI. 17. 1903.)
Zuerst von D6rcum im Jahre 1888 und
seitdem von Anderen in einer Reihe von ca. 30 Fällen
wurde ein Krankheitbegriff aufgestellt, der mit dem
Namen Adiposis dolorosa bezeichnet wurde. Das
hauptsächlichste Symptom ist eine krankhafte Fett-
ansammlung an der Körperoberfläche, die durch
Druckschmerzhaftigkeit charakterisirt ist Durch
die verschiedene Form der Fettansammlung ver-
anlasst unterschieden Roux undVitant: 1) eine
Forme nodulaire, 2) eine Forme diffuse locadisöe
und 3) eine Forme diffuse g6n6ralis6e. Es sind
dies Fettansammlungen : 1) von reinem Lipom-
charakter, 2) in der Form von diffusen, sich lappig
Vn. Oeburtsbülfe, Frauen- und Einderheilkunde.
189
anfühlenden Fettinfiltraten, die auf bestimmte
Eörperbesirke beschränkt sind, und 3) unter dem
Bilde universeller Adipositas, wobei aber dicke
Wfilste durch tiefe Furchen getrennt sind. Hände,
FQsse und Oesicht sind bei allen 3 Formen frei
von Fettansammlungen.
Ausser der schon erwähnten, mehr oder minder
ausgeprägten Druckschmerzhaftigkeit der Fett-
anaammlungen sind Schmerzen beobachtet worden,
die zuweilen der Bildung der Fettansammlung
vorangehen. Nicht so constant sind die Begleit-
erscheinungen, die einen Zusammenhang mit dem
Nervensystem vermuthen lassen : erstens eine all-
gemeine Muskelschwäche und auffallend leichte
Ermüdbarkeit und zweitens geistige Störungeu,
die in einzelnen Fällen wahre Psychosen, in anderen
gemüthliche Depression und Abnahme der intellek-
taellen Fähigkeiten bedingen.
Ausser diesen „Eardinalsymptomen'^ werden
noch folgende acceesorische Symptome erwähnt,
die auf eine Beziehung der Erkrankung zum Nerven-
system schliessen lassen: Neuritiden, Yerände-
mng der elektrischen Erregbarkeit und Atrophien,
namentlich der Handmuskulatur. Ein- oder doppel-
seitige Veränderung derPatellarsehnenreflexe, Sen-
sibilitätstOrungen, hyper- und aoästhetische Zonen,
Störungen von Temperatur- und Schmerzempfin-
dung. Femer wurden vasomotorische und tro-
phische, in das Gebiet des Sympathicus gehörige
Störungen beschrieben, ebenso wurden neuro-
pathische Zustände, wie Hysterie, epileptische
Dämmerzustände und ErampfanfäUe, Hypophysis-
tumor und Sklerodermie, beobachtet
Aetiologisch kommen für die Adipositas dolorosa
wie bei vielen Erkrankungen des Nervensystems
neuropathische Prädisposition, Alkoholismus, Syphi-
lis und Trauma in Betracht. Die bisher vorliegenden
4 Sektionen ergaben eine Degeneration der Schild-
drüse. Die exstirpirten Tumoren waren aus
reinem Fettgewebe zusammengesetzt Die Krank-
heit betrifft fast ausschliesslich Menschen im 40. bis
50. Lebensjahre und scheint das weibliche Oe-
schlecht zu bevorzugen. Prognostisch bietet die
Krankheit quoad vitam keine Gefahr. Thera-
peutisch kommen Massage, hydrotherapeutische
Maassnahmen und schliesslich Thyreoidin in Frage.
Der von W. beschriebene Fall betraf eine leichte
Form der Adipositas dolorosa und zeigte den lipom-
artigen Charakter (Forme nodulaire).
N e u m a n n (Leipzig).
VII. GeburtshQlfe, Frauen- und Kinderhellkunde.
265. Das Wesen der Dysmenorrhöe ; von
Dr. A. Theilhaber in München. (Centr.-Bl. f.
GynäkoL XXVI. 3. 1903.)
Th. erkennt an, dass ein (kleiner) Theil der
Menstmalkoliken durch anatomische Anomalien
bedingt ist. Indessen hftlt er an seiner Ansicht
fest, dass bei der „essentiellen Dysmenorrhöe^'
tetanische ZusammenziehuDgen der Ringmuskulatur
in der Oegend des inneren Muttermundes die Ur-
sache der Schmerzen sind. Er wendet sich be-
sonders gegen Menge, nach dessen Ansicht es
sidi um schmerzhafte Zusammenziehungen der
Längsmuskulatur bei Hysterischen handle.
Als Beweis dient Folgendes : l)NormaleMuskel-
oontraktionen werden von Nervösen nirgends als
Schmerz empfunden. 2) Die Dysmenorrhöe ver-
schwindet fast regelmässig nach der Geburt des
ersten reifen Eindes. 3) Die Schmerzen sind
früher vorhanden, als der Blutabfluss. Dass es
sich nicht um Wehen handelt, lehrt 4) auch die
meist ununterbrochene Dauer der Schmerzen.
Endlich weist T h. darauf hin, dass die BeSek-
tion des Sphincter or. intemi Heilung herbeifOhrt,
wgaBef. aus eigener Erfahrung durchaus bestätigen
kann. 0 1 a e s e r (Danzig).
266. Daa Verhältniaa der Atmokanais und
Zeatokanais rar Carettage und ihre Heilfak-
toren; von L. Pincus. (Mon.-Schr. f. Qeburtsh.
u. GynäkoL XVI. 4. p. 745. 1902.)
Viel Neues giebt der Aufsatz nicht, es sei nur
auf einige besonders betonte Punkte hingewiesen.
Im produktiven Alter der Frau bilde die Com-
bination der Abrasio mit der Atmokausis die Aus-
nahme, im klimakterischen Alter die Regel. Eine
zeitliche Trennung ist stets erwünscht, oft noth-
wendig. So soll man, wenn möglich, nach einer
Curettage mit der Atmokausis wenigstens 10 bis
12 Tage warten, damit dieMucosa sich regeneriren
kann — in Fällen vor der Menopause. Die Atmo-
kausis soll dann auch weniger schmerzhaft sein,
als wenn sie unmittelbar folgt. P. warnt auch vor
der planlosen Wiederholung der Curettage, wodurch
der klinischen Wirksamkeit der Atmokausis direkt
entgegengewirkt werden könne und sicher oft werde.
Durch jene werde in besonderem Maasse die Gegend
des Orific. int. bestrichen (Gefahr der Striktur, die
dann gewöhnlich der Curette zur Last föllt). Eine
Wiederholung der Atmokausis soll nur stattfinden,
wenn eine digitale Abtastung bezüglich des Frei-
seins der Tubenecken von Polypen vorausgegangen
ist. Entfernung dieser mit der Curette (Löh-
lein's Tubeneckenlöffel), eventuell Aetzung mit
dem Zestokauter. E. T e u f f e 1 (Berlin).
267. Zar klinischen Bedeutung derBetro-
flezio uteri mobilia; von Dr. E. Wormser in
Basel. (Mflnchn. med. Wchnschr. XLIX. 26. 27.
1902.)
W. fasst seine Ausföhrungen in folgenden
Schlusssatzen zusammen : „Die uncomplicirte,
mobile Retroflexion macht bei absolut gesunden
Frauen in der Mehrzahl der Fälle keine Beschwer-
den, braucht deshalb auch keinerlei Behandlung,
190
Vn. Oeburtshülfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
ausser etwa im Fall von Qraviditäf ,,Die Be-
schwerden, welche von Frauen mit mobiler Retro-
flexion geklagt werden, haben in der überwiegenden
Mehrheit der Fälle zweierlei Ursachen : entweder
rQhren sie von Complikationen her, die oft nicht
leicht nachweisbar sind, oder sie bilden den Aus-
druck einer mehr oder weniger deutlich aus-
geprägten Störung des Nervensystems. In beiden
Fällen ist die Retroflexio als solche an den Sym-
ptomen unschuldig. Die Behandlung hat demnach
ihr Hauptaugenmerk auf Heilung derComplikatiou,
bez. der Nervosität zu richten; erst wenn diese
Therapie fehlschlagen sollte, ist der Versuch einer
Lagecorrektur zu unternehmen.'*
Arth. Hoffmann (Dannstadt).
268. üeber die Behandlang des Gebftr-
mnttervorfalles ; von Dr. J. Kiriac in Bukarest.
(Semaine gynßcol. VIII. 13. p. 97. 1903.)
Die verschiedenen plastischen Operationen, die
am Perinaeum und an der Vagina ausgeführt wer-
den, um die Stütze für die Oebärmutter zu ver-
stärken oder neu zu schaffen, sind ungenügend,
um den Vorfall zurückzuhalten, selbst wenn gleich-
zeitig die Mutterbänder verkürzt werden. Es wirkt
hier eben nicht nur die Schwere der Gebärmutter
ein, sondern auch der intraabdominelle Druck, der
durch die Eingeweide ununterbrochen auf die Oe-
bärmutter drückt die Suspensionen dehnt und auf
diese Weise die Perinäalbasis überwindet. Auch
die Hysterorrhaphie nach der Methode von Kelly
giebt keine sicheren Resultate. E. hat zufällig eine
Patientin seciren können, die er 1 Jahr zuvor nach
dieser Methode operirt hatte und die ein Recidiv hatte,
wobei er fand, dass die peritonäalen Adhärenzen
unverändert fortbestanden, aber derart in die Länge
gezogen waren, dass die Gebärmutter gerade so
weit prolabiren konnte wie vor der Operation, um
dem vorzubeugen, müssen blutige Flächen zur Ver-
einigung gebracht werden, wodurch eine solide
Fixirung bewirkt wird. E. erreicht dies durch
seine Hystero-Oysto- Ventropeoßis genannte Operation.
Nach Eröffnung des Bauches wird die Gebärmutter
emporgezogen und an ihrer vorderen Fläche eine
3qcm grosse, oberflächliche Schicht abpräparirt,
der entsprechend ein eben so grosses Stück des
parietalen Peritonaeum entfernt wird, worauf die
blutenden Flächen durch Nähte aneinander gelegt
werden. Hierauf wird die Blase emporgezogen
und durch eine Transversalnaht an die Bauchwand,
sowie durch 2 — 3 Nähte an den Uterus fixirt
E. Toff (Braila).
269. Neuer Vorgang sur Saspendirang des
Uteras mittels der runden Bänder; von Dr.
N. Bardescu. (Spitalul. XXIII. 4 u. 5. 1903.)
Diese neue von Dol6ris angegebene Operation
ist von B. bei Prolapsus uteri, mit einigen kleinen
Modifikationen, angewendet worden und hat sehr
gute Erfolge gegeben.
Das Wesentliche besteht darin, dass in der unteren
Hftlfte der Laparotomie wunde zwei schief verlaufende
Kanäle mit dem Bistouri darch Muskeln und Peritonaeum
gestochen werden, durch die je eine Schlinge der runden
Matterbänder gezogen und hier durek Nähte fixirt wird,
nachdem der Uterus genügend hoch gezogen ist Die
Bauch wand wird hierauf genäht, die erwähnten Schlin-
gen werden über ihr durch Enopfnähte mit einander
vereinigt und darüber wird die Hautwunde geschlossen.
Die Blase wird durch eine Cystopezis abdominalis extra-
peritonaealis fixirt. £. T o f f (Braila).
270. Ein eigen thümlioher Fall von Inversio
oteri seniliB mit Bemerkangen über die ope-
rative Behandlang der Inversion überhaupt;
von Dr. Rudolf v.Fellenberg in Bern. (Beitr.
z. Geburtsh. u. Gynäkol. VI. 3. p. 387. 1902.)
V. F.'s Beobachtung betraf eine seit 16 Jahren im
Klimakterium stehende 67jähr. Frau, die vor 21 Jahren
zum letzten Male geboren hatte. Die Frau hatte seit
21 Jahren einen faustgrossen Yaginalprolaps und be-
merkte im Anschlüsse an wiederholte Anstrengungen der
Bauchpresse bei der Feldarbeit, dass ein dunkelrother
Körper sich aus der Oefhung unten am Vorfalle hervor-
drängte und langsam bis zu Birnengrösse wuchs. Dieser
birnengrosse Tumor erwies sich äa inverürter Uterus.
V. F. erklärt sioh die Entstehung dieser senilen Inversion
dadurch, dass die invertirte Vagina den äusseren
Muttermund auseinandergezerrt hat und der weicher
und kleiner gewordene Uterus durch diesen durch-
gepresst worden ist. P. Müller machte zuerst die
einfache Kolpektomie und nahm später, da der inver-
tirte Uterus trotzdem wieder vor die Oenitalien trat,
die einfache Amputation des Corpus uteri vor. Fat
wurde geheilt entlassen.
V. F. theilt noch einen weiteren Fall von Inversio
uteri mit, der bei einer 32 Jahre alten Frau bei der Ex-
pression der Placenta entstanden war. Wegen starker
Erschöpfung trug Müller 2*/« Monate nach der Nieder-
kunft nur den Fundus uteri ab und vernähte das Corpus
mit 12 vorher von vom nach hinten durchgeführten
Catgutnähten. Der Amputationstumpf reinveitirte sich
später vollständig. Arth.Hoffmann (Darmstadt).
271. Ueber die sehn Sohwanseraohafts-
monate; von B. S. Schnitze. (Gentr.-Bl. f.
Gynftkol. XXVI. 2. 1902.)
Um die Ungleichheit der julianischen Zeitrech-
nung mit den 28 Tage dauernden Monaten, nach
der die Qeburthelfer rechnen und die zu mannig-
fachen Missverst&ndnissen führt, abzuschafifen, em-
pfiehlt Seh., nach Wochen die Dauer der Schwan-
gerschaft zu bestimmen. 6 1 a e s e r (Danzig).
272. Die Faerperalit&t bei Frauen im Alter
von weniger als 16 Jahren; von Dr. Oeorges
Picard. (Revue prat. d'0bst6tr. et de Paed.
April 1903. p. 116.)
P. hat die Geschichten von 31921 Oeburtfällen
der Abtheilung Pinard w&hrend der Jahre 1883
bis 1903 durchgesehen und darunter nur 38 Frauen
gefunden, die weniger als 16 Jahre alt waren. Ent-
gegen der Behauptung mehrerer Autoren konnte
P. bei diesen Erstgebärenden nichts finden, was
die Schwangerschaft, die Geburt, das Puerperium
und das Gewicht der Kinder von dem anderer
Erstgebärender unterschieden hfttte.
E. Toff (Braila).
Vn. Oeburtshfllfe, Frauen- and Kinderheilbinde.
191
273. Ueber da« SohwangersohafUfleber ;
TOD Prof. Adolf Pinard. (Revue pratd'Obstötr.
6t de Paed. Mftirz 1903. p. 65.)
Von mehreren hervorragenden Autoren, wie
John Bums, Tarnier u. Budin, Ch.Vinay,
wurde die Existenz eines essentiellen Schwanger-
schaftfiebers angenommen, doch ist es unmöglich,
hierfOr stichhaltige klinische Beweise zu erbringen.
P. ist der Ansicht, dass es ein der Schwangerschaft
als solcher eigenthümliches Fieber nicht giebt und
dass man immer durch geduldiges, wenn auch
mitunter längeres Suchen die eigentliche Ursache
der febrilen Reaktion findet So können z. B. bei
ejner Schwangeren Appendicitis, Torsion etwaiger
Tumoren (Hämatosalpinx, Hydrosalpinx, Ovarial-
cysten u. s. w.), Cholecystitis, Fieber hervorrufen,
keinem Falle von anscheinendem Schwangerschaft-
fieber fand P. bei der Laparotomie ein mit Biter
gefOUtes Ovarium. K T o f f (Braila).
274. Bin FaU von »Miaaed labonr« bei
Carcinoma uteri; von Dr. Alfr. Labhardt in
Basel (Beitr. z. Geburtsh. u. Gynäkol. VI. 3. p. 437.
1903.)
Eiiie 42jfihr. Frau hatte 12 normale Oeborten durch-
gemacht und Imal abortirt Letzte Periode Anfang
August 1901. Seit December 1901 fühlte Pat krampf-
iiiA9 Schmerzen im Unterleibe. Kindsbewegnngen wur-
den bis Anfang Mai 1902 verspürt. Von Anfang Mai an
Aosfloss von bräunlicher übelriechender Flüssigkeit Am
9. Juni 1903 wurde die Schwangere in die Baseler Klinik
aofgenommen. Diagnose: Zerfallendes Carvixcarcinom,
6nividität über den Termin, todte Frucht, Zersetzung
des Uterusinhaltes. Am 10. Juni Sectio caesarea nach
Porro. In der üterushöhle lag die ausgetragene faul-
todte männliche Frucht mit abgelöster Epidermis und
schlotternden Kopfknoohen. Im Uterus ausserdem stark
öbelhechendes Fruchtwasser und Meoonium. Am Tage
danof Tod unter dem Bilde einer Embolie. Pathologis^ch-
aoatomische Diagnose: Universelle adhäsive Perikarditis,
lachte Mitraiinsufficienz, gelbe und braune Herzatro-
phie. Stanungsleber. Gastritis. Nephritis parenchyma-
toea duplex. Hydronephrosis duplex. Carcinoma cervicis
et parametriL Stenoairung beider Ureteren. Cystitis.
ToberculosiB apicam pulmonum. Pleuritis adhaesiva.
Die Literatur enthAlt nach L. nur sehr wenige,
<te mitgetheilten gleiche Fälle von Missed labour
im Ende der Gravidität bei Caroinoma uteri.
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
275. Bin Fall von reohtaeitiger Qebort
naeh abdominal-vaginaler oonaervativer Ver-
a&uig einer violenten» oompletten üterua-
raptor; von Dr. EurtEamann. (Wien. klin.
Bnndschau XVIL 16. 1903.)
üeber den von E. mitgetheilten Fall hat früher
&. Wiener schon berichtet (Jahrbb. CCLXXVU.
P.85).
Es handelte sich um eine 34jähr. Frau, die bei ihrer
11. Niederkunft wegen Querlage durch Wendung und
Extraktion entbunden worden war. Dabei entstand ein
ca. 20 cm langer Uterusriss, der nach vorgenommener
laparotomie mit Gatgut vernäht wurde und glatt heilte.
Noch vor Ablauf von 4 Mon. seit der Geburt concipirte
die Frau von Neuem. Während der Gravidität in der
rechten Unterleibsgegend vorübergehende Seh merzhaftig-
keit. Wegen der Möglichkeit einer Wiederruptur der ge-
nähten Partie durch starke Presswehen und auch wegen
Gefährdung des Eindes wurde die Geburt durch An-
legung der Zan^e beendigt Das 3500 g schwere, leicht
asphyktische Kmd wurde bald wieder belebt Wegen
fortdauernder Blutung wurde die Expression derPIaoenta
nach Grede versucht Dieser Versuch scheiterte; die
Placenta wurde aber später spontan ausgestossen. Ge-
legentlich der wegen der Blutung vorgenommenen heissen
Uterusausspülungen konnte linkerseits eine derbe Narbe
im ßcheidentheile und im Yaginalgewölbe festgestellt
werden. Während der ersten Wochenbettstage klagte
die Entbundene über sehr starke Schmerzen in der
rechten Unterieibsgegend. Entlassung am 8. Tage. Bei
der später vorgenommenen Untersuchung Hessen sich
keine Verwachsungen mit der vorderen Bauchwand fest-
stellen.
Auf Qrund dieser Beobachtung befürwortet E.
die von v. Winckel befolgte conservative , die
Oebftrfähigkeit erhaltende Operation fQr complete
Uterusrupturen. Verboten ist sie nur bei manifester
Infektion, stark zerfetzten, verunreinigten Wund-
rftndern und erheblicher Zerstörung des Uterus.
Nur, wenn die oonservativen Nahtmethoden aus-
geschlossen sind, kommen nach E. die verstüm-
melnden Operationen in Frage. Ob hier die abdo-
minale, eventuell auch die vaginale Totalexstirpa-
tion, die bei Infektion und da, wo die Complicirt-
heit des Risses die Erhaltung derCervix unmöglich
macht, die Operation der Wahl ist, vor der supra-
vaginalen Amputation schlechthin den Vorzug ver-
dient, betrachtet E. als offene Frage.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
276. Ueber Gtoburten naoh Symphyoeo-
tomie; von Dr. Otto I hl in Erlangen. (Münchn.
med. Wchnschr. L. 14. 1903.)
I. behandelt die Frage, ob die Symphyseotomie
eine dauernde Erweiterung der Qeburtwege bewirkt
und dadurch auch für spätere Entbindungen einen
dauernden Vortheil schafft. Er berichtet über eine
Frau, die 1893 von Frommel als Erstgebärende
wegen plattrhachitischen Beckens mittels Sym-
physeotomie entbunden worden war. Nach der
Operation hatte sich ein Schlottergelenk ausgebildet,
die Diastase der Schambeine wurde auf 4 cm ge-
schätzt Die Operirte hat späterhin noch 5mal ge-
boren, 3 Entbindungen wurden klinisch beobachtet
und nahmen einen Verlauf wie bei einem normalen
Becken.
In der Literatur fand I. 84Qeburten bei früher
durch Symphyseotomie Entbundenen mitgetheilt,
von diesen gingen 50 spontan zu Ende, 24 wurden
zum 2. Male mit Symphyseotomie beendigt, 4 mit
Wendung und Extraktion, 5 durch Einleitung der
künstlichen Frühgeburt und in 1 Falle wurde die
Perforation ausgeführt
I. kommt zu dem Endergebnisse, dass die Sym-
physeotomie für spätere Oeburten von günstigem
Einflüsse ist : „in vielen Fällen führt sie zu einer
dauernden Erweiterung der Qeburtswege, in anderen
unterstützt sie den Verlauf derOeburt, weil das an
192
TR. (}ebiirtahülfe, Frauen- und Einderheilkunde.
Stelle des Knorpels getretene Bindegewebe der in
der SchwaDgerschaft eintretenden Auflockerung
viel mehr zugänglich ist".
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
277. Die halbe Symphyseotomie ; von Dr.
Diehl in Berneck (Oberfranken). (Hünchn. med.
Wchnschr. L. 14. 1903.)
Bei einer 2Qjähr. Erstgebärenden mit allgemein ver-
engtem Becken konnte D. den hochstehenden Kopf nicht
entwickeln, die Zange glitt 6mal ab. Aach der ver-
kleinerte Kopf Hess sich nicht eztrahiren, deshalb ver-
sachte D. die Symphyseotomie, darchtrennte aber nar
die obere Hälfte der Symphyse. Aach bei der non mit
Erfolg vorgenommenen Extraktion blieb der untere Theil
des Symphysenknorpels erhalten. Normaler Wochen-
bettsverlaaf. Nach 3 Wochen konnte die Entbundene
das Bett verlassen und nach weiteren 3 Wochen leichte
Arbeit verrichten.
[Aas der sehr lückenhaften Gebartgeschichte, in der
nicht einmal die äusseren Beckenmaasse angegeben sind,
lässt sich sehr wenig entnehmen. Ref,]
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
278. Gaeaareanseotion: withnoteaoftliree
suooeaaftil oases; by J. M. Munro Eerr, Olas-
gow. (Brit. med. Journ. Oct 5. 1901.)
K. berichtet über 3 Fälle von conservativem
Kaiserschnitt.
1) 33jähr. Drittgebärende. 2mal Craniotomie. Co^j.
diag. 9V4om, quere Durchmesser etwas unternormaL
15. März 1901: Blase gesprungen. Muttermund voll-
ständig; Kopf beweglich über dem Becken. Herztöne
regelmässig, 140. Kind (Mädchen) nach Längschnitt durch
die Gebärmutterwand am Kopfe herausgezogen, schrie
sofort. Oewicht 3175 g, 48 cm Länge. Unterbindung und
Durchtrennung der Eileiter. Seidennaht der Gebärmutter.
Wochenbett durch starke Bronchitis in Folge von Leucht-
gaszersetzung während der Operation gestört Entlassung
am 34. Tage mit gesundem Kinde. Stillte selbst
2) 23[?]jähr. Erstgebärende. Blase steht, Muttermund
erweitert Conj. diag. 8>/4, Conj. vera 6V4. Am 19. April
1901 Kaiserschnitt 3 Stunden nach der letzten Unter-
suchung (damals Herztöne kräftig). Durch Längschnitt
todtes Mädchen, 3380g schwer und 55cm lang, ent-
wickelt Sterilisirung durch Eileiterdurchtrennung. Naht
der Gebärmutterwunde mit Catgut Auffallend geringer
Wochenfluss. Fieber in den ersten 5 Tagen — 38.49^
Entlassung am 32. Tage.
3) 26jähr. Zweitgebärende. Am 15. April 1901 zum
Kaiserschnitt aufgenommen. 1. Entbindung durch Cranio-
tomie. Conj. diag. 7 cm, Conj. vera 5 cm, Becken platt
Vor der Operation Muttermund vollständig. Blase ge-
sprungen. Entwickelung des lündes durch die Schnitt-
wunde schwierig, da es fest von der Gebärmutter um-
schlossen war. Dabei riss die Gebärmutterwunde etwas
weiter nach unten. Naht der Wunde mit Catgut. Durch-
trennung der Eileiter. Kind (Mädchen) 2945 g schwer,
53 cm lang. Am 4. Tage stieg die Temperatur der Wöch-
nerin auf 39.5<>. Auf Gebärmutterspülung mit 1:2000
Sublimat Abfall. Entlassung am 28. Tage.
E. öffDct die Gebärmutter stets in situ durch
Lftngschnitt Die Blutung wird duroh Andrücken
eines Gummiringes nach Cameron verhindert.
Er hftlt es für rathsamer, vor Weheneintritt zuope-
riren, da das untere Uterinsegment sich noch nicht
entwickelt hat und die Längswunde deshalb nicht
so leicht weiterreisst, wie esK. im2.Fallepa88irte.
J. Praeger (Chemnitz).
279. Bietet der quere FundalBChnitt bei
der Sectio oaeearea gegenüber dem Längs-
Bohnitt duroh die Corpuewand Vortheilef tou
Dr. Fr. Cur seh mann in Qiessen. (Mon.-Schr.
f. Geburtsb. u. GynÄkol. XVI. 4. p. 772. 1902.)
Statistische Untersuchungen führten C. zu dem
Schlüsse, dass es bezüglich der Blutung aus der
Schnittwunde ganz gleichgiltig ist, welchen Schnitt
man wählt, dass ferner das Treffen der Plaoenta
die Prognose nicht verschlechtert, aber immerhin
zu starken Blutungen führen kann, und dass dieses
Vorkommniss für die Naht und ihre Haltbarkeit
wahrscheinlich unvortheilhaft ist Ein emirales
Treffen der Flacenta im Fundus scheint äusserst
selten zu sein (Sitz der Flacenta im Fundus in
ca. 170/0 der Fälle), häufig dagegen beim Längs-
schnitte, der die Flacenta in 42.2<>/o derfUUe trifft
Diese Erfahrung würde für den Querschnitt sprechen.
Aus der Fortsetzung von G.'s Arbeit in Heft 5
geht des Weiteren hervor : In der Giessener Klinik
wurde beim fundalen Querschnitte die Flacenta in
29.9% der Fälle getroffen, in 20.5% der Fälle in
gefährlicher Weise. Nach C.'s Berechnung wird
überhaupt beim FundusschniUe die Flacenta um 10
bis 15^1 0 eeüener getroffen als beim Längsehnitie.
C. kommt dann auf die für die beiden Schnitte
ebenfalls wichtige Frage der Contraktion und Retrak-
tion des Organs nach dem Schnitte und Postpartum
zu sprechen. Auf Grund des statistischen Materiales
mit Berücksichtigung der mannigfachen, für jene
physiologischen Vorgänge oft ausschlaggebenden
Umstände kommt er zu dem Schlüsse, daB&Flmdal-
und Längschniü bezüglich der Oontraktion keinen
Voriheü vor einander haben, eben so wenig was
Verkleinerung des Schnittes, Adaption der Wund-
ränder (Retraktion) und ihre spätere Verheilung
und die Haltbarkeit der Narbe bei neuer Schwanger-
schaft anlangt
Bei Abscessbildung sind die Verhältnisse für
den Längschnitt günstiger, wenn der Uterusschnitt
congruent zum Bauchdeokenschnitte liegt; auch
für Verwachsungen bietet dieser eine bessere Pro-
gnose, da hier nur die Bauchdecken, toim Fundal-
schnitte die Darmschlingen betroffen werden. Die
Entwickelung des Kindes ist bei Schädellagen für
beide Schnitte etwa gleich leicht, bei Querlage für
den Fundusschnitt sehr erschwert, wenn nicht un-
möglich. Dann kann ein Hülflängsschnitt, eventuell
die F 0 r r 0 - Operation nöthig werden.
Indem G. alle diese Funkte gegen einander
kritisch abwägt, findet er, dass der quere Fundal-
Bchnitt dem Längschnitte gegenüber nicht die Vor-
züge besitzt, die man sich von ihm versprochen hat
E. Teuf fei (Berlin).
280. Observation et autopsie d*ime femme
qui pretendait s'dtre fait avorter en ■*intro-
duisant une sende dans l'atäms; par H. Var-
nier. (Compt rend. de la Soc. d'0bst6tr etc.
p. 171. Mai 12. 1902.)
Vn. Oeburtshülfe, Frauen- und Einderheillnmde.
193
V. sah eine 20jfihr. Pat, die angab, sie sei zum 2. Male,
und zwar im 2. Monate schwanger; seit 4 Wochen leide
sie an quälendem Erbrechen ; seit einem Sturze vor 3 Tagen
habe sie Unter leibschmerzen und geringen Blntabgang;
am Tage vorher habe sie Geburtwehen bekommen und
weitere Blutung. Pat. bot das exquisite Bild einer Peri-
tonitis. Innerlich waren keine Resistenzen nachzuweisen.
Der Fundus des vergrösserten Uterus war besonders
schmerzhaft. Per exduaionem wurde krimineller Abort
angenommen, der aber von der Frau durchaus geleugnet
wurde. Erst die Entleerung dunkeln Blutes durch Kathete-
rismos Teranlasste sie zu dem Geständnisse, sie habe sich
vor 3 Tagen 3mal einen bei einem Kräuterhftndler ge-
kauften, mit einem Drahtmandrin versehenen rothen
Kautschukkatheter in die Gebärmutter eingeführt Erst
nach der 3. Einführung sei Blut gekommen; in der folgen-
den Nacht war der Urin blutig gewesen ; der weitere Ver-
lauf wie oben angegeben. Die Laparotomie bestätigte die
Diagnose: Serofibrinöse Peritonitis. Der Uterus zeigte
nirgends eine Perforationöffnung, nur an der Vorderfläche
nahe dem Fundus eine 5-frankstückgros8e, erweichte wie
ekohymotisohe Stelle. Supravagioale Amputation. Drai-
nage des Douglas'schen Raumes. Intravenöse Serum-
injektion. Tod am selben Abend. Die Sektion ergab:
Hämorrhagische Flüssigkeit im Perikard. Nieren enorm
hyperämisch. Blase intakt, wie auch die Vagina und der
Uterusrest Der blutige Urin erklärte sich also als renale
fiämatorie auf septikämischer Basis. Das conservirte
Utemspriparat zeigte auf dem Schnitte jauchige Abort-
reste von der Grösse einer kleinen Nuss in einer Nische
der vorderen Wand, wo der Uterusmuskel nur 3 mm an
Dicke maass, gegen 15— 20 mm an der hinteren Wand.
Makroskopisch war an Längsschnitten keine Perforation zu
constatiren ; eben so wenig mikroskopisch ; dagegen war
der Uterusmuskel durchsetzt von multiplen Abscessen
und die Venen waren allgemein von eiteriger Phlebitis
befallen. '
Die Peritonitis muss also beim Fehlen einer Per-
foration in die Reihe der gewöhnlichen Peritonitiden ein-
gereiht werden, die eben so wohl nach spontanem, wie
nach kriminellem Abort auftreten. Ohne das Geständ-
nisa der Pat hätte die besonders peinliche anatomische
Untersuchung keinerlei Beweis für die Vermuthung eines
künstiichen Abortes beigebracht Literaturangabe über
von der Gravida selbst durch Instrumente eingeleiteten
Abort ! KurtEamann (Greifswald).
281. Zur fiehsndlang detPuerperalfleben ;
von Prof. Ottov. Herff. (Corr.-BL f. Schweizer
Aerzte XXXTR 2. p. 33. 1903.)
▼. H. bespricht die Behandlung speciell der ge-
fiUirlichsten Pnerperalfiefoerformen, der Allgemein-
infektion des KOrpera, der Sepsis und der Pyämie
und tBa»t seine Ausführungen in folgenden Sfttaen
zoaammen:
„1) Im Allgemeinen ist bei Puerperalfieber eine
lokale Behandlung zu unterlassen. In einzelnen
speciellen Fällen kann gleich zu Beginn des Fiebers
eine intrauterine AusspiUung, die wiederholt wer-
den kann, gerechtfertigt werden. Tritt nach einigen
Stunden keine eklatante Besserung ein, so nützen
solche Ausspülungen nichts, sondern sie schaden,
und sind daher zu unterlassen.
2) Eine Ausschabung der Uterushöhle, um die
erkrankte Schleimhaut zu entfernen, ist zu ver^
werfen.
3) Die Serumtherapie mit Antistreptokokken-
serum zeigt einzelne Erfolge. Im Allgemeinen ist
aber kein Verläse darauf.
Med. Jahrbb. Bd. 279. Hft. 2.
4) Ob eine intravenöse Anwendung des Silber-
sola (Collargol) Erfolge zeitigen kann, steht noch aus.
5) Von nicht zu untersoh&tzidnder Bedeutung
ist eine ausgiebige Immobilisation des Körpers.
6) Die Involution des Uterus ist möglichst zu
befördern.
7) In der Eostordnung schwer Septischer ist
der Alkohol in grösseren Mengen zu verwerfen.
Der Ernährung ist die gröeste Aufmerksamkeit zu
widmen.
8) Zur Stärkung der Herzthätigkeit empfiehlt
sich ausser der Anwendung von bekannten Herz-
mitteln vielleicht die frühzeitige Darreichung von
Strychnin in refracta dosi.
9) Antipyretica sind nur ganz ausnahmsweise
angezeigt, wohl aber in chronischen Fällen eine
Thermotherapie unter Weglassen der Bäder.'^
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
282. IJaber die Bxstirpation des puerperal-
septisohen Utems; von Dr. R. Qradenwitz
in Breslau. (Münchn. med. Wchnschr. XLIX.
51. 62. 1902.)
Unter 50 aus der Literatur zusammengestellten
Fällen von Ezstirpation des puerperalseptischen
Uterus waren 25 Heilungen und 25 tödtliche Aus-
gänge zu verzeichnen; dasselbe Heilungsyerhältniss
von 50<^/o berechneten andere Autoren.
In den letzten 4 Jahren wurden dem Breslauer
AUerheiligenhospitale 113 Fälle von Wochenbett-
fieber zugeführt Bei 7 Frauen wurde die Exstir-
pation des Uterus vorgenommen und dabei in
5 Fällen Heilung erzielt; 2 Frauen starben. Unter
den 5 geheilten Frauen lagen bei 4 ausgesprochen
lokale Processe vor, während der 5. Fall die lym-
phatische Form der Pyämie, die Septikämie dar-
stellte. Die beiden tödtlich verlaufenen Fälle
stellten eine schwere Form reiner Septikämie ohne
das Vorhandensein eiteriger oder infektiöser Lokal-
erkrankung, ohne Schwellung der Lymphbahnen
oder Vereiterung von Venensträngen vor. In den
beiden letzten Fällen war die Operation nach Qr.'s
Urtheil zwecklos.
Qr. spricht die Ansicht aus, dass bei einer
schweren Infektion verschiedenartige Processe
Grund zurExstirpation des Uterus abgeben können,
und zwar in der Hauptsache: 1) die sicher auf den
Uterus beschränkten schweren Infektionen; 2) eite-
rige Processe des Uterus, seiner nächsten Umgebung
und der Adnexe; 3) entzündliche Erkrankungen
der Blut- und Lymphbahnen. Als kaum der Hei-
lung zugänglich bezeichnet Qr. die Fälle, in denen
die Infektion den Uterus überschritten, die Blut-
bahnen überschwemmt hat und eine Lokalisation
nicht nachweisbar ist
Mit dieser Einschränkung will Qr. in Zukunft
schwere, der Spontanheilung nicht zugänglich er-
scheinende Erkrankungen an Wochenbettfieber dem
an sich wenig gefährlichen Eingriffe unterwerfen,
25
194
vnL Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
wenn andere Behandlungsmethoden yersagen. Weg
und Art der Operation müssen dem einzelnen Falle
angepasst werden; Vorbedingung der Operation ist
halbwegs ausreichende Widerstandsfähigkeit der
Patientin.
DieErankengesohichten der 7 operirten Frauen
theilt Qr. ausfdhrlioh mit
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
283. BntgegnanganfdenAufMtB des Herrn
Prof. Hofineier ^JZwp Verhatung dei Kindbett-
fiebert**; von Dr. Carl v. Scanzoni. (Münchn.
med. Wchnschr. XLIX. 26. 1902.)
V. S c. weist H 0 f m e i e r 's (Jahrbb. CCLXX VIL
p. 192) Kritik seiner Arbeit über den Woehenbetts-
verlauf bei prftoipitirten Geburten u. s. w. (Jahrbb.
CCLXXIII. p. 90) zurück und beharrt bei seiner
Ansicht, dass, wenn wir die H&nde die (Geburt
leitender Personen nicht nur während der Geburt,
sondern auch im Wochenbette möglichst ferne Fon
den Genitalien der Frauen halten, eine Besserung
der Morbiditatverhftltnisse eintritt t. Sa weist
darauf hin, dass die Morbidität von 27^/o auf
21.6<^/o und 11.5<^/e bei diesen Geburten gesunken
ist, was einen Unterschied von 15.5% ergiebt.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
Vlli. Chirurgie, Augen- und Oiirentieiilcunde.
284. Neuere Arbeiten über den Tetanaa ;
zusammengestellt von Dr. Paul Wagner, Docent
an der Universität Leipzig. ( VgL Jahrbb. CCLXXII.
p. 229.)
Auch aus den Arbeiten der letzten Jahre über
die Thercqne des Teianua geht mit Sicherheit her-
vor, dass die Resultate der Serumtherapie den ge-
hegten Erwartungen bis jetzt noch nicht entspre-
chen. Ob das Serum subcutan, intravenOs oder
intraventrikulär angewendet wird, scheint nicht
von der Bedeutung zu sein, die von Manchen an-
genommen wird. Die Hauptsache ist, dass das
Serum möglichst zeitig, unter Umständen prophy-
laktisch, und in genügender Menge angewendet
wird.
Tetanusstudien. Nach gemeinsohaftlioh mit den
Herren Dr. J. T. Halsey and Dr. Fr. Ransom aus-
geführten Untersachnngen ; von Prof. H. M e y e r. (Chem.
a. med. Untersnchongen. Festsohr. f. M. JaffL Braan-
Bchweig 1901. p. 295.)
1) Zur Theorie des T^tamus.
Courmont und Doyen haben zuerst ge-
zeigt, dass der Angriff des Tetanustoxins im thie-
rischen Körper, wenigstens in dem des Frosches,
abhängt von einer Mindesttemperatur von circa
20<^ C. des umgebenden Medium ; unterhalb dieser
bleiben tetanusvergiftete Frösche wochen- und
monatelang gesund ; werden sie dann erwärmt, so
bricht nach einer nun erst einsetzenden Incubation
von 6 — 15 Tagen Tetanus aus. Auch M. konnte
durch eine Reihe von Versuchen an Fledermäusen
den ganz entscheidenden Mnfiuss der Eigenwärme
auf die Entstehung der tetanischen Vergiftung be-
weisen: die kühlen Thiere vertrugen die 70fache
und mehr als SOOfache tödtliche Dosis, ohne bis
zum 38. Tage, vielleicht noch viel länger, irgend
welche Vergiftungsymptome zu zeigen.
2) Der lokaie Tetanus.
Versuche M.'s ergaben, dass das Tetanusgift
auf dem Wege der peripherischen Nerven und
wahrscheinlich nur auf ihm allein zu den Qanglien
des Centralnervensystems gelangt. Daraus erklärt
sich u. A. auch die bisher unverständliche That-
saehe, dass der cerebrale Tetanus ohne direkte
Impfung der Hirnganglien weder von der Blut-
bahn, noch vom Subarachnoidealraume aus erzeugt
werden kann, es sei denn, dass durch mechanische
Verletzung des umgebenden Gewebes die betr.
Ganglienzellen dem Lymphstrome direkt zugäng-
lich gemacht werden.
Üeber Äusvxisehung des Organismus bei der experi-
mentellen tetanischen Infektion; von Dr. C. Ton zig.
(Münchn. med. Wchnschr. XLVUI. 41. 1901.)
Die von T. im hygieinischen Institute zuPadua
angestellten Untersuchungen ergaben Folgendes:
1) Man kann nicht auf einen vollkommen günstigen
Ausgang der Tetanusinfektion bei Anwendung der
Auswaschung des Körpers durch physiologische
Kochsalzlösungen auf peritonäalem Wege hoffen.
2) Auch diese Versuche zeigen, dass das Virus des
Tetanus nicht kreisend im Körper wirkt, sondern
indem es den Geweben anhaftet 3) Wenn das
Eindringen des Toxins in den Körper nicht auf
stürmische Weise vor sich geht, verzögert die Aua-
waschuDg mit künstlichem Serum das Erscheinen
des Tetanus und um einige Tage den Tod ; es darf
daher dieses Verfahren nicht völlig verlassen wer-
den und man kann vielleicht zu ihm seine Zuflucht
nehmen da, wo die Serumtherapie nicht sofort ein-
treten kann.
Ein Beitrag xum Vorkommen des Tetanusbaeiüus
ausserhalb des Bereiches der Inf ektionssteUe beim Men-
schen ; von 0. H 0 h I b e c k. (Deatsche med. Wchnschr.
XXIX. 10. 1903.)
ISjähr. Er. mit Verletzong der rechten Nasenseite.
8 Tage später Trismus and Tetanus. Chloral, Morphium.
Tod am nächsten Tage. 5 8td. nach dem Tode entnahm
H. unter allen Vorsichtmaassregeln Blnt ans einer Vorder-
armvene und brachte es in gewöhnliche NährbouiUon.
Am 7. Tage mikroskopischer Nachweis von Tetanus-
bacilien ; positive Impfresnltate. Trotz aller Mühen ge-
lang es H. nicht, weder anaerob, noch aerob eine Rem-
cultur der Bacillen aus dem Blute herzustellen.
Seitdem der Nicolaier-Rosenbach'ache
Bacillus als Erreger des Wundstarrkrampfes be-
kannt ist und seitdem die Lehre besteht, dass der
Bacillus den Bereich der Wunde nicht überschreitet
und die Erscheinungen des Starrkrampfes aus-
schliesslich auf einer Vergiftung durch die Stoff-
Wechselprodukte der Bacillen beruhen, ist be-
reits eine Reihe von Fällen bekannt, in denea
YIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
195
der Bacillus ausserhalb der Wunde des tetanus-
kranken Menschen gefunden worden ist (Nico-
laier, Schnitzler).
Der NaehweU von TeiamubaciUen im Blute des
ieiamsehen Menschen ist ausser in dem Falle H.'s
bisher nur Smal gelungen (Hochsinger, Bel-
fanti und Pescarolo, Der). Dagegen konn-
ten in den Organen von Versuchsthieren, auch im
Blute, öfters Tetanusbacillen nachgewiesen werden.
Falls es erlaubt ist, aus den Ergebnissen der
Thierversuche und den vereinzelten positiven Be-
funden beim Menschen einen Schluss zu ziehen,
so müsste man auch beim Menschen eine Einwan-
derung der Bacillen aus der Wunde in die Blut-
bahn unter gewissen Umständen annehmen. Die
Mischinfektion spielt dabei jedenfalls eine wich-
tige Rolle. Ob die Schwere der Infektion, die
Beschaffenheit der Wunde die Einwanderung be-
einflussen, Iftsst sich auf Qrund der wenigen bis-
herigen Beobachtungen nicht feststellen.
Mne Beoboßhhmg über die Möglichkeit des Na^
weises von Tetanusgiß in dem Blute beerdigter und
fauler Leichen; vod Dr. SymaDsky. (Centr.-Bl. f.
Bakteriol. n. s. w. XXX. 25. 1901.)
S. konnte im Leichenblute trotz mehr als fünf-
wöchiger flulniss das Tetanusgift nachweisen, und
zwar war die t5dtliche Dosis für weisse Mäuse in
ca. 1 ccm der Flüssigkeit enthalten, entsprechend
den Verhältnissen, wie sie von anderen Unter-
BDchern in dem Blute frischer menschlicher Tetanus-
leichen auch gefunden worden sind.
Action de la ehaleur sheke sur les spores et la
imcine tetanique; par le Dr. Y.Morax et Dr. A.Marie.
(Ann. de rinst Pastenr XVI. 6. 1902.)
Die experimentellen Untersuchungen der Vff.
a!gaben, dass eine Istündige trockene Hitze von
140^ genügt, um die Lebensfähigkeit der tetani-
sdien Sporen sehr rasch zu vernichten, während
die Wirksamkeit des Toxins erhalten bleibt.
üther den Angriffspunkt des letanusgiftes ; von Dr.
L Zupn ik. (Wien. klin. Wchnschr. XV. 4. 1902.)
DasTetanustoxin verbreitet sich auf dem Wege
der Blutbahn und greift nur das Muskelgewebe
und die motorischen Ganglienzellen des Rücken-
markes an. Die Bindung des Giftes durch die
Muskeln erzeugt Muskelstarre, die Bindung durch
die Ganglienzellen vermehrte Reflexerregbarkeit
und allgemeine Krämpfe. Trismus und Nacken-
starre sind deswegen die ersten Symptome des
Tetanus, weil die Muskelstarre am ehesten dort
zum Ausdrucke kommt, wo keine Antagonisten
vorhanden sind.
Die Entstehung der Muskelsiarre bei der Tetanus-
tergißung; von Prof. H. Meyer. (Wien. klin. Wochen-
8chr. XV. 9, 1902.)
M. verwirft die Hypothese von Zupnik über
die Ursache der Muskelstarre bei der Tetanusver-
giftoDg; die Muskelstarre kommt zu Stande ohne
Betfaeiligung der Muskeln oder ihrer Nervenend-
apparate an der Vergiftung.
In einer Eruriderung bleibt Zupnik auf
seinem Standpunkte stehen.
Myopathie du tUanos; par le Dr. Urriola. (Pro-
gres med. XXXI. 47. 1902.)
Ein ganz unklarer Fall I An einen ErkSltungstetanos
soll sich angeblich eine schwere Myopathie der Rücken-
und der Beinmoskeln angeschlossen haben. [Es handelt
sich wohl um eine in ihren Anfangsymptomen ungewöhn-
liche Form von progressiver Muskelatrophie.]
Le xona eomme complication du titanos trauma-
tique; par le Dr. C. Mas tri. (Gaz. hebd. de Med. et
de Chir. XUX. 2. 1903.)
Ein ISjähr. MKdchen hatte sich einen rostigen Nagel
in die Fasssohle gestossen ; 8 Tage später Trismus und
Tetanus, Trotz Injektionen von Carbolsäure starb die
Er. nach 4 Wochen. Die Er. hatte beim Eintritte in das
Hospital über heftige linkseitige Brustschmerzen geklagt
Die Untersuchung ergab eine typische Neuralgie des
linken 7. Intercostalnerven. 14 Tage später entwickelte
sich im Verlaufe dieses Nerven ein ausgedehnter Herpes
xoster; die Bläschen, die bis zum Tode bestehen blieben,
zeigten hämorrhagischen Inhalt. Mit dem Auftreten des
Herpes zoster trat eine entschiedene Verschlimmerung
des Tetanus ein.
Herpes xoster quäle oomplieanxa di tetano träumet-
tico ; per il Dott. C. M a s t r i. (Rif. med. XVn. 279. 1901.)
Stdla formaxdone dei tossoidi neUe coUuredibeieiUo
del tetano ; per il Prof. A. B o n o m e. (Rif. med. XVIII.
1903.)
Tetano reumatico e traumatieo e tetano sperimen-
tale di fronte al metodo Baoeelli; per il Dott. £. Ciof fi.
(Rif. med. XVin. 14-16. 1902.)
Ricerche sugli enximi eontenuti neue cidture fUtrate
di tetano ; per il Dott. M. € o 1 1 i n a. (Gazz. degli Osped.
e delle clin. XXIÜ. 33. 1902.)
Sur un nouveau procSdS de eulture du titanos
(DeuoDihne memoire); par le Dr. L. Debrand. (Ann.
de rinst. Pasteur XVI. 6. 1902.)
Tttanos ehronique; aetion du perstUfate de soude
sur les contractures ; par le Dr. H. F e u i 1 1 a d e. (Lyon
med. XXXIII. 52. 1901.)
De V aetion du perstUfate de soude sur les contrac-
tures dans le tkanos; par le Dr. A. Oelibert (Lyon
med. XXXin. 50. 1901.)
Reeherches sur Vabsorption de la toxine titanique;
par le Dr. A. M a r i e et Dr. V. M o r a x. (Ann. de Tlnst
Pasteur XVL 11. 1902. XVH. 5. 1903.)
Sulla presenxa del veleno tetanieo negli organi
degli animali morti per tetano; per il Dott P. Pas-
quini. (Rif. med. XVIII. 97. 98. 1902.)
Contributo allo studio di varietä bcUteriche per le
differenxe fra il baeülo del tetano di ^Tixxoni^ e
^uc/fo di y,Behring^; per il Dott. J. Righi. (Gaz.
intemaz. di Med. prat. IV. 13. 14. 1901.)
Sugli effetti deüa tossina del tetano in rapporto
aüa sede deüa iniexione; per il Prof. G. Tizzoni e
Dott. M. C 0 1 1 i n a. (Gazz. degli Osped. e delle clin. XXII.
138. 1901.)
Les lisions des eentres nerveux produites par la
toaoine tetanique; par le Dr. A. Z i n n o. (Arch. de Med.
experim. et d'anat pathol. XV. 1. 1903.)
A study of fifly-seven cases from the reeords of the
Pennsylvania hospüal; by G. W. Norris. . (Philad.
med. Journ. May 16. 1903.)
N. hat 57 Tetanusfälle zusammengestellt, die
von 1874 — 1903 im Pennsylvania - Hospital be-
obachtet wurden. 48 Kr. = 84.2«/o starben. 47 Kr.
wurden symptomatisch behandelt (41 &= 87<^/o star-
ben), 7 nach Baccelli mit Carbols&ure (6 =
85% starben), 3 mit Antitoxin (2 = 66% starben).
2kir Frage von der Immunität beim Tetanus. Die
Dauer der Immunität bei Injektion des letanusanti-
toxins in die Himsubstanx; von M. J. Strzkewitsch.
(Petersburg 1900. Inaug.-Diss. — Oentr.-Bl. f. d. Grenz-
geb. d. Med. u, Chir. V. 19. 1902.)
196
VUJ. Chirurgie, Augen- und Ohrenlieilkunde.
S t. erhielt bei seinen Thierversuchen folgende
Resultate : 1) Die immunisirende Wirkung ist bei
Injektion in das Gehirn bedeutend stärker als bei
subcutaner Anwendung. 2) Diese Immunität dauert
aber nur einige Tage. 3) Man kann ihre Zeitdauer
nicht genau bestimmen, sie hängt in gewissem
Maasse von der Menge des Serum ab. 4) Kleine
Mengen von Serum schützen die für das Leben
wichtigen Nervencentren vor der Wirkung des
Tetanusgiftes. 5) Das in das Gehirn injicirte
Serum dringt von hier durch den Centralkanal in
das Rückenmark, schützt auch dieses vor der Wir-
kung des Tetanustoxins und wendet sogar das Er-
scheinen der lokalen Reaktion ab. 6) Das Fehlen
dieser Reaktion beweist, dass sie durch die Wir-
kung des Toxins auf das Rückenmark und nicht
auf die Nervenstämme verursacht wird.
Zur Serumbekandlungdee 7etanu8 ;Yon W. M
wsVi. (Oaz. 1 ■ "
XXIX. 37. 1902.)
k 0 w 8 k i. (Oaz. lekarska 23. 1902. — Centr.-Bl.
Ifacz-
f . Chir,
Auf Grund einer Reihe eigener Beobachtungen
und sämmtlicher in der polnischen Literatur ver-
öffentlichter Fälle von Seroihereqne bei Täanua
kommt M. zu folgende Schlüssen: 1) Durch die
Senimbehandlung wird die Mortalität bei Tetanus
wesentlich verringert. Namentlich ist der Binfluss
des Serum bei verzögertem Krankheitverlaufe deut-
lich. 2) Je länger das Incubationstadium, um so
günstiger ist die Prognose. 3) Nach erfolgtem
Ausbruche des Leidens sollen grosse Dosen Serum
schnell und wiederholt gegeben werden. 4) Bei
verunreinigten Wunden ist die präventive Impfung
von grosser Bedeutung. 5) Die intracerebrale, bez.
intravenöse Anwendung des Mittels hat vor der
subcutanen gar keinen Vorzug.
Öontribution ä VHude du Utanos; par P.Reynier.
(Ball, et Mem. de la See. de Chir. de Par. XXVII. p. 647.
1902.)
R. berichtet über eine im Krankenhause ent-
standene Endemie von Thtanus, die sich auf
3 Fälle erstreckte. Die Kranken wurden zwischen
31. Jan. bis 16. Febr. operirt (2mal Operation eines
Leistenbruches, Operation einer Pyosalpinx) und
erkrankten 10 — 14 Tage nach der Operation an
Trismus und Tetanus. Die beiden ersten Kranken
starben trotz Morphinm, Ohloral und AniiieianiM'
serum. Der 3. Kranke erhielt vor der Operation
lOccm Serum eingespritzt und bekam nach Aus-
bruch des Tetanus 12 — 20gChloral und 30ccm
Serum pro die, etwa 10 Tage lang. Langsame
Heilung.
Beitrag xur Frage über den Werth des Tetanus-
antttoxins; von Dr. B. Möllers. (Deutsche med.
Wchnsohr. XXVH. 47. 1901.)
M. theilt aus dem Koch 'sehen Institute 4 Fälle
von akutem Tetanus (Incubation 7 — 8 Tage) mit,
in denen, obwohl, entsprechend der B e h r i n g '-
sehen Vorschrift, die Serumbehandlung nicht später
als 30 Stunden nach Erkennung der ersten Sym-
ptome eingeleitet wurde und die auf einmal ge-
gebene Antitoxindosis nicht weniger als 100 A.-E.
betrug, ein Erfolg der Antitozinbehandlung nickt
beobachtet wurde. In einigen Fällen war sogar
eine Verschlechterung der objektiv dargebotenen
Symptome festzustellen. Bei den Kranken M.'s
handelte es sich 2mal um puerperalen Tetanus,
2mal um Tetanus nach Fingerverletzungen.
Aus den Thierexperimenten von Dönitz u. A.
geht hervor, dass die Bedingungen, unter denen
ein Kranker durch Seruminjektion noch zu retten
ist, sehr schwer erfüllt werden können. Vielfach
wird die Grösse der resorbirten Giftmenge jeden
Versuch einer Antitoxinbehandlung von vornherein
illusorisch erscheinen lassen. In anderen Fällen
wird zwischen dem Ausbruche der tetanischen Er-
scheinungen und der Seruminjektion so viel Zeit
verflossen sein, dass die Giftmenge, die im Anfang
vielleicht noch hätte neutralisirt werden können,
nunm^r bereits unlösbare Verbindungen mit lebens-
wichtigen Centren geschlossen hat In allen solchen
Fällen ist die Serumbehandlung machtlos, da das
Serum dann nicht mehr im Stande ist, die durch
das Gift gesetzten schweren Veränderungen in den
Ganglienzellen der motorischen Kerne wieder rück-
gängig zu machen. „Trotz der bisherigen, vielfach
ungünstigen Besultate der Serumbehandlung ist es
doch Pflicht des Arztes, das Antitoxin sofort in
hinreichender Menge anzuwenden, um wenigstens
das Gift zu binden, das im Körper noch neu ge-
bildet wird und dessen Wirkung zu dem schon
vorhandenen hinzukommen würde. In solchen
Fällen, in denen die einfach tödtliche Dosis eben
erreicht oder nur um ein Geringes überschritten
ist, ist ein entscheidender Einfluss des Heilserum
sehr wohl denkbar.^^ Namentlich bei der Praphy-
kae des Tetanus kann das Antitoxin als ein überaus
werthvolles Mittel angesehen werden.
Neun Fälle von Tetanus. Ein Beitrag xur Anti-
toannbehandlung dieser Krankheit; von C. Ullrich.
(Mittheil. a. d. Grenzgeb. d. Med. u. Chir. X. 1 u. 2. p. 120.
1902.)
In der Breslauer chirurgischen und medi-
cinischen Universitätklinik kamen in den letzten
Jahren 9 Kranke mit Tetanus zur Behandlung. Sie
scheiden sich in 3 Gruppen :
1) Fall 1 — 4, in denen das Serum den neuen
verschärften Behring'schen Anforderungen ent-
sprechend, d. h. nicht später als 30 Stunden nach
Erkennung der ersten Tetanussymptome und in
einer Minimaldosis von 100 A.-E. zur Anwendung
kam. Sämmtliche 4 Fälle endeten tödtlich, obwohl
in zweien die Incubationzeit 12, bez. 15 Tage be-
tragen hatte.
2) Fall 5 und 6, die den strengen Behring '-
sehen Anforderungen nicht genügten, in denen
jedoch auch relativ früh, am 3. und 4. Tage, injicirt
wurde. Bei den beiden Kranken mit 14-, bez.
Otagiger Incubation wurde die Duralinfusion vor-
genommen. Nur der Kranke mit 14tägiger In-
cubation, bei dem sich die Tetanussymptome nicht
allzu rasch entwickelten, genas.
YIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
197
3) Fall 7 — 9, ohne Serum, bez. sehr spät damit
behandelte Kranke. In dem einen Falle handelte
es sich um einen schweren Tetanus puerperalis,
der plötzlich in einem dyspnoischen Anfalle mit
dem Tode endete. In den beiden anderen Fällen
handelte es sich um chronisch verlaufenden Tetanus
mit unbekannter Eingangspforte ; beide Kranke ge-
nasen.
),Deberblicken wir nun noch einmal das an-
gefahrte Beobachtungsmaterial, so ergiebt sich in
Bezug auf das Tetanusantitoxin, dass ihm eine in
allen Fällen sichere Wirkung keineswegs zuzu-
sprechen ist Aber auch eine erhebliche Ver-
besserung der Mortalitätziffer bei möglichst früh-
zeitiger Anwendung des Antitoxins lässt sich aus
den bisherigen Beobachtungen nicht erkennen, wie
Behring in seiner letzten Veröffentlichung in
Aussicht stellte. Bei den schweren Tetanusfällen
lässt die Wirkung auch jetzt noch meist im Stich,
obgleich gerade diese gewöhnlich früh zur Be-
obachtung kommen und es bei diesen demnach
möglich ist, das Serum nach der Anweisung des
Entdeckers regelrecht anzuwenden. Die leichteren
Fälle dagegen, die gewöhnlich erst später zur In-
jektion kommen, bieten ein besseres statistisches
Resultat Die Ansicht, die v. L e y d e n und Blu-
menthal, F. Steuer u. A. vertreten, muss also
wohl als richtig anerkannt werden, dass nämlich
bei Ausbruch des Tetanus (in schweren Fällen!)
schon die tOdtliche Dosis des Tetanusgiftes im
Gentralnervensystem gebunden ist, und zwar so
fest dass es dem Antitoxin, auch in grossen Dosen,
nicht mehr gelingt, das Qift aus der Verbindung
zu entfernen." Auch die Duralinfusion und die
intraoerebrale Injektion haben bisher keine gün-
stigeren Erfolge gehabt; dagegen scheint die pro-
pkylaktisehe AniiUmnbehandktng entschieden eine
Zukunft zu haben.
TraüemmU du Utanos; par V alias. (Gaz. des
Hop. LXXV. 118. 1902.)
V. giebt einen Ueberblick über die bisher er-
zielten Erfolge beim Tetanus. Den grOssten Werth
misst er der prophylaktischen Serumtherapie bei.
Bei deren systematischer Anwendung würde der
Tetanus geradeso aus der menschlichen Pathologie
vCTSchwinden, wie die Pocken nach der Vaccination
verschwunden sind. Da eine allgemeine Präventiv-
impfong bei der grossen Seltenheit des Tetanus
nicht angängig ist, muss sie auf die Fälle von ver-
dächtigen, d. h. also stark gequetschten, mit Erde
oder anderen Fremdkörpern verunreinigten Wunden
beschränkt bleiben.
Auch bei der Behandlung des ausgebrochenen
Tetanus bildet die Serumtherapie noch immer das
beste Hülfsmittel, namentlich in chronischen Fällen
mit langsamer Bntwickelung. Am besten sind
Einspritzungen unter die Haut, ausnahmeweise
kann das Serum auch intravenOs angewandt werden.
Die cerebralen und subarachnoidealen Injektionen
nützen nichts und sind gefährlich.
Chloral und Carbolsäure sind symptomatische
Mittel, die namentlich gegen die Contrakturen
wirken.
Beitrag %ur Therapie und Klinik des letanus; von
Dr. Th. Pfeiffer. (Ztschr. f. Heilkde. XXIH. 2. 1902.)
Pf. berichtet über 23 TstanusfaUe aus der
Prager, Wiener und Orazer Klinik. Die Gruppe
der ohne Antitoasin behandelten 14 Tetanuskranken
ergiebt die sehr günstige Heilungziffer von 50%.
Es sind unter der ausschliesslichen Behandlung
mit Narkotiois auch einige Fälle, die ein schweres
Bild boten, in Heilung ausgegangen, darunter 1 Fall
von puerperalem Tetanus, unter den klinisch be-
merkenswerthen Fällen findet sich eine Beobach-
tung von Titanus facialis, sowie ein weiterer, eben-
falls vom Orte der Infektion beginnender Tetanus:
Eindringen eines Holzsplitters indieOesässgegend,
Beginn der tonischen Starre in derOesäss-, Bauch-
und Lendenmuskulatur. In einem anderen Falle
zeigte sich mit jedem Erampfstosse eine Erectio
penis.
Beitrag Mtr Behandlung des letanus trarnnaticus ;
von Dr. A. Dehler. (Münchn. med. Wchnschr. XLVIII.
36. 1901.)
48jfihr. Frau mit StichverletzuDg des linken Fuss-
rackens ; 12 Tage später Thismus nnd Tetanus. Ener-
gische lokale Behandlnng der Wunde, aus der noch ein
Strohhalm entfernt wurde. Subcutane Injektion von
Tixxoni's Antitoadn, in den ersten 3 Tagen je 2.5g
Trockensabstanz. Im Ganzen worden in 13 Dosen 19 g
Antitoxin gegeben; daneben reichlich Chloral. Mittel-
schwerer Fall. Heilung,
Zur Behandlung des Tetanus traumatieus mit Beh-
rtng*s Tstanusantitoxin ; von Dr. R. A. Frotscher.
(Deutsche med. Wchnschr. XXIX. 10. 1903.)
40jähr. Er. mit Kopfverletzung, die mit Staub ziem-
lich erheblich verunreinigt war. Am 13. Tage nach der
Verletzung THsmus und Tetantts» Langsame Entwicke-
lung der titanischen Erscheinungen. Am 2. und 3. Krank-
heittage subcutane Injektion von je 100 A.-E. Behring'-
schen Antitoodns. Urticaria Heilung,
Ein Fall von Tetanus, erfolgreich mit Behring's
AntitoQDin behandelt ; von Dr. Gerber. (Deutsche med.
Wchnschr. XXIX. 26. 1903.)
Rheumatischer (?) THsmus und Thtanus bei einem
IQjähr. Mädchen. Mittelschwerer Fall. Am 6. und
7. Erankheittage Injektion von je 10 com Beb rin ge-
sehen Antitoxins, Heilung, G. ist von der Heilwirkung
des Antitoxins in seinem Falle fest überzeugt.
Ein schwerer Fall von Tetanus traumatieus; von
Dr. H e r r m a n n. (Münchn. med. Wchnschr. L. 10. 1903.)
Ein lOjfihr. Knabe trat sich ein Stück Holz in den
Fnss, das von den Eltern herausgezogen wurde ; phleg-
monöse Eiterung. Am 6. Tage THsmus und Tetanus
mit ausserordenÜioh schweren, rasch den ganzen Körper
ergreifenden Symptomen. Freilegung der Wunde , Ex-
traktion eines Holzstüokes ; Pat. erhielt 3mal täglich 1.0 g
Chloralhydrat per clysma, im Ganzen 70 g (!); ausserdem
Morphiuminjektionen und Brom innerlich. Am 3. und
5. Krankheittage Infektion von je 200 Immunitäten,
letanusantitoxin (Behring). Das Antitoxin versagte
völlig. Ganz allmähliche Besserung. Vollkommene Hei-
lung nach ca. 7 Wochen.
Ein Fall von Täanusheüung durch Seruminfektion ;
von Dr. C. Jaenicke. (Deutsche med. Wchnschr.
XXVm. 12. 1902.)
22jähr. Kr. mit Tesching-Schrotschuss durch den
linken Fuss. Nach 14 Tagen Trismus und Tetanus.
Schwerer Verlauf. Am 3. Krankheittage 1. Injektion von
100 Einheiten Antitoxin, Im Ganzen wurden innerhalb
198
Vm. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
17 Tagen Gmal je 100 I.-E. gegeben. Deutliche Yer-
laDgsamuDg des Leidens schon nach der 1. Injektion.
Nach jeder Injektion liess sich ein weiteres Zurückgeben
des Krampfzustandes beobachten. Gewaltige Schweiss-
bildung während der ersten 6 Tage. Heilung.
Ein erfolgreicher Fall von SerumhehandUmg bei
letanus ; von Dr. J. E o p p e r. (Wien. klio. Wchnschr.
LUI. 9. 10. 1903.)
Der 26jähr. Er. hatte sich einen Dorn in die linke
Fusssohle eingetreten. Nach 14 Tagen Trismus und
Tetanus. Am 3. Tage Aufnahme in das Erankenhaus.
Schwerer Fall ; Schlundkrämpfe, Mitbetheiligung der Ath-
mungsmuskulatur. Am 4. Tage sttbciUane Injektion von
100 AtUüoocineinheiien. Im Ganzen wurden innerhalb
11 Tagen in 7 Injektionen 600 Antitoxineinheiten gegeben.
Sehr starke Schweisssekretion ; keine Temperatursteige-
rung. Heilung.
Ihree eases of traumatic tetanus reeavering under
antitoxin; by Dr. E. Mackey. (Lancet Nov. 9. 1901.)
1) löjähr. Gärtner mit Fingerverletzung; 14 Tage
später THsmus und Tetanus. 1 Woche später Aufnahme
in das Erankenhaus. Sofortige Antitoocinbehandlung.
Im Ganzen wurden in 10 Sitzungen 116 com Serum sub-
cutan injicirt; daneben Chloral, Brom. Heilung.
2) 4S|jähr.Mann mit Splitterverletzung eines Fingers.
14 Tage später Trismus und Ihtanus. 5 Tage später
Erankenhaasaufnahme. Antitoxinbehandlung: 16 sub-
cutane Injektionen von im Ganzen 131 com Serum.
Heüung.
3) 19jähr. Eranker mit Holzsplitter unter dem Finger-
nagel. Der Splitter stammte von demselben Schubkarren,
an dem sich der vorige Er. verletzt hatte I Nach 10 Tagen
Trismus und letanus. 5 Tage später Antüoxinbehand-
lung: 13 Einspritzungen von im Ganzen 105 com Serum.
Heüung.
Report of a com of tetanus treaied irith anti-tetanic
serum; by Ch. B. Mallery. (Albany med. Ann. June
1903.)
35jähr. Mann mit Verletzung der Fusssohle durch
einen Nagel. 8 Tage später Trismus und 7'etanus. Ener-
gische Desinfektion der Wunde. Am 6. Erankheittage
subcutane Injektion von 20 com antitetanischen Serums.
In den nächsten Tagen Injektionen von 20, 40 und 60 com
Serum. Im Ganzen wurden 400 com Serum gegeben.
Ein Fall von letanus ; von Dr. F. P i 1 z e r. (Petersb.
med. Wchnschr. XXVH. 5. 1902.)
Der 11 s/4 jähr. Enabe hatte sich beim Baden den
Fass an einem Baumstumpf verletzt, schon am nächsten (!)
Tage Gliedersteifigkeit, am übernächsten Tage Trismus.
4 Tage nach der Verletzung Aufnahme in das Spital.
Aasserorden tlich schwerer Fäl. Extraktion eines Holz-
splitters aus der linken Fusssohle; Verschorfung der
Wunde. Der dem Splitter anhaftende Eiter zeigte typische
Tetanusbaeillen. Subcutane Lyektion einer Dosis Beh-
ring* sehen Antitoxins. In den nächsten Tagen grosse
Gaben von Chloralhydrat ; ausserdem mehrmalige sub-
cutane Kochsalzinfusionen. Nach 6 Wochen vollkommene
Heilmig.
Mit dem Holzsplitter konnte bei 5 Meerschweinchen
typischer Tetanus erzeugt worden.
Note ofi a case of tetanus successfully treated by
anti-tetanic servm ; byE. ManselSympson. (Lancet
Sept. 14. 1901.)
45 jähr. Mann : oberflächliche Nasen Verletzung durch
oin Stück rostigen Eisens. 11 Tage später IHsmus und
letanus. Am 5., 6., 7., 8. und 9. Erankheittage Injek-
tion von je 10 com antitetanischen Serums, Langsame
Heilung.
Ein weiterer mit Serum behandelter Fall von Teta-
nus; von Dr. Votteler. (Württemb. Corr.-Bl. LXXII.
52. 1902.)
Eine 29jähr. Er. sollte sohon 1—2 Tage nach einer
leichten Handverletzung über steifen Hals geklagt und
sich nicht wohl gefühlt haben. 8 Tage später erster
schwerer Erampfanfall. Injektion von 10 com Pasteur '-
sehen Serums j die noch bis 3mal wiederholt wurde.
Daneben Salicylsäure , Chloral, Morphium. Heilung.
V. hatte den Eindruck, dass die Reoonvalescenz unter
der Antitoxineinwirkung rascher war als gewöhnlich.
Ein Fall von letanus traumaticus; von Dr. Wolf.
(Allg. med. Gentr.-Ztg. LXXn. 1. 1903.)
13jähr. Er. mit complicirter linker Unterschenkel-
fraktur; die Wunde starrte von Schmutz und Stallmist
Nach 14tägiger Behandlung hatte sich die Wunde ge-
reinigt Am 15. Tage Irismus und Ihtanus. 24 Stunden
nach Ausbruch der Erankheit subetäane Injektion von
100 A.-E. Behr i ng 'sehen Antitoxins. In den nächsten
Tagen noch mehrmalige Injektionen ; im Ganzen wurden
1000 A.-E. eingespritzt lAngsame Heilung.
A case of tetanus treated with anti-tetanic serum ;
recovery ; by W. £ s s e x W y n t e r. (Lancet Nov. 15.
1902.)
Ein 40jähr. Arbeiter stiess sich einen rostigen Nagel
in den linken Fnssballen. Am 10. Taf^e Trismus und
Tetanus. 6stündlich 10 com antitetanischen Serums (sub-
cutan ?) ; im Ganzen wurden 60 Dosen gegeben. Ausser-
dem Physostigmin, Morphium u. s. w. Vollkommene
Heüung innerhalb 45 Tagen.
Vier Falle von letanus ; von H e r h 0 1 d. (Deutsche
med. Wchnschr. XXVH. 29. 1901.)
1) Complicirte ünterschenkelfraktur; Wundfläche
durch Erde verunreinicct 19 Tage später Irismus und
TBtanus. Morphium, Chloral. Tod am 7. Erankheittage.
2) Gangrän des Unterschenkels in Folge von Ver-
letzung. 10 Tage post trauma Trismus und Tetanus.
Amputatio femoris. Subcutane It^ektion von 40 ecm
Tetanusaniüoxin. Tod an Entkräftung. Die Wunde war
von dem Vater des Chinesen mit aus Menschenkoth her-
gestelltem Dünger behandelt worden.
3) Schussverletzung des rechten Oberschenkels. Ver-
unreinigung der Wunde mit Erdstaub. 12 Tage post
trauma Trismus und Tetanus, Injektion von 40 ecm
letanusantitoadn. Tod am 3. Erankheittage.
4) Leichter Iktanus nach kleiner Fusswunde. Wund-
verunreinigung durch Erde konnte nicht sicher nach-
gewiesen werden.
H. spritzt jetzt in China grundsätzlich bei allen
^ÖBseren Verletzungen, in denen die Wunde mit
Erdstaub verunreinigt wurde, gleich bei der Auf-
nahme des Kranken 20 ecm Antitoxin ein.
Zur Casuistüc des Tetanus traumaticus; von Dr.
R. L u c h s. (Württemb. Corr.-Bl. LXXI. 44. 1901 .)
26jähr. Weingärtner mit unbedeutender Holzsplitter-
verletzung der rechten Hand. Nach 5 Tagen IHsntus
und Ihtanus. Schwerer Verlauf. letanusantitoaDtn
(5 g trocken) konnte erst am 5. Infektiontage injicirt
werden ; entschieden günstige Wirkung auf die Muskel-
contraktionen. Tbd an Herzlähmung.
A case of tetanus; useof anti-tetanic serum; death;
byF. GrahamScott. (Lancet Oct. 19. 1901 .)
21jähr. Frau mit Nagelverletzung der Fusssohlo.
5 Tage später Trismus und Tetanus. Am 2. Erankheit-
tage subcutane Ly'ektion von 10 com antitetanischen
Serums. Energische Auskratzung u. s. w. der Wunde in
Narkose. Noch 2malige Injektion von je 10 ecm Anti-
toxin. Ihd am 3. Tage.
A case of acute tetanus unth certain points of
interest; by L. D. Saun der s. (Lancet March 7. 1903.)
38jähr. Er. mit Rissquetschwunde unterhalb des
linken Eniegelenkes ; Desinfektion der Wunde u. s. w.
Normale Heilung. Am 13. Tage Irismus und Tefornus,
Subcutane Antitoocininjektionen. Chloral. Eein Einfluss
auf den Verlauf der Erankheit; rascher lod an Herz-
lähmung.
Zur Frage der Antüoonnbehandlung bei Tetanus;
von Dr. V. S c h u c k m a n n. (Deutsche med. Wchnschr.
XXIX. 10. 1903.)
YIIT. Chirurgie, Augen- und Ohrenheillninde.
199
26jähr. Er. mit Frostgangräo an beiden Füssen. Am
10. Tage nach seiner Auüiahme IHsmtis und Teiantis,
Ad demselben Abende noch sabcutane Injektion von
100 A.-E. Behring 'sehen Äntitoonns, Trotzdem Stei-
genug der tetanischen Erscheinungen. Am nfiohsten Vor-
mittage nochmalige Injektion von 100 A.-E. Am nächsten
Tige Ihd^ 48 Standen nach Auftreten der ersten Tetanus-
Symptome.
Aus den von ihm angestellten statistischen
Untersuchungen zieht ▼. Seh. den Schluss, „dass
das Tetanusantitoxin in seiner jetzigen Form, auch
bei Innehaltung der von Behring neuerdings fQr
seine Anwendung aufgestellten Vorschriften, nicht
geeignet ist, einen nennenswerthen therapeutischen
Erfolg in dem Verlaufe der damit behandelten
Tetsnusfälle zu erzielen'^.
Due casi di tetano traumaiico curati col atero arUi-
tdmieo delViatittäo Pasteur; dal Dr. L. Bullara.
(Gas. degii Osped. XXII. 105. 1901.)
Un cdso di tetano curaio e gttarito col siero anti-
teiartieo Tixxoni; von Dr. A. Guizzardi. (Gaz.
iotero. di med. prat V. 3. 1902.)
Oase oftetamss; recovery tmder ehloral; by J. Th.
Shirlaw. (Brit. med. Joum. Aug. 24. 1901.)
Hohe Unterschenkelamputation in Folge trauma-
tischer Oaogrfin. 11 Tage später jn^tsintis und Jktanua.
BehaadluDg mit hohen Chloraidosen. Entschieden leich-
ter Fall. Heilung,
Report of a ease of tetcmus; by J. Norman
Henry. (Amer. Joum. of the med.So.CXXII. 7. 1901.)
l^ähr.Kr. mit Verletzung der Fusssohle durch einen
Kigel. Nach 8 Tagen Trismus und Tetanue. Schwerer
FaU. Behandlung mit stännUanen Injektionen von Carbol-
tarn, Tod am 7. Krankheittage.
Em geheilter Fall von TetcmiM traumatieus; von
Dr. A. B r ü n a u e r. (Ungar, med. Presse VII. 27. 1902.)
Ein 35jähr. Bauer trat in einen eisernen Nagel, der
2 cm tief in die rechte Fusssohle eindrang; er kümmerte
seh nicht yiel um die Wunde. 20 Tage später erste Sym-
ptome von Trismtu und Tetanus, Langsame Entwicke-
iQng der Krankheit Morphium, Antipyrin ; dann tfiglich
(»gChloralhydrat, 18 Tage lang im Ganzen 108 g. Lang-
ame Besserung; in 40 Tagen geheilt,
On the trecUtnent of teianus, toith report ofa case
^ reeovered under sgmptomaiie treatment ahne; by
I^. Th. R. B r 0 w n. (Journ. of the alumni assoc. of the
(»flege of Physie. and Surg. Baltimore IV. 2. 1903.)
ÜAer die Äniitoxinbehandlung des Tetanus und die
^Minfusion: von E. v. Ley den. (Ther. d. Gegen w. "
HL 8. 1901.)
T. L hat in 2 F&llen von Tetanus die Dural-
"t/tMton des Behring'sehen Serum mit dem
(testen Heilerfolge angewandt. Beides waren
schwere Fälle , die ohne die speoifische Serum-
behandlnng keine Aussicht auf Heilung hatten.
Der 1. FaU ist bereits in diesen Jahrbb. CGLXVIII.
P> 79 referirt worden ; der 2. Fall findet sich in
der folgenden Arbeit mitgetheilt
Bisher sind nur wenige Prüfungen mit der
^^wvttn/tmoit beim Menschen angestellt worden;
^- Ik hat 11 Fälle zusammengestellt: 6 endeten
^tlich, 5 Kranke, und zwar die 5 zuletzt behän-
gten, genasen.
Sin gdieilter Fall ifon Tetanus; von E. t. Ley den.
(Dewehe med. Wchnschr. XXVIL 29. 1901.)
Schwerer Tetanus bei einem 22jähr. Pferdeknecht,
«adem inaeere Verletzungen nicht nachzuweisen waren.
Am 3. Krankheittage 1. Duralinfusion von 5 ccm Anti-
toxin, nachdem 10 ccm Spinalflüssigkeit entzogen worden
waren. 3 Tage später wurde die gleiche Infusion wieder-
holt. ,, Eklatanter*^ Erfolg; die vor der Infusion 41* be-
tragende Temperatur sank an demselben Tage auf 38.5*;
am nächsten auf 37.4*. Ausserdem erhielt der Kr. Chloral
und warme Bäder. Heilung,
The rational treatment of tetanus: a report of
successful treatment by spinal subarachnoid ityections
of antitetanic serum ; by W. H. L u c k e 1 1. (Med. News
April 18. 1903.)
L. berichtet über folgende Fälle.
1) 12jähr. Knabe mit Pistolenschussverletzung des
linken Handteilers. 5 Tage später Trismus und Tetanus,
Schwerer Fall. Nachweis von Tetanusbacillen im Wnnd-
sekret Freie Wundincision und Drainage; Brom und
Chloral; heisse Bäder u. s. w. Tod durch tetanischen
Krampf der Athemmuskeln.
2) 12jähr. Mädchen mit Pistolenschussverletzung des
linken Handtellers. Desinfektion der Wunde u. s. w.
Am 7. Tage IHsmus und Tetanus. Vom 2. Krankheit-
tage an täglich 8 Tage hintereinander spinale subarachnoi-
deale Injdctionen von Tetanusantitoxin ; die Injektionen
wurden zwischen 3. und 4. Lumbaiwirbel vorgenommen.
Im Ganzen wurden 161 Tropfen Gerebrospinidflüssigkeit
abgelassen und 92 ccm Tetanusantitoxin eingespritzt
Nach knapp 3 Wochen geheiU entlassen.
3) 7jähr. Mädchen mit Handverletzung. 5 Tage später
Trismus und Tetanus, Am 1., 2., 3., 5. und 7. Krankheit-
tage spinale subarachnoideale AntHoooininjektionen von
im Ganzen 59 ccm. 605 Tropfen Cerebrospioalflüssigkeit
wurden abgelassen. Rasche Besserung. Nach 16 Tagen
bereits wurde die Kr. geheut entlassen.
IjCS infections intra-cerSbrales de serum antiieta-
nique dans le traitement du tiianos; par le Dr. A ma t
(Bull. gen. de Ther. Juillet 15. 1901.)
A. berichtet zunächst über 3 Fälle von Tetanus,
in denen L e t o u x mü Erfolg iniraoerebrdle Injek-
tionen von Tetanusantüoodn vorgenommen hat. Es
wurden 20 com in 2 Malen, 34öcm in 3 Malen und
48 ccm in 4 Malen eingespritzt
Auch Barette hat bei 2 Telanuskranken mit
Erfolg intraeerebrale Äntüoxininjektionen vorge-
nommen, und zwar wurden in dem einen Falle 13,
in dem anderen 2mal 8, bez. 10 ccm Serum in-
jicirt
Bei 4 von diesen Kranken waren vor den intra-
cerebralen Injektionen ziemlich beträchtliche Men-
gen von Antitoxin unter die Haut gespritzt worden,
aber ohne Erfolg.
Die TetanusfaUe gehörten zu den mittelschwe-
ren, bez. leichten.
TUanos traunuUique. Injeetions intraraehidiennes
de sSrum antitetanique, Mort ; par le Dr. E. D e t o t et
Dr. H. Grenet (Gaz. hebd. XLIX. 98. Nov. 9. 1902.)
35jähr. Kr. mit Maschinenverletzung der rechten
Hand. 14 Tage später Trismus und Tetanus; schwere
Schluckstörungen. Bereits am 1. Tage subcutane Injek-
tion von 20 ccm antitetanischen Semm; am 2. Tage
gleiche Injektion. Ausserdem Lumbalit^ektion von 10 ccm
Serum. Am 3. Tage Lumbaiinjektion von 20 ccm Serum,
die am 4. Tage wiederholt wird. Am 5. und 6. Tage »ub-
eutane In/ektion von 20, bez. 10 ccm Serum, Trotz alle-
dem andauernde Verschlechterung. Am 8. Tage noch-
malige subcutane Infektion von 10 ccm. Tod.
DieGerebrospinalflüssigkeit ist bei Tetanus nicht ver-
ändert ; in Folge wiederholter Lumbaiinjektionen von anti-
tetanischem Serum wird sie eiweiss- und zellenreicher.
lieber den OehcUt der käuflichen Oelatinean Tetanus-
keimen ; von Prof. E. L e v y u. Dr. H. B r u n s. (Deutsche
med. Wchnschr. XXVIII. 8. 1902.)
200
Vlil. Chirurgie, Augea- und Ohrenheilfamde.
Die Untersuchungen L. 's undBr.'s ergaben mit
Sicherheit, dass die käufliche Gelatine Tetanus-
sporen enth<. Ob es möglich sein wird, die
Sporen im strömenden Wasserdampfe von 100^ und
darüber zu vernichten, ohne dem Qelatinirungs-
vermögen zu schaden, müssen weitere Untersuchun-
gen lehren.
Gelatine und Tetanus, Resistenxfähigkeü der
Teianussporen, Sterilisation der Oelaiine; von Prof.
£. Levy u. Dr. ü. B ran 8. (Mitthed. a. d. Orenzgeb.
d. Med. u. Chir. X. 1 u. 2. p. 235. 1902.)
Bekanntlich sind nach subcutanen Qelatine-
injektionen bisher mehrere Fälle von tödtlichem
Tetanus beobachtet worden. Der ganze Verlauf
dieser Fälle deutete darauf hin, dass die Tetanus-
keime in den Qelatinelösungen sich befundoi haben
mussten. L. imd Br. ist es nun gelungen, bei
1 3 Proben von Gelatinetafeln 8mal durch das Thier-
experiment mit aller Sicherheit die Anwesenheit
von Tetanuskeimen festzustellen. Die Angabe der
Lehrbücher, dass die Tetanussporen im strömen-
den Wasserdampfe bei 100<^ in 8 Minuten abge-
tödtet werden, ist falsch. Diese Zeit reicht nicht
aus ; die resistentesten Tetanussporen bleiben bis
30 Minuten am Leben, während allerdings die
weniger resistenten, die die grosse Mehrzahl bil-
den, zwischen T^t und BVt Minuten abgetödtet
werden. Um also ganz sicher zu sein, dass die
anhaftenden Tetanussporen alle abgetödtet sind,
muss man verlangen, dass die zur therapeutischen
Verwendung bestimmten Lösungen 40 Minuten
lang auf 100 Grad erhitzt gewesen sind. Dm die
Anwärmezeit zu verringern, stenlisirt man am
besten in mit Wattepfropf versehenen Reagenz-
gläsern, von denen jedes nur 10 com Gelatine
enthält
lieber die Qefahr der Tetanusinfektion bei subcutaner
Anwendung der OekUine xu therapeutischen Zwecken
und ihre Vermeidung ; von Dr. P. K r a u s e. (Berl. klin.
Wchnschr. XXXIX. 29, 1902.)
Die beobachteten Tetanusinfektionen nach Gela-
tineinjektionen beruhen auch nach der Ansicht K r.'s
auf einer fehlerhaften, nicht genügenden Sterili-
sation der Gelatine. Durch fraktionirte Sterilisation
der Gelatinelösung an 5 aufeinanderfolgenden Tagen
je ^/s Stunde im strömenden Dampfe bei 100<^ C.
wird eine vollkommen ungefährliche Gelatinelösung
gewonnen. Es wäre zu bedauern, wenn wegen der
bekannt gewordenen Tetanusinfektionen ein wohl
erprobtes Mittel nicht mehr verwendet würde, dessen
weitere praktische und theoretische Prüfung sich
dringend empfiehlt. Es wäre wünschenswerth, dass
in grösseren Krankenhäusern oder geeigneten Apo-
theken unter sachverständiger Leitung hergestellte
sterile Gelatinelösung den Aerzten jeder Zeit und
leicht zugänglich wäre.
Zum Vorkommen des Tetanus nach subcutaner
OekUineir^ektion, (Deutsche Ztschr. f. Chir. LXI. 3 a. 4.
p. 427. 1901.)
An erster Stelle berichtet Gerulanos aus der
Kieler chirarg. Khnik über einen Fall von Tetanus nach
Gelatineinjektion bei einer 47jähr. Frau. Es handelte
sich um schwersten Tetanus, der klinisch mit voller
Sicherheit diagnosticirt wurde und innerhalb 7 Tagen
nach der Operation und 12 — 18 Standen nach Ausbruch
der Erkrankung zum Tode führte. Eine Injektion von
250 L-E. Behring'schen Tetanusa/niitoocins war er-
folglos, um eine stärkere Blatang bei der Exstirpation
des Kehlkopfes zu verhüten, war der Kr. unter streng
antiseptischen Cautelen eine Einspritzung von 200 com
einer 2proc. Oelatinelösung unter die Haut des Ober-
schenkels gemacht worden. Die Oelatinelösung war steril
an demselben Tage von der Apotheke bezogen worden.
An zweiter Stelle theiltOeorgi aus der Flensburger
Diakonissenanstalt einen Fall von Stichverletzung der
Leber bei einem 23jShr. Kr. mit Laparotomie ; Naht der
Leberwunde. Abscessbildung, Incision. 8 Tage später
äusserst starke Blutung aus der Abscesshöhle. Aus käuf-
licher Gelatine wurde rasch eine 2proc. Lösung bereitet
und 1 Liter davon unter die linke Brustfaaut gespritzt
Sofortiges Stehen der Blutung. 6 Tage später Tnsmus
und Tetanus, der trotz Injektion von Tetanusserum nach
2 Tagen tödtlieh endete. Die Sektion ergab an der In-
jektionstelle der Gelatine einen kleinen Abscess. Der
Eiter, der keine Tetanusbacillen enthielt, wurde einem
Kaninchen unter die Bauchhaut gespritzt Das Thier ging
bereits 18 Stunden später an Tetanus zu Grunde.
Zum Vorkommen des Tetanus nctch subcutaner
Gelatineinjektion; von Dr. H. Lorenz. (Deutsche
Ztschr. f. Chir. LXL 5-6. p. 584. 1901.)
L. theilt aus der v. Eiseis ber gesehen Klinik
2 Fälle von Tslanus nach subcutaner Gelatineinjektion
mit. Bei beiden Kr. (62jähr. Mann, 58jähr. Weib) stellten
sich 8, bez. 5 Tage nach der unter allen Vorsichtmaass-
regeln vorgenommenen Injektion schwerste tetanisehe
Krämpfe ein, die schon nach 24 Stunden zum Tode führten.
In dem I.Falle kam es an der Ii^jektionstelle zu Erythem,
im 2. Falle zu Nekrose der Haut
Ob in diesen Fällen der Tetanus aufMikrobien-
infektion beruhte oder auf einer chemischen Qift-
wirkung, bleibt unentschieden. Jedenfalls soll man
mit der Anwendung von Oelatineinjektionen ganz
besonders vorsichtig sein, so lange nicht der Nach-
weis erbracht ist, wie diese Unglücksfälle zu er-
klären sind, und dass man sie mit Sicherheit ver-
meiden kann.
Tetanus nach subcutaner Getaiineiiy'ektion ; von
Prof. Eigenbrodt. (Mittheil. a. d. Orenzgeb. d. Med.
u. Chir. X. 5. p. 595. 1902.)
E. berichtet über eine 19jähr.Kr., bei der nach einer
verhältnissmässig einfachen Nasenoperation schwerste
anhaltende Blutungen eintraten, die die Nasentamponade
^ und, als auch dann die Blutung noch nicht stand, die In-
* jektion von 2proc. Gelatmelösung nöthig machten. An
der Injektionstelle Abscessbildun^ mit Gangrän. Am
6, Tage nach der Gelaiineiiyeklion Ausbruch eines
schiceren Trismus und Tßtantts, der trotx Injektion von
100 A,'E. Behring 'sehen Tetanusantitoxins nach
19 Stunden %um Tode führte,
Le tetanos consecutif ä Femploi de la gelatine
comme hemostatique; par Lop et Murat (Bull, de
l'Acad. de Med. Avril 7! 1903.)
L. undM. machten bei einem 31 jähr. Typhuskranken,
der an profusen Darmblutungen litt, innerhalb 3 Tagen
4 Gelatineeinspritzungen von je 200 com. Y^iq Blutung
stand-, aber 4 Tage später entwickelte sich schwerster
Trismus und Tetanus, dem der Kr. trotz B a c c e 1 1 i 'scher
Carbohnjektionen am Abend des 2. Krankheittages erlag.
Einsohliesalich ihrer Beobachtung haben L.
und M. 17 Fälle von Teiawua nach Oelatineinjek-
tionen zusammengestellt L. und M. verlangen,
dass die Herstelhmg der Oekdinelösung ganx den-
selben Bestimmungen unterworfen werde, tvie die
Herstellung der therapeulisehen Serumarten.
vm. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
20t
üneas de tetanos eansecutifäuneinJeetumdesSrum
gäatinS; par G. DieuUfoy. (Ball, de rAoad. de Med.
Mai 12. 1903.)
Die 38jähr. an Laogentaberkttlose leidende Kr. hatte
wegen wiederholter Hämoptysen eine stUfotUane OekUine-
in^ion bekommen. 1 1 Tage später Trismus und Tetanus.
Trotz sofortiger Injektionen von antiteianisehem Serum,
Chlonlklystieren Tod 22 Standen nach Aasbrach der
Krankheit Die in der Apotheke mit aller Sorgfalt za-
bereitfite, länger als Vt Stande aufgekochte OeUtinelösong
enthielt virulente Tetanasmikroben.
Nach D.'b Zusammenstellung sind innerhalb
2 Jahren 23 Fälle mitgetheilt worden, in denen
sich TUanua nach subcutanen Oelaiineinjekiionen
miwiekeU hat Die Fälle waren sämmtlich sehr
schwer und verliefen rasch tOdtlieh.
üeber einen Fall von Ibtanus puerperalü; von Dr.
Ed. Wardack. (Prag. med. Wohnsohr. XXVHI. 9. 10.
1903.)
W. theilt aus der Prager med. Klinik einen Fall von
Tetamu puerperalis bei einer 4^ähr. Mehrgebärenden
mit Die Er. war in der Hebammenklinik von einem faol-
todten Kinde entbunden und am 10. Tage nach der Oe-
bort gesund enüassen worden. Mehrere Tage später T^ü-
mu8 and Tetanus i rasche Zunahme der Krämpfe an Zahl,
St&rke und Ausbreitung. SubeuUmeh^ektion von B e h -
riDg'schem Tetanusantitoxin; ausserdem per os grosse
Dosen von ürethan. Tod.
W. empfiehlt gegen Teianus die Duralinjektum;
im Falle der UndurchHUirbarkeit in Folge auf jeden
Beis hin eintretender schwerer Streckkrftmpfe die
Aosf&hmng in Ohloroformnarkose; wobei die Ört-
liche Wundbehandlung und die gleichzeitige sub-
CDtane Injektion, femer beim Tetanus puerperalis
die vaginale oder uterine Applikation des Serum
nach dem Vorschlage Behring 's ebenfalls als
wichtig erachtet werden muss.
fj^raphylakiiseh haben wir in der subcutanen
Injektion ein unzweifelhaft sicher wirkendes Mittel,
das wir bei allen operativen Geburten in jenen
Anstalten dringend empfehlen, wo, wie in Prag, die
Gefahr vorliegt, dass durch alte Tetanus -Keime
immer wieder eine neue Infektion eintreten kann.*'
Tetanus im Wochenbett; von Dr. Osterloh.
(Müüchn. med. Wohnschr. XLIX. 26. 1902.)
Die 2^ähr. Kr. abortirte nach Smonatiger Sohwanger-
Khaft. Ausräumung der Gebärmutter. Puerperale Sepsis.
11 Tage nach dem Abort ausgesprochener Trismus und
Täanus. Am 2., 3., 4. und 5. Krankheittage subcutane
b^ion von 16, bez. 20ccm Behring^hen Äntü
Uians. Ausserdem Chloral, Morphium, warme Vollbäder.
Vollkommene Heilung innerhalb 2 Monaten.
2iro cases of tetamts foUowing vaeoination; by L.
Allen. (Boston med. and surg. Joum. CXLYII. May 22.
1902.)
A. berichtet über 2 Fälle von tödtlichem Ibtanus,
die 11- Qod 12V4iähr. Mädchen betrafen. Die Erkran-
Inuig setzte 3, bez. 2 Wochen nach der Vaoeination
fUL In dem einen Falle wurde 24 Stunden nach Beginn
der Erkrankung Antitosoin, aber ohne Erfolg gegeben.
Ahstraet of an analysis offifly-iwo cases oftetanus
foüomng vaednia; with reference to the source ofin-
feetion; by R. N. Willson. (Proceed. of the Philad.
coonty med. Soo. XXTTT. 1. 1902.)
Von 52 Kranken, bei denen im Anschlüsse an
die Yaocination Tetanus auftrat, starben 41 und nur
1 1 genasoi (82^/t Mortalität). Von 1 3 mit Antitoxin
behandelten Kranken sUrben 10 (Mortalität 76.9*/o).
Med. Jahibb. Bd. 279. Hft. 2.
letanus and vaeeinaiion — an amüytieal study of
nineiyßve cases of this rare complication ; by J. Mc
Farland. (Proceed. of the Philad. oounty med. Soo.
XXin. 1. 1902.)
Tetanus and vaeeincUion: an analytical study of
96 cases of the complication; by J. Mc Farland.
(Lancet Sept 13. 1902.)
Der Eopftetanus ; von Dr. H. N e u m a n n. (Gentr.-
Bl. f. d. Grenzgeb. d. Med. u. Chir. V. 13. 1902.)
Kritisches Sammelreferat, das 182 Nummern
umfasst.
Un cas de ieianos cephcUique avec paralysie faeiale
et ocuknre, guerison; par G. Halten hoff. (Revue
med. de la Suisse rom. XXU. 9. 1902.)
3jähr. Kind mit Verletzung des oberen Theiles der
rechten Orbita; Beschmatzune der Wunde mit Garten-
erde. 2Vi Tage später prophylaktische Injektion von
lOccm antitetanischen S^ms. 2 Tage später die ersten
Zeichen von rechtseitiger Facialisparalyse ; später auch
noch Strabismus convergens des linken Auges. Am
16. Tage Extraktion eines Tannenholzsplitters aus der noch
immer eiternden Wunde. Heilung.
üeber einen Fall von Kopftetanus mit Facialis-
lahmung; von F. Jelly. (Internat. Beitr. z. inneren
Med. V. Leyden's Festschr. I. p. 681. 1902.)
Der 9jähr. Knabe hatte sich eine Wunde unterhalb
der linken Augenbraue zugezogen; Naht, glatte Hei-
lung. Am 10. Tage nach der Verletzung Verziehung des
Gesichts nach rechts; mehrere l^sige später Trismus.
4 Wochen nach dem Trauma Aufnahme in die Klinik: voü-
ständige linkseitige Faeialislähmung ; ausgesprochener
Triemus. Massige Starre der Nacken-, Interoostal- und
Bauchmuskeln; Glieder frei. Häufige „Krampfstösse*^.
2toitweise geringes Fieber. Da im Blute, des Kr. noch
Tetanusgift, wenn auch in abgeschwächter Art, nach-
gewiesen werden konnte, worden dem Kr. mehrere Tage
nach der Aufnahme in 15 ocm 100 Einheiten B e h r i n ge-
sehen Antitoxins einverleibt. Heilung,
Bei der Aufnahme des Kranken waren alle
äusseren Aeste des linken Facialis gelähmt; in den
unteren Facialismuskeln bestand schon deutlich
Contraktur ; ebenso bestand ein anhaltender Con-
trakturzustand im Gebiete des rechten Facialis.
Nach einigen Wochen trat dann auch auf der
ursprünglich gelähmten Seite ein ziemlich erheb-
licher Contrakturgrad ein. „Es unterscheidet sich
somit die Faeialislähmung beim Kopftetanus von
den gewöhnlichen peripheren FaoialislAhmungen
sowohl durch die sofort eintretende partielle, wie
durch die Erscheinungsform der nachträglich ein-
tretenden allgemeinen Contraktur, und es spricht
dieser Umstand mit Bestimmtheit dafür, dass um-
es hier nicht mit einer peripheren Lähmung im ge-
wöhnlichen Sinne xu ihun haben, sondern mit einer
ioodschen Lähmung, die toahrseheinlu^ durch Mn-
wirkung des Oiftes auf die Moleküle des Nerven-
kems, viMeichi auch gleichzeitig des Nervensiammes
zu Stande kommt, wobei jedenfalls eine Ueber-
tragung des Oiftes von letzterem auf die enteren
anzunehmen ist^*
Ein Fall von Eopftetanus; von Dr. H. Neumann.
(Ztschr. f. Heilkde. XXUI. 8. 1902.)
N. theilt aus der v. Sehr Otter 'sehen Klinik
folgende Beobachtung mit.
Bei einem l^ähr. Knaben, der durch einen Stein-
wurf eine geringfügige Verletzung in der Nähe des linken
Augenbrauenbogens davongetragen hatte, stellten sich
nach 2 Wochen leichte psychische Störungen und einige
26
202
Vill. Ghirorgie, Augen- und OhrenheiUnmde.
Tage später Trismus and fast complete linkseüige pari-
pherischeFacicUistähmfmg eio. Krämpfe in der Gesicht-,
Nacken- und Schultermuskalatar. Spasmus in den Beinen
und in den Respiratioomuskeln. Kein Fieber. Die anfangs
spärlichen Erampfstösse nahmen rasch an Häufigkeit zu,
der Zustand verschlimmerte sich, trotz, allerdings erst
relativ spät, vorgenommener specifisoher Therapie zu-
sehends und erreichte in der Nacht nach der 2. Anti-
toxiniigektion seine Akme. Dann unter symptomatischer
Behandlung allmähliche Besserung. Als der Mund gut
geöffnet werden konnte, ergab sich auch noch eine link-
seitige Hypoglossusparalyse. Geheilt entlassen 24 Tage
nach dem Spitaleintritte (am 50. Tage nach der Infek-
tion).
Für die Lehre vom Eopftetantis scheint N. der
Fall, indem er theils schon Bekanntes bestätigte,'
theils Neues beobachten liess, Folgendes zubieten:
1) Eine lange Incubationzeit berechtigt auch in
unter schweren Erscheinungen verlaufenden Fällen
zur Stellung einer günstigen Prognose. 2) Die
Prodromalerscheinungen können allgemeiner, auch
psychischer Natur sein. 3) Ausser den Facialis-
und Augenmuskellähmungen kann auch Lähmung
des der vorletzten Seite entsprechenden Hypo-
glossus vorkommen. 4) Die Anschauung, dass die
Lähmungen in Eemläsionen bedingt seien, erfthrt
eine weitere Unterstützung. 5) Die Wahrschein-
lichkeit der Lehre, dass das Tetanustoxin auf dem
Wege der peripherischen Nerven zu den Ganglien-
zellen des Centralnervensystems geleitet werde
und dort seine Wirkung entfalte, wird erhöht.
6) Die symptomatische Therapie, vornehmlich das
Hintanhalten äusserer Beize, ist neben der Serum-
therapie nicht ausser Acht zu lassen.
Ein Fall von Kopftetanus mit Eypoglossusparese,
geheilt nach Duraiinfusionen van Behring 'sehem Anti-
toxin; von Dr. A. Hol üb. (Wien. klin. Wchnsohr.XVL
17. 1903.)
£in lljähr. Knabe wurde durch Stein wurf an der
linken Schlfife verletzt; am 3. Tage IHsmus, am 7. Tage
allgemeiner Tetanus. Am 8. Tage Aufnahme in das
Krankenhaus. Parese des unteren FaciaUs. Vom 6. bis
mit 11. Krankheittage erhielt Pat. täglich in leichtester
Narkose subdurcUe Infusionen von je 100 A.-E. B e h -
ring 'sehen Serums; dann später noch mehrfache In-
fusionen von 50 A.-E. Starke Excoriation der nach Unks
abweichenden Zungenspitze. Die Hypoglossusparese über-
dauerte 7 Wochen lang das Verschwinden der FaciaUs-
lähmung. Schwere Erscheinungen von Seiten der harn-
baküirbelsäule in Folge von traumatischer Irritation der
Meningen durch die toiederhoUen Lumbalpunktionen.
Langsame Heilung. Noch immer gesteigerte Patella-
reflexe und ganz leichte Druckempfindliohkeit und Haut-
hyperästhesie im Ischiadicusgebiete.
lieber einen Fall von Kopftetanus mit seltener Aßtia-
logie; von Dr. A. Schütze. (Deutsche med. Wchnschr.
XXIX. 23. 1903.)
In der R. Koch 'sehen Abtheilung für Infektion-
krankheiten wurde eine 58jähr. Frau aufgenommen, die
von einem Pfauhahn in die Stirn gebissen worden war,
und zwar etwas nach links von der Mittellinie. Heftige
Entzündungserscheinungen. 3—4 Tage später linkseitige
Faeialisläkmung. 8 Tage nach der Verletzung starker
Trismus; tetanische Spannung der Nacken- und Bücken-
muskeln; 14 Tage nach dem Trauma zum I.Male Schling-
krämpfe. Am Abend des Aufnahmetages, sowie am näch-
sten Tage subcutane b^ektion von je 125I.-E. des Beh-
ring'sehen Tetanusheilserum, obwohl die Verletzung
hereits 4 Wochen zurücklag. Aus der bis auf den
Knochen reichenden, entzündeten Wunde wurde ein
Fremdkörper extrahirt, der sich als die abgebrochene
äusserste Schnabelspitxe des Pfaues erwies. Energische
Ausbrennung der Wunde. Langsames Zurückgehen der
Facialislähmung; Heilung.
Die exlrahirte Sehnahelspiize enthielt virulente
TBtanuskeime. Mäuse und Meerschweinchen er-
krankten nach der subcutanen Implantation der
Schnabelspitze und gingen regelmftssig unter den
typischen Erscheinungen des Tetanus zu Grunde.
Das Culturverfahren gestattete die Reinzüchtung
von Bakterien, die sich sowohl durch ihr morpho-
logisches Verhalten, wie durch das Thierexperiment
unzweifelhaft als Tetanusbacillen feststellen Hessen.
Tetanus chronicus; von Dr. J. A. Grober. (Mit-
theil, aus d. Orenzgeb. d. Med. n. Ohir. X. 5. p. 523. 1902.)
De Brun hat aus seiner Praids in Beirut und
Damaskus über 3 Fftlle von ehroniaehem Tetanus
berichtet, in denen nach sehr schweren Symptomen
wider Erwarten eine langsame Ausheilung erfolgte,
aber mit Hinterlassung von Contrakturen an den
Gliedern und den Eiefermuskeln. Diese Erschei-
nungen wurden 3 und 4 Monate, in einem Falle
sogar 5 Jahre lang beobachtet.
Solche Beobachtungen sind in den Ländern
der gemässigten Zone, soweit die Literaturangaben
reichen, noch nicht gemacht worden.
Anfang 1901 wurde nun in der Jenenser med. Klinik
ein 12jähr. Er. beobachtet, auf den das oben geschilderte
Krankheitbild de Brunos zutraf. Das Bild, das der Kr.
9 Monate nach der Verletzung — kleine Wunde an der
hnken Grosszehe — darbot, entsprach in seinen Haupt-
zügen so vollkommen dem typischen traumatischen Teta-
nus, dass man kaum berechtigt war, an eine Krankheit
anderer Art zu denken. Die Therapie erwies sich leider
als machtlos; der Kr. kehrte wieder in die häusliche
Pflege zurück. Jetzt, nach beinahe 2 Jahren seit dem
Auf&eten der ersten Anzeichen der Krankheit, besteht
noch derselbe Zustand : Contraktur und Schmerzhafdg-
keit der Muskek, Risus sardonicus, Trismus, Sohluck-
beschwerden, körperliche Unbeweghchkeit In der letzten
Zeit ist die Beweglichkeit der Arme etwas freier geworden.
Normale geistige Regsamkeit
Die liesuUate der Tetanusbehandlung mittels Ein-
spritxung von Oehimemulsion; von Dr. J. Fie biger.
(Ztschr. f. Thiermed. VI. 3. 1902.)
In der Wiener thierärztlichen Hochschule wurde
Ende 1900 mit Versuchen begonnen, durch Ein-
spritzung von Oehimemulsion bei tetanuskranken
Pferden HeQung zu erzielen. Im Ganzen wurde
bei 20 tetanuskranken Pferden die subcutane Injek-
tion einer Emulsion von Lammkim vorgenommen ;
8 Pferde sind umgestanden = 40<^/o Mortalität
F. stellt folgende Schlusss&tze auf: 1) unter
der Behandlung mit Oehimemulsion ist die Sterb-
lichkeitzifFer bedeutend zurückgegangen; sieleistet
mindestens dasselbe, wie die übliche Behandlung.
2) Die Behandlung ist billiger, als die Serum-
behandlung, das Material ist leichter zu beschaffen.
3) Wie die Berichte von aussen zeigen, Iftsst sie
sich auch vom praktischen Thierarzt ausführen.
4) Die Nachtheile der Methode bestehen in der
mühsamen Verreibung, den Schwierigkeiten bei
der Injektion, der Abscessbildung. 5) Die bis-
herigen Erfahrangen muntern zu weiteren Ver-
suchen auf.
VIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
203
285. Zur Pathologie und Therapie der
B0?ol?eraohiiM¥erietBangen des Kopfes und
Bnmpfee; von Dr. Ossig. (Beitr. z. klin. Chir.
HlVn. 1 u. 2. p. 511. 1903.)
Von 1892—1902 kamen in der ohimrg. Ab-
theilung des Allerheiligen -Hospitals in Breslau
66 8cku88verleixungen dea Kopfu und Rumpfes in
Bshanähmg. In 54 FftUen (82«/o) handelte es sich
nm Selbstmordversuche; in 61 Fällen (929 j^) war
die in Frage kommende Waffe der Bevolver.
An Kopfschüssen kamen 1 8 Sohfisse mit und 1 2
ohne ErGffiiung der SchftdelhGhle zur Beobachtung;
68 starben 11, bez. 1 Kranker; fernerhin kamen
3 Gesicht- und 3 MundschOsse (1 Er. starb) vor.
„Ein operatives Eingreifen ist beim Schädelschuss
stets, nicht nur in den von den Gegnern der pri-
m&ren Trepanation ooncedirten Fällen indioirt Das-
selbe beschränkte sich auf eine Spaltung und Reini-
gung des Schusskanals bis zum Gehimeinschuss
mit nachfolgender Tamponade.*^
Unter den zur Beobachtung gelangten 20 per-
forirenden Brustachüssm befinden sich 3 Fälle von
Schussverletzungen des Herzens, bez. der grossen
Oefässe (2 Er. starben); die übrigen 17 sind reine
Lungensohüsse (3 Er. starben).
Von den 8 Bauchschüssen sind nur 5 reine
Bauchschüsse (3 Er. starben) ; die übrigen 3 bilden
ein Zwischenglied, indem es sich bei ihnen um Ver-
letzung sowohl der Brust-, wie der Bauchhöhle
handelt (3 Er. starben). In einem Falle bestand
dabei auch eine Herzverletzung.
0. stellt folgende Schlusssätze über die BrusU
Hnd Bauchschüsse auf: „1) Die Diagnose eines
0miourschu896s ist höchstens dann zulässig, wenn
beim Fehlen irgend welcher Erscheinungen von
Seiten der Brusteingeweide der Nachweis der Eugel
ausserhalb der Brusthöhle möglich ist. 2) Berxr
«Ums brauchen nicht unbedingt sofort tödtlich
lu verlaufen, sie können sogar in Heilung ausgehen.
3) Bei in selbstmörderischer Absicht in der Herz-
gegend beigebrachten Schussverl^tzungen liegt der
Verdacht einer Verletzung der Bauchhöhle sehr
nahe. 4) Eine operative Behandlung der Bauch-
^f^kusse auf dem Schlachtfelde oder in dessen
nächster Nähe ist zu verwerfen. 5) Im Frieden ist
bei jedem Bauchschusse sofortige Laparotomie an-
lurathen. 6) Die baldige Anwendung von Opium
bei Bauchschüssen ist auf dem Schlachtfelde zu
empfehlen. 7) Die Anwendung von Opium bei
Bauchschüssen ist im Frieden völlig zu verwerfen."
P. Wagner (Leipzig).
286. neber einige seltenere Folgerastände
naoh 8<diädelba8i8firaktiir; von Dr. Borchard.
(Deutsche Ztschr. f. Chir. LXVL 5 u. 6. p. 512.
1903.)
B. fand bei 2 Eranken mit Sohädelbasisfraktur
in den ersten Tagen nach der Verletzung l'/j bis
IVi^/e Zucker und 1.2<^/oo Biweiss im Urin. Da-
neben fanden sich rothe Blutkörperchen und granu-
lirte Cylinder.
B. bespricht dann die verschiedenen bisher ge-
machten Beobachtungen von metatrtmmaiisfher
Olykosurie und stellt folgendes Schema auf: k.Em-
fache metairaumatische Olykosurie. B. 1) Meia-
traunuUisehe alimeniäre Olykosurie; 2)metaltraumar
tischer Diabetes insipidus; 3) metatraumoHacher
Diabetes,
Ein Uebergang von A in B ist bis jetzt nicht
beobachtet worden und auch nicht anzunehmen.
Dagegen können die unter B bezeichneten Formen
alle in Diabetes übergehen. Bei der einfachen
Olykosurie und Albuminurie im Zusammenhange
mit Cylindrurie nach Traumen handelt es sich um
Erscheinungen, die auf vasomotorische Störungen
in den Nieren zurückzuführen sind ; die Prognose
ist deshalb günstig. P. W a g n e r (Leipzig).
287. Xröpanationpoiirtroableeooiketentifli
a une fraotore ancienne du oräne ; par A. Broca.
(Gaz. des Höp. LXXV. 119. Oct. 21. 1902.)
2]fthr. Knabe ; vor 6 Monaten Hofsohlag unterhalb
und hinter der linken Sobeitelbeinkuppe ; nach vorüber-
gehenden Hirasymptomen Wiederhersteilong und Heilung
der kleinen Wunde. Naoh 1 Woche anscheinender Ge-
sundheit Anorexie, Abgestumpftheit, tägliche Krisen, in
denen das Kind unausgesetzt schrie und die Daumen in
die äusseren Gehörgänge steckte, einige Wochen später
wurde festgestellt, dass das Kind beiderseits vollkommen
taub war, und die beginnenden Sprech versuche ganz
aufhörten. Befund Vt Jfthr nach dem Unfälle : Schwer-
fälliger Gang, Depressionfraktur unter der Narbe mit Sub-
stanzverlust des Knochens, leichter Strabismus internus
linkerseits.
Br. fuhrt die Erscheinungen auf eine relativ gut-
artige Meningitis mit Eingangspforte durch die Haut-
wunde zurück. Von den in Betracht kommenden Ur-
sachen der Taubheit werden Felsenbeinbrüohe und
Trommelfellverletzungen ausgeschlossen ; die Taubheit
wurde entweder durch eine besonders auf die Gegend der
Gehörnerven beschränkte BasismenindtiB oder durch eine
symmetrische Läsion der oortikalen Zentren der Gehör-
funktion verursacht.
Trepanation etwa 8 Monate nach dem Unfälle : Ent-
fernung der zwischen Haut, HirnoberfläoheundKnochen-
rändem befindlichen starken Narbenmassen. Die reizbare
Stimmung des Kindes und sein Gang wurden hiemach
besser, die Taubheit blieb unverändert
Mohr (Bielefeld).
288. Zur Vreilegimg der hinteren Felsen-
beinflaohe und des Kleinhirns; von Prof. F.
Krause. (Beitr. z. klin. Chir. XXX VIL 3. p.728.
1903.)
Es ist ein wesentlicher unterschied, ob wir die
hintere Fläche des Felsenbeines wegen Eiterung
oder wegen einer Geschwulst freilegen müssen.
Geht die Eiterung vom Knochen aus, so ist das
Periost, hier die Dura-mater, bereits abgehoben und
wir können extrad/ural vorgehen. Die v. Berg-
männische SohnittfQhrung genügt durchaus, um
auch an der hinteren FelsenbeinfLftche bis nahe zur
Mittellinie vorzudringen, wie Kr. an einem mit
Jansen operirten Kranken zeigt
204
VIIL Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
Anders gestaltet sich unser Vorgehen, wenn
wir an die hintere Felsenbeinflfiche bei aseptischen
Operationen, s. B. bei Tumoren herangehen sollen.
In derartigen Fällen muss das Verfahren ein inira"
durales sein. Dass man jene Fläche in weiter Aus-
dehnung von der hinteren Schädelgrube aus zu-
gänglich machen kann, zeigt E r. an einem Falle,
in dem er wegen anhaltenden quälenden Ohren-
sausens den N. aeusiicus freüegie und reaeewie. Die
68jähr. Er. ging nach mehreren Tagen an Pneu-
monie zu Grunde.
Von besonderer Wichtigkeit aber ist die F^rei-
legung der hinteren Felaenbeinfläehe deshalb, weil in
ihrem Gebiete, und zwar verhältnissmässig häufig
Oeachwülete beobachtet werden, die gutartigen
Charakters, abgekapselt und leicht aussohälbar sind,
also durchaus ein Objekt fflr den Chirurgen dar-
stellen. Es sind das die OeschunÜste des JQnn^Mm-
brüekenwinkels, Mher Jcustieusneurame genannt.
Beide Eleinhirnhemisphären legte Er. zum I.Male
1898 bei einem 11 jähr. Enaben bloss, bei dem die
Erscheinungen einen Eleinhimtumor vortäuschten,
während es sich um Hydrocephalus int. handelte.
Aber die Operation war doch von Nutzen, denn es
trat nach der Freilegung der beiden cerebralen
Hemisphären eine bedeutende Besserung im Be-
finden des Enaben ein, die fast 3 Jahre lang anhielt.
Zum Schlüsse berichtet Er. noch über einen
Fall von Kyphosis der Schädelbasis bei einem 18jähr.
Mädchen, bei der erfolglos operativ eingegriffen
wurde. Die klinische Diagnose war auf Eleinhim-
tumor gestellt worden. P. Wagner (Leipzig).
289. Papillite et tnmeara oAribralea ; par
Dianoux. (Ann. d'Oculist CXXIV. 3. p. 161.
Mars 1903.)
Im Zusammenhange mit 3 weiteren mit Erani-
ektomie behandelten Gehirntumoren bespricht D.
seinen therapeutischen Standpunkt zu dieser Erank-
keit Sobald die Diagnose, die in der Röntgen-
Photographie ein wichtiges Hülfmittel gefunden
hat, gesichert ist, soll chirurgisch vorgegangen
werden. Zuerst soll die Lumbalpunktion versucht
werden ; hat diese keine oder nur sehr kurze Wir-
kung, dann soll die Eraniektomie, eventuell mit
kleiner Incision der Dura-mater, folgen, und zwar
in der Gegend der Bolando'schen Furche zwischen
Stirn- und Scheitellappen. Auf die breite Erani-
ektomie mit grosser DuraöfiFnung und direktem An-
griffe des Tumor geht D. aus Mangel an eigenen
Erfahrungen nicht näher ein. Quecksilber- und
Jodbehandlung hält er fOr ungeeignet.
Bergemann (Husum).
290. Bnats von Sohideldefekten duroh
unter der Kopfsohwarte versohobene oder
umgeklappte Periostknoohenlappeii » beiw.
Periostlappen; von Prof. v. Hacker. (Beitr. z.
klin. Chir. XXXVH. 1 u. 2. p. 499. 1902.)
In den Fällen, in denen sich das Müller-
EOnig'sche autoplastische Verfahren der Bildung
gestielter Hautperiostknochenlappen aus der Nach-
barschaft nicht eignet (z. B. bei mehrfachen Eno-
chendefekten , oder wenn der Enochen in der
Nachbarschaft sehr dünn ist), empfiehlt v. H. die
Verwendung unter der Eopfschwarte gebildeter,
verschobener oder umgeklappter Periostknochen-
lappen, bez. Periostlappen zur Deckung von Schädel-
defekten.
V. H. hat diese „subapaneuroiisehe SehädelauUh
plastih', deren Technik im Originale nachzulesen
ist, bisher in 2 Fällen mit bestem Erfolge aus-
geführt P. W a g n e r (Leipzig).
291. Beitrag lur operativen Behandlung
der vorderen eiterigen Mediastinitia ; von W.
Eopfstein. ^Wien. med. Rundschau X VI. 45.
46. 1902.)
E. beschreibt auf Grund der spärlichen Lite-
ratur und einiger eigener Operationen Erankheitbild
und Behandlung der vorderen eiterigen Mediastinitis.
Die von ihm mitgetheilten Fälle sind folgende.
1) Akute jauchige Phlegmone des Halses oaoh Zahn-
extraktion; naoh 1 Woohe üebergang aaf das vordere
Mediastinum ; trotz ausgiebiger Einschnitte am Halse und
im rechten 2. Intercosttdranme Tod an Sepsis.
2) Caries stemi mit chronischer Absoessbildung
hinter dem Brustbeine ; fistulöse Eiterung. Erweiterung
der Fistel durch Besectio stemi, Auskratzung des mit
käsigen Massen gefällten Mediastinalabscesses. Heilung.
3) Naoh einem Euhhomstosse gegen das Brustbein
zeitweilig Schmerzen dahinter, schliesslich chronische
Entwiokelung eines Abscesses seitlich vom Brustbeine.
Bei der Operation ergab sich, dass der Eiter aus dem
Mediastinum dicht neben dem Stemum unter die grossen
Brustmuskeln durchgebrochen war ; weder an den Rippen,
noch am Brustbeine waren cariöse Stellen vorhanden.
Heilung.
4) Bei dem 17j&hr. Pai traten während der Becon-
valescenz von einem Typhus massenhafte metastatische
Abscesse der Weiohtheile und Knochen in den verschie-
densten Körpertheilen auf. Schliesslich Heilung bis auf
eine eiternde Humerusfistel. IVt J^hre später alnite Ent-
wiokelung einer Eiterung des vorderen Mediastinum,
spontaner Durchbruch nach aussen an mehreren Stellen,
chronische Eiterung. Später Eröffnung des Abscesses
durch einen Zwischenrippenraum ; im weiteren Verlaufe
muBste eine ungeheuere Phlegmone unter den Brust-
muskeln beiderseits entieert werden, einige Monate später
Incision eines Mediastinalabscesses, der sich zur Herz-
gegend herabgesenkt hatte, und das Perikard rings um-
schloss, später Perforation des Abscesses in die linke
Pleura, Empyem, Operation desselben. Nach Ijähr.
völliger Gesundheit wiederum Absoessbildung über dem
Brustbeine in der alten Narbe, schliesslich Heilung. Die
über 4 Jahre sich hinziehende Erkrankung war ab post-
typhöse, metastatische Mediastinitis aufzuussen.
Mohr (Bielefeld).
292. üeber die aabphreniachen Abaoeaset
mit Bericht über 60 operirte FiUe; von Dr.
M. Grfineisen. (Arch. f. klin. Chir. LXX. 1.
p. 1. 1903.)
Gr. berichtet aus der EOrte 'sehen chirurg.
Abtheilung über 60 innerhalb 12 Jahren operirle
subphrenische Abscesse. Von den 60 Operirten sind
40 geheilt, 20 gestorben. Der Ausgangspunkt des
Abscesses war su suchen in Erkrankungen dee
Wurmfortsatzes 27mal (9 Er. starben), des Magens
VIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
205
9mal (4 Er. starben), des Duodenum Imal (1 Er.
starb), der Gallen wege2inal, in Echinokokken 3mal,
in Erkrankungen der Milz ömal (2 Er. starben),
des Pankreas Imal, der Niere 4mal (2 Er. starben),
der Rippen 2mal, in Empyemen 4mal (lEr. starb);
unsicher war der Ausgang in 2 Fftllen (1 Er. starb).
Bei der Behandlung des subphrenischen Abeceseea
müssen wir 2 Forderungen erfüllen: 1) den Ab-
scess väüig zu entleeren ; 2) auch für die Zukunft
dem Sekret freien Äbfluss zu echaffen. Der einzige
Weg, den wir hierzu einschlagen dürfen, ist die
hreiie Eröffnung und Drainage des Jbeeesees. Je
nach der Lage des Abscesses können wir auf
zweierlei Arten vorgehen, nämlich entweder durch
Eingehen von der unieren Thoraxapertur aus, durch
Schnitt am Rippenrande, durch Lumbaischnitte
oderincision im Epigastrium, oder wir eröffnen den
Abscess durch die knöcherne Thoraocwand hindurch,
mit lüppenresektion , sind dann aber gezwungen,
den Pleuraraum zu eröffnen. Der erstere Weg
wurde 19mal eingeschlagen; in den übrigen
41 FUlen, in denen der Abscess den Thorazrand
nicht wesentlich Überschritt, wurde der Abscess
stets durch Bippenreeektion peripleural erOfhiet
Unter diesen 41 Fftllen fanden sich nur 12, die
frei von Pleuraerkrankungen waren. Hier wurde
nach dem Vorgänge v. Yolkmann's die Stepp-
naht, d. h. die ümsftumung der Pleura oostalis mit
der Pleura diaphragmatioa ausgeführt. In 4 Fftllen
trat nachtrftglich eine Infektion der Pleura ein. Es
gelingt demnach also in der Mehrzahl der FftUe
durch eine Steppnaht eine Infektion der Pleura zu
vermeiden. „Wir dürfen uns demnach ftbr be>
reditigt halten, auch bei fi'eier Pleura den peri-
pleuralen Weg zur Eröffnung des subpkrernsehen
iAMfiftw» einzuschlagen, besonders da er bei Weitem
bessere Möglichkeit bietet, dem Eiter guten Abfluss
zu schaffen, als bei Incisionen am Rippenrande.''
P. Wagner (Leipzig).
293. Zur Trage derBeliandlang der taber-
knlösen Perltoniti«; von Dr. 0. Friedlftnder.
(Aroh. f. Hin. Chir. LEX. 1. p. 188. 1903.)
Die Ansicht, die sich Fr. auf Orund ausge-
dehnter pathologisch -anatomischer Studien über
die Behandlung der tuberkulösen Peritonitis gebildet
hat, fasst er in folgenden Sätzen zusammen : „l)Es
ist nicht nOthig, unbekannte Vorgftnge anzunehmen,
nm die Effekte der Laparotomie zu erklären. 2) In
^en, wo man vermuthen kann, dass die entzünd-
lichen Erscheinungen abgelaufen sind, soll man
ein stagnirendes Exsudat beseitigen, am besten
durch Laparotomie. 3) In Fftllen, in denen un-
dolirende Tnmoren fühlbar sind, Abkapselungen,
die mit Biter oder stagnirendem Sekret angefüllt,
Cysten vortäuschen können, muss die Laparotomie
gemacht werden, die in solchen Fftllen hftufig lebens-
rettend wirkt 4) Die Entstehung einer Darmfistel
wird durch die Laparotomie begünstigt 5) In
Fillen, in denen man zweifelhaft ist, ob eine Lapa-
rotomie bereits indicirt ist oder nicht, muss man
auch die Oefahr einer Darmfistel berücksichtigen,
die bei der chirurgischen Behandlung wesentlich
grüsser ist, als bei einer internen. 6) Bei der Ope-
ration müssen vorhandene Verwachsungen nach
Möglichkeit geschont, die Bauchwunde per primam
geschlossen werden.^' P. Wagner (Leipzig).
294. Le drainage de lafosfleiliaqne interne
par lagrandeechanoruresoiatiqae; par O.Lau-
rent (Oaz. hebd. XLIX. 77. Sept 25. 1902.)
L. hat bei 2 Kindern mit Tuberkulose der
Vorderflfiche des Kreuzbeins und des angrenzenden
Darmbeins die Drainage des Herdes und der Fossa
iliaca durch die Incisura ischiadica major in fol-
gender Weise vorgenommen :
Horizontaler Einschnitt entlang der Darmbeinkante
an ihrem Abgange von der Wirbelsäule, sodann Einschnitt
über der Oegend der Anstrittstelle der grossen Gefftsse
und Nerven aus der Incisura ischiadica (Lagebestimmung
siehe Original); von hier ans, unter Vermeidung der
Oefilsse und Nerven, Vordringen gegen den Band der
Incisur und die Innenfläche des Beckens, sodann Bildung
eines dicht an der Innenfläche des Darmbeins verlaufenden
Kanals, der den oberen und unteren Einschnitt mit einander
verbindet, schliesslich Einführen des Drainrohres von
oben her.
In den beiden mitgetheilten Fällen war der Erfolg
ein sehr guter ; im ersten, bis zur Heilung beobachteten
Falle wurde das Drainrohr nach etwa 5 Monaten entfernt.
Mohr (Bielefeld).
295. üeber die akute Enoohenatrophie
nach Entsündongen und Traamen der Ez-
tremit&ten ; von S n d e c k. (Deutsche med. Wo-
chenschr. XXVIEL 19. 1902.)
S. hat seine interessanten Studien über die
Knochenatrophie fortgesetzt und grössere Erfah-
rungen gesammelt Er glaubt, dass diese Knochen-
atrophie auch nach verhältnissmftssig leichten Trau-
men entstehen kann, sie hat mit der Inaktivitflt-
atrophie nichts gemein, schon das akute Auftreten
in kürzester Zeit nach dem Insult charakterisirt
sie. Die Symptome sind recht erhebliche Funktion-
störungen, die z. B. nach einer Sprunggelenk
distorsion das Belasten des Beines, das Oehen
unmöglich machen können. Man hat nach S.'s
Ansicht wohl oft fSlschlicher Weise Hysterie oder
Simulation in solchen Fftllen angenommen. Den
Process betrachtet er als trophoneurotischen, wofür
auch Cirkulationstörungen der Haut sprechen. The-
rapeutisch kommen Massage und Oymnastik, heisse
Bäder, Stauungshyperftmie in Betracht
V u 1 p i u s (Heidelberg).
296. Zar Kenntnisa der Gallaabildang bei
oateomalaoiaohen Fraktaren ; von Dr. H. B e c k -
mann. (Deutsches Aroh. f. kUn. Med. LXXVI.
1—3. p. 1. 1903.)
B. theilt aus der Pf ibram 'sehen Klinik
2 Fftlle von osteomcdacisehen Frakturen mit Beide
Fftlle haben das Oemeinsame, dass in den Böntger^
bUdem, wiewohl diese mehrere Monate nach der
Fraktur aufgenommen worden sind, von einem neu«
206
YIII. Chirurgie, Augen- und Obrenheükunde.
gebildeten callösen Gewebe nichts zu bemerken ist
Dieses erklärt sich so, dass in dem 1. Falle zwar
Callus gebildet worden ist, aber so kalkarmer
Callus, dass er für Röntgenstrahlen durchgängig
war. Im 2. Falle ist eine Callusbildung vollkommen
oder fast vollkommen unterblieben, und zwar des-
halb, weil die Osteomalacie sich in einem sehr vor-
geschrittenen Stadium befttnd.
Der Thatsache, dass auf Röntgenbildern osteo-
malacischer Frakturen von Callusbildung nichts zu
entdecken ist, dürfte im Verein mit der ebenfalls
aus Skiagrammen ersichtlichen Entkalkung der
Knochen ein gewisser diagnosiiseher Werth zu-
kommen. P. W a g n e r (Leipzig).
297. Erneate Veranohe über den Binflnsa
des Sohilddrüseny^rlnstes nnd der Sohild-
drüaenfatterang auf die Heilang von Knoohen-
brüchen; von Dr. G. P. Bayon. (Verhandl. d.
physikal.-med. Gesellsch. zu WürzburgN. F. XXXV.
1903.)
Aus den Versuchen B.'s geht hervor: 1) dass
die HiyreoidekUnnie eine ganz erhebliche Verlang-
samung der Frakturheilung beim Kaninchen be-
dingt; 2) dass diese Verlangsamung sofort nach
Ausschaltung der Schilddrüse auftritt, lange bevor
das Vollbild der Kachexie sich entwickelt hat;
3) dass die Fütterung von thyreoidektomirten
Kaninchen mit Sohilddrüsenprftparaten in der von
B. angewandten Dosis und Qualität eine Beschleu-
nigung der Heilung gegenüber nicht gefütterten
thyreoidektomirten Thieren bewirkt, jedoch ohne
die Wirkung der Schilddrüse in der Frakturheilung
mehr als theilweise ersetzen zu künnen ; 4) dass
die Darreichung von Schilddrüsenpräparaten an
normalen Thieren die Frakturheilung deutlich he-
Bchleunigt ; 5) dass die complete Thyreoidektomie
(Mitentfernung der Gland. parathyreoideae) beim
Kaninchen kein tödtlicher Eingriff ist.
ZumSchluss gehtB. noch kurz auf die Wechsel-
wirkung zwischen Thyreoidea und Hypophysis ein.
P. Wagner (Leipzig).
298. Weitere Beiträge aur ehirnrgiaohen
Behandlang der Arthritis deformans» insbeson-
dere der kleineren Gtolenke; von Dr. J. Elter.
(Deutsche Ztschr. f. Chir. LXVI. 5 u. 6. p. 387.
1903.)
Für den chirurgischen Standpunkt ist es das
Zweckmässigste , wenn man, sich an die patho-
logisch-anatomischen Gelenkveränderungen haltend,
zur Arthritis deformana alle die Erkrankungen
rechnet, die die anatomischen Charakteristica auf-
weisen: Auffaserung, bez. Schwund des Gelenk-
knorpels, neben Knorpelwucherung, Ekchondrosen-
bildung an den Gelenkrändem, Knochenschwund
neben Knochenneubildung, Entstehung von Gan-
glien und Schliffflächen, Verbreiterung und Defor-
mirung der Gelenkenden, Bildung von Gelenk-
zotten, neben atrophischen oder hypertrophischen
Processen der Gelenkkapsel, Hydrops. Bei diesen
schweren Gelenkveränderungen ist eine Aussicht
auf Heilung bei jeder inneren Therapie ausge-
schlossen. Wir können uns höchstens von ihr
einen vorübergehenden etfmptomaiiechen Erfolg "vet-
sprechen, eine Besserung der oft recht erheblichen
Beschwerden, ümsomehr verdient die ehvrurgisehe
Behandlung der JrthriHe deformans Beachtung.
Die bis jetzt vorliegenden Erfahrungen beziehen
sich fast ausschliesslich auf die monoartikuläre
Form ; die Resultate sind im Allgemeinen als günstig
zu bezeichnen. E. stellt die bisherigen spärlichen
Mittheilungen aus der Literatur zusammen und
berichtet dann über eine Reihe von Fällen, in
denen W. Müller in der Rostocker Klinik die
operative Behandlung der Arthrüie deformans klei-
nerer Oelenke vorgenommen hat (Kiefergelenk;
Metacarpo-Carpalgelenk des Daumens; Metatarso-
phalangealgelenk der grossen Zehe ; Chopart'sches
Gelenk ; Talonavikulargelenk). Die Erfolge waren
im Allgemeinen recht befriedigend.
Ein wesentliches diagnostisches Hülfsmittel,
das wir auch für das operative Verfahren sehr gut
gebrauchen kOnnen, ist die Badiographie. Durch
sie erhalten wir oft einen näheren Aufschluss über
Sitz und Grad der Erkrankung und einen Finger-
zeig für die Art des eventuellen chirurgischen
Eingriffes.
Von neueren paUieUiven Behandlungemethoden
der deformirenden Arthritis sind unter umständen
zu empfehlen : Injektionen von Jodoformül in die
erkrankten Gelenke, Distraktion der Gelenkenden
und Aehnliches. P. Wagner (Leipzig).
299. Zar Qeaohiohte derGelenkneoroaen;
von Prof. F. König. (Deutsche Ztschr. f. Chir.
LXVn. p. 1. 1903.)
K. theilt 6 Fälle von Qetenknewrosen mit, in
denen erst die operative Eröffnung des Gelenkes
Klarheit verschaffte. 4 Fälle betrafen das Knie-,
1 das Ellenbogengelenk ; hier fand sich im Radio-
Humerusgelenk ein fast ganz gelöstes Knorpel-
Knochenkörperchen. Bei der Eröffnung des Knie-
gelenkes fand sich 3mal eine Verletzung der Band-
scheibe, Imal ein Fettgesch wülstchen.
Namentlich die Formen von neuralgieartigen
Gtelenkschmerzen , die durch Verletzungen am
Meniscus hervorgerufen werden, sind in früherer
Zeit oft als Gelenkneuralgie aufgefasst worden.
Will man die schweren Folgen der Verletzung ver-
meiden, so erreicht man das oft dadurch, dass man
die Verletzten 4 Wochen ruhig liegen lässt
P. W a g n e r (Leipzig).
300. üeber eine dnroh ein obronisoh wir-
kendes Trauma allmählioh entstehende Lnza-
tio Bterno-olaTiealaria ; von Dr. M. Katzen -
stein. (Arch. f. klin. Chir. LXIX. 4. p. 1049.
1903.)
Im Anschluss an eine ausführlich mitgetheilte
Krankenbeobachtung kommt K. zu folgenden Er»
YIIL Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
. 207
üssen : 1) Es giebt eine auf Omnd eines chro-
Disch wirkenden Trauma ailmfthlich entstehende
Luxation des siemaien Endes der Clavieula. 2) Sie
ist bisher im Ganzen 5mal, und zwar nur bei jugend-
lichen Individuen beschrieben worden, Imal nach
hinten, 4mal nach vorn und oben. 3) Primftre
Symptome im Qelenk sind entweder sehr gering
oder können ganz fehlen. Sekundäre Symptome
sind bedingt durch Druck der verlagerten Glavicula
auf benachbarte Organe: Oesophagus und Plexus
brachialis. 4) Die Diagnose ist zu stellen aus den
deutlich erkennbaren Conturen des sternalen Endes
der Clavicula, die aus der Oelenkverbindung mit
dem Stemum herausgetreten ist und aus ihrem
verftnderten Verlauf. 5) Aetiologisch kommt in
Betracht die grosse Inanspruchnahme der Gelenk-
kapsel des Sternoclaviculargelenkes (langer Hebel-
arm); wahrscheinlich die üeberschreitung der
Eiasticitätgrenze der Gelenkkapsel und ihre Er-
schlafifong (Verschiedenheit der Anordnung der
elastischen Fasern der Gelenkkapseln im jugend-
lichen und im höheren Alter). 6) Die Therapie ist
eine abwartende da, wo sekundäre Beschwerden
fehlen, und bezweckt beim Vorhandensein von
Folgeerscheinungen eine operative Ankylosirung
des Sternoclaviculargelenkes.
F. Wagner (Leipzig).
301. Zum Meohanismos der Lnzation im
nnteren Badionlnargelenk ; von Dr. E. W. Baum.
(Deutsche Ztschr. f. Chir. LXVH. p. 645. 1903.)
.Auf C^nd einer in der Helferich 'sehen
Klinik gemachten Beobachtung von Luxation im
tmierm Badwtdnargelenk und auf Grund der wenigen
in der Literatur niedergelegten Beobachtungen
dieser Verletzung kommt B. zu folgendem Ergeb-
nisse: „Als Ursache für die Luxation im unteren
Badioolnargetlenk muss an erster Stelle die direkte
Gewalt genannt werden. Die bisherige Annahme,
dass die volare Dislokation durch extreme Supi-
nation, die dorsale durch Pronation der Hand zu
Stande komme, lässt sich nach der experimentellen
NachprOfung nicht halten. Eine Drehung, die die
Hand angreift, kann, wenn sie überhaupt wirksam
ist, nur im umgekehrten Sinne wirken. Vielmehr
wild die indirekte Gewalt hauptsächlich dann in
Betracht kommen, wenn die luxirende Bewegung
▼om Vorderarm ausgeführt wird, während die
Band den festen Stützpunkt bildet, um den die
Drehung stattfindet Wenn es auch nicht gelungen,
experimentell auf diesem Wege die Verrenkung
hervorzurufen, so spricht doch. für diese Art der
Entstehung die, wenn auch geringe klinische Er-
fahrung.'
P. Wagner (Leipzig).
302. Der isolirte anbontane Bruch des Os
soaphoidenm der Handwunel, ein typischer
Brach; von Dr. Lilienfeld. (Arch. f. klin.
Chir. LXIX. 4. p. 1168. 1903.)
An den Handwurzelknochen kommen 2 Ver-
letzungen v(^, die man als typische bezeichnen
kann: Die Luxation diesOs lunatnm und äer Bruch
des Os scaphoideum, L. hat innerhalb 1*/, Jahren
unter 128 Knochenbrüchen 7 isolirte Frakturen
des Os scaphoideum beobachtet. In der Literatur
fand er 12 Fälle, die aber fast s&mmtlich nur
zufallig oder bei der Unfallbegutachtung entdeckt
worden sind.
Bei der Radialabduktion, d. h. derjenigen Stel-
lung, in der diese Brüche entstehen, liegt das Os
scaphoideum in der Vertiefung die durch die Qe-
lenkfläche des Radius gebildet wird, eingebettet
Dabei bohrt sich der Kopf des Os capitatum in die
stark ausgehöhlte QelenkflAche des Os scaphoideum.
Wirkt in dieser Lage des Knochens eine Oewalt
in der Bichtung der Achse des Vorderarmes und
kommt noch die Dorsalflexion hinzu, dann ist das
Os scaphoideum als Puffer zwischen Badius und
Carpus eingeschaltet und muss, wenn die Gewalt
gross genug ist, durch den Anprall gegen das Os
capitatum zerdrückt werden.
In ganz frischen Fällen ist es nicht leicht, ohne
BOntgenaufnahme eine sichere Diagnose zu stellen.
Meist finden sich eine geringe Badialabduktion der
Hand, umschriebener Druckschmerz in der Taba-
tidre und eine messbare Verbreiterung der Oelenk-
gegend. Funktionell bleibt eine gewisse Beschrän-
kung in der Dorsalflexion zurück. Therapeutisch
kommt es im Wesentlichen darauf an, möglichst
bald, etwa nachdem man 8 — 10 Tage die Hand in
Ulnarabduktion ruhig gestellt hat, mit einer mecha-
nischen Behandlung und Massage anzufangen.
P. Wagner (Leipzig).
303. üeber die Luxation des Os lunatum
carpi; von Dr. L. v. Lesser. (Deutsche Ztschr.
f. Chir. LXVn. p. 488. 1903.)
Auf Grund einer eigenen Beobachtung und der
in der Literatur niedergelegten Beobachtungen
kommt V. L. zu folgenden Ergebnissen: 1) Die
Luxaiio ossis lunati ist stets eine volare. Die als
dorsale Luxationen beschriebenen Fälle sind unzu-
verlässig. 2) Die Luxatio ossis lunati carpi ist
stets die Folge schwerer Qewalteinwirkungen auf
das Handgelenk; umsomehr, wenn bei solcher
Ueberstreckung nicht der Carpus selbst, sondern
der Metacarpus mit der Unterlage in Berührung
kommt, wenn also der Carpus bei der Ueberstreckung
nicht unterstützt wird. 3) Die Luxation des Os
lunatum kommt derart zu Stande, dass bei forcirter
Dorsalflexion im Handgelenk die volare Spitze des
halbmondförmigen Knochens durch die starken
Bandmassen des Lig. carpi volare radiatum fest-
gehalten wird, während die schmälere, dorsale
Halbmondspitze sich zunächst an den Kopf des
Os capitatum anstemmt: Stadium der Subluxation.
Weiterhin gleitet die genannte dorsale Halbmond-
spitze an derOelenkfläche des Kopfes vomOs capi-
tatum digitalwärts in den Spalt zwischen Os capi-
tatum und Os naviculare und gelangt so an die
Volarseite des Carpus : LuoMtio compleia ossis lunati.
208
Yni. Chirurgie, Augesk- und Ohrenheilkunde.
In einem S.Stadium kann eine weitere Verlagerung
des Oa lunatum derart erfolgen, dasa das Mondbein
mit seiner dorsalen Spitze gegen die Haut und mit
seiner oonoaven (capitalen) Gtelenkflfiche oubital-
wArts gerichtet erscheint 4) Die Mondbeinluxa-
tion ist eine echte Luacaium und entsteht genau so
auf dem Wege der Hebelwirkung, wie die anderen
Luxationen am menschlichen Skelet 5) Sie ist
die einzig mögliche echte Luxation im Bereiche des
Garpus. 6) In den als iotaie Luxationm im Hand-
gelenk (bez. der Hand) beschriebenen Fällen han-
delt es sich in Wirklichkeit nur um Abrutschungen
der proximalen Carpalreihe gegen die volare Seite
der carpalen Bpiphysen von Badius und Dlna, und
zwar, nachdem im Oefolge einer Luxation das Os
lunatum aus obiger proximaler Reihe ausgetreten ist
F. Wagner (Leipzig).
304. EzoBtosis boraata mit freien Knorpel-
körpern; von Dr. 0. Riethus. (Beitr. z. klin.
Chir. XXXVU. 3. p. 639. 1903.)
R hat in der Literatur im Ganzen 17 Fälle
von Exostosis bursata gefunden. Meist wurde diese
Qesch wulstform solitär beobachtet; der Sitz befand
sich meist in der Gegend der unteren Femur-
epiphyse. Seltener wurde die Exostosis bursata
am Trochanter minor und an der Spina ant inf.
oss. ilei beobachtet In Form und OrOsse zeigte
die Exostosis bursata dieselbe Mannigfaltigkeit,
Wie die gewöhnlichen cartUagin&ren Exostosen sie
darbieten. Der Inhalt der Bursa bestand vor-
wiegend aus einer klaren synoviaartigen FlQssig-
keit ; in seltenen Fällen wurden in ihr suspendirte
freie Körper in grosser Anzahl gefunden. Diesen
Beobachtungen reiht R eine weitere aus der Tren-
delenburg 'sehen Klinik an. Der 1 6jähr. Kranke
hatte am Gondyl. int tibiae eine Exostoeia bursata
mit freien Knarpelkörpem.
Dafür, dass in diesem Falle die Bursa eine
sekundäre Bildung war, die weder von der Gelenk-
kapsel des Sjiiegelenkes I noch von einer ver-
sprengten Gelenkanlage stammte, sprach ausser
dem pathologisch-anatomischen Befunde auch die
Anamnese des Kranken: Ein junger Mann, der
Träger multipler Exostosen ist, erleidet ein Trauma
gegen eine Stelle am Knie, wo er bisher nichts
Abnormes bei oberflächlicher Betrachtung bemerkt
hatte. Am nächsten Tage besteht an dieser Stelle
eine deutliche Schwellung, die unter Massage und
Einreibungen im Laufe von 2 Monaten die CMsse
einer Faust erreicht
Eine Erklärung dieser auffallenden Thatsache
ist nur möglich, wenn man Folgendes annimmt:
Durch das Trauma ist eine Fraktur der bereits be-
stehenden cartilaginären Exostose an dem Gondyl.
int tibiae entstanden. In Folge der fortgesetzten
mechanischen Insulte, wobei das peripherische
Fragment immer wieder verschoben wurde, kam es
nicht zur Consolidirung der Fragmente, sondern
zu einer Pseudarthrose. Zwischen beiden Frag-
menten trat keine solide bindegewebige Vereinigung
ein, sondern durch Wucherung des an den Bruch-
fläohen frei liegenden Knorpelgewebes entstanden
Ekohondrosen, die, mechanisch von ihrer Unterlage
losgerissen, sich zwischen die Fragmente und das
die Exostose einhüllende Gewebe drängten. So
entstand allmählich um die beiden Fragmente eine
Bindegewebekapsel, die in einer serösen Flüssig-
keit eine grössere Anzahl freier Knorpelkörper ent-
hielt Der Kranke wurde operativ geheilt.
Im Anschluss an diese Beobachtung berichtet
B. über einen weiteren Fall, in dem es ebenfalls
zur Bildung einer gelenkkapselartigen Verbindung
zwischen einer Exostose am Gondyl. int femor. und
einem Fragment derselben gekommen war.
P. Wagner (Leipzig).
305. Die Ooza Tara als Belastongadefor-
mitat; von Dr. V. Blum. (Arch. f. klin. Ghir.
LXIX. 4. p. 1065. 1903.)
B L beobachtete die Entvnckelung einer Ooxa
vara bei einem Kinde unter Einwirkung der Rumpf-
last während der Heilung einer tuberkulösen ESnt-
zündung des Hüftgelenkes der anderen Seite. Er
fand an vielen Skeleten, bei denen aus verschie-
denen Gründen Atrophien eines Beines bestanden,
eine mehr oder minder starke Coxa vara der
anderen Seite. Da in den meisten dieser Fälle
keine Zeichen einer überstandenen Knochenerkran-
kung an dem deformirten Femur sich vorfanden,
muss die Entstehung der Verkrümmung einzig und
allein auf die Einwirkung der Ceberlastung zurück-
geführt werden. Die Einwirkung der Rumpflast
als schädigendes Moment lässt sich für alle For-
men der Goxa vara nachweisen und es spielen die
von den Autoren als Ursachen der Goxa vara an-
genommenen Erkrankungen nur eine untergeordnete
begünstigende Bolle. Die Cooca vara ist somü eine
statische Knochenverkrümmung und je nach den
begünstigenden Momenten lässt sich diese ELrkran-
kuDg in folgendes Schema eintheilen: Oooca vara
sicUica adokseentium in Folge von Rhachitis, seniler
Osteoporose, Ostitis fibrosa, Osteomalaoie, Tuber-
kulose, Arthritis deformans, Osteomyelitis, Trau-
men, einseitiger Ueberlastung des einen Schenkel-
halses. P. Wagner (Leipzig).
306. Beitrag sa der Frage der Spiralfrak-
turen des Unterschenkels nebst Besohreibnng
einer typischen Form des Spiralbraches beider
Enoohen; von Dr. G. Lauen stein. (Deutsche
Ztschr. f. Chir. LXVH. p. 465. 1903.)
Seitdem wir in der Diagnose der Knochen-
brUche mit Hülfe der Röntgenstrahlen grossere
Fortschritte gemacht haben, sind die Spiral frak-
turen entschieden häufiger geworden. L. hat in
den letzten Jahren unter 369 Frakturen der grossen
Röhrenknochen 32 Spiralfrakturen beobachtet. Sehr
wahrscheinlich ist ein grosser Th^ der Spiral-
frakturen des Schienbeines früher als „Flöten-
schnabelfrakturen** angesehen worden.
vm. Chinu^e, Augen- und Ohrenheillnmda
200
FQr die Diagnose der Spindfrakiurm des Unter-
Schenkels giebt L. folgende Anhaltepunkte : 1) Eine
indirekte torquirende Gewalt, sei es nun Tom
fasse aus, was allein offenbar nur selten vor-
kommt, sei es in oombinirter Weise durch „Dreh-
sohwong'' des Rumpfes bei gleichzeitiger Hem-
mung des Fusses durch das Qegenstemmen gegen
den Boden, bez. durch Gleiten über den Fuss-
boden, eine Treppe hinab u. s. w. Gelegent-
lich scheint auch noch eine Rumpfbelastung in
Frage zu kommen. 2) Die Bevorzugung des männ-
lichen Geschlechtes. 3) Die Berücksichtigung der
Trunkenheit, die offenbar eine gewisse prädisponi-
rende Bolle spielt 4) Die Aussenrotation des
Fasses, die geradezu als pathognomonisch für die
Verletzung betrachtet werden kann. 5) Das Fehlen
der Dislocatio ad axin, bei eventuell vorhandenen
geringen Graden von Dislocatio ad latus und ad
longitudinem. 6) Die charakteristische Entfernung
der Frakturstellen der Tibia und Fibula von ein-
ander. Wo der Druckschmerz oben an der Fibula
fehlt, wird man an eine isolirte Spiralfraktur den-
ken, namentlich wenn es sich um ein jugendliches
Individuum handelt. P. W a g n e r (Leipzig).
307. Zar Behandlnng des Eniesoheiben-
bruohes; von Dr. H. Bär loch er. (Corr.-BI. f.
Schweizer Aerzte XXXIU. 4. 1903.)
B. berichtet über 28 Knieseheibenbruehe , die
von F eurer mittels einer modifMrien Form der
offenen PtUeUamaht behandelt wurden : Eröffnung
des Qelenkes durch einen L&ngssohnitt, parostale
Seidennaht der Kniescheibe, Eapselnaht, trockene
Behandlung des eröffneten Oelenkes; vollkom-
mener Schluss der Wunde ; nach durchschnittlich
4 Wochen aktive Bewegungen, Massage, Faradisation.
Von den 28 Operirten starb einer am 5. Tage
nach der Operation an Delirium und Pneumonie ;
die flbrigen genasen, und zwar machten 20 Kranke
einen durchaus normalen und durch nichts ge-
störten Heilungsverlauf durch. Von 24 nach-
ontersnchten Kranken ist bei 20 das funktionelle
Besultat ein vollkommenes. Ebenso war bei
20 Kranken die Fraktur knöchern verheilt ohne
jede seitliche Yerschieblichkeit der Fragmente
unter sich.
Die paroBtale Naht hat vor der gewöhnlichen
Knochennaht den Vorzug leichterer und schnellerer
AosfÜhrbarkeit. P. W a g n e r (Leipzig).
308. Beitrage sar operativen Badikal-
behandlnng der Eniegelenkstuberkaloae mit
besonderer Berüokaiohtigimg der Anwendung
der Jodoformplombe nach t. Mosetig ; von Dr.
N. Damianos. (Deutsche Ztschr. f. Chir. LXVUL
1 0. 2. p. 50. 1903.)
Die Arbeit gründet sich auf 4 synoviale Arthr-
ektomien und 83 Resektionen des Kniegelenkes,
die 1896 bis Ende 1902 in der v. Mosetig-
Moorhof 'sehen Abtheilnng vorgenommen worden
sind.
Med. Jahrbb. Bd. 279. Hft 2.
Die V. Hoset ig 'sehe Indikationstellung zur
nicht operativen Therapie ist die folgende: Bxspek-
tativ, d. h. mit fixirenden Verbänden, eventuell
Bettruhe werden nur jene Kranken behandelt, bei
denen noch keine manifeste Tuberkulose des Knie-
gelenkes nachweisbar ist, bei denen somit chro-
nischer Rheumatismus, deformirende Arthritis, sub-
akute oder chronische gonorrhoische oder trauma-
tische Oonitis noch nicht sicher auszuschlieesen
sind, bei denen sich aber die Massagebehandlung
eben wegen des Verdachtes auf Tuberkulose ver-
bietet.
Bei manifester Tuberkulose wird die nicht ope-
rative Behandlung (Fixation, Injektion von Jodo-
formglycerin) nur dann angewendet, wenn die
radikale Operation von dem Kranken nicht zu-
gegeben wird.
"^ne Äusheüung wurde nur bei etwa ^/io — Vio
der conservativ behandelten, meist leicht Kranken
beobachtet Die Behandlung nimmt einen langen
Zeitraum (von 6 Monaten bis zu mehreren Jahren)
in Anspruch.
Für alle sekwereren Fälle von Tuberkulose des
Kniegelenkes (ob es sich nun um Erwachsene oder
um Kinder handelt) ist die Badikaloperalion das
sofort einzuschlagende Normalverfahren. Durch
sie wird in den meisten Fällen, selbst bei
schwerster Erkrankung, der Lokalprocess im Ver-
laufe weniger Wochen zur Heilung gebracht, das
Bein wird wieder vollkommen funktiontüchtig,
wenn auch im Kniegelenke steif, und wenn auch
bei vorgenommener Resektion derQelenkenden um
ein Geringes verkürzt Die Badikalqperation be-
steht entweder in der Arthrectomia synovialis oder
in der Arthrectomia synovialis ei ossalis (ResectioJ.
Bei Kranken jenseits der 40er Jahre ist die Ampth
tcUion vorzuziehen. Bei der Resektion lässt sich
eine erhebliche Verkürzung des Beines durch Scho-
nung des Epiphysenknorpels sicher vermeiden.
Bei den operirten Kindern wurden gelegentlich der
Nachuntersuchungen keine stärkeren Verkürzungen
wahrgenommen; sie betrugen gewöhnlich 2 — 4,
in seltenen Fällen 5 cm.
Weitere Vorbedingungen zur Vornahme radi-
kaler Operationen sind, dass der lokale Process
eine gewisse räumliche Ausdehnung nicht über-
schritten hat und dass der Allgemeinzustand des
Kranken günstig ist
Bei der Resektion werden etwaige Knochen-
herde mit dem Hohlmeissel ausgestemmt und mit
der V. Mosetig'schen, rasch erstarrenden Kno-
chenplombe ausgefüllt (Jodoform. 60.0, Cetae40.0,
Sesamül 40.0).
Die von D. ausführlich mitgetheilten Resultate
sind sehr günstig. P. Wagner (Leipzig).
309. Ueber VerkrAmmongen des Beines
naoh Eniegelenksresektion im Kindeaalter;
von Prof. Hofmeister. (Beitr. z. klin. Chir.
XXXVII. 1 u. 2. p. 175. 1903.)
27
210
vm. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
Die Resultate der Kniegelenkresekiian wegen
Tuberkulose genügen beim EJnvaehseiten heut-
zutage den höchsten Ansprüohen. Unter einer
verschwindend geringen unmittelbaren Operation-
gefahr sichern wir dem Kranken mit einem hohen
Grade von Wahrscheinlichkeit die Dauerheilung
und erkaufen diese mit dem funktionellen Nach-
theile einer geringen Verkürzung des Beines und
einer festen Ankylose in guter Stellung, einem Zu-
stande, der die Arbeitf&higkeit meist auffallend
wenig beeinträchtigt
Viel weniger erfreulich ist das Bild, das die
Controle der Dauererfolge nach der Kniegdenk-
reseJUion im KindesaÜer liefert: Die Waehathum"
verhürxung und die Verkrümmung des Beines trü-
ben hier die funktionelle Prognose in hohem Grade.
Die Genese der Wachsthumverkürzung ist hinrei-
chend klargelegt; keine Einigkeit dagegen herrscht
in der Beurtheilung der Flexionoonirakiuren,
Auf Grund des Materiales der v. B r u n s 'sehen
Klinik zieht H. den Schluss, dass sekundäre Flexion-
contrakturen nach Kniegelenkresektion (wenigstens
bei der in der v. Br uns 'sehen Klinik und wohl
auch in den meisten deutschen Kliniken üblichen
langdauernden Nachbehandlung mit fizirenden Ver-
bänden) bei Kranken, die zur Zeit der Operation
das 14. Lebensjahr überschritten haben, nicht mehr
vorkommen; dagegen stellen sie im Kindesalter
einen praktisch bedeutungsvollen Folgezustand der
Resektion und Arthrektomie dar, dessen Eintritt
mit um so grösserer Sicherheit zu erwarten ist, je
jünger das Kind zur Zeit der Operation war.
Anatomisch müssen zwei Formen der Verkrüm-
mungen scharf von einander getrennt werden:
1) unnklige Knickungen an der Stelle der früheren
QeknkspaUe, 2) bogenförmige Krümmungen des
unteren Femurendes.
Zwei Bedingungen müssen erfüllt sein, um
das Zustandekommen der Krümmung eines OUedes
XU ermögliehen: das Glied muss an der Stelle, wo
die Biegung eintreten soU, nachgiebig sein und
dann müssen bestimmte Gewalten zur Wirkung
gelangen, die das Glied über seine Biegungsfestig-
keit hinaus in Anspruch nehmen. Die Ursache
der Verkrümmungen sieht H. in einer physio-
logischen Schwäche des Knochens und in der Ein-
wirkung der Körperlast, speciell dem Zuge der
Beugemuskulatur.
Ther(^mUiseh wurde bei schweren Flexion-
ankylosen bisher stets die Keilosteoiomie an der
alten Besektionsteüe ausgeführt Auf Grund seiner
Erfahrungen mOchte aber H. für die Operation am
Knochen das allgemeine Frincip aufsteUen, dass
wir im Einzelfalle zunächst durch Skiagramm und
Messung des Epiphysen-Richtungswinkels bestim-
men, welche der beiden Contrakturformen vorliegt,
bez. wie sich die Krümmung auf die beiden
typischen Stellen vertheilt und je nach dem Er-
gebnisse an der Stelle der stärkeren Krümmung
oder nOthigenMls auch an beiden Stellen die Tren-
nung des Knochens ausführen.
In den Fällen, in denen die Flexion noch in
der Hauptsache auf die Epiphysengegend lokalisirt
ist und noch eine knorplige Epiphysenfuge be-
steht, kann man versuchen,' eine traumatische Epi-
physenlösung herbeizuführen. Prophylaktisch em-
pfiehlt H. die Ausschaltung der Beugemuskeln, d. h.
die Verlagerung ihrer Ansätze am Oberschenkel
im unmittelbaren Anschlüsse an die Kniegelenk-
resektion speciell bei Kindern vor dem 8. Lebens-
jahre. P. W a g n e r (Leipzig).
310. Zar Technik der Nearthroaenbildang
bei ankylosirten Gelenken; von Dr. Dom.
Pupovac. (Wien. kUn. Wchnschr.XV.34. 1902.)
P. ist es gelungen, bei einem in stumpfwinkeliger
Stellung durch gonorrhoische Arthritis ankylosirten
Ellenbogengelenk durch blutige Lösimg der Verwach-
sungen, Interposition von 2 mm dicken Magnaliumblech-
blättchen, die an Trochlea, Eminentia capitata und Fossa
semilunaris ulnae durch Catgutnähte fixirt wurden, die
knöcherne Wiedervereinigung der getrennten Gelenk-
theile zu verhüten und eine aktive Beweghchkeit von
79>-100<^ zu erzielen. Durch Röntgen-Photographie konnte
nach 8 Monaten an Stelle der eingepflanzten, nun resor-
birten Magnahumplättohen ein ungefähr 2 mm breiter Oe-
lenkspait festgestellt werden. P. ist der Ansicht, dass
das Resultat durch sytematischere Nachbehandlung, der
sich die Pat. entzog, sowie vielleicht durch Verbesserung
der Technik in Form ausgedehnterer Eapselexcision
u. s. w. sich hätte verbessern lassen.
F. Krumm (Karlsruhe).
311. Bisherige Erfahrungen über Traohom-
behandlnng mitOuprooitrolt aebtt einigen Be-
merkungen über Itrol Oredö; von Dr. v. Arlt
(Wien. klin. Wchnschr. XV. 18. 1902.)
Die kurze Mittheilang enth< eine berichtigende
Ergänzung zu v. A.'s erster Veröffentlichung ^Ueber
die Anwendung von Cupr. citr. bei Trachom" im
Centr.-Bl. f. prakt. Augenhkde. M&rz 1902. £r
verwendet das Cuprocitrol nicht mehr in Salben-
form, sondern in 5proc., und wenn es gut ver-
tragen wird, in lOproc. Lösung 3mal täglich. Es
wird möglichst nahe der Uebergangsfalte auf die
Conjunctiva gebracht und durch Massage fiberall
hin vertheilt. In den wenigen (ö^/^) Fällen, in
denen Cuprocitrol nicht vertragen wurde, wirkte
ausgezeichnet Itrol Cred6 pro oculis (aus der Fabrik
von Heyden), das wie Calomel mit dem Pinsel dflnn
auf die umgestülpten Lider aufgestreut wird. Das
Itrol bewährte sich ausserdem bei Blennorrhoea
neonatorum, die mit Geschwfiren complicirt war,
und bei anderen Conjunctivitiden mit starker
Sekretion. Es ist aber sehr empfindlich gegen
Licht und den geringen Acetylengehalt der Luft
(in Bäumen mit Gasbeleuchtung).
Bergemann (Husum).
312. Zwei Fälle von ToUatändiger Begene-
ration der Hornhaut naoh TollBtindiger Zer-
etörung derselben duroh ooiiJunotiTale Eite-
rung; von Dr. N. D. Staicovici. (Revista de
Chir. VIL 1. p. 20. 1903.)
VIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
211
Es ist bekannt, dass nach tiefen Eiterungen der
Hornhaut, diese nie ihre Durchsichtigkeit wieder
erlangt, sondern an Stelle des Geschwüres ein
weisser, undurchsichtiger Fleck surückbleibt. So
lange aber die Membrana Descemeti intakt ist,
kann eine vollständige Restitutio ad integrum statt-
finden und kommt, wenn auch nur in sehr seltenen
Fftllen, zur Beobachtung. So hat St einen Fat
mit eiteriger Ophthalmie und eiteriger Ulceration
der ganzen Hornhaut in Behandlung gehabt, bei
dem zuerst Yaskularisirung und dann voUstAndige
Aufhellung der ganzen Cornea beobachtet wurde.
Einen ähnlichen Fall bot ein Stägiges Kind, bei
dem in Folge von blennorrhagischer Ophthalmie
eine doppelseitige Infiltration und später eine
eiterige Exfoliation der ganzen Hornhautfläche zu
beobachten war. Auch hier war nach 2 Monaten
Tollständige Aufhellung der Hornhaut beiderseits
zu verzeichnen, nachdem vorher eine reichliche
perikeratitische Yaskularisirung aufgetreten war, die
sich bis über die Cornea erstreckte. Die Behand-
lung bestand in reichlichen Waschungen mit
Sublimat 1:3000 und in Kauterisationen mitSolut
argenti nitrici 2®/o und später 3^/o; ausserdem
Jodoformsalbe, Atropin und Occlusivverband.
E. Toff (BraUa).
313. lieber BIngsbsoeas der Hornhaut ; von
Prof. Fuchs. (Arch. f. Ophthalmol. LVL 1. p. 1.
1903.)
Im Zusammenhange mit 9 eigenen klinisch und
anatomisch genauer beschriebenen Beobachtungen
behandelt F. das Wesen und die Ursache der nicht
allzu häufigen Homhauterkrankung. Der Ring-
abaoess der Hornhaut ist nach F. eine „sehr rasch
auftretende Infiltration, welche entlang dem Rande
der Hornhaut in Ringform entsteht und gewöhn-
lich binnen wenigen Tagen zur Vereiterung der
Hornhaut und Panophthalmitis führt" Der In-
filtrationring wird durch Eiterzellen gebildet, die
in einer oberflächlichen und tiefen Schicht der
Hornhaut gelegen sind ; die von diesem Ringe ein-
geschlossenen hinteren Hornhautschichten sind
nekrotisch. Die Erkrankung * kommt zu Stande
durdi Einwanderung ganz verschiedenartiger Bak-
terien in das Augeninnere bei Gelegenheit von
Perforationen der Bulbuswand, vorzugsweise der
Hornhaut. Alle therapeutischen Versuche sind
bisher fast immer ohne Erfolg geblieben. Die In-
fektion setzt sich auf die tiefen Theile des Auges
fort, unter dem Bilde der Panophthalmitis. Die
klinischen und anatomischen Veränderungen unter-
scheiden sich in jeder Weise streng vom Ulcus
serpens, mit dem der Ringabscess der Hornhaut
nur die Bösartigkeit der bakteriellen Einwirkung
gemein hat Bergemann (Husum).
314. Primäres Sarkom der Iris; von Dr.
Casey A. Wood u. Dr. Brown Pusey. (Arch.
f. Augenhkde. XLVIL 2 u. 3. p. 97. 1903.)
Hauptbeweggrund für diese Arbeit war das
Bestreben der Vff. Klarheit zu bringen in die
Frage, ob bei primärem Irissarkom mit der Irid-
ektomie auszukommen sei oder ob zur grösseren
Sicherheit quoad vitam sofort enucleirt werden soll.
Sie legten deshalb den Fachgenossen einen Frage-
bogen vor, dessen Inhalt sie mit ihren eigenen Be-
obachtungen zusammenstellten. Der Ueberblick
erstreckt sich über 64 früher veröffentlichte und
,23 neue Fälle. An diesem grossen Materiale wer-
den erörtert : die pathologische Anatomie des Iris-
sarkoms, sein Vorkommen, die relative Häufigkeit,
Alter und Qeschlecht, Bevorzugung eines Auges,
primärer Sitz, Aetiologie, Verlauf, Differential-
diagnose von Melanoms, Qummi, Tuberkel, Pro-
gnose und Behandlung. Die Ergebnisse der Be-
obachtungen in den vorliegenden Fällen lassen
keinen Zweifel darüber walten, dass, sobald die
Diagnose von Irissarkom feststeht, enucleirt werden
muss. Bergemann (Husum).
315. Oatniatiaohe Beiträge larlriaatrophie ;
von Dr. Franck. (Arch. f. Augenhkde. XLVIL
2 u. 3. p. 198. 1903.)
Fr. theilt 7 klinische Beobachtungen mit und
geht auf die Entstehung und Weiterentwickelung
erworbener Irisatrophie näher ein. Die 3 ersten
Fälle entstanden im Anschlüsse an schwere Irido-
cyklitis, die zu ausgedehnten Verwachsungen der
Iris mit der Linse geführt hatte; in 3 weiteren
Fällen war ein eingeheilter Irisprolaps die Ursache
der Atrophie, ohne dass schwere entzündliche Ver-
änderungen stattgefunden hatten. Je nach der Zeit-
dauer der bestehenden Verwachsung und nach der
Stärke des auf die festgeklebte Iris wirkenden
Zuges beim Pupillenspiele war die Atrophie vor-
geschritten. Es entsprach z. B. die Richtung der
neugebildeten Irislücken der Wirkungslinie des
stärksten Zuges. Von besonderem Werthe dürfte
die Feststellung sein, dass nach dem umfange der
hinteren Synechien die Iris in ihrer ganzen Dicke
gleichmässig atrophirte ; dagegen war die Atrophie
bei vorderer Synechie mehr auf die Umgebung der
Verwachsungstelle beschränkt und das Pigment-
blatt der Iris weniger angegriffen. Im 7. Falle
handelte es sich um (wahrscheinlich angeborene)
Lückenbildung der Iris, die bei dem einen Auge
die Gestalt einer Nebenpupille hatte.
Bergemann (Husum).
316. Ueber syphilitisohe Entaündimg der
äusseren Augenmuskeln und des Hersens ; von
Prof. Busse u. Dr. Hochheim. (Arch. f. Oph-
thalmol LV. 2. p. 222. 1903.)
Die 37jähr. Fat. erkrankte angeblich nach Erkäl-
tungen an Oedemen der Beine und des Gesichts, beson-
ders der AugenUder. Dazu gesellten sich ausgiebige
Lähmungen der äusseren Augenmuskeln und des Levator
palpebrae super, sin., Kopfschmerzen, Herabsetzung der
Sehschärfe durch Papillitis und Protrusio bulbi rechts ;
zuletzt während der antiluetisohen Behandlung noch
Ptosis rechts. 3 Wochen nach der Aufnahme bekam Fat.
212
VIIL Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
einen taohykardischen Anfall, der nach 8 Tagen aufhörte,
und nach 4 Wochen mit tödtliohem Ausgange wieder-
kehrte.
Die Ursache dieser Vorgänge liess sich klinisch nicht
sicher feststellen ; am wahrscheinUohsten blieb Syphilis.
Erst die anatomische Untersuchung brachte Klarheit.
Herz- und Augenmuskeln zeigten das m dieser Muskulatur
äusserst seltene Bild der Myositis und Myocarditis gum-
mosa. Tuberkulose war nicht anzunehmen wegen 1) des
Fehlens wirklicher Tuberkel, 2) des Mangels jeglicher
Yerkäsung, 3) des negativen Ausfalles der BaoiUenfl^bung.
Für Lues sprach eine eigenartige Mischung von narbigen
Strängen mit frischen Wucherungen, sowie die überall
verbreitete Fettmetamorphose in den Entzündungsherden.
Auffallend war da8>yorhanden8ein you zahlreichen Bieseu-
zellen in den syphilitischen Entzündunssherden , sowie
die Mitbetheiligung der quergestreiften Muskelfiisern an
der Entzündung. Bergemann (Husum).
317. Pathologiaoh - anatomlaohe Unter-
Baohnngen über das Verhalten der Ciliamer-
ven, sowie über amyloide and hyaline Degene-
ration bei Fhthiaia bnlbi; von Dr. Naito in
Tokio (Japan). (Arch. f. OphthalmoL Uli. 1. p. 162.
1901.)
N. hat in der Rostocker üniversit&t- Augen-
klinik mehrere phthisische Bulbi untersucht und
gefunden, dass in ihnen, wohl in Folge von trauma-
tischer Einwirkung, wahrscheinlich eine Neubil-
dung von Nerven stattgefunden hat Der Nerven-
reichthum war auch unter Berücksichtigung des
verkleinerten Raumes auffallend gross. Mit Sicher-
heit konnte N. eine Proliferation von markhaltigen
Fasern in der Hornhaut feststellen. Dieser Nerven-
reichthum phthisischer Bulbi ist in klinischer Hin-
sicht zu berücksichtigen bei den bekanntlich oft
auftretenden Schmerzen in alten Stümpfen.
In einem phthisischen Angapfel, und zwar in
der Netzhaut fand N. ausgebreitete amyloide Degene-
ration; dabei waren die obliterirten Oefftsse der
Netzhaut auf weite Strecken in amyloide, verzweigte
Cylinder verwandelt. In den grosseren Amyloid-
körperchen war eine kemähnliche Substanz; in
ihrer Umgebung sah man gleichmftssig homogene,
mit Hämatoxylin sich blanfftrbende, aber auf Jod
nicht reagirende Pünktchen und helle ECigelchen,
die wahrscheinlich eine Vorstufe des Amyloid
und eine Art Hyalin bildeten.
L a m h o f e r (Leipzig).
318. üeber den Zusammenhang gewisser
Formen der retrobulbären Neuritis mit Erkran-
kungen des QefftsBsystema; von Dr. Schick.
(Arch. f. OphthalmoL LVI. 1. p. 116. 1903.) *
Zur Ergänzung seiner frOheren Mittheilung
über die anatomische Untersuchung in einem Falle
von Intoxikationamblyopie (vgl. Arch. f. Ophthal-
moL LIV. 1902) berichtet Seh. über drei weitere
klinische Beobachtungen, und zwar eine retrobul-
bäre chronische Neuritis optici auf luetischer Basis,
eine einseitige Neuritis retrobulbaris bei Myo-
karditis und eine einseitige retrobulbäre Neuritis
mit plötzlich auftretender partieller Thrombose der
Centralvene. In allen 3 Fällen waren die charak-
teristischen Symptome der Intoxikationamblyopie
ausgesprochen vorhanden. In einer eingehenden
Besprechung der interessanten Einzelheiten dieser
3 Beobachtungen versucht Seh. nachzuweisen,
„dass seltene, der Intoxikationsamblyopie glei-
chende Fälle von Sehnervenerkrankungen that-
säohlich vorkommen, bei denen ein Zusammen-
hang mit Veränderungen des Oefässsystems im
hMisten Grade wahrscheinlich ist, ohne dass eine
Vergiftung mit Alkohol oder Nicotin zu Grunde
liegt"
Ebenso führt Seh. das centrale Skotom bei
Amblyopie durch Diabetes, allgemeine Erschöpfung
(z. B. Stillender) und Bleivergiftung nicht auf eine
rein toxische Schädigung der Nervenfasern zurQck,
sondern im Wesentlichen auf eine Veränderung,
bez. herabgesetzte Leistungsfähigkeit der Gefässe
des papillomakulären Bündels. Diese Auffassung
sohliesst auch eine genügende Erklärung der son-
stigen funktionellen und anatomischen Verände-
rungen nicht aus, die bei diesen Erkrankungen
beobachtet werden. Bergemann (Husum).
319. Zur Diagnose und Behandlang retro-
bolbärer Erkrankungen; von Dr. Franke in
Hamburg. (Arch. f. Augenhkde. XLIIL 1. p. 60.
1903.)
Im Zusammenhange mit interessanten eigenen
Beobachtungen erörtert F. Diagnose und Behand-
lung retrobulbärer Erkrankungen, besonders durch
Neubildungen und Fremdkörper. Die Abhandlung
ist reich an werthvollen Einzelheiten Ober die
Operationtechnik und klinische Beobachtung, die
ein kurzer Auszug leider nicht erschöpfend wieder-
zugeben vermag. Bergemann (Husum).
320. Experimentelles über die endogene
Infektion des Auges ; von Dr. Selenkowsky
und Dr. Woizechowsky. (Arch. f. Augenhkde.
XLVn. 2 u. 3. p. 299. 1903.)
S. u. W. prüften bei Kaninchen und Katzen
klinisch, bakteriologisch und anatomisch das Ver-
halten des Auges, besonders auch des hinteren
Bulbusabschnittes, zu Infektionkeimen, mit denen
sie eine Allgemeininfektion hervorgerufen hatten.
Aus den lehrreichen üntersuchungsergebnissen,
die auch für die praktische Augenheilkunde von
Bedeutung sind, mag Folgendes hervorgehoben
werden: Bei der experimentellen endogenen In-
fektion des Auges zeigen die hinteren Theile des
Augapfels günstigere Bedingungen für die Weiter-
entwickelung der aus der Blutbahn eingewander-
ten Bakterien als die vorderen ; für die üeberwan-
derung der Keime aus den Oefässen in den Glas-
körper ist jedoch eine schwerere Allgemeininfektion
nöthig, als für ihren Eintritt in das Kammerwasser.
Der Austritt von Bakterien aus der Blutbahn in
Glaskörper oder Kammerwasser kann stattfinden,
ohne dass irgend ein entzündlicher oder embo-
lischer, bez. thrombotischer Process im Auge vor-
Weininger, Geschlecht und Charakter.
213
handen ist. Im AUgemeioen wird die endogene
Infektion begflnstigt werden durch st&rkere Viru-
lenz der Bakterien oder ReizzustAnde des Auges.
In der Mehrzahl der Fälle von üeberwanderung
der Bakterien aus der Blutbahn in das Auge kommt
es nicht zu entzündlichen Erscheinungen; trotz-
dem ist aber auch dann regelmässig eine Phago-
cytose nachweisbar, die auf Schwächung und Ver-
nichtung der Infektionkeime gerichtet ist
Bergemann (Husum).
C. BOcheranzeigen.
29. Gesohlecht and Charakter; von Dr. Otto
Weininger. Wien u. Leipzig 1903. W.Brau-
mflUer. Gr. 8. XXUI u. 599 S. (8 Mk.)
Es ist schwer, gerecht über W.'s Buch zu
sprechen. Die Meisten werden es mit Widerwillen
aus der Hand legen, und man kann ihnen nicht
unrecht geben. Jedoch hat es viele Vorzüge.
Wenn auch der Vf. in sich das nicht überwunden
hat, was er überwinden möchte, wenn es ihm hier
an Sophrosyne, dort an positiven Eenntnissen oder
wenigstens an Einsicht in die Schwierigkeit der
Sache fehlt, so finden wir doch in ihm einen hoch-
begabten Mann, der sehr viel gelesen hat, scharf zu
denken sucht und, obwohl er sehr jung sein muss,
mancherlei Erfahrungen gesammelt hat. Wenn
ihn auch seine Leidenschaft für das Spielen mit
Begriffen vor keiner Verschrobenheit zurückscheuen
lässt und schliesslich zu Verkehrtheiten aller Art
fthrt, so bleibt es doch erfreulich, dass er energisch
auf eine denkende ZusammenftuBSung hindrängt
Nun kommt aber die ungünstige Seite. Die
meisten Qedanken über die Eigenart der Oe-
schlechtOT, die der Vf. vorbringt, stehen schon in
den Schriften des Bef., ja auch der Titel ist einer
Titelreihe des Bßf. nachgeahmt Der Unterschied
iBt erstens der, dass der Bef. seine Sachen in an-
Bpnichsloeer Form, oft wie gesprächsweise mit-
getheilt hat, während der Vf. immer im hohen
Ch<»e redet und den Dingen ein philosophisches
Ittntelchen umhängt, und zum anderen der, dass
der VI die Gedanken übertreibt und verzerrt theo-
rstischen Spekulationen zu Liebe. Das alles wäre
nicht schlimm. Man kann von einem jungen
Manne nicht lauter eigene Gedanken verlangen,
und wenn er die Gedanken systematisch vorträgt,
so ist es auch ein Verdienst Wenn aber ein
Schriftsteller, nur um nicht als Plagiarius zu er-
scheinen, seinen Vorgänger verunglimpft, so hört
der Spass anf und das Strafbare beginnt Der Vf.
verwahrt sich auf S.344 gegen die Verwechselung
sdnes „Standpunktes^ mit den „hausbackenen*'
Ansichten von P. J. Mübius. Er steigert die
Arroganz dadurch, dass er erklärt, die Behauptung
des BBf., die talentirten Weiber seien Zeichen der
Entartung, wäre irrig, die sexuellen Zwischen-
fonnen wären durchaus eine normale Erscheinung.
Also der Mann im Philosophenmantel will bestim-
men, was normal und was pathologisch sei !
Der Vf. nennt seine Arbeit „eine principielle
üntersuchung^S er sollte sagen, eine, die alles auf
die Spitze treibt Wer sich von der Erfahrung
überwachen lässt, der weiss, dass je mehr wir in's
Weite und in's Tiefe kommen, alles um so düsterer
und unsicherer wird. Wer aber alles aus der Idee
deducirt, der hat leichtes Spiel, wenn er Con-
sequenzen macht und da hinaus läuft, wo die Er-
fahrung im Stiche lässt Jener kann, da wir über
das Letzte doch nichts Sicheres wissen, milde
sein ; dieser kennt keine Schonung, er weiss alles
und richtet wie ein Gott
Das Princip des Vfs. ist, dass der absolute
Mann (M) dem absoluten Weibe (W) gegenüber
stehe, dass aber die wirklichen Menschen M mit
wechselnder Beimischung von W, oder W mit
etwas M seien. Dadurch erleichtert er sich die
Sache sehr, denn, wenn etwas mit der Erfahrung
nicht stimmt, so kann er sagen, ja das liegt an der
Beimischung von M oder W. Das Ergebniss ist,
dass W keine Seele hat, dass es ihm an Charakter,
Gedächtniss, Denken, Phantasie, Genie, Ethik ganz
fehlt, dass sein ganzes Wesen Sexualität und sein
eigentliches Thun Kuppeln ist Ein Ich im eigent-
lichen Sinne des Wortes, Genialität, Logik, Ethik,
Aesthetik, das Alles kommt nur M zu. Eine ganz
eigenthümliohe Färbung bekommt die Sache durch
Hereinziehung der „Ethik'^ Eant's. Sittlich ist
nur ein Handeln aus Maximen, also ist die Mutter-
liebe nicht sittlich u. s. f. Der Eantianismus lässt
den Vf. auch mit einer Absurdität enden. Weil
im Coitus der Mensch nicht als Zweck, sondern
nur als Mittel betrachtet wird, ist vollkommene
Enthaltsamkeit allein sittlich, und dem Weibe ist
nur dadurch zu helfen, dass es nicht mehr als
Weib angesehen wird.
Das Buch W.'s ist deshalb so dick geworden,
weil der Vf. seine Gedanken überhaupt hat los-
werden wollen. Wir bekommen lange Vorträge
über Genialität, Logik u. s. w. zu hören, manches
Gute (z.B. über die Erbärmlichkeit mancher moder-
nen Psychologie), viele Schroffheiten. Vielleicht
wird dem Vf. noch einmal bei seiner Gottähnlich«
keit bange. Möbius,
214
Hellpach, Nervosität und Cultur.
30. Nerrosität and Ooltnr; von Dr. W.
Hellpaoh. Y. Band der von Leo Berg
herausgegebenen „Culturprobleme der Oegen-
wart". Berlin 1902. J. Rade. 8. 290 S.
(2 Mk. 50 Pf.)
Schon als junger Mann sah der Bef. ein, dass
die ,,Nervo8itftt" eins der wichtigsten Probleme sei,
und immer empfand er es schmerzlich, wenn die
Berufenen leicht über sie weggingen und ihren
Ernst auf Dinge wandten, die ihm gar nicht recht
wichtig vorkommen wollten. Yerständniss für die
Nervosität kann nur der haben, der sie nicht rein
medicinisch, sondern als Gultur-Problem ansieht.
Allmählich nur wächst tiefere Einsicht und jeder
Beitrag, der von eigenem Nachdenken zeugt, muss
willkommen sein. So ist auch W. Hellpaoh 's
Buch über „Nervosität und Cultur^' willkommen
zu heissen, denn sein Verfasser ist als ein be-
weglicher Oeist bekannt, der gern neue Wege
sucht
H. zeigt sich in seinem neuen Buche als stark
durch La mp recht beeinflusst Er nimmt von
diesem den Begriff der „Reizsamkeit" und sieht
in ihm das Kennzeichen der neuen Zeit Wie an-
geblich Empfindsamkeit das 18. Jahrhundert oha-
rakterisirte, so soll Beizsamkeit, d. h. Leichterreg-
barkeit durch Beize aller Art, dem 19. Jahrhundert
eigen sein, und die Nervosität oder Nervenschwäche
soll nur ein höherer Orad der Beizsamkeit sein,
sozusagen ihr umkippen in das Krankhafte. Als
Ursache der Beizsamkeit und der Nervosität wer-
den die „Veränderungen der Cultur'* angesehen.
Früher sprach man hauptsächlich von der Hast
und der Buhelosigkeit des modernen Lebens, von
Eisenbahnen, Telegraphen, Telephonen, von dem
Jagen nach Geldgewinnen, von den politischen
Treibereien, und dergleichen mehr. Jetzt genügen
solche Bedensarten nicht mehr, denn die National-
ökonomie hat ihre Herrschaft angetreten und hat
uns gelehrt, die Dinge wissenschaftlich anzusehen.
H. hat sich mit ganzer Seele der Wirthschaftlehre
hingegeben. Wir erfahren, dass das ganze mensch-
liche Leben auf der Art, wie das Geld verdient
wird, aufgebaut ist, dass wir am Ende des hoch-
capitalistischen Zeitalters leben, und dass daraus
allein die Art unseres Lebens zu verstehen ist.
Der Geist der modernen Gütererzeugung und des
modernen Güterverbrauches, die Sinnesreize der
technischen Arbeit und das Verhältniss zwischen
Arbeit und Erholung werden uns geschildert. Wir
erfahren, dass der VerftiU der alten Beligionen und
die Entwickelung einer neuen Kunst aufs Engste
mit dem Wirthschaftleben zusammenhängen. Die
andere Eigenthümlichkeit H.'s ist, dass er als
modemer Mensch die Kunst am höchsten stellt
und mit grosser Wärme für die modernen Kunst-
richtungen als wenigstens relativ berechtigt und
zeitlich sehr werthvoU eintritt
Auch der Bef. hat früher viel Gewicht auf die
moderne Cultur gelegt und hat sich vorgestellt, dass
moderne Arbeit und moderne Technik Nervosität
bewirken. Langsam ist er davon zurückgekommen.
Das, was er in der Wirklichkeit gesehen hat und noch
täglich sieht, ist nicht „Beizsamkeit^S sondern Kraft-
losigkeit und Freudlosigkeit Die nervOsen Menschen
sind, bis auf einzelne Ausnahmen, nicht etwa früher
gesunde Menschen gewesen, die durch die Ein-
wirkungen des modernen Lebens krank geworden
wären, sondern sie sind fast alle von Hause aus
abnorm. Sie sind krank vom Mutterleibe an und
die sogenannten Ursachen der Krankheit sind nur
Gelegenheitursachen, die nichts bewirkt hätten,
wenn sie wirklich gesunde Menschen getroffen
hätten. Wer gesund ist, der bleibt auch trotz
Eisenbahnen und Telegraphen, trotz Capitaiis-
mus u. s. w. gesund. Es ist dem Bef. also an
Stelle des Begriffes der Nervosität der der Ent-
artung getreten, und er gebraucht jenen nur noch
als Euphemismus. Aber ist das nicht nur eine
Verschiebung? Sind die Entarteten nicht eben
die Kinder solcher Leute, die gesund waren, aber
durch die capitalistische Zeit krank geworden sind,
und ihre Krankheit dann vererbt haben? Es dürfte
nicht so sein. Es ist überhaupt zweifelhaft, ob
die üeberanstrengung Folgen hat, die vererbt wer-
den können. Wenn man sieht, dass die Nach-
kommen leidlich gesunder Leute krank sind, so
muss man Ton vornherein auf den Gedanken kom-
men, es handele sich um eine Vergiftung. Nun
kennen wir nur Ein Gift, das verbreitet genug ist
und die nüthigen Eigenschaften hat Das ist der
Alkohol. Es ist daher a priori wahrscheinlich,
dass der Alkohol die wichtigste Ursache der ver-
erbten Nervenschwäche sei. Auch der Bef. hat
früher die Bedeutung des Alkohols unterschätzt,
weil er mehr an die Wirkung auf den Trinkenden,
als an die auf seine Nachkommen dachta Min-
destens die Hälfte der Kranken waren Weiber, die
Weiber trinken im Ganzen nicht, also kann das
Trinken nicht schuld sein. Es scheint aber so zu
sein, dass das Bier, das des Weibes Vater ge-
trunken hat, Schuld an der weiblichen Nerven-
schwäche ist Das Individuum leidet offenbar
durch den Alkohol weniger, als seine Keimstoffe.
Die Kinder nicht nur des Säufers, sondern auch
des Durchschnitt-Trinkers entarten. Wenn Einer
in der Woche nichts trinkt, sich aber des Sonntags
betrinkt, so ist das vielleicht gar nicht so schlimm.
Wenn aber Einer sich zwar nie betrinkt, dagegen
täglich 4 oder 5 Glas Bier trinkt, so werden die
Wirkungen summirt und die Nachkommenschaft
ist kümmerlich. Ausser dem Alkohol mügen noch
andere Gifte in Betracht kommen. Es ist ersicht-
lich, dass die Stadt das Volk zu Grunde richtet
Trotz aller ,,Hygieine" werden die Stadtleute siech.
Auch da muss man an Gifte denken : das ganze
Erdreich ist durch die Gasrühren vergiftet, die
Luft durch den Kohlendunst Ist einmal der
Mensch vergiftet, dann wirken freilich auch die
den Leuten geläufigen Ursachen : die Unsitten des
Ooldscheider und Jacob. — Presch. — Orassi.
215
Lebens, die Ueberreizung im Berufe, die schlechten
modernen Schulen u. s. w.
Nun kann man freilich sagen, wenn der
Alkohol und die anderen Oifte so verderblich
wirken, so fehlt es irgendwo, so ist die Wider-
standfähigkeit des normalen Menschen nicht mehr
vorbanden. Es mag so sein, und mein Gedanke
ist der, dass unser Volk zu alt ist An die Rassen-
Theorien glaube ich freilich nicht, aber es scheint
doch jedes Volk nur eine gewisse Zeit der Frische
zu haben. Das ist eine düstere Lehre und der
Optimismus H.'s, der mit Sport und architekto-
nischer Kunst über die Nervosität Herr werden
will, mag nützlicher sein. Gebe Gott, dass die
schönen H&user helfen ! Man muss aber fürchten,
dass sie nichts helfen werden, denn ein tüchtiger
Mensch liefert tüchtige Werke, nicht aber diese
jenen. Im Grunde ist in diesen Dingen alles
Muthmaassung. Wird es wieder besser, um so
besser, ist die schlimmere Ahnung richtig, so bleibt
sie trotz der bösen Folgen richtig. M 0 b i u s.
31. Handbaoh der physikalischen Therapie.
Herausgegeben von Prof.A.Goldscheider
und Dr. Paul Jacob. Leipzig 1902. Georg
Thieme. Gr. 8. XLVHI u. 2237 S. (56 Mk.)
Das Handbuch, das wir bereits 2mal angezeigt
haben, liegt jetzt in 4 dicken Bänden vollständig
vor. Es ist ein stattliches Werk geworden. Wohl
za stattlich, sein Dmfang hätte sich bei straffem
Zusammenfassen des Ganzen und bei vorsichtigerer
Beschränkung im Einzelnen ohne Schaden erheb-
lich verkleinem lassen. Ob sich wirklich Viele ein
so grosses Werk anschaffen werden, das doch in
manchen Theilen thatsächlich nicht mehr enthält, als
andere kürzere, billigere therapeutische Werke neben
Anderem auch enthalten? Die Zukunft wird es lehren.
Der von uns noch nicht besprochene II. Theil
eKSrtert die physikalische Therapie der einzelnen
Krankheiten. Die Eintheilung ist hier die übliche :
Infektionskrankheiten, Krankheiten der Respira-
tionsorgane, Cirkulationsorgane u. s. w. Und auch
die Namen der einzelnen Bearbeiter schauen uns
vertraut an, haben wir sie doch schon in manchem
Sammel- und Einzel werk bei denselben Abschnitten
gesehen: A. Fraenkel: Pneumonie, Pleura;
Senator: Nieren; Posner: Harnwege; Rie-
gel: Magen u. s. w. Gynäkologie und Geburts-
hfllfe haben auch einen Abschnitt von Dr. Sig-
mund Gottsohalk bekommen.
Das gross angelegte, mit viel Fleiss und Arbeit
durdigeführte Werk kann sich überall sehen Ussen.
Wer sich durch den umfang nicht abschrecken
liest, wird mancherlei praktisch WerthvoUes darin
finden. Dippe.
32. Die physikaliaoh'diätetisohe Therapie
in der irstliohen Prazis; von Dr. Bern-
hard Presch. Würzburg 1903. A. Stu-
ber's Verlag (C. Kabitzsch). Gr. 8. YIU u.
646 8. (13 Mk.)
„Physikalisch-diätetische Therapie^* ist jetzt
Trumpf. Von allen Seiten werden wir mit Hand-
und Lehrbüchern und Compendien dafür beglückt,
weil wir bisher so gar nichts davon wussten und
unsere armen, unschuldigen Kranken in dieser Be-
ziehung so grüblich vernachlässigt haben. Nimmt
man nun beschämt solch ein Buch vor und liest
diesen und jenen Abschnitt durch, so kommt man
ziemlich bald wieder in sein seelisches Gleich-
gewicht Man findet nicht allzuviel Neues, das
Meiste und Wichtigste hat man gewusst und auch
befolgt, man hat es nur nicht so pompös „physi-
kalisch-diätetische Therapie*^ genannt und hat es
nicht so feierlich in den Vordergrund gestellt Und
so manches findet man, da muss man unwillkürlich
lächeln und schlägt mit mildem Verzicht das Blatt
um. Ehe ich bei einem Aortenaneurysma „warme
Bedeckung des Unterkörpers im Bett, vorsichtige
Ganzwaschungen, milde Massage der unteren Ex-
tremitäten und des Bauches" anwende, um „durch
Erweiterung grosser Arteriengebiete den Blutdruck
zu vermindern", da schreibe ich meinen Kranken
doch lieber Jodkalium auf und habe ein ganz gutes
Gewissen dabei.
Das Buch von Presch soll aber auf Grund
dieser allgemeinen Betrachtung nicht gar zu schlecht
wegkommen. Es hält sich in der Hauptsache von
Uebertreibungen und zu grosser Einseitigkeit fern.
Es ist von einem Arzte geschrieben, der sein theo-
retisches Wissen aus guten Quellen geschöpft hat
und der praktisch zu beobachten und Eines gegen
das Andere abzuwägen versteht Es soll Den-
jenigen einen guten Ersatz bieten, denen das grosse
Handbuch von Goldscheider und Jacob zu
umfangreich und zu theuer ist, und es berück-
sichtigt überall die besonderen und oft recht be-
scheidenen Verhältnisse der ärztlichen Praxis.
Der 1. grosse Theil (Seite 1—556) führt die ein-
zelnen Krankheiten in alphabetischer Reihenfolge
auf; der 2. kurze Theil, „Anhanges beschreibt kurz
und klar: „hydriatische Technik^S „Mechanothe-
rapie^S „Elektrotherapie'% „Diätetische Kuren",
„Hypnotherapie", „Blutentziehungen". Dippe.
33. Die ICalaria. Studien eines Zoologen; von
von Prof. B. Grassi in Rom. Nachtrag zur
2. vermehrten Aufl. Jena 1903. G. Fischer.
Gr. 8. 19 S. (2 Mk.)
In diesem Nachtrag zu seinem umfassenden
Werk : „Die Makria" widerlegt G r. die von Celli
und Gasperini vertretene Anschauung von dem
Vorkommen des Paludismus ohne Malaria. Ferner
enthält dieses Ergänzungsheft einen kurzen Be-
richt über den zu Ostia im Jahre 1901 mit der
chemischen Prophylaxe angestellten Versuch gegen
die Malariainfektion. Die Heilung der Malaria-
kranken Italiens lässt sich nach Gr.'s eingehenden
Studien am leichtesten durch eine zweckmässige
Verbindung der chemischen und mechanischen
Prophylaxe erreichen. Die durch die chemische
216
Chiari. — Kayser. — Zarniko. — Hajek.
Prophylaxe mit Chinin, Arsen, Eisen und Bitter-
stoffen erhaltenen Resultate fielen sehr befriedigend
aus, gfinstiger als die nur durch Chinin und
Euchinin erzielten. Ebenso leistete der mecha-
nische Schutz hervorragende Dienste. Or. em-
pfiehlt wegen des Zwanges der Verhältnisse (Mangel
an Aerzten), soviel wie möglich die Sitte zu ver-
breiten, die Malariakranken ohne Hülfe des Arztes
zu behandeln. N o e s s k e (Kiel).
34. Die Krankheiten des Bachen« ; von Prof.
Dr. Chiari. Leipzig u. Wien 1903. Franz
Deutieke. Or. 8. X u. 250 S. (8 Mk.)
Der Name des Vfs. bürgt dafür, dass das Lehr-
buch der Rachenkrankheiten ein in jeder Beziehung
hervorragendes Werk ist Auf eine gründliche Dar-
stellung der Anatomie und der Physiologie des
Bachens folgen die Abschnitte über Pathologie,
Untersuchungsmethoden und Behandlung. Zahl-
reiche Abbildungen dienen zur Erl&uterung der
Darstellung. Das ganze Gebiet ist erschöpfend
behandelt und alle Theile sind gleichmftssig be-
rücksichtigt S 0 b 0 1 1 a (Heihinstalt Sorge).
35. Anleitung sar Diagnose nnd Therapie
der Kehlkopf-, Naaen- nnd Ohrenkrank-
heiten. Vorlesungen, gehalten in FMbüdungs-
cureen für prakiieehe Aarxte ; von Dr. Richard
Kayser in Breslau. 2. vermehrte u. ver-
besserte Aufl. Berlin 1903. S. Karger. 8.
159 S. mit 130 Abbildungen. (4 Mk. 80 Pf.)
Dass von dem kleinen Werke sich schon nach
2 Jahren eine neue Auflage nOthig macht, zeigt,
dass es in den Kreisen, für die es bestimmt ist,
Anklang gefunden hat und dass es seinen Zweck,
nftmlich das von der Lehre der Kehlkopf-, Nasen-
und Ohrenkrankheiten für die allgemeine Praxis
Wichtige in gedrängter Form vorzuführen, gut
erfüllt
Zeigen auch zahlreiche Aenderungen im Ein-
zelnen, dass K. bemüht gewesen ist, nicht nur mit
seinem Buche dem Fortschritt der Wissenschaft zu
folgen, sondern auch noch mehr das für die all-
gemeine Praxis Wichtige im Gegensatze zu dem
rein Specialistischen hervorzuheben, so entspricht
doch die 2. Auflage im Ganzen so sehr der 1. Auflage
des Werkes, dass eine erneute, eingehendere Be-
sprechung hier sich erübrigt Auch die neue
Auflage wird sich sicher viele Freunde bei den
praktischen Aerzten erwerben.
Rudolf Heymann (Leipzig).
36. Die Krankheiten der Nase nnd des
Nasenrachena 9 mit besonderer Berfiok-
siohtignng der rhinologisohen Propftden-
tik f&r praktische Aerzte nndStndirende;
von Dr. Carl Zarniko in Hamburg. 2., gänz-
lich umgearbeitete Aufl. 1. HAlfte: Prapä-
deutik, Berlin 1903. S. Karger. 8. YIII u.
259 S. mit 88 Abbild, u. 3 Taf. (5 Mk. 60 Pf.)
Von dem im Jahre 1894 in 1. Auflage er-
schienenen Buche, das von der Kritik sehr günstig
aufgenommen wurde, liegt jetzt die 1. EUUfte der
2. Auflage vor. Das Buch ist ganz umgearbeitet
und in Fo]ge der reichen Arbeit auf dem Gebiete
sehr erweitert, so dass der erste Theil nahezu
doppelt so viel Seiten enth<, als in der I.Auflage.
Dabei hat sich das Buch aber die ganze Anlage
und vor Allem die Klarheit der Darstellung, die es
schon in der 1. Ausgabe auszeichnete, gewahrt
und ist, soweit das überhaupt ein Buch vermag,
vortrefflich geeignet, den Praktiker, für den es be-
stimmt ist, in die schwierige Untersuchung der
Nase und des Nasenrachens einzuführen.
Bingehender noch als in der 1. Auflage sind
auch die Beziehungen der Nase zu anderen Organen
berücksichtigt RudolfHeymann (Leipzig).
37. Pathologie nnd Therapie der entsünd-
lichen Brkranknngen der Nebenhöhlen
der Käse; von Dr. M. Hajek in Wien.
2. vermehrte Aufl. Leipzig u. Wien 1903.
Franz Deutieke. 8. XVI u. 361 S. mit 103,
grOsstentheils Originalabbildungen. (10 Hk.)
Das Buch enth< die eingehendste Darstellung
des in dem letzten Jahrzehnt so stark bearbeiteten
Capitels in deutscher Spracha H. bespricht zuerst
in einem allgemeinen Theile die Pathogenese, die
Symptome und die Diagnose der entzündlichen
Erkrankungen der Nebenhöhlen der Nase. In dem
speciellen Theile werden die Erkrankungen der
einzelnen Nebenhöhlen gesondert besprochen. H.
schildert bei jeder Nebenhöhle erst ausführlich die
Anatomie und die topographischen Beziehungen,
deren genaue Kenntniss zur Stellung der oft recht
schwierigen Diagnose durchaus erforderlich ist,
und befördert das Verstandniss der complicirten
Verhältnisse durch eine grosse Menge von lehr-
reichen, zumeist nach eigenen Prftparaten an-
gefertigten Abbildungen. Die verschiedenen Krank-
heitbilder sind nicht nur systematisch recht klar
dargestellt, sondSrn erhalten durch Mittheilung von
zahlreichen Krankengeschichten noch mehr Leben.
Wie in dem ganzen Buche, so theilt H. in den
Abschnitten, die die Therapie besprechen, besonders
seine eigenen, auf reiche Erfahrungen gestützten
Anschauungen mit, berücksichtigt aber auch überall
die Ansichten der anderen Autoren. Als Badikal-
operation für die StimhOhle ^ird besonders die
osteoplastische Methode, als solche für die Kiefer-
höhle die Radikaloperation nach Luo-Caldwell
eingehend besprochen.
Den Abschnitten über Entzündungen der ein-
zelnen Nebenhohlen schliesst sich zunAchst ein
Abschnitt über NebenhOhlenaffektionen bei Ozaena
an, in dem H. ausführt, dass die Sekretion bei
Ozaena in der Mehrzahl der FUle zur Zeit unserer
Beobachtung eine herdfOrmige ist, womit jedoch
noch nichts über die Pathogenese der Krankheit
gesagt sein solL
Schmidt. — Monti. — v. Frisch und Zuckerkandl. — de Frumerie.
217
Den Schluss bilden Abschnitte über Gompli-
kationen seitens der Augenhöhle und des Seh-
organs und über cerebrale Complikationen.
Die 2. Auflage ist fiberall entsprechend unseren
fortschreitenden Kenntnissen umgearbeitet
Allen, die sich mit den wichtigen Erkrankungen
der Nebenhöhlen der Nase beschäftigen wollen,
kaon das sorgfältige Studium des Haschen Werkes
als beste Einführung empfohlen werden.
Rudolf Hey mann (Leipzig).
38. Die Krankheiten der oberen Luftwege.
ÄU8 der Praxis für die Praxis; von Prof. Dr.
Moritz Schmidt 3., sehr vermehrte u.
verbesserte Aufl. Berlin 1903. Jul. Springer.
8. XVI u. 955 S. mit 182 Abbildungen im
Text u. 7 Tafeln. (18 Mk.)
DieThatsache, dass ein Werk über ein Special-
gebiet von dem Umfange und dem Preise, wie das
zTir Besprechung vorliegende in den Kreisen, für
die es bestimmt ist, solchen Anklang gefunden hat,
dass sich schon 10 Jahre nach dem Erscheinen der
ersten Ausgabe die S.Auflage nQthig macht, spricht
deutlicher ffir die Oüte und Zweckmässigkeit des
Baches, als ein Lob mit Worten es vermöchte.
Was dem Werke solchen Anklang verschafiFt hat,
ist die lebhafte, anregende Darstellungsweise, die
reiche Erfahrung, die sich darin auf Tritt und
Schritt ausspricht, ferner der Umstand, dass in
dem Buche der Zusammenhang zwischen den Er-
krankungen der oberen Luftwege und den Krank-
heiten des übrigen Körpers viel stärker betont
wird, als in den meisten ähnlichen Büchern, und
endlich auch die Anordnung des Stoffes, dass näm-
lich die Erscheinungen, die jede Krankheit macht,
dnrdi das ganze Gebiet der oberen Luftwege im
Zosammenhange verfolgt werden. Alle diese Eigen-
thQmlichkeiten besitzt auch die 8. Auflage, in der
Sc hm. die Erfahrungen einer 40jähr. ausgedehnten
ftrstliohen Thätigkeit niederlegt. Fast in allen Ab-
schnitten zeigt sie gegenüber der 2. Auflage Um-
arbeitungen und Ergänzungen. Oanz neu sind
ein Abschnitt über die Erkrankungen der Thymus-
drüse und die Spiess'sche Methode der Behand-
inng der StimmstOrungen.
Auch die äussere Ausstattung, die der Verleger
dem Buche gegeben hat, ist ebenso vorzüglich, wie
die der beiden früheren Auflagen.
Rudolf Hey mann (Leipzig).
39. Kinderheilkunde InBinBeldarstellangen.
Vorträge, gehalten in der allgemeinen Poli-
klinik von Prof. Dr. Alois Monti, Direktor
dar allgemeinen Poliklinik in Wien. 20. Heft :
Erankheiien der Neugeborenen. Berlin u. Wien
1903. 8. 107 8. (3Mk.)
In diesem Hefte werden diejenigen funktio-
nalen Störungen des Ereish&ufes und der Eespira-
tion, die mechanischen Schädigungen und Infek-
tionen der Neugeborenen besprochen, die innig mit
don Qeburtakte zusammenhängen und sich kurz
Med. Jahrbb. Bd. 279. Hft. 2.
nach der Oeburt einstellen. Mit besonderer Liebe
ist das Capitel über die Behandlung der Früh-
geborenen abgefasst Die Beschreibung der Tar-
ni er 'sehen Gavage daselbst ist nicht sehr glück-
lich. Die Erwähnung der Vaginablutungen bei
rasch abgenabelten kleinen Mädchen vermisst iZs-
ferent. Brückner (Dresden).
40. Handbuch der Urologie, unter Mit-
wirkung von verschiedenen Autoren heraus-
gegeben von Dr. A. von Frisch und Dr.
0. Zuckerkandl in Wien. Wien 1903.
Alfred Hülder. Gr. 8. 100 S. mit zahlreichen
Abbildungen in Schwarz- und Farbendruck.
(Lief, je 5 Mk.)
„Die Lehre von den Erkrankungen der Ham-
wege hat in den letzten Decennien durch Ver-
vollkommnung der Dntersuchungsmethoden, durch
die Ergebnisse bakteriologischer Forschungen einen
ungeahnten umbau, in einzelnen Theilen eine völlige
Neugestaltung erfahren. Eystoskopie, Antisepsis,
Asepsis, CystitisforschuDg, Nierendiagnostik folgten
einander im kurzen Zeiträume der letzten 2 Jahr-
zehnte. Dem raschen Fortschritte entsprechend
ist in den vorhandenen, der Urologie gewidmeten
Handbüchern vieles veraltet, vieles uns wichtig
erscheiDende fehlt gänzlich.*' Es ist deshalb nur
mit Freude zu begrüssen, dass sich die bekannte
HOlder'sche Verlagsbuchhandlung entschlossen hat,
ein Handbuch der Urologie herauszugeben, das unter
kritischer Verwendung der Forschungsergebnisse
ein Bild vom modernen Stande der Lehre in wissen-
schaftlicher Darstellung liefern soll ; der klinische
Standpunkt soll hierbei ganz besonders berück-
sichtigt werden.
DaaHandbuch der Urologie wird in 12 — 15 Ab-
theilungen von je ca. 10 Druckbogen erscheinen.
Bisher liegt die 1. Lieferung vor, die die Anatomie
der Harn- und Oeschlechtsorgane von E. Zucker-
kandl und die Physiologie der Hamsekreiion von
Eoeppe (noch nicht abgeschlossen) enthält.
Die mit vielen guten Abbildungen versehene
anatomische Einleitung von Zuckerkandl, dem
wir gerade auf diesem Gebiete schon eine Reihe
von Arbeiten verdanken, ist ganz vorzüglich, nament-
lich auch bezüglich der für den Chirurgen so wich-
tigen topographischen Verhältnisse.
Sowie noch weitere Lieferungen vorliegen,
werden wir wieder auf das Werk zu sprechen
kommen. P. W a g n e r (Leipzig).
41. Le Massage abdominal; par le D19
de Frumerie. Paris 1 903. Vigot Fröres,
6diteurs. 8. 112 pp. avec 8 planches.
Die schon seit Alters her bekannte, neuerlich
namentlich in Schweden wieder geübte Methode
der Massage will de Fr. in die Hände speciell
darin geübter Aerzte gelegt sehen. Namentlich
die Massage des Leibes erfordert eine gewissen-
hafte und nur durch lange Praxis zu erlernende
28
218
Ebstein. — WeyL — PusohmaniL
Technik, da sie sonst geradezu gefährlich werden
kann. Nicht nur bei verschiedenen Dannerkran-
kungen, sondern auch im Verlaufe von Herz-,
Lungen- und Lebererkrankungen ist die Bauch-
massage angezeigt. Indikationen und Contraindi-
kationen werden genau festgelegt Die verschie-
denen Manipulationen der einzelnen Formen der
Massage werden angeführt und durch eine Reihe
von Bildern erläutert. Mit grossem Optimismus
erwartet de Fr, von der Bauchmassage, dass sie
berufen ist, in der Therapie eine führende Stellung
einzunehmen. N e u m a n n (Ijoipzig).
42. Dorf- und Stadthygiene. Unter beson-
derer Rüokaiohtnahme auf deren Wechael-
beziehnngen. Für Aerxte und für die mü
der Wahrnehmung der Interessen der öffent-
lichen Qesundheitpflege beiratäen VenvaUunga-
beamten; von Prof. Wilhelm Ebstein in
OOttingen. Stuttgart 1902. Ferdinand Enke.
Gr. 8. 160 S. mit 2 AbbUdungen. (4 Mk.)
Nachdem R bereits in einem in der Deutschen
med. Wchnschr. (XXVII. 1 u. 2. 1901) abgedruckten
Joumalartikel die Fragen der Dorf- und Stadt-
hygieine kurz angeregt hatte, bearbeitet er jetzt
das Thema auf einer breiteren Grundlage, haupt-
sächlich auf Grund seiner 27jähr. Erfahrungen in
seiner jetzigen Stellung. Er will zeigen, wie die
grössten Anstrengungen der Städte, ihre sanitären
Verhältnisse zu bessern, ihr Ziel so lange nur un-
vollkommen erreichen kOnnen, als die ländlichen
Ortschaften nicht von einem gleichen Bestreben
erfüllt sind. Der erste Abschnitt giebt eine Skizze
des dermaligen Standes der sanitären Zustände in
den ländlichen Ortschaften, aus der hervorgeht,
dass die Dorfbevölkerung sich im Allgemeinen
keineswegs vor der städtischen durch besondere
Vorzüge auszeichnet und dass die ländlichen Ort-
schaften nur allzu oft durchaus kein anheimelndes
und den Anforderungen der modernen Hygieine
entsprechendes Gepräge haben.
Es folgt eine gleiche Skizze für die Städte,
hauptsächlich auf Grund der Entwickelung der
hygieinischen Zustände der Stadt Göttingen. Der
zweite Abschnitt schildert eine Reihe von Gefahren,
die den Stadtbewohnern in gesundheitlicher Be-
ziehung von den Landbewohnern drohen und ihnen
verhängnissvoll werden können . Hierzu gehören die
seitens der Landbevölkerung eingeführten Lebens-
mittel, Milch und deren Produkte (Infektion mit
Typhus, Tuberkulose, Maul- und Klauenseuche,
T)iphtherie, Scharlach, Milzbrand), Backwaaren,
Fleisch, Wurst, das in den Dörfern benutzte ge-
sundheitschädliche Trink- und Nutzwasser und die
Persönlichkeit des Dorfbewohners selbst durch
üebertragung von Krankheiten wie Tuberkulose,
Cholera, Pneumonie. Abschnitt 3: Was hat an-
gesichts dieser den Städten drohenden Gefahren zu
geschehen? schildert die sanitären Verbesserungen,
die in den Dörfern vorgenommen werden müssen.
Diese sind Wasserversorgung mit gesundem Trink-
und Gebrauchwasser (Wegfall der Brunnen und
Erbauung von Wasserleitungen), Beseitigung der
menschlichen und thierischen AbfallstofTe (Samm-
lung und Transport in undurchlässigen Gruben
und Transportgeräthen) , gesundheitgemässe Ein-
richtungen der Milchwirthsohaften (Eismilchver*
fahren, Tuberkulinimpfung des Rindviehes nach
den Bang 'sehen Vorschlägen), ordnungsgemässes
Desinfektionverfahren (für Kranke und deren Ab-
gänge), Bekämpfung und Ausrottung der Tuber-
kulose (Sanirung auch des Untergrundes, Tuber-
kuloseübertragung von Rindern auf Schweine), Con-
trole des Schlächterei- und Bäckereibetriebea
(Schlachthäuser), Transport infektiöser Kranker.
Zur Ausführung von Verbesserungen sind in erster
Linie die Kreisärzte und die Gesundheitcommis-
sionen berufen, die Kosten würden von denen auf-
zubringen sein, die zunächst den Nutzen davon
haben, von einer oder mehreren Dorfgemeinden,
dem Kreise, dem Bezirke, der Provinz oder meh-
reren, eventuell vom Staate. Wenn auch nicht zu
verkennen ist, dass die Ausführungen E.'s durchaus
berechtigt sind und seinen Wünschen in allen
Stücken beizutreten ist, so ist leider zu befürchten,
dass am Kostenpunkte nach wie vor die dringendsten
Bedürfnisse SchifiFbruch leiden werden, denn mehr
als von allen anderen gilt von den ländlichen Ge-
meinden der Spruch: Aber wenn die Kosten
kommen, zeigen sie sich angstbeklommen.
Weissenborn (Berlin).
43. Die StraaBenreinignngsmasohineMBalaa^;
von Th. Weyl in Gharlottenburg. [Sond.T
Abdr. aus: Fortschritte der Strassenhygieine;
herausgegeben von Dr. Th. Weyl. L Heft]
Jena 1901. Gustav Fischer. Mit 4 Abbil-
dungen.
W. beschreibt eine Maschine, die von Pferden
gezogen oder durch einen unbelebten Motor in
Gang gesetzt wird und zu gleicher Zeit die Strassen-
oberfläche anfeuchtet, die Strasse kehrt und den
Kehricht aufladet Sie ist von der Salus-Strassen-
kehrmaschinen G. m. b. H. in Düsseldorf oon-
struirt worden und funktionirt nach dem Versuche
von W. auch bei unebenem Strassenpflaster ohne
Staubentwickelung, so dass selbst an den Bord-
schwellen kein Kehricht liegen bleibt Vorhandene
Rinnsteine müssen besonders gesäubert werden.
Zur Bedienung ist nur der Kutscher nothwendig,
die Maschine biegt in auffallend kleinem Bogen
um und kostet 5000 Mark. Die sonst erforder-
lichen Arbeitkräfte fallen fort und durch die Er-
sparniss von Arbeitlöhnen (9000 Mark jährlich)
wird das Anlagecapital in einem einzigen Jahre
amortisirt Weissenborn (Berlin).
44. Handbnoh der Gesohiohte der Medioin.
Begründet von Dr. Th. Puschmann, weiL
Prof. an der Universität in Wien. Bearbeitet
von Arndt (Greifswald), Bartels (Berlin),
Puschmann, Handbuch der Geschichte der Medicin.
219
Becher (Berlin), Bloch (Berlin), v.TGply
(Wien), V i e r 0 r d t (Tübingen). Herausgeg.
▼on Dr. Max Neuburger, Decentan der
Universität in Wien und Dr. Julius Pagel,
Prof. an der üniversitfit in Berlin. Jena
1901—1903. Gustav Fischer. Gr. 8. (Lief,
je 4 Mk.)
Im September des Jahres 1901 begann das
bedeutende Werk in Lieferungen von 11 Bogen in
Lezikonoktav zu erscheinen. Es war auf 10 Lie-
ferungen berechnet, die 3 Bände bilden sollten.
Schon heute lässt sich sagen, dass die Zahl der
Lieferungen (je 4 Mk.) wesentlich überschritten
werden wird, denn es liegen bis jetzt 6 Lieferungen
vor und der 2. Band hat eben erst begonnen. Be-
trachten wir für diesmal den fertig vorliegenden
1. Band, der Alterthum und Mittelalter umfasst
(47 Bogen).
Von Yomherein erklären wir: kOnnte Pusch-
mann, der den Plan entworfen hat, das Erschie-
nene geniessend überschauen, er würde Freude
empfinden über die glänzende Verwirklichung
seines Gedankens, wie vielfach auch schon von
seinem Plane abgewichen werden musste. Gegen-
über allen deutschen und ausländischen Gesammt-
daistellungen der Geschichte der Heilkunde aus
den letzten Jahrzehnten bedeutet das neue Hand-
buch in allen seinen Theilen einen wesentlichen,
stellenweise enormen Fortschritt, wenn es sich
auch in der Einheitlichkeit der Gesammtauffassung
nnd Durcbgeetaltung ,mit den besten seiner Vor-
gänger nicht messen kann.
Eine glückliche Hand hatten Begründer und
Herausgeber in der Wahl der Bearbeiter der ein-
zahlen Abschnitte. Wie hätten schon die ersten
bdden Themata „Medicinisches Können der Natur-
völker^ und „Medicin der ostasiatischen Volker*' in
bessere Hände gelegt werden können als in die von
Max Bart eis in Berlin und Botho Soheube
inOreiz? In musterhafter Kürze umreisst Ersterer
das von ihm selbst so hervorragend bebaute For-
schungsgebiet in seinen Hauptrichtungen, stellt er
die Ergebniase in helles Licht, während Sehe übe
durch jahrelange Lehr- und Forscherthätigkeit im
fernen Osten auch für die ^edidnsLl- OesehuAie
Chinas und Japans eine besondere Qualifikation
mitbrachte, der die Ergebnisse entsprechen.
I Eine Neuschöpfung von Grund auf stellt die
»vorhippokratische Medicin Westasiens, Egyptens
I und der mediterranen Vorarier^' dar, die v. 0 e f e 1 e
beigesteuert hat. Einzig und allein auf den Er-
gebnissen der Ausgrabungen und Entzifferungen
! der Denkmäler jener ältesten Epochen der Mensch-
heitgeschichte hat V. Oef. seine Darstellung auf-
gebaut, und dieser erste Versuch einer urkundlichen
Schilderung der Heilkunde in jenen fernsten Zeiten
wird für immer grundlegend bleiben, wie vielfach
auch im Einzelnen das entworfene Bild noch Cor-
rekturen wird erleiden müssen, ja wenn selbst all-
gemeine Leitgedanken sich als fehlerhaft erweisen
sollten, so sehr ist jeder Stein des staunens-
werthen Neubaues einer skrupulösen Prüfung
seitens des eben so unermüdlich fleissigen wie mit
combinatorischem Scharfsinne begabten Forschers
imterworfen worden.
Ein Cabinetstück weiser Zusammenfassung
gründlicher Forschungsergebnisse bildet die Medicin
der Juden, von ihrem besten lebenden Kenner
J. P reu SS in Berlin bearbeitet TrefOich ist auch
die Darstellung der indischen Medicin, die Iwan
Bloch (Berlin) gegeben hat, dem das Werk auch
noch eine ganze Heihe anderer Abschnitte ver-
dankt, ausgezeichnet durch gründliche Quellen-
benutzung und elegante Darstellung : altrömische
Medicin, Celsus, griechische Aerzte des 3. und 4,
(nachchri8tlichen)Jahrhundert8,byzantinischeMedi-
cin und Uebersicht über die ärztlichen Standesver-
hältnisse in der west- und oströmischen Kaiserzeit
Weit über die Hälfte des ganzen „Alterthums^^
(240 von 443 Seiten) nimmt die Schilderung der
Heilkunde bei den Grieehen ein, die der bekannte
Hippok^ates-Üebersetzer, der Philologe Robert
Fuchs, mit unübertrefflicher Gewissenhaftigkeit
und Beherrschung der gewaltigen Literatur über
dieses alte Lieblingskind medicohistorischer For-
schung geschrieben hat. Diese vollkommen quellen-
feste Leistung wird für lange Zeit ihren Werth
behalten, wenn auch mit unserer fortschreiten-
den Erkenntniss der vorhippokratischen Heilkunde
Vorderasiens und Egyptens die griechische Heil-
kunde im grossen Zusammenhange der alten Cultur
mancher ihrer Sonder- und Einzelverdienste ent-
kleidet werden sollte. Der Geist der Griechen wird
gerade in der Um- und Ausgestaltung des von
anderen Völkern überkommenen Materials nur um
so reiner und charakteristischer auch auf dem Ge-
biete der Heilkunde in seinen ewig bewunderns-
werthen Schöpfungen sich offenbaren.
Das Mittelalter steht unter dem Zeichen Julius
PageTs, dessen beste bisherige Arbeiten eben der
Erhellung jenes Zeitalters in monographischer
Einzelforschung gedient haben. In feinen Zügen
ist das geistige Bild dieser Periode in der Ein-
leitung von ihm skizzirt und in breiter Ausfüh-
rung sind in späteren Abschnitten Mönchsmedicin,
Salemitanische Schule und medicinische Scholastik
mit eindringendster Sach- und Literaturkenntniss
nach den Quellen abgehandelt, denen sich die Dar-
legungen der Entwickelung der Specialzweige der
mittelalterlichen Heilkunde, namentlich der Ana-
tomie, Chirurgie, Augenheilkunde und Volks-
hygieine, trefflich angliedern. Nicht minder vor-
züglich ist die Schilderung, die der bewährte
ärztliche Kenner des deutschen Alterthums Max
Höfler in Tölz von der altgermanischen Heil-
kunde uns entwirft Würdig in das Ganze reiht
sich die knappgezeichnete Entwickelung der Medicin
der Araber, ihrer Blüthe und ihres Verfalles durch
den Prager Medicohistoriker S c h r u t z. Alles gut.
Vieles vorzüglich, so charakterisirt sich dieser
^20
Hopf. — Magnus. — Berendes.
1. Band als eine würdige Yerkörperang des heu-
tigen Standes deutscher medicin - geschichtlicher
Forschung auf allen Gebieten, auch hier ein Ehren-
etück medicinischer Wissenschaft.
Sudhoff (Hochdahl).
45. Immunit&t und Immunisimng« Ei»ie
mediciniseh'hisioriache Studie; von Dr. Lud-
wig Hopf. Tübingen 1902. Franz Pietzcker.
8. VIu. 95S. (2Mk. 80Pf.)
H. hat sich in das Historische seines Themas
sehr gründlich eingearbeitet und giebt nun, mit
der Oiftfestigkeit gewisser Thiere und Völker-
schaften und mit den Versuchen, im Alterthume
eine solche magisch oder pharmazeutisch zu er-
zeugen, beginnend, einen anschaulichen üeber-
blick über die Entwickelung der Lehre von der
Seuchenfestigkeit, den Versuchen, eine solche zu
erzeugen oder zu erwerben, bis zu den Inocula-
tionversuchen früherer Zeiten und den verwandten
Bestrebungen der letzten Jahrzehnte, die mit eben
so grosser Sachkenntniss wie kritischer Selb-
ständigkeit geschildert werden, einschliesslich der
modernen Untersuchungen und Theorien über Wesen
und Ursachen der Immunität. Wir hoffen, H. noch
öfter auf dem historischen Gebiete zu begegnen.
Diesmal hat er gezeigt, wie vielfach eine geschicht-
liche Betrachtung zum Verständniss und zur For-
derung modernster Probleme beizutragen in der
Lage und berufen ist. S u d h o f f (Hochdahl).
46. Pas Karpfoaohertham. Bline medieiniseh'
gesehiehüiehe Studie; von H. M a g n u s. Bres-
lau 1903. J. U. Eem's Verlag (Max Müller).
8. 31 S. (75 Pf.)
Der treffliche Kenner unserer ärztlichen Ver-
gangenheit sucht zunächst die Quellen der Kur-
pfuscherei in früheren Jahrhunderten und Jahr-
tausenden auf und vermag praktische und wissen-
schaftliche Medicin nicht allenthalben von dem
Vorwurfe der Förderung dieses Krebsschadens frei-
zusprechen. Doch obwohl seit fast 100 Jahren
die Medicin sich von jeder Schuld freisprechen
kann, wuchert das Pfusoherthum üppig weiter und
entfaltet von Jahr zu Jahr seinen schädlichen Ein-
fluss immer verderbenbringender dank der vor-
züglichen Veranlagung unseres Publicums, der
Gunst der socialen Verhältnisse und verkehrter
gesetzgeberischer Maassnahmen, was Alles mit
Klarheit auseinandergesetzt wird mit dem Schluss-
ergebnisse, dass alle literarische Bekämpfung kei-
nen Erfolg verspricht, dass nur wirkungsvolles ge-
setzgeberisches Vorgehen Gewähr auf Besserung
bietet; keine halben Maasaregeln, wie sie heute be-
liebt werden, sondern vor Allem ein scharfes Ver-
bot alles Laienkurirens.
Im schweren Kampfe gegen diese hoch-
bedenkliche Gefährdung unseres Volkswohlee ver-
mag dieses g^t geschriebene Büchlein klärend und
damit fördernd zu wirken. S u d h o f f (Hochdahl).
47. Des Pedanios Dioskaridea aus Anasarbos
Arsneimittellehre in 6 Büchern. Ueber-
setzt und mit Erklärungen versehen von Prof.
Dr. J. Berendes. Stuttgart 1902. Ferd.
Enke. Gr. 8. VEI u. 572 S. (16 Mk.)
Das stettliche Werk ist Prof. Wilh. Wald-
eyer gewidmet und macht dem Berliner Anatomen
keine Schande. War es bei dem täglich wachsen-
den Interesse für die Geschichte der Heilkunde
ein guter Gedanke, den Vater der Arzneimittel-
lehre, dessen Werk über 1^, Jahrtausende das
klassische Handbuch dieser Disciplin gebildet hat,
in deutschem Gewände mit dem nöthigen histo-
rischen, botanischen, pflanzengeographischen, all-
gemein naturwissenschaftlichen, pharmakologischen
u. s. w. Gommentar versehen herauszugeben , so
verdient die Ausführung dieses Gedankens volle
Anerkennung. War doch der Herausgeber schon
durch seine jahrelange Beschäftigung mit der Ge-
schichte der Pharmazie, die sich in einer ganzen
Reihe einschlägiger Arbeiten dokumentirt hat, be-
rufen wie Wenige zu dieser wichtigen und schweren
Aufgabe. Alle jungen Forscher auf pharmakolo-
gisch - historischem Gebiete werden es dem Alt-
meister Dank wissen, dass er uns auch diese
schöne Gabe geschenkt hat, selbst wenn da und
dort bei längerem Ausreifen noch Ein und das
Andere vielleicht einer anderen Auffassung oder
Erklärung zugeführt worden wäre oder eine neue
Becension des Originaltextes nach modernen Grund-
sätzen der Handschriftenbenutzung u. s. w. dem
Buche eine bessere Grundlage gegeben hätte.
Auch in seiner heutigen Gestalt ist es warm zu
begrüssen; es wird hoffentlich fleissig benutzt wer-
den und dann zweifellos reichen Nutzen stiften.
Sudhoff (Hochdahl).
Berichtisuiig.
Band CCLXXVin. (Jahrg. 1903, Heft 4) 8. 99, Spalte Imks, Zeile 5 von oben lies: Rosen statt Rosin.
Für die Hedaktion verantwortlich : Dr. P. J. HObfas in Leipilg. — Verlag von S. HInel in Leipzig.
Drnck von Walter Wlgand in Leipzig.
Jaßt6ucßer
der
m ttnb au0fanbifcßen c^tfammUn (Ulebicin.
Bd. 279.
1903.
Heft 3.
A. Originalabhandlungen und Uebersichten.
Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete der Anatomie
des Gentralnervensystems in den Jahren 1901 und 1902.^)
Von
L. Edinger in Frankfurt a. M. und A. Wallenberg in Dansdg.
b) Epiphyse, Hypophyse u. 8, w,
576) MUe. D i m i t r o v a , Z., Recherches sar la struc-
tare de la glande pineale chez quelques mammifereB.
Neyraze IT. 3. p. 257. 1901. 3 Tafeln mit 31 Figuren.
577) Dexter, F., The development of the para-
physis in the common fowl. Amer. Journ. of Anat. II.
I. p. 13. 1901. 9 Fig. (Dem Bef. nicht zugänglich.)
578) M i D o t , On the morphology of the pineal region,
btted upon its development in Acanthias. Amer. Journ.
of Anat I. 1. p. 81. 1901. 14 Figuren.
579) O r i e b , A., Contribuzione allo studio deirorgano
paiietale del podarois muralis (Sunto). Monit zool. Ital.
XIL 8. 1901.
580) Staderini,R, I lobi laterali deiripofisi ed il
loro rapporto god la parete cerebrale in embrioni di gon-
gÜQsocellatas (Santo). (Rendic. ünione zool. Ita). Bologna.)
Monit zool. Ital. XI. Suppl.-Heft p. 41. 1901.
581) Nenmayer, Ludwig, Zur Histologie der
menschlichen Hypophysis. Sitz.-Ber. d. Oes. f. Morphol.
a. Physiol. in München XVI. 1. p. 95. 1900. (Dem Ref,
nicht zugänglich.)
582) 8 t ad nick a, F. K., Einige Bemerkungen zur
Histologie der Hypophysis cerebri. Eine vorläufige Mit-
tfaeiloDg. Sitz.-Ber. d. k. böhm. wissenschaftl. Ges. in
Prag 1901. 1 Figur. (Dem Ref. nicht zugänglich.)
583) Benda, C, Demonstration von Hypophysis-
praparaten. Berl. OesellBoh. f. Psych, u. Nervenkrank-
haten. Sitzang vom 14. Jan. 1901. (Ref. im Gentr.-BL
f. Nervenhkde. a. Psych, p. 220. 1901.)
584) Rossi, ü., SuUo sviluppo della ipofisi e sui
^^)porti primitiv! della oorda dorsale e deU'intestino.
Sperimentale UY. 2. 1900. (Ref. in Rivista di Patol.
nerv, e ment p. 268. 1901.
585) Margnlies, Alexander, Ueber ein Teratom
der Hypophyse bei einem Kaninchen. Neurol. Centr.-Bl.
p. 1026. 1901. 4 Abbildungen.
1) Schlosa; vgl. Jahrbb. CCLXXIX. p. 113.
Med.Jahrbb. Bd.279. Hft.3.
(Die Cystenwandung zeigte in verschiedenen Aus-
buchtungen die typische Struktur der verschiedenen
Theile des Vorderdarms vom Oesophagus bis zum Pylorus.
Ihr Ursprung ist wohl auf eine Betheiligung des Ento-
derms an der Bildung der R a t h k e 'sehen Tasche in einem
frühen embryologisohen Stadium zurückzuführen.)
586) Bochenek, Adam, Neue Beiträge zum Bau
der Hypophysis cerebri bei Amphibien. Bull, de l'Acad.
des Sc. de crac. p. 397. Juillet 1902.
587) Zeleny, C, Early development of the hypo-
physis in Chelonia. Biol. Bull. Boston n. 6. 1902.)
588) Boeke, J., On the infundibular region of the
brain of amphioxus lanceolatus. Ber. d. köngl. Akad. d.
Wissensch. zu Amsterdam April 19. 1902.
589) Boeke, J., Die Bedeutung des Infundibulums
in der Entwickelung der Knochenfische. Anatom. An-
zeiger XX. p. 17. 1901.
590) Book 6, J., Ueber das Homologen des Infundi-
bularorganes bei Amphioxus lanceolatus. Anatom. An-
zeiger XXL 15. p. 411. 1902. 3 Figuren.
591) Rossi, Umberto, Sopra i lobi laterali della
ipofisi. Arch. ital. di Anat. e di Embriol. I. 2. 1902.
592) Salvi, G., L'origine ed il significato delle
fossette laterali delFipcfisi e delle cavitä premandibolari
negli embrioni di alcuni saun. Arch. ital. di Anat e di
Embriol. I. 2. p. 197. 1902.
593) C a s e 1 1 i , Etudes anatomiques experimentales
sur la Physiopathologie de la glande pituitaire. Reggio-
Emilial900. Stefano Calderini e Giglio. (Dem /^e/*. nicht
zugänglich.)
594) Gemelli, £., Contributo allo studio della
stnittura della ghiandola pituitaria nei mammiferi. Bull,
de Soc. med.-chir. di Pavia Nr. 4. 1900. 1 Tafel. (Ref.
Rivista di Pathol. nerv. etc. 1901. Original nicht zu-
züglich.)
595) Thom, Waldemar, Untersuchungen über
die normale u. patholodsche Hypophysis cerebri des
Menschen. Arch. f. mikroskop. Anat u. Entw.-Gcsch.
LVII. 3. p. 632. 1901. 3 Figuren.
29
222
E d i n g e r und Wallenberg, Anatomie des Oentralnervensystems.
G r i e b (579) hat die Entwickelung des Parietal-
organs der Mauereidechse, ebenso die der entspre-
chenden Nebenorgane geschildert Die kurze Mit-
theilung enthält u. a. Einzelheiten die Angabe, dass
der Nerv dieses Organs nicht aus dem Mittelhime,
sondern aus den Zellen der Retina stammt und
himwärts wftohst. Er umfasst die Commissura
habenularis und endigt an Nerven zellen, die darunter
liegen.
Mlle. Dimitrova (576) hat die Struktur der
Epiphyse beim Menschen und bei Sftugem (Ochsen,
Kalb, Hammel, Pferd, Hund und Katze) mit den
gebrauchlichen Färbemethoden untersucht und
kommt am Schlüsse ihrer gross angelegten und
genau durchgefQhrten Arbeit zu folgenden Ergeb-
nissen : Die Epiphyse enthält, ausser Bindegewebe
mit Blutgefässen und Lymphräumen, Gliazellen
und Oliafasem. Die letzteren sind als diiferenzirte
Zellenfortsätze zu betrachten, deren Herkunft von
der Zelle sich nicht immer feststellen lässt, auch
nicht, ob sie der Zelle, die sie berühren, auch ent-
stammen, oder der benachbarten. Beide Fälle
kommen vor. Wahrscheinlich existiren auch ein-
zelne epitheloide indifferenzirte Zellen ohne Qlia-
faserfortsätze. Nur bei jungen Thieren lassen sich
bei Silberfärbung nervenzellenähnliche Elemente
und Nervenfasern darstellen, letztere in Verbin-
dung mit Ghefässen.
Untersuchungen von Boss i (584) an anuren
Amphibien lehren über die Entstehung der Hypo-
physe Folgendes: In der ersten Entwickelung
wird die Hypophysisanlage repräsentirt durch
eine Verdickung der tiefen Ektodermschicht zwi-
schen dem vorderen Theile der ventralen Vorder-
hirnoberfläche und der dorsalen Insertion der Mem-
brana pharyngea. Sie entwickelt sich dann zwi-
schen Vorderhirn und Darmkanai und theilt sich
in 2 Zellengruppen, die durch einen vergänglichen
Pedunculus hypophyseos verbunden sind: eine
craniale Verdickung des Stratum profundum ecto-
derm. und eine caudale Hypophysisanlage sensu
strictiore. Vor dem Verschwinden des Hypophysis-
stieles differenzirt sich das dorsale Entoderm in
2 Lagen, und es besteht eine vorübergehende Ver-
bindung zwischen der entodermalen und der ekto-
dermalen Schicht. Das Entoderm ist aber bei der
Genese der Hypophyse ganz unbetheiligt ; ins-
besondere haben die beiden entodermalen Divertikel
mit der Hypophysisanlage nichts zu thun (contra
Kupffer). Das dorsale Divertikel steht mit der
Chorda dorsalis in Verbindung, die sich zwischen
Darm und Vorderhirnfläche einschiebt.
In den Anhangsgebilden der Hypophyse oder
in ihr selbst liegt möglicher Weise ein besonderer
nervöser Apparat.
Boeke (588 — 590) beschreibt die Hypophyse
bei Teleostierembryonen und auch die Infundibular-
region bei Amphioxus. Bei den ersteren findet er
im caudalen Theile des Infundibulum einen Epi-
thelbelag vom Charakter der Sinnesepithelien, zu
dem Nerven zutreten. In der Infundibularr^ion
des Amphioxus (590), wo ähnliche, wimpern-
tragende Zellen liegen, konnte er die zutretenden
Nervenfibrillen (mit Apathy 'scher Ooldmethode)
in die Zellen bis zu den Ansatzpunkten der Cilien
verfolgen. B. ist deshalb der Meinung, dass das
ganze Infundibularorgan bei Amphioxus und Tele-
ostiem ein Sinnesorgan sei.
Dann hat Bochenek (586) bei Amphibien
ebenfalls den Eintritt eines Nerven in die vom Btf,
zuerst entdeckte, zwischen Infundibulum und Hypo-
physis gelegene Masse beschrieben, die er eben-
falls als Infundibularregion deutet. Sie ist beim
Frosch complicirter gebaut als beim Salamander.
Bef. E. glaubt daran erinnern zu dürfen, dass er
schon 1892 bei Selachiern mächtige Nerven und
ihre Kreuzungen zur Infundibularregion geschildert
und die Decnssatio infundibuli mit ihren Endaus-
läufern damals und seitdem mehrfach beschrie-
ben hat
Die Bilder, die Studnicka (582) von der
Hypophysis bei Orthagoriscus und Lophins be-
kommen hat, stimmen nicht gut mit der von
BelaHaller begründeten Auffassung, dass diese
Drüse ihr Sekret durch einen Ausführungsgang in
den Schädelraum entleere. Bei den erwähnten
Fischen [der Bef. kann das Gleiche für eine grosse
Anzahl anderer Fische, Amphibien und Reptilien
bestätigen] sind die Hypophysenschläuche ganz
ohne sichtbares Lumen. St fand, dass nach aussen
von den Epithelzellen, zwischen diesen und den Ge-
fässen, mit vielen Fortsätzen zwischen die Drüsen-
zellen hineindringend sich eine sekretartige Masse
ansammelt Beim Anblick seiner Bilder erhält man,
wie S t selbst, vollkommen den Eindruck, dass die
Hypophysenzellen ihr Sekret den Blutgefässen
[vielleicht aber auch nur einem Apparate, der die
Blutgefässe umgiebt. Usf.] zuführen.
Mehrere Arbeiten beschäftigen sich mit den Lobi
laterales der Hypophysis. Gau pp hat zuerst bei
Embryonen von Reptilien 2 lateral von der Hypo-
physe liegende Säcke beschrieben. Den Ursprung
dieser seitlichen Hypophysengruben, namentlich
ihre Beziehungen zum Kopfdarme hat, ebenfalls bei
embryonalen Reptilien, Sal vi(592) genau studirt
Aus der reich illustrirten Abhandlung geht hervor,
dass es sich um zweierlei Dinge handelt, eine primi-
tive Ausstülpung des Kopfdarmes, die sich jederaeits
von der mittleren Hypophysengrube abschnürt,
und eine lateral davon liegende Vertiefung des
Ektoderms, die sich erst sekundär mit jener Ab-
schnürung in Verbindung setzt Wegen der Einzel-
heiten, namentlich des Verhaltens von Ekto- und
Entoderm am Kopfdarme, muss auf das Original
verwiesen werden.
Die Arbeit vonRossi (591) beschäftigt sich
mit den gleichen lateralen Gruben, diesmal bei
Embryonen von Torpedo. Hier sind sie sehr deut-
lich in frühen Stadien, verschwinden aber voll-
Ediuger und Walleuberg, Anatomie des Centralnervensystems.
223
beim erwachsenen Thiere. Sie haben
innige Beziehungen zu den Carotiden; beim er-
wachsenen Thiere geht der untere Hypophyeen-
sack, ein unpares Gebilde, ähnliehe Beziehungen
ein. Es handelt sich hier, meint R., um die letzten
Reste der Drüsen, die um den Urmund herum ge-
legen haben.
Nach Qemelli (594) sind die Zellen der
Hypophyse in massiven Schläuchen angeordnet,
ihre Körnung ist netzförmig und sehr ähnlich der,
die sich in den Epithelien der Nebennieren findet
Die eindringenden Nervenfasern endigen zum Theil
zvischen den Epithelien mit Anschwellungen in
verschiedener Form.
c) Oychstomm, Selachier, Teleosiier.
596) Holm, John F., The finer anatomy of the
Denrous System of mysine glutinosa. Morphol. Jahrb.
IXIX. 1901.
597) Johns ton, J. 6., The brain of petromyzon.
Joura. of comp. Neurol. Xu. 1902.
598) Kappers, Ariens, Yerslag der onderzoe-
kiogen van 6 December 1901—5. Maart 1902 in het zoo-
logisch Station van Prof. ÄrU, Dohm te Napels. Neder-
laodsche Staatsconrant van 1. Nov. 1902. Nr. 256.
599) Catois, M., La nevroglie de Tencephale des
poissoos. Compt rend. de TAcad. des Sc. Jan. 31. 1898.
600) Catois, M., Sur Thistologie et Tanatomie
microsoopique de Tencephale des poissons. Ibid. Jan. 25.
601) Catois, M., Note sur Thistogenese du halbe
olfactif chez les selaciens. Soc. Unneenne de Norm. 5. S.
L1897.
602} C a t o i B , M., Note sar Tanatomie microsoopique
de l*eocephale chez les poissoos. Structure des cellales
oenroQses. Ibid. II. 1899. (N i s s 1 - Färbung der Zellen.)
603) Catois, M., Becherohes histologiqnes sur les
^oies olfactives et sar les voies cerebelleuses ohez les
teleostiens et les selaciens. Compt. rend. de TAssoo.
/lao^. poar Tavancement des Sc. 1899.
604) Catois, M., Recherches sur Thistologie et
l'anatomie microscopique de l'encephalo ohez les poissons.
Bali, scientifique de la France XXXVI. 1901. (Haupt-
werk des Verfassers.)
605)HoTi8er, Gilbert L., The neurones andsup-
poitiDg elements of the brain of a selachian. Jonrn. of
comp. Neurol. XI. 2. 1901.
606) Johnston, J. B., The brain of acipenser.
ZooL Jahrbb., Abth. f. Anat. u. Ontog. d. Thiere XV.
1 0.2; Jena 1901.
607) Herrick, C. Judson, The cranial nerves
>od cntaneous seose organs of the North American Silu-
roid Fishes. Joum. of comp. Neurol. XI. 3. p. 178.
1901. 4 Tafeln. (Betrifft nur die peripherischen Nerven.
Wichtig für diese.)
606) Stadnicka,F. K., üeber eine eigen thümliohe
Form des Sehnerven bei Syngnathus acus. Sitz.-Ber. d.
kgL böhm. Gesellsch. d. Wissensch. mathem.-naturwissen-
schaftl. Klasse 1901.
609) Sargent, Porter Edward, The develop-
ment and function of Beissner's fibre , and its cellular
coonections. A prehminary Paper. Proceed. oftheAmer.
Acad. of ArtB and Sc. XXXVI. 25; April 1901.
610) Crevatin, F., Süll unione di oellule nervöse
e SU di aloane partioolaritä di struttura del bulbo olfattivo.
Kend. di Sess. di R. Accad. di Sc. di Inst di Bologna
N. 8. IV. 2. p. 44. 1899—1900.
611) Jagodowski, E. P., Zur Frage nach der
Eodiguog des Oeruchsnerven bei den Knochenfischen.
(Aus d. hist Laboratoriwn von Prof. Ä. S, Dogiel d. Univ.
Petersburg.) Anatom. Anzeiger XIX. p. 257. 1901. Mit
10 Abbildungen.
612) Pedasohenko, D., Zur Entwickelung des
Mittelhirns der Knochenfische. Arch. f. mikroskop. Anat
u. Entw.-Oesch. LIX. 2. 1901. 3 Tafeln u. 4 Figuren.
613) Pedasohenko, D., Ueber eine eigenthüm-
liehe Gliederung des Mittelhimes bei der Aalmutter
(Zoaroes viviparus). Anatom. Anzeiger XIX. 1901.
614)Aichel, 0., Das Tectum loborom opticomm
embryonaler Teieostier mit Berücksichtigung verglei-
chend-anatomischer Verhältnisse. Inaug. - Diss. Würz-
burg 1901. 3 Figuren.
615) Johnston, J. B., The Qiant ganglion cells of
Catostomus and Coregonus. Joum. of comp. Neurol. X.
4.1900. 2Tafeh).
616) Schacherl, M., Zur Bückenmarksanatomie
der Plagiostomen (Myliobatis). Arbeiten a. d. neurol. Inst
an d. Wiener Universität Herausgeg. von Prof. Heinrich
Obersteiner, Heft 9. Leipzig a. Wien 1902. Franz Deu-
ticke. Mit 4 Abbildongen im Text
617) Stephen, ^. Williams, Changes accom-
panying the migration of the eye and observations on the
tractus opticus and tectum opticum in pseudoplearonectes
americanus. Bull, of the Museum of comp. Zoölogy at
Harvard College XL. 1. Cambridge, Mass., U. S. A. May
1902. With 5 Plates and 7 Text Figures.
618) £ d i n g e r , L., Das Cerebellum von Soyllium
oanicula. Aroh. f. mikroskop. Anat a. Entw.-Oesch.
LVm. 1901.
Holm (596) bat mit der Oolgi- und der
Eisenhftmatoxylinfärbung sehr genau das Oehirn
von Myxine untersucht Frontal vom Acusticus
theilt sich der 4. Ventrikel in 2 Kanäle, von denen
der eine in das Tectum, der andere direkt in den
3. Ventrikel fQhrt Das Cerebellum fehlt ganz.
Die Oanglia habenulae sind sehr gross. Eine Epi-
physe fehlt. Die Riechlappen sind ziemlich gut
entwickelt ; ein Tractus bulbo-epistriaticus und ein
Tractus olfaoto-habenularis, ebenso wie eine Com-
missura olfactoria anterior sind nachgewiesen. Ein
Epistriatum lAsst sich nicht ganz sicher vom Striatum
scheiden, besonders weil auch eine Commissur-
verbindung innerhalb der Commissura anterior
fehlt, falls nicht, wie es den Anschein hat, die
Commissura postoptica einen Theil der hierher-
gehOrigen Fasern enthält Der Tractus strio-
thalamicus ist klein und endet deutlich im Nudeus
rotundus thalami. Der manchmal fehlende sehr
kleine Sehnerv kreuzt nicht und endet in kleinen
Zellengruppen an der Basis des Gehirns. Sehr
gross ist das Mittelhirn. Der Fasciculus retro-
flexus endet nicht in dem ganz deutlichen Corpus
interpedunoulare , sondern zieht weiter in die
Oblongata. Aus dem frontalen Ganglion des Mittel-
hims ziehen Fasern mit den Tractus tecto-spinales,
die den Müller 'sehen Fasern homologisirt wer-
den, in das Rückenmark. Alle Augenmuskelnerven
fehlen. Der Nerv der Seitenlinie tritt mit dem
Vagus ein und endet im Acusticuskeme.
In einer schOnen, auf reiches Material gestützten
Arbeit beschreibt Johnston (597) das Gehirn
von Petromyzon. Der Nudeus V spinalis und das
Tuberculum acusticum gehören zum Nucleus funi-
Guli und sind namentlich caudal gar nicht von ihm
zu trennen, während der Fasciculus communis
224
E (1 i n g e r und Wallenberg, Anatomie des CentralnervenBystems.
(Lobus Vagi) median deutlich abgeschieden ist. Das
sehr kleine Cerebellum wird möglicher Weise nur
durch die dorsale Verbindung der beiden Tuber-
cula acustica gebildet. Alle sensorischen Nerven
schicken Fasern hinein, ebenso nimmt es einen Zug
aus den Lobi inferiores auf. Ein dünner schmaler
Ueberzug von Gerebellargewebe bedeckt lateral das
Tuberculum acusticum. In dem dorsalsten Theile
dieses Tuberculum endigt der Nervus lineae late-
ralis. Am caudalen Ende der Oblongata kreuzt
der Fasciculus communis (Commissura infima), und
hier endigt in dem Nucleus commissuralis ein
Theil von ihm, während ein anderer sich in das
Dorsalhorn des Rfickenmarkes fortsetzt Das
M e y n e r t 'sehe Bündel, das entsprechend der ver-
schiedenen Entwickelung der Ganglia habenulae
rechts viel st&rker als links ist, endigt nicht im
Corpus interpedunculare, sondern setzt sich, wie
es J. schon früher für den Stör nachgewiesen hat,
in die Oblongata fort. Aus den grossen Lobi in-
feriores entwickeln sich Züge zur MeduUa, zum
Cerebellum und zum Epistriatum. Das letztere ist
gross. Es existirt ein deutlicher Tractus olfacto-
habenularis. Die Glandula pinealis hat den Bau
eines lichtpercipirenden Apparates ; sie ist wesent-
lich mit dem linken Ganglion habenulae verbunden.
J. legt einen besonderen Werth darauf, dass man
bei Petromjzon deutlich erkennt, wie die End-
kerne der Nerven für das Hautsystem (Nucleus
funiculi, Nucleus Y spinalis und Tuberculum acusti-
cum) scharf von den Endkemen solcher Nerven
getrennt sind, die Organe aus dem Entoderm ver-
sorgen (Fasciculus communis). Die Arbeit ist fast
ausschliesslich auf dieGolgi- Methode gegründet,
die bei Petromyzon bisher noch nicht für alle Theile
des Gehirnes in Anwendung kam.
Endlich findet auch das Fischgehirn Bearbeiter,
die nicht nur Einzelheiten untersuchen, John-
ston (606), der das Störgehirn studirte, hat im
Wesentlichen mit der Golgi- Methode gearbeitet.
Es ist leider nicht möglich, den Inhalt seiner
Arbeit, namentlich auch wegen des grossen Reich-
thums an Einzelangaben, ohne Abbildungen wieder-
zugeben. Sie behandelt zunächst die Eintheilung
der Hirnnerven und deren Endigung, wobei es sich
herausstellt, dass die Endstätten des 5., 8. und des
Seitenliniennerven dicht aneinander grenzen. Es
handelt sich im Wesentlichen um das „Tuberculum
acusticum'^ und einen dorsalen Vaguskern. Die
erwähnten Nerven schicken übrigens mächtige
Fasern rückenmarkwärts (Funiculis communis),
die in einem langgestreckten Kern (Nucleus funi-
culi) endigen. Der 8. und der Seitenliniennerv
gelangen auch noch in einen speciellen, medialer
liegenden Kern. Das Kleinhirn soll sich direkt
aus dem Kopfende des Tuberculum acusticum ent-
wickelt haben, hierfür sind aber keine genügenden
Grundlagen gegeben. Namentlich f Qr die Acusticum-
zellen und die Kleinhirnzellen finden sich viele
Angaben, die in vielem mit denen bei H aller
übereinstimmen. Aus dem Lobus vagi gelangt ein
Zug der sekundären Vagusbahn heraus, dessen
Ende unbekannt ist, aus dem aber eine Kleinhirn-
commissur stammen solL Die Beschreibung des
Tectum opticum bietet nichts wesentlich Neues;
Fasern aus ihm gelangen angeblich zu den moto-
rischen Kernen der Oblongata, zum Kleinhirn und
zu den Lobi impares. Der letztere Zuzug soll nur
aus Collateralen des medullären Zuges bestehen.
Die Arbeit enthält viele Angaben über das (}anglion
habenulae und einen neuen Kern an der Basis des
Gehirns, in dem Habenulafasem endigen. Im
Ganglion habenulae sollen Nervenfasern aus der
Epiphysis endigen. Der Tractus olfacto-habenu-
laris, die Tractus thalamo-mamillares werden be-
schrieben. Der Opticus endigt nur im Tectum und
im Nucleus anterior thalami. Der Nucleus ruber
sendet seine Neuriten direkt in das Kleinhirn.
Eine mächtige Kreuzung hinter dem Chiasma ent-
hält Fasern aus dem Kleinhirn und aus dem Tectum.
Das Epistriatum erhält Bahnen aus dem Olfactorius
und solche aus dem Hypothalamus, giebt auch
kurze Neuriten in das Striatum ab. Die Angaben
J.'s über die rudimentäre Hirnrinde bei Acipenser,
über die Commissura anterior und über den Riech-
apparat müssen im Original eingesehen werden,
das 12 Tafeln, darunter eine mit einem farbigen
Schema, enthält. Es ist zu bedauern, dass J. bei
dieser ausserordentlich mühevollen Arbeit sich nur
auf die G o 1 g i - Methode verlassen hat, denn an
manchen Stellen, z. B. bei Beschreibung der Fasern
aus der Epiphyse, kann man sich des Eindruckes
nicht erwehren, dass es sich um geschwärzte Epi-
thel-Endfäden und nicht um echte Nervenfasern
handele; ebenso leidet unter der unzureichenden
Methode zweifellos die Sicherheit des Resultats,
soweit die auf- und absteigenden Hirnnervenbahnen
(Nucleus funiculi u. s. w.) in Betracht kommen.
Die an vielen originalen Beobachtungen reichen
Arbeiten vonCatois (599 — 604) über das Gehirn
der Selachier und der Knochenfische können hier
leider nicht so ausführlich, wie sie es verdienten,
referirt werden. Es seien die Interessenten aus-
drücklich auf das Hauptwerk (604) verwiesen, das
auch durch seine Abbildungen die vielfach compli-
cirten Dinge, von denen berichtet wird, klarer
stellt, als dies der Text eines nothwendig kurzen
Referates vermag. Die Arbeit beruht im Wesent-
lichen auf der Chromsilbermethode, doch wurden
auch die Markscheidenfärbung und die vitale
Methylenblau-Methode verwandt Der erste Ab-
schnitt „Histologie^' bringt eine sorgfältige Be-
schreibung der Nervenzellen und der markhaltigen
Fasern, an denen die Seh wann 'sehe Scheide
nachgewiesen wird. Die im Wesentlichen aus
Ependymzellen stammende Glia ist nicht so stark
wie bei höheren Yertebraten entwickelt. Bei den
Fischen ist der Achsencylinder der Zellen oft recht
schwer von den sehr einfach verzweigten Dendriten
zu unterscheiden. Es folgt eine Beschreibung des
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
225
Riechsystems, in der namentlich sehr genau auf
die verschiedenen Commißsuren eingegangen wird.
Der Bau der Bulbi olfactorii ist im Wesentlichen
80 wie bei allen anderen Wirbelthieren. Bei An-
guilla und Gonger existirt eine Commissura inter-
bulbaris. Dendriten der Mitralzellen ziehen aus
einem Lobus in den anderen. Bei den Teleostiern
enthalt derTractus olfactorins nicht nurdieMitral-
zellenauslänfer ; sondern es gelangen in ihn auch
Fasern hinein, die in den Zellen des Hypostriatum
entspringen. Die laterale Bahn endet direkt seit-
lich am Vorderhirn, die mediale zieht zum Hypo-
striatum, zum guten Theil gekreuzt. Die Com-
missura interlobaris , wo diese Kreuzung statt-
findet, entspricht nicht vollständig der Commissura
anterior der anderen Vertebraten, ihre Pars superior
enthält die Fasern aus den medialen Olfactorius-
zellen, die Pars medialis inferior aber enthält kreu-
zende Fasern aus den Basal bündeln. Bei den
Selachiem ist es ganz deutlich, dass die Zellen,
um die sich die sekundäre Olfactoriusbahn an den
Basalganglien aufsplittert , ihre Achsencylinder
durch eine echte Commissura anterior kreuzen
lassen. Bei den Teleostiern werden im Stamm-
^nglion ein Epistriatum, ein Stammganglion und
Hypostriatum unterschieden, letzteres identisch
mit des Referenten Nucleus taeniae. Das Gleiche,
wenn auch weniger deutlich, lässt sich bei
Selachiem nachweisen. Gerade hier muss wegen
des Genaueren auf das Original verwiesen werden.
Das Endhim der Selachier ist, wie Eef. schon an-
gegeben hat, viel complicirteralsdasderTeleostier.
G. hält es wesentlich ffir einen Aufnahmeapparat
der durch die Riechfaserung zugeführten Eindrücke,
erst in zweiter Reihe soll es andere sensitive Ein-
drücke aufnehmen künnen. Natürlich kann es
durch caudalwärts gehende Bahnen sekundär auf
andere Theile des Gehirns einwirken. Das Stamm-
ganglion schildert C. im Wesentlichen in Ueber-
einstimmung mit dem Eef.; bei den Teleostiern
unterscheidet er : Epistriatum, wo der grüsste Theil
des basalen Vorderhirnbündels entspringen soll,
Striatum und Hypostriatum, letzteres, wie es scheint,
identisch mit dem hinteren Rieohlappen und dem
Nucleus taeniae. Die Abtheilungen des Stamm-
gangUons der Selachier lassen sich mit den gleichen
bei den Teleostiern noch nicht vollständig homo-
logisiren. C. unterscheidet: Regio lateralis, wo
die sekundäre Riechbahn endet, Regio basalis, wo
die Fasern des medialen Bündels entspringen, und
Regio dorsalis, in deren mittlerem Abschnitt das
Medianbündel endigt, aus deren lateralem Theile
Fasern des Basalbündels entspringen. Dieses letz-
tere Bündel enthält zweifellos auf- und absteigende
Bahnen, die ersteren stammen aus dem Infundi-
bulum und kreuzen zum Theil im ventralen Ab-
schnitte der Commissura anterior. Das Mantel-
bündel, das zum dorsocaudalen Abschnitte des
Vorderhims bei den Selachiem zieht, gelangt in
die Lobi inferiores und endigt da direkt und ge-
kreuzt Im Epithalamus, wohin die genannten
Bündel verfolgt werden, sollen auch Opticusfasern
enden, die einen Theil der Commissura habenu-
laris ausmachen. C. fasst alle Kreuzungen in der
Commissurenplatte des Mesencephalon als Com-
missura posterior zusammen, in der er dann 7 Bündel
verschiedener Abkunft unterscheidet. Es folgt die
Beschreibung des Corpus geniculatum, der tiefen
Opticusfasern und des Nucleus praetectalis , aus
dessen grossen multipolaren Zellen die Achsen-
cylinder nicht nur zur Commissura posterior, son-
dem auch zur Basis des Mesencephalon ziehen.
Der Nucleus anterior thalami, der den Tractus
mammillo-thalamicus abgiebt, soll auch Fasern aus
dem Opticus empfangen. Die beiden Nuclei rotundi
sind durch eine mächtige horizontale Commissur
unter einander verbunden und stehen im Wesent-
lichen zum Tractus strio-thalamicus in Beziehung,
ausserdem erhalten sie Fasern aus dem Genicu-
latum und werden von einem Zug der Decussatio
postoptica inferior durchbrochen. Im Hypothalamus
. liegen die bekannten Commissuren, die näher be-
schrieben werden; bei den Selachiem auch die
Kreuzung der Mantelbündel. Die Lobi inferiores
werden genau beschrieben. Für die Fasern, die
da entspringen oder enden, muss auf das Original
verwiesen werden, zumal C. hier viele Einzel-
angaben bringt, ohne sich über Alles ganz sicher
auszusprechen. Weniger genau, aber immer noch
besser, als in den meisten früheren Beschreibungen,
wird das Mittelhirn geschildert Aus dem Torus
longitudinalis gehen Fasern in die Opticusschicht
hinein, wie es auchRamön y Cajal beschrieben
hat Die Achsencylinder aus dem Torus semi-
circularis verbreiten sich weithin zwischen den
Zügen aus dem Tectum. Es gelangen sogar Fasern
bis in den Hypothalamus und Nucleus praetectalis.
Dem dorsalen Längsbündel ist ein Bündel aus dem
Tectumdach beigemischt, es soll auch Fasern aus
den sensorischen Kernen der Oblongata enthalten.
Das laterale Längsbündel enthält Fasern zum
Rückenmark und aus ihm. Man wird in der Arbeit
noch viele Notizen über die Kerne der Hirnnerven,
über die Valvula cerebelli und dessen Pedunculi
und die Pedunculi cerebelli finden, doch sind diese
Theile nicht mit der Ausführlichkeit behandelt wie
das Vorderhim. Genauer werden der Ursprung des
Oculomotorius, der Nucleus ruber, dann die Fasern
in der Valvula cerebelli beschrieben. Schliesslich
werden die Stiele des Kleinhirns und ein Theil der
Oblongata geschildert Das Cerebellum hat frontal-
wärts 3 Züge: a) aus dem Thalamus und Geni-
culatum, b) aus dem Hypothalamus, c) gekreuzt
aus der Valvula zur Gegend des Oculomotorius-
kemes. Caudalwärts bestehen : a) Fasern aus dem
Bulbus und dem Rückenmark, die als Moosfasern
in der Körnerschicht enden und wahrscheinlich in
direkter Beziehung zu den Kernen der sensiblen
Nerven stehen, b) Achsencylinder [aus Purk inj er-
sehen Zellen?] zum anterolateralen Theile des^
226
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
Rückenmarkes. Zwischen diesen frontalen und
caudalen Kleinhirnarmen kommt noch ein mittleres
BGndel vor : 1) Fasern aus den Purkinje 'sehen
Zellen, die in einer unregelmftssigen Zellenmasse
an der Basis der Oblongata enden (Olive), und
2) centrifugale Fasern aus dem Bulbus, die als
Kletterfasern um die Purkinje 'sehen Zellen
enden.
Ariens Kappers (598) hat an einigen Sela-
chiern und Teleostiern, vorzugsweise an Mustelus
und Lophius, die Oehirnbahnen untersucht Im
ventralen Abschnitt des Yorderhirns (Mustelus),
da wo die Commissura interhemisphaerica ent-
springt, liegt eine als Nucleus olfactorius bezeich-
nete Ganglienmasse. Aus ihr entwickelt sich ein
dicht neben dem medianen Mantelbündel (Tractus
cortico-mammillaris) verlaufender Zug caudalwärts,
ebenso entspringt hier ein Zug zum Epistriatum
(Tractus cortice - epistriaticus). Die anderen hier
endenden Bahnen stehen in Beziehung zum Riech-
apparat und zu der erwähnten Commissur. In
dieser selbst unterscheidet K. vielerlei verschieden .
kreuzende Bündel. Weiterhin beschreibt er von
Mustelus den Tractus olfacto-habenularis, das basale
Yorderhirnbündel und die Commissura anterior;
die letztere soll besonders Fasern zwischen beiden
Striata enthalten. Olfaktorische Elemente fehlen
ihr bei den Rochen fast ganz, bei Lophius sind
solche vorhanden. Am Stammganglion der Tele-
ostier kann K. mit Bef. gegen Ha 11 er keine Ele-
mente finden, die als Rindenaequivalente gedeutet
werden könnten, eben so wenig wie da irgend ein
Bündel entspringt, das man dem Medianbündel
der Selachier gleichstellen könnte. Das Zwischen-
him wurde nur bei den Selachiem untersucht.
Ausser dem Ganglion habenulae und einem in den
Tractus olfacto-habenularis eingebetteten neuen
Ganglion werden noch der Nucleus praetectalis
und das Ganglion lentiforme beschrieben. Aus
der Commissura habenularis soll ein Zug in den
Sehnerv gelangen ; der Tractus cortico-habenularis
fehlt natürlich bei den Teleostiern. Bei Selachiem
und Teleostiern wird der Nucleus anterior thalami
unterschieden, ebenso das Corpus geniculatum
laterale, aus dem Fasern nicht nur in die Commis-
sura posterior, sondern auch rückwärts in den
Bindearm gerathen sollen. Die anderen Kerne des
Teleostierthalamus , auch der Nucleus rotundus
konnten bei Selachiem nicht sicher wiedergefun-
den werden, wo eine mehr diffuse Zellenmasse
sie zu ersetzen scheint In dieser Masse endigen
wenigstens die strio - thalamischen Fasem, die
Bindearme, die Tractus spino-thalamici und die zum
Corpus mammillare in Beziehung stehenden Fasern.
Hier, wie in der Beschreibung des Infundibulum,
steht K. durchaus in üebereinstimmung mit des
Bef. Arbeiten. Catois' Commissura postchias-
matica soll eine Kreuzung der basalen Opticus-
wurzel sein. Die Nerven, die Bef. zum Saccus
vasculosus ziehen sah, sollen aus einem kleinen
Ganglion des nahen Infundibulum stammen. Aus
dem gleichen Ganglion stammen, durch die frühe
Markbildung unterschieden, dorsalwärts gehende
Fasern. Reichliche Angaben über die Commissura
hypothalamica posterior, kurze Beschreibung der
Oblongata von Lophius und Mustelus und des Cere-
bellum von Mustelus, speoielle Untersuchungen
des ürspmngsgebietes von Acusticus, Vagus und
Facialis, namentlich auch seiner Beziehungen zum
Nervus Y. Die Pars posterior cerebelli (Mustelus)
nimmt fast nur Bahnen aus sensiblen Nerven auf.
Zu dem Rautenohr stehen im Wesentlichen die
Fasern in Beziehung, die Kleinhirn und Rücken-
mark verbinden. Ueber kreuzende und nicht kreu-
zende Bündel im Yelum in der Pars anterior cere-
belli zum Mittelhirn und zum Thalamus siehe das
Original.
Die Sehnerven bei Syngnathus bestehen, wie
bei vielen anderen Fischen, aus gewellten Bän-
dern, aber es spalten sich zwischen Chiasma und
Auge hier die Sehnerven in viele Einzelbündel, sie
vereinigen sich an der Papille wieder. Stud-
nicka(608).
Die Abbildungen, die Pedaschenko (613)
vom Mittelhirn junger Embryonen von Zoarces
giebt, zeigen, dass hier viele eigenthümliche prie-
men- und pyramidenartige Röhren das Gewebe
zusammensetzen. Bef, der dieses Gehirn gut
kennt, hat an P.'s Bildem durchaus den Eindruck
erhalten, dass es sich zum grossen Theile um
Kunstprodukte handelt Der bei diesen Thieren
weite Hohlraum des Mittelhims erscheint auf den
Abbildungen mit jenen Prismen ganz gefüllt [ob
es sich nicht um zersprengte Einbettungsmasse
handelt?], ausserdem aber zeigen diese Abbil-
dungen in dem feinen Gewebe, das zwischen Dach
und Basis an vielen Stellen liegt, einzelne Ein-
buchtungen, die vielleicht nicht ganz als Kunst-
produkte aufzufassen sind, möglicherweise mit der
mehrfach beschriebenen, z. B. neuerdings genau
von Aichel (614) verfolgten Segmentirung des
Mittelhirndaches zu thun haben.
Edinger (618) hat das Kleinhirn von Scyl-
lium canicula monographisch untersucht Ausser
der Beschreibung von Form und Schichtung bringt
die Arbeit Angaben über die Eigenfasern des Cere-
bellum, über die Yerbindungen des Kleinhirns mit
anderen Himtheilen und über Fasern, die direkt
in Beziehung zu den sensorischen Himnerven
stehen. Yon Yerbindungen werden unterschieden :
ein Tractus oerebello - thalamicus omciatus, ein
Tractus cerebello - mesencephalicus , ein Tractus
cerebello - spinalis , ein Tractus cerebello - teotaiis
zum Mittelhirndach und Bündel zur Decussatio
veli, die möglicherweise in das Rückenmark ge-
langen. Während diese Resultate vielen gefärbten
Präparaten, die E. abbildet, entnommen sind,
beruhen seine Behauptungen über Beziehungen
des Kleinhirns zu den Hirnnerven auf Degenera-
Edinger und Wallenberg, Anatomie des Centralnervensystems.
227
tionbildern, die nach Durchschneidung der Nerven
durch die Marchi- Methode erlangt sind. Es
hat sich herausgestellt, daas aus aUm senaiblefi
Eimnerven so mäckiige Bahnen in das Kleinhirn
gelangen, dass man diesen Bimiheü im Wesent-
lichen als die Endsiätte der direkten sensorisehen
Bahn ansehen muss, neben der alle anderen Fasern
nur eine kleine räumliche Rolle spielen. Im Klein-
hirn wird noch ein einziger Eigenkem beschrieben.
In dem Anhange definirt E. den dorsolateralen
Abschnitt der Oblongata als das ,,sensible Wurzel-
feld", weil er nur aus Bestandtheilen der sensiblen
Nerven zusammengesetzt ist Hier findet man die
aaf> und absteigenden Wurzeln und hier liegen
die Kleinhimbahnen zu den sensiblen Nerven des
Kopfes und des Rumpfes. Die Eintheilung will
K nicht nur für die Sekohier, sondern ffir alle
Wirbelthiere benutzt wissen.
Stephen R Williams (617) hat am Schä-
del und Gehirn die Veränderungen verfolgt, die
bei jungen Schollen auftreten, wenn allmählich die
Augen die bekannte Verlagerung einnehmen. Es
ist nicht möglich, ohne die vielen und schönen
Abbildungen, die W. bringt, den Inhalt dieser
Arbeit kurz wiederzugeben.
Der Bßf. hat früher schon mitgetheilt, dass
aus den Epithelzellen, die die Himventrikel um-
geben, bei den niederen Vertebraten, besonders
deutlich bei den Haien, gut färbbare Sekretströme
in die Ventrikel hineingehen, deren bei verschie-
denen Härtungen unregelmässige Gestalt wohl
vielfach bekannt ist Sargent nimmt (siehe
frühere Berichte) an, dass der Reissner'-
sche Faden, der bei Fischen im Ventrikel des
Rückenmarkes gefunden wird, nicht etwa ein
solches Gerinnungsprodukt sei, sondern er hält
ihn für einen Nervenfaden. In einer neuen Mit-
theilung (609) hat S. auch die erwähnten Sekret-
strOme, die aus den Zellen herauskommen, sehr
schön abgebildet und gezeigt, wie sie sich zum
Faden zusammenschliessen. Er ist aber der Mei-
nung, dass es sich hier um die Ausläufer von
Zellen des grosszelligen Mittelhimdachkernes han-
dela Da diese Zellen durch Fortsätze einerseits
nahe an die Opticusendigungen reichen, anderer-
seits ihre Achsencylinder in der Richtung nach
dem Kleinhirn senden, so sieht er in dem Reiss-
n er 'sehen Faden, der ja bis an das caudale Ende
des Rückenmarkes verfolgt werden kann, ein ganz
neues und sehr merkwürdiges System des Gehirns,
das die optischen Eindrücke auf das Kleinhirn
und auf die Vorderwurzeln des Rückenmarkes
übertragen solL Er hat die Entwickelung des
Fadens bei Amia, Selachiern und Cydostomen
untersucht, ja er hat ihn am lebenden Thier durch-
schnitten und will danach eine mangelhafte moto-
rische Reaktion auf optische Reize beobachtet
haben. [Bef. E. muss auch nach den S.'schen Bil-
dern an der Meinung festhalten, dass der Faden
nur ein Gerinnungsprodukt ist]
Das peripherische Ende der Riechzellen von
Esox (Hecht) geht nach den Untersuchungen von
Jagodowski(611) theils in die bekannten koni-
schen, zapfen- und stäbchenförmigen Verdickungen
über (Schnitze, Dogiel), zum Theil bildet es
geisseiförmige Fortsätze, die sich bis in oberfläch-
lichste Schleimhautlagen verfolgen lassen.
Romano (150) hat die Zellen desLobus elec-
tricus bei Raja und Torpedo in verschiedenem
Alter und von verschiedenen Arten untersucht
und dabei neben den von Apäthy, Bethe und
Anderen angegebenen Methoden Fixation in „flüs-
siger Luft'^ und monochromatisches Liebt zur mög-
lichsten Vermeidung von Artefakten bei der Diffe-
renzirung angewandt An einzelnen Stellen konnte
er ein extracelluläres Netzwerk aus Neuriten-, Den-
driten- und Gliaverästelungen nachweisen. Die
Arbeit bringt genaue Einzelheiten über Plasma-
struktur. Ein endocelluläres Netzwerk (Golgi)
sah R. nicht. Es existiren in den Lobi electrici
vier verschiedene Zellarten, die näher beschrieben
werden. Die typischen elektrischen Lobuszellen
des Torpedo, die sich auch im Rückenmarke der
Rajaarten wiederfinden, können weder mit centralen
Zellen, noch mit Zellen von Ganglien verglichen
werden.
Mencl (132) hat Anastomosen rein cytoplas-
matischer Natur, ohne nervöse Verbindung, zwi-
schen je zwei Ganglienzellen im Lobus electricus
von jungen Torpedo-Exemplaren gesehen (dieselbe
Beobachtung machte er auch bei anderen niederen
Vertebraten, selbst in der Oblongata des erwach-
senen Menschen und im Vorderhorne von Neu-
geborenen, und hält sie für das vorletzte Stadium
der Zellentheilung). Ausser destruirenden Leuko-
cyten konnte M. destruirende und nicht destruirende
Kernvacuolen und einen in eine fremde Zelle hinein-
wachsenden Neuriten nachweisen. Intracelluläre
Capillaren hat er nicht gefunden.
Schacherl (616) hat das Rückenmark eines
australischen Rochen, Myliobatis aquila, unter-
sucht. Es hat im Allgemeinen den Typus des
Plagiostomen-Rüokenmarks, bietet aber einige Be-
sonderheiten.
Ramsay (622) hat das Gehirn des blinden
Fisches, Amblyopsis spelaeus, untersucht. Die
Augen sind absolut atrophisch, ein Opticus und em
Tractus opticus wurden auch auf Schnitten nicht
gefunden. Die angewandten Färbungen reichen
nicht aus, das, was über den Bau des Mittelhim-
daches mitgetheilt wird, sicher zu stellen. Be-
hauptet wird, dass die oberflächliche und die tiefe
Opticusschicht, welche Krause im Goldkarpfen-
gehirn beschrieben hat, fehlten; das tiefe Mark
war natürlich erhalten. Doch fehlten ihm zu dor-
saleren Schichten aufsteigende Fasern. Im All-
gemeinen scheint das ganze Mittelhimdach atro-
phisch. Eine erneute Untersuchung speciell mit
der Markscheidenfärbung und mit Golgi wäre
recht erwünscht
228
E d i n g e r und Wallenberg, Anatomie des Geniralnervensystems.
d) Amphibien, Beptüien, Vögel.
619)Philippson, M., Les groupes cellalaires de
la corne aoterieare de la moelle des Sauriens. Ball, de
TAcad. royale deBelg. (Glasse des sciences) Nr. 1. p. IGl.
1903.
(Die Blindschleiche besitzt keine wesentliche Ver-
änderung in der ganzen Länge des Rückenmarkes, die
£idechse hat natürlich Hals- und Lumbalanschwellang
für ihre Glieder. Bei der Eidechse lassen sich in den
Anschwellungen bestimmte Zellengruppen abscheiden.)
620) D a 1 e , H. H., Observations chiefly by the dege-
neration method on possible efferent fibres in the do^al
nerve roots of the toad and frog. Journ. of Fhysiol.
XXVn. 1901.
621) Bonne, C, Sur les gouttelettes de graisse ä
existence temporaire des ganglions spinauz de la gre-
uouille. Compt. rend.Soc. biol. LIII. 16. 1901. 6 Figuren.
622) Ramsey, £., The optic lobes and optic tracts
of amblyopsis spelaeus de Kay. Journ. comp, neurol. XI.
1. 1901. 2 Tafeb.
623) K Olli k er, A. v., üeber einen noch unbekann-
ten Nervenzellenkern im Rückenmarke der Vögel. Akad.
Anzeiger d. k. k. Akad. d. Wiss. zu Wien XXV. 1901.
624) Kolli ker, A. v., üeber die oberflächlichen
Nervenkerne im Marke der Vögel u. Reptilien. Ztscbr.
f. wissensch. Zool. LXXII. 1. p. 126. 1902. 5 Tafeln.
625) KöUiker, A.V., Weitere Beobachtungen über
die Hofmann' %Q\iQn Kerne am Marke der Vögel. Anat.
Anzeiger XXI. 3. p. 81. 1902. 1 Tafel.
626) Berliner, K., Die i7o/'mann'8chen Kerne
(27. Köüiker) im Rückenmarke des Hühnchens. (Aus der
ontwickelungsgeschichtl. Abtheil, der Breslauer anatom.
Anstalt.) Anat. Anzeiger XXL 10 u. 11. 1902.
627) Retzius, Gustaf, Zur Kenntniss der ober-
flächlichen ventralen Nervenzellen im Lendenmarke der
Vögel. Biolog. Untersuch. XL N. F. Stockholm u. Jena
1902.
628) Wallenberg, Adolf, Der Ursprung des
Tractus isthmo-striatus (oder bulbo-striatus) der Taube.
Neurol. Centr.-Bl. Nr. 3. 1903. Mit 5 AbbUdungen.
Am Rücken marke der VGgel sind von verschie-
denen Forschern (Z a c h i , Oaskell, ßrandis,
Sc ha per) gelegentlich ganz peripherisch gelegene
Zellengruppen beschrieben worden. Eölliker
(623 — 625) hat sie nun zum Gegenstände eingehen-
der Studien gemacht Er nennt sie zu Ehren seines
Gehülfen, der ihn zuerst auf sie aufmerksam machte,
die Hoffmann 'sehen Kerne. Sie liegen in seg-
mentaler Anordnung gegenüber der lateralen Vorder-
hornecke (etwa an der Stelle des Heiweg- Bech-
terew'sehen Bündels beim Menschen) und stehen
mit dem Ligamentum denticulatum in enger Ver-
bindung. E. unterscheidet „Grosskerne^' im Lumbo-
sacralmarke von den „Eleinkernen'' im übrigen
Eückenmarke. Die gleichen Eeme sah Gaskell
bei ßeptilien. Er hielt sie für homolog den Spinal-
ganglien. B e r 1 i n e r (626) bestätigt im Wesent-
lichen Eölliker 's Beschreibung. Mikroskopisch
bestehen die Grosskerne aus einem Glianetze, ähn-
lich dem des Sinus rhomboideus. Auf der einen
Seite ragen sie in die weisse Substanz, auf der
anderen sind sie von Pia überzogen. In diesem
schwammartigen Gewebe finden sich Nervenzellen
etwa vom Charakter der Vorderhornzellen (10 bis
20 auf einem Querschnitte). Die Eleinkerne über-
ragen den äusseren Umfang des Markes nicht;
ihre Zellen sind kleiner, seltener multipolar und
liegen näher aneinander in weniger Glia ein-
gebettet. Bei Reptüien (Alligator, Lacerta agilis
und ocellata und Anguis fragilis) fand E. längs
des Rückenmarkes eine Reihe segmentärer Ge-
bilde, die den Ho fm an n 'sehen Eleinkemen
gleichen, nirgend aber eine besondere Ausbildung
erreichen.
Beim Huhn liegen, wie Retzius (627) gefun-
den hat, solche Zellen um den ganzen ventralen
umfang des Lendenmarkes ; es gelang, sie vital zu
färben ; dabei stellte sich heraus, dass die grossen,
multipolaren, reich verzweigten Gebilde ihre Axonen
in die vordere Commissur senden. Ref. erinnert
daran, dass schon vor Jahren S. und P. Ramön
y C a j a 1 einen Randplexus mit multipolaren Zellen
im Froschrückenmarke beschrieben haben.
Der von Wallenberg (628) früher beschrie-
bene aufsteigende Faserzug im ventralsten Theile
des Brachium cerebri ventrale der Taube entartete
doppelseitig, wenn der cerebrale Pol des grossen
sensiblen Quintuskernes angestochen war, bis zur
frontalen Hirnbasis. Eleinhim - Läsionen führten
keine Entartung des Bündels herbei. W. schlägt
vor, den bei Gänsen und Enten sehr stark ent-
wickelten Faserzug „Tractus quinto-frontalis^' zu
nennen.
Dale (620) hat bei derBufo die Dorsalwurzeln
durchschnitten und das peripherische Stück nach
Osmiumbehandlung zerzupft. Nicht eine Faser in
ihm war degenerirt, während das ganze centrale
Stück nur entartete Fasern enthielt Metbylen-
blaufärbung ergab keine marklosen Fasern in den
Dorsalwurzeln. Bei der Eröte sind also in den
Dorsal wurzeln jedenfalls keine enthalten, die im
Rückenmarke entspringen.
I. Anatomie und Physiologie.
229
B. Auszüge.
I. Anatomie und Physiologie.
321. Ueber die Verriobtcmgen des Klein-
hiros ; von M. Lewandowsky. (Arcb. f. Anat
u. Physiol. [phyaiol. Abth.] 1 u. 2. p. 129. 1901.)
In einer eingehenden Untersuchung, über deren
Hauptergebniss L. schon 1901 kurz berichtete,
kommt L. auf Grund zahlreicher Eleinhimexstir-
pationen, die in verschiedenster Ausdehnung aus-
geführt wurden, zu dem Schlüsse, dass die Erklä-
rung nach Luciani für die durch die Ezstirpa-
tion bedingten BewegungstGrungen nicht ausreiche.
Loci an i hatte angenommen, dass durch Zerstö-
rung des Kleinhirns eine Asthenie, Atonie und
Astasie des Bewegungsapparates auftritt Dem
gegenüber sucht L. nachzuweisen, dass alle die
Bewegungstörungen und damit auch die Asthenie,
Atonie und Astasie Luciani 's nach Ausfall des
Kleinhirns hauptsächlich durch Störungen des
Muskßlsinnes bedingt sind. Das Verhftltniss dieser
cerebellaren zur cerebralen Ataxie wird von L.
durch den Satz gekennzeichnet: „Dass die im
Kleinhirne zu verarbeitenden Sensationen des
Muskelsinnes zur Regulirung dieser auf einer
tiefen Stufe des Bewusstseins vor sich gehenden
Bew^;ungen ausreichend^
Wie L. aus den Störungen des „Berührungs-
reflexes'^ erschlieset, stellt, bei Thieren wenigstens,
das Kleinhirn auch ein subcortikales Centrum für
die Sensationen des Hautsinnes dar.
Endlich wurde gezeigt, dass durch partielle
Exstirpation, durch kleine umschriebene Verletzun-
gen, es nicht wie beim Orosshime (Munk) gelingt,
für Wurm oder Hemisphären oder Theile derselben
eine verschiedene Funktion aufzufinden, bez. das
Auftreten der Ataxie durch streng lokalisirte Ver-
letzung an einer einzigen Extremität zu erhalten.
Nur findet L. mit Luciani, „dass im Allgemeinen
gleich grosse Zerstörungen um so erheblichere Er-
scheinungen nach sich ziehen, je näher der Mittel-
linie sie angelegt sind'^ In Bezug auf die zahl-
reichen anderen Beobachtungen und Schlussfolge-
roDgen, so aus den in der ersten Periode nach der
Operation am stärksten hervortretenden Zwangs-
bewegungen (Rotation der Thiere nach einseitiger
Zerstörung des Kleinhirns nach der operirten
Seite u. s. f.) muss auf das Original verwiesen
werden. Garten (Leipzig).
322. DieBesdebnngderLympbgefäasesam
Bindegewebe; von W. G. Mac Call um. (Arch.
f. Anat u. PhysioL [anat. Abth.] 5 u. 6. p. 273.
1902.)
Auf Grund von Untersuchungen, die unter Lei-
tungMarchand's angestellt sind, kommt MacC.
Med. Jahrbb. Bd. 279. Hft 8.
zu der Annahme, dass, wie schon Ran vi er mit-
getheilt hat, die Lymphbahnen nicht mit den Ge-
webespalten in freier Verbindung stehen, sondern
ein in sich völlig geschlossenes Gefässnetz bilden.
G. F. Nicolai (Halle a. d. S.).
323. Nonvelle contribntion a l'etade de
la formation de la lympbe. Lympbe et fono-
tion vaso-motrioe; par A. Pugliesi. (Arch.
ital. de Biol. XXXVHL 3. p. 422. 1902.)
Durchschneidung oder Embolisirung der Medulla
oblongata vermehrt die Quantität und den Wasser-
gehalt der Lymphe des Ductus thoracicus. Ebenso
wird durch diesen Eingriff die Gallensekretion ge-
ändert Spritzt man Hunden mit zerstörtem Hals-
marke in die Jugularis Curare, Harnstoff oder Galle
ein, so wird die Lymphbildung trotzdem vermehrt.
Die lymphagoge Wirkung des Peptons ist bei
den erwähnten Hunden vermindert, wenn es auf
venösem Wege beigebracht ist Coffein verstärkt
den Lymphstrom, ebenso Kochsalz.
W. Straub (Leipzig).
324. Beitrag aar Lebre von der Blnt-
entwiokelong des embryonalen Rindes nnd'
Sobafes; von Dr. Johannes Jost (Arch. f.
mikrosk. Anat LXL 4. p. 667. 1903.)
Es sind Deckglastrockenpräparate und Paraffin-
schnitte untersucht Die zuerst auftretenden Blut-
zellen sind alle hämoglobin- und kernhaltig. Erst
später treten Leukocyten auf; alle diese Zellen
sollen in der Leber gebildet sein. Wenn dann Milz
und Knochenmark entstehen, übernimmt erstere
hauptsächlich die Bildung weisser Blutkörperchen,
während sich rothe kernhaltige Zellen, aus denen
die kernlosen Erythrocyten entstehen, überhaupt
nur im Knochenmarke bilden.
G. F. Nicolai (Halle a. d. S.).
325. üeber den EinflosB der Castration
anf den Blntbefbnd weiblicber Tbiere; von
Dr. Robert Breuer und Dr. Rud. v. Seiller.
(Wien. klin. Wchnschr. XVL 30. 1903.)
Bei jungen Hündinnen, die etwa 7 — 10 Monate
alt waren, sanken stets nach der Castration die
Blutwerthe, und zwar nahmen Blutkörperchenzahl
und Hämoglobingehalt ziemlich gleichmässig ab.
Nach 2 — 6 Wochen glich sich die Störung all-
mählich aus. Wurde statt der Eierstöcke die Ge-
bärmutter entfernt, so nahmen nach der Operation
die Blutwerthe etwas zu.
Die Vff. weisen auf den Werth ihrer Versuche
für die Deutung der Chlorose hin. M ö b i u s.
30
230
I. Anatomie und Physiologie.
326. üeber den Einflnss versohiedener
Nahrangsmittel auf den Waaaergehalt der
Organe and den Hämoglobingehalt dea Blntea ;
von Jiro Tsuboi. (Ztsohr. f. Biol. XLIV. 3.
p. 376. 1903.)
Bei Katzen und Kaninchen wird der Hämo-
globingehalt dee Blutes durch die Art der Nahrung
beeinflusst Es handelt sich um eine Herabsetzung
des Hämoglobingehaltes durch die Wirkung einer
unrichtigen Ernährungsweise mit Brod und Kar-
toffeln, wobei der Körper unter Eiweissabgabe viel
Kohlehydrat zugeführt bekommt Die procentige
Abnahme des Hämoglobins geht mit einem grosseren
Wassergehalte des Blutes und des ganzen Körpers
einher. W. S t r a u b (Leipzig).
327. Le serom de aang et sei rapports
aveo le Systeme glandolaire; par E. Buffa.
(Arch. ital. de Biol. XXXVm. 2. p. 273. 1902.)
Aus der Thatsache, dass der Rfickstand des
Serum beim partiellen Oefrieren seine Concentra-
tion und Beschaffenheit nicht ändert, glaubt B.
schliessen zu müssen, dass das Serum keine ein-
fache Lösung von Eiweissstoffen und Salzen sei,
sondern dass es aus sehr complicirten einheitlichen
Molekülen bestehe. Die Bildung dieser Moleküle
erfolge im lymphatischen Apparate und dies will
B. dadurch beweisen, dass sich bei Injektionen das
Serum je nach dem Orte der Injektion (also je
nach dem passirten Lymphwege) typisch yerschie-
den verändere. Die Nieren hätten dann die Auf-
gabe, einfach Alles auszuscheiden, was im Plasma
enthalten sei, ohne diesem oomplexen Molekül
selbst anzugehören. Ais Beweis hierfür sieht B.
die nach Injektion von Serumalbumin ohne nach-
weisbare Alteration der Nieren auftretende Albu-
ipinurie an und betrachtet dann eingehender die
Nephritiden überhaupt vom Standpunkte seiner
Theorie. 0. F. N i c o 1 a i (Halle a. d. S.).
328. Bor le mode de se oomporter de la
resiatanoe de globales ronges nnoleea da
sang oonaerve longtemps hora de rorganiame ;
par 0. Manca et 0. Catterina. (Arch. ital. de
Biol. XXXVm. 11. p. 309. 1902.)
M. u. C. können ihre Angaben über die Wider-
standsfähigkeit rother Blutkörperchen, die sie bis-
her nur an Säugethierblut geprüft hatten und
die im Wesentlichen eine Bestätigung von Angaben
Hamburger 's waren, nunmehr auch auf die
rothen Blutkörperchen von Fischen, Vögeln und
Reptilien ausdehnen. Auch zeitlich ist der Ver-
lauf ziemlich derselbe.
0. F. Nicolai (Halle a. d. S.).
329. üeber die angebliche Unfähigkeit des
laokfarbenen Blutes, den Hersmaakei sa er-
nähren; von 0. Langender ff. (Arch. f. d. ges.
Physiol. XCm. 7 u. 8. p. 286. 1903.)
Das mit lackfarbenem Blute gespeiste Säuge-
thier- oder Froschherz stellt bekanntlich rasch
seine Thätigkeit ein. L. zeigt nun, dass die
Schädlichkeit des lackfarbenen Blutes steigt und
fällt mit dem Kaligefaalte der rothen Blutkörper-
chen bei den verschiedenen Thierarten. Da Ca-
Salze in Bezog auf den Herzmuskel den Kalisalzen
antagonistisch wirken, so konnte L. durch Zusatz
einer entsprechenden Menge von Ga-Salzen zum
lackfarbenen Blute eine für die Speisung des Her-
zens brauchbare Flüssigkeit gewinnen.
Garten (Leipzig).
330. üeber das Verhalten dea Blatkreia-
laafea nach Unterbindung der Aorta ; von Dr.
Alois Vel ich. (Arch. f. d. ges. Physiol. XOV.
5 u. 6. p. 269. 1903.)
V. erbringt den methodisch wichtigen Nach-
weis, dass eine Unterbindung der Brustaorta, auch
wenn die Unterbindung hoch oben unter der Art.
subclavia sinistra ausgeführt wird, nicht ausreicht,
um die tiefer gelegenen Bauchorgane und die hin-
teren Extremitäten aus dem Ereislaufe vollkommen
auszuschalten. Es lässt sich also nicht durch
diese Aortenunterbindung, wie man bisher bei Ver-
suchen über Vergiftung des Centralnervensystems
annahm, das in die Vena jugularis herzwärts oder
in die Carotis hirnwärts eingespritzte Gift voll-
ständig von den Bauchorganen oder den hinteren
Extremitäten fernhalten. Garten (Leipzig).
331. The oardiao glanda of manoimala; bj
R. B. Bensley. (Amer. Journ. of Anat IL 1.
p. 105. 1902.)
B. hat die Kardiadrüsen des Menschen, des
Schweines und einiger Nager histologisch unter-
sucht und findet in ihnen (im Gegensatze zu der
in Deutschland meist verbrsiteten Ansicht) haupt-
sächlich Schleimzellen, daneben wenige Haupt-
und Belegzellen, die um so seltener werden, je
weiter man sich aus der Fundusregion entfernt
Er schliesst daraus, dass die Kardiadrüsen regres-
siv veränderte Fundusdrüsen seien, in denen eben
die wesentlichsten Bestandtheile degenerirt wären,
und zwar soll diese Degeneration eine im Wesent-
lichen mechanische Wirkung der frisch eintreten-
den Speisen sein. Zur Stütze dieser Ansicht zieht
B. die vergleichende Anatomie heran, deren Lite-
ratur er geschickt verwerthet
G. F. Nicolai (Halle a. d. S.).
332. La tiroide nella neyreotonüa del aim-
patico e dei laringei; per N. Biagi. (Policlin.
Vm. 7. p. 315. 1901.)
B. hat die Versuche Katzenstein 's wieder-
holt, der an der Schilddrüse nach Durchschnei-
dung des N. laryngeus superior und inferior an-
fangs eine Schwellung der Follikel durch Zunahme
der colloiden Substanz und dementsprechend eine
VergrOsserung des Organes, später Resorption der
colloiden Substanz, Degeneration der Gewebe-
elemente und Volumenabnahme des Organes be-
obachtet haben wilL B. hat bei Hunden das Oan^^
I. Anatomie und Physiologie.
231
glion cervicale supremum und medium des Sym-
pathicus abgetragen und in 2 Versuchsreihen auch
den N. laryngeus siip. und inf. und den N. pha-
ryngeus inf. durchschnitten. Kleine Stücke der
Drüsensubstanz, die jedesmal vor der Durchschnei-
dung der Nerven abgetragen wurden, dienten zur
Controluntersuchung. Im Oegensatze zu Eatzen-
stein konnte B. sich nicht davon überzeugen, dass
die Durchtrennung der erwähnten Nerven auf die
Struktur und die Orössenverh<nisse des Organes
irgendwie einwirke. Die Controluntersuchungen,
die Katzen stein unterlassen hat, zeigten, dass
die von ihm beschriebenen Veränderungen, und
zwar sowohl die Erscheinungen der „Hypersekre-
tion^S als die der Degeneration auch an der ge-
sunden Schilddrüse zu finden sind. Die einzige
Folge der Nervendurchschneidung, die B. beobachtet
hat, war eine vorübergehende Oefasserweiterung.
Janssen (Rom).
333. üeber die Antolyse des puerperalen
TTteruB; von Dr. Leo Langstein u. Dr. Otto
Neubauer in Basel. (Münchn. med. Wchnschr.
XLEX. 30. 1902.)
Der von L. und N. untersuchte puerperale
Uterus stammte von einer Pat mit Herzfehler, die
2 Tage nach erfolgter 7 Monate - Frühgeburt an
Herzinsufficienz gestorben war. Zum Vergleiche
wurde ein normaler Uterus einer Multipara unter-
sucht
Sowohl im normalen, als auch im puerperalen
Uterus hatten Veränderungen stattgefunden, wie
sie für die Autolyse charakteristisch sind, nämlich
eine Zunahme der nicht coagulablen stickstoff-
haltigen Substanzen. Die Zunahme an nicht coagu-
lablem Stickstoffe war beim puerperalen Uterus deut-
lich grösser als beim normalen, nämlich 0.640^/o
gegen 0.441^/o, auf 100 g Ausgangsmaterial be-
zogen.
Wenn dieser Vergleich auch kein eindeutiges
Resultat giebt, so geht aus der Untersuchung L.'s
und N.'s doch mit Sicherheit hervor, dass dem nor-
malen und dem puerperalen Uterus autolytische
Fähigkeit innewohnt Die Untersuchungen sollen
fortgesetzt werden.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
334. Vergleichende Untersuohiingen über
mütterliches und kindliches Blut und Fracht*
vasser, nebst Bemerknngen über die fötale
Hamsekretion ; von Dr. W. Zangemeister u.
Dr. Th. Meissl in Leipzig, (älflnchn. med.
Wchnschr. L. 16. 1903.)
Z.'s und M.'s Untersuchungen betrafen 7 ge-
sunde Kreissende mit ausgetragener Frucht, einmal
handelte es sich dabei um zweieiige Zwillinge. Von
den &gebnis8en dieser Untersuchungen sei das
Folgende hervorgehoben :
In der Mehrzahl der Fälle hat das kindliche
&ui mehr rothe, aber etwas weniger weisse Bliit-
kürperchen als das mütterliche Blut Das kind-
liche Blut gerinnt ferner viel unvollkommener als
das mütterliche. Das Serum der Mutter hat stets
einen beträchtlich höheren Eiweissgehalt als das
des Kindes ; dementsprechend sind das specifische
Gewicht und der Oesammtstickstoff des mütter-
lichen Serum grOsser. Der Gehalt an Chloriden
ist in beiden Blutarten der gleiche. Der Stickstoff-
rest scheint im Durchschnitte bei der Mutter etwas
grosser zu sein als beim Kinde. Der Gefrierpunkt
beider Sera ist im Mittel der gleiche. Kindliches
und mütterliches Blut befinden sich im osmotischen
Gleichgewichte. Das specifische Gewicht (1.0070
bis 1.0081) und der Eiweissgehalt (1.5— 3.0«/oo)
des FVuehiuHUsers schwanken unter normalen Ver-
hältnissen nur innerhalb ziemlich enger Grenzen.
Der Gehalt an Chloriden ist trotz der äusserst ge-
ringen Differenz im Fruchtwasser im Durchschnitte
etwas geringer. Der Stickstoffrest ist grösser als
namentlich im kindlichen Serum. Die Gefrier-
punkterniedrigung des Fruchtwassers ist stets ge-
ringer als die der beiden Blutarten.
Der Harn Neugeborener hat eine molekulare
Goncentration, die kaum halb so gross ist als die
des Blutes; der Gefrierpunkt liegt zwischen 0.340^
und 0.1 48« und beträgt im Mittel 0.203«. Der
fötale Harn ist besonders arm an den nicht zu den
Chloriden gehörigen Harnbestandtheilen; schon im
Verlaufe des ersten Tages ändert sich dieZusammen-
setzung. Die geringe molekulare Concentration des
Fruchtwassers ist auf das Hineinfliessen von fötalem
Urin zurückzuführen. Nach Z.'s und M.'s Resul-
taten muss der Foetus bereits am Ende des 5. Monats
das Fruchtwasser nicht unbeträchtlich durch Urin
verdünnen. Im Ganzen treten mehr Salzmoleküle
von der Mutter zum Kinde über als umgekehrt.
Bei todter Frucht kommt es zu einem Rückgange
der ursprünglichen Gefrierpunktdifferenz zwischen
Fruchtwasser und Blut, und zwar zunächst da-
durch, dass die Verdünnung des ersteren durch
Urin aufhört und zum zweiten späterhin dadurch,
dass aus dem Darme des Foetus Salze austreten
(eben so meist Methämoglobin aus dem kindlichen
Körper) und dem Fruchtwasser schliesslich eine
grössere molekulare Concentration verleihen, als
sie dem Blute eigen ist
Die Ergebnisse bei abgestorbener Frucht be-
stätigen nach Z. und M. die Schlussfolgerungen
über die fötale intrauterine Harnsekretion.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
335. Pseadohermaphroditiamus und sekun-
däre Oesohleohtsoharaktere, ferner 8 neue Be-
obaohtungen von Paeadohermaphroditiamua
beim Menschen; von Dr. Anton Hengge in
Greifswald. (Mon.-Schr. f. Geburtsh. u. Gynäkol.
XVII. 1. p. 24. 1903.)
H. knüpft seine Erörterungen an die Beobach-
tung zweier Scheinzwitter, die in der Martin'-
schen Klinik untersucht wurden. Es handelte sich
um 2 Schwestern, das älteste und diejüngste von
232
n. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
6 Geschwistern ; die übrigen sollen völlig gesund
sein und sind, bis auf eine regelmässig menstruirende
Schwester, verheirathet und mit Kindern gesegnet
Bei den beiden 19, bez. 32 Jahre alten Schwestern
fanden sich folgende abnorme Verhältnisse. Beide hatten
nie monstmirt (die ältere war steril verheirathet), zeigten
keine Behaarung des Mens Veneria und der Achselhöhlen,
aber wohlgebildete weibUohe äussere Genitalien, einen
circa fingerlangen vaginalen Blindsaok. Innere Genitalien
waren nicht zu tasten, dagegen fand sich bei beiden in
den Labia majora jederseits ein Hode. Diese Diagnose
konnte wenigstens bei der jüngeren Schwester, der wegen
andauernder lokaler und allgemeiner Beschwerden jene
Gebilde entfernt wurden, mit absoluter Sicherheit gestellt
werden.
Während die ältere Schwester nur ganz unregelmässig
über leicht auftretende Kopfschmerzen und Schwindel zu
klagen hatte, bestanden diese Beschwerden neben Brech-
reiz und Nasenbluten bei der jüngeren in viel erheb-
licherem Grade. Nach der Operation traten nur noch
Wallungen zum Kopfe auf, die anderen Beschwerden
nicht wieder.
Die Mammae waren auch bei der Jüngeren gut ent-
wickelt, das sonstige Aussehen der Schwestern war ein
vollständig weibliches. Mündungen von Vasa deferentia
oder paraurethralen Gängen waren nicht aufzufinden.
Die Frau empfand im ehelichen Verkehr zuweilen Be-
friedigung und Wollust, meist freilich nicht; ihre Schwester
machte bei Friktion der Klitoris über jene Punkte un-
genaue Angaben, zeigte aber ausgeprägtes Schamgefühl.
An den exstirpirten Organen fanden sich die Neben-
hoden bindegewebig umgewandelt, der Samenstrang
cystisch degenerirt, was H. als den Rest einer voran-
gegangenen Entzündung auffasst. Er beleuchtet dann
die beiden Fälle vom vergleichend-anatomischen Stand-
punkte aus und betreffs der Beziehungen zwischen pri-
mären und sekundären Geschlechtscharakteren.
Die eigenthümlicher Weise bei der jüngeren Schwester
aufgetretenen heftigen dysmenorrhoischen Beschwerden
erklärt sich H. durch psychische Beeinflussung von Seiten
einer anderen noch nicht verheiratheten normal men-
struiren den Schwester, an die sie sich enger angeschlossen
hatte, zum Theil vielleicht auch durch den bestehenden
Reiz zustand der Geschlechtdrüse. [Ob nicht dieses
Moment hier das weitaus Wichtigere war, da ja nach Ent-
fernung der Hoden die Beschwerden aufhörten ?]
Aus der interessanten Arbeit sind vielleicht
noch folgende Schlüsse hervorzuheben: In der
Begelmftssigkeit, mit der sich die sekundären soma-
tischen, wie psychischen Geschleohtcharaktere
abhängig von der GeschlechtdrQse entwickeln,
kommen hftufig Schwankungen vor. Für congeni-
tale Störungen in der Qeschleohtdrüse und in
den sekundären Geschlechtcharakteren sind stets
mechanische Momente als Ursache zu suchen. Auf
die Entwickelung der psychischen Charaktere und
auch mancher anderer Erscheinungen, sind Er-
ziehung und Beispiel von grossem Einflüsse.
E. Teuf fei (Berlin).
336. Hennaphroditismaa venu; von Dr.
W. S i m 0 n in Königsberg. ^ Mit 2 Figurentafeln.
(Virchow's 4rch. CLXXII. 1. p. 1. 1903.)
Es handelte sich um ein 2Qjähr., aus Russland ge-
bürtiges Individuum, aus gesunder Familie stammend.
Es wuchs als Knabe auf, es entwickelte sich bei ihm ein
ausgesprochenes Mannesbewusstsein und der sehnliche
Wunsch, auch seinen Körper so umgestaltet zu sehen,
dass jeder ihn als Mann erkennen müsse. Schon früh-
zeitig hatte sich starke Entwickelung der Brüste einge-
stellt, die linke wuchs stärker als die rechte. Seit 3 Jahren
schwollen sie bisweilen an ; etwa zu gleicher Zeit traten
auch Erscheinungen seitens der Genitalien auf, die später
jedoch mit denen der Brüste keine zeitlichen Beziehungen
mehr verriethen. Es stellten sich nämlich allmonatlicli,
meist in ganz regelmässigen 4wöchigen Intervallen, unter
feringen Schmerzen im Kreuze mehrtägige unbedeutende
Blutungen aus dem Genitale ein. Andererseits tritt seit
einigen Jahren dann und wann, meist unter geschlecht-
licher Erregung, deren Mittelpunkt stets ein weibliches
Wesen ist, und unter Erektion des Geschlechtgliedes Ab-
gang von weisslioh schleimiger Flüssigkeit auf, die keine
Spermatozoen enthält.
An der Symphyse ist ein cyUndrischer, penisartiger
Körper von 4 cm Länge und 6.5 cm Umfang angeheftet,
mit deutlicher, etwa haselnussgrosser, nicht perforirter
Glans. Von der Spitze der Glans bis zur Basis zieht eine
Längsfurche mit deutlich sichtbaren Stichkanälen. Nach
unten setzen sich an dieses Gebilde 2 stark behaarte Haut-
wülste an, die hinten durch eine breite Commissur ver-
einigt sind. Zwischen ihnen findet sich ein schmaler un-
behaarter Hautbezirk, in dessen Mitte auf einem sagittal
gelegenen Kamme eine dem normalen Orificium ex ternum
urethrae entsprechende, schlitzförmige Oeffnung liegt, die
in die Blase führt. Vor der Oeffnung des rechten Leisten-
kanales fühlt man einen über kirschgrossen, etwas läng-
lichen, in den Kanal vorübergehend reponiblen Körper.
Eine an dieser Stelle vorgenommene Probeincision ergab,
dass hier sowohl Hoden und Nebenhoden, wie auch Tube,
Ovarium und Parovarium sich fanden. Ezcidirte Stücke
der einzelnen Organe bestätigten bei mikroskopischer
Untersuchung die Diagnose.
Die Arbeit ist durch 2 Figurentafeln illustrirt
Noesske (Kiel).
II. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
337. üeber iBoaggiatinine beim Mensohen
mit besonderer Berüoksiohtigong des Eindes-
alters. Ein Beitrag zur Hämagglutifuüionafrage ;
von Dr. Josef Langer. (Ztsohr. f. Heilkde.
XXIV. 5. p. 111. 1903.)
In einer sehr ausftlhrliehen Arbeit kommt L.
auf Grund seiner Untersuchungen zu folgenden
Schlüssen:
1) Im menschlichen Serum findet sich eine
Vielheit von Agglutininen, die Erythrocyten eines
Individuum sind, wenn überhaupt, in der Regel
durch mehrere Serumarten agglutinirbar. 2) Das
Serum der Neugeborenen weist verhältnissmässig
selten Isoagglutinine auf, während die Erythrocyten
der Neugeborenen in gleicher Weise agglutinabel
sind wie die älterer Kinder. 3) Die Erwerbung
der Agglutinine scheint in den ersten Lebens-
monaten stattzufinden ; es ist zur Zeit noch unent-
schieden, ob die Isoagglutinine, die sich im Colo-
strum und in der Milch finden, durch einfache
Resorption bei normalen oder pathologisch ver-
änderten Darmzuständen in den kindlichen Körper
gelangen oder ob die Isoagglutininbildung durch
andere Stoffe angeregt wird. 4) Die Resorption von
Blutergüssen erwies sich eben so ohne Einfluss
auf die Isoagglutininbildung wie akute oder chro-
n. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
233
nische Infektionkrankheiten. 5) Die Isoaggluti-
nation ist ein selbstftndiges Phänomen, das mit der
Isohämolyse niohts gemein hat.
Neumann (Leipzig).
338. Ein Beitrag sar ZQohtaiig des In-
flneniabaoülas ; von E. Czaplewski. (Centr.-
BL f. Bakteriol. u. s. w. XXXIT. 8 u. 9. p. 667. 1902.)
Gz. empfiehlt zur Zflchtnng angelegentlich
Taubenblnt aus einer kleinen Stichwunde mit der
Pipette aufzusaugen und gleich mit verflüssigtem
Agar im Erlen mey er 'sehen Eölbchen zu ver-
mischen. Man erhält dadurch eine glatte Oherfläche
ohne Beimengung rother Blutkörperchen, wie beim
Aufstreichen des Blutes. Das Wachsthum ist viel
üppiger. Walz (Obemdorf).
339. Ueber einen beim Thier gefundenen
inflaensaähnliohon Baoillna; von A. Wolff.
(Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIII. 6. p. 407.
1903.)
W. hat hei einer an Bronchitis verendeten Ratte aus
dem Bronchialsekret einen ^Pseudoinflnenzabacillas'^ iso-
lirt der sich vom echten' durch seine fakultative Hämo-
globinophilie unterscheidet, in dem er bald auch auf ge-
wöhnlichem Agar sich züchten läset. Walz (Oberndorf).
340. TJeber ein nenes» aar Gruppe des In-
ftaeniabaoillaa gehöriges hftmoglobinophiles
Bakterinm (»»Bacilina haemoglobinophilns
oania^; von E. Friedberge r. (Centr.-Bl. f.
Bakteriol. u. s. w. XXXIII. 6. p. 401. 1903.)
Fr. beschreibt einen im Präputialsekret eines
Hundes aufgefundenen, dem Influenzabacillus ähn-
lichen, hämoglobinophilen Bacillus. Er unter-
scheidet sich von dem Inüuenzabacillus besonders
durch das geringe Wachsthum auf Ferratinagar.
Fr. unterscheidet „obligate'^ und „fakultative^^
hämoglobinophile Bakterien. Der von ihm beschrie-
bene gehört zu den ersteren. Walz (Obemdorf).
341. Ein die Gelatine ▼erflüasigender
FneamoooooaB; von A.Eindborg in Halle a.d. S.
(Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXII. 8 u. 9.
p. 573. 1902.)
Schon Kruse und Pansini, femer Eyre
uodWashbourn haben die Gelatine verflüssigende
Pneumokokken beschrieben. Eine neue, von diesen
verschiedene Art isolirte K. aus dem Sputum eines
Pneumonikers. Diese Beobachtungen sprechen
dafflr, dass der Pneumococcus kein einheitlicher
Mikroorganismus ist, sondern dass es sich um eine
Gruppe verwandter Bakterien handelt.
Walz (Obemdorf).
342. Zur Frage dea morphologisohen nnd
Uologiaoben Charakterisining dea Meningo-
ooooos intraoellalaria ; von H. J a e g e r. (Centr.-
BL f. Bakteriol. u. s. w. XXXIH. 1. p. 23. 1903.)
J. hält gegenüber der Weichselbaum'-
schen Schule, insbesondere gegenüber den An-
griffen Yon Albrecht und 0 h on daran fest, dass
der von ihm bei epidemischer Meningitis gefundene
Diplococcus mit dem früher beschriebenen, aber
wieder vergessenen Diplococcus Weichselbaum
identisch ist. Wenn er abweichende Merkmale bei
einzelnen Stämmen beschrieben habe, so können
diese nicht gegen die Echtheit der Gulturen an-
geführt werden. Er sticht Schritt für Schritt zu
beweisen, dass im Princip kein Unterschied zwi-
schen den beiderseitigen Untersuchungen ist, dass
aber die Ansicht Albrecht's und Ghon's, dass
nur ein einziger, unvariabler Stamm der echte sei,
nicht haltbar ist. Walz (Obemdorf).
343. Bakterienbeltinde belLeberabaoeseen;
von Dr. C. D a V i d s 0 h n. ( Virchow's Arch. CLXXI.
3. p. 523. 1903.)
D. hat die in den letzten 4^/2 Jahren im Berliner
pathologischen Institute zur Sektion gekommenen
Leberabscesse bakteriologisch untersucht und ist
dabei zu folgenden Ergebnissen gelangt. Bei den
auf dem Oallenwege entstandenen Leberabscessen
wird das Bacterium coli im Eiter gefunden. Die
auf dem Blutwege entstandenen Leberabscesse ent-
halten die verschiedenen pyogenen Eokkenarten.
Als Ursache für die Coli-Abscesse kann gewöhn-
lich ein Gallenstein in den Ausführungswegen ge-
funden werden. Für die Kokkenabscesse giebt es
keine einheitliche Ursache. Steriler Eiter ist bei
Leichenuntersuchungen in Leberabscessen nicht
vorhanden. Die Ubiquität des Bacterium coli ist
Unsinn ; eine Wandemng findet nach dem Tode in
die Leber, unter günstigen Umständen auch in die
Leberabscesse statt, wenn keine anderen Bakterien
vorher darin vorhanden waren. Die Leichenbefunde
stimmen mit den am Lebenden gemachten Erfah-
rungen fast vollständig überein. Die Aetiologie
der Leberabscesse steht mit dem Bakterienbefunde
in causalem Verhältnisse. N 0 e s s k e (Kiel).
344. Bakteriologisoher Befund im Eiter
eines gashaltigen AbaoeBses; von A. Rode IIa.
(Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIIL 2. p. 145.
1903.)
In einem vorwiegend klinisch interessanten Falle von
fortschreitender recidivirender OasphlegmoDe handelte es
sich offenbar um eine Mischinfektion, bei der eine grosse
Zahl von Mikroorganismen betheiligt war, darunter
2 nicht pathogene Anaeroben, von denen einer auch in
zuckerfreien Nährböden üppige Oasbildung entfaltete.
Walz (Obemdorf).
345. Ein Beitrag aar Frage der Patho-
genität des Baoillns snbtiliSy besondere für
das Ange; von B. Kayser. (Centr.-Bl. f. Bak-
teriol. u. s. w. XXXni. 4. p. 241. 1902.)
In 2 Fällen von rapider Panophthalmie nach
Eindringen eines Hackensplitters in den Olas-
kGrper eines Auges wurde einmal allein, das
andere Mal mit Staphylococcus pyogenes aureus
und albus der Bacillus subtilis gefunden. Er be-
sitzt nach Thierversuchen eine ganz besondere
Virulenz für den Olaskörper, indem er diesen
rapid zur Vereiterung bringt und Panophthalmie
234
II. AUgemelne Pathologie und pathologische Anatomie.
hervorruft. Er entfaltet aber in der Hornhaut
keine schädliche Wirkung. In grosseren Dosen
ist er intraperitonäal för Meerschweinchen und
weisse Mäuse pathogen. Walz (Oberndorf).
346. Zar Eenntniss der Battenpest; von
T. Skschivan. (Centr.-BL f. Bakteriol. u. s. w.
XXXIII. 4. p. 260. 1903.)
Sk. hat, nachdem 2 Pestfälle Ende 1901 in
Odessa vorgekommen waren, von 40000 vernich-
teten Ratten 2252 untersucht und in zahlreichen
Fällen bei Mus decumanus sowohl, als bei M. rattus
und Alexandrinus Pest festgestellt. Die einfache
Untersuchung des Ausstrichpräparates genügt nie-
mals zur Diagnose, da Verwechselungen möglich
sind. Von grösster Wichtigkeit ist die biologische
Reaktion. Von Interesse ist es, dass die Pest-
epizootie unter den Ratten ^/^ Jahr fortbestand,
ohne dass unter der Bevölkerung weitere Fälle
vorkamen. Doch sind dadurch die Ende Mai 1902
wieder auftretenden Erkrankungen bei Menschen
zu erklären. Walz (Oberndorf).
347. Beiträge zur Aktinomykoseforaohang ;
von V. E. Mortons. (Ztschr. f. Hyg. u. Infek-
tionskrankh. XLII. 1. p. 45. 1903.)
Ein aus einem Abscess gezüchteter Aktino-
myces wuchs anfangs nur bei Körpertemperatur
\md anaerob, veränderte sich aber im Laufe von
Monaten so weit, dass er bei Sauerstoffzutritt ein
sehr lebhaftes Wachsthum entfaltete und auch
bei Zimmertemperatur wuchs. Es trat also eine
Wiedergewöhnung an die Bedingungen ein, die
dem ursprünglich als Pflanzensapro phyt gedeihen-
den Aktinomyces natürlich sind. In allen Nähr-
substraten trat die Neigung zur Eörnchenbildung
hervor, Sporen wurden nicht gebildet.
Bei Verimpfung des lebenden Pilzes in die
vordere Augen kam mer von Kaninchen trat Keulen-
bildung auf. Sie ist als eine Degeneration zu be-
trachten, die entweder sofort den ganzen Faden
oder zunächst nur einzelne Theile ergreifen kann.
Woltemas (Solingen).
348. Die Wachsthams- und Daaerformen
der Strahlenpilze (Aktinomyoeten) and ihre
Besiehungen zu den Bakterien; von E. Levy.
(Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIII. 1. p. 18.
1903.)
L. berichtet über Untersuchungen, die sein
Schüler Neukirch unter seiner Leitung ange-
stellt hat. Bei den Strahlenpilzen kommen Dauer-
formen vor, die zwar wegen ihrer geringen Wider-
standsfähigkeit nicht mit den klassischen Sporen
der Bacillen auf eine Stufe gestellt werden können,
aber doch als arterhaltende Sporen bezeichnet
werden müssen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass
die Erreger der Tuberkulose, der Diphtherie und
des Rotzes den Aktinomyceten sporen ähnliche, den
Bakteriensporen nicht gleiche, Dauerformen be-
sitzen, Walz (Oberndorf).
849. Unteranohangen von Nährböden zur
qaantitatiyen Sohätzang von Bakterien in
Wasser ond Abwässern; von Stephen De M.
Oage und B. Phelps. (Centr.-Bl. f. Bakteriol.
u. s. w. XXXn. 12. p. 920. 1902.)
Es ist bekannt, dass bei quantitativer Bestim-
mung der Wasserbakterien nur ein kleiner Procent-
satz der vorhandenen Bakterien aaskeimt. Vif.
haben nun eine Reihe von Nährböden in verschie-
denen Modifikationen untersucht und gefunden,
dass Nährstoffagar (Hey den) allen anderen weit
vorzuziehen ist und dem thatsächlichen Bakterien-
gehalte des Wassers näher kommende Zahlen er-
giebt, als irgend ein anderer Nährboden.
Walz (Oberndorf).
350. Der Deyoke'sohe Pepsin - Trypsin-
Agar ein Nährboden für Diphtheriebaoillen ;
von B. Bosse. (Centr.-BK f. Bakteriol. u. s. w.
XXXni. 4. p. 471. 1903.)
Nach den Untersuchungen B.*8 ist der Deycke'-
sche Pepsin -Trypsin- Agar ein geeigneter Conkurreoz-
nährboden des Lö ff 1er 'sehen Serum und vermag bei
diagnostischen Proben, Stnhluntersuchungen u. s. w.
durch lebhafte Retardimng des Wachsthams der Be-
gleitparasiten, durch seine Durchsichtigkeit und typische
Form seiner Golonien unter Zuhülfeoahme der KÖrnchen-
färbung bei verdächtigen Stäbchen die Diagnose leichter
und sicherer zu gestalten. Walz (OberndorQ.
351. Bin Beitrag znr Anadroben&üohtang ;
von D. Rivas. (Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w.
XXXII. 11. p. 831. 1902.)
R. empfiehlt eine Modifikation des Verfahrens von
Hammerl zur Züchtung von Anaeroben mit Benutzung
der redacirenden Eigenschaft des Ammoniumsulpho-
hydrats. Für 500 com Nährboden nimmt man : 1) Bouil-
lon mit IVo Traubenzucker and 1.5^0 Pepton, 474 com.
2) Indigoschwefelsäurenatrium, lOproc. Lösung sterilisirt,
1 com. 3) Schwefelnatrium (NafS), Iproc. Lösung steri-
lisirt, 25ccm. Die Bouillon wird in Röhrchen mit Ein-
schnürung gefüllt, mit Oel bedeckt, mit Gummikappen
verschlossen. Aehnlich ist die Bereitung von Agar-
nfthrböden. Noch besser, aber unangenehm durch den
Geruch, ist ein etwas complicirterer NH4SH-Nährboden.
Walz (Oberndorf).
352. Bine neue Farbemethode der Bak-
teriengeiaseln ; von E. Gemelli. (Centr.-Bl. f.
Bakteriol. u. s. w. XXXm. 4. p. 316. 1903.)
G. theilt eine neue, nach seiner Angabe durch-
aus sichere Geisselfarbung mit.
Sie besteht 1) in Reinigung der Deckgläser durch
Kochen in einer Waschüüssigkeit von Spree. Kalium-
bichromat- und Schwefelsäurelösung (100: 5), Abwaschen
in Wasser und Einlegen in Alkohol bis zum Gebrauch.
Dann fasst man sie mit einer Zange mit Hornspitzen und
zieht sie einige Male durch die Flamme. 2) Am besten
sind frische Culturen auf Gelatine bei S?*', mit wenig
Kochsalzgehalt, aber Glyoerinzusatz. Eine Oese des
Materials wird im Uhrglas mit 5 com destUlirten Wassers
verdünnt, ein Tropfen davon auf das Deckglas gelegt, wo
er sich selbst ausbreitet. Getrocknet wird mit Chlor-
calcium unter der Glasglocke. 3) Färbung. Zunächst
Einlegen in 0.25proc. KaliumpermanganaUösung 10—
20 Minuten, dann gut ausgewaschen und 15— 30 Minuten
iu Neutralrotlösung gelegt (zu einer 0.75proc. Chlor-
calciumlösuDg wird im Verhältniss von 20: 1 eine Iprom.
n. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomia
235
Neatralrathlösiiog gefügt). Die Daaer häogt von der
All der Bakterien aS. Dann wird wieder gewaschen, mit
Loschpapier getrocknet und in Canadabalsam eingelegt
Walz(Obemdorf).
353. üeber die Struktur und Granulirnng
der Zellen dea akuten und ohronischen Bitera
de« Menaohen; von Dr. U. Deganello. Mit
1 Figurentafel. ( Virchow'a Arch. CLXXII. 2. p. 1 7 9.
1903.)
D. gelangt auf Grund eingehender histologischer
Untersuchungen der verschiedenen Arten nicht ex-
perimentell erzeugten menschlichen Eiters von
akuten und chronischen, oberflächlichen und tiefen
Krankbeitproceasen zu folgenden Schlusssätzen.
Der akute Eiter ist im Allgemeinen (90<^/o der
Me) dicker als der chronische Eiter. Die eosino-
philen Zellen kommen zahlreicher und mit grösserer
Häufigkeit im akuten Eiter (880/0 der Fälle), als
im chronischen Eiter (52^/o) vor. Die schweren
Alterationen der Eiterzellen finden mit grösserer
Frequenz in den Fällen von chronischer Eiterung,
als in denjenigen von akuter Eiterung statt In
mehreren Fällen von chronischer Eiterung aber
kann man leichtere Alterationen, ähnlich denjenigen
im akuten Eiter, wahrnehmen. Durch mikrosko-
pische Untersuchung gelingt es fast immer, beim
akuten menschlichen Eiter die Gegenwart von
pyogenen Kokken (Staphylokokken, Streptokokken)
nachzuweisen. Im chronischen Eiter dagegen wird,
ebenfalls durch mikroskopische Untersuchung, die
Abwesenheit von Mikroorganismen in 86^/0 der
Alle oonstatirt; nur in Ib^j^ der Fälle sind pyo-
geoe Kokken nachweiabar.
Sehr oft wird das Phänomen der Phagocytose
bei den Leukocyten mit neutrophilen Qranulis
beobachtet Die eosinophilen Zellen lassen keine
phagocytären Eigenschaften erkennen. Sowohl im
akuten, ala auch im chronischen Eiter herrschen
die Leukocyten mit neutrophilen Granula über alle
sonstigen Eiterelemente merklich vor, und zwar
dorch ihre Anzahl. Etwa in der Hälfte der Fälle,
sowohl von akuter, als auch von chronischer Eite-
nmg, sind Elemente von zweifelhaftem (binde-
gewebigem) Ursprung vorhanden, die, gerade ihrer
nnbeständigen Gegenwart wegen, als zufällige
fiterelemente, nicht aber als EiterkOrperchen an-
gesehen werden müssen. Zur Eiterbildung, so-
wohl zur akuten als chronischen, tragen somit nur
die weissen, aus den Gefässen ausgewanderten
Blutelemente bei.
Bei den eosinophilen Zellen werden verhält-
nifismässig weniger häufig und weniger stark die
Alterationen wahrgenommen, als bei den Leuko-
cyten mit neutrophilen Granulis. Der Farben-
vechael der eosinophilen Granula ist vielleicht
der Wirkung von regressiven Processen zuzu-
schreiben. In etwa der Hälfte der Fälle, sowohl
TOQ akuter, wie von chronischer Eiterung, sind
Zellen mit basophilen Granulis zu finden, die
Aehnlichketten unter sich aufweisen; ihreUmfangs-
unterschiede hängen wahrscheinlich mit Verände-
rungen im Inneren (Quellung u. s. w.) zusammen.
Die Arbeit enthält eine upifas^nde Literatur-
übersicht. N 0 e s s k e (Kiel).
354. Contribato allo studio batteriologioo
dal aangae nella gaatro*enterite acuta; per G.
Pieraccini e M. Nencioni. (Rif. med. XVII.
10—12. 1901.)
P. und N. haben bei 11 Kranken mit akuter
Gastroenteritis niemals Bakterien im Blute gefun-
den und glauben, dass die oft recht schweren All-
gemeinerscheinungen nur auf einer Toxinämie,
nicht aber auf einer Bakteriämie beruhen.
Nur bei tiefergreifenden Ernährungstörungen
der Magen - Darm Wandungen kann es zu einem
üebertritte von Bakterien in die Blutbahn kommen.
So haben die Autoren in 3 tödtlich verlaufenden
Fällen von ulceröser Enteritis bei Lebercirrhose,
vGli brandiger Appendicitisund von Darm verschluss
durch Achsendrehung das Bacterium coli aus dem
Blute züchten können. Lehrreich war der Fall
von Darm verschluss, in dem die 24 und 8 ^/^ Stun-
den vor dem Tode angelegten Culturen steril
blieben, während 4 Stunden vor dem Tode, also
bei vorgeschrittener Ernährungstörung der Darm-
wand, das Bacterium coli nachzuweisen war. In
einem anderen Falle von Darmeinklemmung fanden
sich 6 Stunden vor dem Tode noch keine Bakterien
im Blute und doch erwies sich bei der Sektion
auch in diesem Falle die Darmwand als schwer
geschädigt; vielleicht hätten sich die Bakterien
bei einer späteren Untersuchung noch nachweisen
lassen. Janssen (Rom).
356. Bemerkungen lur vitalen Färbung
der Blutplättchen dea Menachen mit Briilant-
kreaylblau; von G. Puchberger in Wien.
(Virchow's Arclu CLXXI. 2. p. 181. 1903.)
Bei der vitalen Färbung der Blutplättchen des
Menschen mit Brillantkresylblau färben sie sich
binnen einigen Minuten mit diesem Farbstoffe und
sondern nach Verlauf von ungefähr 10 Minuten
bis zu ^/i Stunde eine hyaline Substanz ab, die
sich nach einer Einschnürung an der Verbindung-
stelle, wahrscheinlich in Folge verschiedener Quel-
lungsfähigkeit, in Kugelform (Uyalomer) an die
ebenfalls kreisförmig begrenzte, gefärbte Substanz
(Chromomer) anschliesst, sich aber von ihr nicht
zu lösen scheint. Bei Leukämie sieht man stark
hypertrophische Formen von Blutplättchen, selbst
bis zur Grösse eines Lymphocyten. Sie durch-
laufen im Allgemeinen dieselben Stadien, wie die
oben beschriebenen. Aehnliche Vorgänge schei-
nen sich bei den Lymphocyten abzuspielen, deren
Kern sich vom Protoplasma sondert Die Behaup-
tung, dass das Chromomer der Blutplättchen einem
Kerne entspreche, konnte bisher nicht erwiesen
werden.
Die Arbeit ist durch eine Figurentafel illustrirt
Noesske (Kiel).
236
n. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomia
356. lüssbüdangen der TrioiuipidaliB ; von
Dr. P. Qeipel in Dresden. (Virchow's Areh.
CLXXL 2. p. 298. 1903.)
G. bereichert die spärliche Casuistik über Miss-
bildungen der Atrioventrikularostien des rechten
Herzens durch 3 weitere, von Schmorl gesam-
melte Beobachtungen. Das wesentlichste Merkmal
dieser Fälle besteht in einer ganz enormen Yer-
grösserung des Vorhoftheiles der rechten Herz-
kammer. An Stelle der Klappensegel hängt ent-
weder ein breites Band oder ein Sack in die
Ventrikelhöhle hinein.
Wiedergabe der in der Literatur mitgetheilten
Fälle und der über die Ursachen dieser Vorbil-
dungen bestehenden Meinungen.
N 0 e 8 s k e (Kiel).
357. üeber Sehnenfleoke ond Endokard-
sohwielen; von Dr. Q. Herxheimer in Frank-
furt a. M. (Beitr. z. pathol. Anat u. allg. Pathol.
XXXII. 3. p. 461. 1902.)
Die Sehnenflecke verdanken einer Schädigung
der perikardialen Deckzellen ihre Entstehung. Die
Schädigung besteht in einer Abflachung des Epi-
thels, der zu Folge ein Wachsthumwiderstand für
das darunter gelegene Bindegewebe wegfällt, bez.
in einer das Bindegewebe, wie Epithel gleichzeitig
treffenden Noxe. Die Abflachung des Epithels
weist auf mechanische Ursachen, auf Druck hin.
Eine fibrinöse Entzündung lässt sich als Ursache
schwerlich annehmen. Bei veränderten Druck-
verhältnissen, z. B. bei Kyphoskoliose, wechselt
auch der Sitz der Sehnenflecke. Das genauere
histologische Verhalten der Sehnenflecke und spe-
ciell des Epithels spricht entschieden für ihre
mechanische Entstehung. Einen Uebergang von
Deckzellen in Bindegewebezellen konnte H. nie
nachweisen.
Entsprechend erklärt H. auch die Entstehung
der Endokardschwielen. Da, wo eine Schädigung
das endokardiale Bindegewebe trifft, veranlasst sie
letzteres zur Wucherung, bez. Schwielenbildung,
da, wo die Schädigung bis zum Muskel reicht und
diesen trifft, tritt an Steile des atrophirten Muskels
Bindegewebe. N o e s s k e (Kiel).
358. Ueber einen Fall von Syphilia des
Hersens mit bedeutender Erweiterung der
Art. pulmonalia; von Prof. K. E. Wagner und
Dr. G. I. Qwiatkowski in Kiew. Mit 1 TafeL
(Virchow's Arch. CLXXI. 3. p. 369. 1903.)
Beschreibung eines Falles von schweren syphili-
tischen Veränderungen des Herzens und starker, durch
syphilitische Endarteriitis bedingter Erweiterung der Art
pulmonalis bei einem 49jähr. Schlosser. Die Art. pulmo-
nalis zeigte an ihrer stärksten Erweiterung 12 cm im
Durchmesser, ihre Wand war stellenweise 6—7 mm dick.
Aufzählung der spärlichen einschlägigen Fälle aus
der Literatur. N o e s s k e (Kiel).
359. üeber Fragmentation der Hera- und
SkeletmuBkiüatar und Continnitätstrennangen
des elastischen Gewebes bei Beri-Beri, sowie
über das Wesen dieser Krankheit ; von Dr. M.
Glogner in Niederländisch-Indien. Mit 1 Tafel.
(Virchow's Arch. CLXXL 3. p. 389. 1903.)
Während bisher der Beweis einer vitalen Ent-
stehung der Fragmentatio myocardii beim Menschen
fehlt, diese Erscheinung vielmehr als eine vor dem
Tode eintretende Veränderung betrachtet werden
musste, gelang 0. der Nachweis einer starken
Fragmentation der Herz- und Skeletmuskulatur
bei Beri-Beri. Auf Grund eingehender Studien
erblickt 0. das Wesen der Beri-Beri in einer pri-
mären Erkrankung der Herz- und Skeletmuskulatur,
sowie in Continuitättrennungen des elastischen Ge-
webes in den Gefässen, besonders in der Art pul-
monalis und ihren Aesten. Es ist anzunehmen,
dass im Blute der Beri-Beri -Kranken ein die
Muskulatur und ihren regulären Zusammenhang
schädigender Stoff kreist. Die von Scheu be,
Pekelharing u. A. bei Beri-Beri beschriebenen
Nervendegenerationen sind zum Theil als post-
mortale, zum Theil als sekundäre Veränderungen
in sehr chronisch verlaufenden Fällen anzusehen.
Die Annahme der Beri-Beri als einer „Muskel-
bruchkrankheit^', Myosite segmentaire (Ren au t),
erklärt auch am natürlichsten die epidemiologische
Thatsache, dass die Beri-Beri vorzugsweise Men-
schengruppen befällt, die besonders körperlichen
Anstrengungen ausgesetzt sind (Soldaten, Kulis,
Gefangene). N o e s s k e (Kiel).
360. Ueber das Chlorom and seine Besie-
hnngenzar Leukämie; von Theodor Gümbel
in Strassburg. (Virchow's Arch. CLXXL 3. p. 504.
1903.)
Im Anschluss an die Beschreibung eines Ghlo-
roms vom neben der Wirbelsäule bei einem 19jähr.
Glasbläser, das in Folge von Compression des
Rückenmarks und dadurch bedingter transversaler
Myelitis den Tod herbeigeführt hatte, giebt G. eine
Darstellung von der Chloromerkrankung. Es [be-
stehen multiple erbsgrüne Lymphome, vorzugsweise
im Periost und in der nächsten Umgebung der Kno-
chen. Am häufigsten sind die Kopfknochen und das
lockere Bindegewebe längs der Wirbelsäule betroffen,
fast nie die Gliederknochen. Mehr oder weniger
häufig sitzen Chlorome in den Nieren, der Leber und
den Lungen, sehr selten finden sich chloromatöse
Veränderungen in der Mamma, den Hoden, dem Lig.
latum (je einmal) und, wie in diesem Falle, in der
Urethra. Dazu kommt eine Hyperplasie des gan-
zen lymphatischen Apparates und besonders des
Knochenmarkes. Das Blut bietet die Erscheinun-
gen der akuten lymphatischen Leukämie, so zwar,
dass nur die grossen Lymphocyten vermehrt, alle
übrigen Zellen des Blutes vermindert sind ; dabei
kann die Zahl der weissen gleich der der rothen
Blutkörperchen werden. Femer weisen die Schleim-
häute, besonders die des Verdauungstractus, und
in diesem Falle auch die der Urethra, zahlreiche
Hämorrhagien und oberflächliche Ulcerationen auf;
n. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
237
An sich sind die Ghlorome nicht bösartig. Sie
werden nur gelegentlich Todesursache, n&mlich
dann, wenn sie lebenswichtige Organe oomprimiren.
Noesske (Kiel).
361. Baa Verhalten der Leukooyten im
mensohliohen Blate unter dem Einflnaae der
Xasaage; von Erik Ekgren. (Deutsche med.
Wchnschr. XXVIH. 29. 1902.
Massage soll die polynukleären Leukocjten
nach Blutproben aus der EOrperperipherie ver-
mehren. Straub (Leipzig).
362. Ueber die Cytodiagnoae im Allgemei-
nen; von Dr. S. Stein bach. (Inaug.-Diss. Buka-
rest 1903.)
Die serösen H&ute reagiren auf akute, subakute
und chronische Reize durch Exsudate und die
mikroskopische Untersuchung der in diesen serösen
FlQssigkeiten enthaltenen Zellen bildet die OiUh
diagna$e. Die tuberkulösen Exsudate der Pleura,
der Gelenke, der Sehnenscheiden sind durch Lym-
fhocykn und kleine, mononukkare Zellen charak-
terisirt ; diejenigen anderer Natur enthalten poly-
nukkare Zellen. Die Lymphocyten sind nicht nur
fdr tuberkulöse Meningitis, sondern auch für andere
ciuonische EntzQndungen der Hirnhäute charak-
teristisch (Tabes, allgemeine Paralyse). In seltenen
Fällen findet man auch bei tuberkulöser Meningitis
und Pleuritis polynukleare Zellen. Die Cytodia-
gnose fOr sich allein berechtigt zu keiner be-
stimmten Diagnose, doch ist sie in Verbindung
mit anderen Symptomen ein wichtiges differential-
diagnostisches Mittel. So konnten z. B. die AnfiEUig-
stadien von Tabes, allgemeiner Paralyse erkannt,
Exsudate von Transsudaten unterschieden, Menin-
gitis angenommen oder ausgeschlossen werden.
E. Toff(Braik).
363. Zar Faraaitologie der Hanot'sohen
Krankheit (hypertrophischen ikterisohen Lebereir'
rkosej ; von N. £ i r i k o w. (Petersb. med. Wochen-
Bchr. N. F. XVn. 37. 1900.)
K. hat im Blute von Kranken, die an hyper-
trophischer Lebercirrhose litten, einen Coccus
gefanden und weiter züchten können, der morpho-
logisch am häufigsten als Diplococcus erscheint
und einige biologische Besonderheiten bietet, auf
Qnmd deren er zu den Staphylokokken gerechnet
werden darf. Es lässt sich vorläufig nur mit einer
gewissen Wahrscheinlichkeit behaupten, dass die
Kranken, wenigstens einige von ihnen, an chro-
nischer Septikämie (Bakteriämie) leiden und in
sich Parasiten bakterieller und vielleicht auch
anderer Natur tragen. Das Vorhandensein dieser
und die Möglichkeit einer Erhöhung ihrer Virulenz
können viele Erscheinungen des klinischen Ver-
iaufes, z.B. die Veränderungen des Knochenmarkes,
die zeitweiligen Versohlimmerungen, die Fieber-
perioden und das häufige Sohlussbild des schweren
infektiöoen Dcieros, erklären.
Aufrecht (Magdeburg).
Mod. Jahrbb. Bd. 279. Hft 3.
364. Klinische, phyaiologiaohe and patho-
logiaoh-anatonüaohe ünteraaohangen an einem
Falle Ton hochgradigem Aaeitea beiPfortader-
thromboae; von Dr. Oscar Schulz und Dr.
L. R. Müller. (Deutsches Arch. f. klin. Med.
LXXVL 6. p. 544. 1903.)
43jähr. Kranker. Die Entstehung der Pfortader-
thrombose blieb dunkel Das Wichtigste von dem,
was die Vff. feststellen konnten, ist Folgendes.
Die gallenbereitende Thätigkeit der Leber leidet
bei Abschluss des Pfortaderblutes nicht Die Leber
verkleinert sich im Qanzen, die Leberzellen zei-
gen keine Entartung, das Bindegewebe nimmt zu,
derart, dass das Lebergewebe durch dicke Septen
in Läppchen abgetheilt wird. Bilden sich keine
genügenden Anastomosen, so entsteht ein starker
Ascites. Die Ascitesflüssigkeit ist aber nicht als
ein für den Körper werthloses Stauungstranssudat
aufzufassen. „Durch die gesteigerte resorbirende
Thätigkeit des parietalen Bauchfelles werden aus
der in der Leibeshöhle sich aufspeichernden Flüssig-
keit reichlich Nährstoffe in den grossen Kreislauf
aufgenommen und damit für die Ernährung des
Körpers wieder gewonnen.'^ Das parietale Peri-
tonaeum und der peritonäale üeberzug der Leber
zeigen in derartigen Fällen oft beträchtliche Ver-
änderungen: Das subperitonäale Bindegewebe ist
gewuchert, seine Massen sind von Capülaren und
Lymphzellen ausgefüllt In den tieferen Schichten
des verdickten subserösen Oewebes findet man un-
gewöhnlich zahlreiche, groase, dünnwandige Oe-
fässe vielfach von Lymphzellenhaufen umgeben.
Beruht der Ascites auf einer Stauung im gesamm-
ten venösen System, so sind diese Peritonaeum-
veränderungen lange nicht so ausgeprägt wie bei
der Pfortaderthrombose oder bei der Lebercirrhose.
Wie war die Ascitesflüssigkeit beschaffen? Ihr
Procentgehalt an Stickstoff war durch die Art der
Ernährung bis zu einem gewissen Qrade zu be-
einflussen: stickstoffarme Kost setzte ihn herab,
stickstoffreiche erhöhte ihn. Der absolute Gehalt
an coagulirbarem Eiweiss betrug, auf 25 Liter be-
rechnet, bei eiweissreicher Kost (Milch) 335 g, bei
sehr eiweissarmer Kost nur halb so viel, 177g.
Neben dem coagulirbaren Eiweiss war eine nicht
unbeträchtliche Menge stickstoffhaltiger Extraktiv-
stoffe unbekannter Natur vorhanden. Harnstoff,
Albumosen, Peptone waren nur in Spuren oder gar
nicht nachzuweisen. Der Zuckergehalt betrug nie
mehr als wenige Zehntel Procent Die physio-
logische Verwerthung des Zuckers wurde durch
die Pfortaderthrombose nicht gestört Die Menge
der täglich in die Bauchhöhle ausgeschiedenen
Flüssigkeit (an der täglichen Zunahme des Körper-
gewichts gemessen) wurde durch eiweissarmeKost
erhöht, durch eiweissreiche Kost herabgesetzt
Oanz besonders gering war sie bei reiner Milch-
kost Die tägliche Zunahme des Ascites war un-
abhängig von der Spannung und Füllung des Leibes.
Durch Herabsetzung der Flüssigkeitzufnhr konnte
31
238
in. Phannakologie und Toxikologie.
die Stärke des Transsudationstromes etwas ver-
mindert und dadurch die nächste nothwendig wer-
dende Punktion um einige Tage hinausgeschoben
werden. Dippe.
365. Zur Kenntniss der Uratablagerongen
im Qewebe; von Dr. E. A. Krause. (Ztschr. f.
klin. Med. L. 1 u. 2. p. 136. 1903.)
Dass bei den gichtischen Veränderungen Urat-
ablagenmgen und Oewebenekrose neben einander
vorhanden sind, wird allgemein angenommen, man
ist sich nur uneinig darüber, ob die üratablage-
rungen das Erste sind (Oarrod) oder ob ihnen
die Oewebenekrose vorausgeht (Ebstein). Er.
fand bei seinen Untersuchungen, dass eine primäre,
dem Uratausfallen vorausgehende Nekrose ent-
schieden nicht anzunehmen ist, und ihm sind
weiterhin Bedenken darüber aufgestossen, ob über-
haupt in den Gichtherden eine richtige Oewebe-
nekrose vorliegt Ltet man die Erystalle voll-
ständig auf, so bleibt eine feinkörnige Masse ohne
Spur einer Oewebestruktur übrig, die wahrschein-
lich Oewebetrümmer enthält, in der Hauptsache
aber aus Einbettungsmassen und den Oerüst-
substanzen imd Einschlüssen der Erystalle besteht
Dippe.
III. Pharmakologie und Toxikologie.
366. üeber die Anwendang des Heben-
nierenextraktee in der Blüno-Laryngologle;
von Dr. Radzych in Moskau. (Allg. med.Gentr.-
Ztg. LXXL 84. 1902.)
R hat sich das Nebennierenextrakt, im Qanzen
nach den Vorschriften Rosenberg's, selbst her-
gestellt Er bezeichnet es nach seinen Erfahrungen
als ein leicht und ohne complicirten Apparat dar-
zustellendes, in genügender Concentrationkrftftiges
lokales gef&sscohtrahirendes Mittel. SchAdliche
Nebenwirkungen sind bei ftusserlicher Anwendung
des Extraktes bisher nicht beobachtet worden.
Seine Anwendung ist überall angezeigt, wo eine
Verminderung einer Hyper&mie oder Schwellung
der Schleimhaut erwünscht ist, also bei akuten
katarrhalischen Erkrankungen der Nase, des
Schlundes und des Eehlkopfes, ferner wo zu dia-
gnostischen oder therapeutischen Eingriffen die Er-
weiterung der durch Schleimhautschwellung ver-
engten Nasengänge erwünscht ist; weiter zur Unter-
stützung der anftsthesirenden Wirkung des Cocains,
endlich zur Blutstillung sowohl bei spontanen Blu-
tungen, als bei Blutungen nach Operationen.
Rudolf Heymann (Leipzig).
367. Anwendung desNebennierenextraktes
in der Therapie der Nasen- und Halskrank-
heiten; von Dr. Aug. Ooldschmidt (Mon.-
Schr. f. Ohrenhkde. XXXVL 9. 1902.)
0. berichtet kurz über 40 Fälle, in denen er in
der laryngologischen Poliklinik von Prof. Schech
in München das Nebennierenextrakt angewendet
hat Bei 18 Eranken, die nach Operationen in der
Nase stark bluteten, wurde mit Watte, die mit
reinem Nebenniereneztrakte bestreut war, tampo-
nirt. In 5 F&Uen wurde in derselben Weise wegen
Epistaxis tamponirt In einem Falle von Rhinitis
vasomotoria brachte das Extrakt vorübergehend
grosse Erleichterung. In 13 F&llen wurde das
Extrakt in lOproc. Cocain- Eucainlösung auf die zu
operirende Fliehe gebracht, um dei; Blutverlust
bei der Operation möglichst einsuschränken.
Die hftmostatische Wirkung war immer gut,
doch erfolgte mehrfach eine Nachblutung, so dass
zur Vorsicht bei Anwendung des Mittels gemahnt
werden muss. Rosenberg empfiehlt, um die
Nachblutung möglichst zu vermeiden, nach Ope-
rationen die Schnittflfiche mit einer Perle von
Arg. nitr. zu kauterisiren und dann zu tamponiren.
In 3 Fällen von Larynxphthise brachten Pinse-
lungen der Geschwüre mit wässeriger Lösung
des Extraktes Erleichterung beim Sprechen und
Schlucken, aber von kürzerer Dauer als bei An-
wendung von Orthoform-Jodol oder MentholöL
Rudolf Heymann (Leipzig).
368. Gk>ntribation a l'etude de ialeoithine;
par Leclerc et Porteret. (Lyon m6d. XCIX.
p. 101. 1902.)
Bei der Lecithinbehandlung Tuberkulöser,
Chlorotischer und Nervöser ist das Verhältniss
Harnstoff :Phosphorsfture im Eburn stets ein oon-
stantes, unbeschadet der Variationen der je-
weiligen (Jesammtmengen. W. S t r a u b (Leipzig).
369. Ueber die Wirkungsgrade narkotifloh
wirkender, gechlorter Verbindungen derFett-
reihe; von Rudolf Zoepffel. (Arch. f. experim.
PathoL u. Pharmakol XLIX. 2 u. 3. p. 89. 1903.)
Die Blinimalgaben der geprüften Stoffe, bei
denen das Herz am Williams- Apparate zu
schlagen aufhört, sind bei Chloroform 1.26 g pro
Liter, Aethylchlorid 1.60, Methylenchlorid 3.95,
Propylchlorid 3.95. Da Aether 28.44, Urethan 22.4,
Alkohol 94.0 g pro Liter zum gleichen Zwecke ver-
langen, dürfte die specifische Herzwirkung der ge-
chlorten Narkotica ersichtlich sein.
W. S t r a u b (Leipzig).
370. Immunitat und Narkose; von Dr. J.
SneL (Berl. klin. Wchnschr. XL. 10. 1903.)
Die Ffthigkeit der Lunge, Bakterien unschiki-
lieh zu machen, hat S n. schon früher hervorgehoben.
In der vorliegenden Arbeit hat er nun durch ex-
perimentelle Untersuchungen geprüft, ob die Lunge
in der Narkose ihre heilsamen baktericiden ErAfte
beibehält, oder ob sie sie verliert, wie auch ob die
Immunität bei refraktären Thieren durch Alkohol,
Aether und Chloral beseitigt wird.
in. Pharmakologie und Toxikologie.
239
Für seine Versuche wählte er MeerschweincheD,
denen er durch eine Kanüle, die er zwischen die
StimmblUider in die Trachea brachte, Milzbrand-
culturen in die Lunge spritzte, ohne dabei natür-
lich die geringste Verletzung der Qewebe in der
Tracliea oder an der LungenoberflAohe zu ver-
ursachen. Die Resultate für die Versuche bei Nar-
Jeo8^ mit Aether und mit Chloroform waren die-
selben. Es ergab sich: 1) Eine kurze Narkose
hebt die baktericiden Kräfte der Lunge nicht lange
auf. Die Bakterien werden abgetMtet, ohne Nach-
tbeil zu stiften. 2) Die Zeit, in der der Infektion-
prooess verlftuft, ist kürzer, wenn die Narkose
länger gedauert hat. Nach einer Narkose von
45 Minuten erliegt das Thier nach 75 Stunden,
während nach einer Narkose von 60 Minuten das
Thier nach 50 Stunden unterliegt 3) Die auf-
gehobene bakterien vernichtende Wirkung tritt beim
Nachlassen der Aetherinhalation bald wieder ein.
4) Die Bakterien wurden nach ungef&hr 1 Stunde
abgetfidtet oder wenigstens so viel umgeändert,
dass ihre Virulenz beseitigt war. In der 2. Stunde
nach der Infektion hat die Narkose keinen Erfolg.
Bei den Versuchen mit Chloralhydrat und Mor-
phium mur. zeigte es sich, dass die mit Chloral-
hydrat behandelten Thiere starben, während die
mit Morphium am Leben blieben. Bemerkenswerth
ist, dass Aether, Chloroform und Chloralhydrat
Alkoholderivate sind, das Morphium nicht
Durch direkte Einwirkung von Chloroform- und
Aetherdämpfen auf Culturen wurden die Bacillen
eher abgeschwächt, als dass sie grossere Virulenz
erlangten.
Der Tod der Thiere wurde durch die Narkose
verursacht, die die Immunität aufhebt
Die Gefahr der Entwickelung der Organismen
ist also während der Narkose und noch kurze Zeit
nachher grosser. Man soll daher vor der Narkose
Mimd- und Bachenh5hle desinfioiren und nur in
Bäomen mit möglichst sauberer Atmosphäre ope-
nren. N e u m a n n (Leipzig).
371. The physiologioal aotion of ethyl
bromide and of soibnofonn ; by Sydney W.
Cole. (Bnt med. Journ. 1903. p. 1421.)
Somnoform ist eine Miscftung von 65<^/gAethyl-
chlorid und 30»/o Methylchlorid und ö«/© Aethyl-
hromid, das zu Allgemeinnarkosen verwandt wird.
Für die Anwendung ist zu beachten, dass das Mittel
nisch auf das Athemcentrum wirkt, Herz und Herz-
ionervation bleiben intakt W. S t r a u b (Leipzig).
372. Ueber den heutigen Stand der Keuoh-
hustenbehandliing und Aber neuere Brfah-
ningen mit Oxykampfer and Citrophen; von
Dr. Maximilian Schreiner. (Therap. Monatsh.
XVEL 5—7. 1903.)
Die Arbeit stammt aus der Münchener Kinder-
poliklinik von Prof. S e i z. Vom Ozykampfer meint
Sehr., dass er in vielen Fällen das Leiden lindere
und abkOrze. Man giebt 3mal täglich bis 3stflnd-
lich 1 — 3dcg pro Lebensjahr. Sehr viel besser
und ganz vorzfiglich wirkte in fast allen Fällen
das stets gern genommene und ohne alle unange-
nehmen Nebenerscheinungen gut vertragene Citro-
phen. Sehr, gab das Citrophen in Oblaten oder
in Zucker wasser, begann mit 3mal täglich 1.5 bis
2dcg pro Lebensjahr und stieg ziemlich schnell
auf3dcg. Dippa
373. Zur Therapie dea Keuchhnitena ; von
Dr. Staedtler in Bern. (Deutsche med. Ztg.
XLV. 1903.)
St empfiehlt das nach seinen Angaben von
Krewel <Sb Co. hergesteUte „Yaporin"; Naphthen-
Bucalypto-Camphora. Man soll Imal täglich einen
EsslMel voll mit Wasser verdampfen und die Kin-
der ^/i — */4 Stde. in dem Yerdampfungzimmer darin
lassen. Das Verfahren soll auch zur Verhütung
des Keuchhustens bei gesunden, der Ansteckung
ausgesetzten Kindern von Nutzen sein. D i p p e.
374. Ueber die bakterioide Wirkung einiger
Biechatoffe; von H. Marx. Vorläufige Mitthei-
lung. (Centr.-BL f. Bakteriol. u. s. w. XXXTTT. 1.
p. 74. 1903.)
Die untersuchten Riechstofife, Terpineol, Nitro-
benzol, Heliotropin, Vanillin zeigten ganz respek-
table antiseptische Bigenschaften, die sich nament-
lich in Verbindung mit Seifen praktisch verwerthen
lassen. Die untersuchten Riechstoffe sind im
Stande, aktiven Sauerstoff frei zu machen (Reaktion
mit Jodjodkaliumstärkekleister). Der Orad dieser
Fähigkeit steht in direktem Verhältnisse zu ihren
baktericiden Eigenschaften. Walz (Obemdorf).
376. Aotion de la Imniere aur la toxioite
de reoaine et de qnelqaea autrea aubatanoea
poor lea Paramioiea; par le Dr. Ledoux-
Lebard. (Ann. de Tlnst Pasteur XVI. p. 587.
1902.)
Vf. konnte nachweisen, dass bei der Belichtung
von Eosinlösungen ein Zersetzungsprodukt ent-
steht, das im Stande ist, auch im Dunkeln Para-
ma^cien zu tOdten. Ebenso verhalten sich Akridin,
Fluoresceln und Chininsalze. Bisher nahm man
zur Erklärung an, dass die Erregung der Fluorescens
das schädliche Moment darstellt (Tappeiner,
Raab). W. Straub (Leipzig).
376. Bzperimentelle nnd kliniaohe ünter-
aoobongen Aber die Leiatnngen derKoohsali-
infüaion; von Wilhelm Ercklentz. (Ztschr.
f. klin. Med. XLVIH. 3 u. 4. p. 171. 1903.)
E. hat bei akuten experimentell erzeugten Ver-
giftungen mit verschiedenartigen Substanzen durch
„Organismuswaschung*^ Entgiftung herbeifQhren
wollen. Resultate nicht eindeutig.
W. Straub (Leipzig).
377. Ohemie und Pharmakologie des
Haaohiaoh; von Sigmund Fraenkel. (Arch.
f. experim. Pathol. u. Pharmakol. XTjTX. 4 u. 5.
p. 266. 1903.)
240
IV. Neuropathologie und Psychiatrie.
Die wirksame Substanz des Haschisch wird
durch Extraktion mit leicht siedendem Petrol&ther
mit 20<^/o Ausbeute isolirt. Dnrck fraktionirte
Destillation gewinnt man die reine Substanz in
den bei 210 — 240^ übergehenden Antheilen, sie
ist ihrer elementaren Zusammensetzung nach
C^iHgoOs und wird von Fr. Cannabinol genannt, sie
ist ein Pbenolaldehyd, es lassen sich Aoetyliorings-
und Nitricringsprodukte herstellten. Die reine Sub-
stanz (nicht die Derivate) erzeugt an Hunden Er-
scheinungen, die sich mit den am Menschen be-
obachteten decken. Es tritt beim Hunde sehr leicht
Gewöhnung ein. Tödtliche Vergiftungen konnten
nicht hervorgerufen werden.
W. Straub (Leipzig).
378. Zor KenntniM der Cobragift akti-
▼irenden SubfltanBen ; von P. Eyes u.H. Sachs.
(Berl. klin. Wchnschr. XL. 2—4.. 1903.)
Die Cobragift aktivirende Fähigkeit gewisser
durch Erhitzen inaktivirbarer Sera beruht auf der
Anwesenheit von Complementen im engeren Sinne.
Die aktivirende Fähigkeit und die Empfindlichkeit
von Blutlösungen beruhen auf dem Leoithingehalte
der rothen Blutkörperchen. Die Inaktivirung des
Blutes durch Erhitzen auf 61^ wird durch Bindung
des Lecithin an Hämoglobin bewirkt Salzsäure
schützt Cobragift vor Zerstörung durch höhere
Temperatur. Kaliumpermanganat, Chlorkalk, Qold-
Chlorid und Natronlauge zerstören das Cobragift
Qalle aktivirt Cobragift W. Straub (Leipzig).
IV. Neuropathologle und Psychiatrie.
379. Zur EenntniBB der Fseudoskleroae
(Westphal- Strümpell); von Prof. v. Frankl-
Hochwart. (Leipzig u. Wien 1903. Franz Deu-
ticke. 8. 47 S. mit 1 Tafel)
Bei einer Patientin der Nothnagel 'sehen
Klinik diagnosticirte der Yf. nach längerer Be-
obachtung Pseudosklerose, die Autopsie bestätigte
die Annahme. Nach Mittheilung der Eigenbeobach-
tung geht Vf. näher auf die pathologische Anatomie
und das klinische Bild der Pseudosklerose ein und
bemüht sich besonders, die Differentialdiagnose
gegenüber der multiplen Sklerose und der diffusen
Hirnsklerose herauszuarbeiten. Das klinische Bild
der multiplen Sklerose kann dem der Pseudo-
sklerose sehr ähneln, immerhin finden sich be-
merkenswerthe Differenzen. Störungen der Psyche
sind bei der mvUvplen Sklerose viel seltener und
erheblich geringer, Gleiches gilt für den Tremor in
Ruhe und bei Bewegungen, insbesondere wird das
wilde Herumschlagen kaum je beobachtet Con-.
trakturen und Spasmen sind bei der Pseudosklerose
häufiger und betheiligen besonders auch die Nacken-
muskulatur. Wichtiger ist, dass im Gegensatze
zur multiplen Sklerose epileptiforme Anfälle bei
der Pseudosklerose sehr häufig sind (ca. öO^^/o),
das Auge kaum je betroffen wird und Symptome
von Seiten der übrigen Hirnnerven fehlen oder fast
völlig zurücktreten.
Bei der diffusen Sklerose spielt das Trauma
ätiologisch eine viel grössere Rolle als bei der
Pseudosklerose, der Tremor ist dagegen etwas sel-
tener und das ungewöhnliche Schütteln der Pseudo-
sklerose nicht beobachtet. Die psychischen Stö-
rungen sind anscheinend constant und die Demenz-
zustände sehr schwer und progressiv. Die Sprache
klingt seltener scandirend, meist schleppend, schwer-
fallig oder unverständlich lallend ; in ca. 33% d. F.
fand sich Aphasie, die bei der Pseudosklerose bisher
nicht gesehen wurde. Für die Annahme der diffusen
Sklerose ist im Einzelfalle differentialdiagnostisoh
femer von Werth das häufige Betroffensein der
Hirnnerven, das Auftreten von Zwangsbewegungen
und der Nachweis von Sensibilitatstörungen und
trophisch - vasomotorischen Symptomen. Auch
Blasen-Hastdarmstörungen sprechen eher für diffuse
Sklerose. Diese zeig^ keine Remissionen, sondern
Tendenz zu dauerndem Fortschreiten.
Die Unterscheidung der Pseudosklerose von
toxischen Zuständen dürfte unschwer gelingen, da
Noxen dieser Art für die Westphal- Strümpell'sche
Krankheit nicht sicher nachweisbar sind. Der Yf.
neigt zu der Ansicht, dass es Uebergänge gebe
zwischen der Pseudosklerose undderPseudoparesis
spastica (Nonne, Fürstner), und dass mancher
Fall vorkommen könnte, in dem nach Feststellung
des negativen nekroskopischen Befundes differente
Ansichten über die Einreihung auftreten.
R. Pfeiffer (Cassel).
380. üeber SilUIe Ton Chorea progressiva
chronica (Chorea hereditaria, Chorea Hunting-
ton); von Dr. Leo Hüller. (Deutsche Ztschr.
f. Nervenhkde. XXIII. 3 u. 4. p. 315. 1903.) '
Nach Veröffentlichung dreier Eigenbeobach-
tungen giebt M. unter Berücksichtigung der Lite-
ratur einen kurzen Ueberblick über die Sympto-
matologie und die pathologische Anatomie der
Chorea hereditaria und bekennt sich zu der An-
schauung, dass die Chorea Huntingtonii eine Krank-
heit sei, die sich a«f dem Boden embryonaler,
ererbter Veranlagung entwickelt und in unaufhalt-
samem steten Fortschreiten schliesslich zu körper-
licher und geistiger Degeneration führt Die Cho-
rea Huntingtonii ist von der Chorea Sydenhami
scharf zu trennen. R. Pfeiffer (Cassel).
381. Zur pathologischen Anatomie der
Hnntlngton'sohen Chorea; von Dr. Stier. (Arch.
f. Psych, u. Nervenkrankh. XXXVIL 1. p. 62. 1903.)
Nach den Untersuchungen St's beruht die
Huntington'sche Chorea immer auf einer ererbten
abnormen Anlage der motorischen Rindencentren,
die häufig schon makroskopisch kenntlich wird als
Asymmetrie dieser Rindentheile oder grösserer Him-
abschnitte. Das Leiden beginnt im späteren Alter
IV. Neuropathologie und Psyohiatrie.
241
mit Wucherung der Neuroglia in den motorischen
Gentren, und zwar wuchert die Ölia fleokweise
oder mehr diffus und ergreift im letzteren Falle
besonders die kleineren und mittleren Pyramiden-
zellen. Die Gliawucherun? wird fast stets begleitet
von einer Erkrankung der Oefässe mit lymphoider
Auswanderung in die perivaskulären und perieellii-
lären Räume, seltener mit ausgesprochenen Bin-
tnngen, ferner schwinden die kleineren und mitt-
lren Ganglienzellen, während die grossen Ganglien-
zellen in den innersten Schichten, besonders die
grossen Betz 'sehen Zellen, fast völlig unversehrt
bleiben. Dieser Befund erklärt wahrscheinlich die
Tbatsache, dass klinisch die charakteristischen Be-
wegungen meist bis zum Schluss durch den Willen
gehemmt und regnlirt werden kOnnen. Die diffuse
Form der Erkrankung führt bei längerer Dauer
anatomisch meist zu einer Betheiligung der Hirn-
häute, zum Schwunde der Tangentialfasern , zu
Ner?endegeneration im Gehirne und Rtickenmarke
lind allgemeiner Hirnatrophie, kUniseh zur Demenz.
R Pfeiffer (Cassel).
382. Beitrag bot pathologischen Anatomie
der Chorea minor ; von C.Hudovernig. (Arch.
f. Psych, u. Nervenkrankh. XXXVlI. 1. p. 86. 1 903.)
In einem tödtlioh endenden Falle von Chorea gravis
ergab die Untersuchung des Centndnervensystems keine
Bacillen, eine massige Encephalitis, Spuren von Ependy-
mitis nnd Leptomeningitis , leichte degenerative Ver-
änderangen der Blntge^se, kugelige, anscheinend coUoide
Körperchen und kömige Yerändemngen der Nervenzellen.
Die colloiden Körperohen lagen theils in unmittelbarer
Nähe der Arterien und CapiUaren, theils entfernter von
diesen, frei in der Hirn Substanz , stets jedoch im Er-
nähmogsbezirke eines Blutgefässes und im Verlaufe der
Pyramidenbahnen, in bedeutend geringerer Zahl in den
Sfcunmganglien. Die Chorea minor ist eine infektiöse
Krankheit uod das schädliche Agens wirkt auf hämato-
genem Wege; es verarsacht in leichteren Fällen eine
DQtri^e Stömng, in schweren Yerändemngen der Blnt-
geiitese und Ablagerung von Golloidkörperohen. Diese
sind fär CSiorea minor charakteristisch [? Ref.]^ müssen
aber nicht in allen Fällen vorhanden sein.
Die choreatischen Bewegungen sind stets der Aus-
diQck einer direkten oder indirekten Reizung der Pyra-
midenbahnen an einer beliebigen Stelle des Verlaufes
l? Ref.]. B. P f eif f er (Cassel).
383. Heber wirkliche und scheinbare Serra-
tna-Lahmiuisen ; von M. B i r o. (Deutsche Ztschr.
f. Nervenhkde. XXIII. 3 u. 4. p. 278. 1903.)
Unsere Kenntnisse über die FunktionstOrungen
bei reinen Serratuslfthmungen sind nooh nach
mancher Richtung der Erweiterung bedürftig. B.
bespricht unter eingehender Berücksichtigung der
Literatiur, namentlich auch der Stein hausen '-
sdien Arbeiten, den Werth eines jeden Symptomes
und bereichert dann die spärliche Casuistik der
afiketfiioren SerFatusUhmungen durch eine eigene
Beobaditung. Kenntlich sind diese Pseudoläh-
mungen daran, dass sich die Funktionstörung nur
in beationmten Stellungen kundgiebt und überdies
nicht stetig ist; sie beruhen wahrscheinlich auf
einem vorübergehenden Spasmus. Die wesent-
lichen Merkmale einer echten Serratuslähmung sind
das Vorspringen der Scapula bei allen Armstellungen
und die Ann&herung des oberen Winkels an die
Wirbelsäule. R. P f e i f f e r (Cassel).
384. Ueber disoontinuirliche Zerfallspro-
oesae an der peripherischen Nervenfafer; von
Dr. Erwin Stransky. (Joum. f. Psychol. u.
NeuroL I. 6 u. 6. 1903.)
Die Schlusssätze der sorgfältigen, durch gute
Abbildungen illustrirten Arbeit lauten : Unter dem
Einfluss toxischer Schädlichkeiten erkranken peri-
pherische Nerven in charakteristischer Weise. Die
wesentlichen Merkmale des Processea sind : 1) das
Beschränktbleiben auf eine mehr oder minder lange
Strecke (oder mehrere Strecken) innerhalb der
Continuität einer sonst normal bleibenden Faser;
2) der allmähliche, feinkOmig- krümelig -tropfen-
f5rmige Markzerfall; 3) die Wucherung des Plasma
und der Kerne der Schwann'schen Scheide und
Umwandlung eines Theiles ihrer Elemente in Phago-
cyten; 4) die allmählich immer stärker werdende
Mitbetheiligung des Achsencylinders im Bereich
der erkrankten Stelle, der breiter, blässer, schliess-
lich nicht mehr durch Farbstoffe tingirt wird (ob
er in seiner Continuität total unterbrochen werden
kann, ohne dass der typische Ablauf des Prooeeses
modifidrt oder die Wal 1er 'sehe Degeneration
herbeigeführt wird, ist noch unklar); 5)derProce6S
kann ausheilen, es erscheinen dann in den nach
Ablauf des Zerfallstadium bleibenden Plasma-
bändem wieder ein Achsencylinder und eine neue
Markscheide ; 6) die reoonvalescenten Strecken prä-
sentiren sich als Schaltstücke; 7) der Process ist
ein neuritischer, parenohymatös-entzündlicher und
hat mit Wall er 'scher Degeneration nichts zu
thun (diese wäre besser als Nekrose zu bezeichnen,
da der Begriff „Degeneration^^ nicht nothwendig
ein Absterben von Gewebetheilen postulirt, sondern
nur eine an sich auch restitutionf&hige Entartung
derselben, während dort das peripherische Achsen-
cylinderstück unwiederbringlich zu Grunde geht) ;
8) die pathologische Histologie der Neuritis ist
einer Revision bedürftig nach der Richtung, ob
nicht die geschilderten Processe bei ihr die Haupt-
rolle, die echt degenerativen, bisher vielfach fälsch-
lich mit jenen zusammengeworfen, nur eine Neben-
rolle spielen. R. Pfeiffer (Cassel).
385. Sur Lehre Tom Korsakow'schen Bym«
ptomencomplez; von Dr. K Meyer und Dr.
J. Raecke. (Arch. f. Psych, u. Nervenkrankh.
XXXVn. 1. p. 1. 1903.)
Die mehr oder minder ausführlich mitgetheilten
Eigenbeobachtungen bestätigen die Anschauung,
, dass eine vollkommene Herstellung bei der Korsa-
kow'schen Erkrankung fast nie vorkommt Der
Symptomencomplex kommt auch bei der Para-
lyse vor (die Differentialdiagnose kann dann sehr
schwierig sein), überhaupt wohl meist bei solchen
242
IV. Neuropathologie und Psychiatrie.
Erkrankungen, die gar nicht oder schwer auszu-
gleichende Veränderungen des Centralnerven-
systems bewirken (Paralyse, Hirntumor, Dementia
apoplectica, Alkoholismus u. A.). Es handelt^sich
also um keine Krankheit sui generis, vor Allem
keineswegs um eine ausschliesslich alkoholistische
Psychose. RPfeiffer (Cassel).
386. Die einflMh demente Form der De-
mentia praecox; von Dr. Otto Diem. (Arch.
f. Psych, u. Nervenkrankh. XXX VII. 1. p. 111.
1903.)
Es giebt eine Dementia praecox, am besten
„einfach demente Form der Dementia praecox''
oder „eigentliche Dementia simplex'' genannt, die
sich schleichend, ohne besondere Vorboten ent-
wickelt, ohne akute Schübe und Remissionen, ohne
ausgeprägte maniakalische oder melancholische Ver-
stimmungen, ohne Sinnestäuschungen und Wahn-
ideen und ohne die für die Hebephrenie, Katatonie
und Dementia paranoides charakteristischen Be-
sonderheiten (Katalepsie, Tics, Geziertheiten, Manie-
ren, Stereotypien, Negativismus, Mutismus u. s.w.)
einhergeht.
Eine scharfe Trennung der einfach dementen
Form von den anderen Typen der Dementia praecox
ist nicht durchftUirbar, vielmehr giebt es fliessende
Uebergänge. Die Frauen werden sehr oft als böse
Charaktere, die Männer als Alkoholiker verkannt.
Symptomatisch bemerkenswerth ist ein fein-
schlägiger, ziemlich gleichmässiger Tremor der
Hände.
Im Anfange ist ein bestimmter Verlauf nicht
sicher vorauszusagen, noch nach Jahren kann z. B.
aus der bisher einfach dement verlaufenden die
hebephrenisohe Form werden.
Einfach demente, hebephrenisohe, katatonische
und paranoide Formen der Dementia praecox bilden
somit eine klinische Einheit
Die Ursache der Erkrankung bedarf noch ein-
gehenderer Studien. Die einfach demente Form
ist von grosser praktischer und forensischer Be-
deutung und verdient im Besonderen wegen ihrer
engen Beziehungen zum Alkoholismus, Va^bunden-
thum und zu erworbenen Charakteranomalien auch
die Beachtung des praktischen Arztes.
R. Pfeiffer (Cassel).
387. Note aar l'^tat oriblö desaponövroees
ohes les dögönör^; par Ch. F6r6 et Papin.
(Journ. de TAnthropol. et de laPhysiol. XXXVIII.
p. 576. 1903.)
Unter 6tat cribl6 des apon6vroses verstehen die
Vfif. das Vorhandensein einer oder mehrerer kleiner
Oeffnungen in der Aponeurose des Unterschenkels,
durch die sich im Stehen etwas Fett vordrängt.
Unter 230 Geisteskranken fand sich dieser Zustand
49mal, also bei 21.3%, oft beiderseitig. Die
Häufigkeit des Vorkommens veranlasst die Vfif. da-
zn, diese Entwickelungsanomalie den Degeneration-
zeichen anzureihen. In 2 Sektion - Fällen zeig-
ten die rundlichen Continuitättrennungen scharfe
Ränder. Aschaffenburg (Halle a. d. S.).
388. The mental atatoa of Caolgoos, the
assasein of preaident Mo Kinley ; by Walter
C h a n n i n g. (Amer. Journ. of insanity LIX. 2.
1902.)
Die Begutachter des PräsideDtenmörders Czolgosz
haben ihn für geistig gesund, dieTbat für die eines Anar-
chisten erklärt. Ch. bemüht sich, festzustellen, dass die
Untersuchung unzulänglich und zu sehr unter dem Drucke
der öffentlichen Meinung geführt worden ist. Er weist
nach, dass Czolgosz ausser Zusammenhang mit der anar-
chistischen Organisation stand, dass er sogar noch kurz
vor dem Morde Mitglied einer philanthropischen Organi-
sation war, unter deren Prinoipien sich der Glaube an
Gott und CÄihstenthum befindet, dass er, früher fleissig
und harmlos, einige Jahre vorher eine Aenderang seines
Wesens zeigte, scheu und sonderbar wurde, stets allein
ass, als ob er Vergiftungsideen hätte. Man wird nicht so
weit gehen müssen, die Diagnose einer hebephrenischen
Erkrankung für zweifellos zu halten; das aber bleibt
wohl als sicheres Ergebniss der sorgfältigen Untersuchung :
DieThat von Czolgosz hat mit der anarchistischen Propa-
ganda direkt gar nichts zu thun; sie ist jedenfalls das
Werk eines abnormen Menschen gewesen, dessen Geistes-
zustand mindestens in hohem Grade verdächtig war und
einer gründlicheren Expertise bedurft hätte, wie die war,
der er unterworfen worden ist
Asohaf f enburg (Halle a. d. 8.).
389. Fsioosi aloooUoa oronioa paranoide ;
per Vedrani e Muggia. (Oiom. di psich. clin.
e tecn. manicomiale XXX. 4. 1903.)
Die Yff. geben die Krankengeschichte eines
chronischen Trinkers wieder, bei dem ESfersucht-
und Vergiftungsideen einem Delirium tremens lange
vorausgingen. Das Delirium aber heilte nicht,
sondern ging in einen Zustand über, in dem ver-
einzelte Sinnestäuschungen, wechselnde, oft humo-
ristische Stimmung, Yerfolgungsideen , Arbeit-
unfähigkeit, erhöhte Ablenkbarkeit dauernd be-
stehen blieben, ohne dass OedächtnissstOrungen im
Sinne der Eorsakow'schen Psychose bemerkbar
wurden. Die Yff. schlieesen sich in der Deutung
des Zustandes Eraepelin an, der den Aus-
gang des Delirium tremens in eine eigenartige
Demenz beschrieb, die durch bestimmte Symptome
ihre toxische Aetiologie erkennen Iftsst und nicht
mit der Eorsakow'schen Psychose identisch ist
Aschaffenburg (Halle a. d. S.).
390. Nouvelle oontribntion k i'etude des
psychoaes post-operatoirea ; par Picqu6 et
Briand. (Arch. de Neurol. 2. S. XV. p. 209.
Mars 1903.)
Die Yff. erörtern sehr eingehend die Frage
nach der Existenz von postoperativen Psychosen.
Zu diesen gehOren nicht die neurasthenischen Zu-
stande, die sich im Anschlüsse an operative Ein-
griffe zeigen, und nicht die auf Sepsis zurückzu-
führenden Delirien; eben so wenig toxische Psy-
chosen. Nach Ausschluss dieser Formen bleiben
noch einige psychische Störungen übrig, die ala
V. Innere Medicin.
243
poatoperative bezeichnet werden müssen. Es sind
länger dauernde Geistesstörungen, deren Ursache
in einer angeborenen oder erworbenen Prädispo-
sition zu suchen ist Die Symptomatologie wechselt
je nach Alter, Belastung, Prädisposition und der
Art der Operation. So weit die Vff.
Da sie sich nur auf die französische Literatur
beschränken, ist ihnen entgangen, dass man die
Selbständigkeit einer eigenen Form der post-opera-
tiven Psychosen auf degenerativer Basis in Deutsch-
land längst als überwundenen Standpunkt be-
trachtet Asohaf fenburg (Halle a. d. S.).
V. Innere Medloln.
391. Untersnohungen über den Tetanas ;
▼on Hans Meyer und Fred Ransom. (Arch.
f. ezperim. PathoL u. Pharmakol. XLIX. p. 389.
1903.)
Bringt man Meersdiweinohen unter die Haut
Tetanusgift bei, so kann man das Toxin in dem
der Impfseite entsprechenden Nervus isohiadious,
zuweilen auch im anderen, wieder auffinden. Hirn
und Rückenmark waren anscheinend giftfreL Aus
diesem und anderen früher gemachten Befunden
hatten M. u. R geschlossen, dass der Aufnahme-
w^ des Tetanusgiftes der Achsenoylinder der
Nerven ist Von Marie und Morax wurde
diese Annahme bestätigt und wurden besonders als
Oiftweg die Nervenscheide und die Lymphgefässe
ausgeschlossen. M. u. R. fanden nun weiter, dass
nach lokaler Antitoxinbehandlung das Rücken-
mark vom Eündringen des Toxins geschützt bleibt
Ebenso konnten sie durch Rückenmarkdurchschnei-
dong die höheren Rückenmarkspartien schützen.
Die Incubationzeit des Tetanus kann durch
direkte Injektion des Giftes in den Ischiadicus
beträchtlich abgekürzt werden, sie wird es noch
mehr, wenn die Injektion direkt in das Rückenmark
erfolgt, woraus zu schliessen ist, dass die Haupt-
dauer der Incnbation auf die Wanderung im Nerven
entfällt, womit auch die Thatsache übereinstimmt,
dass bei Warmblütern die Incubationzeit mit der
QrOsse des Thieres wächst
Die charakteristische tonische Muskelcontrak-
tion nach Tetanusvergiftung muss demnach gleich-
falls central ausgelöst sein, der lokale Tetanus
bum keinen peripherisch-nervöeen Sitz haben.
Wurde das Oift in die sensiblen Wurzeln
mschen Ol. spinale und Rückenmark gespritzt,
80 zeigte sich die dolorose Form des Tetanus, und
zwar die rein dolorose Form, ohne Steigerung der
motorischen Reflexthätigkeit Die Schmerzempfind-
lichkeit bleibt streng lokalisirt, woraus auf eine
strengere Isolirung der sensiblen Leitungsbahnen
im Centralorgan geschlossen werden darf. Es er-
giebt sich femer daraus, dass der Transport des
Giftes in das Rückenmark nur auf dem Wege der
motorischen Bahnen, nie auf sensiblen erfolgt und
dass die wirksame Verbreitung auf dem Wege
des Plasma des Neurons, nicht dem Lymphwege
erfolgt
Da das Antitoxin nicht im Nerven wandert,
kann es nur dort heilend und entgiftend wirken,
wo es nicht in den Nerven eingedrungenes Toxin
in den Säften noch trifift Da andererseits der
Ausbruch der Symptome der Sohluss des Wan-
derungsprooesses im Nerven (Incubation) ist, dürfte
in Fällen des diagnosticirten Tetanus vom Anti-
toxin kein Heilerfolg zu erwarten sein.
W. Straub (Leipzig).
392. Heber dielnflaenaa; von Wilhelm
E b s t e i n in Qöttingen. (Münchn. med. Wchnschr.
L. 11. 12. 1903.)
Nach einigen einleitenden geschichtlichen Be-
merkungen über die Influenza kommt K auf die
grosse Epidemie im December 1889 zu sprechen,
bei der in Berlin 40 — 50*/o sämmtlicher Ein-
wohner, und zwar hauptsächlich das mittlere
Lebensalter zwischen 20 — 50 Jahren befallen wur-
den. Sie ist von Asien aus nach Europa ver-
schleppt worden. Die Seuche ergreift erst die
grossen Verkehrscentren und breitet sich von da
aus radienartig aus. Die sogenannte schlechte
Jahreszeit, in der auch sonst Katarrhe vorkommen,
ist der Tummelplatz der Influenzaerkrankungen.
Die zweite grosse Pandemie war im Januar
1891, und zwar liess sich hier ein vollständiger
Kreislauf von Westen nach Osten und zurück von
Osten nach Westen nachweisen. Diesmal wurden
auffallend viel Kinder und ältere Leute betroffen,
für die die Krankheit verhängnissvoll wurde. Von
den Krankheiterscheinungen traten die von Seiten
der Cirkulationorgane , der Athmungs-, der Yer-
dauungsorgane und des Nervenapparates in den
Vordergrund. Im Verhältniss zu anderen akuten
Infektionkrankheiten dauerte die Beconvalesoenz
auffallend lange.
Einen ausführhchen Bericht giebt K über die
Influenzaerkrankungen, die in der Göttinger medi-
cinischen Klinik und Poliklinik zur Beobachtung
kamen. Es waren im Ganzen 196 Kr. (113 männ-
liche und 83 weibliche). Von diesen waren er-
krankt an der nervösen Form (Kopfgrippe) 30^/o,
an der katarrhalischen Form der Athmungsorgane
(Brustgrippe) 46®/o, an der katarrhalischen Form
der Verdauungsorgane 25%. Auch hier war im
Allgemeinen die Beconvalescenz eine sehr lang-
same. Früher bestehende Lungen-, Herz- und
Nervenkrankheiten wurden vielfach unliebsam be-
einflusst Todesfälle wurden aber nicht beobachtet
Es folgten dieser Epidemie später noch 3 weitere,
wenn auch beschränkte Epidemien.
Die Frage, ob in einem gegebenen Falle In-
fluenza vorliegt oder nicht, kann recht schwierig
sein. Der Krankheiterreger wurde zwar 1892 von
244
y . Innere Medidn.
K. Pfeiffer im Sputum von Influenzakranken
entdeckt, doch ist er nicht oonstant nachzuweisen.
Deshalb ist aber das typische Erankheitbüd der
Influenza nicht ohne Weiteres von der Hand zu
weisen. Die Lehre von dem Erankheiterreger der
Influenza ist sicherlich noch lange nicht abge-
schlossen, immerhin ist den Pfeif fernsehen
Bacillen eine pathogenetische Rolle zuzuschreiben.
Bei der Prophylaxe wird daher schliesslich alles
auf die Reinlichkeit herauskommen, die vor Allem
auf Unschädlichmachung des Auswurfes der Kran-
ken, auf die Desinfektion der Wäsche zu sehen hat.
Ein speciflsches Mittel giebt es zur Zeit noch
nicht Die Therapie wird eine rein symptoma-
tische sein. Vor den modernen Antipyreticis und
Nervinis giebt £. dem Chinin den Vorzug.
K e u m a n n (Leipzig).
3.93. XTntersaohaogen über die Leokooy toee
bei Hasern; von Dr. Elena Mauicatide und
Dr. P. G a 1 e 8 e s c u. (Spitalul. XXIH. 4—5. p. 134.
1903.)
M. u.O. haben bei 31 Masernkranken verschie-
denen Alters eingehende Blutuntersuchungen durch-
geführt und hierbei £'olgendes gefunden. Bei nicht
complicirten Masern findet man immer eine leichte
Leukocytose während der Eruption, die gewöhn-
lich im Desquamationstadium abfällt. Die grossen
einkernigen Zellen sind gleichzeitig verhältniss-
mässig vermehrt Dieses kann zur Unterscheidung
der Masern vom Scharlach dienen, wo die Leuko-
cytose viel ausgesprochener ist und Polynukleose
besteht, ebenso von verschiedenen toxischen oder
infektiösen Erythemen. Da die Mononukleose auch
bei Pocken im Anfangstadium gefunden wird, bildet
sie kein Unterscheidungsmerkmal von Morbillen.
Die bei diesen Untersuchungen benutzten Fär-
bungsmethoden waren jene von Romanowsky,
E. von Willebrand, Berestneff und die
Hämatoxylin-Eosinfärbung. Die Präparate wurden
lufttrocken oder nach Fixirung durch die Spiritus-
flamme untersucht. E. Tof f (Braila).
394. Ueber die Entstehung einer Maiaria-
epidemie im Hariinger^ und Jererlande wäh-
rend des Jahres 1901 ; von Dr. M a r t i n i. (Deut-
sche med. Wchnschr. XXVIII. 44. 1902.)
M. führt den Nachweis, dass die zahlreichen
Malariaerkrankungen, die 1901 und 1902 im
Harlinger- und Jeverlande auftraten, auf Ein-
schleppung durch holländische Arbeiter beruhten.
Diese holländischen Arbeiter kamen zum grOssten
Theile aus Gegenden Hollands, die von Malaria
viel heimgesucht werden. Anopheles wurden
allenthalben nachgewiesen. Umfangreiche Erd-
arbeiten begünstigten die Entwickelung dieser
Mücken. Der Einfluss des Windes auf die Ver-
breitung der Krankheit (durch die Mücken) liess
sich leicht feststellen.
S 0 b 0 1 1 a (Heilanstalt Sorge).
395. Ueber einen Fall von Febris inter-
mittena mit Zeichen von Pneumonie ; von Dr.
Noica. (Spitalul. XXIU. 4—5. p. 171. 1903.)
Die Haaptsymptoine waren intermittirendes Fieber,
Hosten, Schwindel, Kopfschmerzen und Stechen in der
Unken Axillariinie, woselbst zahlreiche crepitirende Hassei-
geräosche, aber kein Bronchiaiathmen zu hören waren.
Während des afebrilen Stadium verschwanden die Sym-
ptome g&nzUoh, um mit dem Ansteigen der Temperatur
wieder zurückzakehren. Im Blute wurden charakte-
nstisohe fiämatozoahen gefunden, Leber und MjIz waren
vergrössert und schmerzhaft. Aut Chinin erfolgte rasche
Heilung. £. T o f f (Braüa).
396. Traumatiaohe Spätpneomonie mit dem
Aasgange inaangrfinnaohBUbogenverietBQng;
von ü ei mann. (Wien. klin. Hundschau XVU.
4. 5. p. 59. 75. 1903.)
H. giebt die aasffthrliohe Krankengeschichte eines
60 Jahre alten Mannes, der nach einem Fall auf den
rechten Ellenbogen langdauernde Schwellung des rechten
Armes und der rechten Brustseite bekam, 8 Monate später
unter den Erscheinungen der Influenza von einer in Gan-
grän übergehenden Pneumonie des linken Oberlappens
befallen worden war und nach schwerem Leiden ^mit
völlig verheilter Lunge*^ aus der Behandlung als geheilt
entlassen werden konnte. [Den Fall als traumatische
Spätpneumonie mit Ausgang m Gangrän nach Ellenbogen-
verletzung anzusehen, dürfte wohl kaum zulässig sein;
viel wahrocheinlicher ist eine von einer thrombosirten
Armvene ausgegangene Lungenembolie. Bef,]
Aufrecht (Magdeburg).
397. Ueber Pneumokokken-, Oelenk* und
Knooheneiterungen ; von Georg Pfisterer.
(Jahrb. f. Kinderhkde. N. F. V. 4. p. 417. 1902.)
Gelenk- undEnochenmetastasen bei Pneumonie
sind schon in der vorbakteriellen Zeit vom Rheu-
matismus geschieden worden, z.B. von Orisolle.
In den letzten Jahren sind sie in grteserer Anzahl
bekannt geworden. P f. theilt 7 einschlägige Be-
obachtungen aus der Baseler Einderklinik mit Er
hat auch die sonst bekannt gewordenen FäUe ver-
arbeitet und tabellarisch geordnet mitgetheilt In
32 Fällen traten die Erkrankungen 14mal vor dem
9. Tage, 7mal zwischen dem 10. und 16. Tage,
Imal erst in der 9. Woche auf. In seltenen Fällen
bestand die Gelenkerkrankung bereits vor der Pneu-
monie. Sie ist nicht immer an schwere Entzün-
dungen der Lunge gebunden. Die Verbreitung des
Krankheitgiftes geschieht meist auf dem Blutwege,
seltener auf dem Lymphwege. In den seltenen
Fällen von Pneumokokkenerkrankung der Knochen
oder Gelenke, in denen keine Beziehungen zu einer
Pneumonie bestanden, erfolgte die Infektion von
der Mund- und Nasenhöhle aus, auch wohl vom
Mittelohre oder vom Peritonaeum (bei bestehender
Pneumokokkenperitonitis). Als prftdisponirende
Momente gelten in erster Linie Traumen, auch Ge-
lenkrheumatismus. Am häufigsten erkranken die
grossen Gelenke, namentlich die Schulter- und
Kniegelenke. Von klinischen Symptomen sind als
einigermaassen charakteristisch zu erwähnen starke
Schwellung, geringe ROthung der Haut, Neigung
zu gutartigem Verlaufe. Besonders disponirt sind
y. Innere Medioin.
245
Kinder in den ersten beiden Lebensjahren. Die
Prognose ist im Allgemeinen eine gflnstige. Bei
frfihzeitiger Incision erfolgt meist Heilung.
Brückner (Dresden).
398. Ueber swei Fälle posttyphöser Eno-
ohenerkrankong ; von Dr. Joseph Langer.
(Centr.-Bl. f. Kinderhkde. 1. 1902.)
1) Ein 13jähr. Knabe bekam Dach einem Falle
Schmerzen in der linken Tibia, die sich immer wieder-
holten. Er war 15 Wochen vorher an Typhus erkrankt
gewesen, den er ohne weitere Störungen überstanden
hatte. 7 Wochen nach dem Unfälle trat eine Schwellung
des linken Unterschenkels auf. Nach 4 weiteren Wochen
wurde ein osteomyelitischer Herd festgestellt und er-
öffnet In dem entleerten Eiter fanden sich Typhus-
bacillen.
2) Bei einem ISJjähr. Knaben stellten sich 8 Wochen
nach einer Typhuserkrankung steifer Gang, Kyphose und
Dmckempfindlichkeit der unteren Brust- und Lenden-
wirbelsäule ein. Patellareflexe erhöht. Darauf Fieber,
Gürtelschmerz, Schwellung der Haut in der Lenden-
gegend. Das Blut agglutinirte bei einer Verdünnung von
1:50. Behandlung mit Extension, später Corsett Nach
3 Monaten war der Y idaTsche Versuch bei einer Ver-
dünnung von 1 : 10 negativ. L. nimmt eine posttyphöse
Spondyhtis an. Der Knabe war 2 Jahre vorher 5 m hoch
herab auf den Rücken gefallen. Im Krankenhause war
er von einem anderen Kinde geetossen worden.
Die Fälle beweisen, dass ein Trauma die An-
siedelung im Blute kreisender Bacillen in einem
Knochen begünstigt. Brückner (Dresden).
399. ZurKenntniBs derPyooyaneosBepsiB;
von Dr. A. Kühn. (Centr.-Bl. f. innere Med.
XXIV. 24. 1903.)
K. berichtet über einen Fall von Pyocyaneussepsis
kryptogenetischen Ursprunges, in dem die endgültige
Diagnose erst 1 Stunde post mortem durch Miizpunktion
festgestellt wurde. Die klinische Diagnose war Sepsis
oder Septicopvämie : sie wurde auf Grund der stark ver-
größerten Milz, der Blutuntersuchung, des hohen, theils
oontinuirlicheD , theils intermittirenden , mit Schüttel-
frosten einhergehenden Fiebers gestellt. Differential-
diagnostisch war Paratyphus, eine abnorme Form des
Typhus abdominalis, in fbrago gekommen.
Der Kr. wies intra vitam noch roseolaartige Flecke
auf; starkes, schwer zu stillendes Nasenbluten und eine
äusserst schlechte Gerinnbarkeit des Blutes. Bei der
bakteriologischen Untersuchung waren im Blute und in
den rothen Blutkörperchen plumpe Stäbchen mit Eigen-
bewegung zu erkennen. Dass der Bacillus pyocyaneus
neben toxischen, auch stark blntkörperchenlösende Eigen-
schaften besitzt, ist von Weingeroff experimentell
bewiesen. Die klinische Diagnose Pyocyaneussepsis zu
stellen, wird auch fernerhin mit grossen Schwierigkeiten
verbanden sein. N e u m a n n (Leipzig).
400. Ueber die Seekrankheit; von C. Binz.
(Centr.-Bl. f. innere Med. XXIV. 9. 1903.)
B. meint, dass man über die Seekrankheit
des ziemlich sicher sagen könne: „Das
Schaukeln des Schiffes verursacht eine Verenge-
ning der Arterien des Kopfes und damit akute
Blutarmuth des Gtohims. Diese akute örtliche
Blutarmnth hat hier, wie bei ihren anderen An-
l&Bsen, zur raschen Folge üebelkeit und Erbrechen.
Die das Würgen und Erbrechen hervorrufende
heftige Thfttigkeit der Bauchpresse treibt eine
Med. JahTbb. Bd. 279. Hft 3.
grössere Menge Blut nach dem Oehirn, beseitigt
80 auf kurze Zeit dessen Blutarmuth und unter-
bricht damit das üebelbefinden. Der Magen spielt
in der Seekrankheit nur eine passive Rolle. Er
wird von dem Centralorgan zum Brechakt ange-
regt, gleichviel ob er gefüllt ist oder nicht. Alles
was geeignet ist, die Zufuhr des Blutes zum Ge-
hirn zu erleichtern, wirkt vorbauend, lindernd oder
heilend auf die Seekrankheit.*'
Also Langlegen, vorher ordentlich Essen!
Medikamentös wären Versuche mit Amylnitrit zu
empfehlen. Das Oeheimmittel „Yanatas'S ^^^
dessen Untersuchung B.'s Studium der Seekrank-
heit ausging, ist in der Hauptsache eine wässerige
Iproc. Lösung von Ohloralhjdrat. ^ Auch dieses,
ebenso wie Brom und Antipjrin kann helfen.
In einer kurzen Mittheilung in Nr. 29 des
Centr.-Bl. f. innere Med. 1903 stimmt O.Hage n-
Torn auf Qrund eigener Beobachtungen der An-
sicht von B. bei, dass die Gehimanämie wesentlich
zur Entstehung der Seekrankheit beiträgt und
schildert die Seekrankheit als „Reflexerscheinung'S
„bedingt durch die Unmöglichkeit der Anpassung
an die stets sich verändernden Beziehungen des
Körpers zur Umgebung". D i p p e.
401. Das Bronohialasthma alsTypoB „ner-
▼öser Katarrhe** ; von Prof. Adolf Schmidt.
(Würzb. Abhandl. aus d. Gesammtgeb. d. prakt
Med. m. 7. 1903.)
Schm. versucht nachzuweisen, dass der Spas-
mus der Bronchialmuskeln allein niemals einen
asthmatischen Anfall erzeugen kann, dass dagegen
ein Katarrh der Respirationschleimhaut im Bereiche
der feineren Bronchen an sich (d. h. auch ohne
gleichzeitigen Krampf der Bronchialmuskeln) im
Stande ist, alle Erscheinungen des asthmatischen
Anfalles hervorzurufen. Doch soll damit keines-
wegs die Bronchial- Krampftheorie aufgegeben sein ;
das Asthma muss als eine katarrhalische Entzün-
dung der Schleimhaut, speciell derjenigen der
kleineren Bronchen und Bronchiolen „verbunden
mit durch Vermittelung des Nervensystems ent-
stehenden Eigenthümlichkeiten" aufgefasst werden.
[Somit wird die Betheiligung des Nervensystems
als eine sekundäre, untergeordnete hingestellt, wäh-
rend Eef. auf Grund des anatomischen Verhaltens
der Bronchialmuskulatur (vgL Deutsches Arch. f.
klin. Med. LXVII. p. 586. 1902) und einer Be-
obachtung von asthmaähnlichen Anfällen bei einem
Hirnabsoesse (vgl. Ebenda LXXII. p. 588. 1903)
dem Nervensystem den Hauptantheil an der Er-
zeugung des Asthma zusprechen möchte.]
Aufrecht (Magdeburg).
402. Ueber die hämorrhagische Form der
Leberoirrhose ; von Prof. E. Meixner. (Wien,
med. Wchnschr. LU. 32—40. 1902.)
In eingehender Erörterung und mit sorgfältiger
Berücksichtigung der Literatur bespricht M. als
eine besondere, wenn auch selten vorkommende
32
246
Y. Innere Medicin.
Form der Lebercirrhose die hämorrhagische. Sie
zeichnet sich dadurch aus, dass plötzlich eintreten»
des und sich öfter wiederholendes Bluterbrechen
und Darmblutungen geradezu als ein Frühsymptom
der Krankheit erscheinen und zur Verwechselung
mit einem Ulcus ventriculi fOhren. Die Menge des
verlorenen Blutes kann eine so grosse sein, dass
sehr bedrohliche Symptome auftreten.
Ein wichtiges Hülfsmittel zur Erkennung der
Krankheit ist die grosse und anhaltende Anftmie,
die fortbesteht, nachdem die Blutung l&ngst auf-
gehört, der Kranke seinen früheren Kräftezustand
wiedererlangt hat und seinem Berufe nachgehen
kann. Aber die Haut bleibt wachsartig gelb oder
subikterisch. Im Anschlüsse an die Blutung oder
nach deren wiederholtem Auftreten (die Latenz-
Periode kann 1 — 2 Jahre dauern) kommt es zur
Milzschwellung, die so enorm werden kann, wie
es bei der einfachen Lebercirrhose niemals der Fall
ist, und weiterhin zur Volumenzunahme der Leber.
Die Orösse der Milz betrug in einem Falle 26, 15
und 4 cm. Die Leber ist selbst im Sp&tstadium
der Krankheit nie so verkleinert, wie bei der typi-
schen Hepatitis, ja ihre Dimensionen können normal
oder mftssig vergrössert sein. Sie bietet aber nach
dem Befunde bei der Sektion alle Eigenthümlich-
keiten der atrophischen Lebercirrhose, sowohl in
makro-, als auch in mikroskopischer Beziehung.
Stets war die Leberoberflflche fein granulirt.
In sämmtlichen Fällen wurde ein starker Meteo-
rismus beobachtet, sowie als weiteres und regel-
mässig vorkommendes Symptom reichliche Diar-
rhöen, die von allem Anfange an als die Oastro-
enterorrhagie und der Milztumor die Diagnose be-
stätigten, vorhanden waren. Ascites fehlte in keinem
Falle ; er entwickelte sich aber verhältnissmässig
spät Dagegen fand sich niemals die Entwickelung
eines äusseren Collateralkreislaufes. Aus der an
seiner Stelle entstehenden vollkommenen CoUateral-
bahn im Verdauungstraktus mit den hierdurch be-
dingten Phlebektasien, sowie Suffusionen und Ero-
sionen der Magen-, bez. der Oesophagusschleimhaut
erklären sich eben die frühzeitigen und häufigen
Blutungen, der grosse Milztumor, die späte und
langsame Entwickelung des Ascites und die an-
haltenden Diarrhöen. Aufrecht (Magdeburg).
403. PankreasentMtUidang mit Blutong and
Nekrose; von Prof. Hochhaus. (Münchn. med.
Wchnschr. L. 2. 1903.)
Mittheilung von 3 Krankengeschichten von
Pankreasentzündung mit tödtlichem Ausgange. In
2 Fällen Sektion. In einem Falle war die Diagnose
intra vitam nicht gestellt worden.
Die Diagnose beruht auf den Schmerzen, dem
Tumor in der Pankreasgegend und der Olykosurie.
Die äusserst heftigen Schmerzen entstehen ver-
muthlich nicht durch peritonitische Reizung, son-
dern durch Druck auf die hinter dem Pankreas ge-
legenen Ganglien. Die Schmerzen sind übrigens
noch heftiger als die bei Perforationperitonitis auf-
tretenden und stellten sich schon zu einer 2toit ein,
in der die anderen Symptome noch fehlen. Dies
lässt sich unter umständen differentialdiagnostisch
verwerthen.
Als Ursache der Pankreasentzündungen werden
Entzündungen benachbarter Organe, Alkoholismus,
Schwangerschaft , üeberanstrengung angegeben.
Der Zusammenhang ist indess noch nicht nach-
gewiesen, unklar ist es auch noch im Krankheit-
bilde, welche der Erscheinungen (Pankreatitis, Blu-
tung oder Fettgewebenekrose) als das Primäre an-
zusehen ist Wahrscheinlich ist bald der eine, bald
der andere Process primär.
Sobotta (Heilanstalt Sorge).
404. neber Pankreaenekrose ; von E u g e n
P e i s e r. ( AUgem. med. Centr.-Ztg. LXXL 9 1. 92.
1902.)
Bei einer 28jähr. Frao, die vorher 2mal an schwerer
Blinddarmentzündnog gelitten hatte, worde ein prall
elastischer Tumor in der Magengegend festgestellt. Bei
der Annahme einer Pankreascyste warde die Operation
vorgenommen. Nach Entleerung von Eiter und Gewebe-
fetzen während der Operation, erfolgte 8 Tage später die
AbstoBSung eines Sequesters, der sich als das vollständige
Pankreas darstellte. Tod mehrere Monate später an
Diabetes.
Aus den mikroskopischen Untersuchungen des Sekrets
ergab sich, dass als Ursache der Pankreasnekrose ent-
zändliche Processe nicht anzunehmen waren. Dagegen
wiesen die reichlichen Pigmentablagerungen im Pankreas
darauf hin, dass Blutungen in das Drüsenparenchym er-
folgt waren, und dass dadurch die Nekrose der Drüse be-
dingt war. Als Ursache dieser Blutungen nimmt P. die
Schädigungen eines vorangegangenen Wochenbettes, sowie
eine Anämie an, die in Folge der manuellen Lösung der
Placenta (mit starken Blutverlusten) eingetreten war.
Der Diabetes war durch Behandlung mit Pankreas-
tabletten nicht zu beeinflussen.
Sobotta (Heilanstalt Sorge).
405. Die Koohsali-Infasion and ihre Ver-
werthang bei Krankheiten ; von P. Berenbach
in EOln. (v. Volk mann 's Samml. klin. Vortr.
N. F. Nr. 350. 1903.)
Während man früher annahm, daas der Yer-
blutungtod durch die qualitative Veränderung des
Blutes einträte, d. h. den Verlust an rothen Blut-
körperchen, den Vermittlern der Oxydation, steht
man jetzt auf dem Standpunkte, dass vielmehr
die quantitative Veränderung des Blutes in Frage
kommt: durch Abnahme der OefässfQllung und
durch das schnelle Sinken des arteriellen Druckes
erfolgt der Tod. Das Herz schlägt gewisser-
maassen in's Leere und kann die Blutsäule nicht
mehr in Bewegung erhalten, um bei drohendem
Verblutungtode mangelnde GefässfüUung möglichst
auf die Norm zurückzubringen, haben wir die In*
fusion. Zuerst C o h n h e i m , dann Eroneoker
und Sander und Schwarz erzeugten bei Thie-
ren starke Anämie durch Blutentziehung und in-
fundirten dann mit gutem Erfolge physiologische
(0.6proc.) Kochsalzlösung. Die Jahrhunderte lang
geübte Methode der Bluttransfusion war damit vet^
lassen.
V. Innere Medicin.
247
Die Ergebnisse der Thierversuche, die nament-
lich von y. Ott, Biernacki u. A. ausgeführt
wurden, zeigten, dass die Eoohsalz-Infusion sich
in einer Veränderung des Blutes und des Harnes
ftufiserte. Bei der Blutveränderung zeigt sieh die
Periode der Blutverdünnung oder der Hydrämie
und die der Blutverdickung. Die dritte unwichtige
ist die der Rückkehr zur Norm. v. Ott machte
die Infusionen intravenös, Biernacki dagegen
subcutan. Die Angaben darüber, wie lange die
Blutveränderung dauert, sind daher bei beiden
Autoren ziemlich weit auseinandergehend. B.
glaubt mit Biernacki, dass die normale Zu-
sammensetzung des Blutes durch die Infusion
durchschnittlich auf 8 Tage gestOrt wird. Die
Veränderungen des Harnes gehen denen des Blutes
parallel : in der ersten Periode gesteigerte, in der
zweiten verminderte Diurese. Mit steigernder Diu-
rese sinken der Oehalt an festen Bestandtheilen
und das specifische Gewicht
Den Hauptabschnitt der Arbeit bildet die the-
rapeutische Nutzanwendung der Kochsalz-Infusion
beim Menschen. Am glänzendsten sind die Er-
folge bei der akuten Anämie, wie von verschie-
denster Seite berichtet wird, und zwar entspricht
die Wirkung der Infusion der infundirten Flüssig-
leitmenge. Die Anwendung der Infusion bei Ver-
giftungen war in 4 Fällen von Jodoformvergiftung
(Kocher) und in einem Falle von Quecksilber-
vergiftung (Sahli) unwirksam. Bessere Erfolge
hatte diese Art von Auswaschung des Körpers in
einem Falle von Eohlenoxydvergiftung (Schreiber)
und dieselbe günstige Wirkung sah Oerson in
2 Fällen von Eohlendunst- und in einem Falle von
Leuchtgasvergiftung, in dem ein Aderlass voraus-
gegangen war. Durchgehend vorzügliche Wirkung
hat die Kochsalz- Infusion bei denjenigen Krank-
keiten, die durch im Körper selbst gebildete Toxine
kervorgerufen sind: in einem Falle von Urämie
(Sahli) waren in 4 Tagen alle urämischen Er-
scheinungen geschwunden.
Bei der Cholera asiatica (Cantani, Samuel,
Michael), wo die Wiederherstellung der dem
Blute verloren gegangenen Flüssigkeit eine Grund-
bedingung der Therapie ist, kann die Cirkulation
Bur durch Infusionen im Gange erhalten werden,
da der Ersatz der verloren gegangenen Flüssigkeit
per vias naturales unmöglich ist. Doch muss hier
die Bewässerung des Körpers systematisch und
beständig (24 — 36 Stunden) durchgeführt werden.
Bei der Cholera asiatica handelt es sich übrigens
nidit blos um eine Austrocknung, sondern auch
um eine Intoxikation des Körpers. Die Infusion
wirkt da auch giftverdünnend. Genau so liegen
die Verhältnisse bei der Cholera nostras infantum.
Leider verhindert hier oft der Unverstand des
Publicum die nutzbringende Anwendung, insofern
kurzsichtige EUtem die Einwilligung nicht geben.
Hourt hat auch die Influenza mit Kochsalz-Infu-
sionen günstig behandelt Stets ist die Kochsalz-
Infusion da angezeigt, wo es gilt, entweder einen
Verlust an Körpersäften zu ersetzen oder giftige
Stoffe aus dem Körper zu entfernen.
Die Gefahr der Luftembolie bei denEingiessun-
gen ist, namentlich, wenn sie subcutan geschehen,
so gut wie ausgeschlossen. Starker Hydrops, Herz-
insufficienz, Cyanose, Lungenödem sind Contra-
indikationen. i/|7 — i/ss des Körpergewichts auf die
Infusionmenge berechnet, kann man ruhig auf ein-
mal infundiren, und zwar benutzt man thunlichst
eine 0.6— O.Sproa Kochsalzlösung, die 38— 40*C.
warm und leicht alkalisch gemacht ist Die Infu-
sionen können intraarteriell, intravenös und sub-
cutan gemacht werden, natürlich geht bei letzteren
die Blutverdünnung nicht so rasch vor sich wie
bei den beiden anderen Verfahren. Das Instrumen-
tarium, unter strengster Anti-, bez. Asepsis ge-
handhabt, besteht aus einem Irrigator oder Glas-
trichter mit Schlauch und nicht zu spitzer Hohl-
nadel. N e u m a n n (Leipzig).
406. Ueber den Nährwerth der Oasein-
klystiere, nebst Bemerkungen über den Phos-
phor-StofiWeohsel; von Dr. Rob. Ehr ström.
(Ztschr. f. klin. Med. XLIX. 1—4. p. 377. 1903.)
Die Arbeit kommt zu der Empfehlung eines
neuen von der Aktiengesellschaft „Separator^^ in
Stockholm aus Milch hergestellten Caseinpräparatee
„Proton'^ Es hat sich E. als Zusatz zu Milch-
klystieren entschieden bewährt Er meint, dass
man damit dem Körper beträchtliche Eiweissmengen
gut zufQhren könne. ,,Zugleich wird dank dem
hohen Phosphorgehalte des Protons der Phosphor-
bedarf des Körpers berücksichtigt" Das Proton
ist nicht theuer : 1 kg Eiweiss kostet in ihm 5 Mk.
Dippa
407. Welche Nasenkrankheiten kann man
ohne teohnieohe Unterauohungsmethoden er-
kennen? Praktische Fingerzeige für den Arxt ; von
Prof. Albert Rosenberg in Berlin. 20 Abbil-
dungen im Text (Berl. Klinik 175. Jan. 1903.)
um das Interesse des praktischen Arztes für
die Krankheiten der Nase anzuregen, zeigt R., was
man ohne rhinoskopische Untersuchung von Nasen-
erkrankungen erkennen kann. Er bespricht die
mit dem Auge unmittelbar wahrnehmbaren Ver-
änderungen an der äusseren Nase und im vorderen
Theile des Naseninneren, die durch den Oeruch-
sinn wahrnehmbaren Erkrankungen und die aus
subjektiven Symptomen erkennbaren Erkrankungen.
Wegen der Einzelheiten muss auf den inhalt-
reichen Vortrag selbst verwiesen werden.
Rudolf Heymann (Leipzig).
408. Bhinitiarheamatioa; von Dr. W. Freu-
de n t ha 1 in New York. (Samnil. zwangl. AbhandL
a. d. Oeb. d. Nasen-, Ohren-, Mund- u. Halskrankh.
VL 9. 1902.)
Gehen auch die Ansichten über das Wesen des
Rheumatismus noch immer weit auseinander, so
248
V. Innere Mediciii.
giebt es doch eben so gut wie Rheumatismus des
Pharynx und Larynx auch rheumatische Erkran-
kungen der Nase, worauf F. als Erster 1894 auf-
merksam gemacht hat. Seither hat er noch weitere
entsprechende Fälle beobachtet und betont, dass
man, wie er schon in seiner ersten YerOfifentliohung
gesagt hat, Fälle von rheumatischen Schmerzen
in der Nase mit und ohne sichtbare Veränderun-
gen in der Nase unterscheiden muss, denen er
nur nach seiner erweiterten Erfahrung noch Fälle
mit Veränderungen an der Aussenseite der Nase
(Schwellungen und Erythema multiforme) hinzu-
ffigt Bis zur ersten MittheiluDg hatte F. nur chro-
nische Fälle beobachtet, inzwischen hat er auch
akute Fälle gesehen. Er theilt 4 Krankengeschich-
ten mit In der Mehrzahl der Fälle treten die Er-
scheinungen in der Nase gleichzeitig oder erst
nach Lokalisation an anderen KlJrperstellen auf,
in einem Falle aber erkrankte die Nase zuerst und
der Rheumatismus im übrigen KOrper zeigte sich
erst später, so dass F. annimmt, dass hier die Nase
die Eingangspforte für das rheumatische Gift ge-
bildet hat (für welche Annahme jedoch die mit-
getheilte Krankengeschichte dem E^f. keine ge-
nügend sicheren Anhaltepunkte zu bieten scheint).
In allen Fällen wurden die Erscheinungen in der
Nase durch antirheumatische Allgemeinbehandlung
günstig beeinflusst, besserten oder verschlimmerten
sich gleichzeitig mit den sonstigen rheumatischen
Erscheinungen der Kranken.
Rudolf Heymann (Leipzig).
409. Ein Fall von plötilich eintretendem
Collaps in Verbindung mit Stillstand der Be-
spiration and Cyanose (Glottisspaamni P) in
Folge von operativer Entfernung von adenoi-
den Vegetationen. Traoheotomie. Heilang;
von Prof. Holger Mygind in Kopenhagen.
(Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. XXXVL 5. 1902.)
M. hat früher schon 2mal bei rhachitischen
Kindern im 2. Lebensjahre als unmittelbare Folge
der Operation von adenoiden Vegetationen Laryngo-
Spasmus mit stridulöser Athmung und Gyanose, der
nach */| — ^/j Minute vorüberging, eintreten sehen.
Am 28. Aug. 1901 operirte er ein schwer rhaohi-
tisches Sljähr. Kind. Im Augenblicke des Durchschnei-
dens der Vegetationen collabirte das Kind, die Athmung
hörte vollständig auf, die Lippen wurden blau und bald
auch das Gesicht. Der eingeführte Finger fand den Kehl-
kopfoingang frei. Haltung des Kindes mit dem Kopfe nach
unten und £^opfen des Rückens besserten nichts. Des-
halb Traoheotomie, worauf sich die Athmung sofort ein-
stellte. Nachträglich erzählte die Mutter, dass das Kind
schon Öfter bei psychischer Erregung Anfälle von Respi-
rationstillstand und Cyanose gehabt hatte.
M. empfiehlt, bei kleinen Kindern mit rhachi-
tischen Zeichen bei der Entfernung von adenoiden
Vegetationen Alles zur Traoheotomie bereit zu
halten. Rudolf Heymann (Leipzig).
Eine UntersuchuDg von 4777 Kindern (2400
Knaben, 2377 Mädchen) im Alter von 6—15 J.
ergab folgende Befunde :
L Nase. 1) Septumdeviationen Aindeu sich bei
13.2^/o der Schulkinder, und zwar bei Knaben viel
häufiger (15.4Vo) als bei Mädchen (11.2«/o), bei
beiden war die Deviation häufiger linksseitig. Im
Allgemeinen zeigte sich vom 7. bis zum 15. Jahre
eine stetige Zunahme der Häufigkeit. 2) Cristen
und Spinen fanden sich bei 13.39<^/o der Kinder,
im Alter von 6 Jahren nur bei 2.82<^/o, auch die
Zahl der Cristen und Spinen nimmt mitzunehmen-
dem Alter beständig zu. 3) Hypertrophische Nasen-
muscheln hatten 11.30% der Kinder; einseitige
Muschelhypertrophie war viel häufiger rechts als
links. 4) Wahre Ozaena sah Fr. nur einmal, aber
bei 28 Kindern rudimentär entwickelte untere
Nasenmuscheln und eingedicktes Sekret und hält
diesen Zustand mit Zaufal fQr das Anfang-
stadium der atrophischen Rhinitis.
n. In der Mundhöhle fand sich Hypertrophie
der Gaumenmandeln, d. h. Mandeln, die den freien
Rand der Gaumenbögen überragten, in 34.49<^/c
der Fälle; der harte Gaumen war bei 1.1% der
Kinder hoch gewölbt.
III. Rachen. 1) Granuläre Pharyngitis hatten
11.76%. 2) Die Rhinoscopia posterior misslang
bei 20.26%, von den fibrig bleibenden 3809 Kin-
dern hatten 1255 Kinder = 32.95% Hypertrophie
der Rachenmandel (Knaben 34.65%, Mädchen
31.22^/o). Als hypertrophisch wurden alle Rachen-
mandeln betrachtet, die den oberen Choanalrand be-
rührten. In nahezu der Hälfte der Fälle fand sich
gleichzeitig Hypertrophie der Gaumenmandeln und
der Rachenmandel. Nach seinen Befunden kommt
Fr. zu dem Schlüsse, „dass der Hochstand des
harten Gaumens nicht durch adenoide Vegetationen
oder nasale Obstruktion überhaupt bedingt ist".
Die höheren Grade der Hyperplasie der Rachen-
mandel fanden sich bei Kindern mit ungenügenden
Fortschritten in der Schule etwa doppelt so häufig
als bei guten Schülern. Dagegen war kein sicherer
Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der Ver-
grösserung der Rachenmandel und der socialen
Lage ersichtlich.
IV. Eine Prüfung des Gehörs ergab, „dass die
Schwerhörigkeit bei Kindern mit Rachenmandel-
hyperplasie viel häufiger beobachtet wird als bei
Kindern überhaupt, dass aber der schlechte Fort-
schritt der mit Hyperplasie der Rachenmandel be-
hafteten Kinder nicht allein durch das schlechte
Gehör bedingt ist, sondern, dass die Hyperplasie der
Rachenmandel schon an sich, ohne Rücksicht darauf^
ob sie das Gehör beeinträchtigt oder nicht, die Ur-
sache des schlechten Fortschritts der Kinder in der
Schule sein kann'S RudolfHeymann (Leipzig).
410. Die oberen Loftwege bei Sohulkin- 411. Zar Kenntnias des angeborenen Kehl-
dern; von Dr. 0. Frankenberger in Prag, kopfdiaphragmas ; von Dr. P. Frank el. (Deut-
(Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u. s. w. XXXVL 5. 1902.) sehe med. Wchnschr. XX VIIL 51. 1902.)
VI. Oeburtshülfe, Frauen- und Einderl^/ailkunde.
249
Fr. theilt 2 Beobachtungen von Kehlkopf-
diaphragma mit, von denen das eine mit Sicher-
heit, das andere, trotz abweichenden Sitzes, mit
Wahrscheinlichkeit als angeboren zu betrachten
war. Das Eehlkopfdiaphragma kann im ganzen
Bereiche der Epithelverklebung des Kehlkopfes
entstehen und bestehen bleiben ; meist hat es aber
seinen Sitz im vorderen Theile des Kehlkopfes,
besonders der Qlottis, vermiithlich weil bei der
nach vom spitz zulaufenden Form der Glottis die
natürlichen Bedingungen für Diaphragmenbildung
hier gegeben sind. Ebenso erklärt sich die That-
sache, dass die Diaphragmen meist in der Hohe
der Stimmbänder gefunden werden, aus den hier
vorliegenden Verhältnissen der grössten Enge des
ganzen Organs.
Im Allgemeinen verursacht das Kehlkopf-
diaphragma so wenig Störungen, dass es oft
anentdeckt bleibt Wahrscheinlich kommt es da-
her weit häufiger vor, als im Allgemeinen ange-
nommen wird. S o b o 1 1 a (Heilanstalt Sorge).
412. nSP&tstörnngen^ nach der Traoheo-
tomie ; von Prof. W. P i p p i n g. (Ztschr. f. klin.
Med. XLIX. 1—4. p. 138. 1903.)
Von französischen Aerzten ist behauptet wor-
den, dass die Tracheotomie wegen Diphtherie die
Kinder zu allerlei bedenklichen Erkrankungen ge-
neigter mache und so das Leben verkürzend wirke.
P. kann das nach dem Material der Kranken-
häuser in Helsingfors nicht bestätigen. Leichte
Beschwerden seitens der Athmungsorgane zeig-
ten sich verhältnissmässig häufig, bei 32.8^/o
der Tracheotomirten , ein befördernder Einfluss
auf die Infektion mit Tuberkulose, oder ein
ungünstiger Einfiuss auf die Qesammtentwicke-
lung der Kinder liess sich nicht nachweisen.
Dippe.
VI. Geburtshfllfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
413. Die Verkleinerung des Bauohraumes
und Verhinderung von Banohbrüchen durch
Doppelung der Banohdeoken ; von L. H e i d e n -
hain. (Centr.-BL f. Gynäkol. XXVI. 1. 1902.)
In 2 Fällen hat H. nach Exstirpation grosser
Ovarialtumoren die Piccolo'sche Methode mit
einigen Aenderungen angewendet Er macht
einen Schnitt vom Schwertfortsatz bis zur Sym-
physe, löst Haut und Unterhautfettgewebe beider-
seits ab und näht eine Bauchwand mit Silberdraht,
soweit nOthig, innen an das Peritonaeum parietale
der anderen, mit den Nähten möglichst tief greifend.
Danach näht er den freien Rand der anderen Bauch-
seite auf die zuerst festgenähte auf, in einem Falle
mit theilweiser Kreuzung der geraden Bauch-
muskeln. [Ref. hat in 2 Fällen von grossem Bauch-
brach die OeffiiuDg nur so gross, als der Bruch
war, gemacht, das Peritonaeum resecirt, vernäht
Qod dann extraperitonäal die Bauchdecken mit
Fascie übereinander genäht, ohne Rücksicht auf
Kreuzung der MM. recti. Nach oben und unten
Ton der OperationOffnung liegt danach die Bauch-
wand 3fach übereinander. Der Erfolg ist gut.]
Glaeser (Danzig).
414. Zwei Fälle von soliden Tamoren der
Banohhdhle unbekannten Ursprungs ; von Dr.
F. Prüsmann in Kiel. (Beitr. z. Geburtsh. u.
Gynäkol. VL 3. p. 305. 1902.)
1) Kindskopf grosser Tumor, duroh Laparotomie bei
einer 25jähT., steril verheiratheten Frau entfernt. Es
handelte sich um ein Fibrosarkom, das durch Abdrehung
oder Abschnümng von seinem Mutterboden gelöst und
durch sekundäre, gefKsshaltige Yerwaohsangen mit dem
Peritonaeum der vorderen Bauchwand weiter ernährt
worden war. Die Frage, ob die Geschwulst, anfangs
gutartig, erst nach der Abtrennung sarkomatös 'entartet
war, liest sich nicht entscheiden. Pr. nimmt als wahr-
scheinlichsten Ausgangspunkt der Geschwalst ein accos-
soiisches Ovarium an.
2) 2-fau8tgro8ser Tumor, operativ entfernt bei einem
20jähr. Fräulein. Die Geschwulst lag im kleinen Becken,
ihre Kuppe erhob sich wenig über den Beckeneingang,
mit ihrer flachen höckerigen Oberfläche war sie bis auf
eine 5-markstüokgros8e Stelle mit allen angrenzenden
Theilen flächenhaft verklebt, nach Lösung der Ver-
klebungen hing sie nur noch breit durch grössere Gefässe
enthaltende Verbindungen an der Flexura sigmoidea.
Es handelte sich um eine fibromatöse Geschwulst, deren
centrale Partien Rückbildungen zeigten. Pr. vermuthet
als Ausgangspunkt der Geschwulst eine Appendix opi-
ploioa der Flexura sigmoidea.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
415. Weitere Beiträge aar Lehre dermeso-
nephrisohen Tumoren; von Dr. Gust Schickele
in Strassburg i. K (Beitr. z. Geburtsh. u. Gynäkol.
VI. 3. p. 449. 1902.)
1) Bei einer 35jähr.Frau, die wegen eines Descensus
uteri et vaginae von Fehling operirt wurde, fand sich
im oberen Drittel des rechten kleinen Labium, fast bis an
den Sulcus interlabialis lateralwärts reichend, ein kirsch-
kem grosses, weiches, auf seiner Basis verschiebliches
Knötchen, auf dessen Kuppe die Haut ganz leicht festsass.
Der Tumor wurde excidirt und von Seh. genau unter-
sucht. Er bestand aus zahlreichen Drüsenschläuchen
und hatte den Charakter eines Adenoms ; in dem^ lockeren
subcutanen Gewebe, das nach allen Seiten den Tumor
umgab, lagen eigenthümliche Kanäle. Seh. nimmt mit
grosser Wahrscheinlichkeit an, dass diese von ihm genau
beschriebenen Kanäle abnorm verlagerte und erhaltene
Reste des WolfTscben Ganges seien und dass auch das
unmittelbar danebenliegende Adenom ebenfalls aus Resten
des WolfTschen Ganges hervorgegangen sei.
2) Ädenomyam im Sepium rectovaginale. Der klein -
wallnussgrosse Tumor war einer SSjähr. Frau aus der
hinteren Vaginalwand sammt einem Stück Rectum ent-
fernt worden. In dem nach dem Rectum zu gelegenen
Theile des Tumor traten die Drüsenschläuche mehr in
den Vordergrund, in dem nach der Vagina zu gelegenen
Theile dagegen das Myom ge webe. Der Tumor ist nach
Seh. auf versprengte Theile des distalen Poles der Ur-
niere zurückzuführen ; es ist das am meisten distalwärts
gelegene Adenomyom, das bis jetzt bekannt geworden ist.
Arth. Ho ff mann (Darmstadt).
250
VL Qeburtshülfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
416. Subaeröses Fibromyom dea Uterua
mit zahlreichen epiploiaohen und inteatinalen
Adhärenzen« Bedentender Aacites« Bzatirpa-
tion auf abdominalem Wege. Heilung; von
Dr. A. Poenaru. (Revista deChir. VIL 2. p.77.
1903.)
Der bis zum Nabel reichende Tamor war mit Netz
und Darm stark verwachsen und die bedeutende Ansamm-
lung von Ascitesflüssigkeit war auf chronische Peritonäal-
reizuDg zurückzuführen. Die ausgeführte Operation war
eine conservaiive; der dicke Stiel, durch den die Ge-
schwulst mit der Gebärmutter zusammenhing, wurde
durch trennt, hierbei das nöthige Stück Serosa abprfiparirt,
um die blutende Fläche zu bedecken. Ebenso wurde
mit dem Darme verfahren, der an einer Stelle auf einer
Ausdehnung von etwa 25 cm innig mit dem Tumor zu-
sammenhing. Hier wurde das zur Deckung nothwendige
Stück Serosa von der Tumoroberfläche gewonnen. Ausser-
dem wurde noch ein kleines Myom der üteruswand ge-
funden und enucleirt. E. Toff (Braila).
417. Ueber die Wahl der Operation bei
Myomen; von R Olshausen. (Gentr.-Bl. f.
Oynäkol. XXVL 1. 1902.)
0. sucht die Frage zu beantworten, wie weit
man mit der Erhaltung sowohl des Uterus, als
auch der Ovarien bei Myomoperationen gehen könne.
Br tritt zunächst mit Zweifel und Rosthorn
fflr die Erhaltung der Ovarien ein. Die Beobach-
tung von Ovarientumoren nach der Exstirpation
des Uterus lässt die möglichste Schonung der
Ovarialgefasse nothwendig erscheinen, um die Eier-
stöcke in ihrer Vitalität zu erhalten. Ausserdem
sucht 0. aber auch den Uterus zu erhalten und
befürwortet warm die Enucleation, die er bei 14*/o
seiner Myomoperationen gemacht hat Er hat aber
auch dabei 5®/o Todesfalle erlebt Der Wunsch,
den Uterus möglichst zu erhalten, bestimmt 0.
auch, für die Einschränkung der vaginalen zu
Qunsten der abdominalen Operation einzutreten.
Er erklärt es mit Rosthorn für ein bedauer-
liches Huldigen der Mode, wenn man die Exstir-
pation von Myomen, die bis zur Nabelhöhe reichen,
auf vaginalem Wege erzv ingen will.
Olaeser (Danzig).
418. Eleotrioite et flbromes; par le Dr.
Piche vi n. (Semaine gynßcol. VIII. 17. p. 129.
1903.)
P. stellt fest, dass die optimistischen Hoff-
nungen der Elektrotherapeuten sich mit Bezug auf
die elektrische Behandlung der Fibrome des Uterus
nicht erfüllt haben. Es ist nicht zu leugnen,
dass durch intrauterine elektrische Kauterisation,
namentlich wenn sie lange fortgesetzt wird, eine
hämostatische Wirkung ausgeübt werden kann,
doch hat P. noch nie ein Uterusfibromyom sich,
auf die Einwirkung von elektrischen Strömen
hin, verkleinem oder gar verschwinden gesehen.
Andererseits bemerkt man oft nach zahlreichen
elektrischen Sitzungen das Auftreten von schweren
peri-uterinen Complikationen. Das Beibehalten der
elektrischen Fibrombehandlung ist heute nicht mehr
gerechtfertigt, nachdem durch das operative Vor-
gehen glänzende Resultate erzielt worden sind.
Höchstens könnte sie ausnahmeweise in jenen
Fällen Anwendung finden, in denen die Kranken
durch hinge dauernde Blutverluste derart ge-
schwächt sind, dass ein grösserer operativer Ein-
griff tödtlich wirken könnte. E. T o f f (Braila).
419. Beitrag rar operativen Behandlung
der Myome in der Gravidität; Yon Frank.
(Mon..Schr. f. Qeburtsh. u. QynäkoL XVII. 4. p. 428.
1903.)
Fr. theilt ausführlich 7 einschlägige Fälle mit
und steht auf folgendem Standpunkte: Myome des
schwangeren Uterus geben an sich keine Indikation
zu operativen Eingriffen, da sie sehr häufig als
Nebenbefund in Schwangerschaft und Wochenbett
festgestellt werden. Die operative Entfernung ist
währmi der Sehwangersdiaft nur in folgenden
Fällen angezeigt: 1) bei raschem Wachsthum der
Geschwulst; 2) bei bedrohlichen Störungen der
Girkulation undAthmung; 3) wenn eine frühzeitige
Unterbrechung der Schwangerschaft zu befürchten
ist; 4) beim Auftreten von peritonitischen Reizen
oder Einklemmungserscheinungen ; 5) bei Myomen
der Pars vaginalis colli, die leicht brandig werden;
6) bei polypösen Myomen. Leicht enuoleirbare oder
abtragbare Myome erfordern die einfache Myomo-
tomie ; ist keine Aussicht vorhanden, dass die Gra*
vidität erhalten bleiben kann und dass die Frau
je austragen wird, dann ist die Totalexstirpation
angezeigt
Während der Oeburt sind von Eingriffen auszu-
führen zunächst fxtginale OpercUümm. Es ist zu
wenden und zu extrahiren, wenn die Myome kein
besonderes Hindemiss darstellen ; es ist zu perfo*
riren bei todtem Kinde, bei lebender Frucht, wenn
der nachfolgende Kopf anders nicht zu entwickeln
ist, und bei Fieber. Der Tumor der Pars inter-
media ist vaginal zu enudeiren, wenn die Ge-
burt eines lebenden Kindes daneben vorbei ausge-
schlossen ist
Von abdominokn Emgriffm kommen in Be-
tracht: Enucleation von Myomen der Pars supra-
vaginalis und dann Abwarten der Spontangeburt;
Abtragung subseröser, in das kleine Becken rei-
chender Myome; Sectio caesarea mit oder ohne
Entfernung des Tumor ; bei Fieber und tiefem Sitz
die Totalexstirpation. KurtKamann (Berlin).
420. üeber Complikation der Qebort mit
Ovarialtumoren. OTariotomia abdominalis
inter partum mit naohfolgender Bntbindnns
per viaa naturalea; von M. Semon in Danzig.
(Mon.-Schr. f.Geburtsh. u.GynäkoL XVI. 3. p.275.
1902.)
Bei einer blühenden 23jähr. Erstgebärenden, die
schon am Tage vorher Wehen gehabt und das Frucht-
wasser verloren hatte, fand sich neben einem lebenden
Kinde in Beckenendlage ein kindskopfgrosser, das kleine
Becken ausfüllender, fester Tumor, der die hintere Yagina-
wand vorwölbte und die Portio stark in die Höhe drängte»
TL Oeburtshülfe, Frauen- und Einderheillninde.
261
Diagnose: Myom oder Dermoidoystom. BepositioDver-
sQche aaoh in tiefer Narkose ohne Erfolg. Abdominale
Cöliotomie. Entfernung des rechtseitigen, nicht verwach-
seDen Ovarialtomor nach Abbindong des sehr gefäss-
reichen Stieles mit Seide. Das nicht vergrösserte linke
Ovariam wurde zorückgelassen. Versenkung des Uterus.
Während der Bauchdecken-Etagennaht Einsetzen stär-
kerer Wehen. Bald darauf Ausstossung eines ausge-
tragenen, lebenden Mädchens unter leichter Hülfe. Die
Placenta folgte bald. Glattes Wochenbett Primäre
Heilung der ^uchwunde ohne spätere Hemienbildung.
Adhärenz des Uterus an der Bauchschnittnarbe. Bald
wieder Conception. ungestörte Schwangerschaft, spon-
tane, leichte Geburt GUttes Wochenbett
Der exstirpirte rechtseitige solide Ovarialtumor wog
1300 g, erschien makroskopisch als Sarkom. Mikro-
skopisch zeigte er alveoläre Zeilenanordnung meist in
ländlichen, an die reichlichen Gapillaren gebundenen
Zellensträngen. Das Gapülarendothel war meist durch
die Tamorzellen ersetzt: also ein Endotheltam.
Geburtbehinderung durch Ovarialtumoren er-
fordert nach 8. folgende Behandlung: Jeder Ver-
such einer operativen Entbindung per vias natu-
rales vor Beseitigung des Hindernisses ist ein
Fehler. Die Beseitigung kann geschehen : a) durch
Reposition; b) durch Punktion und Incision per
vaginam ; c) durch Ovariotomia inter partum. Repo-
sition und Punktion sind keine ungefährlichen
Verfahren. Foroirte Reposition versuche sind wegen
der Gefahr der Stieidrehung und Ruptur zu ver-
meiden. Mittheilung eines einschlägigen Falles.
Punktion kann nur bei cystischen Tumoren zum
Erfolge führen. Bei Dermoiden sind breite In-
cision und Ausräumung vorzuziehen. Die Ovario-
tomia inter partum ohne gleichzeitige Sectio cae-
sarea bietet die beste Prognose fQr Mutter und
Kind, ist das beste Verfahren. Vaginal soll operirt
! werden bei cystischem, nicht verwachsenem, gut
gestieltem Tumor, sonst abdominal. Die Sectio
' caesarea wird nur ausgefOhrt, wenn die abdominale
I Ovariotomie nicht gelingt, bei inoperablen Tumoren,
bei ausgedehnten festen Verwachsungen, bei intra-
ligament&rer Entwickelung. '
Kurt Eamann (Berlin).
421. Zur Therapie des engen Beckens;
von A. V. Magnus in E()nigsberg. (Mon.-Schr. f.
Qeburtsh. u. Gyn&koL XVIL 2. 3. p. 157. 319.
1903.)
Als enge Becken rechnet v. M. nur solche mit
einer Gonjugata vera von 9.75 cm und darunter.
Die Conjugata vera wurde aus der Diagonalis be-
rechnet durch Abzug von 1.75 cm, bez. von 2 cm
bei rhachitischen Becken. Der Form nach werden
nur platte und allgemein gleichmftssig verengte
Becken untovchieden. Als letztere werden nur
Becken gerechnet, deren Quermaasse mindestens
um 2.5 cm verkürzt sind. Diese machen 5.8%
der engen Becken aus. Nur in 33 von 874 FAllen
bestand eine Verengerung unter 8.0 cm Gonjugata
vera, wovon 32 auf das platte und nur 1 auf das
allgemein gleichmftssig verengte Becken entfallen.
Bei der Betrachtung der SpontangAurten schaltet
v.M. snnftcbst die in einer anderen ateSchAdellage
erfolgten Geburten aus ; femer alle Geburten seit
1897, seit welcher Zeit ein aktiveres Vorgehen be-
vorzugt wurde. Dagegen werden die durch die
übliche Zangenanwendung beendeten Oeburten zu
den spontanen gerechnet, da bei diesen ja das durch
das enge Becken gesetzte Hinderniss bereits spontan
überwunden war. Unter solchen Voraussetzung^
verliefen von 684 Geburten 618 = 90.3% spontan,
bei Erstgebärenden allein 93.3<^/«. Während bei
einer Gonjugata vera bis 9 cm die Häufigkeit der
Spontangeburten nur ganz wenig vermindert war,
nahmen bei Verengerungen unter 9 cm die Aus-
sichten mit jedem ^/^cm mehr um ca. 12% a^-
Bei einer Gonjugata vera unter 7 cm kam Spontan-
geburt überhaupt nicht mehr vor. Die Noth wendig-
keit operativer Eingriffe stieg mit jeder späteren
Oeburt, und zwar beim platten Becken in höherem
Grade als beim allgemein gleichmässig verengten.
Die Oeburtdauer war beträchtlich länger als beim
normalen Becken. Die kindU^ Mortalüäi betrug,
die während der ersten 15 Lebenstage gestorbenen
Kinder mitgerechnet, 6.9^/0. Mit zunehmender
Verengerung wurden die Aussichten für die Kinder
immer schlechter, und zwar beim allgemein gleich-
mässig verengten Becken etwas schneller als beim
platten. Die MortalUät der MiUter betrug O.30/0,
die ptierperale Marbidüät (ab 38^ G. einschliesslich)
16.8^/9. Von dieser Morbidität kamen I6.70/0 der
Fälle auf Mastitis.
Die Indikationstellung für die hohe Zange wurde
sehr eingeschränkt Sie wurde wegen engen
Beckens grundsätzlich nicht, und beim engen Becken
nur versuchsweise, als letztes Rettungsmittel vor
der Perforation des lebenden Kindes ausgeführt.
Unter 874 Geburten bei engem Becken kam die
hohe Zange nur 8mal zur Anwendung bei einer
Gonjugata vera von 9.5 — 7.5 cm, wobei der Kopf
immer mit dem grOssten Segment in den Becken-
eingang eingetreten war. Die Kindermortalität
betrug 37.5<7o, die mütterliche 0%, die puerperale
Morbidität 50«/o.
Die Eraniotomie wurde 30mal ausgeführt ; wäh-
rend der Zeit des abwartenden Verfahrens wurden
3.1^/0 der Geburten beim engen Becken durch die
Kraniotomie beendet, während der Zeit des aktiveren
Vorgehens 2.1%. Von den 3.1% betrafen 47.8%
Perforationen des lebenden Kindes, während in der
letzten Zeit kein einziges lebendes Kind mehr per-
forirt wurde. Die Morbidität im Wochenbette be-
trug 33.3%, die Mortalität 6.6<>/o [inficirt einge-
liefert!]. Die Kraniotomie giebt nach v. M. bei
Mehrgebärenden eine bessere Prognose als bei Erst-
gebärenden. Sie ist für die Mutter ein fast voll-
ständig ungefährliches Verfahren, wenn einerseits
ihr keine andere Operation vorausgegangen ist, an-
dererseits bei vollständig erweitertem Muttermunde
operirt werden kann.
Die Wendung undExirakUon wurde bei lO.P/^
der Geburten bei engem Becken vorgenommen. Die
kindliche Mortalität betrug 44.4*/o ; schwere Ver-
252
VI. Geburtshfilfe, Frauen- und Einderheilbmde.
letzungen erlitten 19.3<>/o der Kinder. DieAnfitalt-
mortalität der Mütter betrug 1.2%, die Wochenbett-
morbidit&t 25,(}^l^, Schwere Verletzungen erlitten
8.5<^/o der MQtter. Die Resultate werden nach den
verschiedenen Indikationen, nach der Anzahl der
vorausgegangenen Geburten und nach dem Orade
der Beckenenge gesondert besprochen. Dabei
kommt V. M. zu dem Schlüsse, dass die Prognose
für die Kinder in hohem Qrade von dem Blasen-
sprunge und Erweiterungzustande des Mutter-
mundes abhängig ist Bei stehender, bez. un-
mittelbar vor der Operation gesprungener Blase
erliegen nur 13.2o/o der Kinder, bei erweitertem
Muttermunde und vor längerer Zeit gesprungener
Blase dagegen schon 2Ysmal soviel; bei noch nicht
- erweitertem Muttermunde und vor längerer Zeit ge-
sprungener Blase stirbt über die Hälfte der Kinder.
Bei Erstgebärenden ergiebt die Wendung femer
bedeutend ungünstigere Resultate als bei Mehr-
gebärenden, sowohl für die Kinder, als für die
Mütter. Bei stehender, bez. eben gesprungener
Blase und erweitertem Muttermunde übt das enge
Becken mittleren Grades (bis 7.75 cm Conj. vera)
an und für sich nur einen geringen Einfluss auf
die Prognose der Wendung aus; ist dagegen die
Blase bereits vor längerer Zeit gesprungen, so ist
auch bei den engen Becken geringeren Grades mit
zunehmender Beckenenge eine Verschlechterung
nachweisbar. Bei den stark verengten Becken
geben Wendung und Extraktion in jedem Falle
eine durchaus schlecht zu nennende Prognose.
Nachdem dann v. M. noch auf Grund eigener
Fälle und in der Literatur vorhandener Statistiken
den Werth der prophylaktischen Wendung ein-
gehend geprüft hat (er versteht darunter die nur
um des Kindes willen bei noch stehender oder
selbst schon vor längerer Zeit gesprungener Blase
ausgeführte Wendung), gelangt er zu folgenden
Schlüssen für die Behandlung bei engem Becken:
Bei Erstgebärenden mit engen Becken geringeren
und mittleren Grades ist vor Allem der spontane
Durchtritt des Kopfes abzuwarten, zumal die Kinder-
mortalität hier nur etwa um S^/q höher ist als beim
normalen Becken. Tritt im Verlaufe der Geburt
eine Anzeige von Seiten der Mutter oder des Kindes
für die Geburtbeendigung auf, so ist bei fest im
Beckeneingange stehendem Kopfe die Extraktion
mit der hohen Zange zu versuchen. Führen circa
10 — 12 vorsichtige Traktionen nicht zum Ziele, so
ist zu perforiren. Nur wenn die Mutter dringend
ein lebendes Kind wünscht, tritt die Symphyseo-
tomie in Anbetracht der guten Erfolge für die
Kinder in ihr Recht Die Sectio caesarea kommt
für enge Becken mittleren Grades nicht in Frage,
da bis zu einer Conjugata vera von 8 cm noch über
3/4, bis zu einer Conjugata vera von 7 cm noch die
Hälfte der Kinder spontan geboren werden. Bei
beweglich über dem Beckeneingange stehendem
Kopfe ist bei Indikation von Seiten des Kindes, bei
erweitertem Muttermunde und stehender oder vor
Kurzem gesprungener Blase, die Wendung und
Extraktion auszuführen nach misslungenem Ver-
suche, den Kopf nach Hofmeier in Walcher'-
scher Hängelage zu imprimiren. Bei Indikation
von Seiten der Mutter kann, wenn die letzteren
Verfahren im Stiche gelassen haben, nur die Per-
foration in Frage kommen. Die Wendung kommt
nur in Anwendung in Fällen, in denen sie auch
beim normalen Becken vorgenommen werden
müsste. Die prophylaktische Wendung ist wegen
ungünstiger Resultate für Mütter und Kinder zu
verwerfen.
Bei Mehrgebärenden mit engem Becken von
9.75 — 8cm Conjugata vera muss vor Allem wieder
der spontane Durchtritt des Kopfes durch den ver-
engten Beckeneingang abgewartet werden. Erfolgt
er nicht, dann wende und extrahire man bei einer
Conjugata vera nicht unter 7.75 cm, und zwar
warte man nicht länger als höchstens 10 Stunden
nach dem Blasensprunge, da sonst die Wendung
immer gefährlicher wird und die kindlichen Aussich-
ten immer ungünstiger werden. Bei fest im Becken
stehendem Kopfe ist vor der Perforation des leben-
den Kindes ein schonender Versuch mit der hohen
Zange zu machen. Bei einer Conjugata vera von
7.9 — 7 cm ist die Einleitung der künstlichen Früh-
geburt in der 35. bis 37. Woche mittels Metreuryse
das beste Verfahren« Ist am Ende der Schwanger-
schaft der spontane Verlauf ausgeschlossen, dann
muss perforirt werden, wenn nicht der dringende
Wunsch der Mutter nach einem lebenden Kinde
die Symphyseotomie, bez. die Sectio caesarea in-
dicirt.
Für enge Becken geringen und mittleren Grades
ist also bei Mehrgebärenden eine aktivere Therapie
dem abwartenden Verfahren vorzuziehen. Dieses
ergab unter 423 Fällen eine mütterliche Mortalität
von 0.9®/o und eine mütterliche Morbidität von
16<*/o, während die aktivere Behandlung etwa
Werthe von O^/o und 9.6«/o zeitigte. Für die Kin-
der ist das abwartende Verfahren kaum günstiger,
13.2«/o gegen U%
Ein anschliessender Vergleich der mit der ak-
tiven Therapie erzielten Erfolge mit den Resultaten
des abwartenden Verfahrens in anderen Kliniken
erläutert die Ueberlegenheit der ersteren hinsicht-
lich der Mütter. KurtKamann (Berlin).
422. Weiterer Beitrag rar Therapie der
Qebort beim engen fieoken; von Br. Wolf f.
(Arch f. Gynäkol. LXIX. 2. p. 249. 1903.)
Die äusserst sorgsame Arbeit bildet die Fort-
setzung von W.'s früherem Aufsatze über die Wen-
dung beim engen Becken (Arch. f. Gynäkol. LXII.
1901). Sie stützt sich auf 297 mit vorangehen-
dem Kopfe verlaufene Geburten unter 581 Partus
bei engem Becken, wobei als enge Becken solche
mit einer Conjugata vera von 9% cm und darunter
gerechnet und nur mindestens 45 cm lange Kinder
berücksichtigt sind. Die Conjugata vera ist aus der
VI. Geburtshülfe, Frauen- und Einderheilkunde.
&53
Diagonale mittels durchBchnittlichen Abzuges Ton
2 cm berechnet
Znnfichst bespricht W. die Geburten nach ihrem
Äugganffe.
Spontan verliefen nur 33.7*/o der Geburten mit
Torangehendem Kopfe, oder 17^/o aller Partus bei
engem Becken. Dieser niedere Werth erklärt sich
nicht durch weite Indikationstellung zu operativer
Beendung, sondern dadurch, dass die ärztliche Hülfe
meist nicht wegen des engen Beckens, sondern
wegen bereits bestehender Complikationen ange-
rufen wurde. Lebend geboren wurden nach Ab-
rechnung der durch Nabelschnurvorfall zu Grunde
gegangenen 91.2®/o der Kinder; es wurden todt
geboren oder starben bald post partum 8.8%. Die
hiappe HAlfte der Kinder stammte von Erstgebären-
den. Die untere Grenze der Gonjugata vera betrug
7 cm beim platten und T'/iCm beim allgemein ver-
engten Becken. Der stärkeren Verengerung ent-
sprach eine erhöhte kindliche Mortalität, während
auffallender Weise bei den engsten platten Becken
die Kinder lebend geboren wurden.
Von 99 Müttern erkrankten im Puerperium 8.
An Sepsis starb 1, die aber bereits ante partum
Mit der Zange beendet wurden 49% der Ge-
borten mit vorangehendem Kopfe, oder 25.3<>/o aller
Partns bei engem Becken. Dabei zählt W. alle die
Operationen zu den hohen Zangen, bei denen bei
der Anlegung das Promontorium noch mit geradem
oder noch leicht mit ' gekrümmtem Finger zu er-
reichen war, der Kopf also nur mit einem kleinen
Segment oder auch mit seinem grOssten Durch-
messer im Beckeneingange stand. Die gewöhnUehe
Zange wurde 90mal angewandt, und zwar in fast
% der FJUle bei Erstgebärenden. Die kindUdu
Mortalität betrug 5.6%. Die untere Grenze der
Verengerung betrug beim platten und beim allge-
mm verengten Becken 7% cm.
IBMüUer erkrankten im Puerperium, keine starb.
In 71 Fällen wurde die hohe Zange mit Erfolg
oder versuchsweise meist bei Mehrgebärenden an-
gewandt mit einer kindkchen MortaUtät von 29^/oi
die vergeblichen Versuche ausgeschaltet von 14:^ 1^.
Die untere Grenze war beim platten Becken 7^/« bis
7em, beim allgemein verengten 7 '/| cm. 1 2 fiebernde
Mutter genasen, 1 schon sub partu Fiebernde starb
an Sepsis.
Kaiserschnitt und Wendung kommen als Gon-
korrenzoperation der hohen Zange nicht in Be-
tracht Auch die Symphyseotomie nicht, denn sie
giebt nur Aussichten bei strengster klinischer
Asepsis, während der praktische Arzt zu bereits
mehrfach untersuchten Frauen gerufen wird. Die
hohe Zange hat aber auch nur eine sehr beschränkte
Wirkung und darf nur unter strengster Indikation
angelegt w^nien : 1) Wenn wegen Gefährdung der
Mutter nur die Wahl zwischen Zange und sofortiger
Perforation dee lebenden Kindes besteht 2) Wenn
die Wahl besteiit zwischen Abwarten und hoher
Med.Jahrbb. Bd.279. Hft3,
Zange, ersteres aber höchstwahrscheinlich zum
Tode des Kindes führt, also z. B. bei Nabelschnur-
vorfall und eben fest in das Becken eingetretenem
Kopfe. Die Anlegung der Zange an den hoch-
stehenden Kopf wegen Steigens oder Sinkens der
kindlichen Herztöne und Abgang von Meconium
verwirft W. ; hier warte man bis der Kopf etwa in
die Beckenweite gekommen ist und mache dann
die gewöhnliche Zangenoperation ; die hohe Zange
bedeutet doch immer nur einen Versuch, dessen
Gelingen nicht vorauszusagen ist Sie gelang nur
in ^/s der Fälle und musste sonst fast stets durch
die Kraniotomie ersetzt werden. Selbst im Falle
des Gelingens wird durch die hohe Zange nicht zu
selten der Tod oder eine starke Verletzung des
Kindes herbeigefCIhrt und andererseits können sich
deutlich gefährdete Kinder selbst bei mehrstün-
digem Abwarten wieder erholen.
Verletzungen der Mutter kamen bei der strengen
Indikationstellung und der schonendsten Ausfüh-
rung von geschulter Hand bei völlig erfüllten Vor-
bedingungen nur selten vor, und zwar waren es
nur unbedeutende Risse. Die hohe Zange bedarf
also der Einschränkung weniger um der Schädigung
der Mütter, als um der Erfolge für die Kinder willen.
Sie ist aber ein berechtigter und oft erfolgreicher
Eingriff besonders bei Mehrgebärenden, bei einer
Gonjugata vera über 7% cm, bei genügend er-
weitertem Muttermunde, günstig eingestelltem,
ganz oder annähernd ganz in den Beckeneingang
eingetretenem Kopfe in der Hauptsache nur wegen
Gefährdung der Mutter.
Zur Kraniotomie wurde unmittelbar oder nach
anderen vergeblichen Entbindungsversuchen 51 mal
geschritten, und zwar 6mal bei lebenskräftigem,
24mal bei geschädigtem und 21malbeitodtemoder
höchstwahrscheinlich todtem Kinde. Die unterste
Grenze der Beckenverengerung war 6 cm. 7 Puer-
perien verliefen fieberhaft 3 Todesfölle fielen nicht
der Kraniotomie zur Last Es ereignete sich keine
erhebliche Verletzung. Die Beeultate der Kranio-
tomie sind also wesentlich bessere als die der Sectio
caesarea, ganz abgesehen davon, dass meist die
Kraniotomien unter viel ungünstigeren Bedingungen
ausgeführt wurden, als die den Statistiken zu Grunde
liegenden Kaiserschnitte. Bei strengster Indikation-
stellung lässt sich die Perforation des lebenden
Kindes auch heute nicht umgehen. Man muss so
und so oft ein Leben opfern, um nicht 2 zu verlieren.
Weiter behandelt W. die Geburten mit voran-
gehendem Kopfe je na^ der Anzahl der voran-
gegangenen Geburten. Dabei zeigt sich, dass die
Zahl der Fälle, in denen die Zange an den tief-
stehenden Kopf angelegt werden musste, von Ge-
burt zu Geburt stetig fällt ; umgekehrt steigt von
Geburt zu Geburt der Procentsatz der bei hoch-
stehendem Kopfe ausgeführten Zangenoperationen.
Kraniotomien kommen häufiger bei Mehrgebärenden
als bei Erstgebärenden vor. Bei Erstgebärenden
kommen verhältnissmässig noch viel spontane Ge-
33
254
YI. Geburtshfllfe, Frauen- und Einderheilkunde.
burten vor, bei den spftteren Entbindungen von Ge-
burt zu Geburt immer weniger.
Hieran reiht sich eine Besprechung /s nach den
verschiedmen Formen und Oraden des engen Beckens.
Es handelte sich 209mal um plattes und 88mal
um allgemein verengtes Becken. Die Zangen-
operationen bei tiefstehendem Kopfe nehmen mit
dem höheren Grade der Beckenverengerung an
Hftufigkeit bedeutend ab, die hohen Zangen er-
reichen dagegen ihre Maximalzahl bei beiden Becken-
arten bei einer Conjugata vera von 8^/4 — T^/^cm.
Nach oben und nach unten hin sind sie seltener.
Die Kraniotomie wird häufiger mit dem Grade der
Verengerung.
Die kindliche Mortalität nimmt entsprechend
den grösseren Schwierigkeiten des Cteburtverlaufes
mit zunehmender Beckenenge erheblich zu.
' Zum Schlüsse giebt W. noch einen verglei-
chenden Ueberblick über die mit vorangehendem
Kopfe verlaufenen und über die im gleichen Zeit-
räume durch Wendung und Extraktion beendeten
Geburten beim engen Becken und äussert sich
über die Behandlung bei engem Becken folgender-
maassen: Künstliche Frühgeburt, Symphyseotomie
und Kaiserschnitt sind im Anfange erst bei einer
Conjugata vera unter 7'/« cm in Betracht zu ziehen,
denn bis zu l^j^cm sind, wenigstens bei Mehr-
gebärenden, fast stets gute Resultate für die Kinder
zu erzielen, wei^n es gelingt, die Blase bis zur
völligen ErOfiEhung des Muttermundes zu erhalten
und dann prophylaktisch zu wenden und zu extra-
hiren. Die unter solchen Bedingungen beendeten
Geburten ergaben nur 0.4<^/o kindliche Mortalität
gegenüber 20.2^1^ bei abwartendem Verfahren
(spontan, Zange oder Kraniotomie) und gegenüber
35.3% bei erst längere Zeit nach dem Blasen-
sprunge ausgeführter Wendung. Die prophylak-
tische Wendung mit ihren guten Erfolgen beugt
der bei abwartendem Verfahren nöthig werdenden
hohen Zange oder der Kraniotomie vor, sie ist aber
zu unterlassen, wenn die Blase schon länger ge-
sprungen ist. Sie ist auch zu unterlassen bei Erst-
gebärenden, da bei diesen die Geburt mit voran-
gehendem Kopfe günstig zu verlaufen pflegt und
andererseits die Wendung gefährlicher und schwie-
riger ist als bei Mehrgebärenden. Eben so wenig
wende man prophylaktisch, wenn bei Mehrgebären-
den bei völlig erweitertem Muttermunde und stehen-
der Blase der Kopf günstig eingestellt ist und
frühere Geburten in Schädellage gut verliefen. In
allen zweifelhaften Fällen wende man dagegen
prophylaktisch. Auch bei einer Beckenverengerung
zwischen 7% und 6cm Conjugata vera scheint die
prophylaktische Wendung bessere Aussichten für
das Kind zu bieten, als das abwartende Verfahren.
Prophylaktische Wendung, hohe Zange und Kranio-
tomie dürfen trotz vervollkommneter Technik der
Symphyseotomie und des Kaiserschnittes nicht aus
der Therapie der Geburt bei engem Becken verbannt
werden ; die Kraniotomie ist in der Praxis für viele
Fälle leider noch unentbehrlich, die beiden ersteren
Operationen sind dazu geeignet, das in Folge der
Beckenverengerung geföhrdete kindliche Leben zu
erhalten. KurtKamann (Berlin).
423. üeber die Wendung mit sieh an-
sehlieasender Extraktion beim engen Beoken
auf Grund von 320 Fällen ; von K r u 1 L ( Arch.
f. Gynäkol. LXVII. 2. p. 374. 1902.)
K« legt sich drei Fragen vor: 1) Bis zu welcher
Grenze eines engen Beckens können die Wendung
und die Extraktion ausgeführt werden? 2) Wann
ist die Anzeige zu einer Wendung gegeben ? 3) Ist
die Ausführung einer Wendung und Ektraktion
gerechtfertigt? Zur Beantwortung dieser Fragen
benutzt K. ein Material von 380 Wendungen (davon
320 bei engem Becken). Ausgeschlossen sindcom-
binirte Wendungen bei Placenta praevia und Fälle,
in denen Kinder unter 2000 g entwickelt wurden.
Die Eintheilung der Fälle geschieht nach Art und
Form des Beckens in normale, platt und platt
rhachitische , allgemein verengte, allgemein ver-
engte platt rhachitische und nach äusseren Maassen
verengte Becken, deren Conjugata diagonalis nicht
bestimmt wurde. Die einzelnen Gruppen zerfallen
wieder nach der Grösse der Conjugata diagonalis
in einzelne Unterabtheilungen. Die Gruppenver-
theilung stützt sich auf den inneren Untersuchungs-
befund und auf die mit dem Finger gemessene
Conjugata diagonalis, deren Maass von verschie-
denen Personen festgestellt wurde. Die Diagonalis
ist wegen der Inconstanz des Abzuges nicht redu-
cirt auf die Conjugata vera.
Nachdem K. die einzelnen Gruppen nach den
verschiedensten Gesichtspunkten hin erörtert hat,
bespricht er das Gesammtresultat für Mütter und
Kinder in Beantwortung der eingangs erwähnten
Fragestellung. Ein fieberhaftes Wochenbett be-
stand bei 33.9^/0 der Frauen, bereits fiebernd ein-
geliefert wurden 3.16<^/o, bei 2.1<>/o handelte es
sich nicht um puerperale Infektion. Als untere
Grenze für die Aussicht auf Erfolg bietende Wen-
dung ergaben sich folgende Sätze: Bei platt rha-
chitischen Becken mit einer Conjugata diagonalis
von 9 cm können ausgetragene mittelgrosse Kinder
bis etwa 3500 g Schwere mit Erfolg gewendet und
extrahirt werden. Von 20 Kindern wurden 80®/^
lebend geboren, 65^/o lebend entlassen, bei Mehr*
gebärenden allein 94.4o/o, bez. 72.2%. Bei all-
gemein verengten Becken erhöht sich für gleich
schwere Kinder das Maass der Conjugata diagonalis
auf 9.5 cm ; immerhin ist noch bei 9 cm ein Ver-
such statthaft Unter 22 Fällen kamen 68.2<^/o der
Kinder lebend zur Welt, 59.1<^/o wurden lebend
entlassen; bei Mehrgebärenden allein 72.2<^/o, bez.
61.1<^/o. Für allgemein verengte platt rhachitische
.Becken gelten dieselben Werthe wie für einfach
platt rhachitische Becken. Von 28 Kindern wur-
den lebend geboren 82.14^0 9 lebend entlassen
75<>/o ; bei Mehrgebärenden allein 84<»/o, bez. 80.8<»/q.
VI. Geburtshülfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
255
In Summa wurden bei 307 Partus mit von vorn-
herein lebendem Kinde, Mehr- und Erstgebärende
zusammengerechnet, 75.6<^/o Kinder lebend geboren
und 64.8% lebend entlassen ; nur bei Mehrgebä-
renden dagegen 81.04Voi bez. 72.5o/o.
Bei der Indikationstellung unterscheidet K. eine
absohäe Indikation: Fälle, wo auch bei normalem
Becken gewendet werden müsste (eine relative
Indikation bei engem Becken und falscher, eine
Spontangeburt in der Regel ausschliessender Ein-
Btellung des Kopfes) und die sogen, prophylaktische
Wendung bei ffir das enge Becken günstiger Ein-
stellung des Kopfes und noch stehender Blase. Er
ist kein Freund der prophylaktischen Wendung,
sondern bevorzugt das abwartende Princip bei den
noch im Bereiche der Wendung liegenden engen
Becken und thut an einer Qegenüberstellung zweier
nach dem einen oder anderen Grundsätze behan-
delter Serien dar, dass das Resultat für Mutter und
Kind bei späterer Wendung nicht schlechter wird,
roraosgesetzt, dass der Fruchtwasserabfluss nicht
gerade allzu lange erfolgt ist. Ein für das Kind
ungünstiger Verlauf früherer, abwartend geleiteter
Geburten indicirt indessen die prophylaktische
Wendung bei günstiger Kopfeinstellung.
Auf Orund seiner fleissigen Studien räth K.
von der Wendung bei Erstgebärenden ab und will
sie nur bei dringendster Indikation seitens der
Mutter und des Kindes ausführen. Für Erstgebä-
rende ist das abwartende Yerfahren die Regel. Bei
Mehrgebärenden mit in der oben erörterten Wen-
dnngsmöglichkeit befindlichen Becken ist bei gün-
stiger Einstellung des Kopfes das abwartende Ver-
fahren ebenfalls gerechtfertigt, doch ist hier die
Wendung mit anschliessender Extraktion ein werth-
volles Hülfsnüttel für den Praktiker, das die Vor-
nahme einer für die Mutter eingreifenden Opera-
tion, wie Sectio caesarea, aus relativer Indikation
und Symphyseotomie beschränkt.
Kurt Kamann (Berlin).
424. Zar Therapie der Hämatooele bei
Sxtraateringravidität ; von Dr. Ferd. Schenk
in Prag. (Münchn. med. Wchnschr. L. 16. 1903.)
In der Sänger 'sehen Klinik kamen in 3V4 J*
58 Frauen mit ektopischer Oravidität zur Behand-
lung. Hiervon wurden 32 operirt und 26 con-
serrativ behandelt
Operirt wurde stets abdominal, und zwar wur-
den in 18 Fällen die Adnexa der einen Seite, in
9 Fällen die Adnexa beider Seiten (bis auf 3 Fälle,
in denen ein Ovarium erhalten wurde) abgetragen,
in einem Falle wurde die supravaginale Amputa-
tion, in 4 Fällen die Totalexstirpation des Uterus
ausgeführt Von den 32 Operirten starb eine nach
Total^Lstirpation , die schon hoch fiebernd ein-
gebracht worden war. Die mittlere Dauer des
Spitalaufenthaltes betrug einschliesslich der in
der Klinik zugebrachten Zeit vor der Operation
33.7 Tage. Von den 17 Frauen haben 3 sofort,
3 nach 1 Monate, 2 nach 2 Monaten post operat
schwere Arbeit anstandlos verrichten können, 8
sind „bald^^ nach ihrer Entlassung zu allen häus-
lichen Arbeiten fähig gewesen, eine gab an, bei
grösseren Anstrengungen Schmerzen zu haben.
Arbeitunföhig ist demnach keine.
Von den 26 conservativ Behandelten wurden
15 nachuntersucht und von diesen 13 = ^^^U
auch zur schwersten Arbeit fähig befunden. Die
durchschnittliche Dauer des Spitalaufenthaltes be-
trug 31.5 Tage.
Die Resultate waren demnach bei exspektativer
Behandlung und bei operativem Eingreifen ziem-
lich die gleichen. Seh. spricht sich dahin aus,
„dass nur bei nicht unterbrochener Oravidität immer,
bei unterbrochener Gravidität mit Hämatocelen-
bildung aber dann operirt werden muss, wenn
Nachschübe der Blutung, ferner langdauernde
uterine Blutungen oder Zersetzungserscheinungen
auftreten. Bei uncomplicirten , selbst grösseren
Hämatocelen muss nicht operirt werden, es kann
unter den bekannten Cautelen abgewartet werden.'^
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
425. üeber Ovarialsohwangeraohalt; von
Dr. H. Füth in Leipzig. (Beitr. z. Qeburtsh. u.
Gynäkol. VL 3. p. 314. 1902.)
F. theilt einen in der Zw ei fei 'sehen Klinik
von ihm beobachteten Fall, die 21. bis jetzt über-
haupt veröffentlichte Beobachtung von Ovarial-
schwangerschaft, mit.
Eine 25jähr. Arbeiterin kam am 11. Mai 1901 glatt
in der Anstalt nieder. Im Wochenbette zeigte sich etwas
oberhalb des Nabels links ein flacher, druckempfindlicher
Tumor. Am 25. Juni 1901 erschien die Fat. wieder in der
Klinik und klagte über Schmerzen in beiden Seiten des
Unterleibes. Die Diagnose wurde auf abgelaufene Adnex-
erkrankang gestellt mit Bildung einer Adnexgeschwulst.
Bei der Laparotomie entfernte F. zunächst genau aus der
Gegend des rechten Övarium eine allseitig verwachsene
Geschwulst von 10 cm Länge und 5 cm Dicke. Ausser-
dem fand er in der Unken Nierengegend einen kleinfaust-
grossen Tumor, der im grossen Netze sass und sich als
ein ringsum von Netz umwachsenes Lithopädion erwies.
Glatte Reconvalesoenz.
Die anatomische Untersuchung beider Präparate er-
gab : Das Ovarium der rechten Seite, von dem noch ein
ein Corpus luteum tragender Theil vollkommen erhalten
war, erweiterte sich zu einem faustgrossen Sacke, der
eine stark durchblutete nekrotische Placenta enthielt.
Die gleichseitige Tube, sowie das Fimbrienende und das
Lig. infundibulo-ovariale waren völlig frei. Der dazu
gehörige Foetus war das ganz in Netz eingewachsene
vorgefundene Lithopädion, das seiner Grösse nach etwa
dem 5. bis 6. Monate entsprach.
F. hält die ovariale Natur der Gravidität damit für
einwandfrei bewiesen. Arth. Hoffmann (Darmstadt).
256
YU. Chirurgie, Augen- und Olireuheilkunde.
VII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
426. Ueber einen Apparat EorControle des
Polaea in der Narkose ; von Prof. Q.Gaertner.
(Münchn. med. Wchnschr. L. 24. 1903.)
Der ununterbrochenen Pulscontrole bei der
NarkoBe, die von der Theorie so unbedingt ge-
fordert wird, stellen sieh in der Praxis wesentliche
Hindernisse entgegen, vor allen Dingen eine Er-
müdung des Gefühls. Nach langen Versuchen ist
es Q. gelungen, einen Pulaeoniroler zu oonstruiren,
der in jedem Falle rasch in Thätigkeit gesetzt
werden kann und gestattet, den Puls des Narko-
tisirten mit Hülfe des Auges fortdauernd und plan-
massig so vollkommen zu überwachen, als dies im
Interesse der Kranken von Erfahrung und Theorie
gefordert wird. Die Construktion des Apparates,
sowie seine Anwendung müssen im Originale nach-
gelesen werden. P. Wagner (Leipzig).
427. Hebevorriohtang aar Brleichternng
von Operationen and Verbänden; von Prof.
F. König. (Arch. f. klin. Chir. LXIX. 3. p. 650.
1903.)
K. hat an dem von ihm gebrauchten Steltz-
n e r 'sehen Operationtische einen Hebemechanismus
angebracht, durch den diejenige Kürperregion, an
der gerade operirt wird, möglichst hervorgehoben
werden kann. Es handelt sich um ein Querbret,
das in seitlichen Führungschienen bequem ver-
schoben und unter den zu hebenden Theil ge-
bracht werden kann ; die Hebung geschieht durch
Curbeldrehung. Die Vorrichtung (vergl. die Ab-
bildungen in der Originalarbeit) eignet sich nament-
lich für Tracheotomie und Kropfoperationen, für
Nieren- und Oallenblasenoperationen , sowie für
Operationen an der Harnblase und am Proc. vermi-
formis. P. W a g n e r (Leipzig).
428. Danerheilong nach Ueberpflaniang
nngeatielter Hantlappen; von Dr. W. Braun.
(Beitr. z. klin. Chir. XXXVn. 1 u. 2. p. 421.
1903.)
B. hat 20 Kranken, bei denen ungestielte Haut-
lappen nach der Methode von Krause überpflanzt
worden waren, nach 1^/, — 9 Jahren nachunter-
sucht. Diese Beobachtungen weisen übereinstim-
mend darauf hin, dass da, wo ungestielte Haut-
lappen einmal einwandfrei aufgeheilt sind, auch
die grösste Gewähr für einen Dauererfolg geboten
ist, sogar an den ezponirtesten Körperstellen, wie
z. B. an der Ferse. Nachträglicher Untergang des
einmal angeheilten Lappengewebes ist in keinem
Falle im Laufe der Jahre in nennenswerthem um-
fange zu beobachten gewesen.
Die weiteren Einzelheiten über das Verhalten
der Lappenhaut müssen im Originale nachgelesen
werden. P. W a g n e r (Leipzig),
429. Experimentelle Untersnohangen über
die Ab- oder Zunahme der Keime in einer
aooidentellen Wände nnter rein aaeptisoher
trookener nndantiaeptieoherfeaohter Behand-
lang; von Dr. G. Oontermann. (Arch. f. klin.
Chir. LXX. 2. p. 394. 1903.)
G. hat seine Versuche in der Poliklinik der
V. Bergmann 'sehen Klinik auf Anregung von
Lex er angestellt Er wählte für seine Zwecke
Wunden, die makroskopisch nicht eiterten, noch
auch Zeichen von Entzündung zeigten; Vergleiches
halber wurden die Versuche auch auf einige
eiternde Wunden ausgedehnt. Die einzelnen Wun-
den wurden stets mit dem gleichen Verbände bis
zur Heilung behandelt Zur Anwendung kamen:
1) trockene aseptische Qaze, 2) Jodoformgaze,
3) O.öprom. feuchte Sublimatgaze mit Outtapercha,
4) 3proc. feuchte Carbolgaze mit Guttapercha.
Aus seinen Untersuchungen zieht 0. folgende
Schlüsse: „1) Eine bakterienhemmende Nachwir-
kung der Antiseptica in Wunden ist nicht zu con-
statiren. 2) Der Keimgehalt nicht eiteriger aoci-
denteller Wunden wird bei antiseptisch -feuchten
impermeablen Verbänden mehr gesteigert als bei
trockenen. 3) Bei accidentellen Wunden ist der
Jodoformgaze der Vorzug zu geben, da sie mit den
klinisch wichtigen Eigenschaften der Aufnahme der
Wundsekrete und Blutstillung durch Festsaugen
noch eine entschiedene Einwirkung auf die Mikro-
organismen verbindet 4) Feuchte Verbände machen
leicht Ekzeme und Haarbalgabscesse in der Um-
gebung der Wunde, begünstigt durch Maoeration
der Haut 5) Die feuchten Verbände sind kein
sicheres Mittel gegen Vereiterung accidenteller
Wunden. 6) Bei eiternden Wunden bewirken die
trockenen Verbände eine schnellere Abnahme der
Keime als die feuchten. 7) Bei phlegmonösen Ent-
zündungen wirken die trockenen Verbände (asep-
tische Gaze und Jodoformgaze) günstig auf den
Abfall der Keimzahl. 8) Viele aocidentelle Wun-
den heilen trotz grossen Keimgehaltes ohne klini-
sche Zeichen von Entzündung.^^
P. W a g n e r (Leipzig).
430. Therapeatisohe Erfolge doroli Hart-
parafAn-Ixgektionen aaa dem Q-eaammt^ebiete
der Chirurgie; von Dr. H.Eckstein. (Berl.
klin. Wchnschr. XL. 12. 13. 1903.)
E. hat zuerst darauf hingewiesen, dase bei der
Erzeugung suhcuUin&r Prothesen nach Gersuny
die Verwendung von hoehsehtnehenden Hariparaf'
finen an Stelle von Vaseline eine Reihe von Vor-
theilen bietet Der wesentlichste Vortheil ist das
schnelle Erstarren der eingespritzten Masse, die
die ihr während des Erstarrens durch Kneten ver-
liehene Gestalt ganz unverändert beibehält, audi
nicht wie Vaseline, äusserem Drucke oder dem
VU. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
257
Ma8l»Izuge oder dem Gesetze der Schwere nach-
giebt und dadurch ihre Lage in unerwünschter
Weise verftndert Femer ist in Folge des schnel-
len Festwerdens die Gefahr der Lungenembolie
iUBserordenÜich gering. Ausserdem wird hoch-
schmelzendes Hartparaffin nicht resorbirt; das
Bindegewebe bildet nur eine Kapsel, die nirgends
in das Hartparaffin eindringt und ihrem histo-
logischen Bilde entsprechend schon nach kurzer
Zeit zum Resorbiren ungeeignet sein muss. Die
Technik der Paraffin-Injektion ist sehr einfach.
E. berichtet fiber die therapeutischen Erfolge,
die er durch Hartparaffin-Injektionen bei SaUel-
ruum, narbigen Einziehungen, Knockendepressionen
nath Trepanation des Proe, mastoideus, Ekiropium,
Herstellung einer känsUiehen Mamma, Mastdarm'
pnliaps mit TJrin-Ineontinenx, Hernien u. s. w. er-
sielt hat
E. weist schliesslich noch auf eine Reihe von
anderen Verwendungsmöglichkeiten hin, die sich
speciell durch Verwendung von Eartparaffinplatten
ergeben: Deckung von Knochendefekten, Ersatz
des kn(k^hemen Nasengerüstes u. s. w.
P. Wagner (Leipzig).
431. Ankyloflüi mandibulae vera; von Prof.
L W. Orlow. (Deutsche Ztschr. f. Chir. LXVL
5 u. 6. p. 399. 1903.)
Aus dieser sehr ausffihrlichen Arbeit, die sich
auf 104 Eünzelbeobachtungen, darunter 7 eigene
Fälle, stützt, können wir hier nur einige Haupt-
punkte hervorheben. Astiologisek unterscheidet
man angeborene und er%€orbene wahre Kieferankylose.
Die Frage von dem Vorkommen angeborener An-
kylosen ist noch nicht endgültig gelöst; einige
Autoren stellen sie ganz in Abrede. Die erwor-
ierMti Ankylosen zerfallen in Ankylosen in Folge
einer primftren Aifektion des Eiefergelenkes (Ver-
letzungen, Entzündungen) und in Ankylosen in
Folge einer sekundären Erkrankung des Eiefer-
gelenkes nach primären Erkrankungen des mitt-
leren und äusseren Ohres, sowie der benachbarten
Knochen.
Die paikotogiseh-anatonUsehen Veränderungen
sind nach dem Orade ihrer Entwickelung und Ver-
breitung sehr verschieden: von relativ unbedeu-
tenden Veränderungen der Oelenkflächen des Köpf-
chens und der Oelenkgrube, die eine flbrüse oder
knOcheme Ankylose hervorrufen, bis zu ausge-
sprochenen Deformationen des KOpfchens, des
Halses, des ganien Oelenkfortsatzes, der beiden
Fortsätze, endlich des ganzen oberen Endes des
aufsteigenden Astes und bis zur völligen Verän-
derung ihrer normalen Beziehung zu den benach-
barten Knochen. Li den schwersten Fällen wurde
eine Wucherung neugebildeter Knochenmassen
beobachtet ; man vermisste hier nicht nur das Ge-
lenk und beide Fortsätze, sondern auch die Incisura
semilunarie; der Arcus zygomat. und das ganze
Gebiet zwischen d^m geschwundenen Jochbogen,
der Schuppe des Schläfenbeines und dem oberen
Ende des aufsteigenden Astes war von einer un-
regelmässigen, zuweilen elfenbeinharten Knochen-
masse eingenommen, die den Unterkiefer mit der
Schädelbasis unbeweglich verlöthete. Die Unter-
scheidung zwischen Änkylosis vera und spuria, je
nachdem Entzündungen des Kiefergelenkes selbst
oder Entzündungen der Kieferweichtheile die Ur-
sache der Ankylose sind, entspricht nicht mehr
ganz der Wirklichkeit. Die Vorstellung von der
wahren Ankylose als einer Ankylose arthrogener
Herkunft ist mit einem Vorbehalte in dem Sinne
zu nehmen, „dass für eine bedeutende Zahl der*
selben darunter hauptsächlich ein genetisdier Zu-
sammenhang der Ankylose mit der Erkrankung
des Kiefergelenkes zu verstehen ist, aber das wirk-
liche, zuweilen auch das hauptsächlichste Hinder-
niss für die Kieferbewegungen liegt weit jenseits
der Grenzen dieses Gelenks; die Beweglichkeit
wird in solchen Fällen bei der Operation nur dann
hergestellt, wenn der operative Eingriff sich nicht
auf die alleinige Gtolenkresektion beschränkt, son-
dern auch die nicht minder wichtigen extraarti-
kulären Veränderungen beseitigt^' Hierher gehören
namentlich die Veränderungen des Processus ooro-
noideus.
Diagnostisch ist besonders bemerkenswerth die
charakteristische Entstellung des Gesichtes, das
sogen. Vogelgesicht. Schwieriger ist die Bestim-
mung, ob eine Erkrankung beider Gelenke oder
nur des einen vorliegt und welche Seite die er-
krankte ist Für eine einseitige Ankylose sprechen :
äussere Veränderungen über irgend einem Gelenke,
in Form von Unebenheiten, Narben u. s. w., eine
vorausgegangene oder noch bestehende einseitige
Ohraffektion und Angaben des Kranken über einen
Zusammenhang des Ohrleidens mit der Kiefer-
ankylose, femer die Möglichkeit, den Mund auf
der einen Seite vermittelst Zangen zu öffnen ; end-
lich eine Asymmetrie des Gesichtes in Folge einer
grösseren Atrophie der Kieferhälfte auf der Seite
der Ankylose. Eine solche Asymmetrie kann aber
auch bei beiderseitiger Ankylose vorhanden sein.
Es ist wohl kaum mehr nöthig zu beweisen,
dass die Behandhmg der Ankylose, nicht nur der
vollständig entwickelten, sondern auch der im
Anfangstadium befindlichen, nur eine operative
sein kann, da die orthopädische Behandlung ver-
schiedener Art eher schadet, als nützt Die Opera-
tionen können in topographischer Hinsicht in 3
grosse Gruppen eingetheilt werden: die Operationen
am horixontaien TheHe des Unterkiefers; die Operor
tionen am aufsteigenden Aste in der Ausdehnung
vom Kieferwmket bis mir Ineisura semilunaris; die
Operationen am Oelenkiheüe des aufsteigenden Astes,
eingeschlossen die Operationen am Kiefergelenke
selbst, an einem oder an beiden Fortsätzen und
am ganzen oberen Ende des aufsteigenden Astes.
Die verschiedenen Operationen mit ihren zahl-
reichen Modifikationen, die möglichen Complikc^^
258
Vn. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
tionen u. s. w. werden von 0. eingehend geschil-
dert. Die Häufigkeit der Reeidive ist relativ gross.
Schützen kann man sich gegen Becidive 1) durch
Entfernung des Periostes zusammen mit dem rese-
cirten Knochen; 2) durch ausgedehnte Knochen-
resektionen ; 3) durch Transplantation von Muskel*
stücken oder von Metallplatten zwischen die
Flächen der resecirten Knochen ; 4) durch forcirte
passive und aktive Bewegungen des Unterkiefers,
um die Bildung eines neuen falschen Gelenkes an
Stelle des eutfernten Knochens zu erzielen.
Im Allgemeinen ist das funktionelle Besultat
der operativen Behandlung der Kieferankylosen
günstig. P. W a g n e r (Leipzig).
432. Ueber centrale Kieferfibrome; von
Dr. C. Blauel. (Beitr. z. Hin. Chir. XXXVn.
1 u. 2. p. 306. 1903.)
Bl. theilt aus der Tübinger Chirurg. Klinik
3 Fälle von centralen Kieferfibramen mit, denen er
dann noch 8 weitere Beobachtungen aus der Lite-
ratur anreiht.
Die emtrcden Kieferfibrome stellen sich als eine
sehr seltene Erkrankung dar, die meistens im 3.,
doch auch im 2. und am Anfange des 4. Lebens-
decennium auftritt, unsere Kenntnisse über ihre
Aetiologie sind gering; am meisten Wahrschein-
lichkeit hat der Ursprung von einem zurück-
gehaltenen Zahnkeim für sich. Der LiebUngeitx
sind die mittleren Theile des horizontalen Astes
des Unterkiefers. Dort erfolgt eine vornehmlich
die äussere Knochenplatte betreffende VorwOlbung
des Knochens und der sie bedeckenden Weich-
theile. Die Knochenschale bleibt für gewöhnlich
erhalten, nur selten wird sie durchbrochen und
dann mit Vorliebe am Proc. alveolaris. Das Waehe^
ikum der centralen Fibrome ist sehr langsam ; sie
tragen dabei durchaus den Charakter der guicartigen
Oeschtüülsie, können aber eine grosse Ausdehnung
erreichen. Die sonst günstige Prognose wird durch
zweifellos, wenn auch selten vorkommende Ueber-
gänge in Sarkom getrübt. Die Therapie muss
operativ sein. Oft genügen lokale Exstirpationen,
doch werden auch partielle und totale Resektionen
nothwendig. P. W a g n e r (Leipzig).
433. Die Lymphknoten der Unterkiefer-
speioheldrüse ; von Dr. v. Brunn. (Arch. f.
klin. Chir. LXIX. 3. p. 657. 1903.)
Seitdem Fälle bekannt geworden sind, in denen
auch in der ünterkieferspeicheldiriise selbst eareino-
mcUöse Knoten hei bestehendem Lippen- oder Zungen-
earcinom sich fanden, pflegen die meisten Opera-
teure die Gl. submaxillaris der erkrankten Seite
mit zu entfernen, mag sie bei der Untersuchung
verdächtig erscheinen oder nicht. So geschieht es
auch regelmässig in der v. Bergmännischen
KUnik.
Wie ist nun der Befund von isolirten Carcinom-
knoten der Gl. submaxillaris zu erklären? Genaue
anatomische Untersuchungen von 32 Unterkiefer-
speioheldrüsen ergaben in 2 Fällen echte Lymph-
knoten innerhalb der Drüsensubstanx , und zwar
innerhalb des bindegewebigen Septum. „So ein
Lymphknoten liegt zwar nicht in der Substanz der
Drüse als solcher, rein anatomisch gedacht, aber er
liegt klinisch in ihr, und das ist meiner Meinung
nach für den Praktiker das Entscheidende.*'
P. Wagner (Leipzig).
434. Ueber die operativen und funktio-
nellen Brfolge der Operation der angeborenen
Gaumenspalte ; von Dr. 0. K a p p e 1 e r. (Deut-
sche Ztschr. f. Chir. LXVn. p. 92. 1903.)
Die Operation der Gaumenspalte ist bezüglich
des operativen Erfolges ausserordentlich dankbar.
Von sämmtliohen 82 Operirten sind 42 = 51.2<>/o
durch eine einzige Operation, 29 = 36.3®/o durch
wiederholte Operationen geheilt worden; es ist
also bei 71 Operirten = 86.5Vo ©i^^ vollständiger
Erfolg erreicht worden. Unvollständig gelungen
sind 7 = 8.6<^/o , gänzlich misslungen 4 := 4.8^/o
der Operationen.
Aus den Erfahrungen E.'s geht deutlich her-
vor, dass nach einer gelungenen Operation die
anatomischen und physiologischen Verhältnisse
des Gaumens und des Rachens so liegen, dass in
der Mehrzahl der Fälle durch Sprechunterricht oder
durch Sprechunterricht mit Zuhülfenahme eines
Raohenobturators ein für eine normale Sprache hin-
reichender Abschluss zwischen Mund- und Nasen-
höhle herbeigeführt werden kann, dass aber die
Operation allein nur in ganz seltenen Fällen einen
vollen funktionellen Erfolg, d. h. eine normale
Sprache, nach sich führt
Nach E.'s Meinung soll man in einem Lebens-
alter operiren, wo die Mortalität der Operation
gleich Null oder nahezu gleich Null ist, wo ein
idealer funktioneller Erfolg bezüglich der Sprache
ohne weiteres Hinzuthun möglich und mit Spredi-
unterricht fast in allen Fällen sicher ist, wo die
Kinder noch nicht in die Schule gehen, d. h. noch
nicht in's Leben mit seinen Anfechtungen und
Kränkungen herausgetreten sind. Das wäre die
Zeit vom 2. bis 6. Lebensjahre, wobei dann jeder
Operateur sich je nach Constitution, Temperament,
Emährungzustand des Ejunken und nach seinen
eigenen Operationerfolgen die nähere Zeitbestim-
mung selbst aussuchen kann.
P. Wagner (Leipzig).
435. Die angeborenen aerösen Cysten des
Halses ; von Dr. V i c t o r V e a u. (Arch. de M6d.
des Enf. VL p. 193. Avril 1903.)
Im Anschlüsse an einen selbstbeobachteten
Fall, machte V. eingehende Studien über die Natur
und die Entwiokelung der angeborenen serösen
Cysten des Halses.
V. hatte Gelegenheit, ein 21 Monate altes Kind za
sehen, das seit der Geburt eine stetig wachsende Schwel-
lung der rechten Halsseite darbot. Sie hatte die Grösse
Vn. Chirurgie) Augen- und Ohrenheilkunde.
259
einer Faust erreicht, erstreckte sich zwischen unter-
tiefer, Sternocleidomastoideas und Schlüsselbein, war
ausserordentlich weich, so dass man den Eindruck einer
Pseadoreduktibilität gewann. Die Enukleirung gelang
ohne besondere Schwierigkeit, da die Cyste mit der Um-
gebung keine festeren Verwachsungen hatte, doch fand
man in sie eindringend die III. und IV. Wurzel des
Brachialplexus, die durchschnitten wurden, letztere unter-
halb der Abgangstelle des Phrenicus.
V. hält diese Cysten fflr in der Entwicke-
lung zurückgebliebene Theile des lymphatischen
Systems. Es giebt normalerweise am Halse der
2— Smonatigen Embryonen lymphatische Hohl-
läume, die in ihrer feineren Struktur an diese
Cysten erinnern. Im weiteren Verlaufe des em-
bryonalen Lebens, bilden sich diese Hohlräume
zurflek, doch ist es möglich, dass auf irgend eine
Weise eine Störung in dieser Rückbildung eintritt
und es zur Cystenbildung kommt In manchen
Fällen beobachtet man eine Verbindung zwischen
diesen Cysten und der Vena jugularis interna, was
auch bei den erwähnten lymphatischen Hohl-
räumen gefunden wird. Später schliesst sich
dieser Verbindungskanal, doch kann eine kleine
Oeffnung fortbestehen und man findet dann Cysten
mit blutigem, statt mit serösem Inhalte.
E. Toff (Braila).
436. Ueber vereiterte Feriodontiten und
deren rationelle Behandlung; von Dr. D. D.
(SpitaluL XXm. 4—5. p. 164.
Niculescu.
1903.)
In allen Fällen von eiteriger Periodontitis sollen
die kranken Zähne ohne Verzug extrahirt werden.
Es ist irrig, die Heilung des Abscesses abzuwarten,
om erst dann die Entfernung des Zahnes vorzu-
nehmen. Es können hierdurch schwere Phleg-
monen entstehen, der Eiter kann sich den Weg in
den Sinus mazillaris oder in das peripharyngeale
Zellengewebe bahnen und schwere Erkrankungen,
selbst Todesfälle bewirken. Nur wenn es sich um
wrdare Zähne handelt, kann man bei nicht sehr
ausgedehnten Läsionen durch Spaltung des Absces-
Ks eine Conservirung des kranken Zahnes an-
streben. Handelt es sich um ausgedehnte Phleg-
monen, so sollen die Abscesse womöglich durch
den Mund eröffnet werden, um den Patienten vor
entstellenden Gtesicht- oder Halsnarben zu be-
wahren. E. Toff (Braila).
437. Ueber akate Barmwandbrüohe der
Linea alba und der vorderen Banohwand mit
Aufgang in Gtangrän; von Dr. A. Wiesinger.
(Deutsche Ztschr. f. Chir. LXVH. p. 83. 1903.)
W. beriditet über 2 Fälle von akuten Darm-
wandbrüchen der Linea alba, bez. der vorderen
Baudiwand bei vorher vOllig gesunden Kindern.
In beiden Fällen scheint die Incaroeration durch
intraabdominellen Druck (Pressen beim Stuhl-
gang) hervorgerufen worden zn sein. Da vor-
her klinisch keine Erscheinungen eines Bruches
vorhanden waren, ist es nach der ganzen Sachlage
wohl wahrscheinlicher, dass mit der Incaroeration
erst das Auseinanderweichen, bez. Zerreissen der
Fascie eingetreten ist. Jedenfalls lag ein Anlass,
einen bereits präexistirenden Bruchsack anzu-
nehmen, nicht vor.
In beiden FäUen waren es partielle Einklem-
mungen der Darmwand, wie im ersten Falle durch
die Sektion, im zweiten durch die Operation und
Schluss der Fistel festgestellt wurde. In beiden
Fällen war es Dünndarm, der eingeklemmt war;
ein Darmdivertikel war an der Einklemmungstelle
nicht vorhanden.
Im Anhang berichtet W. noch über ein öjähr.
Mädchen mit akutem Magenwandbruch mit Aus-
gang in Ghmgrän ; das Kind ging an Inanition zu
Orunde.
Die Symptome der akuten DarmtmndbriU^ie
werden durch peritonäale Reizerscheinungen ein-
geleitet, die ohne besondere Veranlassung eintreten
oder plötzlich beim Stuhlgang durch Pressen hervor-
gerufen werden. Schmerzhaftigkeit und Auftrei-
bung des Leibes stellen sich ein, mehr oder weniger
häufiges Erbrechen, Stuhlverstopfung oder blutig-
schleimige Durchfälle. Alle diese Erscheinungen
klingen im Verlauf von 8 — 10 Tagen wieder ab.
Die Untersuchung kann dabei ausser allgemeinen
peritonitischen Erscheinungen einen örtlichen Be-
fund nicht erheben; die Hernien sind meist zu
klein und zu tief gelegen, um entdeckt werden zu
können. Die peritonäalen Erscheinungen hören
auf, sobald das eingeklemmte Stückchen Darm
brandig geworden ist Es tritt eine scheinbare
Besserung ein, die 8 — 14 Tage anhalten kann.
Dann breitet sich von der kleinen gangränösen
Darmpartie aus über der Fascie eine Entzündung
und Eiterung in den tiefen Schichten der Bauch-
decken langsam flächenhaft aus und tritt schliess-
lich am Nabel, als der am wenigsten Widerstand
leistenden Stelle, zu Tage.
P. Wagner (Leipzig).
438. Ueber Lnmbalhemien and verwandte
Zustände; von Dr. M. Borchardt (Berl. klin.
Wchnschr. XXXVIH. 49. 50. 1901.)
B. unterzieht die Lumbalhemien , ihr Vor-
kommen an den von Petit, Lesshaft und
Lieber beschriebenen schwachen Stellen der
seitlichen hinteren Bauchwand, ihre Entstehung,
bei der das Trauma eine recht grosse Rolle spielt,
einer literarischen Besprechung. Eingehender wer-
den die angeborenen Lumbalhernien behandelt, von
denen erst wenige Fälle bekannt sind, für die aber
der Beweis geliefert ist, dass sie einer mangel-
haften Ausbildung der Muskelwand ihre Entstehung
verdanken.
B. bespricht sodann emenYeJlYon Pseudohernie
der Lumbaigegend, der in der v. Bergmänni-
schen EMnik beobachtet wurde, in dem es sich um
eine circumscripte hemienartige Ektasie der Bauch-
wand handelte, die ebenfalls einer beträchtlichen
260
yn. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
Atrophie der Muskulatur ihre Entstehung ver-
dankte. Diese Hernia spuria ist sdiarf zu trennen
▼on der echten angeborenen Lumbalhemie, bei
der wohl stets eine complicirtere Defeldbüdung
der Bauchmuskulatur anzunehmen ist, wfthrend
bei den Pseudohernien, bei denen ein Bruch-
ring fehlte und die VorwMbung breitbasiger ist
und eine grössere Ausdehnung hat, die Entstehung
auf eine Schwflche und Atrophie der Muskulatur
zurückzuführen ist Für die echten angebor^ien
Lumbalhernien empfiehlt sich die* radikale Ope-
ration, wfthrend wir uns gegenüber den Pseudo-
hernien oonservativ verhalten werden.
F. Krumm (Karlsruhe).
439. Ueber die Lombalhernien and seit-
liehe Baachhemien (Laparoeelen); von Dr.
R V. Bar^ cz. (Arch. f. kUn. Chir. LXVUL 3.
p. 631. 1902.)
Die Lumbalhernien erwecken in dem Chirurgen
ein reges Litereese, nicht nur wegen ihrer ver-
hftltnissmassigen Seltenheit, sondern auch dadurch,
dass der Ausgangspunkt und die Entstehung noch
nicht genug aufgeklärt sind. v. B. hatte Gelegen-
heit, 6 solche Hernien zu beobachten.
Wegen der üngleichmftssigkeit der anatomi-
schen Verhältnisse ist es richtiger, die Lumbal-
hemien nicht nach der Bruchpforte, sondern nach
den ätiologischen Umständen einzutheilen. v. B.
unterscheidet: 1) Oongemiale Lumbalhemien, Es
handelt sich hier um gänzlichen Defekt oder mangel-
hafte Entwickeiung einer gewissen, die Lenden-
und seitliche Bauchgegend bedeckenden Muskel-
gruppe. Charakteristische Merkmale dieser Hemien-
art sind: Das Auftreten der Hernie gleich nach
der Geburt oder in den ersten Lebensmonaten, eine
verhältnissmässig breite Basis der Geschwulst, so
dass sie nicht nur die Lendengegend, sondern auch
die seitliche Bauchgegend einnimmt Neben der
Hernie beobachtete man oft in diesen Fällen auch
andere fötale EntwickelungstGrungen, wie Mangel
mehrerer Rippen, congenitale Phimose. 2) IVau-
tncUische Lendenhemien. Sie entstehen entweder
durch ein direkt auf die Lendengegend wirkendes
Trauma oder durch Vermittelung der Körperlast
oder Anstrengung und Zerrung der Rückenmuskeln.
Diese Hernien entstehen gewöhnlich unmittelbar
nach der Verletzung. 3) Die nach Senkungmbscesam
entstandenen Lendenhemien, Die von den Wirbeln
oder dem Darmbeinkamme ausgehende Senkungs-
abscesse können die Wege für die später entstehen-
den Lendenhemien bahnen. 4) Die spontan ent^
standenen Lendenhemien, Hierher gehören die
Fälle, in denen die Aetiologie noch unklar ist Die
Bruchpforte der Lumbalhemien entspricht nicht
dem Petit'schen Dreieck, sondern dem von Less-
haft beschriebenen, das unterhalb der 12. Rippe
liegt
Die Diagnose der freien Lumbalhemie ist ge>
wohnlich leicht zu stellen, wenn man nur an die
Möglichkeit eines Bruches an dieser Stelle denkt
Schwieriger ist die Diagnose eines irreponiblen an-
gewachsenen Bruches, besonders wenn den Bruch-
inhalt ein Fettklumpen bildet
Die Prognose ist am besten bei den trauma-
tischen Lumbalhernien ; hier kann Ruhe und eine
Pelotte Heilung bringen. Im üebrigen ist an
eine operative Therapie zu denken : Muskelplastik
mit gestielten Muskellappen. Bei Einklemmungs-
erscheinungen muss die Hemiotomie mit Hinzu-
fügung einer Radikaloperation ausgeführt werden.
P. Wagner (Leipzig).
440. Hemla obtnratoria tabae et ovarii
■iniatra; von Franz Schopf. (Wien. klin.Wo-
chenschr. XVL 19. 1903.)
Den 4 in der Literatur bekannten Fällen von
Hernia obtnratoria desOvarium und der Tube reiht
Seh. einen 5. an.
Bei der 68jähr. Pat., die seit Jahren an wiederholten
ErampfanfölleD , verbunden mit Schmerzen im Bauch
und an der inneren Seite des linken Oberschenkels litt,
bei gleichzeitigem Erbrechen ohne Stohlbehindening,
kam es im Verlaufe eines heftigen Anfalles auch zur
Darmocclasion und znm Bild des Ileus. Die Laparotomie
deckte eine Einklemmung einer 10 cm langen Eeum-
Bchlinge zwischen vorderer Bauchwand und der in den
Cialis obturatorius vorgelagerten, einen stramm ge-
spannten Strang bildenden Tube auf. Da eine Reposition
von Tube undOvariom auch nach flerniotomie von aussen
nicht möglich war, wurden sie entfernt, die Lücke in der
Membr. obturatoria wurde durch Naht verschlossen.
Die Pat. ging im GoUaps zu Grunde.
Seh. empfiehlt wegen der Schwierigkeiten, die
sich bei der Herniotomie bei Hernia obturatoria
durch die Tiefe der Wunde, die Enge des Opera-
tionfeldes einstellen können, die Laparotomie. Die
Radikaloperation kann dann folgen, zur Vermeidung
von Neuralgien h< Seh. die Resektion des Nerv,
obturatorius bei der Operation fOr nothwendig.
F. E r u m m (Karlsruhe).
441. Laparotomie and Ventralhemien ;
von Dr. M. Silbermark und Dr. IL Hirsch.
(Deutsche Ztschr. f. Chir. LXVUI. 1 u. 2. p. 81.
1903.)
S.U.H. theilen ausderHosetig-Moorhof-
schen Abtheilung mit, dass sie unter 41 von ihnen
controlirten Fällen keinen einzigen Fall von aus-
gesprochener operativer Ventralhemie gefunden
haben, der etwa durch die Dnzul&nglichieit der
Methode entstanden wftre.
Die umstände, die eine Oewähr dafOr bieten,
dass sich in den Narben nach Laparotomie keine
postoperativen Ventralhemien ausbilden, sind neben
strengster Asepsis die Methode der eztramedianen
Inoision nach Lennander, sowie eine sorgfältige
Etagennaht: Bauchfell und hintere Rectusscheide,
Zurückbringen des M. rectus in seine natürliche
Lage, Naht der vorderen Rectusscheide. Hierzu
kommen die Verhütung einer Eiterung in der Bauoh-
narbe, die Hintanhaltung postoperativer Hämatome
und eines postoperativen Meteorismus.
P. Wagner (Leipaig).
vn. Chirurgie, Augen- und Ohrenheillnmde.
261
442. Zwei mie von Herniotomie wegen
Inoaroeration von Ooeoum and Prooessna yer-
miformis bei kleinen Kindern ; von F. E 1 a u 8 8 •
ner. (Wien. klin. RuDdachau XYL 49. 1902.)
Kurzes Referat über die einschlägigen Literatur-
ßlle und folgende eigene Beobachtungen :
l)6wÖGbige8Kind mit plötzlich entstandener Scrotal-
geschwulst und DarmeioklemmungaymptomeD. Opera-
tion: angeborene Hernie, Einklemmnog an 2 Stellen,
nämlich einmal eine massige Einklemmung des Dick-
darmes im Leistenringe, sodann eine Einschnürang des
Warmfortsatzes, wohl dadarch entstanden, dass der Brach-
sack in seiner Mitte in Folge bindegewebiger Yerdicknng
eine deutliche ringförmige Verengerung hatte und auf
den an dieser Stelle gelagerten Wurmfortsatz (inclusive
Dickdarm) einen starken elastischen Druck ausübte. In
Folge dessen Cirkulationstörungen und schliesslioh Gan-
grin des Fortsatzes. Abtragung dieses, Versenkung
des nur leicht verwachsenen Coeoum, Radikaloperation,
Heilung.
2) 4monatiges Kind; Entwiokelung eines Scrotal-
bmches, der naoh mehrfacher Reposition immer wieder
recidivirte. Operation: angeborene Hernie, Bruchsack-
inhalt: Ooecum und Wurmfortsatz; die Spitze dieses
mit dem Hoden fest verwachsen, nicht frisch verklebt.
Keine weiteren Verklebungen. Resektion des Fortsatzes,
Radikaloperation, Heilung.
Taxisversuche bei^leinen Kindern sind be-
sonders geföhrlich, daPr sollte man mit der Her-
niotomie nicht zu lange zGgern. Unter 20 von El.
zusammengestellten Fällen, ähnlich den obigen, kam
es in 15 nach der Operation zur Heilung.
Mohr (Bielefeld).
443. Cure radioale des herniea sans Ouver-
türe da peritoine ; par J. P o u 1 1 e t (Lyon m^d.
XCVII. 47. p. 716. 1901.)
P. hat im Laufe des letzten Jahrzehntes ein
Verfahren der Radikaloperation der Hernien heraus-
gebildet, dessen Einfachheit und schnelle Ausführ-
barkeit, verbunden mit der Sicherheit des Erfolges,
geeignet sein sollen, der Radikaloperation die
weiteste Verbreitung zu verschaflfen, da Alter des
Patienten, Herzleiden, Neigung zu Katarrhen, son-
stige constitutionelle Erkrankungen keine Contra-
indikationen bieten.
Gekennzeichnet wird die Methode P.'s dadurch,
dass weder Bruchsack, noch Peritonaeum eröffnet
wird, dass eine einzige, 6 cm lange Incision der
Haut mit den Scalpell gemacht wird, alles übrige
aber stumpf mit den Fingern, einer Hohlnadel und
einem 20 cm langen, 0.3 mm dicken Broncedraht
auszuführen ist, und zwar wird zunächst der stumpf
isolirte Bruchsackhals nach Reposition des Bruch-
sackinhaltes abgeklemmt und durch 5 — 6 Stiche
mit der amiirten Nadel quer vernäht, sodann wer-
den die Enden des Drahtes unter Leitung des in
den Leistenkanal eingeführten Fingers von innen
naoh ausMn, 2 cm von einander, l^/,cm von dem
äusseren Leistenring durch die Bauchwand, ab-
gesehen von der Haut, durchgeführt, durch An-
ziehen des Drahtes wird so der Bruchsackhals an
die tiefe Lage der Bauohwand und oberhalb des
Bmohkanala befestigt, schliesslich wird der Leisten-
Med. Jahrbb. Bd. 279. Hft 3.
kanal «selbst mit den Enden desselben Drahtes unter
Leitung des Fingers durch Führung der gekrümm-
ten Nadel von aussen nach innen und von innen
naoh aussen, indem die fibrüsmuskulären Wände
gefasst werden, vernäht Der Draht wird in der
üblichen Weise geknotet, seine Enden werden durch
ein perforirtes Bleistückchen unschädlich gemacht.
Beim Zuziehen des Drahtes ist zu beachten, dass
es nicht gilt, die Bruchpfortenpfeiler fest aneinander
zu vernähen, sondern dass der Draht selbst den
Verschluss bilden soll. Sodann Hautnaht Die
Operation, bei der eine Gefässunterbindung nicht
nöthig ist, dauert gewöhnlich 15 Minuten; ist ohne
Assistenz und mit lokaler Anästhesie auszuführen
(obwohl P. selbst anscheinend stets allgemeine
Narkose «angewandt hat).
P. hat das Princip seiner Methode auch auf
Schenkel- und Nabelhernien mit Erfolg übertragen.
Bei der Nachbehandlung ist es besonders von
Werth, dass die Kranken vom ersten Tage an
ausser Bett sein können, Nichterfolge durch Husten-
stösse u. 8. w. nicht zu fürchten sind. P. hat sein
Verfahren bei über 400 Radikaloperationen von
Brüchen erprobt Gomplikationen von Seiten des
zurückgehissenen leeren Bruchsackes hat er nur
einmal gesehen. Die Frage, ob Contraindikationen
gegen die Anwendung seines Verfahrens bestehen,
läset P. noch offen. F.<£rumm (Karlsruhe).
444. Ueber Hoohstand des Soholterblattea
mit oongenitalen Hals- and Sohnltermuskel-
defekten; von Dr. Kays er. (Deutsch^ Ztschr.
f. Chir. LXVin. 3 u. 4. p. 318. 1903.)
K. hat 2 Fälle von Hoehstand des SehuUerblattes
beobachtet
Die erste Beobachtung betraf einen lOjähr., kräftig
entwickelten Mensohen, bei dem das in seiner Form un-
veränderte linke Schulterblatt 4 cm gegen das rechte
erhöht stand. Die Wirbelsäule war vollkommen gerade,
die Behinderung so gering, dass der Er. von dem Be-
stehen einer krankhaften Veränderung nichts wusste.
Die Muskulatur des Kopfes, des Halses und der Schulter
war in gleicher Weise entwickelt, wie auf der rechten
Seite ; es bestand keine Asymmetrie des Gesichtes.
In dem anderen Falle handelte es sich ebenfalls um
einen 19jähr. Menschen, bei dem sich ausser dem typi-
schen Hochstand des linken Schulterblattes ein voll-
kommener Defekt des linken M. stemocleidomastoi-
deus, sowie ein partieller Defekt des linken M. trapezius
vorfand.
Der Hochstand des Schulterblattes ist im Ganzen
bisher ca. 45mal beschrieben worden.
Auf Grund einer genauen Durchsicht dieser Fälle
nimmt K. an, dass es sich bei dem Hochstand des
Schulterblattes um eine Eräwickelungaiörung han-
delt, deren Ursache theils in äusseren mechanischen,
theils in innerhalb der Frucht gelegenen, ihrem
Wesen nach unbekannten Einflüssen zu suchen ist.
Zu den Fällen der letzteren Art sind die mit
anderen Missbildungen verbundenen Fälle, wie
z. B. der 2. Fall K.'s, zu rechnen. Ob der einfache
Hochstand des Schulterblattes ohneComplikationen
stets auf mechanischen Umständen beruht und
34
262
YH Chirurgie, Augen- und Ohrenheillnmde.
somit mit den complicirten Fällen ätiologisch gar
nicht übereinstimmt, bleibt eine offene Frage. Es
muss zugegeben werden, dass dieser Hochstand
der Scapula durch eine Lageanomalie erklärt wer-
den kann. P. W a g n e r (Leipzig).
445. Ueber Qesohwülate des Mnso. paoas
andMuao. Ulaous internus; von Dr. H. Jacobs-
thal. (Deutsche Ztsohr. f. Chir. LXVUL 1 u. 2.
p. 38. 1903.)
wahrend die Neubildungen der die vordere
Bauch wand bildenden Muskeln, bez. Fascien häufiger
beobachtet worden sind, scheinen Geschwülste, die
ihren Ursprung von der die Bauchhöhle an ihrer
Hinterseite begrenzenden Muskulatur, speciell vom
Psoas und Iliacus internus nehmen, eine grosse
Seltenheit zu sein. Da derartige Geschwülste
keineswegs nur in pathologisch-anatomischer Hin-
sicht Beachtung verdienen, sie vielmehr wegen
ihrer diagnostischen Beziehungen zu den anderen
retroperitonäalen Geschwülsten, speciell den Nieren-
tumoren einerseits, den Beckentumoren andererseits
ein grösseres klinisches Interesse beanspruchen, so
theilt J. 4 Fälle aus der Braun 'sehen Klinik mit,
von denen 2 schon früher in einer Dissertation
(Diegner) verarbeitet worden sind.
Die Fälle betrafen ein Ftbroaarkom und ein
Myxasarkom des Muse, psoas, sowie ein Fibrom und
Spindeheilensarkom des Muse, üiaeus itäemus.
Einzelheiten sind in der Originalarbeit nachzulesen.
P. Wagner (Leipzig).
446. Ueber Tumoren and Pseudotumoren
In der Adduktorengegend ; von Prof. Czern j.
(Deutsche med. Wchnschr. XXTX. 23. 1903.)
Die Gegend der Adduktoren des Oberschenkels
ist kein häufiger Sitz für Geschwülste. Solche
geben manchmal Veranlassung zu diagnostischen
Schwierigkeiten, wie Cz. an einem besonderen
Beispiele zeigt Es handelte sich bei dem 50jähr.
Kranken um eine tuberkulöse Osteomyeliiis des
Schambeines, die zu einem, einen kleinen Sequester
enthaltenden, tuberkulösen Abscess in der Adduk-
torengegend geführt hatte. Klinisch konnte in
diesem Falle die entzündliche Anschwellung nicht
von einem echten Tumor unterschieden werden.
P. Wagner (Leipzig).
447. Eine seltene Verletiung des Fnea-
gelenkes; von Dr. Hertens. (Deutsche Ztschr.
f. Chir. LXL 6 u. 6. p. 507. 1901.)
Iq der Leipziger Chirurg. Klinik wurde bei einem
34jähr. Kr. eine traumatiaehe isolirte Subluxation des
unteren Gelenkendes der Tibia nach der medialen Seite
hin beobachtet, verbanden mit einer Schrägfraktur der
Fibula in der Mitte des Schaftes. Die Art der Verletzung,
die auf den ersten Anblick den Eindruck einer doppelt-
seitigen Malleolenfraktur machte, wurde erst im Röntgen-
bilde genau erkannt
In der Literatur hat M. einen gleichen Fall nicht er-
wähnt gefunden. P. W a g n e r (Leipzig).
448. Indications genirales du traitement
dane le pied botyaruaequinoongönital; par le
Prof. A. Broca. (Revue d'0bst6tr. et de Paed.
XVL p. 97. Avril 1903.)
Die Behandlung des angeborenen Elumpfusses
soll gleich in den ersten Tagen nach der Geburt
unternommen werden. Man beginnt mit Aercrtho-
pädischen Redressirung, indem man sich anfangs
nur mit der Correktion der Yarusstellung beschäf-
tigt; die Einwärtsbeugung und Suppination wird
. corrigirt und man legt dann eine Flanellbinde an,
um den Fuss in der richtigen Stellung zu erhalten.
Nach etwa 15 Tagen beginnt man auf gleiche
Weise die Redressirung der Equinusstellung. Ge-
langt man nach 5 — 6 Wochen zu keinem bleiben-
den Resultate, so ist die Durchschneidung der
Achillessehne angezeigt, und zwar ist B r. für die
o/f^n« Durohtrennung, um auch die sich spannenden
Ligamenta tibio-calcanea vollständig durchschnei-
den zu können. Li den meisten Fällen gelingt es
auf diese Weise ein ästhetisch und funktionell
gleich ausgezeichnetes Resultat zu erzielen. Nur
wenn diese Behandlung misslingt, was bei schweren
oder vernachlässigten Elumpfüssen vorkommen
kann, ist Br. für eingreifendere, blutige Operationen,
obwohl auch die Redressirung nach Lorenz oft
gute Resultate ergiebt
unter den blutigen Operationen ist die Methode
von Phelps nicht immer im Stande die DifFormität
zu corrigiren, während die Tarsektomie einen ver-
kürzten, breiten, unschönen, wenn auch funktionell
guten Fuss ergiebt. B r. räth daher, die Entfernung
grosser Enochentheile zu vermeiden. Man beginne
bei Kindern und Halberwachsenen mit der Resek-
tion des Astragalus- und Calcaneuskopfes, worauf
ein Gipsverband angelegt wird. In weiterer Folge
ist eine orthopädische und Massagebehandlung von
Wichtigkeit, da die Resultate aller Eingriffe zum
grossen Theile von der Funktionirung der in Be-
tracht kommenden Muskeln abhängen.
E. Toff (Braila).
449. Talgoyste der Palmarregion ; von Dr.
S a V a in Galatz. (Spitalul. XXIH 8. p. 2 1 9. 1 903.)
Die Annahme, dass derartige Cysten als Reten-
tioncysten der Glandulae sebaceae zu betrachten
seien, steht im Widerspruche mit der Thatsache,
dass man sie an Stellen findet, wo Haare und Talg-
drüsen gänzlich fehlen. S. operirte eine nussgrosse,
seit einem Jahre bestehende Talgoyste der Hohl-
hand. Sie enthielt zahlreiche Epithelzellen mit
fettiger Granulation, Erystalle von kohlensaurem
Kalk, Cholestearin, wenige Eiterzellen und Fett-
zellen. E. Toff (Braila).
450. unblutige Behandlung derDupoytren*-
flohen Fingeroontraktnr ; von Dr. P. Lenge-
mann. (Deutsche med. Wchnschr. XXIX. 23.
1903.)
Die D u p u y t r e n 'sehe Contraktur beruht i m
Wesentlichen auf einer chronischen, circumscripten
Vn. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
263
I Hyperplasie von Bindegewebe in der Palmarapo-
! neorose. £b handelt sich also um Dinge, die mit
derNarhmbiidung entschiedene Aehnlichkeit haben.
Nun hat man bei der Behandlung kosmetisch oder
I funktionell störender Narben gute Erfahrungen ge-
I mactit mit dem „7%i(>8inamin^', Derbe adhftrente
I Narben wurden weich und verschieblich nach sub-
cutanen Injektionen des Mittels und Auflegen von
Thiosinaminpflastermull.
L berichtet aus der Mikulicz 'sehen Klinik
Ober einen ziemlich leichten und einen mittel-
schweren Fall von Dupuytren 'scher Contraktur,
in denen durch subcutane Thiosinamininjektionen
(Thiosinam. 2.0, Glycerin. 4.0, Aq. dest. 14.0) in
Verbindung mit warmen Bädern, Massage und
passiven Bewegungen zunächst auffallende Heilung,
bez. Besserung erzielt wurde. Es wurde täglich
1 oem in die Infiltrate und deren Umgebung ge-
spritzt; die Injektionstelle wurde immer in ge-
sunder Haut gewählt Ob nicht nach längerer
Zeit Recidive eintreten, und ob sich nicht manche
Fälle völlig refraktär verhalten, muss abgewartet
werden.
Für die leichteren und mittelschweren Fälle
glaubt L. schon jetzt die Behandlung mit „Thiosin-
amin^^ empfehlen zu können, zumal da sich die
Kranken nur schwer in diesem Stadium zu einer
Operation entschliessen. Sollte sich die Behand-
lung als erfolglos erweisen, so bleibt immer noch
die Operation übrig. P. W a g n e r (Leipzig).
451. ErsatB des gelähmten Qaadrioeps
cmris; von Krause. (Deutsche med. Wchnschr.
XXVIII. 7. 8. 1902.)
Eine alte Beugecontraktur des Kniegelenkes
paralytischer Natur wurde mit Sehnenüberpflanzung
erfolgreich behandelt, indem die Flexoren nach
vorn verlagert und auf die Patella befestigt wurden.
Die Technik dieser Operation wird durch gute Ab-
bildungen verdeutlicht.
Kr. befasst sich auch mit dem interessanten
physiologischen Problem, wie die Beuger zu Ex-
tensoren werden können.
Y u 1 p i u s (Heidelberg).
452. Fanktionsherstellong duroh Sehnen-
anpflansasg; von Dr. Reichard in Magdeburg.
(Berl. klin. Wchnschr. XXXLX. 7. 1902.)
R. berichtet über die Indikation und die Technik
dieser Operation und giebt dann die Kranken-
geschichte einer cerebralen Kinderlähmung. Die
spastische Hyperextension des Daumens konnte
beseitigt weiden, indem der Extens. poUic. long,
auf den Flexor pollic. befestigt wurde. Der Daumen
wurde dadurch sehr gut gebrauchsfähig.
V u 1 p i u s (Heidelberg).
453. Ueber die orthopadiaohe Behandlung
der spinalen Kinderlähmung; von Prof. Albert
H 0 f f a. (Ztschr. f. diät-physik. Ther. VI. 6. p. 3 1 5.
1902.)
Es werden zunächst die Principien der Apparat-
construktion und einige specielle Vorrichtungen
zum Fixiren der Oelenke und zum Muskelersatz
(Gummizüge) beschrieben. Der grössere Theil des
Vortrages beschäftigt sich mit der operativen The-
rapie des Leidens, besonders mit der Arthrodese
und eingehender mit der Sehnenüberpflanzung,
deren Resultate durch Demonstrationen dargelegt
werden. Eine grössere Zahl von Abbildungen ist
der Arbeit beigegeben. V u 1 p i u s (Heidelberg).
454. Blitseohlägennd Augenblntongen; von
Dr. T 0 p 0 1 a n s k i. (Wien. klin. Rundschau XVII.
22. 1903.)
T. beriohtet über 2 klinische Beobachtungen. In
dem einen Falle hatte der Bhtzschlag eine beträchtliohe
Blatang in die Vorderkammer des einen Auges and eine
Glaskörperblutung im anderen Auge verursacht Die
Austritlstelle der Blutung in den Glaskörper fand sich
nach der Aufhellung an der Vena temporalis inferior; der
Ursprung der Kammerblutune^ war nicht festzustellen.
Bei dem anderen Fat war der Blitzschlag nur die mittel-
bare Ursache einer Bindehaut- und Eammerblutung; er
hatte Aeste eines Baumes, unter dem Fat. sich au&elt,
gegen dessen Kopf geschleudert, die ausser einigen Haut-
wanden auch die Quetschung des Auges verscnuldeten.
Bergemann (Husum).
455. La ligatnre capsnlaire dans Topera-
tiondnstrabiame; parM.A.Trou8seau. (Ann«
d'Oculist. CXXIX. p. 17. Janv. 1903.)
T r. empfiehlt ein vereinfachtes Verfahren Eum
Ersätze der Tenotomie bei geringeren Graden von
Strabismus und zur Verstärkung der Wirkung der
Tenotomie (des Antagonisten) bei stärkerem Schielen :
Er fasst, ohne die Conjunctiva zu durchschneiden,
die Sehne mit der Pincette und hebt sie so weit
ab, dass der Muskel sich deutlich vorwölbt Dann
geht er nahe der Hornhaut mit einer halbkrummen
Nadel subconjunctival ein, führt die Nadel durch
das episklerale Qewebe und den Sehnenansatz,
gleitet eine Strecke nahe der Sklera unter dem
Muskel entlang und durchsticht dann von unten
her Muskel, Tenon'sche Kapsel und Conjunctiva
nahe dem Lidwinkel. Das ganze umstochene Ge-
webe wird dann bis zu einer geringen üeberoorrek-
tion zusammengeschnfirt Der hierdurch ent-
stehende Gewebewulst soll später keine Entstel-
lung verursachen. Der Faden muss 6 — 12 Tage
liegen bleiben. Die von Tr. operirten 40 Kranken
sind nicht lange genug beobachtet worden, um ein
ürtheil über den wahren Werth des Verfahrens zu
begründen. Bergemann (Husum).
456. Mesore de la refiraotion par la methode
de Soheiner (Ametropomötre de K. le Dr.
leMehaute); par Camille Fromaget. (Ann.
d'Oculist. CXXIX. p. 186. 1903.)
Fr. beschreibt an beigegebenen Abbildungen
ein Verfahren zur (subjektiven) Refraktionbestim-
mung, das von leM6haut6 angegeben ist Es
beruht im Wesentlichen auf einer abgeänderten An-
wendung des Seh einer 'sehen Versuches. Die
264
VII. Gliirurgie, Augen* und Oiirenlieilkuiide.
Platte mit den beiden kleinen Löchern ist mit einem
Befraktionspiegel (ohne Spiegel) vereinigt. Zur
gleichzeitigen Probe auf Simulation ist das eine der
kleinen Löcher mit rothem, das andere mit grQnem
Qlas bedeckt. Zur genauen Einstellung der Löcher
vor der Pupille ist dieser Apparat in ein besonderes
Gestell einzuschalten, das gleichzeitig das andere
Auge verdeckt und mit einer Skala für den Pupillen-
abstand versehen ist Die Lichtqtielle ist recht-
winkelig und in dieser Form auch drehbar. Zur
Bestimmung des Astigmatismus wird sie mit einer
Scheibe bedeckt, die von kreuzweise sich schnei-
denden Linien aneinandergereihter kleiner Löcher
durchzogen ist (wie z. B. die Astigmatismus-
briiien).
Der untersuchte sitzt etwa 5 m gegenüber der
Lichtquelle. Werden alle Linien der kreuz-, bez.
sternförmigen Lichtquelle deutlich zugleich wahr-
genommen, dann besteht kein Astigmatismus.
Das emmetropische Auge sieht durch die beiden
(S c h e i n e r 'sehen) Löcher nur eine rechtwinkelige
Lichtquelle, das ametropische ein Doppelbild (grün
tind roth). Je grösser der Abstand der Doppelbilder
ist, um so grösser ist die Ametropie. Bei Myopie
sind die Doppelbilder gleichsinnig, bei Hyperopie
gekreuzt. Durch Drehung des Optometerrades mit
den Correktionglfisern ist schnell festzustellen, bei
welchem Correktionglase die Doppelbilder sich
decken.
Die Sehsch&rfe wird mit diesem Verfahren
natürlich nicht geprüft. Bergemann (Husum).
457. Stade experimentale de la Tisioii dem
astigmatiques ; par M. Salzer. (Ann. d'Oculist
CXXIX. p. 86. 1903.)
S. machte interessante Beobachtungen über das
astigmatische Sehen am photographischen Apparate.
Um die gleichen Brechungsverhältnisse zu haben
wie ein menschliches Auge mit 5 D. Astigmatis-
mus, setzte er vor das Objektiv seines Apparates
mit 160 mm Brennpunktabstand eine Cylinder-
linse von 0.75 D. Die Photogramme veranschau-
lichen neben den bekannten Thatsachen die grosse
Bedeutung der Blendenöffnung (entsprechend der
Pupillenweite) für das astigmatische Bild. Wäh-
rend ihr Einfluss auf die Verzerrung des Bildes
gleich Null ist, tritt er bei der Bildschärfe (also
bei der optischen Yerwerthbarkeit des Gesehenen)
ausserordentlich stark hervor.
Bergemann (Husum).
458. Vanae vortioosae ohoriovaginalea In
Inmsiohtigen Augen ; von Dr. van der Hoeve.
(Aroh. f. Augenhkde. XLVL 4. p. 353. 1903.)
Yf. theilt 2 klinische Beobachtungen dieser
Anomalie mit, bei der die Venae vorticosae nicht
am Aequator, sondern am hinteren Augenpole in
das Hauptgefltes einmünden. Ihr Vorkommen ist
nach seiner Meinung nicht so selten als man viel-
fach annimmt. Auffallend ist das Zusammentreffen
dieser Venenverlagerung mit stärkerer, progressiver
Myopie. In einem der Fälle war z. B. nur das mit
der Anomalie behaftete Auge erheblich kurzsichtig,
während das andere fast emmetropische Auge regel-
rechte Oefässanlage hatte.
Vf. nimmt an, dass Venae vorticosae chono-
vaginales wahrscheinlich das Fortschreiten der
(Achsen)-M7opie begünstigen ; für ein wesentliches
Zeichen des congenitalen Staphyloma posticum da-
gegen hält er sie nicht Bergemann (Husum).
459. Ueber angeborene totale Farbenblind-
heit; von Prof. Grunert (Arch. f. Ophthalm.
LVL 1. p. 132. 1903.)
Or. hat die über totale angeborene Farbenblind-
heit vorliegende ziemlich umfangreiche Literatur
eingehend durchgearbeitet und 5 neue Beobach-
tungen hinzugefügt. Die interessante Abhandlung
umfasst folgende Abschnitte : Geschichtliches, die
bisher bekannten und 5 eigene Fälle, Epikrise über
das eigene und über das gesammte vorliegende Be-
obachtungsmaterial (1. allgemeine Körperconstitu-
tion und Erblichkeit Verhältnisse, 2. der optische Bau
der Augen, 3. Ergebnisse der Farbensinnprüfung,
4. die centrale Sehschärfe, 5. die Lichtscheu,
6. Nystagmus), Ergebnisse der Gesichtsfeld Unter-
suchung ; der letzte Abschnitt beschäftigt sich mit
der Frage über den vermuthlichen Sitz der Affek-
tion; Gr. glaubt nachgewiesen zu haben, „dass
trotz gewisser Abweichungen im Einzelnen, alle
bisher veröffentlichten Fälle von angeborener totaler
Farbenblindheit (mit einziger Ausnahme des räthsel-
haften Falles von Baehlmann) durch die An-
nahme einer Zapfenblindheit vollständig erklärt
werden". Endgültige Schlüsse über das Wesen und
die Ursache der totalen Farbenblindheit werden sich
jedoch nicht früher aufstellen lassen, als bis durch
anatomische Untersuchungen in geeigneten Fällen
genügendes Beobachtungsmaterial geschaffen ist
Das Literaturverzeichniss setzt sich zusammen
aus 118 Sonderarbeiten. Bergemann (Husum).
Fischer. — Eobert — Odier. — Taddei. — Ginsberg.
265
C. BOcheranzeigen.
48. Synthesen in der Purin- und Zacker-
reihe ; yon Emil Fischer. Braunschweig
1903. Friedr.Vieweg&Sohn. 8. 29 S. (80 Pf.)
Ein Vortrag, den F. vor der schwedischen Aka-
demie der Wissenschaften zu Stockholm bei Qe-
legenheit der Ueberreichung des Nobelpreises hielt
Inhaltlich ist in grossen Zflgen das skizzirt, was F.
ia der organischen Chemie im ursprünglichen Sinne,
also in der Erforschung der organisirten Materie,
schon geleistet hat und wie es ihm gelungen ist,
einen rationellen Zug in das bis dahin descriptive
Gebiet hineinzubringen. Der Vortrag ist vor ge-
bildetem Laienpublicum gehalten und deshalb ge-
meinverständlich abgefasst W. S t r a u b (Leipzig).
49. Compendinm der praktischen Toxikolo-
gie; von Prof. Rudolf Eobert. 4. Aufl.
Stuttgart 1903. Ferd.Enke. 8. XII u. 206 S.
(5 Mk.)
Auch die neue Auflage des Eobert 'sehen
Compendium enthält das reichhaltige Thatsachen-
material in übersichtlicher Weise angeordnet, so dass
das Buch in gleicher Weise als Lern- und Nach-
schlagebuch gelten kann. W. S t r a u b (Leipzig).
50. La Baohiooooainiaation. Beeherches eoo-
perimenicUea sur Pamoeboisme des eeUtäes neu-
rales, centrales et pSripheriques, sous Vinfluence
de la eocaine, de la siryehnitke et des cauranis
induits; par Robert Odier. Oendvel903.
8. 134 pp.
0. bemflhte sich, anatomisch die Wirkung des
im Titel genannten Eingriffes zu Gesicht zu be-
kommen. Er hat die motorischen Nervenenden
and senaiblen Nervenanfänge beobachtet und be-
hauptet, für jeden Eingriff die zugehörigen spe-
cifischen Aendemngen, z. B. YerOdung, theilweise
Unterbrechung der motorischen Enden am Muskel,
bei Curarevergiftung u. s. w., gesehen zu haben.
Wegen der Einzelheiten sei auf das übrigens un-
erträglich weitläufig rerfasste Original verwiesen.
W. Straub (Leipzig).
61. Iie flbre elastiohe nei tesanti di oioa-
trioe. Contribnto allo atndio della geneai
e dello aTÜnppo deUe flbre elaatiche; per
Domenico Taddei. Ferra» 1903. Tipo-
grafia A. Soati. 8. 74 pp.
T. verfolgte die Entwickelung der elastischen
Fasern in Narben, wie sie sich nach verschieden-
artige, abalGhtlioh erzeugten Verletzungen bei
Thieren bildeten. Theilweise konnte er auch
menschlichee Material zur Untersuchung verwen-
den. Der Zeitpunkt, an dem bei der Regeneration
das elastische Gewebe auftritt, ist nicht scharf be-
stimmbar. Etwa 1 Monat nach der Verletzung
sind in sehr verschiedenen Narbengeweben, so
bez. auch in der Vena jugularis des Eaninchens
nach seitlicher Ligatur, die ersten elastischen
Fasern nachweisbar. An den meisten Orten ent-
wickeln sich nach Substanzverlusten die elasti-
schen Fasern zuerst in der Peripherie und später
erst im Narbengrunde. Bei Narben an Venen tritt
im ganzen Narbengebiete im subendothelialen Stra-
tum die Bildung der elastischen Fasern ein und
dieselbe Art der Neubildung beobachtet man an
kleinen neugebildeten Venen in Hautnarben 60 bis
95 Tage nach der Verletzung.
Die anfangs äusserst feinen elastischen Fibrillen
entstehen bei der Regeneration in gleicher Weise
wie bei der Neubildung im Embryo aus Binde-
gewebezellen („Cellule elastogene'^). Die Bildung
der Fibrillen vollzieht sich auf Eosten des Proto-
plasmas und der Fortsätze der genannten Zellen.
Die in der Zelle erzeugten feinen Fasern kommen
an die Oberfläche der Mutterzelle, um „inter-
elementar'' zu werden. Der von einigen Autoren
gemachten Angabe, dass die elastischen Fasern zu-
nächst als Oranulareihen in der Zelle aufträten,
kann T. nicht zustimmen und erklärt derartige
Beobachtungen als optische Täuschungen, bedingt
durch den welligen Verlauf dieser feinsten Fäser-
chen, oder führt sie auf ungeeignete Fixirung der
Präparate zurück. Für das weitere Wachsthum
der Fibrillen nimmt T. ein Verschmelzen benach-
barter Fibrillen an. In den Narben schreitet nach
dem Centrum die Neubildung des elastischen Ge-
webes sehr langsam vorwärts, so dass es möglich
ist, noch nach 3 Jahren Punkte zu finden, an denen
die Neubildung noch immer verzögert ist. An den
Narben von Venen geht die Regeneration rascher
und ist bereits in 2 — 2^f^ Monaten eingetreten.
Die Entstehung der elastischen Fasern aus den
„elastogenen Zellen" wird durch Abbildungen ver-
anschaulicht Der Untersuchung gehen eine Be-
sprechung der ausführlichen Literatur und ein
Capitel über die Technik der Färbung der elasti-
schen Fasern voran. Garten (Leipzig).
53. Grandriaa der pathologischen Histologie
des Angea; von Dr. Siegmund Gins-
berg. Berlin 1903. S. Earger. 8. 487 S.
mit 107 AbbUd. (13 Mk.)
Das Buch ist in der Absicht abgefasst. Denen,
die auf dem Gebiete der pathologischen Histologie
des Auges arbeiten wollen und nicht genügende
Erfahrung besitzen, als Wegweiser zu dienen. Es
soll eine möglichst kurze Darstellung der mikro-
skopischen Veränderungen der einzelnen Augen-
theile geben unter besonderer Berücksichtigung
der bei der Beurtheilung dieser Veränderungen fQv
266
Onodi. — Bresgen. — Jankau.
den weniger Geübten wichtigen ümstända Von
einer einheitlichen Beschreibung der durch eine
bestimmte Erkrankung hervorgerufenen Processe,
wie sie sich im gesammten Auge abspielen, ist
deshalb abgesehen worden, z. B. Glaukom, Sym-
pathie u. s. w. Seinen Zweck dürfte 6. in vollem
Umfange erreicht haben. Aber auch der Geübtere
wird den reichen Inhalt in dieser übersichtlichen
Form gern zur Verfügung haben, zumal er darin
neben schätzenswerthem , vergleichendem Stoffe
leicht und schnell Auskunft über die Literatur
findet. Von besonderem Werthe sind die mannig-
fachen Einfiechtungen persönlicher Erfahrungen
G.'s, die seinem Werke einen grossen Vorzug vor
einer lediglich compilatorischen Arbeit verleihen.
Bergemann (Husum).
53. Bio Anatomie and Physiologie der Kehl-
kopfoerven. Mit ergänzenden pathologischen
Beiträgen. Im Auftrage der Akademie der
Wissenschaften auf Grund eigener Unter-
suchungen bearbeitet von Prof. Dr. A. Onodi
in Budapest Berlin 1902. Oscar Coblentz.
8. 179 S. mit 42 Abbild. (6 Mk.)
0., der sich 15 Jahre mit Untersuchungen über
die Innervation des Kehlkopfes beschäftigt und
zahlreiche Arbeiten über die hierher gehörigen
vielumstrittenen Fragen veröffentlicht hat, giebt
jetzt als Abschluss seiner Arbeiten auf dem Ge-
biete eine zusammenfassende Darstellung der Lehre
von der Innervation des Kehlkopfes nach seinen
eigenen Erfahrungen und den sich sehr wider-
sprechenden Ansichten der Autoren. Die Arbeit
zerfallt in einen anatomischen Theil mit 9 und
einen physiologischen Theil mit 8 Abschnitten.
Es würde zu weit führen, auf alle in dem Werke
erörterten Fragen einzugehen. Hervorgehoben sei
hier nur, dass nach 0. der Accessorius mit der
Innervation des Kehlkopfes nichts zu thun hat, son-
dern dass diese nur dem Vagus zukommt, und zwar
innervirt der äussere Ast des Laryngeus superior den
M. cricothyreoideus, der untere Kehlkopfnerv die
übrigen Kehlkopfmuskeln. Die Kehlkopfschleim-
haut wird vorwiegend vom inneren Aste des Laryn-
geus sup., aber auch vom unteren Kehlkopfnerven
innervirt, der seine sensiblen Fasern durch die
Galen'sche Schlinge zum oberen Kehlkopfnerven
und mit dessen Zweigen zur Kehlkopfschleimhaut
schickt ; ausserdem treten die sensiblen Fasern über
die Mittellinie, so dass eine gekreuzte doppelte
sensible Innervation vorliegt
Erschwert wird das Studium der werthvoUen
Arbeit dadurch, dass die einander widersprechenden
Anschauungen der zahlreichen Autoren, die sich
mit d^n Fragen beschäftigt haben, verwirrend wir-
ken; 0. hätte, um aus dem Labyrinthe sicher
herauszuführen, seine eigenen Anschauungen noch
klarer zusammenfassen sollen. Störend ist auch
das mangelhafte Deutsch, die ganz undeutsche
Construktion der Sätze, in denen mitunter wich-
tige Bestandtheile, wie das Zeitwort, ganz fehlen.
Es sind das Uebelstände, die das Studium er-
schweren, die aber den Werth der mühevollen
Arbeit nicht aufheben.
Rudolf Heymann (Leipzig).
54. LebensTerBioherang und Krankheiten
der Nasen- nnd Baohenhöhle; von Dr.
Maximilian Bresgen in Wiesbaden.
Halle a. d. S. 1902. Carl Marhold 8. 15 S.
(50 Pf.)
Die hohe Bedeutung der Gesundheit der Nase
und der Bachenhöhle für das Oesundbleiben und
ein möglichst langes Leben wird nicht nur im All-
gemeinen, sondern auch von der Lebensversiche-
rung noch lange nicht genug gewürdigt und doch
sollte bei Abschluss einer Lebensversicherung dem
Zustande der Nase und des Baohens die gleiche
Aufmerksamkeit geschenkt werden wie dem Zu-
stande der Ohren. Es lassen sich vorhandene
Krankheiten der Ohren durch geeignete Behandlung
vorhandener Nasen- und Ohrenleiden oft günstig
beeinflussen, noch wichtiger ist es, durch Behand-
lung von Nasen- und Rachenkrankheiten dem Auf-
treten von Ohrenleiden vorzubeugen, die nur zu
oft durch Vernachlässigung von Krankheiten der
obersten Luftwege entstehen. Eiterungen in der
Nase und ihren Nebenhöhlen können auch durch
Uebergreifen auf die Schädelhöhle das Leben des
Kranken gefährden. Dauerschwellungen der Nasen-
schleimhaut stören ebenso wie adenoide Vegeta-
tionen im Nasenrachenräume die Entwickelung der
Lunge und des Brustkorbes, begünstigen, in Folge
der ungenügenden Vorbereitung der eingeathmeten
Luft bei Mundathmung, das Auftreten der Tuber-
kulose der Lungen, vermindern durch Verschlech-
terung der Blutbeschaffenheit die Widerstanda-
föhigkeit des Körpers. Häufiges Auftreten von
Halsentzündungen und Mandelabscessen ist meist
durch Nasenverlegung verursacht Erst in neuerer
Zeit hat man erkannt, dass Gelenkrheumatismus
und die sich daran so oft anschliessenden Herz-
erkrankungen sehr oft durch solche Halsentzün-
dungen eingeleitet werden. Der durch Dauer-
sohwellung der Nasenschleimhaut hervorgerufene
ständige Kopfdruck oder Kopfschmerz begünstig
die Entwickelung der Nervenschwäche.
Rudolf Heymann (Leipzig).
55. Jankau's Tasohenbaoh nebet Speoi»-
listen-VerseiohniBB nnd Tasohenkalender
für Ohren-, Nasen-, Baohen- nnd Hals-
ärste auf das Jahr 1908. VTII. Jahrgang.
München 1902. Seitz A Schauer. 12. Ym
u. 203 S. (5 Mk.)
Das Taschenbuch entspricht in Form und In-
halt im Wesentlichen der 7. Ausgabe, doch merkt
man überall das Bestreben des Herausgebers, die
Brauchbarkeit des Büchelchens zu erhöhen. Nen
hinzngeffigt sind neben verschiedenen kleineren
Zusätzen ein Abschnitt über Ohrerkrankungen und
Jacoby. — Hecker. — Schnitze. — Bresler.
267
Lebensversicherung nach Burger 's Abhandlung
in den Haug 'sehen Vorträgen und ein Abschnitt
über die Principien der Lokalbehandlung bei Er-
krankungen der oberen Luftwege nach Semon.
Die in den früheren Ausgaben getrennten Ab-
schnitte über ältere und neuere Arzneimittel wur-
den in einem Capitel vereinigt.
Besonders beachtenswerth ist das Bestreben
des Herausgebers, das Personalverzeiohniss mög-
liohst vollständig und genau zu gestalten. Dass
die Städte Deutschlands mit über 20000 Einwoh-
nern, in denen bisher noch kein Specialarzt für
Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten thätig ist, an-
gegeben werden, wird gewiss Manchem erwünscht
sein. Budolf Heymann (Leipzig).
56. Therapeatioa of infanoy and ohildhood ;
byA. Jacoby. 3. Edition. Philadelphia and
London. J. B. Lippincott Comp. 8. XVII
and 560 pp.
Die Vorzüge des J.'schen Buches sind bei Be-
sprechung der zweiten in deutscher Uebersetzung
erschienenen Auflage gewürdigt worden. Die dritte
Auflage ist in der Gesammtanlage unverändert ge-
blieben. Sie ist nur durch die erforderliche Be-
rücksichtigung neuer Erfahrungen und Forschungen
ergänzt worden. Brückner (Dresden).
57. Abhärtung P Ein Mahnwort und Wegweiser
für cüleMüUer; von Dr. Budolf Hecker
in München. Halle a. d. S. 1903. Oebauer-
Schwetschke Druckerei u. Verlag m. b. H.
71 S. (1 Mk. 60 Pf.)
In angenehmer, leicht fasslicher Form unter
Berücksichtigung und Beschreibung besonders lehr-
reicher Beobachtungen tritt H. dem Abhärtungs-
fanatismus entgegen, mit dem von Laien und auch
von manchen Aerzten bei den Kindern viel Dnfug
getrieben wird. Das Buch verdient von den Haus-
ärzten in den Familien verbreitet zu werden.
Brückner (Dresden).
58. Die Stellongnahme des Beiohsgeriohts
snr Bntmündigang wegen Geiateskrank-
heit oder Geistessohwäche (§ 6, 1 B.G.B.)
und Bar Fflegsohaft (§ 1910 B.G.B.), nebst
kritiflctien Bemerkungen ; von Ernst
Schnitze. Halle a. d. S. 1903. Carl Mar-
hold. 8. 36 S. (1 Hk.)
Das Reichsgericht hat neuerdings in einigen
Entscheidnngen Stellung zu der Frage genommen,
unter welchen Bedingungen die Pflegschaft oder
die Entmündigung in ihren beiden Formen auszu-
apredien sei. Die Pflegschaft ist dann angezeigt,
wenn der Kranke einige seiner Angelegenheiten
nicht zn besorgen vermag, kann also auch bei
wirklich geistig Erkrankten für bestimmte An-
gelegenheiten oder für kürzer dauernde Zeiten an-
geordnet werden. Zur Entmündigung ist noth-
wendig, dass der Kranke alle [bedenklich; lief.]
seine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag.
Die Entmündigung wegen Geisteskrankheit ist in
schwereren, die wegen Geistesschwäche in leich-
teren Fällen angezeigt. Aufgabe des Irrenarztes
ist es demnach zuerst, festzustellen, ob überhaupt
der zu Entmündigende krank ist; dann, welche
Folgen die Erkrankung für die bürgerliche Rechts-
fähigkeit nach sich zieht. Erst dann darf er
die Frage beantworten, ob Geisteskrankheit oder
Geistesschwäche im Sinne des § 6 B.G.B. vorliegt
Seh. hat sich dadurch, dass er die Entschei-
dungen einem weiteren Leserkreise zugänglich
machte und, gestützt auf seine gründlichen Kennt-
nisse des bürgerlichen Gesetzbuches, commentirte,
ein neues Verdienst auf diesem Forschungsgebiete
erworben. Aschaffenbnrg (Halle a. d. S.).
69. Die Bechtsprazis der EheBoheidnng bei
Geisteskrankheit nnd Trnnksnoht seit
Inkrafttreten des bürgerliehen Gesets-
buohes; von Job. Bresler. Halle a. d. S.
190l CarlMarhold. 8. 53 S. (lMk.50Pf.)
Nachdem sich zuerst die Theoretiker (Psy-
chiater und Juristen) vergeblich bemüht hatten,
eine Einigung zu erzielen, wie die schwer fass-
baren Bestimmungen des § 1569 B.G.B. zu um-
grenzen seien, zeigt sich nunmehr auch bei den
Praktikern in ihren Ansichten wenig üebereinstim-
mung. B r. stellt einige Entscheidungen höherer
Instanzen zusammen, von denen einige unter der
Aufhebung der geistigen Gemeinschaft den geistigen
Tod, die völlige Geistesumnachtung, das Fehlen des
Bewusstseins vom Bestehen der Ehe verstehen. Ein
anderes Gericht aber erkannte auch da noch auf
Ehescheidung, wo das Bewusstsein des ehelichen
Bandes (übrigens ein scheusslicher Ausdruck) noch
erhalten war. In einem Falle wurde die Ehe-
scheidung aus § 1569 abgelehnt, aber auch die
wegen Misshandlung und Beschimpfung, da diese
auf die Krankheit zurückzuführen seien. Gegen
eine Entscheidung, die den siegenden Theil zur
Kostentragung verurtheilte, wurden von juristischer
Seite ernste Bedenken geltend gemacht. B r. selbst
definirt die geistige Gemeinschaft als das Vor-
handensein eines im Wesentlichen gleichen Ge-
dankeninhaltes über ihre Ehe bei beiden Ehegatten
und der Möglichkeit einer wechselseitigen Ein-
wirkung auf diesen (^edankeninhalt; er hebt mit
vollem Recht hervor, dass nicht nur der kranke,
sondern auch der gesunde Theil wichtige Interessen
zu wahren habe.
Im 2. Theile werden mehrere ürtheile mit-
getheilt, in denen bei Ehescheidung die Trunk-
sucht als ehrloses und unsittliches Verhalten im
Sinne des § 1568 angesehen wurde.
Die kleine Schrift ist zweifellos ein werthvoUer
Wegweiser in den Schwierigkeiten, die durch die
unklare Fassung des Ehescheidungsparagraphen
entstanden sind ; dass er das Ziel nicht klarer
hervortreten lässt, ist nicht die Schuld des Vfs.
Aschaffenburg (Halle a. d. S.).
268
Ilberg. — Liebe, Jacobsohn, Meyer.
60. üeber GeisteBstönuigen in der Armee
Bur Friedensselt ; von Dr. Georg Ilberg.
HaUe a. d. S. 1903. Carl Marhold. 8. 27 S.
(1 Mk.)
Die kleine Schrift, deren Schreibweise dem
Verständnisse jedes intelligenten Laien angepasst
ist, verdient das eingehendste Studium aller Derer,
an die sich der Vf. wendet, der Offiziere, Militär-
ärzte, Militärgeistliohen , Auditeure und Aerste.
Nicht die Erörterung, welche Formen geistiger
Erkrankung vorkommen und welche Störungen des
Dienstes und der Dienstpflichten dadurch veranlasst
werden, ist das Wichtigste, sondern der Nachweis,
wie sehr unter der Nichterkennung der Psjohosen
I die Kranken, deren Kameraden und Vorgesetzte
zu leiden haben. Besonders eingehend werden das
Benehmen der angeboren und erworben Schwach-
sinnigen, sowie die Folgen der Trunkenheit be-
sprochen; ebenso „Heimweh'' und Fahnenflucht.
Die Thatsache, dasa eine rechtzeitige Erkennung
der psychisch Minderwerthigen und Kranken
eine Nothwendigkeit fdr die Schlagfähigkeit und
Leistungsfähigkeit unseres Heeres ist, scheint in
der letzten Zeit in militärischen Kreisen richtiger
beurtheilt zu werden als früher. I.'s Schrift eignet
sich vorzüglich dazu, den Boden für die allgemeine
Anerkennung dieser Nothw^idigkeit vorzubereiten.
Aschaffenburg (Halle a. d. S.).
6L Handbaoh der Krankenversorgong and
Krankenpflege. Herausgegeben von Dr.
Georg Liebe, Dr. Paul Jacobsohn,
Dr. Oeorge Meyer. Berlin 1903. August
Hirschwald. L 758 S. IL 1. XX u. 1078 S.
IL2. XIVu. 1396 S. (80 Mk.)
Wir haben die 1. Abtheilung dieses Hand*
buches bald nach ihrem Erscheinen 1898 angezeigt
(Jahrbb. CCLVIII. p. 107), jetzt liegt das ganze
Werk vollendet vor und wir wollen die Haupt-
sachen aus dem langen Inhaltverzeichnisse kurz
wiedergeben, um zu zeigen, was dieses gross an-
gelegte und durchgeführte Werk alles enthält
Der /. Band, 758 Seiten stark, beginnt mit
einer geaehiehilichen Enhoickelung der Kranken-
pflege von Dr. Dietrich in Merseburg, die uns
durch Alterthum, Mittelalter, Reformation und
Freiheitskriege zu unserer Zeit führt und u. A.
Alles schildert, was es an Verbänden, Orden u. s. w.
zur Krankenpflege, besonders in Deutschland, ge-
geben hat und noch giebt. Die 2. grosse Abthei-
lung hat 3 ünterabtheilungen : 1) Speeialkrankenr
häuser. Da giebt es Sonderkrankenanstalten und
Fürsorge für ansteckende Kranke von Prof. Levy
und Dr. S. Wolf in Strassburg; Sonderkranken-
anstalten und Fürsorge für Lungenkranke von Dr.
OeorgLiebe in Loslau (0.- Schi.) ; dasselbe für
Syphilitische und Lepröse von Dr. Blaschko in
Berlin; dasselbe für Geisteskranke von Dr. Lewald
in Kowanöwko bei Obornik (Posen) ; dasselbe für
Nervenkranke, Epileptische und Idioten von Dr.
Wildermuth in Stuttgart ; dasselbe für Trinker
von Dr. Erich Flade in Dresden; dasselbe für
Frauen von Dr. Brennecke in Magdeburg; für
Kinder von Dr. C. Schmidt-Monnard in
Halle a. d. S. ; für Blinde und Augenkranke von
Prof. Silex in Berlin; für Taubstumme und
Sprachgebrechliche von Dr. H. Out z mann in
Zehlendorf- Berlin ; für Krüppel vonDr. Rosen -
feld in Nürnberg. — Die 2. Unterabtheilung heisst
Beeanvaleeeenten- und SieekenansiaUen : Sonder-
anstalten und Fürsorge für Genesende von Dr.
E. Flade in Dresden; dasselbe für Sieche (Kreis-
pflege-Anstalten) von Dr. Esohbacher in Frei-
burg (Baden). Die 3. Unterabtheilung behandelt
die allgemeinen Krankenhäuser: 1) Bautechnik von
Bauinspektor F.Ruppel in Hamburg; 2) Statistik
von Geh. Reg.-Rath Rahts in Berlin; 3) Ver-
waltung von Prof.Curschmann undDr.Egge-
brecht in Leipzig.
Der n. Band, 2474 Seiten stark, bringt in
seiner 1. Abtheilung zunächst 3 Abschnitte von Dr.
Paul Jacobsohn: Fürsorge auf dem Gebiete des
Krankeneam forte , der Krankenwartung und des
Krankenpflege- Unterrichts. Dann folgen : Fürsorge
auf dem Gebiete des Krankentransportweser^ von
Prof. George Meyer in Berlin; Fürsorge auf
dem Gebiete des Beitungswesens von Demselben und*
Fürsorge für Kranke durch die Gesetzgebung von
Dr. Dietrich in Berlin. Die 2. Abtheilung
dieses 11. Bandes behandelt die spedelle Kranken-
Versorgung: IJ für -4rfeeiter von Dr. Otto Mugd an
in Berlin (in Krankheitfällen) , Prof. Thiem in
Kottbus (bei Betriebsunfällen), Dr. Pielicke in
Gütergotz (bei Invalidität und im Alter), Dr. M e n d e
in Gottesberg (für Bergarbeiter), Dr. Otto Mug-
dan (für Dienstboten); 2) für Gefangene von Dr.
Pfleger in Plötzensee ; 3) für Schüler und Waisen
von Dr. W. Feilchenfeld in Gharlottenburg ;
4) für ünbemüielte von Dr. Roth in Potsdam;
5) für Soldaten von Dr. Heibig (Landheer im
Frieden), Dr. Neumann (Landheer im Kriege),
Dr. Noch t (Marine im Frieden und Kriege, Han-
delsmarine), Dr. Klef f el (für Arbeiter der kaiser-
lichen Werften).
Anhang : Bibliographie der gesamnUen Kranken-
pflege von Dr. Ernst Roth in Halle a.d.S. Nach-
träge. Register.
Wahrlich ein stattlicher Inhalt, und die ein-
zelnen Capitel sind zum grossen Theile ausser-
ordentlich gründlich und sorgfaltig durchgearbeitet.
Vielfach fühlt, man es durdi, wie die VerfaBser
sich mit besonderer Liebe in den ihnen ver-
trauten Gegenstand hineingearbeitet und vertieft
haben. Möchte so viel Fleiss und Mühe reichlich
Gegenliebe seitens der Käufer und Leser finden.
Dippe.
Mediciniache Bibliographie des In- und Auslands.
269
C. Medicinische Bibliographie des In- und Auslands.
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S.Leyden, Scheiber; 9. Ourt; 10. Diskussion, Gamlen,
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VLFranque. Vn.Biering. X.Holth. Xn.Pfaff.
Sach-Register.
Abducens s. Nervus.
AbhärtuDg (von Rud. Hecker) 267.
Abortus, provocirter durch SondeneinführuDg in dea
Uterus 192. — 8. a. Frühgeburt.
Abscess, subphreuischer , Operation 104. — , ring-
förmiger d. Cornea 211. — , d. Leber, Bakterien in
solch. 233. — , gashaltiger, Mikroorganismen in solch.
143.
Abwässer, quantitative Schätzung d. Bakterien in
solch. 234.
AccessoriuB s. Nervus.
Acetopyrin, Wirkung u. Anwendung 53.
Achseldrüsen, Tu^rkulose bei Brustdrüsentuber-
kulose 164.
Achsencylinder, Färbung 7. —, Struktur 14. — -,
Entstehung 22. 23.
Acustious 8. Nervus.
Adduktoren d. Oberschenkels, Tumoren u. Pseudo-
tumoren 262.
Adenoidgeschwüste im Nasenrachenraum, Ck)llaps
mit Respirationstillstand nach d. Operation 2^.
Adenomyom,im Septum recto- vaginale 249.
Adipositas dolorosa 77. 188.
Adrenalin, giftige Wirkung 165.
Aether, Elimination durch d. Lunge 52.
Aethernarkose, zweckmässige Anwendung 166.
Aethylbromid, Wirkung 239.
Aethylchlorid, Wirkung 238.
Aetzung s. Verätzung.
Affen, Anatomie (d. Gehirns) 30. 31. 124. (d. Klein-
hirns) 128.
Agar s. Pepsinagar ; Trypsinagar.
Agglutination, verschied. Sera 157.
Agglutinine, Yererbbarkeit, Bildung in Foetus, Ueber-
gang von d. Mutter auf d. Foetus 159. — , d. Typhus
159. — S. a. Isoagglutinine.
Agrammatismus, als Folge von Herderkrankungen
170.
Aktinomyces, Züchtung, Formen, Dauerformen 234.
Albuminurie, b. Erysipel 186. — , Bezieh, zu Nephritis
186. — , traumatische 187.
Alexine, im Blutserum 46.
A 1 i z a r i n , Färbung d. Zellen mit solch. 6.
Alkohol, Geistesstörung durch solch, verursacht 242.
Amaurose, akute transitor. b. Bleikolik, Urämie u.
Eklampsie 188.
Ametrometer 263.
Aminsäuren, Yerseifbarkeit durch Fermente 151.
Ammonshorn, Bau d. Rinde 38.
Amphibien, Bau d. Gehirns 228.
Amyloidentartung b. Phthisis bulbi 212.
Anaeroben s. Mikroorganismen.
Anästhesie, d. Labyrinths b. Delphinen 153. — S. a.
Aethernarkose ; Handbuch ; Narkose.
Anästhesin, subcutane Anwendung 55.
Anatomie s. Bericht; Handbuch.
Anencephalie, Entstehung 24.
Angina, Aetiologie 160. — , Yincentii, diphtheroides 160.
Ankylose, d. Gelenke, Nearthrosenbildung 210. — , d.
Unterkiefers, Veränderungen, Diagnose, Behandloog
257.
Anleitung, zur Diagnose u. Therapie d. Kehlkopf-,
Nasen- u. Ohrenkrankheiten (von Rieh. Kayser) 216.
Anopheles, Verhalten d. Larven im Winter 162.
Antagonismus d. Bakterien 157.
Anthrakase-Immunproteidin 159.
Anthrosol, Eigenschaften u. Anwendung 167.
Antikörper, d. Sporen 49. — , d. Blutserum 157.
Antineuralgicum, Pyranum 53.
Antirheumatioum, Mesotan 53.
Antitoxin, gegen Tetanus 196. 199.
Anurie, b. Quecksilbervergiftung, Verhalten d. Blutes
188.
Aorta 8. Arteria.
Apnoe, b. Diphtherie 67. — , nach Operation von ade-
noiden Vegetationen 248.
Aponeurosen, Etat crible 242.
Apparat zur Controle d. Pulses b. d. Narkose 256.
Arbeit, Stoff verbrauch b. solch. 154.
Arbeitfähigkeit b. Tuberkulose 71.
Argentum nitricum, Verwend. zu histol. Untersuchung
d. Gehirns 8.
Arhinencephalie, Histogenese 24.
Armee s. Heer.
Arrhythmie d. Pulses, vorübergehende b. Kindern 87.
Arsen, Vorkommen im thier. Organismus 39.
Arteria, aorta, Verhalten d. Blutkreislaufs nach d.
Unterbindung 230. — , ptdmanalis, Erweiterung bei
Syphilis d. Herzens 236.
Arthritis, def ormans, chirurg. Behandlung 206.
Arthropathie b. Psoriasis 76.
Arzneimittellehre d. Pedanios Dtoskondes (von
J. Berendes) 220.
A s c i t e 8 , b. Leberkrankheiten, Kryoskopie d. Harns 187.
— , b. Pfortaderthromboee 237.
Associationsbahn, fronto-occipitale 34.
Asthma s. Bronchialasthma.
Astigmatismus, Sehen b. solch. 264.
Ataxie, Friedreich*sche, patholog. Anatomie 172.
Atlas d. Hautkrankheiten, mit Einsohluss d. vener. Er-
krankungen (von E, Jaeob%) 112.
Atmokausis, Wirkung 189.
Atrophie, akute d. Knochen nach Entzündungen u.
Verietzungen 205. — , d. Iris 211.
Augapfel, Phthisis, patholog. Anatomie 212. — , Dia-
gnose u. Behandl. d. Erkrankungen hinter dems. 212.
— S. a. Neuritis.
Auge, Veränderungen im Sehoentrum nach Entfemuog
dess. 20. — , Organgefühl 42. — , Tuberkulose, Pseudo-
tuberkulose 98. 99. — , syphilit Erkrankung 98. -^
amyloide u. hyaline Degeneration 212. — , retrobulbäre
Erkrankungen, Diagnose u. Behandlung 212. — , endo-
gene Infektion 212. — , Pathogenität d. Bacillus sab-
tilis 233. — , Blutung nach Bhtzschlag 263. — , Be-
stimmung d. Refraktion 263. —, patholog. Histologie
265. — S. a. Cyklopie; PanOphthalmitis.
Augenentzündung, Bedeutung d. Toxine 48.
Augenkrankheiten, diagnost Bedeutung d. Tuber-
Sach-Begister.
345
külins 99. — , Anwendung d. Itrols 210. *- S. a.
Therme.
A n g e n 1 i d , Mitbewegong d. Nasenmaskulatnr 43. — ,
Ptosis d. oberen mit Epicanthns 168.
Augenmigräne 161.
Augenmuskeln, Störungen 168. — , Lähmung (an-
geborene) 168. (b. Migräne) 169. (traumatische) 169.
— , syphilitische Entzündung d. äusseren 211.
Auswaschung d. Organismus b. Tetanusinfektion 194.
Auswurf, Verbreitung d. Tuberkulose durch solch. 75.
Autolyse im puerpenden Uterus 231.
intoplastik, b. BehandL d. Spina ventosa 97.
Axostroma 23.
Bacillen, säurefeste, Aehnlichkeit mit Tuberkel-
bacUlen 76.
Bacillus, pyocyaneus (Pathogenität) 161. (als Urs. von
Sepsis) 245. — , d. Influenzabaoillus ähnl. b. Ratten 233.
— , snbtilis, Pathogenität 233. — S. a. Diphtherie-
bacUlen; Dysenteriebacillen ; Influenzabacillus.
Bacterium coli (Hämolysine dess.) 48. (Arten) 160.
Bahnen, sensible im Rückenmark 57. — S. a. Faser-
verlauf.
Bakterien, Labferment u. Pepsinferment 46. ~, Hämo-
lysine ders. 43. — , aoidophile in d. Faeces 49. — , im
Wasser (Untersuchung) 100. (u. in Abwässern, quanti-
tative Schätzung) 234. — , Antagonismus 157. — , m
d. Nase u. ihren Nebenhöhlen 160. — , im Mittelohr
160. — , Bezieh, zur Entstehung d. Oallenstoine 164.
— , inLeberabsoessen 233. — , Färbung d. Oeisseln 234.
— , im Blute b. akuter Gastroenteritis 235. — , Wir-
kung von Riechstoffen auf solche 239.
Balken s. Oorpus callosum.
Barlow'sche Krankheit, in d. Schweiz 87.
Basedow'sche Krankheit, Diagnose56. — , patho-
log. Anatomie 56. — , rheumat. Erkrankungen b. solch.
56. — , Bezieh, zu Diabetes mellitus 56. — , Behandl.56.
Bauch, Schussverletzung 203. — , Massage 217.
Bauchhernien, seitliche 260.
Bauchhöhle, Oesohwülste in solch. 249. — , operative
. Verkleinerung d. Raumes 249.
Bauchspeicheldrüse s. Pankreas.
Bauchwand, vordere, Darmwandbrüche 259. — S. a.
lineaalba.
Bauchwassersucht s. Ascites.
Becken, Erweiterung durch d. Symphyseotomie 192.
Beckenenge, Entbindung b. solch. 84. 251. 252. 253.
254. — , künstl. Frühgeburt 111. —, Formen u. Grade
251. 254.
Bein, Verkrümmung nach Kniegelenksresektion im
Kindesalter 209. 210.
Beiträge, zur Lehre von d. Geschlechtsunterschieden
(von P. J. Mobius) 104.
Berichte, über d. Leistungen auf d. Gebiete d. Ana-
tomie d. Centralnervensystems 1. 113. 221. — , aus d.
geburtshäIfl.-gynäkol. äinik in Wien (herausgeg. von
R. Chrohak) 110.
Bestialität b. einer Frau 173.
Bewegung s. Mitbewegung.
Bilder, f. Stereoskop, üebungen zum Gebrauche f.
Schielende (von Dahlfdä) 109.
Bindegewebe, Bezieh, zu Ly mphgefässen 229.
Bindehaut 8. Gonjunctiva.
Blastomyceten, Bezieh, zu d. Antikörpern d. Blut-
serum 157.
Blei kolik, akute transitor. Amaurose b. solch. 188.
Blennorrhoe, Bedeutung d. Neutralroths f. d. Phago-
cytoee 45. — 8. a Tripper.
Blicklähmung, seithche 168.
Blinddarm s. Goecum.
Blindheit, angeborene (Lokalisation b. solch.) 43.
(Erlernung d. Sehens nach d. Heilung) 153. — S. a.
Amaurose; Farbenblindheit.
Blitz, Verletzungen durch solchen 101. 102. --, Blu-
tung im Auge durch solch, erzeugt 263.
Blut, Einfluss d. Trinkkuren mit Mineralwässern auf d.
osmot. Druck 52. — , Vererbbarkeit d. agglutinirenden
Eigenschaften 159. — , Verhalten b. Tuberkulose 176.
— , b. Anurie b. Quecksilbervergiftung 188. — , Ver-
breitung d. Tetanusgiftes durch solch. 195. — , Nach-
weis von Tetanusbacillen in solch. 195. — , Entwicke-
lung b. Embryo von Schaf u. Rind 229. — , Einfluss d.
Castration auf dass. 229. — , Einfluss verschied. Nah-
rungsmittel auf d. Hämoglobingehalt 230. — , Ernäh-
rung d. Herzens durch lackfarbenes 230. — , Verhalten
b. Foetus 231. — , Bakterien in solch, b. akuter Gastro-
enteritis 235. — , Wirkung d. Massage auf d. Leuko-
oyten 237.
Blutcirkulation, Bezieh, zur lokalen Tuberkulose 50.
— , Verschleppung von Kohlenstaub in dies. 52. — ,
Verbreitung d. Tnberkelbacillen durch solche 73. -— ,
Verhalten nach Unterbindung d. Aorta 230.
Blutdruck, patholog. Veränderungen 52.
Blutkörperchen s. Erythrocyten ; Leukooyten.
Blutplättchen, vitale Färbung 235.
Blutserum, Alexingehalt 46. — , Antikörper dess. 157.
— , Bezieh, zum Drüsensystem 230. — S. a. Serum.
Blutung, b. Lebercirrhose 245. — , b. Pankreasentzün-
dung 246. — , im Auge nach Blitzschlag 263. — S. a.
Lungenblutung.
Botulismus, Polyneuritis nach solch. 168.
Brand s. Gangrän.
Brom , Verwendung d. Salze zur histolog. Untersuchung
d. Gehirns 6. — , Anwendung b. Tetanus 197. — S. a.
Aethylbromid.
Bronchialasthma, Wesen 245.
Bronchen, Lymphdrüsen ders. 40.
Brno in gegen Morphinismus 167.
Brücke s. Pens.
Brunner'sche Drüsen, Morphologie u. Physiologie
155.
Brust, Schassverletzung 203.
Brustdrüse, Syphilis 78. — , Tuberkulose mit AfFek-
tion d. Achseldrüsen 164.
Büffel, Widerstandsßihigkeit gegen Tuberkulose 50.
Bulbus olfactorius im Gehirn 37.
Butter, Tuberkelbacillen in solch. 50.
Buttermilch alis Säuglingsnahrung 86.
Call US, Bildung nach Frakturen b. Osteomalacie 205.
Calomel s. Dampfcalomel; Hydrargyrum.
Calorimetrische Untersuchung, d. Milch 150.
~, f. klin. Zwecke 150.
Carbolsäure, Anwend. b. Tetanus 199.
G a r p u s , Luxation einzelner Knochen 207.
Gasein, Fällung durch Lab u. Laktoserum 46. — , Nähr-
werth d. Klystire mit solch. 247.
Castration, b. Tuberkulose d. Hodens 96. — , weibl.
Thiere, Einfluss auf d. Blut 229.
Centralnervensystem, Fortschritte d. Anatomie 1.
113. 221. — , Untersuchungsmethoden 5. 6. 7. 8. 9.
— , Zellen (üntersuchungsmethoden) 6. (Struktur) 10.
15 flg. •— , Histologie 9 flg. — , Struktur d. Ependyms
14. — , Fibrillen in solch. 15. 16. 22. — , Entstehung d.
Missbildungen 24. — , Entwicklung d. Neuroncomplexe
25. — , Entwicklung (b. niederen Vertebraten) 147.
(b. Fischen) 148. 149. 223. — , Pseudosklerose 240. —
S. a Gehirn; Medulla oblongata; Rückenmark.
Centrosoma d. Nerzenzellen 11. 19.
Charakter, Bezieh, zum Geschlecht 213.
Chinasäure, Wirkung auf d. Ausscheidung von Harn-
säure u. Hippursäure 166.
Chinin, Wirkung auf d. Gehörorgan 166. — , prophylakt
Anwend. b. Tetanus 198.
Chirurgie s. Handbuch.
C h 1 0 r a l , Anwend. b. Tetanus 198.
Chloride s. Aethylchlorid ; Methylenchlorid; Propyl-
ohlorid.
Chlorom, Bezieh, zu Leukämie 236.
Cholelithiasis, Entstehung 163. 164.
346
Sftch-Kegister«
Cholera, Complementbildoog b. d. Infektioa 49. — ,
Nutzen d. Eochsalzinfosion 247.
Chore«, paralytica, Mu^elverändeniDgen 59. -^^ pro-
gressiva chronica (hereditaria, Huntington's) 240. — ,
minor, pathoiog. Anatomie 241.
Cigarrenindustrie, Bezieh, zur Entstehung von
Tuberkulose 70.
Cigarrenstummel, Tuberkelbaoillen an solch. 75.
Ciliarnerv s. Nenrus.
Cirrho8e,d. Leber (hypertrophische, Mikroorganismen
b. solch.) 237. (hämorrhagische) 245.
Citrophen gegen Keuchhusten 239.
Clavicula, Luxation d. Stemalendes 206.
Cocainisation d. Rückenmarks 265.
Co d e i n , Wirkung 54.
C 0 e c u m , Incarceration, Herniotomie 261.
Colibacillus s. Bacterium.
Collaps nach Entfernung von adenoiden Vegetationen
248.
Collargol gegen Milzbrand 167.
Compendium, d. praki Toxikologie (von R. Kobert)
265.
Conjunotiva, Papillen in ders. 41.
Conjunctivitis, b. Diphtherie 67. — , metastat b.
Gonorrhöe 98.
Contraktur d. Finger, Dupuytren'sche, Behaodl. 262.
Contribution ä Tetude du testicule dans quelques in-
fections (par Ch, Eemanä) 108.
Cornea, Refraktion ders. 43. — , vollständige Itegenera-
äon nach Zerstörung durch Eiterung 210. — , Ring-
abscess 211.
Corpora quadrigemina, Anatomie 3.
Corpus callosum, Anatomie 34. 35. — , Verhalten b.
Himrindenläsionen 170.
Cotoin, Wirkung auf d. Darminhalt 167.
Coxa vara, Entstehung 206.
C 0 X i t i s , tuberkulöse, operative Behandlung 96.
Craniotomie, zur Statistik 110. — , Indikationen
251. 253.
Culex, Verhalten d. Larven im Winter 162.
Cuprocitrol gegen Trachom 168. 210.
Curettage d. Uterus, Verhältniss zur Atmokausis u.
Zestokausis 189.
Cyklopie, Histogenese 24.
Cyklostomen, Bau d. Gehirns 223.
Cylindrurie b. Erysipel 186.
Cysten, angeb. d. Halses 258. — S. a. Talgcyste.
Cytodiagnose, Bedeutung 237.
C y 1 0 s i n , ehem. Constitution 150.
Oampfcalomel, intermuskuläre Einspritzung gegen
Syphilis 79.
Darm, Tuberkulose 71. 73. 179. -— , schwere Funktion-
störungen b. Säuglingen 86. — , Wirkung d. Cotoin u.
Fort<Hn auf d. Inhalt 167. — S. a. Coecum ; Gastro-
enteritis.
Darmkoth s. Faeces.
Darm wand brüche d. Linea alba u. d. vorderen
Rauchwand, mit Ausgang in Genesung 259.
Decanülement, nach Tracheotomie, erschwertes 94.
Decussatio, Nervi optici 117.
Degeneration, Zeichen ders. 242.
Delphin, Morphologie d. Gehirns 31. — , Anästhesie d.
Labyrinths b. solch. 153.
Dementia praecox, einfach demente Form 242.
Denkwtirdigkeiten eines Nervenkranken (von D. P.
Sehreber) 105.
Dermatom d. Rumpfhant 156.
Diabetes mellitus, Bezieh, zu Basedow'scher Krank-
heit 56.
Diagnose s. Anleitung.
Diaphragma, Frühdiagnose d. Pleuritis 186. — , Ab-
scess unter dems., Operation 204. — , angeborenes im
Kehlkopf 248. 249.
Piazoreaktion b. Diphtherie 67.
Differentialdiagnose von Dermatosen «.Lum (von
OoUfr. Trautmann) 112.
D i 0 n i n , therapeut Verwendung u. Wirkung 54.
Diphtherie, Aetiologie 62. — , Behandlung (Petro-
leum) 62. (lokale) 67. (Serumtherapie) 67. 68. 88. 89.
90. 93. (symptomatische) 68. — , Diagnose (bakterio-
logische) 63. (klinische) 66. 67. — , Verhalten der
DiphtheriebaoiUen nach Ablauf ders. 64. --, Ver-
schleppung durch gesunde Personen 65. — , Haus-
epidemie 65. — , Vererbung d. Immunität 66. — ,
Pathogeneee d. Membranen 66. — , Sterblichkeit 67. 88.
89. 90. 93. — , Prognose 67. — , Herzkrankheiten b.
solch. 67. — , Tracheotomie 67. 88. 89. 90. 91. 92. 249.
— , Spasmus glottidis b. solch. 67. — , Sepsis 67. — ,
Apnoe 67. — , Verhalten d. Harns 67. — , Diazoreak-
tion67. — , Conjunctivitis 67. — , Influenza b. solch. 67.
— -, mit Masern 68. — , mit Purpura 68. — , Symptome
68. — , Ernährung d. Kranken 68. — , Prophylaxe 68.
— , Perikarditis b. solch. 68. — , Intubation d. Kehl-
kopfe 88. 89. 90. 91.
DiphtheriebaoiUen, Nachweis 61. 62. — , Abarten
61. 62. — , Bezieh, zu Psendodiphtheriebacillen 62.
— , Diagnose 62. — , Pathogenität 62. — , diagnost Be-
deutung 63. — , Vorkommen b. Gesunden 64. — , Vor-
kommen nach Ablauf d. Diphtherie 64. — , b. Schar-
laohkranken 65. — , b. Noma 65. — , b. Tauben 65.
— , Vorhalten im Magen 66. — , Cultnr 234.
Diuretica, Theocin 53. 54 — , Einfl. aufd.NiereD-
funktion 155.
Dorf- u. Stadthygieine (von Wiih. Ebstein) 218.
Drainage d. Fossa iliaca 2(>2.
Drüsen, Verhalten b. Tuberkulose 178. —, Bezieh, zum
Blutserum 230. — , d. Kardia 230. — 8. a. Achsel-
drüsen; Brunner'sohe Drüsen; Brustdrüse; Lymph-
drüsen; Schilddrüse.
Dysenteriebaoillen, Giftstoffe in solch. 158.
Dysmenorrhöe, Wesen 189.
Ehescheidung wegen Geistesstörung u. Trunksucht
267.
Einklemmung s. Incarceration.
Eisen, oolorimetr. Bestimmung 39. — , Verhalten im
Körper 52.
Eiter, Tuberkelbacillen in solch. 198.
Eiterung, Pneumokokken als Urs. solch, in Knochen
u. Geleiäen 244.
Eiter zollen, Struktur u. Granulirung 235.
EiweisskÖrper, Immunkörper der gegen solche wirk-
samen Sera 45.
Eklampsie, akute transitor. Amaurose b. solch. 188.
— S. a. Puerperaleklampsie.
Elektricität, Anwend. b. üterusflbromen 250.
Embryo, Entwickelung d. Gehirns 28. — , Entwicke-
lung d. Blutes in solch. 229. — S. a. Foetus.
Empyroform, Anwendung 167.
Endemie s. Tetanus.
Endokardium, Sehnenflecke u. Schwielen in solch. 236.
Entbindung, b. Beckenenge 84. 251. 252. 253. 254.
— , b. Hinterscheitelbeineinstellung 85. — , b. nach-
folgendem Kopfe 85. — , b. Placenta praevia 111. —,
b. sehr jungen Frauen 190. — , Ovariengeschwulst als
Hindemiss 250. — S. a. Frühgeburt; Geburt
Entmündigung, wegen Geisteskrankheit u. Geistes-
schwäche, Stellungnahme d. Reichsgerichts (von Emü
Sehtätxe) 267.
Enzym, Zersetzung d. Nucleinsäure durch solch. 151.
— , in d. Milzzellen, proteolyt Funktion 156.
Eosin, Wirkung d. Lichtes auf d. Giftigkeit 239.
Ependym,d. Centralnervensystems, Struktur 14.
Epicanthus b. Ptosis 168.
Epidemie s. Diphtherie; Influenza; Kinderlähmung;
Malaria; Syphilis; Trichophytie.
Epilepsie, Bezieh, zu Migräne 169.
Epiphy8e,d. Gehirns, Anatomie 221. 222. 223.
Erblichkeit, d. agglutinir. Eigenschaften d. Blutes 159.
Sach-Register.
347
Ernihrang, d. Diphiheriekranken 68. — , b. Luogen-
taberknlose 75. — , d. Säuglinge, steriliBirte Milch,
Battermiich 86.
Erysipel, Cyliodnirie u. Albrnninnrie b. solch. 186.
Erythrooyten, Verhalten ausserhalb d. Organismus
230.
Erziehung u. Gesundheit (von O, Stieker) 103.
Etat orible d. Aponeurosen 242.
Exostosis bursata mit freien Knorpelkörpem 208.
Extrauterinsohwangerschaft, Operation 258.
Extremitftten s. Bein; Gliedmaassen.
facialis s. Nervus.
Faeoes, addophile Bakterien in solch. 49. ~, Nach-
weis von Indol 150. —. Bestimmung von Fttulniss-
produkten in solch. 150.
F&ulnissprodukte, Bestimmung im Harn u. Faeces
150.
Farbenblindheit, angeb. totale 264.
Farbenempfindung, Bezieh, zur Empfindlichkeit f.
Weiss 42. — , b. Oehörswahmehmungen 42.
Fasern, elastische in Narbengeweben 265.
Faserverlauf, im Gehirn ^ flg. 115 flg. 228. — , im
Bäckenmark 47. 140 flg. — , d. Fyramidenbahnen 121.
122. 123. —, im Acusticus 126. 127. — , im Kleinhirn
129. —, im Pens 129. 130.
Felsenbein, Freilegung d. hinteren Flache 203.
Ferment, d. Labs u. Pepsins in Bakterien 46. — , dia-
stat in d. Nebenniere 151. — , Verseif barkeit d. Säure-
imide u. Aminsäuren durch solch. 151. — -, Wärme-
töntug b. d. Reaktion 151.
Fettleibigkeit s. Adipositas.
Fibre elastiche nei tessuti di cicatrice (per Damenieo
Taddei)265.
Fibrillen im Gentralnervensystem 15. 16. 22.
Fibrom, d. Rückenmarks, Operation 58. — , d. Uterus,
Anwend. d. Elektricität250. — , centrales d. Kiefers 258.
Fibromyom d. Uterus, subseröses 250.
Fieber, während der Schwangerschaft 191. — 8. a.
Puerperalfieber.
Finger, Dupuytren'sche Contraktur, Behandlung 262.
Fische, Entwickelang (d. Centralnervensystems) 148.
149. (d. Hypophyse) 222. 223. — , Bau (d. Gehirns) 223.
224. 227. (d. Kleinhirns) 226. (d. Rückenmarks) 227.
Fleischextrakt, Methoden zur Begutachtung 100.
Fleischnahrung, ausschliessl., Einfluss auf d. Impf-
tuberkulose d. Hühner 50. — , Bezieh, zu Gicht 162.
163.
Flüssigkeit, Bezieh, d. Aufnahme zur Harnausschei-
dung 154.
Fluor, Gebalt d. Knochen u. Zähne an solch. 40.
Foetus, Entwickelung (d. Gehirns) 27. 28. (d. Ganglion
semilunare u. acustico-faciale) 147. 148. (d. Trigeminus)
147. — , Uebertragung d. Syphilis von d. Mutter auf
solch. 78. — , Bildung von Agglutininen in solch. 159.
— , Verhältniss d. Blutes zu dem d. Mutter 231. — ,
Verhalten d. Fruchtwassers u. d. Harns 231. — S. a.
Embryo.
Formalin, Verwendung zur histolog. Untersuchung
d. Nervensystems 6.
Fortoin, Wirkung auf d. Darminhalt 167.
Fossa iliaca, Drainage 205.
Fragmentation,d. Herz- u. Skeletmuskulatur 236.
Fraktur, des Schädels (d. Basis, Folgezustände) 203.
(Trepaoation) 203. — , b. Osteomalacie, Callusbildung
205. — , Einfluss d. Schilddrüse auf d. Heilung 206.
— , isolirte d. Os scaphoideum 207. — , d. Patella, Be-
handlung 209. — 8. a. Spiralfraktur.
Fr au e n , Pnerperalität b. sehr jungen 190. — S. a. Weib.
Frauenkrankheiten S.Gynäkologie.
Friedreich'sche Krankheit, patholog. Anatomie
172.
Frosch, Funktion d. Hypophyse d. Gehirns 152.
Fruchtmbtreibung durch Sondoneinführung 192.
Fruchtwasser, Verhalten 231.
Frühgeburt, künstl. b. Beckenenge (Methoden) 84.
(Indikationen) 111.
Fundalschnitt b. Kaiserschnitt 192.
Fuss 8. Klumpfnss.
Fussgelenk, Verletzung 262.
Fusssohle s. Plantarreflez.
Qallensteine, Entstehung 163. 164.
Ganglien s. Spinalganglien .
Ganglienzellen, Histologie 9 flg. 15. 16. 20. 141.
Ganglion, Gasseri, Entwickelung b. Foetus 147. — ,
semilunare, Entwickelung 147.
Gangrän d. Lunge nach trauraat Pneumonie 244.
Gasphlegmone, Mikroorganismen in solch. 233.
Gastroenteritis, akute, Bakterien im Blute 235.
Gaumenspalte, angeborene, Operation 258.
Gebärmutter, Retroflexion (in der Schwangerschaft,
Anwend. d. Kolpeuryniers) 84. (bewegliche) 189. — ,
Tuberkulose 81. — , Anwend. d. Atmokausis, Zesto-
kausis u. Curettage 189. — , Vorfall, Behandlung 190.
— , Suspendirung mittels d. Ligg. rotunda 190. — ,
senile Inversion, Behandlung 190. -— , Ruptur, Schwan-
gerschaft u. rechtzeit. Geburt nach solch. 191. — , Er-
öffnung b. Kaiserschnitt 142. — , Sondeneinführung
behufis Frucfatabtreibung 192. — , Erstirpation wegen
Puerpenüsepsis 193. — , Autolyse im Wochenbett 231.
— , nbrom, Anwend. d. Elektricität 250. — , subseröses
Fibromyom 250. — , Myom, Operation 250.
Gebärmutterkrebs, Verzögerung d. Geburt 191.
Geburt, Hinterscheitolbeineinstellung 85. — , b. nach-
folgendem Kopfe 85. — , Verzögerung durch Gebär-
mutterkrebs 191. — , rechtzeitige nach vorhergegangener
Üterusruptur 191. — , nach früherer Symphyseotomie
191. — , spontane b. Beckenenge 251. 253. — S. a.
Entbindung.
Geburthinderniss, Ovariengeschwulst 250.
Geburthülfe, Anwendung d. Kolpeurynters 83.
Geburtzange, Entbindung mit solch, b. Beckenenge
251.
Gefässgeräusch in d. Lunge 185.
Gefrierpunkt s. Kryoskopie.
Gefühl s. Sensibilität.
Gehirn, Anatomie (Fortschritte) 1 flg. (üntersuchungs-
methoden) 5. 6. 7. 8. 9. ~, Histologie (d. Zellen) 6. 9.
10. 15. (d. Marklagers) 32. (Faserverlauf u. Leitungs-
bahnen) 32—38. 115—125. 226. 228. (Veränderung
nach Entfernung d. Augen) 30. — , Eintheilung 26. 27.
— , Entwickelung (Entstehung d. Hemisphären) 27. (b.
Foetus) 27. 28. — , Eintheilung u. Entwickelung der
Oberfläche 28. 29. 30. — , Morphologie (b. verschiedenen
Menschenrassen) 30. (Unterschiea bei Menschen u.
Thieren) 30. 31. (b. verschied. Thieren) 30.31. (b. Affen)
30. 31. 124. (d. Insel) 153. (b. Fischen) 223. 227. (bei
Amphibien u. Reptilien) 228. (b. Vögeln) 228. — , Gon-
glomerattuberkel, pathol. Histologie 51. —, Geschwulst
(beginnende an d. Oberfläche) 57. (Behandlung) 204.
— , Gewicht b. Kindern 152. — , Hypophyse, Epiphyse
(Funktion) 152. (Anatomie) 221. 222. 223. — , Herd-
erkrankung (Agrammatismus b. solch.) 170. — , Ein-
spritzung einer Emulsion gegen Tetanus 202. — S. a.
Anencephalie ; Arhinencephaue ; Cy kiopie ; Hemioepha-
lie; Hirnhäute; Hirnrinde; Himventrikel ; Hirnwin-
dungen; Insula; Kleinhirn; Nucleus; Pens; Stimhirn;
Vorderhim; Zwischenhim.
Gehör, Empfindung mit Farbenempfindung 42. —, Ver-
halten b. Schulkindern 248.
Gehörsempfindung, Leitungsbahnen 126.
Gehörorgan, Wirkung d. Chinins auf dass. 166.
Geissein, d. Bakterien, Färbung 234.
Geistesschwäche, Entmündigung wegen solch. 267.
Geistesstörung, Korssakow's Symptomencomplex
241. — , alkohoüsche, chron. paranoide 242. — , nach
Operationen 242. — , Entmündigung wegen solch. 267.
— , Ehescheidung wegen solch. 267. — , in d. Armee
zur Friedenszeit (von Oeorg Ilherg) 268.
348
Saoh-Reglster.
Geisteszustand eiues Mörders 242.
Gelatine, Tetanus nach d. Einspritzung 199. 200. 201.
— , Verflüssigung durch einen Pneumoooccus 232.
Gelenke, Tuberkulose 180. — , Neurosen 206. — , An-
kylose, Nearthrosenbildung 210. — , Eiterung durch
Pneumokokken verursacht 244. — 8. a. Arthritis;
Coxitis; Fussgelenk; Kniegelenk; Nearthrose.
Gelenkkrankheiten b. Psoriasis 76.
Gelenkrheumatismus, akuter, Aetiologie 162.
Gemüthstörung b. Tuberkulose 177.
Geruchsempfindung, Ermüdung 43.
Geschichte s. Handbuch.
Geschlecht, Unterschiede 104. — , u. Charakter (von
Otto Weininger) 213.
Geschlechtscharaktere, sekundäre 231.
Geschlechtsorgane, Tuberkulose (b. Weibe) 80. 81.
82. (b. Manne) 96. — S. a. Lehrbuch.
Geschwister, Lupus erythematodes b. solch. 77.
Geschwür s. Gummi ; Unterschenkelgeschwür.
Geschwulst, mesonephritischb 249. — 8. a. Adeno*
myom ; Bauchhöhle ; Cyste ; Dermatom ; Fibrom ; Fibro-
myom; Gehirn; Gliom; Lipom; Lymphom; Mamma;
Musculus; Myelom; Ovarium; Polyp; Rückenmark;
Talgoyste; Wirbelsäule.
GeBichtsempfindung,b.Gehörswahmehmungen42.
— , subjektive 42.
Gesichtsinus, Bakterien in solch. 160. — , entzündl.
Erkrankungen 216.
Gesundheit u. Erziehung (von (horg Stieher) 103.
Gewebe s. Körpergewebe.
Gewicht d. Gehirns b. Kindern 152.
Gicht (von 0. Minkowski) 105. — , Bezieh, zu Fleisch-
nahrung 163. — , Bilanz u. Rückbildung d. Tophi 163.
Giftigkeit d. Eisens, Einwirkung d. Lichts 239.
Giftstoffe in Ruhr- u. Typhusbacillen 150.
Gift Wirkung d. Adreoalins 165.
Glandula, pinealis, Anatomie 221. 222. — S.a. Drüse.
Glaskörper, d. Entwicklung dess. (von r. Lenhosaek)
109.
Gliedmaassen, akute Knochenatrophie nach Entzün-
dungen u. Verletzungen 205.
Gliom d. Retina, Entstehung in d. Neuroglia 164.
Glossopharyngeus s. Nervus.
Glottiskrampf b. Diphtherie 67.
Gonorrhöe s. Tripper.
Gowers*sches Bündel 129.
Grundriss d. pathol. Histologie d. Auges (von Sieg-
mund Qinsberg) 265.
Gummi, atyp. ulceröses der Haut 79. — 8. a. Hefe-
gummit
Gynaecologia Helvetica (von 0. BetUtner) 112.
Gynäkologie, Anwend. d. Kolpeurynters 83.
Haematocele, b. Extrauterinschwangerschaft, Be-
handlung 255.
Hämatoporphyrinurie, paroxysmale 188.
Hämoglobin, Einfi. verschied. Nahrungsmittel auf d.
Gehalt d. Blutes an solch. 230.
Hämolysine, d. Bakterien 48. — , Wirkung im Orga-
nismus 158.
Hämorrhagie s. Blutung; Lungenblutung.
Hals, subcutanes tuberkulöses Lymphom, Bezieh, d.
Operation zur akuten Miliartuberkulose 95. — , angeb.
seröse Cysten 258. ~, angeb. Muskeldefekte 261.
Halskrankheiten, Anwendung des Nebennieren-
extrakts 238.
Hand s. Hohlhand; Palma.
Handbuch, d. patholog. Anatomie d. Nervensystems
(von FltUau, Jacobsohn u. Minor, 1. Abth.) 103. — ,
d. allgem. u. lokalen Anästhesie (von F, L. Dumont)
107. — , d. prakt Chirurgie (herausgeg. von v. Berg-
mann, V, Bruns u. v. Mikulicz I. II. IV) 108. — , d.
physikal. Therapie (von Ä, Ooldscheider u. Paid Jacob)
215. — , d. Urologie (von A. von Frisch u. 0. Zucker-
kandl) 217. — , d. Geschichte d. Medtcin (herausgeg.
von Neuburger u. Pa{fe£) 228. — , d. Krankenversorgung
u. Krankenpflege (von Liebe, Jacobsohn u. Meyer) 218.
Handwurzel, Luxation einzelner Knochen 207.
Hanot'sohe Krankheit, Mikroorganismen b. solch.
237.
Harn, Verhalten b. Diphtherie 67. — , Bestimmung von
Fäulnissprodukten in dems. 150. — , Einfl. d. Körper-
arbeit 154. — , Bezieh, d. Ausscheidung zur Flüssigkeit-
aufnahme 154. — , Verhalten b. Tuberkulose 176. —
Sekretion b. Foetus 231. — S.a. Albuminurie; Annrie;
Cylindrurie; Diuretica; Hämatoporphyrinurie; Patho-
logie.
Harnblase, Tuberkulose 179.
Harnsäure, Ausscheidung (b. Psoriasis) 76. (Wirkung
d. Chinasäure) 166. — , Ablagerung in d. Gewebe 238.
Haschisch, Zusammensetzung u. Wirkung 239.
Hausepidemie von Syphilis 78.
Haut, Tuberkulose 72. 179. —, Wirkung d. heissenLuft
77. — , atyp. ulceröses Gummi 79. —, nodöse Syphilide
79. — , Dermatom am Rumpfe 156.
Hautkrankheiten, b. Basedow'scher Krankheit 56.
— S. a. Atlas; Differentialdiagoose ; Psoriasis.
Hautlappen, ungestielte, Transplantation, Dauer-
heilung 255.
Hebevorrichtung zur Erleichterung von Operationen
u. Verbänden 256.
Heer, Geistesstörung in solch. 268.
Hefe, gegen Tripper b. Weibern 83. — , Bestandtheile
150.
Hefegummi 40.
Heilserum, gegen Diphtherie 88. 89. 90. 93. — , gegen
Milzbrand 159.
Heilstätten f. Tuberkulöse 184.
Heissluftbehandlung, b. Hautkrankheiten 77.
Helmholtz, Hermann von (you Leo Königsberger
II. IE) 109.
Hemicephalie, Entstehung 24.
Hemikranie s. Migräne.
Hemisphären d. Gehirns, Entstehung 27.
Hermaphroditismus verus 232. — S. a. Pseudo-
hermaphroditismus.
Hernia obturatoria, d. Tuba u. d. Ovarium 260.
Hernien, Verhütung durch Doppelung d. Bauchdecken
249. — , d. Linea iuba u. d. vorderen Bauchwand, mit
Aus^ng in Gangrän 259. — , Radikalkur ohne ErÖfihuog
des Peritonaeum 261. — 8. a. Bauchhemien; Lumbal-
hemien; Pseudohernie; Ventralhemie.
Herniotomie, wegen Incarceration d. Coecum u. Proc.
vermiformis 261.
Heroin, Wirkung 54.
Herpes, Pathologie u. patholog. Anatomie 76. — , zoster
als Oomplikation d. Tetanus traumaticus 195.
Herz, Verhalten b. Tuberkulose 177. — , Syphilis 211. 236.
— , Ernährung durch laokfarbenes Blut 230. --, Miss-
bildung d.Tricuspidalklappe 236. — S. a. Endokardiom.
Herzklappe s. Valvula.
Herzkrankheiten b. Diphtherie 67.
Herzmuskel, Fragmentation 236.
H e 1 0 1 gegen Tuberkulose 185.
Heufieber, Ursache u. specif. Heilung (von Dunbar)
103.
Hinterhörner des Rückenmarks, Anatomie 142. 143.
Hinterscheitelbeineinstellung, Entbindung h.
solch. 85.
Hinterstränge d. Rückenmarks, Anatomie 141. 142.
Hippursäure, Wirkung der Chinasäure auf die Aus-
scheidung 166.
Hirnfurchen, Entwickelung 25. 28.
Hirnhäute, Struktur 14. 15. — , Tuberkulose 178.
Hirnnerven, Anatomie 133. --, Entwickelung bei
Fischen 148. 149.
Hirnrinde, Histologie 15 flg. 31 flg. — , Schichten 33.
— , Leitungsbahnen 121. 122. 123. — , d. Kleinhirns
129. — , Verhalten d. Balkens b. A£Pektionen ders. 170.
— S. a. Hörrinde ; Inselrinde.
Saoli-Begister.
349
Hirn Ventrikel, Entwiokelang 126.
Hirnwind nneen, Bintheilang, Anatomie 25. 28. 29.
30. — , £nt?nckeliing 25. 28.
Hirsch, Morphologie d. Oehims 31.
Histologie, patholog. d. Anges 265.
Hitze, Wirkang anf die Haut 177. (aaf die Sporen u.
Toxine d. TetannsbaoiUen) 195.
Hode aTeatikel.
Hör rinde, Histologie 32.
Hohlhand, Talgoyste 262.
Hornhaut 8. Cornea.
Hüftgelenk s. Coxa; Coxitis.
Hülfe, d. erste in NothßUlen (von SuUan n. Schreiber)
108.
Huhn, Einfl. anasohliessl. Fleischnahrang auf d. Impf-
taberkulose 50.
Hyalinentartung b. Phthisis bolbi 212.
Hydatiden, im Spinalkanal, Compression d. Rücken-
marks 171.
Hydrargyrnm, bichloratam, intramnakuläre Injektion
79. — , chloratum vapore paratum, intramuskuläre In-
jektion 79. —, Vergiftung, Anurie, Verhalten d. Blutes
188. — S. a. Jodquecksilberkakodylat.
Hydrops s. Ascites.
Hydrotherapie b. Basedow'scher Krankheit 56.
Hygieine, d. Kusses 173. — , in Dörfern u. Städten
218.
Hypnoticum, Veronal54. 167.
Hypoglossus S.Nervus.
Hypophyse des Gehirns (Funktion beim Frosche) 152.
(Anatomie) 221. 222. 223.
Hysterektomie wegen Puerperalsepsis 193.
Immunisirung gegen Tuberkulose 185.
Immunität, künsti. gegen Pest 48. — , gegen Diph-
therie, Vererbung 66. -— , Schutzimpfung u. Serum-
therapie (von Adolf Dietddonni) 102. — , gegen Milz-
brand 159. — , gegen Tetanus 195. 196. — -, u.Immani-
sirung (von Ludwig Hopf) 220. — , Verhalten in der
Narkose 258.
Immunkörper, der gegen Albuminoidsubstanzen wirk-
samen Sera 45.
Impftuberkulose d. Hühner, Einfl. d. ausschliessl.
Ileischnahrung 50.
Impfung s. Immunität
Incarceration des Coecum u. des Proc. vermiformis,
Hemiotomie 261.
Indican, Entstehung im Organismus 162.
Indol, Nachweis in d. Faeces 150.
Infektion, endogene d. Auges 212.
Infektionkrankheiten, Bezieh, zu Rhachitis 86.
~, akute, Verhalten d. Hodens 108.
Influenza, b. Diphtherie 67. — , b. Säuglingen 86. — ,
Epidemien 243.
Influenzabaoillus, Züchtung 233. — , dems. ähn-
licher b. Thieren 233.
Infusion mit Kochsalzlösung, Wirkung u. Anwendung
239. 246. 247.
Injektion, intravenöse (von metaU. Jod) 55. (löslicher
Silberpräparate) 167. — , intramuskuläre von Queck-
sQberpräparaten 79.
Injektionen, d. epiduralen durch Punktion d. Sacral-
kanalfi (von Fernand Caihelin, übers, von Ä, Strausa)
107.
Innervation d. Kehlkopfs 135.
Insula Beilii, Anatomie 30. — , Histologie 32. — , Mor-
phologie 153.
Intubation d. Kehlkopfs, bei Diphtherie 88. 89. 90.91.
—, Indikationen 91. 93. 94. — , nachtheil. Folgen 95.
— , Kehlkopfetenose nach solch. 94.
Inversion, d. Uterus, Behandlung 190.
I n V e r t i n , Verunreinigung mit Hefegummi 40.
Jod, Salze, Verwendung zur histolog. Untersuchung d.
Gehirns 6. — , metallisches, intravenöse Injektion 55.
Med. Jahrbb. Bd. 279. Hft. 3.
Jodoformplombe, Anwend. nach der Operation boi
Tuberkulose d. Kniegelenks 209.
Jodquecksilberkakodylat gegen Syphilis 79.
Iris, Tuberkulose 99. — , primäres Sarkom 211. — ,
Atrophie 211.
Isoagglutinine b. Kindern 232.
Itrol, Anwendung in d. Ophthalmologie 210.
ILaiser schnitt, zur Statistik 110.111. — , Operation-
methoden 192. — , b. Beckenenge 253.
Kampher, Verhalten im thierischen Organismus 40. —
S. a. Ozykampher.
Kanüle, erschwerte Entfernung nach Tracheotomie 94.
Kardia, Drüsen ders. 230.
Katalepsie, symptomatische 172.
Katarrh, nervöser 245.
Kehlkopf s. Larynx.
Kehlkopfnerven, d. Anatomie u. Physiologie ders.
(von Ä, Onodi) 266.
Kerne, d. Nervenzellen 11. 15. 19. — S. a. Nuclei.
Keuchhusten, Behandlung 87. 239.
Kiefer s. Unterkiefer.
Kind, Tuberkulose 71. — , Syphilis, Behandlung 79. — ,
in geburtshülfl. Beziehung (Hinterscheitelbeineinstel-
lung) 85. (Geburt b. nachfolgendem Kopfe) 85. (Wen-
dung u. Extraktion b. Beckenenge) 251. 254. —, Reflexe
b. solch. 86. — , Barlow*sohe Krankheit 87. — , Scorbut
87. — , vorübergehende Verlangsamung u. Arrhythmie
d. Pulses 87. — , akute Pyelitis 87. — , Behandlung d.
Kehlkopfstenosen 95. — , Gewicht d. Gehirns 152. — ,
Schulen f. nervenkranke 172. — , Verkürzung d. Beine
nach Kniegelenksresektion 209. 210. — , Isoagglutinine
b. solch. 232. — , Verhalten d. oberen Luftwege 248.
— , Herniotomie wegen Incarceration des Coecum u.
Proc. vermiformis 261. — , Abhärtung 267. — S. a.
Nengeborene; Säugling; Schulkinder.
Kinderheilkunde, in Einzeldarstellungen (von Alois
Monti, 20. Heft) 217.
Kinderkrankheiten, Behandlung 267.
Kinderlähmung, Epidemie 58. — , spinale, Orthopäd«
Behandlung 263.
Kleinhirn, Anatomie 127. — , Windungen 128. — ,
Eintheilung 128. — , Bau b. Affen 128. — , Bau d. Rinde
129. — , Leitunesbahnen, Faserverlauf 128. 129. 130.
— , Freilegung 203. — , Bau b. Fischen 225. 227. — ,
Funktionen 229.
Klitoris, syphilii Schanker 78.
K 1 u m p f u s s , Behandlung 262.
Klystiere mit Casein, Nährwerth 247.
Kniegelenk, Tuberkulose, operative Behandlung 209.
— , Resektion im Kindesalter, Verkrümmung d. Beine
nach solch. 209. 210.
Kniereflex b. kleinen Kindern 86.
Kniescheibe s. Patella.
Knochen, Fluorgehalt 40. — , Tuberkulose 180. — ,
akute Atrophie nach Entzündungen u. Verletzungen
205. —.Eiterung durch Pneumokokken verursacht 244.
— , Erkrankung nach Typhus 245. — S. a. Exostosis;
Osteomalacie ; Spina ventosa.
Knochenfische, Bau d. Gehirns 224. 225. 227.
Knochenlappen s. Periostknoohenlappen.
Knochenplombe mit Jodoform 209.
Knorpelkörper, freie b. Exostosis bursata 208.
Kochsalzlösung, Infusion, Wirkung u. Anwendung
239. 246. 247.
Körperarbeit, Stoffverbrauch b. solch. 154. — , Einfl.
aufd. Harn 154.
Körper gewebe, Hamsäureablagerongen in solch . 238,
Körpergrösse, Bezieh, zum Stoffverbrauch b. Ruhe
u. Arbeit 154.
Körpertemperatur, Einfluss auf d. Stoffverbrauch
154. — , Verhalten b. Tuberkulose 176.
Kohlenstaub, Verschleppung in d. Blutstrom 52.
Kolpeurynter, Anwendung in d. Gynäkologie a. Ge-
burthülfe 83. 84.
45
350
aoh-Register.
Kopf, Trichophytie 77. — , nachfolgender, Entbindung
85. — , Revolverschussverletzung 203.
Eopftetanus201. 202.
Eorssakow^s Symptomencomplex 241.
Koth 8. Faeces.
Krampf s. Muskelstarre.
Krankenanstalten f. Säuglinge 100. 101.
Krankenpflege, Krankenversorgung s. Hand-
buch.
Krankheiten, d. warmen Länder (von Bodo Seheube)
106. — , d. Rachens (von 0. Ckiari) 216. — , d. Nase
u. d. Nasenrachenraums (von Carl Zamiko) 216. — ,
d. ^oberen Luftwege (von Moritx Sehmidf) 217.
Kryoskopie, d. Harns 187.
Kultur, Bezieh, zur Nervosität 214.
Kuren s. Trinkkuren.
Kurpfuscherthum (von H. Magnus) 220.
Kurzsichtigkeit, Venae vorticosae choriovaginales
b. solch. 264.
Kuss, Schaden d. seelisoheü Eindrucks b. solch. 173.
liab, Fällung d.Caseins durch solch. 46. — , bakterielles,
Wirkung 46. — , Zusammensetzung 152.
Labferment d. Bakterien 46.
Labyrinth, Anästhesie b. Delphinen 153.
Lähmung, infantile (Epidemie) 58. (Orthopäd. Behand-
lung) 263. —, akut aufsteigende 58. — , d. Augen-
muskeln (angeborene) 168. (doppels^tige) 168. (trau-
matische) 169. (b. Migräne) 169. — , recidivirende d.
Oculomotorius 169. — , d. Facialis b. Kopftetanus 202.
— , d.Serratus241. — , d.Quadhcepsfemoris, operative
Behandlung 263. — S. a. Blicklähmung; Kinderläh-
mung.
Längsbündel, dorsales 124.
Laktoser um, Fällung d. Gaseins durch solch» 46.
Laminektomie,b. (>)mpre88ion d. Rückenmarks 172.
Laparocele, Vorkommen 260.
Laparotomie b. Yentralhemie 260.
Larven, d. Anopheles u. Culex im Winter 162.
Laryngeus s. Nervus.
Larynx, Polyp, Einfl. d. Exstirpation auf Lungentuber-
kulose 73. ~, Intubation (Indikationen b. Diphtherie)
88. 89. 90. 91.94. (nachtheiüge Folgen) 94.95. — , Ste-
nose (nach Intubation) 94. (nach T^heotomie) 95. (b.
Kindern) 95. — , Innervation 135. — . Tuberkulose 178.
— , Nebennierenextrakt gegen Krankheiten dess. 238.
— , angeb. Diaphragma 248. 249. — 8. a. Anleitung ;
Glottiskrampf; KehBLopfnerven.
Lebensversicherung u. Krankheiten d. Nasen- u.
Rachenhöhle (von Mcuoimilian Bresgen) 266.
Leber, Wirkung auf Serum 47. — , Nucleoproteid ders.
151. — , Abscess, Bakterien in solch. 233.
Lebercirrhose, hypertroph, ikterische, Mikroorga-
nismen b. solch. 237. — , hämorrhagische 245.
Leberkrankheiten, Ascites b. solch., Kryoskopie d.
Harns 187.
Leberthran s. Phosphorleberthran.
Lecithin, therapeut Anwendung 238.
Lehrbuch, d. Urologie mit Einschluss d. männlichen
Sexualorgane (von I^opold Cctaper) 106.
Leiche, Operationübungen an solch. 106. — , Nachweis
d. Tetanusgiftes in solch, nach d. Beerdigung 195.
Leitungsbahnen, im Oehim 121. 122. 123. 226. — ,
im Kleinhirn 128. 129. — , im Rückenmark 126. — , in
d. MeduUa oblongata 136. 137.
Leukämie, Bezieh, zu Chlorom 236.
Leukocyten, Bezieh, zur Complementbildung b. d.
. Cholerainfektion 49. — , Wirkung d. Massage auf dies.
237.
Leukocytose b. Masern 244.
Licht, Wirkung auf d. Giftigkeit d. Eosins 239.
Ligamenta uteri lata, Suspendirung d. Uterus mittels
ders. 190.
Ligatur s. Unterbindung.
Linea alba, Hernien ders. 259.
Lipom, symmetrisches schmerzendes 77.
L 0 b u s , electricus, Struktur 22. 227. — , olfactorius 37.
Loef fler's Diphtheriebacillen 62. 63.
Lohgerberei, Bezieh, zur Tuberkulose 70.
Lokalisation, optische b. Blindgeborenen 43.
Luft, heisse, Wirkung auf d. Haut 77.
Luftbrenner, Behandl. d. Lupus mit solch. 77.
Luftwege, Einathmung d. Tuberkelbacillen 73. 74. — ,
obere (Krankheiten ' ders.) 217. (Verhalten b. Schul-
kindem) 248.
Lumbalhernien, Vorkommen 259. 260.
Lunge, Elimination d. Aethers durch dies. 52. — , Ge*
fässgeräusch in ders. 185.
Lungenarterie, Erweiterung b. Syphilis d. Herzens
236.
Lungenblutung b. Tuberkulose 177.
Lungenbrand, nach traumat. Pneumonie 244.
Lungenentzündung, Erscheinungen derselben bei
Wechselfieber 244. — , traumat. mit Ausgang in Luq-
genbrand 244.
Lungentuberkulose, Contagiosität 70. — , Ausbrei-
tung, Vorkommen 70. — , Aetiologie 70. 71. 75. — ,
Sterblichkeit 70. — , Arbeitfähigkeit 71. --, b. Kindern
71. — , Disposition 72. 75. 95. — , Besserung nach Ex-
stirpation eines Kehlkopfpolypen 73. — , Wege d. In-
fektion 73. 74. 75. — , Behandlung 74. ~, Verbreitung
durch d. Auswurf 75. — , Ernährung b. solch. 75. — ,
Mischinfektion 75. — , Diagnose 174. — , Prognose 174.
— , Spinalgie b. solch. 174. — , Verhalten d. Stoff-
wechsels 176. — , Stickstoffausscheidung im Harn 176.
— , psychische Störungen 177. — , Nervenkrankheiten
b. solch. 177. — , Verdauungstörungen 177. — , Ver-
halten d. Pulses u. d. Herzens 177. — , Lungenblutung
177. — , Heüung 177. — , akute 178. — , Verhalten d.
Drüsen 178.
Lupus, Behandlung mit d. Luftbrenner 77. — , ery-
thematodes b. Geschwistern 177.
Luxation, zwischen Stemum u. Qavicula, Entstehung '
206. — , im unteren Radioulnargelenk 207. — , d. Os
lunatum carpi 207. — S. a. Subluxation.
Lymphdrüsen, d. Bronchen u. d. Trachea, topograph.
Anatomie 40.
Lymphe, Bildung 229.
Lymphgefässe, Bildung in pleurit. Schwarten 52.
— , Bezieh, zum Bindegewebe 229.
Lymphknoten d. Unterkiefers 258.
Lymphom, subcutanes tuberkulöses am Halse, Ope-
ration, Bezieh, zu akuter Miliartuberkulose 95.
Lysin s. Spermolysin.
Hagen, Verhalten d. Diphtheriebacillen in solch. 66.
— , tuberkulöse Erkrankung 179. •— , Drüsen d. Kardia
230. — S. a. Gastroenteritis.
Magensaft, Sekretion b. Neugeborenen 155.
Malaria, Bezieh, zu Syphilis 161. — , Parasiten ders.
162. — , Färbung d. Plasmodien 162. — , im Walde 162.
— , rvon B, Qrassi) 215. —, Epidemie 244. — a a.
Wechselfieber.
Mamma, Geschwülste ders. b. Manne 164. — S. a.
Brustdrüse.
Markscheiden, Färbung 7. ~, Struktur 23.
Masern s. Morbilli.
Massage, abdominale (par de Frumerie) 217. — , Wir-
kung auf d. Leukocyten 237.
Mediastinitis, vordere eiterige, Behandlung 204.
M e d u 1 1 a oblongata, Leitungsbahnen u. Faserverlauf in
solch. 4. 126. 136. 137. 146. — , Histologie 131. 1^.
— , Einfl. auf d. Weite d. Pupillen 153.
Membranen, b. Diphtherie, Pathogenie 66.
Meningen s. Hirnhäute.
Meningitis, tuberkulöse 178. 179.
Meningococous intraoellularis, Morphologie n. Bio-
logie 233.
Mensch, d. umiaohe (von Magnus Birsehfdd) 104.
Menstruation s. Dysmenorrhöe.
Sach-RegiBter.
351
M e s 0 1 a n , ausserl. gegen Rheumaiismus 53.
Metallsalze, Imprägnation mit solch, zur ünter-
sachang d. Centralnervensystems 5. 6.
Methylenblau, Verwendung zur histolog. Unter-
suchung d. Nervensystems 7.
Methylenchlorid, Wirkungsweise 238.
Micrococcus, tetragenes, Wirkung gegen d. Tuberkel-
bacillus 76.
Migräne, mit Ophthalmoplegie 169. — , Bezieh, zu Epi-
lepsie 169« — , schwerer Anfall 169. — 'S. a. Augen-
migräne.
Mikroorganismen, Wirkung einiger ehem. Normal-
lösungen auf dies. 45. — , Antikörper in d. Sporen 49.
— , b. Ulcus molle 161. — , Bezieh, zur Entstehung d.
Galleosteine 164. — , in gashaltigen Absoessen 233.
— , anaerobe, Züchtung 234. — , b. d. Hanof sehen
Krankheit 237. — , Verhalten in Wunden b. trockener
o. feuchter Behandlung 256.
Milch, Uebertragung d. Tuberkulose duroh solche 72.
— , industriell sterilisirte als Eindernahrung 86. — ,
calorimetr. Untersuchung 150. — S. a. Buttermilch.
Milchdrüse s. Brustdrüse.
Miliartuberkulose, Bezieh, zur Operation sub-
cutaner tuberkulöser Lymphome am Halse 96.
I Milz, Enzym in d. Zellen, proteolyt Funktion 156. — ,
Geschwulst, Entstehung 162.
Milzbrand, Immunität gegen solch. 159. — , Wirkung
d. Serum b. solch. 159. — , Behandl. mitColIargol 167.
Milzbrandbacillus, Sauerstoff übertragende Körn-
chen in solch. 159.
Mineralwässer, Einfl. d. Trinkkuren auf d. osmot.
Druck d. Blutes 52.
I MiBchinfektion,b. Lungentuberkulose 75.
' Mitbewegung d. Nasenmuskulatur b. Lidbewegun-
gen43.
Mittelhirn, Anatomie 113.
Mittelohr, Bakterien in solch. 160.
I Mörder, Oeisteszustand 242.
Monakow' 8 Bündel s. Anatomie 44. 123. 124.
Morbilli, b. Diphtherie 68. — , Leukocytoso b. solch.
I 244.
! Morphinismus, Nutzen d. Bruoins 167.
Morphium, Wirkung d. Derivate 54. — , Anwendung
b. Tetanus 197. 198.
Moskito s. Waldmoskito.
Motilität, Mechanismus 121.
Musculus, tUaeuB internus, Geschwülste 262. — ,
papiUae opticae 41. — , psocta, Geschwülste 262. — ,
quadrieeps femoris, Lälimung, operative Behandlung
263. — , serraius, Lähmung 241.
Muskeln, Töne in solch, b. elektr. Tetanus 43. — , Einfl.
d. SauerstofEs auf d. Respiration d. überlebenden 43.
— , Tuberkulose 50. 180. — , Verhalten b. Myasthenia
gravis 59. — , Veränderungen b. Chorea moUis 59. — ,
Injektion von Quecksilberpräparaten in solche 79. — ,
Erkrankung b. Tetanus 195. — , Fragmentation 236.
— , d. Halses u. d. Schulter, angeb. Defekte b. Hoch-
stand d. Scapula 261. — S. a. Adduktoren ; Augen-
muskeln.
Muskelstarre b. Tetanus, Entwickelung 175.
Mutter, Uebertragung d. Syphilis auf d. Kind 78. — ,
Ueber^g von !l^phusagglutininen von ders. auf d.
Foetus 159. — , Verhalten d. Blutes zu dem d. Foetus
231.
Myasthenia gravis, Verhalten d. Muskeln 59.
Myelitis, durch Gompression b. Hy datiden im Spinal-
kanal 171.
Myeloaxostroma 23.
Myelom d. Wirbelsäule mit Gompression d. Rücken-
marks 57.
Myom, d. Uterus, Operation 250. — S. a. Adenomyom;
Fibromyom.
Myopathie b. Tetanus 195.
Myopie s. Kurzsichtigkeit.
Myzine, Bau d. Gehirns 223.
Habel, Lokalisation d. Gefühls im Rückenmark 57.
Nährboden, f. Diphtheriebacillen, Pepsin- u. Trypsin-
agar234.
Naevus papillomatosus universalis 165.
Nahrung s. Fleischnahrung.
Nahrungsmittel, Einfluss (auf d. Wassergehalt d.
Organe) 230. (auf d. Hämoglobingehalt d. Blutes) 230.
Narben, elast Fasern im Gewebe 265.
Narkose, Verhalten d. Immunität 238. —, Controle d.
Pulses 256. — S. a. Aethemarkose.
Narkotioa, gechlorte aus d. Fettreihe 238.
Nase, Mitbewegung d. Muskulatur b. Lidbewegungen
43. — , Diphtheriebacillen im Sekret b. Scharlach-
kranken 65. — , entzündliche Erkrankungen d. Neben-
höhlen 216. — , Verhalten b. Schulkindern 248.
Nasenhöhle, Bakterien in d. Schleimhaut 160.
Nasenkrankheiten, Anwendung d. Nebennieren-
eztrakts 238. — , Diagnose 247. — , Bedeutung f. d.
Lebensversicherung 266. — S. a. Anleitung; Rhinitis.
Nasenrachenraum, adenoide Vegetationen, CoUaps
mit Apnoe nach d. Operation 248.
Nearthrose, Bildung b. ankylosirten Gelenken 210.
Nebenhöhlen d. Nase (Bakterien in solch.) 160. (ent^
zündl. Erkrankungen) 216.
Nebennieren, diastai Ferment 151.
Nebennierenextrakt, Anwendung in d. Rhino-
Laryngologie 238.
Nekrose d. Pankreas 246.
Neopallium 27.
Nephritis, akute syphilitische 186. — , Bezieh, zu
Albuminurie 186.
Nerven, Entwickelung 13. 21. 22.23. — , Regeneration
21. 22. — , d. Kehlkopfs 266. — S. a. Himnerven.
Nervencentren, elektrische, Struktur 22.
Nervenfasern, Endigung 16. — , peripherische, Zer-
fall 241.
Nervenkrankheiten, familiale mit Gerebrospinal-
symptomen 172. — , b. Kindern 172. — , b. Tuberkulose
177. — S. a. Denkwürdigkeiten.
Nervenmark, Histologie 14.
Nervensystem s. Gentralnervensystem ; Handbuch.
Nervenwurzeln, spinale (Funktion) 44. (Anatomie)
138.
Nervenzellen, Histologie 9flg. 15. 19. — , Saftkanal-
system 19. — , motorische 33.
Nervosität u. Cultur (von TT. EeUpach) 214.
Nervus, abdueens, doppelseii Lähmung 168. — ,
aeeessorius, Urprung, Verlauf 135. — , acusticus (Ur-
sprung, Veriauf) 126. 127. 133. 134. (Entwickelung b.
Embryo) 148. — , cüiarü, Veränderung b. Phthisis
bulbi 212. — , faeialis (Ursprung, Veriauf) 133. (Ent-
wickelung b. Embryo) 148. (Lähmung b. Kopftetanus)
201. — , glo88opharyngeu3, Ursprung u. Verlauf 136.
— 1 hypoglossusy Parese b. Kopftetanus 202. — , laryn-
geu8 (8up., Ursprung, Verlauf) 135. 136. (Resektion,
Wirkung auf d. Schilddrüse) 230. —, obluratorius, Ur-
sprung, Verlauf 146. —, oew^cwwtorM« (Histologie, Ur-
sprung, VerlatLf) 135. Orecidivirende Lähmung) 169.
— , opticus (Muskel d. Papille) 41. (Tuberkulose) 99.
(Histoloffie) 113. 116. (Kreuzung) 117. (retrobulbäre
Neuritis) 212. — , sympathious (Ursprung, Verlauf)
137. (Resektion, Wirkung auf d. Schilddrüse) 230. —,
tibialüy Ursprung 145. — , /r^jrewtwt« (Ursprung, Ver-
lauf) 135. (Entwickelung b. Embryo) 147. — , trootdearü,
Entwickelung b. Embryo 148. — , tdnarü^ Ursprung
146. — , vagu8, Verlauf 135.
Netzwerk d. Nervenzellen 15. 16. 17. 18. 19.
Neugeborene, Syphilis 78. — , Ernährung 86. — ,
Sekretion d. Magensaftes 155.
Neuralgie, Nutzen d. Pyranum 53.
Neurasthenie, subcutane Iigöktion von Tmnehek's
Serum 165.
Neuritis, radikuläre, ohne Veränderung d. Meningen
58. — , retrobulbäre, Zusammenhang mit Veränderun-
gen d. Gefässsystems 212. — S. a. Polyneuritis.
352
Sach-Begister.
Neuroblasien, Neurelektroblasten 22.
Neurofibrillen 15. 16. 22.
Neuroglia, Färbung 14. — , Struktur 23. 24. — , Ent-
stehung d. Glioma retinae in solch. 164.
Neurokeratin, Färbung 7.
Neurone 15. 18. 20. 21.24. 25.
Neurose d. Gelenke 206.
Neurosoma 16.
Neutralroth, Bedeutung f. d. Phagocytose 45.
Niere, Funktion, Einfl. d. Diuretica 155. — S. a. Ne-
phritis; Pyelitis; Schrumpf niere.
Nietzsche, über d. Patholog. b. dems. (von P, J, Möbius)
104.
Noma, Vorkommen von Diphtheriebacillon in solch. 65.
Noth fälle, d. erste Hülfe in solch, (von Stdtan u.
Schreiber) 108.
Nuclei d. Himnerven 133. 134. 135.
Nucleinsäure, enzymat. Zersetzung 151. — , Dar-
stellung u. Analyse 151.
Nuoleoproteid d. Leber 151.
N u c 1 e u 8 caudatus, Beizung b. Hunde 44.
Oberflächen, aplanat. Brechung u. Spiegelung 43.
Oberschenkel, Geschwülste in der Adduktoren-
gegend 26.
Obturatorius s. Nervus.
Octopoden, Reaktion d. Pupille b. solch. 41.
Oculomotorius s. Nervus.
0 e d e m , allgem. idiopathisches 188.
Ohr, Wirkung d. Chinins auf dass. 166. — S. a. Laby-
rinth ; Mittelohr.
0 h r e n k r a n k h e i t e n , b. Disposition zu Tuberkulose 75.
Operation, Geistesstörung nach solch. 242. — , Hebe-
vorrichtung f. solche 256.
Operationübungen an d. Leiche {vonBermeke) 108.
Ophthalmie, Bedeutung d. Toxine 48.
Ophthalmoplegie, angeborene 168. — , interne trau-
matische 169. — , b. Migräne 169.
Opticus s. Nervus.
Organgefühl d. Auges 42.
Os, luncUum oarpi, Luxation 97. — , petrosum, Frei-
legung d. hinteren Fläche 203. — , piUns, Tuberkulose
97. — , scaphoideum, isolirte Fraktur 207.
Osmose s. Blut
Osteomalacie, Fraktur b. solch., Callusbildung 205.
Ovarienschwangerschaft, Vorkommen 255.
Ovarium, Geschmust als Geburthindemiss 250. — ,
Hernla obturatoria 260.
0 X y d a s e , Zerstörung d. Toxine durch solche 46.
Oxydation, Wärmeentwickelung 39.
Oxykampher gegen Keuchhusten 239.
Pacini'sche Körperchen, Anatomie 156.
Palma manus, Talgcyste 262.
Pankreas, Mechanismus d. Sekretion 155. — , Ent-
zündung mit Blutung u. Nekrose 246. — , Nekrose 24(3.
PanOphthalmitis, tuberculosa im Puerperium 98. 99.
Papilla, nervi optici, Muskel ders. 41.
Papillen in d. Conjunctiva 41.
Paraffin, Lgektion zum Zwecke d. Prothese, Erfolge 256.
Paranoia s. Geistesstörung.
Parasiten, b. Syphilis 161. — , b. Malaria 162.
Patella, Fraktur, Behandlung 209.
Patoilarref lex s. Kniereflex.
Pathologie, d. Harns am Krankenbette (von FeroL
Blumenihaf) 106. — , u. Therapie d. entzündl. Erkran-
kungen d. Nebenhöhlen d. Nase (von M. Hajek) 216.
Pepsin, Bestimmung 151.
Pepsinagar,als Nährboden f. Diphtheriebacillen 234.
Perikarditis, b. Diphtherie 68. — , tuberkulöse 178.
Periodonitis, vereiterte, Behandlung 259.
Periostknochenlappen, Periostlappen, zur
Deckung von Schädeldefekten 204.
Peritonaeum, Tuberkulose b. Weibe 82. — , Radikal-
kur von Hernien ohne Eröffnung dess. 261.
Peritonitis, tuberkulöse 82. 179. 205.
Perlsucht, Beziehung zur Tuberkulose 185.
Peronin, Wirkung 54.
Peroxyde, Zerstörung d. Toxine durch solche 46.
Pertussis s. Keuchhusten.
Pes vams equinus, Behandlung 262.
Pest, künsÜ. Immunität gegen solche 48. — , d. Ratten
234.
Petroleum, gegen Diphtherie 62.
Petromyzon, Bau d. Gehirns 223.
Pfortader s. Vena.
Phagocytose, Bedeutung d. Neutralroths 45.
Pharynx, Diphtheriebacillen in solch, (b. Gesuodeo)
64. (b. Scharlach kranken) 65. — , Erkrankungen (b.
Schulkindern) 248. (Bedeutung f. d. Lebensversiche-
rung) 266.
Phlebitis, syphilitische 79.
Phlegmone s. Gasphlegmone.
Phosphor. Stoffwechsel dess. 247.
Phosphorleberthran, Haltbarkeit 55.
Pigment ind. Nervenzellen 11. 19.
Placenta, praevia (Anwend. d. Kolpeurynters) 84.
(Entbindung b. solch.) 111. — , f . dies, specif. Serum 158.
Plantar reflex b. kleinen Kindern 86.
Plasmodium d. Malaria, Färbung 162.
Pleura, Tuberkulose 178.
Pleurahöhle, Druck in ders. b. Pneumothorax 51.
Pleuritis, Bildung von Lymphgefässen in d. Schwarten
52. ~, tuberkulöse 178. -— , diaphragmatica Früh-
diagnose 186.
Plombe 8. Jodoformplombe.
Pneumococcus, Gelatine verflüssigender 233. — , als
Urs. von Knochen- u. Gelenkeiterung 244.
Pneumothorax, intrapleuraler Druck b. solch. 51.
Polyneuritis, toxisch- alimentärer Natur 1 68.
Polyp d. Kehlkopfs, Einfl. d. Exstirpation auf d. Lungen-
tuberkulose 73.
Pens Varolii, Faserverlauf in solch. 129. 130. — , Histo-
logie 131. 132.
Präoipitine, Wirkung auf Serum 46.
Processus vermiformis, Einklemmung, Herniotomie 261.
Propylchlorid, Wirkungsweise 238.
Provinzialsäuglingsheime 101.
Pseudodiphtheriebaoillus, Bezieh, zum Diph-
theriebacillus 62.
Pseudohermaphroditi6mu8 231.
Pseudohernie d. Lumbaigegend 259.
Pseudosklerose d. Centralnervensystems 240.
Pseudotuberkelbacillen, Vorkommen 49.
Pseudotuberkulose d. Auges 98.
Psoriasis, Gelenkerkrankung b. solch. 76. — , Aus-
scheidung d. Stickstoffs u. d. Harnsäure 76.
Psoas s. Musculus.
Psyche, Wirkung d. Küsse 173.
Psychose s. Geistesstörung.
Ptosis, d. oberen Augenlides mit Epicanthus 168.
Puerperaleklampsie , Anwendung des Kolpeu-
rynters 84.
Puerperalfieber, Behandlung 193. — , Verhütung
194.
Puerperalität, vorzeitige 190.
Puerperalsepsis, Behandlung 168. — , Exstirpation
d. Uterus wegen solch. 193.
Puerperaltetanus 201.
Puls, vorübergehende Verlangsam ung u. Arrhythmie b.
Kindern 87. — , Verhalten b. Tuberkulose 171. — ,
Controle während d. Narkose 256.
Pupille, Veränderungen nach d. Tode 41. — , Reaktion
b. Octopoden 41. — , Einfl. d. MeduUa oblongata auf d.
Weite 153.
Pupillenstarre, angeborene 169.
Purin s. Synthesen.
Purpura b. Diphtherie 68.
Pyelitis, akute b. Kindern 87.
Pyocyaneus s. Bacillus.
Saoh-Register.
353
Pyramidenbahn, Faserverlaaf 121. 122. 123. 129.
Pyramidenschleifenbahn 123.
Pyramidenseitenstrangbahn 124.
Pyramidenzellen, Bau 17.
Pyranam,al8 Antineuralgioum 53.
faadrioeps s. Mnscalus.
aecksilber s. Hydrargymm; Jodqaecksilberkako-
dylat.
Kaohen s. Pharynx.
Rachioc ocainisation (par Rob, Odier) 265.
Sadio-Ülnargelenk, unteres, Luxation 207.
Radius, Luxation 207.
Rassen, Eigen thümUchkeiten d. Gehirns 30.
Ratten, dem Influenzabacillus ähnl. Bacillus b. solch.
233. — , Pest ders. 234.
Rechtspraxis d. Ehescheidung b. Geisteskrankheit u.
Trunksucht (von Joh, Bresler) 267.
Rectum, Septum zwischen dems. u. d. Vagina, Adeno-
myom 249.
Reflexe s. Kniereflex; Plantarreflex.
Refraktion, d. Cornea 43. — , d. Auges, Bestimmung
263.
Regenbogenhaut s. Iris.
Reissuer scher Faden 227.
Reptilien, Bau d. Gehirns 22S.
Resektion, d. Kniegelenks im Kindesalter, Verkrüm-
mung d. Beins 209. 210. — , d. Sympathicus, Wirkung
auf d. Schilddrüse 230.
Respiration, d. Muskeln, Einfluss d. Sauerstoffs 43.
— S. a. Apnoe.
Retina, Gliom, Entstehung aus d. Neuroglia 164.
Retroflexion, d. Uterus (in d. Schwangerschaft, An-
wendung d. Kolpeurynters) 84. (bewegliche) 189.
Revolver, Schussverletzung d. Kopfes mit solch. 203.
Rhachitis, Aetiologie 86.
Rheumatismus, äusserl. Anwendung b. Mesotaos 53.
— , b. Basedow'scher Krankheit 56. — S. a. lUiinitis.
Rhinitis rheumatica 247.
Rh od an, Wirkung d. Verbindungen 166.
Riechapparat im Gehirn, Histologie 31. 36. 37. 38.
119. — , b. Fischen 227.
Riechstoffe, baktericide Wirkung 239.
Rind, Entvnokelung d. Blutes b. Embryo 229.
Rindertuberkulose, Beziehung zur Menschentuber-
kulose 71. 72.
Roche 8. Zitterrochen.
Rodagen gegen Basedow'sche Krankheit 56.
Roth s. Nentralro^.
Rückenmark, Anatomie, Physiologie (Ganglienzellen)
19. 20. (Funktion d. Wurzeln im untern Theile) 44.
(Faserverlaaf u. Leitungsbahnen) 57. 126. 138. 140.
141. 142. 143. 145. 146. 147. (Hinterstränge) 141. 142.
(Hinterhdrner) 142. 143. 144. (Vorderseitenstränge) 143.
144. (b. Fischen) 149. 227. — , Lokalisation d. Gefühls
in d. Nabelgegend 57. — , Geschwülste (Diagnose) 57.
(Operation) 57. 58. 171. Q)eginnende) 57. (Symptoma-
tologie) 165. — , C!ompression (b. Geschwulst d. Wirbel-
saule) 57. (durch Hydatiden im Spinalkanal) 171.
(Laminektomie) 172. — , Drucksteigerung in dems. 165.
— , Sarkom 171. — , Oocainisation 265. — S. a. Spinal-
lähmung.
Ruhe, Stoffwechsel b. solch. 154.
Ruhr 8. Dysenterie.
Rumpf, BÜevolverschussverletzung 203.
Säugling, aoidophile Bakterien in d. Faeces 49. — ,
Tuberkulose 71. — -, Ernährung (Buttermilch) 86. (ste-
rihsirte Milch) 86. — -, schwere Funktionstdrungen d.
Darms 86. — , Influenza 86. —, Schrumpf niere 87. — ,
Krankenanstalten f. solch. 101. 102. — , Sterblichkeit
bei d. Anstaltsbehandlung 101. — , Gewicht d. Ge-
hirns 152.
Säureimide, Verseifbarkeit durch Fermente 151.
Saftkanalsystem d. Nervenzellen 19.
Salicylsäure, Gehalt d. Antipyrins an solch. 53.
Salzbutter s. Butter.
Sarawak, Sehschärfe d. Eingeborenen 41. 42.
Sarkom, d. Rückenmarks 171. — , primäres d. Iris 211.
Sauerstoff, Brenn werth 39. — , Einfl. auf d. Respira-
tion d. überlebenden Muskels 43. — , intravenöse In-
fusion 165. — S. a. Oxydasen ; Peroxyd.
Scapula, Hochstand mit angeb. Muskeldefekten 261.
Scarlatina, Diphtheriebacillen b. solch. 65.
Schädel, Fraktur (d. Basis, Folgezustände) 203. (Tre-
panation) 203. — , Defekte, Ersatz 204.
Schaf, Entwickelune d. Blutes b. Embryo 229.
Schambein, Tuberkulose d. Symphyse 97.
Scham fugenschnitt s. Symphyseotomie.
Schanker, syphilii, d. Klitoris 78. — , weicher, Mikro-
organismen 161.
Scharlachfieber s. Scarlatina.
Scheitellage s. Hinterscheitelbeineinstellung.
Schielen s. Strabismus.
Schilddrüse, Verhalten b. Tuberkulose 178. — , Ein-
fluss auf d. Heilung von Frakturen 206. — , Verhalten
nach Resektion d. Sympathicus u. d. Laryngei 230.
Schlafmittel s. Hypnoticum.
Schleifenbahn 123. 124. 125.
Schleimhaut s. Nasenhöhle.
Schmierseife, Verätzung durch solche 168.
Schreiben s. Agrammatismus.
Schrumpfniere im Säuglingsalter 87.
S c h u 1 e n f. nervenkranke Kinder 172.
Schulkinder, Epidemie von Trichophytie der Kopf-
haut 77. — , Verhalten d. obem Luftwege 248.
Schulter, angeb. Muskeldefekte 261.
Scl^ulterblatt s. Scapula.
Schussverletzung, d. Kopfes 203. — , d. Rumpfes
203.
Schutzimpfung, gegen Tuberkulose 185. — , gegen
Tetanus 197. — S. a. Immunität.
Schutzserum, gegen Milzbrand 159. — S. a. Serum.
Schwangerschaft, Retroflexio uteri, Anwendung d.
Kolpeurynters 84. — , Dauer 190. — , Fieber während
ders. 191. — , nach üterusruptur 191. — , Operation
d. Magens während ders. 250. — , im Ovarium 255. —
S. a. Extrauterinschwangerschaft.
Seh weiss, ehem. Verhalten 152.
Schweiz, Vorkommen d. Barlow'schen Krankheit 87.
Schwielen im Endokardium 236.
Scorbut b. Kindern 87.
Sero fu lose s. Tuberkulose.
Scyllium canicula, Bau d. Kleinhirns 227.
Seekrankheit, Wesen u. Verhütung 245.
Sehbahn, Fasern ders. 33.
Sehcentren, Veränderungen nach Entfernung d. Auges
20. — , Histologie 114. 115. 116. 117.
Sehen, Erlernung nach Heilung angeb. Blindheit 153.
Sehnen, Transplantation 263.
Sehnen flecke im Endokardium 236.
Sehnenreflexe s. Kniereflex ; Plantarreflex.
Sehnerv s. Nervus.
Sehschärfe d. Eingeborenen von Sarawak 41. 42.
Seife s. Schmierseife.
S e 1 a c h i e r , Entwickelung d. (Zentralnervensystems 147.
— , Bau d. Gehirns 223. 224. 225. 226.
Sensibilität, d. Nabelgegend, Lokalisation im Rücken-
mark 57. — , Bahnen f. solche im Rückenmark 57.
Sepsis, nach Tracheotomie b. Diphtherie 67. -— , puer-
eerale, Behandlung 168. 193. — , durch Pyocyaneus
ervorgerufen 245.
Septum rectovaginale, Adenomyom in solch. 249.
Serratus s. Musculus.
Serum, gegen EiweissstofFe wirksames, Immunkörper
dess. 45. — , Wirkung d. Präcipitine 46. — , antihepa-
tisches 47. — , Agglutination 157. — , f. d. Placenta
specifisches 158. — , lrune6el;^8f subcutane Injektion
165. — S. a. Blutserum; Laktoserum.
Serumdiagnose d. Lungentuberkulose 174.
354
Sach-Begister.
Serumtherapie, b. Diphtherie 67. 68. 88. 89. 90. 93.
— , b. Milzbrand 159. — , b. TetaDUS 196. 197. 198.
199. — 8. a. Immanität
Silber, YerweDdung zur histolog. Untersaohuog des
Nervensystems 8. 9. — , intravenöse Injektion löslicher
Präparate 167.
Sinns s. Oesiohtsinus.
Soronoform, Wirkong 239.
Sonde, Einführung in d. Uterus zur Hervormfung d.
Abortus 172.
Speichel, Absonderung als Schutzmittel gegen Diph-
therie 68.
Spermolysin, Darstellung u. Eigenschaften 47.
Spina ventosa, Behandlung 97.
Spinalganglion, Anatomie, Struktur 19. 20. 140.
141. —, Zellen 141.
Spinalgie b. Lungentuberkulose 174.
Spinalkanal, Hydatiden in solch., Compression des
Rückenmarks 171. — , Infusion d. Tetanusantitoxins
in dens. 199. — 8. a. Rachiococainisation.
Spinallähmung d. Kinder (Epidemie) 58. (Orthopäd.
Behandlung) 263.
Spinalnerven, untere, Funktion 44.
Spinalwurzeln s. Nervenwurzeln.
Spiralfraktur d. Unterschenkels 268.
Sporen, Antikörper den. 49. — , der Tetanusbacilien,
Verhalten b. Hitze 195.
Sputum 8. Auswurf.
Starre s. Muskelstarre.
Staub s. Kohlenstaub.
Stenose d. Kehlkopfs (nach Intubation) 94. (nach Tra-
cheotomie) 95. (Behandl. b. Kindern) 95.
Sterblichkeit an Diphtherie (Einfl. d. Serumtherapie)
67. 88. 89. 90. 93. (nach d. Intubation u. Tracheotomie)
90. 91. 92. — , an Tuberkulose 70. — , d. Säuglinge b.
d. Anstaltsbehandlung 101.
Sterilisation d. Trinkwassers 100. — S. a. Milch.
S t e r n u m , Luxation zwischen solch, u. Clavicula 206.
Stickstoff, Ausscheidung (b. Psoriasis) 86. (b. Tuber-
kulose) 176.
S ti r n h i r n , Morphologie 34.
Stoffverbrauch, Bezieh, zur Körpergrösse 154.
Stoffwechsel, Verhalten b. Tuberkulose 176. — , des
Phosphors 247.
Strabismus, Operation 263. — 8. a. Bilder.
Strassenreinigungsmasohine Salus (von Th.
Weyl) 218.
S t y p t i c i n , Anwendung u. Wirkung 54.
Subcutin, Anwendung 55.
Sublimat s. Hydrargyrum.
Subluxation d. untern Tibiaendes 262.
Sympathicus s. Nervus.
Symphyseotomie, Schwangerschaft u. Geburt nach
vorhergegangener 191. — , hübe 192.
Symphysis pubis, Tuberkulose 97.
Synthesen d. Purin- u. Zuckerreihe (von Emil Fischer)
265.
Syphilide, nodöse 79.
Syphilis, Hausepidemie 78. — , üebertragung von d.
Mutter auf d. Kind 78. — , Veränderung d. Zähne b.
solch. 78. — , Schanker an d. Klitoris 78. — , d. Brust-
drüse 78. — , Venenentzündung 79. — , b. Kindern,
Behandlung 79. — , Behandlung mitQueksilbermitteln
79. — , d. Auces 98. — , Parasiten b. solch. 161. — ,
Bezieh, zu Malaria 161. — , akute Nephritis b. solch.
186. — , Entztindung d. äussern Augenwinkels 211.
— , d. Herzens 211. 236. — 8. a. Atlas; Differential-
diagnose; Qummi.
Talgcyste d. Palmarregion 262.
Taschenbuch Jankau' s f. d. J. 1903 (VUL Jahrg.) 266.
Tauben, Diphtheriebacillen b. solch. 65.
Teleostier, Bau d. Gehirns 203. 225. 226.
Terminalnctz, nervöses 16. 17. 18.
Terpene, cyklische, im thier. Organismus 40.
Testikel, Tuberkulose, Gasiration 96. — , Verhalten b.
akuten Infektionskrankheiten 106.
Tetanus, elektrischer, Muskeltone bei solch. 43. — ,
Theorie 164. — , lokaler 194. — , Behandlung (Aus-
waschung d. Organismus) 194. (Serumtherapie) 196.
197. 198. 199. (ohne Antitoxin) 197. (Morphiuminjek-
tion, Brom) 197. (Chloral, Chinin) 198. (Carbolsänie)
199. (Einspritzung von Gehimemulsion) 202. — , ausser-
halb d. Infektionstelle 194. — , Entstehung d. Muskel-
starre 195. — , Myopathie 195. — , zur Statistik 195.
— , Immunität 195. 196. — , Endemie 196. — , rheu-
matischer, Behandlung 197. — , traumatischer, Be-
handlung 197. 198. — , nach Gelatineeinspritzung 199.
200. 201. — , puerperalis 201. — , nach Vaccination
201. — , chronischer 202. — , Pathologie 243. — 8. a.
Kopftetanus.
Tetanusantitoxin 196. 199.
Tetanusbacilien, Nachweis im Blute 195. — , Wir-
kung d. Hitze auf d. Sporen u. Toxine 196. — , im Eiter
198. — , in käuflicher Gelatine 199. 200. 201.
Tetanusgift, Nachweis in beerdigten Leichen 195.
— , Verbreitungswege 195.
Thalamus opticus, Histologie, Faserung 44. 114.115.
121.
Theer s. Anthrasol; Empyroform.
Theo ein, therapeut Anwendung 53. 54.
Theophyllin als Diureticum 53. 54.
Therapeutics of infancy andchildhood (hjÄ.Jaeoby)
267.
Therapie, d. Augenkrankheiten (von Hanke) 109. — ,
phymkaL-diätet (von Bemh, Presch) 215. ^ S. a. An-
leitung; Handbuch.
Thorax, Bau b. Tuberkulose 72. — , Schuss Verletzung
203.
Thrombose d. Pfortader, Ascites b. solch. 237.
Thyreoidea s. Schilddrüse.
Tibia, Subluxation d. untern Endes 262.
Tibialis s. Nervus.
Tod, Veränderungen d. Pupille nach dems. 41.
Ton im elektrisch tetanisirten Muskel 43.
Tophus, Bildung u. Bückbildung b. Gicht 163.
Torpedo, Struktur d. elektr. Organe 22. 23.
Toxikologie s. Ck>mpendium.
Toxine, Zentörung durch Peroxyde u. Oxydasen 46.
— , Bedeutung b. Augenentzündungen 48. — , d. Teta-
nus, Wirkung d. Hitze 195.
Trachea, Lymphdrüsen ders. 40.
Tracheotomie, b. Diphtherie 67. 88. 89. 90. 91. 92.
— , Erschwerung d. Decanülements 94. — , Dispositioa
zu Tuberkulose nach solch. 95. — , Störungen nach
solch. 249.
Trachom, Behandlung mit Ouprooitrol 168. 210.
T r a c t u s , fronto-occipitalis im Gehirn 34. — , opticus 1 1 6.
Transplantation, ungestielter Hautlappen, Dauer-
heilung 256. — ; von Sehnen 263.
Trepanation wegen Schädelfraktur 203.
Trichophytie d. Kopfes, Endemie 77.
Tricuspidalklappe, Missbildung 236.
Trigeminus s. Nervus.
Trinkkuren mit Mineralwässern, Einfl. auf d. osmot
Druck d. Blutes 52.
Trinkwasser, bakteriolog. Untersuchung 100. —i
Sterilisation 100.
Tripper, Bedeutung d. Neutralroths f. d. Phagooytose
45. — , b. Weibe, Behandl. mit Hefe 83. — , metastst
Conjunctivitis 98.
Trismus b. Tetanus 197. 198. 199.
Trochlearis s. Nervus.
Tropenkrankheiten 106.
Trunksucht, Ehescheidung b. solch. 267.
T r y p s in , Ferment dess. 46.
Try psinagar als Nährboden f. Diphtheriebacillen 234.
Tuba Fallopiae (Tuberkulose) 81. (Hernia obturatorii)
280.
Tuberkelim Gehirn, patholog. Histologie 51.
Saoh-Register.
355
Tuberkel bacillen, Wirkung todter 49. — , inBatter
50. — , Bedeittang f. d. Tuberkolose 70. — , d. Men-
schen n. d. Rindes 72. — , im Enter d. Kühe 72. — ,
Wege d. EinwanderuDg 73. 74. — , Yerbreitnng durch
d. Auswurf 75. — , an Cigarrenstummeln 75. — , Dia-
gnose 76. — , Beziehung zu Microoooous tetragenes 76.
— , Virulenzunterschieide yersohied. Culturen 160. —
S. a. Pseudotuberkelbaoilien.
Tuberkulin, diagnostisohe Bedeutung 99. 174. —, als
Heilmittel gegen Tuberkulose 184.
Tuberkulose, Widerstandsfähigkeit der Büffel gegen
solche 50. — , lokale. Bezieh, zur Cirkulation 50. — ,
Bau d. Thorax 72. — , d. Menschen, Bezieh, zur Binder-
tuberkulose u. Perlsuoht 71. 72. 185. — , Sterblichkeit
70. — , Disposition 70. 72. 75. 95. — , Uebertragung
durch Milch 72. — , Bezieh, zu Verletzungen 75. — ,
u. Scrofulose (von 0. Eiidebrand) 106. — , Verhalten
d. Körpertemperatur 176. --, Verhalten d. Blutes 176.
~, Verhütung 183. 184. — , Behandlung 184. 185. —,
Immxmisirung 185. — , d. Achaeldrüaen u. Brustdrüsen
164. — , d. Damu, primäre 71. 72. — , d. Qeienke 180.
209. — , d. Genitalien (b. Weibe) 80. 81. 82. (b. Manne)
96. — , d. Harnblase 179. — , d. BaiU 72. 179. — ,
d. Herxbeulels 178. — , d. Simhäule 178. —, d. Kehl-
kopfs 178. — , d. Knochen 180. — , d. Muskeln 50. 180.
-, d. Periionaeum 179. 205. —, d. Pleura 178. — ,
d. Verdauunffsorgane 179. — 8. a. Auge; Coxitis;
Impftuberkulose; Iris; Lymphom; Miliartuberkulose;
Nervus opticus; Pseudotuberkulose; Symphyse.
Tnssis convulsiva s. Keuchhusten.
Typhus, Agglutinine bei solch., üebergang von der
Mutter auf d. Kind 159. — , Knochenerkrankung nach
solch. 245.
Typhusbacillen, Giftstoff in solch. 158.
Ulcus molle, Mikroorganismus dess. 161.
Ulna, Luxation im Badialgelenke 207.
IJlnaris s. Nervus.
Unterbindung d. Aorta, Verhalten d. Blutkörperchen
nach solch. 230.
Unterkiefer, Ankylose, Verfinderuneen, Diagnose,
Behandlung 251. — , Lymphknoten 258. — , centrale
Fibrome 258.
Unterleib, Schussverletzung 203. — , Massage 217.
— , operative Verkleinerung d. Raumes 249.
Unterschenkel, Spiralfrakturen 208.
Unterschenkelgeschwüre, ambulante Behandl.
ders. (von Jessner) 106.
Ur a c i l , Vorkommen im thier. Organismus 40.
Urämie, akute tnuisitorische Amaurose 188.
Urning s. Mensch.
Urologie s. Handbuch.
¥accination, Tetanus nach solch. 201.
Vagina, Tuberkulose 81. — , Septum zwischen solch,
u. Rectum, Adenomyom 249.
Vagus 8. Nervus.
Valvnla tricuspidalis, Missbildnng 236.
V a p 0 r i n gegen Keuchhusten 239.
Vegetationen, adenoide im Nasenrachenräume, Ent-
fernung lüs Ursache von CoUapsus u. Apnoe 248.
Vena portae, Thrombose, Ascites b. solch. 237.
Venae vorticosae choiiovaginalee b. Myopie 264.
Venen, Injektionen in solche (metall. Jod) 55. (Sauer-
stoff) 165. (löel. Silberpräparate) 167. — , syphilit Ent-
zündung 79.
Ventralher nie, Laparotomie 200.
Ventrikel s. Hirnventrikel.
Verätzung durch Schmierseife 168.
Verband, Hebevorrichtung zur Erleichterung d. An-
legung 256. — , Verhalten der Mikroorganismen bei
trockenem u. feuchtem 256.
Verbrennung, Berechnung d. Wärme b. solch. 39.
Verdauung, Störung b. Tuberkulose 177.
Verdauungsorgane, Tuberkulose 179.
Verletzungen, Bezieh, zu Tuberkulose 75. — S.a.
Albuminurie; Blitz; Fussgelenk; Ophthalmoplegie;
Schussverletzung.
Vergiftung s. Hydrargyrum; Toxikologie; Wurst-
vei^ftung«
Veronalfüs Hypnoticum 54. 167.
Virulenz d. verschied. Culturen von Tuberkelbacillen
160.
Vierhügel s. Corpora.
Vokale, Synthese 45.
Vögel, Bau d. Oehirns 228.
Vorderhirn, Entwickelung 25 flg.
Vorderhörner d. Rückenmarks, Anatomie 144. 145.
Vorderseitenstränge des Rückenmarks, Anatomie
143. 144.
Vorfall d. Uterus, Behandlung 190.
MTärme, Entwickelung b. d. Oxydation 39.
Wald, Malaria in solch. 162.
Waldmoskitos 162.
Wasser, Apparat zur Entnahme behufs bakteriolog.
Untersuchung 100. — , Gehalt d. Organe an solch.,
Einfluss verschied. Nahrungsmittel 230. — , Bakterien
in solch., quantitative Schätzung 234. — S. a. Abwässer ;
Mineralwässer; Trinkwasser.
Wasserbehandlung s. Hydrotherapie.
Wechselfieber mit Zeichen von Pneumonie 244. —
S. a. Malaria.
Weib, Behandlung d. Gonorrhöe mit Hefe 83. -- 8. a.
Geschlechtsorgane ; Gynäkologie.
Weiss, JBmpfindlichkeit f. solch. 42.
Winter, Verhalten d. Larven von Anopheles u. Culex
in solch. 162.
Wirbelsäule, Geschwulst, Compression d. Rücken-
marks 57. — S. a. Laminektomie; Spinalkanal.
Wochenbett, Panophthalmitis tuberculosa 98. 99. — ,
Tetanus 201. ~, Autolyse d. Uterus 231.
Wunden, Verhalten d. Keime b. trockener u. feuchter
Behandlung 256.
Wurmfortsatz s. Processus.
Wurstvergiftung, Polyneuritis nach solch. 168.
Kähne, Fiuorgehalt40. — , Veränderung b.Syphilis 78.
S. a. Periodontitis.
Zangenentbindung b. Beckenenge 251. 253.
Zellen d. Central nervensystems (Färbung) 6. (Struktur)
9. 10. 12 flg. 15 flg. (Entwickelung) 13. — , Saftkanal-
system 19. — , d. Spinalganglien 141. — S. a. Eiter-
aellen; Ganglienzellen; Nervenzellen; Pyramidenzellen.
Zestokausis, Wirkung 189.
Zitterrochen, Struktur d. elektr. Organs 22. 23.
Zona als Complikation d. Tetanus 195.
Zoster s. Herpes.
Zucker s. Synthesen.
Zwerchfell, Abscess unter dems., Operation 204. —
S. a. Diaphragma.
Zwischenhirn, Entwickelung 27. — , Anatomie 1 1 3.
Namen-Register.
Abbott, A. C, 70. 76.
Abelsdorff, G., 11. 20.
Abraham, Otto, 83.
Achard, Gh., 52.
Acquisto, V., 132.
Adler, Bichard, 182. 184.
Adrian, C, 76.
Aguerre, J. A., 14.
Ahlefelder, C, 82.
Ahlström, Gustaf, 131.
Aiohel, 0., 223. 226.
Albert, Walter, 84.
Aisberg, Georg, 88. 91.
Alsberg, Moritz, 12.
Allen, L., 201.
Amabilino, ßosario, 120. 122. 123.
131.
Amann jr., J., 80.
Amat 199.
Ambrosius, Walter, 181.
Amrem, 0., 183. 185.
Anderson, H. E., 13.
Anglade, D., 9. 175. 177.
Annett, H. E., 70. 75.
Anton, G., 32. 33.
Araki, F., 151.
Arloing, Fernand, 60. 62.
Arlt, F. V., 168. 210.
Armand-Delille, P., 175. 178.
Armit, H. W., 180.
Arndt 32. 218*.
Ascher, L., 49.
Aschheim 98.
Aspissow, J., 119. 123.
Aspissow, N., 119. 123.
Athanasin, J., 132.
Aubaret 114.
Aubertin, Gh., 61. 67.
Aufrecht, E., 70. 73.
Auld, A. G., 173.
Babonneix, L., 61. 67.
Bach, L., 153.
Bacialli, Paolo, 61. 67.
Bärlocher, H., 209.
Bau, 0., 159.
Bailey, Frederick Rudolph, 10.
Ballance, Gh. A., 10. 21.
Bar^oz, R. v., 167. 260.
Barbaoci 51.
Barbary, Fernand, 182.
Bard, L., 51. 175. 178.
Bardeen, Charles Russell, 138. 140.
Bardeson, N., 190.
Bardswell, Noel D., 182.
Barker, Lewellys F., 3. 9.
Barnes, Stanley, 119. 122. 123.
* bedeutet Büoheranzeige.
Barpi, U., 140.
Barratt, J. 0. Wakelin, 26. 121. 122.
140.
Bartels, Max, 218*.
Bataillon 70. 76.
Bauer, K., 175. 177.
Baum, E. W., 3. 207.
Baumstark, B., 150.
Bayle, Gh., 183.
Bayliss, W. M., 155.
Bayon, G. P., 206.
Beaton, R M., 60. 61.
Bechterew, W.V., 132. 136. 139.144.
Beck, G., 165.
Beck, H., 45.
Becker 7. 55.
Beckmann, H., 205.
Beevor, Charles £., 32. 35. 115.
Behring, £. von, 69. 72. 182. 185.
Be^aeff, W., 157.
Benda, G., 8. 221.
Bennecke, £., 106*.
Bensley, R. R., 230.
Berenb^ch, P., 246.
Berendes, J., 220*.
Bereut, Walter, 54.
Berg, Henry W., 173.
Bergell, P., 166.
Berger, L., 96.
Bergmann, B. v., 106*. 108*.
Berl, Victor, 114. 117.
Berliner, £., 228.
Bernhardt, M., 43.
Bemheimer, St, 131. 133.
Berry, George A., 176. 180.
Bertarelli, £., 160.
Bertrand, Gabriel, 39.
Besold, Gustav, 181.
Betagh, G., 164.
Bethe, Albrecht, 10. 21.
Bettmann, 8., 176. 179.
Beuttner, 0., 112*.
Biagi, N., 230.
Bianchini 120.
Bichelonne 69. 70.
Bickel, Adolf, 131. 133.
Biehl 132.
Bielschowsky, Max, 7. 9.
Biemacki, John, 61.
Biervliet, J. van, 132. 133.
Bikeles, G., 119. 122. 123. 138. 141,
Bing, H. J., 7. 14.
Binz, G., 245.
Biro, M., 241.
BisohofF 82. 119.
Bissei, Joseph B., 176. 179.
Blakely, David Newton, 61. 68.
Bland, C., 258.
Bloch, Ivan, 219*,
Bloch, Paul, 175. 179.
Bloch, Reinhold, 183. 185.
Blum, V., 208.
Blumenthal, Ferdinand, 106*. 162.
Bochenek, Adam, 131. 132. 135. 139.
142. 221. 222.
Book, Emil, 168.
Bodo, H. W., 181.
Boeke, J., 221. 222.
Boettiger, A., 57.
Bogomoletz, A. A., 155.
Boissiere, Raoul de, 173. 174.
Bokay, J. von, 88. 89. 94.
Bolk, Louis, 26. 127. 128.
Bollenhagen, H., 83.
Bolton, Charles, 61. 67.
Bombicci, G., 13.
BonhofF, H., 160.
Bonne, G., 9. 13. 228.
Bonome, A., 195.
Borchard 203.
Borchardt, M., 259.
Borchgrevink, 0., 176. 179.
Borda, Jose T., 138. 145.
Borst, Max, 113.
Bosau, Conrad, 88. 93.
Bosse, B., 234.
Bouchaud 32.
Bowditoh, Vincent 0., 180.
Bramwell, Byrom, 69.
Brandenburg, Kurt, 181.
Brauer, L., 69. 70.
Braun, W., 256.
Brecke 182.
Bresgen, Maximilian, 266*.
Bresler, Joh., 267*.
Breuer, Robert, 126. 132. 133. 136.
229.
Breukink, A., 140.
Briand 242.
Brieger, L., 152.
Brissaud 172.
Broca, A., 203. 262.
Brodmann, K., 8. 9.
Brown, Th. R., 199.
Bruce, Alexander, 138. 139. 144.
Brücke, Ernst Th. v., 42.
Brückner, Arthur, 42.
Brückner, Max, 60. 88.
Brühl, Th., 176. 177.
Brünauer, A., 199.
Brünings, W., 43.
Brugsoh, Theodor, 140.
V. Brunn 258.
Brunon, Raoul, 180.
Bruns, H., 199. 200.
Bruns, P. v., 106*. 108*.
Brunton, Länder, 181.
BncUey, Charles W., 61. 68.
ßängner, 0. £. von, 96.
Baffa, E., 230.
Bollara, L., 199.
BaUock, Earl 8., 182.
Bamm, A., 131. 133. 138. 141.
Burokhardt, Rad., 26. 31.
Barn, R. A. H., 5.
Banow, F. Orant, 61. 68.
Bnrton, D. Myers, 114.
Borwinkel, 0., 183.
Bosse 211.
Bttzzard, Farquliar, 120. 123. 124.
130. 136.
Caiger, F., 60. 61.
Cahmida, W., 160.
Caldwell, William A., 182.
Calogareann, D., 14.
Ganniea 131.
Ganobbio, S., 114.
Cany, G., 160.
Capobianco, F., 14.
Carle 176. 179.
Garo, W., 86.
Caniere, G., 176.
Caruoci, V., 10.
Ciselli221.
Casper, Leopold, 106*.
Gassirer, R., 138. 143.
CasiaosjaD, 8., 31. 36.
GatheUn, Fernand, 107*.
Gatoia, M., 223. 224.
Gatola, G., 15. 24.
Gattaneo, Gesare, 86.
Gatterina, G., 230.
Gayazzani, Emilio, 26. 140.
Geni, Carlo, 13.
Channing, Walter, 242.
Cheiniase, L., 180.
Chiari 216*.
Chilesotti, Ermanno, 8.
I Chocraux 175. 177.
Ghowry-Muthu, D. J., 182.
I Ghrobak, R., 110*.
Gioffi, £., 195.
appolina, Angelo, 49. 69. 72.
Glado 180.
Glairmont, Paul, 175. 178.
Claude, Henri, 175. 178.
Cieinens, Paul, 40.
Gloetta, M., 186.
Cobb, J. 0., 70. 75.
Cobbett, L., 60. 61.
Coenen, Hermann, 131.
Gohn, Sigismond, 183. 185.
Cohnheim, Gtto, 155.
Gole, 8ydney W., 239.
CoUet, M., 88. 95.
Collier, James, 120. 123. 124. 130. 136.
Collina, M., 195.
Collins, Jos., 58. 137. 139. 143.
Colnzad, 0., 11. 131.
Comby, J., 87.
Coni, £mil6 R., 180.
Conor 176.
Conradi, H., 158.
Cosma 165.
Cowie, James M., 69.
Cozzolino 180.
Crevatin, F., 10. 223.
Crisafulli, E., 128.
Critzman, Daniel, 180.
Crofkan, Alfr. C, 151. 174. 176.
Crowder, Thomas R., 176.
Csiky, Johann von, 54.
Med. Jahrbb. Bd. 279. Hft. 3.
Namen-Register.
Chinningham, D. J., 25.
Cuno, Fritz, 61. 88. 93.
Gnrschmann, Fr., 192.
Curtis, G. Lenox, 183.
Cybnlski, H., 174. 175. 177. 183.
Czemy, Vinoenz, 182. 262.
Czaplewski, £., 233.
Czarniecki 6. 11. 18.
Dahlfeld 109*.
Dale, H. H., 228.
Damianos, N., 209.
Dantchakoff, Mm W^a 120. 127.
Davidsohn, 0., 233.
Day, John Marshai, 61. 67.
De Beule, Fritz, 13. 132. 135.
De Buok, D., 11. 139. 172.
Debove 175. 178.
Debrand, L., 195.
Deffalle, W., 49.
Deganello, ü., 132. 235.
De Grazia, Franoesco, 173. 174.
Dehler, A., 197.
Dejerine, J., 3. 4. 140. 145.
Delamare 176.
Della Rovere, D., 128.
De M. Gage, 8tephen, 234.
Democh, Ida, 87.
De Moor 11.
Deroum, F. X., 140.
Derscheid, G., 176. 180.
Detot, £., 199.
Dettweiler, F., 181.
Deutsch, Ladislans, 47.
Devaux, A., 9.
De Vecchi, R., 128.
Dexler, H., 5.
Dexter,F., 221.
Dianoux 204.
Dide, M., 12.
Diehl 192.
Diem, Otto, 242.
Dietrich 268*.
Dietrich, A., 61. 66. 159.
Dieudonne, Adolf, 102*.
Dieulafoy, G., 176. 201.
Dimitrova, MUe. Z., 221. 222.
Dippe, H. J., 68. 173.
Disse, H. J. V., 69. 71.
Disselhorst, G., 69. 71. 152.
Dluski, K., 175. 177.
Doering, Carl, 53.
Dogiel, A. 8., 6. 7.
Dohrn, Anton, 13.
Donaggio, Arturo, 10. 11. 17.
Donaldson, Henry H., 13.
Dotto, G., 31.
Dowd, C. N., 176.
Draeseke, J., 26.
y. Dräsche 68.
Dubard 70.
Duckworth, W. L. H., 5.
Dudumi, V., 79.
Dumarest, F., 183.
Dumont, F. L., 107*.
Dunbar, W. Ph., 103*.
Dünn, Elizabeth Hopkins, 14. 23.
Dworetzky, A., 180.
Dziergowsky, 8.-K., 61. 66.
Kbbinghaus, Heinrich, 164.
Ebstein, Wilhelm, 61. 67. 218*. 243.
Eckstein, H., 256.
Economo, Constantin J., 32. 35.
Edinger, A., 166.
357
Edinger, Ludwig, 1. 113. 118. 221.
223. 226.
Edlefsen, G., 86.
Egger, F., 175. 177.
Ehrström, Rob., 247.
Eigenbrodt 200.
Eisendraht, Daniel, 175.
Ekgren, Erik, 237.
Ellenberger 3. 4.
Ellermann, V., 7. 14.
Elter, J., 206.
Eltine, Arthur Wells, 138. 140.
Embden, Gustav, 10. 17. 20.
Emmerich, R., 159.
Engel, Fr., 187.
Engel, H., 175. 177.
Engels 100.
Enslin, F., 99.
Erben, Frantz, 175. 178.
Ercklentz, Wilhelm, 239.
Ernst, E., 113. 115.
Esmonet, Gh., 108*.
Esser, J., 69. 72.
Fajersztign, J., 7. 8.
Falcone, Gesare, 140. 147. 149.
Fasano, A., 181.
Faure, Maurice, 13.
Feinberg 12.
Fellenberg, Rudolf v., 190.
V. Fenyvessy 12.
Fere, Ch , 169. 242.
Femet, Gh., 175. 178.
Ferrand, Jean, 114.
Ferrannini, Luigi, 187.
Ferrari, C., 14.
Feuillade, H., 195.
Fiebiger, J., 202.
Figueiredo-Rodrigues, J. A., 140. 147.
Findlay, Wüliam, 180.
Finkelnburg, Rudolf, 165.
Fischer 9.
Fischer, Bernhard, 175. 178.
Fischer, Emil, 265*.
Fischer, E., 181.
Flade, E., 268*.
Flatau, E., 103*.
Fleming, R. A., 10.
Flesch, Max, 86.
Fletoher, W. M., 43.
Flick, Lawrence F., 181. 182.
Folger, C., 88. 94.
Foss 175. 177.
Fowler, X. A., 127.
Fragnito, 0., 13. 14. 19.
Franck 211.
Franck, Erwin, 183. 185.
Fraenkel A., 215*.
Fränkel, B., 181.
Fraenkel, C., 181.
Fränkel, P., 248.
Fraenkel, Sigmund, 239.
Frank 250.
Franke, F., 212.
Frankenberger, 0., 248.
Frankl-Hochwart, L. v., 114. 116. 240.
Franz, Karl, 173. 174.
Fräser, E. H., 44. 121. 124.
Freudenthal, W., 247.
Freund, W. A., 69. 72.
Freymuth 174.
Friedbercer, E., 233.
Friedländer, G., 50. 205.
Frisch, A. V., 217*.
Fröhlich, Alfred, 156.
46
358
Namen- B-e g i s t e r.
Fromaget, Camille, 263.
Fromm, Emil, 40.
Fromme, A., 167.
Frommer, Ignaz, 176. 179.
Froriep, August, 5. 13. 23. 147.
Frotscher, R A., 197.
de Fmmerie 217*.
Fuchs 211.
Fuchs, Hugo, 14.
Fuchs, Robert, 219*.
Füth, H., 255.
Fuld, Ernst, 182. 185.
Gärtner, Gustav, 165. 256.
Gaglio, G., 152. 153.
Galbraith, J. J., 182.
Galescu, F., 244.
Gardner 183.
Gallemaerts, £., 114. 115.
GaUewsky, M., 119.
GaUi-Valerio 162.
Ganghofner 60. 63. 88. 92.
Garratt, G. C, 154.
Gause, K., 56.
Gebhardt, Franz yon, 173. 174.
Geeraerd, R., 12.
Gebuchten, A. van, 103*. 120. 124.
125. 126. 127. 129. 131. 132. 133.
138. 141.
Geier, T., 11. 12.
Geipel, R, 236.
Gelibert, A., 195.
GemelU, E., 221. 223. 234.
Gengou 45.
Gentes 114. 131.
Georgesco, J.-L., 138.
Gerard 119.
Gerber 197.
Gerwer 114. 118.
Giannelli, Augusto, 25.
Giannettasio, Nicola, 120. 124.
Gidionsen, Hermann, 181.
Gieseler, Th., 173. 174.
Gieson, Ira van, 9.
Gigüo-Tos 13. 22. 147.
Gildersleeve, N., 70. 76.
Ginsberg, Siegmund, 265*.
Girard, Joseph, 15. 26.
Glogner, M., 236.
Goldscheider, A., 215*.
Goldschmidt, Aug., 238.
Goldschmidt, 8., 183. 185.
Goldstein 132.
Goldstein, Kurt, 25. 28.
Goldstein, M., 139. 145. 146.
Golgi, C, 9. 11. 16.
Gonnermann, M., 151.
Gontermann, C, 256.
Goodall, E. W., 88. 93.
Gorchkoff, J., 32.
Gotch, F., 31.
Gottschalk, Sigmund, 215*.
Gourfein 99.
Gradenwitz, R., 193.
Grassi, B., 215*.
Grenet, H., 199.
Grieb, A., 221. 222.
Griffith, P. Croger, 61. 68.
Grober, Jul. A., 162. 175. 178. 202.
Grönberg, Gösta, 25. 27.
Gross, Alfred, 52. 175. 179.
Grosser, Otto, 156.
Grossmann, J., 52.
Grouven, Carl, 176. 180.
Grazebrook, Edwyn R., 175.
Grunbanm, A. S. F., 25. 31.
Gruneisen, M., 204.
Grunert 264.
Gudden, Hans, 5. 131.
Gümbel, Theodor, 236.
Guerini, G., 12. 20.
Guerri 131.
Guizzardi^ A., 199.
Gunsett, A., 176. 180.
GuBzmann, Josef, 25.
y. Hacker 204.
Haenel, Hans, 120. 123.
Hagenbach-Burckhardt, £., 87.
Hager 181.
Hfuek, M., 216*.
Halsey, J. T., 194.
Haltenhoff, G., 201.
Hamilton, AUce, 12. 13. 22. 120. 131.
Hammer, Ernst, 26. 31.
Hand, Alfred, 175.
Hanke 109*.
Hansemann, D.von, 69. 71. 175. 177.
Haussen, Klaus 180.
Hardesty, Irving, 5. 140. 146.
Harrison, Ross Granville, 13. 22. 149.
Hasslauer, W., 160.
Hatai, Shinkishi, 12. 13. 14. 19. 20.
22. 23. 138. 140.
Hatschek, Rudolf, 26. 31. 120.
Hecker, Rudolf, 267*.
Heermann, G., 108*.
"Heidenhain, L., 249.
Heiduschka, Alfred, 55.
Hei mann 244.
Heimann, Sigmund, 88. 91.
Held, Hans, 11. 16.
Heller, A., 69. 71.
Heller, R., 56. 181.
Helüch, G., 140.
HeUpach, W., 214*.
Hengge, Anton, 231.
Henneberg 120. 125.
Henry, J. Norman, 199.
Henschen, 8. E., 171.
Herbert, Henry, 181. 183.
Herff, Otto v., 193.
Herhold 198.
Hering, Ewald, 42.
Hermann, Friedri(ih, 69. 72.
Hermann, L., 45.
Herrick, C. Judson, 13. 14. 23. 223.
Herrmann 197.
Herubel, Marcel A., 26.
Herver, A., 131. 133.
Herxheimer, Gotthold, 70. 74. 236.
Herz, P., 97.
Herzog, R. 0., 151.
Hess, C, 153.
Hewlett, Richard T., 60. 61. 64. 65.
Hilchens, Peverell 8., 181.
Hüdebrand, 0., 106*.
Hildebrandt, Hermann, 40.
HiU, Alex, 9.
Hill, Hibbert Winslow, 60.
Hillier, Alfred, 69.
Himmel, J., 45.
Hinsberg, 0., 150.
Hinsheiwood, J., 98.
Hinterberger, H., 5.
Hirsch, M., 260.
Hirschfeld, Magnus, 104*.
His, W., 13. 22.
Hitschmann, E., 175. 178.
Hochhaus 246.
Hoohheim 211.
Höfler, Max, 219*.
Hoeflmavr, L., 169.
Höfnagel, K., 69. 72.
Hösel 120. 125.
Hoffa, Albert, 263.
Hoff-Hansen, Emile, 181.
Hoffmann, W., 69.
Hofmann, Max, 147.
Hofmeister 209.
Hohlbeok, 0., 194.
Hohlfeld, Martin, 69. 71.
HoU, M., 25. 153.
Holm, John F., 223.
Holmberg 180.
Holmboe, M., 180.
Holmes, Gordon M., 32. 36.
Holmgren, Emil, 7. 10. 11. 19.
Holub, A., 202.
Homen, E. A., 138. 141.
Hopf, Ludwig, 220*.
Horsley, Victor, 32. 35. 115. 120.
129.
Heuser, Gilbert L., 223.
Huber, Carl, 14. 23.
Hudovemig, C, 241.
Hueppe, Ferdinand, 69. 71.
Huet 138.
Hupfer, Frz., 166.
Hyde, James Nervins, 56.
Jacob, Paul, 215*.
Jacobi, E., 112*.
Jaoobsohn, L., 103*.
Jacobsohn, Paul, 268*.
Jacobsthal, H., 262.
Jacoby, A., 267*.
Jaeger, H., 233.
Jaenicke, C., 197.
Jaffe, M., 165.
Jagodowski, K. P., 223. 227.
Jakob, G., 3.
Jankan 266*.
Jaquier, A., 87.
Jellinek, S., 101.
Jelski, Beruh., 101.
Jessner 108*.
Ihl, Otto, 191.
Ilberg, Georg, 139. 143. 268*.
Imamura, Shinkichi, 15.
Jodlbauer 40.
Johnson, J. R., 69.
Johnston, J. B., 14. 24. 147. 148. 223.
224.
JoUy, F., 201.
Jones, R. Llewelyn, 56.
Jordan, Arthur, 78.
Joseph, Heinrich, 14.
Jost, Johannes, 229.
Isager, Kristen, 70.
Italia, F. E., 163. 164.
Jürgensohn, Alex., 86.
Jurewitsch, W., 159.
Iwanoff, L, 13.
Radyi, Heinrich, 5.
Kaes, Theodor, 7.
KamauD, Kurt, 191.
Kaplan, L., 7. 17. 21. 23.
Kappeier, 0., 258.
Kappers, Ariens, 223. 226.
Karb, Rudolf, 167.
Karplus, J. P., 25. 30.
Kassowitz, Max, 88. 89.
Kattwinkei 170.
Namen-RegiBter.
36»
EatzoDfiteiD, J., 183. 185.
EatzensteiD, M., 206.
Eay8er261.
Kayser, B., 233.
Kayser, H., 48.
Eayser, Richard, 216*.
EayserliDg, Arthur, 69. 70. 182.184.
KeiÜer, Heinrich, 110*. 111*.
EeUer, Robert, 129. 132.
Kelynack, T. N., 181.
Ken-, J. M. Manro, 192.
Kersch, 8., 61. 68.
Xerschensteiner, HermanD, 70. 75.
Eindborg, A., 233.
Eirkpatrick, T. Peroy C, 180.
Eiriac, J., 190.
Eirikow, N., 237.
Eirton, G., 61. 68.
Eishi, Ichita, 132.
Elaossner, F., 261.
Elein, Emil, 111*.
Elemperer, Felix, 70.
Elifflowitz 182. 184.
Elitine, F., 61. 66.
Elnge, G., 69. 71.
Enape, Ernst von, 139. 145. 146.
Enöspel, Ludwig, 88. 95.
Enopf, 8. A., 180. 181.
Eobert, Rudolf, 181. 184. 265*.
Eooh, A., 181.
Koch, R., 69. 71.
Eochmann, Martin, 162.
Kodis, T., 6. 7. 8.
Eöhler, Fritz, 174. 176. 181.
Kölbl, Friedrich, 183.
Kölliker, A. v., 132. 137. 228.
König, F., 108*. 206. 256.
Königsberger, Leo, 109*.
Königstein, Robert, 70.
Köster, Georg, 132. 135.
Kohlbrugge, J. H. F., 26. 31.
Kohnstamm, Oscar, 132. 135.
Kolk,J. vande, 113.
Kolmer, Walther, 31.
Kolster, Rudolf, 8. 12. 13. 20.
Kopfstein, W., 204.
Kopper, J., 198.
Kopsch, Fr., 11. 19.
Korchoune, S., 60. 63. 152.
Kosaka, E., 120. 123. 126.
Kossei, A., 40. 150.
Kotelewski 131.
Kritmer, G., 173.
Kraus, R, 100. 158.
Krause 263.
Krause, F., 57. 203.
Krause, H., 183. 185.
Krause, E. A., 238.
Krause, Paul, 69. 72. 200.
Krause, R, 139. 145.
KnusB 171.
Kreuzfnchs, S., 128.
Krone 183. 185.
Kronenberg, E., 175. 178.
Kronthal, P., 13.
KruU, Eduard, 183. 254.
Krummacher, Otto, 39.
Kuhn, A., 183. 245.
Kürt, Leopold, 61. 68.
Kuhn, Franz, 88. 95.
Kure, 8., 14.
Eurka 98.
Euthy, D., 174. 176. 181.
Eutscher, Fr., 100.
Eyes, Preston, 3. 240.
Iiabhardt, Alfr., 191.
Lacaze-Duthiers, H. de, 132.
Lämmerhirt 160.
Lafifont, Marc, 183.
Laiguel-Lavastine 13.
Lambotte 60. 62.
Landau, Henryk, 52.
Landerer, A., 183.
Lange, Cornelia de, 101.
Langendorff, 0., 230.
Langer, Josef, 60. 61. 63. 232. 245.
Langstein, Leo, 231.
La regna, Eugenio, 12. ^
Lapinsky, M., 138.
Lassar, 0., 69. 72.
Latham, Arthur, 183.
Lauenstein, C, 208.
Laurent, 0., 205.
Leathes, J. B., 156.
Leclero 238.
Ledouz-Lebard 239.
Leggiardi-Laura, C, 25. 26.
Leiner, Earl, 61. 67.
Le Monnyer, E., 10.
Lengemann, P., 262.
V. Lenhossek 109*.
Lennander, E. G., 171.
Le Sourd, L., 58.
Lesser, L. t., 207.
Levai, Dezrö, 183.
Levene, P. A., 151.
Levi, L, 52.
Levy, E., 200. 234.
Levy, Ludwig, 53.
Lewandowsky, M., 229.
Leyden, £. von, 199.
Liebe, Georg, 181. 268*.
Liebermeister, G., 159.
Liepelt, E., 53.
Liepmann, W., 158.
Liermberger, Otto, 110*.
Lilienfeld, A., 54. 207.
Lindemann, £., 182.
Lindley, Walter, 180.
Link, Richard, 59. 183.
Ljubuschin, A., 9. 139.
Lobligeois, F., 61. 67.
Lode, A., 157.
Loeb, A., 46.
Löwenbach, Georg, 79.
Loewi, Otto, 154.
Lombard, Andre, 183.
Lo Monaco, D., 13. 19. 114.
London, £. S., 47.
Long, Edouard, 120. 136. 139.
Long, Margaret, 132.
Longard, 0., 166.
Lop 200.
Lorand 56.
Lorenz, H., 200.
Lotsch, Fritz, 167.
Lubosch, Wilhelm, 132. -135.
Lubouchine, A., 138. 139. 141.
Luce 103*.
Luchs 198.
Luckett, W. H., 199.
Lüttge, W., 98.
Lugaro, Emesto, 13. 14. 20. 103*.
Lupescu, George, 79.
Lutz, A., 162.
Luzzatto, A. M., 12. 19. 24.
He Callum, W. G., 229.
Macdonald, J. H., 5. 6.
Macfadyen, A., 61.
Mc Farland, J., 201.
Mack, Hermann von, 14.
Mackey, E., 198.
Mc Einney, Richmond, 175. 178.
Mo Murrich, J. Playlaire, 131.
Maozkowski, W., 196.
Madelaine, G., 175. 178.
Magini, G., 11.
Magnus, A. von, 251.
Magnus, H., 220*.
Magnus, R., 41.
Malfer, V., 181.
MaUery, Ch. B., 198.
Manca, G., 230.
Manicatide, Elena, 244.
Mann, G., 31.
Manninger, W., 96.
Manouelian, T., 11. 32. 38. 128.
Marburg, Otto, 126. 132. 133. 136.
138. 142.
Marchand, L., 14.
Marcuse, Julian, 180.
Marcuse, Max, 79.
Marenghi, G., 11. 20. 114.
Margoniner, Josef, 183.
Margulies, Alezander, 221.
Marguües, Eberhard, 175. 178.
Marie, A., 195.
Marie, Pierre, 114.
Marina, A., 131.
Marinesco, G., 10. 14. 139. 146.
Markl, G., 48.
Markus, H., 69. 72.
Marquez, Manuel, 114.
Marroni, 0., 13. 19.
MarteU, Gust, 183.
Martin, A., 81.
Martini 244.
Martinotti, Carlo, 13. 18. 20. 32. 38.
Marx 88. 94.
Marx, H., 239.
Mastri, C, 195.
Matthiessen, Ludwig, 43.
Matzenauer, R., 78.
Mayor, A., 54.
Mays, Thomas J., 183.
Meisenburg 175. 177.
Meissen, E., 181. 182.
Meissl, Th., 231.
Meitner, Wilhelm, 53.
Meixner, E., 245.
Mencl, Em., 11. 227.
Menzi, Hilarius, 70. 75.
Merk, Ludwig, 76.
Merklen, P., 9.
Mermann, F., 175. 179.
Mertens 262.
Mortons, Y. E., 234.
Merzbacher, L., 44.
Meusburger 100.
Meyer, Alfred, 180.
Meyer, E., 241.
Meyer, George, 268*.
Meyer, H., 153. 194. 195.
Meyer, Hans, 243.
Meyer, J., 180.
Meyer, P., 183. 185.
Meyer, Semi, 6.
Michaelis, L, 46. 103*.
Michel, J. V., 99.
Michelazzi, Alberto, 70. 75.
Mikuücz, J. V., 108*.
Mills, Charies E., 9.
Mingazzini 57.
Minkowski, 0., 105*.
B60
Namen-Register.
Minor, Charles L., 182.
Minor, L., 103*.
Minot 221.
Mirooli 174. 176.
Mirto, Domenico, 113. 114. 116. 140.
Mirto, G., 32.
Mitulescu, J., 174. 176. 182. 185.
Möbius, P. J., 104*.
MoeUer, A., 69. 70. 72. 76. 184.
Möllers, B., 196.
T. Monakow 25.
Monforte, P., 10.
Monnyer s. Le Monnyer.
Monti, Alois, 217*.
Morat, J. P., 13.
Morax, V., 195.
Morel, Gh., 9.
Mosny, E., 70. 75.
Messe, Max, 5.
Mott, Fredehk Walker, 9.
Mraßek, Fr., 78.
Machin, N., 131.
Mühlmann, M., 13.
MüUer, A., 51. 84.
MüUer, L. B., 237.
Müller, Leo, 240.
MüUer, P. Th., 46.
Müller, Rudolf, 176. 179.
Münzer, Egmont, 10. 22. 114. 115.
117. 118. 124. 182. 185.
Mugdan, Otto, 268*.
Mnggia 242.
Morat 200.
Murray, H. Montague, 60. 64.
Myers, Ch. S., 41.
Mygind, Holger, 248.
IVägelsbach, W., 182.
Naito 212.
Nakagawa 41.
Narbut 12.
Nazarkiewicz, L., 181.
Nencioni, M., 235.
Neubauer 8.
Neubauer, Otto, 231.
Neuburger, Max, 219*.
Neuburger, R, 180.
Neufeld, Ludwig, 175. 178.
Neumann 14.
Neumann, G., 175. 179.
Neumann, H., 201.
Neumayer, Ludwig, 221.
Nicolai, C, 41.
Niculescu, D. D., 78. 259.
Nirenstoin 151.
Nissl, Franz, 9. 14. 15. 23.
Noesske, Kurt, 88.
Noioa 244.
Nonne 103*.
Norris, G. W., 195.
Nose, Sysuta, 15. 24.
Nothnagel, H., 105*.
Obarris, Juan Maria, 140.
Obersteiner, Heinrich, 3. 32. 113. 117.
119. 122. 127. 132. 136. 139. 140.
143. 146.
Obregia 26. 33.
Odier, Robert, 265*.
▼. Oefele 219*.
Olmer, R, 10. 12.
Olshausen, R., 250.
Onodi, A., 131. 266*.
Onuf, B., 137. 139. 140. 143. 145.
Oppenheim, H., 58.
Orestano, Fausto, 128. 130.
Orlow, L. W., 257.
Orr, David, 138. 140.
Orth, J., 69. 72.
Oshima, E., 40.
O88ig203.
Osterloh 201.
Ostmann, Fr. W. P., 70. 75.
Ott, A., 175. 177. 181.
'Oui, M., 86.
Packard, Fr. A., 61. 66.
Pagano, G., 114.
Pagel, Julius, 219*.
Painter, Charles F., 58.
Pakes, W. C, 60. 61.
Pal, J., 188.
Paladine, G., 10.
Palm, H., 108*.
Parhon, C, 132. 139. 145. 146.
Parhon, Mme C, 139.
Pannwitz 180.
Papasotiriu 60. 62.
Papin 242.
Park 171.
Parker, W. Rushton, 181.
Pasquini, P., 195.
Pastrovich, Guglielmo de, 13.
Fatol, M., 176.
Pattin, H. Ck)oper, 180.
Pavlowskiga, R, 181.
Pechin, A., 168.
Pedaschenko, D., 223. 226.
Peiser, Eugen, 246.
Pel, P. K., 185.
Pels-Leusden, Friedrich, 88.
Pemitza, Gustav, 111*.
Perrero, E., 140.
Perrin de la Touche 12.
Peserico, Luigi, 70. 75.
Pesker 172.
Petors, H., 101.
Petren, Karl, 138. 139. 141.142.144.
Petrusohky, Johannes, 174.
PettorBSon, A., 50.
Pettit, Augusto, 15. 26.
Pezold, Alexander v., 182.
Pfaundler, Meinhard, 88. 95.
Pfeiffer, Th., 197.
Pfister, H., 152.
Pfistorer, Georg, 244.
Phelps, B., 234.
Philipp, C, 162.
Philippson, M., 139. 145. 228.
Picard, Georges, 190.
Pichevin 250.
Pichler, A., 114.
Pick, A., 170.
.Pick, Friedel, 69. 73.
Pickert, M., 174. 177.
Picque 242.
Pieraccini, G., 235.
Pütz, Jan, 114. 118.
Pilzer, F., 198.
Pinard, Adolf, 191.
Pincus, L., 189.
Pipping, W., 249.
Pitfield, R. L., 60. 61.
Placzek 41.
Poenaru, A., 250.
Pollatschek, R, 186.
Poloumordvinoff 10.
Poly 54.
Poncet, Antonin, 176. 180.
PoDJatowsky, A., 138.
Pontier, M., 132.
Posner 215*.
Posteret 238.
Pottinger, F. M., 182.
Ponllet, J., 261.
Poutier 119.
Preisich, Komel, 50. 69. 71. .
Presch, Bernhard, 215*.
Prettner, M., 50.
Preuss, J., 219*.
Prip, Holger, 60. 64.
Probst, Moriz, 32. 33. 34. 113. 114.
116. 117. 120. 121. 124. 125. 126.
127. 128. 129. 130. 132.
Prüsmann, F., 249.
Prus 128.
Pschorr, R., 166.
Puchberger, G., 235.
Pugliese, Angelo, 120. 124. 229.
Pugnat, Amed6e, 9. 12. 18.
Pupovac, Dom., 210.
Purpura, F., 10.
Pusateri, E., 31. 120. 126. 132.
Puschmann, Th., 218*.
Pusey, Brown, 164. 211.
Putnam 171.
Puttor 182.
Qwiatkowski, G. L, 236.
Iftabinowitsch, Lydia, 182. 184.
Raczynski, Jan, 69. 71.
Radella, Antonio, 49.
Radzych 238.
Raecke, J., 241.
Rahn88. 91.
Raimann, Emil, 8.
Rambousek 100.
Ramön y Cajal, S., 3. 5. 8. 9. 12. 14.
20. 31. 32. 33. 36. 38. 113. 114.
120. 126. 129. 132. 134. 136. 227.
Ramsay, A. Maitland, 153.
Ramsey, E., 227. 228.
Randolph, R. L., 48.
Ranke, H. von, 88. 95.
Ransohoff, Albert, 120.
Bansom, Fred, 194. 243.
Raudnitz 60. 63.
Ravenel, Mazyck P., 69. 72.
Raw, Nathan, 69.
Rawitz, Bernhard, 6.
Raymond 175.
Redlich, Emil, 32. 35.
Reich, F., 5.
Reichard 263.
Reichardt, M., 169.
Reiche, F., 181.
Reidhaar 168.
Reinprecht, L., 112*.
Reitter, Carl, 69. 70.
Respinger, Wilhelm, 138.
Retzius, Gustaf, 25. 26. 30. 114. 117.
228.
Reusz, F. von, 12. 127.
Reuter, K., 162.
Reynier, P., 196.
Riegel 215*.
Riegner, Hermann, 183. 185.
Riethus, 0., 208.
Righi, J., 195.
Rindfleisch, Ed., 163.
Rindfleisch, W., 59.
Rischawy, B., 182.
Ritter, Gottfried, 88. 94.
Rivas, D., 234.
Robertson, W. F., 5. 6.
Namen-Begister.
361
Bobson, A. W. Mayo, 176.
Bocbaz, 6., 162.
Bockwell, A. D., 9.
Bocqaes, M., 87.
Bodella, A., 233.
Boemisch, W., 182. 185.
Bogaz, Ch., 175. 179.
Bo^r, Lawrence T., 61. 68.
Bomano, Anacleto, 12. 13. 19. 227.
Bomberg, £., 173. 174.
Bome 176.
Bona, S., 77.
Bonooroni, Loigi, 11. 17.
Boos, £., 150.
Bosenberg, Albert, 247.
Bosenberg, Ludwig, 140.
Bosenberger, F., 182. 185.
Bosenfeld, Fritz, 162.
Bosin, H., 3. 4. 12.
Boss, Umberto, 221. 222.
Both, Ernst, 268*.
Bothmann, Max, 12. 19. 120. 121.
124. 139. 142. 144.
Bothrock, J. T., 182.
Bowa, G. R, 138. 140.
Bndolph, 0., 182. 185.
Bätishauser, F., 32. 38. 115.
Boffioi, ADgelo, 9. 10. 18.
Buge, B., 161.
BaitiDga, P., 173. 174.
Boppel, F., 268*.
fioBsel, John F., 181.
Bussen, Jac. W., 169.
Bydel, A., 56.
Sabin, FlorenceR., 131. 133. 175. 178.
Sachs, H., 240.
Sack, A., 167.
Sailer, Joseph, 175. 178.
Sala, G., 156.
Saltykow, S., 50.
Salus, Gottlieb, 60. 63.
Salvi, G., 221. 222.
Salzer 264.
i Sanfelice, Fr., 157.
Sano, F., 12. 140. 145. 146.
Sargent, Porter Edward, 223.
Sannders, L. D., 198.
Sa^a 262.
Scaffidi, V., 138.
Scanzoni, Carl y., 194.
Schabad, J. A., 60. 62. 65.
Schacherl, Max, 138. 142. 223. 228.
Schenck, F., 9. 18.
Schenk, Ferdinand, 255.
Scheabe, Botho, 106*. 219*.
Schickele, Gustav, 249.
Schieck, F., 108*.
Schiek 212.
Schiff 151.
Schilling« Theod., 169.
Schlesinger, Emma, 53.
Schlesinger, Eugen, 61. 67.
Schlesinger, H., 26. 31.
Schlodtmann, W., 43.
Schioasmann, Arthur, 100. 101. 150.
Schlüter, Robert, 69. 72.
Schmidt, Adolf, 150. 245.
Schmidt, Moritz, 217*.
Schmorl, Georg, 69. 73.
Schoemaker, Daniel M., 13.
Schopf, Franz, 260.
Schottelius, Max, 69. 72.
Schramm, H., 176.
Schreber, D. P., 105*.
Schreiber, E., 108*.
Schreiner, Maximilian, 239.
Schröder, G., 175. 177. 182.
Schröder, P., 32. 34. 35.
Sohrötter, Hermann v., 6. 7. 180.
Schrötter, L., 182.
Schrutz 219*.
V. Schuckmann 198.
Schüller, Arthur, 44.
Sohüller, Max, 161.
Schütz, Alad&r, 69. 71.
Schütz, H., 120. 125.
Schütze, A., 202.
Schnitze, B. S., 190.
Schultze, E., 169.
Schnitze, Ernst, 267*.
Schulz, Oscar, 237.
Schur, Heinrich, 175. 178.
Schwabe, G., 168.
Schwalbe, E., 8.
Schwalbe, G., 128.
Schweizer, Eonrad, 69. 70.
Schwenkenbecher 39.
Sciuti, Michele, 11.20.
Scott, F. Graham, 198.
Scudder, Charles, 175. 179.
Seggel 168.
Seiller, Rud. v., 229.
Seitz, Johann, 61. 66.
Selenkowsky 212.
Sellheim, Hugo, 80.
Semon, M., 250.
Severeanu, George, 78.
Senator, H., 171. 215*.
Shallcross, W. G., 183.
Sherrington 31.
Shinkichi, Imamura 26.
Shroud, Bert B., 128.
Sibelius, Chr., 138.
Sieber, N., 46.
Siegert F., 88. 89. 90.
Silbermark, M., 176. 179. 260.
Silex, P., 114.
Simarro, Luis, 5. 6.
Simon, W., 232.
Simpson, Sutherland, 119.
Sjövall, Einar, 11.
Sippel, Fritz, 88. 93.
Sirleo, L., 120. 125.
Sklarek, Bruno, 32. 167.
Skschiyan, T., 234.
SlowtzofP, B., 154.
Smidt, H., 14.
Smimow, A. E. v., 12. 20.
Smith, Elliott, 4. 5. 25. 26. 28. 32.
36. 127. 128.
Snel, J., 238.
Snow, Irving M., 61. 67.
Sobotta, E., 181.
Socher, Otto, 181.
Soetbeer, Franz, 155.
Solen 174. 176.
Solger, Bernhardt, 11. 19.
Soltmann, Otto, 161.
Sorgo, Josef, 132.
Soukhanoff, Serge, 5. 6. 10. 11. 18. 19.
Souiy, J., 12.
Sperino, Guiseppe, 26.
Spiegelberg, J. H., 88. 95.
Spiller, William G., 57. 114. 116.
119. 122. 140. 147.
Spitta, Harold, R. D., 183.
Spitzer, L., 77.
Spitzka, Edward A., 25. 26. 29. 30.
Spolverini, L. M., 55.
Spronok, G. H. H., 69. 72.
Spude, H., 183.
Stadelmann, Heinrich, 172.
Staderini, R., 221.
Stadler, Ed., 69. 71.
Stadlinger, Henry K, 173.
Stäubli, C, 159.
StaedÜer 239.
Staehelin, Rudolf, 188.
Staicovici, N. D., 210.
Stargardt 98.
Starfing, E. H., 31. 155.
Starr, Allen, 58.
Staurenghi, Cesare, 114.
Stefanowska, Michalina, 11. 12. 14.
Steffeck 85.
Stein, J., 53.
Steinbach, S., 237.
Steindler, Arthur, 128.
Steinhaus, Julius, 175. 178.
Stelzner, Helene, 42.
Stengel, Alfred, 173.
V. Stenitzer 186.
Stenstrom, Olof, 69. 72.
Stephen, R. Williams, 223. 227.
Sternberg, C, 49. 158.
Stember^, Maximilian, 180.
Sterzi, Giuseppe, 15. 26.
Steudel, H., 40. 100. 150.
Stevens, Martin L., 174. 176.
Stewart, Purves, 10. 21. 119. 122. 139.
Stier 240.
Stioker, Georg, 70. 75. 103*.
Stoeckel, W., 176. 179.
Stokes, William R., 61. 66.
Stone, Henry H., 182.
Strähuber 8.
Strfiussler, Ernst, 119.
Stransky, Erwin, 5. 241.
Strasser, H., 5.
Strauss, A., 107*.
Strebel, H., 183.
Ströbe, H., 103*.
Strohmayer, Wilh., 32. 169.
Strominger, L., 168.
Strong, 0. S., 128.
Stross, Oscar, 54. 175. 178.
Stroud, B. B., 5. 147. 148.
Strzkewitsoh, M. J., 195.
Stubbert, J., Edward, 181.
Studnicka, F. K., 11. 18. 26. 27. 221.
222. ^23. 226.
Suchanoff 10.
Sudeck 205.
Sudsuki, £., 61. 66.
Süsswein, J., 61. 66.
Sug&r, M., 26.
Sukiennikow, Wladimir, 40.
Sultan, G., 108*.
Switalski 140.
Symansky 195.
Symington, Johnson, 5. 25.
Symnitzky, 8. v., 176. 180.
Sympson, E. Mansel, 198.
Sz&kall, J., 131.
Taddei, Domenioo, 265*.
Talke, L., 52.
Tanzi, E., 13. 20.
Taramasio, Plinio, 165.
Tarasewitsch, Johann, 32. 113. 119.
Teleky, Ludwig, 181.
Tenner 182.
Terre 70. 76.
Tetau, Joseph, 182.
■3B2
Theilhaber, A., 189.
Thellung, Fritz, 182. 185.
Thiele, F., 116. 120. 122. 129.
Thieme, Ludwig, 182. 183.
Thimm, P., 77.
Thom, Waldemar, 182. 184. 221.
Thomas, J. J., 57.
Thomson, H. Hyslop, 173.
Thomson, John, 87.
Thorpe, Widal G., 175.
Thudichum, Ludwig W., 10.
Thumen, Eduard, 54.
Tjaden 69. 71.
Timann, C, 97.
Tiraboschi, C, 6.
Tirelli, Vitige, 13. 18. 20.
Tizzoni, G., 195.
von Töply 219*.
Tome, F., 160.
Tövölgyi, Elemer von, 175. 178.
Tolot 176. 179.
Tomascewski, E., 161.
Tonzig, C, 194.
Topolanski 263.
Torday, Arp4d von, 173. 174.
Touche, M., 128. 130.
Trautmann, Gottfr., 112*.
Treu, Armin, 180.
Treupel, G., 166.
Tripole, Franz, 154.
Troje, G., 69. 72.
Trommsdorff, R., 46.
TroBchin, G., 113. 115. 120.123.126.
Trousseau, A., 263.
Trumpp, J., 88. 89. 94. 95.
Tsohemischeff, S., 5.
Tsuboi, Jiro, 230. .
Turner, Duncan, 181.
Turner, John, 6. 7. 11. 17. 129.
Tytier 171.
IJgolotti, Ferdinand, 119. 122.
ülLich, C, 196.
Umber, F., 188.
Unger, B., 140.
Unterberger, 8., 181.
Urbantschitsch, Victor, 42.
Urriola 195.
Vallas 197.
Van der Hoeve 264.
Van Durme, Paul, 12.
Vamier, M. H., 192.
Vaschide, N., 43. 113.
Namen-RegiBter.
Vastarini, Cresi G., 6.
Veau, Victor, 258.
Vedrani 242.
Veeder, M. D., 182.
Veit, J., 82.
Velich, Alois, 230.
Veraguth, Otto, 14.
Veszpremi, D., 160.
Vialard, F., 175. 177.
Vierordt, K., 219*.
Vieth, H., 167.
Vigenaud 183.
Vincelet, Jules, 172.
Vincenzi, Livio, 11. 18. 132. 134.
Vogt, Cecile, 3.
Vogt, Heinrich, 10. 17. 20.
Vogt, Oscar, 3.
Voigt 7.
Voit, Erwin, 39.
Volland 182.
Votteler 198.
Varpas, Claude, 113.
llTagner, Franz, 182. 184.
Wagner, K. E., 236.
ViTagner, Paul, 194.
Waldvogel 186.
Wallenberg, Adolf, 1. 113. 119. 120.
126. 221. 228.
Walsem, G. C. van, 5.
Walsh, Joseph, 61. 65.
Walz, K., 52.
Warrington 138.
Weber 14.
Weber, A., 147.
Weber, Edmond, 69. 70.
Weber, F., 181.
Weber, L. W., 108*.
Weigner, K., 131. 147.
Weinberg, Richard, 25. 79.
Weininger, Otto, 213*.
Weinsberg, J., 176.
Weintraud, W., 182.
Weismayr, Alexander von, 181.
Weiss, Arthur, 188.
Weissenberger, Adele, 88. 92.
Weissmann, R., 183. 185.
Weisswange 176. 179.
Wendriner, H., 182.
Wendt, Georg von, 13.
Wersiloff, N., 138.
Werther, J., 77.
Weyl, Th., 218*.
\
White, Franklin W., 60. 65.
White, W. Haie, 175.
Widal, F., 58.
Wieg, K. von, 128. 130.
Wiener, Hugo, 114. 115. 117. 118.
124.
Wiesinger, A., 259.
Wilder, Burt G., 3. 26.
Wükinson, W. Camao, 182. 184.
Williams, A. Wessels, 60. 61. 65.
Williams, C. Theodore, 173. 182.
Williams, E. H., 60.
WiUiamson 171.
Willson, R. N., 201.
Winter, Eduard, 138. 141.
Winternitz, Wilhelm, 181.
Wittmaack, E., 166.
Wittmer, H., 95.
Wohlgemuth, J., 151.
Woizechowsky 212.
Wolf 198.
Wolff, A., 233.
WolfF, Br., 252.
Wolff, F., 181.
Wolff, Max, 69. 72.
Wood, Casey A., 211.
Wormser, E., 189.
Wrede, L., 49.
Wurdack, Ed., 201.
Wynn, William, 14. 23.
Wynter, W. Essex, 198.
Wyrubow, N. A., 131. 133.
Sahn, F. Wilh., 176. 179.
Zangemeister, W., 85. 231.
Zangger, Heinrich, 6.
Zangger, Theodor, 180.
Zappert, Julius, 139.
Zarniko, Carl, 216*.
Zeleny, C, 221.
Zeuner, W., 182.
Ziehen, Th., 3. 128. 132. 137.
Zietzschmann, Otto, 138.
Zingerle, H., 14. 24. 32. 33. 153.
Zinno, A., 195.
Zoepffel, Rudolf, 238. ^
Zosin, P., 8.
Zuckerkandl, E., 25. 26. 31. 32. 36. 38.
Zuckerkandl, 0., 217*.
Zohr, J., 61. 68.
Zumbusch, Leo von, 76.
Zuntz, N., 154.
Zupnik, L., 60. 62. 195.
Für die Redaktion verantwortlich : Dr. P. J. MObins in Leipsif . — Vorlag von S. HInel in LelpEig.
Druck von Walter Wigand in Lelpcig.
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SCHMIDTS
JAHRBÜCHER
DER
IN- UND AUSLÄNDISCHEN
W>
HERAUSGEGEBEN VON
P. J. MÖBIÜS üHD H. BIPPE
IN LEIPZIG.
DBaud SSO.
Jahrgang 1903. — Heft 10.
Ho. 8S$.
Aasgegeben am 10. Oktober 1^
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I der ianeren
A. Orfginälabhandlttiigeii tu Uebersiohten.
Smmiar a. RiehUr. Bericht über die wichtigeren Fortschritte f
. Medidn im Jahre 1902. 8. 1.
MiUUr, Jahresbericht üb^r die neaeren Leistangen auf dem Gebiete der Hydrotherapie,
Balneotherapie) Klimatotherapie nnd Phototherapie. 8. 6.
Starck, Neuere Arbeiten über Thyphns abdominalis. S. 27^
B. AiiSBftge.
Medldaliehe Physik, Chemie nnd Botanik.
8. 4S.
Anatomie nnd Phyriologie. 8. 44.
^AUgemdne Pathologie nnd pathologische
Anatonüe. 8. 48.
Pharmakologie nnd Toxikologie. 8. 54.
C« Büofaeranieigen. S. 101.
Nenropathologie nnd Psychiatrie. S. 57.
Itmere Medicin. S. 65.
Gebnrtshülfe, Fraaen- und Kinderheilkunde .
S. 73.
Chirurgie, Augen- u. Ohrenheilkunde. S. 87.
Hygieine und 8taatsarzneiknnde. 8. 97.
Verlag yon 8. HIEZBL in IBIPZIO, Königtttratse 2.
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Pilul. Sanguinal. Krewel com Gaajacol. carbon. 0«05
und 0,10
sur Bekämpfung der ScrophuloM «nd Taberculot«, ftlr den
scbvitc tasten Magen TerdaulicL.
4. Pilnl. Saoguinal. Krewel cum Jod. pur. 0,004
bei Vemitus gravidarum, Scropbulos« and deo animlscbeo
Formen der Fettleibigkeit
5. Pilul. Sanguinal. Krewel cum Eztr. Rhei 0.05
bei Darmträgheit und Atonie der Verdaaanffsorgmne.
6. PiHil. Sanguinal. Krewel cum acid. arsenicon. 0,0006
bei chrooischer Malaria und Neurasthenie, Chorea, Neuralgien,
Mifrräne, Psoriasis, alten Ekzemen, Diabetes, malignen Lympbomea,
Leukämie etc.
7. Pilul. Sanguinal. Krewel cam Natr.ciDDamjlic.0,001gT
bei Scropbuloae und Tuberculoie in bereiis ▼orgeiehriueoen Stadiea.
Krewel & C!:* Fabrikchtn.-pharn.rrSpinte. Olli «/ik.
6. m ft H
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SCHMIDTS
JAHRBÜCHER
DER
IN- UND AUSLÄNDISCHEN
GESAMMTEN MEDICIN.
HERAUSGEGEBEN
VON
P. J. MÖBIUS UND E DIPPE
IN LEIPZIG.
JAHRGANG 1903. BAND 280.
LEIPZIG
VERLAG VON S. HIRZEL.
1903.
Jdßt6uc^et
der
in* ttnb meUivibi\<!^tn gefamm^en (lUe^itin.
Bd. 280.
1903.
Heftl.
A. Originalabhandlungen und Uebersichten.
Bericht über die wichtigeren Fortschritte auf dem Gebiete
der inneren Medicin im Jahre 1902.^)
Von
Professor H. Senator und Privatdocent P. F. Richter
in Berlin.
Der Bericht sohliesst sich in seiner Anlage und
Ausdehnung den in den beiden Vorjahren erstat-
teten an ; er beschrftnkt sieh darauf, aus der Fülle
des Materiales dasjenige herauszugreifen, was an
diagnostischen und therapeutischen Fortschritten
vor Allem der Praxis zu gute kommt oder wenig-
stens in dieser Sichtung eine Förderung verspricht.
Wir behandeln zunSchst einige wichtigere Er-
gebnisse auf dem Qebiete der InfektionkratMieUm.
In der Tuberkuhsefrage ist eine Klärung zwi-
schen den Ansichten Koch 's und seiner Gegner
(siehe den vorigen Bericht) noch nicht erzielt.
Nach Arloing, Orth u. A. besteht die Auf-
fassung von der Identität der menschlichen und
der Rindertuberkulose noch immer zu Recht ; da-
fOr sprechen auch Fälle, in denen gesunde Leute,
die viel mit tuberkulösem Vieh zu thun haben,
wie Schlächter, Thierärzte u. s. w., an typischer
Taberkulose, namentlich der Haut, erkrankt sind.
So berichtet z. B. Krause über die Impftuber-
knlose eines Schlachthausarbeiters, die durch die
tuberkulösen Organe von Schlachtvieh erfolgte.
Die mikroskopische Untersuchung der excidirten
Lymphdrüsen ergab Tuberkulose. Aehnliche Fälle
sind von Lassar u. A. beschrieben worden.
Vielfache Bearbeitung hat auch in diesem
Jahre die Frage der Serumiiagnose bei Tuberhuiose
gefunden. In Fortsetzung seiner früheren Studien
über diesen Gegenstand kommt Romberg zu
») Vgl. Jahrbb. CCLXXV. p. 1.
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft. 1.
dem Schlüsse, dass das Blutserum tuberkulose-
freier Personen Tuberkelbacillen-JS^uZmonen nicht
agglutinirt Bei klinisch sicheren Tuberkulosen
ist die Reaktion in der Mehrzahl der Fälle positiv.
Die Reaktion versagte bei einer Anzahl schwer
auftretender und rasch fortschreitender Phthisen
und ebenso bei Processen, die seit längerer Zeit
zum Stillstände gekommen waren. Ein Hülfs«
mittel für die Frühdiagnose manifester Tuberkulose
ist die Reaktion nicht.
Auch Nebelthau und C. Fraenkel sprechen
der Serumdiagnose praktischen Werth ab, nament-
lich zur Stellung der Frühdiagnose.
Nach De Grazia kommt ^ei Agglutination^
fahigkeü der Tuberkelbacillen weder für die Dia-
gnose, noch für die Prognose eine Bedeutung zu.
Das Blutserum Tuberkulöser kann nach ihm unter
Umständen auch andere Gulturen als Tuberkel-
bacillen lebhaft agglutiniren. Zwischen dem Grade
der Agglutination und dem Stadium der Krankheit
besteht keine Beziehung. Und ähnlich absprechend
lautet das Urtheil von Gebhard und Tornay:
Das Blutserum der an Tuberkulose Leidenden
agglutinirt wohl meistens Tuberkulosebacillen-
culturen; aber diese Erscheinung ist durchaus
nicht für Tuberkulose charakteristisch, da auch
das Blutserum an anderen Krankheiten Leidender,
ebenso wie das Gesunder manchmal dieselbe Reak-
tion geben kann.
Hinsichtlich der Entstekung der Lungentuber-
kühne ist eine Arbeit von Ribbert von Bedeu-
Senator und Riohter, Fortschritte auf dem Gebiete der inneren Medicin.
tung, der entgegen der allgemeinen Annahme, dass
sich in der Lunge emgeatkmeie Bacillen festsetzen,
ebenso wie früher Aufrecht, die Anschauung
vertritt, dass viel häufiger, als man glaubt, die
tuberkulöse Lungenphthise hämatogen zu Stande
kommt, dass also die Lunge erst sekundär vom
Blute aus ergriffen wird. Nur dann, wenn in
grosser Anzahl Bacillen aspirirt werden oder wenn
die Lungenspitze besonders ungünstig gestellt,
oder durch anderweitige Erkrankung leichter dazu
disponirt ist, sollen die Bacillen sich sofort im
Qewebe festsetzen.
Vielfach hat sich im Berichtjahr das Interesse
den S^iokokkeninfMianm zugewandt Nachdem
auf Grund klinischer Ergebnisse und theoretischer
Betrachtungen besonders Menzer für die Art-
einheit der verschiedenen Streptokokkenvarietäten
eingetreten ist, versuchen andere Autoren dafür
biologische und experimentelle Bewdse zu er-
bringen. Marmorek zeigt, dass Streptokokken
verschiedener Herkunft das gleiche Toxin erzeugen.
Das Serum, welches mit dem Toxin des einen
Mikroorganismus hergestellt wurde, erweist sich
im Thierexperiment auch gegen die anderen Arten
wirksam.
Aronsohn hat ein Serum dargestellt, das
Mäuse gegen Streptokokkenkrankheiten schützt.
Mit Hülfe dieses Serum und der Agglutination-
reaktionen konnte gezeigt werden, dass sich bio-
logisch sftmmtliche Streptokokkenarten gleich ver-
halten.
Mit einem nach dem Principe Tavel's dar-
gestellten Antistreptokokkenserum, d. h. einem
solchen, bei dem die vom Menschen stammenden,
zur Immunisirung der Thiere benutzten Strepto-
kokken nicht erst wiederholten Thierpassagen
unterworfen werden, sondern direkt auf die zur
Serumgewinnung geeigneten Thiere, besonders
Pferde, verimpft werden, hat an Menschen in
grösserem DmCange Menzer Versuche angestellt
Dieselben erstreckten sich zunächst auf den Ge-
lenkrheumatismus, der ja heute allgemein als eine
Streptokokkenaffektion angesehen wird. Beson-
ders bei ehranisehem Gelenkrheumatismus haben
die Versuche zufriedenstellende Resultate ergeben.
Von anderen Streptokokkenaffektionen ist durch
Aronsohn und Moser besonders die Serum-
behandlung der Searlaiina in Angriff genommen
worden. Auch das Moser 'sehe Serum ist, ähn-
lich wie das Menzer 'sehe, nach dem oben erör-
terten T a V e 1 'sehen Principe gewonnen. Vorläufig
liegen über diese neue Behandlungsweise des
Scharlachs noch zu wenig Erfahrungen vor, um
ein abschliessendes ürtheil darüber zu ermöglichen.
üeber TyphtM obdaminaHs ist wenig von Be-
lang zu berichten. Namentlich in England werden
die Versuche der Schutzimpfung dagegen durch
Einverleibung abgeschwächter Culturen fortgesetzt,
nach Wright mit nicht ungünstigem Resultate:
von den Geimpften erkrankten an Typhus procen-
tualiter etwa nur halb so viel, als von den ünge-
impften ; auch wo trotz der Impfung die Krank-
heit auftrat, soll ihr Verlauf schneller und leichter
als bei den üngeimpften gewesen sein.
Dagegen hat der sogenannte Paraiyphm ein-
gehende Beachtung gefunden. Man versteht darun-
ter Fälle, die kliniat^ dem Typhus abdominalis
gleichen, bei denen aber, wie in Deutschland zuerst
Schottmüller und Kurth gezeigt haben, eine
Agglutination der gewöhnlichen Typhusbacillen
durch das Serum der Kranken nicht stattfindet
Statt der Eberth 'sehen Bacillen findet man in
Harn und Faeoes Mikroben, die zwar erster^ sehr
ähnlich sind, aber doch durch eine Reihe cultureller i
Merkmale von ihnen unterschieden werden können
(Kayser, Brion, Cushing U.A.) und die etwa
zwischen Typhus- und Ooliarten stehen.
Solche „Paratyphusbacillen'' sind auch anderer-
seits bei Krankheiten gefunden worden, die nicht
unter dem Bilde des Typhus verliefen, sondern
mehr unter dem einer Pyämie. So beschreibt
Schmidt einen Fall, in dem in den endo-
karditischen Auflagerungen und im eiterigen In-
halte der Oelenkhöhlen Paratyphusbacillen con-
statirt wurden. Indessen schlägt Brion in der
eingehenden klinischen Studie, die er dem Krank-
heitbilde widmet, vor, nur solche Fälle als „Para-
typhus'' zu bezeichnen, die die Typhussymptome
darbieten. Das sind im Ganzen bis jetzt schon 66
(mit 2 Sektionen), ein Beweis, dass es sich um
eine praktisch nicht unwichtige und auch ver-
breitete Abart des gewöhnlidien Typhus abdomi-
nalis handelt
Vom Tsianua wäre zu erwähnen, dass sich die
Stimmen mehren, die den Erfolgen der Behring'-
schen Antitoxinbehandlung skeptisch gegenüber-
stehen. An einer grösseren Reihe von klinisch
genau beobachteten Fällen zeigt Ullrich, dasa
von einer sicheren Wirkung des Antitoxin in den
von ihm behandelten Fällen keine Rede war.
Die Zahl der Tetanusfälle ist übrigens auch
in diesem Berichtsjahre, wie in den früheren, durch
unglückliche ZufWe bei Gelegenheit der zu therm*
peutischen Zwecken angewendeten subcatanen
Grelatine-Injektionen vermehrt worden.
Wir besprechen nunmehr einige bemerkens-
werthere Arbeiten aus dem Gebiete der Erkran-
kungen des Beapiraiionaapparatea.
Auf das seltene Krankheitbild der Bron^tioUtis
fibroaa Müeram lenkt A. Fraenkel die Auf-
merksamkeit Die Affektion besteht in einem in
akuter oder subakuter Weise erfolgenden binde-
gewebigen Verschlusse der feinsten Bronchen und
kann bei grosser Ausdehnung durdi Behinderung
der Athmung in kurzer Zeit zum Tode führen.
Eingehende Untersuchungen über Vorkommen
und Verbreitungsweise der Bacillen bei der JF^mu-
numie hat in Fortsetzung früherer Versoohe
E. M ü 1 1 e r angestellt (Gemeinschaftlich ist allen
Pneumonien die interstitielle Verbreitung der Keime
Senator und Biohter, Fortschritte auf dem Gebiete der inneren Medicin.
in den Saftbahnen der Septen. Frühzeitig werden
die pleuralen Lymphgef&sse entzündet, daher die
Seitensohmerzen im Beginne der Erkrankung, noch
ehe Infiltrationen und Exsudationprooeese manifest
geworden sind. Was die Natur der Erreger be-
trifft, so fand Müller bei 103 Pneumonien 98nud
den Diplooooous Fraenkel, 18mal inBeincultur,
in den übrigen Fällen mit anderen Bakterien ver-
geeeHaohaftet
Zur besseren Erkennung der tuberkulüsen Natur
einer Plmniiia sohlftgt Grober vor, den Thierver-
BQoh in grosserem umfange als diagnostisches Hülfs-
mittel zu benutzen, als dies bis jetzt geschehen
ist In klinisch als tuberkulös anzusprechenden
Exsudaten war trotz mikroskopischen Fehlens
des Tuberkelbacillus, wie der Thierversuch ergab,
dieser fast regelmässig vorhanden; es gelang,
durch Injektion des Exsudates bei Meerschwein-
chen typische Bauchfelltuberkulose zu erzeugen.
Bei der sogen. „idiopathischen^V Pleuritis fand sich
in etwa % — Vt ^^ ^^® Tuberkulose.
Vielfach sind zur Diagnose der Pleuraergüsse
und anderweitiger Exsudate im Berichtsjahre eyio-
bgisehe Studien herangezogen worden; allerdings
sind über ihre Bedeutung die Meinungen der Autoren
noch getheilt.
Nach A. Wolff spricht es für den tuber-
kulüsen Charakter eines Exsudates, wenn dasselbe
bis zur Hälfte und mehr Lymphoeykn enthält Bei
akut entzündlichen Processen überwiegen multi-
nukleäre Zellen und Epithelien, indessen kann
dies auch in den Anfangstadien des tuberkulösen
Exsudates der Fall sein. Lymphocyten sind meist
leicht zu erkennen, jedoch sind durch Degenera-
tionzustände Verwechselungen möglich. Zu ähn-
lichen Beeultaten kommen Qalland, Ravault
u. A., dagegen verhält sich Patella der Cyto-
diagnose gegenüber skeptisch; die Lymphocyten
der Exsudate glaubt er von den Endothelien ab-
leiten zu sollen. Tarchetti undRossi kom-
men auf Orund der mikroskopischen Untersuchun-
gen zahlreicher Pleura- und Peritonäalexsudate zu
dem Schlüsse, dass der Werth der Gytodiagnostik
ein viel begrenzterer ist, als man geglaubt hat, und
dass man aus ihr eine DifFerentialdiagnose auf
Tuberkulose in den meisten Fällen nicht stellen
kann.
Nur weniges Neue, was für die Praxis wichtig
wäre, ist auf dem Gebiete der Krankheiten des
OirkukAionapparQiUs publicirt worden. Gegen die
sehr verbreitete Annahme von einer aJa/Uen Horz-
däakUum nach Ueberanstrengung (bei gesunden
Herzen), die in der Buhe wieder rasch verschwin-
den soU, wendet sich A. Hof mann; dieselbe
giebt es nicht, wie genaue Röntgenaufnahmen ge-
zeigt haben. Wahrscheinlich handelt es sich in
solchen VSilen nur um einen vermehrten Füllung-
zustand dee Herzens.
Unter den zahlreichen Arbeiten aus dem Ge-
biete der Magen- und DarmpcUhologie wäre zu-
nächst zu erwähnen, dass gegenüber mancherlei
kritischen Einwänden, die erhoben worden sind
(Bönninger, v. Eoczikowski u. A.), Sahli
noch einmal den Werth seines bereits im vorigen
Berichte näher erwähnten neuen Verfahrens zur
Bestimmung der Magenfunktion näher präoisirt
Dasselbe gründet sich bekanntlich auf die Ver-
wendung des Fettes für die Probediät; Fett wird
im Magen nicht resorbirt, es lässt sich leicht
quantitativ bestimmen, so dass nach Ausheberung
aus den zurückgebliebenen Mengen geschlossen
werden kann, wie viel in den Darm befördert
worden ist Sahli hebt hervor, dass mit seiner
Methode die drei Faktoren der Motilität, Sekre-
tion und Resorption auseinander gehalten werden
können.
Mehrfach ist die Pathogenese des Uleua ventri-
euU Gegenstand der Bearbeitung gewesen. Van
Yzeren hat an Thieren durch subdiaphragma-
tische Trennung der Nervi vagi ein chronisches
Ulcus pepticum hervorgerufen. Einige Tage nach
der Operation trat erhöhter Tonus des Pylorus mit
Magenkrämpfen auf. Van Yzeren sucht nun
zu beweisen, dass dieser Zustand bei der Ent-
stehung des Ulcus eine grosse Rolle spiele, indem
dort, wo er durch Spaltung der Muskulatur der
R^io pylorica verhindert wurde, auch das Ulcus
ausblieb. Therapeutisch würde nach Van Yzeren
aus diesen Versuchen folgen, dass man Maass-
nahmen gegen den Pyloruskrampf zu trefPen habe.
Nach S c h m i d t ist viel schwerer als das Ent-
stehen kleiner Defekte das Chronischwerden der-
selben zu erklären. Er glaubt, dass von besonderer
Bedeutung die Gontraktion der Magenwand ist,
die bewirkt, dass der Defekt durch Ueberdachung
mit Schleimhaut ganz gegen das Magenlumen ab-
geschlossen wird. Bleibt diese aus, so entwickelt
sich aus dem einfachen Defekte durch die ver-
dauende Kraft des Magensaftes ein Geschwür. Bei
der häufigsten Ursache des Magengeschwüres, bei
der Chlorose, besteht sehr häufig auch eine mangel-
hafte Contraktilität der Magenmuskulatur.
Von iherapeutiaehenYoTwM&gen bei Ulcus ven-
triouli ist der von Walke erwähnenswerth, näm-
lich die Empfehlung des Olivenöls, nachdem W.
durch Verabreichung von grossen Dosen (100 bis
300 g) bei Hyperaciden Erfolge gesehen. W. giebt
es zuerst esslöffel weise, dann 50g 3mal täglich.
Er wendete es mit Ausschluss anderer Nahrungs-
mittel so lange an, bis die schwersten Erschei-
nungen vorüber waren (3 — 6 Tage). Rectalernäh-
rung kann während dieser Zeit angewendet werden.
Namentlich die Schmerzen sollen bei dieser Be-
handlung meist rasch verschwinden.
Das von Curschmann angegebene diagno-
stische Zeichen der Leukocyiose bei Perityphlitis
(s. den vorjährigen Bericht) hat, wie zu erwarten
war, eine lebhafte Diskussion hervorgerufen. Im
Ganzen lauten die Angaben zustimmend. Nach
Longridge giebt der Nachweis einer Vermeh-
Senator und Richter, Fortschritte auf dem Gebiete der inneren Hedicin«
rung der Leukocytenzahl zwar nicht sicher das
Vorhandensein von Eiter an, wohl aber erlaubt er
einen Schluss auf die Ausbreitung des krankhaften
Processes ; eine progressive Zunahme der Leuko-
cyten weist auch auf eine Zunahme der entsflnd-
lichen Erscheinungen hin. Wassermann hält
die Leukocytenzählung bei der Appendicitis fflr
sehr wichtig; hftufig wurde auf Qrund derselben
trotz klinisch verhältnissmässig harmloser Sym-
ptome die Operation gemacht und dabei eine un-
verhältnissmässig weite Ausdehnung des eiterigen
Processes aufgefunden. Nicht so xuoerUusig wie
der positive Äusfaü der Probe ist der neffotive: Bei
sehr schwerer Erkrankung kann in Folge mangel-
hafter Reaktionfähigkeit des Organismus die Stei-
gerung der Leukocytenzahl ausbleiben.
Riedel macht auf die praktisch wichtige That-
sache aufmerksam, wie häufig bei Appendicitis die
typische Dämpfung in der rechten Fossa iliaca
fehlt Sie ist nicht nachweisbar, wenn die Appen-
dix weit von der Fossa iliaca entfernt perforirt
wird; die Yorhanden gewesene Dämpfung ver-
schwindet, wenn Ghts in den Abscess tritt
Ein interessantes Erankheitbild schildert Ort-
ner, die Angioskierose der Darmarterien: Bei dem
55jähr. Fat traten 2 — 3 Stunden nach der Mahl-
zeit unter Auftreibung des Leibes heftige Schmer-
zen um den Nabel herum auf; Colon ascendens und
descendens wurden durch die Bauchdecken hin-
durch sichtbar. Die Obduktion ergab chronische
Endarteriitis der Brust- und Bauchaorta. 0. nimmt
an, dass bei seinem Kranken, während der Darm
in Thätigkeit war, eine Ischämie im Oebiete der
Art. mesaraica supenor eintrat
Von sonstigen Affektionen der Bauchorgane ist
Manches fiher Erkrankungen der Leber zu berichten.
Seit der Publikation Senator 's über die Banti'-
sohe Krankheit (siehe vorjährigen Bericht) sind
mehrere casuistische Mittheilungen auf diesem Ge-
biete erfolgt Erwähnenswerth wäre, dass Ghiari
eine schärfere Umgrenzung des Begriffes „Banti'sche
Krankheit*^ fQr nothwendig hält. Die Schwierig-
keiten der Diagnose zeigen 4 von ihm beschriebene
Fälle, von denen einer gewiss, die anderen wahr-
scheinlich auf Lues hereditaria tarda zurückzufahren
waren.
Als neuen therapeutischen Vorschlag empfehlen,
namentlich italienische Autoren (Tan sin i u. A.)
die Splenektomie in Verbindung mit der Talma'-
schen Operation.
Bei Lebereirrhose hat Helferich von der
Tal manschen Operation günstige Resultate ge-
sehen ; lokale Störungen durch Omentofixation haben
sich in seinen Fällen nicht herausgestellt Für den
Erfolg ist neben der Herstellung neuer und der Er-
weiterung der vorgebildeten Verbindungen zwischen
Pfortaderbahnen und grossem Kreislaufe vor Allem
die Verwachsung der Eingeweide untereinander
und mit der Bauchwand wesentlich; durch letzteren
umstand wird der Ascites unmöglich gemacht
Wir wenden uns nunmehr zu den Nterm-
erkrankungen.
Qtegen die von chirurgischer Seite mehrfach
aufgetauchten Bestrebungen, Nephritiden daich
operativen Eingriff, Spaltung der Niere, zur Hei-
lung zu bringen, wendet sich Senator. Er weist
nach, dass Spannung und Entzündung der Niere
als Ursache von Nierenkolik mit Blutung durch
nichts bewiesen ist, und dass die Spaltung der
Niere kein Mittel dagegen darstellt Wo bei Nieren-
kolik die Blosslegung der Niere mit und ohne Spal-
tung wirklidi hilft, handelt es sich um andere Dm«
stände, vor Allem um die Lösung van Verwach-
sungen, die, wie Senator speciell an den von
Israel publidrten Krankengeschichten zeigt, in
der überwiegenden Mehrzahl der Fälle, zum Theil
in recht ausgiebiger Weise, vorhanden waren.
Zu ähnlichen Anschauungen ist auch Row-
sing gelangt
Die Bestrebungen, die ArbeOgrösse der Nieren
möglichst genau zu bestimmen, haben im Berichts-
jahre manche Fortschritte zu verzeichnen.
Illyes und Kövesi, sowie Friedrich
Strauss stellen den sogen. „Verdünnungsversuch^*
in den Dienst der funktionellen Nierendiagnostik,
namentlich bei einseitigen Nierenerkrankungen.
Sie zeigen, dass eine Funktionverminderung auf
einer Seite nach reichlichem Wassertrinken ange-
zeigt wird durch die Verzögerung des Eintrittes
der Verdünnung, durch den unterschied der Harn-
menge und durch die relative Beständigkeit der
molekularen Concentration, die nach Flüssigkeit-
aufhahme auf der kranken Seite nur eine geringe
Aenderung der Gefrierpunktemiedrigung zeigt
H. Strauss sucht für die funktionelle Nieren-
diagnostik eine sicherere Basis, als bisher, zu ge-
winnen, indem er die Arbeit der Niere bei be-
stimmten, ihr zugemutheten Aufgaben feststellt
Er prüft die Nierenarbeit nach Zufuhr von Wasser,
von Kochsalz und vonEiweisslösungen, und macht
besonders auf den diagnostischen Werth der sogen.
„ValenzzahP^ (Produkt aus Oefrierpunktsemiedri-
gung und Hamtagesmenge) und des Verhältnisses
von molekularer Concentration zu procentualem
Kochsalzgehalte aufmerksam.
Femer ist zur Erweiterung der funktioneilen
Nierendiagnostik die Bestimmung der elektrischen
Leitfähigkeit angewendet worden (Steyrer,
Löwenhardt, P. F. Richter). Namentlich
für einseitige Nierenaffektionen stellt sie eine werth-
volle Ergänzung der bisherigen Methoden dar, wäh-
rend die Untersuchung des Blutes in dieser Rich-
tung bei hämatogenen Nierenaffektionen und spe-
ciell bei Urämie nichts Charakteristisches ergiebt
(Bickel).
Auch eine Erhöhung der Viseosität des Mutes
ist in den meisten Fällen von Nephritis nicht zu
constatiren (Hirsch und Beck); nur 2mal, nach
dem Ausbruch urämischer Erscheinungen fand sich
eine gesteigerte innere Reibung.
Senator und Richter, Fortschritte aof dem Oebiete der inneren Medicin.
Praktisch nicht ohne Bedeutung erscheint die
Bnztoirkung auf die Bamwege, die Lüthje von
den SaüeyJpräparaten festgestellt hat Er hat die
Beobachtung gemacht, dass bei Iftngerem Salicyl-
gebranche im vorher eiweissfreien Urin Albumen
auftrat, daneben wurden alle Arten von Gylindem,
Lenkocyten und Erythrocyten gefunden.
Gegen Blutungen aus den Hamwegen, ins-
besondere aus der Nase, hat sich das Adrenalin be-
währt (Frisch u. A.).
In die unklare Pathogenese des sogen. Dreihral"
fiders suchen Bertelsmann und Man Licht zu
bringen. Sie nehmen an, dass wenigstens ein Theil
derartiger Fälle durch Eindringen von Bakterien in
das Blut aus den Harnwegen entstände. Im Blute
lassen sich die Keime manchmal nachweisen, mit-
unter verschwinden sie rasch ; in selteneren Fällen
fahren sie zu Sepsis. Dasürethralfieber leichtester
Art entsteht nach den Autoren wahrscheinlich durch
Eindringen nicht pathogener Reize in die Blutbahn.
In der JSuipaihologie wendet sich das Haupt-
interesse noch immer den speoifiaehm Blutserum-
methoden zu ; sie sind jetzt derart ausgebaut, dass
sie namentlich auf forenaisehsm Qehiete sowohl fQr
die Entscheidung, ob Blut überhaupt vorhanden,
dann aber auch, ob Thier- oder Menschenblut, sehr
werthvolle Fingerzeige geben und, richtig ange-
wendet, die bisherigen Methoden an Sicherheit über-
treifen (ühlenhuth u. A.).
Zur Bestimmung des MweissgtihaUes des BhUes
unter physiologischen und pathologischen Verhält-
nissen empfiehlt Strubelldie Blutuntersuchung
mittels BßfrcMameier ; in kQrzester Frist soll damit
der Biweissgehalt sich bestimmen lassen.
Von therapeutischen Bestrebungen auf dem Qe^
biete der Xi^tiAomM wäre zu berichten, dassFranke
in einem Falle von lymphatischer Leukämie eine
Emulsion der Lymphdrüsen hergestellt, dieselbe
Kaninchen injicirt und auf diesem Wege ein Serum
gewonnen hat, das leukolytische Eigenschaften
leigte. Er hofft, durch die subcutane Injektion
Ton derartigem Serum einen Einfluss auf die Drüsen-
tamoren leukämischer Kranker zu erzielen.
Unter den Stoffwechselkrankheiten ist es be-
sonders die Lehre vom Z)iaft6^nM//i^u«, die manche
Bereicherung erfahren hat
Den sogen. Langerhans'schen Inseln (siehe
vorigen Bericht) wird bei Autopsien jetzt eine er-
höhte Beachtung geschenkt Herzog fand fast
oonstant Veränderungen in denselben; entweder
hyaline Degeneration oder die Inselzellen unter
gleichzeitiger Bindegewebewucherung geschwun-
den. Weichselbaum und Stangel consta-
tirten in 15 Fällen Verminderung und Verkleine-
rong der Inseln, theils einfache Atrophie, theils
Vacuolenbildang und Verflüssigung, theils Sklerose.
Sie stehen der Theorie, dass die Langerhans'schen
Inseln bei der Umwandlung der Kohlehydrate
eineBoUe spielen, nicht unsympathisch gegenüber.
Ssobolew sah nach Unterbindung des Aus-
führungsganges des Pankreas imThierexperimente
die Langerhans'schen Inseln erhalten; Diabetes
trat nicht ein. Seine pathologisch-histologischen
Untersuchungen führen ihn ebenso, wie die vorher
genannten Autoren, dazu, ihnen eine Bedeutung für
den Zuckerumsatz im Organismus zuzuschreiben.
Dass in vielen Fällen von Diabetes neben
Dextrose auch Lävulose ausgeschieden wird, zeigen
Rosin und Laband. Sie haben ausserdem
Gelegenheit gehabt, einen fast reinen Fall von
Lävulosurie zu beobachten, in dem das Vorhanden-
sein von Lämdose im Ekde mit Sicherheit fest-
gestellt werden konnte. Bei alimentärer Lävulosurie
fanden mit einer neuen, einwandfreien, von Neu-
berg angegebenen Methode Lävulose im Blute
Neuberg und Strauss.
Auf Störungen des FettsiofftvethseU beim Dia-
betes lenkt Schwarz die Aufmerksamkeit Bei
schwerem Diabetes constatirte er eine alimentäre
Erhöhung des F6<<^6^(m tmEfu(0. UeberLipämie
bei schwerem Diabetes berichtet auch Stadelmann.
Mit unseren bisherigen theoretischen Vorstel-
lungen schwer vereinbar, aber praktisch von Wichtig-
keit und darum werth, registrirt zu werden, ist
die Angabe von Schlesinger, dass Diabetiker
sich längere Zeit bei einer Diät wohl befanden, die
weit unter der ihnen vom Standpunkte der Calorien-
lehre und nach Maassgabe ihrer Zuckerverluste
zuzubilligenden lag.
Von sonstigen StofftüsehselanofnaHen sei noch
einer interessanten Arbeit über Pho^haiurie ge-
dacht. Soetbeer und Krieger nehmen auf
Grund ihrer Befunde von normalen Werthen für
die Phosphorsäure, erhöhten dagegen für den Kalk
im Urin, während die Kalkausfuhr durch den Darm
vermindert ist, eine Ueberladung der Gewebe mit
Kalk an ; in Störungen der Kalkresorption im Darme
suchen sie die Ursache dieser noch immer so
dunkeln Affektion.
Mit neuen Nähr- und Arxneipräparaien hat uns
auch das vergangene Jahr in grösserer Anzahl be-
schenkt Von letzteren seien erwähnt das Adrenalin,
das bei Blutungen aus den verschiedensten Organen
lokale Anwendung gefunden hat, bei dessen Ge-
brauch allerdings, wie mehrere Beobachtungen
lehren, mit Rücksicht auf eventuelle toxische Wir-
kungen Vorsicht geboten ist Femer das Theocin,
das sich als zuverlässiges Diureticum bewährt hat
(Dreser, Minkowski u. A.).
Die in den letzten Jahren wieder häufiger ge-
übte Sauerstoffbehandlung erhält vielleicht ein
grösseres Anwendungsgebiet, wenn sich die An-
gaben Gärtner's über intravenöse Sauerstoffinjek''
Honen bestätigen. Die chemische Reinheit des
Gases und eine richtige Zufuhrvorrichtung voraus-
gesetzt, soll (nach Thierversuchen) diese Art der
Applikation gefahrlos sein und käme besonders
bei akuten Erstickungen, bei Vergiftungen mit
Kohlenoxydgas und bei Asphyxie der Neugeborenen
in Betracht
Müller, Hydrotherapie, Balneotherapie, Klimatotherapie und Phototherapie.
Jahresbericht über die neueren Leistungen auf dem Gebiete
der Hydrotherapie, Balneotherapie, Klimatotherapie und
Phototherapie. ^)
Von
Dr. Franz C. Müller
in Münofaen«
Alljährlich wächst die Zahl der wisBensohaA-
lichen Arbeiten auf den vorgenannten Gebieten,
besonders das Lichtverfahren hat durch die über-
zeugenden Studien Finsen's eine Reihe be-
geisterter Anhänger gefunden, besonders in Buss-
land. Dabei lässt sich nicht verkennen, dass die
exakten Angaben des Erfinders der Methode viel-
fach wenig beachtet werden, wodurch sich die
weniger guten Erfolge, die von lianchen berichtet
werden, ungezwungen erkläre. — Die Hydro-
therapie hat Gegner gefunden, und zwar gerade in
klinischen Kreisen, in denen sie so lange Aufnahme
suchte, die ihr aber nur theilweise gewährt wurde.
Es macht den Eindruck, als ob die AUerwelts-
hydrotherapie eines £neijc)p erst jetzt bei den Hütern
der Wissenschaft die längst verdiente schroffe Ab-
lehnung finden sollte und als ob darunter auch
ernste, ohne Frage bedeutungsvolle Untersuchungen
von Fachmännern Schaden litten. Als der Zauber
in Würishofen noch im Gange war, da wurden die
warnenden Stimmen, die gerade aus den Reihen
der Hydropathen unablässig tönten, überhört —
und jetzt, wo der Stern erblichen ist, erinnert man
sich derselben, ohne einzugestehen, dass die wissen-
schaftliche Wasserheilknnde immer den Auswüchsen
dieser Laientherapie gegenüber negirend auftrat
Die Balneotherapie steht vor einer vollkom-
menen Umwälzung, die auf die Untersuchungen
K ö p p e 's zurückgeführt werden muss. Der Glaube
an die Sicherheit der analytischen Untersuchung
der Quellen wurde erschüttert und, ohne dass
die Warnungen Eöppe's berücksichtigt wurden,
wagte sich die mystische Spekulation wieder an
das Licht und suchte in den Quellen ein undefinir-
baree, wunderbares Etwas, das man nicht nach-
weisen kann, das aber gerade das Wirksame ist
So wären wir wieder beim „Brunnengeist" ange-
kommen, wenn nicht die Fortschritte der Physik
und Chemie solchen Extravaganzen ein Halt ge-
bieten würden. Auch die Frage, ob die Haut für
im Wasser gelöste Stoffe permeabel ist oder nicht,
wurde wieder aufgerollt und in ausführlichen Pro-
und Gontraschriften behandelt Nicht minder auf-
fallend ist das grosse Interesse, das in Kohlensäure-
Bädern den Herzkranken entgegengebracht wird.
Die funktionelle Herzdiagnostik und Herztherapie,
i) Ygl. Jahrbb. CCLXXVl. p. 6.
die am Anfange einer grossen Entwickelung steht,
die Erfolge in Nauheim und Homburg eröffneten
weite Ausblicke, so dass fast allenthalben die
Herzkrankheiten als Gontraindikationen gestrichen
und als Indikationen aufgestellt wurden. Dass die
Hydropathen die Furcht auch vor umcompensirten
Herzfehlern verloren haben, werden wir im Texte
sehen. Aber mit den Eohlensäurebädem, mit der
individuellst angewandten Wasserbehandlung allein
ist es nicht gethan, so lange nicht die Herzdiagnostik
der neueren Richtung Allgemeingut der Aerzte ge-
worden ist Noch immer sträubt sich die „Schule^
dagegen, anzuerkennen, welchen gewaltigen Fort-
schritt die Phonendoskopie bedeutet, noch inuner
herrscht der Streit, ob dasBöntgenbild eine bessere
Diagnostik gewährleistet, als das Phonendoskop.
Inzwischen mehren sich die reinen Herzsanatorien
zusehends und das Zeichen der Zeit ist nicht mehr
die Neurasthenie, sondern das kranke Herz. Wenn
Hellpach in den „Gulturproblemen der Gegen-
wart*' die endlich beginnende Befreiung von der
Geisel des verflossenen Jahrhunderts andeutet, giebt
ihm die medicinisohe Forschung Recht
Die Elimatologie bewegte sich auf b^angenen
Bahnen. Neu ist die Zerlegung des Gebirgsklima in
die einzelnen Gomponenten und deren Erforschung.
— In den balneologischen Vereinen wurde fleissig
gearbeitet, die Gurse in Baden-Baden haben sich
bewährt und locken zahlreiche Wissbegierige nach
der alten Thermenstadt
Ä, Hydrotherapie,
a) Allgem&me Hydrotherapie.
Simon Baruch, Ein Deeennium Hydro-
therapie. (BL f. klin. Hydrother. XII. 5. 1902.)
Die Hydrotherapie, die so alt ist wie die
Medioin selbst, hat im letzten Deeennium grosse
Fortschritte gemacht und starke Gegner gefun-
den. Man muss, um Misserfolge zu verhüten,
lernen, die Principien der Heilwirkung zu erkennen
und muss bei jeder einzelnen Procedur physio-
logisch denken. Fehler werden verhütet, wenn
die Hydrotherapie auf den Universitäten gelehrt
wird, und wenn das Wasserheilverfahren in iext
Händen erfahrener Aerzte bleibt üeber der rohen,
empirischen Anwendung waltet ein Unstern, sie
allein hat das Verfahren in Misskredit gebracht
B. wiederholt das, was Winternitz bei jeder
Müller, Hydrotherapie, Balneotherapie, Elimatotherapie und Photodierapie.
Gelegenheit betont, dase die Hydrotherapie kaum
eine Contraindikation hat, wenn sie der Fachmann
flbt, dass sie aber in den Händen des Laien ein
äasserst gefährliches Werkzeug ist
J. Marouse, Die Entwickekmg der Hydro-
Ihmipie an den deuieehen ünivereitäten. (Bl. f. klin.
Hydrother. Xu. 6. 1902.)
Bis zum Jahre 1877, wo das Lehrbuch der
Hydrotherapie von Winternitz erschien, brachte
man der Wasserheilkunde in ärztlichen Kreisen
wenig Vertrauen entgegen ; bis sie sich die akade-
mischen Kreise erobern konnte, soUte es noch viel
Iftnger dauern. Heute haben wir eine hydrothera-
peutische Klinik in Berlin und eine physikalische
HeiUnstalt, die die Stadt München im Kranken-
iMttse links der Isar Lehrzwecken zur Vwfügung
stellte. Kleinere hydrotherapeutische Abtheilun-
gen, die den medicinischen Kliniken angegliedert
sind, finden sich noch in Leipzig und Heidelberg.
Immer noch überwuchert die Pharmakotherapie
Alles, und die Kliniker verschmähen es im Allge-
meinen, hydropathische Anweisungen zu geben.
Ausser dem /Vmmtto'schen Umschlage und dem
warmen Bade mit darauffolgender Abkühlung sind
die Hülfsmittel der Wasserheilkunde an den Uni-
versitäten noch immer unbekannt, so dass der
jonge Arzt in die Praxis tritt, ohne sie zu be-
herrschen. Die Hydrotherapie ist keine Mode-
saehe, auch keine ephemere Doktrin und die Oe-
Bchichte lehrt zur Oenüge, dass sie immer wieder
durchdringt Es ist Pflicht des Staates, im Inter-
esse der Volksgesundheit den breitesten Boden für
die Anwendung dieser Wissenschaft zu schaffen.
J. Marcuse, Dae kydrotherapeutiache Inetüut
an der OnwereüiU BerUn. (Ztsohr. f. diätet u.
physikaL Ther. V. 3. 1902.)
Die QrOndung eines hydrotherapeutischen In-
stitutes an der Berliner Universität, das der Ober-
aullBicbt des Prof. Brieger unterstellt wurde,
mtkt eine Poliklinik und eine Klinik vor. Beiden
gemeinaam ist ^ Badepavillon, der sich der Poli-
klinik anschliesst Nach der Beschreibung, die M.
giebt, 8ind die Bäume noch etwas bescheiden,
jedenfalls weniger opulent eingerichtet als die
kydropathiflohe Anstalt im Münchener Kranken-
liause L d. L Während aber dort nur den Spital-
patienten, nioht auswärtigen Patienten das Institut
zur Verfügung steht, wurde die Berliner Station in
3Vs Monaten von nahezu 800 Patienten besucht
Von Lehrbüchern liegen nur zwei vor :
G.Pick, Kurxgefaaete prakUsehe Hydrotherapie.
(Berlin 1902. J. J. Heine. 188 8. 3 Mk.)
Das Bncb. stammt aus der Winternitz-
Sohnle und bringt die dort gelehrten Orundsätze.
AUee ermüdende, wissenschaftliche Beiwerk ist
weggelassen, so dass die Arbeit das hält, was der
IStel verspricht — kurzgefasate praktische An-
leiEtang. Die ,,8oiMitifisehe** Begründung der Hydro-
therapie ist auf knappen 12 Seiten abgehandelt
Dieser folgen die Anwendungsart, die Indikation
und Dosirung der einzelnen hydriatischen Proce-
duren. Out drei Viertel des Buches sind den-
jenigen Krankheitformen gewidmet, die zweck-
mässig vom Hydropathen behandelt werden. P.
giebt die hervorstechenden Symptome und erläutert
an diesen, welche Indikationen zu erfüllen sind,
und wie man sie erfüllen kann. Dabei betont er
immer wieder, dass die Hydrotherapie nicht in
starre Beceptformen gezwängt werden kann, son-
dern von Fall zu Fall strenges Individualisiren ver-
langt Als Naohschlagebuch für den praktischen
Arzt ist die vorliegende Arbeit sehr zu empfehlen,
sie wird aber auch dem Hydropathen vom Fach,
der nicht Zeit findet, umfassende Werke durch-
zulesen, ein guter Bathgeber sein.
G. S. Vinaj, Uidroierapia. (Mailand 1902.)
Das Lehrbuch des bekannten italienischen
Hydropathen athmet vom Anfange bis zum Schlüsse
Wintern itz'schenGbist, wobei jedoch die eigenen
Forsohungsresultate V.'s nicht unbeachtet bleiben
sollen. Von grosser Belesenheit zeugt die Ge-
schichte der Hydrotherapie, von umfassenden Kennt-
nissen die Physiologie. Im 3. Capitel bringt V.
die Technik des Wasserheilverfahrens, die er durch
das Bagno raffreddaio bereichert hat Die specielle
Hydrotherapie ist aus langjähriger Erfahrung und
auf Grund exakter klinischer Beobachtung ge-
schrieben und zeigt die Verwerthbarkeit der Hydro-
therapie bei den einzelnen Krankheiten.
Eine Streitfrage ersten Hanges behandelt :
Hecker, Die sogenannte Jbkärtung der Kinder,
(Münchn. med. Wchnschr. XIX. 46. 1902.)
Die Vorschläge, die zwecks Abhärtung von den
Einzebien gemacht werden, sind sehr verschiedener
Natur: während Brücke erst dann kalte Ab-
waschungen räth, wenn das Kind läuft, und auch
Fi sohl die eigentliche Abhärtung nicht vordem
4. Lebensjahre beginnt, ist T r u m p p der Meinung,
dass man nicht frühzeitig genug damit b^innen
könne, den Körper zu stählen. Hufeland Hess
die Kinder von der 3. Woche ab vom Kopfe bis zu
den Füssen mit kaltem Wasser waschen, wogegen
Bock die Anwendung niedriger Temperaturen
verbot Durch eine Seihe eigener Beobachtungen
und durch Bundftsgen bei den Müttern kam H.
dazu, die Abhärtung nicht als Selbstzweck anzu-
rathen, sondern nur als Mittel, um den Körper
gegen die Angriffe der Natur wehrhafter zu machen.
Man muss die Kinder an die Luft des Zimmers
(zeitweiliges Biossiegen) und an die Luft; im Freien
gewöhnen, soll die SLleidung dem Klima und der
Jahreszeit anpassen und die Gewöhnung an kaltes
Wasser, für die es kein Schema giebt, nur sehr
langsam durchführen, „wie man sich in einen
starken elektrischen Strom hineinschleicht'' Säug-
linge sind unter allen Umständen warm zu halten.
Von grossem Interesse sind einige Mittheilungen
H.'s, aus denen hervorgeht, dass unvernünftige,
brüske Abhärtung ernstlichen Schaden verursachen
kann und vielfach nervöse Erregungzustände der
8
Müller, Hydrotherapie, Balneotherapie, Elimatotherapie and Phototherapie.
Kinder verschwinden, wenn man mit der Wasser-
behandlung aufhört
Gegen Hecker wendet sich:
S. Baum, Zur Abhärtung miUeUt kifdriaiiadier
Proeedurm, (BL f. klin. Hydrother. Xm. 2. 1903.)
B. weist in wissenschaftlich einwandfreier
Weise nach, dass die Hisserfolge durch die fehler-
hafte Anwendung des kalten Wassers zu erklftren
sind. Durch eine Beihe von glücklichen Kuren
aus seiner und Winternitz's Clientel zeigt
B., dass die richtige Dosirung die Hauptsache ist,
und gerade deshalb die Hydrotherapie unter Um-
ständen zu den lebenrettenden Mitteln gehört
Heck er 's Orundsfttze, Säuglinge unter allen Um-
ständen warm zu halten, werden dahin richtig ge-
stellt, dass dieser Satz für die Tage derOesundheit
Oeltung hat, aber die pathologischen Zustände des
1. Lebensjahres und der Kindheit überhaupt am
zweckmässigsten und sichersten hydrotherapeu-
tisch zu behandeln sind. Aus dnigen Beispielen,
dieB. bringt, geht übrigens hervor, dass die Hydro-
pathen viel zu ängstlich sind, ängstlicher als ihre
Kranken, die oft gegen den Willen des Arztes ein-
greifende Kuren mit Erfolg durchmachen, und dass
jeder Körper ein Temperaturoptimum hat, das aus-
probirt werden muss.
E. Becker, üeber die Veränderungen der Zu-
sammeneelxung des ^utes durch vaeomoiariaehe Be-
einflussungen, insbesondere durch Einwirkung von
Käue auf den ganzen Körper. (BL f. klin. Hydrother.
XTL 8. 1902.)
Die Zahl der rothen und der weissen Blutkör-
perchen ist in den Gapillaren und dazu gehörigen
Venen nahezu gleich. Trifft ein Kältereiz die ganze
Körperoberfläche, so werden die rothen und die
weissen Blutkörperchen in den Capillaren vermehrt,
aber nicht gleichmässig, die weissen mehr als die
rothen. Auch in den Venen zeigte sich eine Ver-
mehrung, aber zu Gunsten der Ery throcyten. Schon
nach 1 Stunde waren die Blutveränderungen meist
wieder ausgeglichen. Diese Erscheinungen führt
B. auf vasomotorische Einflüsse, Wasserabgabe aus
dem Blute und Stauung der Blutkörperchen in den
Gapillaren zurück. Die Vermehrung der Leuko-
cyten erklärt sich auch theilweise durch die von
der Kälte hervorgerufene RandschichtenbilduDg.
M. Herz, üeber denEinfluss thermischer Beize
auf die Temperatur entfernter EautsteUen. (BL f.
klin. Hydrother. XIIL 4. 1903.)
H. bediente sich bei seinen Versuchen der instru-
mentellen Thermopalpation, die er schon 1897 an-
gegeben hatte. Er fand, dass die Temperatur einer
Hautstelle nicht constant ist, sondern fortwährend
ohne Bücksicht auf äussere Einflüsse schwankt
Die reflektorisch ausgelöste Erwärmung einer Haut-
steile wird durch einen vorausgegangenen Kältereiz
gefördert, die Abkühlung durch einen Wärmereiz
gehemmt Bei Nervenkranken [welcher Art?] war
die Reaktion derHautgefässe träger als in der Norm
und blieb mitunter ganz aus.
F. Winkler, Studien Ober die Beeinflussung^
der Bauigefässe durch thermische Beixe. (BL f. klin.
HydroÜier. Xm. 2. 1903.)
Beke-Callenfels beschrieb zuerst die R^ex-
Wirkung der Hydrotherapie, indem er die Füllung
der OhrgefSsse bei Kanindien studirte, die man in
kaltes oder warmes Wasser eingetaucht hatte.
Daran schliessen sich die bekannten Untersuchun-
gen 8 c h ü 1 1 e r 's an der Pia trepanirter Kaninchen.
Beke-Callenfels bezog das Phänomen auf das
Centralorgan, während Paneth einen Reflex von
der Haut auf dieOhrgefltosnerven annahm. W. hat
die Versuche seiner Vorgänger geprüft und ge-
funden, dass albinotische Thiere sich am besten
eignen und die Veränderung durchschnittlich 5 bis
10 Sekunden nach dem Eintauchen erfolgt Zar
Erklärung sind 3 Möglichkeiten gegeben : direkte
Reizwirkung auf das Gefässomtrum, Vermittelung
durch die sensiblen Hautnerven und direkte Wir-
kung auf die Gefftssmuskeln. Durch zahlreiche
Untersuchungen kommt W. zu dem Schlüsse, der
Beeinflussung des Oefftsscentrum durch die Tempe-
ratur des Hedullarblutes, sowie der direkten Wir-
kung der Temperatur auf dieGefässe keine wesent-
liche Rolle zuzuschreiben und als Ausgangspunkt
für das Zustandekommen der Femwirkung eines
thermischen Reizes nicht die durch ihn h0rvo^
gerufene Bluterwärmung oder -Abkühlung, sondern
die veranlasste Erregung der peripherischen Enden
von Temperatumerven anzunehmen.
Die Bedeutung der Reaktion, die in den Kinder-
jahren der Hydrotherapie wenig beachtet wurde,
kommt immer mehr zur Geltung.
S. Baruch, Die Beförderung der Beaktionnadi
kauen Wasserproceduren. (Berl. klin. Wchnschr.
XL. 8. 1903.)
Viele Aerzte lassen sich von der Anwendung
des kalten Wassers abschrecken, weil sie den Shock
fürchten oder nicht auszugleichen vermögen. Der
erfahrene Hydropath vermeidet die Gefahren des
Shocks dadurch, dass er für die richtige Reaktion
sorgt Er kennt 2 Arten: die Nerven-(Reflex)-
Reaktion und die Gefäss-(Vasomotoren-)Reaktion.
Sie stützen sich auf das bekannte physiologische
Gesetz, dass milde Reize stimuliren, starke dagegen
deprimiren. Die schlechten Erfolge, die man in
einzelnen Kliniken mit der Anwendung kalter Bider
bei fieberhaften Krankheiten hatte, sind nur darauf
zurückzuführen, dass man es versäumt hatte, die
Reaktion auszulösen. Das beste Mittel dazu ist die
dauernde Frottirung während des Bades. Also
nicht die Herabsetzung der Temperatur bei akuten
Krankheiten oder die Erreichung einer, wenn auch
nur geringen Shockwirkung bei chronischen AfCak-
tionen ist das vom Therapeuten Anzustrebende,
sondern die Hervorrufung einer raschen und ge-
nügenden Reaktion.
G. Arienzo, üeber das sogen. Beaktionafieber
bei Wasserkuren. (Ann. di EL med. e Ther. phys.
n. 1902.)
Müller, Hydrotherapie, Balneotherapie, Elimatotherapie und Phototherapie.
Die Beobachtung, dass eine Wasserkur zu-
weilen unterbrochen werden muss, weil sich Fieber
einstellt, vervollständigt A. dadurch, dass er gleich-
zeitig Obstipation gefunden hat. Er ^chliesst nun,
dass Duschen Verstopfung verursachen und deren
Folge eine fieberhafte Autointoxikation des Körpers
sei. Sogar einen Mikroorganismus hat A. bei
solchen Patienten gefunden, der bei Ratten tOdt-
lioh wirkte.
J. Makaweew, üeber die Veränderung der
Körpertemperatur und des Puiees unter dem Einfluss
verschiedener Wannenbäder gleicher Temperatur und
Ober den Einfluss des Maieriales, aus dem die Wannen
gebaut sind, auf die Abkühlung des Inhaltes der-
selben. (AUg. med. Centr.-Ztg. LXXI. 68. 1902.)
Schlammvollbäder von32<>R. erhöhen die Haut-
temperatur und die Innentemperatur des Körpers,
Schlammsitzbader gleichfalls, jedoch die äussere
mehr als die innere. Am stärksten wirken in dieser
Hinsicht verdünnte Schlammvollbäder, dann Sool-
vollbäder, schwächer reine Schlammvollbäder, am
schwächsten reine Schlammsitzbäder. Gegen Ende
des Bades wird der Unterschied zwischen Aussen-
und Innentemperatur unbedeutend, nach dem Bade
vergrössert er sich wieder. Das Material der Wanne
hat einen grossen Einfluss auf die Temperatur des
Bademedium. Metalle haben geringe Wärme-
capacität und grosse Wärmeleitung, Kacheln und
Marmor grosse Capacität und geringe Leitung,
Holz hat relativ ungeheuere Capacität und mini-
male Leitung. Die fleissige und umsichtig durch-
geführte Arbeit konnte nur bereits bekannte That*
Sachen bestätigen.
W. Krebs und M. Mayer, Blutbefund bei
Sehwitxproeeduren. Aus d. hydrotherapeut. Anstalt
d. Universität Berlin. (Ztschr. f. diätet u. physikal.
Ther. VL 7. p. 371. 1902.)
Schwitzen von 16 — 25 Minuten in Heissluft-
bädem verursacht meist massige Leukocytose, Zu-
nahme des Hämoglobingehaltes und des speciflschen
OewiditOB. Olühlicfat- und Bogenlichtbäder unter-
scheiden sich in dieser Hinsicht nicht von anderen
heissen Bädern. Heisse Wasserbäder (40^ C.) ver-
mehren die Leukocyten nicht, specif. Gewicht und
Hämoglobingehalt werden meist geringer. Die
Schwitzkuren haben keinen wesentlichen Einfluss
auf die qualitative und quantitative Zusammen-
setzung des Blutes, sie wirken nur durch eine Be-
einflussung der Gewebe selbst und derCirkulation-
verhältnisee.
Laqueur und Loewenthal, üeber die Be-
einflussung der Butxusammensetxung durch lokale
kydrothercgmUisehe Prooeduren. (Ztsohr. f. diätet.
u. physikaL Ther. VL 4. p. 211. 1902.)
Die Arbeit, die aus dem hydrotherapeutischen
Institute der Universität Berlin hervorgegangen ist,
zeigt, dass örtliche Wasseranwendungen sowohl
am Orte der Applikation, als auch an entfernten
Körperstellen eine in engenOrenzen sich bewegende
Veränderung der Blutzusammensetzung hervor-
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft 1.
rufen können. Gonstant ist die Veränderung nach
erregenden, inconstant nach abkühlenden EiDgrifFen.
Am meisten werden die Leukocyten beeinflusst,
indem am Orte des thermischen Reizes eine Ver-
mehrung, am entgegengesetzten Körpertheile eine
Verminderung eintritt.
0. Müller, üeher den Einfluss von Bädern
und Duschen auf den Blutdruck beim Menschen,
(Münohn. med. Wchnschr. XLIX. 15. 1902.)
Kühle, nicht bewegte Bäder steigern den Blut-
druck und vermindern die Pulsfrequenz, wärmere
Bäder erniedrigen den Blutdruck und erhöhen,
sobald die Körperwärme überschritten wird, die
Herzthätigkeit Wenn die Bäder höher als 40« G.
temperirt sind, steigt der Blutdruck gradatim mit
Zunahme der Pulsfrequenz. Der Blutdruck sinkt
dann in ^3 — ^ Stunden wieder, und zwar häufig
unter die Norm. Bei bewegten Bädern wird gleich-
falls eine Blutdrucksteigerung, aber von kürzerer
Dauer beobachtet
G.Edlefsen, üeber kaUeEinwickelungen zum
Zweck der Wärmeentxiehung und die Methode ihrer
Anwendung. (Die Krankenpfl. ü. 4. 1902—1903.)
E. betont mit Recht, dass die kalten Einwicke-
lungen, die die Temperatur herabsetzen sollen,
häufig falsch angewendet werden, weil man sie zu
selten erneuert und dadurch eine Wärmestauung
hervorruft. Andererseits ist der häufige Wechsel
der Umschläge eine Qual für die Kranken, die
dadurch nicht zur Ruhe kommen. Allen üebel-
ständen begegnet man am besten dadurch, dass
man bei Temperaturen über 40<^ im Rectum einige
(5 — 6) Stammeinpackungen in kurzer Zeit (etwa
1 Stunde) aufeinanderfolgen lässt und dann den
Kranken der Wohlthat des Schlafes überlässt. Die
Arme mit einzupacken, hält E. für falsch, weil
dadurch Betentionquellen der Wärme geschaffen
werden, die man gerade vermeiden will ; auch ist
das feste Anlegen der nasskalten Tücher an die
Seitenflächen des Thorax von hohem Werthe. Wenn
auch die Einwickelungen in der Herabsetzung der
Temperatur die Wirkung der kühlen Bäder nicht
erreichen, so sind sie deshalb doch nicht zu unter-
schätzen, weil man in vielen Fällen, namentlich in
der Privatpraxis, keine geeignete Badegelegenheit
zur Verfügung hat Die feste Einhüllung in Woll-
decken und das Bedecken mit Federbetten ist zu
vermeiden, weil der Wärmeabfluss hintangehalten
wird.
B. Tschlenoff, Die Sitzbäder, deren physio-
logische Wirkung und die Indikationen für Anu^en-
düng derselben. (Corr.-Bl. f. Schweizer Aerzte
XXXnL 21. 1903.)
TsohL bringt altes in neuem Gewanda Er
schildert die Einwirkung der kalten, kühlen und
warmen Sitzbäder auf die Blutvertheilung im Unter-
leib und ^betont dieNothwendigkeit einer genügen-
den Reaktion. Unter den Indikationen übersieht
er keine der wichtigen und ist gleich den Hydro-
pathen der Üeberzeugung, dass die Sitzbäder eines
2
10
Müller, Hydrotherapie, Balneotherapie, Elimatotherapie und Phototherapie.
der vielseitigsten und darum werthvoUsten Heil-
mittel sind, das wir kennen. Wie gut er die Lite-
ratur kennt, beweist der umstand, dass er die
kurzen, kalten Sitzbftder, die P i n g 1 e r vor langen
Jahren in der Nachgeburtperiode lebhaft empfohlen,
wieder ausgegraben hat Auch die schottischen
Sitzduschen, die leider viel zu wenig gebraucht
werden, hat TschL nicht vergessen, kurzum,
in seiner kleinen Arbeit allen Nichthydropathen
zweifellos eine beaohtens- und befolgeuswerthe
Studie an die Hand gegeben.
Orünbaum, Zur Fhygiohgie undTBehnik der
Heiasluflbehandlung. (Ztschr. f. difttet u. physikaL
Ther. VI. 8. p. 439. 1902.)
Die Berichte, dass Temperaturen bis zu 160^0. .
vertragen werden, sind mit Vorsicht aufzunehmen,
seitdem Schreiber nachgewiesen hat, dass die
Innenwärme der Heissluftapparate ungleichmftssig
vertheilt ist 6 r., der die Angaben S c h r e i b e r's
nachgeprüft hat, fand Temperaturunterschiede bis
zu 126^, woraus erhellt, dass die Angaben des
Eastenthermometers unzuverlfissig sind. DiehOchste
verträgliche Wärme giebt Or. mit 92* an, betont
aber dabei, dass die Allgemeinwärme des Körpers
selbst bei Behandlung kleiner peripherischer Theile
steigt, die Pulsfrequenz um 20 — 30 Schläge zu-
nimmt und der Blutdruck um 10 — 20 mm sinkt
Bottey, Bydraih&rapie tm Winier. (Bev. int
de Thor. phys. 1902—1903.)
Während eine Anzahl von Aerzten, wie Du-
val, Dupr6 u. A., den Winter als die geeignetste
Zeit zur Vornahme von Wasserproceduren bezeich-
nen, weil der Stoffwechsel um so energischer ist,
je grösser die Differenz zwischen Aussen- und
Innentemperatur ist, halten Andere den Herbst und
Frühling für besser, weil da eine zu intensive
Reizwirkung ausgeschlossen ist Der Sommer wird
reservirt für Rheumatosen, Neuralgien, chronische
Bronchitis und Emphysem. Es wird aber trotz
dieser theoretischen Erwägungen beim Alten bleiben,
indem zur guten Jahreszeit die Kaltwasserheil-
anstalten von leichteren, in einem Urlaub heilbaren,
im Winter aber von den chronischen Patienten
aufgesucht werden.
W.Winternitz, Einige theareiiaeheundprah'
tische MiÜheüungen über Bydro- und Phototherapie.
(Mon.-Schr. f. Orthopäd. Chir. u. physikaL Heilmeth.
I. 8. 1902.)
In kurzen Sätzen schildert W. sein hydro-
logisches Glaubensbekenntniss , wobei er betont,
dass die latente Gegnerschaft gegen die Hydro-
therapie sich in der Aufstellung von Gontraindika-
tionen zeigt, die gar nicht vorhanden sind« So ist
der gefürchtete HerzcoUaps selbst bei Anwendung
kältester Temperaturen zu vermeiden, wenn sach-
gemäss vorgegangen wird. Vor Allem wendet
sich W. gegen Aufrecht, der bei Lungentuber-
kulose vor jeder Anwendung des kalten Wassers
gewarnt und dadurch immer eine Verschlimmerung
gesehen hat Die Lichttherapie W.'s beschränkt
sich darauf, dass er den ganzen Körper oder ein-
zelne Theile mit rothem Stoff bedeckt den Sonnen-
strahlen aussetzt Er erzielt dadurch Verminde-
rung chronischer Hyperämien, Anämisirung hyper-
ämischer Hauttheile, Besserung und Heilung von
Ekzemen.
Würth, Ueber dasDauerbad, seine Anwendung
und Erfolge, (Wien. klin. Wchnsohr. X VL 1. 1903.)
W. hat 102 Kranken über 2000 Dauerbäder
verabreichen lassen und fand, dass diese bei länge-
rem Gebrauch allmählich ihre Wirksamkeit ver-
lieren, sowie dass häufig ohnmachtähnliche Zu-
stände im Bade auftreten. Den besten Erfolg hatten
die Dauerbäder bei den Erregungzuständen des
manisch-depressiven Irreseins. Am schlechtesten
wurden sie bei der Erregung der reinen Katatonie
ertragen.
b) Spedeüe Hydrotherapie.
A. Loebel, Zur Meehano- und Hydrothert^
der Ereishufstörungen. (Bl. f. klin. Hydrother.
XIL 5. 1902.)
Indem wir den ersten Theil der Arbeit als hier
nicht einschlägig übergehen, weisen wir auf die
Lehren der Winternitz-Schule (Buxbaum)
hin, nach denen die Hydropathen sich an die
schwersten Compensationstörungen heranwagen
dürfen. Der Herzschlauch (kühl) erzielt schon
nach 15 — 20 Minuten eine Beruhigung der Herz-
thätigkeit bis zu 20 Schlägen. Der Herzstoss wird
kräftiger und die Diastole verlängert Als Anfangs-
procedur empfiehlt Wey rieh die Theil Waschungen
mit kühlen Temperaturen. Dann geht man zu
Halbbädem (22—250 G., 3—5 Hinuten) über, die
Kohlensäureausscheidung und Sauerstoffaufnahme
vermehren. Bei hartnäckigen Hydropsien mit
Albuminurie kommen die Dampfbäder in Betracht,
die nur 5 — 6 Minuten dauern sollen, während die
gleichzeitig applicirte Herzkühlung 1 — 1^, Stun-
den andauert
N. Wood, Bäder und Gymnastik bei ehroni-
sehen Herxkrankheiien. (Münchn. med. Wchnschr.
L. 13. 1903.)
Es eignen sich neben der beginnenden CFefäsa-
entartung hauptsächlich Herzneurosen und Fälle, in
denen sich der Nachweis einer organischen Läsion
nicht führen lässt Bei allen fortgeschrittenen
Herzaffektionen, sowie bei ausgesprochener Geftss-
degeneration, namentlich mit gleichzeitiger Albu-
minurie haben Hydrotherapie und Gymnastik wenig
Erfolge. Im Gegensatze dazu stehen die Veröffent-
lichungen von Winternitz und seiner Schule,
die viel weiter geht und trotzdem vorzügliche
Resultate aufzuweisen hat Es giebt nach W. keine
Herzkrankheit, die eine Contraindikation für hydro-
pathische Maassnahmen abgäbe. Es ist auffallend,
welcher Wechsel in den letzten 15 Jahren in den
Anschauungen über Herzkrankheiten eingetreten
ist, wie man die Scheu vor der Behandlung der-
artiger Kranker immer mehr verloren und die
Müller, Hydrotherapie, Balneotherapie, Klimatotherapie und Fhototherapie.
11
Prognose günstiger gestaltet hat. In allerjüngster
Zeit scheinen theilweise ungünstige Erfahrungen
einen Rückschlag vorzubereiten.
Marcel S6e, Hydriatiaehe Behandlung der
Lepra. (Rev. int de Th6r. phys. 19. 1902.)
Namentlich heisse Bäder werden empfohlen,
daneben kommen die Arsenik- und Schwefelther-
men in Frage, wobei der Werth einer alkalischen
Eisentherme in Java gerühmt wird. Zum inner-
lichen Gebrauche eignet sich unter den Arsen-
wässem die Ouberquelle. S. meint, dass auch die
Fi nsen- Therapie und die Arsen valisation aus-
probirt werden müssen, weil beide Methoden, theo-
retisch wenigstens, schon wiederholt in Vorschlag
gebracht worden wären.
J. Gokielow, Heiaaea Waaaer gegen Eczema
aeiäum. (Oaz. des Eauz p. 2259. 1902.)
Die Dermatologen scheinen die bisherige Scheu
vor dem Wasser langsam zu verlieren, denn bei
Edzema acutum wird neuerdings heisses Wasser
mit möglichst hoher Temperatur empfohlen. Da-
durch soll es gelingen, den Juckreiz rasch zu be-
seitigen and die Entzündung in massigen Schranken
zu halten. Auch die Heilung wird beschleunigt;
in einzelnen Fällen wurde eine abortive Wirkung
des heissen Wassers festgestellt
Perrier, Hydrotherapie beiinfekiionen, (Oaz.
des Eaux p. 2268. 1902.)
P. hftlt die Hydrotherapie für geeignet, die
dem Körper schädlichen Mikroben zur rascheren
Ausscheidung zu bringen, was um so werthvoller
ist, als dabei gleichzeitig der Eräftezustand des
Körpers gehoben wird.
George Mannheimer, Hydrotherapeiäiea
in gaatramieaünal diaeaaea, (New York med. Becord
LXn. 11. p. 414. Sept 1902.)
Die Kaltwasserbehandlung der Magen- und
Dannerkrankungen umfasst nicht nur die äusser-
lichen Proceduren, sondern auch dieRectaleinläufe
und die Magenspülungen. Letztere beiden zur Hydro-
therapie zu rechnen, scheint etwas gezwungen,
widerspricht wenigstens dem allgemeinen Sprach-
gebrauch. Wesentlich Neues bringt die Arbeit, die
vor Allem den Werth der äusseren Anwendungen
bei funktionellen MagenstOrungen betont, nicht.
WerthvoU scheint die Empfehlung heisser Um-
schläge bei eiterigen Processen in der Umgebung
der Appendix ; nach den auch von anderer Seite
bestätigten Erfahrungen hemmt die Hitze das Fort-
schreiten der Eiterung.
Lemoine, Deber kaUe B^ckUinjekiumen beim
Typhua. (Nord m6d. Aoüt 1901.)
Wenn ans irgendwelchen Gründen kalte Bäder
verboten sind, empfiehlt L. die Injektion von 1 bis
2 Litern abgekochten Wassers, das in einer Tem-
peratur von 18 — 20® C. langsam in das Rectum
gebracht wird. Die Injektion soll nicht auf einmal
gemacht werden, sondern durch einige Pausen
unterbrochen werden. Als nothwendig wird eine
ausgiebige Entleerung des Darmes bezeichnet Es
soll damit gelingen, die Temperatur vorübergehend
zu erniedrigen und Delirien zu vermeiden.
Kellogg, Hydriatiache Behandlung der Amu-
monie. (Good Health Nr. 2. 1903.)
K. verordnet zur Behebung der Schmerzen
heisse Stammumschläge. Sobald die Athmung
freier geworden ist, folgen kalte Brust- und Rücken-
umschläge. Die Körpertemperatur wird am besten
durch feuchte Einpaokungen oder durch kalte
Rectaleingiessungen erniedrigt Warme Umschläge
und das Schlürfen von warmem Wasser stillen den
quälenden Hustenreiz. Sobald die akuten Sym-
ptome beseitigt sind, wird die Resorption durch
erregende Umschläge befördert.
Abba, Warme Bäder bei Pneumonie. (Rev.
Int de Th6r. phys. Nr. 13. 1902.)
Die warmen Bäder werden vor Allem angenehm
empfunden und lindern die lokalen Beschwerden,
so dass sie beruhigend wirken. In zweiter Linie
erhöhen sie den Blutdruck und begünstigen die
Ausscheidung der Toxine. Da sie nicht auf die
Temperatur wirken, sind sie als ein zweifelhaftes
Mittel anzusehen.
W. Wertheimer, Zur Hydrotherapie dea
Baaedow. (Bl. f. klin. Hydrother. XII. 9. 1902.)
An einem lehrreichen Falle legt W. dar, wie
er von den einfachsten Proceduren (Theilwaschung)
bis zur heroischen Eintauchung in kaltes Wasser
übergegangen ist und dabei einen langsamen Nach-
lass der Symptome, namentlich von Seite des
Herzens, beobachten konnte. Die Arbeit ist des-
halb lehrreich, weil W., streng auf dem Boden der
Winternitz- Schule stehend, jeweilig seine
Maassnahmen durch physiologische Gründe rechte
fertigt, und wird der Hydrotherapie der Basedow'-
schen Krankheit neue Freunde gewinnen.
Bleuer, Hydrotherapie bei Paychoaen. (Gaz.
des Eaux p. 2268. 1902.)
Während Bl. die Anwendung des kalten Wassers
auf wenige Fälle beschränkt, schwärmt er für die
indifferenten Bäder, denen er eine beruhigende
Wirkung zuschreibt Namentlich bei Maniaka-
lisohen sollen sie werthvoll sein, aber auch bei der
Melancholie gewähren sie grosse Erleichterung.
Die Duschen werden principiell verboten.
P. Keraval, Die Behandlung von Oeiatea-
atörungen mU dem continuirliehm Bade. (Rev. de
Th6r. Nr. 11. 1902.)
In der Kraepelin 'sehen Klinik werden auf-
geregte Kranke Wochen und Monate lang im per-
manenten Bade (von 34* C.) gehalten, wobei jedoch
medikamentöse Beruhigungsmittel nicht immer ent-
behrt werden kOnnen. In Fachkreisen wird die
gute Wirkung derartiger Bäder zwar anerkannt,
aber doch auch auf die Kostspieligkeit und Um-
ständlichkeit des Verfahrens aufmerksam gemacht
Vor Allem soll der Stoffwechsel durch den Ge-
brauch der permanenten Bäder gesteigert werden.
12
Müller, Hydrotherapie^ Balneotherapie, Elimatotherapie und Fhototherapie.
A. Strasser, PhyaüuUische Therapie der Epi*
hpeie. (Bl. f. klin. Hydrother. Xu. 6. 1902.)
Die herrschende Lehre macht das Auftreten
der Anfälle von einem epileptischen Beizzustand
der Hirnrinde abhängig. Dieser Beiz kann ver-
mindert oder aufgehoben werden durch Kühlung
des Kopfes, Bückenkühlapparate und temperirte
Halbbäder. (Die feuchten Einpaokungen, die sonst
die Beflexerregbarkeit rasch herabsetzen, haben
keinen Vorzug vor den genannten Proceduren.)
Dazu kommt, dass die Hydrotherapie auf die ganze
Ernährung des Epileptikers, auf seinen Geistes-
zustand und auf seine Ausscheidungsfunktionen
günstig einwirkt und ihm die Bromtherapie er-
leichtert, weil sie deren schädliche Nebenwirkungen
aufhebt. Auch in der anfallsfreien Zeit ist es am
Platze, den Körper durch hydropathische Maass-
nahmen, deren Methodik dann eine recht freie sein
kann, zu kräftigen. Die innere Anwendung des
Wassers hat nur eine minimale, höchstens eine
diuretische Bedeutung.
R Balneologie.
1) Balneotherapie.
M. Boloff , Genügt die chemische Analyse ais
Grundlage für die therapetUische Beurtheüung der
Mineralwässer? (Halle a. d. S. 1903. C.Marhold.)
Die Arbeiten KOppe's haben Widerhall im
balneologischen Lager gefunden und es wurde so-
fort der Versuch gemacht, die alten Mineralwasser-
analysen zu beseitigen und durch die Bestimmun-
gen des Gefrierpunktes und der Leitfähigkeit des
Wassers den mühsam vertriebenen Mysticismus
wieder in die Balneologie einzuführen. Und dieses
geschah trotz der Warnungen Koppe 's, dass die
bisherige Vorbildung der Aerzte vorläufig noch
nicht auf die Ionen zugeschnitten ist. Es wurde
behauptet, dass die neuen „wunderbaren" Eigen-
schaften nur den natürlichen Mineralquellen, nicht
den im Laboratorium entstandenen Salzlösungen
ähnlicher chemischer Zusammensetzung zukämen.
Dagegen meint Boloff: Es kommt nicht sowohl
darauf an, ob die chemische Analyse alle wirksamen
Stoffe und Eigenschaften einer Mineralquelle be-
stimmen kann, als vielmehr, ob sie dies mit einer
für unsere Therapie genügenden Genauigkeit leistet
Bei den in grösseren Mengen vorhandenen Stoffen
genügt die bisherige chemische Analyse, denn ihre
Fehler sind nur verschwindend klein und kommen
bei der Therapie nicht in Betracht Bei den nur
in kleinen Mengen vorhandenen Stoffen wird, wenn
sie chemisch aktiv sind, also eine physiologische
Wirkung zu erwarten steht, auch die Fehlergrenze
der analytischen Methoden hinausgeschoben, so
dass sie trotz ihrer geringen Mengen mit ge-
nügender Sicherheit nachzuweisen sind. Mengen,
die die Grenzen der Analyse nicht erreichen, sind
physiologisch nicht mehr als wirksam anzusehen.
Die Constitution oder der Dissociationzustand der
in grösseren Mengen vorhandenen Salze wird durch
minimale Mengen anderer Stoffe nicht beeinflusst
Die Grenze der Geschmacksunterscheidung li^
unter der Grenze der physiologischen Wirksamkeit,
aber über der Grenze der analytischen Methoden.
B. kommt zu dem Schlüsse, dass die durch die
analytische Chemie festgestellte lonentabelle als
hinreichende Grundlage für die therapeutische
Beurtheilung angesehen werden kann, dass die
den Charakter eines Mineralwassers bestimmenden
Stoffe sicher und genügend genau festgestellt wer-
den können und die Annahme, es seien in den
Quellen noch Stoffe vorhanden, die den Methoden
der analytischen Chemie spotten, durch nichts be-
wiesen und unwahrscheinlich ist
A. Prüssian, Die neueren Methoden der phy-
sikalisehen Chemie und ihre Bedeutung für die Bal-
neologie. (Petersb. med. Wchnschr. N. F. XIX» 13.
1902.)
Die neuen Untersuchungsmethoden gehen auf
die im Jahre 1887 erschienenen Arbeiten von
Van t'Hoff: „üeber die Natur der Lösungen''
und von Arrhenius: „UAer die elektrolytische
Dissociation der in Wasser gelösten Stoffe" zurück.
Die Thatsache, dass stärkere Verdünnung stärkere
chemische Aktivität bedingt, wurde erst durch drei
von einander unabhängig durchgeführte Unter-
suchungsmethoden erklärt. Die erste dieser Metho-
den ist die Bestimmung des osmotischen Druckes
der Lösungen, die zweite die Bestimmung der Qe-
frierpunktserniedrigung und die dritte die Messung
der elektrischen Leitfähigkeit der Lösungen. Die
Bedeutung der Ionen der Heilwässer als Träger
osmotischer Bewegungsenergie ist nicht die ein-
zige Folgerung, die wir aus den neuen Auffassungen
für die Balneologie ziehen können, von grösserer
Bedeutung ist die Erkenntniss, dass wir in den
Ionen Elemente mit elektrischer Ladung vor uns
haben, deren specifische Energie bei der Berührung
mit dem menschlichen Gewebe und dessen Flüssig-
keitströmen sich geltend machen muss.
F. Jüttner, Krüisehes zur phystkaliseh-cke-
misehen Untersuchung der Mineralwässer. (Deut-
sche med. Wchnschr. XXVIII. 2. 1902.)
Trotz aller Anerkennung, die J. den Forschun-
gen Eöppe's zollt, der die Gefrierpunktsbestim-
mung und Leitfähigkeit des Wassers eingeführt
hat, um die molare, bez. ionale Stärke eines Mineral-
wassers zu finden, betont er die diesen Methoden
noch immer anhaftenden Fehlerquellen und ist der
Meinung, dass die Untersuchting nach Koppe
nicht als eine „werthvoUe Controle der chemischen
Analyse" angesehen werden kann.
W. Jaworski, üeber raOoneüe Zusammen-
setzung und therapeuiische Verujendung der Mineral'
Wässer und der Heilbäder für Sommerkuren. (Berlin
1902. Brandt. 25 S.)
J. verbreitet sich über künstliche Mineralwässer
und bezeichnet die mit Kohlensäure imprägnirten
Lösungen als Heilwässer. Sind in der Lösung
Müller, Hydrotherapie, Balneotherapie, Elimatotherapie und Phototherapie.
13
nur Mineralsalle enthalten, so spricht er von
Hineralheilwässem, sind organische Verbindungen
gelöst, Yon organischen Heilwässern. Jedes Mineral-
heilwasser mit 10 g fixen Bestandtheilen auf 1 Liter
beisst normal, mit 5 g halbnormal, mit 3.3 g drittel-
normal, mit 20 g doppeltnormal. Der Oehalt an
▼irksamen Salzen wird mit Graden bezeichnet; so
enth< das 4gr&dige Mineralbromheilwasser 4 g
Bromsalz in 1 Liter Wasser. Es bedeutet somit
die Bezeichnung: Sgrftdigea normales alkalisches
Mineralwasser, dass zur Bereitung von 1 Liter
Heilwasser 10 g trockene Mineralsalze und darin
8 g wasserfreies Natriumbicarbonat verwendet und
die Lösung mit Kohlensäure übersättigt wurden.
Man oonstruirt auf diese Weise alkalische, muria-
tische, alkalisch -muriatische, salinische, erdige,
Magnesia-, Lithion*, Jod-, Brom-, Eisen-, Arsen-
wasser, kann also alle natürlichen Mineralquellen
entbehren. Die Badekuren sind überflüssig, denn
die sonstigen „Imponderabilien'^ der Kurorte (Klima,
Diät, specialistische ärztliche Behandlung) kann
man sich auch ferne von den Bädern, eventuell
zu Hause, verschaffen. Es ist nicht neu, dass auf
diese Weise die Balneotherapie auf den Index ge-
setzt werden soll, aber es ist bisher immer nur bei
den Vorschlägen geblieben, was voraussichtlich
auch diesmal der Fall sein dürfta
K Fornet, ExperimerUeüe Beiträge Über den
Einfkua der glaubersalxhaüigen Minerahoäaser auf
dm Stoffwechsel des ikieriBehen Organiamua. (Ungar,
med. Presse YII. 26.)
Genannte Wässer verursachen durch Abnahme
des Fettgehaltes Verminderung des K()rpergewicht8.
Der Eiweissstofifwechsel wird nicht gesteigert, die
im Urin ausgeschiedene Ammoniakmenge wird
herabgeeetzt und die Ebtmsäurequantität um ein
Geringes erhöht. Die gute Wirkung bei Gicht
wird auf eine Auslaugung der krankhaft aufgespei-
cherten Harnsäure und harnsauren Salze zurück-
geführt.
Gh. Bäumler, Die Balneotherapie in ihrem
VerhäUnisa zur Oesammtmediein. (Ther. d. Gegen w.
N. F. IV. 11. p. 477. 1902.)
Eine wissenschaftliche Grundlage für die ziel-
bewusste Anwendung der Bäder konnte erst ge-
wonnen werden, nachdem die Physiologie sich
durch die Entdeckung des Blutkreislaufes auf eine
gewisse Höhe gehoben hatte. Die ersten Anfänge
der Schulhydrotherapie gehen auf C u r r i e zurück.
Noch jünger ist der wissenschaftliche Gebrauch des
Minendwassero zu Trinkkuren. Er hing ab von
den Fortschritten der modernen Chemie. Während
die Hydrotherapie ihre ersten Triumphe auf dem
Gebiete der Infektionkrankheiten feierte (Brand),
kam sie später zur Behandlung der Kreislaufstörun-
gen und Nervenkrankheiten, besonders jener funk-
tionellen Charakters. Balneotherapie und Hydro-
therapie sind wichtige Disciplinen der Gesammt-
therapie geworden und heutzutage unentbehrliche
Mittel des Heilachatzee.
Siebelt, Ueber reaorpiwe Bäderwirkung.
(31. schles. Bädertag 1903.)
Die Physiologie lehrt, dass die gesunde Haut
nicht resorbiren kann ; diesem Lehrsatze, der von
Einzelnen, wie Heidenhain, bestritten wurde,
steht die Erfahrung entgegen, dass sich manche
Badewirkung nur durch eine Resorption erklären
lässi Bekannt ist, dass Gase, wie Kohlensäure,
Kohlenoxyd, Schwefelwasserstoff, die Haut unver-
ändert passiren. Braun und Lehmann haben
nach Jodkaliumbädern im Urin Jod gefunden, das
jedoch von Einzelnen als durch die Athmungsluft
in den Körper überge^ngen angesehen wurde.
Niebergall gab Thieren, denen die Bauchhaut
rasirt war, Kochsalzbäder und fand in späteren
Serienschnitten die Haut mit Salz imprägnirt Das-
selbe war bei Blutlaugensalzbädern der Fall. Bei
FIthtenrindenbädem sah S. Ausscheidung von Ter-
pentin durch den Urin. Die Aufoahme von Gerb-
säure, die nicht zu den flüchtigen chemischen
Substanzen gehört, verursacht deutliche Abnahme
der katarrhalischen Erscheinungen des ürogenital-
tractus. Meyen behauptet von der Hnminsäure,
dass sie die Haut durchdringt, und Borna tzki
stellt den Satz auf, dass selbst die intakte Haut
bei längerer Einwirkung für verdünnte Lösungen
durchgängig ist. Die längere Einwirkung ver-
dünnter Lösungen scheint bei den Heilbädern das
Ausschlaggebende zu sein. Wir sind durch die
Thatsachen heute gezwungen, an der oben citirten
Lehre der Physiologie zu zweifeln.
J.^Marcuse, Bäder und Badewesen in Ver-
gangenheit und Oegemoart. (Stuttgart 1903. Ferd.
Enke. Gr. 8. 167 S. mit 22 Abbildungen.)
Eine culturhistorische Studie ersten Banges,
in der M. auf Grund eingehender Studien die Bade-
verhältnisse in den Culturstaaten des Alterthums,
den Niedergang im Hittelalter und die Reorganisa-
tion in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts
klarlegt Zahlreiche Abbildungen schmücken den
Text und zeigen, dass die modernen Bestrebungen
nicht ohne Erfolg geblieben sind, wenn das Bade-
wesen auch in vielen kleineren Städten Deutsch-
lands noch im Anfange der Entwickelung steht
Der werthvollste Theil des Werkes bringt die
historische Erklärung für den Niedergang der
Badefreudigkeit im Mittelalter, einerseits in dem
Ueberhandnehmen der sexuellen Ausschreitungen
in den Bädern, andererseits in der durch epide-
mische Krankheiten hervorgerufenen Angst vor den
Bädern.
Karfunkel, Brunnenkuren im Hause.
(31. schles. Bädertag 1903.)
Nachdem K. die verschiedenen Gründe erörtert
hat, die eine Brunnenkur im Hause nur als ein
wenig genügendes Ersatzmittel erscheinen lassen,
giebt er zu, dass in vereinzelten Fällen der Arzt
diese Kuren doch erlauben muss. Am geeignetsten
sind diejenigen Fälle, in denen die Quellen von
Marienbad, Karlsbad und Obersalzbrunn verordnet
u
Müller, Hydrotherapie, Balneotherapie, Elimatotherapie und Phototherapia
werden. Da die Mineralwässer ihres hohen Preises
wegen nur den Wohlhabenden zugänglich sind, so
werden die künstlichen Mineralwässer mit Vor-
theil verordnet. Am bekanntesten sind die San-
dou^Bohen Salze. Den Vorwurf, den man diesen
Salzen macht, dass sie die chemische Zusammen-
setzung ihres Vorbildes nur unvollkommen errei-
chen, hält E. für unbegründet; er macht in allen
Fällen, in denen die Sandou/schen Salze im Stiche
lassen, Diätfehler oder Fehler in der Lebenshaltung
verantwortlich.
M. G. Bardet, La erise des eaax mmSrdks en
F)ranee. La transformaUon de la eure thermale.
Viehy ancien ei VuAy moderne. (Bull. g^n. de Th6r.
CXLIV. 6. p. 197. Aoüt 15. 1902.)
Ein scharf geschriebener Artikel, in dem
Bardet seinen GoUegen vorwirft, dass die jungen
Aerzte zu wenig in der Balneologie ausgebildet
und zu viele Kranke in das Ausland geschickt
werden. In einem Vergleiche zwischen dem heu-
tigen Viohy und dem zu den Zeiten Napoleon'süL
kommt B. zu dem Schlüsse, dass statt eines Fort-
schrittes ein Rückschritt zu verzeichnen ist, und
zwar zu einer Zeit, in der ausländische Bäder,
namentlich Karlsbad, Alles gethan haben, um den
Forderungen der Gegenwart gerecht zu bleiben.
Seebäder:
Nicolas, Ueberneuere Angriffe auf das See-
bad und üeberschätxung seiner irritirenden Momente.
(Verhandl. d. 10. JahresversammL des allg. deut-
schen Bäderverbandes. Berlin 1902.)
Eine Arbeit Putzer 's, in der dieser die Ge-
fahren der Seebäder namentlich für Kinder und
Greise auseinandersetzte, hat den Widerspruch der
Thalassotherapeüten erfahren. Putzer meinte,
dass sich das Seebad zwar für alle Kranken eigne,
die sich Mher einer Kaltwasserkur unterworfen
haben, dass die See aber einen grossen Nachtheil
hat gegenüber einer streng geregelten, von wissen-
schaftlicher und fachkundiger Hand geleiteten Kur
in einer Wasserheilanstalt der Neuzeit. Dem ent-
gegnet N., dass den Anstalten vor Allem das See-
klima fehle und die schädlichen Folgen sich da-
durch erklären, das die Patienten, ohne ärztlichen
Rath einzuholen, auf eigene Faust sich einer See-
badekur unterzogen haben. Wenn N. den Aerzten
an der See empfiehlt, jeden Kranken unter strenge
Aufsicht zu stellen, so wird er bei vielen Neur-
asthenikern wenig Gegenliebe finden. Uns will
scheinen, als ob Putzer Recht hätte, wenn er
den ziellosen Gebrauch eines so mächtig wirken-
den Mittels, wie es das Seebad ist, nicht gestattet,
aber seine Vorwürfe richten sich nicht gegen die
Aerzte, sondern gegen die Kranken. Eine modern
eingerichtete und wissenschaftlich geleitete Wasser-
heilanstalt ist eben ein Sanatorium, in dem es nur
einen Willen — den der Aerzte, giebt, ein Seebad
ist wie alle anderen Bäder ein Versammlungsort
von Leidenden und — Vergnügungsreisenden, die
man nicht unter einen Hut bringen kann.
W. WinternitB und Tripold, EXnfluss
kaUerSeAäder auf die Körpertemperatur und Wärme-
regulation. (Bl. f. klin. Hydrother. XII. 12. 1902.)
Die Versuchspersonen nahmen Monate lang
jeden Tag ein kaltes Seebad (zwischen 5.5® und
8* R.) in der Dauer bis zu einer halben Stunde.
Im Mittel zeigte sich bei untrainirten Personen
nach dem kalten Bade eine Abnahme der Mast-
darmtemperatur um 0.3*, bei trainirten eine Zu-
nahme bis zu 0.4*. Das Kürpergewicht erfuhr eine
geringe Abnahme, die aber durch Steigerung des
Appetits rasch wieder ausgeglichen wurda Der
Blutdruck wurde wesentlich herabgesetzt, in Fällen
▼on sehr starker Blutdrucksemiedrigung fand sich
regelmässig Albumen im Urin, das aber schon
nach einer Stunde vollständig geschwunden war.
KohlensäurehaUige Stahl- und SooJbäder:
A. Keller, Die physiologische Wirkung des
SooWades und des hohlensäurehaUigen SocXbades.
(Corr.-Bl. f. Schweizer Aerzte XXXI. 8. 1902.)
Gleichgiltig, ob man die Resorptionlähigkeit
der Haut annimmt oder nur an eine Imbibition
glaubt, die Wirkung der Soolbäder kommt durch
Reizung der Hautnervenendigungen zu Stande und
ist eine lokale, primäre und eine allgemeine, sekun-
däre. Diese Bäder wirken mechanisch (durch den
Wasserdruck), thermisch, chemisch und wahr-
scheinlich auch elektrisch (Scoutetten). Es muss
anerkannt werden, dass die einfachen Soolbäder
die Hautsensibilität und Tastempfindung steigern,
die Athmung verlangsamen und vertiefen, den
respiratorischen Gaswechsel erhüben, die Herz-
thätigkeit bei Erhöhung des Blutdruckes verlang-
samen und den Stoffwechsel steigern. Letzteres
bedingt die Nachwirkung. Ist im Soolbade Kohlen-
säure enthalten, so ist die Wirkung auf Puls und
Blutdruck wesentlich stärker ausgesprochen, das
Herz contrahirt sich kräftiger, eine bestehende
Dilatation nimmt ab oder kann ganz verschwinden.
Versuche mit Jaquet's Sphygmochronographen
und Blutdruckbestimmungen mit Verdin'sSphyg-
momanometer haben die Richtigkeit dieser Angaben
bestätigt
DelaHarpe, UeberdenBXnfiusskohtensaurer
Bäder auf dm Etutdruck. (Corr.-BL f. Schweizer
Aerzte XXXII. 7. 1903.)
Bei einer Temperatur von 31 — 33® G. und
geringem Salzgehalt des Wassers wird der Blut-
druck regelmässig vermindert und zwar um 30 —
100 mm. Es ist deshalb bei Patienten mit lang-
samer, schwacher Herzthätigkeit Vorsicht gerathen.
J. Poras, üeber einfache und kohtensäurehaUige
Soolbäder und deren Anwendung in SoUca (Buko-
wina). (Aus dem Bericht über das Sanatorium
Dr. Poras in Solka 1902.)
Die Soolbäder üben durch den Gehalt an Chlor-
natrium und den übrigen Salzen einen mächtigen
Hautreiz aus, der durch Adhäsion der Salztheilchen
in den Hautfalten noch verstärkt wird. Dadurch
kommt Hauthyperämie und Entlastung der inneren
Mfiller, Hydrotherapie, Balneotherapie, Elimatotherapie und Phototherapie.
15
Qigane zu Stande. DieGesammtwirkung derSool-
bäder besteht einerseits in einer Eräfügong des
gesammten Körpers durch Förderung von Appetit,
Verdauung und Assimihition, andererseits in einer
erhöhten AueDscheidung von Krankheitprodukten
mannigfacher Art Die Beizwirkung wird durch
den Gehalt des Badewassers an Kohlens&ure ge-
steigert Das Verdienst, die kohlens&urehaltigen
Soolbftder in die Therapie eingeführt zu haben,
gebührt den Nauheimer Aerzten, an deren Spitze
Beneke. Wir haben in genannten Bädern ein
energisches Tonicum, das nicht nur auf das Herz,
sondern auch aufdas Blutgefäss- und Nervensystem
mächtig wirkt Wenn wir nur einen massigen Beiz
ausüben wollen, verwerthen wir die einfachen Sool-
bftder, wollen wir energisch wirken, stehen uns die
kohlensäurehaltigen Soolbäder zur Verfügung. Eine
erschöpfende Aufzählung der Indikationen Solkas
beechliesst die interessante Arbeit
H Wünschmann, Mnfluss des SaixgeheUtes
der JHnkquellm auf die Etuibeschaffenheü. (Ztschr.
f. kUn. Med. XUV. 1 u. ^ p. Ol. 1902.)
Die von der Hufeland 'sehen Gesellschaft
preisgekrönte Studie zeigt am Eofnbwrger EUsch
hdhbnmnen, der nur Kochsalz enthaltend, ein sonst
indifferentes Wasser ist, auffallende Heilerfolge.
Den Versuchsthieren wurden vor und nach den
Versuchen 30 — 40 com Blut entzogen. In beiden
Proben wurden das specifische Gewicht des Blutes,
der osmotische Druck, der Wassergehalt, der Stick-
stoffgehalt und der Gehalt an Asche bestimmt
Das Mineralwasser wurde Versuchsthieren theils
per Schlundsonde verabreicht, theils in's Peri-
tonaeum injicirt Es zeigten sich erhebliche Stei-
gerung des osmotischen Druckes, Abnahme des
Wassergehaltes und der Trockensubstanz des Blutes
und Verminderung des Stickstoff-, bez. Eiweiss^
gehaltes. Die Dichte des Blutes nahm anschei-
nend etwas ab.
F. Sauer, Die Art und Weise der Wirkung der
Siahlbäder. (München 1902. Schauer. 8. 19 S.)
Eine kleine, anspruchslose Badebroschüre, in
der in mehr populärer Weise die Wirkungen einer
Stahlwassertrink- und Badekur auseinandergesetzt
werden. Am Schlüsse stellt S. die Thesen auf,
daas die Stahlbftder anders wirken als Süsswasser-
bäder von gleicher Dauer und Temperatur und
daas die Wirkung einzig und allein auf den Gehalt
an Kohlensäure zurückgeführt werden muss. S.
führt Stehen auch in die Reihe der Herzbäder ein,
deren Zahl von Jahr zu Jahr wächst Wo Kohlen-
sSnre, dort die Indikation für Herzkranke! Bef.
will es scheinen, als ob noch ein anderer Faktor
gegeben sein müsste, die Vertrautheit mit den
modernen Herzuntersuchungsmethoden. Nauheim
wurde gross nicht durch seine Quellen, sondern
durch seine Aerzte.
Gazauz, Sur h prStmdue absorption eutanie
dane h iotn. (Ann. d'Hydrolog. et deClimat m6d.
VL 9. 1902.)
Eine Arbeit, in der nachgewiesen wird, dass
die unverletzte Haut aus dem Badewasser nichts
resorbirt. WennG. trotzdem an die durch die Haut
vermittelte specifische Wirkung der Badewässer
glaubt, so muss er seinen Glauben durch wissen-
schaftlich unbewiesene Behauptungen stützen.
Zu anderen Ergebnissen kommen :
Siebelt (Flinsberg), Die Balneologie und die
Lehre txm der ühdurchdringliehkeU der Baut für im
Wasser gelöste Salxe und sonstige Substanzen. (Bal-
neolog. Centr.-Ztg. Nr. 52. 1902.)
Während ein Theil der Physiologen (M unk)
die Meinung vertritt, dass die Haut ein Schutz«
mittel gegen das Eindringen flüssiger und fester
Stoffe der Aussenwelt in den Körper bildet, also
ihre Impermeabilität für unumstOsslich hält, sind
andere (wie Heidenhain) der Meinung, es sei
möglich, dass durch länger fortgesetzte Bäder die
Haut Veränderungen erleidet, die die Resorption
erheblicher Mengen gelöster Stoffe gestattet Ver-
suche, die namentlich von Niebergall mit Salz-
bädern angestellt wurden, haben die Permeabilität-
theorie gekräftigt Die Fichtenrindenbäder, die
von Adam in Flinsberg eingeführt wurden, wirken
durch den Gehalt an Terpentin und Gerbsäure.
Ersteres kann durch die Lunge eingeathmet wer-
den und auf diese Weise in den Kreislauf kommen,
aber die Gerbsäure ist kein flüchtiger Körper.
Wenn sie also bei den genannten Bädern wirkt,
so muss sie durch die Haut resorbirt worden sein.
Chrzonszewki und Wolkenstein haben auf
Grund ihrer Versuche an Warm- und Kaltblütern
folgende Sätze aufgestellt : 1) Die menschliche und
thierische Epidermis ist für Substanzen in wässe-
riger und noch leichter in spirituöser Lösung per-
meabel; 2) erhöhte Temperatur beschleunigt die
Resorption ; 3) die Resorption kann auf verschie-
denen Wegen stattfinden : diffus, durch die Blut-
gefässe und durch die Lymphbahnen. Es ist klar,
dass diese neue Theorie für die Balneologie von
grossem Werthe ist
E. Mory, Die Fangokur und deren Indikationen.
(Ztschr. f. diätet u. physikaL Ther. VL 5. p. 280.
1902.)
Die Fangotherapie, die vom Bef. in^Deutsch-
land (1896) eingeführt wurde, hat sich rasch ein-
gebürgert M., der über ein grosses Kranken-
material verfügt, schildert in kurzen Zügen die
bekannte Methodik und giebt als Optimaltempera-
turen 48 — 56^0. an. Dass er die erste Einpackung
vom Arzte ausgeführt haben will, bedarf keiner
Begründung. Bezüglich der Indikationen stellt M.
die akuten rheumatischen Affektionen der Gelenke
obenan, weniger prompt ist die Wirkung bei den
chronischen und bei den deformirenden Formen
des Gelenkrheumatismus, Auch beim Muskel-
rheumatismus beseitigt Fango rasch die Schmer-
zen; am meisten lobt M. die Wirksamkeit beim
akuten GichtanfalL Neuralgien werden vortheil-
haft in den Kreis der Behandlung gezogen; von
16
Müller, Hydrotherapie, Balneotherapie, Elimatotherapie nnd Phototherapie.
Neuritiden und Besohftftigungsneurosen erwähnt
M. die multiple Alkoholneuritis, den Schreibkrampf
und die Bleineuralgie. Nicht unerw&hnt bleibe der
günstige Einfluss, den Fango auf die Gallenstein-
kolik übt, wo mitunter schon nach 10 Minuten
sich der Ductus relaxirt und damit der Stein aus-
gestossen wird.
Seidelmann, Zur Behandlung der Oaüen-
steinkrankheit mit Moorbädern, (31. sohles. Bftder»
tag 1903.)
S. ist der Ansicht, dass die Folgezustände der
Gallensteinkrankheit (Ulcerationen und Entzün-
dungen der Qallengänge, Verengerungen und nar-
biger Verschluss derselben, sowie die Perihepatitis)
durch Moorbäder und Moorumschlftge wegen deren
resorbirender Eigenschaft nicht nur wesentlich ge-
bessert, sondern auch schliesslich geheilt werden
könn^i, und yergleicht damit die Wirkung der
Moorbäder bei den im Gefolge von Erkrankungen
des Uterus und seiner Adnexe auftretenden Exsu-
daten. Auch die nach Gallensteinkoliken verein-
zelt auftretenden Neuralgien des Plexus solaris
behandelt S. mit Moorumschlägen, von denen er
gute Erfolge gesehen hat
Arthur Loebel, BeUrag zur Wirkung der
Moorbäder bei Herxmuskelerkrankungen auf Qrund
von BkUdntck- und neuramobimetrischen Messungen,
(Ztschr. f. diät u. physikaL Ther. VI. 7. p. 308.
1902.)
Immer mehr zeitigen die Arbeiten von Rosen-
bach u. A. die Ansicht, dass die anatomische Dia-
gnose der Herzerkrankungen hinter der funktio-
nellen zurückzustehen hat Dementsprechend sind
auch die Eurbehelfe besser geworden und die
Eohlensäurebäder, wie sie zuerst in Nauheim syste-
matisch zur Anwendung gelangten, sowie die
mechanische Therapie und Hydrotherapie konnten
sich in der Wissenschaft das Bürgerrecht erwerben.
Bei Neurosen und Arteriosklerose des Herzens,
sowie beim Gor adiposum mit der Begleiterschei-
nung hohen Blutdruckes, hält L. auch die Moor-
bäder für angezeigt, 15etrachtet jedoch die hydro-
pischen Gompensationstörungen als Grenze dieser
Behandlungsmethode wegen des niedrigen Blut-
druckes/ der meist bei diesen Zuständen Platz
greift, und wegen der Ueberlegenheit der Kohlen-
säurebäder und der hydriatischen Kurbehelfe. L.
unterlässt die Moorbäder, wenn der Blutdruck
unter 130 mm gesunken ist oder wenn er aus
äusseren Gründen die Wirkung jedes einzelnen
Bades nicht controliren kann. Es ist schade, dass
L. die Heilmethode A. Smith 's, der mit den
von ihm eingeführten Wechselstrombädem über-
raschende Erfolge erzielt, vGllig mit Stillschweigen
übergeht, nachdem er sich sonst in der modernen
Herzliteratur als wohl belesen bewährt hat
E. Allard, üeber den Einfluss eines natür-
liehen Bitterwassers (Mergenlheimer KarlsqueüeJ auf
den Stoffweeheel bei Diabetes mellitus und FeiteuchL
(Ztschr. f. klin. Med. XLV. 3 n. 4. p. 340. 1902.)
Der Einfluss auf die Zuckerausscheidung war
ein günstiger, denn die tagliche Zuckermenge ver-
minderte sich bei gleichbleibender Kohlehydrat-
zufuhr. Es bestand eine erhühte Toleranz gegen
Kohlehydrate, die nach dem Aussetzen der Trink-
kur noch einige Zeit anhielt Gleichzeitig stieg in
allen Fällen dasK()rpergewicht und das Allgemein-
befinden besserte sich.
A« Winckler, üeber den Nutzender Oombnui'
tion von Sehmierkur und Sekwefelkur bei Behand-
lung der Syphilis. (Deutsche Aerzte-Ztg. 11. 1902.)
Einseitige Merkunalkuren genügen nur für
leichte und gutartige Fälle. Dagegen alle Fälle
vonSypbilis maligna, solche bei scrofulösen, tuber-
kulösen und kachektischen Individuen und endlich
solche, in denen das Quecksilber schlecht vertragen
wird, sollten ohne Zeitverlust in die Schwefelbäder
verwiesen werden, denn nur die oombinirte Methode
ist im Stande, die Krankheit cito, tuto et jucunde
zu heilen, weil sie es ermöglicht, grosse Mengen
Quecksilber in löslicher Form durch die Gewebe
hindurchzutreiben und das syphilitische Virus zu
vernichten, ohne den Körper zu vergiften. Die
Quecksilberintoxikation wird, wie jede andere
Metallvergiftung, durch den Gebrauch der Schwefel-
bäder hintangehalten.
Aehnlichen Grundsätzen huldigt :
Ferras, JMtement des syphilitiquesaux Eaux
sulfureuses. (Progr^ m6d. 3. S. XU. 9. 1902.)
Die Schwefelquellen bieten ein werthvoUee
Unterstützungsmittel der Quecksilberkur in allen
Stadien der Syphilis; sie verbessern die Ernährung
und bewirken, dass das Quecksilber besser ertragen
wird. Die geeignetsten Bäder sind Luchon (F. prak-
ticirt in Luchon !), Bar^ges, Aix, Cauterets, Uriages
und Challes in Frankreich, Harrogate in England,
Vinadio in Italien, Aschena in Spanien, Visella in
Portugal. Deutschland ist in der Aufstellung weg-
gelassen.
H. Naumann, Zur Behandlung der kUmak-
terisehen Besehwerden. (BalneoL Centr.-Bl. Nr. 43.
1902.)
N. führt die klimakterischen Beschwerdea auf
eine Steigerung des Blutdruckes zurück, der in
einem Falle (mit dem G'är^iter'schen Tonometer ge-
messen) auf 260 mm Hg gestiegen war. Zur Herab-
setzung wurde vorerst eine Milchdiät verordnet,
oder Molke getrunken. Die kurgemässe Anwen-
dung der letzteren, vereint mit den diuretischen
Eigenschaften der Beinerxer „lauen QuelUf^ findet
ihre theoretisdie Begründung in der Thatsadie,
dass im Gefolge der Aufnahme warmer Flüssigkeit
in den leeren Magen mit einer Erweiterung der
Abdominalgefftsse eine Erniedrigung des Blut-
druckes eintritt. Kohlensaure Mineralbäder mit
normaler Wasserwärme (32 — 34^ G.) in einer
Dauer von 10 Min. verminderten durch Erleich-
terung der Girkulation an der Peripherie die Span-
nung imGefässsystem, weshalb N. auch von diesen
vortheilhaften Gebrauch machte.
Müller, Hydrotherapie, Balneotherapie, Elimatotherapie und Phototherapie.
17
Steiner, Zur Bcdneoiherapie der Acne vulgaris,
(Ztschr. f. di&tet u. physik. Ther. VI. 4. p. 239. 1902.)
St giebt einen kurzen historischen Abriss über
die Behandlung der Akne und empfiehlt dann die
Anwendung von Dampfduechen , die aber noch
fibertroffen werden durch die örtliche Anwendung
des Levico- Wassers : Eine Maske von Flanell oder
Leinwand, die den Oesichtsformen möglichst genau
angepasst ist, wird mit verdünntem Levico* Wasser
getränkt, sorgf<ig angelegt, zur Verhinderung des
Aastrocknens mit einem wasserdichten StofiF belegt
und über Nacht liegen gelassen. Auch eine Com-
bination mit der Dampf methode ist möglich [warum
anch nicht? Ref.], Wirksam ist der Umschlag an
sich durch seine erregenden Eigenschaften und
durch die mineralischen Bestandtheile des Levico-
Wassers. Eine Vervollkommnung der Methode ist
durch die Gesichtsmassage gegeben« uns will
Bcheinea, als ob das Levico- Wasser bei der ganzen
Kur das Nebensächlichste wäre.
H. Alapy, BalneoÜwrapmtisehe Behandhing
der iuberkuiösm Qeknk- und Kno(AenkrcmkhiiUen
hä Emdem. (Orvosok lapja Nr. 20. 1901.)
A. verlangt, dass der Chirurg, dessen segens-
reiche Thitigkeit bei der Behandlung tuberkulöser
Oelenk- und Enochenkrankheiten anerkannt wird,
anch die Hülfe des Baineologen beiziehen soll,
weU die Badebehandlung tonisirend wirkt, anderer-
seits aber die Wundsekrete gut entfernt, schmerzlos
ist und endlich lebhafte Oranulationen hervorruft
A. Singer, Ueber Urämie und die Bedeutung
von Kohleneäurebädem als untersiiiixendes Agens in
der Therapie derselben, (Aus dem Bericht über das
Sanatorium von Dr. Poras in Solka 1902.)
Die Bader sollen nur als Herzstimulantien be-
trachtet werden. Durch reflektorische Elrregung
des Splanchjiicus wird der gesunkene Herzdruck
gehoben, durch Vagusreizung die Herzkraft ge-
steigert und die Bespirationfrequenz herabgesetzt
S. sah verschiedene Male bei Urämie, die er mit
lauen Eohlens&urebädem behandelte, Besserung
der Symptome, besonders wurden die Diurese und
die Diaphoreee günstig beeinflusst, was sidi durch
die Begoliraog der Cirkidationverhfiltnisse unge-
zwungen erklärt
2) Balneographie,
a) DeutsehUmd.
J. V. Hartmann, Die Eeilqueüen und BeH-
bäder Würüemberge. (Württemb. Conr^Bl. LXXU.
10. 1902.)
Eine historische Studie voll interessanter Mit-
theilungen Aber noch bestehende und längst ver-
gessene Heilquellen, sowie deren Schicksale im
Laufe der Jahrhunderte.
Dieser Arbeit eines Nichtmediciners schliesst
sich die fiachmännische von R Eiben: „Beeehrei'
bung der Mineralqueüen und Mineralbäder Wiirttem-
hergg^' an. Wir würden nur Bekanntes wiederholen,
wenn wir auf die Arbeit näher eingehen wollten.
Med. JtOirbb. Bd. 280. Hft 1.
Sie ist übersichtlich und bringt eine Fülle von An-
gaben, die in den Lehrbüchern erst zusammen-
gesucht werden müssen.
B.Wendriner, lieber den Ein fluss des Neuen-
akrer Sprudels auf den Stoffwechsel des Mensehen.
(Ztschr. f. diätet u. physikaL Ther. VL 4. p. 228.
1902.)
Aus W.'s Versuchen geht hervor, dass der
Neuenahrer Sprudel die Diurese vermehrt und die
Stickstoffausscheidung erhöht Auch die Hamsäure-
ausscheidung nimmt zu, und zwar dauert die ver-
mehrte Ausscheidung noch geraume Zeit fort, wenn
kein Sprudel mehr getrunken wird. Bezüglich der
Indikanurie zeigte sich eine Verminderung. Da-
gegen konnte in einem Diabetesfalle mit starker
Polyurie wahrgenommen werden, dass die Diurese
und Stickstoffabgabe, sowie dieHamsäureausschei-
dung herabgesetzt wurden.
Wachenfeld, Die Naiuheimer Bäder, ihre
Wirkung und die Orenxen ihrer Wirksamkeit. (Allg.
med. Centr.-Zig. LXXL 31. 1902.)
W. geht von der Theorie aus, dass es sich bei
allen Neurosen um Infiltrationen in den Schwann'-
schen Scheiden handelt Schwellen diese Infiltra-
tionen (in Folge von Hyperämie) an, so drilcken sie
auf die Nervenfasern und -Zellen; wird die In-
filtration resorbirt, so wird die Herzthätigkeit an-
dauernd normal. Auf diese Weise erklärt W. die
Heilkraft des Nauheimer Wassers bei den Neurosen
des Cirkulationapparates. Analog damit werden
die Entzündungsprodukte, die sich nach Rheuma-
tismus an den Herzklappen gebildet haben, resor-
birt. Auch die Heilung beginnender Arteriosklerose
erklärt sich durch Resorption. W. warnt davor,
zu schwer Eranke nach Nauheim zu schicken, und
betont, dass viele Herzkranke Wochen lang ander-
weitig behandelt werden müssen, bevor sie das
erste Bad nehmen können. Auch die Ischias führt
W. auf Infiltrationen in der Schwann'schen Scheide
zurück. Schliesslich seien noch die in Nauheim
erzielten Erfolge bei Rheumatosen und Gicht, sowie
bei Scrofulose und allgemeinen Erschöpfung-
zuständen erwähnt
P. Roethlisberger, Zum Studium der
kohlensäurehaUigen Chlornatrium -SchwefeUhermen
von Baden. (Ztschr. t diätet u. physikaL Ther. V.
8. p. 658. 1902.)
Die Thermen von Baden (Schweiz) gehören zu
den kohlensäurereichen und stehen den Nauheimer
Quellen in dieser Beziehung nicht nach. In einer
Temperator von 31 — 38^0. verursachen sie Hyper-
ämie der Haut und wirken deshalb für die inneren
Organe entlastend. Sie rufen, wohl durch eine
Vagusreizung, eine Pulsverlangsamung hervor und
bewirken nur eine geringe Blutdrucksteigerung.
Bäder von 34^ G. erhöhen den Stoffwechsel quali-
tativ bedeutend im Sinne einer besseren, bez. voll-
ständigeren Verbrennung der ümsetzungsprodukte
des Stickstoffwechsels.
18 Müller, Hydrotherapie, Balneotherapie, Elimatotherapie and Phototherapie.
D. Rothschild, Herzkranke in Soden am Oeorg- Liborios-
Taunus. (Balneol. Centr.-Ztg. 24 u. 25. 1902.) , „, . , ^ ,. '^'^'Ä®^^^ I^aJX
c , ^ , ^ IX ^ * 1 TT u lu j doppeltkohlens. Kalk . . 7.319 3.020
Soden hat einen alten Kur als Herzheilbad. "" Magnesia 5.538 5.088
Schon 1840 behauptete S. F. Stiebel, dass sehr , Eisen . . 0.299 —
weit vorgeschrittene Erweiterungen des Herzens Wie man nach dieser Zusammenstellung die
in Soden geheilt würden. Anfangs der 50er Jahre beiden Quellen vergleichen kann, ist schwer, wie
betonte 0. Thilenius die Bedeutung Sodens in man gje als ähnlich bezeichnen kann, ist nicht er-
dieser Hinsicht und bewirkte 1859 die Erbohrung findlich.
einer ergiebigen kohlensäurereichen Thermalquelle. R. B e n s e n , Bad Eüaen und seine HeUquelkn,
Die Wirkungen der kohlensäurehaltigen Bäder wur- (Minden 1901. J. C. C. Bruns. 8. VIII u. 96 S.)
den von einer Reihe von Autoren : G. T h i 1 e n i u s , Die Broschüre ist ein Führer für Badegäste und
Haupt, Hughes studirt Grosses Gewicht legt enthält alles für diese Wissenswertha Was die
R auf eine vernünftig beaufsichtigte Gymnastik. Arbeit aber auch für Aerzte wichtig macht, sind
Dass er auch Sklerose der Coronararterien mit Er- die Auseinandersetzungen B.'s über den Einflues
folg behandelt hat, möge kurz referirt sein. Wir <ies inhalirten Schwefelwasserstoflfgases aaf die
stimmen ihm bei , wenn er sagt : „Es wäre von Folgezustände der Endokarditis. Wir müssen ge-
ausserordentlichem Werthe, wenn es gelänge, eine stehen, dass bei dem Aufschwünge, den die Hera-
wissenschaftlich begründete Differentialindikation therapie in den letzten 10 Jahren genommen hat,
für die verschiedenen Badeorte für Herzkranke auf- und bei der Bereitwilligkeit, mit der fast alle Heil-
zustellen". Dies wäre um so werthvoller, als mit bäder im Gegensatze zu früher jetzt ihre Pforten
der Zunahme der Erkenntniss der funktionellen clen Herzkranken öffnen, alle Anpreissungen mit
und organischen Herzkrankheiten die Zahl der sich Vorsicht aufzunehmen sind, aber die Ausführungen
hierfür geeignet haltenden Bäder von Jahr zu Jahr b.'s sind überzeugend und werden durch Beobach-
wächst, so dass eine baldige strenge Musterung tungen in englischen Schwefelbädern unterstützt
wohl am Platze scheint. Es ist nur bedauerlich, dass der Autor die neuesten
RNeumann, Einiges über Bad Briickenau, Fortschritte auf dem Gebiete der Herzdiagnostik
seine KunniUel, insbesondere die Wemarxer QueUe. nicht berücksichtigt hat.
(Therap. Monatsh. XVII. 1. p. 6. 1903.) -. AusUmd
N. ist ein erprobter Freund des idyUischen « t „Hwin. tu^ Th^^^ .^ nvw.Ui. h^
Rhönbades, denn er hat schon vor 20 Jahren seine ^ ^\ ^it ^'^\r !^ T ^^ ^
Dissertation über die diuretischen Wirkungen des ^^'^^902? Wchnschr.
Wemarzer Brunnens geschrieben. In Brückenau V li^!!™ i •. «>/«n ^^ «^
haben sich in den letzten 10 Jahren die Verhält- . J° J^OO Theilen des 36« C. wannen Wassers
nisse insofern geändert, als die Zahl der Harn- und ^ entnaiten .
Nierenkranken an erste Stelle gerückt ist, so dass schwefeis. J^— .... 0.0061
die Bezeichnung: „Bayrisches Wildungen'* nicht phosphors.NatriSS \ \ '. '. o!oo02
von der Hand gewiesen werden kann. Die prak- sohwefels. Calcium .... 0.0029
tische Erüahrung hat N. gezeigt, dass die Wemarzer Chlorcalcium 0.0064
Quelle nicht nur der Georg- Victorquelle, sondern ^ohleuB. Calcimn 0.1339
i. j o 1 n Tir- i- u x 1 • u « Stronüum .... 0.0007
auch der HelenenquelLe an Wirksamkeit gleich- * Magnesium 0.0627
kommt Anerkennenswerth sind die Erfolge bei l Eisen 0.0007
pleuritischen Exsudaten, überhaupt bei exsudativen freie Kohlensäure 0.0131
Processen. Die Sinnbergerquelle hat noch keine Summa der festen Bestandtheüe 0.2426
grössere ärztliche Bedeutung erringen können, wird Mithin gehört die Quelle zu den an festen Be-
meist bei Krankheiten der Athmungsorgane em- standtheilen armen Akratothermen. Die Sulphate
pfohlen oder bei solchen Kranken, die die drastisch der Alkalien treten gegenüber den Calcium- und
diuretische Wirkung des Wemarzerwassers nicht Magnesiumverbindungen in den Hintergrund,
vertragen. — Vor Allem rühmtN. die klimatischen E. Ludwig, Th. Panzer u. R v. Zeynek,
Vorzüge Brückenaus, die bei Chlorose und Anämie, Untersuchung der JTiermalwässer des neuen Springers,
sowie bei Neurasthenie zur Geltung kommen. ^ Müh&runnens und der Franz- Josef squelle t»
Die LiboriusqueUe in Lippspringe wurde 1902 Karlsbad. (Wien. klin. Wchnschr. XV. 38. 1902.)
neu untersucht und dabei wurde vonRhoden ge- Durch die Nachbohrungen des Springers UI
funden, dass sie grosse Aehnlichkeit mit der Georg- wurde dessen Ergiebigkeit um das Zehnfache
Victorquelle in Wildungen besitzt Es enthalten gesteigert, ohne dass der daneben befindhche
in 1000 Theilen: Springer U abgenommen hätte. Die Neufassung
Georg- Liborius- des Mühlbrunnens brachte diesen fast auf seine
Victorquelle quelle alte Ergiebigkeit, das kühle und stark ockerhaltige
doppeltkohlens. Natron . 0.652 1.630 Felsenbrünnl wurde nicht angeschlossen. Die
schwefeis. Natron . . . 0.686 0.772 iLi-n ä«xtji_ tjs^ h-^^
Chlomatrium .... 0.075 3.232 gleichfalls neu gefosste Franz- JosefequeUe ist unter
schwefeis. Kalk .... — 14.390 den kleinen Thermen mit 65^ C. die heisseste; sie
Müller, Hydrotherapie, Balneotherapie, Klimatotherapie und Phototherapie.
la
erinnert physiographisoh an den bereits alters-
schwachen Bernhardsbninnen. — DieQefrierpunkts-
erniedrigung betrug beim Sprudel 0.307^, beim
Mhlbrunnen 0.293<^ und bei der Franz - Josef s-
qnelle 0.290<^. Die elektrische Leitfähigkeit der
3 Quellen entspricht der einer 0.55proc. Olauber-
aalzlösung. Die höheren Werthe, die bei der Be-
stimmung der Gesammtkohlens&ure gefunden wur-
den, erkl&>en sich durch die grössere Schärfe der
Boneegno bei Trento. Das bekannte Bad gab
vor Kurzem einen mit seltener Opulenz ausge-
statteten Prospekt heraus, der an dieser Stelle
nicht wegen der wissenschaftlichen Leistung, son-
dern wegen der Fortschritte auf dem Qebiete der
fieproduktiontechnik Erwähnung finden mag.
Oscar Liebreich, DU VidiyqueUen. (Therap.
Monatsh. XV. 7. 1901.)
L. ist einer Aufforderung der Direktion der
Staatsquellen in Vichj, an Ort und Stelle Studien
anzustellen, nachgekommen und veröffentlicht sie
in Form eines Aufsatzes über Vichy, dem wir Fol-
gendes entnehmen: DerOrund, warum dasVichy-
wasser bei längerem Oebrauche noch gut vertragen
wird, liegt darin, dass die schärfere Wirkung der
Bicarbonate durch die anderen Bestandtheile des
Wassers aufgehoben wird. Besonders werthvoll
sind die Natriumbicarbonate bei der Behandlung
der Gicht; im Vichy wasser wird deren Wirkung
durch die diuretischen Nebeneigenschaften der
Quelle unterstützt Auch beim Diabetes empfiehlt
man seit Langem die doppeltkohlensaures Natron
enthaltenden Mineralwässer. Eine schwere Gompli-
kation der Zuckerhamruhr ist das Koma; nach den
Untersuchungen von Naunyn und Stadel-
mann kann man durch grosse Oaben Natrium-
bicarbonates das voll ausgebildete Koma beseitigen.
Bei der Behandlung des chronischen Magenkatarrhs
spielen die alkalischen Wässer von jeher eine grosse
Rolle, wie auch Leberkrankheiten in Vichy erfolg-
reich behandelt werden, sowie Krankheiten des
uropoOtiBchen Systemes. Was den Werth der ein-
zelnen Quellen anbetrifft, so hat sich nicht nur in
Vichy selbst, sondern auch bei den Hauskuren der
Gebrauch entwickelt, dass Orande-Grille bei Leber-
krankheiten, C^lestine beiNierenaffektionen, Oicht
und Diabetes und HOpital bei Magen- und Darm-
stOrungen verordnet wird.
A. Vidal, Les eaux thermales d'ÄinrelrOuarka.
(Arch. de M6d. et de Pharm. miL XLI. 1. p. 40.
Janv. 1903.)
Der Badeort verfugt über kalte and warme Quellen.
Die kalten haben 0.161«/m kohleDsauren Kalk, 0.938o/oo
schwefelsauren Kalk und 0.767Voo Chlornatrium; die
warmen, deren Temperatur sich zwischen 39 und 46® C.
bewegt, haben 0.269«/oo kohlensauren Kalk, 1.542«/m
schwefelsauren Kalk, 0.310*/oo schwefelsaures Natron
und 3.172*/«o Chlornatrium. Indikationen sind: chro-
nischer Muskel- and Gelenkrheumatismus, Gelenksteifig-
keiten nach Verletzungen und Luxationen, atonische Ge-
schwüre, alte Hautkrankheiten und Lebercongestionen.
Das Badeleben, sowie die Einrichtungen scheinen noch
recht primitiv zn sein.
A. D u s s u c , Eiude eommaire eur les pnnei-
pdles indioations des eaux de Luxeuü. (Lyon m6d.
XCVIIL p. 518. Avril 6. 1902.)
Luxeuil liegt im Norden des Departements Hftute-
Sa6ne400m hoch und hat Eisen- und Natronquellen. Die
Temperatur der letzteren schwankt zwischen 30 und 529,
die Eisenquellen sind 21 — 29* C. warm und haben 0.012o/oo
doppeltkohlensaures Eisen, sind also schwach mineralisirt
Die Quellen werden empfohlen bei chronischen Entzün-
dungsvorgängen der weiblichen Generationorgane, Neur-
asthenie, Magen-Darmstörungen, Anämie und Chlorose,
sowie bei Rheumatosen der verschiedensten Art.
(7. Phototherapie.
Zur allgemeinen Orientirung dienen die Arbei-
ten von :
A. Dworetzky, Die Enttaiekehing und der
gegenwärtige Stand der Ldchttherapie in Bussland,
(Ztschr. f. diätet u. physikal. Ther. V. 3. p. 235.
1901.)
Im Jahre 1897 errichtete Murinow im
Marmorpalais zu Petersburg ein Institut zur thera-
peutischen Ausntitzung der elektrischen Licht-
strahlen, nachdem er die günstige Wirkung des
Bogenlichtes bei Gelenkrheumatismus beobachtet
hatte. Im gleichen Jahre entstand die Heilanstalt
von Eoslowsky, wo zu Heilzwecken ein Volta-
bogen mit einem constanten Strom von 250 bis
300 Ampöres bei 50 — 60 Volt zur Anwendung
gelangt Im Jahre 1900 gründete L a n g die photo-
therapeutische Abtheilung des kaiserL Institutes
für Experimentalmedicin zu Petersburg. Die be-
kannten Kliniker v. Bechterew, Serapin und
Minin haben die neue Methode zum Gegenstand
umfassender Studien gemacht So kommt es, dass
die Lichttherapie in Russland als voUwerthiger
Zweig der physikalischen Heilfaktoren das Bürger-
recht erworben hat.
Die Zahl der rein wissenschaftlichen Arbeiten
auf dem vorliegenden Gebiete ist sehr gross.
Schon 1879 untersuchte Üsskow den Einfluss ver-
schiedenfarbiger Lichtstrahlen auf das Protoplasma des
thierischen Körpera. 1880 erschien die Arbeit von E o n -
d r a t j e w über den Verlauf der künstlich hervorgerufenen
septischen Infektion beiXhieren unter verschiedenfarbiger
Beleuchtung. 1882 veröffentlichte G o d n e w seine epoche-
machenden Studien über den Einfluss des Sonnenlichtes
auf die verschiedensten Funktionen des Thierkörpera.
1883 folgte die Arbeit von Gorbazewicz über die
Wirkung der verachiedenen farbigen Lichtstrahlen auf
die Entwickelung und das Wachsthum der Säugethiere.
Im Jahre 1891 erschienen die Studien von Daitsch
über den Gasaustausch bei Hunden unter dem Einfluss
des weissen Lichtes und seiner verschiedenfarbigen Strah-
len, eine Arbeit, welche 1894 von Eogan zum Theil
rektificirt wurde. Den Einfluss des elektrischen lichtes
auf Mikroorganismen (pyogenen Charakters) studirte vor
Allem Chmielewsky, die schmerzstillende Wirkung
des Glühlichtes beobachtete zuerst v. Stein. Aus dem
Jahre 1899 haben wir die werth vollen Untersuchungen
von Minin über die Behandlung der örtlichen chirurgi-
schen Tuberkulose mit Licht, auch eme Reihe anderer
Krankheiten zog Minin in den Ej^is seiner Beobach-
tungen ; er behandelte sogar die venerischen Krankheiten
mit Licht Murinow benutzte das licht des Volta-
20
Müller, Hydrotherapie, Balneotherapie, Elimatotherapie und Phototherapie.
bogens für die Therapie des akuten GeleDkrheamatiBiniis.
Kessler unterscheidet 3 Arten der lichtbehandluDg :
die reine Elektrophototherapie, bei der die Wärmestrahlen
mit Hülfe physikalischer oder chemischer Agentien aus-
geschlossen sind; die elektrische Photothermotherapie
und die elektrische photothermische Massage.
Gabrilowioz und Finkeinstein, die dasDcht
bei Tuberkulösen gebrauchten, kamen zu dem Schlüsse,
dass es nur symptomatischen Werth hat. Noma nach
Masern behandelte S o k o 1 o w mit bestem Erfolge. Aus
der V. Bechterew 'sehen Klinik stammen die Versuche
von Triwus über die Wirkung des farbigen Lichtes auf
die Herzthätigkeit Tr. fand, dass farbiges Licht das
Herz beruhigt, am meisten das violette, am wenigsten
das rothe. M a k 1 a k o w beschäftigte sich mit der Wir-
kung des Lichtes des Voltabogens auf die Haut und
Glebowsky mit derselben auf das lupose Granulom.
Die physiologischen und therapeutischen Erfolge der
Lichtbäder wurden von Eiger studirt, die Wirkimg des
Lichtes bei Pocken von Ol e i n i k o w , die der chemischen
Strahlen des Sonnenlichtes bei Homhauteiterungen von
Nesnamow.
Aus der kurzen Uebersicht ist zu erkennen,
mit welchem Eifer in Russland phototherapeutische
Studien angestellt werden.
S. Bang, Der ffegenwäriige Siand der biologi'
sehen Lichtforadiung und der lAehüherapie. (BerL
klin. Wchnschr. XXXVIH. 49. 1901.)
Am besten ist die lokale Lichtwirkung studirt
Schon 1859 stellte Char cot dieVermuthung auf,
dass das Sonnenerythem nicht von den Wftrme-
strahlen, sondern von den chemischen Strahlen
herrühre. Finsen fiind, dass die vom Lichte
hervorgerufene Hyperämie sehr lange anhält ; noch
nach Monaten ist eine deutliche Dilatation der Oe-
fasse wahrzunehmen. In der Oefässdilatation, der
Exsudation folgt, und im lebhaften Zuströmen der
Leukocyten ist der histologische Vorgang der Licht-
entzündung gegeben. Die nachfolgende Pigment-
bildung ist eine Schutzmaassregel des Körpers;
wie sie zu Stande kommt, ist noch nicht auf-
geklärt, jedenfalls aber stammt das Pigment von
den rothen Blutkörperchen, denn es ist gleich
diesen eisenhaltig. Unvollständiger ist unser Wissen
von den allgemeinen Wirkungen des Lichtes. Man
kennt den Einfluss auf den Stoffwechsel und die
bakterientödtenden Eigenschaften des Lichtes, aber
damit sind unsere biologischen Kenntnisse in Be-
treff der Lichtwirkung erschöpft
Die Lichttherapie selbst kann man in zwei
Hauptgruppen theilen, die positive und die nega-
tive Lichttherapia Die letztere beruht auf der
Beobachtung, dass die hautreizende Wirkung der
chemischen Strahlen einen schädlichen Einfluss
auf gewisse Hauterkrankungen hat, und geht des-
halb darauf aus, alles Licht oder doch dessen che-
misch wirksamen Theil von dem Kranken fernzu-
halten. Die positive Lichttherapie verwendet das
Licht theils für Allgemeinbehandlung, theils lokalen
Leiden (meist Dermatosen) gegenüber. Man be-
nutzt Sonnenlicht und elektrisches Licht Die
Allgemeinbehandlung mit elektrischem Bogenlicht
wird vielfach ganz kritiklos vorgenommen; die
zahlreichen in den« letzten Jahren entstandenen
,,Lichtheilanstalten'' stehen nur zum geringen Theile
auf einer wissenschaftlichen Stufe. Die Glühlicht-
bäder, die man vielfach den Lichtbädern zuzählt,
entwickeln an sich nur eine minimale Lichtwirkung;
sie wirken schweisserzeugend , was bei der An-
wendung rein chemischer Strahlen nicht beobaditet
wird. Der einzige Zweig der positiven Licht-
therapie, der wissenschaftlich und praktisch wohl-
begründet ist, ist die von Finsen eingeführte
örtliche Lichttherapie. Was deren Zukunft an-
betrifft, so sind die Erfolge zur Zeit schon so deut-
lich, dass wir das neue Heilmittel als ein viel-
versprechendes bezeichnen dürfen.
J.Marcuse, Der ffegenioärtige Stand der UM-
Iherapie, (Ztschr. f. diätet u. physikal.Ther. VI 3.
p. 158. 1902.)
Der gegenwärtige Stand der Lichttherapie ge-
stattet nachfolgende Thesen : Die Behandlung des
Lupus nach Finsen ist ein Specificum, das, nur
erschwert durch äussere Verhältnisse, einer uni-
versellen Anwendung Hindemisse bietet Die lokale
Lichtbehandlung ist, abgesehen vom Lupus, ein
bisher ungelöstes Problem. Die allgemeine Bogen-
lichtbehandlung kann bei funktionellen Neurosen
suggerendi causa beigezogen werden. Die all-
gemeine Olühlichtbehandlung ist zur Zeit das beste
SchweisserzeugungsmitteL
H. Strebel, Die bisherigen Leistungen der
LiehUherapie. (Berliner Klin. Heft 164. 1902.)
Str., der auf dem Gebiete der Lichttherapie
schon eine Reihe von Arbeiten verfasst hat, giebt
eine übersichtliche Zusammenstellung des bisher
Erreichten. Er beschreibt nicht nur die nöthigen
Apparate in klarer Weise, sondern bringt auch eine
recht einleuchtende Angabe der Indikationen, ohne
sich in Weiterungen einzulassen und in Ueber-
treibungen zu verfallen. Die Broschüre eignet sich
am besten für Solche, die der Phototherapie femer
stehen und einen raschen Ueberblick gewinnen
woUen.
P. Joire, JUehttherapie. (Rev. Int de Th6r.
phys. Nr. 18. 1902.)
J. berichtet von den Studien Flammario n's,
der zuerst den Einfluss der Spektralfarben auf das
Pflanzenleben studirte und fand, dass die gelben
Strahlen wirksamer sind, als alle anderen zu-
sammengenommen. Noch interessanter sind die
Untersuchungen, die die Wirksamkeit des Lichtes
auf das animale Leben betreffen. Es hat sich er-
geben, dass die Girkulation durch weisses und
rothes Licht erhöht, durch bhiues Licht verzögert
wird. Die blauen und violetten Strahlen verlang-
samen den Stoffwechsel, das weisse Licht erhöht
ihn, noch mehr aber das rothe.
P. Borissow, Ueber den Einfluss des Lichtes
und der Dunkelheit auf den ihierisehen Organismus.
(Wratsch Nr. 46. 1900.)
Die mit Hunden und Kaninchen angestellten
Versuche ergaben, dass im Dunkeln gehaltene
Thiere langsamer an Gewicht zunahmen und ge-
Müller, Hydrotherapie, Balneotherapie, Elimatotherapie und Phototherapie.
21
liogere FresdaBt zeigten, als in hellen StUlen
unt^lgebrachte. Ein Einfluss anf die Blutbildnng
konnte nicht nachgewiesen werden.
N. RFinsen, Mütheäungen aus Finsen'a
mbßkmisehem lAchtinsHhä. in. (Leipzig 1903.
F.CW.VogeL 8. 153 S.)
Im ersten Theile bringt Finsen selbst eine
Fortsetzi^ig früherer Studien. Er fand, dass Sonnen-
licht, das nur durch Bergkrystall gegangen war,
um 25<^/o wirksamer war als solches, das eine Glas-
platte passirt hatte, um die Lichtwirknng mög-
lichst kräftig zu gestalten, muss man beim elek-
trischen Licht BergkrystalUinsen, beim Sonnenlicht
Glaslinsen nehmen. Eupferlüsung Ifisst mehr che-
mische Strahlen passiren als Methylenblaulösung.
Verbesserungen der Methode sind nur auf dem
Wege möglich, dass man ein Licht schafft, das
möglichst reich an chemischen und arm an W&rme-
strahlen ist In einer Arbeit, die Finsen ge-
meinschaftlich mit 0. Dreyer machte, wird be-
tont, dass nicht nur höhere Temperaturen, sondern
auch starkes Licht schädlich auf die Pockenvaccine
wirken, weshalb man die Vaccine (in rothen Glä-
sern) in der ESlte und ^nstemiss aufbewahren soll.
Drigalski, Zur Wirkung der Liehtwänne"
ärdhlm. (Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXVn.
1902.)
Die Lichtwärmestrahlen sind die chemisch nicht
wirksamen Strahlen des elektrischen Glühlichtes,
sie entbehren der specifischen baktericiden Licht-
wirkung; gegenüber dem steht eine Behauptung
Eattenbracker's. D. fand, dass mit Milzbrand
geimpfte Mäuse viel eher zu Grunde gingen, wenn
man sie der Bestrahlung mit einer Glühlampe
unterwarf. Aus den Versuchen geht hervor, dass
die Liditwärmestrahlen durch die in Folge der
starken Perspiration hervorgerufene Erschöpfung
die Widerstandsfähigkeit des Körpers gegen akute
infektiöse Prooesse vermindern und dass diese
starke Wirkung eine Eigenthümlichkeit der vom
I^^äe ausgehenden Wärmestrahlen ist
H. Salomon, üeber die Wirkung der Heiss-
hifibäder und der elekirisehen Lichtbäder. (Ztschr.
f.diätet. u. physikal. Ther. V. 3. p. 206. 1902.)
Bei den Schwitzbädern war zu constatiren:
Steigerung des Sauerstoffverbrauches und der Koh-
lensäureabgabe, geringe Zunahme der Harnausschei-
dung, Erhöhung der Temperatur um 0.5 — 1.5* C,
der Pulsfrequens bis zu 120, Abnahme des Ge-
wichtes bis um 2200 g. In den elektrischen Licht-
bidem war der Sauerstoffverbrauch wesentlich
Siöeser, die Körpertemperatur stieg im Maximum
inn 2.7« C, die Pulsfrequenz auf 132; der Ge-
wichtsverlust betrug 400— 1900g. In der Praxis
sind die elektrischen Lichtbäder als reinliche,
sdmell wirkende Schwitzbäder vorzuziehen. Sie
Ilaben aber gegenüber den alten Schwitzbetten den
Nachtheil, dass sie theurer und von dem Vor-
handensein einer elektrischen Leitung abhängig
sind. Eine specifische Wirkung erheblicheren
Grades auf den Stoffwechsel ist nicht nachweisbar;
der mit ihrer Erfindung gemachte Fortschritt ist
nur ein technischer, kein medicinischer.
Krebs, Schwibüen in elektrischen Lieht- und
Beissluftkästen. (Deutsche med. Wchnschr.XXVn.
40. 1901.)
Die Erfolge seiner Untersuchungen fasst K.
dahin zusammen, dass die meisten Patienten in
elektrischen (weissen) Glühlichtbädern rascher und
bei niedrigerer Temperatur transspiriren, als bei
anderen Schwitzproceduren. Diesen Erfolg ver-
danken diese Bäder nur den Wärmestrahlen. Elek-
trische Bogenlicht-Kastenbäder sind weniger ge-
eignet Bei längerem Verweilen (20 — 25 Min.) steigt
die Pulsfrequenz bei abnehmendem Blutdruck,
weshalb organisch Herzkranke ausgeschlossen wer-
den müssen. Die meisten Glühlicht- und Heiss-
luftkästen bedürfen wegen der ungleichen Erwär-
mung und fehlerhaften Thermometrie wesentlicher
Verbesserung.
Danilow, Beitrag %ur Frage der therapeuti-
schen Anwendung des blauen elektrisehen Lichtes.
(Ther. d. Gegenw. N. F. V. 9. p. 395. 1902.)
D. bringt eine Reihe von Krankengeschichten,
aus denen hervorgeht, dass in Fällen von Neuralgie,
besonders der grossen Aeste, Bestrahlungen mit
blauem Licht bessernd, bez. heilend gewirkt haben.
Während das blaue Licht anämisirt, wirkt das
weisse hyperämisirend. Die Beobachtungen sind
nicht einwandfrei, weil in einzelnen Fällen neben
dem blauen Licht auch andere Heilmittel (Chinin)
versucht wurden.
G. Kaiser, Methodik und Erfolge der Blau^
lißkibehandtung. (Wien. klin. Rundschau XVII. 17.
1903.)
Durch das Blaulicht wird der Stoffwechsel
reflektorisch bedeutend angeregt Den stärker
brechbaren Strahlen muss man in dieser Hinsicht
eine grossere Wirkung zuschreiben ; nur die che-
mischen Strahlen sind aktiv, der Einfluss der
Wärmestrahlen kann ganz ausgeschaltet werden.
Die Wirkung des Blaulichtes hängt ab von der
Entfernung und Stärke der Lichtquelle, es durch-
dringt auch bluthaltige Gewebe so leicht, dass
eine Tiefenwirkung zweifellos ist, ausserdem wirkt
es resorbirend und schmerzstillend, in conoentrir-
tem Zustande sogar anästhesirend.
J. G. Gabrilowitsch und L. 0. Finkel-
stein, Zur Frage der elektrisehen Lichibehandlung.
(Wratsch 14 u. 15. 1900.)
G. u. F. benutzten bei Tuberkulösen gemischtes
weisses Licht ohne Ausschluss der Wärmestrahlen
und gebrauchten Stromstärken von 10 — 20 Am-
peres. Die Distanz der Lichtquelle vom Kranken
betrug 1^/4 — 3 m. Man erreichte öfters Aufhören,
jedenfalls aber Linderung der pleuritischen Schmer-
zen, die mit jeder Sitzung geringer wurden. Nur
bei solchen erfolgte völlige Heilung, deren Schmer-
zen rheumatischer Natur waren. Bei Pleuritis sicca
acuta und chronica verminderten sich die ReibQ^
22
Müller, Hydrotherapie, Balneotherapie, Elimatotherapie und Phototherapie.
geräusche. Kopfschmerzen und SchwSchezust&nde
wurden nach und während der Sitzungen einige
Male beobachtet.
F. Hammer, Ueber Ldehibehtmdlung mit Vor-
zeigung einer Eisenbogenlampe. (WQrttemb. Corr.-
Bl. LXXm. 11. 1903.)
Die von H. benutzte Dermolampe hat grosse Pene-
trationskraft. Ihre Strahlen darchdriDgen die beiden
Haatschichten eines rasirten EaniDchenohres und üben
bei 2 Minnten Ezpositionzeit eine starke photographisohe
Wirkung auf lichtempfindliches Papier aus. Die Erfolge,
die H. bei Lupus hatte, werden als gut bezeichnet
Dem gegenüber erklärt Finsen in der Deutschen
med. Wochenschrift (XXVin. 2), dass die Dermolampe
nichts weiter ist als eine von Ejeldsen ausgeführte,
nicht gelungene Nachahmung der Bang*schen Lampe.
Dabei äussert F., dass alle Versuche, seine Methode
zu verbilligen, bisher kein greifbares Resultat ergeben
haben.
FoyeaadeCourmelles, Die IMiibehand-
lung. (Monatsh. f. prakt Dermatol. XXXIV. 8.
1903.)
de C. hat einen einfachen und billigen Apparat con-
struirt, den er J^ckem^8chen RcLdiaior^ nennt und der
dieselben Resultate erzielen soll wie das von Finsen
angegebene Instrumentarium. Ferner berichtet er über
eine erfolgreiche Behandlung des Lupus mit Röntgen-
strahlen, die er in 150 Sitzungen einwirken liess, bis
Heilung erfolgt war.
Eattenbracker, 7hi^5ar6lAc&i&äefer. (Arch.
f. Lichttherapie L 1901.)
Von der Voraussetzung aussehend, dass die Anwen-
dung der Lichtbäder häufig deshalb auf Schwierigkeiten
stösst, weil das Instrumentarium zu kostspieh'g ist, con-
struirte E. seine tragbaren Lichtbäder — muldenförmige
Gehäuse, die mit Glühlichtem ausgestattet und der bes-
seren Strahlung wegen innen mit weissem Ledertuche
überzogen sind. Die Temperatur lässt sich rasch auf
eine Höhe bis zu 90> C. steifem, so dass die Schweiss-
sekretion nicht lange auf sich warten lässt und eine er-
giebige ist. Neu ist die Verwendung der Lichtbäder bei
länger dauernden Operationen, um die Anskühlung des
Eörpers zu verhüten.
L. Laquer, lieber eine einfaehe Methode der
therapeutischen Verwendung des ekktrisehen Lichtes.
(Deutsche med. Wchnschr. XXVII. 22. 1901.)
L. hat einen handlichen Apparat erfunden, der unter
dem Namen Heliodor in der Fachpresse beschrieben
wurde. Er fasst seine mit diesem Apparate gewonnenen
Erfahrungen dahin zusammen, dass örtliche elektrische
licht- und Wärmereize auf die unbedeckte Haut eine be-
ruhigende Wirkung üben und bei gewissen funktionellen
Nervenstörungen anregen, wenn die Temperatur 45* C.
nicht überschreitet. Es empfehlen sich offene elektrische
lichtkastenvorrichtungen , die in gleicher Welse wie
Elektroden in loco morbi et doloris angesetzt werden.
Die Zeitdauer für jede Eörperstelle betagt in mazimo
15 Minuten ; die Anwendungen sollen wöchentlich 3 — 4mal
^ geschehen.
F.Neumann, Beohaehiungen aus dem Landes-
bade in Baden-Baden. (Deutsches Arch. f. klin.
Med. LXXin. p. 641. 1902.)
Im Jahre 1901 wurde ein elektrisches Lichtbad mit
48 Glühlichtlampen und 4«7afMfM5-Bogenlichtlampen ein-
gerichtet Das Licht der letzteren hat reichUohe ultra-
violette Strahlen. Der Stromverbrauch ist pro Lampe
800 Volt Wenn alle Lampen brennen, steigt die Tem-
peratur nicht über 45* C. Die Schweisserregung ist
wesentlich angenehmer als bei den anderen Schweiss-
prooeduren, denn die Pulsfrequenz wird in den meisten
Auffallend günstig war die Wir-
nff der JatKfcM- Lampe in 3 Fällen peripherischer
iske'
Füllen nicht alterirt
kung
Muskelatrophie nach Neuritis.
0. Holzknecht, Eine neue einfache Dosi-
rungemethode in der Radiotherapie. (Wien. klin.
Rundschau XVI. 35. 1902.)
Die ROntgendermatitis und der dadurch be-
dingte Haarausfall fflhrten zu Versuchen, diese
Reaktion therapeutisch auszubeuten. Aber man
fand bald heraus, dass die von der Haut absorbirte
Lichtmenge den Erfolg entscheidet und dass man
einmal über das Ziel hinausschiesst und Schaden
anstiftet, das andere Mal nichts erreicht, wenn man
nicht eine genaue Dosirungsmethode hat Zu die-
sem Zwecke benutzte H. die Erfahrungsthatsache,
dass gewisse Salze im ROntgenlichte verachiedene
Farben annehmen. Die Tiefe der Fftrbung geht
mit der im Salze absorbirten Lichtmenge und diese
mit der in der Haut absorbirten Menge parallel
Man gebraucht am besten eine Mischung v<»i che-
misch reinem Natriumsulphat und chemisch rei-
nem Natriumchlorid, die die Haut unter ROntgen-
licht schwach gelb Yerfftrbt Das „Ckromoradkh
meier" zeichnet sich durch seine Zuverlftssigkeit
aus und schützt Arzt und Patienten vor Schifailich-
keiten der Radiotherapie.
Von derVieLseitigkeit der therapeutischen Ver-
werthung überzeugen uns nachstehende Studien,
an deren erster Stelle diejenigen über Lupus ge-
nannt wwden :
N. R. Finsen, Die Bekämpfung des Lupu»
vulgaris. (Jena 1903. Oustav Fischer. 8. 6 S.
mit 24 Tafeln.)
F. stellt die Behauptung auf, dass durch seine
Methode alle Kranke mit Lupus vulgaris geheilt
werden könnten und dass in mnigen Jahren alle
alten lUle in Dänemark verschwunden sein wer-
den, so dass nur die der Heilung leicht zugftng-
lichen frischen Formen übrig bleiben. Er bringt
eine Reihe von photographischen Abbildungen, aus
denen zu ersehen ist, wie die Kranken vor der
Kur ausgesehen haben und welche Erfolge er-
zielt wurden. Es ist anerkennenswerth, wie in
Dänemark die Privatwohlthfttigkeit und der Staat
die Bestrebungen F.'s unterstützt haben. Eine
Statistik über die 804 Behandelten zeigt bei 50^/o
völlige Heilung, bei weiteren 25^/^ bedeutende
Besserung, bei den übrigen Patienten wurde die
Behandlung entweder vorzeitig abgebrochen oder
die Kranken starben an intercurrenten Krankheiten.
Zum Schlüsse macht F. darauf aufmerksam, dass
seine Heilresultate anderswo nur dann erwartet
werden können, wenn man die gleichen Instru-
mente benutzt und die Behandlung eben so lange
ausdehnt, wie er es thut.
0. von Petersen, Die LidUbehandkmg des
Lupus. (Petersb. med. Wchnschr. N. F. XVm. 44.
1902.)
Die Finsen- Behandlung ist ein bedeutender
Fortschritt in der Lupustherapie und wirkt wesent-
Müller, Hydrotherapie, Balneotherapie, Klimatotherapie und Phototherapie.
23
lieh besser als die Behandlung mit BGntgenstrahlen.
Sie kann jeden Lupus vulgaris der Haut zur Hei-
lung bringen. Beim Lupus erythematodes erhfilt
man nur in der Hälfte der Fälle einen Erfolg, ebenso
bei den capillaren Yenenektasien und bei Naevus.
Oute Besultate sind dagegen zu erwarten bei der
Aleppobeule und der Aktinomykosis der Haut Da
das Heilverfahren zeitraubend und kdstspielig ist
und die meisten Lupuskranken den ärmeren Stän-
den angehören, so scheint es gerathen, specielle
Finsen- Heilanstalten zu gründen und diese mit
Luposasylen zu verbinden.
F. H. Glarke, Dr, Finsen'a Lupus treat-
nmL (Glasgow med. Joum. LYL 6. p. 414. Dea
1901.)
liQthält eine genane Sohilderong des Finsen 'sehen
lostitats, der dann geübten Methode und der dadurch er-
zielten Heilerfolge.
The treaiment of lupus vulgaris and same oiher
diseases of ihe skin by Finsen's lighi method and
X-rays, (Brit. med. Joum. Sept. 28. 1901.)
Die Zahl der Sitzungen betrug zwischen 8 und
370. Die Erfolge waren derartig befriedigend,
dass die Lichtbehandlung des Lupus als die beste
bisher bekannte Methode bezeichnet wird. Es wird
kurz angegeben, wie man die mitunter störenden
Zwischenfälle (Erytheme u. s. w.) rasch beseitigen
kann.
K A. Pjetnikoff, Zur Lichtbehandlung der
Sddeimhäuie. (BoLiitschnaja Oaz. Botkine Nr. 19.
1901.)
Mit einer Lampe von 50 Lichtstärken wurden
in 6 Fällen von akuter katarrhalischer Amygdalitis
die kranken Stellen 10 — 15 Min. lang beleuchtet.
Schon nach 3 Sitzungen waren die Erscheinungen
verschwunden. Die Temperatur sank rasch, die
Böthe der Schleimhäute nahm ab, die Schwellungen
verschwanden und damit gingen die Belege zurück,
welches letztere meist schon nach der 1. Sitzung
eintrat
A. Casassa, Behandlung der Variola mit rothem
UehL (Bevue intern. deTh6r. phys. Nr. 18. 1902.)
Unter dem rothen Lichte, das in einfacher Weise
dnrch Bekleben der Fensterscheiben mit rothem
Papier erzeugt worden war, heilte der Ausschlag
in auffallender £ürze ab, auch blieben die sonst
unerlässlichen Narben aus. Interessant ist die Be-
obachtung, dass die Fliegen, die die Krankheit ver-
breiten, Zimmer mit rothem Lichte vermeiden.
Ibrahim Pascha Hassan, Photoiherapie
der Variola. (BL f. klin. Hydrother. 1902.)
Auch H. konnte die oben gemachten Angaben
bestätigen, dass durch rothes Ldcht das Stadium
der Suppuration abgekürzt und die Narbenbildung
verhütet wird. In EJgypten werden smt Alters
her die Blattemkranken in rothe Tücher eingehüllt.
E. Lesser, üeber die Lichtbehandlung von
Hauiaffektionen nach der Finsen'sehen Methode.
(Ztschr. f. diätet u. physikal. Ther. Y. 6. p. 451.
1902.)
Nach einer Schilderung der Finsen 'sehen
Methode, die nichts Neues bringt, geht L. auf die
Heilerfolge über und bezeichnet das Verfahren als
eine Bereicherung des physikalischen Heilschatzes.
Nicht nur Lupus, auch Teleangiektasie, Gancroide,
Acne rosacea, Eeloide und Alopecia areata wurden
wesentlich gebessert, unter den gebesserten Kran-
ken mit Lupus befanden sich solche mit ausgedehn-
ten Substanzverlusten. L. bestätigt die bekannte
Thatsache, dass die Lichtbehandlung langwierig
und kostspielig ist, sowie dass sie ein wohlgeschul-
tes Pflegepersonal voraussetzt
P. Joire, Liehibehandlung der Neurasthenie.
(BL f. klin. Hydrother. X. 1902.)
Die rothen Strahlen wirken wegen ihrer ge-
ringen Schwingungzahl beruhigend auf das Nerven-
system und verbessern die Ernährung. Sie sind
in allen Fällen am Platze, in denen Hyperästhesie
bekämpft werden solL , Jn manchen Fällen tritt
nach dem Yerschwinden der schmerzhaften Phä-
nomene eine cerebrale Depression und Schwäche
zu Tage; es ist dann geboten, andere Spektral-
farben in Anwendung zu bringen, deren Art, Inten-
sität und Applikation bei jedem Patienten eine
andere sein wird [1]."
Th. Büdingen, lieber den Ein fluss des Liehtes
auf den motorischen Apparat und die Eeflexerreg-
barkeit. (Ztschr. f. diätet u. physikal. Ther. YL 5.
p. 272. 1902.)
Durch äusserst geistvolle Untersuchungen am
lebenden Nervenmuskelpräparate des Frosches kam
B. zu dem Schlüsse, dass eine direkte Erregung
der Nerven und Muskeln durch concentrirtes rothes
oder blaues Licht sich eben so wenig nachweisen
lässt wie eineThätigkeitänderung des durch andere
Reize erregten, dabei aber der betreffenden Licht-
art ausgesetzten Muskels. Ferner fand B., dass
die Beflezerregbarkeit des Rückenmarks durch
Lichtstrahlen, die die Haut treffen, nicht beeinflusst
wird. Die B.'schen Untersuchungen sind geeignet,
die von mancher Seite gehegten optimistischen
Hoffnungen etwas herunterzustimmen, ohne dass
sie die Phototherapie der Dermatosen irgendwie
beeinträchtigen.
D. Klimatotherapie.
a) Allgemeine Bimatotherapie.
Wolff-Immermann, Beiträge zur Kennt-
niss des Höhenklimas. (Deutsche Praxis 9. 10.
p. 257. 289. 1902.)
W.-L seilt eine Reihe von Thesen auf, nach
denen bei der klimatischen Behandlung der chro-
nischen Lungenkrankheiten zu handeln ist: Fie-
bernde Kranke mit wenig ausgeprägten lokalen
Erscheinungen und g^tem Kräftezustande sollen
sofort in das Hochgebirge geschickt werden. Bei
weniger kräftigen Kranken und ernsteren Lungen-
affektionen muss ein Kurort mittlerer Höhenlage
oder die Tiefebene gewählt werden. Anämische
passen mehr für tiefe Lagen. Als R^el soll dienen,
24
Müller, Hydrothorapie, Balneotherapie, Elimatotherapie und Phototherapie.
dasB ein Ortswechsel der noch krftftig fiebernden
Kranken stets nach der H5he, der weniger fiebern-
den nach der Tiefe angezeigt ist Ein Ortswechsel
ist immer dann gerathen, wenn ein Iflnger dauernder
Stillstand der anfftnglich beobachteten Fortschritte
oder gar ein Rückgang beobachtet wird. Leicht-
kranke und nur Verdächtige gehüren ausschliess-
lich in das Hochgebirge oder wenigstens in höhere
Lagen des Mittelgebirges.
Th. Zangger, Uebar die Gefahr der Bakn^
fahrten im Hochgebirge, gpeeieü für ältere LeiUe.
(BL f. kUn. Hydrother. XUL 4. 1903.)
Eine vorzüglich geschriebene Arbeit mit lehr-
reichen Krankengeschichten, in der die Gefahren
der Bahnfahrten im Hochgebirge anschaulich illu-
strirt werden. Der Zusammenhang zwischen ihnen
und den lebensgefährlichen Folgen für das Herz
ist kein so unmittelbarer, als man bisher an-
genommen hat Auch mehrere Tage naßh der Rück-
kehr in die Tiefe können bedrohliche Symptome
auftreten, die man dann als „Herz- oder Hirn-
schlag^^ aufzufassen pflegt Höhen unter 1000 m
kommen kaum in Betracht Ein Gutachten K r o n-
ecker's lautet: Gesunde Menschen werden pas-
sive Beförderung bis auf 4000 m ohne objektive
Schidigung ertragen; sobald sie aber irgend welche
Bewegungen machen, werden sich unangenehme,
selbst bedrohliche Kreislaufstörungen einst^en.
Es sollte daher auf einer Mittelstation ein Arzt
aufgestellt sein, der Bedenken erregenden Beisen-
den von der Fortsetzung der Tour abrftth. Es ist
erfreulich, wie der akuten Herzdilatation immer
mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Determann und Schröder, Die Einwir-
ku$igen des BökenkUmas auf den Menschen, (von
Volk mann 's SammL klin. Vortr. N. F. Nr. 337
u. 33a 1902.)
Das Höhenklima ist nichts Einheitliches, son-
dern hftngt zum Theil ab von der örtlichen Be-
schaffenheit undden Witterungsverhftltnissen. Yiel
Brauchbares hat die physiologische Forschung nodi
nicht geschaffen, so dass wir im Allgemeinen auf
die Erfahrung angewiesen sind. Bezüglich der
Zunahme des H&moglobingehaltes des Blutes im
Hochgebirge besteht noch eine scharfe Diskussion,
ob es sich um eine scheinbare oder wirkliche Blut-
revolution, um eine Neubildung oder um lokale
Veränderungen im Kreislauf handelt Die Ge-
birgstherapie der Lungentuberkulose hat zuerst
Brehmer wissenschaftlich zu begründen ver-
sucht Thatsache ist, dass die Tuberkulose mit
zunehmender Elevatton abnimmt, aber eine speci-
fische Heilwirkung des Gebirges besteht sicher
nicht Die Erfolge der Phthisisbehandlung sind
in der Ebene dieselben wie in der Höhe. Was die
Malaria, die Krankheiten des Lymphsystems, die
Katarrhe der SchleimhAute und des Drogenital-
systemes betrifft, so giebt es Erfahrungen, die für,
und solche, die gegen die Höhenluftbehandlung
sprechen.
Vf. "^ elteny DiekUmatisehmKurorte. (Ztsohr.
f. difttet u. physik. Ther. YL 2. 1903.)
Nach einem Hinweiss darauf, dass in England
mehr und rationeller Gebrauch von klimatischen
Kuren gemacht wird, schildert V. die klimatischen
Kurorte der OordiUeren, unter denen einzelne auf-
fallend gute Erfolge zeigen. Auch Jamaika bietet
mit seinen sehr abwechselnde Höhenlagen über
dem Meeresspiegel vorzügliche, für manche Krank-
heiten je nach Jahreszeit und Meereshöhe passende
Aufenthaltsorte. Von der vielgerühmten Biviera
hat V. wenig zu sagen, sie theilt mit Ajaooio und
Sicilien die schönen, sonnigen Tage, aber auch die
häufigen schlechten Zeiten, zu denen das Ausgehen
unmöglich ist Die wärmste Empfehlung als
Winterstation für Lungenkranke verdient Algier.
Kranke, die die Seefahrt nicht vertragen, werden
nach der südlichen Mittelmeerküste von Spanien
gewiesen, wo besonders Malaga die grösste Beach-
tung verdient
L. Loewenfeld, Ueber Luftkuren für Nervöse
und Nervenkranke. (Deutsche Praxis X. 10. 1901.)
Ein wichtiger klimatischer Faktor neben der
Höhenlage ist die Luftbewegnng. Sie bewirkt eine
gewisse Abhärtung der Hautnerven, grössere Dnrdi-
blutung der Haut, Anregung desStoffwechsels und
gestattet länger dauernden Aufenthalt im Freien,
weil die Lufttemperatur keine excessiv hohe wird.
Verboten ist das Hochgebirge bei Neurasthenia
vasomotoria und N. cordis, sowie bei hartnäckiger
SclüafloBigkeit Die neuen Erfahrungen über die
nervösen Herzdihitationen und den Einfluss des
Höhenklima darauf sind von L. noch nicht ve^
werthet
b) Speeielle KHmaioiherapie.
M. Edel, Läsa «teft das KUma der Nordsee-
inseln auch im Herbst und Winter ther€qmUiseh
verwerüien ? (Ztschr. f. diätet u. physik. Ther. VL
9. 1902.)
Als Resultat langjähriger Temperaturbeobach-
tuDgen stellt K folgende Sätze auf: Der Herbst ist
die schönste Jahreszeit auf den Nordseeinseln, der
October ein besonders warmer Monat Der Winter
ist milder als in Wiesbaden und wärmer als in
Beriin. Der März ist verhältnissmässig kalt, der
Frühling setzt spät ein. Zu rühmen ist dieGleich-
mässigk^t der Temperatur. Die mittlere Wind-
stärke ist im Winter nur wenig grösser als im
Sommer, vorherrschend sind Süd- und Westwinde.
Der Regen dauert meist nur kurze Zeit und hindert
fast nie den Aufenthalt im Freien. Bei der Widi-
tigkeit dieser klimatischen Faktoren für die Tuber-
kulose ist zu bemerken, dass nur Patienten an die
Nordsee geschickt werden dürfen, die sich im An-
fangstadium der Krankheit befinden.
C. Clar, O0s<erretG^/nsettiifiia <Wien. klin.
Rundschau XVL 34. 1902.)
Im dalmatinischen Seeklima fällt die rascheste
Wärmezunahme nicht auf März und April, sondern
Müller, Hydrotherapie, Balneotherapie, EUmatotherapie und Phototherapie.
25
auf die Zeit von Mitte Mai bis Mitte Juni, so dass
also der April noch unter dem Jahresmittel bleibt
Die gffinstigste Station ist Oomisa; da aber in dem
industriell aufblühenden Städtchen kein Bedürfniss
nach Fremden ist, so ist ÜMsa mehr zu empfehlen.
Letiteres ist zwar den Landwinden ausgesetzt, ist
aber durch die Configuration des Hafens stellen-
weise geschützt Qradina und lAusm haben wohl-
eingerichtete meteorologische Stationen.
Ä. Labat, GUmat eteauxfninSralesePAtänehe-
Bimgne. (Paris 1903. Bailliöre.)
Das Buch hat eine deutsche Vorrede, der wir
einige Sfttze entnehmen : „Ich habe ungefähr aUe
dieCorstädte, Wfthrend derCurzeit, besucht, starke
fortschritte bemerkt und einen wunder ausswung
oonstatirt üeberall die Verwaltung hat neue ein-
riehtongen geschaffen und keinerlei mühen und
kosten gescheut die curorten auf grosser Höhe zu
erhalten. Die Balneologie hat grosse entwickelung
genommen; die ungarische bAder, durch neue Ver-
besserung, ganz umgewandelt sind. Da sind in
Oeeterreich viele hochberge, das dima und die
geologische verlüQtnisse eine wichtige rolle spielen.
Oeeterreich Schönes land, gute leute! Süsse erin-
nemng.*' Ausserdem enthält das Werkchen eine
kurze Schilderung der genannten Badeorte, der
wir nichts Neues zu entnehmen yermGgen.
S.Pri8smann, Einigea über das Smavon
Libau. (Petersb. med. Wohnschr. N. F. XIX. 62.
1902.)
Ausser in einer kleinen Sohrift von Marens: ^Daa
Seebad lAbau^ sind die klimatisohen Verhältnisse dieses
Knroites bisher noch keiner Betraobtnng unterzogen
woiden. Libau hat starke Barometersohwankungen ; die
groBste beträgt 10.6 mm. Die Bereohnoneen der Mittel-
teraperatnr ergaben für das Jahr eine solohe von 6.6* C.,
för den Sommer von 15.5* C, 4 Monate zeigen Zahlen
luter Null; der kilteste Monat ist der Februar, der
bejaseste der Juli. Die Lnftfeachtigkeit ist andauernd
sehr gross ; die absolute Feuchtiffkeit betrügt im Jahres-
mittel 6.5, die relative 80»/«. S&'kere Wmde kommen
^ die Sommermonate nioht in Betraohi NiederschlSge
erfolgen im Durchschnitt an 160 Tagen. Die Temperatur
des Wassers steigt im August auf 16* C. und fiUlt im
Juii bis auf 10*. Der Wellensohlag wird als ^intensiv
kr&ftig* bezdohnei
B. Honsell, Z>i0 WinterskUumm und HM-
queämAIfferiens. (Tübingen 1903. Franz Pietzker.
77 8.)
Die Kurorte Algeriens werden weniger von
Kranken und Brholungsbedürftigen aus Deutsch-
land besucht, als weiter entfernte und schwerer
erreichbare Länder des Südens. Den Qrund dafür
Bucht H. darin, dass die klimatischen Stationen
und Bfider mit Ausnahme von Alger und Biskra
nur sehr wenig von sich haben reden machen.
Was das Klima anbetrifft, so interessirt uns nur
der Winter; die mittleren Honatstemperaturen der
B Uütesten Monate betragen an der Küste wie in
der Sahara bei Biskra 11^. Die täglichen Tempe-
ratnrschwankungen sind im Küstengebiet gering
(8*), am höchsten sind sie in der Sahara (bis zu
16.5«). Belative Feuchtigkeit im Mittel 75%,
Med.Jahrbb. Bd.280.Hft.l.
Regenmenge zwischen 500 und 1000 mm. Von
endemischen Krankheiten sind zu nennen : Malaria
und Typhus. Die Syphilis ist sehr verbreitet. Die
Unterkunftsverhältnisse sind an den grosseren
Plätzen gut Die Zahl der Heilquellen beträgt 181
(8 alkalische, 49 schweflige, 38 eisenhaltige, 49 sali-
nische, 3 kohlensäurereiche und 34 indifferente).
Von Europäern werden nur 20 Quellen, nur von
Bingeborenen 68 benutzt. Für anspruchsvolle
Patienten kommen nur H. Rhira, H. Salahin, Bains
de la Reine und H. Meseontine in Betracht Die
Arbeit Honsell's vervollständigt unsere Kennt-
nisse über die balneologischen Verhältnisse Alge-
riens, das uns schon durch die Veröffentlichung
von Beitemayer näher gerückt wurde.
L. Murat, UUe de Djerba, aiaiion d'kiver.
(Arch. g6n. de M6d. Sept 1901.)
Die vor der Küste von Tunis gelegene Insel Djerba
eignet sich wegen ihrer klimatischen Vorzüge zum Winter-
anfenthalt für Tuberkulöse. Wenn M. aber behauptet:
^L'air est si doux, qu*il empeche de mourir^, so ist das
wohl ein Upsus calami.
Neue klimatologische Studien verdanken wir :
A. M e a d i e (Frandsko) : C^imaiology of Califomia ;
C. A. Sanborn: The elimate ofthe eaatem Fooikiüs of
aouihem Oalifomia und G. Hin sdale : The elimate of
Maine. Diese Arbeiten, die in der Novembernummer 1902
der Medical News veröffentlicht sind, bringen werthvolle
Aufschlüsse über die einschlägigen klimatischen Fragen.
E. Congreesnaehriehten.
Die meisten auf den Bädertagen gehaltenen
Vorträge sind im vorstehenden Texte schon be-
sprochen.
Vom 12. bis 14. October 1902 fand in Nau-
heim die XI. Jahresversammlung des allgemeinen
deutschen Bäderverbandes statt. Wir entnehmen
dem Berichte nachstehende medidnisch wichtige
Ausführungen :
Qrfinhut^ Die rmierenphysikaUeeh-ehemiaehen
Anaehauungen in ihrer Anwendung auf Mineral-
wäeeer und deren Eintheüung. Qr. schlägt für
eine moderne Mineralwasseranalyse vor, dass sie
die Beetandtheile des Wassers auf Ionen berechnet
enthält, und zwar soll sie in 3 Parallelspalten die
Gramme, die Millimolen imd die Milligramm-
äquivalente anzeigen. Hinzuzufügen ist die Qe-
frierpunktemiedrigung, die specifische elektrische
Leitfähigkeit und der aus letzterer berechnete
Dissociationgrad. Dieses Schema ist für die 2. Auf-
lage des vom kaiserlichen Oesundheitamt heraus-
gegebenen Werkes über Deutschlands Bäder und
Heilquellen angenommen worden.
Isbert, HÖheme Rohre und ihre Verwendung »u
Leitungen von Mineral' und Thermdkoaaser, Während
man früher ausschliesslich Holzröhren benutzte, wurden
diese durch die Metallindustrie langsam, aber sicher ver-
drängt Aber verschiedene schlechte Erfahrungen, die
man mit dem Metall machte, Hessen die alte MeÜiode
wieder aufleben. I. schreibt ihnen eine Reihe von Vor-
zügen zu: grössere Haltbarkeit und Widerstandsfähigkeit
gegen Kohlensäure, Soole, Schwefel; geringeres Gewicht;
eingehe und billige Montage; absolute Dichtigkeit der
Leitungen; keine Beeinträchtigung der chemischen und
4
26
Müller, Hydrotherapie, Balneotherapie, Elimatotherapie und Photoüierapia
physikaliscken EigenschafteD des 'Wassers; Schutz yor
dem Einfrieren. Dass das Holz aber auch grosse Naoh-
theile hat, weil die Leitungen oft emeaert werden müssen,
ist dem Autor entgangen.
A. Winokler, Ueber technische Neuenmgen hei
der LteUUkUian von Mineralbädem. Von den vielen
Wannen, die W. in Nenndorf probirt hat, ist nur die
Glaswanne als taugiioh erkannt worden. Zwischen den
Zeilen ist zu lesen, dassW. den alten Holzwannen eigent-
hch den Yorzng giebt Bezüglich der Erwärmongs-
methode hat W. das Rein itz 'sehe System und die von
Hessing in Bad Eissingen eingefiäirte Methode der
Vorerwärmonjg des Mineralwassers for empfehlenswerth
befanden. Eine andere neue Methode (Stör z) benatzt
transportable Heizschlangen, die darch eine einfache
Eappelang rasch angelegt and abgenommen werden
können. BetrofGB der Ventilation von Badehäosem ver-
wirft W. das von Hygieinikem and Architekten empfoh-
lene Polsionsystem and geht aaf die einfache Aspiration
zorüok. Die Leitanf^sröl^n wünscht W. aas Holz her-
gestellt, denen er eme lOOjfthr. Daaer verspricht [was
Ref, aaf Grand eigener Erfahrangen lebhaft bezweifelt].
Als Euriosam erwähnt W. gläserne Leitangsröhren, die
natürlich beim ersten Frost zersprangen.
Krone, Winierkuren in deutschen Kur- und
Badearten. Die Kurorte können, auch wenn sie nicht
klimatische Kurorte sind, duröh ihre speoifischen
Heilinittel in Verbindung mit LuftTerftnderung
auch im Winter ihre Wirkung thun ; es ist daher
den Kurorten zu rathen, die entsprechenden Ein-
richtungen zu treffen. Wir entlasten dadurch die
Aerzte, indem die Hoohfluth der Saison auf das
ganze Jahr vertheiltwird, und tragen dazu bei, den
Volkswohlstand zu heben.
Hirsch, Erankenkost inKurorten. H. wendet
sich mit Beoht gegen die Unsitte, dass in den
Badehotels zu wenig Bücksicht auf die diätetischen
Ansprüche der Patienten genommen wird, und ver-
langt dringend Abhülfe.
Zur 74. Versanunlung deutscher Naturforscher
und Aerzte 1902 hat die Stadt Karlabad eine vor-
trefflich ausgestattete Festschrift heraufig^geben,
die auf 800 Seiten und mit zahlreichen Hlustra-
tionen geschmückt die Geschichte und die der-
zeitigen Hülfsmittel der altberühmten Bftderstadt
darlegt Im ersten Theile finden wir eine geo-
logische Schilderung der BodeuTerh<nisse der
Stadt sowohl, wie des ganzen Thermalgebietes, der
sich eine Oeschichte Karlsbads anschlieest Daran
schliesst sich die Bauentwickelung, dieBinrichtang
der Badeanstalten, die Sprudelsalzerzeugung und
Hineralwasseryersendung, sowie die Wasserver-
sorgung, Kanalisation und Beleuchtung. In den
folgenden Gapiteln werden wir über die Kranken-
anstalten, das Sanit&tswesen, das Schulwesen, die
Stadtarchive, die Pflege von Kunst und Ebndwerk
informirt, worauf uns der Führer mit der schOnen
Umgebung Karlsbads vertraut macht. Den Schluss
bildet eine reichhaltige Bibliographie.
Die Festschrift ist ein Beweis dafür, dass Karlsbad
eine urdeutsohe Stadt geblieben ist, dass die streb-
samen Bürger alles aufbieten, um den alten Buf
ihrer Heimath zu bewahren, und dass in Karlsbad
die Hygieine in anerkennenewerther Weise Sitz-
und Stimmrecht hat
Im Jahre 1901 wurden von den Aerzten in Baden-
Baden balneologiBche Eorse eingeführt, die auch im Jahre
1902 eine grosse Anzahl wissbegieriger Hörer in die
schöne Bäderstadt führten. Von den vortragenden seien
genannt : B ä u m 1 e r (Freibarg), der über das VerhäUrUss
der Balneotherapie Mir Oesammtmedioin sprach. Hei-
ligenthal (Baden) verbreitete sieb über die physika-
lische Therapie der funktionellen Neurosen and verstand
es, dem viel behandelten Thema neue Seiten abzagewinneo.
Gilbert (Baden) behandelte die Diätetik in der Balneo-
therapie und die diätetischen Eeihnethoden, Bössler
(Baden) die Chemie der Mineralwässer and N e a m ann
(Baden) die Thermotherapie. Von Frey (Baden) hegt
ein Vortrag vor über Hydrotherapie und von Ob-
k i r 0 h e r (Baden) über Thermen, ihre Anwendungsweise
und Indikationen. Es ist sehr za begrüssen, dass auf
diese Weise die Forschangsresaltate der sogen, physi-
kalischen Heilmethoden, die auf den Universitäten noch
inuner etwas vernachlässigt werden, in weitere Eretse
getragen werden.
Starok, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalia.
27
Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis.^)
Zusammengeetellt von
Privatdocent Dr. Hugo Starck
in Heidelberg.
Der Yorliegenile Bericht stützt sich auf 284
deotschey englische und französische (sowie einige
wenige italienische und russische) Arbeiten aus
den Jahren 1899, 1900, 1901, 1902, wie sie dem
Vf. von der Badaktion zur Verfügung gestellt
wurden.
Der Bericht ist in 7 Abschnitte geth%ilt: L Epi-
demiologie, Aetiologie. ü. Bakteriologie, Immuni*
tat, Agglutination. HL Pathologische Anatomie.
IV. Symptomatologie, Complikationen, Verlauf.
V. Diagnose. VI Therapie. VIL P»)phylaxe.
/. Epidemiologie, Aetiologie.
1) Baudin, L., U6pidemie de fievre typhoide ä
B68ao90D. Ann. d*Hyg. pnbl. 3. S. XLVn. 5. p. 420.
Mai 1902.
la) Brown, Th. R., siehe Symptomatologie.
2) C a m e r 0 n , C. A., Localiaed ontbreaks of typhoid
fever appaxentlydne to infected milk. Dubl. Joom. of
med. 8c. 3, 8. CVm. p. 330. Nov. 1899.
3) C 1 6 m e n t , E., Des rapports de la fievre typhoide
a Lyon avec les oscillations de la nappe sonterraine. Lyon
med. XCVUL 15. 16. p. 553. 594. Avril 1902.
4) Coates, H., Ontbreak of typhns fever in Man-
chester. Lancet Febr. 16. 1901. p. 499.
5) Fischer, B., u. G. Flatan, Typhnsbaoillen
in einer eingesandten typhnsverdiohtigen Wasserprobe.
Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXIX. 8. p. 329. 1901.
6} Har ring ton, Ch., Some reported cases of
typhoid fever attribnted to contaminated oysters, with
certain facta oonceming this means of infection. Boston
med. a sorg. Joom. CXLIV. 19. p. 439. May 1901.
7) Hays, B. X., An epidemio of typhoid fever.
New York med. Becord LVIII. 25. p. 974. Dec. 1900.
8) Horiiika, Y., Beitrag zur Verbreitungsweise
des Typhus abdominalis durch den Qenuss von rohen
Aostem. Wien. med. Wchnschr. L. 2. 3. 1900.
^^9) Hünermann, Zwei Typhusepidemien beim
Vm. Armeeoorps. Deutsche mil.-ärztL Ztschr. XXX.
6. 7. n. 328. 385. 1901.
10) Leigh-Canney, H.E., The theory ofairbome
typhoid fever in armies. Bht med. Journ. Aug. 24. 1901.
p.463.
11) Lindemann, Orundwasserleitung u. Typhus.
Centr.-Bl. f. allg. Oeshpfl. XIX. 9 u. 10. p. 386. 1900.
12) Littlejohn, H., andC.B. Eerr, An outbreak
of typhös fever. Edinb. med. Journ. N. 8. V. 6. p. 555.
Jone 1899.
13) Luttinger, L., Der Typhus im Czernowitzer
Stadtgebiete wahrend der Zeit vom Jahre 1892 bis Ende
1899. Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXVHI. 8 u. 9.
lOiLll.p. 229. 294. 1900.
14) Moreau, R., Nouvelles considerations sur les
epidemies de fievre typhoide de 1894 et 1899 ä Sens et ä
Paris. Ann. d'Hyg. pnbl. 3. 8. XLV. 2. p. 97. Fevr. 1901.
15) Mosny et Bordas, L'epidemie de fievre
typhoide de CSiemille. Ann. d'Hyg. publ. 3. S. XLIV. 2.
p. 122. Aüg. 1900.
*) Vgl. Jahrbb. CCLXXIV. p. 11.
16) N e u m a n n , Typhus, Keimzahl u. Trinkwasser
nach Erfahmngen im Ruhrgebiet Deutsche med. Wo-
chensohr. XXVn. 44. 1901.
17) Olivier, 6., üne epidemie de fievre typhoide
k Bourg-en-Breese. Aroh. de M6d. et de Pharm, mil.
XXXV. 2. p. 116. Fevr. 1900.
18) P a 1 m e r , Eine Typhusepidemie in Steinhausen,
O.-A. kberaoh. Med. Gorr.-BL d. württemb. ärztL
Landesveteins LXXI. 43. p. 647. 1901.
19) Van der Plaats, Y. D., en H. Offerhaus,
De typhus- epidemie te Utrecht in Aug.— Dec. 1900.
Nederl. Weekbl. 4. p. 206. Juli 27. 1901.
20) De Poul de Lacoste, üne epidemie de fievre
typhoide ä Lorient Arch. de Med. et de Pharm, mil.
XXXIX. 8. p. 135. Acut 1902.
21) Quill, B. H., Airborne typhoid. Brii med.
Journ. Febr. 15. 1902. p. 383.
22) Bieder, W. v., Der Abdominaltyphus in Biga
im Jahre 1900. Deutsche Vjhrschr. f. öffenü. Geshpfl.
XXXm. 4. p. 577. 1901.
23) Sabatier, R., Note sur la fidvre typhoide en
Chine et en particulier dans la gamison dePao-Ting-Fou.
Arch. de Med. et de Pharm, mil. XXXTX. 6. p. 457. Juin
1902.
24) Taussig, 0., üeber eine Manöver -Typhus-
epidemie aus dem Marodehause in Bosnisch -Visegrad.
MiUtärarzt XXXV. 11 u. 12. p. 89. 1901.
25) Tooth, H. B., Some personal experiences of the
epidemie of enteric fever among the fxoops in South
Africa, in the Orange River Golony. Lancet March 16.
1901. p. 769.
26) Turner, G., !^hoid fever in South- Africa: its
cause and prevention. Brit. med. Journ. Febr. 15. 1902.
p.381.
27) Wernicke, E., üeber die Entstehung einer
Typhusepidemie beim Füsilier -Bataillon des Grenadier-
Regiments „Prinz Carl*^ Nr. 12 in Frankfurt a. d. 0. im
Kaisermanöver 1895. Deutsche mil.-ärztl. Ztschr. XXXI.
2. p. 58. 1902.
28) Whittier, E.N., Means of infection of typhoid
fever. Boston med. a. surg. Journ. GXLTV. 19. p. 444.
May 1901.
29)v. Ziemssen, üeber nosooomiale Typhusinfek-
tionen. Ann. der städt. allg. Krankenhäuser zu München.
München 1896. p. 40.
Die JEind^niologie fand in den letzten beiden
Jahren wenige Bearbeiter. Sollten die Epidemien
durch Verbesserung der sanitären VerhAltnisse, be-
sonders duroh Herbeiführung besserer Trinkwasser-
verh<nisse seltener geworden sein?
Hanöverepidemien beschrieben Wernicke,
Hünermann, Taussig; weitere Epidemien
werden von Mosny und Bordas in ChemilU
1899; Poul de Lacoste in Lorimt 1901102,
O. Olivier in Bourg-en-Brease beschrieben.
Von besonderem Interesse ist vielleicht die von
Baudin in Beaangon (1901) beschriebene Ifpi-
demie, da die Infektion hier wiederum durch eine
sogenannte „aource vauchmmne'^ hervorgerufen
28
Starck, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis.
I
wurde, deren Bedeutung bereits im letzten Berichte
gebührend beleuchtet worden ist Besonders hervor-
gehoben soll auch die grosse Riffoepidemis des
Jahres 1900 sein, bei der 2646 Erkrankungen vor-
kamen, während die Epidemie durch schlechtes
Trinkwasser hervorgerufen und auch zum grOssten
Theile verbreitet wurde, konnte in ihrem Verlaufe
eine ausgedehnte Lokaibrunfwninfektion, sowie
auch die direkte Contagion in grösserem Maassstabe
beobachtet werden. Während alle bisherigen Epi-
demien als Trinkwasserepidemien aufzufassen sind,
findet E. Clement in den Lyoner Epidemien von
1872 — 1885 zahlreiche Momente, die zu Gunsten
der Pettenkofer'gehen Orundwassertheofie (siehe
auch den vorigen Bericht) sprechen. Im Grossen
und Ganzen stieg das Typhusfieber mit dem Sinken
des Grundwassers.
In der Typhusepidemie von Ehamihom 1900
(Hü n er mann), sowie derjenigen zu Sieinhausen
(Palm er) konnte die Uüch ah Infektumträger
nachgewiesen werden, ebenso in einer kleinen von
C a m e r 0 n beschriebenen Epidemie.
Die Frage, ob durch Siavh und Fkegen eine
Typhusepidemie entstehen oder yerbreitet werden
kann, wird von mehreren Autoren erörtert
I Während Quill sich auf Grund einer in Ceylon
in einem englischen, die Buren bewachenden Lager,
ausgebrochenen Epidemie als Anhänger der Staub-
und Fliegentheorie bekennt, stellen sich George
Turner undCanney in strengen Gegensatz dazu
und halten eine weitere Verbreitung dieser Lehre
insofern für gefährlich, als dadurch die nothwen-
digen Maassnahmen gegen Trinkwasserinfektionen
behindert werden und weiteren Epidemien Vor-
schub geleistet wird.
Mit der Verbreitung des Typhus durch Äuatem
beschäftigen sich Horöi£ka undHarrington;
über nosocomitUe 7Sff)ku8infekiian in der Münchener
I. medicinischen Klinik verdanken wir v.Ziemssen
eine Mittheilung.
Eingehende Berichte über Manövertyphusepi-
demien aus den Jahren 1895 und 1900 liegen vor
vonE. Wernicke(Posen) und Dr.Hünermann
(Coblenz). In beiden Fällen wurde mit militärischer
Genauigkeit und Gründlichkeit nach den Ursachen
der Infektionen geforscht und wurden die Quellen
mit grosser Wahrscheinlichkeit entdeckt Die erste
Epidemie, die erst in der Chumison Frankfurt a. d.O.
zum Ausbruch kam, konnte auf t;i0runmni^M Trink-
waaser, das den Truppen im Manöver auf dem
Durchmarsche von den Ortseinwohnem verabreicht
worden war, zurückgeführt werden, die Verbreitung
der Epidemie in einem bestimmten Bataillon ge-
schah wahrscheinlich dadurch, dass die Soldaten
sich in Bachwasser wuschen und auch solches
tranken, das durch die Fäkalien der zuerst Er-
krankten verunreinigt war.
Die von Hünermann studirte Epidemie, die
im Manövergelände der Eifel, bez. nach der Rück-
kehr in die Garnison zum Ausbruch kam und der i
182 Mann zum Opfer fielen, scheint verschiedenerlei
Ursachen gehabt zu haben. In dem armen Eifel-
gebiete wurden grösstentheils die Brunnen in dem
denkbar schlechtesten Zustande angetroffen. Bei
36 Typhuskranken ist es wahrscheinlich, dass die
Erkrankung auf Limonade zurückzuführen ist, zu
deren Bereitung von den Händlern mit Typhus-
dejektionen verunreinigtes Wasser verwendet wor-
den ist Im ganzen Manövergelände herrschte i
Wassermangel, die Trinkwasserverhältnisse waren
so ungünstig wie möglich, in der ganzen Gegend
herrscht Typhus endemisch, obgleich die Bewohner
ihren Durst hauptsächlich mit Kaffee löschen.
Eine kleine Manöfoer-Typhuaepidemie aus Bo5-
nMi-Vi6afrad beschreibt Otto Taussig; als
Infektiönquelle konnte das Wasser eines verseuchten
Baches nachgewiesen werden, das die Truppen
trotz Verbotes genossen hatten. Von 210 Mann
erkrankten 21 mit einer Mortalität von 19%. Die
Incubationdauer betrug 2^f^ — 4 Wochen. Die
Epidemie hörte mit dem Eintritte eines mehr-
tägigen Begenwetters ganz plötzlich auf.
Ein geradezu klassisches Beispiel einer Trink-
wasserepidemie bildet dievonMosny undBordas
beschriebene Typhusepidemie von ChemüU 1699,
während der von 4366 Einwohnern 121 Personen
erkrankten. Die klassischen Symptome einer sol-
chen Epidemie waren vorhanden : Plötzlicher Be-
ginn, schnelle Ausbreitung, grosse Erankensahl,
Begrenzung der Infektion auf Einwohner, die in
derselben Stadt sich desselben Trinkwassers be-
dienten, Nichterkrankung der übrigen Personen;
plötzliches Erlöschen der Epidemie mit Unter-
brechung des Gebrauches des verdächtigen Wassers.
Die Ursache der Epidemie konnte in dem Gebrauche
eines Brunnenwassers festgestellt werden, das durch ein
Waschbecken und eine Abortgrabe verunreinigt war. Die
letztere aber enthielt die Dejektionen eines zugereisten
Typhnskranken. AUe oder doch fast alle Familien, die
von dem Brunnen ihr Wasser bezogen, wurden krank,
alle übrigen blieben gesund.
Eine zu Larimt im Winter 1901—1902 au»-
gebrochene Epidemie mit 116 Typhuskranken
musste auf das ganz unxurei^iende Ähfuhrwessn
zurückgeführt werden. Zu Lorient besteht eine
Art Tonnensystem, die Tonnen werden aber offen
durch die Strassen geführt, verschüttet und wer-
den schliesslich in unmittelbarer Nähe der un-
dichten Wasserleitung auf das bebaute Feld aus-
geleert Kein Wunder, wenn bei einer bakterio-
logischen Untersuchung des Wassers nicht nur
Coli-, sondern aiack TyphuahadUm gefunden wurden.
In überzeugender Weise führt De Poul de
Lacoste die Epidemie aufdenGenussdes Wassers,
der grünen Feldgemüse und der Muscheln zurück.
Die Erkrankung einiger Gendarmen konnte nur
durch Genuss von Austern erklärt werden, die die
Gendarmen als Infektionträger confiscirt, aber selbst
gegessen hatten.
Auch in diesem Falle entstand die Epidemie
Starck, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis.
29
nach heftigen Begengüssm, ebenso wie eine Epi-
demie zu Bourg-en-Bresse, deren Beschreibung wir
M.O. Olivier verdanken. Die zwischen 2 Ab-
hängen gelegene Quelle wurde jeweils zu Regen-
zeiten mit den durch das herabstrOmende Wasser
mitgerissenen Fäkalien verunreinigt Irgend welche
Besonderheiten bot die Epidemie nicht.
Geradezu unglaubliche hygieinische oder besser
geeagt unhygieinische Zustände scheinen in China
zn herrschen. „On peut dire que la Chine est un
vaste champ d'6pandage*' sagt H. Sabatier, dem
wir Bemerkungen über den Typhus in China und
insbesondere über eine kleine Epidemie in der
Oamison von Pao- Ting-Fou verdanken. Die letztere
betraf eine Zimmerepidemie, die erlosch, nachdem
das Zimmer, besonders auch die Betten, von dem
massenhaft abgelagerten Staub und Schmutz ge-
sftnbert waren.
Besan^on ist eine der Städte, die schon seit
Jahren von Typhus heimgesucht werden. L. B a u -
din unterscheidet SPerioden, die 1. 1832—1854,
in der der Typhus endemisch herrschte, die 2.
1854 — 1886, die sich durch grosse Epidemien
auszeichnet, eine 3. Periode endlich, diejenige der
Ueinen Epidemien, von 1887 — 1901.
Der Epidemie des Jahres 1901 wendet B. seine be-
sondere Aufmerksamkeit zu. Als Quelle der Infektion
stellte sich das als Irinkwasser verwandte Wasser des
Flusses Ärcier heraus. Zwar wurde es bei verschiedenen
bakteiiolo^cben Untersuohungen als vollkommen tadellos
befunden, indes stellte es sich bei genauer Untersuchung
heraus, dass die Quelle des Arcier eine sogen. „Source
Tauclusienne^ war, indem sie unterirdische, die Kreide-
und Ealkformation durchbrechende Zuflüsse des Baches
Nancray und der Saone erhält. So trifft es sich, dass
bei gutem Wetter das Quellwasser des Arcier emwandfrei
befanden wird, dass aber nach starken Regengüssen be-
mts die Quelle trüb und inficirt erscheint Bei der
letzten Epidemie konnte im Quellgebiete des Nancray
kein Typhusfall nachgewiesen werden, wohl aber im
Sadn^biete, und es ist deshalb wahrscheinlich, dass die
unterirdischen Zuflüsse der Saone die Infektionkeime, die
die Epidemie zu Besan9on herbeiführten, dem Arcier zu-
gefohxt hatten. Dass die SaÖne thatsächlich dem Arcier
Wasser zuführt, konnte durch Zusatz von Fluorescin,
das nach ungeflUir 8 Tagen das Arcierwasser grünlich
verfobte, nachgewiesen werden. In prophyli&tischer
Hinsicht muss, da weder das Wasser des Nancray, noch
der Saone entbehrt werden kann, nach heftigen Regen-
güssen das Wasser als verseucht erklärt und vor dem
Qenuss abgekocht werden, während es zu normalen Zeiten
nicht zu beanstanden ist.
Ein eklatantes Beispiel für die Entstehung von
Typhusepidemien durch infkirtes Trinkwasser bildet
auch die Bigaer Typhusepidemie des Jahres 1900.
Während in Riga der Typhus endemisch herrscht,
so dass seit 1889 jährlich 185—600 Personen daran er-
krankten, kamen 1900 2646 Erkrankungen mit 341 Todes-
mien vor. Oleich bei Beginn der Epidemie musste die
Aufmerksamkeit auf die Trinhüosserversorgung gelenkt
werden, und in der That stellte es sich bald heraus, dass
die in verschiedensten Stadtheilen erkrankten Personen
ihr Trinkwasser aus gleicher Quelle bezogen, nämlich
ans der städtischen Wasserleitung, die aus unfiltrirtem
I)ünawa88er gespeist wurde. Im fVühjahr sammelten
sich auf dem Flusse durch die zahlreichen thalwärts-
fahrenden Flosse ungefähr 16500 Menschen an, die ihre
Bejektionen dem Flusse übergaben. Verschiedene Flöaser
waren naohweisUch an Typhus erkrankt. Die Epidemie
trat explosiv auf; Typhusbacillen konnten bei der aller-
dings erst Mitte des Jahres angestellten Untersuchung im
Leitungswasser nicht mehr nachgewiesen werden.
In der weiteren Hälfte des Jahres verwischten sich
die klaren ätiologischen Verhältnisse etwas, indem nun
zahlreiche Menschen erkrankten, die kein Dünawasser
getrunken hatten. So traten in einem entlegenen Einder-
asyl in einem Monate 26 Erankheitfölle auf. Die Nach-
forschung ergab, dass es sich in diesem Falle um eine
Brunneninfektion gehandelt hatte, indem dem schad-
haften Brunnen aus dem inficirten Nachbarhause stam-
mende Fäkalien beigemengt waren.
Die Epidemie lieferte schliesslich auch ein Beispiel
für die Oefohr der direkten Oontagion; ein Arzt und
26 Personen des Erankenwartepersonals wurden inficirt,
aber auch bei 36 weiteren Personen konnte direkte An-
steckung nachgewiesen werden.
Mit Becht verlangt W. v. Bieder, dem wir die
Mittheilung verdanken, eine sanitäre Wasserversorgung
der Stadt und le^t es allen prakticirenden Aerzten dringend
an*s Herz, jeden Typhusfall möglichst frühzeitig zu melden.
Bekanntlich gelingt der Nachtoeis der Tkflpkus'
baciüen aus fliessendem Wasser, das zu Typhus-
epidemien Anlass gegeben hat, höchst selten, da
zu einer Zeit, in der die Diagnose sichergestellt
werden kann, das flieesende Wasser am Infektions-
ort sich längst wieder gereinigt hat
Grösseren Erfolg hatte man gelegentlich bei
Brunnenin fMionen ; so berichten Bernhard
Fischer und Germaniis Flatau über eine
Typhusepidemie zu Reilingen bei Eiel, der 8 Per-
sonen zum Opfer fielen. Als Infektionherd wurde
ein Brunnen entdeckt, der dicht bei einem Schlamm-
graben gelegen, von diesem verunreinigt war. In
dem Brunnenwasser konnten neben zahllosen Lebe-
wesen verschiedenster Art mit aller Sicherheit
Typhusbacillen nachgewiesen werden.
Während die meisten Epidemien der letzten
Jahre als Trinkwasserepidemien angesehen wurden,
so konnte bereitsBoux (siehe den letzten Bericht:
Epidemiologie) für die grosse Epidemie des Jahres
1808 zu Lyon zahlreiche Momente zu Ounsten
der Omndwasseriheorie Peitenkofer's auffinden.
Der Grundwasserstand der Stadt, deren Trink-
wasserversorgung zum grossen Theile durch Pump-
brunnen geschieht, geht in allen seinen oft plötz-
lichen und ganz erheblichen Schwankungen mit
dem Wasserspiegel der BMne einher. E. Cle-
ment suchte nun für die Jahre 1872 — 1885 auf
statistischen Grundlagen Beziehungen zwischen
dem Auftreten des Typhus und den Schwankungen
des Grundwasserstandee auf und kam zu dem
Resultat, dass die Jahre mit grosser Typhusmorta-
lität diejenigen sind, in denen das Grundwasser
den niedrigsten Stand hatte, und dass ebenso die
Jahre, in denen die Höhe des Grundwasserstandes
unter dem Mittel lag, eine grössere Mortalität auf-
wiesen. Mit grossen Grundwasserschwankungen
ging die Mortalität herunter, und umgekehrt stieg
sie mit nur leichten Schwankungen. So ergiebt
sich, dass im Allgemeinen dasPettenkofer 'sehe
Gesetz in Lyon zum Ausdruck kommt, indem das
Typhusfieber steigt, wenn das Grundwasser sinkt*
30
Starck, Neuere Arbeiten über Typhus abdominaÜB.
unter den beiden ▼onH&nermann(Goblenz)
beschriebenen Ttfphuaepidemim interessirt uns ganz
besonders diejenige vom Truppenübungsplatze
Eisenbom im Herbst 1900. ImOaiizen erkrankten
in den Monaten August und September 182 Mann,
Dank der allen derartigen militftrftrztliohen Unter-
suchungen eigenen Gründlichkeit und Qenauigkeit
gelang es trotz vieler Schwierigkeiten, die Art der
Infektion aufzuklären. Der zunächst auf die Trink-
wasserversorgung geworfene Verdacht konnte einer
scharfen Kritik nicht stichhalten, dagegen wiesen
gewichtige Momente auf die Müeh als Verhreüet
des Krankheiierregera hin.
Das Barackenlager wurde durch eine Molkerei-
genossenschaft mit pasteurisirter Milch versorgt,
einer Milch, die durch eine Erwärmung auf 85 — 90^
während 1 — 3 Minuten möglichst keimfrei ge-
macht war. Zahlenmässig konnte nun der Zu-
sammenhang zwischen den Abnehmern dieser
pasteurisirten Milch und dem Auftreten der Typhus-
fälle unter den verschiedenen Truppentheilen nach-
gewiesen werden, so dass es nicht mehr zweifel-
haft erschien, dass die Milch thatsächlich der
Träger der Typhuskeime war. Es stellte sich nun
heraus, dass die Tochter eines Bauern, der die
Milchgenossenschaft mit Milch versorgte, unmittel-
bar vorher an Typhus erkrankt war; der neben
dem Hause befindliche Ziehbrunnen war von aussen
im h(3chsten Orade verunreinigt, mit dem Wasser
wurden aber die Milchgefasse gespült.
Dass das in derOenossenschaftmolkerei geübte
Pasteurisirverfahren nicht genügte, umdieTyphus-
bacillen abzutOdten, konnte auf experimentellem
Wege nachgewiesen werden. Typhusbacillen, die
in Milch während 3 Minuten auf 83 — 90^ erhitzt
waren, vermehrten sich in das Millionenfache.
In prophylaktischer Hinsicht stellt deshalb
Hünermann an Molkereien, die für Truppen
Milch liefern, die Anforderung, dass sowohl die
Vollmilch, wie besonders auch alle Magermilch im
Hochdruck-Pasteurisirapparat auf 100^ 3 Minuten
lang erhitzt wird. Die Magermilch soll deshalb
die gleiche Behandlung erfahren, weil sonst die
pasteurisirte Vollmilch, die nachher in die Kühler
und grossen Milchbehälter kommt, dort leicht von
Resten keimhaltiger Magermilch angesteckt wird.
Es dürfte noch hervorgehoben werden, dass
von militärärztlicher Seite zur Feststellung des
Beginns einer Infektion das Auftreten der Boseola-
flecke als maassgebend erachtet wird. Dieser
Zeitpunkt soll bei den Soldaten, die in fast gleichem
Lebensalter stehen, denselben äusseren Lebens-
bedingungen und körperlichen Anstrengungen
unterworfen sind, mit grosser Begelmässigkeit dem
23. oder 24. Tage nach der Ansteckung ent-
sprechen.
Eine kleine Typhasepidemie in Steinhausen, von der
unter 250 Ortseinwobnern 30 befallen wurden, konnte
von Anfang an genau verfolgt und nach Entdeckung des
primären Herdes auch wirksam bekämpft und conpirt
H^erden. Es handelte sich, wie Palmer mittheiit, um
EinsohleppuDg durch eine Typhospflegerin und Infektion
einer Käserei, von der, sei es durch direkte Veronreinigong
der MUch, sei es durch Verunreinigung der Gefässe mit
dem zum Patzen verwandten (verseuchten) Wasser des
Hofes, die Aasbreitang der Krankheit unter die Bevölke-
rung stattfand.
Eine weitere kleine Typhusepidemie durch inßeirU
Milch theilt Ghas. A. Cameron mit. In einer Molkerei
erbrankten der Besitzer und dessen Schwester an Fieber,
das später als Typhusfieber diagnosticirt wurde. In allen
Bezirken und nur in denjenigen, die mit der Milch aus
dieser Molkerei versorgt wurden, kamen Infektioneo vor,
im Ganzen 66. Bei der Nachforschung ergab es sich,
dass in der Molkerei nicht einmal ein Braunen vorhanden
war. Untersuchte Wasserproben, aus einem Pump-
brunnen der Nachbarschaft, dessen Wasser in der Mol-
kerei zur Verwendang kam, ergaben starke Yenmreini-
gungen mit organischen Substanzen und Bacillus coli
communis.
Nachdem bereits durch Bemlinger, Yau-
can und Footh die Entstehung einer Epidemie
durch infieirten Staub für mOglich gehalten wurde,
theilt R H. Quill (Ceylon) eine Epidemie in dem
das Gefangenenlager der Buren bewachenden Lager
der Engländer auf Ceylon mit, die wahrscheinlich
durch infieirten Staub, bez. durch mit Infektion-
keimen beladene Mieten verursacht wurde. In
dem 5000 Mann starken Lager der Buren kamen
600 TyphusfUle vor. Die beiden Lag« waren
rftumlioh getrennt, jeder Verkehr swischen beiden
Lagern war aufgehoben ; Trinkwasser, Mildi und
Nahrungsmittel waren als Infektiontrilger mit
Sicherheit auszuschliessen , andererseits war zur
Verstaubung der eingetrockneten Burenexkremente
reichlich Gelegenheit geboten ; das Burenlager war
staubbedeckt trotz der Regenzeit, so dass wohl
der Transport des infieirten Staubes von einem
Lager in das andwe mOglich war. Ausserdem war
w&hrend der ganzen Dauer des Fiebers dieFliegen-
plage eine ganz besonders starke.
Im strengen Gegensatze zu diesen Ausführungen
stellt sich George Turn er (Transvaal), der wah-
rend 2jfthr. Aufenthaltes in Südafrika nicht xu der
Ansicht kam, dass Staub und FUegen Typhusepi-
demien hervorrufen, sondern dass wohl immer das
Trinkwasser der Infektiontrfiger ist Die Staub-
und Fliegentheorie hält er für die Bekämpfung des
Typhus direkt für gefährlich, da sie nur zur Lässig-
keit in Einhaltung sanitärer Maassregdn heraus-
fordert. Als Beweis für die Unrichtigkeit der bei-
den Theorien führt er an, dass die Typhusepidemien
nicht mit den Fliegen- und Staubperioden zu-
sammenfallen. Die Mittheilung Turn er 's giebt
übrigens- ein Bild davon, wie wenig die sanit&ren
Vorschriften in Südafrika befolgt wurden, indem
er bei Inspektionreisen in der Typhuszeit diieElIter
noch wohlverpackt oder aber zerbrochen antraf,
andererseits selbst mit anhörte, wie Soldaten zum
Genüss vielleicht frischer schmeckenden, aber ver^
seuchten Wassers von den Offioieren aufgemuntert
wurden.
Auch H. E. Leigh Canney bekämpft die
Staub- und FUegeniheoriCj indem er alle Epidemien
Starok, Neuere Arbeiten über^Typhus abdominalia.
31
in Indien, Südafirika und Ugypteii, bei denen Staub-
infektionen angeschuldigt wurden oder in Betracht
gezogen werden konnten, einer acharüan Kritik
unterzieht Er kam bu dem Bigebniaa, daaa alle
Beweismittel, die in Indien su Gunsten einer Luft-
infektion beigebracht wurden, werthlos seien, daes
in Südafrika und Egypten alle Brscheinungen der
Epidemien gegen dieee Theorie sprechen, dass
femer sowohl in Indien, wie in Südafrika und
Ägypten erdrückende Beweise zu Gunsten der
Trinkwasaertheorie sprechen.
Die nftheren umstände der indischen Epidemien
lassen mit Sicherheit erwarten, dass, wenn die In-
fektionquelle (des Wassers) aufgehoben wird, kein
anderer Weg zur Entstehung und Verbreitung des
Typhus offen bleibt
Canney ist wie Turner der Ansicht, dass
6B in praktischer Hinsicht sehr bedenklich ist, die
Staub- und Fliegeniheorie aufrecht zu erhalten,
da damit die Annahme und Einhaltung nothwen-
diger Maaesnahmen gegen Trinkwasserinfektionen
in der Armee nur behindert und weiteren Epide-
mien Vorschub geleistet wird.
Schon Husemann, Strasser, News-
holme haben die Bedeutung der Austern für die
Verbreitung des Typhus gebührend hervorgehoben ;
Aber eine neue Austerninfektion, der 2 Officiere
zum Opfer fielen, berichtet Jaroslav Horiüka.
Da in Pole, der Stadt der Infektion, Typhus ende-
misch vorkommt, stellte H. Versuche darüber an,
in welcher Weise die Austern, die dem Hafen
entstammen, durch TyphusbadUen verseucht sind«
Er konnte zwar keine TyphusbacUlen direkt nach-
weisen, wohl aber feststellen, dass unter 40 von
ihm untersuchten Austern 37 mit Fäkalien stark
verunreinigt waren. Da alle in Pola bestehenden
Kan&le in den Hafen münden und da sich die
Aoatem nach H.'s Untersuchungen von Fftkalstoflfen
nfthren, ist wohl die Annahme berechtigt, dass
einzelne der Thiere auch Typhusf&kalien beher-
bergen.
Einen hritiaehen SammelbeHehi über inficirte
Austern und deren Zusammenhang mit Typhus-
epidemiangiebtCharles Harrington(Boston).
fr kommt lu dem Besultat, dass mit grösster
Wahrscheinliohkeit in vielen Fällen ein eausaler
Zimmimenha»9g besteht, wenn auch in den Austern
selbst noch nicht mit aller Sicherheit Typhus-
bacillen nachgewiesen worden sind.
In einem yon Thomas B. Brown (Baltimore) mit-
getheüten Falle scheint der Typhus durch einen infioirten
Katheter übertragen worden zu sein ; eine Frau, die in
Folge einer Uterasoperation katiieterisirt werden muaste,
eifarankte mit sohwerer akuter Cystitis und Pyurie, die
dmoh Beinculturen von TyphnsbaoilleQ yerursaoht war.
V. Ziemssen berichtet über noaocomiale
'li/pku&mfekUonen aus der Münchener I. medicini-
lusohen Klinik. Schon seit Jahren wurden in
einem bestimmten Saale der Abtheilung sowohl
unter den Kranken, wie besonders auch unter
dem Warteperaonal Typhusinfektionen beobachtet
Direkte üebertragung, Trinkwasserinfektion konn-
ten ausgeschlossen werden, dagegen hatte man seit
lange Verdacht auf einen Abwasserkanal, der sich
längs der Nordseite des Hauses hinzog. Der Kanal
war gemauert, offenbar schadhaft und sollte längst
durch eine ThonrGhrenleitung ersetzt werden. Im
Februar 1897 begannen die Aufgrabungen und
nach wenigen Wochen, nachdem die eine Hälfte
freigelegt war, stellten sich die ersten Erkrankungen
ein. Von 33 Schwestern erkrankten 23, ausser-
dem 13 Kranke der Ostsale und 3 Mitglieder des
Oekonomiepersonals. Die Endemie erlosch im Juni.
„Es ist höchstwahrscheinlich, dass dieSiechhaftig-
keit des Bodens in Folge der Durchlässigkeit des
alten gemauerten Kanals, welchem Decennien lang
Infektionflüssigkeit aus den Aborten und aus dem
Waschhause zugeführt wurde, und die durch den
aufsteigenden Luftstrom in die Säle gelangten In-
fektionkeime die Ursache der Endemie waren.'*
27. Bakteriologie, Immunität, ÄgglU'
tination.
30) Auerbach, M., u. E. ünger, lieber den
Nachweis von Typhusbaoilien im Blat Typhaskranker.
Deutsche med. Wchnschr. XXVI. 49. 1900.
31) Bai 1, 0., Fortgesetzte Untersuchungen über die
Agglutination von Typhasbakterien. Prag. med. Wchn-
schr. XXVL 12. 1901.
32) Bai 1, 0., Dritte Mittheilung, betreffend Unter-
Buchungen über die Agglutination von Typhasbakterien.
Prag. med. Wchnschr. XXVI. 32. 33. 1901.
33) Bail, 0., Versuche über Typhosagdatimne u.
Präcipitine. Aroh. f. Eye. XLU. 4. p. 307. 1902.
34) Barsickow, M., Beitriige zur Differential-
diagnoee des Typhusbaoillas. Wien. klin. Randschau
XV. 44. p. 823. 1^1.
35) B e c 0 , L., Note sor la yaleur de Tagglutination
par le serum antityphique experimental comme moyen
de diagnostic entre le baoille dtEberth et les racee cöli-
formes. Centr.-Bl. f. Baktenol. u. s. w. XXVL 4 u. 5.
p. 136. 1899.
36) Bischoff, H., u. A. Menzer, Die Sohnell-
diagncse des Unterleibstyphus mittels der YfmPiorhowski
angegebenen Harngelatine. Ztschr. f. Hyg. u. Infektions-
krsnkh. XL. 2. p. 307. 1900.
37) Biffi. ü., A proposito di un nuoYO metodo
d'isolamento del baoUlo del tifo. Bif. med. XVU. 213.
p. 748. 1901.
38) Biffi, U., Su di un nuovo metodo d'isolamento
del baoiUo del tifo. Bif. med. XVIU. 3. p. 27. 1902.
39) Bolton, Ch., The signifioanoe of the typhoid
serum reaction in the ofEspring of patients saAering froni
enteric fever. Joum. of PathoL and Baoteriol. VII. 2.
p. 137. Febr. 1901.
40) Braun, M. Ph.-6., De Taction de la bile sor
les bacolles typhiques et coli dans divers etats patholo-
giques. Arch. des So. biol. VHI. 2. p. 138. 1900.
41)Brieger, L., üeber die Darstellung einer spe-
oifisoh wirkenden Substanz aus Typhasbakterien. Deut-
sche med. Wchnschr. XXVHl. 27. 1902.
42) Dakura, J., Beitrüge zur Sioherstellang der
klin. Typhasdiagnose auf Grund bakteriologischer Unter-
Buchungen. Wien. med. Wchnschr. L. 51. 1900.
43) y. Drigalski u. H. Conradi, üeber ein Ver-
fahren zum Nachweis derTyphusbacillen. Ztschr. f. Hyg.
u. Infektionskrankh. XXXIX. 2. p. 283. 1902.
44) Edel, P., siehe Prophylaxe.
45) Fraenkel u. Kister, Ueber Typhusbacillen
in Buttermilch. Münchn. med. Wchnschr. ^V. 7. 1898.
32
Starok, Neuere Arbeiten Aber Typhus abdominalis
46) Friedberger, £., üeber die Bedeutong anor-
ganischer Salze u. einiger organischer krystailoider Sab-
stanzen für die Agglutination der Bakterien. Gentr.-BL
f. BakterioL u. s. w. XXX. 8. p. 336. 1901.
47) F ü 1 1 e r e r , G., Prioritatsansprach auf den ersten
Nachweis von Typhusbaoillen im Oallenblaseninhalt n.
auf dieErklärime der Ursachen von den Typhosreddiven.
Münchn. med. Wchnschr. XLVIII. 33. 1901.
48) Hewlett, A. W., On the presenoe of typhoid
bacilli in the blood of typhoid-feyer patiente. New York
med. Record LX. 22. p. 849. Nov. 1901.
49) Higley, H. A., The deteotion of typhoid bacilli
in the feces as a diagnostic test of typhoid fever, and a
oomparison of this test with the Widal reaction. Med.
News LXXX. 13. p. 584. March 1902.
50) Hiss, Ph. H., Studios in the bacteriology of
typhoid fever with special referenoe to its pathology, dia-
gnosis and hygiene. Med. News LXXYUl. 19. p. 728.
May 1901.
51) Ingeirans et Dehon, De Furotoxioite des
ty phoidiques traites comparativement par les bains ohands,
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68) Page, G. G., Early diagnosis of typhoid fever
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69) Paladino-Blandini, Bioerche sulle sostuize
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70) Paladino-Blandini, A., Ricerche sulle
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71) P r ö s c h e r , F., Zur Anstellung der WidoTwken
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72) Puppel, üeber das Agglutinationsvermögen
aufbewahrten Blutserums von Typhuskranken. Centr.-
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73) Reilly, J. H., Bacteriological diagnosis of
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74) Remy, M.L., Contribution k Tetude de lafievie
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75) Rüllmann, W., üeber das Verhalten des in
Erdboden eingesäten Typhusbacillus. Centr.-BL t Bak-
terioL u. s. w. XXX. 8. p. 321. 1901.
76) Rumpel, 0., üeber die Methodik der Gefrier-
punktsbestimmungen unter Berücksichtigung des Blnt-
gefrierpunktes bei Typhus abdominalis. Münchn. med.
Wchnschr. XLVUI. 6. p. 223. 1901.
77) Schottmüller, üeber eine das Bild des Typhus
bietende Erkrankung, hervorgerufen durch typhusfihn-
Uche Bacillen. Deutsche m^. Wchnsohr. XXVL 32.
p. 511. 1900.
78) Schottmüller, Weitere Mittheilungen über
mehrere das Bild des Typhus bietende Krankheitsftlle,
hervorgerufen durch typhusähnliche Bacillen (Para-
typhus). Ztschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. XXXVL
3. p. 368. 1901.
79) Schütze, A., üeber den Nachweis von Typhus-
bacillen in den Faeces u. in der Milz nach dem Ver&hren
von Piorkowaki. Ztschr. f. klin. Med. XXXVIII. 1. 2. 3.
p. 39. 1899.
80) Schütze, A., üeber die specifische Wirkung
einer aus Typhusbakterien gewonnenen Substanz im thie-
rischen Organismus. Deutsche med. Wchnschr. XXVIQ.
27. 1902.
81) Tsohegolew, Mg., üeber das spinnenförmige
(mit Ausläufern versehene) Aussehen von Typhnscolo-
nien als Kriterium bei der Diagnose des Ueotyphus.
Russ. med. Arch. IX. 4. April 1900. (Russisch.)
82) Waldvogel, Das Verhalten des Blutgefrier-
punktes beim Typhus abdominalis. Deutsche med. Wo-
chenschr. XXVI. 46. 1900.
Die grössten Fortaohritte in der Typhuspatho-
logie wurden zweifellos in der Bakteriologie, der
Immunitftt- und Agglutinationlehre gemacht Heh-
rere Autoren widmen sich der isoNnin^ dw Typhu9-
baeiUus aus Bakteriengemisohen. Als geeigneten
Nfthrboden empfiehlt L. Bdmy eine Asparagin-
gelatine, deren Werth von Page nachgepraft
wurde und mittels der mit Sicherheit der Bacillus
in 3 Tagen festgestellt werden kann. Mit einem
Agargelatinen&hrboden ezperimentirte Hiss; es
gelang ihm, aus dem Stuhl innerhalb 36 — 48 Stun-
den den Bacillus in Beincultur zu züchten, auch
die Brauchbarkeit dieses Nfihrbodens wurde durch
Higley bestätigt unter Berücksichtigung der
goMldendm Eigmaehafi des Ocübadüus verwendet
Emil Krauss einen Traubenzucker -Qlycorin-
agamfthrboden, auf dem dieGasbUschen bildenden
Goliculturen leicht von den TyphusbaciUen unter-
Starck, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis.
33
schieden werden kOnnen. Diese Eigenschaft des
GfthrungsvermOgens der Golibaoillen nutzten auch
Drigalski und Conradi aus, indem sie ein
Verfahren ausarbeiteten, das durch intravitale Fär-
bung der Culturen eine Unterscheidung von Typhus-
nnd Colibaoillen gestattet. In 50 FUlen konnte
der Bacillennachweis aus dem Stuhle bereits zu
einer Zeit geliefert werden, in der die WidaT-
sche Reaktion 1 zu 10 noch fehlte.
BaBPiorkowaki'scheVerfahrm (siehe den letz-
ten Bericht) wurde von Verschiedenen: Bischoff,
Menzer, Erausse, Schütze, Mayer einer
Nachuntersuchung unterzogen. Das Urtheil deckt
sich mit demjenigen verschiedener früher erwähn-
ter Autoren: die Hamgelatine bildet einen gün-
stigen Nährboden zur Dififerenzirung des Typhus^
baciUus, doch wachsen auch andere Bacillen ähn-
lich, so dass in der Regel eine Nachuntersuchung
nOtfaig wird.
Weitere Versuche über Isolirung des Typhus-
badllus stammen von Moore, üeber Bacillen-
nachweis im Boaeolahlut bringen positive Berichte:
Pollacco undQemelli, sowiePaul Krause.
Ueber Züchtung von Bacillen hnsV&nenbhU machen
Ernst Unger, Menzer, Hewlett, sowie
Auerbach interessante Mittheilungen. Das Ver-
fahren ist ein äusserst einfaches, ein positives Re-
sultat wird in 8d«/o der Fälle erzielt, die Früh-
diagnose kann in 30 Stunden gestellt werden.
Experimentelle Untersuchungen über das Ge-
deihen von Typhusbadllen in Buttermilch, sowie
Über die Verbreitungsweise des Bacillus im Erd-
boden stammen von Fränkel und Küster,
sowie von Rüllmann.
Zur Anstellung der Widal 'sehen Reaktion,
speciell zur Anfertigung einer dauerhaften Typhus-
cultur giebt PrOscher Anleitung; die Frage,
wie lange Typhusblut Agglutinationfähigkeit in
sterilen Reagenzgläschen bewahren kann, beant-
wortet P u p p e 1 auf experimentellem Wege.
TyphuBähnliche Erkrankungen, die nur durch
Typhus -ähnliche Bacillen hervorgerufen werden,
beschreibt Schottmüller unter der Bezeich-
nung ParcUypkua (siehe auch Symptomatologie).
Auf Omnd von Agglutinationversuchen von Typhus-
serum auf Typhusstämme gelangen Köhler und
Schefflerzu der üeberzeugung, dass eine Diffe-
renzirung des Typhusbacillus vom Bacterium coli
auf Omnd von Blutserumreaktionen unmöglich ist
In logischer Weise verstanden es B rieger
und Schütze auf experimentellem Wege nach-
zuweisen, dass aggkäimrende und immunisirends
Substanz nicht identisch sind. Zu demselben Re-
sultate gelangten unabhängig Macfadyen und
Rowland.
Interessante Studien über den Meehanismua
und das Wesen der Tifpkuaagghäinatum verdanken
wir Joes, Friedberger undBail, die aller-
dings noch nicht zu übereinstimmenden Resultaten
kamen.
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft 1.
Waldvogel undRumpel beschäftigten sich
mit dem Verhalten des Mtägefrierpunktes bei
Typhus. Die interessante und besonders in pro-
phylaktischer Hinsicht wichtige Frage, ob Typhus-
agglutinine und Immunkörper von der Mtdter auf
das Kind übergehe, fand Bearbeitung durch M a h r t
und Bolton. Sicher ist, dass agglutinirende
Eigenschaften mit der Milch auf den Foetus über-
gehen, sicher ist femer, dass im fötalen Körper
durch die Bacillen Agglutinine gebildet werden,
nicht bewiesen ist es, ob durch die Placenta Agglu-
tinine in den kindlichen Kreislauf übergehen kön-
nen. Ob die Immunkörper sich ebenso verhalten
wie die Agglutinine, unterliegt grossem Zweifel.
Ein neues Verfahren zur laoUrung der 7^/ittö-
baeiüen aus StiM und Wasser giebt L. Remy.
Es handelt sich um eine sehr complicirt zusammen-
gesetzte OekUine, auf der besonders leicht der
Typhusbacillus vom Colibacillus unterschieden
werden kann. Mit dieser Methode untersuchte er
31 Typhusstühle und fand, dass die Badllenzahl
sich vom Beginn bis zur 2. Woche enorm ver-
mehrt, dann abnimmt in der 3. und 4. Woche
und nun unmerklich aus dem Darm verschwindet
(oder nicht mehr mit der Methode nachzuweisen
ist). Die Bacillen der 2. Woche sollen die bemer-
kenswertheste vitale Energie besitzen, während
ihnen am Ende der Krankheit eine sehr schwache
Vitalität innewohnt und ihr Waohsthum auf der
Qelatine ein äusserst langsames ist
In 3 Fällen gelang der Bacillennachweis im
Stuhle, obgleich sonst noch keines der sicheren
Anzeichen vorhanden war und die Wida^sche Probe
noch negativ ausfieL Bei normalen Menschen konn-
ten nie Typhusbacillen im Stuhle nachgewiesen
werden.
Die von L. Remy empfohlene Asparagin-Laktose-
Carbol-GelatiDG hat Calvin G. Page (Boston) nach-
geprüft mid als sehr brauchbar befunden ; die Identifid-
mng soll in spätestens 3 Tagen möglich sein.
Eingehende Studien über die Zeit des Auftretens
und Vers^unndens der TkfffkusbaciUen in den Se-
und Exkreten stellte Philip Hanson Hiss an
einem grossen üntersuchungsmateriale mittels einer
von ihm angegebenen Methode an. H. verwendet
zwei Nährböden, einen festen, der Agar, Gelatine
und Glukose enthält, und einen zweiten, der sich,
besonders durch Verminderung des Agar, dagegen
Vermehrung der Gelatine auszeichnet Der Typhus-
bacillus lässt sich besonders gegenüber dem Coli-
bacillus bereits auf dem ersten Nährboden erkennen
und ist mit Sicherheit von dem zweiten in Rein-
cultur zu erhalten. Die Frühdiagnose aus dem
Stuhle kann mit dieser Methode gestellt werden in
36—48 Stunden. Ungefähr 400 Fälle wurden
auf diese Weise untersucht Aus den Ergebnissen
sei mitgetheilt, dass gewöhnlich erst nach der
1. Woche Typhusbacillen in grösserer Menge in
Blut, Milz, Roseolen, Urin und Faeces, in selteneren
Fällen auch in Sekreten und Exsudaten von Mund,
34
Starck, Neuere Arbeitai Aber Typhus abdominalis.
Kehlkopf und Lungen gefunden wurden. Im cir-
kulirenden Blute gedeihen die Bacillen nur schlecht,
haben auch keine lange Lebensdauer, dagegen ver-
mehren sie sich an gewissen Punkten in Geweben,
in die sie durch Blut und Lymphe hingeschafft
werden. Im Stuhle treten die Bacillen nur sehr
selten vor den ersten Tagen der 2. Woche auf
und verschwinden mit dem Ablalle des Fiebers.
In der Periode der schwersten Veränderung des
Darmes können sie mit grösster Begelmässigkeit
isolirt werden. Werden die Bacillen in typischen
Fällen andauernd vermisst, so beweist das, dass
im Darme keine odw nur sehr geringfQgige Ver-
änderungen aufgetreten sind. Im Drine stellen sich
die Bacillen noch später, erst Ende der 2. Woche
oder gar erst in der Reoonvaleeoenz ein, werden
aber dann Wochen und selbst Monate lang aus-
geschieden.
Vergleichende Untersuchungen über den dia-
gnosHsehen Werth des bakteriologischen Nachweises
von Typhusbacillen aus dem ShMe und der
Wi dal 'sehen Reaktion stellte Henry A.Higley
(Brooklyn) an. Zur Stuhluntersuchung verwandte
er ebenfsJls den P. H. Hiss 'sehen Nährboden
(Journ. exp6r. M6d. IL 6. 1897). Er kommt zu
dem Schlüsse, dass während der 2. Woche die
Isolirung der Typhusbacillen bessere Resultate er-
giebt als die W i d a 1 'sehe Reaktion. Die Ausfüh-
rung der Hiss 'sehen Methode soll einfach und
sehr praktisch sein.
Zur Züdhiung des Th^pkiubaoälua aus dem Stuhle
Typhuskranker empfiehlt Emil Kraus (Prag) fol-
gendes Verfahren.
Dem Stahle werden naoh inniger Mischung 1 bis
2 Flatinosen entnommen und mit 5 com sterilen Wassers
in einem Beagenzgläschen verdünnt. Diese Verdünnung
wird mit je 5 com Wasser 3mal wiederholt, so dass
schliesslich eine etwa mülionenfaohe Verdünnung des
Stuhles erzielt wird. Nun bringt man etwa Vs com der
stärksten Verdünnung in ein Röhrchen mit 5 com flüs-
sigem 2proo. Traubenzucker -Giycerinagar, giesst damit
eine Pe tri 'sehe Schale aus und übergiebt sie dem Brut-
schranke bei 37® C. Bereits nach 20—24 Standen wach-
sen zwischen Nährboden und Boden der Schale nun
zwei gleichartige runde, zarte, graue Golonien, von
denen die eine Form ein Blfischen im Centrum besitzt,
während die andere ohne ein solches wächst Die
Bacillen der letzteren liessen sich jeweils als Typhus-
bacillen identificiren.
Der springende Punkt in der Methode Uegt in der
starken Verdünnung des Stuhles und in der Eigenschaft
des GoUbacillus, der ja bei derDifferenzirung die grössten
Schwierigkeiten bereitet, in traubenzackerludtigem Nähr-
boden Gas zu bilden.
Da das Wachsthum des Typhusbacillus bei diesem
Verfahren kein elektives ist, müssen stets auch andere
Proben angestellt werden.
üeber ein neues Verfahren zum Nachweis der
r^^t4«&acsifefi berichten auch v. Drigalski und
H. Gonradi aus dem Eoch'schen Institute für
Infektionkrankheiten. Bei jedem bakteriellen Nach-
weise des Typhusbacillus handelt es sich um die
Isolirung, bez. Tremvung der CoUbadUenvon Typhus»
baeülen, v. D. und G. suchten diese Trennung auf
Omnd des versehiedmen Oährtmgsvermögens durch-
zuführen. Auf empirischem Wege wurde gefundeo,
dass eine Oberflächencultur von Bac. coli in selek-
tiver Weise stets vorzugsweise den Milchzucker
zersetzt, eine solche von Bact typhi die Eiweiss-
stoffe. Auf diesen Thatsachen beruht das Ver-
fahren, das durch ifUravüaüe Färbung eine Unter-
scheidung von Typhus- und Golicolonien gestattet
Ak Nährboden dient ein Fleischwasser- Pepton-
Agar, dem einerseits, um für den Typhusbacillus mög-
lichst günstige Wachsthumsbedingungen zu schaffen,
Natron zugesetzt ist, andererseits eine Lakmus-Milch-
zuckerlösung, in der die Golicolonien die charakteiistische
und constante Rothfärbung erlangen. Da aber ausser
Typhusbacillen besonders in faulenden Typhusstühlea
stets noch eine Menge anderer Kokkenarten sich vor-
findet, die durch Säurebildung den Nährboden roth förbep,
wurde letzterem noch Erystallviolett beigefügt als ein
Farbstoff- Antisepticum, das das Waohsthum der Typhus-
bacillen hindert und gleichzeitig einen grossen Theü der
erwähnten Kokken- und Bakterienarten in der Entwicke-
lune hemmt Die genaueren Vorschriften über die Her-
stellung des Nährbodens müssen im Originale nach-
gesehen werden.
Nach Trocknung der Platten werden die flüssigea
Stuhlpturtikel mittels eines Olasspatels auf der Ober-
fläche des Nährbodens gründlich ausgestrichen. Nach
14— IGstündigem, spätestens nach 24stündigem Verwaiien
bei 37* zeigen die OoUoolonien leuchtend rothe, die
Typhusbacillen blaue Farbe; ausserdem treten noch yer-
schiedene Merkmale auf, wodurch die Golicolonien von
Typhuscolonien unterschieden werden können. Zur Iden-
tificirang empfehlen v. D. und G. die Agglutinationprobe
im hängenden Tropfen, die nur wenige Minuten Zeit in
Anspruch nimmt
Nach dieser Methode soll es gelingen, bereits
nach 18 bis spätestens nach 24 Standen in jedem
einzelnen Falle Typhusbacillen aufzufinden. In
50 Typhusfällen konnte der Nachweis der Bacillea
aus dem Stuhle geliefert werden, bei mehr als der
Hälfte der Kranken iou einer Zeü, als die Widal'-
sehe SerumreaJUion bei einer Verdünnung von 1:10
negativ ousfieL Bei 3 bereits fieberfreien Patienten
konnten in dem bereits ganz normal aussehenden
Stuhle Typhusbacillen nachgewiesen werden. End-
lich aber wurde auch der Nachweis erbracht, dass
Menschen aus der typhusdurchseuchten Umgebung
Typhusbacillen aufnehmen, mit sich herumtragen
und trotzdem keinerlei Erankheitzeichen darbieten.
Bei 4 Personen gelang der Nachweis Yon verein-
zelten Typhusbacillen in ihren zum Theil vOllig
normal aussehenden Darmausleerungen, ohne dass
die klinische Untersuchung auch nur den Verdacht
einer bestehenden Typhusinfektion gerechtfertigt
hätte.
H.Bischoff und A.Menzer unterzogen das
Piorkowski'sche Verfahren sour Sehnelldiagnose
des Tgphus einer sorgfiütigen Nachprüfung. Oleich
anderen Autoren stellten sich ihnen in der Berei-
tung des Nährbodens grosse Schwierigkeiten ent-
gegen, so klagen sie besonders über die Unmöglich-
keit, stets den richtigen Aikalesoenzgrad zu treffen.
Immerhin wird anerkannt, dass die 3.3proc. Ham-
gelatine ein Hülfsmittel zur Isolirung der Typhus-
bacillen aus dem Stuhle darbietet. Die Möglich-
S t a r c k , Neuere Arbeiten übor Typhus abdominaliB.
36
keit, innerhalb 24 Stunden eine Schnelldiag^oae
sa stellen, wird indessen der Methode abgesprochen,
da einmiü nicht alle Colonien charakteristisches
Aussehen haben, da femer auch Goliarten Colonien
liefern, die sich von den Typhusoolonien nicht
unterscheiden lassen, so dass die isolirten Keime
stets weiter untersucht werden müssen und somit
eine wesentliche Zeitersparniss durch das Pior-
kowski'sche Verfahren nicht erzielt wird. Da
Typhusbacillen auch atypisch wachsen, ist man
bei dem Fehlen typischer Colonien nicht berech-
tigt, Typhus auszuschliessen.
Eine gleiche Ansicht über den Werth derPior^
kawskf sehen Methode spricht Paul Krause (Ham-
burg-Eppendorf) auf Grund seiner Untersuchungen
in 19 TyphnsfftUen aus. Auch Kr. fand, dass
man nach der Form der Colonie allein die Dia-
gnose, ob Bact typhi oder Bact coli vorliegt, nicht
mit Sicherheit stellen kann. In */| der abgestor^
benen Colonien handelte es sich thatsächlich um
Typhusbacillen, in 7« ^^^ stellten sich bei der
näheren Prüfimg andere Bakterien heraus.
Um stets einen Harn, der den gestellten An-
forderungen entspricht, zur Hand zu haben, em-
pfiehlt Kr., den steril entnommenen Harn von spe-
eifischem Gewicht 1015 — 1020 von schwach saurer
oder neutraler Reaktion mit Micrococcus ureae zu
impfen ; nach 24—48 Stunden (bei 22« C.) stellt
sich eine Trübung ein, die Reaktion ist dann
schwach alkalisch. Nach Filtration und Sterili-
flation soll der Harn eben so gute Resultate wie
der von Piorkowski verlangte ergeben.
Günstiger wird das Verfahren in einer kleinen
der Ley den 'sehen Klinik entstammenden Arbeit
von Albert Schütze beurtheilt. In 4 FftUen
ergab dies ein positives Resultat
Zur Prüfung des elektiven Wachsthums der
TyphusbaoUlen auf der Piorkowski 'sehen Urin-
gelatine vergleicht Georg Mayer (Würzburg)
die Art des Wachsthums zahlreicher anderer Mikro-
organismen auf demselben Nährboden. Aus der
Arbeit ist zu ersehen, welche Schwierigkeiten in
der Deutung der einzelnen Wachsthumsformen ent-
stehen können und dass, auch wenn gewisse Cul-
turen ein charakteristisches Aussehen zeigen, trotz-
dem die Diagnose noch auf andere Weise (Reaktion
in Traubenznckerbouillon u. s.w.) gesichert werden
moss. Den nüthigmi Alkalescenzgrad des Urins
erreicht Mayer durch Yergfthrung des Harns mit
Proteus vulgaris ; indessen soll eine 3.3proa Fleisch-
wassergelatine gleichwerthig der P i o r k o w s k i '-
sehen Hamgelatine sein.
Untersuchungen von Lucien Beco (Li&ge)
zeigen, dase die Agglutination mit Antityphus-
aerum, d. h. Serum von Thieren, denen man all-
mählich wachsende Dosen von Typhusculturen,
bes. deren Toxinen beigebracht hat, ein werth volles
Mittel zur Düferenzirung von Eberth 'sehen und
Ck)libacillen bildet, vorausgesetzt, dass man sich
eines sehr aktiven Serum bedient Typhusbacillen
werden so bei einer Verdünnung von 1 : 100000
agglutinirt, während Colibacillen nur in ganz ge-
ringer Verdünnung agglutiniren, ganz ausnahme-
weise auch in höherer (nie über 1 : 1000) Vwdün-
nung. Formdin soll dagegen Colibacillen, nicht
aber die Typhusbacillen agglutiniren.
Einem fthnlichen Principe folgend, suchte auch
A. Moore den J\ff>hu8baeiUu8 vom BaciUua coli xu
trenneiu
Zu diesem Zwecke schuf er im Kaninchen durch
Injektion von immer wachsenden Dosen von Colibacillen
ein Serum von mächtiger Agglutinationkraft für den
ColibaciUns. Nun brachte er in ein U-förmiges Beagenz-
gläschen einen gelatinehaltigen Nährboden und setzte der
einen Seite einige Tropfen des Seram zu. Brachte er
dann in denselben Arm des Oläschens ein Oemisoh von
lebhaften Typhus- und Colibacillen. so agglutinirten die
letzteren rasch und sanken zu Boden, während die be-
wedichen Typhusbacillen aus dem anderen Arme nach
24 stunden in Beincultur entnommen werden konnten.
Leider läset sich die Methode für die Bedürfnisse der
Praxis nicht verweithen, da das Serum nur den ihm
adäquaten Colistamm zu agglutiniren vermag. M. arbeitete
zur DifferensiruDg eine andere Methode ans, wobei er
einen modificirten Eisner 'sehen Nährboden benutzte.
Der Eisner 'sehe Nährboden eignet sich bekanntlich
vorzüdich zurDifferenzirung, findet aber im Allgemeinen
keine Verwendung zur Frühdiagnose, da das Wachsthum
des Typhusbaoillus ein langsames ist und meist die
Gelatine unterdessen durch verflüssigende Organismen
zerstört wird. Die Modificirung des Nährbodens durch
M. besteht im Wesenüichen in Substituirung der Gela-
tine durch Agar-Agar.
Beide Baoillenarten haben nach 24 Stunden dasselbe
Aussehen wie auf dem Eisner 'sehen Nährboden und
sind leicht unterscheidbar. Die Typhusoolonien sind sehr
hell, transparent, kaum sichtbar bei schuf er Beleuchtung
und unrgelmässig begVenzt, während die Colibacillen
grösser, rund und opak sind.
Nachdem Neuhaus zuerst bewiesen hatte,
dass sich in Tkfphueroseolen die Eberth'schen
Bacillen finden, wurden zahlreiche Nachunter-
suchungen gemacht, die ausnahmelos wenigstens
für einen gewissen Procentsata das Vorkommen
der Bacillen in Roseolen bestätigten.
Neuerdings unterzogen Romolo Polacco
und Eduard Oemelli in 60 TyphusAllen die
Roseolablüthen einer Untersuchung und konnten
in atten FSUen den positiven Nachweis liefern. P.
und 0. halten es für wichtig, etwas von der Oe-
webesubstanz der Roseola abzuimpfen, und ver-
wenden zu diesem Zwecke den „Vaccinostyle
Mar6chal^^ Als N&hrboden wird Bouillon, ver-
wandt, in der sich nach 12 — 16 Stunden ein
Bacillus reichlich vermehrt. Yortheilhaft dürfte
es sein, nicht nur eine, sondern jedesmal mehrere
Roseolen in Angriff zu nehmen.
Aehnlich günstige EJrfahrungen über diese Me-
thode hat Paul Krause (Hamburg-Eppendorf)
gemacht unter 16 F&llen von Typhus abdominalis,
in denen das Roseolenblut untersucht wurde, konn-
ten 14mal die Bacillen gezüchtet werden. Die
Keime waren meist spärlich, über 10 Keime hat
K r. nie erhalten, meist waren nur 1 — 6 vorhanden.
Auch gelang es nicht, aus jeder Roseole Typhus-
bacillen zu züchten, so dass auch Kr. empfiehlt,
36
Starok, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis.
stets mehrere in Angriff zu nehmen. Interessant
ist es, dass in 5 Fällen, in denen die Agglutina-
tion noch nicht eingetreten war, die Züchtung der
Bacillen aus den Roseolen gelang.
üeber den diagnostischen Werth der Blut"
Untersuchung Typhuskranker verdanken wir Max
Auerbach und Ernst ünger eine kurze Mit-
theilung. Die Methode ist sehr einfach und be-
steht in Beschickung einer sterilen Bouillon mit
10 — 30 Tropfen einer Armvene entnommenen
Blutes. Nach 18 — 24 Stunden gelang in einigen
Fällen bereits der mikroskopische Nachweis der
Bacillen, deren Identificirung wurde frühestens in
36 Stunden nach der Blutentnahme ermöglicht.
Das Verfahren darf als ein bei positivem Ausfall
entscheidendes diagnostisches Hülfsmittel ange-
sehen werden.
In einem sehr zweifelhaften Falle von fieberhafter
Erkrankung, in dem eine maligne Endokarditis angenom-
men werden konnte, gelangte Menzer auf diese Weise
zu einem positiven Besaltate. Er setzte 8 — 10 Tropfen
Blut einer Cabitalvene zu 10 com Ascitesbooillon und sah
nach 24 Standen eine difhise Trübung, die darohTyphus-
bacillen bedingt war.
Aehnliohe üntersnohungen stellte Albion Walter
Hewlett (New York) an. Von 24 Ty phnskranken unter-
suchte er dtABUä einer Arm vene, indem er stets je 5 com
in steriler Bouillon verdünnte und erhielt 17tnal Typhus-
baeiüen^ bereits in den ersten Culturen und 3mal erst
während eines Rückfalles, somit war das Resultat unter
24 Fällen in 20 Fällen positiv, mithin in 839^ der Fälle.
Im günstigsten Falle konnte die bakteriologisohe Früh-
diagnose in 30 Stunden gestellt werden. Die Bacillen
verschwinden aus dem Blute gewöhnlich während der
3. Woche, erscheinen jedoch regelmässig wieder mit dem
Beginn eines Rückfalles. Das früheste positive Resultat
erhielt H. am 4. und 5. Tage.
Thierexperimentelle Untersuchungen Qber Ag-
glutination von Typhusbakterien verdanken wir
Oskar Bail (Prag), der entdeckte, dass die Bak-
terien im Exsudate eines der peritonäalen Infektion
erlegenen Meerschweinchens weniger leicht durch
ein auf gewöhnliche Weise hergestelltes Typhus-
immunserum agglutinirt werden, als solche, die in
künstlichen Culturen gewachsen sind. Die Immuni-
sation eines Kaninchens mit solchen „Exsudat-
bakterien" soll ein Serum liefern, das sich von
dem eines gleichzeitig mit „Bouillonbakterien" be-
handelten Kaninchens wesentlich unterscheidet
Weitere Studien befassen sich mit dem Bau und
der Wirkungsweise der Agglutinine, sowie mit
deren zeitlichem Auftreten im ThierkOrper.
Durch eine in Hamburg aufgetretene Typhus-
epidemie, die besonders Kinder einer Warteschule
in auffallender Menge befiel, wurden Eug. Frän-
kel und J. Kister (Hamburg) zu Untersuchungen
darüber veranlasst, ob Buttermilch die Quelle einer
Typhusinfektion bilden kOnna Die Versuche er-
streckten sich hauptsftchlich darauf, unter welchen
Yerhftltnissen TyphusbaciUen in Buttermilch ge-
deihen und lebensfähig bleiben. Es ergab sich,
dass in steriler Buttermilch, die auf Eis oder bei
Bruttemperatur gehalten wurde, die Bacillen nach
3 Tagen lebensfähig waren, während sie in bei
Zimmertemperatur oonservirter Sauermilch selbst
nach 9 Tagen erhalten waren. Buttermilch, die
die unter normalen Verhältnissen vorhandenen
Saprophyten enthielt, stOrte das Gedeihen der
Bacillen nach mindestens 48 Stunden nicht Somit
dflrfte zu Zeiten von Typhusepidemien auch der
Buttermilch als Infektionquelle Aufmerksamkeit
zuzuwenden sein.
Ueber die Verbreüungsweiu des TyphusbaciUus
im Erdhoden ist noch wenig bekannt Die Unter-
suchungen von Sidney Martin, John Robert-
son unterzog W. Rüllmann (Mfinchen) einer
Nachprüfung, indem er Erden verschiedenster Zu-
sammensetzung und mit verschiedenen Zusätze
versetzt mitTyphusculturen beschickte. Er suchte
in der Temperatur sowohl, wie in der Zusammen-
setzung der Erden möglichst den normalen Ver-
hältnissen nahe zu kommen. Das Resultat war
natürlich ein äusserst verschiedenes und schien
in der Hauptsache dem chemischen Einflüsse der
verschiedenartig zusammengesetzten Erden zuzu-
schreiben zu sein. Bereits in Monatsfrist hatten
sich in den mit normalen Erden angefüllten Ölas-
kOlbchen die eingesäten TyphusbaciUen nach allen
Richtungen hin verbreitet In einer Probe blieben
die Bacillen selbst 9 Monate lang nachweisbar, in
einer anderen Probe sogar 16 Monate lang.
„Zur Anstellung der WidaV sehen Reaktion^ giebt
F. PröBcher eine Anleitung, die eine Vereinfachung
der bestehenden Methode und Zeitersparniss bedeuten
soll. Nach der Beschreibung kann sich Ref. nicht davoa
überzeugen, dass die Methode weniger Zeit in Ansprach
nimmt lus die übliche, die z. B. auch in der Heidellwrger
medicinisohen Klinik geübt wird (Blutentnahme mitLao-
cettmesser in Pipettenglfischen — Centrifugiren — , direkte
Mischung mit der Cmtur in der graduirten Messpipette,
Untersuchnng im hängenden Tropfen), das Gegentheü
dürfte bestimmt der Fall sein ; dagegen sei die Anfertigung
derlhfphushimilloneuUurei'nlÜiJiU „EineTyphusbouülon-
cnltur wird nach Itägigem Wachsthum bei 37^ durch
Zugabe von 1 Theil 40proc. Formalin auf 100 TheUe
Typhusbouillon abgetödtet Die Formalin-Typhusbouillon
bleibt in einem hohen Maasscylinder 2 ü^ge bei 37*.
Dabei bildet sich ein Bodensatz von Theilen, die bei der
Agglutinationprüfang nur störend sein würden. Es wird
deshalb die Formalinbouillon von diesem Bodensatz ab-
gegossen und diese abgegossene Formalinbouillon hält
sich im Eisschrank Wochen lang gebrauchsfähig, nur
muss sie vor jedem Gebrauch umgeschüttelt werden.^
Die Frage, ob und wie lange das den Typhus-
kranken entnommene EkU die Fähigkeü der Aggkur
tinaüon behäU, wenn es auf .EX9 in sterilen Reagens-
gläsem aufbewahrt wird, beantwortet Puppel
(Königsberg) dahin, dass das Blut für mehrere
Wochen (nach den Untersuchungen bis mindestens
34 Tage) die Agglutinationfähigkeit bewahrt, dass
diese aber in unberechenbarer Weise abnimmt;
immerhin sank sie in keiner der 5 Proben so tief,
dass die Agglutinationprobe bei einer Verdfinnung
von 1 : 60 nicht mehr positiv ausgefallen wäre.
Dass typhusähnliche Baeülen das kUmaehe Biid
des AbdominaUyphus auslösen können, ist bereits
im letzten Bericht hervorgehoben. Sohott-
m Uli er gelang es in einem Falle, der, abgesehen
Starck, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis.
37
von etwas ungewöhnlichen Initialsymptomen (Bö-
thang, Schwellung der Nasen-, Bachen- und Con-
juncüvalschleimhaut) , vollkommen das Bild des
Typhus darbot, aus dem Blut einer Armvene einen
Bacillus zu züchten, der morphologisch und cultu-
lell dem Typhusbacillus entsprach und nur dadurch
ein abweichendes Verhalten zeigte, dass er in
Zackerbouillon (Währung hervorrief. Die Serum-
reaktion auf Typhusbacillen fiel negativ aus, da-
gegen agglutinirte das Serum die eigenen Bacillen.
Mit dem Serum Typhuskranker konnten die Bacillen
nicht agglutinirt werden. Derartige Fälle sind
nicht häufig, doch könnte es sich in den spora-
dischen, in ätiologischer Hinsicht räthselhaften
raien, sowie in jenen klinisch das Bild des Typhus
bietenden Fällen, in denen die Widal'sche Beak-
tion dauernd negativ ausfällt, um ähnliche Infek-
tionen handeln.
Im folgenden Jahre konnte Schottmüller
bereits über 5 weitete ähnliche Fälle berichten,
die nach dem klinischen Bilde als Typhus aufzu-
essen waren, deren Erankheiterreger aber in
wesentUohen Punkten von Typhusbacillen ab-
wichen. Es konnten auch keine Golibakterien sein,
vielmehr nahmen sie eine Mittelstellung zwischen
beiden ein. Auch unter einander waren die gezüch-
teten Stämme nicht ganz gleichwerthig, vielmehr
mossten sie in 2 einander allerdings nahe ver-
wandte Ghruppen geschieden werden. Die W i d a 1 -
Reaktion mit Serum Typhuskranker fiel negativ
aas, dagegen trat eine hervorragende agglutinirende
Wirkung der eigenen Sera auf, sowohl auf die
Bacillen der zugehörigen Person, als auch gegenüber
den Bacillen der anderen 4 Kranken. Anderer-
seits blieben Typhusbacillen unbeeinflusst von dem
Serum der 5 Kranken.
Eine Identität der oultivirten Stämme mit be-
reits bekannten Bakterienarten konnte nicht erzielt
werden.
Wenn man bedenkt, dass im ganzen Jahre in
der Anstalt (Allgemeines Krankenhaus in Ham-
burg St Georg) nur 68 Fälle von Typhus zur Be-
obachtung kamen und 6 davon sich nuralstyphus-
ihnlich erwiesen, so bedeutet das die grosse Zahl
von 8^/«. Aber die Herkunft der Bakterien Uess
sich nicht ermitteln. Was die Symptomatologie
anlangt, so konnten keine Besonderheiten gegenüber
dem Typhus aufgefunden werden, dagegen schien
der Verlauf ein günstigerer zu sein. Die typhus-
ähnlichen Bacillen wurden noch niemals aus einer
Leiche gezüchtet Schottmüller bezeichnet
die Krankheit als Paraiyphas, die Bacillen als Parch
lyphmbaeiUen.
Schon 1893 kam Neisser zu der Ansicht,
dass in atypisch verlaufenden TyphusfäUen eine
OoUmfektion eine Rolle spiele, eine Ansicht, die
später dadurch scheinbar eine Stütze gewann, dass
das Serum Typhuskranker unter umständen Coli-
badllen agglutinirte. Die literatur über diese
Frage wuchs in den letzten Jahren gewaltig an,
ohne dass eine Einigung erzielt wurde. F. K ö h 1 e r
und W. Scheffler suchten der Lösung näher zu
kommen dadurch, dass sie je ein Typhusserum auf
verschiedene Golistämme prüften und ferner meh-
rere Sera, deren Indifferenz gegenüber Typhus-
bacillen festgestellt war, auf die einzelnen Goli-
stämme untersuchten. Die Golistämme wurden
ans den Faeces der Typhuskranken gezüchtet, um
so die Agglutinationähigkeit des Blutserum von
Typhuskranken auf im Stuhl befindliche Goli-
stämme zu prüfen und gleichzeitig die Frage der
Sekundärinfektion mit Goli bei Typhus auf sero-
diagnostischem Wege zu erledigen. Aus den Er-
gebnissen sei hervorgehoben, dass Golibacillen
auch häufig vom Serum normaler Menschen agglu-
tinirt werden und dass häufig das Serum von
Typhuskranken, das Typhusbacillen agglutinirt,
die aus demselben Stuhle gezüchteten Golistämme
bald agglutinirt, bald nicht agglutinirt Aggluti-
nation eines Colistammes kann demnach nicht als
epecifisehe Eigenschaft des Serum Typhöser auf-
gefasst werden. Die Bedingungen, unter denen
das Serum Oesunder oder Typhöser die aus ihrem
Stuhle gezüchteten Golistämme agglutinirt, sind
ganz unbekannt Eine Differenzirung des T^pAus-
baciüus vom Bad, coli auf Orund von Mutserum-
reaktionen ist sonach vollkommen unmöglich.
Die Frage, ob agglutinirende undimmunisirende
Substanzen identisch sind, scheint durch L.Brieger
endgültig gelöst zu sein. Durch vorsichtigen Abbau
des Typhusbakterienkörpers auf chemischem Wege
gelang ihm die Isolirung einer agglutinirenden
Substanz.
Als Extraktionmittel diente ihm krystallinisches
AmmoDiamsalphat, das durch eine verdünnte Lösung
von Ammoniumbioarbonat und Ammoniumoarbonatalkali-
sirt war. Eine virulente lebende Typhuscultur wird mit
dieser Lösung umgesohüttelt und nach 1—4 Tagen filtrirt.
Der Bakterienniederschlag wird in Wasser suspendirt,
dann Vi Stunde lang im Sohüttelapparat durchgeschüttelt;
darauf werden die Bakterien abcentrifugirt und die zu-
rückbleibende, gelblich transparente Flüssigkeit wird
nochmals filtrirt Diese Flüssigkeit agglutinirt Typhus-
bakterien an und für sich nicht, hindert selbst deren
Wachsthum nicht; indessen enthält sie einen Agglutinin-
büdner, der im Thierkörper ein specifischesTyphusagglu-
tinin hervorbringt.
Das Agglutinationvermögen dieser Substanz
bleibt allerdings hinter der durch Typhusbakterien
allein ausgelösten Agglutinationkraft zurück. Die
abcentrifugirten Bakterien müssen deshalb noch
Agglutinationvermögen besitzen. Sie waren zum
Theil noch recht lebhaft, waren jedoch in ihrer
Virulenz sehr beschrankt
Die n&heren Eigenschaften der so gewonnenen
Substanz liees Brieger durch A. Schütze am
Thierexperiment genauer studiren. Als Besultat
ergab sich, dass nach hftufig wiederholten Injek-
tionen die Substanz im Serum von sowohl Meer-
schweinchen wie Kaninchen Agglutinine zu er-
zeugen im Stande war, die in einer Verdünnung
von 1 : 300 Typhusbacillen sofort im Reagenzgla^e
38
Starck, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis.
Eusammenballten und noch in einer Verdünnung
von 1 : 1000 bis 1 : 1200 nach V,stündigem Stehen-
lassen der Rfihrchen im Brutschrank bei 37* das
Agglutinationphänomen in deutlicher Weise aussu-
lOsen vermochten. Aus einer anderen Versuchs-
reihe ergab sich, dass dem Serum von Kaninchen,
in dem nach der beschriebenen Vorbehandlung
stark typhusagglutinirende Substanzen enthalten
waren, keine zugleich gegen die Typhusinfektion
schützende oder den Ablauf derselben verzf^gemde
Eigenschaften zukamen. Damit war bewiesen,
dass die agglutinirenden und die immunisirenden
Stoffe für den Typhusbacillus verschieden von
einander sind.
Zu ähnlichem Resultate gelangten Allan Mac-
fadyen und Sidney Rowland gelegentlich
ihrer Untersuchungen über intraceUuläre Gonsti-
tttentien des T)ff>hf4sbaeülu8.
Vermittelst eines sehr complicirten Verfahrens ge-
lang es den Vff., aus den Bacillen eine Substans, das
Zellenplasma, zn isoliren, das immunisirende Eigenschaften
aafwies, indem Thiere, denen das Plasma eingespritzt
war, unbeschadet die tödtliche Dosis Typhasorganismen
ertragen. Gleichzeitig wies das Blatseram der so be-
handelten Tfaiere agglutinirende Eigenschaften auf, indem
es selbst bei starken Verdünnangen rasch Typhascoltaren
zar Agglutination brachte. Dagegen konnte kein Paralle-
lismus zwischen protektiven und agglntininbildenden
Eigenschaften des Zellenplasma nachgewiesen werden,
indem Agglutination noch eintrat, wenn alle immuni-
sirenden Eigenschaften verschwunden waren, anderer-
seits Immunität festgestellt wurde da, wo Agglutination
nicht mehr zu Stande kam.
Zur Frage über den Mechanismus der ÄggluH-
ncUian, über die zur Zeit noch keine Einigkeit
herrscht, liefert A. Joes (Brüssel) eine Reihe von
interessanten Versuchen.
Er beschftftigt sich zunAchst mit den Erschei-
nungsbedingungen und der Bolle der Salze und
zeigt, dass ausser der agglutinirenden Substanz des
Serum und der agglutinirbaren Substanz des Zellen-
leibes die Gegenwart von Kochsalz zur Aggluti-
nation ein unbedingtes Erforderniss bildet; fehlt
einer der 3 Faktoren, so tritt die Agglutination
nicht in Erscheinung.
Den Beweis erbrachte J o o s dadurch, dass er auf
dem Wege der Dialyse Serum sowohl, wie Bakteriencultur
salzfrei machte. Eine Agglutination trat nicht ein, da-
gegen stellte sich eine Verbindung von agglutinirender
und agglutinirbarer Substanz ein, indem die Bacillen
erstere absorbirten, doch so, dass die Bacillen äusserlich
nicht verändert wurden. Eine bestimmte Menge von
Mikroben kann sich nur mit einer begrenzten Quantität
der agglutinirenden Substanz vereinigen ; sind die Bak-
terien gesättigt, 80 bleibt ein üeberschuss der letzteren.
Setzt man zu den gesättigten Bakterien etwas Salzlösung,
80 tritt sofort Agglutination ein, die vorher lösliche Ver-
bindung von Aggltäinin und agglutinirbarer Substanx
wird durch das Kochsah ineineunlöslieheuLmgewAfideit
und stellt sich in der Gestalt eines flockigen Nieder-
schlages dar. Da bereits minimale Salzmengen zur
Hervorrufung dieser Erscheinung genügen, sieht sich
Joes veranlasst, die Existenz einer wahren chemischen
Beaktion anzunehmen, wofür auch verschiedene andere
Umstände sprechen.
Weiterhin konnte Joes zeigen, dass das Volumen
008 Niederschlages im Verhältnisse zur beigefügten Menge
von NaCl steht, und dass die Bildung desNiedersohlages
selbst in innerem Zusammenhange mit der Salzmenge
sich befindet. Der Niederschlag vollzieht sich um so
rascher, je beträchtlicher die Dosis NaCl ist
Durch weitere scharfsinnige Versuche beweist Joos,
dass die Bolle des Salzes eine aktive ist, dass es in die
Verbindung selbst eintritt Femer konnte er darthan,
dass die Agglutination auch in einer salzfreien Losung zu
Stande kommt, nämlich dann, wenn das Salz den Mikroben
zuerst einverleibt wurde.
Joes kommt auf Orund seiner Forschungen
zu dem Ergebnisse, dass die ÄgghUinalionersckei^
nung auf eine ehemisehe Verbimdung zurückzuführen
ist, und dass das Ergebniss dieser Verbindung die
Bildung eines neuen Körpers ist
Eäne Nachprüfung dieser interessanten Fragen
verdanken wir E. Fried berger unter Pf ei ff er 's
Leitung. Im Grossen und Ganzen kommt Fr. zu
dem gleichen Resultate wie Joes, doch gelangt
er nicht zur der Ansicht, dass die Wirkung der
Salze eine ehemisehe sei. Ausser Kochsalz prüfte
Fr. noch eine Reihe anderer Salze hinsichtlich ihrer
Wirkung auf die Agglutination und fand, dass im
Allgemeinen die anorganischen Salze die wirk-
samsten sind ; die Schnelligkeit des Eintrittes der
Agglutination in einer Bakterienemulsion ist ab-
hängig von ihrem Kochsalzgehalte.
In einer sehr ausgedehnten und aufzahlreiche,
zum Theil sehr mühsame Thierversuche gestützten
Arbeit sucht Oskar Bail das Wesen der T^f^ms-
aggkäinine itnd -lyäeipüine zu ergründen. Beides
sind verschiedene Körper. Die Agglutinine be-
sitzen eine den Bakterio- und Hämolysinen gleiche
Constitution (Ehrlich) und bestehen aus einem
specifisch wirksamen Antheile, den B. ÄgghUino-
phor nennt, der von dem zweiten nicht speoifisdien
dem JBemiagghäinin durch Erwärmen eines Serum
auf 75<^ getrennt werden kann. Der Agglutinophor
entspricht der haptophoren Gruppe Ehrlich 's,
das Hemiagglutinin der zymotoxischen. Die Wir^
kung des ersteren ist unsichtbar, indem es sidi
mit dem zugehörigen Bacterium verbindet (bei noi^
malem Aussehen und ungestörter Vermehrungs-
fähigkeit). Das Bacterium befindet sich jetzt in
einem solchen Zustande, dass das an und für sich
unwirksame Hemiagglutinin sich an das Bacterium
anlagern und es zur Haufenbildung bringen kann.
Die Hemiagglutinine finden sich bereits in nor-
malem Serum vor und lassen sich darin auch nach-
weisen, am reichlichsten treten sie aber im Exsu-
date intraperitonäal mit Typhus inficirter Heer-
schweinchen auf. Das fertige Agglutinin ist in
Folge der Ergänzungsmöglichkeit beider Gruppen
(des Agglutinophors durch die zymotoxisohe Gruppe,
das Hemiagglutinin) in die Reihe der Receptoren
dritter Ordnung nach Ehrlich zu rechnen (nicht
mehr in die zweite Ordnung mit untrennbar ver*
bundenen Gruppen).
In Folge der Besetzung eines Typhusbacterium
mit dem isolirten Agglutinophor wird es in einer
Flüssigkeit, die nur fertige Agglutinine enthält,
nicht mebragglutinirbar. Eine derartige Besetzung
Starok, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis.
39
erfolgt unter natürlichen Verh<nissen in der Bauch-
höhle intraperitonftal mit Typhus inficirter Meer-
schweinchen. Während dieser Infektion kommt es
anf&nglich zu reichlicher Bildung von freien Hemi-
agglutininen, daneben werden auch Agglutinophore
gebildet, aber in geringer Menge. - Sie treten mit
den Hemiagglutininen zu fertigen Agglutininen zu-
sammen, so dass kurze Zeit nach der Infektion
spftrliche Hftufchen im Exsudate gefunden werden.
Schon 3 Stunden nach der Einspritzung hört in-
dessen die Bildung der freien Hemiagglutinine auf,
während die der Agglutinophore fortdauert unter
anhaltender Bindung an die. im Elxsudate enthal-
tenen Bakterien; damit hSrt die weitere Häufchen-
bildnng auf, andererseits versagt nun aber auch
die Wirkung eines Immunserum auf die in der
PeritonäalhOhle befindlichen Bakterien.
Für die E h r 1 i c h 'sehe Theorie der ehemischen
Bindung von Toxin und Antitoxin war es von be-
sonderem Interesse, zu erforschen, ob Toxin- Anti-
toxingemische Immunisirung hervorrufen oder nicht
Die Versuche an Thieren von Eretz und Jules
Rehns fielen zu Qunsten Ehrlich's aus, d. h,
eine Immunisirung der Thiere war nicht zu er-
zielen. Für den Typhus konnte die Frage dadurch
gelöst werden, dass man Thieren Typhusbacillen,
die mit Agglutininen gesättigt waren, einspritzte.
Rehns fand, dass die Immunisirung auf diese
Weise doch noch möglich sei. Diesen Versuch
prüften M. Neisser und R Lubowski (Frank-
furt) nach, indem sie sicher agglutinirte Bacillen
Kaninchen einspritzten und den Agglutinationwerth
dieser Thiere mit demjenigen von Kaninchen ver-
glichen, denen nicht agglutinirte Bacillen einge-
spritzt waren. Es ergab sich, dass zwischen beiden
ein principieller Unterschied besteht, indem auf
die Einspritzung von nicht agglutinirten Typhus-
bacillen stets eine Steigerung des Agglutination-
werthee eintrat, während auf Einspritzung von
agglutinirten Bacillen häufig gar keine, manchmal
eine geringe, selten eine wesentliche Steigerung
des Agglutinationwerthes zu Stande kam. Diese
letztere Beaktionfähigkeit hängt von der Indivi-
doalitätdesThiereeab. Damit ist dieEhrlich!sche
Anschauung gestützt, nach der die mit dem Agglu-
tinin abgeeftttigten Bakterienreceptoren nicht mehr
in der Weise reaktiv wirken, dass die Zellenreoep-
toren (das Agglutinin) abgestossen werden. Es
handelt sich also um die Möglichkeit, durch Be-
setzung der Bakterien mit dem entsprechenden
Agglutinin die das Agglutinin hervorrufende Bak-
teriengruppe auszuschalten.
Nachdem Ehrlich als Erster gezeigt hatte,
dass von den Bakterien hämolytische Stoffweohsel-
produkte erseugt werden, konnten solche vom Pyo-
cyiuieus, vom Staphylooooous aureus et albus iso-
lirt werden.
Back dem Vorgange von Neisser und
Weehsberg gelang es E. Levy und Prosper
Levy (Straaaburg) leicht ein lösliches Typboa-
hämolysin darzustellen. Durch subcutane Injektion
von bei 36® abgetödteter Typhuscultur konnte im
Blute des Hundes ein Aniihämolyein gewonnen
werden, das die Lösungskraft des Hämolysins auf-
hob. Hämolysin, wieAntihämolysin werden durch
die Hitze nicht inaktivirt
Ueber den Einfluas von 7hff)kiubaeiUen auf
mensMiehee BkU bei 37® stellte E. Maurel Ex-
perimente an, und fand, dass die Leukocyten den
Typhusbadllus absorbiren, dass diese in Folge
dieser Absorption in weniger als 30 Minuten unter-
liegen ; die löslichen Produkte der Typhusbacillen
sollen die Leukocyten in keiner Weise behelligen.
Wird die Bluttemperatur auf 39 — 40.5<^ gesteigert,
so können die Leukocyten ihre bereits verlorenen
Bewegungen wieder erhalten, müssen aber doch
schliesslich im Kampfe gegen die Bacillen unter-
liegen. M. schliesst daraus, dass die Ftebertempe-
rahiren nur eine gunstige Wirkung auf die Krank-
heit ausüben können. Die Untersuchungen über
Präcipitation des Fibrins gaben unsichere und
zweifelhafte Ergebnisse.
Die Frage des Einflusses der Oalle auf den
l)ff)hüsbaciUus unter pathologischen Bedingungen
studirte Th. G. Braun an Thieren. Bei den vor-
behandelten Thieren wurde eine Gallenfistel unter
aseptischen Cautelen angelegt und wurden einige
Cubikcentimeter Qalle entnommen. In einem sterilen
Röbrchen wurde ein Gemenge von Galle und Typhus-
cultur hergestellt und im Brutschranke aufbewahrt
In bestimmten Zwischenzeiten wurden Gelatine-
platten gegossen und nur das Wachsthum beobachtet
Br. fand, dass die antibakterielle Kiaft unter dem
Einfiusse verschiedener pathologischer Agentien
Variationen unterworfen ist, dass es jedoch meist
nicht gelingt, die toxische Kraft der Galle gegen-
über dem Typhusbacillus wesentlich herabzusetzen.
Beim Kaninchen setzt InanitioD (durch mehrtägiges
HnDgem und Pursten) die antibakterielle Kraft der
Oalle etwas herab, mehr jedoch infektiöses Fieber (durch
Staphylokokken- und Streptokokkeninjektion herbeige-
führt), sowie der Aderlass, wenieer eine Vergiftung mit
Phosphor, Alkali und Säure. [Der Werth und die Zu-
verlässigkeit dieser zeitraubenden und thierquälerischen
Experimente sind sehr zweifelhaft]
üeber das Verhalten des BkUgefrierpunktea beim
Typhus abdominalis stellte Wald vogel in 24F&llen
Untersuchungen an und kam zu dem Resultate, dass
er ganz erheblich erhöht ist Während normaler
Weise A*"(e^^&)0-56<» beträgt, fand W. Werthe
von Z^— 1 und selbst 1.68<^. Die höchsten Zahlen
fanden sich bei Beconvalescenten, die niedrigsten
in den tOdtlich verlaufenden Fällen. Ein Zusammen-
hang der Hübe des Gefrierpunktes besteht weder
mit der HOhe des Fiebers, noch mit dem Verhalten
der Herzaktion, dagegen liess sich ein Zusammen-
hang mit der Stärke der Agglutination nicht von
der Hand weisen. Neben dem Einfiusse der Agglu-
tinine glaubt W. hauptsächlich auch der Einwir-
kung der Antitoxine Schuld an der Erhöhung des
Gefrierpunktes anmessen zu müssen. Niedere
40
Starck, Neuere Arbeiten Aber Typhus abdominalis.
Werthe von ^ = 0.56 — 0.7* scheinen eine pro-
gnostisch ungünstige Bedeutung zu haben.
Der Arbeit Waldvogel's werden von Oskar
Bumpel Vorwürfe hinsichtlich der Methodik ge-
macht, der verschiedene Fehlerquellen anhaften
sollen. In 11 Fällen von Typhus in den ver-
schiedensten Stadien fand R. normale Blutconoen-
tration im osmotischen Sinne, ^ schwankte zwi-
schen 0.56—0.57.
Die Frage über den üebergang der Tkff>hu8''
cigghUinine und Immunkörper von der Midier auf
das Kind ist noch nicht endgiltig gelöst. O.Mahrt
beschreibt folgenden Fall.
Am 8. Erankheittage der Mutter wurde das Kind ^-
boreo ; 6 Tage später zeigte das kindliohe Serum kerne
agglutinirendenEigensohaften imOegensatze zum mütter-
lichen; das Kind wurde mit Muttermilch ernährt, die im
Verlaufe der Beobachtung agglutinirend gefunden wurde;
die Wiederholung der Reaktion an dem kindUohen Blute
nach 12 Tagen hatte ein positives Ergebniss.
Hieraus ist zu entnehmen, dass die im mütter-
lichen Körper hergestellten Agglutinine in die
Milch übergehen ; dass femer die Agglutinine, die
bei der Oeburt dem Kinde noch nicht eigen waren,
ihm durch die Säugung zu Theil wurden, wesent-
lich ist, dass die in Frage kommenden KOrper durch
den Verdauungskanal, ohne durch die Verdauung-
sAfte geetOrt zu werden, zur Aufnahme gelangt sind
und so dem kindlichen Blutserum ebenfalls agglu-
tinirende Eigenschaften verliehen haben.
Aus anderen Beobachtungen geht hervor, dass
TyphueaggluUnine durch die Placenia auf den kind-
lichen Körper übergehen, ohne dass eine typhöse
Infektion des Foetua eintritt.
Die Frage, ob in solchen Fällen die typhuskranke
MuUer den Säugling stillen darf, ist vorerst zu ver-
neinen, da aus der obigen Beobachtung nur hervor-
geht, dass Agglutinine mit der Milch in den kind-
lichen Körper übergehen, nicht aber auch Immun-
körper. Letzteres ist zwar anzunehmen, da kaum
Fälle bekannt sind, in denen Neugeborene durch
stillende Typhuskranke inficirt worden sind, aber
nicht sicher erwiesen.
Zu diesen Fragen nehmen mehrere Arbeiten
Stellung. Charles Bolton (London) liefert
3 eigene wichtige Beiträge. Seiner Ansicht nach
können 3 Möglichkeiten vorliegen, entweder der
Foetus wird von der Mutter mit dem Typhus-
bacillus auf dem Wege des Placentablutes inficirt
und der Foetus entwickelt sein eigenes Agglutinin,
oder aber das Agglutinin der Mutter gelangt in das
fötale Blut durch das Blut der Placenta, oder end-
lich das Agglutinin gelangt mit der Milch in den
kindlichen Körper. Nach B. ist nun in der Lite-
ratur kein Fall bekannt, in dem die kindlichen
Organe frei gefunden worden wären von Typhus-
bacillen, während das Blut agglutinirende Fähig-
keiten besass. So lange ein solcher Fall nicht be-
schrieben ist, hält B. den üebergang von Agglutinin
durch diePkieenta in den fötalen Kreislauf nicht für
bewiesen, B.'s Fälle sind deshalb von Werth, weil
die Organe des todten Kindes jeweils auf Typhus-
bacillen untersucht wurden.
Fall I. Mutter 3 Monate gravid, schwerer Typhös,
Abort in der 3. Woche, todt an Perforation; vor dem
Abort A^lntination , Foetusblut keine AggluünatioD,
kindlichelSrgane frei von Typhusbacülen.
Fall n. Mütter im 8. Monate gravid, schwerer
Typhus, Geburt in der 3. Woche, Kind todt nach 12 Tagen.
Mutterblut Agglutination, Foetusblut keine Agglutination,
in den kindhchen Organen keine Bacillen.
Fall III. Mutter 5 Monate gravid, Todtgeburt, Mutter-
blut aggiutinirt, Foetusblut agglutinirt, aber weniger
stark, die inneren Organe Oalletwlase undMüx enthieUen
7)fphusbacülen. In diesem letzten Falle enthielt das Blut
des Foetus zwar Agglutinine, doch nimmt B. an, dass die
Agglutinine nicht dem mütterlichen Blute entstammten,
sondern dass sie durch die Bacillen des Foetus gebildet
waren.
III. Pathologische Anatomie.
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schr. XV. 9. 1902.
90) S c h e i b , A., Zur Eenntniss der typhösen Ne-
phritis. Prag. med. Wchnschr. XXVII. 22. 1902.
91) Veron et Busquet, Sur un cas de peritonite
par propagation (sans Perforation) survenue au oours
d*une fievre typhoide ä forme ambulatoire. Revue de
Med. XXU. 4. p. 366. 1902.
Einige wenige, wichtige Arbeiten beschftftigen
sich mit der pathologisehen Anatomie des Typhu&
Hier sollen vor Allem die Untersuchungen von
Eugen Fraenkel erwähnt werden, dem es ge-
lang, durch ein Anreicherungsverfahren im Boseoten-
gewebe Typhusbacülen aufzufinden. Die Arbeit
giebt gleichzeitig Aufschluss über die Anatomie
der Roseolen. Nachdem es schon Stühlern ge-
lungen war, im Auswurfe Typhöser Typhusbacillen
nachzuweisen, glückte auch Jehle an reichlichem
Leiohenmateriale, darunter in 3 Fällen von Typhus-
Pneumonie, dieser Nachweis, ebenso konnten Dieu-
donn6 und Edel in je einem Falle von Pneu-
monie den Typhusbacillus aus dem Sputum züch-
ten. Wichtige histopathologische Beitrüge über
das Tkfphusher» liefert Drago. In 2 Fällen von
Nephrüis bei Typhus fand Howland eine akute
OkmerulO' Nephritis, üeber die Entstehung von
PerUoniHs ohne Darmperforation stellten Yöron
und Busquet Versuche an; sie konnten duioh
Fütterung von Kaninchen mitTyphusbouillononltur
eine Auswanderung der Bacillen durch die Darm-
wand mit sekundärer Peritonitis hervorrufen, üeber
Starok, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis.
41
sdtene Lokalisaiion des Typhus, besonders solche
mit Betheiligang des Rectum, berichten P 1 o t e und
Schelb.
Nachdem es Neufeld gelungen war, in dem
Roseolenblute Typhusbacillen nachzuweisen, war
aneonehmen, dass auch der anatomische Nachweis
in der exctdirten Roseole gelingen müsste, allein
alle in dieser Hinsicht angestellten Versuche blie-
ben erfolglos und N. selbst hielt den Nachweis
fflr ansstchtslos, da die Anzahl der in einer Roseole
enthaltenen Typhuskeime nur eine sehr ge-
ringe sd.
Nanmehr gelang e8EugenFraenkel(Ham-
borg) als Erstem, in 5 Untersuchungen von Roseolen
die Typhusbacillen festzustellen, und zwar auf
Grand eines Anreidierungsverfahrens, das auch beim
Nachweise von Bacillen in anderen EGrperorganen
Anwendung findet Er legte die noch lebenswarmen
heraasgeschnittenen Stfioke in sterile Bouillon fOr
18 Stunden bei einer Temperatur von 37<^ und
fixirte nach Auswaschen in Formol. Die weitere
Untersuchung trug wesentlich zur anaiamisdim,
wU kUnisehm Aufklärung der Boseolm bei. Zu-
nächst war der Befund in allen Fftllen positiv und
gleich massig.
Die Bacillen lagen in glomernlosartigen Häufchen
oder in baumzweigartig verästelten Figuren in der Pars
retkmlaris cutis, besonders aber im Papillarkörper. Mit
Sicherheit konnte femer nachgewiesen werden, dass sich
die Bacillen in den Lymphgefässen aufhielten. Die
Papillen waren beträchtlich angeschwollen, das Stroma
war zellenreicher durch Yermehrang der fixen Binde-
gewebezellen, nicht durch Einwanderung von Lenke-
cyten. Wo die Papillen erkrankt waren, handelte es
och gleichzeitig um eine Lockerung des Znsammenhanges
zwischen dem P&pillarkörper und der deckenden Ober-
haut In einem Falle konnte auch eine Läsion des Ober-
hantepithels, sowie des Papillarstromas beobachtet wer-
den^ die als Coagulationnekrose aufzufassen war.
Hieraus ergiebt es sich, dass die Roseolen
nicht etwa, wie es vielfach angenommen wird, als
einfache Hauthyperftmien aufzufassen sind, dass
ihnen vielmehr durch die Bacillen hervorgerufene
schwere anatomische Veränderungen zu Orunde
li^en. Wahrscheinlich wird man auch häufiger
bd genauer Beobachtung Residuen der Roseolen
erkennen kOnnen.
Ln einer sehr beachtenswerthen kleinen Arbeit
muht Ludwig Jehle auf das Vorkommen von
'^fphutifaeiüen im Auswurfe Typhuskranker auf
Gfrund von Leichenuntersuchungen aufmerksam.
Schon Stühlern gelang es vor Jehle, bei Lun-
geninfiltration Typhusbacillen im Sputum nachzu-
weisen. Am häufigsten gelang J. der Nachweis
der Bacillen sowohl in Reincultur, als auch ver-
mengt mit anderen Mikroorganismen, insbesondere
dem Infiuenzabacillus in mit Pnmmonien compli-
cirten l^husfUlen, und zwar sowohl im Spu-
tum, wie auch im Lungensafte. Aber auch bei
klinisch und anatomisch uncomplicirten Bronchi-
Üden fanden sich Typhusbacillen im Sputum.
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft. 1.
In derselben Arbeit werden interessante Fälle mit-
getheilt, von denen der eine Darm Veränderungen ver-
missen liess, während heideT6eiiii^kämcrrhagts(3te Pneu-
monie mit hämorrhagischer PkuriiiSf Schwellung der
Milz und Mesenterialdrüsen vorhanden waren. Hier ist
die pulmonale Infektion wahrscheinlich. In 2 weiteren
Fällen von abgelaufenem Typhus mit vollständiger Ver-
narbung der Oeschwure erfolgte eine Spätinfektion der
Lungen (hämorrhagische Pneumonie) und eine eiterige
multiple Cholangitis — Beweis für das lange Verweilen
virulenter Bacillen im Körper. In den 3 Fällen gelang
der Bacillennachweis in den Lungen, bez. dem Eiter der
Leberabscesse.
Weiterhin verdanken wir A. Dieudonn6
(Würzburg) eine Mittheilung Aber Typhuspnemnonie.
Die Erkrankung setzte mit Lungenerscheinungen
ein, die bald eine deutliche Pneumonie erkennen
liessen. An Typhus wurde nicht gedacht; erst
als Roseolen auftraten, wurde die Widal'sche
Reaktion positiv gefunden, gleichzeitig konnten
aus dem Sputum Typhusbacillen gezüchtet werden.
Die Lungensymptome blieben im Vordergründe,
allein auch 7 Wochen nach eingetretenem Wohl-
befinden konnten Typhusbacillen aus dem spar-
liehen Auswurfe gezüchtet werden. Auch in die-
sem Falle wird auf den hämorrhagischen Charakter
des Auswurfes hingewiesen.
In 11 Fällen von Typhus untersuchte Paul
Edel das Sputum auf Bacillengehalt, lOmal han-
delte es sich um die übliche Bronchitis, in einem
Falle um eine Pneumonie. Nur im letzten Falle
gelang aus dem hämorrhagischen (nicht einfach
rostfarbenen) Sputum der Typhusbacillennachweis,
und zwar im Verlaufe von 10 Tagen 3mal; nach Ab-
lauf dieser Zeit konnten Typhusbacillen im Sputum
nicht mehr nachgewiesen werden. (Ueber prophy-
laktische Maassregeln gegen die Verbreitung von
Typhuskeimen beim Husten siehe Prophylaxe.)
Das Verhalten des Herzens spielt im Verlaufe
eines Typhus stets eine schwerwiegende Rolle;
während man Mher die Störungen der Herz-
funktion durch Einwirkung des Toxins auf den
Vagus zu erklären suchte, gelang es der patho-
logischen Anatomie ein Substrat in dem Herzen
selbst zu finden, es wurden myokarditische Pro-
cesse, Oefässalterationen, Degenerationzustände be-
schrieben.
Neue „Beitrage zur Histopathologie des l\ff)hus^
herxens^' liefert Salvatore Drago(Gatania), der
2 Typhusherzen einer genauen mikroskopischen
Untersuchung unterwarf.
Schon makroskopisch erschien das Herz stärker
injicirt, der Muskel dunkelroth gefärbt; unter dem Mikro-
skop bemerkte man bedeutende Anfüllung aller Bhä-
gefässe^ Ausdehnung und Zerreissungen. Als Folge der
letzteren fanden sich zahlreiche hämorrhagische Herde.
Das Bindegewebe zeigte unwesentliche und nicht con-
stante Veränderungen, dagegen boten die Muskelfasern
ganz auffallende Alterationen dar, indem an zahlreichen
Stellen die Muskelfasern ganz verschwunden waren. Die
Kerne waren vielfach noch erhalten. D r. hält diese Er-
scheinungen nicht für Degenerationzeichen, sondern fasst
den Process als einfache Atrophie auf, da er mit den
gebräuchlichen technischen Hülfsmitteln keine Zeichen
degenerativer Atrophie nachweisen konnte.
6
42
Starck, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis.
Derartige einfache atrophische Zustände der Masku-
latar hältD r. für sehr bedeutsam hinsichtlich des Mecha-
nismus der Herzroptur, die ja bei Typhus wie bei allen
anderen Infektionkrankheiten gelegentlich vorkommt.
In 2 Fällen von Nqtkrüis bei l)ff>ku8 fand
Howland, dass es sich um ^e akute ObmiertUo-
Nephritia handelte, ähnlich wie bei Scharlach und
Diphtherie. Zwischen der visceralen Schicht der
Bpithelzellen und dem Gtefässknäuel liegt ein Ex-
sudat, das etwas kOmig, im üebrigen strukturlos,
kernlos ist Das viscerale Epithel ist so von den
Gef&ssschlingen abgelöst und dem parietalen Epi-
thel genähert H. hält das Exsudat für Eiweiss
und glaubt damit den Ort der Ausscheidung des
Eiweisses und der Cylinderbildung gefunden zu
haben. Unter 3 untersuchten Fällen fand er 2mal
denselben Befund.
Trousseau hat als Erster die Ansicht aus-
gesprochen, dass Infektionkeime vom Darme aus
auf das PeriUmaeum übergehen und dieses in den
Zustand der Entzündung versetzen können, ohne
dass eine Perforaüon zu Stande gekommen wära
Diese Theorie blieb besonders von Dieulafoy
nicht unwidersprochen. V d r o n und 6 u s q u e t
beschreiben nun einen Typhuskranken, bei dem
die klinische Diagnose zunächst auf Appendicitis
gestellt wurde und der wegen Perforationperitonitis
zur Operation kam. Eine Perforationöffhung war
nicht zu finden, auch bei der nach 2 Tagen er-
folgten Sektion waren keine Perforationanzeichen zu
finden ; im Peritonäalexsudat konnte der E b e r t h '-
sehe Bacillus nachgewiesen werden.
Auch auf experimenMlem Wege gelang es den
Yff., die Trousseau 'sehe Theorie zu stützen.
Sie gaben mehrere Tage hinter einander Kaninchen
5 com Bouilloncultur von Typhusbacillen per os
ein, am 10. Tage stellten sich peritonitische Er-
scheinungen ein; bei der Sektion am 12. Tage
konnte die Peritonitis festgestellt werden, das Ex-
sudat wies Reinculturen von Typhusbacillen auf,
der Darm war intakt
Aus einer von Carl Plotz mitgetheilten Statistik
über 301 Typhosfftlle verdienen besondere Erwähnung
ein Fall, in dem die hauptsächliche Lokalisation der Oe-
schwüre im Bectum war, ferner ein Fall, in dessen Ver-
lauf eine schwere flämoptöe einsetzte, die der Arrosion
der Art, laryngea super, durch ein typhöses Larynz-
geschwür entstammte. Auch ein Fall von Typhös ab-
dominalis ohne Darmaffektion verbunden mit Lungen-
tuberkulose kam zur Sektion.
Einen Fall, in dem das Bectum einzelne Ge-
schwüre aufwies, während der übrige Darm nor-
males Verhalten zeigte, theilt auch Alexander
S c h e i b aus C h i a r i's pathologisch-anatomischem
Institute mit Dieser Fall, ebenso wie ein anderer
erregen aber dadurch besonderes Interesse, dass
beide Male die Nieren der hauptsächlichste Sitz
der typhösen Erkrankung waren, so dass im ersten
Falle sogar die klinische Diagnose „Nephritis acuta^*
lautete. Die Nieren waren von zahlreichen Ab-
scessen durchsetzt, aus denen Seh. T^phuebaaUen
in Beincultnren züchten konnte. Im zweiten Falle
fanden sich in den Nieren allerdings auch einzelne
Golibacillen, die aber als postmortal eingewandert
betrachtet wurden. Die Nieren befanden sich in
beiden Fällen im Zustande akuter Entzündung.
Einen Fall von Typhus ohne intestinale Läsion be-
obachtete W. S. Lazarus Barlow im Verlaufe einer
Hausepidemie. Vater und 2 Kinder waren an Typhus
erkrankt, das 3., 13 Monate alte Kind erkrankte ebenfalls
unter Typhuserscheinungen, Bronchitis, Etoseolen, Diar-
rhöe. Wi dal -Reaktion positiv. Am 25. Tage T6d.
Sektion: Bronchitis, Bronchopneumonie, geringer Milz-
tumor. Im Darm war nicht <Üe geringste Aenderung zu
finden, auch sonst im Körper nichts Pathologisohes. Cul-
turen aus der MUz ergaben Typhusbacillen.
In einer ausführlichen Arbeit bespricht H^ago -
poff (Eonstantinopel) Diagnose und Therapie der
t7ph(y8en Darmperforaiionen, Als wesentlichste
Symptome der Perforation bezeichnet er den hef-
tigen Abdominalschmerz, der selten fehlt, die
Muskeloontraktion , die früh eintritt; sind diese
beiden werthvollen Symptome verbunden mit Stö-
rungen des Pulses und Aenderung des Gesichts-
ausdruckes, so soll die Diagnose gesichert sein.
Weniger Werth legt H. auf das Verhalten der
Temperatur; FrOste und Verschwinden der Leber-
dämpfung (letzteres ein günstiges Zeichen) sind
Symptome , die man erst spät antrifft Mit Per-
foration kann eine Form verwechselt werden, die
Darmoodusion vortäuscht Jedenfalls soll so früh
wie irgend möglich operirt werden, zu einem Zeit-
punkt, in dem die Kräfte des Kranken den An-
forderungen der Operation noch gewachsen sind.
H. berechnet aus der allmählich stattlich an-
gewachsenen Statistik einen günstigen Erfolg der
Operation von 23 — 26<^/o. Selbst in verzweifeltsten
Fällen hat man noch Heilungen gesehen. Rath-
schläge über Anästhesirung und Technik der Ope-
ration beschliessen die Arbeit
Heneage Qibbes (Detroit) stellt die Photo-
graphie in den Dienst der Typhusdiagnose, indem
er durch Photographie des Abdomens Roseolen
viel früher auf der Platte erkennen konnte, als sie
dem Auge auf der Haut sichtbar waren. Seine
Mittheilung bezieht sich hauptsächlich auf die
Technik der Methode. (Schluss folgt)
L MediciniBche Physik, Chemie und Botanik.
43
B. Auszüge.
I. Medicini8che Physik, Chemie und Botanilc.
1. Ueber das Verhalten etereoisomerer
Sabetanaen im Thierkörper. 2. Mittheilung:
Ueber das Schicksal der drei Mannosen im Kaninehen-
hkbe; von C. Neuberg u. P. Mayer. (Ztschr.
f. phycdol. Chemie XXXVH 6 o. 6. p. 530. 1903.)
Noch mehr Interesse als die frflher mitgetheilten
Versuche über stereoisomere Pentosen (Arabinose)
bieten Versuche mit solchen Hexosen dar. Da die
Ölykosen zu schwierig zu beschaffen waren, wurden
die Versuche mit den 3 Mannosen angesteUt ; sie
wurden per ob subcutan und intravenös verabfolgt
Es zeigte sich auch hier die Tendenz des höher
entwickelten Organismus, ebenso wie viele niedere
Lebewesen, optisch inaktive Substanzen zu zerlegen.
Es wurde femer die Thatsaohe festgestellt, dass
aus 1-y sowie aus i-Mannose Glykogen entsteht
Auch zeigte sich deutlich die Fähigkeit der Zucker,
sich im Körper ineinander umzulagern, da der
direkte Uebergang der verschiedenen Mannosen in
die entsprechenden Olykosen zahlenmftssig verfolgt
werden konnte. V. Lehmann (Berlin).
2. L'origine et le «ort des d^rivia aroma-
tiquea dana Torganiame; par le Dr. J. Amann.
(Revue m6d. de la Suisse rom. XXIII. 6. p. 392.
Juin 1903.)
Eine kritische Studie über die Bedeutung der
in vitro darstellbaren Abbauprodukte der Eiweiss-
körper für den Haushalt des Organismus.
W. Straub (Leipzig).
3. Ueber den phyaiologiaohen Abbau von
Jodalbnmin; von Max Messe u. Carl Neu-
berg. (Ztschr. f. physiol. Chemie XXXVII. 5 u. 6.
p. 427. 1903.)
Nach längerer Fütterung von Kaninchen mit
löslichem Jodeigonnatrium (Helfenberg) traten
in Harn und Blut lösliche organische Jodverbin-
dungen auf, in Leber und Muskeln fanden sich un-
lösliche organische Jodverbindungen, die wahr-
scheinlich Jodeiweiss sind. Beim Hunde verhielten
sich Harn und Blut ebenso, auch die Leber enthielt
lösliches organisches Jod, doch fehlte dieses in den
Muskeln.
Die Jodsubstanz des Kaninchenharnes wurde
als o-Jodhippursäure, die des Hundeblutes als o-Jod-
benzoösfture erkannt V. Lehmann (Berlin).
4. Heber Antiaibnmid nnd die Frage über
die Antlgnu>pe im Biweiasmolekül ; von Th.
R 0 1 a r s k i. (Ztschr. f. physioL Chemie XXX VIII.
5 u. 6. p. 652. 1903.)
R's Versuche zeigen, dass die Ausbeute an
dem sogenannten Antialbumid von Kühne um so
ausgiebiger wird, je durchgreifender das Eiweiss
vorher denaturirt wird. Seine Bildung beruht daher
auf Nebenreaktionen. Da weiter nachgewiesen ist,
dass das Antipepton kein chemisches Individuum,
sondern ein Qemenge verschiedener Substanzen ist,
so kann nachR. von der Existenz einer Antigruppe
im Eiweiss nicht mehr gesprochen werden.
V. Lehmann (Berlin).
6. Die ITator des Fibrinfsrmenta ; von CA.
Pekelharing u. W. Huiskamp. (Ztschr. f.
physiol. Chemie XXXIX. 1. p. 22. 1903.)
Die von P. und H. aufgestellte Ansicht, dass
verschiedene Nudeoproteide (Nudeohiston, wie ein
anderes Thymusnudeoproteid, auch ein solches aus
Blutplasma) mit Kalk Fibrinferment bilden können,
hatte Hammarsten so erklärt, dass bei der Fäl-
lung dieser Substanzen kleine Mengen Thrombin
mitgefällt würden. Auf Orund verschiedener von
ihnen festgestellter Ergebnisse weisen P. und H.
diese Erklärung zurück und nehmen an, dass die
Nudeoproteide selbst das Zymogen darstellen, aus
dem mit Hülfe von Kalksalzen das Fibrinferment
entsteht. V. Lehmann (Berlin).
6. Ueber Pepain-Fibrinpepton ; vonCurt
BorkeL (Ztschr. f. physiol. Chemie XXX VIIL
3 u. 4. p. 289. 1903.)
B. untersuchte die beiden Siegfried 'sehen
Pepsinpeptone , die dem Kühne'schen Amphi-
pepton entsprechen sollen. Das Pepton ß lieferte
bei der Analyse und bei der Bestimmung des
Drehungsvermögens keine ganz übereinstimmenden
Zahlen, das Präparat schien also noch nicht ein-
heitlich. Es ist schwefelfrei. Das Pepton a ist
schwefelhaltig, sein Drehungsvermögen ergab sich
im Mittel zu — 36.36<^. Das Pepton ß lässt sich
in a überführen. Bei der tryptischen Verdauung
des Pepsinpeptons (a) wurden gefunden : Tyrosin,
Antipepton ß und a, Arginin.
V. Lehmann (Berlin).
7. 1) Ueber Peptone; von M. Siegfried.
(Ztschr. f. physiol. Chemie XXXVm. 3u.4.p.259.
1903.)
2) Beiträge mr Kenntnias der Antipeptone ;
von F r i t z M ü 1 1 e r. (Ebenda p. 265.)
S i e g f r i e d hat mit Hülfe seiner Eisenmethode
bis jetzt 6 verschiedene Peptone isolirt, nämlich :
2 Trypsinfibrinpeptone oder Antipeptone a und ß^
2 Pepsinübrinpeptone a und /?, 1 Pepsinglutin-
pepton und 1 Trypsinglutinpepton. Sie haben
ziemlich einfache Formeln. Diese Peptone sind
ausgesprochene Säuren. Wie Müller femd, ent-
44
U. jknAtomie und Physiologie.
stehen bei der Säurespaltung der beiden Antipeptone
Arginin, Lysin, Olutaminsfture. Da die Aequivalent-
formeln dieser Antipeptone nur 3 Atome N^ das
Arginin aber 4 Atome enthält, so können die ein-
fachen Formeln nicht die Molekularformeln sein.
Wegen der Entstehung von Ti/wei Antipeptonen
muss man die E ü h n e 'sehe Anschauung von der
Existenz einer Antigruppe im Eiweissmolekül fallen
lassen. Aus dem Kühne 'sehen Antialbumid lassen
sich nach M.'s Untersuchungen die Antipeptone
nicht gut darstellen. M. bestimmte auch das speci-
fische DrehvermOgen der beiden Antipeptone und
fand [a]20D für Antipepton ß ^ —32.4«, für
Antipepton a <» — 24.5^
V. Lehmann (Berlin).
8. Ueber die Wirkung de« reinen Hunde»
magensaftoe auf daa Hämoglobin, reep. Qlobin ;
vonS. Salaskinu. Katharina Kowalewsky.
2. Mittheilung. (Ztsohr. f. physiol. Chemie XXX VUL
5 u. 6. p. 567. 1903.)
S. und K. konnten bei der Magensaftverdauung
des Hämoglobins, bez. Olobins die folgenden Sub-
stanzen isoliren: Alanin, Leucin, Phenylalanin,
Glutaminsäure, Asparaginsäure, Tyrosin, Py rrolidin-
carbonsäure. Letztere war bisher nur als Produkt
der tryptischen Verdauung bekannt.
y. Lehmann (Berlin).
9. BeitrSge rar Kenntniee der Tk7P«tn-
Wirkung; von Dr. Karl May s. (Ztschr. f. phy-
siol. Chemie XXXVIIL 5 u. 6. p. 428. 1903.)
Die Yersuche von M. beziehen sich auf Her-
stellung von Pankreasextrakten, Isolirung von
Trypsinpräparaten, auf LOsungs- und Zersetzungs-
produkte, die mit diesen Präparaten erzielt werden,
auf Einfluss von Wärme und Salzen auf die pan-
kreatische Verdauung.
Bei Zimmertemperatur erhält man besser wir-
kende Extrakte als bei Körpertemperatur; durch
letztere wird die Wirksamkeit schnell abgeschwächt
Die Extrakte wurden mit Wasser, verdünnten Al-
kalien, Salicylsäure oder Neutralsalzen hergestellt.
Um ein Trypsinpräparat zu erhalten, wurde als
schonendstes Fällungsmittel die Aussalzung mit
verschiedenen Salzen versucht. Man kann so that-
sächlich reinere Enzympräparate erhalten, die oft
eben so gut wirken, wie die Extrakte selbst
Sowohl von den Pankreasextrakten, wie von
> den SalzfällnngslSsungen werden gewisse coagulable
EiweisskOrper in der Kälte nur sehr schwer an-
gegriffen. Die Biuretreaktion schwand bei der
Fibrinverdauung nie gänzlich. Der Einfluss der
Wärme und der Salze auf tryptische Lösungen ist
ein so versohiedener, dass er sich kaum vorhersagen
lässt Verdünnte, salzarme Lösungen werden jeden-
falls durch Wärme und Zeit mehr geschädigt als
conoentrirtere. Wärme schädigt im Allgemeinen
tryptische Lösungen. V. Lehmann (Berlin).
10. Zur Methodik der Ammoniakbeetim-
mang; von Alfred Schittenhelm. (Ztschr.
f. physiol. Chemie XXXIX. 1. p. 73. 1903.)
Zum Nachweis von Ammoniak im Urin fand
Soh. die Erfiger-Reich'sche Modifikation der
Wurster 'sehen Methode sehr brauchbar: nach
Zusatz Yon Kalkmilch wird im Vacuum unter
Alkoholzusatz destillirt Bei Bestimmung von
Ammoniak in den Faeoes, sowie in Blut und an-
deren Flüssigkeiten entwickelt aber die Kalkmilch
aus Sticksto£fsubstanzen Ammoniak. Dagegen er-
wies sich der Zusatz von Natriumchlorid und etwas
Natriumcarbonat (bis zur alkalischen Reaktion) als
brauchbar. V. Lehmann (Berlin).
11. ITeber die Stiokstoffbestimmimg nach
Bsieldahl; von Fr. Kutscher u. H. Steudel.
(Ztschr. f. physiol. Chemie XXXIX. 1. p. 12. 1903.)
K. und St, durch eine Kjeldahl-Stiokstoff-
bestimmung ganz reinen Kreatins, die falsche
Werthe lieferte, aufmerksam geworden, haben bei
verschiedenen Körpern, nämlich Kroatin, Kreatinin,
Lysin, Histidin, dieKjeldahl 'sehe Bestimmungs-
methode in verschiedener Weise verändert Sie
kommen zu dem wenig erfreulichen Ergebnisse,
dass die so viel angewandte Methode unzuverlässig
ist, da sie äusserst schwankende Zahlen liefert
y. Lehmann (Berlin).
12. Ueber die Sohwefelbestimmiing im
Harn mittelst ITstriamperozyd ; von Dr. Q.
Modrakowski. (Ztschr. f. physiol. Chemie
XXXVIIL 6 u. 6. p. 562. 1903.)
M. wendet folgendes Verfahren an.
In eine Nickelsohale werden 1— 2 g Natriamsaper-
oxyd gegeben und 50 com Harn langsam darauf getropft
Die Flüfisigkeit wird auf dem Wasserbade zum Syrap
eingedampft und dann werden vorsichtig in kleinen Mengen
2—3 g Natriumsaperoxyd unter Umrühren hinzagefügt.
Wenn die Reaktion ruhiger wird, wird mit kleinem
Spiritosbrenner, dann über stärkerer Spiritosflamme er-
wärmt, nöthigenfalls unter weiterem Zusätze von Natrium-
peroxyd. Die Schmelze wird nach dem Erkalten in
heissem Wasser gelöst, filtrirt, schwach mit Salzsaare
angesäuert Die Schwefelsäure wird dann wie gewöhn-
lich mit Chlorbaryum bestimmt.
V. Lehmann (Beriin).
II. Anatomie und Physiologie.
13. Ueber eine Methode «irUntersuohang
des lebenden Knochenmarks TonThieren und
über das Bewegungavermögen der Myelooyten ;
von Dr. A. Wolf f. (Deutsche med. Wchnschr.
XXIX. 10. 1903.)
W. legt den Knochen, dessen Mark untersucht
werden soll, frei und bohrt ihn mit dem Drillbohrer
an. Um die Beimischung von Blutbestandtheilen
zu verhindern, wird vorher die Esmaroh'sche
Blutleere hergestellt. Man kann alsdann feststeUeo^
IL Anatomie und Physiologie
45
dafls die amphophilen Hyeloeytea dee Enoohen-
marks (Eaninohen) eine lebhafte Bewegung haben.
S o b o 1 1 a (Heilanstalt Sorge).
14. lieber die Besiehiuigen swisohen
HebeDoieren und Körperwaohsthum, beson-
ders Biesenwuohs; von Dr. P. Linser. (Beitr.
z. klin. Chir. XXXVIL 1 u. 2. p. 282. 1903.)
L. berichtet aas der Tübinger chimrg. EÜDik über
eiDen 5Vijähr. Knaben mit Riesemcuehs; der Knabe
machte den Eindruck eines 16— ISjfthr. Jünglings. Es
fand sich ausserdem ein Tumor der linken Nierengegend.
Probelaparotomie; Exstirpatioo unmöglich; 7od an Hers-
schwäche. Die ancUomisohe Dieiffnose lautete: Maligner
Tumor der linken Nebenniere mit Durch brach in die V.
cara. Metastasen in den benachbarten Lymphdrüsen und
Longen.
L. hat aus der Literatur noch mehrere Beobaoh-
tiugen gesammelt, die, wie sein Fall, für eine Bs-
mflussung dt» Körpenoaehsthums durch die Neben-
nieren sprechen.
Nach den Untersuchungen L.'s stehen die
eigentlichen Bluidrüsen , zn denen Thyreoidea,
Hypophysis, Thymus, Nebennieren und Qeschleohts-
drfisen zu rechnen sind, sftmmtlioh unter einander
in näherem Zusammenhange, sie kOnnen sich in
ihrer Funktion gegenseitig beeinflussen und er-
gftnsen und sind sftmmtlich vod mehr oder weniger
grosser Bedeutung fOr das Eörperwachsthum. Beim
Biesenumehs kommen meist Tumoren dieser Drüsen
I vor, während der Zwergwuchs gew((hnlich von
I Hypoplasien, bez. Aplasien dieser Organe begleitet
I SU sein scheint P. W a g n e r (Leipzig).
15. Ooiitribation to the physiology of the
Ivnga. Part I: 7%e bronchial musdes, (heir in-
nervaiion and the actum of drugs upon them; by
D i z 0 n and B r o d i e. (Joum. of PhysioL XXIX.
2. p. 97. 1903.)
Durch Anwendung der von Brodie constru-
irtenVolumenschieiber (BeUaufs Beoorders) gelang
ea D. und Br., die Yolumenschwankungen, die bei
, natärlicher oder künstlicher Athmung ein in einen
I Hohlraum eingeschlossener Lungenlappen erfährt,
<^e weeentliche Druckänderungen im Hohlräume
imd Schreibapparate aufzuzeichnen. Werden gleich-
zeitig der Blutdruck des Thieres und der Druck
der bei künstlicher Athmung ganz gleichmässig in
die Trachea eingeblasenen Luft registrirt, so lässt
noh aus einer plötzlichen Abnahme der Yolumen-
schwankungen des Lungenlappens, bei gleichmässig
fortgehender künstlicher Athmung, auf eine Ver-
eogsrung der kleinsten Bronchen, bei Zunahme der
Volumoisoh wankungen auf eine Erweiterung dieser
nUieesen unter strenger Berücksiditigung der Ver-
ftaderungen des Blutdruckes (veränderte Blutffil-
long der Lungen) und des Luftdruckes in den
oberen Athemwegen. Auf diese Weise konnten D.
^ Br. namentlich durch Versuche an Katzen, die
siber auch an Hunden und Kaninchen wiederholt
IVQrden, zeigen, dass eine Reizung des periphe-
naohen Yagus meist zu einer Yerengerung unter
umständen aber auch zu einer Erweiterung der
Bronchiolen der gleichen Seite führt Die Reizung
des einen Yagus ist nur auf der gleichen, nicht auf
der Gegenseite wirksam. Besonders beweisend für
die Wirksamkeit des Yagus auf die Bronchial-
muskulatur sind Yersuche, bei denen die Reizung
kurz nach Tödtung des Thieres und nach Ent-
fernung des Herzens noch Erfolg hatte, wo also
eine Yeränderung der FüUung der Lungengefässe
durch veränderte Herzthätigkeit ausgeschlossen
werden konnte.
Der Yagus enthält also, was für die Deutung
des Bronchialasthma von Wichtigkeit ist, constrik-
torisoh und diktatorisch wirkende Nervenfasern.
Die letzteren sind namentlich bei .der Katze gut
entwickelt, ihre Wirkung wird besonders deutlich,
wenn zuvor durch Muscarin oder Pilocarpin ein
künstlicher Tonus der Bronchialmuskulatur erzeugt
worden ist Durch Einathmung von Aether oder
Chloroform kann die Wirkung des Yagus auf die
Bronchiolen aufgehoben werden ; ein Umstand, der
besonders für die Deutung der theilweise negativen
Ergebnisse anderer Forscher in Betracht kommt
Reflektorisch lässt sich die Yerengerung der
Bronchiolen namentlich durch eine Beizung der
Nasenschleimhaut auslüsen. Yen Oiften führen
Muscarin, Pilocarpin und Physostigmin zu einer Zu-
sammenziehung der Bronchialmuskeln, die durch
Atropin aufgehoben werden kann. Dagegen wird
die Zusammenziehung, wie man sie durch Baryum',
Yeratrin und noch andere Stoffe erhält, durch Atropin
nicht beeinflusst Ausser den angeführten Ergeb-
nissen enthält die ausführliche und gründliche
Arbeit noch zahlreiche Beobachtungen, die im Ori-
ginale nachgelesen werden müssen.
Garten (Leipzig).
16. Zur Analyse der dyspnoischen Vagas-
reiiung; von Max Yerworn. (Arch. f. Anat
u. Physich [physich Abth.] 1 u. 2. p. 65. 1903.)
Wird bei dem Thiere DyspnOe erzeugt, so
entwickelt sich eine eigenthümliche , schon von
Traube gesehene, rhythmische Erregung des
Yaguscentrum, die sich im Beginne der Erstickung
nach Y. häufig folgendermaassen äussert : „Unter
allmählichem Ansteigen des absoluten Blutdruckes
beginnen rhythmisch plützlich steile Abfälle und
allmähliche Anstiege des Blutdruckes mit einander
zu wechseln.^' „In der Regel folgen einem plötz-
lich und steil abfallenden lang gezogenen Yagus-
puls zwei bis drei, bisweilen auch mehr niedrigere
und kürzere Pulse, während welcher der Blutdruck
wieder ansteigt, um dann plützlich wieder steil
abzusinken u. s. f.^'
Diese „dyspnoische Yagusrhythmik^', wie sie
Y. nennt, entsteht aus der Einwirkung des ge-
steigerten Blutdruckes, des Sauerstoffmangels und
der Impulse des Athemcentrum auf das Centrum
des Herzvagus, und zwar erhöhen die Steigerung
des Blutdruckes und der Sauerstoffmangel (letz«
46
n. Anatomie und Physiologie.
terer vermuthlioh auf indirektem Wege) die Erreg-
barkeit des Vagusoentrum, während die Impulse
vom Athemcentrum das Vagusoentrum in Mit-
erregung versetzen.
BezQglich der Beweisführung dieser Sätze muss
auf die Originalabhandlung verwiesen werden.
Methodisch von Interesse ist ausserdem der
von Y. erbrachte Nachweis, dass Nebennieren-
extrakt in gewissen Dosirungen das Vaguscentrum
vorübergehend unerregbar macht, wie am Aus-
bleiben des Depressorreflexes erkannt wurde.
Garten (Leipzig).
17. üeber dieDaaer der oompensatorisohen
Pause nach Beizung der Vorkammer des Säuge-
thierherzens ; von E. F. Wenckebach. (Arch.
f. Anat u. PhysioL [physiol. Abth.] 1 u. 2. p. 57.
1903.)
Am Säugethierherzen hatte man mehrfach beob-
achtet (Cushny u. Matthews, H.B.Hering),
dass unter Umständen die auf eine Reizung des
Yorhofes eintretende Extracontraktion des Yor-
hofes, bez. Yentnkels zusammengenommen mit
der normalen vorhergehenden Contraktion — das
Gurvenbild beider wird bekanntlich als „Bigeminus^'
bezeichnet — , weniger Zeit in Anspruch n^men
kann als zwei normale Contraktionen. Beim Frosch-
herzen dagegen folgt nach einer Extrareizung tmut^
eine so lange compensatorische Pause, dass hier
der Bigeminus eben so lange dauert als zwei nor-
male Systolen, wie sie hier durch den anatomisch
in rhythmischer Folge am Yenensinus entstehen-
den Erregungsvorgang ausgelost werden.
Die Erklärung W.'s für die Yerkürzung des
Bigeminus am Säugethierherzen gründet sich auf
folgende Ueberlogung. Trifft ein Beiz die Yor-
kammer des Säugethierherzens kurz vor der fol-
genden spontanen Contraktion der Hohlvenen, so
wird die Erregung vom gereizten Yorhof sich
ebenso wie gegen den Yentrikel, auch gegen die
Hohlvenen hin ausbreiten. Hier gelangt sie aber
erst an, wenn gerade die folgende spontane Con-
traktion beginnt, bez. begonnen hat. Diese kurz
nach der Yorhofsreizung unabhängig, spontan auf-
tretende Contraktion der Hohlvenen wird sich jetzt
nicht auf Yorhof und Yentrikel ausbreiten kennen,
da diese Herzabtheilungen von der Extrareizung
her sich noch im refraktären Stadium befinden.
Andererseits wird die vom gereizten Yorhof gegen
die Hohlvenen zu fortgeleitete Erregung nicht den
Rhythmus der Hohlvenen beeinflussen kGnnen,
denn diese Theile befinden sich ja, wie angenom-
men wurde, bereits in der folgenden spontanen
Contraktion. Unter dieser Varaussetx/img wird der
Rhythmus der Hohlvenen nicht beeinträchtigt und
in Folge dessen tritt für Yorhof und Yentrikel nach
der Extrareizung die volle compensatorische Pause
ein. Wird dagegen der Yorhof sehr zeitig gereizt,
d. h. kurz nach der vorausgegangenen Systole, so
gelangt die vom Yorhof sich ja auch rückläufig
nach den Hohlvenen ausbreitende Erregung hier
an, ehe der folgende spontane Erregungsvorgang
zu Stande gekommen ist. In diesem Falle wird
also in Folge der Extrareizung des Yorhofes eine
Erregung der Hohlvenen zeitiger als normal zu
Stande kommen, und es vergeht jetzt von der auf
diese Weise künstlich erzeugten Erregung der
Hohlvenen bis zur folgenden spontan entstehenden
Erregung die gleiche Zwischenzeit, wie zwischen
zwei normalen Erregungen. In Folge dessen tritt
die erste normale Erregung nach der Extrareizung
in den Hohlvenen um eben so viel zeitiger auf, als
die Extracontraktion der Hohlvenen der normalen
Contraktion, wie sie hier natürlich ausfallen musste,
vorausging. Oanz entsprechend wird auch die von
den Yenen aus fortgeleitete Erregung am Yorhof
und Yentrikel zeitiger einsetzen, so dass also die
compensatorische Pause veiicürzt erscheint
Dass für das Froschherz diese Yerkürzung der
oompensatorisohen Pause nicht zur Beobachtung
kommt, erklärt W. durch die Annahme, dass hier
in Folge gewisser anatomischer Yerhältnisse ein
nach Ablauf der refraktären Periode den Yorhof
treffender Reiz den Yenensinus zu spät erreicht,
um noch vor der folgenden spontan auftretenden
Contraktion eine vorzeitige Erregung hervorzu-
rufen. Garten (Leipzig).
18. Zar Differensirang rhythmiaoher Blat-
dmoksohwankangen; von P. Morawitz. (Arch.
f. Anat. u. Physiol. [physiol. Abth.] 1 u. 2. p. 82.
1903.)
Fürdie verschiedenartigen rhythmischen Schwan-
kungen des arteriellen Blutdruckes stellt M. auf
Grund einer eingehenden Sichtung der vorliegen-
den und seiner eigenen Beobachtungen eine über-
sichtliche Eintheilung auf, bei der er von den
Entstehungsursaohen der Wellen ausgeht Er
unterscheidet zwischen „peripheren Wellen'S ^- ^
rhythmischen Blutdruckschwankungen, wie sie
ohne die Thätigkeit des vasomotorischen Centrum
zu Stande kommen, und „centralen Wellen*^ die
durch die Thätigkeit des vasomotorischen Centrum
bedingt sind. Unter den letzteren unterscheidet M.
wieder nach den Entstehungsursachen : Traube-
Hering 'sehe Wellen („üebertragung eines Im-
pulses vom Athem- auf das Gefässcentrum^'), Fre-
dericq'sche Wellen („üebertragung eines Impulses
vom Athem- auf das Yaguscentrum), „Sigmund
Mayer 'sohe Wellen" (, Jeder Welle entsprechen
zahlreiche Athemimpulse" , ihre Entstehungs-
ursachen sind noch nicht sicher gestellt) und „pul-
monale Reflexwellen". Die zuletztgenannte Gruppe
ist durch M. neu hinzugekommen: Die pulmonalen
Reflexwellen werden von der Lunge aus bei künst-
licher frequenter Athmung ausgelöst und sind an
die Erregbarkeit des vasomotorischen Centrum ge-
bunden. Das Athemcentrum ist dagegen zu ihrem
Zustandekommen nicht nOthig: durch ausgiebige
und frequente Athmung kann das Athemcentrum
n. Anatomie und Physiologie.
47
iroUkommen unerregbar geworden sein (Apnoe) und
doch noch treten, so lange die künstliche Athmung
anhält, die beschriebenen Reflezwellen auf. Es
wird also nach M. „der oontinuirliche Reiz der
Einblasungen eine rhythmische Thätigkeit des Qe-
ftssoentrums auslCsen^^
üeber die Zuleitung der sensibeln Erregung
kann M. bisher nur die Vermuthung äussern, dass
die Bahn von den Lungen aus durch das oberste
Brust- oder unterste Halsganglion desSympathicus
zum Rückenmarke geht. Jedenfalls ist die In-
tegrität der Vagi für den Reflex nicht erforderlich.
Oarten (Leipzig).
19. The time relations of thephotoeleotrio
changea in the eyeball of the frog; by Qotch.
(Joum. of PhysioL XXIX 4 a. 5. p. 388. 1903.)
Schon lange war bekannt, dass man bei Ab-
leitung vom Augenäquator und den hinteren Augen-
pol beim Frosch im Beginn der Belichtung, bez. bei
VerdunkeluDg nach vorausgegangener Belichtung
StrOme erhält Auch während der ganzen Belich-
tungsdauer wurden schwächere elektrische Ströme
beobachtet. Alle diese 3 Ströme, bei Beginn,
während und nach der Belichtung, die G. kurz als
„on-", „continous-" und „off- effect** bezeichnet, ver-
laufen im Auge vom hinteren Pol gegen den Aequa-
tor und sind scheinbar in ihrer Grösse unabhängig
von der Richtung des meist vorhandenen Ruhe-
stromes.
Da diese äusserst schwachen photoelektrischen
Ströme, deren elektromotorische Kraft im günstig-
sten Falle 0.001 Volt erreicht, bisher nur mit dem
Galvanometer nachgewiesen werden konnten, so
war eine genaue Feststellung der Zeit unmöglich,
die verstrich vom Beginn der Belichtung, bez. der
Verdunkelung bis zum Auftreten der entsprechen-
den Wirkung.
Für die Frage, ob diese Ströme mit dem Sehakt
in irgend einer Beziehung stehen, ist aber eine
solche Zeitmessung von Wichtigkeit Mit Hülfe
eines sehr empfindlichen Gapillarelektrometers ge-
lang es nun G., den ganzen Verlauf dieser photo-
elektrischen Ströme zu verzeichnen, unter genauer
Begistrirung der Dauer des auf das Auge treffen-
den Lichtreizes.
Es stellte sich heraus, dass, je nach der Tem*
peratur etwas verschieden, etwa 0.17" nach Beginn
der Belichtung erst die Ströme merklich wurden,
rasch anstiegen, dann aber bald abnahmen und in
geringer, oft periodisch wechselnder Grösse, wäh-
rend der Belichtung bestehen blieben. 0.15'' bis
0.17" nach Verdunkelung trat der „off effect^' auf.
Dieser nach der Verdunkelung sich entwickelnde
Strom geht rascher vorüber wie der „on effect^S
auch wenn dieser letztere nur durch einen kurzen
Lichtblitz erzeugt wird. Bei zu kurzer Belichtungs-
dauer kann der „off effect^' fehlen, er wird je nach
der Temperatur erst nachweisbar, wenn das Auge
1 — ^/s" zuvor belichtet wurde, und zwar nimmt
der „off effect" in gewissen Grenzen mit der Dauer
der vorherigen Belichtung zu. Statt durch oon-
tinuirliche Belichtung, lässt er sich auch durch
entsprechend lange intermittirende Belichtung her-
vorrufen. Garten (Leipzig).
20. Inflaenoe da travail inteUeotael aar la
temperatore da oorps; par N. Vaschide et
H. P i 6 r 0 n. (Gaz. des H6p. LXX V. p. 933. 1903.)
Eine literarische Studie kritischer Art, die aber
zu einem bemerkenswerthen Ergebnisse kommt,
zu dem nämlich : die Ansicht, dass geistige Arbeit
eine Temperatursteigerung hervorrufe, ist durchaus
unbegründet V. u. P. geben die Experimente der
Autoren, die darüber gearbeitet haben, mit den
Zahlen wieder; es ist allerdings danach kaum be-
greiflich, wie dieser Irrthum entstehen und so
lange festgehalten werden konnte.
Aschaffenburg (Halle a. d. S.).
21.' Sar le mode de se oomporter des
reflezes ohea las vieillards; par les Drs. L. Fer-
rio et E. Bosio. (Arch. ital. de BioL XXXIX. 1.
p. 142. 1903.)
Die Vff. haben 150 Männer und 100 Weiber
von 65 bis zu 93 Jahren, die anscheinend nicht
nervenkrank waren, untersucht
Das Eniephänomen war gesteigert bei 32.2<>/o,
das Fussphänomen bestand bei 19.2<^/o; das Enie-
phänomen fehlte bei 20.4<>/o, die Sehnenreflexe am
Arme fehlten bei 71.2<^/o. Ferner haben die Vff.
6 Greisenrückenmarke untersucht und haben 5mal
die von den Autoren angegebenen Veränderungen
gefunden: Atherom der Gefässe, Verarmung an
Nervenfasern, besonders am Bande und überhaupt
in der Nähe kranker Blutgefässe. M 0 b i u s.
22. The oonditions of aotion of panoreatdo
seoretion; by Vernon. (Joum. of PhysioL
XXVUL 6. p. 375. 1903.)
Im Pankreassafte von Hunden, der nach be-
sonderer Diät (Milch und Brod) noch fast gar kein
freies Trypsin enthält, wird, wie durch frühere
Untersuchungen nachgewiesen ist, das Trypsin aus
demXrypsinogen, einem Proferment, in Freiheit ge-
setzt, entweder durch Darmsaft, der vom Duodenum
und Jejunum gewonnen ist oder durch Zusatz einer
Losung, in der bereits freies Trypsin enthalten ist
Statt des Darmsaftes kann auch ein Elztrakt aus
der Schleimhaut der genannten Darmtheile Anwen-
dung finden, das dann ebenfalls den das Trypsinogen
zerlegenden Stoff „Enterokinase*' enthält
V. vergleicht nun die trypsinhaltige Lösung
mit einer Darmsaftlüsung in Bezug auf ihre Fähig-
keit, aus dem Trypsinogen des Pankreassaftes
wirksames Trypsin zu bilden. Die Menge des ge-
bildeten Trypsins wird aus der Geschwindigkeit
bestimmt, mit der Biweiss in der LOsung verdaut
wird. Es ergiebt sich, dass unter verschiedenen
Bedingungen (Gehalt der LOsung an Na^COi u. s. w.)
freies Trypsin rascher das Trypsinogen zerlegt als
48
in. Allgemeine Pathologie imd pathologische Anatomie.
die Enterokinase. Die Wirkung der Enterokinase
wird auoh in viel höherem Orade durch Zusatz
von Alkali oder Sfture herabgesetzt als die Wir-
kung des Trypsins. Der Alkalizusatz wirkt auf
die Enterokinase nur vorübergehend hemmend, so
dass nach Neutralisation die Enterokinase wieder
wie zuvor Trypsinogen zerlegen kann. Durch
schwache Säure dagegen wird die Wirksamkeit der
Enterokinase dauernd vernichtet
Bei dem praktisch schwer durchzuführenden
Vergleiche der Widerstandsfähigkeit von Trypsi-
nogen und Trypsin gegen schwache S&ure oder
Alkali ergiebt sich, dass Trypsinogen widerstands-
fähiger als das fertige Trypsin ist Bei Yergleichs-
versuchen über die Yerdauungsgeschwindigkeit
durch Trypsin in Lösungen von verschiedenem
Alkaligehalte findet V., dass die Trypsinverdauung
bei einem Oehalte von 0.05<^/o NanCOg am raschesten
von statten geht Q a r t e n (Leipzig).
23. Sulla faniione tripsinogena della milaa.
Ricerche sperimentali per T. Silvestri. (Rif.
med. XVIL 71—73. 1901.)
S. bekämpft die Theorie Schiff 's, dass der
Milz bei der Spaltung der Eiweisskörper eine wich-
tige Aufgabe zufalle, indem sie auf der Höhe der
Verdauung (im Zustande der Congestion) ein Fer-
ment liefere, durch das erst das in der Bauch-
speicheldrüse angehäufte Zymogen in Trypsin über-
geführt werde. Durch Thierversuche und theo-
retische Erwägungen gelangt er zu dem Schlüsse,
dass der Milz eine trypsinogene Funktion im Sinne
Schiffs nicht zukomme, dass sie bei der Ver-
dauung vielmehr rein mechanisch mitwirke, indem
sie die Blutvertheilung in Magen und Pankreas
regulire und dadurch die sekretorische Thätigkeit
beider Organe normal erhalte. Ist die Milz aus-
geschaltet (wie bei den entmilzten Thieren), so
wird dem Magen mehr Blut als unter nonnalen
Verhältnissen zuflieesen und in Folge dessen seine
sekretorische Thätigkeit und seine Verdauungskraft
über die Norm gesteigert werden, wie das auch
Versuche von Schiff selbst erwiesen haben. Ist
nun der Magen (so führt S. aus) in diesem Zustande
gesteigerter Potenz allein im Stande, die Eiweiss-
körper umzuwandeln, so braucht die Bauchspeichel-
drüse kein proteolytisches Ferment zu liefern und
nur darum spaltet der Bauohspeichel entmilzter
Thiere Eiweiss nicht. Reicht aber, wie unter nor-
malen Verhältnissen, die eiweisslösende Kraft des
Magens nicht aus, so muss das Pankreas mit
helfen und liefert sein wirksames Ferment
Janssen (Rom).
24. Die Wirkung von Pilooarpin auf die
Zersetaangen im thieriaohen Organismufl ; von
0. Frank und Fr. Voit (Ztschr. f. Biel. XUV.
1. p. 111. 1902.)
Fr. u. V. bestimmten am tracheotomirten und
curarisirten Hunde die stündliche Eohlensäare-
ausscheidung und ihre Aenderung bei einer durch
Pilocarpininjektion erzeugten einseitigen Mehr-
arbeit der Drüsen. Es wurde in der Stunde, in
der das Thier unter Pilocarpinwirkung stand,
8.5<>/o CO, mehr ausgeschieden als vorher. Der
Befund bestätigt Ludwig 's Angaben, dass die
Speichelproduktion mit positiver Wärmetönung
verläuft W. S t r a u b (Leipzig).
III. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
25. üeber die biologieohe Bedeutung der
färbbaren Körnchen des Bakterieninhaltes ;
von V. B ü 2 i ö k a. (Arch. f. Hyg. XLVL 4. p. 337.
1903.)
Als Untersuohungsmethode benutzte R die
Titale Methylenblaufärbung, üeber die Einzel-
heiten der beobachteten mannigfachen Struktur-
verhältnisse ist das Original einzusehen. Als all-
gemeines Ergebniss ist hervorzuheben: Die färb-
baren Körnchen zeigen Lebenserscheinungen, das
Protoplasma der Bakterien ist in seinen Struktur-
verhältnissen bedeutender Schwankungen Ahig,
selbst einzelne Individuen derselben Art kOnnen
die verschiedensten Strukturen zu erkennen geben.
Nicht nur in der morphologischen Struktur, son-
dern auch in der chemischen Zusammensetzung des
Protoplasma vollziehen sich während des Lebens
Veränderungen. Zu der Theilung der Bakterien
stehen die EOmchen nicht in einem analogen Ver-
hältnisse wie die Zell^ikeme zu der Theilung
typischer Zellen. In ihrer biologischen Stellung
sind die Bakterien als Kerne analoger Gebilde zu
betrachten« Woltemas (Solingen).
26. Beobachtungen über die Bigenbewe-
gnng der Bakterien; von Prof. K.B. Lehmknn
und E. Fried. (Arch. f. Hyg. XLVL 4. p. 311.
1903.)
Zur Oeschwindigkeitbestimmung wurde beob-
achtet, in welcher Zeit im hängenden Tropfen ein
Individuum unter einer gewissen Zahl grosser
Theilstriche eines Ocularmikrometers vorbeiglitt.
Von Culturen, die nach 7 — Sstündigem Verweile
im Brutschranke bei Zimmertemperatur untersucht
wurden, brauchten zur Durchlaufung von 1 mm im
Mittel aus den
3 höchsten Werthen 3 niedersten Wertiien
Cholera 22 Sekunden 76 Sekunden
Typhus 33 , 165 ,
Vulgare 47 , 134 ,
Tetanus 73 ^ 118 ,
Sabtilis 65 „ 150 ,
Megatheriom 97 „ 222 ,
Die schnellsten Individuen einer Art übertrafen
die langsamsten der gleichen Art etwa um das
Doppelte bis Ffinffaohe. In der Sekunde legt der
Oholeravibrio etwa das 10 — 15fache, Hegatherinm
das 1 — 1 V|fache seiner eigenen Länge zurflck. Bei
m. Allgemeine Pathologie imd pathologische Anatomie.
49
Sporenbildung ist die Eigenbewegung bei Bacillus
subtilis aufgehoben, bei Bacillus tetani erhalten.
Durch Kälte wird die Bewegung gehemmt, durch
Wärme erst verstärkt, dann gelähmt Gifte schä-
digen die Bewegung früher als das Leben der
Zelle. Die praktische Geschwindigkeit der Bak-
terien beträgt nur Vi^V« ^^^ theoretischen.
Woltemas (Solingen).
27. Untersnohnngen über die Abtödtnog
▼on Bakterien durch sohwaohe, therapeutisch
▼erwerthbare Ströme; von Prof. E. B. Leh-
mann und F. Zierler. (Arch. f. Hyg. XLVL 3.
p. 221. 1903.)
Es ist schon länger bekannt, dass der elek-
trische Strom, besonders an der Anode, erhebliche
keimtMtende Kraft besitzt, es wurden aber bisher
immer so starke StrOme benutzt, dass eine medi-
dnische Verwendbarkeit ohne OewebezerstOrung
nicht in Frage kam. L. und Z. benutzten StrOme
von nur 3.5 M.-A. und fanden, dass sie sporenfreie
Bakterien aller Art auf der Agarplatte in 1 5 Minuten
und auch schon in 10 Minuten in einem erheblichen
Umkreise um die Anode tOdten, gleichzeitig ver-
ändern sie den Nährboden hier so, dass auch nach
einiger Zeit eingeimpfte Keime nur schlecht wach-
sen. An der Kathode ist die Wirkung schwächer.
^?orm werden selbst im Gebiete des Anodenhofes
nur grOsstentheils vernichtet, mindestens einzelne
Colonien entwickeln sich nachträglich stets. Da-
g^n gelingt in^em engen Lumen eines Zahn-
wurzelkanals auch die AbtOdtung von Sporen regel-
mässig, so dass hier eine therapeutische Anwen-
dung in Aussicht steht Die Anodenwirkung ist
bedingt durch die daselbst aus dem Kochsalze ge-
bildeten Elektrolyte Chlor und Salzsäure, das Chlor
ist an der Wirkung stärker betheiligt als die Salz-
säure. An der Kathode wirkt der Strom durch
die gebildete Alkalimenge.
Woltemas (Solingen).
28. Ueber die Beeinflosaang der Alezin-
wirkimg durch Absorption ; von Dr. M. Wilde.
(Arch. f. Hyg. XLV. 1. p. 1. 1902.)
Durch Contakt mit lebenden und besonders
mit getödteten Bakterien, Hefezellen, rothen Blut-
körperchen u. s. w., durch unlOsliche EiweissstofTe
(Aleuronat) kann die baktericide Wirkung von
Alezinen (des Rinder-, Hunde- und Kaninchen-
serum) vollständig beseitigt werden, ebenso den
Series die Giftigkeit für Meerschweinchen ge-
nommen werden. Die Aufhebung dieser Eigen-
schaften beruht auf chemischer und physikalischer
Bindung an die Beaktionkörper. Diese Absorption-
gesdiwindigkeit ist eine Funktion von Menge, Zeit
und Temperatur. Bei 0* keine Absorption. Eine
IBegeneration des gebundenen Alesdns findet nicht
statt Durch Erhitzen verlieren die absorbirenden
KOrper nicht ihre Eigenschäften. Eine Alexin-
bindung mit derartigen Substanzen kann auch im
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hffc. 1.
ThierkGrper stattfinden ; dabei handelt es sich um
die Bindung freier Alexine.
W. Straub (Leipzig).
29. Beitrag aar Kenntnias der Pestepi-
demiologie. Batten, Mäuse und ihre Bkto-
paraaiten; von C. Tiraboschi. (Arch. f. Hyg.
XLVL 3. p. 261. 1903.)
Die Frage, ob die an Pestratten befindlichen
Flöhe das Pestgift auf den Menschen übertragen
können, ist verschieden beantwortet worden. Nach
den Untersuchungen T.'s verhalten sich die ver-
schiedenen auf Ratten und Mäusen vorkommenden
Floharten dem Menschen gegenüber verschieden :
einige stechen ihn unter keinen Umständen, andere
(Pulex serraticeps Tschb. imd Pulex irritans L.)
stechen ihn gern. Im Pulex serraticeps bleiben
Pestbacillen viele Tage lang lebend und virulent
erhalten, so dass eine Uebertragung auf den Men-
schen wohl geschehen kann.
Auf der Hausmaus fand T. eine neue Flohspecies.
Woltemas (Solingen).
30. Serumtberapie gegen Beulenpeat ; von
G. Polverini. (Münchn. med. Wchnschr. L. 1 5.
1903.)
Um die Heilwirkung der Pestsera zu beurthei-
len, muss man Infektionmethoden anwenden, die
eine ganz genaue Dosirung des Infektionmaterials
gestatten und nur diejenigen Culturen benutzen,
die bei der Herstellung des Serum zur Immuni-
sirung der Pferde verwendet worden waren. Das-
selbe Serum kann auf verschiedene Thiergattungen
verschieden wirken, man kann daher nicht a priori
behaupten, ein Serum, das bei irgend einer Thier-
gattung geringe Wirkung hat, müsse beim Men-
schen unwirksam sein. Zur Beurtheilung der Heil-
kraft eines Serum beim Menschen ist, falls man
sich nicht mit einer genauen klinischen Beobach-
tung befassen kann, die von Kolle und Otto
empfohlene alternative Methode am meisten ge-
eignet. Woltemas (Solingen).
31. Zur Bpidemiologie des Typhus abdo-
minalia ; von Prof. T a v e 1. (Centr.-Bl. f. Bakteriol.
u. s. w. XXXIIL 3. p. 166. 1903.)
T. konnte mit Sicherheit die Quelle einer
Typhusepidemie nachweisen. Von Wichtigkeit ist
das dabei erzielte Ergebniss, dass Typhusbacillen
unter Umständen mehrere Monate im Wasser ent-
wickelungsfähig und infektiös sich erhalten können,
Umstände, die in diesem speciellen Falle durch die
Stagnation im blinden Ende der Leitung gegeben
waren. Walz (Oberndorf).
32. Typhna und Fliegen; von M. Ficker.
(Arch. f. Hyg. XLVL 3. p. 274. 1903.)
Mit Typhubacillen gefütterte Fliegen ver-
mochten noch 23 Tage nach der Fütterung Typhus-
bacillen auf Objekte zu übertragen.
Woltemas (Solingen).
50
nL Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
33. WaasenmtersaohiiDg imdTyphiuibaoil-
IQB ; von H. B o n h o f f . (Centr.- BL f. BakterioL
u. 8. w. XXXni. 6. p. 461. 1903.)
B. hat das Wasser eines typhusverdächtigen
Brunnens zuerst ohne Erfolg untersucht, darauf
unter grossen Mühen aus dem Schlamme des
Brunnenbodens einen typhusähnlichen, aber nicht
agglutinationl&higen Bacillus gezüchtet B. ist so
offen, zu gestehen, dass er die Aufsuchung der
Typhusbacillen im Wasser für ein ziemlich frag-
würdiges Unternehmen hftlt.
Nach der Literatur sind in den letzten 5 Jahren
in 6 Fällen im Wasser Typhusbacillen gefunden
worden, wie viele tausende negativer Ergebnisse
mögen diesen 6 positiven gegenüberstehen. Meist
sind die Typhusbacillen, die sich etwa 4 Wochen
im Wasser halten, zur Zeit des Ausbruches der
Seuche wieder verschwunden und eine Unter-
suchung ist von vornherein aussichtlos, jedenfalls
steht ihr Werth in keinem Verhältnisse zu den
Mühen und Kosten. Walz (Obemdorf).
34. Ueber eine unter dem Bilde des Typhus
abdominalis verlaufendet diiroh einen beson-
deren Erreger bedingte Epidemie ; von H. C o n -
radi, W.v.Drigalski u.O.Jürgens. (Ztschr.
f.Hyg. u.Infektionskrankh.XLIL 1. p.l41. 1903.)
Bei einer in Saarbrücken auftretenden typhus-
ähnlichen Epidemie fanden die Yff. als Erreger
Bacillen, die von den Typhusbacillen verschieden,
wenn auch nach ihrem biologischen Verhalten mit
ihnen verwandt sind. Sie sind identisch mit
Eurth's Bacillus bremensis febris gastricae und
dem Bacillus Schottmüller's, aber nicht iden-
tisch mit dem von Brion und Eayser in einem
Falle von „Paratyphus'' isolirten typhusähnlichen
Bacillus. ' Der klinische Verlauf der Erkrankungen
war ausnahmelos günstig. Woltemas (Solingen).
35. lieber eine von einem atypisohenOoii«
baoUlus veranlasste typhusfthnliohe Hausepi-
demie hydrisohen Ursprunges ; von V. S i o n u.
V. N e g e L (Centr.-BL f. BakterioL u. s. w. ICYXU
7. 8 u. 9. 10. p. 481. 1902.)
Im Verlaufe einer Typhusepidemie in Jassy
beobachteten S. u. N. eine mit Sicherheit auf einen
Hausbrunnen zurückzuführende Hausepidemie von
typhusähnlichem Charakter, aber doch klinisch
durch Fehlen der Diarrhoen, des Cökalgurrens U.A.
verschieden. Bei einem der 6 Patienten war die
Widal'sche Reaktion positiv. Bei allen konnte
aus dem Blute ein Bacillus gezüchtet werden, der
wesentliche Unterschiede vom Typhusbacillus so-
wohl als vom Colibacillus zeigte, aber letzterem
näher stand. Walz (Obemdorf).
36. Ueber Erkrankungen des rothen Kno-
chenmarkes. besonders der Wirbel bei Ab-
dominaltyphus ; von Eug. Fränkel in Ham-
burg. (MittheiL a. d. Grenzgeb. d. Med. u. Chir.
XI. 1. p. 1. 1903.)
Angeregt durch die Quincke 'sehen Befunde
von Typhusbacillen im Enochenmarke bei an Typhus
Verstorbenen, speciell auch durch die von Quincke
angenommene typhöse Erkrankung der Wirbel-
kürper (Spondylitis typhosa) hat Fr. in 13 Fällen
histologische, in 10 Fällen auch bakteriologische
Untersuchungen von Wirbelkörpem, speciell des
11. und 12. Dorsal- und der oberen Lumbal wirbel
vorgenommen. In 10 Fällen fand er stets Typhus-
bacillen, und zwar gleichgültig, in welcher Zeit der
Erkrankung untersucht wurde, auch dann, wenn
intra vitam im Blute keine Bacillen gefunden wor-
den waren. Histologisch fand Fr. als inconstante
Befunde Blutextravasate und nekrotische Vorgänge
am lipomatOsen Bestandtheile des Markes, ferner
vermehrtes Auftreten von Riesenzellen und An-
häufung der kleinen mononucleären Leukocyten zu
dichten Häufchen (Lymphomen); als oonstante, ge-
wissermaassen specifische Befunde: fibrinöse mit
Zellennekrose einhergehende Herde, die abhängig
sind von der Menge der in das Mark eingewanderten
Bacillen. Diese Herde spricht Fr. „als die ana-
tomische Qrundlage fflr das von Quincke ge-
lieferte klinische Bild der Spondylitis typhosa" an.
Noesske (Kiel).
37. Ueber einen neuen, Stallinfektionen
▼erarBachenden MikroorganismuB; von Dr.
Schwer. (Centr.-BL f. BakterioL u. s. w. XXXIIL
1. p. 41. 1903.)
Seh. beschreibt einen bei einer Meerschwein-
chenseuche des Posener hygieinischen Institutes
isolirten Mikroorganismus, den er B. cavisepticus
nennt Die Thiere starben nach geringer Abmage-
rung und Temperatursteigerung ohne besondere in
die Augen fallende Erankheiterscheinungen. Die
Sektion ergab eiterige Peritonitis. In den Organ-
säften, im Eiter und Herzblute fanden sich kleine
Stäbchen. Nach Wachsthum, Erscheinungsform
und Pathogenität gehOrt der unbewegliche Bacillus
zur Gruppe der Bakterien der hämorrhagischen
Septikämie. Er zeigt ausser fehlender Sporen-
bildung, negativem Ausfall der Gram -Färbung,
fakultativ ana&robem Wachsthum und Nichtver-
flüssigung der Gelatine noch Unbeweglichkeit und
oft bipolare Färbung und ist sehr ähnlich dem von
Beck beschriebenen, aber Wren^ ana^roben, Bac.
cuniculi pneumonicus. Morphologisch und färbe-
risch ähnelt er dem Hühnercholerabacillus.
Walz(OberndorO.
38. ünterauohnngen über das centrale
Nervenajatem bei Kaal- und Klanenaenofaa dar
Binder; von Dr. G. Scagliosi in Palermo.
(Deutsche med. Wchnschr. XXVm. 12. 1902.)
So. untersuchte Oehim- und Rüokemnark dreier an
Maul- und Klaaenseaohe verendeter Binder (darunter ein
Foetus) mikroskopisch und fand schwere Yerinderungei»
der Ganglienzellen. Die Alterationen der Nervenzellen
zeigen sich morphologisch in demZer&lle derNissl'scheu
ZeUenkörperchen , in einer Homogenisirung der ganzen
Zelle und in einer Yacuolenbildung im ZeUenleibe.
in. AUgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
51
Die starke Alteration derRüokenmarkseaiiglienzellen
lasst vermatheD, dass das Lahmen der manl- and klauen-
seuchenkrankenThiere nicht allein von den häufig gleich-
zeitig bestehenden Eiterbeulen abhängt, sondern auch und
hauptsächlich von der verminderten, sogar aufgehobenen
Leistung der veränderten Rückenmarksganglienzellen.
Noesske (Kiel).
39. Stade pathoginique des paralysies cen-
trales de nature autotoadqae; par Ch. Dopter.
(Arch. de M6d. exp6rim. et d'Anat pathol. XY. 2.
p. 169. Mars 1903.)
Während das klinische Bild der Selbstvergif-
tung bei Urämie, Diabetes, Oicht, Basedow'scher
Krankheit bekannt ist, ist man über die Pathogenese
noch im Unklaren. D. hat nun experimentell nach-
gewiesen, dass eine direkte Einwirkung des Giftes
auf die Neurone stattfindet. Die mikroskopischen
Befunde sind durch 4 Figuren erlftutert
N e u m a n n (Leipzig).
40. The effeot of diminiBhed excretion of
Bodlnm obloride on the oonetttaents of the
nrine; byA.Hatcher andTorald Sollmann.
(Amer. Joum. of Physiol. Vm. p. 139. 1902.)
Die Untersuchung der Salzaussoheidung in
2 F&llen von fieberhafter Erkrankung (Typhus) er-
gab, dass die Minderung der NaCl-Ausscheidung
einseitig ist und von den anderen Ionen nicht mit-
gemacht wird. Eoranyi fand, dass hoher NaCl-
Oehalt, verbunden mit geringer Totalionenausschei-
dung, charakteristisch für Herzerkrankungen ist
H. und S. konnten dasselbe Verhalten des Harns
bei Milchdiät feststellen. Zugabe von NaOl zur
Milchdiät verursacht vermehrte Hamausfuhr und
Vermehrung derStoffwechselprodukte. Die gleich-
zeitige NaGl-Betention spricht für ein grosses Eoch-
sabbedürfniss des fiebernden Körpers. Es werden
für die Praxis 15 g NaCl täglich zur Milch em-
pfohlen. W. S t r a u b (Leipzig).
41. The mechaniame of the retention of
Chlorides: a oontribntion to the theorie of
nrine seoretion; by Torald Sollmann.
(Amer. Joum. of Physiol. Vni. p. 155. 1902.)
Das Verschwinden der Chloride im Fieberharn
ist praktisch auf den Ausfall der Chlorideinfuhr
zurückzuführen, kann deshalb keinen diagnostischen
Werth haben. Physikalisch lässt sich die Clorid-
retention nicht erklären, vermuthlich spielen aber
verminderte Sekretion und vermehrte Rückresorp-
tion dabei eine Rolle. Die Filtrationtheorie der
Hamsekretion ist deshalb nicht annehmbar.
W. Straub (Leipzig).
42. Familiäre Cyatiiidiatheae; von Emil
Abderhalden. (Ztschr. f. physiol. Chemie
XXXVm. 5 u. 6. p. 557. 1903.)
A. berichtet über eine Familie, in der Gross vater,
Vater and beide Kinder anCystinarie leiden. Drei andere
Kinder sind in früher Jagend unter den Erscheinungen
der Inanition gestorben. Davon kam eins zur Sektton,
and es fanden sich alle inneren Organe mit weissen Massen
durchsetzt, die als Cystin erkannt worden. Es wurde als
^'Naphthalinsulfocystin dargestellt.
In der Familie ist vielfach Lungenschwindsucht
vorgekommen. V. Lehmann (Berlin).
43. DerEinflnsB von meohaniaohen Hinder-
nissen im Dünndann und Dickdarm auf die
Indioanauflscheidang beim Hunde; von Dr.
Alexander Ellinger u. Dr. Wolfgang
Prutz. (Ztschr. f. physiol. Chemie XXXVIII.
6 u. (5. p. 399. 1903.)
E. und P r. beeinträchtigten die Fortbewegung
des Darminhaltes durch „Gegenschaltung'* einer
Darmschlinge: eine Schlinge wird aus der Con-
tinuitAt getrennt, und ihr unteres Ende mit dem
zuführenden, ihr oberes mit dem abführenden Darm-
lumen wieder vereinigt. Es wurden dann dielndi-
canausscheidungen so operirter mit denen gleich-
werthiger normaler Hunde verglichen.
Die Indigoausscheidung steigt weit über die
Norm, wenn die Ctegenschaltung im Dünndarme
stattfindet, bleibt dagegen bei Gegenschaltung im
Dickdarme ungefähr normal. Die Steigerung der
Indigoausscheidung beginnt schon, wenn der Hund
sich noch im Hungerzustande befindet. Die Lftnge
der gegengeschalteten Schlinge beeinflusst die
Grösse der Indigoausscheidung. E. undPr. weisen
noch darauf hin, dass bei der operativen Erschwe-
rung der Darmpassage nicht etwa eine Darmlfth-
mung vorliegt. V. Lehmann (Berlin).
44. Beitrage aar Frage der Entstehung des
IndioansimThierkörper; von Harry Scholz.
(Ztschr. f. physiol. Chemie XXX VIII. 5 u. 6. p. 613.
1903.)
Durch neuere Untersuchungen, namentlich von
Blumenthal und von Lewin, ist essehr wahr-
scheinlich gemacht, dass Indicanurie da auftritt, wo
ein gesteigerter Eiweisszerfall (nicht bakterielle Zer-
setzung im Darme) bewirkt wird. Die grössere oder
geringere Indigoausscheidung war aber nur durch
qualitative Untersuchung, also durch Sch&tzung,
festgestellt. Da sich aber quantitative Bestimmun-
gen als nothwendig erwiesen haben, so schien eine
Nachprüfung geboten. Seh. fand, dass bei Oxal-
sfture eine Indicanvermehrung nicht auftritt, eben
so wenig nach Phloridzininjektion (und eben so
wenig eine Phenol Vermehrung). Nach Seh. ist
daher eine Steigerung der Indicanurie durch an-
dere Ursachen als Fftulnissvorgänge nicht bewiesen.
V. Lehmann (Berlin).
45. Zur normalen und pathologischen Histo-
logie der Glandula thyreoidea, parathyreoidea
und Hypophysis; von J. Er d heim. (Beitr. z.
pathol. Anat. u. allg. Pathol. XXXm. p. 158. 1903.)
In einer umfassenden Arbeit hat K die kör-
nigen, hauptsächlich aus Fett bestehenden Zellen-
einschlüsse der Glandula thyreoidea, parathyreoidea
und Hypophysis untersucht In den Epithelzellen
der Schilddrüse desFoetus fehlen die Fettkörnchen
voUstftndig. Sie treten in den Zellen etwa erst
nach dem 1. Lebensmonate als feinste, gerade mit
52
III. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
der Immersion wahrnehmbare Pfinktchen auf, und
nehmen an Zahl und Grösse mit dem Alter des
Individuum continuirlich zu. Bis in das Oreisen-
alter Ifisst sich eine OrOssenzunahme der FettkOrn-
chen beobachten. In Schilddrüsen sehr bejahrter
Leute können die Fettkörnchen sogar den Zellen-
kern an Grösse übertreffen. Diese statistische Fest-
stellung gründet sich auf eine eingehende histo-
logische Untersuchung, insbesondere mit Hülfe der
Osmiumreaktion, von nicht weniger als 1 00 mensch-
lichen, normalen Schilddrüsen, die von Menschen
aus den verschiedensten Lebensaltern stammten.
Auch bei einer Reihe von Säugethieren konnte nach-
gewiesen werden, dass mit dem Alter der Thiere
die Fettkörnchen an Zahl und Grösse zunahmen.
Nach dieser principiell wichtigen Feststellung
untersuchte nun E. in pathologischen Schilddrüsen
die Epithelzellen auf ihren Gehalt an Fettkörnchen
und konnte hier u. A. feststellen, dass bei Adenomen
das comprimirte (ältere) Gewebe mehr Fett als das
nicht comprimirte (ju^£»0) ^^^ gebildete) enthielt
In letzterem waren entsprechend dem jüngeren
Alter der Epithelzellen die Fettkörnchen sp&rlicher
und viel feiner als in den alten, schalenartig das
Adenom umgebenden Drüsenlftppchen. In diesem
Unterschiede im Gehalte an Fettkörnchen findet E.
ein Mittel, die Adenombildung bis zu ihren An-
fängen zu verfolgen.
Von besonderem Interesse war aber in dieser
Beziehung die Untersuchung des Adenocarcinoms.
Im Carcinomgewebe waren „die Körnchen immer
sehr fein und spärlich und in ihrer Gesammtmenge
beträchtlich geringer als im umgebenden normalen,
resp. Adenomgewebe". E. führt als Beispiel an,
dass an einem durch Operation entfernten Schild-
drüsentumor auf Grund des stellenweise vollkom-
menen Fehlens der Fettkörnchen die Diagnose
Carcinom sicher ausgesprochen werden konnte da,
wo die gewöhnliche histologische Untersuchung des
Tumor für eine sichere Diagnosestellung nicht aus-
reichte. Mit Hölfe des gleichen ünterscheidungs-
mittels Hess sich auch nachweisen, dass in der
Struma bei manchen Basedow-Kranken eine leb-
hafte Neubildung der Epithelien stattfindet
Garten (Leipzig).
46. Beiträge samStndiamderAkromegalie
(mit einer neaen Beobaohtang) ; von Dr. C.
Parhon und Dr. M. Goldstein. (Spitalul.
XXffl. 6. p. 217. 1903.)
Bei dem 45jähr. Pat wurden als bemerkenswerthe
Einzelheiten das Ausfallen der Haare und die Verdickung
der einzelnen Haare gefunden, welche Symptome auf die
Veränderungen in der Thyreoidea, der Hypophysis und
den Hoden zurückgeführt werden. Die Harnanalyse er-
gab Albumin, Sero- und Nucleoalbumin , Aceton, eine
Verminderung des Harnstoffes und der Phosphate, bei
Vermehrung des Chlornatriumgehaltes.
P. u. 0. nehmen mit Pierre Marie als Aus-
gangspunkt dieser Krankheit eineVeränderung in der
Hypophysis mit Funktion Verminderung dieser Drüse
an. Dieses würde auch die Verminderung der aus-
geschiedenen Phosphate erklären, indem die er-
wähnte Drüse zur Eliminirung der Phosphorsaure
durch den Harn beiträgt, doch deuten andere Sym-
ptome der Akromegalie auch auf eine Betheiligung
anderer Drüsen mit innerer Sekretion hin, wie
z. B. der Ovarien, Hoden u. s. w.
E. Toff (Braila).
47. Beiträge sar Anatomie and Pathologie
der Samenblaaen ; von Dr. S. Oberndorffer
in München. (Beitr. z. pathol. Anat. u. allg.Pathol.
XXXI. 2. p. 325. 1902.)
0. stellte an einer grösseren Reihe willkürlich
ausgewählter Samenblasen die pathologischen Ver-
änderungen fest und fand dabei als die häufigsten
krankhaften Processe folgende drei : Cysten- und
Divertikelbildung, Pigmentirung der Samenblasen-
muskulatur und Erkrankungen der nervOsen Ele-
mente. N 0 e s s k e (Kiel).
48. Die Steine der Frostatagegend; von
Dr. Herescu. (Spitalul. XXin.ll.p. 397. 1903.)
Es handelt sich gewöhnlich um eingewanderte
Hamaieine, die sich in einem Divertikel der pro-
statischen Hamrühre festsetzen und hier weiter
wachsen. In sehr seltenen Fällen sind es lüahre
Prostatasteine, die ihren Sitz im Parenchyme dieser
Drüse haben und auch eine ganz specielle che-
mische Zusammensetzung zeigen. Meist sind es
gelbliche, weiss punktirte, glasige, porzellanähn-
liche Gonkretionen. Der Ausgangspunkt dürfte in-
fektiöser Natur sein. E. T o f f (Braila).
49. Ueber einen Fall vonBhabdomyom in
einem verlagerten Hoden; von Dr. ü. Bene-
nati in Neapel. Mit 1 Tafel. (Virchow's Arch.
CLXXI. 3. p. 418. 1903.)
B. beschreibt einen mannskopfgrossen Tumor
im linken Hypochondrium eines 49jähr. Bäckers.
Der Tumor war von dem verlagerten rechten Hoden
ausgegangen und bestand aus Knotea nnd Cysten, welche
letztere mit seröser Flüssigkeit gefüllt waren. Der grosste
Knoten hatte den umfang eines Foetuskopfes. Die Kapsel
des Tumor war aus Bindegewebe zusammengesetzt, an
der Peripherie fanden sich mit Bindegewebe&sern ver-
flochtene quergestreifte Muskelfasern. Die centrale Ge-
schwulstmasse bestand aus kleinen Randzellen mit einem,
bez. zwei, gelegentlich auch grossen bläschenförmigen
Kernen. Fettige Degeneration fehlte, an ihrer Stelle fand
sich eine myxomatöse Entartung. Die mesenterialen und
retroperitonäalen Drüsen waren mit neoplastischen Ele-
menten infiltrirt, doch fehlten darin die quergestreiften
Muskelfasern. Der linke Hode soll von Geburt an gefehlt
haben.
B. giebt eine Zusammenstellung der bisher be-
schriebenen Fälle von Rhabdomyom und erörtert
die für die Erklärung dieser Oeschwulstbildung
aufgestellten Hypothesen. N o e s s k e (Kiel).
50. Die subserösen Epithelknötohen an
Tuben, Ligamentam latam, Hoden and Neben-
hoden (sogenannte Keimepithel- oder Neben-
nierenknötohen) ; von Bob. Meyer in Berlin.
Mit 1 Figurentafel. (Virchow's Arch. CLXXL 3.
p. 443. 1903.)
III. AUgemeiiie Pathologie und pathologische Anatomie.
53
Die in der Literatur unter verschiedenen Namen,
je nach Auffassung der Genese beschriebenen Zellen-
knötchen, die subserOs anTubenundamLig.latum,
theilB mit, theils ohne Zusammenhang mit dem
PeritoDAaiepithel , stets nach voraufgegangener
Entzündung (chronischen Adnexerkrankungen und
TabargraviditSt) , meist nachweisbar unter Adh&-
sionen und durch Wucherung des peritonäalen
Endothels entstehen und auch im Scrotalsack unter
der Serosa des Hodens und Nebenhodens vorkom-
men, bilden eine scharfcharakterisirte Art sub-
BerOeer Zellenanhäufungen, die sich mit den Mar-
cband'schen Nebennieren des Lig. latum und den
oorrespondirenden NebennierenknOtchen am Hoden,
Nebenhoden und Samenstrang sowohl ihrer Lage,
als ihrem Aussehen nach nicht vergleichen lassen.
Das Serosaendothel nimmt höhere Formen, oft
cjUndrische , auch Plattenepithelformen an und
wird zuweilen mehrschichtig ; es bildet Falten und
Einstülpungen, die sich abschnüren. Trümmer
der Serosa unter den Adhäsionen bilden ebenfalls
durch Wucherung kleine ZellenknOtchen. Die
durch Abschnürung und Losstossung gebildeten
Zellenknoten bestehen aus Epithelien ohne Zwi-
schensubstanz und sind niemals vaskularisirt. Die
Epithelien sind sehr plastisch und nehmen jede
Zellenform, auch Formen von Spindelzellen und
Endothelien, jedoch nicht deren Charakter an.
Diese epithelialen Knütchen, aussen durch cirku-
Iftre, mehr indifferente Zellenformen, nach innen
durch helle, polygonale Epithelzellen wohlcharak-
terisirty neigen beim weiteren Wachsthum zu bal-
digem cystischen Zerfall und zur Wanderung auf
die Oberfläche. Sie sind weder an den Ovarien,
noch an anderen Stellen des Peritonaeum beob-
achtet; sie haben zum Mutterboden die Serosa
selbst, die zwar auch an Tube und Lig. latum
Einstülpungen in Schlauchform bilden kann, jedoch
hier mit Vorliebe charakteristische ZellenknOtchen
erzeugt, weil diese Stellen eine in der Entwicke-
lung begründete Eigenart besitzen, als eine Art
üebergangsepithel von den die Organe (besonders
Umiere und MüUer'schen Oang) bildenden Epi-
thelien der Umierenleiste zu denen der parietalen
Serosa.
Die Umwandlung der Endothelien ist nicht als
eine Rückbildung aufzufassen, da die Endothel-
form keinen Entwickelungsfortsohritt bedeutet,
vielmehr ist die Zellenform der normalen und
pathologischen Endothelien der Ausdruck der je-
weiligen Spannungsverhältnisse.
Noesske (Kiel).
51. Knoohenherd in derCerviz eines föta-
len ütems ; von R. M e y e r in Berlin. (Yirchow's
Arch. CLXYIL 1. p. 81. 1902.)
Bei dem Interesse, das heutzutage die Lehre
von der Metaplasie und der Verlagerung embryo-
naler Qewebe für die Oeschwulstgenese besitzt,
dürfte der hier mitgetheilte Befund besonders
werthvoU erscheinen. M. fand im Uterus eines
4monatigen Embryos in engem Anschluss an den
Ueberrest eines Wolfschen Ganges einen knöcher-
nen Herd mit beginnender Kalkablagerung. Da
sich kein Beweis für die Annahme einer patho-
logischen Metaplasie erbringen liess, so hält M.
eine Versprengung embryonaler Sklerotomtheile für
das Wahrscheinlichste. Noesske (Leipzig).
52. üeber das Vorkommen freien Knor-
pels in den Sobleimbeateln der Kniekehle;
von Dr. A. van Huellen in Moabit (Beitr. z.
pathol. Anat. u. allg. Pathol. XXXII. 3. p. 556.
1902.)
V. H. fand zufällig bei der Sektion eines an Magen-
carcinom verstorbenen Mannes in der Kniekehle, unter
der Hant liegende verschiebliche Körper von etwa der
Grösse einer kleinen Kirsohe. Es handelte sich um freie
Koorpelstücke, die von einem zähen, glasigen Schleim
umhüllt, in einem Schleimbentel lagen. Sie fanden sich
auf beiden Seiten und zeigten mikroskopisch verschiedene
Stadien der Knorpelbildnng. v. H. ist der Meinung, dass
diese Knorpelstücke mit dem Gelenkknorpel nichts zu
thun haben. Noesske (Kiel).
53. Sor la reparation da oartilage artioa-
laire; par £. Lefas. (Arch. deM6d. exp6rim. etc.
XIV. 3. p. 378. 1902.)
L. experimentirte an jungen 1- und 2jähr. Hun-
den und fand, dass der durchschnittene Oelenk-
knorpel nur dann heilt, wenn die beiden Schnitt-
flächen in innigen Contakt miteinander gebracht
werden. Die Heilung kommt um so prompter zu
Stande, je jünger das Thier ist. Bei alten Thieren
bleibt die Heilung aus. Noesske (Kiel).
54. üeber OvarienverpflanEong; von Wal-
ther Schultz in Königsberg. (Mon.-Schr. f. Ge-
burtsh. u. Qynäkol. XVL 6. p. 989. 1902.)
Die Versuche von Seh. gingen in 3 Richtungen.
Er verpflanzte Ovarien von Meerschweinchen l)auf
andere Weibchen derselben Rasse, 2) auf Männchen
derselben Rasse, 3) auf Weibchen anderer Rasse,
und zwar heftete er bei Weibchen das Organ ent-
weder an die Bauchwand oder an den Uterus oder
in eine Tasche des Lig. latum, bei Männchen an die
Bauchwand dicht neben der Niere oder auf den
Hoden. Als fremde Rasse benutzte Seh. eine
Kreuzung des gemeinen Meerschweinchens mit
Cavia aperea.
Die Resultate, die R. erzielte, Hessen sich ffir
1) dahin zusammenfassen, dass die auf andere
Weibchen derselben Rasse verpflanzten Ovarien
von Säugethieren Eier ausstossen und Corpora lutea
bilden kOnnen. Auf Männchen derselben Rasse
übertragene Ovarien kOnnen bis zum 42. Tage reife
Eier entwickeln, auch nach 117 Tagen finden sich
noch solche [eigenthümliche Fassung!]. Auf Weib-
chen anderer Rasse verpflanzte Ovarien weisen in
den ersten 8 Tagen keinen Unterschied auf gegen-
über eben so alten Verpflanzungen auf Weibchen
derselben Rasse [unvollständiger Versuch !].
54
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
Betre£F8 des Einflusses vom Hoden auf das Ova-
rium drückt sich Seh. reservirt aus, er glaubt nur
zeigen zu können, dass ein die Eier rasch vernich-
tender Einfluss des Hodens niehi besteht.
K Teuffei (Berlin).
55. Zur Kenntniss der experimentellen
Bleikolik; von Dr. Max Messe. (Ztsohr. f. klin.
Med. L. 1 u. 2. p. 62. 1903.)
Versuche am Kaninchen mit essigsaurem Blei-
triäthyl. Das Ganglion coeliacum wies stets Ver-
änderungen an seinen Zellen auf, die aber, wie
genauere Nachforschungen ergaben, meist als Ur-
sache der Bleikolik angesehen werden konnten.
Mit der vermehrten Peristaltik und den dadurch
bedingten Durchfällen hatten sie augenscheinlich
nichts zu thun und ihr Verhftltniss zu der gestei-
gerten Darmcontraktion war wahrscheinlich derart,
dass diese das Erste, die Plexusveränderungen das
Sekundäre waren. D i p p e.
56. Zar Frage der sabcatanen Fettemäh-
rong; von Dr. H. Winternitz. (Ztschr. f. klin.
Med. L. 1 u. 2. p. 80. 1903.)
Mit der subcutanen Fettemährung ist schon
viel herumprobirt worden, aber etwas praktisch
Brauchbares ist dabei noch nicht herausgekommen.
W. schlagt die Sache vollkommen todt; erschliesst
mit dem Satze : ,^U8 meinen experimentellen Unter-
suchungen geht klar hervor, dass die Fette zur
subcutanen Ernährung nicht geeignet sind.^' Darin
stimmt W. t. Leube unbedingt bei, dass unter
die Haut gespritztes Olivenöl aufgesaugt wird,
dieser Vorgang ist aber ein so langsamer, dass mit
ihm nichts anzufangen ist Nach der Einspritzung
von 500 g Oel werden innerhalb 5 Tagen im gün-
stigsten Falle täglich 2 — 3 g Fett aufgenommen,
dann geht die Sache noch langsamer und bis zur
vollständigen Resorption verstreichen Monate. „An
Kraftvorrath kann man dem hungernden oder in
Unterernährung befindlichen Organismus durch die
in dem genannten umfang ausgeführten Fettinjek-
tionen pro Tag höchstens 20 — 25 Calorien zu-
ffihren^S und dafür verlohnt es sich nicht
Dippe.
57. Zar Anwendung der plaatiaohen Re-
oonstraktionamethoden in der pathologischen
Anatomie ; von Prof. W. Petersen in Heidelberg.
(Centr.-BL f. allg. PathoL u. pathoL Anat XIH 4.
p. 119. 1903.)
P. berichtet aber das von ihm sum Stadium des
Hautcarcinoms erfolgreich angewandte, von ihm zweck-
mässig modificirte Born 'sehe Plattenverfahren, das ffir
das Stadixmi des Aufbaues von Tumoren sehr geeignet
erscheint N o e s s k e (Kiel).
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
58. Ueber die physiologischen Ornndiagen
der Jodipintherapie ; von Dr. H. Winternitz.
(Münchn. med. Wehnschr. L. 29. 1903.)
W. hat das von ihm mit gutem Erfolge ein-
geführte Jedipin weiterhin sorgsam untersucht und
seine Brauchbarkeit mehr und mehr bestAtigt ge-
funden. Einreibungen und Jodipinklystiere haben
keinen Zweck. Die Haut nimmt gar nichts auf,
das Rectum (auch wenn man Pankreassubstanz
zusetzt) sehr wenig. Bei innerlicher Darreichung
gelangt das Jedipin in der Hauptsache unverändert
durch Mund und Magen in den Darm. Hier wird
es verarbeitet wie andere Fette auch, geringe Men-
gen von Jod werden abgespalten, geringe Menge
von Jedipin gehen mit dem Stuhle fort, weitaus
die Hauptmasse gelangt als Jedipin in den Körper
und hier wird durch Oxydation alles Jod als Jod-
alkali abgespalten. Dieser Vorgang geht über-
raschend schnell und gleichmässig vor sich. Die
Gleichmässigkeit in der Aufnahme, Verarbeitung
und Ausscheidung ist auch bei den Jodipinein-
spritzungen unter die Haut das Auffallendste. Der
Körper nimmt aus dem angelegten Depot Tag für
Tag die gleichen kleinen Mengen auf, daher die
lang anhaltende Wirkung, das Fehlen aller un-
angenehmen Erscheinungen. Bei einem Hunde
betrug 5 Tage nach der letzten Einspritzung die
durchschnittlich an einem Tage ausgeschiedene
Jodmenge fast genau so viel wie 2 Monate später.
Dippe.
59. Ueber die Wirkung des Veronal; von
Dr. W. Fischer. (Therap. Monatsh. XVIL 8. 1903.)
Bericht aus der psychiatrischen Klinik in Jena.
Erfolge recht gut Das Veronal wurde bei ein-
facher Schlaflosigkeit, bei der Morphiumentziehung,
bei Alkoholismus, bei den venschiedensten hyste-
rischen Zuständen, bei Neurasthenie, Erschöpfiings-
psychose, bei akuter hallucinatorischer Verwirrt-
heit, bei seniler Depression, akuter Manie, Melan-
cholie, bei Paranoia acuta und chronica, bei Demen-
tia paralytica, Dementia senilis und noch in anderen
Fällen angewandt und bei der grossen Mehrzahl
der Kranken trat auf 0.5 — 1.0, selten wurde mehr
gegeben, nach ^/g — 1 Stunde ein langer guter Schlaf
ein, aus dem die Kranken in gutem Zustande er-
wachten. Dippe.
60. Klinisohe Erfahrungen mit Atoxyl; von
Dr. Fritz Biringer. (Therap. Monatsh. XVIL 8.
1903.)
Bericht aus der Bonner Klinik für Hautkrank-
heiten und Syphilis. Erfolge gut Es genügt zur
Erreichung einer guten Arsenwirkung, wenn man
wöchentlich 2mal eine iVavo^sche Spritze einer
20proc. Lösung giebt Das Mittel wirkt langsam
und nachhaltig. Die Einspritzungen wurden aua-
nahmelos gut ertragen, bewirken keinerlei un-
angenehme Erscheinungen.
Das Atoxyl ist das Metaarsensäureanilid und
enthält etwa 37.69% Arsen. Ss ist, wie Bsf.
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
55
aus eigener Erfahrung bestätigen mOchte, zu Ein-
spritzungen unter die Haut sehr geeignet
Dippe.
61. Das Ariatoohin, ein Braatsmittel des
Chinins; von Dr. Hugo Baum. (Heilkunde
Vn. 5. 1901.)
B. rOhmt das Aristochin nach den Erfahrungen
der IIL med. Abtheilung des k. k. Eaiser-Franz-
Joseph-Spitals in Wien als vortrefOichen Ersatz für
das Chinin. Es hilft sieher gegen Malaria, es ist
ein gutes Antipyretieum und ein ziemlich gutes
Antineuralgioum. Bef. möchte es nach seinen Er-
Mrungen besonders auch gegen den Keuchhusten
empfehlen. Es ist angenehm zu nehmen und be-
wirkt fast nie unerwünschte Erscheinungen.
Dippe.
62. Ueber den therapeatisohenWerth des
Bheamatins; von Dr. Julius Sigel. (Berl.
klin. Wohnsohr. XL. 31. 1903.)
Der Bericht stammt aus der inneren Abthei-
lung des Augustahospitals zu Berlin und spricht
sich über das Rheumatin, das salicylsaure Salicyl-
chinin, sehr günstig aus. Es wirkt zu etwa 3 — 4 g
tAglich in den meisten F&llen von akutem Oelenk«:
rheumatismus sehr günstig und empfiehlt sich
seiner geringen Nebenwirkungen wegen besonders
da, wo Herz, Nieren u. s. w. bereits mit angegriffen
sind oder wo es sich um einen mehr chronischen
Verlauf und eine lange Salicyldarreichung handelt
Hilft es in 2 — 3 Tagen nicht, dann versucht man
ein anderes Salicylpräparat. Es giebt zahlreiche
Fftlle von Gelenkrheumatismus, in denen verschie-
dene Salicylprftparate ungenügend helfen, bis man
eines trifft, das sofort günstig wirkt, man muss oft
etwas herumprobiren und wechseln. Gerade auch
Aspirin undBheumatin stehen so zueinander, dass
das eine vortrefitlich wirken kann da, wo das andere
gänzlich im Stiche gelassen hat. Dippe.
63. Ueber therapeatisohe Erfolge mit Meso-
tan; von Dr. A. Frankenburger. (Münchn.
med. Wchnschr. L. 30. 1903.)
In der Poliklinik der Nürnberger med. Gesell-
Bohaft hat man mit dem Mesotan die gleichen Er-
fahrungen gemacht wie anderswo auch. Bei rheu-
matisohen Erkrankungen verschiedener Art wirkt
es oft recht gut; bei akuten zuverlässiger als bei
chronischen. Unangenehme Nebenwirkungen hat
es nicht [Bef. sah einmal nach nicht allzu langer
Anwendung ein heftiges Erythem.] Hinderlich
für die aUgemeine Verwendung ist der hohe Preis.
Dippe.
64. Vergiftongsersoheinungen nach Aspirin;
von Dr. Franke in Harzburg. (Münchn. med.
Wchnschr. L. 30. 1903.)
Fr. bekam nach 1.0 Aspirin starke Schwel-
langen der Lippen, Wangen, Augenlider, heftiges
Schlucken und Würgen, Puls bis 160 und nach
Nachlassen dieser Erscheinungen eine ausgedehnte
Urticaria. In einigen Stunden war Alles wieder gut
Dippe.
65. Das oolloidale Wismnthozyd bei den
Verdanongstörongen im Säuglingsalter ; von Dr.
Kinn er. (Münchn. med. Wchnschr. L. 29. 1903.)
Das oolloidale Wismuthoxyd von Kdüs db Co.
enthält 20% metallisches Wismuth, iGst sich in
Wasser gut auf, wird von allen Kindern gern ge-
nommen und wirkt, wie Versuche in der Strass-
burger Sfiuglingsheilstätte ergaben, auch bei schwe-
ren Verdauungstörungen ausserordentlich gut. Man
giebt 0.25—0.5 3— 6mal täglich. Die Löslichkeit,
die Thatsache, dass das Mittel auch von den elen-
desten SAuglingen gut genommen wird, dass es
niemals Erbrechen hervorruft und dass es nie un-
gelöst mit dem Stuhle abgeht, geben ihm ein ent-
schiedenes Debergewicht ähnlichen Mitteln, nament-
lich auch dem Tannigen und Tannalbin, gegen-
über. Dippe.
66. Theooin als Dioretioam; von Dr. Karl
Thienger. (Münchn. med. Wchnschr. L. 30.
1903.)
Die Mittheilung stammt aus dem städtischen
allgemeinen Krankenhause in Nürnberg und be-
stätigt Bekanntes. BeiOedemen in Folge von Herz-,
Oef&ss- und Nierenerkrankungen wirkt das Theocin
oft schnell und ganz ausserordentlich stark, di^
Wirkung lässt aber schnell nach und tritt kaum
jemals, auch nach langen Pausen nicht, in gleicher
Stärke wieder ein. Die Fälle, in denen das
Theocin in kleineren Qaben lange Zeit wirkt, sind
augenscheinlich recht selten. Bei entzündlichen
Ergüssen ist der Erfolg von vornherein zweifel-
haft Die unerwünschten Nebenerscheinungen sind
nicht allzu bedenklich. Dippe.
67. Ueber die heilende Wirkang desStryoh-
nins bei Polyurie and beim Diabetes insipidas;
von Dr. Leopold Feilchenfeld. (Deutsche
med. Wchnschr. XXIX. 31. 1903.)
F. glaubt in 2 Fällen eine ganz überraschende
Besserung übwmässiger Harnabsonderung nach
Strychnineinspritzungen unter die Haut gesehen
zu haben. Er stellt Genaueres in Aussicht und
räth zu entsprechenden Versuchen in geeigneten
Fällen. Dippe.
68. Zur pliarmakologlsohen Beortheilong
der Borsäure anter besonderer Berüoksiohti-
gong ihrer Aossoheidong ; von £. K o s t. ( Ver-
handl. d. physiol. Gesellsch. zu Berlin p. 35. 1903.)
Die innerlich eingenommene Borsäure wird
ohne Verlust mit dem Harn vom Körper wieder ab-
gegeben. Die Ausscheidung erfolgt langsam, die
erste Hälfte einer einmaligen Dosis in 12 Stunden.
Der Rest braucht das Mehr- bis Sfache der Zeit
Vermehrte Flüssigkeitzufuhr bessert die Ausschei-
dung nicht Mehrere Einzelgaben cumuliren des-
halb. W. S t r a u b (Leipzig).
56
lY. Pharmakologie und Toxikologie,
69. Experimentelle Untenaohnngen Aber
die Wirkung des Eamphers auf das Hen und
die Qet&Bse der Säugethiere; von H. Winter-
berg. (Arch. f. d. gee. PhysioL XCIV. p. 455.
1903.)
Die Hauptwirkung des Eamphers besteht in
einer Erweiterung der Gefässe, besonders im Zufluss-
gebiete der Vena jugularis und femoralis. Der An-
griffsort ist peripherisch. Manchmal nach Eampher^
applikation beobachtete Blutdruckwellen haben
centralen Ursprung, möglicher Weise durch reflek-
torische Erregung des Gefässnervencentrum. Für
die Annahme einer Begünstigung der Herzarbeit
durch Eampher konnten keine Unterlagen gefunden
werden. Eben so wenig wurde eine Schädigung
der Herzthätigkeit festgestellt
W. Straub (Leipzig).
70. Die pbysiologisohe Werthbestimmiing
der Digitaliablätter ; von Dr. C. F o c k e. ( Arch.
d. Pharm. CCLXI. 2. p. 128. 1903.)
Der Giftigkeitgrad der Digitalisblätter richtet
sich zum grOssten Theil nach dem mit den Jahres-
zeiten verschiedenen Altem der Blätter, das unter
Mithülfe eines Wasserrestes geschieht. Die Stand-
ortverschiedenheiten lassen sich durch Mischen,
die FeuchtigkeiteinfiQsse durch sorgfältiges Präpa-
riren und Aufbewahren hintan halten, Maassnahmen,
die schon beim Grosshändler durchgeführt werden
müssen. Daraus folgt auch, dass die ganzen Digi-
talisblätter in den Apotheken zu führen unzweck-
mässig ist, sie sollten besser durch grobgepulverte
Blätter ersetzt werden. W. Straub (Leipzig).
71. Vemuohe aar Deutung der temperatur-
erniedrigenden Wirkung krampferregender
Gifte ; von KHarnack. (Arch. f. experim. Pathol.
u. Pharmakol. XLIX. p. 157. 1903.)
Diese 3. Abhandlung gleichen Titels handelt
vom Strychnin. Das Gift erzeugt eine Erhöhung
der Wärmeabgabe und Wärmeproduktion, die mit
den Krämpfen nicht causal verbunden zu sein
braucht, weil sie auch ohne diese auftritt.
W. Straub (Leipzig).
72. Das Jequirityi das Jequiritol und
Jequiritolserum ; von Prof. Hoor. (Samml.
zwangl. Abhandl. aus d. Geb. d. Augenhkde. Y.
3 u. 4. 1908.)
H. hat die gesammte Literatur zusammen-
gestellt und an 121 Kranken, deren Kranken-
geschichten auszugsweise beigegeben sind, die
3 Medikamente versucht Aus seinen schätzens-
werthen Beobachtungen, deren Einzelheiten genauer
erörtert werden, mOge Folgendes hervorgehoben
sein : Das Jequiritol ist ebenso wie das Jequirity-
Infus lediglich ein Homhautmittel. Unbedingt
angezeigt ist es bei altem Pannus traohomatosus
jeder Art, ferner bei Pannus lymphaticus und bei
Hornhauttrübungen und Narben, wenn die Ent-
zündungserscheinungen vollständig abgeklungen
und alle anderen Behandlungsarten erfolglos ver-
sucht worden sind. Ganz wirkungslos ist es bei
Bindehautveränderungen, z. B. Trachomkömem,
Follikeln und Papillen. Das Mittel ist nicht harm-
los und stets mit Vorsicht nur bei Anstaltbehand-
lung und immer erst auf einem Auge zu versuchen.
Neben sehr heftigen Schmerzen und Reizerschei-
nungen, die eventuell durch Jequirityserum zu
mildem sind, können eiterige Homhautprooesse
aus Thränensackentzündungen der Jequirity-Oph-
thalmie störend sich beigesellen, ebenso können
Bindehautschrumpfungen sich anschliessen. Die
Dosirbarkeit des Jequiritols ist, abgesehen von in-
dividuellen Schwankungen, zuverlässig.
Bergemann (Husum).
73. 1) Belaaione deli'eBperimento di pro-
fllassi chimiea oontro lUnfeaione malarioa fstto
ad Ostia 1901; per B. Grassi in oollaborazione
coi Dott. Barba Morrihy, Pittaluga, Noö
e Riccioli. (Suppl. alla Riv. med. 1902.)
2) Bsperimenti di profllassi malarioa ool-
l'JBaanofele nella Colonia Agrioola di Sorigheddu
(FroT. di Saasari) ; per A. B a 1 d u z z i. (Ibidem
1902.)
8) Esperimenti di profllasai malarioa col*
HBaanofele eaegniti a Treporti di Borano
(Venesia); relazione medica del Dott C. Baggio.
(Ibidem 1902.)
Im Sommer des Jahres 1901 ist in mehreren
Landstrichen Italiens, die von der Malaria besonders
schwer heimgesucht werden, der Versuch gemacht
worden, die Bewohner durch fortgesetzte Darrei-
chung der von der Mailänder FirmsL F. Bisleri dt Oo,
in den Handel gebrachten Esanofele'FiWen vor der
Malaria zu schützen. Diese Pillen sind folgender-
maassen zusammengesetzt:
Chin. Bulph. . . 10.0
Acid. arBenic. 0.1
Ferr. citr. ... 3.0
Extr. veg. amar. 15.0
F. pü. 100
und sollen in Italien, wo die Malariazeit Ende
Juni beginnt, vom 1. Juni ab nach folgenden Nor-
men genommen werden. Alle Diejenigen, die be-
reits früher malariakrank gewesen sind oder an
Bückfällen leiden, haben die ersten 15 Tage grössere
Dosen zu nehmen, und zwar Erwachsene täglich
6 Pillen (=Ghin. sulph. 0.6, Acid. arsenic. 0.006,
Ferr. citr. 0.18), Kinder von 4—15 Jahren 3 bis
4 Pillen, Kinder unter 4 Jahren erhalten täglich
6 — 18 g „Esanofelin'S eines den Pillen entspre-
chend zusammengesetzten Präparates in flüssiger
Form. Nach dieser einleitenden Kur werden die
Mittel in kleinerer Dosis die ganze Fieberzeit hin-
durch fortgegeben, und zwar Erwachsenen täglich
2 Pillen, Kindern von 4— 15 Jahren 1 — 4gE8ano-
felin. Personen, die niemals malariakrank geweeai
sind, nehmen von vornherein die kleinere Dosis.
Besonderes Interesse beansprucht derYersach,
der von Grassi (1) in Ostia (21km von Rom)
Y. Neuropaihologie und Psychiatrie.
57
gemacht worden ist Im Gebiete von Ostia trat die
Malaria im Jahre 1901 wie gewöhnlich sehr schwer
auf: Vom I.August bis zum 15. October erkrankten
yon 92 Personen, die keine Esanofele- Pillen be-
kamen, nicht weniger als 86, die meisten schwer.
Dagegen erkrankten in dem Zeiträume vom I.Juni
bis zum 15. October von 293 Personen, die der
prophylaktischen Esanofele-Eur unterworfen wur-
den, nur 54 und von diesen die Mehrzahl nur
unter malariaverdftchtigen Symptomen, ohne dass
die Parasiten im Blute nachgewiesen werden konn-
ten. Die Erkrankungen waren immer nur leicht
und von kurzer Dauer. Eine weit niedrigere Mor-
biditatziffer ergiebt sich, wenn alle Personen, bei
denen die Kur nicht regelrecht durchgefOhrt wer-
den konnte, von der Statistik ausgeschlossen wer-«
den. Von den immerhin noch üb^r 100 Personen,
die ganz regulär behandelt werden konnten, er-
krankten nur 7 unter malariaverdächtigen Erschei-
nungen, darunter war nur 1 Fall mit positivem
Blutbefunde. Oameten fanden sich nur bei 4 von
den 293 Versuchspersonen. Im Deoember 1901
wurde bei Allen, die Fieberanfftlle gehabt hatten, das
Blut wieder untersucht, in keinem Falle aber wurden
Gameten gefunden, so dass die durchgemachte Kur
thatsäohlich eine vollkommene Desinfektion des
Blutes bewirkt hatta Die etwa vorhandene Milz-
scbwellung ging im Laufe der Kur ausnahmelos
bedeutend zurück. Eine Intoleranz gegen das Mittel
wurde nur in einigen wenigen Fällen beobachtet
und verschwand nach kurzer 2Seit
Mit demselben günstigen Erfolge wie in Ostia
ist im Sommer des Jahres 1901 auch in anderen
Gegenden Italiens, die von schwerer Malaria heim-
gesucht werden, wie in Surigheddu bei Alghero
in Sardinien (2) und in Treporti di Burano im
Venezianisohen (3), bei einer grösseren Zahl
von Personen eine Malariaprophylaxe durch die
fortgesetzte Darreichung derEsanofele-Pillen geübt
worden. Janssen (Rom).
74. Sulla oura della ipertrofia splenioa da
malarla ool siero jodato Solavo; per A. Mori.
(Rif. med. XVH. 166. p. 182. 1901.)
M. hat bei Milzhypertrophie in Folge von Malaria
mit bestem Erfolge das Sclavo'sche Jodserum
angewandt Es wurden täglich je lOccm unter
die Haut gespritzt und in den subakuten Fällen
10 — 15, in den chronischen 20 — 36 Einspritzun-
gen geniacht. Jedesmal wurde eine beträchtliche
Yermindening des Volumens und der Gonsistenz
des hypertrophischen Organes und zugleich eine
wesentliche Besserung des Allgemeinbefindens er-
zielt. Die Kur wurde fast durchweg gut ver-
tragen. In der Regel wurde unmittelbar nach der
Einspritzung ein leichtes Brennen empfunden und
nur ausnahmeweise trat ein flüchtiges Erythem
oder ein kurz dauernder Pruritus auf. Eine un-
willkommene Nebenwirkung wurde nur in einem
Falle beobachtet: Bei einem sehr heruntergekom-
menen jungen Menschen, der seit 8 Monaten malaria-
krank war, entwickelte sich nach der 16. Ein-
spritzung eine verbreitete Urticaria-Eruption und,
als diese nach 3 Tagen verschwand, das vollstän-
dige Bild eines akuten fieberhaften Gelenkrheuma-
tismus, der 6 Tage andauerte, obwohl die Ein-
spritzungen sofort ausgesetzt wurden und salicyl-
saures Natron in grossen Dosen gegeben wurde.
Sclavo selbst, dem M. von dem Falle berichtete,
schrieb die Oelenkerscheinungen, die in derselben
Weise bekanntlich mitunter bei der Serumbehand-
lung der Diphtherie beobachtet worden sind, auch
hier dem Blutserum zu und stellte deshalb eine
„Jodmolke" her, in der er das Jodalbumin statt
mit Serum mit sterilisirter Molke in Verbindung
brachte. Janssen (Rom).
V. Neuropathologie und Psychiatrie.
75. UnAllnenrenkrankh alten, Sammel-
referat von Dr. L. Bruns in Hannover.
L Unfaüneurosen.
1) Wie wirken Traumen auf die Psyche erblich be-
lasteter und seelisch minderwerthiger Personen; von
Onmpertz. (Deutsche med. Presse 15. 16. 17. 1901.)
2) Les maladiea posttraumaiiques dans VamUe;
ptr Ch. Legrain. (Arch. de Med. et de Pharm, miiit.
XXXVm. 12. 1901.)
(Bespricht unter Anderem auch funktionelle und
organische pfosttraumatische Nervenerkrankungen vom
Standpunkte des französischen Militärpension- und Ent-
schfidignngsgesetzes.)
3) Euktrisches Unfallwesen ; von Dr. S. J e 1 1 i n e k.
(Ztschr. f. kün. Med. XLVm. 1 u. 2. p. 30. 1903.)
4) Ueber nervöse UnfaUerkrankungen, deren Sym-
planuUologie und Beurtheilung ; von P. S e i f e r t. (Jahres-
ber. d. Gaeellsoh. f. Natur- u. Heilkde. in Dresden p. 91.
1900-1901.)
5) Hysterie nach Irauma combinirt mit organischer
Erkrankung des Nervensystems ; von E. M e y e r. (Berl.
klin. Wchnschr. XXXIX. 31. 1902.)
Med. Jahrbb, Bd. 280. Hft. 1.
6) De la eyphose hysiirotraumatique (maladie de
Brodie); par Delearde. (Oaz. des Hop. LXXV. 75.
p. 749. 1902.)
(Besohreibung eines Falles von Eyphose der Lenden-
wirbelsäule durch Contraktur der Psoasmnskeln nach
Trauma. Differentialdiagnostisch wird die Ostitis E ü m -
meTs nicht erwähnt; auch kennt D. offenbar die be-
treffende deutsche Literatur sehr wenig.)
7) Zum Nachweis der Simulation bei Hysterischen
und Unfaüskra/nken ; von v. H 5 s s 1 i n. (Münchn. med.
Wchnschr. XTJX. 37. 1902.)
8) Zum Nachweis der Simulation bei Hysterischen
und ünfaUskranken ; von N i e d n e r. (Ebenda.)
9) Nachtrag %u 8 ; von N i e d n e r. (Ebenda.)
(N. bringt einen Fall, in dem die ^paradoxe Gon-
traktion*' v. Hösslin's [s. Nr. 7] bei emer Verletzung
des Schultergelenkes bestand, die erst durch Röntgen-
strahlen nachgewiesen wurde, v. Hösslin will sie in
einem solchen Falle nicht für simulirt halten.)
10) Akroparästhesien nach Irauma; von M. Som-
mer. (Berl. kün. Wchnschr. XXXIX. 40. 1902.)
(Typische Akroparästhesie der linken Hand nach
Trauma. Eeine vaskuläre Ursache.)
8
58
y. Neoroptthologie und Psychiatrie.
11) Zur Ctuuistik der Hyperidrosis umkUeralis;
von A p e 1 1. (SaohYer8täDd.-Ztg. Nr. 18. 1902.)
(Einseitiges übermässiges ^hwitzen im Gesicht und
der Brost nach Trauma bei Arteriosklerose.)
12) üeber coneeniriache JEinsehrcmJamg und Er-
müdung8einschrä7ikung bei Hysterie und Neurasthenie;
Sammelreferat von H. Arn heim. (Fortschr. d. Med.
XXI. 1 u. 2. 1903.)
13) Zur Behcmdlung der funktionellen Neurosen bei
Mitgliedern von Krankenkassen; von S. Auerbach.
(Berl. Klinik Heft 170. Aug. 1902.)
14) Das Hermann 'Haus; ünfaünervenklinik der
sächsischen Baugewerks-Berufsgenossensehafty nebst Be-
merkungen über die Berechtigung der Errichtung beson-
derer Ünfaünervenkliniken; von F. Windscheid.
(Aerztl. Sachverständ.-Ztg. Kr. 19. 1902.)
15) Zur Ärbeitserx/iehung ünfaüverletxter ; von H.
Strauss. (Med. Reform XI. 2. p. 9. 1903.)
(Str. empfiehlt für Unfallverletzte Anstalten, wie
sie Möbius und Grohmann für Nervöse im Allge-
meinen empfohlen haben. Er hält diese seine Gedanken
für neu.)
16) BereehUgt Hysterie nach unerheidiehen äusseren
Verletxungen bei der Arbeit xu einer UnfaUrenie? von
H. Kornfeld. (Mon.-Schr. L ünfallhkde. IX. 4. p. 108.
1902.)
(K. ist der Ansicht, dass eine ünfallrente bei Hysterie
nach Trauma nicht berechtigt sei, wenn die Verletaung
so geringfügig sei, dass man zum Mindesten eine schwere
latente Hysterie schon vor derselben annehmen müsse.)
II, OrganiächA Nervenkrankheiten nach Unfall
oder J^imma.
1 7) SpätbkUungen in's Hirn nach Eopfverletxungen,
ihre Diagnose und gerichtsärxüiche Beurtheüung ; von
V. M. Matthes. (v. Yolkmann's Samml. klin. Vortr.
N. F. Nr. 322. 1901.)
18) üeber Späterkrankungen des Qehimee nach
Sehädeltraumen; vonE. Stadeimann. (Deutschemed.
Wchnschr. XXIX. 6. 7. 1903.)
19) Ueber einen Faü von traumaiischer &pätapo*
plexie; von J. Bohne. (Fortschr. d. Med. aX. 36.
p. 1215. 1902.)
20) Ueber orgamsehe Nervenkrankheiten nach Un-
fällen; von Seif fer. (Charite-Annalen XXYIL p. 542.
1902.)
21) Ueber den Werth der otitischen Symptome xur
Diagnose von Kopfverletzungen, resp. Basisfrctktur, Ein
Beitrag %wr Lehre über die traumatische Neurose; von
Stenger. (Berl. klin. Wchnschr. XL. 5. 1903.)
22) Zur Beurtheüung des Sehwindeis nachUnfliUen;
von Krebs. (Gbarite-Annalen XXYU. p. 705. 1902.)
23) Muskeldystrophie und Trauma ; von F. K r a m e r,
(Mon.-Schr. f. Psych, u. Neurol. XU. 3. p. 199. 1902.)
24) Ein FaU von amyotrophischer LateralsUerose
nach Trauma ; von Ottendorf. (Mon.-Schr. f. Ünfall-
hkde. IX. 10. p. 313. 1902.)
(Die amyotrophische Lateralsklerose hatte sich bei
einem jung^i Manne nach einem Trauma entwickelt, das
zur Zerrung des Plexus brachialis gefuhrt hatte.)
25) Ein Faü von traumatischer Bhdung im Arach-
noidealraum das Rückenmarkes mit tödÜidhem Ausgang ;
von P. Bull. (Mon.-Schr. f. Ünfallhkde. VIIL 6. p. 161.
1901.)
26) Ein Faü von traumatischer Bückenmarksaffek-
tion, nebst einem Beitrage xur Kenntnise der sekundären
Degenerationen des Rückenmarkes; von Karl Petren.
(Noiti. med. Ark. 3. F. I. [Afd. 2.] 3. Nr. 14. 1901.)
27) Zur Oasuistik der traumatischen Neuritis; von
E. Redlich. (Wien. klin. Bnndsohau XVL 16. p. 319.
1902.)
28) üeber Lähmung des Nervus radialis naeh Ober-
armfraktur und über die Be/mndhmg derselben durch
Operation; von A. B 1 e n c k e. (Mon.-Schr. f. ünfallhkde.
X. 1. p. 1. 1902.)
(Fall von Neurolysis des Radialis mit vollem Er-
folge. Die Lähmung hatte 4 Monate bestanden und war
zum Theil durch vorspringende Knochenleisten bedingt)
29) Ein Faü von traumatischer RadieUislähmimg
durch Sehnenüberpflanxung geheut; von £. S c h e f f 1 er.
(Bbenda p. 21.)
(Fall von Durchschneidung des Nervus radialis.
Keine Besserung trotz sofortiger Nervennaht. 1 Jahr
später Durohschneidung des Aexor carpi radialis Qnd
Vemähung des centralen Sehnenendes mit der einge-
schlitzten Sehne des Eztensor carpi rad. longos. Das
peripherische Ende der Sehne des Flexor carpi radialis
wurde mit der Sehne des Palmaris longus vernäht. Es
war später nicht nur Extension der Hand^ sondern auch
der Grundphalangen der Finger möglich.)
Oumpertz (1) sucht auszuführen, dass die
• allgemein verbreitete und nicht selten zu Ungunsten
des Verletzten verwandte Annahme, dass nervte
erbliche Belastung oder erworbene Krankheiten^
speoiell Alkoholismus und Syphilis, zur Ausbildung
traumatischer Neurosen disponiren, in dieser Aus-
dehnung nicht zutrifft Ib* führt einige Beispele
schwer Belasteter an, bei denen nicht leichte Un«
fäUe zwar zu hysterischen und im engeren Sinne
psychischen Störungen g^fihrt haben, aber nicht
zu den für die ünfallpsychosen duuskteristischen.
Sehr beweisend sind die Beispiele wohl nicht, da
ja Niemand behauptet hat, dass die nervOsen Un-
fallsfolgen immer den Charakter der typischen
traumatischen Neurose tragen müesien.
Untor dem Titel: „Elektriadiea ühfaüweaen''
bespricht Jellinek (3) in sehr interessanter und
lehrreicher Weise die Pathogenese und Sympto-
matologie derjenigen Schädigungen, die durch den
Uebertritt hochgespannter Ströme in den mensdi-
liehen EOrper in den verschiedensten mit Elektri-
cität arbeitenden Betrieben und durch Blitzschläge
entstehen. Die ersteren Betriebe und danoit die
Gelegenheiten zur Schfidigung durch elektrisdie
StrOme sind sehr mannigfaltige; wichtig ist, dass
auch Schwachstromleitungen, wie Telegraphen und
Telephone, durch Berührung von Starkstromlei-
tungen oder auch durch starke meteorologische
Spannungen beim (Sewitter zu Starkstromleitungen
und damit gefährlich werden können. In jedem
entsprechenden Falle kommt es, namentlich für
die fast immer in Betracht kommende sachverstän-
dige Begutachtung, vor Allem darauf an, genau zu
eruiren, welcher Art der Contakt war, an dem
StromObertragung stattgefunden hat, und an welcher
Körperstelle der Strom eingetreten ist Bei ge-
werblichen Unfällen bilden fast immer die Hände
die Stromeintrittstelle und hier finden sich äusserst
charakteristische Yerbrennungstellen, die an und
für sich genügen, um die sonst oft schwer au be-
weisende Thatsache festzustellen, ob wirklich eine
Stromübertragung stattgefunden hat Andere Bin-
trittstellen und entsprechende Verbrennungen sind
selten. Doch können selbst bei Todesfällen durch
elektrischeStröme äussere Verletzungen g^anz feUen.
Austrittstellen des elektrischen Stromes sind oft
y. Neuropathologie und Psychiatrie.
59
die Fasssohlen ; hier finden sich manchmal Löcher,
die wie Schassöffnnngen aussehen. Für die Wir«
kung des Stromes kommt es besonders auf die
Grösse der BerQhrungsflfiche, die Spannung des
Stromes und auf die Dauer der Einwirkung an.
Längero Dauer des Stromes setzt den sonst sehr
Bchützenden Leitungswiderstand der Haut herab.
Femer darauf, ob die betroffenen Körperstellen
bekleidet oder unbekleidet waren; leichter kann der
Strom z.B. eintreten, wenn der Boden, auf dem der
Arbeiter steht, nass ist oder seine Schuhe, bez. Klei-
der nass sind; auch der Feuchtigkeitgehalt der Luft
kommt in Betracht Sehr stark gespannte Ströme
können auch ohne direkten Gontakt aus der Ent-
fernung wirken. Die Wirkungen der elektrischen
Schädigungen sind direkte oder erst allmählich
erfolgende; namentlich letztere sind wichtig; sie
können langsam und spät zu schwerem Siechthum
führen. Jellinek führt an: Terbrennungsfthn-
liehe Hautverftnderungen, schussfthnliche Löcher
in der Haut, Blitzfiguren; Haarversengungen; Blut-
austritte in Gonjunetiva, Haut, Urethra ; Luxation
der Linse in die Vorderkammer; Augenflimmem
und Sehstörungen; Ohrensausen und Tage lang
wahrende Taubheit; Parftsthesien ; Dysurie; psy-
chische Störungen, namentlich maniakalische Zu-
stände; Paresen; Paralysen [Anfisthesien? Bßf.];
Ohnmacht; Gommotio cerebri; Tod. Widdig ist,
dass jedenfaÜB em Theü dieser Symptome — umiig»
siens in den mü dem Tode endigenden Fällen — auf
organische Läsionen des GeniraJnervensystemes %u-
rüekaMfötkren ist; J. fand: Blutungen, Oefltos-
rupturen ; Zellen- und Strangdegenerationen. Doch
spielen, wie auch die von J. angeführten Kranken-
geschichten zeigen, funktionelle, bez. rein psy-
chische Stdrungen immerhin eine grosse Rolle.
Therapeutisch kommt vor Allem absolute Bett-
ruhe bei entsprechender leichter Di&t, lauen Bädern
u. B.w. in Betracht Die Brandwunden heilen ganz
normaL
Seifert (4) besprach in der Dresdener Oe-
sellschaft für Natur- und Heilkunde erst im Allge-
meinen Pathogenese, Symptomatologie und Begut-
abhtung der ünfallneurosen, mit besonderer Rück-
sicht auf die Simulationfrage. Dann stellte er
2 Kranke mit schwerer ünfallhysterie vor.
Im 1. Falle trat bei einem 28|iihr. Manne erst 4Mon.
nach dem leichten Unfälle ein hysterisoher Dämmer-
zustand ein und nach diesem bestehen fast dauernd seit
8 Jahren: links hysterische Blindheit und rechts Ein-
engung des Gesichtsfeldes; links Taubheit; links Fehlen
des Geschmackes und Gemches; links Hemianästhesie ;
im Anschlüsse an spätere hysteroepileptische Anfälle fand
sich vorübergehend doppelseitige Taubheit, Stnmmheit,
hysterisches Bluterbrechen; hysterische Lähmung des
linken Armes.
Im 2. Fklle handelte es sich um eine typische hyste-
rische Lähmung des linken Armes nach Fall auf die linke
Schulter.
Meyer (5) berichtet über einen 49jähr. Arbeiter,
bei dem nach einer der Untersuchung 1 Jahr vorher-
gegangenen Verletzung am linken Ellenbogen sich Folgen-
des fand: unregelmässiges Zittern am ganzen Körper,
Aultreten von Spasmen, unsicherer, schwankender Gang
und sehr erschwerte, skandirende bis explosive Sprache.
Dieser Symptomencomplex erinnert am meisten an die
pseudospastische Parese mit Tremor. Auffallend war die
enorme Beeinflussbarkeit dieser Symptome; war der Fat.
unbeobachtet, so hatte er kein Zittern, sprach gut und
ging normal : das Zittern trat sofort ein, wenn die Aerzte
erschienen und ganz besonders, wenn man den Fat darauf
aufmerksam machte, dass es fehle. Es machte durchaus
den Eindmck der Simulation und wurde auch von den
Mitpatienten so beurtheilt Pai. machte aber gar keine
EerUenaneprüehe. Es bestanden ausserdem reflektorische
Pupillenstarro, Fehlen der Patellareflexe, Apathie, Beein-
irächtigongsideen und Sinnestänschungen, uso Tabes oder
Tabesparalyse.
V. Hösslin (7) hat die auch von anderen
Autoren, z. B. vom Ref., mehrfach hervorgehobene
Beobachtung gemacht, dass Unfallverletzte, bez.
Unfallhysterisohe, wenn man von ihnen gewisse
Bewegungen der Extremitäten verlangt, wie Ref.
sich ausdrückt, y,gar keinen Willen in den betreffen-
den Muskehl haben*', obgleich es sich nach dem
sonstig«! Verhalten nicht um Paralysen, sondern
nur um geringe Paresen handeln kann, oder aber
zugleich die Antagonisten oder die ganze Musku-
latur der betreffenden Ebctremitftt stark contrahiren
(paradoxe Contraktur der Antagonisten). Setzt man
deshalb der anbefohlenen Bewegung einen leichten
Widerstand entgegen und hebt diesen pUtzUdh auf,
so schnellt das Olied nicht in der Richtung dieser
Bewegung vorwärts, sondern bleibt in der vorher
eingenommenen Stellung stehen, t;. H, häU dieses
Verhauen stets für bewtust simnUrt. Bestehen
andere Zeichen der Hysterie, so simulirt eben ein
Hysterischer; bestehen sie nicht, wie bei vielen
Unfallkranken, so handelt es sich überhaupt nur
um Simulation, v. H. steht auch sonst auf dem
Standpunkte, viele hysterische Symptome einfach
für simulirte zu halten ; das „röhrenförmige" Qe-
sichtsfeld z. B., weil es physikalischen Oesetzen
widerspräche. Die Bgeterie richiet sieh aber niehi
naeh physikalischen, sondern nach psyehologischen,
und XMßor nach ihr eigenen psychologischen Oeselxen.
Sicher ist uns ja eine Unterscheidung in praxi
zwischen vielen hysterischen und einfach simu-
lirten Symptomen gar nicht mOglich; aber wir
müssen uns hüten, diese unsere Unxulängliehkeit
die Kranken büssen zu lassen.
Arnheim (12) bringt ein sehr gutes Sammel-
referat über die öesichtsfeldanomalien bei Hysterie
und Neurasthenie. Fast alle Arbeiten sind vom
Bef. in früheren Sammelreferaten besprochen. A.
hält die Oesichtsfeldeinengungen nicht für simu-
lirbar und für relativ objektiv. Auch das „r5hren-
fürmige*' Gesichtsfeld ist kein Zeichen der Simu-
lation.
Auerbach (13) bespricht die Behandlung
einer Anzahl Neurosen bei Patienten, die An-
gehörige von Krankenkassen und damit im Ganzen
minderbegütert sind. Er geht von dem richtigen
Grundsatze aus, dass der individualisirende Arzt
für seine Verordnungen auch diese Verhältnisse
der Kranken berücksichtigen müsse. Da die Be-
60
y. Neuropathologie und Psyohiatrie.
handlung derUnfallneurastheniker und -Hysteriker
eine nicht wesentlich andere sein kann, als die
derselben Kranken aus anderer Ursache, verdient
die sehr gründliche Arbeit auch hier eine Erwäh-
nung. Für die ünfallneurotiker wird in üeber-
einstimmung mit allen Sachverständigen möglichst
rasche Erziehung zur Arbeit in geeigneten Anstalten
empfohlen ; sehr richtig warnt A. überhaupt davor,
Neurastheniker zu lange für arbeitunOhig zu er-
klären. Von Bedeutung ist die Errichtung von
Nervensanatorien für Minderbemittelte, deren Bau
ja jetzt in Fluss kommt ; auch die Erholungstätten
in Wäldern in der Nfihe grosser Städte sind nicht
zu verachten, obgleich sie zunächst nur den Tag
über sich der Ejranken annehmen. Wichtig ist die
Femhaltung von Schädlichkeiten :> Alkohol- und
Tabaksmissbrauch, Onanie u. s. w.
Windsoheid (14) giebt eine genaue Be-
schreibung der Einrichtung der von ihm geleiteten
ünfallnervenklinik Hermann-Haus in Stütteritz bei
Leipzig und empfiehlt warm die Errichtung ähn-
licher Anstalten. Sie sollen besonders zur Be-
obachtung und Begutachtung, dann aber auch zur
Behandlung ünfallnervenkranker dienen. Sowohl
zur Beurtheilung der Arbeitfähigkeit, wie zur Be-
handlung ist Gelegenheit zur Arbeit nöthig und
diese Qelegenheit wird im Hermann-Hause reich-
lich gewährt; wichtig ist, wie Bßf. hervorheben
möchte, dass die hier geübte Arbeit eine Werth
schaffende, dem Institute Nutzen bringende ist,
nicht eine zwecklose und langweilende an medico-
mechanischen und ähnlichen Apparaten. Im Uelnri-
gen wird im Hermann- Hause mit Recht auch auf
eine im engeren Sinne ärztliche Behandlung der
Kranken Werth gelegt Man muss W. Recht geben,
wenn er annimmt, dass in Anstalten, wie das
Hermann-Haus sie darstellt, die bekannten und spe-
ciell auch vom Bef. betonten Schädigungen derZu-
sammenbringung vieler Rentenempfänger weniger
eintreten werden, als in allgemeinen Kranken-
häusern ; dass sie nicht ganz fehlen werden, giebt
W. selbst zu.
Matthes (17) und Bohne (19) behandeln
die wichtige Frage der traumatischen Spätapo-
plexien nach Schädeltraumen, Stadelmann(18)
mehr allgemein entsprechende Späterkrankungen
des Gehirns. Matthes (17) führt aus, dass für
diese Blutungen nicht nur die von Bollinger
beschriebenen Erweichungen der Himsubstanz mit
nachfolgender Erkrankung und Ruptur derGefässe,
sondern auch primäre Gefässerkrankungen und
seltener Aneurysmenbildungen in Betracht kämen.
Wenn auch die diagnostisch-typischen Fälle die-
jenigen seien, die junge und vorher nicht gefäss-
kranke Individuen beträfen, so liege es doch auf
der Hand, dass noch eher schon vorher (durch
Alter, Alkoholismus , Syphilis) in ihrem Gefäss-
systeme geschädigte Individuen betroffen werden
konnten. Die typische Erkrankungstelle sei die
Wand der Ventrikel ; doch kann die primäre, trauma-
tisdie Erweichung auch an anderen Stellen ein-
treten. Stadelmann (18) will nur in solchen
Fällen die Diagnose einer traumatischen SpAtapo-
plexie mit Sicherheit stellen, wenn es sich Ostens
um jüngere, nicht sonst gefässkranke Leute handelt,
wenn femer das Trauma ein erhebliches war und
das Leiden sich unter den Augen des Beobachters,
also nicht zu spät nach dem Trauma, entwickelt
hat Der letzteren Forderung Stadelmann's
entspricht sehr gut der Fall Bohne 's. Hier
hatten sich 60 Tage nach dem Unfälle Schwindel-
anfälle und rechte Hemiparese eingestellt, die vor-
überging; im Krankenhause selbst beobachtete man
dann 3, bez. 4 weitere Schlaganfälle, von denen der
3. zu einer dauernden, aber später sich bessernden
rechten Hemiparese führte ; vom 2. Anfalle an be-
stand dauernd eine Lähmung des rechten Rectus
superior. Da diese Lähmung auf eine Blutung in
die Kernregion des Oculomotorius zu beziehen ist,
war der Fall auch in dieser Beziehung typisch, da
die primäre Erweichung die besonders geföhrdeten
Stellen in der Wand des Aquaeductus Sylvii betraf.
Matthes (17) bespricht auch eingehend die
forensische Seite der Frage, sowohl vom straf-, wie
civilrechtlichen Standpunkte; in letzterer Beziehung
sind diese Fälle auch für den Begutachter in Unfall-
sachen von grosser Bedeutung.
Sei ff er (20) bringt die Gutachten und epi-
kritischen Bemerkungen von 8 Fällen organischer
Nervenerkrankungen mit specieUer Rücksichtnahme
auf ihre Verursachung durch ein Trauma. Die
Begründung des Zusammenhanges oder nicht Zu-
sammenhanges zwischen Trauma und Erkrankung
muss im Originale nachgelesen werden. Hier sei
nur soviel erwähnt, dass in einem Falle von post-
traumatischer Demenz und in 2 von traumatischer
Spätapoplexie, wie schon die Krankheitbezeich-
nungen zeigen, femer in je einem Falle von Syringo-
myelie und Bulbärparalyse mit amyotrophisoher
Lateralsklerose ein Zusammenhang zwischen Unfall
und Krankheit angenommen wird. Beetritten
wurde derselbe in einem Falle von progressiver
Paralyse, die offenbar schon zur Zeit des Unfalles
bestanden hatte; in einem Falle von cerebraler
Lähmung, die angeblich mit einer grossen psy-
chischen Erregung im Zusammenhange stehen
sollte, und in einem Falle von Sehnervenatrophie
und anderen cerebralen Symptomen, die der Kranke
auf eine lange Zeit (8 Jahre) vorhergegangene aus-
gedehnte Hautverbrennung zurückführen wolit&
St eng er (21) hebt mit Recht hervor, wie
häufig in schweren Fällen von Kopfverletzung Ver-
letzungen des inneren Ohres, des 8. Hirnnerven oder
seiner Kerne sind mit einem Symptomenoomplex,
der sich aus Schwerhörigkeit bis zur Taubheit,
Ohrensausen, Schwindel und eventuell Faciahs-
lähmung zusammensetzt. Nicht selten werden diese
Symptome nach Unfällen in den grossen Topf der
traumatischen Neurosen geworfen, oder gar (was
auch Bef. mehrfach erlebt hat) als simulirt angesdien.
Y. Neuropafhologie und Psychiatrie.
61
Bif. hat deshalb in üebereinstimmung mit Ohren-
änten schon lange in solchen Füllen die unter-
iniehnng durch einen sachverständigen Ohrenarzt
flir unbedingt geboten erachtet Dann kann nicht
nur die Diagnose der Simulation vermieden wer-
den, sondern bei einem positiven Befunde hat man
gleich einen Anhalt fQr die Schwere der Lftsion.
Krebs (22) weist an einem Binzelfalle auf
die Bedeutung, der Yerletzungen des inneren Ohres
oder des 8. Himnerven bei Beurtheilung Unfall-
verletzter hin. Die Brscheinungen, die hauptsftoh-
lich aus den sogenannten 'Menidre'sohen Symptomen
bestehen (Schwindel und schlechtes Befinden, be-
sonders bei Lagewechsel des Kopfes) werden sehr
oft falsch gedeutet und auch als simulirt angesehen.
In allen irgendwie zweifelhaften FUlen ist hier
die Untersuchung durch einen geübten Ohrenarzt
Böthig.
Kram er (23) sah das Krankheitbild der
Dystrophia muscularis progressiva (im Speciellen
in der juvenilen Form Erb 's) sich rasch nach
einem Hufsohlag auf den rechten Arm entwickeln.
Schon 4 Monate später waren beide Deltoidei so
gut wie gelähmt; auch die Olutäen und Bauch-
muskeln sehr schwach. Starke fibrilläre Zuckungen ;
elektrische Erregbarkeit nur herabgesetzt K r. fQhrt
die wenigen ähnlichen FäUe aus der Literatur an.
In seinem Falle war der Pat jedenfalls vor dem
Trauma gesund, da er als Cavallerist diente.
Bull (25) giebt die Krankengeschichte und
den Sektionbefund einer Blutung in die weichen
Häute des Bflckenmarkes und in die Schädel-
basis; zugleich waren aber kleine Blutungen in die
graue Substanz des Rflckenmarkes erfolgt Die
Wirbelsäule war intakt Der Kranke war 2 Monate
vor seinem Tode von einem rasch fahrenden elek-
trischen Strassenbahnwagen auf den Bauch ge-
stürzt Am 3. Tage Schwäche und Steifigkeit der
Beine; Parästhesien und Schmerzen; allmählich
Lähmungen der Beine und theilweise auch der
Arme, zuletzt auch Blasen- und MastdarmstOrun-
gen. Da in diesem FaUe möglicher Weise auch
Syphilis vorlag, war die Entscheidung, ob die
Hämatorrhachis traumatischen Ursprunges war,
8^ schwierig.
Audi in Petr6n's (26) Falle traten nach
einem schweren Schlage zwischen die Schultern
Bfickenmarksymptome erst naek 24 Stunden auf.
Sie steigerten sich zu dem Bilde der totalen Para-
plegie der Beine und des Rumpfes mit Anästhesie
und Blasen- und Mastdarmlähmung; zugleich be-
standen Schmerzen in den Armen. Allmählich trat
in allen Symptomen eine Besserung ein ; der Kranke
ging an Decubitus zu Grunde. Anatomisch fand
sich eine Erweichung im oberen Dorsalmarke,
die die graue Substanz und die nächst angrenzende
weisse betraf. Die Wirbelsäule war bei allerdings
oberflächlicher Untersuchung intakt P. meint,
dass ee sich um eine Zerrung des Markes gehandelt
habe.
Redlich (27) bezeichnet als traumatische
Neuritis nicht nur Fälle von echter Entzündung im
pathologisch-anatomischen, bez. ätiologischen Sinne,
sondern auch Fälle von Quetschung, Zerrung und
Erschütterung von Nerven, wenn sich zu den Aus-
fallerscheinungen der Läsion auch Reizerschei-
nungen (Parästhesien, Schmerzen, Crampi) gesellen.
So bringt er einen Fall von Quetschung des Nervus
axillaris, einen von Zerrung des Nervus peronaeus
nach Umknicken des Fusses, eine Medianuslähmung
nach heftiger Muskelanstrengung. Sehr inter-
essant ist folgende Beobilßhtung.
Bei einem 25jfthr. Arbeiter war sofort nach einer
Erschüttemng des Ellenbogens zunächst eine vorüber-
gehende vollständige Armlähmnng eingetreten. Später
war Erhebung des Armes oar zur Horizontale möglich ;
auch dieBewegong im Ellenbogen schlecht, die Streckung
besser; die Streckung der Handgelenke und der Finger
war schwach, ebenso die Pro- und Supination ; die Be-
wegung des Handgelenkes und der Finger unmöglich.
Noch später zeigten sich die Muskeln im Bezirk der
5. Cervikalwurzel (Deltoideus, Biceps, Bracbialis internus
und Supinator longus) frei; dagegen war das Radialis-
gebiet jetzt stärker befallen, hier, im Medianus- und ül-
narisgebiete, aber auch im Pectoralis Entartungsreaktion.
Am stärksten war immer das Medianus- und Ubarisgebiet
betroffen . Die Nerven ungleiohmässig verdickt und ebenso
wie der Plexus druckempfindlich. Noch später war auch
die Streckung im Ellenbogen geschwächt An der Hand
Anästhesie im Gebiete des Medianus und ülnaris. Schliess-
lich wieder Besserung im Radialisgebiete.
R. nimmt an, dass das Trauma zuerst den Media-
nus und den ülnaris peripherisch getroffen habe ;
hier habe sich eine starke Bindegewebewucherung
entwickelt, die sich dann bis auf den Plexus, mit
Verschonung der Antheile, besonders der 5. Wurzel,
fortgesetzt habe. Also: aaemdirende Neurüis ohne
äuseere Verletzung durch Erschütterung. R. giebt
selbst zu, dass sich gegen diese Auffassung Manches
einwenden lässt
76. Zur Aetiologle und pathologiaohen
Anatomie derGtesohwülate des Stimhirna ; von
Dr. Ed. M ü 1 1 e r. (Deutsche Ztschr. f. Nervenhkde.
XXm. 6 u. 6. p. 377. 1903.)
Fflr die Aetiologie der Himgeschwülste ist die
Bedeutung congenitaler EntwickelungstOrungen
nicht zu unterschätzen, und zwar kommen dabei
nicht nur Folgeerscheinungen in Betracht einer im
wahren Sinne ererbten, d. h. von den Erzeugern
überkommenen abnormen Ankge, sondern auch
intrauterin und intra partum erworbene Schädi-
gungen. Die von Sellheim hervorgehobenen
Bildungsfehler am Oenitalapparate finden sich wahr-
scheinlich gerade bei belasteten weiblichen Indi-
viduen recht häufig, und es besteht dann die Ge-
fahr, dass ein vielleicht schon in Folge wahrer
ererbter Keimesabänderung abnorm veranlagter
Organismus ausserdem noch bei den Bildungs-
fehlem am Oenitalapparate der Mutter während der
Geburt besonderen Schädlichkeiten ausgesetzt ist,
insbesondere Schädel- und Hirnverletzungen, deren
ungünstige Wirkung bei der ohnehin pathologischeu
Veranlagung noch intensiver sein muss.
62
Y. Neoropathologie und Pgyöhiatrie.
Zu den Ursachen der Hirngefichwülste werden
Alkeholiemus, Syphilis und Traumen gesfthlt, allein
diese Schftdliohkeiten gehOren auch zu den häu-
figsten Ursachen der erworben^i Disposition.
Die Besiehungen des ehroni9chm JlkohoUsmua
zur Aetiologie der Stimhimtumoren und der Him-
geschwülste überhaupt sind yielseitig. unter den
recht seltenen F&Ilen, in denen H. bei seinem Lite-
raturstudium als psychische Symptome des Stim-
himtumor der Paranoia symptomatologisch Ter-
wandte Bilder registrirtCt befanden sich 2 Potatoren.
Die AusfOhrungen IL's über die ätiologische
Bedeutung des Trauma ergeben, dass nur in circa
20% seiner Sammelstatistik eine Kopfverletzung
vorangegangen ist, und dass nur in der Hinderzahl
dieser 20% (in ca. 7% der Gesammtzahl der Stim-
himtumoren) das Trauma mit einer mehr oder
minder grossen Wahrscheinlichkeit als Ursache an-
geschuldigt werden kann. In diesen seltenen Fällen
folgen die klinischen Symptome erst nach längerer
Zeit, meist erst nach Jahren, dem Trauma und dieses
wirkt nur als begünstigende Einwirkung, die auch
für die Lokalisation der später sich entwickelnden
Geschwulst wichtig sein kann. Folgen die kli-
nischen Symptome eines Stimhimtumor sofort oder
bald der Verletzung, so ist ein Gliom wahrschein-
licher, als ein Sarkom.
Unter den Tumoren der Frontallappen finden
sich 86.7®/o echte Neoplasmen, 13.3% infektiöse
und parasitäre Geschwülste. Das starke Vorwiegen
der echten Tumorenformen beraht wohl auf der auf-
fallend geringen Zahl isolirter Tuberkelknoten im
Stimhim ; Tuberkelknoten bevorzugen das Sändes-
alter und die hintere Schädelgmbe und sind sehr
häufig multipel. Unter den Stimhimgeschwülsten
sind Gliome und Sarkome gleich häufig. Im Eindes-
alter sind auf das Frontalhim beschränkte Tumoren
recht selten, die grOssteZahl fällt in die 4.Decade,
ein erheblicher Procentsatz auch noch in das 5.
und 6. Decennium. Diese relative Häufigkeit der
Stimhimtumoren im reiferen Alter (besonders zwi-
schen 40 und 60 Jahren) beruht nicht nur auf der
grossen Seltenheit der auf die Frontallappen be-
schränkten Solitärtuberkel, sondern auch darauf,
dass die echten Neoplasmen in späterem Alter das
Stimhim und in der Jugend und Kindheit das
Kleinhirn bevorzugen. Männer leiden (wenigstens
gilt dieses für die Zeit bis zum 50. Lebensjahre)
doppelt so häufig an Stimhimtumor wie Frauen,
und zwar sind auch die parasitären und infektiösen
Tumoren beim Manne häufiger. Beide Stirnlappen
werden annähernd gleich häufig betroffen. Sehr
selten ist das gleichzeitige Auftreten editer Neo-
plasmen in beiden Stirnlappen, dagegen kommen
Gummigeschwülste häufiger gleichzeitig in beiden
Lappen vor.
Die Gliome des Stirnhims sind in ^/e^/o der
Fälle solitär, betreifen in einem Viertel (— 25<^/«)
nur das Marklager, in einem Siebentel nur die
Rinde und in dem Beet Mark und Binde.
Die primären Sarkome des Stimhims sind hat
stets isolirt und meist sehr ausgedehnt; Vs^/*
liegen im Marklager, der Rest annähernd gleich
häufig in det Binde und in Rinde und Mark gleich-
zeitig. Auch die anderen Formen der echten Ge-
schwülste zeigen bei Sitz imStimlappen meist eine
besondere Grüsaenentwickelung.
Die Gummiknoten des Stimlappens sind meist
in der Rinde gelegen, in der M^rzahl der FftUe
multipel und in ca. 50*/t gleichzeitig in beiden
Hälften des Stimhims entwickelt
B. Pfeiffer (Gassei).
77. neber Ventrikel- und Ponstumoren;
Ton R Henneberg. (Charit6-Ann. XXVIL
p. 495. 1903.)
Die erste Beobachtung H.'s interessirt daduroh,
dass das Himleiden anscheinend traumatisch ent-
standen war, ferner durch das seltene Symptom
der doppelseitigen Blicklähmung. H. berücksichtigt
die zugehörige Literatur und erörtert die ziemlich
▼ielen, zur Brklärang aufgestellten Hypothesen
über den Verlauf der Blickbahn und das Y oiiianden-
sein einer OonTergenzbahn. Fall II und III zeigen
die grossen Schwierigkeiten, denen die Diagnose
eines Tumor im 3. oder 4. Ventrikel gegenw&rtig
begegnet R. Pfeiffer (Oassel).
78. Ueber die Betheiligang der ireoroglia
an der Narbenbildong im Qebim; von Dr.
Eduard Müller. (Deutsche Ztschr. f. Nerven-
hkde. XXIIL 3 u. 4. p. 296. 1903.)
Gestützt auf die Durchmusterung Weigert'-
scher Originalpräparate sucht M. die Lehre Wei-
gert's zu vertheidigen , dass der alleinige oder
doch weitaus wesentlichste Bestandtheil aller soliden
narbenähnlichen Massen im Gehirn nicht das Binde»
gewebe, sondern die Neuroglia ist Das Binde^
gewebe vermehrt sieh auch etwas, zeigt aber die
Neigung, sich ausserhalb des nervösen und des
Gliagewebes zu halten. Ueberall da, wo nervtoes
Material zerfällt, reagirt dieGlia durch Neubildung
von Zwischensubstanz, und zwar wuohan die lebend
gebliebenen Zellen, nicht die vorher in den e^
weichten Theilen vorhanden gewesenen Gliafasem.
Auch da, wo Höhlen bleiben, zeigt die Olia eine
enorme Faservermehrang. RPfeiffer (Gassei).
79. lieber die apastisobe und die syphi-
litische Spinalparalyse und ihre Szistens«
berechtigung; von Prof. W. Erb. (Deutsche
Ztschr. f.Nervenhkde.XXIII. 5u. 6. p. 347. 1903.)
Im ersten Theile der Arbeit sucht EL unter
kritischer Sichtung der Literatur den Nachweis zu
erbringen, dass die von ihm beschriebene apastieche
Spinalparalyse eine wohl charakterisnrte Krankheit- <
form mit einer bestimmten anatomischen Grund-
lage ist Dem „Symptemenquartett^^ (Paresen,
Muskelspannungen, gesteigerte Sehnenreflexe und
Babinski-Reflex) entopricht eine primAre Sklerose
Y. Neoropathologie und Psychiatrie.
63
der Fynunide&bahiien (oder TorBiohtiger yielleioht,
der hinteren SeitenstranghAlften). Beweiskrftftig
naoh dieser Bichtong aollen die FUle von Mor-
gan and Dreschfeld, T.Donaggio, Fried-
mann, EQhn-StrQmpell sein, femer die Be-
obachtungen von Minkowski und Dejerine
und Sottas.
Die syphOüisehs SpinaJparalyse K's (spastische
Spinalparalyse, Blasen- und SensibilitätstOrungen
bei geringer Muskelspannung) beruht nach neueren
Erfahrungen anscheinend auf einer oombinirten
Systemerkrankung, entweder in reiner Form, oder
oomplicirtmit partieUer, fleckförmiger Querschnitt-
Usion im Dorsalmarke. Die Bezeichnung ,,combi-
nirte Systemerkrankung^' kann nicht als Basis fQr
die khniache und nosologische Eintheilung dienen,
denn sie umfiasst klinisch eine ganze Reihe von
Yerschiedenen, völlig diilerenten Erankheitbildem
and anatomisch sehr verschiedene histogenetische
Torgftnge. Bei der Unklarheit der pathologisch-
anatomischen Kenntnisse auf diesem (Gebiete gilt
es vor Allem, auf dem klinischen Boden weiter zu
banea und sich nicht in sklavische Abhängigkeit
zu begeben von der path(dogiaohen Anatomie.
R. Pfeiffer (Cassei).
80. Seitenatrangerkranknng und spastische
Spinalparalyse; von Dr. M. Bothmann. (Deut-
sche med. Wchnsohr. XXIX. 24. 1903.)
Brb und Strümpell betrachten die spastische
Spinalparalyse als eine Büokenmaifcserkrankung
Bui genena, b^ der es sich um eine reine System-
erkrankung, nAmlich die doppelseitige Aflbktion
der Pymmidenseitenstrangbahn, handle, v. Ley-
den, P. Marie u. A. wollen diese Bezeichnung
nur fOr den bei verschiedenen Rflckenmarksleiden
zw Beobachtung gelangttiden Symptomencomptez
aofredit erhalten wissen«
Die bisher «sielten Ergebnisse der Versuche,
die namentlich an Bunden und Katzen vorgenom-
men wurden, sind mit dem heutigen Stande unserer
Keantnisae von den aaotorischen und sensiblen
Leitongsbahnen des Bückenmarkes nicht mehr
vereinbar, da der anatomische Aufbau der Hirn-'
rinde dieser Thiere auf einer viel zu niedrigen
Stufe gegenüber dem der Menschen steht
R. maobte sich nun daran, Versuche an Affen
vorzunehmen. Sie hatten vornehmlich das Ziel,
die funktionelle Bedeutung der Pyzamidenbahnen
und dar anderen motorischen cerehrospinalen Bah-
nen festsiulellett. Durch die nahe Verwandtschaft
von Affe und Mensch in anatomischer Hinsicht
war es von vornherein klar, dass solche Bzperi-
mente auch für die Frage nach der Bedeutung des
Aus&Uee der Pyramidenbahnen beim Menschen,
vor AUem bei der spsstisehen Spinalparalyse von
grosser Wiehtigkat sein mfissten. Die Ausschal-
tang der Pyramidenbahn liess aber beim Affen
den spaatiSGb-paretischan Symptomenoomplez vor-
der beim MenaoheB damit verbunden sein
BolL Obgleich der Mensch entschieden noch mehr
Qrosshirnthier ist als der Affe, so dass eine Ab-
weichung in der funktionellen Bedeutung der ein-
zelnen Bahnen sehr wohl möglich ist, so muss
man zwingende Beweise für die Thatsache ver-
langen, ob dem Menschen eine völlig abweichende
Stdlung zuzubilligen ist Hierfür brauchen wir
aus der Pathologie einen reinm Fall von Ausfall
der Pyramidenbahnen und den Nachweis, dass
letzterer thatsächlich die Ursache des Symptomen-
complezes der spastischen Paralyse ist
Von den vielen veröffentlichten Fällen an-
geblicher spastischer Spinalparalyse mit Seiten-
strangerkrankung sind eigentlich nur zwei an-
nähernd als solche anzusprechen. Doch auch sie
lassen das Bild einer reinen Pyramidenseitenstrang-
erkrankung vermissen. Nach den bis jetzt vor-
liegenden Ergebnissen scheint es eine solche über-
haupt nicht beim Menschen zu geben.
Vergleicht man anatomischen Befund und kli-
nisches Bild in allen Fällen mit doppelseitigem,
mehr oder weniger vollständigem Ausfalle der
Pyramidenbahnen, so lässt sich keine eigentliche
Lifthmung erkennen. Ist also keine Lähtnung vor-
handen, handelt es sich demnach gar nicht um
eine „SpinalparalyW, sondern um eine Pseudo-
peareae, so scheint der Zusammenhang zwhchen
den epastiaehen Sksehemungen und der Seiten-
strangaffektion dagegen ein inniger zu sein. Aus
den bisherigen Beobachtungen ergiebt sich aber,
dass der spastische Zustand der Qlieder zwar
häufig mit einer Affektion der Pyramidenbahnen
zusammenfällt, aber sowohl ohne sie zur Beobach-
tung gelangt, als auch bei ihr fehlen kann, dass
endlich bei gemeinschaftlichem Vorkommen nicht
immer völlige Congruenz beider Symptome vor-
handen ist Aus dieser Feststellung geht demnach
hervor, dass die SeOenairangaffektion nicht die Or-
sacke der Spasmen eem kann, sondern dass beim
Zusammentreffen beider Erscheinungen die Spas-
men durch Gomplikationen bedingt sein müssen.
Auf die Frage, wodurch der spastische Zustand
der Qlieder zu Stande komme, wenn er nicht
eine Folge der Pyramidenbahnerkrankung oder gar
ihres Ausfalles ist, ist gegenwärtig noch kttne be-
friedigende Antwort zu geben und sie kann nur
auf Orund genauer üntenuchungen in einschlägigen
Fällen gelöst werden. Sorgfältige Prüfung der
grauen Rückennoarksubstanz, die Durchforschung
des Qehims und vor Allem des Gebietes der grossen
Himganglien muss dabei verlangt werden.
Die bisher bekannten FäUe lassen die Be-
zeichnung spastische Spinalparalyae als begrenztes
Erankheitbild nicht zu. Man soll dafür den Namen
Brb 'sehe spastische Pseudoparese wählen. Besser
ist es, den Begriff der spastischen Spinalparalyse
für den bei verschiedenen Rückenmarksleiden zu
beobachtenden spastisch «paretischen Symptomen-
complex mit wirklicher Lähmung der Beine zu
reserviran« N e u m an n (Leipzig).
64
y. Neuropathologie und Psychiatrie.
81. ZarFathogene«e deramyotrophisoheii
Lateralaklerose; von Dr. Hans HaeneL (Areh.
f. Psych, u. Nervenkrankh. XXXVIL 1. p. 45. 1903.)
In dem mitgetheilten Falle von amyotro-
phischer Lateralsklerose ergab die Sektion aus-
geprägte vaskuläre Veränderungen, und zwar an
den grösseren und mittleren Arterien der Häute
solche arteriosklerotischer Natur, an den kleinen
und kleinsten Gefässen der Nervensubstanz intra-
adventitiale Rundzelleninfiltration, femer an den
kleinen Arterien im Marke des Grosshirns amFusse
der Windungen faserig hyaline Entartung der Ge-
fässwandung, Anhäufung von Rund- und Pigment-
zellen und -Körnern.
Die Gefässveränderungen lassen daran denken,
dass „vaskulär-toxämische Bedingungen^^ in der
Pathogenese der amyotrophischen Lateralsklerose
eine Rolle spielen können. Ob die amyotrophische
Lateralsklerose eine echte primäre Systemerkran-
kung ist, ist danach zum mindesten für einzelne
Fälle fraglich und es muss die Zukunft lehren, wie
viel überhaupt von der amyotrophischen Lateral-
sklerose als Krankheit sui generis übrig bleiben
wird. R.Pfeiffer (Cassel).
82. UebervasomotorifloheMoBkelatrophie;
von A. Luzzatto. (Deutsche Ztschr. f. Nerven-
hkde. XXIU. 5 u. 6. p. 482. 1903.)
L. sucht, unter gleichzeitiger Mittheilung von
Eigenbeobachtungen, die bei der Raynaud'schen
Krankheit vorkommenden Muskel Veränderungen auf
Störungen der Blutversorgung zurüchzuführen und
hält diese Annahme für wahrscheinlicher als die
Hypothese von der funktionellen Veränderung der
trophischen Centren in den Yorderhomzellen. Ob
und wie häufig die cerebrale Muskelatrophie vaso-
motorischen Ursprunges ist, müssen darauf ge-
richtete systematische Untersuchungen lehren ;
sicher wird diese Möglichkeit durch eine Reihe
von Gründen und Thatsachen nahe gelegt.
R. Pfeiffer (Cassel).
83. üeber awiebelartige Gebilde im peri-
pherisohen Nerven (Benaat'sohe Körperohen)
bei einem Falle von Kakke (Beriberi); von
Eikichi Okada. (Mittheil. a. d. med. Fakultät
d. kais. japanischen Univ. zu Tokio YL 1. 1903.)
In einem Falle von Kakke fand 0. die sogen.
Renaui' sehen Körperehen in den peripherischen
Nerven. Er glaubt, sie seien aus Blutgefössen
hervorgegangen ; dafür sprächen nicht nur die an
Quer- und Längsschnitten gewonnenen Bilder, son-
dern auch die Thatsache, dass diese Zwiebeln fast
ausschliesslich da vorkommen, wo sich die Gefässe
befinden, und dass in den meisten der mitgetheilten
Fälle Gefässalteration und Lymphstauung notirt
sind. Wahrscheinlich ist das Primäre die Gefäss-
alteration, diese führt zur Lymphstauung und die
Lymphstauung zur Erweiterung der Lymphräume,
zur Bildung von Blasenzellen und zum Entstehen der
Zwiebeln. Gleich Langhans deutet 0. die Blasen-
zellen als umgewandelte Bndothelzellen.
R. Pfeiffer (Cassel).
84. Zar Pathologie nnd pathologiaohen
Anatomie der tozisohen Folynearitis nach
Salfonalgebraaoh ; von Dr. W.Erbslöh. (Deut-
sche Ztschr. f. Nervenhkde. XXIIL 3 u. 4. p. 197.
1903.)
Eine Frau mit Fortiocarcinom , die durch wieder-
holte Blatverloste geschwächt war, erhielt in 5 Tagen
10 g Soifonal gegen Schlaflosigkeit. 5 Tage nach der
letzten Dosis setzte unter Schmerzen eine auisteigende
Lähmung ein , die Hände und Füsse am längsten ver-
schonte, mit psychischen Störungen verbunden war und
am 16. Tage durch Lähmung der Athemmuskeln zum
Tode führte. Rückenmark und vordere Wurzeln intakt
An den peripherischen Nerven, besonders an den distalen
Abschnitten, parenchymatöse Degeneration von Hark-
scheide und AohsencyUnder, und zwar färbten sich nur
einzelne Theilstücke der zerfallenden Markscheiden durch
Osmium schwarz. Die Nerven waren in unmittelbarer
Nähe des Wirhelkanals stark degenerirt, die vorderen
Wurzeln dagegen intakt, wahrscheinlich in Folge der
verschiedenen Ernähmngsbedingungen. Im Plexus bra-
chialis bestand klinisch das Bild der Neuritis, der histo-
logische Befund war normal. Auch in einzelnen Muskeln,
die partielle Entartungsreaktion gezeigt hatten, wann
mikroskopisch keine Anomalien nachweisbar.
R. Pfeiffer (Cassel).
86. Die aenBible and motorische Segment-
lokaliaatioti für die wichtigsten Nerven des
Plexus brachialis; von Dr. 0. Bi ekele s und
Dr. M. F r a n k e. (Deutsche Ztschr. f. Nervenhkde.
XXIIL 3 u. 4. p. 205. 1903.)
Die Thatsache, dass nach Amputationen und
nach Resektionen Rückenmarksverftnderungen auf-
treten, benutzten B. und F., um an Kaninchen,
Katzen und Hunden die ürsprungsverhftltnisse des
N. medianus , ulnaris und radialis zu ergrQnden.
Sie gingen dabei von der Annahme aus, dass,
wenn nach der Resektion eines Nerven in dem
intramedullftren Theile der hinteren Wursel&sem,
die dem Nerven entsprechen, mit der Marchi-
Methode KOmchenabhigerung nachweisbar ist,
dieses Segment als ürsprungshOhe anzunehmen ist
für die Nervenfasern, in denen diese Kömchen in
der Wurzeleintrittzone abgelagert sind.
Die sensiblen Antheile der genannten Nerven
entspringen aus mehreren Segmenten, and zwar
a) der N. radialis aus dem 7. und 8. Oervikal-,
beim Kaninchen auch aus dem 1. Dorsalsegmente,
bei der Katze und wahrscheinlich auch beim Hunde
in geringer Menge auch aus dem 6. Gervikal-
Segmente, b) der N. medianus aus dem 7. und
S.Gervikal- und 1. Dorsalsegmente, c) der N. ulnaris
nur aus dem 8. Cervikal- und 1. Dorsalsegmente
Systematische Untersuchungen auf axonale
Degeneration an Nissl-Pr¶ten ergaben, dass
beim Hunde die moioris^ien Fasern des N. radialis
vom 7. und 8. Gervikalis und 1. Dorsalis, des N.
medianus vom 8. Gervikalis und 1. DorsaliSy des
t(. ulnaris vom 8. Gervikalis (im oberen Theile
VI. Innere Hedidn.
66
▼eniger reichlich als Medianus) und 1. Dorsalis
hauptsftohlich abstammen. Bei der Kaltxe ergaben
sich ftir den Radialis 6. (wenig unterhalb), 7.,
8. Cervikalis und 1. Dorsalis, den Medianus 7.
(anterhalb), 8. Cervikalis und 1. Dorsalis, den
Ulnaris 7. (unterhalb), 8. Cervikalis, 1. Dorsalis.
Nach completer Resektion aller drei Nerven
betraf beim Kaninchen die axonale Degeneration
das 6. (wenig), 7., 8. Gervikal- und (nur minimal)
das 1. Dorsalsegment, beim Meer8eh%€einekm das
6. (wenig), 7. und 8. Cervikalsegment
Sitz der axonalen Degeneration waren stets
die lakfralm Vorderhomzellengruppen.
R. Pfeiffer (Cassel).
VI. Innere Medicin.
86. Ueber Scharlaoh. Zusammenstellung von
Dr. Max Brückner in Dresden.
1) BaJderiologisehe Uniersuchungen bei ScarkUina,
(Ein constanter Bakterieobefond bei Scharlaoh); von A.
Baginsky und P. Sommerfeld. (Arcb. f. Kinder-
hkde. XXXm. 1 u. 2. p. 1. 1902.)
2) La scarkdine traumxüique; par le Dr. Bovis.
(Semaine med. XXII. 5. p. 33. 1902.)
3) üd>er WundscJuirlaeh bei Verbrennungen; von
Dr. Carl Leiner. (Jahrb. f. Kioderhkde. 3. F. VI. 6.
p. 795. 1902.)
4) Beiträge xurKemUniss der scarlatinösen Oelenk-
entxündungen ; von Dr. F e 1 i x v. 8 z o n t a g h. (Jahrb.
f. Kinderhkde. 3. F. VI. 6. p. 702. 1902.)
5) Ueber Seharlach-Nierenent^^indung ; von Adolf
Baginsky. (Ardi. f. Kinderhkde. XXXin.la.2. p.57.
1902.)
6) Ein Faü von Gangrän nach Scharlaoh; von Dr.
R.8eabert. (Münchn. med. Wchnsohr. XLIX. 2. 1902.)
7) Eine Scharlaeh-Endemie aufderMaeemstation;
von Dr. A. Doebert (Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F. VII.
2. p. 215. 1903.)
8) Die B^utndlung des Seharlaehs mit Reconva^
kseenienserum; von Ernst von Leyden. (Deutsohes
Arch. f. klin. Med. LXXm. p. 616. 1902.)
9) Ueber die Behandlung des Seharlaehs mit einem
Stharlaeh'Strepiokokkenserum ; von Dr. P a n 1 Moser.
(Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F. YII. 1 u. 2. 1903.)
10) Mo 8 er 's Seharlaeh - Strqf>tokokkenserum ; von
Dr. D. Pospischill. (Wien. klin. Wchnschr. XVI. 15.
1903.)
11) F^eHminary noie upon emphument ofan anti-
strtptoeoecus serum in severe eases ofsearlet fever; by
G. A. Charlton. (Bepiinted from the Montreal med.
Joum. Oct 1902.)
12) Ueber die Behandlung unserer Scharlach fäUe ;
von Dr. J u 1 i n 8 0 r 6 8 z. (Arch. f. Kinderhkde. XXXIV.
1 n. 2. p. 46. 1902.)
13) Zur Pathologie und Therapie des Scharlachs;
von Dr. A d o 1 f T 0 b e i t z. (Arch. f. Kinderhkde. XXXIV.
3TL4.p. 226. 1902.)
14) Zur Prophylaoce des septischen Seharlaehs; von
WilhelmSohn. (Petetsb. med. Wohnsohr. N. F. ^TT.
15. 1902.)
15) Die Therapie des Scharlachs: von D. Sieoke
in Oranienburg. (Deutsche Med.-Ztg. Nr. 10. 1902.)
Baginsky undSommerfeld (1) berichten
über bakteriologische Untersuchungen, die an
411 Scharlachkindem angestellt wurden. Es &n-
den sich bei allen in dem vom Rachen stammenden
Ausstrichprftparat Streptokokken, fast stets ver-
mengt mit verschiedenen anderen Organismen. In
22 Fällen, in denen auch klinisch die Diagnose
auf Scharlaoh und Diphtherie gestellt wurde, waren
neben den Kokken Diphtheriebacillen vorhanden.
In 138 FUlen wurden die genaueren Untersuchun-
gen mittels desCulturverfohrens durchgeführt und
4mal Streptokokken in Reincultur, sonst im Verein
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft 1.
mit anderen Organismen gezüchtet Schliesslich
fanden sich Streptokokken im Herzblut und in den
inneren Organen der (82) Verstorbenen in Rein-
cultur. Die Virulenz war eine schwankende. Agglu-
tination versuche mit dem Blutserum von Scharlach-
reoonvalesoenten schlugen fehl. Durch Organauf-
schwemmungen oder Serum von Reconvalescenten
gelang es nicht, die Wirkung der Kokken auf die
Versuchsthiere aufzuheben oder abzuschwfiohen.
Die Erhöhung der Virulenz durch Züchtung auf
verschiedene Nährboden misslang. So zeigten also
die gefundenen Kokken eigentlich keine charak-
teristischen Herkmala Ueber die Bedeutung ihrer
Befunde äussern sich B. u. S. nicht Die Kranken-
geschichten und Sektionbefunde der 82 Verstor-
benen sind der Arbeit beigegeben.
Während der Wundscharlach in der Mitte des
19. Jahrhunders allgemein anerkannt und viel-
fach beschrieben wurde, machte sich später, wie
Bovis (2) ausführt, eine gewisse Kritik geltend.
Hof fa erkannte nur 6 oder 7 Fälle an und glaubte,
dass vielfach scarlatiniforme Ausschläge, die bei
Verwundeten auftreten, mit Scharlach nichts zu
thun haben, sondern vaaomotorisdier, toxischer
oder infekti(teer Natur seien. Ganz über das Ziel
hinaus sohoss Strubell, der gar nur den be-
kannten Leube 'sehen und einen eigenen Fall
anerkennen wollte. B. hat 150 Beobachtungen
von Wundscharlach gesammelt und kritisch ver-
arbeitet Er kommt zu dem Schlüsse, dass Be-
ziehungen zwischen Scharlach und Verwundungen
bestehen. Der Wundscharlach ist seltener gewor-
den in Folge der strengeren Isolirung der Scharlach-
kranken und der antiseptischen, bez. aseptischen
Behandlung der Verwundeten. Die festgestellten
Beziehungen können nicht nur im Sinne eines zu-
fälligen Zusammentreffens von Scharlach und Ver-
wundung in allen Fällen gedeutet werden („Schar-
lach bei Verwundeten^'). Der wirkliche Wund-
scharlach erscheint kurze Zeit nach der Verwundung,
mag nun die letztere eine besondere Disposition zu
Scharlaoh schaffen oder die Infektion von der
Wunde aus erfolgen. Das Exanthem nimmt seinen
Ausgang von der Wunde aus. Die Angina ist eine
leichte. Chirurgen, die mit Scharlachkranken in
Berührung gekommen sind, sollen sich entweder
eine Zeit lang des Operirens enthalten oder sich
wenigstens einer strengen Desinfektion unterwerfen.
L e i n e r (3) theilt nach einer kleinen geschicht-
lichen Einleitung 3 Beobachtungen von Wund«
66
VI. Innere Medioin.
Scharlach mit, der sich im Anschluss an Verbren-
nungen 2. Grades entwickelte. L. glaubt, dass
zwischen Verbrennung und Scharlach Beziehungen
bestehen entweder im Sinne einer erhöhten Dis-
position oder einer direkten Wundinfektion.
Szontagh (4) beschftftigt sich mit den scar-
latinOsen Gelenkentzündungen näher. Er theilt
15 Beobachtungen von Gelenkerkrankungen bei
Scharlach mit, die sich nicht mit denjenigen decken,
wie man sie gewöhnlich als Scharlachrheumatismus
bezeichnet oder die Theilerscheinung einer Py&mie
sind. Erkrankungen wie er sie sah, sind nur von
Bökay beschrieben worden. Aus den Hitthei-
lungen geht hervor, dass 14 Fälle ein und der-
selben Epidemie angehörten. Die Erkrankungen
stellten sich in der überwiegenden Hehrzahl der
Fälle in oder nach Ablauf der 4. Erankheitwoche
ein, und verliefen um so schwerer und langwieriger,
je später sie einsetzten. Meist waren mehrere Ge-
lenke betheiligt Sämmtliohe Kranke litten an
Nephritis. In 3 Fällen schien die sich ent-
wickelnde Gelenkerkrankung den sich vorberei-
tenden urämischen Anfall einzuleiten [?]. DieGom-
plikation setzte mit hohem Fieber und schweren
Allgemeinerscheinungen ein. Dann stellten sich
sehr schmerzhafte und um&ngreiche Gelenkschwel-
lungen ein, die sich sehr langsam zurückbildeten,
nie zur Eiterung führten und vollständig abheilten.
Diese Gelenkentzündungen sind nach Sz. eine
wirkliche Nachkrankheit des Scharlach. Sie be-
ruhen nicht auf sekundären Infektionen, sondern
auf einer Wirkung des Scharlachgiftes selbst. Die
innere Behandlung leistete nichts, sondern musste
durch eine „rein chirurgische^' ersetzt werden,
über die nichts angegeben wird.
Im Anschluss an seine gemeinsam mit Stamm
veröffentlichten anatomischen Untersuchungen über
die Scharlachniere theilt Baginsky(6) jetzt kli-
nische Studien über die scarlatinOse Nierenentzün-
dung mit Er stützt sich dabei auf 88 Beobach-
tungen. In 34 Fällen konnte der Beginn genau
festgestellt werden, der am frühesten auf den
6. Tag, 2mal auf den 13. Tag, 18mal auf den
15. bis 18. Tag, 3mal auf den 30. Tag, in den
übrigen Fällen in die Zwischenzeit fiel. Es bestan-
den keine Beziehungen zwischen der Schwere der
Erkrankung und der Entwickelung der Nephritis.
Fieber war zuweilen vorhanden, zuweilen nicht
In den schwereren Fällen fehlte es selten, wenn
auch urämische Erscheinungen schwerster Art ohne
Fieber einsetzten. Mit der Temperatursteigerung
ging eine Zunahme der Pulsfrequenz einher. Die
Harnmenge sank meist, nicht immer, mit dem Ein-
setzen der Nephritis, zuweilen stieg sie sogar an.
Gewöhnlich stand die Nephritis mit der initialen
Albuminurie nicht in Zusammenhang, entwickelte
sich aber doch zuweilen daraus. Der Eiweiss-
gehalt und der (behalt an morphologischen Be-
standtheilen ergaben keine prognostischen Anhalte-
punkte. Die Nierenblutung ist zwar kein den Ab-
lauf günstig beeinflussendes Ereigniss, aber man
braucht sie auch nicht besonders zu fOrohten.
Oedeme stellten sich bei den frühzeitig Eingeliefer-
ten nur selten ein (unter 37 Kranken Imal allge-
meine Wassersucht, 4mal GesiohtsOdem), während
sie bei den spät Eingelieferten die Regel waren.
Es muss demnach die Behandlung einen erheb-
lichen Einfluss auf die Entwickelung der Oedeme
haben. Aehnlich verhält es sich mit der Urämie,
die ausführlich besprochen wird. Die Fälle werden
tabellarisch geordnet mitgetheilt Hervorzuheben
ist, dass die Hammenge beim Einsetzen der Urämie
nicht immer vermindert, zuweilen sogar vermehrt
war. 2mal trat der Tod plötzlich ohne urämisohe
Erscheinungen bei vollständiger Anurie ein nach
vorausgegangener leichter Scharlacherkrankung.
Von den 88 Kranken starben 11 = 12.5«/o, da-
von 4 an anderweiter gleichzeitiger Erkrankung.
1 8 Kinder wurden entlassen, ohne dass die Nephritis
abgeheilt war. Ob sie alle eine chronische Nieren-
entzündung behielten, war ungewiss. Bei 5 Kin-
dern erschien es wahrscheinlich. Von 38 im
Krankenhause beobachteten Fällen von chronischer
Nephritis waren nur 9 sidier auf Scharlach zurück-
zuführen. Herzhypertrophie war auch bei den
lange beobachteten Kranken mitScharlaohnephritis
klinisch nicht nachzuweisen.
Zur Prophylaxe der Nephritis rechnet B. milde
Fieberbehandlung, ruhige Bettlage und Milchdiät
Darauf bezieht er seine günstigen Erfolge. Bei
Hydrops und Fieber wendet er lauwarme Ein-
packungen, sonst, wenn keine Gegenanzeige von
Seiten des Herzens besteht, Schwitzbäder an.
Dazu kommen Abführmittel, milde Diuretica (alka-
lische Wässer). Nur bei gleichzeitigem Nachlass
der Herzkraft giebt er Diuretin mit Digitalis. Bei
Blutungen verhält er sich zunächst abwartend.
Dann giebt er Tannin. Leichte Urämie wird wie
die Wassersucht behandelt Bei stärkeren Hirn*
erscheinungen werden kalte üebergiessungen im
warmen Bade, Blutentziehungen am Kopfe oder
Aderlass empfohlen. Bei Krämpfen giebt B. Ghloral-
hydrat oder Chloroform, macht subcutane Kochsalz-
infusion. Nachlass der Herzkraft erfordert die
Anwendung der Ezcitantien. Bei den sich hin-
schleppenden Formen legt er den Hauptwerth auf
kräftige, aber „vorsichtige'^ Diät, Tonica, vor Allem
aber auf Ortswechsel (warmes Landklima).
Ein 7jähr. Fat von Seubert (6) machte leiobteo
Scharlach durch und bekam , einige Tage nach bereits
erfolgter Abschuppung' Fieber und eine schmenhafto
Anschwellung des linken Beins. Der Puls der Art. femo-
ralis war nicht zu fühlen. Das Glied war kühL Auf der
Mitte des Oberschenkels bildete sich eine handgrosse,
blauroth verfärbte Stelle, die mit einzelnen Blasen besetzt
war. Aehnliche Stellen waren an der Hinterseite des
Oberschenkels und am Unterschenkel vorhanden. Die
Oan^än machte die hohe Amputation des Oberschenkels
nöthig, wodurch Heilung erzielt wurde. In den er-
krankten Theilen waren alle Gef&sse durch eiterige
Pfropfe verschlossen, aus denen Streptokokken gezüchtet
wurden.
VI. Innere Medioiiu
67
In der Hasemstation des GentraldiakoniBsen-
hauses Bethanien in Berlin brach eine kleine Schar-
lachepidemie aus. üeber die dabei gemachten Er-
fahrungen berichtet D o e b e r t (7). Es erkrankten
12 Kinder 1 — 4 Wochen nach Ausbruch des Masem-
exanthems. Der Scharlaohausschlag war in der
Hftlfte der Fälle nur wenig entwickelt und sehr
fiftohtig. Fast s&mmtliche Kinder hatten Durchfall,
der bei 6 Patienten 1 oder 2 Tage vor Ausbruch
des Ausschlages akut einsetzte. Nur eine Erkran-
kung verlief ganz ohne Complikationen. Ein Eind,
durch das die Krankheit eingeschleppt worden war,
starb. Es. hatte Bronchitis und Bronchopneumonie,
starke DrüsenschweUungen am Halse und Warzen-
fortsatzeiterung. Je spftter sich der Scharlach nach
den Masern entwickelte, um so leichter verlief er.
Der durch die Masemerkrankung geschwächte
EOrper wird durch das Scharlachgift schwerer mit-
genommen als ein vorher gesunder. Eine speci-
fische Einwirkung braucht man nicht anzunehmen.
Scharlach mit dem Serum von Beoon valesoenten
zu behandeln, versuchte v. Leyden (8). Die
ersten 13 Fälle wurden bereits im Jahre 1896 ge-
sanunelt In 3 Fällen war der Erfolg ein augen-
fälliger. Damals wurden 10 — 12 com eingespritzt
In 3 weiteren Fällen aus der letzten Zeit wurden
je 20 com bei 2 Erwachsenen, 10 com bei einem
Kinde eingespritzt. Bei allen war die Entfieberung
eine rasche und endgültige. Der eine der er-
wachsenen Patienten bekam wegen gleichzeitiger
Diphtherie noch eine Heilseruminjektion, v. L. hält
die Methode für ungefährlich, die Fortsetzung der
Versuche für wünschenswerth.
M 0 s e r (9) hat in grösserem Maassstabe Heil-
versuche mit einem Streptokokkenserum angestellt.
Er behandelte zu diesem Zwecke Pferde mit leben-
den BouiUonculturen, die direkt aus dem Herzblute
von Scharlaohleichen angelegt waren. Das im
Paltau fachen Institute gewonnene Serum der
Thiere wurde zur Behandlung von 81 Scharlach-
kindem in der üniversitätkinderklinik zu Wien
verwendet. Dazu kamen noch 3 ausserklinische
Patienten. Es handelte sich um 5 leicht, 16 mittel-
Bchwer Erkrankte und um 29 schwer Erkrankte
mit zweifelhafter, 34 mit ungünstiger Prognose.
Von den in den ersten beiden Tagen so Behandelten
starb keiner, von den übrigen gingen 15 zu Qrunde.
Die Sterblichkeit war um so grösser, je später die
Bdiandlung einsetzte. Bei den Verstorbenen hatte
man Imal eine zweifelhafte, 15mal eine ungünstige
Prognose gestellt Es wurden 180ccm eingespritzt,
anfiLnglich oft weniger mit geringerem Erfolge.
Der Gang der Krankheit wurde folgendermaassen
beeinflusst: Das Allgemeinbefinden besserte sich
rasch. Bei den frühzeitig Behandelten kam der
Ausschlag nicht zu voller Entwickelung oder
schwand schnell. Die. in schweren Fällen auf-
tretende ikterische Hautfarbe hielt ebenfalls nicht
lange an. Die etwa vorhandenen Störungen des
Centralnervensystems verloren sich in kurzer Zeit.
Bei den Kranken ohne schwere Complikationen von
Seiten des Bachens wurde schnelle Abnahme der
Temperatur, der Pulszahl, Besserung des Pulses
und der etwa vorhandenen respiratorischen oder
gastrointestinalen Störungen festgestellt Schliess-
lich wurde auch die nekrotisirende Rachenentzün-
dung günstig beeinflusst Es entstanden keine
ausgedehnten oder tiefgehenden Zerstörungen.
Nachträgliche Drüsenschwellungen und Eiterungen
(abgesehen vom Ohre) waren seltener. Nephritis
trat in 13% der Fälle auf, also vielleicht auch
nicht so häufig wie sonst Auch bei der Serum-
behandlung ist die möglichst frühzeitige Eröffnung
bestehender Eiterherde ausserordentlich wichtig.
An 39 Kindern wurden prophylaktische Ein-
spritzungen vorgenommen. Es erkrankten 4 Oe-
schwister eines mittelschwer befallenen Kindes
leicht Die übrigen blieben verschont An 10 Kin-
dern wurden zum Vergleiche Heilversuche mit nor-
malem Pferdeserum, an 9 anderen mit Marmo-
re k 'schem Serum angestellt. Die Versuche fielen
durchaus zu Gunsten des neuen Serum aus. M.
ist nach alledem der Ansicht, dass das verwendete
Serum den Scharlach günstig beeinflusst, und dass
seine frühzeitige Anwendung zu empfehlen ist Er
neigt der Ansicht zu, dass die Behandlung eine
specifische ist, die Streptokokken also vielleicht
doch die Erreger des Scharlach sind. Die Kranken-
geschichten der Behandelten sind der Arbeit bei-
gegeben.
Auch Pospischill (10) erzielte mit dem
Moser 'sehen Serum gute Erfolge. Er behandelte
26 Kinder. Einmal war die Prognose zweifelhaft,
12mal zweifelhaft ad malam partem (3 Todesfälle),
13mal ungünstig (8 Todesfälle). Er beschreibt die
günstige Beeinflussung des Krankheitveflaufes
durch die Einspritzungen.
Chariten (11) hat seit Januar 1901 unab-
hängig von Moser Versuche mit einer Serum-
behandlung an 15 Scharlachkranken angestellt
Die Prognose war zweifelhaft oder schlecht
2 Kranke starben. Einer war zur Zeit der Ein-
spritzung moribund, der andere hatte eine Pneu-
monie. C h. stellte dieselbe günstige Beeinflussung
des Krankheitverlaufes fest wie Moser. Er glaubt
nicht, dass die Streptokokken die Erreger des
Scharlach sind, sondern dass sie zu Sekundärinfek-
tionen führen. Er fand bei 66 von 117 Kranken
Streptokokken im Sekret des Bachens. Von 25
schwer Erkrankten konnten Culturen aus dem
Blute gewonnen werden. Sie waren stets inner-
halb der ersten 5 Tage gewonnen worden. Im Eiter
erkrankter Drüsen und Ohren, zuweilen auch im
Urin waren die Streptokokken ebenfalls vorhanden.
Sie fehlten aber in den milden, uncomplicirten
FäUen.
Qrösz (12) verlor von 168 Kranken aus den
Jahren 1897—1899 26 = 15.4o/o. Davon waren
7 moribund eingeliefert Nach deren Abzug stellt
sich die Sterblichkeit auf II.80/0. 93 Kranke
68
VL Innere Hedioin.
wurden bakteriologisch untersucht Es fanden sich
bei 4 Kranken, bei denen auch das klinische Bild
der Diphtherie vorlag, LO ff 1er 'sehe Bacillen.
31 Kranke hatten eine rein foUikulftre Angina,
58 eine nekrotisirende Rachenentzündung. Die
Beschreibung der Behandlung bietet nicht viel Be-
merkenswerthes. Die Empfehlung der Digitalis
bei der akuten Nephritis m(k:hte mit Vorsicht auf-
zunehmen sein.
Tobeitz(18)hatl899-~1901 139 Scharlach-
kranke mit Terpentin(}l behandelt. Sie bekamen
15—28 Tropfen täglich in Milch. 132 Kranke
blieben von Nephritis verschont, während von 359
ohne Terpentin behandelten Kranken aus den
Jahren 1894 — 1899 51 von einer Nierenentzün-
dung befallen wurden. Das Terpentinöl scheint
also den Eintritt dieser Nachkrankheit zu verhüten.
Dass es auf eine bestehende Nephritis heilend wirkt,
konnte T. ebenfalls feststellen. Untersuchungen
über Peptonurie, die T. bei Scharlachkranken an-
stellte, führten zu dem Ergebnisse, dass diese dem
Scharlach eigen thümlich und nicht auf eine compli-
cirende Eiterung zu beziehen ist. Eine prognostische
Bedeutung kommt der Peptonurie nicht zu. Eine
Besprechung der „Stofifwechseluntersuchungen'S
die T. angestellt hat, kann füglich unterbleiben.
Sohn (14) empfiehlt auf Orund einer üblen
Erfahrung, Scharlachkranke nicht in R&ume zu
legen, in denen vorher Patienten mit ausgedehnteren
Eiterungen verpflegt worden sind. Weiter fordert
er die Trennung der „septischen" Scharlachkranken
von den übrigen.
Siecke (15) hat im Sozojodolnatrium das
Specificum gegen Scharlach gefunden. Er bläst
es in den Rachen, giesst es in die Ohren und Iftsst
es einnehmen in 2^/^ — 5proa Schüttelmixtur, in
schwereren Fällen unter Zusatz von l*/oo ItroL
Alle Gomplikationen werden durch die Sozojodol-
behandlung nach S. günstig beeinflusst.
87. Die Semmbehandlung des Soharlaoha ;
von Dr. Wilhelm Schötz in Graz. (Fortschr.
d. Med. XXL 11. 1903.)
Seh. hat 9 Scharlachkranken im Alter von
4 — 20 Jahren Blutserum von Scharlachrecon-
valescenten in Mengen von 5 — 20 com eingespritzt,
hat davon keinen Nachtheil, aber auch keinen
Nutzen gesehen.
Seh. stellt kurz alles das zusammen, was bisher
über die Serumbehandlung des Scharlach bekannt
geworden ist Allzuviel ist damit noch nicht an-
zufangen. Am aussichtvollsten scheinen Seh.
noch weitere Versuche mit dem von Moser ange-
wandten „Streptokokkenserum*^ D i p p e.
88. Die Probe der alimentären Olüorarie
bei Soharlsoh und Diphtherie imKindesalter;
von Dr. Raoul Labb6. (Arch. de M6d. des Enf.
Sept. p. 513. 1903.)
L. hat die Versuche Achard's und seiner
Schüler nachgemacht, denen zufolge bei zahlreichen
akuten Krankheiten eine fSrmliche BoierUton von
Ghlornatrium im E5rper stattfindet, derart, dass
nicht nur das Kochsalz der gewöhnlichen Nahrung
zurückgehalten wird, sondern auch ein bedeutender
Theil des zu experimentellen Zwecken eingeführten.
Es soU in den Oeweben bleiben und gleichzeitig
auch einen gewissen Theil der zur selben Zeit ein-
geführten Flüssigkeitmenge dortselbst gebunden
halten.
Die Versuche, die L. bei Kindern anstellte,
denen er 5 g Kochsalz in Milch verabreichte, haben
die Richtigkeit dieser Annahmen für Sekarkuh und
DiphÜuriß nidii ergtibm und L. gelangt zu folgenden
Schlüssen : Bei Seharlaeh, im Anfang- oder End-
stadium, zeigen die Versuche für alimentäre Chlor-
urie immer fast nomuUe Verhältnisse; nach Ein-
nahme von 5 g Kochsalz während eines oder meh-
rerer Tage, zeigte sich eine Vermehrung dieses
Körpers im Harne fast unmittelbar nach der Ein-
verleibung, so dass die ausgeschiedenen Mengen
den eingenommenen beinahe gkißh kamen. An-
dererseits war auch die ausgeschiedene Urinmenge
vermekrt, wenn auch weniger deutlich als die Kooh-
salzmenge. Bei Diphtherie waren die Resultate
weniger klar, indem man eine Verspätung der Urin-
reaktion, oder in schweren Fällen eine Verminde-
rung beobachten konnte. Eine absolute Retention
wurde nur in 2 tödtlich endigenden Diphtherie-
fällen beobachtet. E. T o f f (Braila).
89. Die Gefährlichkeit der Diphtherie bei
OoezietenB von nasaler Diphtherie; von Dr.
Vasile Jorgulescu. (Inaug.-Diss.)
DieLokalisirung desDiphtheriebacillus auf der
Nasenschleimhaut wird oft verkannt und die Krank-
heit kann sich ungestört sowohl über die Nasen-
gänge, als auch im Rachen, Kehlkopf u. s. w. ver-
breiten. Es handelt sich dann um einen weit aus-
gedehnten Process, der gewöhnlich besonders schwer
in Erscheinung tritt Lähmungen kommen oft vor,
da die Nasenschleimhaut mit Leichtigkeit die Toxine
aufnimmt und in den allgemeinen Kreislauf ge-
langen lässt Die Mortalität ist daher bei mit
Nasendiphtherie complicirter Diphtherie eine be-
sonders grosse. K T 0 f f (Braila).
9Q. Bine kleine Bpidemie von Cerebro-
spinal* Meningitis doroh ICeningokokken bei
Kindern; von Dr. J. Papinian. (Inaug.-Diss.
Bukarest 1903.)
Die Krankheit tritt oft auf und die Fälle siad
derart gehäuft, dass man an einen epidemischen
Charakter denken muss; der Erreger ist der
Weichselbaum'scheMeningocoooas. DieDüFe-
rentialdiagnose kann nur durch Lumbalpunktion
und bakteriologische Untersuchung der gewonnenen
Flüssigkeit gestellt werden. Die Prognose ist im
Allgemeinen besser als bei anderen Meningitis-
formen ; nur bei kleinen Kindern und namentlich bei
Säuglingen ist sie schwer. Warme, öfters im Tage
VL Innare Medloin.
69
Tonsunehmende, allgemeine Bäder und wiederholte
Lumbalpunktionen geben therapeutisch die besten
RToff (Braila).
91. Beitrftge nur eiterigen Meningitia oere-
broapinalia; yon Dr. Julius Donath. (Wien.
klin. Wchnsohr. XVL 26. 1903.)
D. berichtet über 2 Fälle von eiteriger Menin-
gitis cerebrospinalis, von denen der eine, otogenen
Ursprunges, durch einen protrahirten Verlauf (über
11 Wochen) gekennzeichnet war und eine 6 Wochen
lang wfihrende Remission aufwies, während der
die Kranke den ESndruck einer Reconyalesoentin
nuchta Es wurde 3mal die Lumbalpunktion ge-
maeht: bei den beiden ersten Punktionen wurde
eine trübe, aber keimfreie Cerebrospinalflüssigkeit
entleert, während in dem bei der dritten Punktion
gewonnenen eiterreichen Liquor oulturell Strepto-
kokken und Proteus vulgaris nachgewiesen wurden.
Bei der Sektion wurde aus dem Eiter Staphylo-
ooocus dtreus und albus gezüchtet Auffallend ist,
daas bei der zwischen der 2. und 3. Lumbalpunk-
tion gemachten Operation die Punktion desOehims
eine ganz klare Flüssigkeit ergab. Es ergiebt sich
daraus, dass die Trübung des Liquor spinalis keine
Contraindikation gegen die Himoperation bildet.
Nach der 3. Punktion trat eine auffallende
Besserung ein, die die Heilung einzuleiten schien.
Allein nach 6 Wochen führte eine Exacerbation,
wahrscheinlich in Folge eines Abscessdurchbruches,
zum Tode. Eine solche Abkapselung eines Ab-
Boesses nach abgelaufener Meningitis war auch im
2. FaUe festzustellen.
Sobotta (Heilanstalt SorgeX
92. Siterige Meningitis nüt Pfeiffer^aohen
BaoiUen; von Dr. Dubois. (Inaug.-Diss. Paris
1902.)
Die Krankheit kommt mit Vorliebe bei Säug-
lingen vor; in den 2 von D. beobachteten Fällen
war das Alter der PatientMi 4 und 7 Monate. Die
AnÜEuigsymptome sind mit denjenigen dergewühn-
licben Influenza identisch; allmählich treten menin-
gitische Erscheinungen hinzu: Krämpfe, Erbrechen,
Mydriasis, Strabismus, Nackensiarre, später Con-
VQlsionen, Delirien, Hyperthermie, Tachykardie
und Golhips. Die Dauer beträgt 12—14 Tage, die
Diagnose ist leicht zu stellen, doch kann die
Natnr der Meningitis ohne bakteriologische unter-
BQchung der Cerebrospinalflüssigkeit nicht mit Be-
stimmtheit festgestellt werden. Diese Flüssigkeit
ist trübe, eiterig, enthält polynucleare Zellen und
Pfeiffer'sohe Bacillen. Bei der Nekroskopie
findet man den Biter zwischen Dura-mater und Pia-
outo, meist an der Himbasis, aber auch an der
Goavexität Die Rückenmarkshäute sind nament-
lich in den hinteren Theilen entzündlich verändert
Da die Prognose eine sehr ernste ist, kann die
Bdkandlung fast nur palliativ sein. Mjan wendet
varme oder kalte Bäder je nach der jeweiligen
Temperatur der Kranken, Lumbalpunktion, Ei»*
blase auf den Kopf, Chinin u. s. w. an.
E.Toff (Braila).
93. Klinisohe Studie über iwei ongewöhn-
liohe Formen von Keuohhnsten (atypische
Form, dyspeptisohe Form); von Dr. Gr. Jacob-
son. (Arch. de M6d. des Enf. p.449. Aug. 1903.)
Man beobachtet im Verlaufe einer Keuchhusten-
epidemie Kranke, die, ausser trockenem Husten, kein
einziges der für Tussis convulsiva charakteristischen
Symptome, wie Anfälle, Erbrechen, Fieber u. s. w.
darbieten (forme fruste) und trotzdem infektiöser
Natur sind, d. h. die Veranlassung zu wahrem
Keuchhusten geben können, wie dies J. nachweisen
konnte. Es ist dies von prophylaktischem Stand-
punkte aus sehr wichtig.
In anderen Keuchhustenfällen beobachtet man
ein Vorwalten der dyspeptiaehm Erscheinungen.
Appetitlosigkeit, üebelkeit, Erbrechen, auch Diar-
rhöe und schleimige Stühle treten in den Vor-
dergrund und bringen die Kranken sehr herunter,
derart, dass man oft die Entwickelung einer akuten
Tuberkulose befürchtet. Diese Erscheinungen be-
ruhen wahrscheinlich auf einer infektiösen oder
toxischen (Gastritis und verschwinden gleichzeitig
mit dem Keuchhusten. Es ist von Wichtigkeit zu
wissen, dass bei der dyspeptischen Form jedwede
innere Medikation den Zustand verschlimmert und
dass die Kranken sich am besten unter absoluter
Milchdiät beflnden. Jeder Diätfehler föhrt eine
rasche Temperaturerhöhung und eine Verschlimme-
rung des Zustandes herbei. Nicht immer bestehen
dyspeptische Symptome während des ganzen Ver-
laufes eines Keuchhustens; oft treten sie periodisch
auf und verschwinden, während die Grundkrank-
heit ihrem weiteren Verlauf folgt.
E. Toff (BraUa).
94. Ueber Angina, Gelenkrheomatismus,
Brythema nodoaam and Pneumonie, nebst
Bemerkungen über die Aetiologie von Infek-
tionskrankheiten; von Dr. Menzer. (BerL klin.
Wchnschr. XXXIX. 1 u. 2. 1902.)
M. widerspricht der Ansicht, dass den Strepto-
kokken der Angina des akuten Gelenkrheumatis-
mus, trotz der Virulenz im Thierezperimente, eine
Sonderstellung zukomme auf Grund mikrosko-
pischer Befunde an excidirten Tonsillen, bei denen
er niemals Kokken im lymphoiden Gewebe, sondern
nur subepithelial gefunden habe. Gegen die An-
nahme aber der Fortführung der Bacillen durch
den Lymphstrom spräche die nur selten beobachtete
Schwellung der Hals- und Kieferdrüsen, in die
dieser Lymphstrom führt Somit bleibe nur die
Möglichkeit des unmittelbaren Eindringens der
Bakterien in den Blutstrom. Li dem Befunde in
3 Fällen des mit Angina verlaufenden Gelenk-
rheumatismus, wo er im peritonsillären Gewebe
Strepto- und Diplokokken theils frei, theils in Blut-
gefässen nachweisen konnte, sieht M. den Beweis
70
YL Innere Medioin.
für die Möglichkeit direkten Bakterienübertrittes
in das Blut und er weist dem lymphatisohen
Bachenringe die Stelle eines Schutzorganes zu.
Weiterhin gelang es ihm auch, in einem Knoten
von Erythema nodoeum, sowie auf den Tonsillen
dieses Kranken einen Staphylococcus darzustellen
und zu züchten. Ferner will M. bei subakutem
Gelenkrheumatismus, sowie in einem Falle von
Chorea Schwellungen derNasenmusoheln gefunden
haben und er benutzte diese Erfahrungen, um den
Tonsillen und dem Nasenrachenräume eine be-
sondere Bedeutung als Eingangspforte pathogener
Bakterien zuzuschreiben. Dieselbe Eingangspforte
nimmt er auch für die genuine Pneumonie ver*
muthungsweise in Anspruch und spricht sich
gegen die Möglichkeit der Infektion durch Aspira-
tion aus.
Hierauf geht M. zu einer allgemeinen Betrach-
tung des Verhaltens des menschlichen Organismus
gegen Bakterien über, macht besonders gegen die
Annahme specifischer Bakterien bei den sogen. Er-
kältungskrankheiten Front und betont, dass die
Frage, wie sich der Mensch nach seiner Constitu-
tion, im verschiedenen Alter und unter verschie-
denen äusseren Verhältnissen den „ubiquitären^^
Bakterien gegenüber verhalte, wichtiger sei als die
Erforschung der Bakterien und ihrer Eigenschaften.
Er wendet sich zunächst zu den Eiter erregenden
Bakterien mit ihrer wechselnden Pathogenität auf
intakter Haut und in Wunden und überträgt die
mit diesen gemachten Erfahrungen ohne Weiteres
auf die stets im Nasenrachenräume befindlichen
Bacillen, die demnach bei Einem Schnupfen oder
Angina, beim Anderen Bronchitis, beim Dritten
Pneumonie erzeugen könnten, falls die Schleim-
hautdeckzellen irgend welche Schädigung erfahren
hätten und die Oesammtconstitution irgendwie
alterirt wäre. Dieselben Schädigungen könnten
auch den Gelenkrheumatismus hervorrufen, dessen
Entstehung besonders durch gering entwickelten
lymphatischen Baohenring begünstigt werde. Diese
Hypoplasie deutet M. als „rheumatische Disposi-
tion'S S»^®^^ &^ keine Angaben über ihr Vorkom-
men. Er geht aber noch viel weiter, denn aus der
Thatsache, dass die Mehrzahl der Masern- und
Scharlach-Epidemien in die kältere, feuchte, also
dem Bakterienwachsthume ungünstige Jahreszeit
fallt und mit Katarrhen einsetzt, schliesst er, dass
die Erreger von Masern und Scharlach stete Be-
wohner unserer Nasen- und Rachenschleimhaut
seien und der Ausbruch von Epidemien nur durch
„Aenderungen der menschlichen Disposition*' be-
gründet sei. M. sieht demnach im Scharlach nur
eine das Kindesalter zuerst besonders heftig tref-
fende Angina und Infektion mit parasitären Bak-
terien der Mundhöhle, ebenso in den Masern, die
nur durch langsameren und späteren üebertritt
dieser Bakterien in das Blut vom Scharlach ver-
schieden seien. In dieser, wie er meint, „einfachen
Weise" glaubt M. diese doch recht schwer wiegen-
den Fragen zu lösen oder den Weg zu ihrer Lösung
zu zeigen, muss zum Schlüsse aber selbst zu-
geben, nur „Hypothesen'^ d. h. nicht bewiesene
Thatsachen vorgetragen zu haben. Ausser den
Kokkenbefunden im peritonsillären Gewebe und in
dem Erythemaknoten bringt er aber nicht einmal
Thatsachen. Beinhard (Strassburg).
95. Bin Fall von Henooh'aoher Purpura;
von Otto Rommel. (BerL klin. Wchnschr. XL
38. 1903.)
Die Henoch'sche Purpura ist charakterisirt durch
das Hinzutreten von Abdominalersoheinungen zum
Bilde der Purpura rheumatica und durch die Nei-
gung zu Exacerbationen, bez. Rückfällen. Hitthei-
lung eines Krankheitfalles bei einem 3jähr. Kinde.
Die Mutter, die seit ihrem 13. Lebensjahre wieder-
holt an Darmkatarrhen gelitten hatte, erkrankte
bald nach dem Kinde ebenfalls an Henoch'scher
Purpura. B. schliesst daraus auf die Infektiositit
der Erkrankung. Indessen konnten weder im
Blute noch im Endokard Mikroorganismen nach-
gewiesen werden. S o b o 1 1 a (Heilanstalt Sorge).
96. Solle variasioni degli elementi figurati
del sanerae nelle febbri malariohe; per A.Dio-
nisi. (PolicUn. VUI. 6. p. 253. 1901.)
D. hat seine vor 10 Jahren gemachten Studien
über die Schwankungen der Anzahl der rothen
und weissen Blutkörperchen im Verlaufe des
Malariaanfalles neuerdings wieder aufgenommen
und namentlich dadurch ergänzt, dass er in den
verschiedenen Stadien des Anfalles gleichzeitig das
Blut aus den kleinen Oefässen der Fingerkuppe und
das aus einer Armvene entnommene untersuchte.
Bei der schweren Tertiana (Sommer -Herbst^
Tertiana) fand er während des Fieberanfalles und
einige Stunden nachher Schwankungen der Ery-
throcytenzahl und des Hämoglobingehaltes. IHe
Blutkörperchenzahl, die in den ersten Stunden an-
nähernd dieselbe blieb, sank nach 18 Stunden ganz
erheblich ; nach 24 Stunden war sie wieder normal,
um von der 31. Stunde an von Neuem zu sinken.
Wie D. vermuthet, hängen diese Schwankungen
der Blutkörperchenzahl in den peripherischen Oe-
fässen mit Kreislaufstörungen in den Gapillaren
der inneren Organe zusammen. Hier häufen sich
vorzugsweise die parasitenhaltigen rothen Blut-
körperchen an (Marchiafava, Bignami) und
geben, da sie sich langsamer fortbewegen als nor-
male rothe Blutkörperchen, ein Stromhindemiss
ab. In demselben Maasse wie diese Stauung in
den Gapillaren der inneren Organe soll nun die
Menge der Blutkörperchen in den peripherischen
Gefässen wechsdn. Der Hämoglobingehalt ent-
sprach nicht immer der Zahl der rothen Blut-
körperchen. Vielmehr war zu gewissen Stunden
der Hämoglobingehalt stärker vermindert, als nach
der Zahl der rothen Blutkörperchen zu erwarten
gewesen wäre; wie sich nachweisen liess, cirku-
Tl. Innere UedldiL
71
lirten alsdann in den peripherisohen Oefässen
viele parasitenhaltige Blutkörperchen, die nur eine
geringe Färbekraft besasaen. Oegen Ende des
Anfiüles bestand dagegen eine vorübergehende
Hämoglobinflmie, vermuthlich bedingt durch die
Auflösung der im Laufe des Anfalles zu Qrunde
gegangenen Blutkörperchen. Bei der gewöhnlichen
Tertiana und der Quartana werden nennenswerthe
Schwankungen der Brythrocytenzahl nicht be-
obachtet. Wahrscheinlich kommt es bei diesen
Fieberformen nicht zur Anhäufung der parasiten-
haltigen rothen Blutkörperchen in den CapiUaren
der inneren Organe, ein Verhalten, wie es für die
Malaria der Fledermäuse, deren Parasiten übrigens
denen der gewöhnlichen Tertiana und der Quar-
tana sehr ähnlich sind, erwiesen ist (Dionisi).
Am Ende des Anfalles besteht eine deutliche Yer-
minderung der Erythrocytenzahl, die sich indessen
schneller als bei der schweren Tertiana wieder
ausgleicht; mit dieser Hypoglobulie fällt eine
vorübergehende Hämoglobinämie zusammen.
Bei allen drei Fieberarten ist während des
Anfalles und einige Stunden nachher die Zahl der
polynukleären Leukocyten in den peripherischen
GeÄssen Termindert, die Zahl der mononukleären
Leukocyten dagegen normal oder vermehrt Wie
anatomisch nachgewiesen ist, sammeln sich in der
That die polynukleären Leukocyten während des
Anfalles in den CapiUaren der Milz und der Leber
nnd erscheinen daher in den peripherischen Qe-
fässen in yerminderter Zahl. Janssen (Rom).
97. Contributo allo atndio delle disartrie
e della miastenia da causa malaria; par L.
Panichi. (PoUcHn. VIH 6. p. 266. 1901.)
P. theilt zunächst 2 Fälle von Dysarthrie bei
Malaria mit, die bei der grossen Seltenheit von
Sprachstörungen bei Malariakranken Interesse ver-
dienen.
Beide Fälle betrafen joDge Männer, die zum 1. Male
an Malaria, und zwar, wie £e Blntantersachang ergab,
an Sommer- Herbst-Tertiana erkrankt waren. Bei beiden
trat die Sprachstörong, die ia einer mangelhaften Aus-
sprache gewisser Gonsonanten, besonders der Zungen-
laute r, 8, z, n, in einem Falle auch in einem eigenthüm-
lichen Scandiren bestand, unmittelbar nach dem ersten
Fieberanfalle auf. Andere schwerere nervöse StÖnmgen
fehlten; namentlich waren die Bewegungen der Zunge
and der vom N. facialis versorgten Muskeln ganz normal.
Mit dem Eintritte in die Beconvalesoenz verschwand
auch die Sprachstörung.
Die wenigen bisher beschriebenen Fälle be-
treffen sämmtlich Sommer «Herbst -Fieberkranke.
Die Art und der Qrad der Dysarthrie wechseln
sehr. Meistens ist die Störung recht hartnäckig ;
ausnahmeweiBe dauert sie nur wenige Taga In
der Regel tritt wohl vollkommene Heüung ein.
P. berichtet noch einen Fall von schwerer ,My-
asäkmie* bei Malaria, der aber leicht verständlich wird,
wenn man hört, dass der Sljähr. Er. schon seit 2Vs Mon.
an einer Sommer-Herbst-Tertiana litt und sehr anämisch
geworden war. Neben der allgemeinen Schwäche fiel die
beBondere Muskelsohwäche auf; die Hautrefleze waren
erloschen, die Sehnenreflexe an den Beinen gesteigert
Bei geeigneter Behandlung besserte sich der Zustand
schnell Janssen (Rom).
98. üeber die Beaiehangen der Moakiten
sam gelben Fieber ; von Dr. H a v e 1 b u r g. (Berl.
klin. Wchnschr. XL. 31. 32. 1902.)
H. weist zunächst nach, dass der seiner Zeit
von Sanarelli angegebene Bacillus icteroides
nicht als der Erreger des Gelbfiebers angesehen
werden könne, und geht sodann auf die Unter-
suchungen der amerikanischen Commission auf
Cuba ein. Er giebt eine ausführliche Darstellung
der von dieser Commission vorgenommenen Yer*
Suchsanordnung. Das Ergebniss der Beobachtungen
lässt sich dahin zusammenfassen, dass die Oelb-
fieberkeime durch einen Moskito (Culex fasciatus)
von Kranken auf Gesunde übertragen werden und
dass die Entwickelung der Keime im Inneren des
Moskito mindestens 12 Tage lang währt. Ausser-
dem kann die Krankheit auch experimentell durch
Ueberimpfung von Blut eines Qelbfieberkranken
übertragen werden. Eine Uebertragung des Gelb-
fiebers durch Wäsche u. s. w. ist ausgeschlossen.
Der specifische Erreger der Krankheit ist noch
nicht gefunden.
Es folgen dann noch genauere Angaben über
die Lebensbedingungen u. s. w. des Moskitos, sowie
über die Immunität gewisser Gegenden (Gebirge).
Die Bethätigung dieser Lehren hat in Havana
schon zu unzweifelhaften, greifbaren Resultaten
geführt Eine entsprechende Aenderung der Qua-
rantänevorschriften wird nothwendig sein.
Sobotta (Heilanstalt Sorge).
99. Bin weiterer Beitrag aar Behandlang
des nomatöaen Brandes doroh Bzciaion des
erkrankten (Gewebes; von Prof. von Ranke.
(Münchn. med. Wchnschr. XLIX. 43. 1902.)
Im Anschlüsse an Masern trat bei einem Sjähr. Kinde
(Mädchen) Noma der Genitalien und des Afters auf. Die
Geschwüre wurden in ihrer ganzen Flächen- und Tiefen-
ausdehnung bis in das gesunde Gewebe excidirt unter
theilweiser Vernähnng der Wundränder. Vollständige
Heilung. Sobotta (Heilanstalt Sorge).
100. Beitrage rar intranaaalen Vaporisa-
tion; von Dr. K. Boy6. (Mon.-Schr. f. Ohrenhkde.
u. 8. w. XXX Vn. 6. 1903.)
B. berichtet über seine Erfahrungen mit der
intranasalen Vaporisation, die er, anger^ durch
die Mittheilungen von Berthold, in verschie-
denen Fällen von Ozaena und chronischer, atro-
phischer Rhinitis mit und ohne Betheiligung der
Nebenhöhlen, ferner in je einem Falle von hyper-
trophischer Rhinitis und KieferhOhleneiterung ge-
macht hat Die Vaporisationen sind ausgeführt
mit dem von Pincus angegebenen und für intra-
nasale Zwecke von ihm modificirten Dampfapparat,
nur wurde das durchlöcherte Katheteransatzstück
etwas dünner gewählt B. hAlt die Methode bei
Ozaena für sehr geeignet und heilwirkend; bei
Nebenhöhlenerkrankungen enthält er sich noch eines
72
VL Innere Hedidn.
entscheidenden ürthelles. Der Fall von Kiefer-
höhleneiterung wurde „nicht UDgünstig^' beeinflusst,
ebenso der Fall von hypertrophischer Rhinitis. Die
Schleimhäute wurden bei atrophischer Rhinitis nach
der Vaporisation „saftiger, glänzender und feuchter*'
und damit erklärt sich der theil weise Fortfsdl der
Borkenbildung. Im Anschluss theilt B. 24 Kranken-
geschichten zum Theil sehr ausfOhrlich mit
Robert Oeorgi (Lieipzig).
101. Zar CaaoiBtik der tranmatiaoheii
Larynzblatangen ; von Dr. Friedrich Rode
in Triest (Wien. klin. Rundschau XYII. 20. 1903.)
Nach der AbtragUDg eines taberkolösen Infiltrates
der Epiglottis mit der Kra ase'schen Doppelcurette ent-
stand eine äusserst starke arterielle Blutung aus dem
Wundrand, die jeder Therapie spottete, schliesslich aber
nach Sstüodiger Dauer wohl spontan zum StiUstand kam.
Ein genaues Urtheil über den Grund dieser Blutung lässt
sich natürlich nicht abgeben, R. glaubt ihre Ursache in
einer Verletzung der laryngealen äite der Epiglottis, die
dort reichlicher von Blutgefässen versorgt wiiä, als auf
der Zungenseite, zu erkennen. Da die blutende Stelle
fast in der Mitte der Epiglottis sass, so hätte man viel-
leicht die nicht zuführende Carotis unterbunden, ausser-
dem ermuthigt die hohe Mortiditätziffer (nach Pilz 54%)
nicht gerade zu diesem Eingriff. Am ehesten hätte noch
die Pharyngotomia subhyoidea zum Ziele geführt, da sie
ermöglicht, die Epiglottis rasch freizulegen und die Blu-
tung an Ort and Steile zu stillen.
Robert Georgi (Leipzig).
102. Klinische Beitrage sor Behandlung
der Narbenstenoaen des Larynz; von Dr. Otto
Kahler. (Wien. klin. Rundschau XVIL 20 u. 21.
1903.)
Die in der 0. G h i a r i 'sehen Klinik eingeführte
Behandlung der Narbenstenosen desLarynx beruht
in der Hauptsache auf mechanischer Dilatation mit
dem Sehr Otter 'sehen Instrumentarium. Nur
da, wo die mechanische Behandlung unmöglich ist,
ist die Laryngoftssur angezeigt, und zwar ist der
Erfolg der mechanischen Behandlung besser, als
der der blutigen. K. beschreibt an 15 Fällen
(5 Typhus, 2 Diphtherie, 2 Lues, 2 idiopathische
Ferichondritiden, 1 Tuberkulose, 1 Stenose nach
Thyreotomie und 2 unbekannter Aetiologie) in sehr
ausführlicher Weise, mit genauer Angabe der
Krankengeschichten, das Vorgehen. Die Besultate
sind recht gut. Die Dauer der Behandlung schwankt
natürlich sehr, die längste dauerte 2 Jahre. Die
Angabe der Behandlungsdauer ist besonders dan-
kenswerth. BobertGeorgi (Leipzig).
103. Bzperimentelle Beiträge lar Frage
nach der ▼ersohiedenen Vulnerabilität der
Beoarrensfaaern ; von Dr. OttoFrese. (Arch.
f. LaryngoL XIIL p. 305. 1903.)
Um die klinisch erwiesene verschiedene Vul-
nerabilität der im Recurrens verlaufenden Abduktor-
und Adduktorfasern zu prüfen, hat Fr. den frei-
gelegten Nerven durch G^ifte geschädigt Er hat
bei erwachsenen, mittelgrossen bis grossen Hunden
den Recurrens freigelegt und, nachdem er ihn
durch Outtapercha von derUmgebimg isolirt hatte,
mit dem Giftstoff getränkte Wattebäuschdiefi auf
den Nerv gebracht Die Stimmbänder wurden dann
durch eine künstliche Trachealüfibung beobachtet
Aeth«r, Chloroform, Phy sostigmin, Atropin, Mor-
phin und Opium waren ohne Wirkung auf die peri-
pherische Nervenfaser. VtPi^<>^ CocainUtenng war
gleichfalls wirkungslos. 1 — 2proo. GooainKteung
bewirkte nach einer Latenzzeit von 5 — 20 Minuten
Nachlassen der spontanen Beweglichkeit des Stimm-
bandes, und zwar zuerst der Abduktion.* Beim
Verschwinden der Cocainwirkung kehrte die Ab-
duktion auch später zurück als die Adduktion.
Elektrische Reizung des Nerven central von der
Läsionstelle ergab in einigen F&llen von totaler
Stimmbandlähmung Adduktion. Die elektrische
Erregbarkeit kehrte immer früher zurück als die
spontane.
5proc. Ck)cainl5Bung führte ohne unterschied in
der Schädigung der verschiedenen Fasern schnell
zu völliger Lähmung des Stimmbandes bei typischer
Cadaverstellung. Bei Nachlass der lähmenden Wir-
kung nach 20—45 Minuten erholten sich zuerst
die Adduktoren.
3- und 5proc. Carbollösungen waren in der Wir-
kung dem Cocain ganz gleich. Wässerige Ammo-
niaklösung lähmte das Stimmband fast augenbliok-
lieh. Hier kehrte die Beweglichkeit nur in einem
Falle« in geringem Grade wieder, und zwar fonk-
tionirten dabei die Erweiterer besser als die Ver-
engerer. Elektrische Reizung peripherisch von der
Läsionstelle ergab stets Adduktion, dagegen be-
wirkte Reizung der Läsionstelle und einmal auch
Reizung der centralen Nervenstrecke Abduktion.
Weitere Versuche am curarisirten Hunde zeig-
ten, dass die Adduktoren bei Curarevergiftung
erheblich früher erlahmen als die Abduktoren;
ferner dass zwischen den Endorganen der ISr-
weiterer und Verengerer ein physiologischer Unter-
schied nicht besteht, dass die Abduktoren aber
stärkere motorische Reize vom Centralorgan er-
halten als die Adduktoren.
Rudolf Heymann (Leipzig).
104. Beitrag rar Frage des Uebergangee
gatartlger Kehlkop^eaohwülate in bösartige ;
von Prof. V. Hinsberg in Breslau. (Arch. f.
Laryngol. XIII. p. 353. 1903.)
Einem 73jähr., im üebrigen gesunden Manne wurde
am 2. Mai 1899 eine wallnussgrosse Granolationgeschwulst
aus dem Kehlkopf von der Gegend des rechten Ary-
knorpels entfernt 8 Monate später wurde ein haselnuss-
grosser, histologisch ganz ähnhoher Tumor von der rech-
ten aryepiglottischen Falte nahe dem Giessbeokenknorpel
entfernt. Noch 3 Woohen später wurden aas der jetzt
verdickten rechten aryepiglottischen Falte einige Stücke
herausgeschnitten, darunter ein Vt-srbsengrosses Knöt-
chen, das dem freien Bande der Falte angesessen zu
haben schien. Es zeigte mikroskopisch die ohanütte-
ristisohen Merkmale eines beginnenden Carcinoms und
schien gerade von derExstirpationstelle der Fibrome aus-
gegangen zu sein. In der Umgebung trug das Deck-
epithel kleine papillomartige Ezkresoenzen, das subepi-
theliale Gewebe war stark kleinzellig inätrirt. Nach
Yn. GebbrtBhfllfe, Franen- und Einderfaeillninde.
73
wieder 3 Wochen wurde aus dem bintersten Theile des
rechten Sinns Morgagni ein etwa erhsengrosses Knötchen
ezcidirt Es bestand aus fibromatösem Gewebe und
Epithelmassen zweifelhafter Natur. In den nächsten
7 Monaten nahm die aryepiglottische Falte wieder an-
nShernfl Bormale Form und Aussehen an. Als Pai dann
nach einer Pause von 8 Monaten wiederkam, fand sich
am rechten Sternocleidomastoideus eine Reihe erbsen-
grosser Drusen, die rechte aryepiglottische Falte in einen
dicken Tumorstrang verwandelt Ein davon entferntes
Stock erwies sich als sehr zellenreiches Garcinom mit
wenig Stroma. Der Tumor wuchs sehr rasche verlegte
nach 3 Monaten fast den ganzen Eehlkopfeingang, die
Drüsen vergrösserten sich und derE^nährungznstand des
Kr. verschlechterte sich.
H. sieht den das 2. Mal entfernten Tumor fflr
ein Beddiv des inerat entfernten gutartigen Tumor
an, ebenso hfilt er den suletst entfernten Tumor
fQr ein Recidiv des 16 Monate vorher operirten
Caioinoms. In Bezug auf den Zusammenhang
swischen den gutartigen und den Msartigen Ge-
schwülsten meint er, dass es sieh nioht etwa um
eine Umwandlung einer gutartigen Qesohwulst in
ein Gareinom in Folge des endolaryngealen Bin-
griifes handelte, sondern dass das Carcinom einen
selbständigen Tumor, eine Art Narbencaroinom
darstellt, fQr dessen Entstehung 2 Momente ver-
antwortlioh zu machen sind, nämlioh 1) chronisoh
entzündliche Vorgänge in der Umgebung der
früheren Ansatzstelle derBindegewebegesohwülste,
die den Boden für die Entstehung eines Caroinoms
vorbereiteten und die selbst durch die Insulte hervor-
gerufen waren, die die BindegewebegesohwÜlste
bei jedem Sohluokakt, beim Athmen und Sprechen
auf ihre Umgebung ausübten, und 2) der endo^
laryngeale Eingriff, der die so geschaffene Dispo-
sition gewissermaassen auslöste und so als öelegen-
heitursaohe fflr die Entwickelung des Caroinoms
diente.
Auf Grund der Sammelforsohung hatte S e m o n
gesagt, dass seiner Ansicht nach ein Carcinom
durch einen endolaryngealen Eingriff nicht erzeugt
wird, ohne dass noch ein anderer, gegenwärtig
noch unbekannter Faktor hinzutrete. Diesen Faktor
steht nun H. in dem mitgetheilten Falle in den
Veränderungen in der Umgebung des Fibromstieles.
Budolf Heymann (Leipzig).
VII. Qeburt8haife, Frauen* und Kinderhellkunde.
105. Ueber BephantiasUi TulYae ohroaiotf
ulcerosa (sy philitioa) ; von 0. B a m b e r g. (Arch.
f. Gynäkol. LXVH. 3. p. 691. 1908.)
Nach Besprechung der Literatur theilt B. 2 Fälle
von elephantiastischer Vergr(y6aQrung der Yulva
mit chronischen Ulcerationen nüt, die in dem einen
Falle mit Infiltration des Parametrium, Inconti-
nentia urinae, Uretercompression vergesellschaftet
waren. Die Anamnese ergab beide Male Lues, die
antilaetische Behandlung mit Jodkalium hatte
schlagenden Erfolg. B. fasst die Erkrankungen als
luetischer Natur auf und tritt B. Freund gegen-
über, der ähnliche Fälle als Tuberkulose der Yulva
schilderte (Beitr. z.Oeburtsh. u. Gynäkol. V. p. 243.
1901). Zu dieser Diagnose m(l8sen wenigstens
Taberkelbacillen gefunden werden; auch s<dl die
Impfung auf das Yersuchsthier erfolgreidi gewesen
sein. Femer muss der Befund makroskopisch und
histologisch (typische Tuberkel und Riesenzellen)
dem bei Lupus anderer Theile entsprechen.
Kurt Eamann (Berlin).
106. Zar Prophylaxe der Qynatreaia ; Ton
L Pincus. (Mon.-Sohr. f. Oeburtsh. u. Oynäkol.
XVn. 5. p. 614. 1903.)
Die Oynatresien entstehen 1) intrauterin durch
dauerndes Aneinanderliegen der Wandung des
Oenitalkanals , bei mehr oder weniger ezoessiver
Ausbildung der Schleimhautüaltungen und Fehlen
des physiologischen Detritus ; totale Atresie kann
nur vorkommen bei mangeUiafter Entwickelung
oder \m völligem Fehlen der Längsfalten ; 2) durch
gonorrhoische Infektionen der Yaginalschleimhaut
der Neugeborenen (intra oder post partum) von
Seiten der gonorrhoisch infioirten Ereissenden;
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft. 1.
3) durch entzündliche Yorgänge bei destruirenden
Constitutionanomalien und sekundären infektiösen,
vaginal lokalisirten Processen embolischer und
thrombotischer Natur im Yerlaufe schwerer In-
fektionkrankheiten*
Zur Yerhfitung empfiehlt F. systematische
Untersuchungen der Genitalien aller neugeborenen
Mädchen nach der Geburt, bei Ausschluss von
Gonorrhoe, mit Eupfersonde, event mit Trennung
einer vorhandenen Yerschlussmembran, femer bei
Gonorrhoe der Ereissenden Binträufelung von
HOUensteinlOsung in die Yulva und das Yestibulum
mit nachfolgender Abspülung mit schwacher Eoch-.
Salzlösung, endlich bei schweren Infektionkrank-
heiten peinliche Sauberkeit der Yulva, Beachtung
von Blut- und Eiterabgang. Sind solche Erank-
heiten vorausgegangen, so sind Molimina menstrua-
lia und vikarürende Blutungen zu beachten. Die
Trägerinnen der Gynatresie soUen nach P. theils
durch die Schmerzen, theils durch die plötzliche,
nicht selten in Form eines Blutsturzes nach üeber-
Windung der Yerklebung auftretende erste Men-
struation schwere Erschfltterungen in ihrem Nerven-
system erleiden. J. Praeger (Chemnitz).
107. Zur Therapie der Gynatresien; von
Dr. Jos. Halb an in Wien. (Ztschr. f. (Jeburtsh.
u. Gynäkol. XUX. 1. p. 17. 1903.)
H. bespricht nur die Behandlung der hohen
Scheiden- und Gervixatresie und führt 2 Fälle aus
der Schaute 'sehen Elinik mit Uterus unicomis
und rudimentärem Nebenhom an. Der 1. Fall, in
dem sich der Uterus unicomis atretisch (hohe
Scheidenatresie und Cervixhy poplasie) undhämato-
metrisch fand, ist insofern nioht ohne Interesse,
10
74
7IL GebnrfshfUfe, Frauen* und Einderheillninde.
als hier der grossen Entfernung des Uterus vom
Yaginalblindsacke w^gen nicht der untere Pol des
Bluttnmor incidirt, sondern aus dem Fundus uteri
ein Keil exddirt und die Verbindung seiner Schleim-
haut mit der der Vagina durch starke Anteversio
des sonst mobilen Organs erreicht wurda Die
Menstruation erfolgte später regelmässig alle 3 bis
4 Wochen und fast ohne Schmerz. Im 2. Falle
menstruirte der entwickelte Uterus normal, im
Nebenhom, linken Ovarium und rechten lig. rotun-
dum bestand eine Hftmatometra. Hier wurde das
Nebenhom ezstirpirt Beide Operationen durch
Laparotomie. ELTeuffel (Berlin).
108. Oaatration wegen fünkttonirender
OYarien bei mdimentirer Bntwiokelimg der
Mflllex^sohen Qinge; yon R. Oradenwits in
Breslau. (Mon.-Schr. f. Qeburtsh. u. OynäkoL XVII.
5. p. 627. 1903.)
Die ISjKhr.Pat hatte seit 2— SJahreainS— 4wöehi-
gen Zwisohenzeiten heftice Sohmerzen im ünterleibe, die
sich in letzter Zeit stark steigerten. Die Periode war
bisher nioht eingetreten. Befand: Kleine, ziemlich krftft^;
gebaute Person. Mammae gut entwickelt Angeborener
efekt beider Eckzähne. An den äusseren OcMhlechts-
theilen Haarwuchs normal ; grosse und kleine Schamlippen
wohlgebildet, Damm ziemlich hoch; After an normaler
Stelle. EUtons klein ; Hamröhrenöfhang sehr weit Hinter
ihr eine Delle, entsprechend dem Scheideoeingange, kein
Hymen. Bei Untersuchung Tom Mastdärme aus fohlte
man einen kleinen quer yerlauf enden Strang, anscheinend
zwischen Blase und Mastdarm gelegen und wohl der
mdimentären Gebärmutter entsprechend. Beide Eier-
stöcke an normaler Stelle.
Nach Tergeblichen Versuchen, die Schmerzen zu
lindem, und nachdem festgestellt war, dass Pat nicht
hysterisch sei, wurde am 17. Sept 1902 die Castration
vorgenommen. Der rechte und linke läleiter gingen nach
der Mitte zu in je einen bleistiftstarken Strang über, der
zwischen Blase und Mastdarm im Bauchfelle endigte.
Zwischen beiden Strängen 2 cm Zwischenraum. Erst
rechts, dann links wurden Eierstock, Eileiter und Oebär-
mutterrudiment im Ganzen entfernt Der Verlauf war
normal Von Bildung einer Scheide wurde Abstand ge-
nommen. Die verlobte Pat. entschloes sich, nachdem ihr
die Missbildung bekannt geworden, nicht zu heirathen.
Die entfernten Eileiter waren stark geschlängelt,
11, bez. 12 cm lang; die Eierstöcke ein wenig vergrössert,
kleincystisoh entajrtet Die Rudimente der Geb&rmutter
(rechts 3.2, links 3.5 cm lang) bestanden aus Bindegewebe
und glatten Moskel&sem ohne irgend ein Lumen.
Bisher sind 23 Kranke in gleicher Weise ope-
rirt worden, yon denen 2 in vorantiseptischer Zeit
starben, eine in Folge einer neryOsen Gastritis sich
nach der Operation übler befand als yorher.
J. Praeger (Chemnitz).
100. Menatmation und Oorpxm latemn;
yon 0. LindenthaL (Wien. klin. Wchnschr.
XVL 11. 1903.)
Gelegentlich einer Entfernung des rechten Eier-
stockes, der in ein Dermoid umgewandelt war, fand L.'
einen frisch geplatzten Follikel am linken Eierstocke. Am
3. Tage nach der Operation trat eine Blutung ans den
GesoUechtstheilen auf, die 4 Tage dauerte. Die letzte
Periode war 11 Tage vor der Operation eingetreten. Die
nächste kehrte dann nicht 18 Tage nach der Operation,
sondern erst 4 Wochen nach diesem Termine wieder.
L. sieht die Blutung nach der Operation als ye^
frühte Menstruation an, bedingt durch dieFoUikel-
berstung, bez. die Bildung des Corpus luteum
menstruationis, die wahrscheinlich durch brfiske
Palpation yorlMffnung der Bauchhöhle yerursaoht
war. Er stellt sich yor, dass in der Norm ent-
weder der eine oder der andere Bierstock in einem
Menstruationinteryalle ein reifes ES liefert und nicht
beide gleichzeitig. Er nimmt weiter an, dasa, wie
in seinem Falle, die Amenorrhoe nach einseitiger
Oyariotomie darauf surfickzufUhren ist, dass gerade
der entfernte Eierstock diejenigen Follikel enthalten
haben könnte, die die Anregung zu den zu er-
wartenden menstruellen Ausscheidungen absugeben
hfttten. Der Wegfall emea Eierstockes wird nicht
in allen Fällen durch yicariirende Oompensation
des zurückbleibenden, weder unmittelbar nach dem
Wegfalle, noch längere Zeit nachher, ausgeglichen;
dieser Wegfall kann yielmehr zeitweise Amencm^iOe
zur Folge haben. Als das auslosende Moment für
die Menstruation sieht L. das Sekret des Corpus
luteum an, das eine DrOse mit innerer Sekretion
yorsteUt So lange kein Corpus luteum gebildet
wird, bleiben die Oeschlechtstheile infantil, erfolgt
auch keine menstruelle Ausscheidung. Wenn ein
Corpus luteum nicht mehr gebildet wird, treten
regreeaiye Verftnderungen am Genitale auf; foUikel-
haltiges Gewebe ist sowohl yor, als nadi der Ge-
schlechtsreife yorhanden. J. Praeger (Chemnitz).
110. Zar BtiUling inroftuer Menatmal-
blatongen; yon Prof. Schflle in Freiburg i. B.
(Fortschr. d. Med. XXI. 20. 1903.)
Seh. yerstftrkt die yon Kussmaul ange-
gebene Wattetamponade der Scheide dadurch, dass
er die Tampons yor der Einführung in 3 — 5proc
warme GelatinelOsung eintaucht Der Erfolg war
jedesmal yorzüglich, weshalb Seh. das Verfahren
sehr empfiehlt Arth. Hoffmann (Darmstadt).
111. Anatomifohe und kilnische Beitr&ge
rar Vaporlsfttton dea Utems; yon H. Fuchs.
(Arch. f. QynftkoL LXIX. 1. p. 100. 1903.)
Der Zweck der Arbeit ist, die Indikationen zur
Vaporisation auf Gebiete zu beschränken, wo wirk-
lich dasBedflrfniss eines neuen Heilfaktors yorliegt
und auf diesen die LeistungsHÜiigkeit dee Ver-
fahrens bei der systematisch durchgefQhrten Com-
bination der Ausschabung mit der Dampfanwendong
zu erweisen.
Benutzt wurde der yonPincus angegebene
Kessel mit dem Schutzrohre yon Dührssen« Der
Ceryikalkanal wurde mit Vortheil stets am Abend
yor der Operation mit Tupelo-Stift erweitert
Die besten Besultate ergab die Anwendung h<^er
Temperaturen (116— 120* C. im Eeeeel) bei einer
Dauer yon 30 — 46 Sekunden. Ungere Anw«i-
düng niedrigerer Temperaturen erzielt nicht die be-
absichtigte Oberflfichen-Schorfbildung, sondern liat
Tiefenwirkung, zerstört die Drfisenlager und ermOg^
YIL QeburtBhülfe, Frauen* und Kinderheilkunde.
75
Mt Verklebungen. Der Vaporisation wurde prin*
dpiell dieAbraao der Schleimhaut yorangesohickt,
weil man bei deren wechaelnder Dicke erat nach der
Entfernung die Intensität der Dampf Wirkung modu-
liren kann. Ferner wurde regelmftssig erst die
Blutung gestillt, suletst am wirksamsten mit Wasser-
Btofbuperoxyd. Dm die Adnexe genau abtasten,
mid den Uterus austasten zu kOnnen, wurde immer
narkotisirt Bleiben nach der Vaporisation noch Blu-
ittogan bestehen, oder bringen die nfiohsten Hen-
stmationen noch verstärkten Blutabgang, so ist nach
F.'s Erfahrung an verlangsamte SchorflOsung lu
denken, und man muss den Uterus zunächst mecha-
nisch reinigen, ehe man wieder yapoi^irt oder gar
total exstirpirt
Unter den Indikationen gebührt der erste Platz
sUen lebenbedrohlichen Blutungen, die einfacheren
Mitteln trotzen. Bei Metrorrhagien auf hämophiler
Basis ist die Atmokausis die Operation. Sie ist
auch sehr erfolgreich bei Myomblutungen. Ab*
lehnend verhält sich F. gegenüber der hämorrha-
gischen Bndometritis noch gebärf&higer Frauen, er
macht sie hier nur zur Vermeidung der Uterus-
ezstirpation. Dahin gehört auch die Beseitigung
der Menses bei erschöpfenden AUgemeinerkran-
kungen (Tuberkulose). Die besten Erfolge erreichte
F. bei präklimakterischen Blutungen ; hier wurde
durch die Dampfwirkung ausserdem eine intensive,
langdauemde Contraktion des Uterus ausgelöst.
Die Erfolge waren nicht nur momentan, sondern
auch bei längerer Beobachtung sehr gut (88.2%).
Die sehr ungleichen Resultate bei bakteriellen Er-
krankungen des Uterus lassen noch keine Schluss-
folgerungen zu. Solche sind auch bei der Ueber-
legenheit chemischer Aetzmittel und der fraglichen
ZuUsfiigkeit der Methode wegen Unsicherheit des
Ausschlusses von Adnexerkrankungen schwerlich
zu erwarten. Kurt Eamann (Berlin).
112. On paratnbAl haomatooele; by W. S.
Handley, London. (Joum. of Obst, and Gyn. of
the Brit Emp. Dec. 1902.)
Nach Säen g er sollen alle intraperitonäalen
Hämatocelen, die in Verbindung mit der Tube
stehen, peritubar sein ; die offene Tube, selbst mit
Blut gefüllt, senkt sich in die Hämatooele ein und
ihr abdominaler Theil wird von dieser eingehüllt
H. veröffentlicht nun einen Fall, in dem er eine
abgekapselte gesohwulstfOrmige Hänuitocele ent-
fernte, die die Bissstelle im Eileiter umfasste und
die er deswegen paratubar nennt Die Rissstelle
war bereits verheilt (Ruptur wahrscheinlich am
3. Februar, Operation am 26. Mai 1902). Die
innersten Schichten des Blutklumpen waren die
ältesten, die Oberfläche des Sackes war spiegel-
gktt, wie das BauchfelL Ueberreste des Eies wur-
den nicht gefunden. H. nimmt an, dass nach der
Ruptur ^er tubare Abort stattgefunden hat, und
dass das Ei in der Bauchhöhle zu Grunde ge-
gangen ist J. P.raeg er (Chemnitz).
113. Die BeMhairenheit dea Blutea in der
Sohwangeiflohafk and der <Hburt; von Dr. W.
Zangemeister in Leipzig. (Ztschr. f. Qeburtsh.
u. GynäkoL XLIX. 1. p. 92. 1903.)
Z. hielt sich bei seinen Untersuchungen in
erster Linie an das Serum, weil schon geringe Ver-
mehrung der rothen Blutkörperchen eine stärkere
Verdünnung des Serum zu verdecken vermag, und
fand, dass bei der Schwangeren das specifische
Gtewicht und der läweissgehalt nicht unbeträcht-
lich niedriger liegen als bei der Nichtschwangeren,
ebenso die molekulare Conoentration geringer ist,
dagegen der Ctohalt des Serum an Ghloriden etwas
hoher ist als ausserhalb der Schwangerschaft
Der Antheil der übrigen Salze ist wiederum kleiner
als sonst Vom etwa 9. Wochenbett-Tage an steht
die Blutzusammensetzung der ursprünglichen wie-
der sehr nahe. Das Blutplasma ist also nach diesen
Befunden in der Schwangerschaft wasserreicher,
so dass es nicht unberechtigt erscheint, den schon
früher verfochtenen Begriff einer Bluthydrämie
wieder zu Ehren zu bringen. Genauer genommen
handelt es sich aber um eine Hydroplasmie. Die
Zahl der rothen Blutkörperchen liegt bei der
schwangeren Frau eher etwas hOher als sonst
Für die Alkalescenz des Sdiwangeren-Blutes
fand Z. im Gegensatze zuStrauss eine Herab-
setzung, will seine Zahlen aber wegen der Un-
sicherheit der Methoden nicht als sicher beweisend
angesehen haben. KTeuffel (Berlin).
114. Ueber die Ursachen der Blatdraok«
•teigening während der Gtoburt; von H. Sohroe-
der in Bonn. (Mon.-Schr. f. Oeburtsh. u. GynäkoL
XVIL ö. p. 661. 1903.)
Sehr, tritt in diesem Aufsatze von Neuem für
die Richtigkeit der Ergebnisse seiner Untersuchun-
gen über den Stand des Blutdruckes während der
Schwangerschaft und Geburt gegenüber den ESn-
wänden Fellner 's ein. Bezüglich der Diffe-
renzen, die sich zwischen den Resultaten der beiden
Autoren ergaben, ist auf die Referate der Unter-
suchungen Schr.'s und Fellner 's zu verweisen.
J. Praeger (Chemnitz).
115. Die Blutongen nach der Gtoburt, ihre
Entstehung und Behandlang; von Dr. Georg
Burckhard. (Würzb. Abhandl. a. d. Gesammt-
geb. d. prakt Med. m. 6. 1903.)
B. warnt vor jedem vorzeitigen und unnOthigen
Reiben, Kneten oder Drücken am Uterus während
der Nachgeburtperiode, da hierdurch der LOsungs-
mechanismus gestOrt und eine theilweise LOsung
der Placenta mit Blutungen hervorgerufen wird.
Die Behandlung der theilweisen PlacentalOsung
besteht in Uterusmassage, AnwendungdesCred6'-
schen Handgriffes eventuell in Narkose und end-
lich in der manuellen PlacentalOsung. Vor der Aus^
führung der manuellen PlacentalOsung verlangt B.
Desinfektion der Scheide, nach Vollendung der
76
VII. QeburtahQlfe, Frauen- und KinderiieUlnuide.
Operation dagegen AuBspfllung des Uterus mit
Lysol, Lysoform oder 40 — 50proa Alkohol. Auf
die Wichtigkeit der subjektiven und objektiven
Desinfektion bei det grossen Qeßlhrliohkeit der
manuellen FlacentalOsung weist K besonders hin.
Blutungen nach Ausstossung der Plaoenta sind
bedingt entweder durdi Verletzungen, oder durch
Atonie des Uterus oder durch zurückgebliebene
Flacentaresta
Bei der Therapie det atonischen Blutung be-
spricht B. die Massage, die subcutane Srgotin-
anwendung, kalte und heisse Duschen der Scheide
und des Uterus, die Gombination von äusserer und
innerer Massage, die Compression der A<ffta und
die Dflhrssen 'sehe Uterustamponade mit Jodo-
formgaze. Als Mittel gegen die AnSmie werden
Autotransfusion, Klysmata von warmem Wasser,
physiologischer Kochsalzlösung und BothweiD, sub-
cutane oder intravenöse Infusionen mit erwärmter
steriler Kochsalzlösung erwähnt
Bei Besprechung der Behandlung der Gervix-
risse empfiehlt B. die Tamponade mehr ffir ge-
ringere Risse und fOr die allgemeine Praxis; die
Naht des Risses nach Herabziehen des Uterus mit
Hakenzangen hUt B. mehr für die klinische Be-
handlung geeignet Die Abklemmung der beiden
Arteriae uterinae mit Muzeux'schen Zangen
erscheint B. zur allgemeinen Einführung als zu
heroisch; doch kann das Verfahren gelegentlich
mit Nutzen angewandt werden. Blutende Schei-
den- und Klitorisrisse werden umstechen oder ver-
näht Veranlassen zurückgebliebene Plaoenta-
oder Eihautreste Blutungen, so müssen sie entfernt
werden. Arth.Hoffmann (Darmstadt).
116. Zar Frage über die operative Be-
handlung der Ütemsruptur; von N. K do-
rn enk in. (Mon.-Schr. f. Geburtsh. u. Gynäkol.
XVn. 3. p. 345. 1903.)
Nach ausführlicher Mittheilung von 5 Fällen
von Uterusruptur beschäftigt sich K. eingehend
mit den Hauptgefahren der Uterusruptur, der Blu-
tung und der Sepsis^ und kommt auf Grund der
bekannten kUnüehen Statistiken zu dem Schlüsse,
dass die Gefahr der sekundären Mutung nach meh-
reren Stunden und selbst Tagen eine enorm grosse
ist, während die primäre Blutung sehr selten un-
mittelbar zum Tode führt Am drohendsten ist
die Blutung aus dem Bisse der Ligg. lata. Die
Gefahr der sekundären Blutung besteht besonders
bei Entbindung per vias naturales.
Was die Gefahr der Sepsis anlangt, so glaubt
K., dass die Wunden bei Uterusrupturen fast regel-
mässig inficirt seien. Die Behandlung hat nicht
nur die primäre Blutung zu stillen, sondern auch
die Möglichkeit einer Nachblutung auszuschliessen;
sie hat femer nicht nur eine ausgesprochene Infek-
tion zu bekämpfen, sondern muss auch der zu ge-
wärtigenden den Boden entziehen. Als das ratio-
nellste Verfahren betrachtet K. die LaparotomiCi
Unterbindung der blutenden Gefässe und die radi-
kale Entfernung des inficirten Ocganes durch die
totale abdominale Utenisexstirpation mit Drai-
nhrung nach der Scheide. Alle übrigen Methoden
leisten weniger. Die oonservative abdominale Naht
ist zwar das idealste Verfahren, giebt aber bis jetzt
ungünstige Besultate.
Die Entbindung ist grundsätzlich auf die für
die Mutter schonendste Weise durchzuführen. Ein
theUweise oder ganz in die Bauchhöhle ausgetre-
tenes Kind darf keinesfaUs in den Uterus zurück-
gezogen werden ; ebenso muss bei hoch über dem
Becken stehendem Kopfe oder bei Schieflage ein
noch ganz im Uterus befindliches Kind per abdomen
entwickelt werden. Die Wendung ist unbedingt
verboten. An den tief im Becken stehenden Kopf
soll bei lebender Frucht die Zange angelegt weiden ;
die todte Frucht ist zu perforiren. Bei Becken-
endlage ist zu extrahiren, eventuell mit Perforation
des nachfolgenden Kopfes.
In der Folge geht dann K. kritisch die ver-
schiedenen Statistiken der letzten Jahre durch nach
der Berechtigung der verschiedenen Operationen
und stellt zum Schlüsse folgende Thesen auf:
Es giebt keinen thatsächlichen und prinoipiellen
Unterschied zwischen oompleten und incompleten
Rupturen. Die Operation giebt weit bessere Be-
sultate als das oonservative Verfahren und ist da-
her, wo es die äusseren Verhältnisse erlauben,
auszuführen. Die KöUotomie mit Naht des Risses
verschlechtert bis jetzt noch die Resultate des
operativen Eingreifens bedeutend und soll daher
nur in dringenden Fällen angewandt werden. Die
Ezstirpatio uteri totalis abdominalis mit Drainage
nach der Scheide hin liefert die besten Resultate,
doch bestehen die anderen Operationen, wenn auch
in mehr eingeschränkten Indikationen, auch zu
Recht. Nicht nur das möglichst schnelle Operiren
nach erfolgter Ruptur, sondern auch die Wahl der
geeigneten Methode versprechen eine immer stei-
gende Verbesserung der Erfolge.
Kurt Kamann (BerUn).
117. üeber die Behandlang der Uterui-
rnptor; von P. ZweifeL (Beitr. z. Geburtsh. a.
Gynäkol. VII. 1. p. 1. 1903.)
Z w. hat die von ihm früher vertretene Drainage-
behandlungdwcompleten Uterusruptur aufgegeben.
Er führt jetzt in jedem Falle von perforirender
Ruptur grundsätzlich die Laparotomie aus, und
zwar in Horizontallage, umsticht alle blutenden
Gefftsse, schafft das sich sonst regelmässig zer-
setzende Blut (Gerinnsel und Serum) bis auf den
letzten Tropfen aus der Bauchhöhle fort und naht
dann die Serosa über den Ries in Falten hinweg.
Die Uterusmuskulatur lässt er, wenn sie nicht
blutet, grundsätzlich ungenäht, erstens weil man
das zerrissene Gewebe Gebärender in derRogel als
inficirt anzusehen hat und solches Gewebe nach
den Regeln der Antisepsis nicht nähen soll; zwei*
Vn. GtoburtshtOf e, Frauen^ und Kinderheilkimde.
77
weil die alleinig» Naht der Serosa für die
soiiwer Terletzten Ereiaeenden der sohonendste
HSagriff ist, der sich auf das Unumgängliche be*
aohrftnkt und am ehesten von den Kranken aus-
gehalten wird. Nur um ein etwaiges Blutnaoh-
sickem au stillen oder um die inficirten Bissrftnder
SU entfidten und den freien Abfluss der Sekrete zu
erleichtem, soll unterhalb des abgeschlossenen
Peritonaeum, also extraperitonial und von der
Scheide aus bei schwerer Infektion noch etwas
Jodoformgaze eingelegt werden.
Mit dieser Operation wird die complete Ruptur
in eine inoomplete umgewandelt und aus der
Bauchhöhle das Nfthrmaterial , das daselbst fQr
Fftulnisskeime bereit liegt, entfernt Es ist das
zweckmässig, da die nicht perforirenden Risse er-
fahmngsgemäss eine viel bessere Prognose geben.
Den beachtenswerthen, mit der beschriebenen
Methode von Zw. erzielten Erfolgen steht freilich
der Nachtheil gegenüber, dass die Frauen einen
tiefen Bmm et 'sehen Riss behalten, der fOr etwaige
spätere Geburten eine Gefahr bedeutet Zw. beugt
vor, indem er die Frauen, die es wünschen, mittels
Tubendurchtrennung sterilisirt Die operative Be-
handlung setzt üeberführung in eine Klinik oder
ein Krankenhaus voraus. Ist solche sofort nicht
möglich, dann müssen an Ort und Stelle die ver-
letzten Oefässe aufgesucht und abgeklemmt wer-
den. Am besten werden bei perforirenden Rupturen
lange Billroth'sche EUemmen über beide Riss-
ränder gelegt und dann wird nach üeberwindung
der ersten Gefahr der Verblutung die Pat zur
Naht des Peritonaeum in eine Anstalt überführt.
Ist auch diese Möglichkeit ausgeschlossen, dann
kommt das Drainrohr in sein Recht, wobei die
Kranken, wenn möglich, etwas mit dem Kopfe
höher gelegt werden müssen, um das Blutserum
aus der Bauchhöhle abzuleiten.
Kurt Kamann (Berlin).
118. Uober missed labonr und nüMed
abortion; von E. Fifaenkel in Breslau, (von
Yolkmann's Samml. kUa. Yortr. N. F. Nr. 351.
1903.)
Unter missed labour versteht man nach Fr. die
vergeblichen Geburtbestrebungen kurz vor oder am
normalen Ende der Schwangerschaft mit vorüber-
gehendem oder dauerndem Sistiren der austreiben-
den Kräfte und Zurückhaltung der Frucht in der
Gebärmutter über die Zeit ihrer vitalen uterinen
Sxistenz hinaus, während man als missed aboriian
die Zurückhaltung eines vor dem Zeitpunkte der
Fruchtlebensfähigkeit abgestorbenen Eies in der
Gebärmutter über das normale Schwangerschaft-
ende hinaus bezeichnen soll. Dagegen soll man
von einer abnorm langen Sßtmtion des Eies sprechen,
wenn dieses nach Absterben der Frucht länger als
6 WooImd zurückgehalten wird.
Fr. hat salbst 2 Fälle vtm missed labour beob>
achtet
Im 1. Falle handelte es sioh am eine 32jähr. Frau,
die zum 5. Male schwanger war. Im 5. Monate, am
24. Ootober 1885, hohe galvanokaostische Amputation
beider Muttermandslippen wegen Carcinoma oolli ; einen
Monat später Abtragung eines Reoidivs der hinteren Lippe
und des hinteren Boheidengewölbee mit dem Tbermo-
kauter, mit dem auch das Innere des Gervikalkanales
behandelt wurde. Ende Februar Wehen, die wieder
erloschen. Am 2. März erschien die Er. mit der Angabe,
dass Kindesbewegungen seit 4 Tagen fehlten. Völlige
Atresie des Muttermundes. Am 30. März wieder Kreuz-
schmerzen, die Tom 6. Apiil ab wehenartigen Charakter
annahmen. Allmähliche spontane Wiedereröffnung des
Cervikalkanals. Wegen ansteigenden Fiebers am 9. April
nach manueller Dilatation Wendung und Extraktion
der faultodten Frucht männlichen Geschlechts. Sehr
grosse, fast lederartig trockene Placenta darauf ezprimirt.
Das Fruchtwasser war furchtbar stinkend. Ausspülung
der Gebärmutter und Scheide mit 3proc. Carbollösung.
Verlauf trotz beiderseitigen Cervikalrisses und Hämatom
im Beckenbindegewebe verhältnissmässig glatt. (Tem-
peratur bis 38.5<».) 4 Monate nach der Entbindung Rück-
fall der Krebserkrankung. Neue Operation. Im November
1886 2. Rückfall, an dem Pat. 1 Jahr später starb.
Im 2. Fälle handelte es sich um eine 37jähr. Frau, die
zum 4. Male schwanger war und ihr letztes, vor 3 Jahren
geborenes Kind V4 J^hre gestillt hatte. Letzte Regel
Anfang Nov. 1898. Nach Weihnachten 1898 11 Wochen
bettlägerig wegen ,,Ünterleibsentzündung'^. Am 18. Oct.
1899 Uterus weich elastisch, der Grösse nach der 30. bis
32. Woche entsprechend. Kindestheile äusserlich nicht
zu tasten. Kein Fötalpuls, kein Uterusgeräusoh. Hyper-
trophie der Portio vaginalis, Senkung der vorderen Scbei-
denwand, Cystocele. Muttermund geschlossen. Bräun-
licher Abfluss. üeber dem vorderen Scheidengewölbe
waren Kindestheile fühlbar. Nach 3 Wochen Uterus
etwas härter, Umfang etwas geringer. Einführung von
Laminaria, Ausstopfung der Cervix mit Jodoformgaze
ohne Erfolg ; auf Bougie Fieber. Auf H e g a r 'sehe Stifte
Eröfi&iung der^häute, aber Wehen erst nach 3stündigem
Einlegen eines Metreurynter mit 4000 g Gewichtsexten-
sion. Am 7. Tage nach Beginn der Wehenerregung
Muttermund für 2 Finger durchgängig. In Narkose
Thorakotomie, dann Wendung und Extraktion. Placenta,
sehr fest sitzend, manuell gelöst. Im Wochenbett para-
metritisches Exsudat rechte, das durchbrach; Genesung.
Placenta mikroskopisch: fibrös degenerirt, nirgends mehr
deutliche Kembildung. Die Entwickelung der Frucht
enteprach der 36. bis 38. Woche.
Diesen beiden Fällen von wirklichem missed
labour reiht Fr. noch einen Fall von Lithopidion-
bildung im versohlossenen Nebenhom mit theil-
weiser Vereiterung und Ausstossung von Kindes-
theilen durch den Hastdarm an. 2^4 Jahre nach
dem Eintreten der vergeblichen Oeburtwehen
machte die Frau eine normale uterine Schwanger-
schaft, Geburt und Wochenbett durch. Ein opera-
tirer Eingriff wurde nicht vorgenommen.
Ausser den yon Erevet zusammengestellten
Fällen aus der Literatur der letzten 3 Jahrzehnte
fand Fr. weitere Fälle von Bissmann, Schra-
der-Ahlfeld, Scharlieb, Hartz, Elein-
ertz und Labhardt, während 3 weitere Fälle
von Hac Farlane, Cameron und Arthur
nicht genügend genau beschrieben sind. Weiter
theilt Fr. 10 eigene Fälle von abnorm langer
Retention des Eies mit, sowie 18 aus der Literatur
der letzten Jahre. Diese zu den von Oräfe,
Schäffer und DCsseker zusammengestellten
78
YIL Oebiirtshülfe, Fraoen- und Kinderheilkunde.
Fällen gerechnet, ergeben die Zahl von 106 FUlen
von abnorm langer Betention des Eies.
Zur Erklärung der Ursachen des missed labour
bedarf es der Feststellung der Ursachen des Oe-
burteintrittes. Durch das Wachsthum des Eies
kommt es zur Entfaltung der Cervix, zu lokaler
Reizung der cervikalen Centren der Dterusbewe-
gung, die Schwangerschaftwehen ausl^Jsen. Durdi
verstärkte Wirkung derselben Ursache wandeln
sich diese mit der Reife der Frucht in Oeburtwehen
um. Für den normalen Fortschritt und die Voll-
endung der Geburt ist das richtige Verhältniss der
Muskelkraft des Hohlmuskels zum unteren Ab-
schnitte der Geburtwege, dem Dehnungschlauche,
erforderlich. Alle Umstände, durch die vermehrte
Widerstände im Dehnungschlauche bei gleichzei-
tiger Abnahme der austreibenden Kräfte des Hohl-
muskels gesetzt werden, können zu missed labour
führen.
Das Ei kann sich in Folge abnormer Resistenz
oder abnormer Widerstände an der Genrix ganz
im Hohlmuskel entwickeln, der abnorm verdünnt
wird. Die Reizung der Cervikalganglien fehlt wegen
des ungenügenden Hineintreibens der Fruchtblase
in den unteren Gervixabschnitt (absolute Insuf-
ficienz des Hohlmuskels). Femer kann der Hohl-
muskel durch vorausgegangene Erkrankung ge-
Bchwfioht sein (relative Insufücienz des Hohl-
muskels). Man fand bei normaler UterushOhle
missed labour bei Krebs des Uterushalses, bei
multiplen Fibroiden des unteren Uterinsegmentes,
Verwachsungen der Eihäute mit der Decidua, bei
Stenosen und Atresien am Muttermunde und Col-
lum uteri, sowie bei abnormer Starrheit des letz-
teren, femer bei tiefem, seitlichem Sitze der Pla-
centa, nach Peritonitis, bei Erkrankungen der ner-
vösen Centralorgane, Lähmung und Anästhesie der
unteren Körperhälfte.
Die Ursache des Wiedererwachens der Utems-
thätigkeit findet Fr. nicht allein darin, dass das
Ei als Fremdkörper im Utems weilt, sondem auch
in dem Auftreten der menstraellen Gongestion, bei
eröifnetem Ei und folgender Verjauchung, wahr-
scheinlich auch in der Aufoahme von Toxinen in
die Blutbahn und in thermischen Reizen (Fieber).
Die Ursache von missed abortion, bez. der Zu-
rückhaltung eines abgestossenen Abortiveies er-
klärt sich ebenfalls dadurch, dass die Auslösung
von Schwangerschaft-, dann Eröifhungswehen durch
Druck auf den inneren Muttermund und die para-
cervikalen Ganglien um so später erfolgt, je all-
mählicher die Schrampfung des Eies und je lang-
samer die Resorption des Fruchtwassers vor sich
geht Auch hier wird das selbst völlig losgelöste
Ei erst durch den congestiven Reiz der wieder er-
wachenden Periode gewöhnlich unter stärkeren
Blutungen ausgestossen.
TherapeutiBch empfiehlt Fr. ein mehr aktives
Vorgehen als die meisten der früheren Autoren.
Bei missed hibour empfiehlt er, wenn längstens
6 — 8 Wodien nach dem normalen Ende die Wehen
nicht erwachen, durch Metreuryse, Dilatation nach
B 0 s s i , event unterstfitzt durch Spasmotin-Injek*
tion, die Ausstossung der Frucht zu befördern; bei
Infektion hat dies sofort, event unter Mitentfer-
nung des erkrankten Fmchthalters, zu geeohehen.
Ebenso empfiehlt Fr. bei missed abortion osch
Sicherstellung des Frachttodes durch Untersudiong
in gewissen Zwischenzeiten die Dilatation des Col-
lum und digitale Ausräumung der Uterushöhle.
J. Praeger (Chemnitz).
119. üeber wiederholte Sohwangereohafts-
unterbreohang seltenerer Aetiologie ; von Lud-
wig Eleinwächter. (Ztsdir. f. Geburtsh. u.
GynäkoL XLIX. 1. p. 1. 1903.)
E L knüpft an die übertriebene Bedeutung an,
die denEmmet'schenOsnwcrMMn (inDeutschland
sghon mehrere Jahre früher durch Olshausen
und Roser bekannt geworden) in Amerika bei-
gemessen wird. In der Aetiologie der wteder-
hoUen spontanen vorxeüigm Sehtvangeraohaflunier'
hreekung spielen jene aber doch nach seiner An-
sicht keine unwichtige Rolle. EL hat selbst 1 1 Falle
gesehen, wo mehrfache Aborte und Frühgeburten
höchstwahrscheinlich (2 davon sicher) ihre Ursache
in Cervixrissen hatten. Der Beweis hierfür ist- nur
gelungen, wenn nach Yernähung solcher Risse
Geburten rechtzeitig erfolgen. Bei den beiden von
El. operirten Frauen trat beim nächsten Partoa
erneute Ruptur der Cervix ein, obgleich mit Rück-
sicht auf diese Möglichkeit ein weiter spaltförmiger
Muttermund geschaffen worden war.
Neben den Cervixrissen können auch Rßsiduon
vorauagesfongener Entzündungen im Beekenabadmitie
des PsnUmaeum Störangen der Schwangerschaft
(meist freilich ziehen sie Sterilität nach sich) be-
wirken. EL führt einen Fall an, in dem durch
eine Retrofiexio und massige Fizatio uteri 2inal
Abort, beim 3. Male in Folge allmählicher durch
die Schwangerschaften erfolgter Lösung der Ver-
wachsungen eine normale Geburt erfolgte. Eine
solche war auch den Aborten voraufgegangen und
die Retrofiexio u. s. w. hatte sich nach einer wegen
Hämatom des Netzes gemachten Laparotomie ge-
bildet In 13 weiteren Fällen vermochten Schwan-
gerschaften den Uterus nicht zu lockern, die Folge
waren Fehlgeburten.
Auch parametrane Exsudate begünstigen im
Falle eintretender Gravidität in höherem Grade
den Abort Bei einem solchen grösseren Exsudate
(EL's eigene Beobachtung) trat 3mal in einem
Jahre Conception ein. Als weitere Ursachen be- !
spricht EL noch Bildung von Tktmoren (Fibroma
uteri), Herzfehler, Diabetes mellitus, ^fdramnion
und Emphysem mü ehronisehem Lungenkatarrh
(zusammen 12 eigene Fälle). KTeuffel(Berlin).
120. Beiträge lom Stadium der Toneltigen
Ablösung der normal inserirten Plaemta; von i
Dr. C 0 1 c e a g. (Inaug.-Diss. Bukarest 1 903.)
YH OeburtahUfe, Frauen«* und Einderiieilbindd.
79
Die Blutung, die durch die vorzeitige AblOeung
des normal sitsenden HutterkuohenB hervorgerufen
wird, ist eine eohirere Complikation und kann das
Leben der Schwangeren in Oefahr setzen, wahrend
das kindliche Leben fast immer verloren ist Ab-
gesehen von Traumen handelt es üoh gewöhnlich
in diesen FUl^i um Albuminurie und fettige Dege-
neration der Placenta oder um aussergewOhnliohe
EUne des Nabelstranges. Die Behandlung richtet
sich nach den allgemeinen Symptomen; sind sie
nicht gefbhrdrohend, so kann exspektativ verfahren
werden. Andemfiüls muss die Beendigung der (Ge-
burt durch alle Mittel angestrebt werden. Oleich-
zeitig mit subcutaner Einspritzung von kfinstlichem
Serum, Aether, Coffein u. s. w., entsprechender
Lagerung der Frau , Abschnüren der Beine u. A.
wird der Qebftrmutterhals künstlich erweitert und
ein Ballon eingelegt Es wird dann gewendet oder
mit der Zange extrahirt Nach der Geburt werden
die Blutgerinnsel mit der Hand entfernt und heisse
antiseptische Irrigationen gemacht, einerseits um
die Involution der Gebärmutter zu beschleunigen,
andererseits um einer Infektion durch zersetzte
Blutgerinnsel vorzubeugen. E. T o f f (Braila).
121. Ueber Plaoenta praevia; von Pr. Ed-
mund NoheL (Ztschr. t Heilkde. XXIV. 6.
p. 150. 1903.)
Eine statistische Zusammenstellung über das
in 10 Jahren beobachtete Vorkommen von Placenta
praevia in der Prager geburtshülflichen Klinik.
Die Arbeit ist das Seitenstflck zu einer Arbeit glei-
chen Inhaltes der Wiener Klinik. Sie bringt nichts
wesentlich Neues. N e u m a n n (Leipzig).
122. üeber die Behandlang der Plaoenta
pay&wlB mit der Methode Bosai; von W. De
PaolL (Arch. f. GynftkoL LXIX. 1. p. 12. 1903.)
Der Vf. giebt der Methode Bossi's den Vor-
zug vor dem Kaiserschnitte in allen FUlen, wo
schwere Blutungen bei nicht verstrichenem Mutter-
halse und der Allgemeinzustand der Kreissenden
zur Entleerung des Uterus drängen, nachdem vor-
her, unter Umständen wiederholt, vergebens sorg-
ftltig tamponirt wurde oder Hämorrhagie rück-
wärts der Tamponade zu befürchten war. Ertheilt
die Qeburtgesohichten von 19 der am schwersten
Betroffenen mit Die Erweiterung wurde in 5 bis
25 Minuten erzielt Naht wegen Zerreissungen des
Collum war nie nüthig. Von 19 Müttern starb
eine, 3 Kinder gingen zu Grunde. Immer stellte
die Methode Bossi's nur eine Vorbereitung der
sofortigen Ibctraktion mit dem Forceps oder der
Wendung und Extraktion dar.
Die Methode wird eingehend geschildert Bei
alisgetragenen Kindern soll auf 8 — 9 cm erweitert
werden. Nimmt die Blutung während der Dila-
tetion zu, so sollen die Eihäute eingerissen und
weiter dilatirt werden* Ist bei 4Vt oder 5cm
die Bhitong noch nicht geringer geworden, so
soll sofort ein Fuss erfnsst und herabgezogen
werden. Kurt Kamann (Berlin).
123. üeber durch den Tod des Foetns
bedingte histologische Veränderungen der
Plaoenta; von H. Szäsz. (Beitr. z. Oeburtah. u.
aynäkoL VIL 1. p. 145. 1908.)
8. beschreibt einen der seltenen FUle von Pla-
centaveränderungen, die ausschliesslich durch Aus-
fall der fötalen Blutcirkulation entstanden, indem
der Fruchttod nicht durch primäre Placentaerkran-
kung, sondern durch eine eztraplacentaie Schäd-
lichkeit eingeleitet wurde. Die Nabelschnur des in
unverletzten Fruchthüllen abgegangenen 3 Monate
alten Foetus war mehrfach durch amniotische Fäden
bis fast zur Trennung strangulirt Die mikrosko-
pische Untersuchung der einen frischen Bluterguss
unter der Eihühle enthaltenden Placenta ergab,
dass nach Aufhören der fötalen Blutcirkulation
regressive Metamorphose des Amnion- undChorion-
gewebes eintritt; das Zottenstroma erleidet fibrOse,
dann hyaline Dejseneration, die Stromazellen gehen
zu Gründe; die Langhans'sche elektodermale
Zellenschicht verschwindet; später stirbt auch das
Synoytium ab. Durch vergleichende Betrachtung
der Bilder kommt 8. zu dem Schlüsse, dass zuerst
die Langhans 'sdien Zellen absterben, hiernach
das Strome, zum Schlüsse das Synoytium als der
widerstandsAhigste Bestandthkil der Placenta. Im
Gegensätze zu slledem bleibt die Decidua verhält-
nissmässig intakt Auch die der Decidua anliegen-
den grossen Haftzotten bleiben in verhältnissmässig
wohlerhaltenem Zustande, indem sie offenbar nicht
nur vom Foetus her, sondern auch von der Mutter
ernährt werden. Kurt Kamann (Berlin).
124. üeber Ohorioepithelionia malignnm ;
von 0. V. Franquä in Würzburg. (Ztschr. f.
Qeburteh. u. Gynäkol. XUX. 1. p. 63. 1902.)
V. Fr. vermehrt die Literatur über malignes
Chorionepitheliom um 3 Fälle, theils typischer,
theils atypischer Form. Das histologische Bild
ist ihm ein neuer Beweis für die Bichtigkeit der
M a r c h a n d 'sehen Lehre über diese Geschwulstart
Für den Praktiker wichtig ist die Richtschnur,
die V. Fr. für das therapeutische Handeln giebt:
Findet man schon kurze Zeit nach der Ausstossung
des Schwangerschaftproduktes noch Zotten und
Deciduareste mit nur einzeln gewucherten Theilen
des Chorionepithels und atypischen Bildern, so
muss die Diagnose in suspenso bleiben und die
erste Ausschabung, aber erst nach 2 — 3 Wochen,
wiederholt werden. Muss wegen grosser Hinfällig-
keit der Patientinnen die Operation um Wochen
hinausgeschoben werden, so ist es besser, derTotal-
exstirpation eine Ausschabung unmittelbar voraus-
zuschicken. In zweifelhaften Fällen sehe man den
Process lieber als einen malignen an und versäume
nicht über der Beobachtung den günstigen Zeit-
punkt zur Operation.
80
YII. GeburishWe, Franen- und Ejnderheilkimde.
unter Umständen kann, wie jetzt feetgestellt
ist, eine sehr gründlich ▼orgenommeneAusschabiing
zur Heilung des Chorionepithelioms fQhren.
EL Teuf fei (Berlin).
125. MittheUangen aas der gynftkologi*
Bohen Klinik des Prof. Dr. Otto Bngatröm in
HelBingfocf. Bd. IV. Heft 3. Bd. Y. Heft 1.
Berlin 1903. S. Karger. 8. (VgLJahrbb.CCLXXIV.
p. 255;CCLXXVI. p. 265.)
XLYL Zur Frage über den ventralen und vagi-
nalen Weg bei Operationen m der Beekenhökk; von
Otto EngstrÖm (p. 213—226).
EL hat bis zum 30. Juni 1902 30 Frauen wegen
entzQndlioher Erkrankungen der Adnexa uteri per
vaginam operirt \ von diesen Operirten starb keine
einzige. Von 266 von 1895 bis Mitte 1902 wegen
derselben Erkrankungen durch Laparotomie ope-
rirten Frauen starben 7 a» 2.6*/o.
EL kommt auf Orund seiner an obigem Kranken-
material gemachten Erfahrungen zu folgendem
Sohlussergebniss: ,,Die ventralen Operationen wegen
Adnexaffektionen haben bis jetzt quoadvitam gleich
gute Resultate gegeben wie die vaginalen. Die
ventralen Operationen greifen die Kranken mehr
an als die vaginalen und die Genesung tritt nach
den ersteren etwas langsamer ein als nach den
anderen. Die Spaltung der Bauohwand kann Ver-
anlassung zu sp&teien Beschwerden werden, aber
die Wunde in der Scheide dürfte nicht die M6g-
lichkeit später sich manifestirender Schwierigkeiten
aussohliessen. Bei ventraler Operation k(kinen mit
grosserer Sicherheit unbeabsichtigte Lftsionen ver-
mieden werden und wird leichter eine nothwendige
Reparation derselben ermöglicht als bei vaginalen
Eingriffen. Die ventralen Operationen kOnnen bei
Adnexaffektionen nicht aufgegeben, aber die vagi-
nalen dürfen nicht vernachlässigt werden. Die Art
jedes Falles muss möglichst sorgfältig untersucht
und hiemach der Eingriff streng individualisirt
werden.'*
XLVIL Äuegebüdeies Bymen bei Defekt der
Vagina; von Reguel Löfquist (p. 227—240).
In der Engström'schen Klinik sind nicht
weniger als 10 Fälle von wohlgebildetem Hymen
bei Defekt der Scheide beobachtet worden; die
Personen standen zur Zeit, als sie ärztlichen Rath
einholten, im Alter von 17 — 30 Jahren. L. theilt
diese Tälle kurz mit und giebt von dreien Abbil-
dungen der äusseren Qenitalien. In allen Fällen
von Defekt der Vagina, die Engstrdm beobach-
tete, fand sich eine Hymenalbildung. In 2 Fällen
war in Folge wiederholter Cohabitationversuche
künstlich eine Einsenkung hervorgerufen, die bei
flüchtiger Untersuchung eine mangelhaft ent-
wickelte Scheide vortäuschte. L. bespricht nun
die verschiedenen Auffassungen von der ersten
Anlage des Hymen und betrachtet als die annehm-
barste Theorie diejenige, nach der das Hymen eine
Bildung ist, die sowohl aus dar Vagiaa, als auch
aus dem Sinus nrogenitalis, bez. Bktoderm ihren
Ursprung erhält
XLVin. Ein operaüvee Verfahren bei BM-
retention im Thtbo-Üterinkanaie bei SeheidmdefM;
von Otto Engstr5m (p. 241—248).
In EL's Falle fehlte die ganze Scheide und fand «eh
ein BlutergoBB in der Höhle des Gehärmutterkörpere,
ausserdem noch ein f;eringer Ergnss in der linken labe
und je eine Blatcyste in beiden Ovarien. E. wollte zuerst
den Versach machen, eine möglichst weite, vor Allem
aber danerhafte Commonikation zwischen der Utenis-
höhle uid der Aotsenwelt herzustellen und so eine Vagina
zn bilden. Da die eanze Scheide fehlte, der untere lOieil
des üteros hoch oben gelegen und der Gebärmütterhalfi
vollständig atretisch war, war dies jedoch nicht aus-
führbar. B. exsärpirte deshalb den mit einer Höhle ver-
sehenen linken Theil des Uteras, entfernte beide Tnbeo,
liess jedoch die Ovarien zurück. Die Fat. wurde durch
die Operation von ihren Schmerzen befreit und völlig
arbeitfähig.
E. legt besonderen Werth darauf, in sdohen lUlen
die Eierstöoke sorüekzulassen, am die Operiiie vor Ana-
fallbesohwerden zu bewahren.
XLEL Beobaehiungen über gleiehxeUigea Ver-
hommm vtm TJierusmgom und avarialer Neubildung;
von Ossian Hellsten (p. 249—266).
H. stellt die von Engström behandelten und
durch die Laparotomie bestätigten FAUe kurz zu-
sammen. Bs sind im Ganzen 28 Fälle (1 Fall ist
dabei doppelt aufgefOhrt), lOmal war der neben
dem üterusmyom bestehende Eierstoektumor ein
Kystome seroeum simplex, 6mal ein Eystadenoma
pseudomucinosum, 6mal ein Eystadenoma seroeum,
Imal eine Parovarialcyste, 3mal ein Sarkom oder
Fibrom und 4mal eine Dermoidoyste. H. wirft
dabei die Frage auf, ob dieses gleichzeitige Vor-
kommen nur auf einem reinen Zu&ll beruht oder
ob eines dieser Neoplasmen die Bedeutung eines
ätiologischen Momentes oder einer mitwirkenden
Ursache fOr die Entstehung oderBntwickelung des
anderen besitzt, oder schliesslich, ob es eine ge-
meinsame Disposition, eventuell hervorrufende Ur-
sache für die Entstehung dieser Neubildungen giebt?
L. üeber Sdnoangereehaft in der einen Ecke
der Oßbärmutterhöhle ; von Otto EngatrGm
(p. 267—286).
K beobachtete seit mehreren Jahrm nicht ganz
selten in frühen Stadien der Sehwangeraohaft an
der einen Uterusecke eine deutlicher hervortretende
Weichheit und Vergri^sserung, als an dea übrigen
Theilen des GebärmutterkGrpers. Nach Verlauf
einiger Zeit, stets bevor die Frucht halbe Beife
erlangt hatte, war die Oebärmutter gletohfiSnuig
ovoid geworden. In «nzelnen Fällen dagegen hatte
sidi aus einer Uterusecke eine stark hervortretende,
weiche, fast fluktuirende Masse gebildet, die von
den übrigen, verhältniaamässig nur wenig erweich-
ten Theilen des Gebärmutterk5rpers mehr oder
weniger scharf abgegrenzt war. B. theilt 6 der-
artige Beobachtungen von starker lusbuchtung und
Erweichung der einen Dtarusecke mit Die Or^
Sache dieser, auffallenden Eraoheinnng baraht darin,
dass das sich entwickelnde Bi sich dtramedian^
YIL Oebartshülfe, Franen- und Einderheilkiiiide.
81
in der Nähe desOstiuin uterinum tubae, festgesetzt
hat Die Differentialdiagnose mit Tubarsch wanger-
Bchaft, interstitieller Schwangerschaft oder einer
anderen selteneren Form von extrauteriner Schwan-
gerschaft erglebt die grosse Bedeutunng, die die
Kenntniss derartiger Fälle für den prakticirenden
Arzt bat
K räth in solchen Fällen von intrauteriner
Schwangerschaft mit starker Verdünnung der Oe-
bärmutterwand alles zu yermeiden, was einen
grosseren Druck auf den dünnwandigen Eisaok
ausüben künnte, bis die Verhältnisse durch das
Hineinwachsen des Eies bis in die Mitte der üterus-
hühle sich normaler gestaltet haben.
LI. 2kpei FSÜe von SimtUaHon krankhafter Zu*
stände der Hamorgane; von Otto Engström
(p. 287—288).
l)£ine SOjfihr., mit aDgeborenen körperlichen Defek-
ten behaftete Frau behauptete, dass seit einigen Tagen ihr
Urin blutig sei, und brachte zum Beweise der Hämaturie
mit Blut vermengten Urin mit Die Eatheterisation der
Blase ergab die Simulation.
2) Ein 24j&hr. Mädchen, das von Chylurie gehört
hatte, spritzte sich Milch in ihre Harnblase ein und simu-
lirte so diese Krankheit In der mit dem S^atheter ent-
leerten milchig aassehenden Flüssigkeit war Milchzucker
nachzuweisen ; aus diesem Befand ergab sich die Simu-
lation.
Ln. UeberAppendicitü während der Sehwanger-
Schaft, Odfurt und Wochenbett; von 0. A. Boije
(p. 1-41).
B. stellt in einer ersten Tabelle aus der Lite-
ratur 48 Fälle zusammen, in denen eine Appendi-
citis während der Schwangerschaft entstand und
durch Operation oder Sektion festgestellt wurde,
in einer zweiten Tabelle 20 Fälle, in denen wäh-
rend der Schwangerschaft eine Appendicitis klinisch
diagnosticirt wurde, und in einer dritten Tabelle
8 Fälle, in denen eine Appendicitis akut im Puer-
perium nach ausgetragener Schwangerschaft auf-
trat. B. nimmt an, dass Appendicitis verhftltniss-
mäasig selten während der Schwangerschaft vor-
kommt; Schwangerschaft prädisponirt also nicht
für das Auftreten einer Appendicitis. Er wirft
nun die Frage über den Einfluss der Schwanger-
schaft auf den Verlauf einer Appendicitis auf, sei
es, dass es sich schon um einen abgelaufenen Fro-
oees handele oder um einen während der Schwanger-
schaft akut auftretenden. Aus der Engstr5m'-
Bohefa Klinik theilt er in einer ersten Gruppe 6 Fälle
mit, in denen nach radikal operirter Appendicitis
Sdiwangerschaft eingetreten war, in einer zweiten
Oruppe 12 Fälle, in denen vor der Schwangerschaft
eine Appendicitis klinisch diagnosticirt worden war.
In keinem der FlUle konnte der Schwangerschaft
eine sdiädliohe Beeinflussung der Appendicitis zu-
geschrieben werden; auch traten weder bei der
Entbindung, noch im Puerperium Störungen auf.
Bezflglich der Einwirkung der Appendicitis
auf die Schwangerschaft geht aus EngstrOm's
Beobachtungen hervor, dass eine während der
Schwangerschaft akut auftretende Appendicitis
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft. 1.
keineswegs unvermeidlich zu Abort oder Früh-
geburt fahrt Der Einfluss der Appendicitis auf
die Schwangerschaft ist nach B. in jedem Einzel-
falle nach der Art und Schwere der Erkrankung
zu beurtheilen. Die Prognose für die Frucht ist
als sehr ernst anzusehen, auch für die Mutter ist
sie recht bedenklich.
Mit E. Fränkel (Jahrbb. CGLXIV. p. 151)
steht B. auf dem Standpunkt, dass die Appendicitis
während der Schwangerschaft nach denselben Prin-
cipien zu behandeln ist wie ausserhalb der Schwan-
gerschaft Nur bei Berücksichtigung des Lebens
der Frucht stellen sich nach K die Indikationen
etwas anders, da unter solchen Umständen ein un-
mittelbar nach der Erkrankung vorgenommener
operativer Eingriff das Leben der Frucht, sowie
auch das der Mutter retten kann.
Uli. Seeha Kaiserachnitte, nebet Bemerkungen
über die Stellung der Sänger^sthen Operation zu der
Porro'aehen; von Prof. Elia Essen-Möller in
Lund (p. 43—69).
E.-M. theilt 6 Fälle von Kaiserschnitt mit, in
allen war der Erfolg für Mutter und Kind gut
Bei der Operation wurden nachHervorwälzung des
Uterus die Lig. lat und die grossen Gefässe bima-
nuell oomprimirt Elassisoher vorderer Längsschnitt
K-M. vergleicht die mit derPorro- Operation
erzielten Erfolge mit denjenigen des Kaiserschnittes
und kommt zu dem Schluss, dass, wenn wir die
Infektion ausschliessen kGnnen, der klassische
Kaiserschnitt vorzügliche unmittelbare Operation-
reeultate ergiebt, die denjenigen beiderPorro-
Operation keineswegs nachstehen. E.-M. hebt
hervor, dass der conservirende Kaiserschnitt eine
spätere Gonception ermöglicht Die Gtefahr, dass
in einer späteren Schwangerschaft sich die Narbe
verdünnt und sogar einreisst, ist durch eine sehr
exakte Naht der Wunde bei der ersten Operation
zu vermeiden« Da der klassische Kaiserschnitt an
Sicherheit und Erfolg der Porro- Operation nicht
nachsteht, ist er als die Normalmethode anzusehen,
die nur in bestimmten Fällen durch die Porro-
Operation zu ersetzen ist
LIV. Neue Erfahrungen Ober Tbtalexetirpation
der OebänmUter und Beaektion der Scheide wegen
schweren Prolapses bei alten Frauen; von Hugo
Forssell(p. 71— 118).
F. berichtet über 54 in der Engström 'sehen
Klinik mit der genannten Operation behandelte
Frauen. Zuerst wurde die Operation nach der
Fr it seh 'sehen Methode ausgeführt, späterhin
aber befolgte Engström die 1898 von Doyen
angegebene Methode. In Bezug auf die Dauer-
heilung liegen nur über 43 Fälle sichere Angaben *
vor ; von diesen war der Erfolg ein schlechter in
5 Fällen. Von den übrigen 38 reddivfreien Frauen
waren 33 länger als 2 Jahre recidivfrei.
LV. lieber operative Befestigung der Wander'-
nitre. Experimentelle und klinische Studien ; von
Rob. Elmgren (p. 119—288).
11
82
vn. Gebtirtshülfe, Frauen- ond Eindarheilkimde.
K giebt eine genaue historische üebersicht
Aber die bisher angewandten Methoden der ope-
ratiyen Befestigung der Wanderniere, bespricht
dann die von den verschiedenen Autoren angestell-
ten experimentellen Untersuchungen über operative
Befestigung der Niere und berichtet schliesslich
Aber 18 von ihm ausgefflhrte Thierexperimente.
Die Ergebnisse seiner eigenen Experimente fasst
E. etwa in Folgendem zusammen :
„Wird die Niere ihrer Kapsel beraubt, so bildet
sich eine Adhäsion zwischen der Nierensubstanz
und den nahe liegenden Geweben. Von der adhä-
rirenden Fläche winden sich dflnne Bindegewebe-
schichten hinein zwischen die Nierenkanftle, welche
jedoch wenigstens anfänglich unbeschädigt zu ver-
bleiben scheinen. Die Niere kann fest an der Um-
gebung adhäriren, ohne dass die Adhäsion den
Nierenelementen in höherem Grade zu schaden
braucht. Eine Sutur, sei sie aus Catgut, Seide
oder Silberdraht durch die Nierensubstanz, bewirkt
stets eine Sklerose der Nierensubstanz in der
Gegend und radiär auswärts von der Sutur. Diese
Sklerose ist schm&ler und besser begrenzt, wenn
die Nierenkapsel unbeschädigt ist Doch setzt sich
die Adhäsion nicht nur an der Austrittstelle der
Sutur an der Niere fest, sondern es nimmt auch
die Nierenkapsel in der Nähe der Sutur an der
Adhäsionbildung theil. Seiden- und Silbemähte
bewirken eine stärkere Beizung des Nierenpar-
enchyms als Catgut Erfolgt in einer mittels
Dekapsulation ausgefOhrten Nephropexie eine In-
fektion, so ist der Zerstfirungsprocess bedeutend
umfassender, als wenn dies bei einer Nephropexie
ohne Dekapsulation geschieht^'
E. stellt aus der Literatur 1240 Fälle von
Nephropexie zusammen; davon 350 Fälle, die ent-
weder hinsichtlich desFixationresultates wenigstens
6 Monate nach der Operation oder wegen even-
tueller Complikationen nach der Nephropexie von
besonderem Interesse sind, übersichtlich in einer
Tabelle. Auf diese 1240 Fälle von Nephropexie
kamen 20 Todesfälle — Le^t-
In Bngström's Klinik wurde die Nephro-
pexie 45mal ausgeführt E. giebt die genauen
Krankengesdiichten dieser 45 Fälle und bespricht
die verschiedenen Operationmethoden kritisch.
LYI. Fall von puerperaler SeheidencUreaie ; von
Hanna Christer-Nilsson (p. 289—292).
Eine 41jähr.Fraa machte mit 24 Jahren eine schwere
Entbindung duroh, fieberte im Paerperiom nnd musste
2 Monate zu Bett liegen bleiben. Später war die Aos-
übong des Ooitus anmöglich; 9 Jahre fehlten menstnielle
Blntongen. Unter heftigen Schmerzen entleerten sich
dann übelriechende, theerartige Massen, von da an ein
Jahr hindurch regelmässige Menstmation, später Men-
stroation unregelmässig. Die Untersuchung ergab völlige
Verwachsung im oberen Theil der Scheide. Das Narben-
gewebe wurde von Engström ezcidirt und die Wund-
ränder wurden plastisch vereinigt Nach 3 Jahren wurde
eine für 2 Finger durchgängige Vagina constatirt
Interessant ist in diesem Falle der nach 9 Jahren
erfolgte spontane Durchbrach der Atresie und der später-
hin abwechselnd erfolgende Wiederverschluss nnd zeit-
weilig sich wiederholende neue Durchbrach.
LYIL Beiträge xw Frage der Anwendung des
Neixea in der Bauchekrrurgie. Aus dem Kranken-
hause su Forssa (Finland) ; von Albert Sund-
holm (p. 293—297).
S. benutzte in 2 Fällen losgelöste Netzlappen;
der eine Lappen wurde rund herum um eine Entero-
anastomoeenOfbung gelegt, das andere Mal wurde
nach Exstirpation eines Magencaroinoms ein 4.8 cm
grosser Netzlappen herausgeschnitten, um einen
skarificirten Darm herumgewickelt und mit 2 Nähten
befestigt Beide Er. genasen. Die F&Ue beweisen,
dass sehr grosse Netzlappen, ohne Gefahr und ohne
Beschwerden hervorzurufen, in der Bauchhöhle zu-
rfickgelassen werden können.
L VIIL Drei Fälle von Sekwangereehaft bei Aoc^
gradiger ^fperiropkie des Chlkim uteri; von Edvin
Hansson (p. 299—305).
H. theilt 3F&lle sehr starker Hypertrophie und
Procidenz des Collum der schwangeren OebSr-
mutter mit In den beiden ersten FMlen trat das
Collum 7 cm, im dritten Falle 4 — 6 cm vor den
Soheideneingang. Da keine Aussicht bestand, dass
die vorhandene oolossale Hypertrophie sich ver-
ringern konnte, und die Gefahren der bevorstehen-
den Entbindung aus dem Wege geräumt werden
mussten, wurde bei den 3 Frauen im 4., bez.
2. Monate der Schwangerschaft die Amputatio colli
uteri alta ausgeführt Im 1. Falle trat 3 Wochen
nach der Operation Abort ein, in den beiden
anderen Fällen nahm die Schwangerschaft ihren
normalen Fortgang und es wurden lebende Kinder
geboren.
LIX. Ueber Oareinom der KUtoris; von Oeo
Björkqvist (p. 307—349).
Engström hat in den Jahren 1882—1902
unter 1 7000 gynäkologischen Kranken nur 4 Yulva-
carcinome, darunter 2 Carcinome der Klitoris und
ausserdem ein Urethracarcinom behandelt B. giebt
die Krankengeschichten dieser beiden Fälle von
Klitoriscardnom und stellt aus der Literatur noch
weitere 68 Fälle dieser Erkrankung zusammen.
Die Prognose des Klitoriscarcinoms ist schlecht,
die durchschnittliche Lebensdauer der Krankoi
beträgt nach dem Erscheinen der Neubildung 6 bis
15 Monate. Es vergehen nur etwa 7 Monate, bis
ein lokales Recidiv entsteht Im Durchschnitt trat
der Tod kaum 1 Jahr nach der Operation ein. Nur
von 4 Patientinnen wird angegeben, dass sie längere
Zeit nach der Operation lebten ; völlig gesund waren
2 etwa 6 Jahre nach der Operation.
LX. 2ktm Fälle von Emphysem der Baudk-
toand nach Lcgparoiomie ; von Ossian Hellsten
(p. 351—365).
In beiden Fällen handelte es sich um Myomopeia-
tionen. Im ersten, günstig verlaufenen Falle war es des
grossen schwangeren Üteros wegen anmöglich, alle Luft
aas der Bauchhöhle aaszapressen. Die 2. Pat, die gleich-
zeitig an Longentaberkulose erkrankt war, litt an heftigem
Hasten and starb am 4. Tage nach der Operation.
VII. Geburtshülfe, Frauen- und Einderheilkunde.
83
LXI. Wmkre 4 Fätte von Angiom der DreOira;
▼on Walter Sipila (p. 357—361).
S. theilt 4 Fälle von Prolaps der urethral-
Schleimhaut und wirklichem, duroh' die mikro-
skopische Untersuchung nachgewiesenem Angiom
mit In allen Fftllen wurde die Schleimhaut sammt
Tumor excidirt.
LXn. Zur Kennin%88 der präaenäm Atrophie
der toetbUehen OenUdUen; vorlAufige Mittheilung
von Walter Parviainen (p. 363—366).
T. fand auch bei prAsenilen Atrophien einen
stellenweise auftretenden Huskelfaserschwund und
eine Proliferation von Bindegewebe, auch in den
Tuben ist die Muskulatur sehr reducirt und in den
I Ovarien verschwinden die Follikel allmählich in
der Rindensohicht, bis sie in den oberen Schichten
ganz fehlen und auch in den tieferen Schichten
sich an Zahl vermindern und verkfimmem.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
126. Beitrag rar Therapie der Habelaohnur-
brfldhe; von Carlos Enoop inKiel. (v. Yolk-
m a n n 's Samml. klin. Yortr. N. F. Nr. 348. 1 903.)
Nach einleitenden Bemerkungen über die Aetio-
I logie und pathologische Anatomie derNabelschnur-
brQche bespricht K n. ausführlich die Behandlung
im Anschlüsse an Mittheilungen über 3 durch Ope-
ration geheilte Kinder aus der Kieler Frauenklinik.
Er bevorzugt die Laparotomie und bespricht die
Indikationen für die übrigen Behandlungsmethoden.
Am Schlüsse stellt er 46 Fälle, die seit dem Jahre
1882 beschrieben worden sind, zusammen.
Brückner (Dresden).
127. Die duroh Gtobartstraomen hervor-
gerofenen Krankheiten des Sioglings; von
Dr. H. Finkelstein in Berlin. (BerL Klinik
Heft 168. 1902.)
F. bespricht im Zusammenhange kurz und klar
eine Reihe von Verletzungen, die bei der Geburt
entstehen und die nicht nur ein rein chirurgisches
Interesse bieten, nämlich die Verletzungen des
Kopfes mit ihren Folgen, das Hämatom des Muse,
stemocleidomastoideus, sowie die sogenannten Ent-
bindungslähmungen. Er vermehrt die Casuistik
durch einige gute eigene Beobachtungen.
Brückner (Dresden).
128. OlATikoiarfrakturen Neugeborener bei
•ponteaer Geburt; von Dr. Gustav Riether.
(Wien. klin. Wchnschr. XV. 24. 1902.)
R hat in einem Jahre 65 Fälle von Schlüssel-
beinbrüchen bei spontan geborenen Kindern be-
obachtet, die in der niederOsterreichischen Landes-
gebäranstalt zur Welt gekommen waren. Die Frak-
turen werden bei der Entwickelung der Schultern
durch die Hebamme erzeugt. Am häufigsten bricht
die Clavikel derjenigen Seite, deren Schulter sich
bei der Entwickelung gegen die Symphyse stemmt
Bei der Diagnose ist zu beachten, dass eingekeilte
Frakturen unmittelbar nach der Geburt nicht immer
mit Sicherheit festgestellt werden kOnnen. Die
Prognose ist günstig. Bei geringer Verschiebung
genügt entsprechende Lagerung. Sie wird leicht
erhalten, wenn man den vorn geschlossenen Aermel
des Jäckchens auf dessen vorderer Seite festnäht.
Bei stärkerer Dislokation macht man einen Binden-
verband. Nach 3 Wochen kOnnen die Kinder ent-
lassen werden. Brückner (Dresden).
129. Die achmerBhafte Fronation der Jun-
gen Kinder; von A. Broca. (Revue d'0bst6tr.
et de Paediatr. XVI. p. 142. Mai 1903.)
Kleine Kinder, die in etwas brutaler Weise am
Vorderarme gezogen werden, bieten nicht selten
folgendes Bild dar : der Arm hängt bewegungslos
herunter, ist pronirt, der Daumen liegt dem Schenkel
an. Die Schulter hängt etwas herunter, doch ist
an ihr keinerlei Luxation oder Fraktur wahr-
nehmbar. Passive Bewegungen des Armes sind
möglich, auch aktive im Ebndgelenke und in den
Fingern, doch hüten sich die kleinen Patienten
ängstlich, den Ellenbogen zu beugen, oder den Arm
vom Rumpfe zu entfernen. Die Palpation ergiebt
Schmerzen in der EHienbogenbeuge, doch ist keine
Suffusion, oderDifformität zu bemerken. Man kann
diesen schmerzhaften Zustand mit einem Schlage
wieder gut machen, und zwar durch folgenden Hand-
griff. Der Vorderarm wird gestreckt, stark supi-
nirt und dann gebeugt, während man mit dem
Daumen von vom nach hinten auf den Radius-
kopf drückt In einem gegebenen Augenblicke
fühlt man einen Widerstand gegen die vollständige
Supination, der aber leicht zu besiegen ist Man
fühlt dabei ein eigenthümliches Einschnappen, und
B r. ist der Ansicht, dass es sich in diesen Fällen
um eine Subhucation des Radmakopfea handle, durch
starken Zug nach vom mit Pronation, wie dies
meist vorkommt, wenn Kinder an der Hand ge-
führt, fallen und etwas heftig emporgezogen wer-
den. Meist sind es Kinder im Alter von weniger
als 5 Jahren, gewöhnlich zwischen 1 und 3 Jahren.
E.Toff(Braila).
130. Die Fermente derMiloh; von Van de
Velde und De Landtscheer in Antwerpen.
(Arch. de M6d. des Enf. p. 408. Juli 1903.)
Die Vff. haben die Versuche Spolverini's
kontrolirt, dass nämlich durch Verfütterung von
keimender Gerste an Milohthiere das in ihr ent-
haltene amylolytische Ferment in die Milch über-
gehe und dieser auf künstlichem Wege ein Ferment
beigebracht werde, das- in der Frauenmilch eine
wichtige Rolle spielt Ausserdem sollte diese
Milch auch die Eigenschaft erlangen, Said in
Carbolsäure und Salicylsäure umzusetzen.
Für diese Controlversuche wurden gesunde
Kühe ausgewählt, deren Milch nach wiederholten
Versuchen als frei von diastatischem Fermente ge-
funden wurde, und es wiurde ihnen durch mehr als
1 Monat täglich je 1 kg keimender Gerste, ausser
84
Vn. Oeburtahülfe, Frauen- und Einderheilkunde,
der gewöhnlichen Nahrung, verabreicht Obwohl
diese G^erste eine bedeutende diastatische Wirkung
hatte, zeigte es sich, dcus die MUeh der Kühe wahr
rend der ganzen Dauer der Versuche keineswegs die
van Spalverini angeführten neuen EJigensehaflen
erlangt hatte.
Das Melken wurde unter streng aseptischen
Cautelen yorgenommen , aber um eine Infektion
sicher hintanhalten zu können, wurde der Milch
auch ein antiseptischer Körper, Schwefel&ther im
Verhältnisse von 10<^/o zugesetzt Dieser hat, wie
zahlreiche Versuche ergaben, auf die in Rede
stehenden Fermente keinerlei Wirkung, ist aber
im Stande, die Entwickelung von Mikroben in der
Milch zu verhindern.
Die Vff. schliessen aus ihren Versuchen, dass
es auf dem angegebenen Wege nicht möglich sei,
das Frauenmilchferment in die Kuhmilch überzu-
fahren. K T 0 f f (Braila).
131. Ueber S&nglingsenifihrang ; von Dr.
Rissmann u. Dr. Pritschke. (Arch. f. Kinder-
hkde. XXXIV. 3 u. 6. p. 249. 1902.)
EL und Pr. haben mit der von Schlesinger
empfohlenen Verabreichung von Vollmilch bei
19 Neugeborenen keine guten Erfahrungen ge-
macht Sie beginnen daher mit verdünnter Kuh-
milch, steigern aber rasch, so dass sie etwa bis
zum 4. Monate auf Vollmilch gelangen.
Brückner (Dresden).
132. Weiteret sur Frage der natürlichen
SftQglingBemfthning; von Arthur Schloss-
mann. 2. Mittheilung. (Arch. f. Kinderhkde.
XXXin. 3 u. 6. p. 338. 1902.)
Schi, hat 2 junge Säuglinge längere Zeit, den
einen 192 Tage, den anderen 72 Tage lang mit
abgedrückter Frauenmilch genährt und berichtet
über die an den Kindern gemachten Erfahrungen.
Er bestimmte das tägliche Gewicht der Kinder, die
Menge der in 24 Stunden genommenen Milch, deren
chemische Zusammensetzung, zeitweilig auch den
Energiewerth durch direkte calorimetrische Unter-
suchung. Die Zusammensetzung der Milch war im
Durchschnitte (von etwa 100 Litern) folgende:
Fett 3.47«/o, N 0.26o/a, Zucker 7.14«/o. Das erste
Kind war bei der Aufnahme 3 Tage alt, hereditär
luetisch und wog 2070 g, bei der Entlassung 5492 g.
Das frühgeborene, 12 Tage alte andere Kind wog
bei der Aufnahme 2330g, bei der Entkssung 3270g.
1kg Kind nahm im ersten Falle bei 5 g Ansatz
115 Galerien täglich, im zweiten bei 5.5 g Ansatz
119 Galerien täglich in der Nahrung auf. Die
durch Umrechnung der Werthe, die die chemische
Analyse ergab, gewonnenen Zahlen wurden zum
Theil durch direkte Bestimmungen im Galorimeter
controlirt Dabei ergab sich eine erfreuliche Ueber-
einstimmung. Als Mittelzahl des Energiequotienten
nimmt Schi. 110 an. Heubn er hat denselben
auf 100 berechnet, sich aber dabei nicht auf Zahlen
gestützt, die durch direkte Untersuchung der auf-
genommenen Nahrung gewonnen waren. Er hat dea
Energiewerth der Frauenmilch auf 650 GalorieD,
nach SchL's Ansicht zu niedrig, angesetzt
An diese Mittheilungen knüpft SchL Betrach-
tungen über die Aufnahme der einzelnen Nahrung»-
bestandtheile. Bei Besprechung der N-haltigen
Stoffe kommt er auf die Yerdaulichkeit des Eah-
milchei wMssee und meint, dass H e u b n e r mit der
Annahme eines grösseren Energieverbrauches von
Seiten der Kuhmilch, deren schwere Verdaulichk^t,
soweit das Eiweiss in Betracht kommt, indirekt zu-
gebe. Dabei übersieht er jedoch gerade das, worauf
Heubn er den Hauptwerth legt, nämlich die
Negirung des Biedert 'sehen „schädlichen Nah-
rungsrestes" bei gesunden, nicht überfütterten
Kindern. Darüber spricht sich Heubner so deut-
lich aus, dass ein Zweifel an seiner Auffassung
nicht wohl möglich sein kann.
Brückner (Dresden).
133. Siaglingsem&hnmg und Kindermüoh;
von Dr. P f a f f e n h 0 1 z. (Gentr.-BI. f. allg. Geshpfl.
XXL 5 u. 6. p. 183. 1902.)
Unter den Ursachen der erschreckend grossen
Sterblichkeit im Säuglingsalter nimmt die künst-
liche Ernährung mit Kuhmilch die erste Stelle ein.
Wenn Raudnitz dagegen einwendet, dass die
bisherigen Maassregeln versagt haben, und daraus
den Schl\)S8 zieht, dass die mangelhaften Wohnungs-
verhältnisse für die grosse Sterblichk^t verantwort-
lich zu machen seien, so übersieht er gänzlich, dass
der armen Bevölkerung die Fortschritte der künst-
lichen Ernährung noch gar nicht zugänglich ge-
worden sind. Die Versuche, die Kuhmilch der
Muttermilch ähnlich zu machen, sind als gescheitert
anzusehen. Als Dauemahrung eignet sich am besten
frisch bezogene, im Haushalte möglichst einfach
zubereitete Milch, auf deren Gewinnung grössere
Aufmerksamkeit und Sorgfalt zu verwenden ist,
als bisher geschah. Für den Säugling bestimmte
Milch (sogenannte Kindermilch) muss ganz be-
sondere Eigenschaften besitzen, die in einem Regu-
lativ festzulegen sind. Die Verordnungen haben
sich zu beziehen auf die Auswahl gesunder Kühe,
deren sorgfältige Fütterung, Verbesserung der Stall-
hygieine, gründliche Gonservirung und Controle
der Milch. Die bisherige Marktcontrole muss durch
Bestimmungen des Säuregrades, des Schmutz-
gehaltes, der Temperatur erweitert und durch eine
Gontrole der gesammten Produktion ergänzt wer-
den. Bisher hat man nur in Berlin, Dresden und
München Vorschriften erlassen, die den neueren
Anschauungen entsprechen. Erst wenn die Ver-
besserungen der künstlichen Nahrung der armen
Bevölkerung zugänglich gemacht worden sind, wird
sich eine Besserung in der Mortalität zeigen.
Brückner (Dresden).
134. Sozhlefs Nähnuokw. Btn
Kindemähmiittel ; von Dr. F r u c h t (Münchn.
med. Wchnschr. XTJX. 2. 1902.)
YH Qeburtshtilf e, Frauea- und EiiiderheiUnmde.
85
Fr. hat mit Soxhlet'sNährzucker als Zusatz
sor Milch bei gesunden und kranken Sftuglingen
gute Erfolge erzielt Brückner (Dresden).
135. Bnttermiloh ; von Dr. Antoine Ir-
raga. (Arch. de M6d. des Enf. p.413. Juni 1903.)
A. hat in mehreren FftUen von Gastroenteritis
bei Kindern Buttermilch angewendet und ist mit
den ersielten Resultaten sehr zufrieden. Br be-
trachtet mit Baginsky dieses Nahrungsmittel als
allen anderen überlegen, indem es selbst in schweren
raien von Dyspepsie gute Erfolge giebt
Die Bereitung der verwendeten Buttermilch
wurde mit besonderer Sorgfalt vorgenommen ; die
benutzte Sahne stand nicht länger als 24 Stunden,
worauf, nach vorgenommener Ausbutterung, der
Buttermilch je 25 g Weizenmehl und 35 g Bohr-
zucker pro Liter zugesetzt wurden, unter fort-
währendem Mischen wird das Ganze durch 2 Minuten
gekocht, hierauf in sterilisirte Flaschen gefüllt und
in Bis aufbewahrt. Die Kinder bekamen 150 bis
200 g 28tündlich. Manche zeigten nach einigen
Tagen Widerwillen gegen dieses Nahrungsmittel und
dann wurde zeitweilig Malted-Milk oder Nestle '-
sches Mehl gegeben. E. T o f f (Braila).
136. Die akute Leukämie der Kinder; von
S. Lustgarten. (Inaug.-Diss. Bukarest 1903.)
Die akute Leukämie kommt selten im Eindes-
alter vor. Als Hauptsymptome sind der plOtzUche
Anfang, die bedeutende Anämie, Blutungen, fieber-
hafter Zustand, leichte Drüsenschwellungen und
ein specieller Blutbefund zu erwähnen. Meist findet
man mikroskopisch eine Lymphooi^ihämie. Makro-
lymphocyten werden gefunden, sind aber für akute
Leukämie nicht charakteristisch, da sie auch bei
der chronischen Form vorkommen. Man findet
auch Fälle mit Mikrolymphocyten. Leber und Milz
sind bei akuter Leukämie der Kinder bedeutend
vergrGssert; ebenso auch die Thymusdrüse. Die
Krankheit endigt immer tOdtlich und die Behand-
lung ist nur palliativ, auf Brhalten der Kräfte und
Bekämpfung der Blutungen gerichtet Für letztere
sind Einspritzungen von Gelatineserum von Yortheil.
KT off (Braila).
137. Ueber die multiple, aogen. ohroniaoh-
rheumatiflohe Gelenkentaündung im Kindes-
altar; von Dr. Max Beiner. (Ztschr. f. Heilkde.
N. F. IV. 5. p. 157. 1903.)
Zu der noch vielfach unaufgeklärten Frage
nach der chronisdi- rheumatischen Gelenkentzün-
dung im Kindesalter liefert R einen Beitrag durch
3 Fälle mit klinisch so ausgesprochenen Brschei-
nungen, dass sie als Paradigmata gelten kOnnen.
In allen 3 ist der Prooess als das primäre Leiden
aufzufassen; er ist ganz chronisch verlaufen, hat
an vielen grossen Gelenken (Knie-, Hüft- und
Sdiultergelenken beiderseits) fanktionelle Ankylose
erzeugt und starke Verdickungen des periartiku-
lären Bindegewebes hervorgerufen. Bs bestanden
fibröse Adhäsionen zwischen den einander gegen-
überliegenden Gelenkflächen und Schrumpfung in
den periartikulären Geweben.
Bs handelt sich vor Allem darum, die BegrifiFe
der Arthritis deformans und des chronischen Rheu-
matismus streng auseinander zu halten. Dieser
unterschied ist schon von den verschiedensten
Autoren betont worden. Cnrschmann sucht
bestimmte Unterschiede zwischen der juvenilen
Form der Arthritis deformans und dem chronischen
Gelenkrheumatismus aufzustellen. Andererseits
wird aber auch die Meinung vertreten, dass beide
Krankheiten in einander übergehen (Senator),
ja dass es sich um denselben Process handele
(Bäumler), den man mit dem Namen Poly-
arthritis deformans bezeichnen könnte.
Aetiologisch haben die chronisch-rheumatische
multiple Gelenkentzündung und die Polyarthritis
rheumatica jedenfalls nichts gemein.
Von den Franzosen werden zwei Formen von
chronischem Gelenkrheumatismus unterschieden,
deren eine akut, die andere gleich chronisch ein-
setzt Bei beiden findet sich Verdickung der
Synovialkapsel und der Ligamente. Während bei
der akuten Form der Knorpel gewöhnlich nicht
betroffen ist, ist dies bei der chronischen der Fall,
ohne dass es dabei zu Flüssigkeitergüssen oder
Brkrankungen der Serosa kommt. Bs ist jeden-
falls eine Art von Trophoneurose.
Der Bngländer Gar r od, der chron. Gelenk-
rheumatismus und Osteoarthritis als einheitliche
Krankheitbilder anspricht, hat die Bezeichnung
Rheumatoidarthritis in die Literatur eingeführt
und specialisirt 3 Formen: nodular, fusiform
und crippling variety. Die fusiforme ergreift in
schwereren Fällen alle Gelenke, selbst Wirbel-
säulen- und Kiefergelenke. Sie ist namentlich
durch Schwellung der periartikulären Gewebe,
weniger durch Knorpel- und Knochenneubildung
charakterisirt
Die pathologisch-anatomischen Befunde in den
von R. beschriebenen Fällen lassen darauf schliessen,
dass der Knorpel an den Gelenken in vaskularisir-
tes Bindegewebe übergeht, die ganze knorplige
Bpiphyse ergriffen wird und nur einzelne Knorpel-
inseln verschont bleiben. Diese Knorpelinseln
können nachträglich ossifioiren und so eine Zer-
sprengung der knöchernen Bpiphyse vortäuschen.
Durch diese Veränderungen an den Gelenkenden
wird ein dauernder chronischer Reiz auf die Ge-
lenktheile ausgeübt, dessen Wirkung jene Wuche-
rung und jener Schwund ist, die man deformirende
Arthritis nennt.
Bine deformirende Arthritis kann sich dem-
nach auf dem Boden einer sogenannten chronisch-
rheumatischen entwickeln, wenn der Reiz der
Funktion hinzutritt. Bleibt dagegen der Funktion-
ausfall, d. h. die Contraktur der chronisch-rheuma-
tisch entzündeten Gelenke bestehen, so ist keiuQ
86
Vn. Geburtshülfe, Frauen- und EinderheiUcunde.
Gelegenheit zur deformirenden Entzündung ge-
geben.
Es braucht nicht besonders heryorgehoben zu
werden, dass ein chronisch-rheumatisches Oeienk
unter günstigen Bedingungen wieder zur Norm
zurückkehren kann, bevor sich eine deformirende
Arthritis eingestellt hat
Die verschiedenen Meinungen über das In-
einandergreifen oder Nebeneinanderhergehen der
Krankheiten haben eine grosse Literatur gezeitigt,
aber keine positive Einigung herbeigeführt.
Die von R geschilderten Fftlle sind interessant,
weil sich 1) an demselben Individuum verschiedene
Typen chronischer Gelenkentzündung finden, nftm-
lich a) die chronisch adhäsive Form des Rheuma-
tismus articulorum, b) eine in die Gruppe der
deformirenden Arthritis einzureihende Form und
c) eine der Arthritis nodosa ähnliche Form;
2) wegen der Folgezustände, die die chronische
Gelenkentzündung für das Skelet aus dem Grunde
nach sich gezogen hat , weil die Erkrankung im
frühesten Eindesalter aufgetreten ist Es sind
dies: a) die beträchtliche concentrische Atrophie
der langen Bührenknochen und b) die an den Epi-
physen der kurzen Röhrenknochen sichtbare Zer-
theilung des Epiphysenkernes in einzelne Stücke.
N e u m a n n (Leipzig).
138. üeber Bntwioklongahemmang der
Bztremitäten nach Qelenkrhenmatismas im
Kindesalter; von G. Hoppe-Seyler in Kiel.
(Deutsches Arch. f. klin. Med. LXXV. 3—5.
p. 320. 1903.)
Von den verschiedensten Autoren wird die
relativ geringe Häufigkeit des Gelenkrheumatismus
im Eindesalter ausdrücklich erwähnt Geradezu
selten ist die chronische Polyarthritis, die entweder
unter der Form eines akuten oder subakuten Ge-
lenkrheumatismus beginnt und auch ganz schlei-
chend ohne stark entzündliche Erscheinungen sich
entwickelt Letzteren Process bespricht eigentlich
nur Pfibram ausführlicher. Er unterscheidet
zwischen primärem und sekundärem Gelenkrheu-
matismus. Aetiologisch kommen dieselben Momente
in Frage wie bei den Erwachsenen, nur ist das
weibliche Geschlecht bevorzugt Der Verlauf ist
zwar fieberhaft, aber selten mit sehr hohen Tem-
peraturen; häufig besteht profuse Seh weissbildung.
Still beobachtete Milz- und Lymphdrüsensdi wel-
lung, Reste von Pleuritis und Perikarditis mit
mehr oder minder starker Verwachsung des Herz-
beutels.
Es kommen die verschiedensten Veränderungen
an den Gelenken vor : seröse Ergüsse in die Oe-
lenkhOhlen (namentlich Hand und Knie), starke
Versteifungen der Gelenke in Folge von periarti-
kulärer Schwellung und Verdickung der Kapsel
und Gelenkbänder. Femer Veränderungen an den
Gelenkfläohen durch üsurirung und Einschmel-
zungsprocesse an den Epiphysenknorpeln. Beson-
ders häufig ist die Versteifung der Gelenke in
Flexion- und Adduktionstellung (Schulter, Ellen-
bogen, Knie), wobei es in Folge der Gontraktur
und des Nachgebens der Kapselbänder zu Luxa-
tionen und Verschiebungen an den GelenkflSchen
kommt Namentlich in den Metacarpophalangeal-
gelenken der Finger besteht häufig Luxation und
Subluxation mit Ablenkung ulnarwfirts.
Obgleich Heilung nicht in Abrede zu stellen
ist, sind die Fälle, wo die Kranken von Anfang der
rheumatischen Affektion im Kindesalter bis zur
Beendigung des KCrperwachsthums beobachtet
worden sind, selten. H.-S. berichtet nun über
einen derartigen Fall, dessen Verlauf bei einem
weiblichen Individuum vom 7. bis 23. Lebensjahre
(1886—1902) beobachtet wurde. Da nach dem
Tode die Sektion verweigert wurde, wurden die
Gelenkveränderungen durch'Messungen festgestellt,
von den Händen, dem linken Ellenbogen und lin-
ken Knie Röntgenaufnahmen gemacht Zum Ver-
gleiche mit normalen Verhältnissen wurden Con-
trolmessungen an 12 Mädchen im Alter von 20—
24 Jahren (das Alter, in dem Pat starb) und an
11 Kindern von 7 — 15 Jahren vorgenommen.
Während der Rumpf und im Grossen und Ganzen
auch der Schädel die für das Alter von 24 Jahren
entsprechenden Maasse hatten, liess sich an den
Gliedern eine ausgesprochene Kleinheit nachweisen,
die entschieden auf eine Entwickelungshemmung
zurückzuführen ist Sie sind in dem Zustande
geblieben, in dem sie sich in dem Jahre befanden,
als die Krankheit von den Gelenken aus die Epi-
physen ergriff. So ist an Unterarm, Hand und
Fuss im 7. Jahre das Wachsthum zum Stillstande
gekommen, am Oberarme im 11., am Oberschenkel
im 12., am Unterschenkel etwa im 13. Lebens-
jahre. Auch die ümfongmessungen entsprechen
ungefähr diesen Daten.
Solche Wachsthumshemmung erfolgt, wenn
der Intermediärknorpel der Epiphysen geschädigt
und dadurch die Knochenbildung sistirt wird.
Doch liegt die Annahme am nächsten, dass die
Epiphysen bei der Entzündung der Gelenke mit
erkränkten und so die Entzündung bis in die
knorpelbildende Zone vorschritt Ja die Entzün-
dung wird wohl über den Intermediärknorpel
hinaus auch die Diaphysen in Mitleidenschaft ge-
zogen haben, wie ihre Dünnheit zeigt, und wie
dies auch experimentell von Vogt und Telke
bewiesen wurde. Weitere genaue Untersuchungen
und Messungen werden bei gleichen Beobachtungen
noch öfters solchen Stillstand des Knochenwachs-
thums nach Gelenkrheumatismus im Kindesalter
nachweisen. N e u m a n n (Leipzig).
Vni. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
87
VIII. Chirurgie, Augen- und Olirenlieillcunde.
139. Sin Vonohiag und Verraoh mr Hei-
lung der akuten Sepsis; von J. Wernitz.
(t. Volkmann's Samml. klin. Yortr. N. F. 352.
1903.)
„Den Versuch, das Qift selbst im Organismus
onsohAdlich zu machen, müssen wir aufgeben und
nur danach streben, die Ausscheidung desselben
zu befördern und zu beschleunigen.^^ Dies ge-
schieht am besten durch reichliche Flüssigkeit'
xufuhr: MastdarmeinlAufe von Iproc. Eochsalz-
Itenng. Die Kranken dürfen hierbei möglichst
wenig belästigt werden. Die Aufsaugung der Flüs-
sigkeit muss vollständig dem Körper überlassen
und darf nicht erzwungen werden, wie es bei den
intrayenOaen und subcutanen Bingiessungen der
Fall ist Steht es dem Herzen frei, so wird es
niemals mehr Flüssigkeit aufsaugen, als es bewäl-
tigen kann, und damit ist alle Oefahr der üeber-
bürdung des Herzens ausgeschlossen. Findet die
Resorption statt, so muss die Flüssigkeit in unbe-
grenzten Mengen zu Gebote stehen, damit mit
steigender Herzkraft auch möglichst viel Flüssig-
keit aufgesogen werde. Solche Eüngiessungen,
deren ein&che Technik genau beschrieben wird,
empfiehlt W. nicht nur bei manifester Infektion,
sondern auch prophylaktisch nach jeder länger
dauernden Operation in der Bauchhöhle.
P. Wagner (Leipzig).
140. DieBndreanitate der Behandlung der
Aktinomykoee in der ▼• Bruns'aohen Klinik;
Ton Dr. 0. Heinzelmann. (Beitr. z. klin. Chir.
XZXIX. 2. p. 526. 1903.)
In der Tübinger chirurgischen Klinik wurden
seit 1885 im Ganzen 56 Kranke an Akiinomyhm
behandelt (45 Männer, 11 Weiber). Hauptsächlich
befallen war das 20. bis 40. Lebensjahr. Sitz der
Erkrankung waren in 42 Fällen Qesicht und Hals,
in 2 Brust und Lunge, in 11 Bauch und Bauch-
decken und in 1 Falle die äussere Haut Die end-
guUge EMung ist bei der Aktinomykose in erster
Linie von dem Sitze der Erkrankung abhängig.
Am günstigsten ist die Prognose der Kiefer- und
BaisalOmomykoee: 89.7<^/o der Kranken wurden
geheilt Qanz anders und ungleich ernster ist
dagegen die Prognose, wenn der Strahlenpilz sich
in inneren Organen festgesetzt hat, und zwar
bieten hier neben der Aktinomykose des Gehirns
namentlich die L^ngenakiniomykaam sehr schlechte
prognostische Aussichten. Nicht viel günstiger
liegen die Verhältnisse bei decabdomineüenjUUino-'
mybm: 27.2% Heilungen auf 63.6<»/o Todesfälle.
Dieser ungünstige Verlauf bei der Aktinomykose
der inneren Organe mag vielleicht auch damit im
Zusammenhange stehen, dass sie von vornherein
einen bösartigen Charakter zeigt Vor Allem kommt
aber dabei in Betracht, dass nur in den wenigsten
Fällen eine gründliche Entfernung der erkrankten
Partien vorgenommen werden kann.
Die Behandhing der Aktinomykose in der
Tübinger Klinik besteht in möglichst radikalen
chirurgischen Eingriffen und daneben in der inner-
lichen Anwendung des Jodkalium.
P. Wagner (Leipzig).
141. Ueber tieMtaende Lipome; von Dr.
K. Der tinger. (Beitr. z. klin. Chir. XXXVIII.
1. p. 76. 1903.)
D. berichtet aus der v. Beck 'sehen chirurgi-
schen Abtheilung (Karlsruhe) über 12 operativ be-
handelte iiefsüxende Lipome, die Operationen nah-
men sämmtiioh einen günstigen Ausgang. Ausser
diesen 12 Fällen finden sich in der Literatur noch
137 Fälle von tief sitzenden Lipomen, von denen
Plettner bereits über 120 Fälle berichtet hat
In den 12 Fällen D.'s war die Lipombildung
4mal congenitalen, 4mal entschieden traumatischen
Ursprungs.
Die Diagnose macht in vielen Fällen grosse
Schwierigkeiten. Folgende Hauptmerkmale sichern
sie : Die Haut ist unverändert und in Falten ab-
hebbar, die Geschwulst fühlt sich in den meisten
Fällen weich an und giebt das Gefühl von Pseudo-
fluktuation; gewöhnlich adhärirt das tiefsitzende
Lipom an seiner Unterlage, ist also nicht verschieb-
lich und zeigt Lappung. Jedoch kann letzteres
Symptom nicht immer mit Sicherheit differential-
diagnostisch verwerthet werden, da in den aller-
meisten Fällen wegen «der tiefen Lage der gelappte
Bau eben nur schwer zu bestimmen ist Als wei-
teres Symptom nimmt man das langsame Wachs-
thum an; dieses erklärt es auch, dass die tief-
sitzenden Lipome verhältnissmässig spät Beschwer-
den machen. Eine Ausnahme hiervon bilden die
Hodenlipome, die sich in der Regel rascher ver-
grössem.
Die beste Behandking ist die unter strenger
Asepsis ausgeführte radikale Entfernung des tief-
sitzenden Lipoms. Recidive sind nur bei myxo-
matös oder sarkomatös entarteten Lipomen be-
obachtet worden. P. W a g n e r (Leipzig).
142. Lymphangiom mit temporärer Ohylor-
rhSe; von Prof. Neumann in Wien. (Ztschr. t
Heilkde. XXTTT. 9. p. 250. 1902.)
Bei einem l^ähr., seit 4 Jahren an einer nfissenden
HautafFektion an der Innenseite des linken Oberschenkels
leidenden Mädohen fand sich handbreit unter der linken
Schenkelforohe eine fingerlange und daumenbreite, strei-
fenförmige Hantpartie von warzenartigem Aussehen. An
verschiedenen Stellen sickerte wie aus einem Sieb in
wechselnder Menge ein milchiges Sekret in Form feinster
Tröpfchen, besonders reichlich nach dem Essen und nach
längerer Bewegung. Das Maximum der Flüssigkeit be-
trug innerhalb 24 Stunden lOccm. Die mikroskopische
und chemische Unteisuchong bestätigten die Annahme,
dass es sich um Lymphe handele. Sei der Exoision der
88
vilL Ghinii^e, Atigen- und Ohienheillamde.
erkrankten Hautpartie zeigte sich in der Tiefe ein grosseres
Gefäss, ans dem Lymphe ansfloss. Dieser Lymphstrang
wurde weiter verfolgt and doppelt unterbanden. Es trat
vorübergehend Heilung ein, doch schon 14 Tage naoh der
^ EnÜassung der Fat. kam neuerdings Sekret aus der Narbe.
N. giebt auf einer farbigen Tafel ein anschauliches
Bild dieses Lymphangioms und berichtet über ähnliche
in der Literatur mitgetheilte Beobachtungen.
Noesske(Eiel).
143. Ueber die von Sohleimbeateln aus-
gehenden Neubildongen; von Dr. C. Adrian.
(Beitr. z. kUn. Chir. XXXVIIL 2. p. 459. 1903.)
Eine genaue Durchsicht der Literatur ergiebt,
dass von primären, eehkn SehleMbmMgeschwüktm
bisher nur 17 Beobachtungen vorliegen.
A. theilt je einen weiteren Fall aus der Rostocker
und aus der Strassburger chirurgischen Klinik mit
1) 39jähr. Mann. Sarkom der PräpcUellargegend^
langsam gewachsen, mit aller Wahrscheinlichkeit aus der
Bursa praepatellans hervorgegangen, zunächst diagnosti-
cirt als proliferirende Bursitis. £zstirpation der Ge-
schwulst Metastasen in den Leistendrüsen und örtliches
Recidiv. Exstirpation dieser; Narbenrecidiv. Tbd.
2) 60jähr. Frau. Sarkam der Bursa subdeüotdeoy
innerhalb eines Jahres entstanden. Klinisch diagnosticirt
als proliferirende Bursitis. Fxstirpation ; Heilung.
Von den im Ganzen 19 Fällen betrafen 8 die
Bursa praepatellans, 3 die Bursa subpatellaris.
Die Diagnose der echten Schleimbeuteltumoren ist
besonders zu Beginn der Erkrankung schwer, ja
unmöglich ; sie unterscheiden sich dann kaum von
gewissen Formen des chronischen Hygroms. Die
Behandtimg hat in gründlicher Exstirpation, mög-
lichst mit der bedeckenden Haut, zu bestehen.
P. Wagner (Leipzig).
144. Die Bntetehons der Hygrome; von
Dr. 0. Langemak. (Arch. f. klin. Chir. LXX 4.
p. 946. 1903.)
Die im Bostocker pathologisch-anatomischen
Institute angestellten Untersuchungen L.'s ergaben,
dass Hygrom und Ganglion dem Wesen nach über-
einstimmende Produkte der Verflüssigung vermehrten
Bindegewebes sind. Die in den Hygromen vor-
kommenden Auswüchse, Balken und Höcker ent-
stehen nicht durch Proliferation, sondern durch
ungleichmftssige Verflüssigung der Wand.
Die Vorstellungen, die L. von der Entstehung
und der Beschaffenheit des Hygroms gewonnen
hat, lassen sich mit den klinischen Erscheinungen
vollkommen in Einklang bringen.
Eine dauernde Befreiung von den durch ein
Hygrom verursachten Beschwerden und eine radi-
kale Entfernung des Hygroms kann nur durch
Exstirpation erzielt werden, da eine Punktion mit
nachfolgender Compression wohl das Produkt der
Verflüssigung fortschafft, aber das Wiedereinsetzen
des Frocesses bei Fortbestehen des mechanischen Rei-
zes nicht verhindern kann. P. Wagner (Leipzig).
145. Ueber die BeralUte derBzatirpation
des taberkalöeenSehnenecheideiihygromfl der
Hand; von Dr. B. Zöppritz. (Beitr. z. klin.
Chir. XXXIX. 3. p. 654. 1903.)
Die rationelle Therapie der auf tuberkulöser
Basis beruhenden Sehnenscheidenhygrome kann nur
in der Totalexstirpation bestehen. Entscheidend
ist der Erfolg der Operation bezfiglioh der Dauer-
Heilung. In der v. Bruns'schen Klinik wur-
den 35 Kranke an Sehnenscheidenhygromen der j
Hand operirt Die Beobachtungzeit betrSgt bis zu
15 Jahren.
Betreffs der Endresultate der Exstirpation liegen
über 31 Kranke Nachrichten vor. Von diesen
sind 25 vollständig geheilt geblieben, und zwar
bis zu 15 Jahren.
In 9 Fällen traten Beddive auf, von denen 7 mit
bestem Erfolge operirt wurden. Die Oebraucke-
ßkigkeit der Hand wurde fast in der Hälfte der
Fälle vollständig wieder hergestellt
P. Wagner (Leipzig).
146. üeber embolisoheVeraehleppmigTon
Projektilen, nebst Bemerkungen über die
BchiiBeTerietiangen des Henene und der
grossen (Melisse; von Prof. H. Schloffer.
(Beitr. z. kUn. Chir. XXXVIL 3. p. 698. 1903.)
Schi, hat 2 Fälle von Sehussverletzung be-
obachtet, in denen er annehmen musste, dass eine
emboUsehe Verschleppung des Projektils stattgefunden
hatte.
1) ISjähr. Mann. Schossverletzoog des Thorax.
Ischämische Lähmung des rechten Vorderarmes. Das
Projektil sitzt im Lumen der Art subclavia. Extraktion:
Herxsckuss; embolisehe Verschleppung des Prqfektiis in
die Art, subclavia,
2) 17jähr. Mann. Yioheii-Sckussverletxung der Art.
eruralis im oberen Drittel des Oberschenkels. Embo-
lisehe Verschleppung des Projektils in die Art, tibioL posL
Extraktion.
In der Literatur finden sich nun ausser einer
Anzahl von Eerxschussverletxnngen mit VerweUen
des Projektils im Herxen noch 10 Fälle, in denen
Projektile in das drkukUiofwgstem eingedrungen
und darin gMieben, hex. verschleppt worden sind;
in keinem dieser letzteren Fälle ist jedoch das
Leben der Verletzten fOr längere Zeit erhalten ge-
blieben; alle wurden durch die Sektion diagnostisch
sichergestellt. In 3 Fällen wurde das Qeschoss
gegen die Richtung des Blutstromes, in 7 lUlen
in der Richtung des Blutstromes yerschleppt
Die am Menschen ausnahmeweise beobachtete
und durch die Sektion sichergestellte embolische
ProjektÜYerschleppung wird auch durch Thier-
ezperimente bewiesen. P. W a g n e r (Leipzig).
147. Aphoristische Bemerkungen Bum Ver-
lauf and der Behandlang der Friedenssohoss-
yerletiangen der Lange; von Prof. König.
(BerL kUn. Wchnschr. XL. 32. 1903.)
Bei penetrirenden Lungenschflssen wird der
schwere Verlauf durch den Blutergoss bestimmty
zu dem der Lufterguss hinzukommen kann. Am
Tage der Verletzung selbst ist ein operativer Ein-
griff verboten. Dagegen ist die Thorakotomie am
2. oder 3. Tage auch dann geboten, wenn keine
Vm. Chirargie, Augen- und Ohronlieilbmde.
80
schweren Ersoheinnngen dazu zwingen, weil der
Verletzte auf dieae Weiae vor einer Infektion dea
Ergusaee Yon der Lunge aua bewahrt wird. Bei
protrahirtem Verlaufe kann die Reacrption dea Er-
gusaee durch Punktion beschleunigt werden.
Sobotta (Heilanstalt Sorge).
148. Sohiiaawiuide dea Baaohea» Anaa
praetematoralia» Heilung; von Mihail Händ-
ler. (Spitalul XXm. 11. p. 446. 1903.)
Merkwürdig war, dass keinerlei peritonäale Sym-
ptome hervortraten trotzdem dass die Baaohwand durch-
bohrt war and auch etwas Netz vorgefollen war. Wahr-
scheinlich bewirkte derSchuss anfänglich nur eine Darm-
contosion, die sich an die Banch wunde anklebte und dann
perforirte. E. T o f f (Braila).
149. Bin Fall von indirekter naktnr dea
Orbitaldaohea durch Fenerwafßi; tou Dr. D.
Oalian. (Spitalul. XXm. 8. p. 322. 1903.)
Durch einen Scbrotschuss wurde das linke Auge
an der unteren Seite Terletzt nnd gleichzeitig drang ein
zweites Projektil 5 cm über dem Augenbrauen^^n durch
das Stirnbein links in das Oehim. Gleichzeitig wurde
ein Sprang am Dache der linken Orbitalhöhle gefanden,
der keinerlei Verbindung mit den erwähnten Verletzun-
gen hatte und also indirekt entstanden war.
£.To ff (Braila).
150. Zur grklinmg der Bxploalonaaehfliia ;
von Dr. H i 1 d e b r a n d t (Hünchn. med. Wchnschr.
L. 25. 1903.)
Die von H. in der EOnig 'sehen Klinik an-
gestellten Versuche führten zu folgenden Ergeb-
nissen: 1) Die Explosionschflsae sind zurückzu-
führen auf die Wirkung in Bewegung gesetzter
Theile dea flüssigen Medium, nicht auf die Ueber-
tragung einer Druckspannung. 2) Die Bewegungen,
die ein fliegendea Qeschoss in einer Flüsaigkeit
hervorruft, sind genau dieselben und gehen mit
derselben Begelmäasigkeit vor sich wie die Wider-
standatrOmungen um einen mit geringer Geschwin-
digkeit vorwärts bewegten Körper von derselben
Gestalt 3) Die rückwirkende Kraft des Projektils,
d. h. die Bewegung von Theilen dea Medium in
der Richtung auf den Schützen zu, erklärt aich
daraua, dasa die verdrängte Flüssigkeit an der
Vorderseite dea Geschosses, die unter hohem Drucke
steht, nach dem Gebiete dea Minderdruckea auf
der Bückaeite strümen musa. ^ Durch daa Pro-
jektil werden im flüssigen Medium in der Schusa-
richtung Wellen- und Wirbelbewegungen hervor-
gerufen, durch die der Stoaa dea Geschossea ein-
mal auf ein breiterea Feld und zweitens auf einen
grOsaeren Zeitraum vertheilt wird, während daa
Projektil aelbat wie eine Stanze wirkt 5) Da die
Geschwindigkeit der Wellen vor, bez. hinter dem
Geschoaae am grössten ist, um in den schräg lie-
genden Seitenästen abzun^men, so ist auch die
Wirkung dea Projektila nach vom in der Richtung
auf daa Ziel am intenaivsten und verringert aich
nach der Seite zu. 6) Die Seitenwirkung ist ab-
hängig von der Cohäaionkraft der Moleküle des
Medium. 7) Die Sprengung dea Schädela bei Schüa-
Med. Jahibb. 6d. 280. Hft 1.
sen aus kurzer Distanz erklärt sich aus dem An-
griffe der Gewalt nur in der nächsten Umgebung
der SchussOffhungen ; die cirkulären Spaltungen
stellen Biegungsbrüche dar, die radiären sind die
Folge der Keilwirkung der Kraft 8) Sämmtliche
Theile des Medium, die durch das Projektil in Be-
wegung geseszt werden, nehmen ihren Lauf ein-
mal entlang dem Schusskanale und zweitens in
der Richtung des geringsten Widerstandes. Hierauf
gründet sich die Erklärung der Krön lein 'sehen
Schädelachüsse. P. W a g n e r (Leipzig).
151. Der Schädelverletate and aeine Sohiok-
aale. Mne kUnische Studie; von Dr. H. Brun.
(Beitr. z. klin. Chir. XXXVIIL 1. 2. 3. p. 192. 289.
601. 1903.)
Die aus der KrGnlein'schen Klinik stam-
mende ausführliche Arbeit, die mit 200 Abbildun-
gen ausgestattet iat, eignet sich nicht zu einem
kürzeren Referate. Wir kOnnen hier nur einige
Hauptzahlen anführen und müssen wegen aller
interessanten Einzelheiten auf die Originalarbeit
verweisen.
B. standen aus dem Zeiträume von 1881 — 1901
470 Krankengeschichten von Schädelverletzungen
zu Gebote. Mit Ausschlusa der 165 an ihrer Ver-
letzung Verstorbenen gelang ea B., noch 100 dem
Leben Erhaltene nach Jahr und Tag, mit wenigen
Ausnahmen persönlich, zur Controle zu bekommen.
Von den 470 Schädelfrakturen waren 213 offene.
Vorwiegend betheiligt war die Basis 275mal. unter
den im Ganzen verstorbenen 165 Kranken zeigte
sich bei der ausnahmelos vorgenommenen Sektion
die Convezität des Schädels 108mal, die Basis
112nuil betheiligt Wenn man von den 32 Fällen
abaieht, in denen eine Infektion im Vordergrunde
als Todeaursache stand, so bleiben noch 50 Fälle
von direkt lethaler offener Fraktur und 83 Fälle
von lethaler subcutaner Fraktur übrig. Weitaus
am häufigsten ¥ar Todesursache die Läsion des
Gehirns. Von 470 Schädelverletzten zeigten 40 =
8.5<>/o meningitische Symptome ausgesprochener
Art Von diesen 40 starben 32 = 80.0%. Von
28 Schusaverletzten starben 20 = 52.7%.
Bei 39 = 8.3% der Schädelfrakturen liess der
klinische oder autoptische Befund ein typisches,
supraduralea Hämatom erkennen (31 dieser Kr.
atarben). P. W a g n e r (Leipzig).
152. Binige Worte über die angeborene
ICenlngo-Bnoeplialooele und ihre Behandlung;
von Dr. Nicolae Barbulescu. (Inaug.-Diss.
Bukareat 1903.)
Der gewöhnliche Sitz dieser Missbildung ist
die Hinterhauptagegend, seltener sind betroffen die
Glabella, der äuaaere oder innere Augenwinkel,
die Naaengänge oder die Mundhöhle. Rhachitis,
Alkoholiamus, hereditäre Einflüsse, psychische
Störungen in den ersten Schwangerschaftwochen
kOnnen zur Bildung dieser Veränderungen Ver-
12
90
Yin. Ghirargie, Augen- und Ohranheiihmde.
anlassnng geben. Die Struktur der nervOeen Sub-
stanz, die die Encephalocele bildet, unterscheidet
sich von dem normalen Gewebe desGentralnerven-
systems, mit dem sie in Verbindung steht, so dass
man sie als wahres Neoplasma betrachten muss,
analog den von Förster und Yirchow be-
schriebenen medullären Neuromen. Die Bildung
geht jener der knöchernen Schftdelwandnng voran,
da sie ihren Ursprung in den ersten Tagen des
embryonalen Lebens haben; an gewissen Stellen
werden die protovertebralen Lamellen des Kopfes
an ihrer Vereinigung gehindert und es kommt auf
diese Weise zur Bildung einer Meningo-Encephalo-
oele. Gewöhnlich findet man gleichzeitig auch
andere angeborene Fehler, wie Hasenscharte, Wolfs-
rachen, krumme Beine, Hernien, congenitale Am-
putationen, Syndaktylie, Polydaktylie, Bktopie des
Herzens. Eine sich selbst flberlassene Bnoephalo-
cele wachst unaufhaltsam und bewirkt schwere
Störungen; die physische und intelektuelle Bnt-
wickelung bleibt zurOck, ee erfolgen Erbrechen,
später Oonvulsionen und der Tod. In seltenen
F&llen kann Spontanheilung eintreten (Spring).
Bezüglich der Behandlung ist die Bxctsion der
Oeschwulst und SchUeesung des Schfideldefektes
durch Autoplastik als der ideale Vorgang anzusehen.
E. Toff(Braila).
163. Beiträge aar Diagnose und Therapie
der meinhimabscesse; von Dr. W. Lossen.
(Beitr. z. kUn. Chir. XXXDL 3. p. 804. 1903.)
In der Literatur finden sich 55 Fälle von ope-
firtm KlmMmabaoesam; 20 Er. genasen. L. theilt
aus der v. Beck 'sehen Krankenhaus- und Privat-
praxis 10 weitere Beobachtungen mit Bei sämmt-
lichen 10 Er. wurde die klinische Diagnose richtig
gestellt. 8 Er. wurden operirt : 3 genasen, 5 star-
ben. Die Eranken standen meist im Alter von 10
bis 30 Jahren. Die Uraaehe war stets eine diro-
nisehe Ohreilenmg. Anatomiaeh erwies sich die pri-
märe Ursache des Qehimabscesses 8mal als C^iole-
Sieatom der Paukenhöhle. Der Sitz des Absoesses
war 6mal links, 3mal rechts, Imal doppelseitig.
Gomplikationen des Eleinhimabsoesses bestanden
in allen Fällen.
Die künieehe Diagnose eines Kleinhimabseesses
gründet sich auf die Entstehung (chronische Otitis
media), auf den Ohrbefund, auf die Allgemein-
Symptome: heftiger Eopfschmerz, Schwindel, Er-
brechen, Somnolenz, Pulsverlangsamung, Verlang-
samung der Denkthätigkeit u. s. w. Die Lokal-
diagnose des SJeinhimabscesses wird gestellt aus
dem Fehlen von Sprachstörungen und motorischen
Herdsymptomen trotz sonst schwerer Himdruck-
erscheinungen ; dann aus der Nackensteifigkeit,
der lokalen Druck- und Elopfempfindlichkeit des
Hinterhauptes, Nystagmus, Eleinhimsohwindel,
Erbrechen, cerebellare Ataxie u. s.w. Druckerschei-
nungen der Medulla oblongata vermehren die Wahr-
scheinlichkeit des Sitzes im Eleinhim. Die fVio-
gnase des Klei$Mmabsee89es ist ohne Operation
durdiaus sMeeht; auch die Prognose der Opendkn
ist nidit sehr glänzend (ca. 52<^/o Heilungen nach
Eörn er 's Statistik).
Die Anzeige mar Jbseesseröffhung kann bd
sicherer Diagnose nicht zweifelhaft sein, man kann
auch sagen, dass sie noch in jedem Stadium aus-
geffihrt werden muss. Auch bei unsicherer Dii-
gnose empfiehlt L., wenn Verdacht auf Himabsoess
vorhanden ist, möglichst bald zu operiren und
wenigstens die Badikaloperation mit Freilegung
des Sinus und der Dura zu machen. Die Technik
der Operation und Nachbehandlung ist in der Ori-
ginalarbeit nachzulesen.
Die operativ geheilten Eranken L.'s waren
1 Jahr nach der Operation, abgesehen von mas-
siger Ohreiterung, gesund und arbeitfflhig. Sie
zeigten, abgesehen von leichter Schwerhörigkeit,
keine Mängel F. Wagner (Leipzig).
154. Beitrag ifirWinkelmann'aohenHydro-
oelenoperation ; von Dr. T. Suzuki. (Beitr. s.
klin. Chir. XXXIX. 2. p. 401. 1903.)
S. berichtet aus der Hüller'schen Chirurg.
Abtheilung (Aachen und Rostock) über 33 Hydro-
eelen, die nach der Methode von Winkelmann
operirt wurden. Nur in 2 Etilen traten Reddive
ein, die sich aber auch hätten vermeiden lassen,
wenn typisch nachWinkelmann operirtworden
wäre. Die technisch leichte Operation ist schnell
und unter lokaler Anästhesie auszuführen. Die
Eranken können, wenn nöthig, ambulant behandelt
werden. Zum Schutze der Wunde genügt ein
Gollodiumverband und das Tragen eines Saspen-
sorium. Als einziger Naohtheil der Operation, wenn
man von einem solchen überhaupt sprechen kann,
ist der umstand anzuführen, dass das Verfahren
nicht in allen Fällen anwendbar ist, weil bei ver-
dickter Tunica die Bktropionimng Schwierigkeiten
machen kann. P. Wagner (Leipzig).
155. Zur Anatomie und Pathologie der
Ghdlenwege und des Pankreas; von Prof. 0.
V. Büngner. (Beitr. z. klin. Chir. XXXTX, 1.
p. 131. 1903.)
V. B. hat A)lgendes gefunden: Der Ductus
choledochus geht vor seinem Bintritte in das Duo-
denum fiast stets (in 95®/o der Fälle) durch die
Substanz des Pankreas hindurch und nur selten
(in 5®/o der Fälle) an dessen Eopfe vorbei. Ductus
choledochus und Wirsungianus vereinigen sich fast
nie (nur in 1 — 2% <^or Fälle), sondern münden
fast ausnahmelos (in 98 — 99% der Fälle) getrennt
von einander am Boden des Diverticulum der
Papille. Der Ductus Wirsungianus verläuft in der
Begel ungetheilt Nur selten (in etwa 10*/« der
Fälle) giebt er einen Nebengang ab, der an anderer
Stelle in das Duodenum mündet
Aus diesen anatomischen Thatsachon ergeben
sich folgende khma^ Momente: Die operative
VIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
91
Freilegung des Ductus oholedochus ist in der Regel
nur bis zu dessen Eintritt in das Pankreas mOg-
lioli» nicht aber bis zum Eintritt in das Duodenum.
Alle Erkrankungen des Pankreas, die zu einer
Schrumpfung oder pathologischen YergrOsserung
des Pankreaskopfes führen, müssen eine Gonstrik-
tion nicht nur des Ductus Wirsungianus, sondern
auch des Ductus oholedochus bedingen. Die Ver-
legung des einen Ganges muss nicht natumoth-
wendig diejenige des anderen nach sich ziehen,
vielmehr werden Krankheiten, die sich isolirt im
Ductus oholedochus abspielen, nur Symptome von
Seiten dieses Ganges (Retention der Galle), Pro-
oesse, die sich isolirt im Ductus Wirsungianus ab-
spielen, nur solche vonseiten dieses (Retention des
Pankreassaftes) herbeiführen. Erst wenn patho-
logische Processe vorliegen, die das Diverticulum
der Papille und damit die an sich getrennten Aus-
mündungen beider Gänge verlegen (katarrhalische
Zuschwellung, Steinobturation oder Carcinom der
Papille), werden wir Ausfallerscheinungen der
Gallen- und Pankreassaftsekretion beobachten.
P. Wagner (Leipzig).
156. üeber QallenblaaenkoUken obneGkd-
lanateioe; von Dr. Hermann Erukenberg.
(BerL klin. Wchnsohr. XL. 29. 1903.)
Die Ausdehnung der pathologischen Befunde
bei Oallensteinoperationen entspricht nicht immer
der Schwere der klinischen Erscheinungen und
die Vermuthung hat sich bestätigt, dass auch ohne
Gallensteine eine Knickung der Ghillenblase zur
Ursache von Gallenblasenkoliken werden kann.
Diese Knickung geschieht namentlich, wenn sich
eine leicht bewegliche, gewissermaassen an einem
Stiele pendelnde Gallenblase (Wandergallenblase)
stärker füllt K r. veröffentlicht zwei dementspre-
chende Fälle. Entleerung und einfache BefestigUDg
der Gallenblase an der Bauchwand beseitigten die
Beschwerden. N e u m a n n (Leipzig).
157. Ueber Daaerbeilongen nach Gallen-
ateinoperationen ; von Dr. A. Schott. (Beitr.
z. klin. Chir. XXXIX. 2. p. 407. 1903.)
Die Arbeit stützt sich auf 180 in Beobachtung
gebliebene Kranke, bei denen in der Heidelberger
chirurgischen Klinik 1889 — 1900 Operaiianen an
dm QaUemoegen yorgenommen wurden. Bei den
180 Kr. wurden insgesammt 221 Einzeleingriffe
anageführt, bei 180 primären Laparotomien und
11 Relaparotomien (11 Choleoystendysen, 2Gysto-
pezien, 148 Cystostomien, 25 Choledochotomien,
10 Anastomosen, lOCystektomien, 4 Laparotomien
w^gen Verwachsungen).
Ein uihUa Stemreßidw wurde bis jetzt selbst
nach einer durchschnittlichen Beobachtungzeit von
5—6 Jahren in 180 Fällen nicht festgestellt Es
traten allerdings bei einem ziemlich hohen Procent-
satz der Operirten wieder Erscheinungen auf, die
einen voreiligen Schluss auf Becidiv gestatten
konnten. Allein auf soldie Erscheinungen ist
wegen ihrer Vieldeutigkeit kein grosses Gewicht
zulegen, vorausgesetzt, dass das Allgemeinbefinden
der Kranken erträglich ist und der weitere Hei-
lungsverlauf günstig bleibt Nur bei 9 Kr. (5^/o)
bestehen zur Zeit Symptome, die mit dem GaUen-
system in Beziehung stehen künnen. Bei 95^1^ der
Operirten trat vermuthlich eine DauerheUung der
Choküihkuia ein. Von der Gallensteinkrankheit
wurden diese Kranken befreit, oft genug mussten
sie jedoch Störungen in Kauf nehmen, da die Ope-
ration leider eine Restitutio ad integrum nicht er-
zwingen konnte, wenn überhaupt gerade bei der
Chirurgie der Gallenwege eine solche mOglich ist
Die Hauptrolle witeTdieaenpoatoperatwmBßsehioer'
den, die nicht in direktem Zusammenhange mit
dem Gallensteinleiden selbst stehen, dürfte die
Hemienbüdung in der Narbe spielen. Gerade die
Baiuehhemien sind es, die oft einen sonst glänzen-
den Erfolg schmälern. Seh. konnte nach den
191 Laparotomien 23 Hernien feststellen, und zwar
kam es nach Cystostomien und Cystektomien in je
10<^/o der Fälle, nach Choledochotomien dagegen in
16<^/t zur Hemienbildung. Nur bei 6 von den
23 Hernien sind Beschwerden vorhanden und von
diesen 6 sind es nur 2, die ihren Träger bei Be-
nutzung einer Bandage erheblich belästigen. Bei
Männern war der Procentsatz der postoperativen
Hernien bedeutend höher als bei Frauen, ebenso
bei Quer- und bei combinirten Schnitten bedeutend
höher als bei Längsschnitten. Grössere statistische
Berechnungen ergeben, dass die einxeüige Oyetosto-
mie die ungefährlichste aller modernen Gallenstein-
operationen ist (1.3<>/e Mortalität).
P. Wagner (Leipzig).
158. Bin BüokbUck auf 720 Gallenstein-
laparotomien unter besonderer Berüoksich-
tigong von 00 Hepatiooadralnagen ; von Prof.
H. Kehr. (Münchn. med. Wchnsohr. XLIX. 41—43.
1902.)
K. bespricht in dem bei der Naturforscher-
Versammlung in Karlsbad gehaltenen Vortrage
wiederum seine reichen Erfahrungen auf dem Ge-
biete der Gallensteinchirurgie. Bei dem dankens-
werthen Bestreben K.'8, aus seinen eigenen ausser-
ordentlichen Erfahrungen auch Andere möglichst
viel Nutzen ziehen zu lassen und bei den zahl-
reichen diesem Bestreben dienenden Veröffent-
lichungen können Wiederholungen natürlich nicht
ausbleiben. Bezüglich der pathologischen Ana-
tomie und Symptomatologie hebt K wiederum
hervor, dass seiner Ansicht nach Gallensteine als
solche überhaupt keine Beschwerden verursachen,
sondern erst dann sich bemerkbar machen, wenn
Infektion hinzutritt und das entzündliche Exsudat
in der Gallenblase die Steine in die Gallengänge
hineintreibt Auch der Ikterus, der bisher als
Hauptsymptom der Lithiasis galt, wurde von ihm
in 80-— 90^0 ^^^ ^^^ ^^i Steinen in der Gallen-
blase und imCystious, in SS^jq bei der Steinkrank«
92
VnL Chinirgie, Augen- und OhrenheOlninde.
heit imCholedoohus undHepatious, vennisst; auch
Steinabgang ohne Ikterus ist kein ganz seltenes
EreignisB. Das Symptom der Leberschwellung
hat nur eine untergeordnete Bedeutung, wie auch
der Tumor der Gallenblase meist nur in den akuten
Fftllen in Ersdieinung tritt, bei den chronischen
Krankheiten sich aber meist der Palpation entzieht
E. giebt auch hier wieder manche Anhaltepunkte
fOr eine specieile Diagnostik der Qallensteinkrank-
heit und betont die Möglichkeit einer anatomischen
Diagnose auf Ghrund des Untersuchungsbefundes,
genauer Anamnese und aufmerksamer Beobachtung.
Allein hierdurch wird die richtige Indikationstel-
lung ermöglicht E. steht auf dem Standpunkte,
dass nicht die Gegenwart der Steine, sondern nur
gewisse Folgezustftnde die Operation erheischen.
Indicirt ist diese bei chronischem Choledoohusver-
schlusse, bei akutem Empyem der Gallenblase und
bei akut serOs-eiteriger Cholecystitis, bei der das
Zuwarten gefi&hrlicher ist als die Operation, die
sich allerdings zunächst nur die Beseitigung des
infektiösen Materials, nicht der Steine unbedingt
zum Ziele setzen soll, also eine Drainage der
Gallenblase und eine schonende Entfernung aller
leicht erreichbaren Steine verlangt; durch ab-
schliessende Tamponade und Aspiration des Gallen-
blaseninhaltes kann die Operation ungeOhrlich ge-
staltet werden.
Bezflglich der umstrittenen IndikationsieUung
bei der chronisch recidivirenden Cholecystitis stellt
E. gewisse Thesen auf, die den Frieden zwischen
Internisten und Chirurgen herstellen sollen: Er er-
kennt den wohlthätigen Einfiuss der Trinkkur zur
Herbeiführung des Latenzstadium voll an. Die
theoretisch berechtigte Forderung der Frühopera-
tion im Sinne Riedel 's lässt sich praktisch nicht
durchführen. Bei leicht verlaufenden AnfiQlen mit
völlig freien Zwischenzeiten verzichtet E. auf jede
Operation. Der akute Choledochusverschluss ist
ebenfalls intern zu behandeln, ebenso F&lle mit
Ikterus und jedesmaligem Steinabgange, wenn auch
hier die Häufung der Anfälle und Schädigung des
Allgemeinbefindens die Operation indiciren können.
Häufige Eoliken ohne Ikterus und Steinabgang ver-
langen, wenn der Patient herunterkommt und Er-
werbsföhigkeit und Lebensgenuss beeinträchtigt
werden, die Operation. Ebenso sollen chirurgisch
behandelt werden der Hydrops und das Empyem
der Gallenblase, pericholecsystitische Eiterungen,
der chronische Choledochusverschluss, sowie alle
Eranke, die dem Morphium verfallen sind. Bei
Gallenblasencarcinom bietet nur eine ganz früh-
zeitige Operation Aussicht auf Dauererfolg.
Eranke mit chronischem Ikterus, der nicht auf
Choledochusstein oder unheilbaren Leberleiden be-
ruht, müssen spätestens 3 Monate nach Beginn
des Ikterus openrt werden, da nicht selten statt
des vermutheten Pankreascarcinom diePancreatitis
chronica interstitialis gefunden wird, die durch
Anlegung einer Gallenblasen-, Darm- oder Magen-
fistel (7 Fälle) zur Heilung geführt werden kann.
Schliesslich ist die Indikation zur Operation von
Fall zu Fall zu stellen und au<dk der socialen Indi-
kation zu gedenken.
Bei Diabetes, Arteriosklerose, chron. Nephritis,
bei corpulenten Männern, deren Herz und Nieren
nicht intakt sind, bei schwerster diffuser Cholangitis
mit schlechter Herzthätigkeit, bei sicherem Gar-
cinom mit Ikterus und Ascites wird man häufig
auf eine Operation verzichten müssen. Die Erfolge
einer chirurgischen Behandlung, die die Steine als
die begünstigende Ursache der Entzündung und
ihrer Folgen entfernt, müssen vollkommener sein
wie die der internen Behandlung, deren Aufgabe
es ist, die Steine und die Entzündung zur Ruhe
zu bringen, das Latenzstadium herbeizuführen, so
lange es noch keine auflösenden Mittel für Gallen-
steine giebt Die Cholagogen Mittel, deren aus-
treibende Eraft E. allerdings noch in Zweifel zieht,
sollen jedenfalls nur zur Anwendung kommen,
wenn der Verlauf der Erankheit für Choledochus-
steine spricht
Bezüglich der Erfolge E.'s ist es interessant, dass
er bei 5^5r0man Gkdlensteinlaparotomien 19 Todes-
fölle =» 3.5^ U Mortalität, bei seinen 720 Fällen,
also unter Einschluss complidrender Operationen
an Magen, Darm und Leber, desolater Carcinom-
und Cholangitisfälle, 112 Todesfälle = 25.5<>/o
Mortalität zu verzeichnen hat
Dabei sind Todesfälle, die während der ersten
100 Tage nach der Operation erfolgten, ebenso
solche ganz unabhäugig von der Operation, z. B.
an Gehimapoplexie, mit eingerechnet Interessant
ist femer die Feststellung, dass die Cystektomie
nur um l^/o gefährlicher ist als die Cystostomie
und dabei den Vorzug radikaler Heilung hat
Die früher festgesetzte AÜarsgrenze für die
Operation von 60 Jahren hält E. nicht mehr auf-
recht auf Ghrund neuer Erfahrungen, wonach alte
Leute den blutigen Eingriff oft überraschend gut
vertragen.
Bezüglich der Methodik der Behandlung ist
hervorzuheben, dass in der ersten Hälfte seiner
Fälle auf 1 94 Cystostomien nur 70 Ektomien kamen,
während in der zweiten Hälfte 74 Cystostomien
204 Ektomien gegenüberstehen. Es ist also ein
Umschwung zu Gunsten der radikalen Ektomie
eingetreten ; ausserdem geht aus den Zusammen-
stellungen noch hervor, dass E. in den letzten
Jahren mehr schwere und Spätoperationen aus-
geführt, die Frühoperation gegen früher eine Ein-
schränkung erfahren hat Einen ausgedehnten
Gebrauch hatE. von AerBepiUimisdraifuigegemdßht
(90 Fälle), die er verbunden mit der Ektomie für
das Normalverfahren hält bei ber chirurgischen
Behandlung der chronisch recidivirenden Chole-
lithiasis. Sie hat die Choledochotomie mit Naht
verdrängt, da ihre Mortalität geringer ist, die Ope-
ration rascher vor sich geht, die Infektion schneller
beseitigt wird, lernet viel seltener Steine zurück-
Yin. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
93
geiassen werden. Vom Verluste der Totalgalle in
den ersten 13 Tagen der Hepaticusdrainage hat E.
nie Schaden gesehen. Auoh bezQglieh derBeoidiv-
beschwerden bietet sie die besten Chancen. E.
hat bei ihr nie ein Reoidiy erlebt Von Seoidiven
Oberhaupt hat E. nur in 14 Fällen von seinen
Operirten Eenntniss bekommen, ohne dass es sich
jedoch stets um ein wirkliches Recidiv gehandelt
hat E. kann mit Bestimmtheit behaupten, dass
90<^/o aller seiner Operirten von Eoliken, Ikterus
und sonstigen Beschwerden verschont geblieben
sind. F. E r u m m (Earlsruhe).
159. Aacaria im Duotua oholedoohiia.
Choledocdiotomie; von Dr. F. Neugebauer.
(Arch. f. klin. Chir. LEX. 2. p. 684. 1903.)
Das postmortale Eindringen von Spulwürmern
in die Oallengftnge kann nicht als besondere Selten-
heit bezeichnet werden. Als ganz ungewöhnlich
ist dagegen der Aufenthalt des Wurmes in den
Oallengängen beim Lebenden anzusehen. N. theilt
einen Fall mit, in dem die operative Entfernung
eines solchen Parasiten aus dem Duct choledochus
vorgenommen wurde.
Die kltntsehe Diaanose war bei der 36jähr. Er. auf
Guiledochusetem gesteUtwordeD. Choledochotomie. Ent-
fernung eines 19 om langen lebenden Asoaris lambricoides,
der gedoppelt mit der Schlinge leberwärts im Oange lag.
Ueber dem Wurm lagen 2 kleine Oallensteine. Ligatur
des Dnct. oystions; Exstirpation der Oallenblase ; sero-
mosknläre Naht des CholedoohoB ; Heilung.
N. glaubt, dass es sich in seinem Falle um
primäre Gallensteine gehandelt hat, die dem Wurme
das Eindringen in den erweiterten Choledochus
erleichtert haben. P. Wagner (Leipzig).
160. Ueber Qallenblaaenraptiir in die freie
Bauohböhle ; von Dr. Max v. Arx. (Corr.-Bl.
f. Schweizer Aerzte XXXTT. 19. p. 585. 1902.)
Den seltenen Fällen von Buptur der GhiUen-
blase in die freie Bauchhöhle in Folge von tJsur
durch Oallensteine ohne äussere Verletzung reiht
V. A. eine eigene Beobachtung an, bei der es mög-
lich war, die Diagnose vor der Operation zu stellen,
da Tags zuvor die stehende Oallenblase noch der
Palpation zugänglich gewesen war, nach der Per-
foration nicht mehr, und da die im Anschluss an
den Defäkationakt stattgefundene Perforation von
der Pat selbst zugleich mit dem Auftreten von
Perforativsymptomen erkannt worden war. unter
diesen Symptomen sind hervorzuheben ein heftiger
initialer, zunächst auf Leber und Magengegend be-
schränkter, später sich ausbreitender Schmerz, zu-
nehmender Meteorismus, Singultus und Erbrechen,
zuletzt die Erscheinungen des drohenden CoUapses.
An dem Bild der Perforativperitonitis aus anderer
Ursache fehlt, wie v. A. hervorhebt, ein hervor-
ngendes Merkmal: es fehlen die Symptome der
Sepsis. Ueber 20 Stunden nach der Perforation
blieb der Allgemeinzustand ziemlich gut; es fehlten
Angst und Beklommenheit, der charakteristische
QesiQhtsausdruck, plötzliche Temperatursteigerung,
Schüttelfrost und Milzschwellung. Der Puls blieb
kräftig und leidlich ruhig. Es fehlte aber auch
der Dd^rus, auf den also zur Sicherung der Dia-
gnose nicht gewartet werden darf.
Therapeutisch empfiehlt auch v. A., da der Tod
bei Öallenaustritt in die Bauchhöhle ohne opera-
tiven BingrifF sicher, und zwar durch Resorption
der Oallensäuren, also durch Vergiftung, eintritt,
die Laparotomie. Die Art des lokalen Eingriffs an
der Oallenblase muss sich dem jeweiligen Befunde
anpassen, v. A. hat in seinem Fall nach Extrak-
tion eines grossen Steines die Cholecystostomie
ausgeführt Die einfache Punktion der Bauch-
höhle muss gegenöber dem radikalen Eingriff
durch Liaparotomie zurücktreten, da der letztere
doppelt so gute Aussichten bietet, als die einfache
Punktion. Zur Toilette der gallig imbibirten Bauch-
höhle wird nach v. A. mitVortheil heisse Kochsalz-
lösung von ca. 55 Centigrad angewandt eine Tem-
peratur, die das Peritonaeum vorübergehend ohne
Schaden erträgt F. E r u m m (Earlsruhe).
161. Ueber die Bntatehong and Behand-
lung derKnieacheibenbrüche, mit besonderer
Berücksichtigung der Danererfolge ; von Dr.
0. Schmidt (Beitr. z. klin. Chir. XXXIX. 3.
p. 711. 1903.)
Die Arbeit umfasst das Material der Breslauer
chirurgischen Elinik seit 1890: 52 Einzelfälle von
FateUafraktur bei 51 Eranken. Darunter waren
4 veraltete Frakturen, die nur gutachtlicher Be-
urtheilung unterlagen. 48 Patellafrakturen kamen
zur Behandlung; an 31 von ihnen wurde 32maldie
Enochennaht ausgeführt, während bei 17 lediglich
Massage und medicomechanische Therapie Anwen-
dung fanden. Die 32 OpercUionen vertheilen sich
folgendermaassen : Die Patellanaht wurde im Früh-
stadium, d. h. am 3. bis 21. Tage nach dem letzten
ünfoU, vorgenommen 22mal, nämlich 19mal nach
dem erstmaligen Bruche, 2mal nach der 1., einmal
nach der 2. Refraktur. 10 Eranke wurden spät,
d. h. 1 — 8 Monate nach der Verletzung, operirt,
und zwar 8 von ihnen nach dem erstmaligen Bruch,
2 nach der 1. Befraktur.
Eingehend bespricht S ehm. die verschiedenen
Ansichten über die Entstehung der PateUafrakturen,
die noch ebenso getheilt sind, wie die Meinungen
über die beste Behandlung. Die Entscheidung in
dieser wichtigen Frage zu treffen, ist nicht schwer,
wenn man sich einerseits das Ziel der Behandlung,
möglichst baldige und vollständige Wiederherstel-
lung der Funktion durch Eräftigung der Muskulatur,
Uebung desOelenkes, Ausbildung des Nebenstreck-
apparates und straffe (gleichviel ob ligamentöse
oder knöcherne) Verbindung der Bruchstücke, und
andererseits die Entstehung der Verletzung vor
Augen hält Bei den Stossfrakturen , wo der
Fascien- und Sehnenapparat erhalten ist und die
Fragmente nicht weiter auseinanderweichen können,
wird nicht operirt, vielmehr Binden- und Massage"
94
VIL Cliirurgie, Augen- und OhranheUlninde.
hehandking angewendet Dagegen ist ee bei einer
Biasfrakitnr und bei einer ihr gleichwerthigen com-
binirten Fraktur die dringendste Aufgabe, dtirch
PäieUanaht und PräpaMianalU den Znsammenhang
der Streckvorriditungen wieder herzustellen. In
der v.Mikulicz'schen Klinik wird nur die offene
Knoehmnaki angewendet, und zwar im möglichst
frühen Stadium. Unter den 32 Operirten waren
in frflherer Zeit 4mal ernstere Infektionen zu be-
klagen, und zwar 2mal bei Spätoperationen. Die
letzten, seit März 1897 vorgenommenen Operar
tionen sind sftmmtlich ohne jede Störung geglückt
Dooh hat die Operation auch Oegenanzeigen. Ge-
nügende Asepsis muas gewährleistet, die Narkose
nicht durch hohes Alter, organisdie Krankheiten,
Emphysem, Nephritis u. A. verboten sein.
Von 21 kurz nach dem 1. Unfälle oder nach
der Refraktur operirten Kranken konnten 13 nach-
untersucht werden: lOmal war das Resultat gut,
2mal massig, Imal ungoaügend. Von 10 wegen
veralteter Brüche Operirt^i konnten 7 naohunter-
sucht werden : 3 zeigten gutes, 3 massiges, 1 un-
genügendes funktionelles Resultat
F. W a g n e r (Leipzig).
162. Zur Oaanistik nnd Statistik der Fatel-
larfraktnren; von Dr. 0. Müller. (Arch. f. klin.
Chir. LXX. 3. p. 773. 1903.)
unter 16 Patellafrakturen, die M. zur weiteren
Behandlung von der Berufsgenossenschaft zugewie-
sen worden waren, war nur in 4 FftU^ii die Kno-
chennaht angewandt worden. 11 Kranke waren
mit Dauerverb&nden behandelt worden. Aus einer
Vergleichung der Fälle ergiebt sich, dass bei An-
wendung der Knochennaht die Behandlungdauer
wesentlich langer, die Funktionlähigkeit schlecht»
und die ErwerbstOrung grüsser war als bei den
nicht genähten Frakturen. Das Ergebniss seiner
Untersuchungen mOchte H. nicht verallgemeinern,
dazu ist die Anzahl der Fälle zu gering. Erst auf
Grund eines umfangreichen Uaterials wird sich
die Frage entscheiden lassen, welcher Methode bei
der Behandlung der Kniesoheibrabrüche der Vor-
zug zu geben ist P. W a g n e r (Leipzig).
163. Ueber die obere Altersgrenze für die
Behandlung der angeborenen Hüftverrenkung ;
von Q. Müller in Berlin. (Ther. d. Gegen w. N.F.
V. 2. p. 69. 1903.)
M. ist ein Anhänger der mechanischen Apparat-
behandlung und glaubt damit unter Anderem bei
einem 15jähr. Mädchen vOllige Heilung, bei einem
14jähr. Mädchen erhebliche Besserung erzielt zu
haben. Bei einer 28jähr. Pat mit Luxatio duplex
beseitigte er nicht nur die Schmerzen, sondern
besserte den Gang derart, dass keiner seiner Zu-
hörer daraus noch die Diagnose stellen konnte [! ?].
Gleich günstig wurde eine 49jähr. sehr corpu-
}ente Dame beeinflusst [I].
V u 1 p i u s (Heidelberg).
164. Anatonyaobe Voiginge b«i dsc Hel-
long der angebormimiHüftlaxatioa; von Mül-
ler. (Ztschr. t orthop. Chir. XL)
Ein glücklicher Zuftdl brachte M. in den Besitz
eines vor 2 Jahren (4jähr. Mädchen) und dnes vor
6 Wochen (2^/^ähr. Mädchen) unblutig eingerenkten
Hüftgelenkes. Die buchst werthvollen Präparate
zeigen die tadellose Reposition, die gute Pfannen-
bildung, die Schrumpfung und Fältelung der hin-
teren ^pselwand.
Die von M. erzielten Resultate bei 40 einsei-
tigen, 21 doppelseitigen Verrenkungen sind als
ausnahmeweise gute zu bezeichnen.
y ulpiuB (Heidelberg).
165. Snm Meohaniamns dea Plattfosaes;
von Prof. Ferd. Petersen inEieL (Arch.f.klin.
Chir. LXEL 1 u. 2. p. 58. 1903.)
Die anatomischen Veränderungen des Platt-
fusses werden zurückgeführt auf 4 Stelluagsver-
änderungen innerhalb des Fussskelets : Pes flexas,
pronatus, reflexus, abduotus. Eine Reihe schema-
tischer Zeichnungen erläutert die ausführlidie Dar-
stellung. V u Ip i u s (Heidelberg).
166. Der Plattfkiaa nnd seine Bntstehiing
durch Traam'en ; von Her hold in Altena. (Deut-
sche Ztschr. f. Chir. LXVL 3 u. 4. p. 336. 1903.)
Eine Reihe von Beispielen ans der militär-
ärztlichen Praxis belegt die Thatsache, dass Ver-
letzungen einen Plattfuss, bez. Plattfussbeschwer-
den erzeugen oder eine schon vorhandene Platt-
fussanlage zum schmerzhaften Plattfuss steigern
können. V u 1 p i u s (Heidelberg).
167. Nene Plattfbsseinlagen ans Celhüoid-
Btahldraht; von Dr. Fritz Lange in München.
(Münohn. med. Wchnschr. L. 7. 1903.)
Da die Plattfussschmerzen durch Pressung der
Knochen wie durch üeberdehnung der Bänder zu
Stande kommen, so muss eine gute Einlage beide
Störungen beseitigen. Die Einlage wird von L.
aus Ourten hergestellt, die mit Acetoncelluloid be-
strichen und durch Draht verstärkt werden. Die
Anfertigung geschieht auf einem Gipsmodell nnd
erfordert viel üebung und Erfahrung. Die Erfolge
sind symptomatisch günstig, die Beschwerden ver-
schwinden. Aber ^auch anatomische Besserung
lässt sich bei jahrelangem Tragen nachweisen.
Vulpius (Heidelberg).
168. Studien mr Physiologie und Patho-
logie der Thranenabsonderung und Thränen-
abftahr; von Prof. Schirmer. (Arch. f. Oph-
thalmol. LVL 2. p. 197. 1903.)
Die sehr dankenswerthe Arbeit um&sst fol-
gende ausführlich behandelte Abschnitte : L üeber
dieContinuität und die Menge der Thranenabsonde-
rung. IL üeber den Mechanismus der Thränen-
abftthr: 1) die Hebertheorie; 2) die Gapillarattrak-
tion; 3) die Aspiration von der Nase aus; 4) die
VUL Ghiruigie, Augen- und Ohienheilkimde.
95
Sackoompressiontheorie ; 5) die Saokdiktation-
theorie; 6) die Lidaohlusstheorie. in. Feuohtig-
keithaushalt im Bindehantsaoke. IV. Prindpien
und Methoden einer Funktionprüfung derThrftnen-
drflae. Y. Beiträge zur Pathologie der Thrftnen-
absondernng. VL Beiträge zur Pathologie der
Thrfinenabfohr. Die Fülle der interessanten Einzel-
heiten ist in einem gedrfingten Auszuge nioht er-
Mh5pfend zusammenzufassen.
Bergemann (Husum).
169. Bpiddmie d'oreillona observie aa
84e Regiment d*inf!anterie du mal — ootobre
1902. — Looaliaatlona ooolairea; par P. L.
Joly. (Arch. de H6d. et de Pharm. miL XLI.
Jnin 1903.)
J. bespricht zuerst die Aetiologie und Ent-
wickelung der Epidemie, denEinfluss desCaserne-
ments, der Dienstjahre, der Jahreszeit, die Incu-
bation und die Frühsymptome der Parotitis epi-
demica. Die Epidemie nahm den gewöhnlichen
Verlauf; auffallend waren aber die Miterkrankung
der Olandula lacrymalis in 19^ Jq und des Seh-
nerven, bez. seiner Netzhautumgebung in 35<^/o
aller (37) Fälle. Die Mitbetheiligung der Thränen-
drfise äusserte sich in einfacher Beizung mit
Thränenträufeln, Hyperästhesie und Anschwellung
oder in akuter Xbitzündung. Dann bestanden
leichtes Fieber, Hyposekretion vonheissenThränen,
die Erythem der Wange hervorriefen und entzünd-
liche Schwellung des Oberlides. Jedesmal erfolgte
ItQckbildung der Erscheinungen ohne Eiterung.
Der Augenspiegel zeigte entzündliche Yerände-
ningen von yerschiedener Stärke, die nicht immer
in beiden Augen gleich entwickelt waren : Hyper-
ämie des Fundus, peripapillären Halo, Oedem des
Sehnervenkopfes und der umgebenden Netzhaut,
Verfärbung der Papille. Die funktionellen Ans-
püle entsprachen nicht immer dem ophthalmo-
skopischen Bilde, 12mal bestand Herabsetzung der
Sehschärfe, 5mal concentrische Qesichtsfeldein-
engong. Meist heilten auch diese Veränderungen
ohne Schaden aus, nur Imal ging die Papillitis in
Opticusatrophie über.
Alle diese Veränderungen des Auges und seiner
Funktion pflegen im Anfange der Parotitis auf-
sntreten, meist schon vor den sichtbaren Erschei-
nungen an der Parotis. J. räth deshalb, auf ihre
Beobachtimg bei Parotitis^idemien mehr Werth
IQ legen als bisher, d. h. beim Auftreten der Krank-
heit die Umgebung der Zuerstbefallenen, seine Mit-
Khüler, Kameraden u. dgL frühzeitig zu unter-
sachen. Bergemann (Husum).
170. Die £ro]ftliylaaco der Blennofrhoea
MMiatoram; von Dr. Leitner. (Ungar. Beitr.
^ Augenhkde. IIL p. 65. 1903.)
L kommt bei Prüfung seiner eigenen und der
wnstigen statistiscäien Dntersuchungaergebnisse zu
to Sahluflse, dass zur Verhütung der Blennorrhoe
^ beste Mittal das C red 6 'sehe Verfahren ist.
Alle anderen Maassnahmen erreichen nicht an-
nähernd den Grad der Vollkommenheit und Sicher-
heit bei so leichter Handhabung. Er wünscht des-
halb gesetzliche Vorschriften für Hebammen, die
dieEinträufelung der 2proo.Arg.nitria-Ii0sung bei
jedem Neugeborenen fordern. Befreiung davon darf
nur dem Arzte zustehen. Die BlennorrhOen, die
trotz C redö's Verfahren zum Ausbruche kommen,
führt L. auf Naohinfektion oder fehlerhafte An-
wendung des Verfahrens zurück. [Zu berücksich-
tigen bliebe dabei noch die endogene Infektion und
die Ansteckung ante partum durch Hetritis. Bef,]
Bergemann (Husum).
171. Die Ursaohen der Erblindung in
Bgypten; von Dr. Osborne. (Arch. f. Augen-
hkda XLVn. 4. p. 438. 1903.)
0. berichtet über 500 hintereinander im euro-
päischen Hospitale in Alezandrien zur Beobachtung
gekommene Fälle von unheilbarer Erblindung. Als
Ursache liessen sich ermitteln 38<>/o akute, eiterige
Bindehauterkrankungen, 29^/o Primärglaukom in
seinen yersohiedenen Formen, 12<^/o Trachom,
4.6% Trauma und Sympathie 3.6<»/o Variola.
Vs — V« ^^^ Befallenen waren Einheimische, die
übrigen Ausländer. Die Hälfte aller Erblindungen
durch akute, eiterige Bindehauterkrankungen, sowie
20% aller Fälle überhaupt fiel auf die ersten
10 Lebensjahre, besondere das 1. Lebensjahr. 0.
führt diese Thatsaohe auf die beispiellose ünsauber-
keit und mangelhafte Pflege bei den Einheimischen
zurück. Jedenfalls hat die Blennorrhoea neona-
torum nicht annähernd dieselbe Bedeutung wie in
Gulturländem. Die von anderen Statistiken ab-
weichende-SSahl bei Trachom erklärt 0. zum Theil
vielleicht durch lokale Unterschiede, in der Haupt-
sache „durch die fundamentalen Verschiebungen,
welche die Trachomdiagnose in deni letzten Jahr-
zehnt erfahren hat'^ Die verhältnissmässig geringe
Zahl der Pockenblinden hat ihren Orund in der
gesetzlichen Zwangsimpfung, die seit 1891 gut
durchgeführt ist Auffallend bleibt die hohe An-
zahl, der Olaukomblinden. 0. fand unter seinen
Kranken genau doppelt so viel totale Glaukome als
reife j^taiakte. Bergemann (Husum).
172. Die Gesohiohte der ütaohombehand-
long; von Dr. Scholz. (Ungar. Beitr. z. Augen-
hkde. m. p. 83. 1903.)
Schon unter den alten Bgyptem und Indiern,
Oriechen und Römern war das Trachom eine so
ernste Krankheit, dass sich die Aerzte seiner Be-
kämpfung mit besonderer Sorgfalt und Umsicht
zu widmen hatten. Im Wesentlichen waren ihre
Uaassnahmen die gleichen, die heute gebräuchlich
sind. Es ist zu bedauern, dass sie den europäischen
Aerzten unbekannt waren, als das Trachom 1801
nach dem egyptischen Feldzuge unter den heim-
gekehrten englischen und französischen Soldaten
epidemisch ausbrach. Das herrschende Mittel wurde
J
96
ym. Cliiriiigie, Augen- und Ohienheillnmde.
damals der Aderlass, der je nach der Schwere dee
Falles dosirt und bis zur Ohnmacht vorgenommen
und wiederholt wurde. Die Ortliche Behandlung
wurde fast ganz unterlassen. Dieses sinnlose Ver-
fahren behauptete sich mit beschränkten Abwei-
chungen bis in die 40er Jahre. Dazu gesellten
sich noch starke Abführ- und Brechmittel, Schwitz-
kuren und warme Fussbäder. In den 30er Jahren
trat die örtliche Behandlung mehr in den Vorder-
grund ; doch wurden meist die Aetzmittel so im
Uebermaasse angewandt, dass ihre zerstörende
Wirkung wieder davon ablenkte. Die operative
Behandlung wurde nur sehr spärlich ausgeübt,
obwohl ihre Vorzüge von Einzelnen erkannt und
empfohlen wurden. So blieb die ganze Trachom-
behandlung bis in die 60er Jahre in ihrer Unvoll-
kommenheit und Beschränktheit ein Schmerzens-
kind der meisten Aerzte. Erst in den 70er Jahren
brach sich eine bessere Erkenntniss Bahn. Immer
mehr gelangte die medikamentöse Therapie gemein-
sam mit der mechanischen und nothwendigenfalls
mit der operativen Behandlung zur Anwendung.
In der Schulek 'sehen Klinik, in der Seh. als
Assistent arbeitet, hat sich folgendes Verfahren
erfolgreich bewährt: Die heftigen akuten Entzün-
dungserscheinungen werden bis zur Beruhigung
des Auges mit indifferenten kühlen oder lauwarmen
Umschlägen behandelt. Dann folgen tägliche Pin-
selungen mit 2proc. Lapislösung so lange, bis die
Follikel sich gut abgegrenzt abheben. Sie werden
nun mit dem Euhnt 'sehen Expressor ausge-
quetscht oder nach I m r e ausgekratzt. 4 — 5 Tage
nach der Operation beginnen wieder Lapispinse-
lungen oder Massage mit Iprom. Sublimat Wenn
die Bindehaut frei von Sekret ist, wird mit Blau-
stein touchirt oder, falls er zu stark reizt, die alte
Behandlung bis zur vollständigen Heilung fort-
gesetzt Bergemann (Husum).
173. Ueber Glaukom; von Prof. Wahl-
f ors in Helsingfors. (Arch. f. Augenhkde. XLVII.
1. p. 7. 1903.)
W. sucht eine Olaukomtheorie zu begrÜAden,
die schon 1875 vonOoldzieher und später von
Fuchs vertreten wurde, aber im AUg^einen
wenig Anklang gefunden hat Danach sind Druck-
Steigerung und Glaukom nicht identisch. Als
typische klinische Erscheinungen des beginnenden
Glaukoms betrachtet W.: die Herabsetzung des
centralen oder peripherischen Sehens, Beschränkung
des Gesichtfeldes und Abnahme des Lichtsinns;
gerade die Hemeralopie soll das am meisten chap
rakteristische und bisher das frühzeitigste Symptom
sein. Diese 3 funktionellen Veränderungen sind
nach W. verursacht durch eine mangelhafte Er-
nährung der Stäbchen und Zapfen, die durch Ver-
mittelung des retinalen Pigmentepithels von der
Choriocapillaris erfolgt Die Choriocapillaris atro-
phirt, früher oder später atrophiren meist auch die
anderen Schichten der Aderhaut Diese Atrophie
kann sich auch fortsetzen auf die Lamina chbrosa,
die in ihren vorderen Schichten zum Theil aus der
Chorioidea hervorgegangen ist Dann verhört die
Lamina ihre Widerstandskraft gogen den intra-
ocularen Druck ; ihr Zurückweichen führt zu der
pathologischen Excavation der Papille. Aus der
Atrophie leitet W. auch eine Abnahme der Ckm-
traktilität der Aderhaut ab und mittelbar aus der
verringerten Contraktilität eine Verlangsamung der
Lymphcirkulation. Der verlangsamte Lymphstrom
soll dann die Ablagerung von Zellen, Zellenresten,
Pigmentkömem u. dgl. in den Abflusswegen be-
günstigen; durch deren schliessliche Verlegung
kann es dann zum Glaukomanfall mit Drucksteige-
rung kommen. Als Ursache der Atrophie nimmt
W. einen trophischen Nerveneinfluss an ; wie weit
der Sympathicus hier in Frage kommen kann, ist
noch unentschieden. Ein entzündlicher Vorgang
scheint jedenfalls nicht vorzuliegen ; sonst könnte
nicht z. B. ein Mioticum in wenigen Standen alle
Erscheinungen beseitigen.
Die Prognose hält W. besonders für das ein-
fache Glaukom stets für schlecht, und zwar für um
so ungünstiger, je jünger der Patient erkrankt,
d. h. je mehr Zeit dem Process gegeben ist, sich
weiter zu entwickeln.
Neben Uioticis erwartet W. die beste Wirkung
von der Iridektomie, die allerdings bei Glaucoma
Simplex nur eine prophylaktische Bedeutung hat
In der Hälfte seiner Fälle bemerkte er einen gün-
stigen Einfluss von subconjunctivalen Strychnin-
injeküonen. Die Bedeutung der Iridektomie sieht
W. übrigens nicht in der EröfiChung des Kammer-
winkels, sondern mit Exner darin, dass an den
Colobomschenkeln Anastomosen zwischen Arterien
und Venen zu Stande kommen und so im Circulns
major und mittelbar in der Chorioidea bei venösen
Stauungen ein besserer Girkulationausgleich e^
möglicht wird. Der Sderotomia anterior und
posterior erkennt er nur eine vorübergehende Wi^
kung zu.
Es bleibt abzuwarten, ob anatomische ünte^
suchungen, besonders an wenig vorgeschrittenen
Glaukomen, die Auffassung W.'s bestätigen werden ;
vorläufig stützt sie sich noch auf vorzugsweise
klinische Beobachtungen.
Bergemann (Husum).
174. Ueber die Dicke der Sklera an Augen
mit Primärglankom ; von Dr. Ischreyt. ( Ardi.
f. Augenhkde. XLVII. 2 u. 3. p. 335. 1903.)
Ischr. gelangte durch genaue Untersuchungen
an 10 Augen, die wegen unstillbarer Schmerzen
bei absolutem Glaukom enudeirt wurden, zu etwa
folgenden Schlüssen: Bei Primärglaukom kommt
es sehr oft zu Dehnungen der Sklera mit gleich-
zeitiger Verdünnung der Membran im absoluten
Stadium; befallen sind vorzugsweise der vordere
und der äquatoriale, nur ausnahmeweise auch der
hintere Abschnitt Dieser Dehnungsprooess ist
IX. Hygieine tmd Staatsarzneikunde.
97
Terwandt dem hydrophthalmischen, aber soharf zu
trennen vom myopischen. So ist auch die Yerlftn-
gerung der sagittalen Achse glaukomatöser Augen,
abgesehen von zufälliger gleichzeitiger Myopie,
durch Dehnung der vorderen Kuppel des Augapfels
zn erklfiren ; ebenso weisen Skleralspome bei der
glaukomatösen Excavation auf myopischen Bau des
Olankomauges. Bergemann (Husum).
175. De la reseotion du aympathiqae dana
.le glaaoome; par Lagrange. (Ann. d'Ooulist
CXXIX. p. 439. 1903.)
L. machte die Sympathicus-Aussohneidung bei
infantilem und akutem Qlaukom. In beiden Fällen
bewirkte die Operation nur eine vorübergehende
Herabsetzung der glaukomatösen Drucksteigerung;
nach wenigen Wochen bestand wieder der Zustand
▼ie vor der Operation. L. erkennt deshalb den
von Anderen gerfihmten heilenden Binfluss der
Sympathicus-Aussohneidung bei Glaukom nicht an,
znmal er auch beim Thierversuche festgestellt hat,
daas die Hypotension nur einige Wochen andauert
Bergemann (Husum).
176. Di» aympathiflolie AiigenentaÜBduiig ;
von Prof. V. QroBz. (Ungar. Beitr. z. Augenhkde.
m. p. 123. 1903.)
Aus einem kurzen Literatur-Auszuge und seinen
eigenen Beobaditungen folgert v. Or., dass wir
anatomisch den Weg der üebertragung von dem
sympathisirenden in das sympathisirte Auge bisher
eben so wenig kennen wie den Infektionstoif. [Die
Arbeiten Rom er 's aus dem Gebiete der sym-
pathischen Ophthalmie sind unberücksichtigt ge-
blieben. ÜBf,] V. Or. erhofft weitere Aufschlüsse
ans entsprechender Ausnutzung der Forschungs-
ergebnisse über Lyssa, „deren Virus von der Biss-
stelle im Wege der Nerven centripetal bis zum
Oentndnervensystem sich fortpflanzt und von dort,
nachdem es sich vermehrt, centrifugal zu den ein-
zelnen Eörpertheilen , insbesondere aber zu den
Speicheldrüsen gelangt ^ Neben dem Suchen nach
dem Infektionstoffe müssten vor Allem weiter
untersucht werden die Yerbreitungswege der Lyssa
und besonders, wie lange es dauert, „bis die in die
vordere Kammer oder in den Glaskörper des einen
Auges verimpfte Lyssa den Seh- und die Giliar-
nerven des anderen Auges virulent macht'^ Die
Abhandlung enthält eine Beihe interessanter Be-
obachtungen, die in mehrfacher Hinsicht lehrreich
sind. Bergemann (Husum).
177. Dans quelle« limitea l'enuolöation
pr^entive met-elle i Tabri de rophthalmie
aympathiqae; par le Pr. Dianoux. (Ann.
d'Oculist GXXIX. p. 443. 1903.)
üeber die zur Beurtheilung von Renten-
ansprüchen bedeutungsvolle Frage, von welcher
Zeit nach der vorbeugenden Enudeation des ein^i
Auges das andere Auge als sicher vor der sym-
pathischen Erkrankung zu betrachten sei, stellte
D. eine Bundfrage bei seinen namhaften Fach-
genossen in Frankreich an. Als vorbeugende
Enudeation gilt die Operation, wenn sie vor Auf-
treten irgend eines sympathischen Erkrankung-
zeidiens vorgenommen wird, also nicht nur un-
mittelbar nach der Verletzung. Nach den über-
einstimmenden Aeusserungen der Gefragten und
seinen eigenen Erfahrungen folgert D., dass nach
der 7. Woche von der prophylaktischen Enudeation
das übrig bleibende Auge als dauernd frei von sym-
pathischen Complikaüonen anzusehen ist Treten
dann noch Erkrankungen ein, die unter dem Bilde
der sympathischen Ophthalmie sich äussern, so
sind sie als selbständige Krankheiten aufgetreten,
die unabhängig von der Verletzung des ersten
Auges sich entwickdt haben.
Bergemann (Husum).
IX. Hygieine und Staatsarzneikunde.
178. UebarLebenafllhlgkeit TonBaktefien
fa Oel; von 0. Kurpjuweit (Centr.-Bl. f.
Bakteriol. u. s. w. XXXin. 2. p. 157. 1903.)
Die Verwendung des Oeles zur Einfettung der
Katheter veranlasste E« das Verhalten der Bakterien
im OeKe zu untarsuchen. Es zeigte sich, dass die
antersuchten Bakterienarten einige Zeit, bis zu
10 Tagen, sich in Oel lebensfähig erhalten können.
Bb empfiehlt sich daher, das EathetorOl von Zeit
m Zeit zn stenlisiren und auf den Katheter zu
träofelUf nicht, wie es gewöhnlich geschieht, den
Katheter in die Oelflasche zu stecken.
Walz (Oberndorf).
179. Bakteriologiaohe Untermohangem über
daaKehrioht derKriegaielilffe; von CM. Belli.
(Centr.-BL f. BakterioL u. s. w. XXXIIL 6. p.423.
1903.)
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft 1.
B. hat den Kehricht einer Anzahl italienischer
Kriegsschiffe bakteriologisch untersucht mit dem
Resultate, dass die Sauberkeit der in Armirung be^
findlichen Schiffe ohne Ausnahme ausgezeichnet
ist Pathogene Kokken fanden sich sehr selten,
Tuberkelbacillen nie. Walz (Obemdorf).
180. Untenaohungen von Waaserlanfen in
Ohina; von 0. Mayer. (Centr.-Bl. f. Bakteriol.
u. 8. w. XXXIIL 6. p. 412. 1903.)
M. hat eine Reihe von Wasserlftufen in China
bakteriologisch untersucht und betont namentlidi
die Wichtigkeit des gleichzeitigen Befundes von
Coli- und KommabaciUen. Sie wurden überall ge-
troffen, wo Fftkalien in grosseren Mengen und ziem-
lich unvermittelt in das Wasser gelangten. Alle
Beobachtungen schienen dafür zu sprechen, dass
beide Bacillenarten, namentlich wenn sie vereint in
13
98
E^. Hygieine und Staatsarznelbmde.
einem Wasser gefimden werden, auch in geringerer
Zahl nicht ein so vOllig indifferentes Yorkommniss
seien, wie oft angenommen wird. Im Verein mit
einer, wenn auch gering gesteigerten Oesammt-
bakterienzahl, sind sie ein sehr brauchbares Unter-
stützungsmittel bei Beantwortung der Frage, ob
ein Wasser als „verdächtigt, genussunffthig zu be-
zeichnen ist Walz (Obemdorf).
181. Stadien über Wasserbakterien des
Leitungswassers der Stadt Buenos Ayres« mit
besonderer Berüoksiohtigiing der Pigment-
bakterien; von D. Fernande z. (Centr.-Bl. f.
BakterioL u. s. w. XXXm. 1. 2. p. 34. 97. 1903.)
F. hat im Laboratorium von Vog es diehftufiger
vorkommenden Bakterien des Leitungswassers in
Buenos Ayres, gegen 100, genauer untersucht und
beschrieben. Diese reiche Flora ist auf die mangel-
hafte Filtration des Wassers zu beziehen, das oft
2000 und mehr Keime im Cubikoentimeter enthält
Walz (Obemdorf).
182. Die Sammelmolkereien als Typhns-
verbreiter; von Hed.-Bath Dr. Robert Behla.
(Sond.-Abdruck aus dem E^lin. Jahrbuch. X. Bd.
Jena 1902. Oust Fischer. 60 S. mit 5 Abbildungen
im Text)
unter den durch Milch übertragbaren Lifek-
tionkrankheiten auf Hensch und Thier (Maul- und
Klauenseuche, infektiöse Enteritis, die jetzt ange-
zweifelte Bindertuberkulose, Diphtherie) stellt der
Unterleibstyphus ein grosses Contingent Er wird
nicht nur auf dem Wege des Milchhandels, sondern
auch durch Sammelmolkereien verbreitet Von
1892—1899 konnten nach Schlechtendal's
und Ricker's YerOffentlichungen 30 ausgedehnte
Epidemien der letzten Art zusammengestellt wer-
den. Auch B. bringt hierfür einen neuen Beleg
und berichtet über eine Molkereityphusepidemie,
deren Ausgangspunkt die Dobrilugker Molkerei
bildete und die er zu beobachten Gelegenheit hatte.
Sie umfasste in den Orten Kirchhain, Dobrilugk,
Frankena, Winkelgut, Lindena, Werenzhain und
Buckensien vom 6. Juli bis 1. Deoember 1901 in
32 Haushaltungen 47 ErkrankungsfiOle mit 20<>/o
Mortalität Interessant ist die beigegebene Yer-
laufscurve der Epidemie, aus der ersichtlich ist,
wie nach der eingeführten Pasteuriairung der ge-
sammten Milch der Molkerei am 11. Juli die Zahl
der angemeldeten Typhusf&lle, die vom 7. bis
13. Juli 16 betragen hat, sofort vom 14. bis 27. Juli
auf 3 sinkt, um dann allmählich mit einer Aus-
nahme im August vom 1. September auf 0 Fälle
herunterzufallen. Erst vom 26. Oct bis 9. Nov.
tritt wieder eine Steigerung von 3 Fällen ein
(Nacherkrankungen), bis dann Anfang Deoember
die Epidemie endgültig als erloschen anzusehen
ist unter den sanitätpolizeiliohen Anordnungen
(Desinfektion der Milchgeräthe, Verbot der Milch-
lieferung aus verseuchten Häusern, Abkochen der
Milch im Hause des Consumenten und kühles Auf-
bewahren derselben) wird in erster Linie die sofor-
tige Pasteuriairung der Milch in der Molkerei em-
pfohlen, die als dringendes Postulat nicht nnr für
die Zeit der Epidemie, sondern auch für die
epidemiefreie Zeit als Prophylaktioum aufgestellt
wird. TechnisoheBedenken stehen dieser Forderung
nach der Arbeit von Tjaden, Eoske und Her-
tel (YerüffentL d. kais. Gesundheitsamtes XVUL
2. p. 219) nicht mehr entgegen, da die weitere
Ausnützung der rasch auf 90* erhitzten unddaranf •
sofort abgekühlten Molkereimilch vollkommen mög-
lich ist, weil Dauererhitzung sich somit erübrigt
Das Koch 'sehe Eismilchverfahren hat sich weniger
bewährt, da das vollständige Zufrieren der Milch
eine Veränderung derselben bewirkt, und zwar
derartig, dass die Fette sich zum Theil in Flocken
ausscheiden und beim späteren Aufthauen nicht
wieder die Emulsionform annehmen. Dies tritt
nicht ein, wenn die Milch bis zum Verkaufe auf
einer nahe bei + 0 liegenden Temperatur erhalten
wird. Durch die Erhitzung der Milch auf 90<^
und ihre sofortige Abkühlung wird weder ihr
eigener Geschmack, noch der der aus ihr berei-
teten Butter beeinäusst, nur die Eäsebereitong
stüsst auf einige Schwierigkeit, die aber auch nach
dem Verfahren des Dr. Klein zu heben ist, das
darauf beruht, dass die durch das Erhitzen ver-
loren gegangene Verkäsungsfähigkeit der Müch
durch einen Zusatz von ChlorcalciumlOsung wieder-
hergestellt wird und ihr dann Reifungamomente
wieder eingeimpft werden. Hierzu verwendet man
als Impfstoff die feingeriebene Masse eines Vi
reifen Käses derselben Art.
B. fasst seine Erörterungen in 15 Schloss-
sätzen zusammen, die die polizeiliche Gontrole der
Sammelmolkereien, der Milchlieferanten und ihres
Personals, die Anzeigepflicht der Typhus- und
typhusverdächtigen Fälle von Seiten der Aerzte,
die Deamfektion der Milchgefässe umfaasen und
deren letzter die baldige obligatorische Einführung
der Pasteurisirung der gesammten Vollmilch in
Sammelmolkereien fordert Wie alle Arbeiten B.'8,
bringt auch diese durch Anführung einer reichen
Literatur seine eingehende Arbeitmethode zur Gel-
tung. Weissenborn (Berlin).
183. De i'immimisation oontre ia peate
bovine dana la rigion tranabaioalienne pen-
daat las anneea 1889, 1000 et 1901 ; par W. J.
Wijnike witsch. (Arch. des Sc. biöL de
St P6tersbourg IX. 2. p. 133. 1902.)
W. berichtet über die im grossen Maassstabe
nach dem Verfahren Nencki's vorgenommenen
Impfungen gegen Binderpest in Transbaikalien.
Er glaubt, dass dieses Verfahren der von Kolle
und Turner angegebenen Methode weit vorzu-
ziehen und weit weniger gefährlich sei Zur Ge*
winnung des Serum verwendet manThiere, die die
Rinderpest überstanden haben oder nöthigenfalls
IX. Hygieine und Staatsarzneürande.
Iflnstlich immuniflirte Thiere, indem man Thieren
zu diesem Zwecke 0.2 oom Pestblut und 2 Stunden
später eine vorher bestimmte Menge Antiserum in-
jicirt Nach der Erholung des Thieres erneuert
man die Injektionen im Yerlaufe einiger Monate
allmfthHch bis su 6 Liter Pestblut und mehr, um
auf ein gesundes Thier die Immunität zu über-
tragen, injicirt man ihm 0.2 com Pestblut, dann
Dach 2—4 Stunden 20—60 ccm (je nach Stärke)
aktiven Pestserums und wiederholt dieses nach 10 —
U Tagen. Das Verfahren wurde bei 4905 Bindern
geprüft Die Mortalität der geimpften Thiere be-
trug Vf^/o- TTeberall da, wo die Impfung statt-
&Dd, hörte die Pest auf. Walz (Obemdorf).
1 84. Die angebliche Wirkung hoher Kinäer-
iterbliohkeit im Sinne Darwin'aoher iLoeleee;
von Fr. Prinzing. (Gentr.-Bl. f. allg. Oeshpfl.
XXn. 3 u. 4. p. 111. 1903.)
Nioht selten wird behauptet, dass eine hohe
Kindersterblichkeit günstig im Sinne einer Auslese
der Bevölkerung wirke, und dass u. A. in lAndem
mit hoher Eondersterbhchkeit die Sterblichkeit in
den folgenden Jahren geringer, die Militärtauglich-
keit besser und die Tuberkulose weniger häufig sei.
Pr. beweist auf Qrund eines reichhaltigen statisti-
schen Materiales die Unrichtigkeit dieser Behaup-
tung, die auch aus allgemeinen Gesichtspunkten
nicht wahrscheinlich ist Schwächliche Neuge-
borene sterben meist bald nach der Geburt, mag
die Kindersterblichkeit in dem Gebiete gross oder
klein sein, und werden höchstens in den höheren,
fQr die Statistik nicht ausschlaggebenden Volks-
schichten am Leben erhalten. Bei den anderen
Neugeborenen kommt es für die Frage, ob sie am
Leben bleiben oder nicht, weniger auf die Eörper-
oonstitution an, als auf die Art der Ernährung und
die Sorgfalt der Pflege. Von den erkrankten Säug-
lingen stirbt nur ein Theil, von den überlebenden
kommen viele durch die Erkrankung dauernd oder
vorübergehend in einen sohlechten Emährung-
zustand, der den besten Boden für Rhachitis, Scro-
fulose, Tuberkulose u. s. w. bildet
Woltemas (Solingen).
185. Ksperimentaletudien über eine Art
Kindeamord dnroh Vereohluss der Bespira-
tUmBöflBQongen mittels benetiten Papiere; von
Yanamatsu Okamoto. (Yjhrschr. f. gerichü.
Med. 3. F. XXV. 2. p. 272. 1903.)
0. berichtet über eine in Japan übliche Art des
Kindesmords durch Ankleben von benetztem ein-
heimisch-japanischem Papier auf das Gtosicht. Er
wiess experimentell nach, dass auf diese Weise ein
Luftabschluss erzielt wird.
Woltemas (Solingen).
186. Uebermikroekopieohe Vorginge beim
VabelaolinarabfaU und deren gerichteärstiiehe
Bedentong; von L. E. 01i6ski u. S. Horo-
Bzkiewioz. (Yjhrschr. f. gerichtL Med. 3. F.
XIV. 2. p. 243. 1903.)
Wie Eockel behauptet, kommt es beim Neu-
geborenen an der Grenze zwischen dem Hautnabel
und dem Nabelstrange zu einer Demarkationentzün-
dung, deren Folge der Nabelschnurabfall ist Sie
tritt eine oder einige Stunden nach der Geburt in
der Form eines kleinzelligen Infiltrates auf, aus
dessen Anwesenheit man schliessen kann, dass das
Kind gelebt hat, und dessen nähere Beschaffenheit
Schlüsse auf die Lebensdauer ermüglicht. Ol. und
H. haben diese Angaben an einem grösseren Mate-
riale nachgeprüft, können sie aber nicht bestätigen.
Sie fanden Leukocyteninflltrate in den oberfläch-
lichen Schichten der Nabelschnurbasis auch bei
todtgeborenen Früchten, andererseits war bei Kin-
dern, die sogar längere Zeit nach der Geburt
gelebt hatten, keine Spur von Infiltraten nach-
zuweisen. Der mikroskopische Befund an der
Nabelschnur bildet somit keine Grundlage für die
Feststellung, ob ein Kind lebend oder todt geboren
ist, und kann daher noch weniger entscheiden, wie
lange ein Neugeborenes lebte. Nur bei Anwesen-
heit eines Infiltrates an der ganzen Grenzfläche des
Nabelstranges und des Hautnabels in Gestalt der
sogenannten Demarkationplatte kann man fast mit
Bestimmtheit sagen, dass das Kind lebend ge-
boren ist, und mit Wahrscheinlichkett , dass es
länger als 1 Tag gelebt hat
Woltemas (Solingen).
187. Ueber den Blatgehait der MUs beim
Tode dnroh Bmtiokang; von F. Reuter.
(Vjhrschr. f. gerichtL Med. 3. F. XXV. 2. p. 233.
1903.)
Bei experimentell erstickten Thieren kommt
ziemlich regelmässig eine Contraktion und Anämie
der Milz zu Stande, die im Gegensatze zu der
starken Hyperämie der Leber und des GekrOses
steht Beim Menschen fand R unter 33 Fällen
von Elrtränkungstod 19mal eine deutliche Anämie
der Milz, während bei anderen Arten des mecha-
nischen Erstickungstodes nur vereinzelte Beobach-
tungen von Milzanämie gemacht wurden, beim
Eindesmord durch Ersticken keine einzige. Eine
praktische gerichtsärztliche Bedeutung kommt dem
Befunde von Milzanämie daher kaum zu, wenn er
auch, besonders in Verbindung mit anderen Zeichen,
die Diagnose Erstickung unterstützen kann.
Woltemas (Solingen).
188. Beiträge inm Studium der Verbren-
nungen in forenaiaoher Besiehung und die
Todeeuraaohen bei ausgedehnten Verbren-
nungen; von M. Negoescu. (Inaug.-Diss.
Bukarest 1903.)
Die Eintheilung der Verbrennungen in die üb-
lichen 3 Grade ist unpraktisch und entspricht
keineswegs den forensischen Bedürfnissen. Vor-
theilhafter ist die Unterscheidung in lokaliHrte und
ausgedehnte Verbrennungen; die letzteren sind
meist tOdtlich. Als Todesursache ist bei raschem
100
IX. Hygieine und Staatsarzneikunde.
Eintreten des Todes der nervOse Shook anzusehen.
Bei l&ngerer Dauer des Lebens ist ebenfalls der
Einfluss auf die nervOsen Centra, namentlich auf
das verlängerte Mark maassgebend. Es tritt reflek-
torisch eine langsam fortschreitende Lähmung ein,
ausgeltet von den verbrannten und intensiv ge-
reizten nervösen Enden. Hierzu kommen noch im
weiteren Verlaufe die Veränderungen der Nieren,
des Verdauungstraktes und seiner Adnexa, dann
die bakterielle Infektion von Seiten des todten Ge-
webes. Eine wichtige Rolle spielt die Verände-
rung des Blutes, namentlich des Hämoglobins, das
zum grossen Theil die Fähigkeit, Sauerstoff auf-
zunehmen und zurückzuhalten, verliert
KToff (Braila).
189. 1) Ueber die Beiiehiingen iwisohen
menscblioher Athmung und künatUoher Be-
leuohtung; von H. Wolpert (Arch. f. Hyg.
XLVn. 1. p. 1. 1903.)
2) Wird die Kohlenaäoreabgabe des Ken-
soben doroh Beimengung Ton Anaatbrnonga«
inft aar Binatbemluft beeinflnaatP von H.
Wolpert. (Ebenda p. 26.)
In kleinen Bäumen bewirkt die durch Verbren-
nung und Athmung eintretende Luftverschlechte-
rung, dass eine Petroleumlampe allmählich bis.
50% und mehr von ihrer Leuchtkraft einbüsst
Die Eohlensäureansammlung ist dabei weniger be-
theiligt als die Sauerstoffverminderung und viel-
leicht die Ansammlung von Oxydationprodukten.
Durch die Ansammlung von Beleuchtungsprodukten
in Wohnräumen wird in der Begel auch die Ath-
mung und besonders die Eohlensäureabgabe des
Menschen, herabgesetzt
In Bäumen, die durch Ausathmungsluft ver-
unreinigt sind, wird die Kohlensäureausscheidung
des Menschen herabgesetzt Beine Kohlensäure
hat diese Wirkung nicht, auch Sauerstoffverminde-
rung oder Ammoniakansammlung können nicht
verantwortlich gemacht werden. Es lässt sich
noch nicht entscheiden, ob die Verminderung durch
Stoffe bewirkt wird, die durch die Ausathmung der
Luft beigemengt werden, oder ob sie einen rein
psychisch-reflektorischen Vorgang darstellt
Woltemas (Solingen).
190. Die Wirkung knndauernderBonoben
und Bäder auf den respiratorischen GkMweehsei
beim Menaohen ; von Prof. M. B u b n e r. (Arch.
f. Hyg. XLVL 4. p. 390. 1908.)
Durch kurzdauernde Duschen von 16* Wasser-
temperatur wurde das Athemvolumen um 54.5%,
die Eohlensäureausscheidung um 149.4^/o, die
Sauerstoffaufnahme um 110.1% gesteigert, der
respiratorische Quotient stieg von 0.87 auf 1.02.
Die Dusche wirkt über doppelt so stark, wie ein
Bad derselben Dauer und derselben Temperatur.
Bei einer 2. Versuchsperson mit starkem Fettpolster
ergaben sich ähnliche Verhältnisse. Die Nach-
wkhmg war bei kOhlen Bädern stärker als bei
warm^. Woltemas (Solingen).
191. filauaäure^ ein Verbrminungaprodakt
des Oelloloida; von Prof. Eockel. (Vjhrschr.
f. gerichtL Med. 3. P. XXVI. 1. p. 1. 1903.)
In einem Gebäude, in dem sich u. A. eine
Gelluloidwaarenfabrik befand, entstand ein Brand,
dem mehrere Menschen zum Opfer fielen. Die
Lungen liessen bei der Sektion einen deutlichen
Blausäuregeruch, wahrnehmen. Nach der Zu-
sammensetzung des Celluloids (Nitrocellulose,
hauptsächlich Dinitrocellulose, die gemahlen und
mit 40 — 50^/o Eampher versetzt ist) kann bei
seiner Verbrennung Blausäure entstehen, und ent-
steht auch thatsächlich, wieE. experimentell nach-
wies: 5 g Oelluloid (etwa so viel wiegt z. B. ein
kleiner Celluloidkamm) liefern beim Verbrennen
ungefähr so viel Blausäure, wie zur TMtung eines
Menschen hinreicht Gelluloidwaarenfabriken be-
dtirfen wegen ihrer Gefahren einer besonderen Be-
aufsichtigung, für die aber bis jetzt eine gesetz-
liche Handhabe nicht gegeben ist
Vielletcht sind auch bei der Entstehung der
Minenkrankheit Blausäuredämpfe, die in den Spreng-
gasen enthalten sind, betheiligt
Woltemas (Solingen).
192. üeberBiaillüdb; von Bisch off. (Arch.
f. Hyg. XLVn. 1. p. 68. 1903.)
Milch, bei Temperaturen aufbewahrt, die zwar
niedrig sind, aber kein Gefrieren bewirken, bleibt
nur wenige Tage genussfähig erhalten. Auch bei
0* tritt nur eine Verzögerung der Keimentwicke-
lung und Säurebildung, aber kein Aufhören des
Wachsthums der Milchkeime ein. Eine schnelle
Durchkühlung ist ffir die Haltbarkeit der Milch von
Vortheil, für die Beurtheilung der Milch bietet der
Säuregrad einen besseren Anhalt als die Keimzahl.
Eine anhaltende Keimverminderung wird durch
das Gefrieren der Milch bewirkt, der Säuregrad
bleibt unverändert. Durch das Gefrieren erfährt
die Milch tiefgreifende Veränderungen : sie rahmt
zunächst auf, und gefriert dann nicht als Ganzes,
sondern von den Bändern der Kanne her gefriert
das Wasser aus der Milch heraus, während die
concentrirter werdende Lösung nach der Mitte zu
gedrängt wird. Durch den stärkere Salzgehalt in
der Mitte rückt der Gefrierpunkt hier tiefer herab,
man muss die Milch daher nicht in grossen (}e-
fKssen, sondern in kleinen abgetheilten Portionen
gefrieren lassen. Das Milchfett wird durch das
Gefrieren in feste Klümpchen verwandelt, die sich
aber durch Erwärmen leicht wieder auflösen. Nach
längerem Gefrieren (etwa von 14 Tagen an) treten
in der Mildi zahlreiche lockere Flöckchen, in der
Hauptsache aus Milcheiweiss und Fett bestehend,
auf. Die Flöckchen einer 3 — 5 Wochen lang ge-
frorenen Milch lösen sich durch Aufkochen voll-
ständig auf, nach längerem Gefrieren werden aie
schwer löslich und schliesslich fast unlöslich. Da
SpaltehoU. — V. Bbner. — Dürok. — Prescher und Babs.
101
das PubliGum eine Milch mit derartigen Flöckohen durch das Oefrierenlassen nicht ein. Für die Butter-
sorfickweisen würde, darf sie nicht zu lange ge- bereitung hat die gefrorene Milch grosse Yortheile.
frieren. Eine nennenswerthe Yertheuerung tritt Woltemas (Solingen).
C. BOcheranzeigen.
1. HandatlM der Anatomie dee Mensohen.
Mit Unterstützung yon W. His bearbeitet
yon Prof. Dr. W. Spalteholz in Leipzig,
m. Band. 2. Abtheilung. Leipzig 1903.
S. Hirzel. Gr. 8. (22 Mk.)
Diese Schlusslieferung des Atlas enthält die
Eingeweide, das QeMm, die Nerven und die Sinnes-
organe. Fast 8 Jahre sind seit der Herausgabe der
1. Lieferung yerstrichen. Die Ursache für die
langen Zwischenzeiten in der Ausgabe der ein-
zelnen Theile lag im Wesentlichen darin, dass mit
Ausnahme von Pr¶ten für die Knochen- und
Binderlehre speoiellere Vorarbeiten für den Atlas
fehlten. Den gr^testen Theil der Präparate hat
Sp. zum Zwecke dee Atlas selbst neu hergestellt
Wenn auch dieser Umstand einerseits sehr zur
YerzOgenmg beigetragen hat, so hat er doch
andererseits eine möglichst gleichmässige Bearbei-
tnng aller Gebiete zur Folge gehabt und ist der
Natnrtreue und Oenauigkeit der Abbildungen sicher
sehr zu Statten gekommen.
Der ganze Atlas enthält 935 Abbildungen, die
zum grüssten Theile nach Originalien von Bruno
H6roux dargestellt worden sind. In dem Vor-
worte dankt Sp. ganz besonders diesem yortrefif-
lichen Zeichner, der die ihm gestellten, oft sehr
schwierigen Aufgaben in ausgezeichneter Weise
zu Htoen verstanden hat Eine Durchsicht der Ab-
bildungen der Schlusslieferung ergiebt von Neuem
die grossen Vorzüge der ein- und mehrfarbigen
Autotypie. Die in der Eunstanstalt von Meisen-
hiek, Biffarih dk Ch. hergestellten Abbildungen
geben die Originale in weit grüsserer Naturtreue
wieder, als es der Holzschnitt vermag. Wir sind
der festen üeberzeugung, dass sich der Spalte-
holz'sehe Atlas nach seiner Vollendung noch
einen bedeutend grösseren Freundeskreis erwerben
wird, als es bisher schon geschehen ist
P. Wagner (Leipzig).
2. A.B^ölUker'a Handbuch der Oewebelehre
des Menschen; von Prof. Victor von
Ebner in Wiep. 6. umgearbeitete Auflage.
m. (Schluss-) Band. Leipzig 1Q02. Wilh.
Engelmann. Gr. 8. 2. Hälfte. S. 401— 1020
mit Figuren 1135—1479. (18 Mk.)
Die 2. Hälfte dieses III. Bandes behandelt die
Oeschlechtsoi^gane, das Oefässeystem , Blut und
Lymphe, die höheren Sinnesorgane und enthält
ein umfangreiches Namen- und Sachregister aller
3 Bände.
Hit diesem Bande, der, wie die frQheren, mit
vielen, meist neuen Holzschnitten und Zinkographien
ausgestattet ist, liegt nun das grosse Werk voll-
ständig vor uns. Es repräsentirt die vornehmste
Leistung auf dem Gebiete der Oewebelehre und
wird in seiner jetzigen, allen modernen Forschungen
Rechnung tragenden Neubearbeitung und glänzen-
den Ausstattung nach wie vor die erste Stelle unter
den Handbüchern der Gewebelehre einnehmen.
Noesske (Kiel).
3. AUas and Qrandrlss der allgemeinen
pathologisohen Histologie; von Priv.-Doc.
Dr. Her m. DOrck in München. [XXIL Bd.
von Lehmann 's medicin. Handatlanten.]
München 1902. J. F. Lehmann's Verl. 8.
IX u. 410 S. mit 77 vielfarb. u. 31 zum Theil
zweifarb. Tafeln. (20 Mk.)
Den in den letzten Jahren erschienenen beiden
Bänden der speciellen pathologischen Anatomie
hat D. nun auch einen Atlas und Qrundriss der
allgemeinen pathologischen Histologie folgen lassen.
Waren schon die Atlanten der speciellen patholo-
gischen Anatomie glänzend ausgestattet, so gilt
dieses Lob in noch höherem Orade von diesem
Bande, der als eine Musterleistung moderner Be-
produktiontechnik gelten kann. D. hat mit grossem
Geschick das umfangreiche Gebiet der allgemeinen
pathologischen Histologie auf Grund von Original-
präparaten auf 77 vielfarbigen lithographischen
und 31 zum Theil zweifarbigen Buchdrucktafeln
bildlich dargestellt und in einem begleitenden,
durch Klarheit und Sachlichkeit ausgezeichneten
Text abgehandelt In manchen der lithographischen
Tafeln sind nicht weniger als bis zu 26 Farben
untergebracht und doch erscheinen die Figuren
von ^ner Zartheit und Natürlichkeit, dass man
glauben kOnnte, unmittelbare Projektionen mikro-
skopischer Präparate vor sich zusehen. Wir halten
diesen Atlas für die beste Leistung auf diesem Ge-
biete und empfehlen ihn aufs Wärmste.
Noesske (Sael).
4. Bakteriologisch -ohemisdhea Praktionm
für Apotheker and Stadirende; von J.
Prescher und V. Rabs. Würzburg 1903.
A. Stuber's Verl (G. Eabitzsch). 8. VIII u.
112 S. mit 14 Abbild, im Text, 3 Tafehi u,
102 Lorenz, Prakt. FQhrer. — Rüge, Emführong in das Studium der llalariakiankheiten.
2 Tabellen. (2 Hk. 80 Pf., durchsohossen
3 Mk. 60 Pf.)
P. u. R. geben eine gedrängte ZusammeDStel-
lung der in Hochschuleursen gelehrten wichtigsten
bakteriologisch -chemischen üntersuchungsmetho-
den unter Ausschluss schwieriger und nur mit
Hülfe complicirter Apparate auszuführender analy-
tischer Reaktionen. In übersichtlicher Darstellung
werden kurz die bakteriologische Technik bespro-
chen, femer die Untersuchung des Auswurfes, der
Exkrete und Sekrete, die bakteriologische Wasser-
untersuchung, die Untersuchung von Blut, Magen-
inhalt, Darminhalt, Harn, Milch, Butter, Margarine,
Trinkwasser. Das hauptsächlich für Apotheker
bestimmte und besonders die chemischen Methoden
berücksichtigende Büchlein dürfte sich ebenso für
Hygieiniker eignen. Walz (Stuttgart).
5. Fraktisoher Führer durch die seeammte
Medioin; von Knappschaftsarzt Lorenz.
Leipzig 1903. B. Eonegen's Verlag. Or. 8.
(26 Mk.)
Wenn L. von seiner eigenen Arbeit angiebt,
dass man ihr verschiedene M&ngel nachweisen
kOnne, so darf man dem praktischen Führer
andererseits auch yiele Vorzüge nachrühmen. Ein
Nachschlagewerk, das den praktischen Bedürf-
nissen entsprechend den umfang der Encyklop&dien
vermeidet, darf von vornherein als ein willkom-
menes literarisches Ereigniss betrachtet werden.
Dass L. neben den Ergebnissen der wissenschaft-
lichen Publicistik seine eigenen Erfahrungen mit
verwerthete, kann als ein besonderer Vorzug des
Werkes bezeichnet werden. Die Anordnung des
Stoffes mag vom hergebrachten Brauche in medici-
nischen Werken abweichen; in praktischer Be-
ziehung ist sie entschieden zweckmässig. Dem
Charakter eines Nachschlagewerkes entsprechend
soll der praktische Führer die eigentlichen Lehr-
bücher nicht ersetzen, sondern nur ergänzen, Erin-
nerungen wachrufen und Hinweise zu eingehen-
derem Studium liefern. Diesen Anforderungen
dürfte das Buch durchaus entsprechen und von
diesem Qesichtspunkte aus wird es sich Vielen als
nützlich erweisen. S o b o 1 1 a (Heilanstalt Sorge).
6. Einführung in das Stadium der Malaria-
krankheiten, mit besonderer Berfioksioh-
Ügtmg der Technik; von B. Buge. Jena
1901. Gustav Fischer. Or. 8. 139 S. mit
2 photogr., 1 lithogr. Tafel, 19 Abbild, u.
27 Fiebercurven im Text. (4 Hk.)
Die durch klare und übersichtliche Darstellung
ausgezeichnete Schrift hat den Hauptzweck, „den
oft allein auf sich angewiesenen Schiffs- und Colo-
nialftrzten ein Buch zu geben, in dem sie sichBath
holen könnten, ohne dass dieser Rathgeber zu viel
Platz einnähme'^ Im ersten, der Aetiologie der
Malaria gewidmeten Abschnitte werden die drei
bestimmt charakterisirten Parasitenarten und ihr
doppelter Entwickelungsgang eingehend geschil-
dert Da die Diagnose auf Malaria mit Sicheriieit
nur an gefärbten Präparaten gestellt werden kann,
beschreibt B. in erster Linie die Parasiten, wie sie
inTrockenprftparaten erscheinen, die mit Methylen-
blau oder nach dem Bomanowsky'schen Ver-
fahren gefärbt sind ; im Anschlüsse daran schildert
er die Parasiten im frischen Präparate, besonders
die Oeisselform, die nur im frischen Präparate
studirt werden kann. Bevor R zur Darstellung
des exogenen Entwickelungsganges übergeht, giebt
er eine durch Abbildungen illustrirte Beschreibung
der beiden Stechmückengattungen Culex und Ano-
pheles und der in Frage kommenden Anopheles-
Arten und bespricht zugleich ihre Entwickelung
und ihre Lebensgewohnheiten. In dankenswerther
Weise wird auch ausführlich beschrieben, wie der
Magen und die Speicheldrüsen der Mücke zu prft-
pariren sind, um die Cysten (Boss 'sehen Körper-
chen) und Sichelkeime zur Ansicht zu bringen.
Die in ihrer Bedeutung noch nicht sicher erkannten
schwarzen Sporen hielt schon Boss für Abkömm-
linge der Sichelkeime; Buge hat in der That
Cysten mit gelben und braunen Sichelkeimen und
üebergangsformen zwischen den braunen Sichel-
keimen und den schwarzen Sporen gesehen. Der
üebergang des Sichelkeims zur endogenen Form
des Malariaparasiten ist noch nicht erforscht, und
das Würmohenstadium , in dem der Parasit die
Magenwandungen der Mücke durchbohrt, ist bisher
nur bei dem Vogelblutparasiten Proteosoma beob-
achtet worden.
In dem Abschnitte „Epidemiologie" sucht R
die bekannten epidemiologischen Thatsachen durch
die Stechmücken-Theorie zu erklären und wider-
legt die gegen die Theorie erhobenen Eünwürfa
Der folgende Abschnitt behandelt die Symptoma-
tologie der Tertiana, der Quartana, des Tropen-
fiebers, des Schwarzwasserfiebers und der chro-
nischen Malariaerkrankungen. Eingehend und khir
werden alsdann die Beziehungen der einzelnen
Parasitenformen (der Jugendformen, halberwach-
senen und erwachsenen Formen, Theilungsformen)
zum Fieberverlaufe auseinandergesetzt
Nach einer kurzen Besprechung der patholo-
gischen Anatomie wird sodann die Diagnose genau
erörtert. R. giebt dabei zunächst einen Abriss
der Histologie des Blutes und weist dabei auf die
im Blute vorkommenden Gebilde und gewisse
Eunstprodukte hin, die mit Malariaparasiten ver-
wechselt werden können. Dem Zwecke des Buches
entsprechend, wird darauf die Technik der Anfer-
tigung von Blutpräparaten und ihrer Färbung mit
Methylenblau und der Bomanowsky'schen
Lösung eingehend besprochen. Bei der Erör-
terung der klinischen Erscheinungen betont R,
wie wichtig regelmässige, mindestens vierstündige,
und zwar auch Nachts fortgesetzte Temperatur-
messungen sind, um die typische Curve des Tropen-
öebers zu erhalten ; wird Nachts nicht gemessen
Martini. — Lemoine. — v. Notthafft. — Schuster.
103
und wird noch dazu die Nachtzeit bei der Con-
struktion der Curve um die H&lfte gekürzt oder
gar unberücksiditigt gelassen, so kann die Curve,
wie R an mehreren Beispielen zeigt, einen ganz
falschen Charakter bekommen.
Die letzten Abschnitte sind der Prognose und
der Therapie, einschliesslich der Prophylaxe ge-
widmet Hinsichtlich der Chininbehandlung lehnt
sich R ganz an Bober t Koch an. In Betracht
kommen Zeitpunkt, Menge und Art der Chinin-
verabreichung. Die Frage, wie das Chinin nament-
lich bei Tropenfiebererkrankungen fortgebraucht
werden muss, um Rückfälle zu verhüten, ist dahin
zu beantworten, dass es an «um' aufeinander folgen-
den Tagen, und zwar mindestens immer am 10.
und 11. Tage morgens in Dosen von 1.0 g fort-
gegeben werden muss. Ausser dem Chinin übt
nur das Methylenblau einen unmittelbaren Einfluss
auf die Malariaparasiten aus ; es muss das Chinin
ersetzen, wenn nach Chiningebrauch Schwarz-
wasseifieber aufgetreten ist Für die einzige ratio-
nelle persönliche Prophylaxe h< R die Chinin-
prophylaxe, und zwar soll das Chinin mindestens
6 Wochen lang in derselben Weise wie zur Ver-
hütung von Rückfällen gegeben werden. Da die
Y^tillgemeinerung der persönlichen Prophylaxe,
die obligatorische Einführung der Chininprophy-
laxe, nie genügen wird, um der Malaria wirklich
Herr zu werden, hat Koch durch vollständige
Heilung nicht nur der Neuerkrankungen, sondern
auch der Rückfälle die Malaria auszurotten ver-
sucht, ein Yerfahren, das mühevoll, aber durch-
fOhrlnr ist
Dem Buche sind eine ganze Reihe von Fieber-
curven und vortreffliche Abbildungen nach grOssten-
theils eigenen Präparaten, theils in Photogrammen,
theils in farbiger Darstellung, beigegeben.
Janssen (Rom).
7a Das Weohselfleber (Malaria), seine Ver-
hütung und Bekämpfung. Im amtlichen
Auftrage gemeinverständlich dargestellt von
Dr. Er ich Martini. Berlin 1903. Richard
Schoetz. Gr. 8. 11 8. (30 Pf.)
Im amtlichen Auftrage hat M. im Texte wie
in Plakatform gemeinverständlich dargestellt, wie
durch die Fiebermücken mittels ihres Stechrüssels
die Fieberkeime in's Blut des Menschen eingeflösst
werden« Eier, Larven und schliesslich die fertigen
Mücken als fliegendes Insekt sind bildlich dar-
gestellt; ebenso die Beeinflussung der Blutscheiben
durch die Fieberkeime.
Jeder an Malaria Erkrankte bedarf zur völligen
Heilung einer längeren Ghininbehandlung, die das
einzige bekannte Mittel gegen die Erkrankung ist
Ausserdem sind die Mücken, lArven und Eier nach
Kräften zu vernichten. N e u m a n n (Leipzig).
8. Teohniqne et indioations des medioa-
Uonfl naaellea; par G. Lemoine. Paris
1903. Yigot Frires Editeurs. 8. 544 pp.
Noch weniger als die gebräuchlichsten Arznei-
mittel selbst ist ihre zweckmässige Anwendung
dem jungen Mediciner, wenn er in die Praxis
hinaustritt, geläufig. Es kommt daher vor, dass
er sich oft vom Kranken selbst bestimmen lässt,
über die Zweckmässigkeit des einen oder anderen
Mittels zu entscheiden. Es ist dies jedoch nicht
Wunder zu nehmen, wenn man bedenkt, wie neben-
sächlich die Yerordnungsweise im Vergleich zur
Theorie wegkommt und von den Lehrern als „ordre
trop inf6rieur" behandelt wird.
Diese Lücke medicinischer Erziehung soll L.'b
Buch ausfallen. Es ist schwer, in einem Referat
seine Reichhaltigkeit wiederzugeben. Es giebt
Aufschluss, um nur Einiges zu erwähnen, über die
Anwendung der Bäder, über die Ausführung und
Zweckmässigkeit der Punktionen und viele andere
Maassnahmen der Therapie, die eine gewisse tech-
nische Fertigkeit verlangen. Es bringt aber auch
eine Menge Vorschriften rein pharmaceutischer
Natur, die durch Beigabe geeigneter Receptformeln
erläutert werden. Wo angängig, ist auch ein
geschichtlicher Hinweis den einzelnen Disciplinen
beigegeben. N e u m a n n (Leipzig).
9. Tasohenbuoh der üntersaohangsmetho-
den und Therapie für Dermatologen und
Urologen. Herausgeg. von Dr. Alb recht
. Freiherr v. Notthafft, Privatdocent an der
Universität München. Dritte Ausgabe. Mün-
chen 1903. Seitz & Schauer. Gr. 8. VIII u.
226 S. (5Mk.)
Das kleine Buch ist. ungemein reichhaltig, es
umfasst beinahe alles, worüber sich der Dermato-
loge und Urologe informiren will. Abgesehen von
den Daten über Stoffwechsel und Nahrungsmittel
und Angaben aus der allgemeinen Arzneiverord-
nungslehre, sowie der Pharmacopoea oeconomica
findet man anatomische und physiologische Daten
über Haut und Hamwege, die Untersuchungs-
methoden für Haut und Hamwege (auch Endo-
skopie, Ureterensondirung, Eryoskopie, funktionelle
Nierendiagnostik und Bottini'sche Operation).
Ferner ist die Behandlung der Haut-, Harn- und
Qeschlechtkrankheiten, alphabetisch geordnet, ziem-
lich eingehend besprochen. Es folgt ein ebenfalls
ausführliches Verzeichniss der dermatologischen
und urologischen Arzneimittel mit ihrer Anwen-
dungsweise, theilweise mit Recepten. Qanz kurz
sind einige elektrotherapeutische Notizen angefügt
Den Anhang bildet ein Verzeichniss der ein-
schlägigen Universitätinstitute und Lehrkräfte in
Deutschland, Oesterreich und der Schweiz, sowie
ein Verzeichniss der Specialisten in der ganzen
Welt (das natürlich nicht sehr vollständig sein lumn).
V. Lehmann (Berlin).
10. Die Syphilis, deren Wesen, Verlauf und
Behandlang. Nebst kurxer Besprechung des
Ulms moüe, der Gonorrhöe und des Qonor-
rhoismus; von Dr. Schuster, prakt Arzt
104
Bosinskl — Fellner. — Schenk.
und Badearzt in Aachen. 4. vermehrte Aufl.
Berlin 1903. Richard Schoets. Qtr.S. XIIu.
228 8. (5Mk.)
Nach einleitenden AusfQhrungen über das
Syphilisvirus, die Geschichte der Syphilis, die
Uebertragungsweise, bespricht Seh. den Frim&r-
affekt und die einzelnen Erankheiterscheinungen
an den verschiedenen Organen. Besonders aus-
führlich werden die Syphilis des Nervensystems
und auch die sogenannten parasyphilitischen
Krankheiten, Tabes dorsalis und progressive Para-
lyse abgehandelt. Es folgt die Besprechung der
hereditären Syphilis, sodann die Therapie. Seh.
spricht sich im Allgemeinen für die Excision des
Primäraffektes aus, schliesst aber die merkurielle
Behandlung an. Die Excision wirkt nach Seh.
zwar meist nicht radikal, schwächt aber das Virus
ab. Eventuell ist statt Excision Behandlung mit
concentrirter Carbolsäure oder Eautherisation zu
empfehlen.
Das Quecksilber wendet Soh. am liebsten in
der Form der Inunktionen an, erOrtert aber in ge-
nügender Ausführlichkeit die anderen Behandlungs-
weisen. Ebenso wird die Jodtherapie besprochen.
Als Unterstütsung der Syphiliskur ist Bäderbehand-
lung anzurathen. Es ist durchaus möglich, dass
dadurch in manchen Fällen das Virus wieder auf
der Haut zur Ausscheidung geUngt und so leichter
vernichtet wird.
Die Behandlung der Gonorrhöe, des Ulcus molle
und des Tripperrheumatismns sind zwar dankens-
werthe Zugaben, doch genügen die Angaben über
Gonorrhöebehandlung dem praktischen Bedürfnisse
nicht entfernt
Das Buch ist anregend geschrieben und fast
überall sind die umfassenden Erfahrungen Sch.'s
zu bemerken. . V. Lehmann (Berlin).
11. Die Syphilis in der Sohwangersohaft ;
von Dr. Bernhard Rosinski in Königs-
berg. Stuttgart 1903. Ferd. Enke. Gr. 8.
VI u. 206 S. mit 7 chromolith. Tafeln u. 17 in
den Text gedr. AbbUd. (10 Mk.)
Das Buch umfasst das ganze Gebiet der fötalen
Lues. Es beschäftigt sich eingehend mit den vei^
schiedenen Theorien der uterinen üebertragung,
über die noch sehr verschiedene Meinungen be-
stehen. Es bespricht dann die Rückwirkung der
kindlichen uterinen Syphilis auf die Mutter, den
Einfluss der elterlichen Syphilis auf die Frucht,
sowie die Bedingungen für die uterine Syphilis-
übertragung.
Es werden dann die klinischen und patho-
logisch-anatomischen Erscheinungen der fötalen
Lues besprochen und besonders eingehend wird
die Placentasyphilis behandelt Prophylaxe (Ver-
halten derElt^n vor der Oonoeption, Behandlung der
Mutter während der Schwangerschaft, Verhalten nach
der Geburt eines syphilitischen Kindes), sowie die
Behandlung des Neugeborenen bilden den Sohluss.
Ausser durch Textbilder ist die pathologische
Anatomie durch chromolithographische Tafeln er-
läutert V. Lehmann (Beiün).
12. Die Besiehangen innerer Krankheiten
sa Sohwangersohaft, Qeburt and Wochen-
bett; von Dr. Otfried Otto Fellner in
Wien. Nebst einem Vorwort von Prof. Fr ied-
rich Schau ta. Leipzig u. Wien 1903.
Franz Deuticke. 8. VUI u. 276 S. (8 Hk.)
Das Werk verdankt seine Entstehung der An-
regung Schauta's, der im Jahre 1902 bei dem
internationalen Gynäkologencongress in Rom Aber
die Indikationen zur Einleitung der Geburt bei
inneren Erkrankungen ein Referat abstattete. Um
einen klaren Einblick in die thatsäciilichen Ve^
hältnisse zu gewinnen, legte Schauta diesem
Referate sein eigenes, nahezu 40000 Geburt»!
umftissendes Material zu Grunde. F. übernahm
damals die Sichtung dieses Materiales und be-
arbeitete die einschlägigen Themata in Form aus-
fOhrlicher Monographien. Eine dieeer Monogra-
phien, Herz und Schwangerschaft, ist schon früher
(Jahrbb. COLXXIV. p. 259) v<m F. veröffentlicht
worden.
In dem jetzt vorliegenden umfangreichen Werke
sind nun alle diese Monographien zusammengestellt
Alle einzelnen Krankheiten werden getrennt be-
sprochen, und zwar die Krankheiten der Nerven
und des Gehirns, der Sinnesorgane, der Respira-
tionorgane, des Herzens, der Verdauungsorgane,
der Nieren, derGirkulationorgane^ die Stoffwechsel-
krankheiten, die Infektionkrankheiten, die Intoxi-
kationen, die chirurgischen Erkrankungen und die
Hautkrankheiten.
Die wichtigsten Ergebnisse jedes Abechnittes
sind in Schlusssätzen kurz zusammengefassi Die
Literatur ist auf das Eingehendste benutzt und am
Schlüsse jedes Capitels genau zusammengestellt;
so umfasst die Literaturübersicht über Nieren-
krankheiten und Eklampsie allein nicht weniger
als 740 einzelne Nummern.
Die ungemein fleissige Arbeit F.'s wird, wie
Schauta hervorhebt, ganz besonders auch dem
praktischen Arzte in den nicht so seltenen Fällen
von Complikationen von Schwangerschaft und Ge-
burt mit inneren Erkrankungen eine werthvoUe
Richtschnur für sein Handeln bieten und ihr
Studium kann deshalb nur empfohlen werden.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
13. Die Pathologie und Thenipio der Un-
fraohtbarkeit dee Weibea; von Dr. Ferd.
Schenk in Prag. Berlin 1903. S. Karger.
8. 128 S. (3 Mk. 20 Pf.)
Sch.'s Schrift ist auf Sänger's Anregung
abgefasst und dem Andenken S ä n g e r 's gewidmet
Nach einem einleitenden, die Anatomie und Uly-
Biologie der weiblichen Geschleohtsoigane behan-
delnden Abschnitte bespricht Soh. die Aetiologie
Bayer. — Sellheim. — Pinons. lOB
der Sterilität. Hier wird die durch pathologisch- Das vorliegende erste Heft behandelt in 5 Yor-
anatomische Veränderungen lokaler Natur, d. h. lesungen 1) das Ei und die Bildung der Eeim-
Entwickelungsanomalien, Neubildungen und Ent- blätter; 2) die Entwickelung der Nierensysteme ;
zflndungen, bedingte Sterilität getrennt von der 3) die Entwickelung der Keimdrüsen und ihrer
durch pathologisch -anatomische Veränderungen Ableitungswege; 4) die weitere Umbildung und
allgemeiner Natur abgehandelt und schliesslich wer- sexuelle Differenzirung des Qenitalapparates in der
den die Sterilitätursachen ohne nachweisbare patho- Fötalperiode und 5) den Qeschlechtsapparat des
logisch-anatomische Veränderungen besprochen. Es neugeborenen Kindes und die postfötalen Ver-
folgen eine Statistik der Sterilitätursachen, Therapie änderungen.
und Literaturübersioht. Der Form nach ist B.'8 Werk für Anfänger be-
Sch.'8eigenesMaterial8tammtau8derSänger'- stimmt; die dadurch bedingte Klarheit der Dar-
sehen Klinik und umfasst vom Jahre 1891—1899 Stellung ist aber sicher auch dem Vorgeschritteneren
im Ganzen 397 primär und 21 sekundär sterile i^»cht weniger erwünscht B. hat bei der Heraus-
Franen. Von den 397 primär sterilen Ehen kenn- gab® des Buches der Forderung des Nonum pre-
ten in 110 Fällen beide Ehegatten untersucht ^^^^^ i^ annum in des Wortes verwegenster Be-
werden; hierbei ergab sich Folgendes: deutung entsprochen und 17 Jahre auf die Aus-
1^T^• UA « I- r cu i-^uv j- ^j 1. arbeitung des Werkes verwandt. Die reife Frucht
'^^'CÄÄÄ^d'SÄ^e -" «•'« Forsoh-fl«« «t «- dankenewerthe B.
in 51 Fällen «-» 46.4o/o reicherung unserer geburthülflichen Literatur und
Indirekte männliche SteriHtätduxohXJeheT' man muss dem Erscheinen der weiteren Hefte mit
ta^Mgjier Gonorrhöe auf die Frau m ^^ ^*®'^^ entgegensehen. HoflFentUch lassen sie
' * * — - — ^ — - — — — nicht allzulange auf sich warten. Die Ausstattuner
zusammen wöww^tMeÄ'terf/i/äi in 65 Füllen — 59.1% - ^ »it. Ai.t.iTri; /t\ ^ j^\
' ist vorzüglich. Art h. Hoffmann (Darmstadt).
2) Weibltehe Sterüüät bedingt durch
Endometritis fongosa .... 6 1^. Leitfaden fftr die gebuptahülflioh.gynSr
Parametritis poster. atr. ... 5 kologisohe Unteraiiohuiig ; von H. Sell-
Stenosis can. cerv. et or. ext. . 16 — H.ß^ heim. 2. Aufl. Freiburg u. Leipzig 1903.
^dere Entwiokelangsanomalien 3 Speyer & Kaemer. Gr. 8. 58 8. (2 Mk.)
Stenose mit Endometntis . . 7 *^ •' ^ '
Retroversio-flexio uteri ... 4 Der ersten Auflage von Sellheim 's Leitfaden
S ^eraaabfhLs 1 ^®* '^^^^ ^^^ ^ ^9\itea die zweite gefolgt Eine
oh^rSSioiSSschen Befund ; ! 1 Erweiterung haben die Capitel der geburtshülflichen
zusammen weibliehe StenlÜiU in 44F. - 40.9*/o Diagnose, der Untersuchung des knöchernen Beckens
und der gynäkologischen Untersuchung erfahren.
Dass Soh. die Bedeutung der Gonorrhöe für Die beiden He gar 'sehen Schwangerschaft-
die Sterilität ganz besonders eingehend hervorhebt, zeidien, CompressibilitÄt des unteren Uteruskörper-
ist bei einer aus Sang er 's Klinik hervorgegange- abschnittes und Faltenbildung in der vorderen
nen Arbeit selbstverständlich. Das Studium des Uteruskörperwand, sind durch klare Abbildungen
vorliegenden Werkes ist um so mehr empfehlens- erläutert Wie seiner Zeit die erste Auflage kann
werth, als noch immer gar viele an der Sterilität auch die neue den Studirenden als kurze, anschau-
ganz unschuldige Frauen gynäkologisch behandelt liehe Einführung in die geburtshülfliche und gynä-
und in Bädern herumgeschickt werden, da, wo kologische Diagnostik warm empfohlen werden,
eine Spermauntersuchung sehr bald den schuldigen J. Fraeger (Chemnitz).
Theil feetgesteUt hätte.
Art h. Hoffmann (Darmstadt). 1 6- Atmokaaais and Zestokauaia. Die Be-
handlung mit hoohgeapanntem Wasser-
14. Vorlesungen über allgemeine Qeborta- dampf in der Gynäkologie. Nebst einem
hülfe; von Prof. Heinrich Bayer in Anhang: Aitnokausia und Zesiokausis in der
Strassburg. I. Bd. Heft 1 : Entiuickelungs'- Gkifurgie und RMnologie, Als typische Heil-
gesekiMe des weiblichen Oenüaiapparaiesl methode monographisch-klinisch dargestellt
Strassburg i. E. 1903. Schlesier & Schweik- von Ludwig Pincus in Danzig. Wies-
hardt 8. 1 04 S. mit 12 Tafeln in Lichtdruck baden 1903. J.F.Bergmann. Gr. 8. Xu u.
u. 33 AbbUd. im Text (8 Mk.) 410 6. (10 Hk. 60 Pf.)
B. will in 7 Heften die Entwiokelungsgeschichte Mit dem Feuereifer, mit dem P. bisher für die
des Oenitalapparates, die Anatomie des Beckens Einführung der Dampfbehandlung in der Gynä-
nnd der Weichtheile, die Physiologie der Schwanger- kologie eingetreten ist, hat er in diesem, 375 Seiten
Schaft, der Geburt und des Wochenbettes, endlidi Text fassenden Werke alles zusammengestellt, was
die Diagnostik und allgemeine Therapie abhandeln, dieses Gebiet der Therapie betrifft Fast ein Drittel
Jedes der einzelnen Hefte wird dabei ein in sich des Buches nimmt der historisch-kritische Theil
abgerundetes Capitel der geburthülflichen PropA- ein. Aus dem allgemeinen Theile ergiebt sich,
dentik enthalten. dass man seit Dzondi die kaustische Wirkung
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft. 1. 14
106 Goerges, Das EincLim ersten Lebensjahre. — Schlesinger, Die Indikationen u.s.w.
der siedenden Dämpfe kannte, auch vereinzelt ver-
werthete; eine methodische Verwerthung hat bis zu
Snegirew nicht stattgefunden. Im speciellen
Theile geht P. besonders auf die Erfindung Sne-
girew 's ein, auf die Un Vollkommenheit von dessen
Methode und seine eigenen Bemfihungen, die
Dampfbehandlung zu einer typischen Heilmethode
zu machen durch Sicherung der Schleimhaut des
Gervikalkanals, Ausbau der instrumentellen Tech-
nik, Verhütung der Explosiongefahr, Einführung
eines überhitzten, in der Temperatur regulirbaren
strömenden Wasserdampfes und weiter durch Fest-
stellung der Indikationen der Dampf behandlung. Da
die Methode ausser zahlreichen Freunden auch
noch manche Qegner hat, ist der polemische Ton
P.'s in vielen seinen Ausführungen verständlich.
Auf diesen historischen Theil folgt eine ausführ-
liche, durch zahlreiche Abbildungen erläuterte Dar-
stellung des Instrumentarium und der instrumen-
tellen Technik, dann ein weiterer Abschnitt : Ex-
perimentelles, in dem F. sich zunächst mit den
Temperaturmessungen beschäftigt, während er
weiter auf die Wirkung des Dampfstroms auf die
Schleimhaut eingeht
Der allgemeine Theil sohliesst mit der Ana-
tomie der Atmokausis und Zestokausis. An Ab-
bildungen verschiedener Uteri und an mikrosko-
pischen Bildern wird die Einwirkung des Dampfes
und dievOUige lückenlose Regeneration derMucosa
nach der lege artis ausgeführten Atme- oder
Zestokausis dargelegt. Sehr ausführlich ist auch
der folgende klinische Theil gehalten unter Beigabe
zahlreicher Krankengeschichten. Auf Einzelheiten
können wir hier nicht eingehen. Für den, der sich
für die Atmokausis intereesirt, wird dieser Theil
eine Fundgrube für die Beurtheilung der In-
dikationen ihrer Anwendung bilden. Ein grosser
Theil des in diesen Capiteln Zusammengefassten
ist allerdings Vielen aus den bisherigen Veröffent-
lichungen P.'s bekannt Den Beschluss bilden eine
kurze Abhandlung über Atmokausis und Zesto-
kausis in der Chirurgie und Rhinologie und ein
, ausführliches Literaturverzeichniss.
Bei aller Anerkennung der Verdienste P.'s um
die Ausbildung dieser Methode hätte man wünschen
können, dass die Darstellung einer Heilmethode,
die doch nur einen beschränkten Raum in der
gynäkologischen Therapie einnehmen kann, vor
Allem auch in ihrem historisch- kritischen Theile
etwas weniger weitschweifig ausgefallen wäre. Das
Buch würde in diesem Falle sicher mehr Leser, auch
unter den praktischen Aerzten finden. Die Aus-
stattung des F. V. Win ekel gewidmeten Buches
ist eine vortreffliche. J. Praeger (Chemnitz).
17. Daa Kind im ersten Lebensjahre ; von
Dr. Th. Qoerges in Berlin. [Aus Ull-
stein 's Sammlung praktischer Hausbücher.]
Berlin 1902. Ullstein & Co. EL 8. 136 S.
(In Leinenband 1 Mk.)
Das wegen seines wohlfeilen Preises und seiner
volksthümlichen Schreibweise auch für weitere
Kreise zur Anschaffung geeignete Büchlein erörtert
zunächst in einer Einieüung die Bedingungen für
eine vernünftige und hygieinische Kinderpflege, als
welche es gründliche und peinliche Reinlichkeit,
möglichste Regelmässigkeit in der Besorgung des
Kindes, sowie vernünftige und zweckmässige Er-
nährung bezeichnet. Im Uebrigen ist der Stoff in
4 Abschnitte getheilt: Pflege des Säuglings, des
Kindes bis zur Entwöhnung, die letzten Monate des
1. Lebensjahres und die Erkrankungen des Kindes
im 1. Lebensjahre. Ein Anhang behandelt die
weitere Entwickelung des Kindeealters , nämlich
Schutz vor Erkrankung, sohlechte Angewohnheiten,
Ernährung, Hautpflege u. s. w. des Kindes u. dgl.
Ein alphabetisches Sachregister erleichtert das Zu-
rechtfinden.
Das treffliche kleine Buch verräth auf jeder
Seite den erfahrenen Kinderarzt, der überall be-
müht ist, die neuesten Errungenschaften der
Hygiene und Bakteriologie für die Kinderpflege
nutzbar zu machen. Auch ist die gefährliche
Klippe glücklich vermieden worden, Dinge die
Eltern, bez. die Mütter zu lehren, die besser dem
Arzte vorbehalten bleiben. Vielleicht wird auch
einer neuen Auflage, die wir dem kleinen Werke
wünschen, die Beschreibung einer Magenausspü-
lung (p. 90), die (ohne Arzt von Laien geübt) zu
den verhängnissvollsten Folgen führen kann, besser
ferngehalten; Gleiches gilt von der übrigens schon
vor 30 Jahren von C. Hennig in Leipzig ge-
lehrten und viel geübten Behandlung des Nabel-
bruches, die doch den Angehörigen des Kindes
in der Regel misslingt, auch nicht für alle Kinder
passt. Endlich möchte es sich vielleicht enapfehlen,
Fremdworte, wie „sezemieren", „negativ", „Infek-
tion", „Sputum", „Soor" u. dgl. in noch grösserem
Umfange zu vermeiden, als dies bisher geschah.
R. W eh m er (Berlin).
18. Die Indikationen au ohirorgiMhen Ein-
griffen bei inneren Brkrankangen. Für
den Praktiker bearbeitet von Prof. Dr. Her-
mann Schlesinger in Wien. 1. TheiL
Jena 1903. Gustav Fischer. Kl. 8. 236 S.
(3Mk.)
Bestimmend zur Abfassung des Buches war
der öfters Schi, gegenüber geäusserte Wunsch
praktischer Aerzte, ein kurzgefasstes Werk zu be-
sitzen, in dem man sich Rath über die Anzeigen
zu chirurgischen Eingriffen bei inneren Krankheiten
holen könne. Den einzelnen Capiteln sind kurze
Bemerkungen über Aetiologie, pathologische Ana-
tomie, Klinik, Diagnose und Dififerentialdiagnose
hinzugefügt, um gegebenenfalls eine möglichst
rasche Orientirung zu ermöglichen. Der bisher
vorliegende 1. Theil enthält die Krankheiten des
Nervensystems, der Knochen und Gelenke, des
Respirationtractus, der Pleura, des Mediastinum,
Qarrö und Quincke. — Hirschfeld. — Soltau. — Näcke.
107
des CirkulatioDsystems und des Yerdauungstractus
(SCund-, Eachenhöhle, Oesophagus).
Wir werden eingehender auf das Buch zu spre-
chen kommen, wenn auch der 2. Theil vorliegt
P. Wagner (Leipzig).
19. Gmndrisa der Longenobinirgie ; von
Prof. Dr. G. Gar r 6 in Königsberg und Prof.
Dr. H. Quincke in Kiel. Jena 1903. Oust
Fischer. 8. 120 S. mit 30 zum Theil farbigen
Abbildungen im Text. (3 Mk.)
Dieser Grundriss der Lungenchirurgie ist aus
den Beferaten entstanden, die G. und Q u. im Sep-
tember 1901 bei der Hamburger Naturforscher-
versammlung über den Gegenstand zu erstatten
hatten. Die dort gegebenen Erörterungen des
Internen über die Pathologie und die Diagnose
der Lungeneiterungen brauchten für den Grund-
riss nur wenig umgearbeitet zu werden, während
der Chirurg, dem praktischen Zwecke des Buches
entsprechend, weit mehr auf Einzelheiten einzu-
gehen und die Technik ausführlicher zu behandeln
hatte als in dem damaligen Referate.
Nach einleitenden anatomischen Bemerkungen
folgt ein grösserer Abschnitt über die Pathologie
und Diagnose der LungenopenUionen : akute und
chronische Abscesse, Fremdkörperabsoesse. Danach
kommt ein allgemeines Capitel über die Lungen-
operaiionen, über die specielle Technik, die Nach-
behandlung und die Complikationen der Operation.
Dee Weiteren werden besprochen die Operationen
bei den einzelnen Formen der Lungenerkrankungen
und die erzielten Erfolge bei Äbacessen, Oangrän,
Bronehiektaaien, Tuberkidose, Äktiinomykose, Fisteln,
Eekinoooecus , Neubildungen, Fremdkörpern, Ver-
leixungen und Hernien der Lungen.
Eün Verzeichniss der wichtigsten Veröffent-
lichungen über Lungenchirurgie bildet den Schluss
der Monographie, die den augenblicklich erreichten
Standpunkt in der Lungenchirurgie in klarer Weise
zusammenfasst und damit den Weg zu allgemei-
nerer Anwendung der chirurgischen Behandlungs-
methode ebnet. P. W a g n e r (Leipzig).
20. Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen ;
herausgeg. von Dr. M. H i r s c h f e 1 d. V. Jahr-
gang. L Band. Leipzig 1903. M. Spohr. 8.
706 S. (12 Mk.)
Der I. Band des 5. Jahrganges entH< ausser
der in den Jahrbüchern (CCLXXIX. p. 104) schon
besprochenen Arbeit H.'s über den umischen Men-
schen eine sehr ausführliche Arbeit von F. Neu-
gebauer über chirurgische Ueberraschungen auf
dem Gebiete dee Scheinzwitterthums und Biogra^
phieen einzelner geschlechtlich Abnormen von Prof.
Kar 8 eh. Besonders interessant sind E.'s Mitthei-
lungen über Heinrich Hössli und über den Herzog
August von Gotha. Endlich enthält der Band einige
kürzere Beiträge von P. Näcke und Anderen.
Möbius.
21. Hat Jesus Wunder gethanP von Prof.
Wilhelm Soltau. Leipzig 1903. Diete-
rich'scheBuchh. Gr. 8. 104 S. (lMk.60Pf.)
Das Buch von S. hat für ärztliche Leser inso-
fern Interesse, als der Vf. nachzuweisen versucht,
dass die sogen. Wunder Jesu, die bei kritischer
Betrachtung in den ursprünglichen -Berichten zu
finden sind, fast ausschliesslich Heilwunder sind,
Heilungen, die die Eigensuggestion der Kranken,
nicht selten ohne oder wider den Willen Jesu,
bewirkte.
Der ife/l möchte nur eine Bemerkung über den
Begriff des Wunders einfügen. Vielfach macht
man sich die Sache zu leicht und sagt, ein Wunder
sei unmöglich, weil damit eine Aufhebung der
Naturgesetze gegeben wäre. Das ist aber gar nicht
richtig. Ein Wunder im religiösen Sinne ist ein
göttlicher Eingriff in den gewöhnlichen Lauf der
Natur. Auch wir Menschen können den Lauf der
Natur vielfach ändern, ohne dass ein Naturgesetz
verletzt würde. Es wäre also sehr wohl denkbar,
dass ein höherer Wille, entweder durch Vermitte-
lung eines Menschen oder auf andere Weise, Ver-
änderungen hervorbrächte, die uns unbegreiflich
sind, die aber trotzdem in den gesetzlichen Zu-
sammenhang aller Veränderungen einträten. Nur
dann, wenn wir alle Möglichkeiten kennten, dürften
wir sagen, das oder das ist unmöglich. Da wir
aber gar nicht wissen, was Alles unserer sinnlichen
Wahrnehmung entgeht, sollten wir das Argument
mit den Naturgesetzen nicht für überall anwendbar
halten. Wenn durch einen starken Magneten ein
Stück Eisen in die Luft gehoben wird, so ist für
Den, der nichts von Magnetismus weiss, das Ge-
setz der Schwere verletzt Möbius.
22. Die Unterbringung geisteskranker Ver-
brecher; von Dr. Näcke. Halle a. d. S.
1902. Carl Marhold. 8. 67 S. (2 Mk.)
N. hat trotz der ziemlich grossen Zahl von
vorbestraften Individuen unter den Kranken seiner
Anstalt keine besonders schlechten Erfahrungen
mit ihnen gemacht Er möchte deshalb den Weg
der Vertheilung in die gewöhnlichen Irrenanstalten
nicht für unzulässig erklären ; nur da, wo eine be-
sonders grosse Zahl solcher Elemente sich nicht
auf verschiedene Anstalten und verschiedene Ab-
theilungen vertheilen lässt, wird man noch auf
eine andere Form der Unterbringung bedacht sein
müssen. Als solche empfiehlt er für unsere deut-
schen Verhältnisse am meisten die Adnexe an
grösseren Strafanstalten. In diesen Abtheilungen,
gross genug, um etwa 100 — 150 Personen aufzu-
nehmen, würden alle erkrankten Gefangenen zu
beobachten sein; die harmlosen könnten in die
anderen Irrenanstalten abgegeben werden, die ge-
fährlichen müssten dauernd dort intemirt bleiben.
Einen besonderen Werth verleiht der Arbeit
die Besprechung der bisher versuchten Methoden
der Unterbringung in Adnexen an Irrenanstalten,
108
Deiters. — Stadelmann. — Granier.
an Qef&ngniBsen und in eigenen Griminal- Irren-
anstalten. Die literarisohen Berichte sind durch
viele briefliche Erkundigungen ergänzt worden.
Aschaffenburg (Halle a. d. S.).
23. Der Stand des IrrenweaenB innerhalb
des dentschen Sprachgebietes im Jahre
1000 — 1001. Nach den Anstalts- Jahresberich-
ten kritisch dargestellt yon Dr. Deiters.
Halle a. d. S. 1902. Carl Marhold. 4. 32 S.
(1 Mk. 50 Pf.)
Alljährlich berichten die nieisten deutschen
Irrenanstalten über die vorgefaUenen Ereignisse,
aber nur selten finden diese Berichte zweckentspre-
chende Yerwerthung. D. hat sich deshalb dankens^
werther Weise der grossen Mühe unterzogen, die
ihm zur Verfügung st^enden 69 Berichte nach den
wichtigsten Gesichtspunkten zusammenzustellen.
Nicht Terwerthbar sind die Diagnosen derBerichte,
da sie allenthalben nach dem völlig unbrauchbaren
amtlichen Schema gestellt werden müssen. D.
bezweifelt die Angabe einer Anstalt, dass die &üh-
zeitig aufgenommenen Kranken grössere Heilungs-
aussichten haben. Auch die Zahl der Oeheilten
ist unbrauchbar; bei ihr spielen der Charakter
der Anstalt (in StSdten z. B. die grosse Zahl der
Trinker) und der Optimismus der Beurtheiler eine
zu grosse Rolle. Bei der Zusammenfassung der
Geheilten mit den Gebesserten ergeben sich zurer-
lässigere Werthe; etwa 40 — 50<^/o der Entlassenen
dürfen als geheilt oder gebessert betrach&t werden.
Allenthalben hat die Bettbehandlung und meist
auch die Badebehandlung warme Lobredner ge-
funden. Auch die Brfahrungen mit colonialer und
familiärer Verpflegung waren gut
Nach wie vor ist die Lage der Anstaltärzte
selbst sehr besserungsbedürftig. Die schlechte
Bezahlung, die geringe Aussicht auf Vorrücken,
die Abgeschlossenheit in den zum Theil auf dem
Lande liegenden Anstalten sind schuld an häufigem
Wechsel der Aerzte, an gelegentlicher unmöglich*
keit, die vorhandenen Stellen zu besetzen und an
dem vielfach bemerkbaren Mangel an wissenschaft-
licher Bethätigung. Die Lage des Anstaltpersonals
dagegen ist fast überall besser geworden. Schliess-
lich kehren auch die Klagen über die geisteskranken
Verbrecher wieder.
Aschaffenburg (Halle a. d. S.).
24. Schalen für nervenkranke Kinder; von
Dr. Heinrich Stadelmann in Würzburg.
[Samml. von Abhandl. aus dem Gebiete der
pädagog. Psychologie u. Physiologie VI. 5.
p. 315.] Berlin 1903. Beutter & Reichert 8.
31 S. (75 Pf.)
St. will durch das kleine Schriffx)hen das Wesen
des nervenkranken Kindes darthun, die individuelle
Behandlung durch Arzt und Lehrer erreichen, einer
Art von geistiger Orthopädie die Wege ebnen. Die
an manchen Orten schon eingeführten Hülfschulen
und Hülfklassen genügen ihm noch nicht Doch
nehmen die Gemeinden, die sie eingerichtet haben,
schon eine AusnahmesteUnng ein. So erstrebens-
werth das Ziel auch ist, aus rein materieliea
Gründen wird es wohl noch nicht so bald erreicht
werden. E. H ü f 1 e r (Chemnitz).
25. Lehrlmoh für Heilgehülfen und Massöre.
Im amtlichen Auftrage verfasst von Dr. Rai-
mund Granier. 3. vermehrte Auflage.
Berlin 1903. Rieh. Schoetz. Gr. 8. X u.
213 S. mit eingedr. Holzschn. (6 Mk.)
Die Neubelebung des mit Ek^lass der deutschen
Gewerbeordnung (1869) etwas in den Hintergrund
getretenen Institutes der „ff^srüftm BfiiügehMfm*^
in PreuBsen durch Veranstaltung von Ausbildungs-
cursen in Berlin, die Gr. im behürdlichen Auftrage
abhielt, sowie der Erlass Qm& HeOgthMfmordnung
für Berlin maditen die Abfassung eines entsprechen-
den Lehrbuches nüthig ; ein solches erschien zu-
erst 1898 und bereits, Dank dem grossen An-
dränge zu diesem Berufzweige (bei dem freilich so
manche der Prüfungsanwärter über die Bedeutung
ihrer Prüfung sich nicht recht klar gewesen sein
mochten I), soeben in 3. Auflage, nachdem durch
Ministerialerlass vom S.Mftrz 1903 die Angelegen-
heit in weitere Bahnen gelenkt und vorgeschrieben
war, dass die Prüfung auch auf Badekälfe und
Ercmkenpflege ausgedehnt werden sollte. Aller-
dings ist hierdurch und besonders durch die ge-
forderte mehrwöchige praküache Ausbildung in einem
Erankenhause der Zutritt zur Prüfung erheblich
erschwert worden.
Das vorliegende Buch bildet etwa ein Pendant
zum preussisohenHebammenlehrbuche und besteht,
volksthümlich abgefasst, aus 3 Theilen.
Im eretm Theüe werden auf 30 Seiten Bau und
Lthensthäiigkeü des menaeMichen Körpers unter Bei-
bringung vortrefflicher, aus anerkannten Werken ent-
nommener anatomischer Abbildungen geschildert
Der xtceiie Theil, das eigentliche Lehrbuch,
lehrt unter der Ueberschrift „Der staaÜich geprüfle
Heüffehülfe und Massör'^, auf 165 Seiten zuerst die
Krankenpflege, und zwar Krankenzimmer, Eranken-
wartung, wobei auch allerlei Lehren über takt-
volles Verhalten u. dgl. eingeschaltet sind, An-
wendung der verordneten inneren und äusseren
Heilmittel, Beobachtung des Elranken und Bericht
an den Arzt, Pflege des Sterbenden und Besorgung
des Todten ; dabei sind allerlei Krankenpflegeappa-
rate, ünterschieber, Curventafeln u.dgl. abgebildet
Das folgende Capitel befasst sich mit ^etBade-
pflege (Badehülfe). Nach Vorausschickung eines
Abschnittes über Bau und Lebensthätigkeit der
Haut werden zuerst die verschiedenen Arten der
Bäder für Gesunde und sodann für die Kranken
unter Beschreibung der zahlreichen Proceduren der
modernen Hydrotherapie mit zahlreichen Bildern,
weiter Lichtbäder, Sandbäder, Moor-, Schlamm-
und Fangobäder erörtert.
Jahresbericht der Stadt Stuttgart — Jahresbericht der Stadt Frankfurt a. M.
109
Es folgen Gapitel über DiemÜ&ishing hei dUr-
wrgischen Opm»Honen, wobei a»ch mit besonderen
Abbildungen Schröpfen, Blutegelsetzen, Katheteri-
siren, Yerbandanlegen u. dgL gelehrt wird, Des-
mfidrm und SterHieirm, Maniren, stets mit Er-
lAuterungen durch Abbildungen, erste Hülfe hei
TJngUkksßOm und WiederhMbungswreuche hei
Scheiniodten, und zwar nachSilvester und einer
mit Or.'s Bild versehenen, von ihm neu ange-
gebenen Methode. Letztere besteht darin, dass die
beiden Better bei dem auf dem Rflcken liegenden
Verunglückten die Beine gleichzeitig im Hüft-
gelenke und Knie beugen, wodurch das Knie der
Brust des Scheintodten gen&hert wird, wahrend
gleicbseitig das Becken vom Lager abgehoben wird.
Hierdorch werden die Baucheingeweide gegen das
ZwerchfeU gedrängt und damit wird eine Ausath-
mung gemacht; darauf Strecken der Beine auf das
Lager zurück u. s. w.
Im dritten Tkeüe bringt Or. als geeeixHehe und
poliz^iche Bestimmungen eine Anzahl von Para-
graphen des Strafgesetzbuches, der Zivilprocess-
ordnuBg, des Reichsgesetzes über Beurkundung
des Personenstandes, der Gewerbeordnung, des
Seuchengesetzes u. dgL, sowie den bereits er-
wähnten Ministerial-Brlass vom 8. März 1902.
Beigegeben ist von der Verlagsbuchhandlung
in Mappe unter dem Buchdeckel ein Exemplar der
bekannten Pi stör 'sehen Schrift: „Die Behand-
lung Verunglückter bis zur Ankunft des Arztes^*.
Da auf das auch buchhändlerisch trefflich au»>
gestattete Werk behürdlioherseits mehrfach Bezug
genommen ist, so erübrigt hier noch ein weiterer
empfehlender Hinweis. R. W e h m e r (Berlin).
26. Medioiiiiioh-atatiatlMher Jahresberioht
über die Stadt Stuttgart im Jahre 1802.
29. Jahrg. Herausgegeben vom Stuttgarter
ärztlichen Verein. Redigiert von Dr. W. Wein-
berg. Stuttgart 1902. CarlQrüninger. Gr. 4.
27 S.
Der gegen früher in veränderter Form und als
Beilage zum „Medicinischen Correspondenzblatt
des Württenbergischen ärztlichen Landesvereines''
erscheinende Jahresbericht bringt zunächst eine
Chronik des „Stuttgarter ärztlichen Vereines** (von
155 Mitgliedern) aus der Feder des Schriftführers
Dr. Ostermayer. Der sonstige Bericht, meist
von W. Weinberg, zum Theil auch von Gast-
par, G. Eüstlin und F. Hammer verfasst,
- giebt in 9 Theilen die üblichen Mittheilungen der-
artiger Zusammenstellungen über Witterung, Volks-
zählungsergebnisse, Cteburten, Todesfälle und Todes-
ursachen, Krankenanstalten u. dgl., Feriencolonie,
Thätigkeit der Armenärzte, des Stadtdirektionarztes
und der beiden Stadtärzte, Schutzpockenimpfung
und HeUpersonal, denen Folgendes entnommen
werden mag.
Nach der Volkszählung vom 1. Dec. 1900 hatte die
Stadt Stuttgart 151455, der Stadtdirektionbezirk (ein-
ichliessüoh der 4 Vororte Berg, Oabienberg, Hesloch und
Ostheim) 176699 Einwohner; am 1. April 1901 wurde
ferner Gaisbarg mit 4764 Seelen als weiterer Vorort ein-
gemeindet, wodurch die Seelenzahl auf 183778 stieg.
Geboren wurden im Direktionbezirke 5703 — 31.0*/oo
Kinder, von denen 3.5% (1900 3.5o/o) todtgeboren waren ;
es starben (exclussive Todtgeburten) 3271 — 17.8o/oo
(1900 19.60/m)- Hierbei starben an Masern 115 Per-
sonen » 6.3 (1900 1.3)«/ooo der Lebenden, an Scharlach
14 — 0.76 (1.31)«/ooo, Diphtherie und Croup 91— 5.0»/ooo,
an Typhus 7 ■■ 0.22<*/oooi sn Pocken und epidemischer
Genickstarre Niemand ; an akuten AthmungSKrankheiten
363 — 30.3Vooo, an Tuberkulose 461 — 24.55Voooi nnd
zwar darunter an Lungenschwindsucht 300""16.33<*/oooi
an Magen- und Darmkrankheiten 476 — 25.91Voo<h a^
Krebs 187 — 10.07«/ooo (gegen 12.7), an Kindbettfieber
6 Frauen «- 0.33<*/om u. s. w. Ferner betrug die Säug-
lingsterblichkeit (unter 1 Jahr) 1082 — 33.08V« der Ge-
storbenen, wobei 448 — 41.32% der Todesfälle auf Magen-
und Darmkatarrh entfielen. Krankenanstalten waren zu
Ende 1901 22 mit 2408 Betten^ darunter 2 städtische und
5 andere allgemeine Krankenhäuser mit 1665 Betten.
Aufgenommen wurden im Ganzen 18456 (gegen 18008)
Kranke. .Geimpft wurden, und zwar ausschliesslich mit
der von staatlichen Anstalten erzeugten Lymphe von
jungen Rindern von 3540 Erstimpflinf^en 3499 mit Er-
folg, von 2587 Revacoinanden 2567 mit Erfolg. Appro-
birte Aerzte waren zu Ende des Berichtsjahres 207
(gegen 191), Wundärzte 2. Kl. 3 (4), 3. Kl. 4 (4), 4. Kl.
8 (9), approbirte Zahnärzte 18 (19), approbirte Tbierarzto
und aktive Militärrossärzte 32 (31), Hebammen 63 (59),
Leichensohauer 5 (4), in anderen Staaten geprüfte Heil-
diener 2 (2), niohtapprobirte Medicinalpersonen 72 (67),
Apotheken 21 (19). R. W e h m e r (Berlin).
27. Jahresbericht über die Verwaltung des
Medioinalweaens, die Krankenanstalten
und die öffentlichen Gtoaundheitsyerhält-
niase der Stadt FrankAirt a.M. 45. Jahrg.
1901. Herausgegeben von dem ärxüiichen
Verein. Frankfurt a.M. 1902. Mahlau& Wald-
schmidt Or. 8. IVu. 308S. (3Mk.60Pf.)
In üblicher Eintheilung wird durch den Stadt-
arzt Alezander Spiess im ersten Theile über
die meteorologischen Yerhftltuisse des im Allge^
meinen normalen Berichtjahres, im zweiten über
die Bevölkerungstatistik berichtet. Hierbei wurden
zum 1. Male die am 1. Juli 1900 eiogemeindeten
Vororte Oberrad, Niederrad und Seckbach mit be-
rücksichtigt Durch sie erhielt die Stadt einen Zu-
wachs von rund 18500 Binwohnem. Hit ihnen
und mit 2179 Mann aktiven casemirten Militärs be-
trug die Bevölkerung bei der Zählung am 1. Dec.
1900 28898 Einwohner, am 1. Jan. 1901 ruod
289500 und am I.Jan. 1902 rund 296000. unter
Zugrundelegung einer mittleren Bevölkerung des
Jahres von 294000 Seelen betrug die Zahl der Ehe-
schliessungen 3130 >a lO.7*/o0, der Oesammt-
geburten 8758 = 29.8«/oo (gegen 28.0o/oo der
Jahre 1881—1900), der TodesfiOle (exdusive Todt-
geburten) 4588 ^ 15.6%o (gegen 18% des
letzten Halbjahrhunderts). Es folgen nähere An-
gaben über eheliche, uneheliche und Todtgeburten
unter Vergleichung mit den Zahlen der letzten
20 Jahre, Qber Yertheilung auf die 17 Stadttheile,
Yertheilung der Sterbefälle auf diese und auf die
einzelnen Altersklassen u. dgl. mehr. Hierbei er-
wies sich die Sterblichkeit in den 3 neuen Vo^«
110
Jahresbericht d« k. sächs. Landes-Med-Gollogiums.
orten mit 18.3<^/oo höher als in der übrigen Stadt
mit 15.4%.
Nach den zahlreichen, nach verschiedenen Gesichts-
punkten angeordneten Tabellen über die einzelnen Krank-
iieiten starben an angeborener Lebensschwficbe 216 Kin-
der, im ersten Lebensjahre 1326 — 28.9«/o der Todesfälle,
bez. 18.8% der im ersten Lebensjahre stehenden Kinder;
an Krankheiten der Yerdauungsorgane hiervon 570 -■
43.0>/o (gegen 41. 6^0 im Vorjahre), an Alterschwäche
starben 196 — 6.67o/ooo, an Selbstmord 81 (gegen 69 im
Vorjahre), Mord 22, darunter 13 Kindesmorde, in Folge
von Verunglückung 85 — 2.89»/ood, an Blattern, wo 1900
25 Erkrankungen aus nicht genau bekannter Einschlep-
pung mit 4 Todesfällen vorkamen, erkrankten 2 aus Utah
eingezogene, unterwegs auf dem Schiffe angesteckte nn-
geimpfte Mormonen; an Masern starben 45 Kinder —
1.53*/ooo) an Scharlach 12, und zwar 11 Kinder unter
10 Jahren und ein 20jShr. Mädchen; an Diphtherie
23 — 0.78Vow gegen UMo/^ der letzten 5 Jahre, an
Keuchhusten 49 — l-67*/oooi an Typhus 9 Personen i*
0.31^/ooot darunter 3 auswärts erkrankte, an Influenza
7 Personen, an Dysenterie Niemand, an Puerperalfieber 5,
an Erysipel 9, an Meningitis cerebrospinalis (wie im Vor-
jahre) 2, an akutem Rheumatismus 11, an Zuckerham-
ruhr 53, an Syphilis 12 Personen, darunter 11 kleine Kin-
der bis zu9 Monaten, an Krebsleiden 254 (gegen 220) Per-
sonen « 8.640/000, wobei 93 Männer und 161 Weiber waren.
Am häufigsten war Krebs der verschiedenen Verdauungs-
organe (169 Fälle), hiemach kamen 53 Todesfälle an
Krebs der weiblichen Geschlechtsorgane, an Magendarm-
katarrh 952 — 32.38*/ooD.
Der drüU Theü behandelt die öffmüiehe Ge-
Sundheitpflege und schildert zunächst dieTh&tigkeit
der städtischen GesundheitcommiBsion, des Stadt-
arztes, der Armenärzte und der Schulärzte, Letztere
bestehen seit 1899 und wurden von 11 auf 14 ver-
mehrt, die für 34 Schulen eingestellt waren und
(wie früher) mit dem Stadtarzte mehr&che ge-
meinsame Besprechungen hatten. Die Anstellung
eigener Schulzahnärzte wurde von ihnen nicht be-
f arwortet ; über ihre Tbätigkeit ist eingehend be-
richtet, eine Tabelle über das Ergebniss von 3606
Erstuntersuchungen in 34 Bürgerschulen zu Ostern
1901 ist beigefügt.
Geimpft wurden von 8611 impfpflichtigen
Kindern 77.1«/o, darunter 95.3«/o mit Erfolg,
wiedergeimpft von 6079 revaccinationpflichtigeft
Schulkindern 93.80/o, darunter 80.3% mit Erfolg;
stets wurde nur Thierlymphe benutzt
Nach den nun folgenden kreieärztlichen Mü-
iheilungen von Grandhomme stieg die Zahl der
Aerzte (mit Assistenten) von 278 auf 312, so dass
ein Arzt auf 875 Einwohner kam; es folgen An-
gaben über die gemeldeten Infektionkrankheiten ;
die Zahl bei Blattemerkrankungen (4 wirkliche
Fälle) stimmt nicht mit der oben angegebenen.
Im vierten Jheüe sind eingehende Berichte mit
Tabellen über die Leistungen der Hospitäler von
den leitenden Aerzten gegeben, deren auszugsweise
Wiedergabe nicht recht angängig ist ; sie beziehen
sich auf 6 städtische Hospitäler, einschliesslich
des Armen- und Siechenhauses, der Entbindungs-
und Irrenanstalt mit landwirthschaftlicher Filiale
Koeppem; auf 10 Stiftungshospitäler, auf 18 von
Vereinen, Corperationen und Privaten unterhaltene
Krankenanstalten, sowie auf 3 Yersorgungs- und
Siechenhäuser. Es folgen dann der kurze Bericht
über das unterCarl Weigert's Leitung stehende
Senckenberg 'sehe pathologisch - anatomische
Institut und im fünften Theiie Berichte über die
Thätigkeit des ärztlichen Vereines, seine Bibliothek,
über Personalien. 3 Nekrologe bilden denBeschlnss.
R Weh mer (Berlin).
28. 33. Jahresberioht desLandea-Medioiiial-
GoUegiomB über das Medioinalweflen im
Königreiohe Saohaen aaf das Jahr 1901.
Leipzig 1902. F. C.W. Vogel. Gr. 8. 302 S.
(4Mk.)
Bei üblicher Anordnung des umfänglichen
Materiales in 3 Abschnitten und einem Anhange,
bringt der Bericht zunächst in einer jenen voraus-
geschickten Einleitung ein Verzeichniss der reiehs-
und landesgesetxHehen neuen Bestimmungen und
Verordnungen ; von letzteren, an Zahl 12, die zum
Theil im Anhange abgedruckt sind, äeien hier ge-
nannt diejenigen über Prüfung der Aerzte vom
20. Juli 1901, über das hülfsärztlicheExternat vom
12. Sept 1901, über ärztliche Anmeldepflicht vom
13. März 1901, über Bildung eines Medidnal-
bezirkes für die Stadt Chemnitz vom 5. Oct. 1901,
über Ausführung des Weingesetzes vom 30. Mai
und 15. Aug. 1901, über Trichinenuntersuchung
geschlachteter Hunde vom 6. Juli 1901, über Ab-
gabe stark wirkender Mittel vom 8. Mai 1901, über
Gifthandel vom 11. Juni 1901, über Verhütung
von Bleierkrankungen vom 27. Juni 1901.
Der erste Absehniü, „die ärxtU^ien undpharmor
ceutisehen Organe der MsdieinalverwdÜung'' , berichtet
zunächst über die Thätigkeit des IjxndesmediainaJir
GoUegium, in das an die Stelle der zum Theil durch
Tod ausgeschiedenen Mitglieder Stelz n er, Un-
ruh, Flinzer und Wahn die Herren Rupp-
recht, Hänel, Hüfler, Heynold und Bonde
eintraten, beschäftigte sich u. A. mit verschiedenen
schulhygeinischen Angelegenheiten, mit der Frage
der Abhaltung ärztlicher Sprechstunden ausserhalb
des Wohnortes der Aerzte, mit Gebührentaxe,
Erankenkassenangelegenheiten, mit der Frage der
Pestverbreitung durch Ratten, Verhütung der Ver-
breitung venerischer Krankheiten, mit dem Ver-
kaufe von Menschenhaaren im umherziehen, Ver-
hütung von Bleierkrankungen, mit Hygieine in
Barbier- und Frisiergeschäften, mit der Frage der
Dresdener Schwemmkanalisation, bes. Reinigung
der Dresdener Abwässer vor ihrer Einleitung in
die Elbe, mit Fortbildungscursen für Aerzte, Zu-
lassung zum zahnärztlichen Stadium u. A. m.
3 Aerzte wurden staatsärztlich und 71 Hebammen
in Dresden geprüft. Es folgen üebersichten über
die gerichtsärztliche Revision- und begutachtende
Thätigkeit des Collegium, ferner über die medici-
nischen Beiräthe der Ereishauptmannschaften, Apo-
thekenrevisionen und Bezirksärzte und die 29 ärzt-
lichen und die pharmaceutisohen Ereisvereine.
Jahresbericht d. k. sächs. Landes-lfed.-Collegiuins.
111
Vom ztoeüenAbsekniUe, „das öffentliehe Oesund-
heüsiüesen", der aich aus drei Theilen zusammen-
setzt, wird im ersten, die öffmtliehm Oesundheü-
zustände behandelnden, zunftchst mit Beibringung
zahlreicher statistischer üebersichten über Oeburt-
und Sterblichkeitverhältnisse berichtet Hiemach
kamen bei einer mittleren Bevölkerungzahl von
4243023 Seelen 90081 — 21.2«/oo (gegen 22.7 o/^o
des Vorjahres) TodesflUle gegenüber 156864 =
37.0<»/o« (38.1o/oo im Vorjahre) Lebendgeburten
vor, und zwar in maximo im Bezirke Chemnitz
41.0<^/oo, dagegen in minimo im Bezirke Bautzen
31.9«/oo. Todtgeboren wurden 5466 — 3.3«/o der
Kinder oder 1.3®/oo der Bewohner. Uebrigens
betrug die Sterblichkeit in kleinen Städten und
Dörfern 22.4o/oo, in grossen Städten 19.6o/oo. Von
den Verstorbenen standen im Alter von 0 — 1 J.
44.9, von 1—6 J. 9.1, von 6—15 J. 2.0%, auf
je 100 Lebendgeborene kamen 25.7 Todesfälle im
Säuglingsalter. Bezüglich der Todesursaehm, die
bei 57.0<^/« (gegen 55.1®/o) ärztlich beglaubigt
waren, und zwar in lOO^/o in Leipzig-Stadt, am
wenigsten (53.1%) im Bezirke Bautzen, starben an
Diphtherie (einschL Croup) 993 — 2.3»/ooo (lÖOO
2.3), Keuchhusten 1201 = 2.8 (2.2), Scharlach
347 = 0.8J0.7), Masern 753 — 1.7 (1.5), Typhus
268 «» 0.6 (0>6), Lungentuberkulose 7160 = 16.8
(19.0), Krebs 4127 — 9.5 (9.3). Die SterbUch-
keit an anderweitiger Tuberkulose, die überhaupt
in einem steten Rückgange begriffen ist, betrug
1.96 (gegen 2.20<>/ooo); dagegen ist die Krebs-
Bterblichkeit in einer stetigen Zunahme begriffen.
Hierüber wird dann bezüglich der einzelnen Landes-
theile Näheres ausgeführt Bei den Typhusepide-
mien erfolgte die Verbreitung der Krankheit meist
durch verunreinigtes Trink- (Brunnen-) Wasser,
wenn auch der Nachweis von Typhusbacillen in
solchem nicht gelang, je einmal durch Milch,
Fleischwaaren und durch Fliegen (in einem Hause
in der Ghrenzstrasse in Leipzig). Letztere sassen
massenhaft in den Abortrühren und zeigten bei der
Untersuchung Typhusbacillen, die sie offenbar auf
die Nahrungsmittel absetzten. Pocken kamen in
7 Fällen an 2 Orten (Strassgräbchen und Dahlen)
bei auswärtigen Arbeitern mit üebergang in Ge-
nesung vor. Influenza kam mehrfach in Epidemien
vor, Ruhr in einer 20 Erkrankungen betragenden
Epidemie in Halsbrücke, auf 4 Grundstücken in
Stiebitz bei Bautzen und einige Haie vereinzelt,
follikuläre Bindehautentzündung unter den Schü-
lern einiger Bezirksschulen Dresdens und im Semi-
luue zu Nossen, femer in der Landesanstalt
Oroeshennersdorf auch eine (niohtdiphtherische)
Epidemie follikulärer und nekrotischer Mandel-
entzündung. Von 832 gestorbenen Wöchnerin-
nen und (Gebärenden (^ 5.12®/m derselben über-
haupt) starben an Kindbettfieber 310 — LOlo/^o,
an sonstigen durch Geburt und Wochenbett be-
dingten Krankheiten 287 >— 1.77<^/oo) an mit den-
Belben nicht zusammenhängenden Krankheiten 235
B» 1.44^/oo der Geburten; hierzu werden nähere
Einzelheiten angeführt Von Zoanosen kam Wuth-
krankheit nur 30mal (1900 51mal, 1899 llSmal)
bei Hunden vor, durch die 16 (gegen 35) Menschen
gebissen wurden ; von ihnen wurden 14 in Berlin
schutzgeimpft; trotzdem starben 2 von demselben
Hunde in Lauter gebissene Knaben nach 17 Tagen,
bez. 5 Monaten. An Milzbrand erkrankten 26 Per-
sonen, darunter 8 tödlich, unter ihnen waren
12 Fleischer und 2 Fleischbesohauer. Trichinose
kam nicht vor.
Der zweite Theil dieses Abschnittes, ,/iis öffent-
liche Oesundheiipflsge'* , berichtet zunächst über
Nahrungsmittel und Getränke.
Hiemach wurden 226620 Rinder, 432995 Kälber,
237428 Schafe, 55050 Ziegen, 1058075 Schweine, 10908
Pferde und 2502 Hunde gesohlachtet und untersucht;
von ihnen waren nicht bank würdig 5. ll*/o Rinder, 0.42o/o
Kälber, 0.09«/o Schafe, 1.83»/o Ziegen und 1.20«/o Schweine,
angeniessbar 1.09«/oElinder, 0. 17«/o Kälber, 0.03«/o Schafe,
0.49Vo Ziegen, 0.14Vo Schweine, 0.94Vo Pferde und 1.08«/o
Hunde. Tuberkulös waren: 29.39% Rinder (32.33«/o
Kühe und Ealbinnen), 0.54Vo Kälber, 0.26% Schafe,
2.65% Ziegen, 3.79»/o Schweine, 0.26% Pferde, 0.64%
Hunde. Finnig waren 1079 SchlachUhiere , nämlich
869 Rinder, 5Eäber, 1 Ziege und 204 Schweine, trichinös
79 Schweine, von denen al^r nur 13 in Sachsen geworfen,
bez. gemästet waren, und 10 Hunde. In Elsterberg er-
krankten 21 Personen nach Oenuss einer Wurstsuppe,
die in Fäulniss übergegangen war. Es folgen nähere
Ausführungen über Untersuchungen sonstiger Nahrungs-
mittel in Leipzig und über die Milchoontrole in Leipzig,
Dresden, Chemnitz, über Controle von Bierdruckappa-
raten u. dgl. in verschiedenen Orten, über die neuen
Trinkwasserleitungen der Stadt Meerane (aus einem Thal-
und einem Flankenstrome im Muldenschotter), von Schei-
benberg (aus einem vertieften Tiefrohrbrunnen), von
Hainichen (aus Quellen oberhalb des 8 — 9 km entfernten
Dorfes Langenstriegis). In Marienberg, welches ein sehr
COi-reiches Leitungswasser hat, wurde der Ersatz der
meist aus reinem Blei gefertigten Hausleitongsrohre, aus
denen bei längerem Stehen oft kleine Bleimengen in das
Wasser übergingen, durch Bleimantelrohre veranlasst;
für Chemnitz-Land wurde eine Brunnenordnung erlassen,
in Dresden-Land eine Brunnenuntersuchung in grösserem
Umfange angestellt
Es folgen Berichte über Bau- und Wohnungs-
polizei und über Beinhaltung von Wasser, Boden,
Luft.
Die früher zu Beschwerden Anlass gebende Ein-
leitung von Jauche in die Elbe oberhalb Cotta wurde in
das tiefe Wasser, 60 m vom Ufer entfernt, gelegt ; Tabellen
berichten über die Eibwasserverunreinigung. Weiter
wird über die Leipziger Dünger-Export-Aktiengesell-
schaft, über die Grossenhainer Abfuhrverhältnisse, über
die Kläranlage bei den Aborten eines Schulhauses in
Auerbach, über die mehrfach in Dresden geprüften Leh-
mann-Neumayer^ sohen Kläranlagen, über die städtische
Kläranlage für Sohlenssenwässer auf der Staxwiese zu
Leipzig, über Elsterregulirungsarbeiten in Plauen u. A.
mehr berichtet
Im Capitel über gewerbltehe Oesundheüpfleffe
interessiren besonders Bleierkrankungen in Dresden,
Borna (Töpfereien), in Sebnitz (BlumenblAtter-
fabriken) u. A« Bezüglich der Schulgesundheit-
pflege wird zunächst die neue Peetalozzischule in
Qlauchau (u.A. mit Lehrräumen fürHaushältungs-
nnterricht und Handfertigkeitunterricht) geschil-
112
Jahresberioht d. k. sSohs. Lande8*Me(L-GolleginmB.
dort ; bemerkenswerth waren die den lAokroth'Bchen
Schulbänken daselbet von Omtseh nachgebildeten
Sohulb&nke ; ferner sind die Schulbrausebider dort
und in Plauen erwflhnenswerth. Sohulirste waren
vorhanden, bez. wurden neu eingestellt in Lenge-
feld und Uarienberg, Satzung und Bübenau (Med.-
Bez. Marienberg) und bestanden sonst in Leipzig,
Beiohenbaoh, Dresden, Chemnitz (9 je 3 Schulen),
Döbeln und Freiberg; in Glauchau wurden für
schwachbefähigte Schüler Hülfskiassen eingerichtet,
an verschiedenen Orten Feriencolonioi entsandt.
Es folgen Ausführungen über das Ziehhindenoesm
in Leipzig, Dresden, Chemnitz, Plauen i. Y. und
Zwickau.
Für die Schuizpoekewwnpfung wurden zur
Lymphegewinnung in der Anstalt in Dresden 122,
in Leipzig 25 Thiere eingestellt.
Von 162440 impfpflichtigen Erstimpflingen warden
113626 — 84.56*/« (gegen 190083.93«/.), darunter 96^2«/,
(gegen 96.0«/o) mit Erfolg, von 94022 Wiedehmpflingen
98.11«/o (gegen 98.11»/«), darunter 94.1Vo (gejgen 94.0»/o)
mit Ei-folg wiedergeimpft, und zwar aassohliesslich mit
Thierlymphe.
Die nächsten Capitel befassen sich mit Armen-
häusern, Gefängnissen, Straf- und Besserungs-
anstalten, u. A. der Landeserziehungsanstalt für
sittlich geföhrdete Kinder zu Bräunsdorf, mit Be-
gräbnisswesen und Oiftpolizei. Nach den dann
folgenden Mittheilungen über Kuirpfuacherei und
OeheimmiUelweam standen 1957 Aerzten 945 Kur-
pfuscher (71.5®/o männliche und 28.5^/o weibliche)
gegehüber ; die Kurpfuscher waren besonders Weber,
Barbiere, Kaufleute, Strumpfwirker, Schuhmaoher,
Handelsleute, Schneider, Handarbeiter u. s. w. Es
folgen bemerkenswerthe Einzelheiten über einzelne
Fälle. Zur Unterdrückung des Unwesens erging
ein Ministerialerlass vom 9. April 1901, wonach
die Kreishauptmannschaften die öfTentlichen An-
kündigungen beschränken sollten.
Dem drüten Absehnüte, „das Medicinalpersonal
und die HeüansüUUn*', sei Folgendes entnommen.
Neben 1954 Aerzten zu Ende des Berichtsjahres
(gegen 1905 des Vorjahres) wären 134 (121) Zahnärzte
und 3 (3) Wundärzte voriianden. Apotheken waren 304
(297) vorhanden, von denen 91 revidirt wurden, darunter
17 mit vorzüglichem, 37 mit sehr gutem, 26 mit gutem,
9 mit genügendem und 3 mit ungenügendem Erfolge;
4 Aerzte er^elten die Erlaubniss zur Einrichtung ärzt-
licher Hausapotheken. Oegen Drogisten u. dgl. musste
vielfach vorgegangen werden. Ferner wurden 119 Mineral-
wasserfabriken revidirt, worüber Näheres mitgetheilt ist.
Hebammen waren am Ende des Jahres, in dem 22 starben,
74 in den Rahestand traten, 19 in andere Stellen versetzt
und 111 neu angestellt warden, 1870 (gegen 1860) vor-
handen. An öffentlichen Krankenhäusern bestanden 147 ;
138 derselben, welche Berichte einreichten, verfügten
zusammen über 8711 Betten, und zwar 32 über mehr als
je 60 Betten. Verpflegt wurden 57502 Kranke, bez.
59529 Krankheitfälle ; es sind hierüber nach versohiedenen
Gesichtspunkten aufgestellte statistische Tabellen bei-
gegeben. Neben den öffentlichen Anstalten waren 138
Privatkrankenanstalten vorhanden. In 65 derselben mit
über je 10, zusammen mit 2615 Betten wurden 17635 Kr.
verpflegt. Auch hierüber, wie über die Vorkommnisse
der Landeshospitäler, der Landesblindenanstalt zu Dres-
den, der Lungenheilstätten u. dgl. mehr folgen Sonder-
ausführungen.
In die 4 Landes-, Heil- und Pflegeanstalten für Geistee-
kranke zu Sonnenstein, Untergöltzsoh , Zschadrass und
Hubertnsburg, die Pflegeanstalt Coiditz, sowie die Hefl-
und Pflegeanstalt für Epileptische zu flochweitzschen,
die zusammen das Bericht^ahr mit 4695 Kranken be-
gannen, wurden 956, davon neu 887 aufgenommen. Im
Allgemeinen kommen 17.5% Geisteskruike und 3.5*/t
Epileptische auf je 100000 Einwohner; männliche Kranke
waren dabei 51.4o/o, weibliche 48.6%. Aus den folgoideD,
von Tabellen begleiteten, näheren Ausführungen, auf
deren Einsicht im Originale übrigens hingewiesen wird,
sei hervorgehoben, dass bei der Epileptikeranstalt Hoch-
weitzschen eine landwirthschaftliche Colonie (Höcken-
dorf) für 20 Kranke eingerichtet wurde, dass Sonnenstein
eine neue Wasserversorgung erhielt, die auch in Unter-
göltzsoh und Hubertnsburg verbessert, bez. quantitativ
ergiebiger gestaltet wurde. Aus der Behandlung sei die
vielfache Bettbehandlung, der auch in üoohweitzsohen
die neu eingelieferten Epüeptiker fast ausnahmelos zuerst
unterzogen werden, hervorgehoben ; auch die Dauerbäder
werden bei geeigneten Kranken gerühmt Es folgen dann
Mittheilungen aus der Irrenstation des Männerzuchthaoses
Waldheim, der psychiatrischen und Nervenklinik, wie
dem nunmehr geschlossenen Irren - Siechenhause za
Leipzig und der von dieser Stadt neu errichteten Irren-
und Siechenanstalt Dösen; dieselbe liegt auf einem 23 ha
grossen Gelände an der Strasse von Probsthaida nach
Wachau, kostete einschUeeslich Grundstück 4616232 Mark
und hat in der Irrenabtheilung 648 Betten. Weiter wird
dann über das Stadtirrenhaus zu Dresden, die Privat-
irrenanstalten Nencoswig, Möckern, Leipzig-Thonbeii^,
die Landeserziehungsanstalten zu Grosshennersdorf und
Nossen und die Blödenanstalten zu Sohland a. £. und
Siegmar berichtet. Das letzte Capitel bringt statistische
Angaben über die Badeorte Elster, Warmbad Wolkea-
stein, Wiesenbad, Schandan, Oppelsdorf, Linda bei Paosa,
Marienborn bei Schmeck witz und CVybin, sowie über die
Stadtbäder in Zittau und Glauchau, welches letztere neu
eröfbet wurde.
Der Anhang enthält statistische Tafeln über
Fruohtbarkeit- und Sterbliohkeitverhäitniaae, über
WoofaenbetttodesfiUle und auaaerdem den Wortlaut
der wichtigsten Gesetze und Verordnungen des
Beriohtjahres. OrtS' iwd Saehregister, die im Gegen-
sätze zu den Generalberiditen mancher anderer
Staaten beigegeben sind, erleichtern in dankens-
werther Weise das Zurechtfinden in dem bedeu-
tungsvollen Quellenwerke.
B. Wehmer (Berlin).
Für die R<dakUon verantwortlich : Dr. P. 4, MSkta in Lelptlg.
Draek Ton Waller Wlgaad in
Verlag von 8. Hlrael in Leipil«.
Jaßr6u($etr
der
in^ mb «ttffföttMfcßen gefamm^en (Hte^iein.
BcL 280.
1903.
Heft 2.
A. Originalabhandlungen und Uebersichten.
Gegenwärtiger Stand der Bestrebungen zur Errichtung von
Volksnervenheilstätten.
Von
Oberarzt Dr. Bresler
in Lublinitz (Schi.).
Die Fürsorge fQr minderbemittelte und für
arme Nervenkranke ist in diesem Jahre durch ein
erfreuliches Ereigniss um ein gutes Stück weiter-
gekommen : die Provinz Hannover hat eine Öffent-
liche Nervenheilanstalt errichtet — die erste dieser
Art in Deutschland. Öerade in der Zeit, wo diese
Zeilen in Druck gehen, findet die Eröffnung der
hannoverschen Provinzial-Heilanstalt für Nerven-
kranke statt
Die Entwiokelung dieses Theiles der Wohlfahrt-
pflege hat zwei Wegstrecken hinter sich. Die erste
führt durch eineBeihe literarischer, vorbereitender
Arbeiten und Erörterungen, durch mündliche Ver-
handlungen auf Congressen über die Nothwendig-
keit von Volksnervenheilstätten. Das zweite Sta-
dium, der Weg zur Tbat, war schon schwieriger.
Hier spielt das leidige Qeld seine Rolle. Die frei-
willigen Geber sind seit 10 — 15 Jahren in hohem
Qrade — abgesehen von der Ausnutzung durch
streberische Denkmalsucht — durch die Lungen-
heilstätten in Anspruch genommen. Dem Staate
liegen gesetzliche Verpflichtungen zur Fürsorge für
unbemittelte Nervenkranke nicht ob; die Organe
der Arbeiterkrankenfürsorge — die Landesversiche-
rungsanstalten — verhielten sich bisher der Frage
gegenüber in der Mehrzahl reservirt Vor Allem
fehlte es an dem richtigen Vorbilde einer Volks-
nervenheilstätte, an einem Muster. Dieses ist im
Jahre 1899 in der Anstalt „Haus Schünow^* erstan-
den. Etwa 3 Stunden von Berlin, an der von
Zehlendorf nach der Kreisstadt Teltow führenden
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft 3.
Chaussee in anmuthiger Landschaft gelegen, ver-
dankt dieses Institut seine Entstehung ursprüng-
lich einem Anstosse, welchen 1897 Prof. Oppen-
heim in Berlin demBanquier Berl (ebendaselbst)
gegeben hatte, als dieser ihn wegen Verwendung
einer Familienstiftung um Bath fragte. M ö b i u s
wurde darauf als Sachverständiger zugezogen ; er
sollte auch die Leitung des Unternehmens selbst
führen, lehnte es jedoch ab und lenkte die Auf-
merksamkeit der Herren auf Geh. San.-Rath Dr.
Laehr, der ebenfalls über Stiftungscapitalien ver-
fügte. Durch das Zusammengehen von Laehr
und Berl ist die Anstalt „Haus SchOnow*' dann
bald begründet worden. Etwa gleichzeitig wurde
ein Verein „Heilstätte für Nervenkranke, Haus
Schönow*' in's Leben gerufen, der Ende 1902
487 Mitglieder umfasste (Ende 1901 circa 454,
darunter 119 immerwährende mit einer G^esammt-
leistung von 344610 Mk. in baar und 335 mit
einer jährlichen Beitragsumme von 9416 Mk.).
Die Alters- und Livalidität- Versicherungsanstalt zu
Berlin gewährte eine erststellige Hypothek von
200000 Mk. zu einem Zinssatz von 3^^/^. In den
ersten 3 Jahren ihres Bestehens hat die Heilstätte
circa 1200 Kranke verpflegt bei einem täglichen
Bestände von durchschnittlich 29 Kranken. Man
ist im Begriffe, die Anstalt auf einen Bestand von
100 Plätzen zu erweitem. „Die Anstalt soll ledig-
lich der Wohlthätigkeit dienen, alle etwaigen Ein-
nahmen werden also ausschliesslich zum Besten
der Heilstätte verwendet^^ Ueber der Anstalt
15
114
B realer, Stand der Bestrebungen zur Bnichtung von Yolksneryenheilstfttten.
steht das aus den Yereinsmitgliedern gew&hlte
Curatorium, der geschftftführende Vorstand und
der Direktor, der zugleich erster Arzt der An-
stalt ist
Mit der Errichtung der hannoverschen Pro-
vinzialnervenheilstätte „Rasemühle^* bei Göttingen
beginnt das dritte Stadium in der Entwickelung
der Fürsorge fdr unbemittelte Nervenkranke : die
Anerkennung der Nothwendigkeit solcher Sanato-
rien seitens eines öffentlichen Yerwaltungskörpers
und der von ihm vertretenen gesetzgeberischen Ver-
sammlung. Der anregende Gedanke ging hier von
Prof. Cr am er in Göttingen ^) aus. Als die han-
noversche Provinzial- Verwaltung lediglich zwecks
Wasserversorgung fQr die Provinzial- Irrenanstalt
ein grösseres, an Quellen überaus reiches Grund-
stück erwerben musste, machte er dem Landes-
direktor von Hannover, Lichtenberg, den Vor-
schlag, dieses übrigens 6 km von der Irrenanstalt
entfernte Terrain gleichzeitig zur Errichtung einer
Nervenheilstfttte zu ver werthen. Gramer begeg-
nete bei Lichtenberg und den anderen Herren
der Provinzial- Verwaltung vollstem Verständnisse
und wohlwollender Würdigung seines Planes, der
nun nach allseitiger verwaltungstechnischer Bear-
beitung und Ausgestaltung (eine gesetzliche Ver-
pflichtung zur üebemahme der Behandlung und
Verpflegung Nervenkranker seitens der Provinzen
besteht ja nicht), und nachdem noch Gramer
selbst in dem diesjährigen hannoverschen Pro-
vinzial - Landtage die prophylaktische Bedeutung
der Volksnervenheilstfttten für die Verhütung von
Geisteskrankheiten eben so überzeugend, wie ein-
dringlich dargethan hatte, mit grosser Majorität
von genanntem Landtage angenommen wurda')
Auch die Stadt Frankfurt a. M. beabsichtigt
eine Heilstätte fQr Nervenkranke (Oommunal- und
Kassenkianke, ausserdem für selbstzahlende) zu
begründen und hat bereits die stattliche Summe
von 400000 Mk. zum Bau von 6 Villen ausgesetzt
Gegenwärtig ist man im Begriffe, zunächst zwei
Pavillons für je 25 Nervenkranke zu errichten.
1) Gramer, Die Prophylaxe in der Psychiatrie,
P8ych.-neurol. Wchnschr. V. 3. 1903.
s) Aus den , VorläufigeD BestimmuDgen über die Auf-
nahme von Patienten in das Provinzial-Sanatorium für
Nervenkranke Rasemüßäe und Entlassung aus dem Sana-
torium*^ sei Folgendes hier mitgetheilt :
§ 1. Die Anträge auf Aufnahme in das Sanatorium
sind an die Direktion des Sanatorium zu richten.
Ueber die Anträge entscheidet der Direktor und in
dessen Vertretung der Oberarzt des Sanatorium.
§ 2. Geisteskranke, Epileptische, Selbstmordsüch-
tige, sowie an ansteckenden Krankheiten Leidende dürfen
nicht aufgenommen werden.
§ 3. Den Anträgen sind diejenigen Unterlagen bei-
zufügen, welche nach Lage des Falles erforderUch sind,
um dem Direktor die Bildung eines Urtheils über die
Persönlichkeit und den Gesundheitzustand des Angemel-
deten zu ermöglichen, insbesondere erforderlichen Falls
FersonalauBweispapiere, ärztUche Berichte u. s. w.
§ 4. ... Das Pflegegeld beträgt z. Z. für die 1. Klasse
täglich 4 Mk. und für die 11. Klasse täglich 2.50 Mk.
Kostspieligere Arzneimittel und Nährpräparate, sowie über
die allgemeine Beköstigung hinausgehende Nahrungs-
mittel O^eine, Malzbiere u. s. w.) sind besonders zu be-
zahlen . . .
§ 5. Kleidung und Leibwäsche wird anstaltseitig
nicht gewährt, sondern muss von den Patienten in sau-
berem Zustande mitgebracht und unterhalten werden.
§ 6. Die Patienten werden auf ihren Antrag jeder-
zeit entlassen.
§ 7. Der Direktor und in seiner Vertretung der
Oberarzt ist berechtigt, Patienten zu entlassen, welche
der Hansordnung zuwiderhandein oder aus anderen Grün-
den als für den Aufenthalt in dem Sanatorium nicht
geeignet sich darstellen oder fällige Zahlungen nicht
feisten«
Aus dem vorläufigen Reglement:
Zweck und Bestimmung der AnstctU.
§ 1. Der Zweck des Sanatorium ist die Heilung und
Behandlung von Nervenkranken und nervös Erschöpften.
Die Aufnahme von Geisteskranken, Epileptikern und
Selbstmordsüohtigen ist ausgeschlossen.
Oberaufsiehi,
§ 2. Die Oberaufoicht über das Sanatorium führen
der Provinzialausschuss und das Landesdirektorium in
Gemässheit der Bestimmungen der Provinzialordnung
vom 7. Mai 1884.
Dtrektion,
§3. Zur unmittelbaren Leitung der Anstalt wird ein
Direktor und zu dessen Vertretung ein Oberarzt bestellt
§ 4. Der Direktor ist verpflichtet, das Landesdirek-
torium von dem Stande der Angelegenheiten der Anstalt
in Kenntniss zu erhalten.
§ 5. Die Annahme und Entlassung des nicht mit
Beamten-Eigenschi^ angestellten Personals der Anstalt
erfolgt durch den Direktor. Er hat die Gehaltsätze des-
selben unter Beachtung der dieserhalb geltenden Bestim-
mungen zu regeln und darüber zu wachen, dass untaug-
Uche Personen rechtzeitig aus dem Dienst entfernt werden.
Alte, verdiente, dienstunfähig gewordene Personen sind
dem Landesdirektorium behuf Gewährung einer Unter-
stützung zu empfehlen.
§ 7. Dem Direktor, sowie seinem Vertreter liegt ob,
über die Aufrechterhaltung der Ordnung und Disciplin
in der Anstalt nach den in der Hausordnung und den
Dienstanweisungen enthaltenen oder sonst darüber zu
erlassenden Vorschriften zu wachen. Abweichungen und
üeberschreitangen sind je nach den Umstanden und der
Grösse des Vergehens zu verweisen oder zu ahnden.
Dem unteren Pflege- und Dienstpersonal gegenüber
steht dem Direktor und in seiner Vertretung dem Ober-
arzte die Befugniss zu, Verweis, Entziehung des regel-
mässi|;en Urlaubes, Geldstrafen, Dienstkündigung und
sofortige Dienstentiassung zu erkennen.
Bestrafungen des übrigen Personals der Anstalt Von
gerichtlich zu ahndenden Vergehen oder Verbrechen ist
den zuständigen Behörden unter gleichzeitiger Benach-
richtigung des Landesdirektorium Anzeige zu machen.
Personal der Anstalt,
8 8. Die Dienstobliegenheiten der Beamten und des
sonstigen Personals der Anstalt richten sich nach den
dieserhalb erlassenen Dienstanweisungen.
Insoweit für das untere Dienstpersonal schriftiiche
Anweisungen höheren Orts nicht erlassen sind, ertheilt
der Direktor oder in seiner Vertretung der Oberarzt die
erforderlichen Anweisungen mündlich oder schriftlich.
Gegen Verfügungen ihrer Vorgesetzten haben die
Beamten und das sonstige Personal das Recht der Be-
B realer, Stand der Bestrebungen zur Errichtung von Volksneryenheilstätten.
115
In Badm hat die NervmheilstäUenbeiDegung
nach der Anregung durch die grossherzogl. Regie-
rung und der Ausarbeitung dieser Frage in der
bekannten Denkschrift über dm Stand und die
künftige OestaUung der Irrenfurscrge in Baden, ins-
besondere durch Öeh.-R Dr. Schule in Illenau,
insofern einen gewissen Stillstand erfahren, als
staatlicherseits keine Mittel fCLr diese Zwecke ver-
fügbar gemacht werden konnten. In den Ver-
handlungen des Abgeordnetenhauses, in denen die
Neuherstellung zweier Landes-Irrenanstalten be-
schlossen wurde, hat man das dringende Bedflrf-
niss einer Nervenheilstätte zwar auch allgemein
aDorkannt, aber, mit Ausnahme «ine« Abgeordneten,
doch der Trinkerheilstfttte den Yorrang zuerkannt.
Die Fachärzte Hess aber begreiflicher Weise
die Frage der Nervenheilstätten nicht mehr ruhen.
Anstaltarzt Dr. Fuchs in Emmendingen, Dr. Neu-
mann in Karlsruhe und Dr. Determann in St.
Blasien haben sich um die Popularisirung der Idee
verdient gemacht Von Dr. Fuchs wurde ein
Aufruf an die Oeffentlichkeit gerichtet, um weitere
Kreise auch für die praktische und materielle Bei-
hfilfe zu gewinnen.
Im Uebrigen befindet sich die Bewegung noch
im Stadium der Vorbereitungen, üeber die schliess-
liche Ausgestaltung ist noch nichts Bestimmtes in
die Oeffentlichkeit gedrungen.
Die Regierung dürfte der Bewegung nach wie
vor wohlwollend gegenüberstehen und sich auch
zu eventueller materieller Unterstützung eines
schwerde an das Landesdirektoriam oder den Direktor,
je nachdem die beschwerende Verfügung von dem Direktor
oder einem Untergebenen desselben ausgegangen ist.
Kassen- und Beehnungswesen,
§ 9. Die Kasse und das Rechnungswesen des Sana-
toriam steht bei oberer Leitung des Direktors luter un-
mittelbuer Aufsicht eines von dem Provinzialansschusse
zu bestimmenden Provinzial-Beamten , welcher für die
genaue Beachtung der für die Kassen- und Rechnungs-
führung gegebenen Vorschriften verantwortlich ist.
Wegen der Revision der Kasse und Rechnungslegung
gelten die für die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Oöt-
ÜDgen maassgebenden Vorschriften.
Aufnahme und Entlassung der Kranken,
§ 10. Die Aufnahme von Patienten in das Sanatorium
erfolgt nur auf Antrag derselben. Den Aufgenommenen
steht es jederzeit frei, das Sanatorium zu verlassen.
Patienten, welche unter Vormundschaft oder elterlicher
Gewalt stehen , werden nur auf Antrag ihrer Vertreter
aufgenommen und auf deren Antrag jederzeit entlassen.
Im Uebrigen gelten für die Aufnahme und Entlassung
der Patienten die von dem Provinzialansschusse zu er-
lassenden Bestimmungen.
Behandlung und Beschäftigung der Patienten,
§11. Die Behandlung der Patienten, welche von
dem Oberarzte nach Einvernehmen mit dem Direktor
geleitet wird, richtet sich nach den Grundsätzen der
modernen Nervenheilkunde.
Auf eine entsprechende Beschäftigung, sowie Unter-
haltmig und Erheiterung durch Spiel, körperliche Uebun-
gen u. s. w. ist besonders Bedacht zu nehmen.
sonst sicher und zweckmässig fundirten Unter-
nehmens bereithalten.
Der augenblickliche Stand der Nervenheil-
stättenangelegenheit in Baden ist der, dass zu-
nächst die Orossh. Regierung, die die Verpflichtung
zur Staatshülfe im Principe anerkannt hat, die
Bewegung moralisch fSrdert und später auch
finanziell unterstützen will. MaxNeumann in
Karlsruhe hat von der Landesversicherungsanstalt
die Zusicherung eines Darlehens erhalten. Auch
andere Aerzte sind schon vorbereitend thätig ge-
wesen. Für die Organisation sind vorbereitende
Schritte bereits geschehen. Noch das laufende Jahr
dürfte weiteres bringen.
In der Rheinprovinz, wo vor einer Reihe von
Jahren Pelman, Peretti^) und Hoffmann*)
für die Errichtung von Nervenheilstätten eingetreten
sind, hat der „Bergische Verein für Gemeinwohl",
neuerdings die Ausführung dieser Idee in Angriff
genommen. Nach einer eingehenden Berathung
des Vereins im März 1903, woran auch die Ver^
treter der Staats- und Provinzialbehörde theil-
nahmen und in der Peretti, Direktor der rhei-
nischen Provinzial- Irrenanstalt Orafenberg, vom
volkshygieinischen, prophylaktischen Standpunkte
die Nothwendigkeit der Errichtung von Volks-
nervenheilstätten beleuchtete, wurde zu diesem
Zwecke die Bildung einer Qesellschaft mit be-
schränkter Haftung als Trägerin des Unternehmens
beschlossen. Diese Oesellschaftform hatte sich
nämlich bei den bergischen Lungenheilstätten auf
das Beste bewährt. Die rheinische Landes- Ver-
sicherungsgesellschaft leiht Geld (480000 Mk.) zu
einem massigen Zinsfusse und ohne Zinsgarantie,
während der Rest der auf 600000 Mk. ver-
anschlagten Kosten der Erbauung der Anstalt durch
Zeichnungen aufgebracht werden wird. Wie gross
das Bedürfniss für Nervenheilstätten z. B. in der
Rheinprovinz ist, ergiebt sich daraus, dass im
Jahre 1902 von der Landes- Versicherungsanstalt
333 nervenkranke Frauen und 163 eben solche
Männer in verschiedenen Heilstätten untergebracht
worden sind.
Von weiteren Unternehmungen sei der geplan-
ten „Colonie Friedau'^ gedacht, einer offenen Nerven-
heilanstalt (mit landwirthschaftlichem Betriebe,
besonders Gartenarbeit), deren Gründung von
MObius, Grohmann, Bleuler und Ringier
mit Unterstützung zahlreicher Aerzte und Nicht-
ärzte in die Wege geleitet ist, und zwar in der
Form einer Aktiengesellschaft Die Anstalt soll
in einem landschaftlich günstig gelegenen Acker-
gute in der Schweiz eingerichtet und so betrieben
werden, dass sie ihre Bedürfnisse so viel wie mög-
*) Peretti, Ueber den Stand der Frage der Er-
richtung von Nervenheilstätten und die Wege zu ihrer
Lösung. Allg. Ztsohr. f. Psych. LVI. 3. 1899.
>) Hoffmann (Düsseldorf), Ueber Nothwendigkeit
u. Einrichtung von Volksheüstätten für Nervenkranke.
Ebenda.
116
Bresler, Stand der Bestrebungen zur Errichtung von Yolkfinervenheilstätten.
lieh selbst befriedigt. Letzteres soll durch ein-
fache natarliche Lebensverhältnisse in der Anstalt
und eine zweckmässige Regelung der von den
Insassen zu leistenden Arbeiten unter Berücksich-
tigung von Zuwendungen durch Schenkung erreicht
werden. Mehr wegen der Ziele als wegen Aehn-
lichkeit der Form muss hier auch das Kurhaus
des „Zfiricher Frauenvereins für Massigkeit und
Volkswohl" auf dem Züriohberge bei Zürich er-
wähnt werden. Das Capital wurde theils durch
Emission von Obligationen (3<^/o), theils durch
Schenkungen aufgebracht, theils durch Einnahme
einer im Eurhause befindlichen (alkoholfreien)
Restauration verstärkt. Jedem, der sich für der-
artige Wohlfahrtinstitute interessirt und den der
Weg nach Zürich führt, empfehle ich, dieses Kur-
haus aufzusuchen und zu besichtigen. Der gross-
artige Ausblick auf die Bergriesen, den Züricher
See und die prächtige Stadt Zürich, der schattige
Wald hinter dem Hause lassen den Ort für Ner-
venkranke wie geschaffen erscheinen. Mir selbst,
der ich im Frühjahre 1902 einige Stunden dort
oben weilte, werden diese unvergesslich bleiben.
Endlich erwähne ich noch, dass der grossherzog-
lich hessische Irrenhülfsverein , an seiner Spitze
Ludwig, ehemaliger Direktor der Irrenanstalt
Heppenheim, die Errichtung einer Heilstätte nach
dem Muster von „Haus SchOnow" anstrebt
Da in der Angelegenheit der Nervenheilstätten
die Landes- Versicherungsanstalten als Instanzen
für das Heilverfahren eine einflussreiche Rolle spie-
len, so hat Neumann ^) bei ihnen eine Umfrage
gehalten über die Zahl der nervösen Erkrankungen
und die Häufigkeit der Anwendung des Heilver-
fahrens dabei, ferner auch über die Stellung der
Anstalten zur Heilstättenfrage. Die Anstalten
von Thüringen, Hannover, Rheinprovinz, Baden,
Königreich Sachsen und Schwaben erklärten sich
als der Errichtung der Heilstätten wohlwollend
gegenüberstehend oder befürworteten sie sogar
entschieden ; mit Ausnahme von Baden sagten sie
alle auch eventuelle pekuniäre Unterstützung zu.
Man ersieht daraus, dass auf diese Versicherungs-
anstalten zunächst nicht in vollem umfange bei
der Errichtung von Heilstätten für Nervenkranke
zu rechnen und daher in anderer Weise Fürsorge
zu treffen sein wird. Wie Neu mann anführt,
eignen sich die ländlichen Reconvalescentenheime
unter günstigen Umständen auch für Nervenkranke
und werden auch von den Landes- Versicherungs-
anstalten, von denen manche im Besitze solcher
Häuser sind, vielfach dazu benutzt. Den meisten
dieser Reconvalescentenhäuser fehle jedoch jede
ärztliche Leitung, zu schweigen von einer special-
ärztlichen. Der Privatwohlthätigkeit und -luitia-
1) Volksheilstätten für Nervenkranke. Psychiatr.-
neurolog. Wohnschr. IV. 47. 1902—03. Ebenda Nr. 36
auch ein Auszug des Vortrags über das gleichnamige
Thema von San.-R. Wildermut h.
tive steht also noch ein grosses Feld offen. Neu-
mann empfiehlt die Gründung von Heüstätten-
vereinen als den gangbarsten Weg, dieses Ziel
zu erreichen, ähnlich wie bei „Haus Schönow",
„Colonie Friedau" und auf dem Zürichberge. Von
einer Angliederung der Heilstätten an Irrenanstalten
kann natürlich keine Rede sein, sondern es sind
selbständige Institute anzustreben.
Ein grosses Interesse haben an der Errichtung
von Nervenheilstätten die Berufsgenossenschaften.
Zwar handelt es sich bei den ünfallnervenkranken
weniger um die Erankheitf ormen , für die die
Heilstätten hauptsächlich bestimmt sind, weniger
um die nervös Erschöpften als um die nervös Er-
schütterten. Doch besteht ein so grosser Unter-
schied nicht Denn wenn hier auch krankhafte
Suggestionen eine grosse Rolle spielen, wobei der
bewusste oder unbewusste Wunsch nach Rente oft
mitspricht, was Neu mann betont, so giebt es
doch dergleichen, wenn auch anders gerichtete
Suggestionen bei den nervös Erschöpften ebenfalls
in grosser Masse zu bekämpfen. Es bestände
femer hier der Vortheil, dass die ünfallnerven-
kranken ohne grosse Kosten eine lange Beobach-
tung unter specialärztlicher Aufsicht durchmachen
könnten und darauf kommt es ja häufig a^ir an.
Als Hauptsache aber muss die organisirte Arbeit-
gelegenheit, die die Unfallnervenkranken in den
Nervenheilstätten haben werden, in Betracht ge-
zogen werden. Freilich eignen sich manche Unfall-
nervenkranke, die mit groben Läsionen, mehr für
eigentliche Krankenhäuser oder Siechenanstalten.
Etwaigen Einwänden gegenüber braucht man nur
auf die im Jahre 1900 erfolgte Gründung der
Unfallnervenklinik der sächsischen Baugewerks-
Berufsgenossenschaft in Stötteritz bei Leipzig, ge-
nannt „Hermann-Hauses hinzuweisen. Der Leiter,
Prof. Windscheid*), hat zwar bei einer Be-
schreibung dieses Instituts es als zweckmässig be-
zeichnet, wenn die Berufsgenossenschaften selbst
die Gründung eigener Unfallnervenkliniken in die
Hand nehmen, aber doch offenbar nur im Hinblicke
darauf, dass diese Kranken sich für die gewöhn-
lichen Krankenhäuser nicht eignen und dass Volks-
nervenheilstätten nicht existiren, denn wenn er
für derartige Kliniken die nachfolgenden sieben
Grundsätze glaubt aufstellen zu sollen, so erweist
sich der Unterschied zwischen beiderlei Instituten
nicht als so erheblich, dass man durchaus eine
Zersplitterung der Bestrebungen zur Fürsorge für
die unbemittelten Nervenkranken herbeiführen
müsste; „Unfallnervenkranke" giebt es doch in
gewisser Zahl auch unter den Nervenkranken, die
nicht einer Berufsgenossenschaft angehören. W i n d -
scheid stellt folgende Anforderungen: 1) Sie dür-
fen lediglich Nervenkranke aufnehmen unter Aus-
schluss von Geisteskranken. 2) Sie müssen in
Bezug auf Wohnung, Kleidung und Essen in einer
1) AerzÜ. Bachverst-Ztg. Nr. 19. 1902.
Bresler, Stand der Bestrebungen zur Errichtung von Yolksnervenheilstätten.
117
den Lebensgewohnheiten des Arbeiters entspre-
chenden Weise eingerichtet sein. 3) Sie mQssen
die Möglichkeit einer unausgesetzten, zum Theil
von dem Patienten unbemerkten Beobachtung be-
sitzen. 4) Sie müssen auf dem Princip der
Arbeitgelegenheit basirt sein. 5) Sie dürfen eine
Zahl von 30 — 40 Patienten nicht überschreiten.
6) Sie müssen mit allen modernen wissenschaft-
Men Hülfsmitteln zur Untersuchung und Be-
handlung der Patienten versehen sein. 7) Der
leitende Arzt muss finanziell an der Anstalt unbe-
theiligt sein.
Zu 1 sei bemerkt, dass bei Yolksnervenheil-
stätten nicht nur Geisteskranke, sondern auch Epi-
leptische und vielleicht auch Choreatische und
Hysterische mit Krämpfen ausgeschlossen sein
würden. Punkt 2, 3, 4 und 6 würden ohne Wei-
teres für diese Anstidten zutreffen. Bei 5 ist zu
bemerken, dass die Besorgung geeigneter Arbeitr
gelegenheit, d. h. die Einrichtung eines genügend
vielseitigen Arbeitbetriebes, Land-, Yieh- und Oar-
tenwirthschaft, Handwerkstätten u. s. w. für eine
Anstalt von nur 30 — 40 Patienten eine sehr kost-
spielige und unrentable Sache sein würde.
Wenn dann u. A. im „Hermann-Haus" für die
Kranken noch völlige Alkohol- und Tabakabstinenz
Bedingung ist, so trifft dies, wenigstens was den
Alkohol anlangt, mit der Forderung der Autoren
zusammen, die sich über die Lebensweise in den
Nervenheilstätten geäussert haben. Einer kleinen
Lazarethstation wird die Yolksstätte für Nerven-
kranke auch nicht entbehren kOnnen. Es wäre,
um die angedeutete Zersplitterung zu vermeiden,
meines Erachtens dringend zu wünschen, wenn in
dieser Bichtung Berufsgenossenschaften und Landes-
versicherungsanstalten Hand in Hand mit einander
gingen; die Krankenkassen müssten sich dann
anschlieesen.
Bezüglich des „Hermann-Hauses" mOchte ich
noch nachtragen, dass es allen Schiedsgerichten,
Berufsgenoesenschaften u. s. w. offen steht und
fOr 40 Patienten eingerichtet ist Es war in den
ersten beiden Jahren seines Bestehens mit 465 Pat
belegt (durchschnittlich pro Patient 29 Yerpfle-
gungstage).
Wir müssen nun recapituliren, welche Ansichten
über die Art der Erkrankungen, deren Behandlung
die Volksnervenheilstätten zu dienen haben, zur
Geltung gelangt sind. In erster Linie sollen die
Nervenschwachen, die nervös Erschöpften, die
Neurasthenischen Aufnahme finden. Den gewühn-
lichen Krankenhäusern fallen solche Kranke lästig,
zumal sie nicht genügend Zerstreuung und ge-
eignete Beschäftigung für derartige Patienten haben.
Die bestehenden Privatnervenheilanstalten sind zu
theuer und nur für Bemittelte berechnet Der Be-
handlxmg des Patienten in der eigenen Familie
(d. h. wenn er eine hat) steht entgegen, dass die
Versetzung in eine andere Umgebung häufig gerade
das erste Erforderniss für die Anbahnung einer
.Heilung bildet Der Umfang der ,Jireurasthenie^<
ist nun ein sehr grosser und sehr dehnbar ; es ge-
hören dazu einfache Schwäche und leichte Ermüd-
barkeit des Nervensystems; Patienten mit ge-
steigerter Reizbarkeit („reizbarer Schwäche" *), mit
Zwangsvorstellungen, mit Qefühlsanomalien und
leichten Verstimmungen (selbstverständlich nicht
selbstmordsüchtige; hierin muss grosse Vorsicht
obwalten). Die Volksnervenheilstätte soll ja ein
Vorbeugungsmittel gegen geistige Erkrankungen
sein. Wenn es auf der einen Seite bewunderns-
werth erscheinen muss, wie hartnäckig, wie zäh
die zarten Zellen und Fasern des Nervensystems
jahrelangen Schädigungen gegenüber Stand halten
und wie sich die schwersten inneren Stürme lange
nur durch oberflächliche Qefühlsbewegungen zuer-
kennen geben, so steht doch auch andererseits fest,
dass bei einer grossen Zahl geistiger Erkrankungen
dem Ausbruch der psychischen Störung einfache
Stimmungs- und Gefühlsanomalien voraufgegangen
sind, deren Summation und endlicher Effekt eben
dieser geistige Zusammenbruch ist Hier sollten
die Volksnervenheilstätten nicht den grössten
Nutzen stiften können? Es liegt auf der Hand,
dass eine solche Heilstätte sich leicht in eine Irren-
anstalt für leichte Fälle verwandeln kann. Darum
ist es erforderlich, dass für die Aufnahme neben
der medicinischen Diagnose auch der praktische
Oesichtspunkt : wie verhält sich der Kranke? zur
Geltung kommt: Die Kranken müssen völlig orien-
tirt, lenksam und im Stande sein, nach den Regeln
der Hausordnung sich zu führen. Sie müssen
Krankheitbewusstsein und Krankheiteinsicht haben
und sich ^iwillig in die Anstalt begeben. Vor
Allem müssen sie keiner besonderen Beaufsich-
tigung bedürfen. Man wird, wenn diese Be-
dingungen im Einzelfalle erfüllt werden, auch
vielen Hysterischen und Hypochondern, ja auch
manchen Beconvalescenten von Geisteskrankheit
und von Alkoholismus Aufnahme gewähren können.
Das Gleiche gilt gegenüber der Abgrenzung der
Neurasthenie, d. h. der Beschränkung der Auf-
nahmen, nach der Seite der organischen Nerven-
krankheiten hin. Es wird da ebenfalls auf den
einzelnen Fall ankommen.
Ein Ueberblick über die Krankenbewegung im
„Hause Schöne w^' dürfte hierfür von Literesse sein.
Nach dem Jahresbericht pro 1902, erstattet vom
ärztlichen Direktor der Anstalt, Prof. Max La ehr,
dem auch die Verwaltung der Anstalt übertragen
ist, waren folgende Krankheitformen vertreten:
1) peripherische Nerven- und Muskelkrankheiten
bei 7; 2) organische Erkrankungen des Central-
nervensystems bei 56 (darunter 7 mit Arterio-
sderosis cerebri, 10 mit Hemiplegia cerebralis,
13 mit Tabes dorsalis); 3) Neurosen bei 395 (da-
») D. h. jener Form der Neurasthenie, bei der die
Schwäche vorwiegend in krankhaft erhöhter Reizbarkeit
besteht, die sogenannte Nervosität
118
B realer, Stand der Bestrebungen zur Errichtung von Yolksnervenheilstätten.
runter Neurasthenie bei 210, Hysterie bei 96^
traumatische Neurosen bei 39, Zwangsneurosen bei
10, Neuropatbia constitutionalis bei 19, Epilepsie
bei 5, Alcoholismus chronicus bei 8) ; 4) Psychosen
bei 95 (darunter Melancholie bei 16, Hypochondrie
bei 25, Dementia praecox bei 17, Imbecillitas bei 12,
Dementia paralytica bei 11, Amentia acuta bei 3,
Manie bei 1 u. A.) ; 5) innere und äussere Krank-
heiten bei 1 1. — Heilerfolge bei 1) 1.4<>/o, bei 2) 5.8,
bei 3) 84.9, bei 4) 6.9, bei 5) l«/o. Die Verpfle-
gungskosten wurden getragen: bei 5 3. 7 ^/o von den
Kranken selbst, bei 17.6<^/o von Krankenkassen,
bei 3.7®/o von Berufsgenossenschaften, bei 14.6®/o
von Landesversicherungsanstalten ; bei 5.2^1^ von
Communal- Armendirektionen , bei l.l^o ^on der
Dienstherrschaft, bei 4.1<>/o von privater Wohl-
thfttigkeit. (Statutengemäss sind allerdings „alle
Kranken, die an Epilepsie, an ausgesprochener
geistiger Störung, an Selbstmordsucht leiden oder
lediglich einer dauernden Pflege bedürfen'^, von
der Aufnahme ausgeschlossen.) Man ersieht aus
dem Beispiel vom „Haus Schönow**, das zu all-
seitiger Zufriedenheit seinen Zweck erfüllt, dass
es nicht gut ist, sich bei den Aufnahmen allzu
schematisch an die Vorschriften Ober Krankheitart
und Heilbarkeit zu halten.
Von den Unfallnervenkranken sprach ich schon.
Dringend abrathen mOchte ichvonderprincipiellen
Aufnahme von jugendlichen Degenerirten mit mora-
lischem Defekt ; von einigen Seiten ist sie als zu-
lässig erkannt worden. Dagegen bin ich weit
davon entfernt, der Ansicht beizutreten, die sich in
folgendem Passus der Handelsregistereintragung
seitens der Firma „Rheinische Volksheilstätten für
Nervenkranke, G^ellschaft mit beschränkter Haf-
tung, mit dem Sitze in Düsseldorf*' (siehe oben den
bergischen Verein) ausdrückt: „Gegenstand des
Unternehmens ist Erbauung und Betrieb von Heil-
stätten für tüürdige und bedürftige Nervenkranke . . ."
Wenn man bedenkt, dass unter den Neurastheni-
schen. Hysterischen u. s. w. sich eine grosse Zahl
von Personen findet, deren Krankhaftigkeit auch
ihr Handeln beeinflusst und es unter Umständen
in das Zeichen der „verminderten Zurechnungs-
fähigkeit" stellt (Affekthandlungen, Akte der Ver-
zweiflung u. dgL), wenn man bedenkt, wie leicht
Personen mit geringem materiellen Halt durch eine
neurasthenische Charakterveränderung auf eine ab-
schüssige Bahn geführt werden, so wird man zu-
geben, dass jene gegebenen Falls angebrachte Ein-
schränkung statt in diese principielle und allgemeine
Form besser in die eines diskreten Hausordnungs-
paragraphen zu kleiden gewesen wäre. Dabei
müsste es von der ärztlichen Beurtheilung ab-
hängen, ob Jemand unwürdig ist oder nur scheint
Dass nicht alle Patienten „Herr ihrer Handlung"
sind, wird man schon in Kauf nehmen müssen.
Schliesslich sollte man sich doch auch die schöne
Möglichkeit offenhalten, ausnahmeweise einmal bei
ßinem Unwürdigen den Erfolg der Nervenheilstätten-
behandlung auf sein moralisches Verhalten auszu-
probiren.
Ueber die Häufigkeit des Vorkommens von
Nervenerkrankungen, besonders der Art, wie sie
zur Behandlung in den Heilstätten geeignet sind,
brauche ich keine Worte zu verlieren. Mit Rück-
sicht auf die in letzteren zu treffenden Dispositionen
ist es jedoch von Wichtigkeit, zu wissen, wie viel
Nervenkranke den Alters- und Invaliditätanstalten
zur Last liegen und in welcher Weise für diese
Kranken bisher gesorgt wurda In der Rhein-
provinz waren nach Hoff mann (a. a. 0.) bis
Ende 1895 an 475 Männer und 110 Frauen wogen
Nervenkrankheiten (mit Ausschluss der Epilepsie
und Qeisteskrankheiten) Renten bewilligt, fast 5%
der Rentenempfänger. Am 1. Juli 1898 waren unter
19368 Rentenempfängern der Rheinprovinz rund
900 Nervenkranke. Eine von Hoffmann bei
72 grösseren Krankenhäusern und einzelnen Aerzten
der Rheinprovinz gehaltene Umfrage ergab (32 Kran-
kenhäuser und 3 Aerzte brachten verwerthbares
Material bei), dass in 32 Krankenhäusern im Jahre
1898 1760 Nervenkranke behandelt wurden, da-
runter befanden sich ca. 500 Patienten, die ihrer
Erkrankung nach für die Heilstättenbehandlung
geeignet zu sein schienen. Es lässt sich daraus
leicht ein Schluss ziehen auf die wirkliche Zahl
der vorhandenen Nervenkranken. Die 3 Aerzte
schätzten die Zahl ihrer Nervenkranken auf zu-
sammen 200. Von den 1760 Patienten war bei
1523 die Diagnose in verwerthbarer Form an-
gegeben. Unter diesen 1523 nun fielen 768 den
Krankenkassen zur Last, bei 29 zahlte die Invali-
dität-, bei 99 die Unfallversicherung die Kosten
der Verpflegung und Behandlung. 216 wurden
von ihren Gemeinden unterhalten, 411 waren
Selbstzahler, und zwar minderbemittelte. Neu-
mann (a. a. 0.) hat aus den Jahresberichten der
Versicherungsanstalten die wichtige Thatsache ent-
nommen, dass die Zahl der Rentenempfänger unter
den Nervenkranken unverhältnissmässig viel grösser
zu sein pflegt, als die Zahl der Fälle, in denen ein
Heilverfahren eingeleitet wurde. Für die Landes-
versicherungsanstalt Baden gestaltet sich das Ver-
hältniss zwischen Heilverfahren undlnvalidisinmg
in toto wie 2 : 3, für die Nervenkranken ^) wie 2 : 7,
hingegen für die Lungenkranken wie 2:11 Wäh-
rend femer, wie ebenfalls Neu mann festgestellt
hat, bei den Heilverfahren erst auf 10 Tuberkulöse
1 Nervenkranker kommt, entfällt bei den Renten-
empfängern bereits auf jeden zweiten Tuberkulösen
ein Nervenkranker. Das hieraus ersichtliche Bliss-
verhältniss zwischen der Häufigkeit der Renten-
bewilligung bei Nervenkranken einerseits, der Ein-
leitung eines Heilverfahrens bei ihnen andererseits
>) Wobei Neumann allerdings jemals die Hilfte
der AnämiBch-ChlorotischeD und der an „Mnskelrheama-
tismas'^ Leidenden einschliesst, da man mindestens 50V
dieser beiden Erankengattungen zu den «Nervösen*^
rechnen könne.
Bresler, Stand der Bestrebungen zur Errichtung von Yolksnervenheilstätten.
119
gknbt Neumann nur durch den Mangel an ge-
eigneten Heilatfttten fQr solche Kranke erklfiren zu
können. Einen Beleg dafür findet er in den Yer-
h<nissen der Landesversicherungsanstalt Berlin,
wo in den letzten Jahren die Heilverfahrenfälle an
Zahl den Bentenfällen nicht nur gleich kamen,
sondern sie sogar übertrafen: eine Wirkung der
Existenz der Nervenheilstätte „Haus Sohünow*'.
Denn einmal habe von den im Jahre 1902 hier
verpflegten Nervenkranken die Stadt Berlin genau
die Hälfte gestellt und dann seien bei der Landes-
versicherungsanstalt Berlin die HeilverfahrenAlle
wegen Nervenkrankheiten in den letzten 4 Jahren
am das 4faohe und darüber gestiegen : 1897 waren
es 53, 1901 aber 235; „Haus Schünow" wurde
1899 gegründet Von den Berufsgenossenschaften
konnte Neumann das gewünschte statistische
Material leider nicht erlangen. Die Statistik des
„Hermannhauses^' giebt insofern einen Anhalt, als
von den oben erwähnten 466 Patienten, die in den
beiden ersten Jahren dort verpflegt wurden, nur
73 nicht-reichssächsischen Berufsgenossenschaften
angehörten. 202 litten an Hysterie (traumatischer
Neurose), 92 an Commotio oerebri, 22 an Schädel-
bruch mit sekundären nervösen Störungen u. s. w.
Es bleibt noch die wichtigste Frage zu er-
örtern: tffie sollen die Nervenkranken indenVolks-
heilstätten behandelt werden? üeberblicken wir
die in „Haus Schönow^' zur Behandlung und Ver-
pflegung gekonunenen Krankheitformen, so leuchtet
ranSchst ein, dass es grundfalsch ist, die Nerven-
banken unter Umgehung der Heilstättenfrage den
Beconvalescentenhäusem zu überweisen. Die Ner-
venheilstätten sind als wirkliche Krankenhäuser zu
betrachten und mit den für solche Kranke erforder-
lichen medicinischen üntersuchungs- und Behand-
lungsmitteln auszurüsten, als Krankenhäuser je-
doch, die wegen der Eigenart ihrer Insassen be-
sondere Vorkehrungen und Einrichtungen erfordern.
Diese letzteren bestehen in der Oewährleistung
einer psychischen Einwirkung und der Möglich-
keit, die Kranken in geregelter und nützlicher
Weise zu beschäftigen. Hierzu sind nöthig ein land-
wirthschaftlicher und Oartenbetrieb und verschie-
dene Werkstätten. Die Arbeit bildet besonders bei
den Neurasthenischen und Nervösen einen Theil
der seelischen, wie der körperlichen Behandlung.
Eb ist darüber in letzter Zeit viel geschrieben wor-
den und die einseitige Werthschätzung dieses
Heilmittels hat sogar das Schlagwort „Arbeits-
sanatorium'' gezeitigt Ich möchte nicht auf Alles,
was hierüber zu sagen wäre, eingehen, sondern nur
bemerken, dass eine solche einseitige Betonung
weder sachlich gerechtfertigt, noch geeignet ist,
das Vertrauen der Patienten aus den mittleren und
niederen Ständen für die Volksnervenheilstätten zu
erwecken. Die Nervenkranken dieser Kreise ge-
koren meist der Oruppe der ,^ervös Erschöpften*'
an, die eben in Folge körperlicher und seelischer
Deberarbeitung krank geworden sind und daher in
erster Linie Schonung und Erholung ihrer Kräfte
bedürfen. Andere Oesichtspunkte werden wieder
bei solchen Personen gelten müssen, die weniger
mit dem Qesammtnerven- und -Muskelapparate, als
mit einzelnen Muskelgebieten unter starker Bethei-
ligung der Sinnesorgane gearbeitet und sich über-
anstrengt hatten (Fabrik- und technische Arbeiter).
Hier wird erst auf eine Pause der Ruhe eine Heil-
beschäftigung folgen dürfen, die den ganzen Körper
beansprucht und die verlorene Harmonie der Theile
und Systeme wiederherstellt Anders wieder bei
Kopfarbeitern, bei Hysterischen, bei Hypochon-
dern u. s. w. Huss also bei den verschiedenen
Krankheitgruppen die Heilarbeit von verschiedenen
Oesichtspunkten beurtheilt und angeordnet werden,
so kommt noch hinzu, dass sie bei keiner der in
Behandlung gelangenden Nervenleiden die anderen
Kurmethoden ausschliesst Die. medicinische Auf-
fassung der Arbeit als eines Heilfaktors hat ja für
Viele den Beiz des Neuen, weniger für uns Aerzte
an Irrenanstalten, wo nicht nur der Werth der
körperlichen Beschäftigung, selbstverständlich einer
nützlichen, zweckmässigen, langst erkannt ist, son-
dern auch das psychische Correlat der einzelnen Be-
schäftigungsarten stets gewürdigt wird. Vermeiden
wir lieber die unglückliche Bezeichnung „Arbeits-
sanatorium^^ Die Volksnervenheilstätten sollen
nicht in die Einseitigkeit der Wasserheilanstalten
verfallen. Möge man sich hier immer die folgende
Begel von Mob ins gegenwärtig halten: „Das
Ideal der Behandlung wäre, dass der Arzt die
Thätigkeit des Patienten so regelte, wie ein guter
Verwalter eine in Unordnung gerathene Wirth-
schaft Durch Sparsamkeit da, durch Anspannung
der Kräfte dort, durch Ausschaltung unergiebiger
oder Verlust bringender Betriebe, durch Einfügung
neuer müsste das verschuldete Out in ein zins-
tragendes verwandelt werden'^
Darüber, ob und wie weit bei der Arbeit ein
Zwang ausgeübt werden soll, kann wohl keine
Meinungsverschiedenheit bestehen. Da die Be-
schäftigung zu Heilzwecken vom Arzte angeordnet
wird, so hat sich der Patient dem gegenüber nicht
anders zu verhalten wie bei jeder anderen ärzt-
lichen Verordnung. Weigert sich der Kranke ohne
triftigen Grund, zu arbeiten, so unterlässt er die
Befolgung einer solchen und man wird ihn dann
ersuchen, auszutreten. Aber : irren ist menschlich ;
es kann auch einmal vorkommen, dass man sich
in der Diagnose täuscht und dem Kranken un-
recht thut
Die psychische Behandlung (die meisten Ner-
venkranken, die schwachen, wie die überreizten,
sind wirklich psychisch krank) bietet wohl die
grössten Schwierigkeiten ; sie verlangt vom Arzte
Begabung, Verständniss und Takt in psycholo-
gischen Dingen und eben so viel Geduld bei der Ver-
wendung dieser Eigenschaften. Mit dem Arrange-
ment von Zerstreuungen ist es allein nicht gethan ;
auch verschlimmem letztere unter Umständen die
120
Bresler, Stand der Bestrebungen zur Errichtung yon Yolksnervenheilstätten.
Zerstreutheit, die eine häufige Begleiterscheinung
Ton Nervenleiden ist; der Werth der Zerstreuung
wird meist in der Ablenkung und in der Wirkung
auf die Stimmung liegen. Es will auch (und mit
Recht) jede einzelne Psyche die Aufmerksamkeit
des Arztes fdr sich in Anspruch nehmen: seine
Aufklärung und Belehrung über das Leiden, seinen
Rath und Trost, das Verscheuchen trfiber Gedanken,
die Beseitigung krankhafter Einbildungen und Be-
fürchtungen, die Niederk&mpfung abnormer Em-
pfindungen. Dies Alles setzt ein tiefes Eindringen
in den Seelenzustand des Kranken und genaue
Kenntniss seines kürperlichen Zustandes voraus.
Ohne Eenntniss des letzteren giebt es keine wahre
Seelsorge.
Bei allen Nervenkranken spielt das Subjektive
eine grosse Solle. Es gereicht daher dem Arzte
zum Yortheile, von gebildeten, urtheüsfähigen Per-
sonen, die die Neurasthenie oder Nervosität am
eigenen Leibe kennen gelernt haben, zu erfahren,
wie sich sozusagen die innere Seite dieser Leiden
darbietet und welche Ansprüche solche Kranke an
die Nervenheilstätte und ihren Arzt stellen. Li
diesem Sinne mOchte ich die eben erschienene
Schrift: Ueber Nervenheilstätten und die Gestal-
tung der Arbeit als HauptheilmitteL Ein Wort
aus praktischen Erfahrungen an Aerzte und alle
Förderer des Gemeinwohles gerichtet von Georg
Christian Schwarz. (Mit einer Einführung
von Dr. P. J. Mob ins in Leipzig. Leipzig 1003.
Johann Ambr. Barth.) wärmstens empfehlen. Sehr
zutreffend (wenigstens für sehr viele Nervenkranke)
ist z. B. die Charakterisirung der Volksnervenheil-
stätte als einer Art Schule des Lebens, d. h. einer
Schule, in der man leben lernt Alles, was der
Verfasser sagt, zeugt von seinem grossen Ver-
ständnisse für Psychisches und einem weiten, um-
fassenden Blick auch für höhere psychohygieinische
Fragen. Ich führe nur folgende Stelle an, wo er
von der kirchlichen Seelsorge bei Nervenkranken
spricht : „Verlangt ein Kranker nicht nach einem
Seelsorger, dann ist geistliche Annäherung meist
bedenklich. Ich halte unsere Zeit nicht für so
religionslos, wie gewöhnlich angenommen wird,
aber allerdings ist sie eine entkirchlichte und das
sicher nicht ohne jede Schuld der Kirche. Die
immer allgemeiner werdende historische und natur-
wissenschaftliche Bildung lässt die engen Schranken
der Confessionen erkennen und nach dem ewigen
Gehalt in den wandelbaren Vorstellungen suchen.
Dabei hat sich die Kirche als Helferin sehr lässig
und ungeschickt erwiesen. Die die Zeit erfüllen-
den gegensätzlichen geistigen Strömungen werden
aber von den sensiblen Naturen am tiefsten em-
pfunden und manche arbeiten ein Leben daran, sie
in sich aufzulösen ^ Die Schrift orientirt auch
über die Entwickelung der Nervenheilstättenfrage
und enthält namentlich zwei als vortrefflich zu be-
zeichnende Gapitel : „Wie hat sich die Arbeit zu
gestalten*' und über „die psychische Behandlung^^ —
Die Rücksicht auf den mir zubemessenen Raum
gebietet, dass ich meine Ausführungen beschliesse.
Wir können zu unserer Freude feststellen, dass
die Forderung von Volksnervenheilstätten schon
nach so kurzer Zeit nicht blos von einzelnen Pri-
vaten, sondern auch von öffentlichen Oorporationen
anerkannt wird und der Erfüllung entgegengeht,
und wir haben nur noch den Wunsch anzufQgen,
dass man recht bald von weiteren Fortschritten
auf diesem Gebiete der Wohlfahrtpflege hören
möge. Die Fürsorge für die Nervenkranken ist zu
einem guten Theil Verhütung von Geistesstörun-
gen. Freilich werden dabei von den Provinzen und
Gommunen, wie auch von der Privatwohlthätigkeit
neue Opfer gefordert Es empfiehlt sich u. A. bei
der Fürsorge für Blöde — jugendliche (Idioten),
wie erwachsene — auf eine sparsame Verpflegung
und möglichste Einschränkung der sonstigen Aus-
gaben bedacht zu sein ; hier geschieht stellenweise
recht viel des Guten.
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klin. Wchnschr. XXXVn. 26. 27. 1900.
6) Bianohi, L., Die Psyohotopographie des Him-
mantels u. die Fkeiisig^Bohe Theorie. Deutsch von
0. Jentseh. Centr.-Bl. f. Nervenhkde. u. Psych. ZXIIL
p. 644. Nov. 1900.
7) Xm. Internationaler med. CJongress in Paris.
Specialberioht von P. Schroeder, Centr.-Bl. f. Nerven-
hkde. n. Psych. XXHI. p. 497. Sept. 1900.
8) Munk, H., Ueber die Ausdehnung der Sinnes-
sphftreo in der Grosshirnrinde. Sitz.-Ber. der keL preuss.
Akad. der Wissensch. 14. Dec. 1899 u. 19. Juh 1900.
Nenrol. Centr.-Bl. XX. p. 163. 1901.
9) Munk, H., üeber die Ausdehnung der Sinnes-
sphfiren in der Grosshirnrinde. (3. Schluss-Mittheilung.)
Sitz.-Ber. LVIU. 1901. — Neuroi. Centr.-Bl. XXI. p. 216.
1902.
10) Goltz, Fr., Beobachtungen an einem AfiFen mit
verstümmeltem Grosshim. Aren. f. d. ges. Physich
LXXVL 7 u. 8. p. 411. 1899.
11) Bechterew, W. V., Untersuchungserffebnisse
betreffend die Erregbarkeit des hinteren Abschnittes des
Stimlappens. Area. f. Anat u. Physiol. [physiol. Abth.1
5 u. 6. p. 500. 1899.
12) Cnnningham, R. H., The cortical motor
centres of the opossum, didelphys virginiana. Joum. of
Physiol. XXn. 4. p. 264. 1898.
13)8herrington,C. S., and A. F. Grünbaum,
An adiess on localisation in the motor cerebral cortex.
Bnt med. Joum. Dec. 28. 1901.
14) Kalischer, Otto, üeber Grosshimexstirpa-
tionen bei Papageien. Sitz.-Ber. der kgl. preuss. Akad.
der Wissensoh. vom 5. Juli 1900.
15) Kaiisoher, Otto, Weitere Mittheilung zur
Grosshimlokalisation beim Papagei Fortschr. d. Med.
XVm. 33. 1900.
16) V. B e c h t e r e w , Ueber die L^e der motorischen
Rindenoentren des Menschen naoh &gebnissen farad.
Reizung derselben bei Gehimoperirten. Aroh. f. Anat
n. PhysioL [physiol. Abth.] Suppl. IL p. 543. 1899.
17)DuBois-Reymond, R., u. P. Silex, üeber
») Vgl. Jahrbb. CCLXVII. p. 185.
Xed. Jahrbb. Bd. 280. Hft 2.
oortikale Reizune der Augenmuskeln. Arch. f. Anat. u.
PhysioL [physiol. Abth.] 1 u. 2. p. 174. 1899.
18) Ziehen, C h., Ein Beitrag zur Lehre von den
Beziehungen zwischen Lage u. Funktion im Bereiche der
motorischen Funktion der Grosshirnrinde mit specieller
Berücksichtigung auf das Rindenfeld des Orbicularis
oouli. Arch. f. Anai u. PhysioL [physiol. Abth.] 1 u. 2.
p. 158. 1899. .
19) Frank, D., üeber die Beziehungen der Gross-
hirnrinde zum Vorgänge der Nahrungsaufnahme. Arch.
f. Anat u. PhysioL [physiol. Abth.] 3 u. 4. p. 209. 1900.
20) Hering, H. E., üeber Grosshimreizung nach
Durohschneidung der Pyramiden oder anderer Theile des
centralen Nervensystems mit besonderer Berücksichti-
gung der Rindenepilepsie. Wien. klin. Wchnschr. Xn.
33. 1899.
21) ünverrioht. Zur Pathogenese der Rinden-
epiiepsie. Kritische Bemerkungen zu dem Aufsätze des
Herrn Prof. Prus u. s. w. Wien. klin. Wchnschr. XII.
13. 1899.
22) P r u s , Erwiderung. Ebenda.
23) Probst, M., üeber den Himmechanismus der
Motilität Jahrbb. f. Psych. u.Neurol.XX. 2 u. 3. p. 181.
1901.
24) Probst, M., üeber Rindenreizungen nach Zer-
störung der primären u. sekundären motor. Bahnen, über
die Bedeutung der motor. Haubenbahnen u. s. w. Mon.-
Schr. f. Psych, u. Neurol. XI. 6. 1902.
25) B e c h t e r e w , W. V., üeber die sensiblen Funk-
tionen der sogen, motorischen Rindenzone des Menschen.
Arch. f. Anat u. PhysioL [physioL Abth.] 1 u. 2. p. 22.
1900.
26) Vergor, Henri, Snr les troubles de la sensi-
bilite generale conseoutifs aux iesions des hemispheres
cerebraux chez Thomme. Aroh. gen. de Med. IV.
1900.
27) B e r n h e i m e r , S t.. Die cortikalen Sehcentren.
Wien. klin. Wchnschr. XIII. 42. 1900.
28) Hitzig, E., Sur la physidogie de la visionchez
le chien. Vortrag in der neurol. Sektion des XUI. intern,
medidn. Congresses. NeuroL Centr^-BL XIX. p. 665.
1900.
29) Hitzig, E., üeber den Mechanismus gewisser
cortikaler Sehstörungen des Hundes. BerL klin. Wo-
chenschr. XXXVII. 75. 1900.
30) Good, Clarence A., The cortical localization
of sight and hearing. Amer. Joum. of med. So. CXX. 6.
Dec. 1900.
31) Piltz, J., üeber einHimrindencentrum für ein-
seitige contralaterale Pupillenverengung (beim Kanin-
chen). Neurol. Centr.-Bl. XIX. p. 875. 1899.
32) B e c h t er e w , W. V., üeber pupillen verengende
u. Accomodationscentra der Gehirnrinde. NeuroL Centr.-
Bl. XIX. 9. 1900.
33) Bechterew, W.V., üeber pupillenverengende
u. pupillenerweitemde Centra in den hinteren Theilen der
Hemissphärenrinde bei den Affen. Arch. f. Anat. u.
Physid. [physid. Abth.] 1 u 2. p. 25. 1900.
16
122
Ooldstein, Beiträge zur Physiologie, Pathologie nnd Chirurgie des Grossliims.
34) Talbert, G.A., üeber Reizungen am frei laufen-
den Hunde nach J. B. EtocUd, Arch. f. Anat u. PhysioL
[physiol. Abth.] 3 u. 4. p. 195. 1900.
35) Y. Bechterew, üeber die Gehöroentra der
Hirnrinde. Arch. f. Anat. u. Physiol. [physiol. Abth.]
Suppl. n. p. 391. 1899.
36) Strohmayer, Wilh., Anatomische Unter-
suchungen der Hörsphäre beim Menschen. Mon.-Sohr. f.
Psych, u. Neurol. X. 3. 1901.
In einer ausgezeichneten Darstellung hat
C. y. M 0 n a k 0 w (1) einen Bericht über den gegen-
wärtigen Stand der Frage nach der Lokalisation
im Orosshim unter sorgfältiger, kritischer Be-
nutzung einer fast erdrückenden Literatur geliefert
In der Einleitung zum „physiologisch-anatomischen
Theil" gesteht er, dass heutzutage die Lokalisation
im Orosshirn, wenigstens im Prvneiip, für die
höheren Säugethiere und vollends für den Menschen
ziemlich unbestritten, ja zum Theil noch in einer
ganz ähnlichen Fassung, wie sie von Hitzig vor
mehr als 30 Jahren formulirt worden war, dastehe,
„und doch — wenn wir unseren dermaligen festen
Erwerb in der Lokalisationslehre ohne Rücksicht
auf die topische Diagnostik und auf die praktische
Seite der Frage etwas näher bei Licht betrachten,
so müssen wir gestehen, dass in der ganzen Lehre
nur wenige zusammenhängende Bestandtheile vor-
handen sind, welche toissensdiaftUch als definitiv
abgeklärt, oder als abgeschlossen bezeichnet wer-
den dürften.*'
In einer allen Oebildeten verständlichen Form
giebt Heinrich Sachs (2) einen Ueberblick
über die Entwickelung der Himphysiologie im
19. Jahrhundert, indem er die bedeutungsvollen
Ergebnisse der Himlokalisation von Gall bis
Hitzig, Munk, Goltz und Flechsig in
einem in der psychologischen Oesellschaft zu
Breslau gehaltenen Vortrage vorführt. Er stellt
für das 20. Jahrhundert eine Einigung der Uni-
tarier und der Lokalisten in Aussicht, da wahr-
scheinlich nur die allerelementarsten Dinge, die
groben Empfindungen, in den einzelnen Theilen
des Gehirns lokalisirt seien. „Es bedarf vielleicht
zu einer einfachen psychischen Leistung des Zu-
sammenwirkens aller Grosshirntheile. Indem nun
durch die alle Theile des Gehirns untereinander
verbindenden Associationsfasem die gesammte
Hirnrinde in ein einziges, einheitlich arbeitendes
Ganzes zusammengefasst wird, wirkt die Ver-
letzung eines einzelnen umschriebenen Gebietes
auf alle anderen Theile ein und ist so im Stande,
die Funktion aller anderen Theile, d. h. des ganzen
Gehirns zu schädigen". Auf diese Weise sollen
sich die jetzt noch bestehenden Gegensätze ver-
einigen.
Etwas schwieriger dürften den Lesern die Aus-
einandersetzungen von Adamkiewitz (3), der
vielfach eigene Wege geht, zum Verständnisse ge-
langen. Indem wir den ganzen ersten Theil, der
die „Elementarfunktionen der Seele" (Gedächtniss,
schöpferische Kraft der Grosshirnrinde, Aktivität
und Inaktivität derGrosshimganglien, Empfindung,
Wille und psycho-physische Prooesse) behandelt,
hier umgehen, theilen wir das Endresultat aus
„die Seelenfelder der Grosshirnrinde" mit, das also
lautet: Die Seelenfelder besitzen wohl eine be-
stimmte Lage, aber keine bestimmten Grenzen.
Die bisher bekannt gewordenen Seelenfelder neh-
men nur den kleineren Theil, etwa ein Drittel der
äusseren und der inneren Fläche der Hemisphären
ein. Der grössere Rest dieser Flächen, erste und
zweite Stirn Windung, ein Theil der dritten, der
Gyrus rectus im Stirnhim, die Insel bis an ihre
Ränder, die erste und zweite Parietal-, die zweite
und dritte Temporalwindung mit Ausnahme des
inneren Temporalpoles, der Gyrus oodpito-tempo-
ralis, die zweite und dritte Oocipitalwindung und
der Praecuneus stehen mit den Sinnesorganen in
keinem direkten Zusammenhange. Die Ansicht
Flechsig 's, dass diesen Centren, die später ihr
Mark erhalten, als die übrigen, die Bedeutung zu-
fällt, die „Sinnescentren^^ indirekt mit einander zu
verbinden, um das „Coagitlren und Associiren*^ zu
ermöglichen (daher „Associationscentren^^ genannt),
ist nach A. weder physiologisch, noch logisdi
haltbar. Man kann von keinen Gentren der Asso-
ciation sprechen, da das „Assocüren*' nichts Sped-
fisches an sich hat und gerade die Funktion der
Nervenbahnen darstellt, bei welcher „Centren^
d. h. Ganglien nur in sekundärer Stelle eintreten.
Ausserdem aber steht die Auffassung Flechsig 's
auch in Conflikt mit dem Gesetze der natürlichen
Oeconomie, denn die neutralen Gebiete kOnnen von
der wachsenden Seelenfunktion in Anspruch ge-
nommen und also Sinnescentren werden. A. hält
die „Seelenfelder*' nicht für Felder abstrakter see-
lischer Funktion, sondern für anatomische Seelen-
substrate der einzelnen conkreten Organsysteme.
Ganglienfunktion und Ganglienassociation sind
physiologisch identische Vorgänge und Begriffe.
In das psychologische Gebiet gehört auch die
Rede v. Bechterew 's (4), die er zum Gedächt-
nisse Pirogoff's gehalten hat Die Ansichten
über die Lokalisation des Bewusstseins (die Ge-
sammtheit alles dessen, was das Individuum aus
sich selbst heraus in Erfahrung bringen kann, also
alles dessen, was das Gebiet der Innenwelt angeht)
werden durch das Studium der niedersten Thiere
dem Verständnisse näher zu bringen versucht
Schon die frühesten Stufen des Thierreiches, in
denen das Dasein eines Nervensystems noch durch
nichts angedeutet ist, geben Zeugniss von einem
primitiven Bewusstseinsvermögen. Das elementare
psychische Sein ist aber hier noch nicht lokalisirt
Die Lokalisation beginnt erst mit dem Auftreten
eines Nervensystems.
Auch der Vortrag E d i n g e r 's (5), der in diesen
Jahrbüchern CCLXXI. p. 19 besprochen ist, ge-
hört hierher.
Fl echsig 's Lehre von den Association- und
Projektioncentren hat vielfache Anfechtungen er-
Oo Idstein, Beitrftge zur Physiologie, Pathologie und Chirurgie des Grosshirns.
123
fahren. Bianchi (6) kann sich mit den physio-
logischen Folgerungen, die man aus dieser Lehre
ziehen mdsste, nioht befreunden. Die wahrschein-
lichste Folgerung, die man zwischen den Zeilen der
verschiedenen Flechsig'schen Mittheilungen über
diesen Oegenstand herauslesen kann, ist die, dass
jedem entwickelungsgeschichtlichen Rindengebiete
jeder der 3 von Flechsig aufgestellten Qruppen
besondere physiologische Eigenschaften zuzuschrei-
ben sind; zuletzt müsste man zu der Folgerung
kommen, dass die 40 Territorien, deren Anzahl in
einigen Jahren noch zunehmen wDrde, ebenso
Tielen besonderen Qeistesth&tigkeiten zur Grundlage
In der Diskussion auf dem internationalen Con-
gresse in Paris sagte Hitzig (7) über diesen
Oegenstand: Nach Flechsig sind die senso-
rischen Centren bestimmt für die Peroeption von
Reizen, die von den verschiedenen Sinnesflächen
herrühren, und für ihre Association zu Vorstellungen.
Als Beweis fOhrt er genau analysirte pathologische
Thatsachen an, wie die Tastlähmung, die senso-
risohe Aphasie u. s. w. Mit dieser Auffassung kann
man übereinstimmen. Die Associationcentren dienen
nach Flechsig der Bewahrung von Erinnerungs-
bildern, wie ihrer Reproduktion, durch Reize aus
benachbarten Sinneecentren oder aus anderen Asso-
ciationcentren ; sie sind ihm also die wahren Organe
des Geistes und des Denkens. Die dabei auftreten-
den, weitgehenden Behauptungen sind vorläufig
als Hypothesen zu betrachten ; die Hypothese der
Aufspeicherung von Erinnerungsbildern in gewissen
Zellengnippen ist durch nichts bewiesen.
Nach V.Monakow (7) genügt die anscheinend
so viel versprechende Markscheidenmethode nicht
zur Lösung des physiologischen Problems von der
feineren Organisation der Neurone im Oehirn. Im
Allgemeinen lässt sich nur sagen, dass es der
I Wahrscheinlichkeit und der Logik entspricht, wenn
die Entwickelung der Sinnescentren der Entwicke-
lung der Gentren vorausgeht, die die Grundlage der
Intelligenz bilden. Die Hypothese von scharf ab-
gegrenzten Rinderfeldem von besonderer anato-
mischer Struktur für die höheren psychischen Funk-
tionen (intellektuelle Centren) ist unhaltbar. Man
muss sich vielmehr vorstellen, dass die verschie-
denen Elemente, die an den psychischen Arbeit-
leistungen Theil nehmen, über die ganze Hirnrinde
vertheilt seien.
um Flechsig 's Ansicht zu widerlegen, dass
es Rindengebiete giebt, die keine Sinnessphären
seien, untersuchte Munk (8) ein Gebiet, das bis
dahin als „funktionslos'* im obigen Sinne galt : die
Rinde des Gyrus angularis beim Affen und den
entsprechenden, zwischen Glieder- und Eopfregion
einerseits und Sehsphäre andererseits gelegenen
Theil beim Hunde, die alte Stelle F. Es ergab
sich bei einseitiger Ezstirpation dieses Rinden-
theiles eine Herabsetzung der Empfindlichkeit
^ gegenseitigen Auges, bei beiderseitiger Exstir-
pation die Unfähigkeit, die oberen Augenlider so
hoch wie normal zu heben, femer normal zu fixiren
und die Lage der Objekte in der Tiefe des Gesichts-
feldes zu erkennen. Auf Grund kritischer Sich-
tung des experimentellen Materiales (Ferrier,
Hitzig, Goltz, Bianchi) und der klinischen
Erfahrung kommt Munk (9) zu dem Schlüsse,
dass weder der Stimlappenrinde, noch der Scheitel-
lappenrinde eine besondere Stellung bezüglich der
höheren psychischen Funktionen zukomme, und
dass experimentelle, wie pathologische Erfahrungen
darauf hinauslaufen, dass es an der Grosshirnrinde
nicht neben und zwischen den Sinnessphären noch
andere Rindengebiete gebe, die eigens den höheren
psychischen Funktionen dienen. Sich damit gegen
Flechsig wendend formulirt er seine Ansicht so:
„die Rinde stellt sich als ein Aggregat den ver-
schiedenen Sinnen zugeordneter Abschnitte der
Sinnessphären dar ; es kommen in den centralen
Elementen jeder Sinnessphäre, die unmittelbar oder
fast unmittelbar mit den Projektionsfasem zu-
sammenhängen, die specifischen Empfindungen,
Wahrnehmungen und Vorstellungen eines Sinnes
zu Stande. Für die diirüber hinausgehenden Funk-
tionen der Rinde, gebunden an Associationsfasem
und andere centrale Elemente, die wiederum über
die Rinde in deren ganzer Ausdehnung verbreitet
sind, eine jede Funktion natürlich an bestimmte
morphologische Gebilde gebunden, hat bezüglich
des Ortes des Zustandekommens die Abgrenzung
der Sinnessphären keine durchgreifende Bedeutung
mehr; doch sind des Weiteren wir noch im Dunkel,
da bisher der Versuch am Thiere versagt und die
pathologische Beobachtung uns sehr spärliche, noch
nicht genügend durchsichtige Aufschlüsse ge-
liefert hat<<.
Fr. Goltz (10) hat an einem Affen (Macacus
rhesus) seine Versuche über die Verstümmelung
des Grosshirns fortgesetzt und diesmal am Stim-
und Schläfenlappen am 6. Dec. 1887 und am
13. Febr. 1888 operirt Das Thier starb am 17. Oct
1898. Durch die beiden Operationen war (wie die
Sektion nachwies) der grösste Theil des Stirn-
lappens und des Scheitellappens der linken Gross-
hirnhälfte zerstört Nach hinten reichte das Zer-
störungsgebiet genau bis an die Furche, die den
Hinterhauptslappen nach vorne begrenzt.
Sowohl nach der 1., wie nach der 2. Operation
(bei der ersten waren Stirnlappen, bei der zweiten
Schläfenlappen entfernt) hatte der Affe eine aus-
gesprochene Lähmung der ganzen rechten Eörper-
hälfte. Mit dem rechten Auge konnte er nicht
sehen. Allmählich besserte sich die Lähmung.
Nachdem die Wunde längst vernarbt war, bot der
Affe folgende Erscheinungen : Der Charakter des
Thieres war nicht merkbar verändert, er blieb
launenhaft, tückisch und boshaft, wie er es vor der
Operation gewesen war. Auch eine Einbusse des
Gedächtnisses oder der Intelligenz des Thieres
konnte nicht nachgewiesen werden. Das Thier
124
Qoldstein, Beiträge zur Physiologie, Pathologie und Chirurgie des Grosshirns.
lernte zwar wieder die rechten Glieder bei Orts-
bewegungen ziemlich zweckmässig gebrauchen,
aber wenn es z. B. galt, eine einzelne Ebmd zu
irgend einem Zwecke zu benutzen, so wurde aus-
schliesslich die linke verwendet Die mangelhaften
Bewegungen des rechten Armes waren von einer
erheblichen Abstumpfung der Empfindung begleitet
Das Muskelbewusstsein im Sinne von Hitzig war
nur kurze Zeit nach der Operation gestOrt ; auch
der Geeichtsinn besserte sich schnell, GehSr und
Geschmack zeigten keine merkliche Abweichung.
Thiere mit ausgedehnter Verstümmelung der
linken Grosshirnhälfte müssen die grössteWillens-
anstrengung aufwenden, um die geschädigte Brauch-
barkeit der Glieder wieder zu gewinnen. Das Organ
des Wollens scheint mit äusserster Energie zu
arbeiten und die Werkzeuge, die die gewollte Be-
wegung auszuführen haben, gehorchen nur mangel-
haft Der Muskel wird in seiner Ernährung und
Zusammensetzung dauernd geschädigt Mikro-
skopisch liees sich der Verlust der Querstreifung
der Muskeln des rechten Armes nachweisen.
M u n k beschrieb diese schon 1894, und G o 1 1 z er^
kennt an, dass M.*s Beobachtungen mit den seinigen
übereinstimmen, allein zu dem Ergebnisse ciroum-
scripter Centren kommt er trotzdem nicht
Munk (8) machte neuerdings doppeltseitige
Exstirpationen am Stirnlappen des Hundes und des
Afifen, um seine Ansicht, dass hier die Fühlsphftre
des Rumpfes und der Athembewegungen zu suchen
sei, zu stützen. Horsley's und Sohaefer's
Ansicht, dass im Gyrus marginalis ein Rumpf-
centrum vorhanden sei, wird als irrthümlioh er-
klärt. Die Versuche bekräftigten M. in der Auf-
stellung der Stirnlappen als Rumpfregion.
Dass die erregbaren Theile der Grosshirnrinde
sich nach vorne weit über die vordere Central-
windung ausdehnen, hat v. Bechterew (11) in
russischen Arbeiten schon 1886 und 1887 mit-
getheilt Die gesammte hintere Hälfte des Stim-
lappens sei zweifellos stromerregbar. Die Versuche
an Affen lehrten, dass in der distalen Hälfte des
Stimhirns nicht allein Centren für die Bewegung
des Kopfes und der Augäpfel vorkommen, sondern
dass ausser diesen hier eine grosse Zahl anderer
Centra (für die Contraktion der Stimmuskulatur,
für den Lidschluss, für die Bewegungen der Ohr-
muschel, für die EriRreiterung der Pupillen und die
Respiration) beherbergt wird.
Eine Reihe von Arbeiten beschäftigt sich mit
der Lage und Ausdehnung der motorischen Rinden-
centra. So fand R. H. Cunningham (12) beim
Opossum (amerikanische Beutelratte), dessen Ge-
hirn dem des Igels gleicht, nach Reizung in tiefer
Narkose Centren für die Bewegungen der Vorder-
beine, des Gesichts, des Maules, der Ohren und der
Zunge. Sherrington und Grünbaum (13)
fanden durch Reizung und Exstirpation an höheren
Affen (Gorilla, Chimpanse, Orang), dass die moto-
rische Region auf die vordere Centralwindung be-
schränkt ist, die hintere Centralwindung sich voll-
ständig frei von motorischen Centren erwies. Auf
der medianen Hemisphärenfläche reicht die Er-
regbarkeit der vorderen Centralwindung nicht bis
zur Fissura-calloeo-marginalis. Es wurden in der
vorderen Centralwindung Bewegungen der Ohren,
der Nasenflügel, des (Daumens, Saug- und Kau-
bewegungen, Bewegungen der Stimmbänder, der
Brust- und Bauchwand, der Beckenmuskulatur, des
Anus und der Vagina erzielt.
Bei Exstirpation des Handcentrum glich sich
die Störung nach einigen Wochen fast vollständig
aus. Die Degeneration in der gekreuzten Pyra-
midenbahn liess sich bis in die Lumbairegion des
Rückenmarkes verfolgen. In den VorderhOrnera
der gekreuzten Seite zeigten sich im untersten S^-
mente der Halsanschwellung Faser- und Zellen-
degeneration.
Abweichend von den Resultaten, die an Vügeln
bisher erzielt wurden, sind die Ergebnisse Ka-
iisch er 's (14. 15) an Papageien, sie nähern sich
den Verhältnissen des Grosshims höherer Säuger.
K. erhielt nach Exstirpation bestimmter Theile der
Grosshimrinde der Papageien Störungen der Be-
wegung auf der der Operationstelle entg^en-
gesetzten Kürperhälfte; besonders deutlich war
dies am Flügel und am Beine zu erkennen ; stets
waren Störungen sensibler Natur: Tast-, Druck-,
Liageempfindliohkeit zu finden. Die sensiblen und
die motorischen Erscheinungen traten am deutr
liebsten hervor bei solchen Vögeln, die vor der
Operation besonders geschickt ihren Fuss als Hand
zu gebrauchen wussten. Innerhalb einiger Wochen
bildeten sich die Erscheinungen fast ganz zurück.
Die durch partielle Grosshimexstirpation er-
zielten Resultate erfuhren eine Beetätigang und
Ergänzung durch die Ergebnisse der elektrischen
Reizung der Rinde. Es wurden isolirte Bewegun-
gen der 2ehen, des Beines, der Flügel, der Zunge,
der Kiefer, des Kopfes, der Augen und Augenlider
erzielt Ausschliesslich auf Reizung der gegenüber-
liegenden Körperseite erfolgte die Zehen-, Fuss- und
Beinbewegung ; an der Flügelbewegung nahm die
gleichseitige Körperhälfte Theil, dagegen wurden
Zungen- und Kieferbewegungen von symmetrischen
Punkten beider Hirnhälften aus hervorgerufen.
Bei Reizung des ScheiteUappens ganz dicht an
der Fissura longitudinalis traten ausschliesslich
Zehenbewegungen ein; die Reizung ein wenig
lateralwärts erzeugte Bewegung des ganzen Beines;
dicht an der Grenzfurche des Scheitellappeas fand
sich eine umschriebene Stelle für die Flügel-
bewegung. Die motorische Zone liegt in dem vor-
deren Theile des Grosshirns, umfasst den vorder-
sten Scheitellappen und einen Theil des Stim-
lappens.
Die noch mangelnde genaue topographische
Anatomie des Papageienhirns lässt eine genauere
Lokalisation zur Zeit nicht zu, jedoch ist eine
weitgehende Analogie zwischen dem Grosshim der
Ooldstein, Beitrflge zur Physiologie, Pathologie und Chirurgie des Grosshirns.
125
Papageien und dem der höheren Säuger jetzt schon
erkennbar.
Reizversuche an 3 Kranken, die mittels des
Dubois 'sehen Schlittenapparatee an der Oross-
himrinde von Bechterew (16) angestellt wur-
den, führten zu dem Ergebnisse, dass die all-
gemeine Anordnung der motorischen Centren bei
dem Menschen in beiden Centralwindungen und
den angrenzenden Theilen der Stimwindungen
völlig den Verhältnissen beim Affen entspricht.
Als Centrum für die Augenmuskeln war von
Hitzig das Facialisgebiet angegeben. Dubois
und P.Sil ex (17) bestätigten im Grossen und
Ganzen die Hitzig'sche Lehre, dass das er-
wähnte Centrum die Bewegungen des gegensei-
tigen Auges beherrscht (Reizversuche an Hunden).
Ezstirpationversuche sollten zeigen, in wie weit
di^e einseitige Innervation für die normalen
Funktionen des Auges in Betracht käme. Jedoch
mussten D. und 8. mit Eckhard zugestehen,
dass die Bzstirpation des Hitzig'schen Rinden-
punktee die Funktion des Auges nicht merklich
beeinflusste. Trotzdem muss man die „(üentren*'
in Folge der Reizversuche annehmen, wenn man
nicht entgegen dem ürtheile aller Beobachter fol-
gern will, dass die beobachteten Bewegungen
nicht unmittelbar von der Hirnrinde aus, sondern
auf reflektorischem Wege hervorgerufen werden.
Die wichtige Frage, ob die im vergleichend
anatomischen Sinne homologen Rindentheile auch
homologe physiologische Funktion besitzen, sucht
Ziehen (18) am Gentrum des Orbicul. oculi zu
entscheiden. Während die hintere Grenze des
Orbicttlarisfeldes noch nicht feststeht, ist die vor-
dere mit genügender Sicherheit bekannt. Sie liegt
b^m Menschen im Snlcus praecentralis, bei den
Makaken und dem Drang im Sulcus praecentralis
oder centralis, bei dem Hunde in der oberen Lippe
des Sulcus conmalis, bei dem Schafe erheblich
hinter oder unter dem Sulcus coronalis. Vergleicht
man den physiologischen und den anatomischen
Thatbeetand, so ergiebt sich unzweifelhaft, dass
im Ganzen gegen die Primaten hin und noch
innerhalb, der Primaten gegen die Anthropomorphen
und den Menschen hin die Lage des Centrum des
Orbicularis oouli sich frontalwärts verschoben hat
Die Furchen und Windungen haben die Verschie-
bung nicht in gleichem Maasse mitgemacht Rin-
dengebieten gleicher Funktion kommt also keines-
wegs genau die homologe Lage nach Furchen und
Windungen zu.
Die Lc^lisation des für den Vorgang derNah-
nmgsaufiiahme in Betracht kommenden Rinden-
gebietes ist schon früher in die „motorisdie**
Gegend verlegt worden. Um dieChrenze dieses Ge-
bietes genauer festzustellen, machte D.Frank (19)
Ebntirpationversuche an Hunden und Affen (Maca-
cus rhesus). Der Theil, der zwischen Fissura
Sylvii undPräcentralfurche nach vorne etwas über
dieselbe hinausgreifend liegt und den Fuss der
Centralwindungen und das Operoulum in sich be-
greift, scheint die„Centren*^ für diesen Vorgang zu
beherbergen. Bei einseitiger Exstirpation sind die
Störungen der willkürlichen Nahrungsaufnahme,
d. h. Ergreifens der Nahrung, Zerkanens und
Weiterbefürderns, sehr wenig ausgesprochen ; sie
gehen auch nach 6 — 10 Tagen zurück bis auf eine
geringe Beeinträchtigung der feineren Bewegungen.
Die Restitution scheint hier an Elemente gebunden
zu sein, die der zuerst operirten Gehirnhälfte an-
gehören, denn die Entfernung des 2. Centrum, die
längere Zeit nach der ersten stattfand, hatte kei-
nen vollständigen Verlust der Fähigkeit, willkür-
lich Nahrung aufzunehmen', zur Folge, sondern
nur eine Beeinträchtigung der nOthigen Bewegun-
gen in der contralateralen Mundhälfte, allerdings
bedeutender als das erste Mal. Vollständiger Aus-
fall wurde erst durch gleiehxeüige Entfernung
beider Centren erzielt Auch hier aber tritt ein
Wiederherstellen der Funktion nach 10 — 14 Tagen
ein. So bei den Hunden. Bei den Affen scheint
jedes Centrum für sich grossere Selbständigkeit
erlangt zu haben, da die Restitution weniger voll-
ständig gelingt Exstirpation des 2. Centrum län-
gere Zeit nach der ersten Operation ruft dasselbe
Bild hervor wie die gleichzeitige, doppelte Exstir-
pation bei Hunden, aber auch hier komn^t es nach
einiger Zeit zu einer Restitution der Funktion,
wobei allerdings gewisse Störungen im Ergreifen
und Festhalten der Speisen dauernd zurückbleiben.
Um die Leitungsbahnen genauer zu studiren,
stellte H.E. Hering (20) Reiz versuche am Gross-
him (an 27 Hunden und 20 Affen) vornehmlich
nach Durchschneidung der Pyramiden an und
kam zu folgenden Resultaten: 1) Alle Bahnen,
die Muskeloontraktionen vermitteln, künnen auch
Muskelerschlaffung vermitteln, specifische Hem-
mungsbahnen oder Hemmungscentren lassen sich
nicht nachweisen. Die Hemmung lässt sich auch
ohne die Annahme specifischer Bahnen mit Hülfe
von „Zustandsänderungen im Nervensysteme und
in den Muskeln*' erklären. 2) Specifische Leitungs-
bahnen für die Vermittelung klonischer Krämpfe
(Rindenepilepsie) sind nicht nachweisbar. Alle
corticofugalen Bahnen, durch die man Bewegungen
auslösen kann, vermitteln auch die von der Hirn-
rinde auslösbaren klonischen Krämpfe; nur sind
nicht alle Bahnen gleich leicht erregbar; so ver-
mitteln die Pyramidenbahnen relativ leichter klo-
nische Krämpfe als die anderen corticofugalen
Bahnen. 3) Der Unterschied zwischen den Hun-
den und den Affen hinsichtlich der corticofugalen
Bahnen besteht darin, dass bei den Affen die
Pyramidenbahnen eine grössere Rolle spielen für
die isolirten Bewegungen der contralateralen Glieder
als beim Hunde (beim Menschen wird die Rolle
wohl eine noch grössere sein), dass dagegen der
Hund noch eine isolirte Bewegungen vermittelnde
contralaterale Bahn besitzt, die ziemlich leicht er-
regbar ist, während beim Aflen die contralateralQ
126
Ooldstein, Beiträge zur Phyöiologie, Pathologie und Chirurgie des Orosshirns.
Bahn nur associirt mit der homolateralen Bahn
funktionirt und schwer erregbar ist und endlich,
dass die homolaterale Bahn beim Affen eine be-
stimmtere Funktion besitzt und leichter erregbar
ist als beim Hunde. 4) Beim Hunde wie beim
Affen ziehen (abgesehen von der Pyramidenbahn)
alle Bahnen, die contra- oder homolaterale Olieder-
bewegungen vermitteln, durch den dorsalen Theil
(Haubenetage) des Pens, denn man erhält jene
Bewegungen noch nach Durchschneidung des ven-
tralen Theils (Fussetage).
üebrigens hatte schon Prus (vgl. Jahrbb.
CCLXni. p..l23) nach Reizimg und Durchschnei-
dung an Hunden (Wien. klin. Wchnsohr. XI. 88.
1898) gefunden, dass bei der Rindenepilepsie die
Leitung der Erregung von der Hirnrinde zur
MeduUa oblongata hauptsächlich vermittelst moto-
rischer Bahnen, Extrapyramidenbahnen, die von
der Hirnrinde zur MeduUa und zum Rückenmarke
durch den oberen Theil des Mittelhims verlaufen,
geschähe. Einen essentiellen unterschied zwi-
schen Rindenepilepsie und genuiner Epilepsie
gäbe es nicht Ihm gegenüber behauptet U n v e r -
rieht (21), es sei ein Irrthum, die Gesetzmässig-
keit in dem Ablaufe der Krämpfe in Abrede zu
stellen, begründet durch ungenügende Trennung
sekundärer und primärer Krämpfe, üebrigens habe
er (U.) durch ümschneidungs- und Durchsohnei-
dungsversuche vor 15 Jahren schon bewiesen,
dass die Erregung von einem Rindenoentrum zum
anderen nicht nothgedrungen durch die Rinden-
commissuren und durch den Balken vermittelt zu
werden brauchte, sondern dass hier viel compli-
cirtere Innervationen beständen.
Prus (22) jedoch bleibt bei seiner Ansicht,
dass die Ausbreitung der Krämpfe nicht entspre-
chend der topographischen Anordnung der Rinden-
centra vor sich gehe.
um dem Hirnmechanismus der Motilität ge-
nauer kennen zu lernen, verband M. Probst (23)
die anatomische mit der physiologischen Unter-
suchungsmethode und studirte an lückenlosen
Serienschnitten die Folgen der Verletzung. Als
Leitungsbahnen für die Motilität wurden bisher fast
ausschliesslich die Pyramidenbahnen angesehen,
indessen wies Pr. schon früher nach, dass auch
die motorische Haubenbahn (Vierhügel -Yorder-
strangbahn, dorsales Längsbündel, cerebrale Tri-
geminus- Vaguswurzel, Kleinhirnvorderstrangbahn)
für die Fortleitung motorischer Reize neben der
Pyramidenbahn in Betracht kommen. Sie sind
die primären motorischen Bahnen und erst bei den
höheren Thierreihen bilden sich die Pyramiden-
bahnen aus.
Die primäre motorische Bahn besteht aus vielen
Bahnen, die alle durch Schaltstationen unterbrochen
werden. Dies gilt auch für die sensiblen Bah-
nen, für die Sehbahn u. s. w. Die physiologisch
jüngste motorische Bahn spielt beim Menschen
die Hauptrolle, wohingegen beim Thiere die pri-
mären motorischen Bahnen besser entwickelt sind.
Rindenreizversuche (an einer Katze angestellt) der
motorischen Zone des Orosshims nach Halbseiten-
durchschneidung unterhalb der Pyramidenkreu-
zung ergaben Probst (24) neuerdings dieselbe
Wirkung wie die Zerstörung des Himschenkel-
fussee und des rothen Kernes einer Seite. Sowohl
die primäre wie die sekundäre motorische Bahn,
auf der die Weiterleitung der motorischen Reize
der Orosshimrinde erfolgt, werden ausgeschaltet,
so dass keine Bewegung der Glieder erfolgt. Die
primäre motorische Bahn besteht aus den Rinden-
Sehhügelfasern der motorischen Zone, der Fasern
vom Sehhügel zum rothen Kerne und dem Mona-
kow 'sehen Bündel. Die Vierhügel-Vorderstrang-
bahn kommt für die Weiterleitung faradischer
Reize der motorischen Zone der Orosshimrinde
zunächst nicht in Betracht Sie ist vielmehr als
optische und vielleicht auch akustische motorische
Reflexbahn anzusehen, die bei Wegfall des Mona-
kow'sehen Bündels und der Pyramidenbahn mit
der Zeit den Ausfall dieser motorischen Bahn zum
TheU im Vereine mit den anderen erhaltenen
motorischen Haubenbahnen decken kann.
Mit der Frage, ob die motorische Zone beim
Menschen auch sensible Fasern führe, beschäftigten
sich V. Bechterew (25) und Verger (26).
V. B. versuchte, wie Horsley dies schon früher
ausgeführt, durch Reizung und Abtragung eine
Entscheidung herbeizuführen. Seine Befunde be-
seitigen, wie er meint, alle Zweifel darüber, dass
Hautsensibilität und Muskelgefühl sich bei dem
Menschen mit den willkürlichen Bewegungen in den
nämlichen Rindenregionen darbieten, was begreif-
lich erscheint, da ja diese zwei Qualitäten der
Sensibilität bis zu einem gewissen Orade bestim-
mend seien für die willkürlichen Bewegungen.
Verger sammelte eine grosse Anzahl eigener
und fremder pathologischer Beobachtungen und
kommt bei ihrem Studium zu dem Schlüsse, dass
Läsionen irgend welcher Natur (Erweichung,
Traumen, Tumor) der cortikalen motorischen Zope
(Frontalwindungen, Centralwindungen , Parietal-
windungen) eine Hemianästhesie der gegenüber-
liegenden Körperh&lfte hervorrufen können. Die
sensible Zone kann mit der motorischen zusam-
menfallen, indem sie gleichzeitig Hemiparese und
Hemianästhesie erzeugt
Einige experimentell beachtenswerthe Beobach-
tungen am frei laufenden Hunde nach J.R Ewald
giebt Talbert (34) wieder. Die Ewald 'sehe
Methode bestand darin, dass in den Schftdel des
Versuchsthieres ein Elfenbeinknopf, der die Reiz-
elektrode enthält, fest eingesetzt wird. Sobald
das Thier sich von der Operation erholt hat, kann
es jetzt in völlig normalem Zustande zu Reiz-
versuchen benutzt werden. Nach Beschreibung
einiger technischer Veränderungen theilt T. Ver-
suche mit, die er auf diese Art bei Hunden an-
gestellt hat Er giebt Ewald recht, dass für
Gold stein, Beiträge zur Physiologie, Pathologie und Chirurgie des Grosshirns.
127
feinere Untersuchungen diese Methode sich als
sehr geeignet erweise, zur Demonstration unüber-
trefflich sei. Der Satz Ewald 's, dass der Hund
die Reizung nicht direkt wahrnimmt, sondern
darauf allein durch Muskelzuckung reagire, wird
vollauf bestätigt Den zweiten Satz Ewald 's
jedoch, die Erfahrung, dass es keinen Punkt der
Groashimrinde gebe, von dem aus man nicht bei
dem völlig normalen und ungefeeselten Hunde
Mnskelzuckungen erhielte, lässt er unentschieden.
Die grossen Unregelmässigkeiten der Reizwirkung
aber, die B w a 1 d fand und die ihn zu dem Schlüsse
verleiteten, dass Uebereinstimmung der Resultate
der elektrischen Reizung mit denen der Entfernung
der betreffenden Rindentheile zu erzielen sei,
so dass man leicht verstehen kOnne, wie nach
Verlust eines Stückes der Rinde ihre muskel-
erregende Funktion durch einen anderen Rinden-
theil ersetzt werden kOnne, kann T. nicht bestä-
tigen. Es trat vielmehr der am 1. Tage beobachtete
Reizerfolg Tag für Tag mit völliger Gleichmässig-
keit wieder ein mit dem einzigen Unterschiede,
dass in Folge der Narbenbildung mit der Zeit der
Reizstrom verstärkt werden musste.
Indem wir zur Sehreffion übergehen, erwähnen
wir zunächst die Ergebnisse der anatomischen und
experimentellen Untersuchungen von H. Bern-
heim er (27), die er in der ophthalmologischen
Sektion des Pariser Congresses vortrug. B. konnte
die Hypothesen v. Monakow 's anatomisch be-
gründen und in gewissem Sinne erweitem.
V. Monakow hatte durch seine Degeneration-
versuche bekanntlich erwiesen, dass beim Hunde
nur dann alle mitSehstrahlungsfasern verknüpften
Ganglienzellen des Corpus geniculatum ezternum
und des Pulvinar degeneriren, wenn die M u n k '-
sehe Sehsphäre mit der nach vorn angrenzenden
äusseren Zone der Munk 'sehen Augenfühlregion
zerstört wird. Die Sehsphäre beim Hunde greift
somit um ein ganz Geringes in die nach vorn an-
grenzende Himregion. Beim Affen hingegen leh-
ren die Degeneration versuche, dass die von Munk
angegebene Ausdehnung der Sehsphäre von der
Spitze desOccipitallappens bis zurFissura parieto-
occipitalis zu Recht besteht Die anatomische An-
lage im Corpus geniculatum (zum mindesten der
Affen und Menschen) ist eine derartig complicirte
und zugleich zweckmässige, wie B. angiebt, dass
liohtreize, die durch Maculafasem zum äusseren
KniehOcker gelangen, auch dann noch ungeechwächt
oder wenig geschwächt zur Hirnrinde fortgeleitet
werden können, wenn auch die gewöhnlichen Seh-
Btrahlungsfasern der Macula-Endbäumchen durch
einen Erankheitherd ganz oder theilweise unter-
brochen sind. Die noch gesunden benachbarten
Sehstrahlungsfasem können dann immer noch ver-
möge der überaus reich angelegten Contaktverbin-
dungen im Eniehöcker die Leitung für die ausser
Funktion gesetzten Bahnen übernehmen.
Danach wäre, so lange wie überhaupt noch
gesunde benachbarte Sehstrahlungsfasem vorhan-
den sind, eine vollständige Vemichtung der Macula-
funktion ebenso undenkbar wie eine inselförmige
Vertretung im Cortex.
In der neurologischen Sektion des Pariser Con-
gresses machte Hitzig (28) Mittheilungen über
gewisse Operationen und über Beziehungen, die
beim Hunde zwischen dem Sehen, dem Gyms
sigmoid. und der Sehsphäre bestehen. Exstirpa-
tionen der Dura ohne Verletzung der Pia, Kauteri-
sation mit öproc. CarboUösuDg, Scarifikationen mit
mehr oder weniger ausgedehnter Exstirpation,
Ablösung der Rinde von der damnter liegenden
weissen Substanz beweisen 1) dass dieMunk'sche
Lokalisation nicht der Ort des cortikalen Seh-
centmm sein kann, 2) dass diese Lokalisation
ebenso wie der Gyrus sigmoid. wahrscheinlich durch
subcortikale Bahnen in direkter oder indirekter
Beziehung steht mit dem cortikalen Sehcentmm,
das nach Henschen und anderen Autoren an
der FisBura calcarina gelten ist.
Im Anschlüsse hieran untersuchte Hitzig (29)
weiterhin die Frage, welcher Art der anatomische
und physiologische Mechanismus sein möge, durch
den der Sehakt bei primären Operationen derart
ausser Funktion gesetzt wird, dass dadurch gleich-
sam eine Immunität gegen sekundäre Operationen
eintritt. Bei Eingriffen in den motorischen Theil
der Rinde sind nicht nur die anderweitigen, son-
dem auch 'die mit dem Sehakte im Zusammen-
hange stehenden motorischen Funktionen, d. h. der
optische Lidreflex, regelmässig gestört Die Stö-
rung der optischen Reflexe bei Eingriffen in das
Occipitalhim erscheint demnach als etwas rein
Accidentelles. Wenn eine erhebliche und lang
anhaltende Stömng der optischen Reflexe auf einen
Eingriff in den Gyrus sigmoid. erfolgt, obschon
der Sehakt nur unerheblich und nur kurze Zeit
gestört war, so kann dies nicht (wie Munk will)
auf einer Hemmung von optischen Bahnen über-
haupt, also auch nicht auf einer Hemmung cor-
tikaler optischer Centren beruhen. Nach Aus-
schluss auch des cortikalen motorischen Centmm
bleibt nur das subcortikale motorische Centrum als
das einzige Organ übrig, das wir für die Hemmung
des optischen Reflexes verantwortlich machen kön-
nen. Die Verändemngen in den suboortikalen
Centren sind vielleicht auf sekundäre Degenera-
tionen zurückzuführen, die sich in jedem Falle von
dem einen auf das andere subcortikale Centrum
ausdehnen müssen.
ClarenceA. Good (30) endlich kommt auf
Grund eines Falles von Tumor (Cyste) zu dem Er-
gebnisse, dass beim Menschen die Zerstörung des
cortikalen Sehfeldes zu einer Zellendegeneration
im (}angl. geniculatum und des Corpus quadrigem.
und zu einer Degeneration der Nervenfesem im
Tractus und Nervus opticus führt, dass ferner die
Macula lutea eines Auges in Verbindung steht mit
dem gegenüberliegenden Gyms angularis.
128
Goldstein, Beiträge zur Physiologie, Pathologie und Chirurgie des Oroeshims.
Ein Hirnrindenoentrum fOr einseitige eontra-
lateralePupiUenverengerung will Piltz (31) beim
Kaninchen gefunden haben, indem er eine Stelle
an der Grenze von Parietal- und Oocipitallappen
im Bereiche jener Furche reizte, die vom Eiein-
himrande in der Richtung nach oben vom und
medial in die graue Rinde des Grosshims ein-
schneidet
V. Bechterew (32) will die pupillenveren-
genden Centra in russischer Sprache schon frQher
als Piltz beschrieben haben. Dieses am Yorder-
rande des Occipitallappens gelegene Gentrum soll
nach Versuchen von Belitzki gleichzeitig Span-
nung der Accommodation auslösen.
Femer fand v. Bechterew (33) bei Affen in
der Rinde der hinteren HemisphArentheile zwei
Centra, deren Reizung deutliche Verengerang der
Pupillen hervorrief und zwei weitere Centra, auf
deren Reizung Erweiterang der Pupille folgte.
Zwei Centra, dicht bei einander gelagert, liegen
unmittelbar vor dem unteren Theile der After-
spalte (im Niveau des oberen Endes der ersten
Schlafenfurche). Das nach aussen gelegene Cen-
trum ergiebt bei Reizung Verengerung der Pupille
und Bewegung des Augenlides nach innen, das
nach innen gelegene starke Pupillendilatation mit
Abweichung der Buibi nach der entgegengesetzten
Seite und nach unten.
Zwei andere Centra finden sich in derParietal-
gegend unmittelbar nach vorn von dem oberen
Theile der Fissura Sylvii, wovon das nach aussen
gelegene bei Reizung Erweiterung der Pupillen,
das nach innen gelegene Verengerang ergiebt
Wahrscheinlich haben die am vorderen Rande
des Occipitallappens gelegenen Centra unmittel-
bare Beziehung zur Sehfunktion, die anderen beiden
in der Gegend des hinteren Associationcentrum
von Flechsig stehen wohl in naher Beziehung
zu dem psychischen Centram der optischen Vor-
stellungen.
Vielleicht auch bestehen Beziehungen zu der
psychischen Beeinflussung der Pupille durch den
sogenannten Hirnrindenreflex von Haab oder den
Aufmerksamkeitreflex und Vorstellungsreflex von
Piltz.
Hinsichtlich der Hörsphäre prfifte v. Bech-
terew (35) in Gemeinschaft mit seinem Schüler
Larinoff die von Munk aufgestellte Behaup-
tung, dass die verschiedenen Gebiete der HGrsphäre
zur Reception differenter Töne bestimmt sind und
dass der successive Uebergang von den tieferen
Tönen zu den höheren in der Richtung eines nach
unten convexen Bogens erfolgt, der das Ende der
Fissura postsylvica (Owen) oder das Hinterende
der zweiten Furche umgiebt
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen lassen
sich dahin zusammenfassen : Entfernung geringer
Rindenflfichen an einer der 3 Schlftfenwindungen
führt in den ersten Tagen zu völliger Ton- und
Oeräuschtaubheit (bei Hunden) auf der oontrsr
lateralen Seite und AbschwAohung der Geräusch-
empflndlichkeit auf der gleichen Seite. Späterhin
kehrt das Gehör wieder mit Ausnahme einiger
Töne. Es ergab sich nicht nur der Nachweis einer
unvollständigen Kreuzung der (Gehörnerven, son-
dem auch ein verschiedenes Verhalten der ein-
zelnen Gebiete der Schlftfenlappenrinde zur Per-
ception von Tönen differenter Höhe. Beifaradisoher
Reizung der Hirnrinde wurden Ohren-, Augen-
und Kopfbewogungen stets von jener Region der
Sohläfenrinde ausgelöst, die die Tonscala in sich
beherbergt Bei Zerstörang des hinteren tempo-
ralen Abschnittes der 3. Windung ging die Per-
ception der mittleren Ootaven etwa von o — c^
verloren ; bei Abtragung im Gebiete des hinteren
unteren Endes der 7. Windung flelen die tiefen
Octaven etwa von c — a^ und darüber aus. „Die
Toncentra der Rinde sind demnach in strenger
Reihenfolge gelagert, mit anderen Worten : in der
Rinde des Schläfenlappens giebt es eine ähnliche
Tonleiter, wie in der Schnecke und die Schnecken-
saiten sind hier offenbar durch aneinander gerdhte
Nervenzellengrappen repräsentirt^
Bei der Untersuchung der Lage und anato-
mischen Umgrenzung des cortikalen Höroentrum
durch systematische mikroskopische Untersuchun-
gen der Sohläfenrinde in ihren einzelnen Schichten
versuchte Strohmayer (36) die centrale Bnd-
station des Hömerven zu finden. Die Ergebnisse
der Untersuchung an einer taubstumm gewesenen,
an einem Herzleiden im 63. Lebensjahre verstoi^
benen Dame formulirt er so: 1) Die mikroskopische
Untersuchung der tauben Rinde unterstützt die
Annahme der Hörsphäre in der 1. Temporalwin-
dung. Die Betheiligung der 2. Schläfenwindung
am Hörakte ist nicht eine direkte, sondern nur
eine associirte. 2) Eine engere Umgrenzung, bez.
Lokalisation eines „Hörcentrums*' ist nicht statt-
haft, da die Bndigungen des Schneckennerven in
weitgehendster Weise auf der bezeichneten Win-
dung sich ausdehnen. 3) Die hörenden Elemente
der Sohläfenrinde sind mit grosser Wahrschein-
lichkeit in die 4. Rindenschicht Hammarberg 's
zu verlegen.
B. Paihologiß,
1) Tkunoren, Abaoesae, Enveiehunffm. E^)ilep8i$.
87) Byrom-Bramwell, On the looalisation of
intraoraniai tamoars. Brain LXXXV. p. 1. 18d9.
38) M i D g a z z i n i , 6., Elia. u. pathoL-anatom. Bei-
träge zur Diagnose and Therapie der Oehimgeschwülste.
Dentsohe Ztsohr. f. Nervenhkde. XIX. 1. p. 1. 1900.
39) Zaoher, Ueber einen Fall von doppelsaitiflein
symmetriBoh gelegenem Erweichnngsherd im Stimnim
u. Neuritis optica. Neorol. Gentr-Bl. XX. p. 1074. 1901.
40) Keraval, F., Mort sabite etrange, mais ez-
pliqnee. Fraoture du cräne; ramoUissement anoien des
denz lobes frontaoz. Echo med. du Nord VI. 27. 1902.
41) Yentra, Domenioo, Les fonctions des lobes
prefrontaoz. Oaz. hebd. de Med. et de Chir. Nr. 13.
Fevr. 15. 1900.
42) Lannois, M., Tomeur da lobe frontal. Lyon
med. XXXI. 35. p. 575. 1899.
Goldstein, Beiträge zur Physiologie, Pathologie und Chirurgie des Grosshirns.
129
43) C 0 1 1 e V i 1 1 6 , Snr an cas d'epilepsie jacksonienne
d'origine uremiqne. Symptomes en correlation avec nne
lesion limitee daos la zone prefrontale. Gaz. hebd. de
Med. et de Chir. Nr. 57. Jaillet 1900.
44) Auerbach, S., Beitrag zur Diagnostik der Ge-
schwülste des Stirnhims. Deutsche Ztscbr. f. Nerven-
hkde. XX.ll. 3 u. 4. p. 312. 1902.
45) Phelps, Charles, The locaiization of the
mental faculties in the left prefrontal lobe. Amer. Joum.
of med. Sc. CXXm. 5. 1902.
46) Müller, Ed., üeber psychische Störungen bei
Geschwülsten u. Verletzungen des Stirnhirns. Deutsche
Ztschr. f. Nervenhkde. XXI. 3 u. 4. p. 178. 1902.
47) Schaffer, Karl, Beitrag zur Lokalisation der
cerebraJen Hemianästhesie. Neurol. Centr.-Bl. XXI. 21.
1902.
48) A n 1 0 n , G., Beiderseitige Erkrankung der Schei-
telgegend des Grosshims. Wien. klin. Wchnschr. XII.
48. 1899.
49) Touche, Deux cas de ramoUissement des
centres carticaux de la vision avec autopsie. Arch. gen.
de Med. N. 8. 1. 6. p. 674. Juin 1899.
50) Bruns, üeber 2 Fälle von Tumor im linken
Hinterhauptlappen. Neurol. Centr.-Bl. XIX. 12. p. 586.
1900.
51) Behrendsen, Ein Fall von gleichzeitigem
Auftreten zweier verschiedener Hirntumoren. Deutsche
med. Wchnschr. XXV. 43. 1899.
52) Czyhlarz, Ernst von,u. Otto Marburg,
üeber cerebrale Blasenstörungen. Wien. klin. Rundschau
XIV. 47. 1900.
53) Czyhlarz, Ernst von, u. Otto Mar bürg.
Weitere Bemerkungen zur Frage der cerebralen Blasen-
störungen, zugleich ein Beitrag zur Diagnostik der Balken-
geschwülste. Wien. klin. Wchnschr. XV. 31. 1902.
54) F u c h s , A 1 f r., Klinische Erwägungen aus der
Beobachtung sensibler Jackson- AnfiUle. Jahrbb. f. Psych,
u. Neurol. LXX. 3. p. 1. 1900.
55) Weber, Un cas de tumeur du lobe occipital.
Revue med. de la Suisse rem. XX. 3. p. 135. 1900. .
Eine stattliche Zahl von Himiumoren (122)
hatByrom Bram well (37) beobachtet; 40mal
kam es zur Autopsie; 27 Fälle werden mehr oder
weniger ausführlich mitgetheilt, von denen uns die
StinMmiufnoren, 11 an der Zahl, hier zunächst
interessiren. Von ihnen waren 6 auf das Stirn-
him allein beeohränkt und bei 5 waren Nachbar-
regionen in Mitleidenschaft gezogen. Ptyekische
Symptome waren in 7 von diesen 11 Fällen vor-
handen, Intelligenzschwäohe, Gedächtnissschwäche,
Mangel an Aufmerksamkeit, Reizbarkeit und zu-
weilen Verfolgungsideen, in 4 Fällen fehlten, wie
bemerkt, diese Symptome ganz. In einem Falle (5)
wurde beobachtet, dass der Kopf auf die dem
Tumor gegenüberliegende Seite fieL Tumoren am
hinteren Ende des Frontallappens haben häufig
eine Parese des gegenfiberliegenden Oliedes zur
Folge, die der Oberfläche erzeugen nicht selten
Jackson'sche Epilepsie, bei linkseitigen Tumoren
ist motorische Aphasie öfter anzutreffen.
In 2 Fällen war das motorische Sprachcentrum
oder die darunter liegende weisse Substanz durch
einen Tumor zerstOrt, ohne dass motorische Aphasie
aufgetreten war. In einem Falle war eine lang-
same, aber vollständige Zerstörung des Fusses der
2. linken Frontalwindung ohne jede Aphasie ver-
zeichnet In allen 11 Fällen wurde über Eopf-
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft. 2.
schmerzen geklagt, in 7 Fällen war er sehr heftig.
Die Lokalisation des Schmerzes wechselte sehr;
Erbrechen ist nicht so häufig, wie bei weiter hin-
ten liegenden Tumoren. Schwindelerscheinungen
waren in 6 Fällen vorhanden, Neuritis N. opt. in 9,
allgemeine epileptische Convulsionen in 6, Jack-
son'sche Epilepsie in 2 Fällen. In 2 Fällen war
der Schläfenlappen neben dem Stirnlappen in Mit-
leidenschaft gezogen. In dem ersten, in dem die
3. linke Frontalwindung und die darunter liegende
weisse Substanz vollständig zerstört waren und
ein grosser Theil der Rinde des 1. und 2. Schläfen-
lappens und die darunter liegende weisse Substanz
mit betroffen waren, bestanden keine motorische
Aphasie und keine Worttaubheit Es bestand kein
für die Lokalisation charakteristisches Symptom,
mit Ausnahme vielleicht einer partiellen beider-
seitigen Taubheit Die Qedächtnissschwäche und
die psychischen Störungen deuteten auf den Stim-
lappen, partielle Hemianopsie und Seelenblindheit
auf den Occipitallappen hin. In einem weiteren
Falle von rechtseitigem Schläfenlappentumor war
kein Lokalsymptom vorhanden, die später auf-
tretende Aphasie war auf einen Tumor in der
2. linken Stimwindung zu beziehen.
In einem Falle von Tumor mit Hämorrhagie
der recklen Insel wurde bei einem Rechtshänder
motorische Aphasie beobachtet Br. glaubt, dass
sie geschwunden wäre, wenn der Patient am Leben-
geblieben wäre.
Die wenigen Fälle von Tumor im Occipital-
lappen bieten nichts Besonderes. Von den Tumoren
im ParietaUappen ist der Tumor bemerkenswerth,
der in der linken oberen Parietalwindung sass
(Fibro-cellular) und unter dem ein Abscess bis in
die weisse Substanz hineinragte. Die Ursache des
Abscesses blieb dunkel. Die in den letzten 1 0 Tagen
aufgetretenen Symptome: Schmerzen auf dem
linken Scheitelbeine, Unsicherheit bei Bewegungen
und dumpfes Gefühl in der rechten Hand, Parese
und Anästhesie rechts, Neur. optici, motorische
Aphasie werden sämmtlich dem Abscesse zur Last
gelegt und der Tumor wird für latent erklärt
Mingazzini (88) beschreibt 8 Tumorfälle
ausführlich. An dieser Stelle interessiren uns zu-
nächst 2 Fälle, die den Fr(mtaUc^[/pen betreffen.
1) Bei einer 78jähr. Frau wurden ein Sarkom des
medialen und vorderen Theiles des präfrontalen Lappens
chronische Atrophie der Nieren and Arteriosklerose ge-
fanden. Der Tumor war im Leben nicht diagnosticirt
Epileptische Anfälle and Demenz waren vorhanden ge-
wesen, aber eine aasgesprochene Gharakterveränderang
war nicht beobachtet worden.
2) 46 Jahre alte Weberin. Es wurde ein Sarkom der
seitlichen Theile des linken Stirnlappens gefanden. Die
Differentialdiagnose zwischen Dementia paralyüca and
Tumor war in den ersten Anfängen der Krankheit sehr
schwer. Am meisten Beachtung in diesem Falle verdient
die bis auf ein leichtes Stolpern beim Anfange der Worte
stets normale Sprache.
Das Fehlen der motorischen Aphasie in Fällen,
in denen die Geschwulst die linke Pars opercularis
17
130
Ooldstein, Beiträge zur Physiologie, Pathologie and Chirurgie des Grosshims.
zerstört hatte, ist verschiedentlich beobachtet und
verschieden erklftrt worden. M. erinnert daran,
wie die sich bei Kindern rapid entwickelnde moto-
rische Aphasie (bei Erweichungen der Broca 'sehen
Windung) beinahe immer in kurzer Zeit vergeht,
und zwar Dank der üebung und Gewohnheit des
homologen Gentrum der anderen Gehirnhälfte. M.
glaubt, dass die Sprachfunktionen, die in den ersten
Lebensjahren beiden Broca* sehen Windungen
gemeinsam seien, nach und nach dem rechten Ge-
hirn entzogen würden, um sich in dem linken zu
concentriren, so dass die rechte Pars opercularis
nach und nach ihre funktionelle Verbindung (nicht
die anatomische) mit dem linken Wortklangcentrum
verliert und nur in funktioneller Synergie mit der
linken Broca- Windung bleibt und so auf das
Niveau des automatischen Sprechcentrum herab-
gedrückt wird. Geht die Unterdrückung der Spraoh-
funktion auf der linken Seite allmählich vor sich,
so bilden sich die Associationneurone zwischen der
rechten Pars opercularis, oder besser, der rechten
Broca- Windung und dem linken Wortklang-
oentrum von Neuem.
Die Mydriasis, die bei Stimhimtumoren auf der
entgegengesetzten Seite stets auftreten boU, kann
sowohl rechts, wie links, zuweilen auch beiderseits
vorhanden sein.
Ausser diesen beiden Fällen interessirt uns
noch ein Echinococcus des linken EinierhaiupU
Iqppms bei einem 20 Jahre alten Bauern. Die
Klagen des Pat. bezogen sich nur auf Schatten vor
dem linken Auge; subjektive Anzeichen einer late-
ralen homonymen Hemiopie waren nicht vorhan-
den. Anton 's Erklärung, dass Patienten die
Seh- und HimstOrungen, die durch objektive Unter-
suchung festgestellt wurden, nicht bemerkt haben,
scheint M. ungenügend. Anton glaubte nämlich,
dass in den Fällen, in denen Rindenläsionen vor-
handen sind, in den subcortikalen Centren sich
noch ein Substrat für sehr umfassende Nerven-
funktionen vorfinde. Uebrigens konnte bei dem
Patienten M.'s wegen rasch folgender apoplekti-
former Anfälle eine Hemiopie objektiv nicht fest-
gestellt werden. M. dachte daher an einen Klein-
himtumor, wofür auch der plötzliche Tod (nach
Lumbalpunktion) sprach.
Erwähnen wollen wir kurz an dieser Stelle noch
einen Fall, der einen 32 Jahre alten Kr. betraf, bei dem
die Sektion einen Solitärtuberkel des vorderen Hernes des
rechten Seitenventrikels und des rechten Corp. striat. dar-
bot. Die Diagnose war im Leben nicht gestellt ; viele Sym-
ptome sprachen für eine im Kindesalter aufgetretene Poiio-
encephalitis, nichts liess das Vorhandensein einer Hirn-
geschwolst vermathen : es fehlten Erbrechen, Schwindel,
Staaungspapille, es fehlte das allmähliche Zunehmen der
Symptome. Krampfanfälle epileptischer Natur waren
allerdings von Kindheit an, 30 Jahre lang, zu verzeichnen,
die eine Unkseitige spastische Hemiparese und eine Herab-
setznng des Intellektes im Gefolge hatten. In der Jugend
war rechtseitige, eiterige Otitis und Panophthalmie des
rechten Auges spontan aufgetreten.
Fälle von Oeschwülsten, Verletzungen, Erwei-
chungen in der (hegend des Stimhirns sind ver-
schiedene zu verzeichnen; während eine Anzahl
von Autoren für den alleinigen oder hauptsäch-
lichen Sitz der Intelligenz ihre Beobachtungen zu
verwerthen sucht, stellen sich andere dieser Er-
klärung mit Entschiedenheit entgegen, es bietet
die Pathologie somit ein genaues Gegenstück zur
Physiologie, in der diese Frage ja auch noch heiss
umstritten ist
Hervorzuheben ist zuerst der Fall Zacher 's
(39), in dem in beiden Hemisphären eine Erwei-
chung, genau auf die vordere Hälfte beider Stim-
lappen beschränkt, vorwiegend die weisse Substanz
zerstört hatte. Der Fall soll lehren, dass Erkran-
kung oder Zerstörung der vorderen Stimhimhälften
keinerlei motorische, sensible und Sprachstörungen
hervorruft. Eine anfänglich vorhandene Sprach-
störung und Schluckbeschwerden, sowie gering-
f Qgige Augenmuskelstörungen werden als Fern Wir-
kung aufgefasst, da sie bald nach dem Schlaganfalle
zurücktraten. Auch eine deutlich ausgesprochene
Rumpf- und Nackenmuskelschwäche verlor sich
nach einigen Wochen spurlos. Dagegen liess sich
eine Reihe psychischer Erankheiterscheinungen als
dauernd nachweisen: Störung der Merkfähigkeit
und dadurch grosse Vergesslichkeit für die Oegen-
wart, mangelndes Zeitbewusstsein. Femer machte
sich bei dem Kranken ein Mangel jeglicher Reaktion
auf äussere Vorgänge z. B. auf seine Erblindung,
bemerkbar. Die Zustände erinnerten an vorge-
schrittene Paralyse, an senile Demenz und chro-
nischen Alkoholismus, unterschieden sich von ihnen
aber dadurch, dass der Kranke anspruchsffthig war,
ein anscheinend intaktes Oedächtniss für firüher
Erlebtes und Erlerntes hatte, über geschäftliche
und persönliche Verhältnisse prompte und richtige
Auskunft gab. Der Kranke zeigte ferner ungemein
leicht geistige Ermüdung und schliesslich auch
Symptome von „Witzelsucht*^ Charakterverände-
rungen nach der unangenehmen Seite hin bot er
nicht dar. Die vorhandene Neuritis N. optici
bringt Z. nicht mit dem Erweidiungsherde in Zu-
sammenhang und lässt ihre Entstehung unauf-
geklärt
Fast dieselben Erscheinungen der Demenz bot
ein Kranker K6raval's (40), der an einer Basis-
fraktur plötzlich zu Grunde ging. Die Sektion
zeigte eine doppelseitige symmetrische gelbe Er-
weichung der vorderen Theile des Frontallappen&
Geradezu als Beweis für die physiologischer-
seits (Hitzig, Bianchi, Flechsig) aufge-
stellte Ansicht von dem Sitze der Intelligenz im
Stirnlappen sieht Domenico Ventra (41)
[Sulla fisico-patologia dei lobi frontali-ilmanicomio
moderno IIL 1899] den von ihm beobachteten
Fall an.
Ein Rehpostenschuss traf einen löjähr. Bauer in den
Kopf; nach Smonatiger Bettruhe war der Charakter total
verändert, das Gedächtniss hatte schwer g^tten. 9 Jahre
später Epilepsie, die zu furibunden Aeusserungen führte,
80 dass der Sjt. einer Anstalt überwiesen werden mnsste.
Er ging, 46 Jahre alt, an einer Bronchopneamonie zu
Goldstein, Beiträge zur Physiologie, Pathologie und Chirurgie des Grosshirns.
131
Grande. Die Sektion des Gehirns deckte starke Atrophie,
ja fast Verlust der Frontalhippen auf. An der Dura der
Orbiialwindung hingen an einem losen Gewebe 2 Reh-
posten.
Spfttepilepsie (Beginn im 60. Lebensjahre) be-
schreibt Lannois (42) als Folge eines Tumor
(Gliom) des Frontallappens. Geistesverwirrung mit
unwiderstehlicher Schlafsucht war bei dem Kran-
ken aufgetreten.
Auch Colleville (43) verwerthet einen Fall
von nach Urämie aufgetretener Jackson 'scher
Epilepsie fQr die Ansicht von dem Sitze der
geistigen Funktionen im Frontallappen.
Auerbach (44) glaubt, dass der Frontallappen
des Menschen in direkter Beziehung stehe zu den
FunMonen, durch deren Vervollkommnung sich
der Homo sapiens von den höheren Thieren aus-
zeichnet, und dies sind die höheren psychischen
Leistungen. Die letzteren werden eben erst er-
möglicht durch das Substrat unzähliger Association-
bahnen, der Stimlappen des Menschen ist also nach
ihm als eine Assooiationoentrale grOssten Maass-
stabes zu betrachten.
Der Fall, der A. als Unterlage seiner Betrachtangen
dient, betraf eine 48jähr. Dame. Ein Tumor wurde ver-
hältnissmSssig spät diagnostioirt, als nach einem apo-
plektischen Anfalle Stauungspapille mit frischen Blutun-
gen in der Papille, Nackensteifigkeit, leichte Protrusio
bulbi deztri. minimale Zuckungen im rechten oberen
Augenlide, leichte linkseitige Facidisparese sich einstellten.
Gedächtoiss für jüngste Vergangenheit war schwach,
Merkfähigkeit sehr verringert gewesen. Verlust jeglicher
Initiative und jedweder eigenen Willensregung. Keine
Witzelsucht Tod in Folge von Lungenödem. Bei der
Autopsie fand sich an der Basis beider Stimlappen eine
stark apfelgrosse, von der Dura ausgehende Oeschwulst
(Fibro-^ oder Angiofibrosarkom).
A. macht auf die üebereinstimmung der psy-
chischen Symptome mit den von Zacher (39) be-
obachteten, aufmerksam.
Am Bohftrfsten und mit apodiktischer Bestimmt-
heit spricht sich Charles Phelps (45)aus. Ihn
führten das Studium der Literatur und eigene Be-
obachtungen über den Sitz der geistigen Funktionen
zu folgenden Schlüssen : 1) Je sicherer die Läsion
auf den linken Prilfrontallappen beschränkt ist,
desto positiver und deutlicher zeigen sich die Sym-
ptome eines geistigen Defektes. 2) Die geistigen
Funktionen bleiben intakt bei Läsion des rechten
Frontalhims, wenn auch der ganze Lobus, ja die
ganze rechte Hemisphäre ergriffen ist. 3) Die zu ent-
gegengesetzten Besultaten führenden Ausnahmen
sind nur scheinbare, bei eingehender Untersuchung
sind sie stets vereinbar mit der Behauptung des
ausschliesslichen Sitzes der geistigen Funktionen
in der linken Präfrontalregion.
Dagegen ist Müller (46) der Ansicht, dass
der Versuch, Gharakterveränderungen im Stirnhirn
zu lokalisiren, soweit die Arbeiten von Ferrier,
Welt und Wendel in Betracht kommen, un-
zweifelhaft gescheitert sei, da kein einziger der
von jenen mitgetheilten Fälle der kritischen Prü-
fung, ob nicht mit weitaus grösserer Wahrschein-
lichkeit eine diffuse Schädigung der Hirnrinde an-
genommen werden muss, Stand hält. Es wird von
ihm nicht geleugnet, dass hauptsächlich im An-
fange bei manchen Tumoren des Stimhirns sich der
Charakterveränderung ähnliche oder identische Zu-
stände entwickeln können, sie stellen aber keine
Herd-, sondern echte Allgemeinsymptome dieser
Geschwülste dar. Die „Witzelsucht*' kann sich
auf dem Boden einer durch den Tumor bedingten
Demenz entwickeln, wie bei anderen Yerblödungs-
processen (seniler Demenz, progressiver Paralyse),
oder sie kann auf die nicht seltene Gomplikation
eines Stirnhimtumor mit Epilepsie zurückgeführt
werden. Dass dieses Symptom bei Stirnhirn-
tumoren häufiger als bei Tumoren anderer Regionen
vorkommt, erklärt sich aus der relativ langen Krank-
heit und der besonderen Grösse der Stirnhim-
tumoren ; wenn es sich häufiger bei einem rechts-
als linkseitigen Sitz findet, so beruht dies nicht
auf einer besonderen Bedeutung der rechten Hemi-
sphäre für die Psyche, sondern wohl darauf, dass,
wie schon Oppenheim annimmt, Kranke mit
linkseitigen Herden oft aphatisch werden.
Einen Beitrag zur Lokalisation der cerebralen
Hemianästhesie liefert Seh äff er (47). Er be-
obachtete einen rechtseitigen Erweichungsherd, der
den untersten Theil der vorderen und hinteren
Centralwindung einnahm und auf dieerste Temporal-
windung übergriff, aber auch tief in das Innere
hineinging, indem er den Körper des Schweifkerns,
ferner den vorderen Schenkel, sowie das Knie der
inneren Kapsel einnahm. Es bestanden Sehhügel-
atrophie und eine absteigende Pyramidendegene-
ration. Das Hauptinteresse beansprucht die Lokali-
sation desHerdes und diedamit verbundenedauernde
Hemianästhesie mit Hemianalgesie. Da der Herd
den hinteren Theil des hinteren Kapselabschnittes
frei liess, der nach Charcot sensible Fasern
führen soll, so müssen wir folgern, dass mit den
verletzten motorischen Fasern zugleich sensibele ver-
laufen, die der Hautsensibilität (D6j6rine-Long).
G. Anton (48) berichtet über beiderseitige
Erkrankung der Scheitelgegend des Grosshirns.
Die Symptome bei dem 27jähr. Tagelöhner bestanden
in fast völligem Verluste der automatisohen and mimi-
schen Bewegungen, Sehstöningen mit Verlast der Orien-
tirang (kann die Distanz der Objekte nicht abschätzen),
Verlast der räumlichen Onentirang überhaupt: Tastblind-
heit des Auges, in Mangel des Zusammenspiels der rein
optischen mit den entepreohenden Bewegungsempfin-
dangen. Ausgesprochene Lähmang der Beine trat erst
später auf. Es fand sich in beiden Hemisphären ein
Neurogliom, das vom oberen und medialen Scheitel-
läppchen aus lateralwärts und ventral wärts gewachsen war.
Es wurden folgende Bahnen zerstört: 1) das Hemi-
sphärenmark des oberen and unteren Parietallappens;
2) das Oocipitalmark mit Ausnahme der unteren Lippe
der Fissura calcarina und der anschliessenden Schläfen-
windungen ; 3) zum grossen Theil unterbrochen : die Lei-
tungsbahnen der hinteren Centralwindung; 4) die Mark-
substanz des Gyr. fomicatus bis zur Querebene der Gentral-
windungen, stellenweise auch die des Gyr. hippocampus;
5) der Thalamus .opt mit Ausnahme der vordersten ven-
tralen und me(halen Gebiete. Die Pyramidenbahn war
132
Qoldstein, Beiträge zur Physiologie, Pathologie und Chirurgie des Grosshims»
entlang ihres ganzen Verlaufes beiderseits in hohem Grade
degenerirt; im Pons war jener Theil der Schleife stark
atrophisoh, der an dem Uebergange vom vertikalen zum
horizontalen Schenkel liegt. Die OUvenzwischenschicht
war beiderseits nur wenig gelichtet ; Ooll'scher Kern und
Ooirsche Stränge waren fast vollständig degenerirt, Bur-
dach'sohe Stränge zum grössten Theil erhalten.
Der Fall spricht dafür, dass die motorische
Componente des Sehaktes, besser gesagt, der Oe-
sichtsvorstellungen, eine gesonderte Leistung des
Centralorgans darstellt. Sie hat im Parietallappen
ihr Substrat, wenn auch nahe und innig verbunden
mit den optisch-sensorischen Gentren.
Von den beiden von Touche (49) mitge-
theilten Fällen hat der erste, der einen 61 jähr. Mann
betraf, das Eigenthümliche, dass die im Leben be-
obachtete rechtseitige Hemiplegie mit Contraktur
und Athetose im rechten Arme und völliger Blind-
heit durch den gefundenen Erweichungsherd im
linken Lobul. lingual, und im unteren Theile des
linken Guneus nur theilweise aufgeklärt wurde. Im
2. F., bei einem 37jähr. Er., bestanden rechtsseitige
Hemiplegie, rechtsseitige Hemianopsie und con-
centrische Einschränkung der linken Oesichtsfeld-
hälfte, partielle Lähmung des linken Oculomotorius
und unwillkürliche Bewegungen im rechten Arme.
Bei der Sektion fand man einen cortikalen Er-
weichungsherd im üebergangsgebiete zwischen
Gyr. supramarginalis und Gyr. temp. sup. sinistr.
und einen Herd im Guneus und im hinteren Theile
des Lobul. ling. sinistr.
2 Falle von Tumoren im linken Hinterhaupts-
lappen giebt Bruns (50) [Hannover] wieder.
Im 1. Falle handelte es sich um einen 50jähr. Haupt-
mann a. D., der vor einigen Jahren vom Pferde auf den
Kopf gefallen war. Längere Zeit Verwirrung. Recht-
seitige homonyme Hemianopsie ; vorher Reizerscheinungen
und echte Sinnestäuschungen in den jetzt ausgefallenen
rechten Gesichtsfeldhälften ; beim Sprechen fehlten Haupt-
worte. Vorgehaltene Gegenstände wusste der Kr. nicht
zu benennen, Zusammenhängendes konnte nicht mehr
gelesen werden (Alexie und optische Aphasie). Augen-
spiegelbefund normal, Pupillenreflexe ebenfalls. Diagnose :
Herderkrankuog im linken Occipitaliappen, Tumor. Man
fand ein ausgedehntes Gliom im Marke des linken Hinter-
hauptlappens , Blutungen in der Geschwulst und Er-
weichung in der Umgebung.
Gharakteristisch für eine Beschädigung des
Markes des linken Hinterhauptlappens waren die
rechtseitige Hemianopsie, die Alexie ohne Agraphie
und die optische Aphasie.
Im 2. Falle handelte es sich um einen 35jähr.
Mann. Rechts homonyme Hemianopsie. Nach 2 Vt Jahrein
Stauungspapille, heftige Kopf- und Nackenschmerzen,
mit Erbrechen, Convulsionen ; Anfälle von Flimmern mit
nachfolgender totaler Erblindung. Diagnose : Tumor im
linken Occipitaliappen.
Die Sektion ergab einen kugelrunden, scharf abge-
grenzten Tumor, der fast das ganze Mark des linken
Hinterhauptlappens einnahm und nur die Rinde frei
Hess, nach vom sich bis unter das Niveau der Central-
windungen erstreckte.
Dass ein Tumor des Ocoipitallappens auch
Epilepsie im Qefolge haben kann, lehrt ein Fall
Weber's(55).
Den seltenen Befund zweier gleichzeitig auf-
getretener verschiedenartiger Hirntumoren theilt
Behrendsen (51) mit. Er fand bei einem
14j&hr. Knaben ein Gholesteatom des Pons linker-
seits und ein Oliom der linken Hemisphäre mit
Durchbruch in den Seiten Ventrikel. Hydrooephalus.
4 Jahre vorher hatte ein Trauma stattgehabt
Drei Gentren für die Innervation der Blase fan-
denGzyhlarz u.Marburg(52. 53) eines in der
Gegend des Hüftcentrum in der motorischen Rinden-
partie (für die willkürliche Miktion), ein zweites
im Gorp. striat. (für auf bewusste Empfindung
automatisch erfolgende Miktion) und ein drittes im
Thal, opt (für die nach AfFektreizen stattfindenden
Blasenbewegungen). Nur bilaterale Erkrankung
kann zu dauernder Blasenstörung führen. Ein Fall
von doppelseitiger Läsion des Gorp. striat, NucL
caudat und Putamen des Nucl. lenticular. durch
einen Tumor wird als Beleg mitgetheilt.
Schliesslich haben wir noch der 11 Beobach-
tungen, dieAlfredFuchs (54) wiedergiebt, kurz
Erwähnung zu thun; sie sollen darthun, dass
sensible Jaekson'sche ÄnßUe stets das Anzeichen
einer anatomischen Gentrallftsion seien. Ans den
von F. meistens nur kurz wiedergegebenen Kranken-
geschichten (ohne Sektion) geht dies allerdings nicht
sclilagend hervor. Eine grosse symptomatische
Bedeutung wird der tardiven Hemikranie in Ver-
bindung mit sensiblen Jackson'schen Anfällen zu-
geschrieben (Hemicrania symptomatica).
(Schluss folgt)
Starck, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis.
133
Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis J)
Zusammengestellt von
Privatdocent Dr. Hugo Starck
in Heidelberg.
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2iahlreiche hierhergehörige Arbeiten mussten
in anderen Capiteln (Diagnose, Anatomie, Therapie)
besprochen werden. Ueber das Verhalten des
Barxens bei Typhus liegt eine eingehende Studie
von Baoaloglu vor, der alle gelegentlich vor-
kommenden Erscheinungen von Seiten des Herz-
muskels, der Klappen, des Perikards, des Blut-
druckes und Pulses vom anatomischen und klini-
schen Standpunkte aus einer kritischen Besprechung
unterzieht Ueber Wesen und Vorkommen der Dikro-
Ue stellten Oddo und Audibert an 50 Typhus-
kranken genaue Untersuchungen an. In 80^/o der
Fälle wurde die Dikrotie festgestellt, in der Mehr-
zahl der E&lle hat sie die Bedeutung eines FHih-
mfnqfioms. Zur Temperaturourve, zum Blutdruck,
zu HerzstOrongen konnten bestimmte, in sympto-
matischer Hinsicht werthvoUe Beziehungen auf-
gefunden werden« Mit Arrhythmien als Folge-
erscheinungen eines Typhus beschftftigt sich Teir-
linck
Den Werth eines Frühsymptoms misst S ch mid t
gewissen Veränderungen an der JB^lottis bei; über
KBUkopfiäeeraHonen macht Wishart eine kurze
Mittheilang. Was die LungeneompWcationen an-
langt, so sei auf das Capitel der Prophylaxe und
pathologischen Anatomie hingewiesen, wo mehrere
nUe von I^ieumonie beschrieben sind. Die selte-
nen Complikationen mit Lungenabseeea und Lungen-
empyem hat Phillips bei einem Oeschwisterpaar
beobachtet. Ueber HatUveränderungen bei Typhus
ist nur wenig bekannt ; als seltenes Symptom im
Verlaufe des Typhus sah Remlinger unter
706 Fftllen 6mal eine Desquamation, die als pro-
gnostisch günstiges Zeichen zu gelten hat. Bar-
re w beschreibt einen Fall von Hauigangrän, Von
selteneren Complikationen seien lfa«<i<i5(Mc Crae),
akute Olossitis (Thomson) erwähnt Lebercom-
plikaüonen behandeln Osler und Ogilvie.
Eine Beihe werthvoller Arbeiten betrifft den
Binfluss des Typhus auf das Nervensystem. Vor
Allem sei die vorzügliche Monographie Fried-
1 ä n d e r 's erwähnt, die ein ausführliches Literatur-
verzeichniss des letzten Jahrhunderts enthält Einen
bemerkenswerthen Fall von Meningotyphus mit
positivem Nachweis von Typhusbacillen in den
Hirnhäuten theilt A. Hoffmann mit Femer
werden beschrieben: Postfyphöse ülnarislähmung
von Liepelt, Neuritis optici von Braine-
Hartnell, Oculomotoriuslähmung von Emer-
son, Hemiplegie von Osler, Meningitis vonMc
Clintock.
Ueber Typhuspsyehosen berichtet Deiters;
derZusammenhang von T\/pkus und Epilepsie wird
durch Dide und Peck, der Einfluss von Syphilis
auf Typhus von ißtienne behandelt
Unter typhösen Eiterungen sind Beetumabscesse
(Bollack und Bruns), QUMaiabscess (Pro-
chaska), Thyreoiditis (Bertha Rely und
Sohudmak und Vlachos) und Milxabseess
(Mo Oarrahan) vertreten.
Mehrere Arbeiten beschäftigen sich mit der
Betheiligung der Eamwege bei Typhus, so die-
jenigen von Wilson, Brown, LevyundLe-
mierre; OrchiHs Mud Epididimitis hatEinni-
cutt beobachtet
Ueber die von Oibney zuerst beschriebene
Complikation det „typhoid spine" liegt eine interes-
sante Diskussion vor, an der sich Kühn, Moore-
house, Taylor, Outler und Friedländer
betheiligten. Als seltene Complikation wird von
Melville ein Fall von Typhusxshe beschrieben.
Ueber Typhus und Malaria liegen einige inter-
essante Berichte vonLemann, Melville, sowie
ein Sammelbericht von Phillips vor.
Hämorrhagisches Typhuefieber wird von Eshr
ner, Weissen borg, Nicholls, Lear mouth
und Hamburger beschrieben.
Ueber septikämische Form des Typhus theilen
Orandmaison und Weiohardt Beobachtun-
gen mit Mit der Differentialdiagnose von Typhus
und Jppendicitis beschäftigen sich Rendy und
Westby. Ueber den Verlauf des Typhus liegen
eine Reihe englischer Arbeiten und Vorträge, sowie
Statistiken vor, die keine einzelne Besprechung
erforderten (T 00 th, Allyn, Houston, Dixey,
Savage, Hare, Landis, HortonSmith und
Andere). Der Typhusverlauf bei Kindern erfährt
durch Chapin eine ausführliche Bearbeitung.
136
Starck, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis.
Eine Einzelstudie über anormale und seltene
Typhusformen verdanken wir Henry Bernard.
Mit Sehütielfrösie beginnende oder einhergehende
Fälle werden von Dickinson und Ford und
Mager diskutirt.
Eine interessante Epidemie in Prätoria, die
durch kurzdauerndes remittirendes Fieber charak-
terisirt war, entpuppte sich als Typhusepidemie
(Tyndale).
In einer sehr gewissenhaften Studie bespricht
M. C. Bacaloglu: „DasHerx heimTyphuafUher^'.
Als häufigste Störung bezeichnet er die Myokar-
ditis, die in verschiedener Form zur Beobachtung
kommt. Die weniger schwere Form soll die Ora-
nulirung des contraktilen Protoplasma, eine wirk-
liche Coagulation, sein, die dem Herzen ein moi-
rirtes Aussehen verleiht. Mit diesem Zustande
vergesellschaften sich häufig Eernveränderungen,
bestehend in Vervielfachungen oder einfacher Hyper-
trophie der Kerne. Bei schwereren Myokarditiden
handelt es sich um Zunahme des Sarkoplasma,
Schwund der Querstreifung und Vakuolisation der
Muskelfasern. Fetidegeneraiion soll bei der typhösen
Myokarditis eine Ausnahme bilden. ArterieüenVer-
änderungen wird eine grosse Bedeutung beigelegt
Sie haben ihren Sitz meistens an den Gefässen
kleinen und mittleren Calibers und bestehen bald
in Endarteriitis, bald in Periarteriitis ; Venen Verän-
derungen sind selten. Auf ea^erimenieUem Wege
gelang es, alle diese Veränderungen am Thierherxen
hervorzurufen, sowohl mit Hülfe von Typhus-
toxinen, wie TyphusbaciUen. Während derartige
myokarditische Veränderungen besonders häufig
beim Erwachsenen vorkommen, hat man sie doch
auch bei Kindern beobachtet, wenn auch in weniger
schwerer Form, da der Einfluss sowohl des Alko-
hols, sowie auch der Infektionkrankheiten am
kindlichen Herzen noch keine schädigenden Spuren
hinterlassen hat.
Bekanntlich geben Pulsbesehleunigungen beim
Typhus eine schlechte Prognose. Dieser Puls-
beschleunigung geht stets als warnendes Signal
eine Abschwächung des 1. Spitzentones voraus,
die bereits auf anormale Contraktion des Myokards
hindeutet; bald tritt an Stelle des 1. Tones ein
systolisches Mitralgeräusch, das entweder bereits
einer Endokarditis seine Entstehung verdankt, in
anderen Fällen aber einer funktionellen Mitral-
insufficienz entsprechen kann. Ein Verschwinden
des 1. Tones sowohl an der Spitze, wie an der
Basis deutet stets auf höchste Schwäche des Myo-
kards hin und ist von schlimmster prognostischer
Bedeutung. Der Abschwächung des 1. Tones folgt
embryokardischer Bhythmua, der sowohl durch eine
Myokarditis, wie durch eine Herabsetzung des
Blutdruckes, bez. des Oefässtonus entsteht und
häufig den Collaps einleitet Im Verlaufe einer
Myokarditis ist der Galopprhythmus nichts Seltenes,
der bereits Zeugniss für die Schwäche und Dilata-
tion des linken Ventrikels ablegt. Wenngleich
alle diese Störungen in der Hauptsache durch eine
Myokarditis hervorgerufen werben, so spielen doch
zweifellos nervöse Einflüsse eine grosse Bolle.
Der arterielle Druck ist während des Fiebers stets
niedrig; er soll mit dem Beginne der Beconva-
lescenz sein Minimum erreichen, ebenso soll
Arrhythmie in der Reconvaleseenz die Regel bil-
den und von guter Vorbedeutung sein, während
sie im Verlaufe der Gontinua Synkope und plötz-
lichen Tod befürchten lässt Als seltene Vorkomm-
nisse werden Herzinfarkt und Herzthrombose be-
obachtet
Was die Prognose derartiger Herzstörungen
anlangt, so verschwinden sie in der Regel mit der
Zeit vollständig.
PerikardiUia und Endokarditis können isolirt,
wie vergesellschaftet vorkommen. In einem Falle
konnte B. aus der perikarditischen Flüssigkeit den
E b e r t h 'sehen Bacillus züchten ; auch gelang ihm
die experimentelle Erzeugung der Perikarditis
durch Injektionen von TyphusbaciUen. Endokar-
ditis tritt in der 2. Woche auf; auch sie wurde in
manchen Fällen nachweislich durch den Typhus-
bacillus hervorgerufen. Die klinischen Erschei-
nungen bieten nichts ungewöhnliches, doch bilden
beide Erkrankungen stets eine schwere Gomplika-
tion, und die Endokarditis lässt stets irreparable
organische Veränderungen zurück.
In therapeutischer Hinsicht empfiehlt B. bei
ausgesprochener Myokarditis Aussetzen der Bäder.
Bei nur leichten Störungen, bei schweren Allge-
meinerscheinungen und hoher Temperatur sollen
jedoch kalte Bäder oder feuchte Einwickelungen
gestattet sein. Endokarditis und Perikarditis ver-
bieten Bäder; Schröpf köpfe, Eisblase und beson-
ders Digitalis sind hier am Platze, an Stelle des
letzteren wird die Wirkung des Coffeins, für manche
Fälle auch des Sparteins gelobt Bei sehr niedrigem
Blutdrucke sollen Ergotin, sowie Einspritzungen
von künstlichem Serum von Nutzen sein.
üeber das Wesen und Vorkommen des Dikro-
iismus beim Typhus abdominalis stellten C. Oddo
und V. Audibert (Marseille) an 50 Typhuskran-
ken Untersuchungen an. In 34 Fällen, somit in
68<>/o der Fälle, wurde der Dikrotismus angetroffen,
und zwar handelte es sich 9mal (unter 12) um
schwere Fälle (=75Vo)j 20mal (unter 27) um
mittlere Fälle (=74%), ömal (unter 11) um leichte
Formen (45<>/o). In weitaus der Mehrzahl wurde
die Dikrotie als Frühsymptom gefunden (Smal am
5. Tage, nur Imal erst am 18. Tage). In 6 Fällen
verschwand die Dikrotie kurz nach dem Auftreten,
nach 24 Stunden bis 6 Tagen. Meist jedoch ist
sie dauernd vorhanden, und zwar sind dabei wieder
2 Gruppen zu unterscheiden, die eine, in der die
Dikrotie ununterbrochen anhält, die andere, in der
sie wohl andauernd, d. h. im ganzen Verlaufe der
Krankheit, vorhanden ist, aber stets mit kleinen
Unterbrechungen (intermittirende Form). Der letz-
Starok, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis.
137
teren Oruppe gehören 13 Fälle an. Es konnten
auch Beziehungen aufgefunden werden zwischen
der Gontinuität und Intensität einerseits und zwi-
schen dem intermittirenden Verlaufe und der ge-
ringen Dikrotie andererseits. Im Allgemeinen Hess
sich jedoch feststellen, dass, mag es sich um die
continuirliche oder um die intermittirende Form
handeln, vom Beginne bis zum Ende der Krank-
heit der Dikrotismus an Stärke abnimmt
Was nun die Beziehungen xtaischen Dikrotie
und anderen Symptomen anlangt, so war mit
Sicherheit nachzuweisen, dass jeder schroffe Tem-
peraturanstieg ein Auftreten der Dikrotie zur Folge
hatte, jeder plötzliche Temperaturabfail mit Ver-
schwinden der Dikrotie einherging. Die Dikrotie
verschwindet im Allgemeinen mit der Defervescenz,
falls sie so lange angedauert hat
Nicht minder bedeutsame Beziehungen wurden
zur Höhe des Eküdruckes festgestellt Im All-
gemeinen besteht Dikrotie bei leicht subnormalem
Drucke (von 11—13). Steigerung (bis 14) und
ebenso starkes Absinken der Spannung (auf 10
und darunter) machen die Dikrotie verschwinden.
Weniger constant waren die Beziehungen zum
Pulse. HerzstOrungen endlich haben nur insofern
auf die Dikrotie einen Einüuss, als die letztere mit
ersteren verschwindet Dikrotie und Herxetörungen
werden selten nebeneinander angetroffen.
0. und A. kommen auf Orund ihrer Feststel-
lungen zu dem Schlüsse, dass der Dikrotismus die
Resultante der combinirten Einwirkung von der
Ueberreizung des Herzens, der verminderten Ge-
fasselasticität und des Gefässhypotonus ist
Unter den Folgeerscheinungen des Typhus am
Berxen spielen die Arrhythmien, die in den ersten
Monaten nach Ablauf des Typhus sich einstellen,
keine zu seltene Rolle. Es handelt sich meist um
Arrhythmien in der Frequenz, um Ausfall eines
Herzschlages nach 2 — 3 Schlägen. T e i r 1 i n c k ,
der einige derartige Fälle beobachtet hat, ist der
Ansicht, dass diese Arrhj^hmien, die er auf reflek-
torische, mit der Heilung zusammenhängende Vor-
gänge vom Darme aus zurückführt, eine durchweg
gute Prognose haben. Der Herzmuskel wird in
diesen Fällen stets normal gefunden.
Den Werth eines zuverlässigen Fruiisymptoms
misst FranzSchmidt (Bochum) gewissen cha-
rakteristischen Veränderungen an der EpiglotHs
bei, auf die früher schon von v. SchrOtter,
Landgraf und Kobler aufmerksam gemacht
wurde. Es handelt sich um starke diffuse ROthung
mit Schwellung des Randtheiles des Kehldeckels ;
ausserdem findet sich ein auf den Rand be-
schränkter umsser, xackig begrenzter Sßlog. Eigent-
liche Geschwüre fehlen. Die Veränderungen wur-
den bei leichtem und mittelschwerem Typhus be-
obachtet, und zwar wesentlich in den ersten Sta-
dien. Schm. theilt die Krankengeschichte zweier
derartiger Fälle mit; in dem einen sah er auch an
der Ganmenschleimhaut rothe Flecke, die er ihrem
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft 2.
Aussehen, Kommen und Gehen entsprechend als
Roseolen anzusprechen geneigt ist Schm. ver-
langt, dass in jedem unklaren Fieberfalle der Kehl-
kopf auf diese Veränderungen untersucht werde.
Als Beltene Naohhrankheit beschreibt D.J.Gibb
W i s h a r t eine in der 2. Woche der Reconvalescenz
auftretende Uieeraiion des Kehlkopfes mit einer Ab-
duktorparese. Die Complikation wurde sympto-
matisch durch dyspnoische Anfälle eingeleitet
Nach der Tracheotomie trat Heilung ein. Aus
einer Zusammenstellung von Kehlkopfbetheiligung
bei Typhus ist zu ersehen, dass solche in B^Jq der
Fälle in vivo gefunden wurde, bei der Sektion
dagegen in 17<^/o.
Einen casuistischen Beitrag zum Pneumotyphus
liefert Adolf Hoff, der zugleich die über diesen
Gegenstand bekannte Literatur anführt
Die seltene Complikation von LfMgenabseess und
Lungenempyem hat Sidney Phillips (London)
in 2 Fällen beobachtet
Es handelte sich um ein Bniderpaar von 3 und
4Vi Jahren, das zu gleicher Zeit unter typhösen Erschei-
nungen, in deren Vordergrande von vornherein Störungen
von Seiten der Respirationorgane standen, erkrankte.
Ende der 3. und Anfang der 4. Woche trat bei Beiden
der Tod unter pneumonischen Anzeichen ein, nachdem
noch bei dem Einen wegen Empyem eine Rippenresek-
tion vorgenommen war. In beiden Fällen fanden sich
multiple Abscesse in der Lunge und in der Pleurahöhle.
Ph. nimmt an, dass es sich beide Male um eine doppelte
Infektion handelte. Zur Zeit des Todes war der Typhus
bereits abgelaufen, in dem einen Falle fanden sich als
Ausdruck septischer Infektion frische Ezkrescenzen an
der Yalvula mitralis.
Eines der seltensten Symptome im Verlaufe
eines Typhus bildet die Desquamation, eine Er-
scheinung, auf die bisher noch kaum geachtet
wurde. Paul Remlinger (Tunis) sah sie unter
706 Fällen nur 6mal (0.84%). Es handelte sich
stets um schweren oder sehr schweren Verlauf
mit einer Fieberdauer von 37 — 52 Tagen. Wie
aus den mitgetheilten Fieberourven ersichtlich ist,
setzt die Desquamation ein, wenn die Tempe-
ratur zu sinken beginnt. Sie ist lameUGs, befällt
hauptsächlich den Thorax und das Abdomen, selten
die Glieder. 3mal verlief sie mit gleichzeitiger
Alopecie.
Die Frage, ob die Desquamation als Folgeerschei-
nung eines vorausgegangenen profusen Schweisses
aufzufassen ist, verneint R., indem er sie eher als
trophische Störung auf eine Stufe mit dem Haar-
ausfälle stellen möchte. Die Desquamation ist als
ein prognostisch günstiger umstand zu bezeichnen,
da mit ihrem Eintritte das Stadium der Defervescenz
beginnt
üeber einen eigenthümlichen Fall von Hautgangrän
bei Typhus berichtet Arthur 8. Barrow (London).
Am 26. Ta^e trat unmittelbar nach schwerer Darm-
blutung je eme Blase über dem linken äusseren Malleolus
und der rechten Olutäalgegend auf. Die Blasen platzten,
verschorften ; in grossem Umkreise trat Empfindungs-
losigkeit, Mortifikation und schliesslich Abstossung der
Haut innerhalb 10 Tagen ein. Zum Schlüsse rasche
Heilung.
18
138
Starck, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis.
üeber Maatiiis als Typhuscomplikation ist sehr
wenig bekannt Thomas Mc Crae berichtet
über 3 Fälle, von denen 2 in die Reconyalescenz,
der 3. in die Zeit der Continua fielen. Im letzten
Falle war die Mastitis doppelseitig und recidivirte
2mal. In einem der Fälle überstieg trotz der
Vereiterung die Zahl der Leukocyten nicht 8000.
Aus einer Zusammenstellung ergiebt sich, dass
Mastitis bei beiden Geschlechtern vorkommen kann
und offenbar nicht gebunden ist an die Funktion
der Drüse. Die Mastitis kommt in der Hälfte der
Fälle doppelseitig vor. Vereiterung ereignet sich
ebenso in der Hälfte der Fälle und ist verschuldet
durch den Typhusbacillus oder den Staphylococcus.
Die Prognose wird nicht beeinflusst durch die
Mastitis.
H. Campbell Thom8on(London) beschreibt
einen Fall von akiUer Olossitis als Complikation
eines Typhus.
Am 30. Tage der sehr schweren Erkrankong begaon
innerhalb von 2 Standen die linke Zungenhälfte anzn-
schweUen, die Schleimhaut sich su röthen. Heftige
Schluokbeschwerden, in der nächsten Stunde auch An-
schwellung der rechten Hälfte. Probepunktion ohne £r-
gebniss. Im Verlaufe der ersten 4 Stunden Tod. Bei
der Sektion fanden sich zwei ülcerationen auf dem
Rücken der Zunge. Das Zungengewebe war entzündet,
kein Eiter. Der Tod war offenbar an Peritonitis ein-
getreten. In der Literatur konnte nur ein ähnlicher Fall
aufgefunden werden, den Mc Crae beschrieben hat. Die
Olossitis war das erste Symptom eines Reoidivs.
Von den LebercompUkaUonen bespricht Wil-
liam Osler die herdweisen Lebernekrosen, die
makroskopisch als kleine graue Herdchen erschei-
nen vom Aussehen miliarer Abscesse oder Lymph-
knötchen, die experimentell durch Injektion von
Typhusbacillen in die Yena mesenterica erzeugt
werden können, die in der Regel keine Symptome
hervorrufen, aber bei grosser Häufung doch wohl
Oelbsucht verursachen. Ferner bespricht er die
OeXbsuehi, die katarrhalischen und toxischen Ur-
sprungs sein kann, die in manchen Fällen mit
Abscess, Gallenstein und Cholangitis einhergeht
Von kaiarrhalischer Oelbsucht werden 6 Fälle an-
geführt, der Ikterus tritt in der Regel im Beginne
der Krankheit oder eines Recidivs unter allgemeinen
katarrhalischen Erscheinungen auf. Ferner be-
richtet 0. über einen Fall von Uxciscker Gelbsucht
mit schweren Delirien, in dem bei niederer Tem-
peratur der Tod eintrat Endlich bespricht er die
Leberabscesae und führt je einen Fall von multiplen
Abscessen bei Septikämie, sowie einen Fall von
suppurativer Pylephlebitis an.
Unter 4 Fällen von Oelbsucht, die George Ogil-
vie mittheilt, befindet sich einer, in dem der Typhus
als sekundäre Krankheit angesehen werden musste, in
zweien konnte die katarrhalische Natur mit ziemlicher
Sicherheit ausgeschlossen und direkte Einwirkung der
Bacillen auf Leber oder Oallengänge angenommen werden.
Unter dem Titel „ Ueber den Mnfluss des 7\ff)hus
abdominalis auf das Nervensystem^^ veröffentlicht
A. Friedländer eine ausführliche Monographie^
deren 1. Abschnitt 24 Krankengeschichten aus der
medicinischen und psychiatrischen Klinik in Jerka
mit epikritischer Besprechung enthält, während der
2. sich mit der Kritik der Literatur (521 Arbeiten)
von 1813 — 1900 befasst Die Krankengeschich-
ten sind gesondert nach Typhuspsychosen, nach
Typhusnervenkrankheiten und nach Typhus bei
Psychosen und Neurosen. Bei der Eintheilung der
ersteren hält sich Fr. an die vonKraepelin auf-
gestellte Eintheilung in Initialdelirien, febrile Psy-
chosen, asthenische Psychosen. Ueber die Ent-
stehung der Initialdelirien ist man noch sehr im
Unklaren, man nimmt zwar Intoxikation als Ur-
sache an, indessen entstehen die Delirien ganz im
Beginne der Krankheit Die FieberdeUrien, bez.
Psychosen, die verhältnissmäasig häufigste Form
der Psychosen, stehen fast ausnahmelos in direktem
Zusammenhange mit dem Fieber, indessen nicht
mit dessen Höhe. In der Regel schwindet das
Fieberdelirium mit dem Nachlasse des Fiebers.
Eingeleitet werden die Fieberdelirien mit Benom-
menheit, die allmählich in schwere Bewusstsein-
trübung und Sopor übergeht; häufig bilden sich
Hallucinationen schreckhaften Inhaltes aus mit zu-
nehmender motorischer Unruhe. Die asihenisehm
Pstfchosen stellen sich besonders bei langwierigem,
über Monate sich erstreckendem Verlaufe in schwer
toxischen, mit starker Anämie und Inanition ein-
hergehenden Fällen ein. Was die Prognose an-
langt, so fasst Fr. die Initialdelirien am un-
günstigsten auf. Weniger schlecht, aber häufig
sehr zweifelhaft ist die Prognose der asthenischen
Geisteskrankheiten ; günstig dagegen ist der Aus-
gang bei den im direkten Zusammenhange mit
dem Fieber auftretenden Alienationen, dagegen
nur relativ günstig, wenn gleich von Anfang an
schwere Oehimerscheinungen bestehen.
Unter nervüsen Erkrankungen sah Fr. Sprach-
störungen (Bradyphasie), nerv((se Heiserkeit, Faci-
alis- und Hypoglossusparese , Neuritiden, Neur-
algien, Strabismus divergens (ohne Meningitis), Imal
Diplopie, Neuritis optica retrobulbaris (Meningo-
Typhus), 2mal Taubheit
Was den Typhus bei Psychosen und Neurosen
anlangt, so sah Fr. Fälle, in denen der Typhus
keine Einwirkung zeigte, solche, in denen er vor-
übergehend günstig wirkte, solche, in denen er
Besserung und Heilung herbeiführte. Ungünstige
Beeinflussungen konnte er niemals bei Psychosen
beobachten. Was die Dauer der Geistesstörungen
anlangt, so verlaufen am kürzesten die Initial- und
Fieberdelirien, längerdauemd sind Fieberpsychosen
(die allerdings in der Regel schwer von Fieber-
delirien zu trennen sind), am längsten dauern die
a8thenischen«Psychosen.
Aus dem 2. Abschnitte, der sich mit der Sichr
tung und kritischen Besprechung der Lüeraktr be-
schäftigt, sei hervorgehoben, dass von den IniUal-
delirien etwa öO^Jq tödtlich verlaufen. Ein beson-
derer Abschnitt beschäftigt sich mit der typhösen
Meningitis, deren Mortalität etwa 80% beträgt
Starck, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis«
139
Eine grosse Literatur liegt vor, über die Einwir-
kung des Typhus auf das peripherische Nerven-
system, aber auch über lokale Einwirkungen auf
das Centralnervensystem. So stellt Fr. 42 FftUe
von Aphasie zusammen, die in der Regel rein
motorischer Natur ist und fast stets mit Paralysen
oder Paresen einhergeht. Die Prognose ist durch-
aus günstig. Ebenso ist die Prognose günstig bei
Hemiplegien, deren 31 erwähnt sind.
Die von Gibney als „typhcüd-spine'' beschrie-
benen Fälle sieht F r. als Neurosen (Neurasthenie
oder Hysteroneurasthenie) funktionellen Charakters
an und hält die Aufstellung einer besonderen Erank-
heitform unter diesem Namen nicht für gerecht-
fertigt. Der Typhus scheint für Epüepsie der
Kinder nach den vorliegenden Berichten nicht nur
als vorbereitende, sondern sehr häufig als direkt
veranlassende Ursache aufzufassen zu sein.
Endlich sei erwähnt, dass auch Eorsakow 'sehe
Psychose in einigen Fällen nach Typhus aufgetreten
ist. Das Buch bietet noch eine Fülle von inter-
essanten Einzelheiten, die jedoch hier nicht weitere
BerQcksichtigung finden können. Die ausführliche
Literaturangabe, die kritische Sichtung des grossen
Materiales wird für Jeden, der sich mit dem Zu-
sammenhange von Typhus und Nervenkrankheiten
beschäftigt, von grüsstem Werthe sein.
Einen bemerkenswerthen Fall von Meningo-
iyphus theilt A. Hof mann mit.
Im Verlaafe eines Typhasrecidives, zu einer Zeit als
das Fieber bereits im Abklingen war, stellten sich plötz-
lich ohne andere roeningitische Reizerscheinungen leb-
hafte klonische Zncknngen im Gesicht und in den Oliedern
ein, die ununterbrochen bis zu dem 6 Standen später im
tiefsten Koma erfolgenden Tode anhielten. Bei der Sektion
konnten nur ganz leichte, auf beginnende Meningitis hin-
deutende Erscheinungen aufgedeckt werden, in den Hirn-
häuten liess sich der Eberth-Gaffky*sohe Bacillus
nachweisen.
Neben einem von Tictine beschriebenen
Falle ist dies der einzige, in dem bei der Anwesen-
heit des Typhusbacillus in den Hirnhäuten eine
eiterige Meningitis vermisst wurde. H o f m a n n ist
geneigt, in seinem Falle die meningitischen Er-
scheinungen direkt auf den Typhusbacillus, bez.
dessen Toxine zurückzuführen.
Fälle yon Meningitis und Himabscess h&thereits
1898 W. W. Keen veröffentlicht Als Erreger
der ersteren wurde stets der Typhusbacillus nach-
gewiesen, während er bei Himabscessen stets ver-
misst wurde. R. W. MacClintock (Chicago)
erweitert die Statistik von Eeen durch Fälle von
Troisier und Sicard, Tarchety, Brown
und Fish er und einen eigenen Fall, und berichtet
so über 19 Fälle von Meningitis, in denen allen der
Typhusbacillus gefunden wurde, in der Mehrzahl
in Reincultur, und über 6 Falle von Hirnabscess.
Nur in dem selbstbeobachteten Falle, in dem in der
5. Woche schwere Qehirnsymptome mit Krämpfen
und sicheren meningitischen Erscheinungen sich
einstellten und der am 66. Tage mit dem Tode
endete, konnten aus dem Eiter des linken Stirn-
lappenabscesses und des linken Seitenventrikels
Typhusbacillen in Reincultur gezüchtet werden.
Zu den 10 von Friedländer zusammen-
gestellten Fällen von posttyphöser ülnarislähmung
fügt E. L i e p e 1 1 einen 1 1 . Fall aus dem Eranken-
hause Bethanien in Berlin. Auch in diesem Falle
setzte, wie in der Regel, die Neuritis erst in der
Reconvalescenz ein. Da nach ^/^ Jahre Besserung
nicht eingetreten war, ist auf Heilung nicht zu
hoffen.
Dass als Complikation eines Typhus sich eine
doppelseitige Neuritis optici einstellen kann, war
bisher noch durch keinen Fall belegt. Der von
C. Braine-Hartnell(Lon(:^n) mitgetheilte Fall
verdient um so grössere Aufmerksamkeit, als in
Anbetracht der an sich ganz unklaren Symptome
die Neuritis optici zu Gunsten einer Meningitis
sprach.
Es handelte sich um ein lljähr. Kind, das mit Durch-
fall und Fieber, Photophobie und Zeichen von Cerebral-
irritation erkrankte. Keine Roseolen, keine Tympanie,
kein Milztumor, Obstipation vom 7. bis 18. Tage. Tempe-
ratur am 10. Tage normal, am 15. Tage Temperatursteige-
rung, der linke Patellareflex fehlte, am 17. Tage Pupillen-
differenz und deutlich ausgesprochene Neuritis optici.
Die letztere gab den Ausschlag für die Diagnose auf
Meningitis. Sektion am 18. Tage: typische Typhus-
veränderungen, keinerlei Anzeichen auf Meningitis.
Einen seltenen Fall von OeulomoioriuslähmungttLeilt
Charles P. Emerson mit Am 8. Tage des deut-
lich ausgesprochenen Typhus stellte sich zunächst eine
Schwäche, dann eine Lähmung des linken Oculomotorius
ein : Papillendifferenz, schwache Licht- und Acoommo-
dationlähmung, Ptosis, Diplopie mit entsprechender Be-
wegangstörung des Auges. Osler nimmt zur Erklärung
eine leichte lokale Meningitis an.
Hemiplegie bei Typhus hat William Osler
4mal beobachtet. Die Ursache besteht in Hämor-
rhagie, Embolie, Trombose oder Abscess.
Falll. Leichter Typhus, am 9. Tage schwere Gonvul-
sionen, besonders auf der rechten Seite. Tod in einem
Erampfanfalle , Trombose der rechten Parietotemporal-
arterie. Fall II. Protrahirtes Fieber, in der 10. Fieber-
woche plötzlich Gonvulsionen, Hemiplegie mit Aphasie.
Fall III. Schwerer Fall. Am Ende der 2. Woche ohne
Gonvulsionen leichte Hemiplegie, die nicht verschwand.
Fall IV. In der 3. Woche eines massigen Typhus all-
mählich eintretende Lähmung der linken Seite mit Cheyne-
Stokes'scher Athmung und Delirium. Trombotische Herd-
erweichung in der linken Kapsel.
Zur Eenntniss der T^phiAspsychosen liefert
Deiters 2 Beiträge.
Es handelte sich um ein Geschwisterpaar, das mit
Initialdelirien (nach Eraepelin's Eintheilung) erkrankte.
Im ersten Falle stellten sich die Delirien nach 2tägigem
Fieber ein, im zweiten ging die Psychose dem Ausbruche
der körperlichen Erkrankung um 3 Wochen voraus. Der
erste ¥bW verlief unter dem bilde der „delirirenden Form*^
nach Aschaffenburg, der zweite unter demjenigen
der „manischen Form'' des Initialdelirium.
D. weist mit Audemard darauf hin, dass
bei akuten Psychosen, die mit Fiebersteigerung
einhergehen, stets an Typhus gedacht werden muss.
Ob, wie Audemard annimmt, eine Typhus-
psychose isolirt, ohne weitere Typhussymptome,
yerlaufeu kann, bedarf noch der Bestätigung.
uo
Starck, Neuere Arbeiten Aber Typhus abdominalis.
Einen ähnlichen Fall beschreibt auch Umberto
Baocarani. Auch in diesem Falle lagen die Delirien
im Prodromalstadiam.
unter den Infektionkrankheiten, die sich in
der Anamnese Epileptischer finden, spielt der
Typhus eine grosse Bolle. Maurice Dide be-
sch&ftigt sich auf Orund von 120 Fällen mit dem
Zusammenhange von l)ff)kus und Epilepsie und
kommt zu dem Schlüsse, dass 3 Gruppen in Be-
tracht kommen. Einmal Kranke, die psychisch
und physisch hereditär belastet sind; in derartigen
Fällen kann der Typhus ffir die Auslosung einer
^ Epilepsie die Qelegenheitursache abgeben. Femer
Kranke, die in ihrer Kindheit bereits Gonvulsionen
durchgemacht haben, die aber h(k)hstens einige
ganz leichte hereditäre Defekte aufweisen. Hier
darf man einen vorausgegangenen Typhus mit
Recht als Qelegenheitursache auffassen. Endlich
Kranke, bei denen weder die Anamnese noch die
genaue körperliche Untersuchung irgend welche
Symptome einer hereditären Belastung erkennen
lässt. Tritt die Epilepsie während oder nach einem
schweren Typhus auf, so darf der letztere als
Ursache der ersteren angesehen werden. D. führt
7 Beobachtungen an, darunter 4, die der letzten
Gruppe entsprechen. Es handelte sich jeweils um
sehr schwere Typhen, die in einem Falle die Epi-
lepsie nach 5 Monaten, in den 3 übrigen nach
einem Jahre im Gefolge hatten.
Vielfach wurde beobachtet, dass der Verlauf
einer Epilepsie durch eine Infektionkrankheit gün-
stig beeinflusst wurde. So berichtet Gas iauve
über 33 Kranke, von denen 25 gebessert oder ge-
heilt und nur 8 nicht beeinflusst wurden. Einen
easuistischen Beitrag hierzu liefert Elisabeth
L. Peok.
Ein 26jähr. Mädchen, das seit mehreren Jahren an
Epilepsie litt, erkrankte an einem sehr schweren Typhus
mit besonderer Betheiligang des Nervensystems. Am
18. Tage stellten sich zahlreiche ErampfanÜÜle ein, die
im Laufe der Krankheit und auch später sich mehrfach
wiederholten.
An 5 Krankengeschichten zeigt G. Etienne
(Nancy), dass ein im Verlaufe einer manifesten
Syphilis auftretender 7kff)?ms eine ganz besonders
sckwere Complikation bildet. Als Grund hierfür
wird die durch das Syphilisgift herabgesetzte
Widerstandfähigkeit des Körpers angesehen. Der
Verlauf der Typhen war durchweg ein langer, in
einem Falle, der durch eine schwere Endokarditis
complicirt wurde, trat ein scharlachähnlioher Aus-
schlag 3 Tage vor dem Tode auf; in einem anderen
Falle stellte sich eine GangHLn der Vulva ein;
ein 3. Fall interessirt besonders durch einen län-
gere Zeit anhaltenden Mutismus. Die 5 Fälle
sollen unter 6 — 700 von E. beobachteten Typhus-
fällen mit unter die schwersten zu rechnen ge-
wesen sein.
Unter den typhösen Eiterungen spielen Abscesse
im M. rectus abdominis eine wichtige Rolle. Ein
von Lucian Bollack und Hayo Bruns be-
schriebener Fall verdient deshalb Erwähnung, weil
in bestimmter Weise als Erreger der Eiterung der
Typhusbacillus und nur dieser nachgewiesen wurde.
Wie es die Begel ist, war der Abscess doppelseitig,
trat in der Reconvalescenz auf; die Virulenz der
Bacillen war bereits stark herabgemindert Die
Entstehung des Abscesses wird auf primäre Dege-
neration des Muskels, bez. auf eine Blutung zurück-
geführt, die Fähigkeit der Bacillen, Eiterung zu
erzeugen , wird durch gewisse Eigenschaftverän-
derungen erklärt, unter denen der verminderten
Virulenz (Reconvalescenz) eine wichtige Rolle zu-
fallen solL
Einen Fall von Olutäalabseess, in dem nur der
Typhusbacillus nachgewiesen wurde, beschreibt
auch Prochaska. Pr. zeigt aber auf Grund des
Typhusmaterials der Züricher Klinik, dass der
Typhusbacillus nur selten der Eitererreger ist
In 21 weiteren Fällen von Abscess im Verlaufe
des Typhus war meist der Staphylococcus, seltener
der Streptococcus, einmal der Diphtheriebacillus,
niemals der Typhusbacillus nachzuweisen. Die
Abscessbildung fällt fast stets in die Reconvale-
scenz, ist selten mit Fiebersteigerung verknüpft
und ist gutartig. Nur in einem Falle schloss sich
eine Sepsis an. Unter 300 Typhuspatienten wurde
bei 4 Otitis media purulenta mit Perforation des
Trommelfelles beobachtet
Eine der seltensten Typhuscomplikationen dürfte
wohl die Thyreoiditis bilden. KBertarelli giebt
kurze Notizen über einen Typhuskranken, der
bereits vorher mit einem kleinen Kropf behaftet
war. Nach Abheilung des Typhus erfolgte in
dem Kröpfe eine Abscedirung, die bakteriologische
Diagnose ergab als einzigen Eitererreger den
Typhusbacillus.
Ein weiterer Fall von posttyphöser Sohild-
drüsenvereiterung aus der Neiss er 'sehen Klinik
wird von Anton Schudmak und J. A. Vlachos
mitgetheilt Gleichzeitig mit dem Auftreten der
Eiterung wandelte sich die Leukopenie in Leuka-
cytose um. Als Eitererreger wurde der Typhus-
bacillus nachgewiesen. Thierexperimente Hessen
darauf schliessen, dass die eitererregende Eigen-
schaft des Typhusbacillus nicht von seiner Virulenz
abhänge, wie unter Anderen Buchner angenom-
men hat; Untersuchungen über die Entstehung der
Leukopenie beim Typhus führten zu dem Ergeb-
nisse, dass diese die Folge der Lokalisation der
Krankheit in den Hauptapparaten der Leukocyten-
bildung ist und zum Virus der Typhusbacillen in
keinem Verhältnisse steht
Die seltene Complikation eines Milzabseesses
beobachtete Y. F. Mc Garrahan.
Am 41. Tage konnte der Kr. das Bett verlassen, aber
bereits nach wenigen Tagen empfand er Schmerzen in
der linken Seite^ die allmiälich zanahmen and besonders
bei der Athmung sich steigerten. Gleichzeitig begann
die Temperatur etwas zu steigen. Die 1. Diagnose wurde
auf Pleuritis gestellt, bald aber traten typische Schüttel-
fröste auf, der 10. Intercostalraam in der Unken hinteren
Starck, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis.
Ul
Axillarllnie war drackempfindlioh and eine Dämpf ung
reichte bis zur 8. Rippe binanf. Abgeschwächtes Athem-
geräasch. WabrscheiDlichkeitdiagnose : Spleaitis, Septik-
ämie, Probepunktion : Eiter; Diagnose: Ehnpyem, Rippen-
resektion der 8. Rippe; Plenrahöhle normal, aberEmpor-
drängen des Zwerchfelles durch einen subphrenisohen
Abscess, Incision des letzteren, Entleerung eines Milz-
absoesses. Tod. Bakteriologische Diagnose: Strepto-
kokkenabscess.
Auf Grun(^ der Fälle von „renaler Form des
Typhus'' macht S. C. Wilson (Philadelphia) auf
die Schwierigkeiten einer Dififerentialdiagnose zwi-
schen Typhus und akuter Nephritis und die aus
der Yerkennung des renalen Typhus entstehenden
Gefahren aufmerksam, die besonders aus unpas-
sender Diät, Verabreichung drastischer Abführ-
mittel und Unterlassung einer gründlichen Des-
infektion des Urins bei vermeintlicher einfacher,
nicht typhöser Nephritis hervorgehen können.
In difiPerentialdiagnostischer Hinsicht wird die
Widal'sche Probe ausschlaggebend sein, in
Zweifellftllen soll stets so gehandelt werden, als
liege Typhus vor.
Während die Bakieriurie nicht mehr als sel-
tene Erscheinung im Verlaufe eines Typhus ange-
sehen werden darf (Gurschmann berechnet
sie auf 15 — 30<>/o der Fälle), bildet die durch den
Eber th 'sehen Bacillus hervorgerufene Oysiiiia
doch ein seltenes Ereigniss.
Leopold L6vi und Andr6 Lemierre
beobachteten eiuen derartigen Fall bei einem im
Debrigen leichten Typhus.
Am 19. Tage der Krankheit, als sich die Temperatur
bereits um 37* bewegte, traten die ersten Zeichen der
Cystitis auf: Schmerz beim üriniren, Tenesmus, etwas
Blut am Ende der Harnentleerung, Pyurie. Der Harn
blieb sauer. Im Urin konnten Typkusbaciüen in Rein-
etdtttr nachgewiesen werden, daneben Eiterkörperchen.
Die Cystitis hielt 3 Monate an, verschwand auf Injektion
von 4 g ürotropin während 6 Tagen. Die Bakteriurie
war aber bei der Entlassung nicht verschwunden, obgleich
der Urin ganz klar aussah.
Zur Casuistik der Orehüü und Epididymitia
steuert Francis P. Einnicutt (New York)
2 gut beobachtete Fälle bei.
Im 1. Falle stellten sich am 5. fieberfreien Tage in
der Inguinalgegend Schmerzen ein, die sich dem Vas
deferens entkng nach der Epididymis und dem rechten
Hoden hinzogen. Fieberrecidiv. Schwellung beider
Organe, sekundäre Phlebitis der Vena saphena. Heilung
am 16. Tage.
Im 2. Falle, am 14. Tage derReconvalesoenz, Pyurie,
Fieberanstieg, Schmerz im rechten Testikel Heilung nach
16 Tagen. Am 26. Tage Reinfektion mit Abscessbildung,
im Eiter Typhusbacillen.
unter Berücksichtigung der bereits bekannten
FäHe aus der Literatur (35 Fälle), kommt E. zu
dem Sohluss, dass die Epididymitis und Orchitis
stets in der Defervescenz oder Reoonvalescenz auf-
treten , dass sie fast ausnahmelos durch den E b e r t h'-
sohen Bacillus hervorgerufen werden, dass in etwa
25*/o der Fälle Eiterungen auftreten, die zu lokali-
sirter Nekrose und Abstossung von Testikelgewebe
fOhren, in einzelnen Fällen sogar mit einer Zer-
sttoing des ganzen Organs enden.
Eine der seltensten typhösen oder posttyphösen
Enochenerkrankungen dürfte wohl die Spondy-
litis sein.
In einem von A. E ü h n beobachteten Falle stellten
sich die ersten Erscheinungen (Schmerzen in der linken
Lumbaigegend) am 30. fieberfreien und 83. Erankheittago
ein. 14 Tage später wurden die Domfortsätze der unteren
Lendenwirbel druckempfindlich gefunden, gleichzeitig
stellten sich Schüttelfröste und hohe Temperaturen ein,
nach 2Vs Monaten Eyphose der Lendenwirbelsäule, die
nur ganz allmählich zurückging.
Derartige Fälle wurden seit der ersten Ver-
öffentlichung vonOibney, der sie wohl zuerst
als ,ftyph(nd'spin^' beschrieb und fQr seine Fälle
eine Perispondylitis axmahm, mehrfach beschrieben,
unter den neuerdings mitgetheilten Fällen seien
2 von Oeorge Wilton Moorehouse (Gleve-
land), femer von William Y. Taylor (Phila-
delphia), sowie von ElbridgeQ. Cutler (Boston)
hervorgehoben, aus denen hervorgeht, dass es sich
nicht um eine einheitliche Erankheit handelt, son-
dern dass in den einen Fällen thatsächlich eine
Perispondylüis oder Spondylüis vorliegen kann,
dass in anderen Fällen eine Hyslerie oder Neur-
asthenie das Erankheitbild verursacht, dass endlich
die Muskeln der Wirbelsäule, auf mechanische
Weise gereizt, ähnliche Symptome erzeugen können.
Die ersten Erscheinungen stellen sich ein zwischen
dem 1. und 90. Tage der Defervescenz und be-
stehen in gewöhnlich heftigen Schmerzen, die, in
der Lumbaigegend gelegen, nach den Hüften, dem
Abdomen und den Beinen ausstrahlen. Remis-
sionen und Exacerbationen des Schmerzes sind
etwas Gewöhnliches. Mit letzterem vergesell-
schaften sich gewöhnlich Druckempfindlichkeit und
Schwellung und Steifigkeit der Wirbelsäule beim
Gehen und Aufstehen. In der Regel ist die Lenden-
wirbelsäule oder der untere Brustwirbelabschnitt
von der Erankheit befallen. In seltenen Fällen
wurden Incontinentia urinae et alvi, Parästhesien,
Muskelspasmen beobachtet Symptome, die be-
reits auf eine Compression des Rückenmarkes
schliessen lassen. Wurzelsymptome sind mehr-
fach erwähnt Nach längerem Bestehen dieser
Symptome wird in der Regel eine leichte Promi-
nenz eines oder mehrerer Wirbel beobachtet, wäh-
rend Skoliose unter 26 Fällen nur 2mal bemerkt
wurde. Die Temperatur blieb meist normal. In
manchen Fällen stieg sie aber plötzlich an, um in
einigen Tagen wieder abzufallen. Die Erankheit
dauert einige Wochen bis zu 2 Jahren. 3mal er-
eigneten sich Rückfälle. Die Prognose ist gut,
ein Todesfall wurde unter den etwa 30 Fällen
noch nicht beobachtet ; die Erscheinungen gingen
stets, wenn auch nur sehr langsam mehr oder
weniger vollkommen zurück. Die Behandlung be-
steht in Immobilisirung der Wirbelsäule durch
Stützcorset, Bettruha
David Melville berichtet von einem sel-
tenen Falle von Typhusxeihen.
6 Tage, nachdem der Er. bereits ontfiebert war, be-
gann er über heftige Schmerzen in den Zehen beider
142
Starok, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis.
Füsse zu klagen. Die Zehen waren bei der Untersuchung
in jeder Beziehung normal, nur empfand der Er. bei
jedem Druck, ja selbst bei leichtester Bewegung die
heftigsten Schmerzen. Aktive Bewegung war unmög-
lich, oberhalb des Metatarso-Phalangealgelenkes waren
die Füsse normal. Nach 14 Tagen waren die Schmerzen
verschwanden und die Zehen beweglich.
Ueber die Comhination von Thfphus und Malaria
erstattet Irving Phillips Lyon (Buffalo) auf
Orund eines eigenen und 29 aus der Literatur zu-
sammengestellter Fälle einen eingehenden Bericht.
In allen Fällen war die Diagnose sichergestellt
durch den Befund von Malariaplasmodien und posi-
tiver Wi dal 'scher Eeaktion und den eventuellen
Nachweis der Typhusbacillen. In dem von Lyon
beschriebenen FaUe waren typische Tertianaanfälle
bereits 3 Monate vor dem Beginn des Typhus auf-
getreten. Der Typhus begann mit SchüttelMsten
(mit negativem Plasmodienbefund), die bald einer
Gontinua zu einem normalen Ablauf des Typhus
wichen. Im Beginne der Beconvalescenz stellten
sich wiederum Tertianaanfälle ein mit positivem
Plasmodienbefund. Aus den Fällen der Literatur
geht übereinstimmend hervor, dass eine bestehende
Malaria gewöhnlich während des Verlaufes des
Typhus nicht in Erscheinung tritt und Anfälle nur
entweder im Beginne oder in der Beconvalescenz
wieder auftreten. Diese Anfälle, sowie auch solche,
die etwa während der Fieberperiode sich einstellen,
scheinen durch Chinin günstig beeinflnsst zu wer-
den. Indessen besteht die Ansicht, dass der Typhus
während einer manifesten Malaria abnorm schwer
verläuft
üeber die DiffererUMdiagnose zwischen 7)ß>hu8
und Malaria stellt Isaac Ivan Lemann (New
Orleans) auf Orund von 2 Fällen Betrachtungen
an. In einem 3. Falle handelte es sich thatsäch-
lich um beide Krankheiten, und zwar scheint es,
dass die Malariainfektion zu dem bereits bestehen-
den Typhus hinzukam. Während W i d a 1 - Reak-
tion und Plasmodienbefund anfangs negativ aus-
fielen, stellte sich zuerst positive W i d a 1 - Reaktion
ein und erst später wurden Hasmodien gefunden.
In einem Zweifelfalle empfiehlt L., den Fall so zu
behandeln, als läge Typhus vor; in differential-
diagnostischer Hinsicht kann nur der Plasmodien-
befund, bez. die Wi dal- Reaktion ausschlag-
gebend sein.
Unter den von DavidMelville (Ladysmith)
beobachteten 295 Fällen waren 5 durch Malaria
complioirt. 3mal handelte es sich um eine Ter-
tiana, Imal um eine Quotidiana, Imal um eine
Quartana. Alle Kranken genasen rasch auf Chinin.
„Hämorrhagisches Typhusfieber'' nennen Au-
gustus A. Eshner und Th. Weissenberg
(Philadelphia) eine Form des Typhus, bei der es
nicht nur zu Nasenbluten oder Darmblutungen
kommt, sondern wo das Krankheitbild beherrscht
wird durch aUgemeine Eämorrhagien am ganzen
Körper, Von 2 mitgetheilten Fällen ist besonders
der erste von Interesse, in dem die Blutungen am
28. Tage der Krankheit auftraten und schon am
29. Tage durch Erschöpfung in tiefem Koma zum
Tode führten. Die Blutungen betrafen wohl alle
Organe, die Haut war bedeckt mit grösseren und
kleineren Extravasaten, Peritonäal-, Perikardial-
und Pleurahöhle waren angefüllt mit Blut, par-
enchymatöse Blutherde wurden gefunden im Her-
zen. In den Nieren, in beiden Lungen fanden sich
grosse Infarkte, die unteren Darmabschnitte, selbst
die Oallenblase waren mit Blut angefüllt. An-
gesichts solcher Fälle muss man sich fragen, ob es
sich nicht um eine besondere Form des Typhus
handelt, als vielmehr um eine Gombination von
Typhus mit Morbus maculoeus WerlhofiL
Ein weiterer Fall von hämorrhagischer Dia-
theae bei Typhus wird von Albert G. Nicholls
und 0. Everett Learmonth (Montreal) mit-
getheilt.
14 Tage nach Beginn der Krankheit stellten sich die
ersten Hantblutungen in Form von Hämorrhagien der
Bauchhaut ein, denen zahlreiche weitere Blutungen in
fast allen Organen und Körperhöhlen folgten. Die Zahl
der rothen Blutkörperchen sank auf 1540000, der Hämo-
globingehalt auf 35^0« während die Leukocyten auf 13000
stiegen. Am 26. Tage trat der Tod ein. Die bakterio-
logische Untersuchung der Organe ergab eine Misch-
infektion mit Staphyheoccus albus. Die Gefässendo-
thelien zeigten fettige Degeneration, Gefftssrupturen der
Capillaren konnten nicht aufgefunden werden. Das Blut
zeigte, abgesehen von den bereits mitgetheilten Ver-
änderungen, nichts Abnormes.
Aus der Zusammenstellung einiger Statistiken
ist zu ersehen, dass derartige Blutungen beim
Typhus ein seltenes Vorkommniss bilden, unter
12000 Typhusfällen sind sie nur 18mal erwähnt
Die Prognose ist eine sehr ernste, '/a der Kranken
gehen daran zu Grunde. Die Behandlung war
bisher nur symptomatisch, kalte BAder sollen sofort
ausgesetzt werden. Da es sich mitunter um eine
Sekundärinfektion handelt, hat man Calomel und
Quecksilber empfohlen. W r i g h t befürwortet zur
Erleichterung der Gerinnung des Blutes 2mal täg-
lich die Eingabe von 1 g Calciumchlorid.
Was die Beziehung zwischen Purpura rheuma-
tica (Morbus Werlhofii und Typhus) anlangt, so
unterscheiden die Vif. zwischen essentieller, sym-
ptomatischer, kaohektisoher und toxischer Purpura.
Die typhOse rechnen sie zur zweiten Gruppe, die
sie auch infektiöse Purpura nennen.
Einen ähnlichen Fall von hämorrhagischem Typhos-
fieber mit günstigem Ausgang beschreibt Louis P.
Hamburger. Therapeutisch wurde hauptsächlich Cal-
ciumchlorid verwandt.
Die Bezeichnung ,fßepHkarniaehe Form des
Typhus'' will De Grandmaison 2 von ihm be-
obachteten Fällen beigelegt wissen. Beide Male
handelte es sich um Frauen, die sofort nach
ihrer Niederkunft an Typhus erkrankten. Der
Verlauf war in jeder Beziehung ein anormaler.
Roseolen, Milztumor fehlten, die Fiebercurve sprach
ihres intermittirenden Charakters wegen eher für
Sepsis ; die W i d a 1 'sehe Reaktion war jedoch posi-
tiv und es konnten in beiden Fällen Typhusbaeitten
Starok, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis.
143
aus dem kreisenden Bhäe gezüchtet werden bei
Entnahme aus der Fingerkuppe. D e G r. glaubt,
dass die Blutinfektion in solohen Fällen von der
verletzten, bei der FlacentalGsung verwundeten
üterussohleimhaut stamme. In der That gelang
auch im zweiten Falle der Bakteriennachweis im
Uterus. Dass die Blutinfektion eine sekundäre
war, schliesst De Qr. auch daraus, dass in den
ersten Tagen bei positiver W i d a 1 'scher Probe der
Bacillennachweis im kreisenden Blute misslang.
Da die Fälle besonders auch in klinischer Hinsicht
das Bild der Septikämie boten, beansprucht De Gr.
für sie eine Sonderstellung in der Pathologie des
Typhus unter obiger Bezeichnung.
Einen Fall von Aügemeininfekiian des Körpers
mit T^husbaciüen beschreibt W. Weichardt
Weder klinisch, noch makroskopisch-pathologisch-
anatomisch war die Diagnose mit einiger Wahr-
scheinlichkeit zu stellen. Von klinischer Seite
wurde Meningitis angenommen. Der Sektionbefund
deutete auf Allgemeininfektion hin. Aus Leber,
Gallenblase, Mesenterialdrüsen , Milz konnte der
Eberth'sche Bacillus gezüchtet werden. Der
Fall ist bemerkenswerth, weil im Gegensatze zu
ähnlichen, früher publicirten Fällen eine Ver-
wechselung der Bacillenart mit coliartigen Mikroben
auf Grund der sorgfältigen Untersuchungen aus-
geschlossen werden konnte. Die Bedeutung solcher
Fälle liegt in der Gefahr, dass bei fehlenden kli-
nischen Typhussymptomen eine Verbreitung durch
die inficirten Dejektionen mOglich ist
Einen Fall von perüyphlitischem Abscess theilt
George Westby (Liverpool) mit In der BeconvaJe-
scenz des mit Peritonitis ein hergehenden Typhus stellte
sich ein Bauchdeckenabscess rechts vom Nabel ein. In-
cision des Abscesses, oberflächliche Ausheilung mit
Betention eines Eitersackes, sekundäre Incision, wobei
der Processus vermiformis in dem schwieligen Gewebe
gefunden und resecirt wurde. Heilung nach im Ganzen
II monatiger Krankheitdauer.
Mit welcher grossen Schwierigkeit mitunter die
Differeniialdiagnose zwischen l)ff)hus und Appendi-
eiiis zu kämpfen hat, geht aus einem von Ren du
mitgetheilten Falle hervor.
Ein ISjähr. Mädchen, das im 15. Jahre einen Typhus
durchgemacht hatte, klagte seit 14 Tagen über allgemeine
Beschwerden, besonders Kopfweh. Daneben bestand seit
einigen Tagen Fieber. Die Untersuchung ergab nichts
als eine lokalisirte Sohmerzhaftigkeit der rechten Tuben-
gegend. Nach 48 Stunden war das Fieber abgefallen,
das Mädchen stand ganz beschwerdefrei auf, bekam aber
nach 8 Tagen einen Bückfall mit Schüttelfrost und Fieber,
Dmckempfindliohkeit des Mc Burney 'sehen Punktes.
Basohe Verschlimmerung des Allgemeinbefindens, kein
Symptom, das für Typhus sprach, kein Durchfall, keine
Roseolen, kein Milztumor. Diagnose: Ap^ndioiüs. Ope-
ration, Besektion des Wurmfortsatzes, dessen Schleim-
haut geschwollen und mit Blut bedeckt war. Keine Besse-
rung. Am 11. Taee Tod, nachdem in der vorherffehenden
Nacht die Widarsche Reaktion positiv ausgefiulen war.
Das Mädchen war der schweren Infektion zum Opfer ge-
fallen. Für die DifFerentialdiagnose hätte in diesem Falle
nur die Bhäuntersuehung auf WidaTsche Reaktion
eTentuell die Leukocfftenxahl ausschlaggebend sein können,
indessen musste Typhus nach den klinischen Symptomen
ausgeschlossen werden.
Eine Studie über anonnaie und seltene Tkff)hus'
formen verdanken wir Henry Bernard (Paris).
Er scheidet 3 Gruppen: 1) Anormale Formen
während des ganzen Verlaufes. Hierher sind zu
rechnen a) latenter oder ambulatorischer Typhus,
b) apyretische Formen, c) meningitische, renale,
hepatische Formen, d) Typhen, die das Bild
einer allgemeinen Septikämie darbieten, e) Typhen,
deren hervorstechendstes Symptom regelmässige
SchweissausbrOche bilden. 2) Formen, deren Be-
ginn nur anormal ist a) Formen mit brüskem
Beginne, b) Pneumotyphus , c) Pleurotyphus.
8) Mischformen, a) Typhus-Influenza-Infektion,
b) Typhus- Malaria-Infektion.
Ueber alle Formen werden einige historische
Daten gegeben, an Beispielen werden Symptoma-
tologie, Diagnose und Prognose besprochen, be-
sonderer Werth wird dabei auf die differential-
diagnostisohen Momente gelegt
Unter der Gruppe der latenten und ambula-
torischen Fälle interessiren besonders diejenigen,
deren latenter Verlauf plötzlich durch eine schwere
Complikation , Hämorrhagie oder Perforation mit
allen ihren schweren Folgen unterbrochen wird.
Bei der apyretisehen Form kann nicht nur jede
Temperatursteigerung intermittirend oder oon-
tinuirlich fehlen, sondern man hat auch Fälle be-
obachtet, die von Anfang bis zu Ende subnormale
Temperaturen unter und bis zu 36^ aufwiesen.
In den nicht allzu seltenen Fällen von menin-
ffitischem und renalem Typhus maskiren die Lun-
gen-, bez. Nierensymptome mehr oder weniger das
gewöhnliche Bild des Typhus.
Bei der von Roger zuerst aufgestellten hq)ar
tischen Form soll es sich um einen Symptomen-
complex handeln, der durch einen rapiden Unter-
gang der Leberzellen bedingt ist Klinisch sollen
die Ercheinungen der Leber-Insufficienz zu Tage
treten. Galliges Erbrechen, grüne Stühle. Vom
8. bis 15. Tage schneller Temperaturabfail, Auf-
treten toxischer Exantheme, Dyspnoe, Delirien,
Koma. Am 14. bis 17. Tage tritt der Tod ein.
Neben dieser Form sind noch die mit Ikterus ver-
laufenden Typhen zu erwähnen.
Bei den allgemein septikamischen Formen tritt
die Intestinalerkrankung in den Hintergrund oder
fehlt ganz. Bei der Sektion findet man in allen
inneren Organen den TyphusbaciUus.
Mit Schu?eissen einhergehende Typhen sollen
besonders in Italien häufig sein. Cephalalgie,
Fieber und Schweisse bilden die ganze Symptoma-
tologie. Die Continua wird nur durch paroxysmen-
artige Abfälle nach dem Schweisse unterbrochen.
Entfieberung tritt erst nach 6 Wochen ein, die
Schweisse überdauern oft dieReconvalescenz. Die
Prognose ist günstig, Hämorrhagien sind äusserst
Typhen mit sehr schroffem Beginne werden am
häufigsten bei Kindern beobachtet Schüttelfrost mit
plötzlichem Temperaturanstieg und Kopfschmerz
144
Starok, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis.
leitet hAufig aus voller Gesundheit den Typhus ein.
Bei Erwaohsenen soll diese Form besonders nach
schweren körperlichen und geistigen üeberanstren-
gungen auftreten.
Beim Pneumoiyphua setzt die Krankheit mit
einer durch den Typhusbacillus hervorgerufenen
Pneumonie ein, beim Pleurotyphus mit einer
Pleuritis. In den Exsudaten werden die Eber th'-
schen Bacillen aufgefunden. Pneumonie wie Pleu-
ritis können das einzige Symptom bilden, mit-
unter schliesst sich aber an beide ein regelrechter
Typhus an.
Bei der Mischfarm von Typhus und Influenza
ist letztere gewöhnlich die primäre Erkrankung,
in seltenen Fallen soll es sich um gleichzeitige
Infektion mit beiden Bacillenarten gehandelt haben.
Die Reconvalescenz soll stets sehr lange dauern.
Bei Typkusmalaria gesellt sich in der Regel die
Typhusinfektion zu einer vorhandenen Malaria.
Das Initialstadium besteht ausIntermittensanfUlen,
die allmählich der Continua des Typhus weichen.
Ausser den Zeichen der Typhusinfektion treten
Anämie, Leberschwellung hinzu, mitunter wird
die Continua auch noch durch IntermittensanMle
unterbrochen, die dann auch in derResonvalesoenz
nachdauem.
Als wesentlichstes differentialdiagnostisches
Hülfsmittel empfiehlt B. stets die WidaTsche
Reaktion, eventuell den Bakteriennachweis, aus
pneumonischem und pleuritischem Exsudate, aus
dem Blute und dem ürine.
Yen abnorm verlaufenden Fällen seien 2 von
Vincent Dickinson beschriebene erwähnt,
die in ihrem Verlaufe Schüttelfröste, bez. rasch an-
steigende hohe Temperaturen aufwiesen.
Beide Erkrankosgea sollten naoh dem Genüsse tn-
ficirter Austern entstanden sein. Die Sohüttelfröste
stellten sich in unregeimässigen Zwischenräumen in der
Reconvalescenz ein und waren im 2. Falle von leichten
Schmerzanfallen im rechten Hypochondriam begleitet.
Im letzteren Falle hält es D. nicht für ausgeschlossen,
dass es sich um Äppendicttiscamplikationen gehandelt
hat, für andere Fälle glaubt er wiederholte Aussaaten
von Typhusbacillen in das Blut annehmen zu müssen.
£ine weitere Erklärung giebt W. W. Ford auf
Grund eines Falles, der mit Schüttelfrost begann und in
dessen weiterem Verlaufe bis zum Tode sich häufig
Schüttelfröste einstellten, so dass zunächst an eine
Complikation von Typhus und Malaria gedacht wurde.
Durch mehrere Symptome konnte Malaria ausgeschlossen
und schliesslich eine Septikämie angenommen werden.
Malahaplasmodien wurden nicht gefunden, das Blut zeigte
zur Zeit der Anfälle eine Leukocytose von 25—30000,
die WidaTsche Reaktion fiel positiv aus. Nach dem
Tode konnten aits dem Bhäe Typhus- wie CoHbacillen
gezüchtet werden.
Einen ganz ungewöhnlichen Verlauf nahm auch
ein von Herbert?. Hawkins und £. 0. Thurston
(London) mitgetheilter Fall. Die Fieberdauer betrug
114 Tage, die WidaTsche Reaktion wurde zum 1. Male
am 108. Tage positiv [1]. Am 41. Tage trat Darmper-
farcUion ein, die erfolgreich operirt wurde. Am 50. Tage
stellte sich eine Parotitis ein, auf die intermittirendes
Fieber folgte. Am 65. Tage tägliche Injektionen von je
5 com Aniistreptokokkenserum. Vom 77. Tage ab nur
noch leichte Fiebersteigerung bis zum 100. Tage, darauf
folgte ein Beoidiv mit Entfieberung am 116. Tage. Erst
mit Beginn dieses Recidivs wurde die W i d a 1 'sehe Reak-
tion positiv.
Aus einem statistischen Berichte über TyP^^^
fieber in Südafrika von A. EUiot und T. W.
Washbourn ist zu ersehen, dass der Typhus in
Südafrika niehi anders verläufl als in England und
Amerika. Die einzige Complikation, die häufiger
zu sein scheint, ist die Phlebitis, die in 5.6^/o der
Fälle auftrat, wahrend anderwärts als Maximum
3.8*/o angenommen wird. Von der Inoculation
hatten die Vff. nicht den Eindruck, als ob sie
einen merklichen Einfluss auf die Häufigkeit, den
Verlauf und die Mortalität gehabt hätte.
Einem von Wilhelm Mager (Brunn) mit^
getheilten ausführlichen Berichte über eine Typhus-
epidemie von 148 klinisch beobachteten Fällen sei
entnommen, dass unter den Initialsymptomen 50mal
(«a 33.80/0) Schüttelfrost verzeichnet war. Unter
den Complikationen sind 3 Fälle von Ulceraiumen
im Kehlkopfe erwähnt, die M. auf metastatischem
Wege entstehen lässt, zumal da in einem Falle
gleichzeitig eine DermcUüis bullosa auftrat Die
Diazoreaktion fiel in 76% der Fälle positiv aus.
Von Interesse ist ein Fall, der als Typhus ambuUns
mit einer Darmblutung einsetzte. Verhältniss-
mässig häufig stellten sich schwere Störungen des
Sensorium ein, 2 Kranke starben im Initialstadium
im Delirium acutum, Wahnideen traten in 2 Fällen
hervor.
Während des südafrikanischen Krieges be-
obachtete Wentworth Tyndale (London) in
Prätoria und Umgegend etwa 100 Fälle von kur-
zem remütvrenden Fieber, das man mit dem Namen
Prätoriafieber belegte. T. kam nun zu dem Er-
gebnisse, dass es sich in allen Fällen um Abortiv-
formen von Typhus gehandelt hat. Die Krankheit
begann nach 2tägigem Unbehagen und plötzlich
auftretendem Frontalkopfschmerz, Rücken- und
Beinschmerzen. Appetitlosigkeit, Uebelkeit, Er-
brechen, innerhalb 24 Std. 104^ F., Kopfschmerz,
Schmerz in der Nabelgegend, Obstipation, kein
Milztumor, Druckempfindlichkeit der Milzr und
Lebergegend, Temperaturschwankungen zwischen
100^ und 1040. Remittirender Charakter, Puls
langsam, dikrot, nach wenigen Tagen allmählicher
Abfall. Oegen Malaria und für Typhus spricht:
Unwirksamkeit von Chinin, Auftreten während
einer Typhusepidemie, Abwesenheit von Plas-
modien, positive Wi dal 'sehe Reaktion in den zu-
letzt beobachteten Fällen. Die Dauer betrug im
Durchschnitte 8V9 Tage, Rückfälle waren sehr
häufig, ein Todesfall wurde nicht beobachtet Die
Erkennung war um so wichtiger, als bei der vor-
hältnissmässig leichten Erkrankung eine energische
Prophylaxe nicht so nothwendig erschien.
F. Diagnose.
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CXUV. 19. p. 442. May 1901.
Mit der Diagnose beschäftigen sich verschie-
dene unter den Abschnitten Bakteriologie und Sym-
ptomatologie angeführte Arbeiten. An dieser Stelle
sollen hauptsächlich Arbeiten, die die hämatolo-
gisehe Diagnose des Typhus behandeln, berücksich-
tigt werden, üeber den diagnostischen Werth der
Widal'Beakiion liegen verschiedene Arbeiten vor,
die jedoch nichts Neues bringen. T o b i e s e n , der
360 Kranke genau nach Widal untersucht hat,
findet dieBeaktion als nicht zuverlässig und stellte
fest, dass das Blut gesunder Menschen, die nie
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft. 2.
Typhus durchgemacht haben, mitunter grösseres
AgglutinationvermOgen besitzt, als solches Typhus- '
kranker. Der EhrUritt der Reaktion im Erankheit-
verlauf soll ganz unberechenbar sein und mit der
Schwere des Zustandes in keinem Zusammenhange
stehen. Auch Scholz kann der Widal- Reaktion
nicht den Werth eines Frühsymptomes beimessen.
Im Gegensatze hierzu kommt Hün ermann auf
Orund eines ausgiebigen Materiales zu dem Schlüsse,
dass kein klinisches Symptom so frühzeitig und
so sicher den Typhus anzeigt, wie die positive
Widal- Reaktion. Milton Oershel zeigt an
199 Fällen, dass das Verhalten der Widal-
Beaktion bei Kindern sich mit demjenigen bei Er-
wachsenen deckt. In prognostischer Hinsicht soll
die Reaktion nach Sa vage insofern von Werth
sein, als deutliche Abnahme der ÄgghUinaiion ein
Beeidiv voraussagt
üeber die an enormem Material im Johns-Hopkins"
Hoepikd angestellten Blutuntersuchungen berichtet
Thayer. Danach vermindert sich die Zahl der
rothen BkUkörperehen etwa um eine Million. In
gleichem Verhältnisse wird der BämogkibingehaU
verringert Die Zahl der weissen Blutkörperchen
vermindert sich während des ganzen Verlaufs im
Mittel um 5000. Anschwellen über 10000 ist
stets auf äussere Einflüsse (Complikationen) zurück-
zuführen.
Naegeli, dem wir wiederum eine ausführ-
liche Arbeit über Blvixueammenseixung verdanken,
bekräftigt seine früheren Untersuchungen darüber,
dass die Mengenverhältnisse der einzelnen Zellen-
formen gesetzmässig sind und in den verschiedenen
Stadien sich specifisch verhalten. Er giebt An-
leitung zu rascher Untersuchung des Blutes bei
Typhus.
In einer Studie über „die bakteriologische F¥ühr
diagnoae des Abdominaltyphus^* kommt Menzer
nach Besprechung der rein bakteriologischen, häma-
tologischen Methoden, sowie derOruber-Widal'-
schen Reaktion unter richtiger Würdigung der
wahren Verhältnisse zu dem wohlberechtigten
Schlüsse, dass zwar in Ausnahmefällen eine Früh-
diagnose des Typhus in gut ausgerüsteten bakterio-
logischen Laboratorien erzielt werden kann, dass
aber für den beschäftigten Praktiker zur Zeit noch
keine einfachen und zuverlässigen Untersuchungs-
methoden in der Bakteriologie vorhanden sind,
sondern dass für ihn die klinischen ühtersuehungs-
methoden vorerst maassgebend sein dürften.
Ueber den diagnostischen Werih der Wid an-
sehen SerumreMion theilt Fr. Tobiesen seine
Beobachtungen an 360 Fällen von klinisch sicher-
gestelltem Typhus mit Wohl mit Recht legt er
besonderen Werth darauf, dass die Gultur eine
stets gleich grosse Menge von Bacillen enthält Er
erreicht dies dadurch, dass er stets dieselben
Stämme von Bacillen verwendet, diese in Bouillon
von möglichst gleichmässiger Zusammensetzung,
19
146
Starok, Neuere Arbeiten Über Typhus abdominalis.
bei derselben Temperatur züchtet und gleiehalimge
OuUurm verwendet. In 329 von den 350 fällen
wurde positive Reaktion in der Verdünnung 1 : 50
bei der ersten oder bei wiederholter Untersuchung
nachgewiesen, in 17 fiel die Reaktion nur in Ver-
dünnung 1:10 oder 1:25 positiv aus, 1:50
war immer negativ, obgleich die Kranken wieder-
holt, sowohl während des Fiebers, als auch nach
der Entfieberung, untersucht wurden. Dass aber
die Reaktion während des ganzen Verlaufes der
Krankheit nicht nur eine sehr schwache sein, son-
dern ganz fehlen kann, geht aus 2 Fällen hervor,
in denen selbst bei Verdünnung 1 : 5 die Reaktion
negativ ausfieL Bei 151 niekt typhösen Kranken
ergaben sich 4 positive Reaktionen bei 1:25,
25 positive bei 1:10, 122 negative bei 1:10.
Endlich fand T. bei 61 Oemndm, die nie Typhus
durchgemacht hatten, 1 positiv bei 1 : 25, 8 positiv
bei 1 : 10, 52 negativ bei 1 : 10 Verdünnung. Er
stellte damit fest, dass Leute, die nie ein typhoides
Fieber durchgemacht hatten, Serum mit kräftigerem
AgglutinationvermOgen den Typhusbacillen gegen-
über besitzen können, als Kranke während dieser
Krankheit und Reconvaleecenten danach, um aber
die Diagnose Typhus abdominalis mit Sicherheit
stellen zu kOnnen, verlangt T. in üebereinstim-
mung mit vielen Anderen eine pasüwe Reaktion in
einer Verdünnung van 1:50, Fehlende Reaktion
schliesst nach seinen Untersuchungen Typhus nicht
aus. Der Eintritt der Eeahtion im Krankheitverlaufe
ist ganz unberechenbar und steht jedenfalls zu der
Schwere des Zustandes in keinem Verhältnisse.
Der Agglutinationwerth nimmt nach Ablauf der
Krankheit in der Regel sehr rasch ab.
Aehnlich macht E. Scholz über die Erfah-
rungen mit der Oruber- Widal'schen Reaktion
im Krankenhause Hamburg -Eppendorf Mitthei-
lungen. Unter 55 klinisch sicheren Typhusfällen
fiel die Reaktion 47mal positiv, 8mal negativ aus.
In 3 Fällen liess die Beaktion mehr als 5 Wochen
auf sieh uxxrterL Unter den 8 Typhuskranken mit
negativer Reaktion starb einer am 9. Tage, bei 3
weiteren wurde die letzte Untersuchung zwischen
dem 9. und 25. Tage vorgenommen, so dass die
Möglichkeit eines späteren Auftretens der Reaktion
angenommen werden kann. Die übrigen 4 Fälle
wiesen noch negative Probe am 62., 73., 86. und
106. Krankheittage auf. Seh. fasst danach seine
Erfahrungen dahin zusammen, dass die Wi dal '-
sehe Reaktion besonders betreffs Stellung der
Frühdiagnose nur von geringem Nutzen isL „Sie
rangirt in ihrem Werthe in einer Linie ipit den
übrigen Typhus-Symptomen, die alle gelegentlich
einmal fehlen können. Bei der Beurtheilung typhö-
ser oder typhusähnlicher Erkrankungen liegt nach
wie vor das Hauptgewicht auf einer genauen kli-
nischen Beobachtung des gesammten Krankheits-
verlaufes.''
Hünermann kommt auf Orund seiner Er-
fahrungen über 450 Widal'sche Proben in
357 Krankheitfällen, im Gegensätze zu Scholz,
zu dem Ergebnisse, „dass im Allgemeinen kein ein-
ziges klinisdies Symptom für sieh oder in Verbin-
dung mit anderen so frühzeitig und so sieher den
Tkflifhus anzeigt, une die positive Widal'sche Probe
1:100". Aus bekannten Gründen ist auf die Sta-
tistiken der Militärlazarethe grösserer Werth zu
legen, als auf diejenigen der Givilspitäler, denn
kaum ein Kranker kommt so frühzeitig in Behand-
lung, wie der Soldat in Epidemiezeiten, ausserdem
handelt es sich beim Militär um ein in jeder Hin-
sicht gleichartigeres Krankenmaterial. Wie schon
an anderer Stelle mitgetheilt (siehe Epidemiologie),
berechnet H. die Zeit der Infektion aus dem Auf-
treten der Roseolen, die mit grosser Regelmassig-
keit am 23. oder 24. Tage zum Vorschein kommen.
H. setzt danach das Auftreten der Roseolen in
Analogie zu den anatomischen Veränderungen im
Darme. Er fand nun, dass früher als 5 Tage vor
dem Auftreten der Roseolen, also früher als etwa
18 Tage nach der Ansteckung auf einen positiven
Ausfall der WidaTschen Probe nur in seltenen
Fällen zu rechnen ist, dass dann aber von Tag zu
Tag die Agglutinationkraft des Blutes steigt, so
dass 1 — 2 Tage vor der Roseola mit ziemlicher
Gewissheit ein positiver Ausfall erwartet werden
kann.
Ueber den differentialdiagnostischen Werth der
Methode bei Pneumonie äussert sich H. auf Orund
von 18 Untersuchungen (8 von Combination von
Typhus und Pneumonie und 10 von Pneumonie
mit Complikationen, die Verdacht auf Typhus auf-
kommen Hessen) folgendermaassen : Bei Typhus
mit gleichzeitig bestehender Pneumonie tritt die
Widal'sche Probe sowohl zu rechter Zeit, als
auch in nicht seltenen Fällen verspätet ein oder
aber sie kann ganz ausbleiben. Bei einfacher Pneu-
monie fällt die Probe stets, selbst in ganz geringen
Verdünnungen, negativ aus.
Aus einer täglich fortgesetzten Untersuchungs-
reihe über die Agglutinationkraft des Blutes ent-
nimmt William G. Sa vage (London), dass eine
deutliche Abnahme der Agglutinationfähigkeit im
Verlaufe des Typhus ein Eecidiv voraussage.
Da bei Kindern der Typhus selten in der klas-
sischen Form auftritt, da femer bei Kindern zahl-
reiche andere Krankheiten, hohes Fieber, Milz-
schwellung, Durchfälle eventuell für Typhus
sprechende Symptome verursachen und deshalb
die Diagnose auf Typhus bei Kindern meistens
auf viel grössere Schwierigkeiten stösst als bei
Erwachsenen, so musste von vornherein auf die
WidaVsehe Beaktion bei Kindern ganz besondere
Hoffnung gesetzt werden, und doch liegt über den
Werth der Widal'schen Reaktion beim Kinder-
typhus noch wenig umfangreiches Material vor
(Morse, Musser, Pfaundler, Abelmann,
Blackader). Es ist deshalb sehr zu begrüssen,
dass Milton Gershel an einer grossen Anzahl
von Kindern durch täglich ausgeführte Unter«
Starck, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis.
147
suchungen die Brauchbarkeit der Methode erprobte.
In 199 Fällen, darunter 84 Typhuskranke, machte
G. 670 Proben. Bei den 84 klinisch Typhösen
war das Besultat 81 mal positiv, unter den Nicht-
typhösen fiel die Probe stets negativ aus. Die
Reaktion tritt bei Kindern nicht später ein als bei
Erwachsenen, eher frfiher, am frühesten wurde sie
am 5. Tage der Krankheit positiv gefunden, in
26 Bellen zwischen dem 11. und 15., in 21 zwi-
schen dem 16. und 25. Tage. Im Allgemeinen
deckt sich .sonach das VerhaUen der Widal-Beak-
iion bei Kindern mit demjenigen bei Enpoehsenen,
üeber die in den letzten 11 Jahren im Johns
Hopkins Hospital mit einem grossen Aufwände von
Zeit und bewundernswerthem Fleisse angestellten
BlulunkTsuehungen bei Typhus erstattet William
SidneyThayer eingehenden Bericht, dem wir
folgende Ergebnisse entnehmen. In der Zahl der
roihen Blutkörperehen findet eine mit dem Beginn
der Krankheit einsetzende und während des ganzen
Verlaufes allmählich zunehmende Verminderung
statt, die sich im Mittel auf etwa 1 Million beläuft
Eine plötzliche Abnahme lässt stets eine Hämor-
rhagie vermuthen, beträchtliche vorübergehende
Erhöhung der Zahl wird nur bei Diarrhöe, nach
Erbrechen oder nach Schweissen möglich. Der
Procentgehalt des Hämoglobins läuft parallel mit
der Zahl der Blutkörperchen. Nach schwerem
Verlauf mit sekundärer Anämie kehrt der Hämo-
globingehalt langsamer zurück als die Zahl der
rothen Blutkörperchen. Die Zahl der uwissen Blut-
körperchen ist stets während des ganzen Verlaufes
subnormal, vermindert sich stetig mit der Schwere
und Dauer der Krankheit und beträgt im Mittel
5000. In Fällen von langdauerndem Fieber be-
steht jedoch mitunter Neigung zu leichter Erhöhung
der Zahl. Ein Anschwellen von über 10000 ist
stets auf äusseren Einfluss zurückzuführen (kalte
Bäder) oder entzündliche Complikationen, Hämor-
rhagien u. s. w. Kalte Bäder rufen ein unmittel-
bares, vorübergehendes Anwachsen der Leukooyten-
zahl in der Peripherie hervor, und zwar der 3- oder
4fachen Zahl vor dem Bade. Unter den einzelnen
Varietäten der Leukocyten sah T h. für die einzel-
nen Phasen numerisch gesetzmässige Beziehungen.
Die grösste Steigerung der Leukoeytenxahl tritt ein
bei Abscess, Phlebitis, Peritonitis, Pleuritis und bei
anderen Entzündungen, auch Darmblutungen rufen
ein starkes Anwachsen der Leukocytenzahi hervor,
das unmittelbar danach beginnt, in 24 Stunden
danach das Maximum und nach 1 Woche die alte
Ziffer erreicht.
In einer ausführlichen Arbeit weist Naegeli
nach, dass die systematisch fortgesetzte Zahlung
der Leukoegienarten eine der werthvoUsten Metho-
den zur Diagnose und Prognose des Typhus bildet,
dass die Mengenveränderungen der Neutrophilen,
Eosinophilen und Lymphocyten gesetzmässige sind
und in den verschiedensten Stadien der Krankheit
einen specifischeu Verlauf nehmen. Dieser soll
bedingt sein durch die Einwirkung der Typhus-
toxine auf das Knochenmark, indem die Bildung
neutrophiler und eosinophiler Zellen gehemmt
wird und wahrscheinlich auch durch den Einfluss
auf die Funktion des lymphatischen Apparates, wo-
durch die Menge der Lymphocyten verändert wird.
Für die Praxis soUen folgende Anhaltepunkte
genügen : Besichtigung eines ungefärbten, gleich-
massig vertheilten Bluttropfens bei Immersion.
Eine beim Vergleiche mit normalem Blute fest-
gestellte Verminderung der weissen Blutkörper-
chen (besonders auf der Höhe des Leidens) spricht
bei Fehlen der Eosinophilen während einer fieber-
haften Erkrankung sehr für Typhus. Nehmen
später die Lymphocyten erheblich zu, beginnen
noch vor Entfieberung Eosinophile aufzutreten und
beständig anzusteigen, so ist mit einfachen Mitteln
das Wichtigste constatirt und ein Typhus fast voll-
kommen sicher. Prognostisch ungünstig soll ein
sehr starkes Sinken der weissen Zellen, besonders
auch der Lymphocyten sein.
Dem praktisch thätigen Arzte dürfte wohl
kaum die Zeit beschieden sein, erst auf Grund der
täglichen langwierigen Blutkörperchenzählungen
Diagnose und Prognose im entscheidenden Falle
zu stellen, immerhin bleiben N.'s Untersuchungen
von grossem, zunächst theoretischem hämatolo-
gischen Interesse.
ri. Therapie.
216) Abrams, A., The treatment of the heart in
typhoid fever and other infeotions diseases. Med. News
LXXVm. 11. p. 410. March 1901.
217) Aasset, £., La balneation dans le traitemeDt
de la fievre typhoide chez les enfaDts. Echo med. da
Nord IV. 4. p. 37. 1900.
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nalis, (tjebersetzang von Oklemann,) Deutsche Med.-
Ztg. Nr. 94. 1900.
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In der Behandlung des TSfpkus hat sich in den
letzten Jahren nichts Wesentliches verändert Die
Hauptsache ist und bleibt passende Diäi und sorg-
samste Pflege. Ein Diätregime, wie es auch in
den meisten deutschen Krankenhäusern zur An-
wendung gelangt, entwirft Eichhorst. Das
wesentliche, wenn auch nicht einzige Nahrungs-
mittel bildet die Milch, mit der man auch im Aus-
land die besten Erfahrungen gemacht hat. So
führt Qolden seine vorzüglichen Resultate bei
im üebrigen gleicher Behandlung auf die absohUe
Michdiät zurück. Als eine Hungerkur muss die
von D tt m 0 n t empfohlene Diät bezeichnet werden,
deren Hauptbestandtheil Wasser, erst in zweiter
Linie die Milch bildet. Neuerdings macht sich
jedoch in Engbind eine Strömung zu üngunsim
der Milchdiät (HhlhsLT (Er owjij Marsden, Selby,
Pridham), unter der Begründung, daas Milchdiät
keine flüssige Diät sei, sondern dass die geronnenen
Eäseklumpen in festem Zustande den Darm reizen
und belasten. E w ar t empfiehlt zur Beseitigung
von Darmstagnation und Verhinderung von toxi-
schen Zuständen einfache Lagerung auf die linke
Seite, als Desinficiens Ckdomel. Während auch
Erb Pflege und Diät für das Wichtigste in der
Typhusbehandlung hält, spricht er doch auf Qrund
einer langjährigen Erfahrung, besonders in der
Heidelberger Klinik, dem Chimn das Wort, dem er
nicht nur eine antipyretische Wirkung nachsagt,
vermöge deren häufig die ganze Temperaturcurve
um ein gewisses Maass herabgedrückt wird, son-
dern das auch direkt günstig den ErankheitveHauf
beeinflusst und abkürzend auf die Dauer der Krank-
heit wirken kann. Erb 's Arbeit regte eine Reihe
von Autoren zu einer Aussprache über ihre Er-
Starok, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis.
149
fahrungen mit dem Mittel an, die im Grossen und
Ganzen mit denjenigen Erb 's fibereinstimmen.
Goldscheider, der sich von einer Abkürzung
der Krankheit durch das Chinin nicht überzeugen
konnte, hebt besonders die prognostische Bedeutung
der Chinin Wirkung hervor. Von besonderem Inter-
esse ist eine Arbeit von L. Martin, aus der
hervorgeht, dass auf Sumatra Typhus Jahre lang
fälschlich für Malaria gehalten und mit Chinin be-
handelt wurde. Als mit Erkennung des diagnosti-
schen Irrthums das Chinin aus der Behandlung
ausgeschieden wurde, verschlechterten sich die Re-
sultate wesentlich. Erst mit Wiederanwendung des
Chinins wurden die alten guten Ergebnisse erzielt
Die Arbeiten über Bädertkerapie bringen nichts
Neues, doch seien 2 Arbeiten von Barr und
A b r a m s erwähnt. Ersterer redet oontinuirlichen
Bädern und dem Hängemattebad das Wort, während
Letzterer besonders bei Herzcomplikationen Fr^
iionbäder (Abreibung der Haut mit Alkohol) und
die Syphonmeihode (Uebergiessen des Kranken mit
kohlensäurehaltigem Wasser) vertritt.
Als eifriger Anhänger einer desinfidrenden Be-
handlung bekennt sich E. K 1 e i n , der mit täglichen
kleinen Dosen von Galomel den Verlauf der Krank-
heit wesentlich abgekürzt haben will.
Die Versuche mit Äntityphusextrakt wurden
besonders durch Je2, den praktischen Begründer
dieser Therapie, und Kluk-Kluczycki weiter
fortgeführt Beide berichten über ihre Erfahrungen
in 50 TyphusfftUen, die hinsichtlich ihres Tempe-
raturverlaufes, des Herzens und des Pulses, des
Sensorium, der Dauer der Krankheit vorzüglich
beeinflusst worden sein sollen. Ein wesentlicher
Vortheil besteht darin, dass das Mittel esslCffel-
weise per os genommen werden kann.
Günstig wird die Methode auch von Eich-
horst undPometta beurtheilt, währendMarkl
dem Äntityphusextrakt keine heilende Wirkung
zuschreibt
Als Hälmosiatieum bei Darmblutung empfiehlt
Co lern an Nebennierensubstanx,
Die chirurgische Behandlung des Typhus, ins-
besondere die Therapie der Darmperforation , ist
Gegenstand einer grösseren Anzahl von haupt-
sächlich englischen und amerikanischen Arbeiten.
Den springenden Punkt bildet die möglichst früh-
zeitige Erkennung der Perforation. Als neues und
wesentliches Frühsymptom wird die Leukocytose
bezeichnet, über deren symptomatologische Be- '
deutong zahlreiche Untersuchungen von C u s h i n g ,
Russell, Osler u. A. angestellt wurden. Die
Leukocytose scheint thatsächlioh in vielen Fällen
ein Frühsymptom zu sein, in manchen wurde sie
jedoch vermisst, andererseits wurde sie auch bei
anderen Oomplikationen, wie Cholecystitis, Bron-
chitis und anderen, beolMichtet und gab deshalb zu
Fehldiagnosen und unnützem operativen Eingriff
Anlass.
Von dem Satze ausgehend, ,4a8s das Leben
des Typhuskranken in erster Linie nicht von einem
Arzneimittel, sondern von der verordneten DHU
abhängig ist", giebt Eiohhorst ein Diätregime,
das seit 1884—1899 bei 1718 Typhuskranken
in der Züricher Klinik zur Anwendung kam ; die
Gesammtmortalität betrug nicht ganz 10%. Zwei
Abschnitte werden hinsichtlich der Ernährungs-
weise unterschieden, von denen der eine sich
über die Zeit des FHebers, der andere über diejenige
der Genesung erstreckt. Der Fiebernde soll eine
Kost erhalten, die nahrhaft und leicht verdaulich
ist, nur wenig Koth giebt und dadurch die Darm-
schleimhaut nicht reizt Vor allem Anderen wird
MUeh in stark abgekochtem und gut gekühltem
Zustande empfohlen, die in Dosen von 50 — 100 ccm
alle 1/2 Stunden genommen werden muss. Ab-
gesehen vom Nährwerth der (Voll-) Milch wird
auch auf ihre diuretische Wirkung hingewiesen.
Wird reine Milch nicht genommen, so soll Milch
in verdeckter Form gereicht werden, als Milch-
kaffee, Milchthee, Fleischsuppe mit i/j — ^2 Milch.
Neben Milch wird Mittags ein Teller Fleischsuppe
mit 1 — 2 frischen Hühnereiern empfohlen, dagegen
wird vor künstlichen Eiweisspräparaten gewarnt.
Wird das Flüssigkeitbedürfniss durch diese Diät
nicht befriedigt, so ist frisches Queüwasser, even-
tuell mit einem Zusatz von Fruchtsaft, zu gestatten.
Wein als Nahrungsmittel wird nicht erlaubt, da-
gegen in ausgiebiger Weise als Heilmittel an-
gewandt und dann in Form von Glühwein und
Grog oder wenigstens in erwärmtem Zustande.
Von Schleimsuppe macht E. fast gar keinen Ge-
brauch, dagegen hat er gegen Fleischsäfte (frischen
und Liebig^Bchen) nichts einzuwenden.
Nicht geringeren Werth legt E. auf die Diät
nach der Entfieberung, da Recidive häufig auf einen
Diätfehler zu beziehen sind. 3 Tage nach völliger
Entfieberung (unter 37.5<^) bleibt die Diät unver-
ändert, am 4., 6. und 6. Tage beginnt man mit
Milchgriessuppe, die anfangs dünn, allmählich brei-
artig gekocht wird. Am 7. fieberfreien Tage wird
zum ersten Male fein geschabtes rohes Rindfleisch,
eventuell fein geschabter geräucherter Schinken
oder weiche Fleischwurst gestattet in Quantitäten
von 50 g am 1., 75 g am 2., 100 g am 3. Tage.
Gleichzeitig wird auch in Milch aufgeweichter Zwie-
back verabreicht Bei Fieber oder Darmoomplika-
tionen wird wieder zur Milchdiät zurückgekehrt.
Auch über diePflege giebt Eichhorst werth-
volle Winke, besonders hinsichtlich der Mund-
reinigung (Spülung mit Iproc. essigsaurer Thonerde
3mal täglich), ebenso über Auswahl und Aus-
stattung des Krankenzimmers. Grosser Werth wird
auch auf die Bäderbehandlung gelegt, und zwar
werden Bäder von 35® 2mal im Tage, vom 7. Ent-
fieberungstage an nur noch Imal (15— 30 Minuten
Dauer) verabreicht — ohne Abkühlung.
Aehnliche Vorschriften ertheilt G. Bau zier
(Montpellier).
150
Starck, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis.
Als wahre Hungerkur muss die Difttbehandlung
bezeichnet werden, dieAchilleDumont seinen
Typhuskranken angedeihen Ifisst. In der ersten
Woche gestattet er nur Wasser, viel Wasser. Es
wird am Ende ersetzt durch angesäuertes oder
durch leicht mit etwas Wein versetz^ Wasser.
In der zweiten Woche bekommen die Kranken
täglich einige Tassen Bouillon und kleine Tassen
von halb Milch, halb Wasser. Wenn das Thermo-
meter keine Fieberreaktion durch die Milch anzeigt,
vergrOssert D. die Dose und verstärkt die Con-
oentration. In der 3. Woche wird stets unter
Gontrole des Thermometers reine Milch abwech-
selnd mit Bouillon gegeben ; wenn es angeht, wird
die Menge der Milch vermehrt und der Bouillon
werden Eiweisspräparate zugesetzt, wie Pepton,
Somatose u. s. w. In der 4. Woche werden täg-
lich ein oder mehrere Eigelb gegeben, die bisherige
Ernährung wird beibehalten. Dann folgen mehl-
haltige Suppen und allmählich substantiellere Nah-
rung. Stets bleibt das Thermometer Führer bei
allen Aenderungen. Fleisch in leicht assimilirbarer
Form wird nicht gestattet, bevor nicht jedes Fieber-
anzeichen verschwunden ist
Als Anhänger einer absoluien Milchdiät wäh-
rend des ganzen Verlaufes des Typhus bekennt
sich W. W. Golden (EUdns) der in Central west-
virginien, besonders seitdem er auf diese aus-
schliessliche Milchdiät Werth legt, erheblich bessere
Besultate erzielte als früher. Unter den englischen
Autoren macht sich indess eine Meinung geltend
zu Ungunsten der Milchdiät, indem sie sagen, dass
Milchdiät keine flüssige Diät sei, sondern, dass die
Milch im Magen klumpig gerinne, in festem käsigen
Zustande in den Darm gelange, und den, sei es
durch einfache Entzündung, sei es durch Geschwüre,
empfindlichen Darm reize. Besonders gefährlich sei
die Milchdiät in der vielfach angewandten Form,
dass dem Patienten stündlich oder 2Btündlich eine
Tasse Milch verabfolgt wird. Es soll dadurch näm-
lich eine ständige üeberladung des Darmes mit
käsigen Massen eintreten und dadurch eine wesent-
liche Verschlechterung der Prognose bedingt sein.
William M. Brown (Rochester), R. W.
Marsden u. A. verabreichen denhäib keine reine
Milch, sondern verdünnen sie mit Wasser oder mit
anderen leicht verdaulichen Zusätzen. P r i d e a u x
Selby (London) und nach ihm Arthur Tre-
gelles Pridham streichen aus demselben Gründe
die Milch ganz aus dem Diätregime und ersetzen
die Milch durch Molken, die fast nur die Hälfte
fester Bestandtheile und ebenso nur die Hälfte an
Fett enthält. . Ersterer schreibt seinen guten Er-
folg mit 2.7^/o Todesfällen dieser veränderten Diät
zu. Das Körpergewicht soll kaum anders sein als
bei Milchdiät, der günstige Einfluss der Molken
soll sich besonders an der Mundschleimhaut und
der Zunge bemerkbar machen, welche letztere be-
reits nach der 3. Woche keine Veränderung gegen-
über der normalen Zunge mehr zeigt.
Von weiteren Arbeiten, die sich mit der Aar
gemeMehandkmg des Jhfphus beschäftigen, sei die-
jenige von William Ewart (London) hervor-
gehoben. Er geht aus von der Erwägung, dass
häufig Stagnation von putridem Inhalte im Darme
toxische Zustände, üeberdehnung und Lähmung
der Darmwand und damit einhergehend Dehnung
offener Geschwüre mit nachfolgender Blutung ver-
ursache. Als Zeichen dieser Stagnation fand E.
sehr häufig in der rechten Fossa iliaca Hervor-
wOlbung, Dämpfung und Druckempfindlichkeit,
während die linke Fossa sich vollständig normal
anfühlte. Durch einfache Lagerung des Kranken
auf die linke Seite oder besser durch dauernde Er-
höhung der beiden rechtseitigen Bettfüsse gelang
es ihm meist rasch, den stagnirenden Inhalt weiter
zu befördern ohne den Patienten in irgend welcher
Weise zu belästigen. Als weiteres Mittel Fermen-
tationen mit allen ihren Folgen hintanxuhaüen ver-
ordnet K Oalomel in Dosen von etwa 1 g inner-
halb 6 Stunden, daneben kleine Dosen vonTinctura
ferri perchloridi. Etwa vorhandene Diarrhoe hOrt
sofort auf, etwa eintretende Obstipation wird mit
täglichen Klysmen von Glycerin behandelt Von
dem Eisen sahE. eine adstringirende Wirkung, die
sich angeblich besonders auf die Blutgefässe be-
merklich macht und so Hämorrhagien verhindert;
vom Galomel lobt er besonders die günstige Wir-
kung auf die Leberfunktion, auf die Lymphge&ee
und glaubt sicher bei längerer ESnnahme an eine
Desinfektion des Darmes. Obwohl er das Calomel
in derselben Dosis bis zum 10. Tage der Reoon-
valesoenz gegeben hat, sah er nie eine üble Neben-
wirkung.
Frederick J. Smith macht seine ganzeBe-
handlung abhängig vom Zustande des i^uhles und
dem Appetit des Kranken. Der Stuhl wird alle
24 Stunden genau untersucht auf unverdaute Milch,
bez. Nahrungsreste, Blut, Schorfe und fftkulenten
Detritus. Bei Anwesenheit unverdauter Milch oder
anderer Nahrung wird alle Nahrung 24 Stunden
ausgesetzt und nun mit sehr kleinen Dosen be-
gonnen. Milch wird in natürlichem Zustande
eventuell überhaupt nicht mehr gereicht Bei An-
wesenheit von Blut ebenfalls Aussetzen der Nah-
rung, Verabreichung von Opium; Schorfe bilden
ebenfalls die Indikation für Aussetzen der Ernäh-
rung. Der Appetit giebt ihm Anhaltepunkte über
den Zustand von Magen und Darm. Ist der Appetit
gut, so geschieht die weitere Ernährung in libe-
ralster Weise, ist er schlecht, so erhalten die Kran-
ken nur frisches kühies Wasser, das 4—5 Tage
ohne Schaden ausschliesslich gegeben werden kann.
Bei gutem Appetit erlaubt S m. wohl Milch, doch
nicht im natürlichen Zustande, sondern mit Zu-
sätzen, die eine käsige Gerinnung verhindern, be-
sonders in Form von Eierrahm, Milchpuddings, mit
Zusätzen von Reis, Sago, Tapioka und Anderem,
als Rahm, als Basis von Cacao, Kaffee oder Thee,
ferner Beeftea, Fleisohgelee, auch Fleisch und
Starck, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis«
151
Fisch in durohgeriebenem Zustande, selbst Bier
und Stout gestattet er, wenn Lust danach vorhan-
den ist, dagegen ist jede Speise verboten, die harte
Partikelchen enthält unter den Complikationen
behandelt er Erbrechen mit ausschliesslicher Ver-
abreichung von kaüem YFoMer während 12 Stunden,
ebenso die Tympanie; indess giebt er in diesem
Falle auch schwefelsaures Natron und äusserlich
Eisbeutel auf den Leib. Auch bei besonders stark
auftretender Diarrhöe wird an Stelle von Nahrung
blos kaltes Wtuaer gegeben. Von Medikamenten
werden kleine Dosen von Calomel als mildes Anti-
septicum und stuhlbef5rderndes Mittel verabfolgt
Während auch in der Heidelberger medicinischen
Klinik als Hauptsache in „der ganzen Typhus-
behandlung die sorgfältigste Pflege der Kranken,
die Pflege im weitesten Sinne des Wortes*^ ange-
sehen wird, räumt doch Erb unter Verwerfung
der modernen Antipyretica dem Chinin eine hervor-
ragende Stelle unter den Hülfsmitteln zur Be-
kämpfung der Krankheit ein und das nicht nur
wegen der vorzüglichen anttp^eUachen Wirkung,
sondern auch weil das Chinin in vielen Fällen den
ganzen Krankheitverlauf in günstiger Weise heeinr
ßisst. Das Chinin wird Abends nach erreichtem
Temperaturmaximum (etwa 7 — 8 Uhr) in der Dosis
von 1 — 1^/2 — 2 g in 2 Theilen kurz nacheinander
verabfolgt Die nächste Morgenremission wird
dadurch vertieft und verlängert, die Abend-
ezacerbation bleibt geringer und nähert sich erst
am 2. Tage der alten HOhe. Am 2. Tage wird die
Ghiningabe wiederholt und so fort bis zur völligen
Entfieberung. Abgesehen von dieser jeweiligen
Temperaturherabsetzung ist auch insofern ein
dauernder Erfolg zu erkennen, als die ganze 7^|>e-
ratfdrourve um ein gewisses Maass herabgedrückt wird,
80 dass ein treppenartiges Herabgehen der Tempe-
raturcurve bis zur völligen Entfieberung erfolgt
Diese günstige Chininwirkung war am deut-
lichsten bei den gewöhnlichen mittelschweren nach
3 — 4 Wochen ablaufenden Typhen zu beobachten ;
unsicherer ist die Wirkung bei den schweren In-
fektionen, besonders wenn die Kranken erst nach
ein- bis mehrwöchigem Krankheitverlaufe aus
sdüechter häuslicher Pflege in das Krankenhaus
kommen ; das Chinin bleibt ohne Einfluss auf den
Krankheitverlauf in den schweren complicirten
Fällen, in denen es sich um Mischinfektionen
handelt So blieb unter 200 in der Klinik im Ver-
laufe der letzten Jahre mit Chinin behandelten
Kranken das Chinin in etwa Vt ^^^ ^SlÜüi^ mehr
oder weniger erfolglos. Der günstigste Zeitpunkt
für den Beg^n der Chininmedikation ist wohl die
2. Hälfte der 2. Krankheitwoche und die 3. Woche
(etwa der 11. oder 12. Krankheittag). E. kommt
auf Qrund seiner Erfahrungen zu dem Schlüsse,
,)dass das Chinin bei der Behandlung des Typhus
nicht blos als ein rein febriles, sondern als ein
Mittel anzuwenden ist, welches direkt günstig auf
den Krankheitsverlauf und abkürzend auf die Dauer
der Krankheit wirken kann", dass es dadurch ge-
wisse Vorzüge vor den übrigen Antipyreticis be-
sitzt und deshalb in der Therapie des Typhus bei-
behalten werden sollte.
Durch E r b 's Veröffentlichung wurde eine Reihe
von Klinikern zu einem Austausch ihrer Erfahrung
über die Wirkung des Chinins bei Typhus angeregt;
so sieht sich C. Binz (Bonn) erfreut durch die
üebereinstimmung seiner Erfahrung mit derjenigen
Erb 's. Im Jahre 1870 hatte er im Feldzuge Ge-
legenheit, bei im üebrigen gleicher Behandlung
die Vortheile der Chinindarreichung bei Typhus zu
beobachten. Die Sterblichkeit betrug (nach einer
Tabelle Lissauer'saufGrund von über 110 Fällen)
bei ezpektativer Behandlung 28^/0, bei antipyre-
tischer dagegen nur 5.5<*/o.
üeber die Wirkungsweise des Chinins hatte
Binz schon damals die Ansicht, dass es den
(damals noch unbekannten) Krankheüerreger direkt
schädige. Er gab das Chinin jeden zweiten Abend
gegen 9 ühr in der Imaligen Dose von 1 g. Vor
den grösseren von Erb unter Umständen empfoh-
lenen Gaben von 1.5 — 2.0 g hat B. einige Besorg-
niss wegen Lähmung, besonders da, wo grosse
Schwäche des Herzens oder der Athmung vor-
handen ist B. weist auf frühere Arbeiten von
Liebermeister und Lissauer hin, die eben-
falls dem Chinin das Wort redeten.
Auch A. Goldscheider erkennt im Grossen
und Ganzen die günstige Wirkung des Chinins an,
wenn er auch nicht in Allem Erb 's Anschauungen
beipflichtet Auch er greift dabei auf eine alte be-
reits vor 17 Jahren erschienene Veröffentlichung
zurück, die denselben Gegenstand behandelte. Ob
thatsächlich Abkürzungen der Krankheitdauer
durch Chinin erzielt werden, wagt G. nicht zu be-
jahen, da es stets schwer zu sagen sei, „was auf
Chininwirkung und was etwa auf zufälliges Zu-
sammentreffen kommt* ^ Hinsichtlich der Chinin-
remissionen glaubt G., dass solche häufig nur
scheinbar auftreten, indem nach Chininverabrei-
chung die Fieberfluktuation so verschoben werden
kann, dass der Gipfel der Curve der Beobachtung
leicht entgeht Derartigen Täuschungen soU man
besonders dann anheimfallen, wenn nächtliche
Messungen nicht vorgenommen werden. [Da ohne
solche der Beweis der Abkürzung des Fiebers nicht
sicher und wie G. hervorhebt, aus der Erb 'sehen
Publikation nicht hervorgeht, ob in der Heidel-
berger Klinik nächtliche Messungen ausgeführt
werden, so sei hier bemerkt, dass Erb Tag und
Nacht bei Typhuskranken 2stündlich messen lässt.
Bef] Ganz ablehnend verhält sich G. gegen die
von Erb angeknüpften Erwartungen, dass Compli-
kationen, Nachkrankheiten, Recidiven vorgebeugt
werde, dagegen erkennt er doch die günstige
Chininwirkung in den weniger schweren Fällen an
und schätzt besonders die auch schon von Lieber-
meister hervorgehobene prognostische Bedeutung
der Chininwirkung. Ferner lobt 0. die günstige
152
Starck) Neuere Arbeiten Aber Typhus abdominalis.
Unterstützung der Bäderwirkung duroh Chinin, er
ist überzeugt, „dass Chinin die BAderwirkung an
Ergiebigkeit und Dauer verstärkt, und dass es
häufig durch die grössere Dauer der Wirkung mehr
leistet als die Bäder". Wenn indess Lieber-
meister und Qesenius die Ansicht aus-
sprechen, „dass Chinin Bäder erspart", so sei doch
darauf hingewiesen, dass Erb, wie viele andere
Autoren in der Bädertherapie weniger eine anti*
pyretische Behandlungsmethode sehen, als einen
wichtigen Faktor in der „Pflege** des Typhus-
kranken. Grossen Werth legt 0. ebenso wie Erb
auf die Zeit der Chinindarreichung ; der Beginn der
Continua und deren 2. Hälfte sollen am günstigsten
beeinflusst werden, besonders in letzterem Stadium
erzielte er gute aniipyrelüche Erfolge, unter denen
sich auch Allgemeinbefinden und Puls hoben ; als
Tageszeit wird 8 Uhr Abends empfohlen, die Dosis
entspricht der E r b 'sehen.
Weiterhin ergriff ein alter russischer Arzt
W. M. Kernig das Wort zu dieser Frage.
Er befindet sich in weitgehendster Uebereinstim-
mung mit den Erb 'sehen Erfahrungen. „Vieles,
was Erb sagte, schien mir, als hätte ich es selber
geschrieben." K. verfügt über ein überaus grosses
Material im 0 buch ew 'sehen Erankenhause in
Petersburg und übt neben der Bäderbehandlung die
Chinintherapie bei Typhus seit Mitte der 60er Jahre.
Den Satz Erb 's, dass das Chinin fähig ist, direkt
günstig auf den Verlauf der Krankheit einzuwirken,
kann E. durchaus unterschreiben, doch konnte er
sich nicht davon überzeugen, dass die Dauer der
Erankheit abgekürzt wird ; eine Abkürzung kann
er höchstens insofern anerkennen, als das Chinin
günstig auf den Oang der Erankheit einwirkt und
diese oder jene Complikatüm verhütet. Der Typhus
soll durch die combinirte Behandlung (Bäder und
Chinin) in der reinen Form verlaufen, d. h. er er-
reicht sein typisches Ende mit der 2., 3. oder
4. Woche und wird nicht durch hinzutretende Com-
plikationen aufgehalten. Die Mortalität in vielen
Tausenden von Fällen betrug nur 7.7®/o (während
Curschmann als mittlere Zahl 14^/o angiebt).
Die Chinindosirung entspricht etwa derjenigen in
der Erb 'sehen Elinik. Qanz besonders schätzt
E. die Chinin Wirkung auf das Herz, der Puls wird
voller und langsamer; das Sensorium wird freier,
das Allgemeinbefinden wird gebessert
Endlich sei noch eine Arbeit von L. Martin
(Deli- München) erwähnt, die sich, ebenfalls durch
Erb angeregt, mit der Chinin Wirkung beim T^kua
in den Tropen beschäftigt M. sammelte seine
Erfahrungen hauptsächlich an der Ostküste der
Insel Sumatra, wo der Typhus endemisch vor-
kommt, und zwar an Fällen, die jahrelang fäUch-
Ueh für Malaria gehalten wurden, bis die bakterio-
logische Untersuchung aufdeckte, dass es sich um
Typhus handle. Das Chinin wurde also gegen
die scheinbare Malaria verabreicht, und zwar mit
gutem Erfolge^ als aber etwa um das Jahr 1899
der diagnostische Irrthum eingesehen war, wurde
das Chinin als unnGthig bei Seite gelassen ; indessen
die Folge war die, dass der Verlauf der Erankheit
ein schlechterer wurde, so dass man bald wieder
zur bewährten Chinintherapie zurückkehrte. Es
ist hier zu bemerken, dass der Typhus in den
Tropen einen vom europäischen verschiedenen
Verlauf nimmt Darmerscheinungen treten in den
Hintergrund, Roseolen sind auf der braunen Haut-
farbe der Einwohner nicht zu erkennen, dagegen
sind fast stets etwas Milztumor und Bronchitis vor-
handen. Diarrhöen gehen häufig in echte Dys-
enterie über, die stets eine schlechte Prognose
giebt Stets wurde das salzsaure Chinin verabreicht,
und zwar täglich in Dosen von 2 g, davon wurde
lg Morgens zwischen 10 und 11 Uhr und lg
-Abends zwischen 5 und 6 Uhr gegeben. Irgend
welche nachtheilige Folgen für das Herz oder die
Centralorgane sah M. bei dieser Dosirung nicht
Dagegen gewann er die Ueberzeugung, dass die
sofort einsetzende Ghinintherapie die Fälle leicht
und abortiv gestattete. In einer grossen Anzahl von
Fieberourven kann M. den schönen Erfolg der
C hinin therapie demonstriren ; besonders auffallend
ist der rasche treppenartige Abstieg der Curve.
M. bestätigt für den Tropentyphus die Erfahrungen
Erb 's, dass bei etwa ^7 der Fälle eine Chinin-
wirkung nicht nachzuweisen ist, und zwar in den
sehr schweren complicirten Fällen. In allen
anderen Fällen bleibt die Wirkung nicht aus; dass
sie aber wirklich dem Chinin zugeschrieben werden
muss und nicht etwa auf das Conto der kühlen
oder kalten Bäder zu setzen ist, ist beim Tropen-
typhus zweifellos, da in den Tropen bis jetzt kühle
Bäder nicht verabfolgt werden können. M. steht
deshalb der Chinintherapie des Tropentyphus noch
optimistischer gegenüber als E r b derjenigen des
europäischen Typhus.
Auch Marfan bekennt sich als Anhänger der
Chinintherapie, und zwar in der Kinderpraxis, wie
er in der Soci4t6 de p^diatrie (Fevr. 19. 1900.
Paris) mittheilt (s. Octave Ratio r). Stets be-
ginnt er mit Chinindarreichung ; falls die Reotal-
temperatur zwischen 4 und 5 Uhr Nachmittags 39*
überschreitet, giebt er bei Eindem über 5 Jahren
75 cg Chinin in 3 Dosen je mit halbstündlichem
Intervall Die weitere Behandlung hängt von dem
am nächsten Morgen erhobenen Befunde ab. Ist die
Wirkung eine gute, ist die Temperatur um min-
destens 1^ gesunken, ist das Aussehen besser ge-
worden, sind die nervösen Erscheinungen zurück-
gegangen, so fährt er mit Chinindarreiohung fort,
indem er bei jedem Anstiege der Temperatur über
39® (zwischen 4 und 5 Uhr) 75 cg in der oben an-
geführten Weise verabfolgt Tritt der deutliche
Erfolg des Chinins nicht bereits nach einem Tage
auf, so hält M. das Chinin für den Fall für un-
geeignet Ebenso lässt er Chinin bei Seite, wenn
die Temperatur 39<) nicht übersteigt. Im erstaren
Falle geht er zu einer milden Bäderbehandlung über.
Starck, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis.
153
Wenig Ofinstiges Aber loarms Bäder bei TS^hus
wissen Ingeirans und Paul Yrasse zu be-
richten. Auf Orund von zahlreiohen genauen
Messungen nach Verabreichung von Bädern von
40 — 42^ kommen sie zu dem Ergebnisse, dass
sich die Temperatur in der 1. Stunde nach dem
Bade um ^/|o® erhebt, um nach Verlauf einiger
Stunden erst zur früheren Höhe zurückzukehren.
Der Fieberverlauf scheint sonach in keiner Weise
günstig durch warme Bäder beeinflusst zu werden.
Von der Ansicht ausgehend, dass die Anhäu-
fung der Toxine im Körper die grOeste Oefahr
bildet und sonach eine kräftige Diureee von be-
sonderem Vortheile ist, stellten Ingeirans und
Dehou vergleichende Versuche an hinsichtlich
der diureiiaohen Erfolge mü toartnen und hauen
Badern, sowie mit reichlicher Flüssigkeitaufnahme.
Die Toxämie bestimmten sie aus dem urotoxisohen
Coöfficienten (Urotoxie = Dose Urin, die 1 kg Thier
tödtet, urotoxischer Coöfficient»» Menge von Uro-
toxien, die der Mensch pro Kilogramm seines Ge-
wichtes erzeugt). Bei Behandlung mit warmen
Bädern ist die ürinaussoheidung wenig reichlich,
der urotoxisdie Co&fficient klein, kaUe Bäder ver-
mehren die Urinmenge ekoas, der urotoxisohe Goöf-
iicient ist etwas kleiner als bei warmen Bädern.
Orosse Flüssigkeitzufuhr vermehrt natürlich die
Urinmenge bedeutend. Der Co^fficient steigt ganz
erheblich, wird hypertoxisch.
Als eifriger Anhänger der Bädertherapie be-
kennt sich B. Ausset, doch verwirft er in der
Kinderpraxis die strenge Brand 'sehe kalte Bäder-
kur und giebt Bäder von 26 — 28<^. Nur in sehr
schweren raien geht er in der Temperatur wesent-
lich tiefer.
Aus den von James Barr (Liverpool) über
Typhusbehandlung mitgetheilten Voreehriften seien
das coniinuirlieheBad und äie Hängematte erwähnt
Die letztere wird in die Bettstelle eingesetzt, der
Patient ruht nackt auf einem Unterlaken. Ein
grosses Stück Flanell dient als nasse Compresse
für das Abdomen. Ein kleiner Strom constant
fliessenden Wassers von 80^ F. vertheilt sich über
das Flanell und fliesst vom tiefsten Theile der
Unterlage in ein untergestelltes Gefftss. Zur Darm-
entleerung werden Eingiessungen von >/| Liter
kaUen Wassers mit übermangansaurer Kalilüsung
empfohlen. Kommt der Kranke frisch in Behand-
lung, so giebt B. als Brechmittel 2 — 3 Glas heissen
Wassers, als heßtes Hämoetatieum bei Darmblutung
verwendet er Terpentin innerlich.
Zur Behandlung des Herxens bei Typhus empfiehlt
Albert Abrams (San Frandsco) Friktionbäder. Der
Patient wird so lange mit Alkohol gewaschen und ge-
rieben, bis die Haut sich heiss anfühlt Das Besoltat
soll hinsichtlich des Cürknlationapparates und Nerven-
systems vorzüglich sein, bei Herzschwäche und hoher
Pulsfrequenz wurden die Herzoontraktionen kräftig, die
Pulszahl sank auf 72—84, der Temperatarabfall war aller-
dings nur gering. Bei lang anbetender Herzschw&che
wandte er auch die sogen. Sypkonmethode an ; über den
im Bette hegenden Kranken wird eine Flasche kohlen-
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft 2.
säurehaltigen Wassers ausgegossen. A. will damit das
Nauheimer System nachahmen, indem erder Ansicht ist,
dass der Erfolg hauptsächlich auf dem Hautreize durch
die Bläschen des kohlensäurehaltigen Wassers beruht.
Um den Erfolg zu erhöhen, erwärmt er das Syphon auf
Körpertemperatur. Wenige Minuten nach der AppUkation
soll eine Kräftigung und Reduktion des Pulses um 10 bis
20 Schläge pro Minute erfolgen.
Als eifriger Anhänger einer deeinfidrenden
TkfffhuAehandlung bekennt sich Eberhard Klein
(Budapest). Ausgehend von dem Grundsatze, dass
das Wichtigste eine möglichst raaehe, uneehädUcfie
Entfernung der Krankheiterreger (Typhusbacillen
und mit dem Darminhalte vermischter Toxine) ist
und da dies beim Typhus weder genügend und rasch
noch vollkommen gelingt und so demnächst eine
möglichste Unschfldlichmachung durch dauernde
Einverleibung von desinficirenden Mitteln erforder-
lich ist, so verordnet Kl. täglich neben Senna-
infus 2 Darmeingieesungen mit abgekochtem, lau-
warmem Wasser ausnahmeweise unter Beimengung
von Ricinusöl. Als Magen-Darmdesinficiens aber er-
probte er das Oalomel, das er ununterbrochen vom
Beginne bis zum Ablaufe der Krankheit 2stQndlich
in Dosen von O.Ol — 0.02 verabreicht Bei dieser
Behandlung soll keine Enteritis aufkommen, der
Kranke entleert durchschnittlich 3 — 4 Stühle; er-
höht sich deren Zahl auf 7 — 8, so werden statt
Calomel schwache Dosen von Bismuthum subnitri-
cum (0.02) gegeben, das eine desinficirende und
stopfende Wirkung entfaltet. Ghinz besondere
Aufmerksamkeit widmet Kl. der Ileocökalgegend,
in der jede Kothstauung vermieden werden soll,
unter dieser antiseptischen Behandlung will Kl.
den Verlauf der Krankheit wesentlich abgekürzt
und vollständige (Genesung viel früher herbeigeführt
haben, als es unter anderer Behandlung beobachtet
wird.
JeS setzte seine therapeutischen Versuche
(s. den letzten Typhusbericht) mit äemJntitpphue"
extrakte fort und berichtet gemeinsam mit Franz
Kluk-Kluczycki über seine in 50 Typhus-
fällen gesammelten Erfahrungen. Das Antityphus-
extrakt wird aus Milz, Knochenmark, Gehirn, ver-
längertem Mark, Rückenmark und Thymus von
immunisirten Kaninchen gewonnen. Das Extrakt
wird 1 — 2stündlioh esslöffelweise gereicht bis zum
Eintreten erster Remissionen, von welcher Zeit ab
der Kranke alle 3 Stunden einen EsslöfFel be-
kommt, bis die Morgentemperatur 38<^ nicht über-
schreitet Von diesem Zeitpunkte an bekommt der
Kranke 3 EsslöfPel täglich. Das Präparat hat den
Vorzug, dass es per os und nicht subcutan dem
KOrper einverleibt werden kann. Die Einwirkung
des Mittels auf die Temperatur ist sehr auffallend
und regelmässig. Bereits 24 Stunden nach Dar-
reichung des Mittels sinkt die Temperatur unter 38^
während unter normalen Verhältnissen zur selben
Zeit (Mitte 2. bis Mitte 3. Woche) das Fieber den
Culminationpunkt erreicht Besonders auffallend
sind die Morgenremissionen, die etwa 2^ betragen,
20
164
Starok, Neuere Arbaten über Typhus abdominalis.
so dass das Fieber intermittirenden Charakter an-
nimmt und anstelle der Febris Continus eineFeMa
iniennüiens remittma tritt Die Äpyrexie soll stets
bereits in den ersten Tagen der 3. Woche eintreten,
ja bei ununterbrochener Darreichung des Extraktes
soll sich bereits Ende der 2. Woche Entfieberung
einstellen. Wird jedoch die Darreichung des Mittels
unterbrochen, so besteht für das Fieber sofort wie-
der Neigung in die Continua überzugehen. Analog
der Körpertemperatur verhält sich der i\i^, der unter
der Einwirkung des Extraktes ebenfalls deutlichen
Veränderungen unterliegt Ein früher schwacher,
leicht unterdrückbarer und über 100 Schläge zäh-
lender dikroter Puls wird kräftiger und resistenter.
Die Dikrotie schwindet, die Zahl der Pulsschläge
fällt auf 76 — 90 in der Minute. Der Milztumor
bleibt länger bestehen als normal, verschwindet
aber dann sehr rasch, die Roeeola tritt reichlicher
hervor und schwindet langsamer, überdauert selbst
mitunter das Fieber. Dieses letztere Symptom,
nämlich das prompte Auftreten zahlreicher Roseolen
nach Eingabe sah Je 2 bei anderen Krankheiten
nicht und schreibt ihm deshalb diagnostische Be-
deutung zu. Endlich soll der Einfluss des Mittels
auf das benommene Seneorium ganz vorzüglich
und schon nach 24 Stunden bemerkbar sein.
Dass das Antityphusextrakt WiYispmfiech gegen
Tgphue verhält, erprobte Jei an anderen Erkran-
kungen wie Meningitis, Pneumonie u. s. w., die
von dem Mittel unbeeinflusst blieben.
Mit diesem Antityphusextrakte machte Eich-
horst bei 12 Typhuskranken Versuche, die ein
besonders schweres Allgemeinbefinden darboten.
Die Erfolge waren sehr befriedigend. „Erstaun-
lich war meist die schneUe Besserung des Allge-
meinbefindens.^' Keiner von diesen ungewöhnlich
schwer Kranken ist gestorben. 11 Kranke waren
4 — 6 Tage nach Einnahme (in der 2. Woche) fieber-
frei, einer verlor das Fieber erst am 7. Tage.
AuchE. beobachtete nur allml^che Milzabschwel-
lung.
Femer weiss Pometta Günstiges über die
Wirkungsweise des AMüyphuaexhrakies zu berichten.
Genauere Daten, Krankengeschichten u. s. w. wer-
den nicht angeführt, es wird nur der günstige
Einfluss auf Puls und Temperatur hervorgehoben.
Weniger günstig äussert sich auf Grund von
exakten Thierversuchen Gottlieb Mar kl (Wien).
Er kam zu dem Schlüsse, dass das Original-Anti-
typhusextrakt Jei's zwar Schutzstofife gegen
Typhusbacillen enthalte, jedoch in geringerer
Menge als die entsprechenden Immunsera. Die
Schutzstoffe sind specifische Körper, die in Organen
von normalen Kaninchen nicht nachweisbar sind.
Die Wirkung dieser Stoffe ist eine antiinfektiöse,
nicht antitoxische.
^Eämoeiatiemn \mI)<xnnbkUung0n empfiehlt
Warren Coleman (New York) Nebennierenr
aubatanz. Von 5 damit behandelten Kranken starb
nur einer und dieser, wie sich herausstellte, nicht
an der Hämorrhagie, sondern an den Folgen der
Toxämie. Die Dosis beträgt 0.3 g 2stündlich bis
stündlich 1 — 2 Tage lang. Das Pulver kann in
Wasser oder Milch genommen weiden, per rectum
soU stündlich 0.6 — 0.7 verabreicht werden. Sind
beide Medikationen unmöglich, so empfiehlt C.
intravenöse Injektionen von 0.1 — 0.2 g. Irgend
welche schlimme Nebenwirkungen hat C. nicht
gesehen.
Eine grosse Zahl von besonders englischen
Arbeiten beschäftigt sich mit der Chirurgie des
Tgphua. Es kann sich dabei natürlich ausschliess-
lich um Cbmp/i^um^n handeln, deren gefährlichste
und in der neueren Literatur am meisten berück-
sichtigte die Dcarm^foraivm, bez. PeriUmüia bildet
Schon im Jahre 1899 konnte H. Hare über
103 Operationen wegen Darmperforation oder Peri-
tonitis berichten und berechnet daraus einen Beü'
erfolg von 20.38^1^ unter den neuerdings ver-
öffentlichten Arbeiten seien einige von William
Osler (Baltimore) erwähnt, der selbst eine reiche
Erfahrung in dieser Frage besitzt 0. ist der An-
sicht, dass durch eine Frühdiagnose und Frühope-
ration SO — 40<^/o der Kranken gerettet werden
können. Bis zum Jahre 1899 einschliesslich hatte
er selbst Oelegenheit, 11 Kranke zu operiren, mit
einem Heilerfolge von 46.4^/«. Um eine Früh-
operation zu ermöglichen, hält er es für durchaus
nöthig, dass das Wari^peraonal unterrichtet ist über
alle Erscheinungen, die eine beginnende oder ein-
getretene Perforation ankündigen. Er giebt deshalb
in Tabellenform über alle diese Symptome ausführ-
liche Instruktionen, die zur Benutzung für das
Wartepersonal und die Hausärzte dienen sollen.
Nicht erst, wenn die Peritonitis sicher geworden
ist, nicht erst, wenn die Diagnose der Perforation
feststeht, soll operirt werden, sondern bereits dann,
wenn eine Wahrscheinlichkeitdiagnose auf Per-
foration gestellt werden kann. Als wichtigstes
Symptom hat der plötzliche Schmerz zu gelten,
der an Stärke zunimmt, in Paroxismen wiederkehrt
Steigt die Pulszahl, wird das Abdomen aufgebläht,
nimmt der Schmerz bei Druck zu und steigt die
Leukocytenzahl, so ist die Diagnose auf Perforation
wahrscheinlich und die Hinzuziehung des Chirurgen
erforderlich.
Mit der Leukoegtoae als Zeichen einer Perfora-
tion beschäftigen sich besonders Harvey W.
Gushing, der 4 Kranke nach der Perforation
operirt hat und Gollin K. Russell (Montreal),
der über 6 eigene Fälle verfügt Beide Autorwi
sind darin einig, dass der Leukocytose in der Dia-
gnose ein grosser Werth beizulegen ist, dass sie
aber in manchen Fällen fehlt, dass die Zahl der
Leukocyten sogar mit der Perforation erheblich
sinken kann, was bei bereits eingetretener Peri-
tonitis als Regel anzusehen ist Andererseits wurde
im Yerhiufe des Typhus ohne weitere OompUkaÜon
Leukocytose beobachtet, obgleich keine Perforation
eingetreten vrar; so berichtet Cushing, dass in
Starck, Neuere Arbeiten über Typhus abdosünaliB«
155
seinem Falle 4 die Diagnose auf Perforation neben
leichten anderen Symptomen hauptsächlich auf
Grund der oonstatirten Leukooytose (16000) ge-
stellt worden ist Bei der Laparotomie konnte
keine auf Perforation verdftchtige Stelle gefunden
werden. Russell, der in 48 Fällen systematische
Leukocytenzfthlungen anstellen Hess, fand, dass in
37 uncomplicirten BWen die Leukooytenzahl zwi-
schen 2000 und 12000 schwankte. In 11 compli-
cirten Fällen war die Zahl von 13000 bis zu 30000
erhöht, in einem Falle dagegen, konnten nur 4800
gezählt werden, obgleich eine Perforation und 6 der
Perforation nahe Geschwüre bei der Operation ge-
funden wurden. Der diagnostische Werth der
Leukocytose verliert aber sehr, wenn man aus der
Tabelle ersieht, dass bereitB eine eiaf t^heBranekitia
(beiTyphus)eineLeu^x7(^08evon 20000 verursachen
kann, dass bei Cholecystitis, bei Otitis media
Leukocytenzahlen von 13000 erhalten wurden.
Auch Russell berichtet von einem Falle (Nr. 4),
in dem für die Diagnose Perforation eine Leuko-
cytose von 14500, in einem anderen Falle (Nr. 5)
sogar von 17000 maassgebend war, während in
beiden Fällen keine Perforation gefunden wurde.
Allerdings genasen beide Kranke, und Russell
ist deshalb der Ansicht, dass eine Probelaparotomie,
auch wenn die Diagnose auf Perforation nur ufohr-
scheinUeh ist, ausgeführt werden muss. Anderer-
seits spricht G u s h i n g die Ansicht aus, dass keine
Operation zu spät gemacht wird, dass Schwäche
des Patienten, hohes Fieber, schwaches Herz, vor-
geschrittene Peritonitis keine Gegenanzeigen gegen
die Operation bilden.
Der OpercUionerfolg wird zweifellos dadurch
wesentlich verbessert, dass neuerdings Lokal-
anästhesie angewandt wird. So empfiehlt William
Osler Cöeam, während Godwin Eucain an-
wendet In der Mehrzahl der Fälle lag die Per-
foraüonsteüe in dem unteren Abschnitte des Ileum,
selten im Dickdarme.
Einen aussergewühnlichen Fall theilt Her-
mann B. Alin mit, in dem gleichzeitig eine Per-
foration des Quercolons und der Gallenblase (akute
Cholecystitis) aufgetreten war. Als besondere Form
will Cushing die appendikulare Fbrm der Per-
foration, die sich in nichts von der gewöhnlichen
Form der Appendicitis perforativa unterscheidet,
getrennt wissen, von der Perforation in die freie
Bauchhühle, da beide Formen bemerkenswerthe
Unterschiede in Symptomatologie, Verlauf und
Prognose bieten. Einzelne Operationen werden von
G. Thornton und Herbert J. Godwin (Miss-
erfolg), Francis F. Heus ton (Heilung), R W.
Marsden (2 Fälle, eine Heilung, ein Misserfolg),
William Osler (3 Fälle, 2mal Misserfolg),
R G. Gutler, John W. Elliot, William
Taylor (2 Misserfolge) mitgetheilt Als Unicum
dürfte ein Fall von Andrew J. Downes (Phila-
delphia) gelten, in dem in der Reconvalescenz eine
Fixation einer schmerzhaften Wandemiere mitsub-
capsulärer Blutung, Resektion eines grossen Magen-
geschwürs mit Pyloroplastik , Eröffnung eines
grossen Rectalabscesses, Appendektomie und In-
vagination eines COkalabschnittes im Verlaufe von
4 Monaten mit gutem Erfolge ausgeführt wurden.
Vn. Prophylaxe.
267)Cayley, H., A note on the value of inocula-
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1902.
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Wchnschr. XXVII. 9. p. 134 1901.
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the year 1900. Brit. med. Joum. May 4 1901. p. 1072.
284) Wright, A. E., Note on the results obtained
by anti-typhoid inoculation in the case of an epidemic of
typhoid fever, which occurred in the Etichmond Asylum,
Dublin. Lancet Oct 26. 1901. p. 1107.
Ein wachsendes Interesse und ganz besondere
Sorgfalt werden neuerdings einer wirksamen Bro-
phylaxe des Typhus entgegengebraoht Von militSr-
ftrztlioher Seite liegen zwei yorzQgliche Arbeiten
über vorbeugende Maassnahmen in Miliiärspitälem,
Truppenhuehen und Marketendereien vor, die sich
auch zur uebertragung in civile Verhältnisse em-
pfehlen.
156
Starck, Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis.
Mit der prophylaktischen Impfung beschäftigt
sich eine Reihe von Arbeiten besonders von dem
Begründer der Methode A.KWright, A. Crom-
bie, A. G. R. Foulerton, D. Melville und
Henry Cayley. Die Impfungen werden mit
der abgetOdteten Bouilloncultur eines virulenten
Typhusstammes ausgeführt, die unmittelbare Wir-
kung der Impfung besteht in Allgemeinerschei-
nungen und einer Lokalreaktion. Nach frühestens
10 Tagen hat das Blut sowohl agglutinirende, als
immunisirende Eigenschaften angenommen. Um
einen wirksamen Schutz gegen Typhus zu erzielen,
sind jedoch mit lOtägiger Zwischenzeit stets
2 Inoculationen auszuführen, üeber den Bkfolg
der Impfung liegen bereits mehrere Berichte vor,
die zum grossen Theil den südafrikanischen Krieg
betreffen, zum Theil aber auch einzelnen Epidemien
in England entstammen. Ein endgültiges Urtheil
über den Impferfolg kann noch nicht gefftllt wer-
den, man wird erst die officiellen Sanitfttberichte
der Regierung abwarten müssen. Jedenfalls schei-
nen die Impfungen in keiner Hinsicht zu schaden.
Der Procentsatz von Erkrankungen bei Nicht-
geimpften scheint gr(^sser zu sein, wie der bei Oe-
impften, der Verlauf der Erkrankung soll bei den
Geimpften ein wesentlich leichterer sein.
Besondere Aufmerksamkeit wird der Desinfek-
tion der Sekrete und Exkrete, besonders Urin und
Sputum, die in vielen Slllen mit Infektionkeimen
beladen sind, zugewandt
DemUrotropin wird von Neufeld, Schum-
burg und Owyn keine bacillentüdtende Eigen-
schaft zuerkannt, wie man diese früher annahm ;
der Urin muss deshalb noch besonders gründlich
desinficirt werden ; am besten, wie aus den experi-
mentellen Versuchen Gwyn's hervorgeht, mit
Sublimat oder Chlorkalk.
Für Desinfektion des Auswurfs tritt besonders
Stühlern ein.
Einen wohl zu erw&genden Vorschlag hinsicht-
lich der Verhütung von Wasserinfektionen in der
Armee machten L. Parkes und S. Rideal. Sie
wollen auf Märschen jedem Soldaten ein Desinfi-
cienz in Tablettenform in die Hand geben, mittels
dessen verdächtiges Trinkwasser in wenigen Minuten
geniessbar gemacht werden kann.
Eine ganz hervorragende Sorgfalt wird den
vorbeugenden Maassnahmen in den Milüärspitälem
zugewendet, wie aus der Mittheilung von Ried er
über die Typhusfälle im Garnisonlazareth zu Ooblenz
(1900) hervorgeht Grosser Werth wird auf die
Instruktion des Pflegepersonals über Infektiosität,
Prophylaxe u. s. w. des Typhus gelegt. Beim
Betreten des Erankensaales wird die Oberkleidung
gewechselt, beim Verlassen bleiben der gebrauchte
Drillichrock und die Schürze an besonderem Kleider-
ständer ; vor Anlegen der reinen Kleidung werden
die Hände gründlich desinficirt. Nach dem Stuhl-
gange wird der After mit Schwämmen, die in Sproc.
Carbolwasser liegen, gereinigt Das ganze Personal
erhält jeden 2. Tag ein Reinigungsbad ; jede Ver-
nachlässigung der Vorschriften zieht Bestrafung
nach sich. Die Schwere der Erkrankung wird dem
Personal bei den Sektionen vor Augen geführt.
Wäsche, die nur in geringstem Maasse beschmutzt
ist, muss sofort gewechselt und in Holzgefasse mit
EresolseifenlOsung, deren je zwei in einem Saal
stehen, gebracht werden. Stechbecken werden
nach Desinfektion des Inhaltes mit Kalkmilch für
2 Stunden in Holzgefftsse mit Sublimat gelegt
Das Badewasser wird desinficirt. Trink- und Ess-
geschirre werden täglich an besonderem Orte aus-
gekocht Harn und Stuhl werden auch noch bei
Reconvalesoenten regelmässig bakteriologisch unter-
sucht Das Personal ist während einer Epidemie
nicht zu wechseln.
Diese prophylaktischen Maassregeln wurden in
dem CkMenxer Garnisonlazareth während einer Be-
legzahl von 116 Typhusfällen strengstens durch-
geführt, der Erfolg war vortrefflich, indem keine
einzige nosooomiale Infektion erfolgte.
Maassnahmen zur Verküiung der üebertragung
des Typhus in den IhippenkiiMen und Markeiende'
reien empfiehlt K Pf uhl (Berlin). Um Einschlep-
pung der Typhuskeime zu verhüten, sollen weder
Mannschaften, noch Händler die Küche betreten
dürfen. Die Speisen sollen durch Ausreichefenster
vertheilt werden. Das Kartoffelsohälen und Ge-
müseputzen soll nicht im Küchenraum geschehen;
Desinfektion der Hände vor und nach dieser Arbeit
GrOsste Reinhaltung der Küchengefässe und des
Fleisohtisches. Abhaltung und Beseitigung von
Fliegen. Die Milch soll stets abgekocht und in
zugedeckten Gefässen aufbewahrt werden. Ge-
kochte Speisen sind nur in sauberen, mit Deckeln
versehenen Gefässen aufzubewahren. Gekochte
Kartoffeln, die über Nacht in der warmen Küche
geblieben sind, dürfen nicht zum Essen verwandt
werden. Die KGche sollen in bestimmten Zwischen-
zeiten auf ihren Gesundheitzustand untersudit wer-
den. Die Mannschaften sollen ihre Essnäpfe mit
einwandfreiem Wasser ausspülen und müssen vor
dem Essenholen ihre Hände mit Seife waschen [!].
Von Maassnahmen in der Marketenderei sei
erwähnt, dass Pfuhl sich gegen die Schliessung
der Marketenderei bei Ausbruch einer Epidemie
ausspricht, dass er vielmehr doppelte Sorgfalt zur
Verhütung einer Verbreitung der Keime anempfiehlt;
wenn nOthig, soll im gesunden Theile des Kaseme-
ments eine zweite Marketenderei errichtet werden.
Personal, wie Marketenderei sind während der
Epidemie täglich ärztlich zu controliren. Vor-
schriften über Kleidung der Verkäufer, Behandlung
des Fussbodens und Fussreinigers vor der Marke-
tenderei, Nothwendigkeit eines Fliegenschrankes,
Ueberwachung der Bezugsquelle des Selterswassers,
Säuberung des Inventars (Verkaufstisch, Stühle,
Bänke u. s. w.) mit 2proc. Sodalösung von 50^ C.
Starok /Neuere Arbeiten über Typhus abdominalis.
157
bilden weitere als nothwendig erachtete Maass-
nahmen.
Hit dem Werth der prophylaktischen Impfung
bei Typhuä beschäftigen sich A. B. W r i g h t (Netley),
Alexander Grombie, Alexander G. R.
Foulerton, David Helville und Henry
G a y 1 e y. Die meisten Veröffentlichungen handeln
von der Prophylaxe des Typhus in dem südafrika-
nischen Eriegsheer, in dem in ausgiebiger Weise
Impfungen bei der Ausreise von der Heimath auf
den Schiffen vorgenommen wurden. Der Erfolg
der Impfungen ist nach der subjektiven Ansicht
der englischen Aerzte, wie auch auf Grund der
veröffentlichten Yergleichstatistiken ein guter.
Die Ausfuhrung der Impfung^ das aUeinige Ver-
dienst des Professors Wright (Netley) geschieht
folgendermaassen :
Eine Bonillonoaltor eines virulenten Typhnsstammes
wird 14—21 Tage einer Temperatur von 39« C. aus-
j^esetzt and dann bei 60* sterilisirt. Nach Zusatz von
Lysol im Verhältniss von 0.5% werden '/avon der Menge,
die für ein Meerschweinchen von 250 g tödtlioh wirkt, in
das Unterhautzellengewebe (des Oberarms) injiciri Die
Menge dürfte in der Regel etwa 0.45 ocm betragen. Bei
wiederholter Inocnlation, die in der Regel eine Woche
nach der ersten gemacht wird, kann man bereits die
doppelte Menge verwenden.
Die der Einspritzung folgenden Symptome
bestehen in Kopfweh, Frostschauer, Erbrechen,
üebelkeit, Erscheinungen, die aber im Verlaufe
von 18 Stunden vollstftndig verschwunden sind.
Ausser diesen ABgemeinersehemungen tritt auch
eine Lokalreaktion auf, und zwar eine schmerz-
hafte Schwellung des ünterhautzellengewebee mit
ROthong der Haut in der Umgebung der Impf-
stelle. Die regionären Drüsen sind geschwollen
und druckempfindlich. Am folgenden Tage ver-
schwinden alle Lokalsymptome. Was die Tempe-
ratur anlangt, so besteht die unmittelbare Wirkung
der Einspritzung zunfichst in leichtem Abfalle, dem
aber bald ein mehr oder weniger hoher Anstieg
mit dem Maximum nach 12 Stunden folgt Bald
darauf fillt die Temperatur auf normale H5he
ab. War die Inoculation erfolgreich, so zeigt
das Blutserum des Geimpften nach mehrtfigigem
(8 — lOtAgigem) Intervall agglutinirende Kraft, die
allmählich zunimmt und 2 Jahre lang bemerkbar
bleibt Die Ergebnisse, sowohl im Kriege wie auch
in verschiedenen SpitUem gelegentlich Typhus-
epidemien sprechen entschieden xu Gunsten der
Inoeuhdion. Der Procentsatz zwischen Erkrankun-
gen von Geimpften und Nichtgeimpften verhält
sich bei manchen Epidemien wie 1:10 bis 1:5,
ganz übereinstimmend aber wird von den Aerzten,
die die Wirkxmg der Inoculation beobachten konn-
ten, mitgetheilt, dass die Krankheit hei den Oe^
impften wesentlich leiehter verläuft als bei Nicht-
geimpften. Der Einzige, der keine günstigen Resul-
tate mit der Impfung gelegentlich der Typhus-
epidemie in Ladysmith (1900) erzielte, war David
Melville.
Eine richtige Beurtheilung des Impferfolges
ist lediglich auf Orund der zahlenmässigen Zu-
sammenstellung nicht möglich. Verschiedene um-
stände sind hierbei zu berücksichtigen, so be-
sonders das Alter und die Art der verwendeten
Culturen, der Orad der allgemeinen Lokalreaktion,
ein früherer Typhus in der Anamnese des Ge-
impften, endlich aber scheint es nach den Erfahrun-
gen von Cayley, der über ein verhältnissmässig
grosses Material mit vorzüglichen Resultaten ver-
fügt, durchaus nothwendig zu sein, dass nach
der ersten Inoculation nach Verlauf von min-
destens 10 Tagen eine zweite Impfung vorgenom-
men wird.
um einen ungefähren Anhalt über die Wirk-
samkeit der Impfung zu geben, sei eine von
Wright veröffentlichte Tabelle, eine Epidemie
im BiehmondrAsyl zu Dublin betreffend, sowie eine
zweite, die Wirkung der Inoculationen in einem
Husarenregimente illustrirende, beigefügt:
From Oct 22nd. 1899, to Oct 22nd. 1900:
oo
Nomber |
inoculated i
in England |
Admiasions to
hoipiUl for
enteric fever
II
II
Isl
Officors . . .
N. CO. and men
Womon . . .
22
481
36
19
317
24
0
2
0
0
1
0
3
164
12
0
11
0
0
6
0
539
360
2
2
179
11
6
It would thus appear that the incidence of
enteric fever in the inoculated was represented by
0.65«/o and the mortality by 0.27o/o, while the
incidence in the uninoculated was 6.14<'/o and the
death-rate 8.35%.
(}omparative incidenoe of typhoid fever in inoculated
and uninooulated oalculated upon the avera^e strength
of the respeotive groups during the period intervening
between the commenoement of the inocolations and the
termination of the epidemic :
Uninooulated
Inoculated .
Average
Strenght
298
339
No.of
Gases
30 (-1?)
5(+l?)
No.of
Doaths
Peroen-
taf^of
Gases
10.1
1.5
Percen-
tage of
Doaths
1.3
0.3
Auf Orund eigener Beobachtungen, sowie unter
Berücksichtigung der Literatur Ober das Vorkom-
men von Typhushoüälen im Drin TyphOser giebt
Neu fei d folgende klinische Daten. Meist treten
die Typhusbacillen im Urin ganz plötzlich und
ohne merkliche Störung der Harnentleerung auf,
und zwar in ungeheuren Mengen, so dass von
einem Tage zum anderen der Urin völlig getrübt
erscheint Die Typhusbacillen sind meist als ein-
zige Bacillen in der Blase vorhanden, seltener mit
anderen verbunden. Der Urin ist sauer, er enthält
entweder gar keinen oder wenig, in viel selteneren
Fällen reichlichen fliter; alsdann fehlen auch die
158
Stare k, Neuere Arbeiten fiber Typhus abdominalis.
sonstigen Zeichen derCystitis nioht. Ein etwaiger
AümmmgehaU steht in keiner Beziehung zur Bah-
ieriurie, sondern ist von deren Auftreten und Ver-
schwinden unabhängig. Die Infektion des Urins
scheint frühestens Ende der 2. oder anfangs der
S.Woche aufzutreten, meist jedoch erst später und
recht häufig erst in der Reconvalescenz. Noch
bis zur 8. und 4. Woche nach dem Fieberabfalle
muss man darauf gefasst sein, sei es das erstmalige
Auftreten, sei es das Wiedererscheinen einer schon
verschwundenen Bakteriurie zu erleben; auch in
letzterem Falle darf man wohl immer eine Neu-
infektion der Harnwege annehmen. Gerade das
Auftreten der Bakteriurie in der Reconvalescenz
ist von grosser Bedeutung für die Prophylaxe.
N. sah günstige Erfolge durch die Verabrei-
chung von üroiropin; das Mittel setzt die Zahl
der Bakterien sofort so weit herab, dass der Urin
sich klärt; da aber das ürotropin nicht vor er-
neuter Infektion (nach Aussetzen des Mittels)
schützt, verlangt N., dass ürotropin noch bis zur
3. und 4. Woche der Beconvalescenz gegeben wird.
Au<|h sollte über dem ürotropingebrauche nicht
die Desinfektion des Urins versäumt werden.
Auch Ernst Fuchs, der über die Wirkung
des üroiropins bei Typhusbakteriurie Untersuchun-
gen anstellte, kommt zu dem Schlüsse, dass das
Medikament „nicht geradezu antiseptisch, sondern
eben nur entunckelungshemmend wirkte und dass
man deshalb bei Typhusreconvalescenten so lange
Ürotropin darreichen muss, bis die Bakteriurie
verschwindet*^ F. fand übrigens, dass unter
14 Typhusbakteriurien nur 4mal der Typhus-
bacillus vorhanden war, 9mal handelte es sich um
andere Bakterien, die durch Ürotropin scheinbar
nicht beeinflusst wurden.
In Uebereinstimmung mit Neufeld's Unter-
suchungen konnte Schumburg feststellen, dass
das Ürotropin zwar eine Vermehrung der Typhus-
bacillen im Urin hemmt, dass es sich aber dabei
nicht um Ahtödiung der Baeülen handelt, sondern
dass auch dann noch lebenskräftige und virulente
Typhusbacillen vorhanden sein k^^nnen, selbst
wenn der Urin klar ist, ja selbst wenn die übliche
bakteriologische Untersuchung die Abwesenheit
von Typhusbacillen ergiebt Seh. stellt deshalb
das Verlangen, dass, wie das längst in der Armee
eingeführt ist, der Urin Typhuskranker mit Subli-
mal desinficirt wird.
Experimentelle Untersuchungen über Desinfeh-
tum von inficirtem Tkfphusurin wurden von Nor-
man B. Owyn angestellt mit dem Resultate,
dass Kalkmilch kaum als Desinficiens zu gelten
hat, dass Carbolsäure nur in grosser Menge und
starker Lösung von Nutzen ist, dass das Formalin
zwar gut desinficirend wirkt, aber zu kostspielig
ist. Quecksilber, Chlorkalk, Ghlonvasser wirken
sehr rasch und in verhältnissmässig verdünnten
Lösungen. BlasenirrigaHon mii Sublimat von
1 : 50000 bis 100000 sollen sicherer die Typhus-
bacillen abtödten als irgend ein anderes Mittel
Dass, wenn auch nicht in gleichem Maasse wie
der Urin, auch der Auswurf Jk/phuskranker eine
Quelle der Infektion bilden kann, ging bereits aus
Stühlern 's Untersuchungen hervor. Neuer-
dings gelang Je hie bei einer grossen Anzahl
Typhuskranker der Bacillennachweis sowohl aus
dem Sekrot pneumonischer Lungen, als auch aus
dem Sputum einfacher eiteriger Bronchitiden. Aber
auch längere Zeit nach Ablauf des Typhus konnten
im Sputum Typhusbacillen nachgewiesen werden,
es ist deshalb in prophylaktischer Hinsicht zu ver-
langen, dass dem Sputum künftighin grössere Auf-
merksamkeit gewidmet wird und eine gründliche
Desinfektion, nicht nur während der floriden Er-
scheinungen, sondern auch in der Reconvalescenz
vorgenommen wird.
Ueber die in der Leu be 'sehen Klinik geübten
Maassregeln zur Verhütung einer Versprengung
virulenter Keime beim Hustenakte macht Paul Edel
eine kurze Mittheilung.
Neben dem Krankenbette steht eine Olasschale von
12 cm Breite im Darohmesser and 7 cm Höhe. In ihr
befindet sich ein pilzartig geformter Wattebausch. Beim
Hasten soll der Wattebausch am Stiel erfasst und vor
den Mand gehalten werden. Nach Oebranch wird er iD
die Schale zarfickgebraoht ; alle 24 Standen werden die
Wattebäusche verbrannt, die Glasschalen desinficirt
Die von Leube ursprünglich für Phthisiker empfohleoe
Einrichtung wird bei den körperlich wenig mobilen
typhösen Kranken nioht allgemein durchführbar sein.
Zur Verhütung von Wasserinfektionen in der
Armee auf Märschen machen Louis 0. Parkes
(London) und Samuel Rideal beachtenswerthe
Vorschläge. Bekanntlich entstehen diese Infek-
tionen in Feldzügen besonders dadurch, dass die
durstende Truppe trotz aller Warnungen das erste
beste Wasser, mag es auch noch so verunreinigt
sein, trinkt In der Regel wird dabei nicht ab-
gewartet, bis derartiges Wasser filtrirt oder gar
gekocht ist. (Gerade der südafrikanische Krieg
lieferte hierzu zahlreiche Beispiele. Die Vfif.
machen nun den Vorschlag, den Soldaten ein /Vvh
parat in die Hand zu geben, das rasch Keime ab-
tödtet oder doch in ihrer Lebensfähigkeit hemmt,
ohne dem Menschen zu schaden. Sie experimen-
tirten mit einer grossen Menge von Säuren und
fanden, dass Natrium bisulphatum einer derartigen
Anforderung genügen würde. Sie empfehlen das
Mittel in Tabletten von je 5 g so anzufertigen, dass
eine rasche Auflösung in frischem Wasser möglich
ist. Jeder Soldat sollte etwa für 3 Wochen mit
einem Vorrathe von Tabletten ausgestattet sein,
eine Tablette würde genügen, um in spätestens
15 Minuten etwa Vi ^^ Wasser ohne Schaden
geniessbar zu machen.
L Medicinische Physik, Chemie und Botanik.
159
B. Auszüge.
I. Medicinische Physilc, Chemie und Botanilc.
193. Können einielne physiologiBoh wich-
tige Aiohenbeatandtheile des Organismus
doroh andere ohemisoh fthnliohe Elemente er-
setzt werden; von Th. Bokorny. (Aroh. f. d.
ges. PhysioL XCVU. 3 u. 4. p. 134. 1903.)
Auf Grund von Zusammenstellungen aus der
Literatur und aus eigenen Versuchen über die Er-
setzbarkeit des Mg durch Ca, des Ka durch Bb
u. 8. w. bei der Entwickelung der Hefepilze zieht
B. den Schluss, „dass schon die geringste che-
mische Differenz genOgt, um die Uebernahme der
physiologischen Bolle eines Elementes im eigent^
liehen Lebensgetriebe des Protoplasmas durch ein
anderes als unmöglich erscheinen zu lassen".
Garten (Leipzig).
194. Untersuchungen über den mensoh-
liohenSohweiss; vonL. Brieger u.G.Diessel-
horst (Deutsche med. Wchnschr. XXIX 24.
1903.)
Br. und D. haben gefunden, dass die Ver-
dunstung des Seh weisses bei versdiiedenen Schwitz-
proceduren verschieden ist Tabellarisch sind die
verschiedenen Arten der Schweisserregung (bei
Licht-, Heissluft- und Kastendampfbad) und die
dabei gefundenen Besultate über Concentration des
Schweisses, NaCl-Gehalt u. s. w. zusammengestellt
Die auffallend grosse Verdunstung im elektrischen
Olühlichtbade erkUrt die leichte und angenehme
Art des Schwitzens in diesem.
N e u m a n n (Leipzig).
195. Beitrage sur Ohemie des Sputums;
von Dr. Fr. Wann er. (Deutsches Arch. f. klin.
Med. LXXV. 3—5. p. 347. 1903.)
Ebenso wie die chemische Untersuchung des
H[ams uns bei der Beurtheilung der Erkrankungen
der Niere unentbehrliche Aufschlüsse giebt, kann
man das Gleiche von der chemischen Untersuchung
des Sputum bei den Erkrankungen der Lunge er-
warten. Leider liegen diese Untersuchungen noch
sehr im Argen. Es liegt dies einmal daran, dass wir
seit der Einführung der physikalischen Methoden
und ihrer Vervollkommnung die Diagnose der
Lungenkrankheiten mit relativ grosser Sicherheit
stellen können, andererseits aber auch an der
Schwierigkeit, die das Sputum im Gegensatze zum
Harn durch seine schleimige Consistenz bietet
Vor allen Dingen sind die Untersuchungen über
den Eiweissgehalt des Sputum sehr spftrlich und
mangelhaft Dieser Umstand veranlasste W., syste-
matisch das Sputum bei verschiedenen Krankheiten
der Lunge auf seinen Eiweissgehalt hin zu unter-
suchen. Es wurde das Sputum bei chronischer
Bronchitis, Bronchiolitis, Bronchiektasie, Tuber-
kulose, Pneumonie, Lungengangrän und Lungen-
infarkt untersucht W. hat gefunden, dass im nor-
malen Sekret der Bronchialschleimhaut Eiweiss
überhaupt nicht vorkommt, hingegen bei den Ent-
zündungen. Dieses Eiweiss kann aus den Drüsen
der Schleimbaut, aus den Geflssen der Bronchen
und Alveolen, und endlich aus Ulcerationen der
Bronchen oder des Lungenparenchyms stammen.
Die Menge des Eiweisses richtet sich immer nach
der Ausdehnung der Läsion, so dass einer aus-
gedehnten Erkrankung ein höheres Quantum ent-
spricht Bei der Pneumonie hingegen handelt es sich
nicht um Ulcerationen, sondern man muss dabei an
einer krankhaften Durchlässigkeit der Gewebe fest-
halten, wodurch ein eiweissreiches Exsudat ge-
bildet wird. Die Albumosen, die sich im eiterigen
und auch in sehr eiweissreichem Sputum in be-
trächtUcher Menge finden, entstehen aus dem Ei-
weiss. Die wichtigsten Faktoren dieser Eiweiss-
spaltung sind die eiweissverdauenden Bakterien
(z.B. die Fäulnissbakterien), andererseits aberauto-
lytische Prooesse. Der diagnostische Werth des
Eiweissnachweises im Sputum ist nicht zu ver-
kennen und namentlich differentialdiagnostisch oft
sehr entscheidend: z. B. beim Zweifel zwischen
chronischer Bronchitis und Phthisis incipiens würde
der Eiweissnach weis unbedingt für Phthise sprechen.
Die Methode zum Nachweis des Eiweisses ist so
einfach, dass sie überall angewandt werden kann ;
eine bestimmte Menge von Sputum wird mit 3proc.
Essigsäure versetzt, tüchtig durchgeschüttelt und
filtrirt: im essigsauren Filtrat kann man direkt mit
Forrocyankalium das Eiweiss fällen oder, nach
Neutralisation mit Natriumcarbonat oder Natron-
lauge, durch Erhitzen das Eiweiss coaguliren.
Die Untersuchungen über den Gehalt an Mucin
im Sputum lassen noch kein bestimmtes Urtheil
zu. Es scheint, dass das Mucin durch die Fäulniss
rasch zerstört wird, wenigstens sind übelriechende,
bronchektatische Sputa dünnflüssig. Das chemische
Verfahren der Mucinbestimmung muss im Originale
nachgelesen werden.
Es hat sich gezeigt, dass die Zellen des Eiters,
wie die Zellen anderer Organe des Körpers eine
Autolyse erfahren ; bei der Degeneration, dem Ab-
sterben der vielen Leukocyten wird ein Ferment
frei, das die Eiweisskörper, gelöste, wie ungelöste,
spaltet, von denen ein Theil in einen geronnenen
Zustand (wahrscheinlich Nudeoalbumin) übergeht,
ein anderer in Albumosen gespalten wird. Bei dem
starken Gehalte des eiterigen Sputum an Albumosen
160
L Medicinische Physik, Chemie und Botanik.
und stickstoffhaltigen Spaltprodukten des Ei weisses
lag daher der Schluss nahe, dass neben der Bak-
terienwirkung auch autolyüscheProcesse im Spiele
seien. Die chemische Analyse hat dies bestätigt,
doch muss auch hier auf das Original verwiesen
werden.
Weitere Studien der Chemie des Sputum wer-
den sicher noch über eine Menge interessanter
Fragen, die bisher nicht gelöst sind. Auf schluss
geben. N e u m a n n (Leipzig).
196. üeber den Eisengehalt des Thier-
körpers ; von MaxSchmey. (Ztschr. f. physiol.
Chemie XXXTX, 3 u. 4. p. 215. 1903.)
Schm. hat in verschiedenen Organen, besonders
Muskeln, verschiedener Thiere Eisenbestimmungen
ausgeführt, indem verascht und geschmolzen und
in der LOsung das Eisen als Ferriphosphat be-
stimmt wurde. Es ergab sich, dass bei den ver-
schiedenen Thieren (Kaninchen, Huhn) .bald die
rothe, bald die weisse Muskulatur etwas mehr Eisen
enthalt. Jedenfalls wird die Farbe der Muskeln
nicht durch den Eisengehalt bestimmt.
Es ergab sich ferner, dass die Muskeln von
Kaninchen, die mit einem Eisenpräparate (Tnferrin)
gefüttert waren, etwas mehr Eisen enthielten, als
die von normalen Kaninchen. Die sogenannten
Eiseneier enthalten zwar im Eiweiss eine abnorm
hohe Eisenmenge, diese bleibt aber weit hinter den
im Prospekte angegebenen Werthen zurück. Der
höchste Eisengehalt des Fleisches fand sich beim
Menschen, der geringste beim Kaninchen. Der
Eisengehalt der Herzmuskulatur war immer höher,
als der der Körpermuskulatur. Leber und Musku-
latur des Schweinefoetus sind eisenreicher, als beim
alten Schweine; umgekehrt ist das Verhältniss
beim alten imd Jungen Hunde.
y. Lehmann (Berlin)«
197. Hydrolyse des krystalUflirten Oxy-
hämoglobins aus Pferdeblut; von Emil Ab-
derhalden. (Ztschr. f. physioL Chemie XXX YII.
5 u. 6. p. 484. 1903.)
Hydrolyse des krystallisirten Senunalbu-
mins aus Ffardeblut; von Emil Abderhalden.
(Ebenda p. 495.)
Hydrolyse des Bdestins; von Emil Ab-
derhalden. (Ebenda p. 499.)
Bei der Spaltung der 3 Eiweisskörper durch
rauchende Salzsäure liess sich nach der Yereste-
rungsmethode eine Reihe von Produkten isoliren,
von denen die meisten aus allen 3 Eiweisskörpem
gewonnen werden konnten. Diese allen dreien
gemeinsamen Complexe sind: Alanin, Leucin,
a-Pyrrolidincarbonsäure, Phei)ylalanin, Glutamin-
säure, Asparaginsäure, Cystin, Serin, Tyrosin,
Tryptophan. Aus dem Hämoglobin und aus dem
Edestin erhielt A. ausserdem: Oxy-a-Pyrrolidin-
carbonsäure. Lysin, Histidin, Arginin; aus dem
Edestin ausserdem noch OlykokolL
Auch in quantitativer Beziehung fanden sich
grosse Uebereinstimmungen.
V. Lehmann (Berlin).
198. Zur Kenntntis der Besorption der
BiwolMkörper; von Dr. M. Ascoli u. Dr. L.
Viganö. (Ztschr. f. physioL Chemie XXXIX.
3 u. 4. p. 283. 1903.)
A. und V. versuchten an Hunden in Blut und
Lymphe während der Verdauung vermittelst der
biologischen Reaktion die präcipitablen Bestand-
theile nachzuweisen. Die Versuche, die im Ein-
zelnen nachzulesen sind, ergaben folgende Resul-
tate: Nach Einführung von Eiereiweiss in den
Magen wird die durch das zugehörige Immunserum
vorher nicht fällbare Lymphe des Hundes präcipi-
tabel; war sie vorher fällbar, so nimmt dieFäUbar-
keit nicht zu. Das Blutserum verhält sich sehr
verschieden; entweder es war vorher durch das
Eiereiweissimmunserum nicht fällbar: dann kann
es nach Einnahme von rohen Eiern entweder nicht
fällbar bleiben, oder fällbar werden, oder es ist
schon vorher AUbar: dann bleibt die Fällbarkeit
entweder gleich, oder nimmt zu, oder nimmt ab
und verschwindet
Versetzt man Hundeblutsera mit verdünntem
Eiweiss, so können nicht fällende Sera nach der
Einverleibung roher Eier diese Eigenschaft bei-
behalten oder vorübergehend im Stande sein, Eier-
ei Weisslösungen schwach zu fällen; eiereiweiss-
fällende Sera weisen nach Einnahme roher Eier
meist eine Steigerung dieser Eigenschaft auf.
Nach Eingabe von gebratenem Hühnerfleisch
nimmt die Präcipitirbarkeit der Lymphe durch das
entsprechende Immunserum gewöhnlich zu. Die
Präcipitirbarkeit des Blutserum unter denselben
Umständen nimmt zu oder ab.
Die nach Versetzen von Hundeserum mit Hühner-
serum entstehenden Niederschläge werden nach Ein-
nahme von Hühnerfleisch öfters stärker.
Der positive Ausfall dieser biologischen Reak-
tionen ist wohl ein Beweis dafür, dass genuines
und denaturirtes Nahrungseiweiss entweder un-
verändert, oder in Form der intermediären Spal-
tungsprodukte, jedenfalls ohne Zerfall in kiystalli-
nische Produkte, die Magendannschleimhaut pas-
siren und in Lymphe und Blut übergehen kann.
V. Lehmann (Berlin).
199. Beitrag mr Lehre des Btnflosses der
Kohlehydrate auf die Biweissfäulniss ; von Dr.
S. Simnitzki. (Ztschr. f. physioL Chemie
XXXIX. 2. p. 99. 1903.)
Dass dieDarmfäulniss der Eiweisskörper dnrch
Kohlehydrate eingeschränkt wird, ist bekannt Die
an faulenden Biweissmischungen mit Zusatz ver-
schiedener Zuckerarten angestellten Versuche von
S. führten zu folgenden Ergebnissen: Die Zer-
setzung von Zucker und Eiweiss beginnt in faulea-
den Mischungen gleichseitig, geht aber nicht in
IL Anatomie und Physiologie.
161
gleicher Proportion vor sich. Die Anwesenheit
von Zucker hemmt die Zersetzung von Eiweiss
durch Bakterien, und die Quantität des zersetzten
Eiweisses steht ungefähr in umgekehrtem Verhält-
nisse zum Gehalte der faulenden Mischung an
Zucker, hez. Kohlehydraten. Die verschiedenen
Zuckerarten hemmen da verschieden stark. Der
hemmende Einfluss hängt mit der auf Kosten des
Zuckers erfolgenden Säurebüdung zusammen ; die
Milchsäure, sowie deren Salze spielen dabei eine
bedeutende Rolle. Die Produkte des tieferen Ei-
weisszerfalles (Phenol, Indol, Merkaptan) erscheinen
bei Gegenwart von Zucker nicht.
Y. Lehmann (Berlin).
200. Ueber proteolytiiche Bniyme; von
R. 0. H e r z 0 g. (Ztschr. f. physiol. Chemie XXXTX.
3 u. 4. p. 305. 1903.)
Aus den Albumosen entstehen bei der Ein-
wirkung von Pepsin, Trypsin und Papayotin in
concentrirten L(Ssungen Körper, die sich in Flocken
oder Gallerten abscheiden und „Plastelne" genannt
worden sind.
H. zeigte nun zunächst, dass durch die ge-
nannten proteolytischen Enzyme in concentrirten
PeptonK^sungen die Viskosität vermehrt wird, wäh-
rend bei der spaltenden Thätigkeit derselben Fer-
mente die Viskosität abnimmt. Der Presssaft von
Ascaris, der die Thätigkeit der proteolytischen
Fermente hemmt, also die Viskositätabnahme ver-
ringert, hemmt andererseits die Viskositätzunahme
bei der „Plastelnbildung^^
Die Plasteinbildung darf als Synthese betrachtet
werden, es entstehen dabei durch Condensation
der Albumosen complicirtere Körper, deren ES-
weissnatur schon wahrscheinlich gemacht ist Eine
solche „Reversion'^ durch hydrolytische Fermente
ist bereits bei den Zuckerarten bekannt; dort
handelt es sich meist um Bildung von Isomeren.
V. Lehmann (Berlin).
IL Anatomie und Physiologie.
201. Ueber die körperlichen Elemente
des ColOBtrams und der Miloh der Frau ; von
Prof. R Weill und Dr. V. Thevenet (Arch.
de M6d. des Enf. p. 470. Aoüt 1903.)
W. und Th. gelangen zu folgenden Schlüssen:
Die Anwesenheit von gramdirtm Körpern in den
Sekretiouprodukten der Brust bedeutet, dass die
Exkretion der Sekretion nicht mehr das Oleich-
gewicht hält. So lange die Flflssigkeitmenge ge-
ring und die Sekretion minimal ist, sind die wenig
zahlreichen Mononudearen in Verbindung mit
einigen Polynuclearen genügend. Sowie aber die
Milch in reichlichem Maasse erscheint und die
Evacuationwege ungenügend sind, die Spannung
sich hebt, wie dieses gleich nach der Geburt der
Fall ist, wo die Sammelsinuse noch keine Zeit
gehabt haben, sich zu erweitern, erscheint die
Nothwendigkeit einer raschen Resorption, da die
Möglichkeit einer Infektion akut wird ; dann sieht
man die polynuclearen Zellen in Mengen heran-
ziehen, um die Vertheidigung zu verstärken und das
Terrain zu reinigen. Die Experimente C z e r n y 's
legen denOedanken nahe, dass, nachdem die Zellen
sich mit fettigen Eörperchen gefüllt haben, sie
wieder in den aUgemeinen Kreislauf gelangen und
dass auch hier, wie auch bei den Infektionen durch
Mikroben, die Phagocytose keine Abtödtung be-
dingt
Es folgt hieraus, dass, wenn man nach Centri-
fugiren der Milch oder des Colostrums einen reich-
lichen Niederschlag, enthaltend eine grosse Anzahl
polynudeärer Zellen, findet, dieses eine kräftige
und reichliche Milchsekretion anzeigt und ein gün-
stiges Zeichen für die Laktation abgiebt. Anderer-
seits böte eine proportional erhöhte Anzahl der
Lympho(^rten im Colostrum oder in der Milch eine
schlechte Prognose für die Laktation. Dieses be-
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft 2.
ginnt bereits, wenn das Verhältniss 25:100 be-
trägt, doch findet man mitunter auch 80:100.
Diese Anwesenheit derLymphocyten im Colostrum
und in der Milch ist noch nicht erklärt. Vielleicht
sind sie bestimmt, sich in mononuoleäre zu ver-
wandeln, und ihre grosse Anzahl ist ein Zeichen
dafür, dass diese Verwandlung in Folge einer
schwachen Sekretion eine wenig aktive ist. Dieses
wäre auch ein Zeichen dafür, dass die Trans-
sudation eines einfachen Serum vor der Sekre-
tion eigentlicher Miloh überwiegt
KToff (Braila).
202. üeber Plasmasellen and Lympho-
oyten; von Schlesinger. (Verhandl. d. phy-
siol. Oes. zu Berlin p. 81. 1902.)
Schi., der Ausführliches in Virchow's
Archiv über seine Untersuchungen berichten will,
fasst dasErgebniss in folgenden Sätzen zusammen:
„1) Die Unna 'sehe Methode ist für keine Form
der Plasmazellen eine specifische. 2) Die Plasma-
zellen, wie sie von Unna einerseits, von Mar-
se ha Iko andererseits beschrieben werden, sind
nicht verschiedene Zellenarten, sondern nur ver-
schiedene Formen derselben Zellenart 3) In der
normalen Darmschleimhaut findet man öfters die
Zellen des lymphoiden Gewebes durch Aufnahme
von Plasma in Plasmazellen verwandelt 4) Wir
haben zu unterscheiden zwischen grosskernigen
und kleinkernigen Plasmazellen , die , wenigstens
theilweise, verschiedene Entwickelungstufen der
Zellen darstellen. 5) Bei akuter Lymphämie ist
die Entwickelung in Lymphdrüsen und Oefässen
besonders deutlich. 6) Die Plasmazellen sind,
zum grossen Theile wenigstens, nichts weiter als
in ihrer Form veränderte grosse und kleine Lympho*
cyten. Garten (Leipzig).
21
162
n. Anatomie und Physiologie.
203. The effeots ofintrayaseularii^eotioni
of eztraot of animal tissues; by Vincent and
Sheen. (Journ. of Physiol. XXIX. 3. p. 242.
1903.)
In Bücksicht auf die Organotherapie war es
wichtig , festzustellen, in welcher Weise die Ex-
trakte der verschiedensten Organe den Blutdruck
und die Weite der GeflElsse in den verschiedenen
Theilen des Körpers beeinflussen. Y. und S.
stellten sich von Nerven, Muskelgewebe, Nieren,
Leber, Milz, Darm und noch anderen Organen
w&sserige, alkoholische und ätherische Extrakte
her, die in 0.9proa NaCl-Lösung gelOst dem Thiere
injicirt wurden. Beobachtet wurden die Yer&nde-
rung des Blutdruckes und häufig zugleich die
Volumenänderung eines Gliedes und einer in einem
Onkometer eingeschlossenen Darmschlinge.
Es ergab sich, dass die Gewebe alle einen den
Blutdruck steigernden und einen depressorisch wir-
kenden Stoff enthielten. Während der erstere aus
dem Gewebe durch kalte Kochsalzlösung (Proteid-
extrakte der Vff.) vornehmlich extrahirt wird,
waltet in dem durch kochende NaCl-Lösung er-
haltenen Extrakt die Wirkung des depressorischen
Stoffes vor. Die pressorische Wirkung ist meist
nicht so deutlich und wird nicht so regelmässig
bei allen Geweben beobachtet wie die depresso-
rische Wirkung. Die Aenderungen des Blutdruckes
sind durch Vasoconstriktion und Dilatation in den
verschiedenen Gefässgebieten bedingt Ob das aus
einem bestimmten Organ gewonnene Extrakt regel-
mässig eine Veränderung in hestimmien Gefäss-
gebieten hervorruft, die Wirkung eines bestimmten
Organextraktes also eine ganz specifische ist, konnte
noch nicht endgültig entschieden werden.
Garten (Leipzig).
204. Ueber die relative Qiftigkeit von
destillirtem Wasser, Zackerlösüngen and Lö-
sangen von einselnen Bestandtheilen des See-
waasers f&r Seethlere; von Jacques Loeb.
(Arch. f. d. ges. PhysioL XCVII. 7 u. 8. p. 394.
1903.)
An der marinen Crustaoee Gammarus unter-
suchte L. durch Feststellung der Zeit des Er-
löschens der Athembewegung die Schädlichkeit
der verschiedenen Salzlösungen. Es ergab sich,
dass dem Seewasser isotonische Zuckerlösungen
ebenso giftig waren wie deetillirtes Wasser. Anderer-
seits kann See Wasser bis auf das lOfache verdünnt
werden, ehe durch die Lösung die Lebensdauer
erheblich verkürzt wird. Lösungen jeder Conoentra-
tion von Na-Salzen, Ea-Salzen oder Ca-Salzen allein
sind nicht im Stande, das Leben zu erhalten. Alle
3 Salze müssen zugleich in bestimmtem gegen-
seitigen Verhältniss in der Lösung vorhanden sein,
damit die Giftigkeit des einen Bestandtheiles durch
die Wirkung des anderen gerade aufgehoben wird.
Garten (Leipzig).
205. Quantitative ünterauchang des Bin-
dringena von Alkaloiden in lebende Zellen;
von W. S t r a u b. (Arch. f. d. ges. PhysioL XC VIII.
5 u. 6. p. 233. 1903.)
Eine quantitative Feststellung der Giftmengen,
die in lebende Zellen eindringen müssen, um eine
charakteristische Giftwirkung zu äussern, war bisher
nicht möglich, da die Alkaloidmengen, die solche
Giftwirkungen hervorbrachten, so ausserordentlich
gering waren, dass jede Bestimmung unmöglich
erschien. Das Herz der marinen Schnecke Aphysia
ist nun aber, namentlich gegen Veratrin, nur sehr
wenig empfindlich, aber nicht unempfindlich. D.h.,
es bedarf, um die charakteristische Giftwirkung zu
zeigen, so bedeutender Mengen, die der Herzmuskel
aus der ihn umgebenden Ernährungsflüssigkeit
aufnimmt, dass man die in den Muskel eingedrun-
genen Mengen, wenn auch nicht mit der Waage,
so doch durch ihre Giftwirkung auf Frösche unge-
fähr bestimmen kann.
Es ergab sich, dass der Herzmuskel von Aphysia
für Veratrin, dessen Wirkung durch den ver-
änderten Gontraktionablauf zu erkennen war, ein
beträchtliches Speicherungsvermögen besass, d. h,
der Muskel nahm aus der ihn umspülenden Er-
nährungsflüssigkeit so viel Veratrin auf, dass sein
procentischer Gehalt an Veratrin viel grösser wurde,
als der Veratringehalt der Emährungsflüssigkeit
Für Strychnin, das nur schwach wirkt, besass der
Herzmuskel von Aphysia zwar auch eine Speiohe-
rnngsfähigkeit, zugleich aber war das Strychnin,
wie die Froschversuche ergaben, im Herzmuskel zum
Theil zerstört worden. Str. zieht aus einer Beihe
derartiger Versuche den Schluss : „dass ein Alkaloid
dann im Organismus wirksam ist, wenn es von
gewissen Zellenarten im hohen Maasse gespeichert
wird, innerhalb der Zellen bestimmte Angrifis-
punkte findet und nicht zerstörbar ist''.
Garten (Leipzig).
206. Üeber Farbe und Baanoi; von P. J.
Möbius. (Gentr.-Bl. f. Nervenhkde. u. PsycL
XXVL Aug. 1903.)
Die Lektüre von Abhandlungen über Farben-
lehre und über Raumvorstellung wird dadurch oft
unangenehm erschwert, dass rein philosophisohe
und physikalische Begriffe, empiristische und nati-
vistisohe Theorien nicht scharf von einander ab-
gegrenzt werden, dass einer Theorie zu Liebe ein-
zelne Experimente durchaus nur in einem be-
stimmten Sinne erklärt werden, was den Gegue^
veranlasst, wieder mit ein paar anderen Elzperi-
menten das Gegentheil schroff beweisen zu wollen.
M. stellt sich auf den streng nativistischen
Standpunkt und legt seine Anschauung, veranlasst
durch eine Arbeit von Storch und deren Kritik
durch W. A. Nagel, in der ihm eigenen klaren
Ausdrucksweise folgendermaassen dar.
Streng genommen kann man nicht von Einer
Farbenlehre sprechen, sondern von einer psycho-
IL Anatomie und Physiologie.
163
logisohen, einer physiologischen und einer physi-
kalischen Farbenlehre. Die psychologische Farben-
lehre umfasst alles das, was die unmittelbare, Allen
gemeinsame Erfahrung über Farben lehrt
Die Farbe ist die Funktion des Auges, weiter
nichts; unser Sehen ist nichts als Farbenwahr-
nehmung. Schwarz und Weiss bilden das erste
Farbenpaar, dann Roth und Grün, Blau und Oelb.
Mit Weiss und Schwarz können alle Farben in Ver-
bindung treten ; bei jeder Farbe giebt es ein Opti-
mum (gesättigte Farbe), wo ihr weder Weiss, noch
Schwarz beigemengt zu sein scheint Im Gegen-
satze zu den anderen Farbenpaaren lassen sich
Weiss und Schwarz durch Uebergftnge verbinden —
Grau. Grau und Braun, d. h. die Mischung von
Gelb und Schwarz, können wieder zu allen Farben
hinzutreten.
Der Helligkeit nach steht Gelb dem Weiss und
Blau dem Schwarz am nächsten; in der Mitte
stehen Roth und Grün. Roth, Gelb, Weiss machen
einen erregenden, Grün, Blau, Schwarz einen
dämpfenden Eindruck. Die stärkste Wirkung auf
das Gemüth bat Roth, Gelb wirkt erheiternd. Weiss
feierlich erhebend, Grün giebt einfache Beruhigung,
Blau Sanftmuth, Schwermuth, Schwarz finstere
Ahnung.
Die psychologische Farbenlehre wird von den
Experimenten der Physiker nicht berührt Ob
zwei oder mehr Farben Weiss geben oder sich auf-
heben, mag eine physikalische oder physiologische
Bedeutung haben, aber psychologisch genommen
ist es eine Zauberei; denn die empfundenen Farben,
d. h. also die Farben selbst, können niemals Weiss
werden. Bei der seelischen Thätigkeit ist alles
auf Begreifen, nicht auf Trennen gerichtet. In
psychologischer Hinsicht sind unsere Empfindungen
nicht erst entstanden, aus Elementen zusammen-
gefügt Eine Empfindung ist, sie wird nicht, und
wenn von Verschmelzungen gesprochen wird, so
hört die Psychologie überhaupt auf.
Die Vorgänge im Auge und Nerven , die die
Farbenempfindung theils vorbereiten, theils ihr
entsprechen, können nicht Farbe genannt werden,
und auch Schopenhauer irrte, als er die Farbe
eine Thätigkeit der Retina nannte.
DieComplementär-Farben gehören im weiteren
Sinne zu den pathologischen Erscheinungen ; doch
können sie zur Bestätigung der psychologischen
Farbenlehre dienen.
Ob sich je ein Weg finden lassen wird, die
Verschiedenheit der anatomischen Elemente mit
dem unterschiede der Farben in Beziehung zu
setzen, das steht dahin ; jedenfalls wird der Phy-
siker und Physiolog sich damit begnügen, die Be-
dingungen draussen, unter denen es zur Farben-
empfindung kommt, experimentell zu verfolgen,
um als Formen der Bewegung und als messbare
Grössen alle die die Farbenempfindung vorberei-
tenden und ihr correspondirenden Vorgänge im
Körper aufzufassen. Die Psychologie aber soll er
nicht meistern wollen.
Der Raum ist nicht Funktion des Sehorganes ;
die Raumwahrnehmung ist angeboren. Wir sehen
räumlich, aber die Sache verhält sich so, dass wir
aus Farbenunterschieden auf Raumunterschiede
Bchliessen und das Farbige in den Raum einordnen,
weil wir ein Raumorgan haben. Ohne dieses helfe
uns weder Auge, noch Ohr und Hand, noch Muskel-
empfindung zur Räumlichkeit Sobald wir irgend
eine Sinnesempfindung bekommen, wird das Raum-
organ thätig und ordnet die vom Verstände an-
genommene Ursache der Empfindung in den
Raum ein.
Ob das centrale Raumorgan sich über den
grössten Theil der Gehirnrinde erstreckt, wie
Storch will, oder ob es umschrieben ist, kann
dahingestellt bleiben. Sobald wie der Apparat im
Gehirne arbeitet, producirt er einen dreidimen-
sionalen Raum. Die Annahme, wir könnten die
dritte Dimension erst lernen, ist absurd. Das
Binocularsehen hilft zum Abschätzen der Abstände;
der Sehraum aber ist von vornherein für den Ein-
und fQr den Zweiäugigen dreidimensional M. er-
wähnt Bunge 's Beobachtung, dass wir mit einem
Auge Photographien stereoskopisch sehen.
Wir erwerben nichts und brauchen keine Seh-
übungen und keine Bewegungsvorstellungen. Was
wir brauchen, ist uns gegeben; und ob der Apparat
gleich vom Anfang an fertig ist oder sich erst nach
der Geburt vollständig aus wächst, das macht es
nicht Lamhofer (Leipzig).
207. Zur Anthropologie desBüokenmarkB;
von Prof. H. P f i s t e r. (NeuroL Centr.-BL XXTT.
16. 17. 1903.)
Die Untersuchung des Rückenmarks bei 72 Kin-
dern hat den Vf. zu folgenden Ergebnissen geführt
Das Rückenmark der Knaben ist jeder Zeit
schwerer und länger als das der Mädchen. Im
Verhältnisse zum Gehirn ist das Rückennuirk der
Knaben von der Geburt an leichter. Beim Neu-
geborenen beider Geschlechter beträgt das Rücken-
mark etwa 1 : 110 des Gehirns, beim Erwachsenen
1:50; es wächst von 5 g (14 cm) bis zu 28 g
(45 cm), und zwar ist das Wachsthum in den ersten
beiden Jahren am stärksten. Möbius.
208. UnterBaohongen über die Funktion
des Centralnervensystems der Fledermaus;
von Dr. L. Merzbacher. (Arch. f. d. ges. Phy-
sioL XCVL 11 u. 12. p. 672. 1903.)
Für Operationen am Centralnervensystem stellt
die Fledermaus ein besonders günstiges Objekt dar.
Der Bau des Gehirns entspricht dem der niedrigsten
Säugethiere. In Bezug auf seine Funktionen zeigt
es viele Analogien mit dem Vogelgehirn. Die
Operationen lassen sich im Winterschlafe ohne
Narkose und ohne wesentliche Blutung ausführen.
Durch Veränderung der Aussentemperatur hat man
164
U. Anatomie und Physiologie.
es in der Hand, das operirte Thier in den Zustand
des Wachens überzufQhren.
Naoh Entfernung des Bhinencephalon sind gar
keine FunktionstOrungen zu bemerken. Auch bei
Beizung des Qrosshims zeigt das Thier keine Be-
wegungen, „die speoiell als durch Beizung senso*
motorischer Zonen verursacht betrachtet werden
können^^ Chemische Beizung desOrosshirns fQhrt
zu einer anfallsweise auftretenden Steigerung der
Erregbarkeit, die sich in ungestümen Liauf- oder
Fliegbewegungen äussert.
Entfernung des Qrosshims führt nicht zu Läh-
mung. Nach Entfernung von Gross- und Mittel«
hirn verhält sich das Thier wie ein im Halbschlaf
befindliches, d. h. die Bewegungen eines solchen
Thieres scheinen rein reflektorischer Natur zu
sein und es tritt auch sehr deutlich der für den
Schlafzustand äusserst charakteristische j^nhaft-
refleas^' hervor, der nach Versuchen M.'s in der
MeduUa oblongata lokalisirt ist. Wenn die ent-
himten Thiere sterben, so tritt ganz langsam vom
Kopf aus abwärts das Bückenmark ausser Funk-
tion, so dass zuerst die Beflezerregbarkeit der
oberen und viel später erst die der unteren Glieder
verschwindet
Versuche am Kleinhirn ergaben u. A., dass es
mit dem Fliegen der Thiere in enger Beziehung
steht Von der Medulla oblongata aus wurden
nach Abtragung der oberen Hirntheile durch che-
mische Beizung „allgemeine tonisch -klonische
Streckkrämpfe'^ ausgelost, die ganz den Charakter
von Strjchninkrämpfen trugen.
Garten (Leipzig).
209. The natnre of the lesiona whioh hin-
der the development of nerve- oella and their
prooesses ; by Anderson. (Journ. of PhysioL
XXVm. 6. p. 499. 1902.)
A. fasst die Ergebnisse seiner Durchschnei-
dungsversuche , die er an jungen Kätzchen und
Kaninchen ausführte, in folgenden Sätzen zusam-
.men: 1) Die Durchschneidung des Nervus ischia-
dicus hindert die Entwickelung der entsprechen-
den Spinalganglien und hinteren Wurzeln und der
Zellen der Clarke'schen Säule derselben Seite, da-
gegen hindert die Durchschneidung hinterer Wur-
zeln die Entwickelung der entsprechenden Spinal-
ganglien und peripherischen Nerven nicht, wenn
sie auch die Entwickelung der mit den Spinal-
ganglien in Verbindung gebliebenen Fortsätze schä-
digt. 2) Durchschneidung der post-ganglionären
Aeste des oberen Cervikalganglion hemmt nicht
nur die Entwickelung des Ganglion, sondern auch
des Halssympathicus , während die Durchschnei-
dung des Halssympathicus keineswegs die Ent-
wickelung des obersten Cervikalganglion hemmt
Dagegen wird hierdurch die Entwickelung des
centralen Endes des Halssympathicus geschädigt.
3) Durohschneidung aller hinteren Wurzeln eines
Hinterbeins verursacht keineswegs eine Verzöge-
rung in der Entwickelung der entsprechenden vor-
deren Wurzeln. Dagegen werden naoh Durch-
schneidung des Halssympathicus die kleinen Zellen
im Seitenhome der oberen Brustregion des Bücken-
markes in ihrer Entwickelung geschädigt, obgleich
durch die genannte Verletzung keine Beize zu-
führende „afferente^' Bahn getroffen wurde,
Garten (Leipzig).
210. üeber Chromatolyse in den Vorder-
homaellen des Bückenmarkes ; von Karl
B r a e u n i g. ( Arch. f. Anat u. Physiol. [physioL
Abth.] 3 u. 4. p. 251. 1903.)
Um die Ursache klarzulegen, die nach Durch-
schneidung der Achsenfortsätze der motorischen
Vorderhornzellen zur Degeneration der Zellen fQhrt,
wurden Versuche unternommen, die normaler Weise
die Zellen treffenden Beize fern zu halten. Ent-
fernung der motorischen Begion der Grosshimrinde,
also Fernhaltung der „Willensreize'S ^tte keinen
Einfluss auf das Aussehen der Vorderhornzellen
des Bückenmarkes. Dagegen zeigten sich die
Zellen nach Durchschneidung hinterer Wurzeln
auf der gleichen Seite und zum geringen Theile
auch auf der Gegenseite verändert In Bezug auf
die Lokalisation der Zellen (Lage der betroffenen
Gruppen im Vorderhorn) steht B. mit Warring-
ton, der gleiche Versuche unternommen hat,
nicht in voller Uebereinstimmung.
Garten (Leipzig).
211. Bemarks on the dorsal spina-oere-
bellar traot; by Sherrington and Laslett
(Journ. of Physiol. XXIX. 2. p. 188. 1903.)
In der Eleinhimseitenstrangbahn des Bais-
markes sind, wie sich durch die von S h. und L
geübte Methode der „successiven Degeneration"
nachweisen lässt, die Fasern so angeordnet, dass
die längsten aus dem Lumbaimarke entspringenden
Fasern am weitesten nach aussen, an der Peripherie
des Bückenmarkes liegen. Nach innen von diesen
verlaufen die aus dem untersten Brustmarke ent-
springenden Fasern u. s. w. Es gilt also hier
die auch schon für andere Leitungsbahnen aufge-
stellte Begel (Sherrington, Laslett, Gohn-
stamm), dass die kürzesten Fasern der grauen
Substanz am nächsten verlaufen, während die läng-
sten Leitungsbahnen des Septum am weitesten
nach aussen liegen. Auffallend ist das von Sh.
und L. gefundene Verhalten der Ursprungzellen
in den Clarke'schen Säulen. Wird die von diesen
Zellen ausgehende Bahn halswärts durchschnitten,
so gehen die Ganglienzellen anscheinend zu Grunde ;
trotz sehr langer Zwischenzeiten war keine Besti-
tution nach der anfänglichen Ghromatolyse zu be-
obachten. Trotzdem waren die von jenen Zellen
ausgehenden Fasern scheinbar noch gut erhalten :
Wurde lange Zeit nach Anlegung eines ersten
Querschnittes caudalwärts von dem ersten Schnitte
ein neuer Querschnitt angelegt, so zeigten 20 Tage
U. Anatomie und Physiologie.
165
post operat. die Fasern oberhalb der neuen Schnitt-
stelle die Waller 'sehe Degeneration.
0 arten (Leipzig).
212. Zar Physiologie des Plexus ooeliaous ;
von KPopielski. (Arch. f. Anat u. Physiol.
[physioL Abth.] 3 u. 4. p. 338. 1903.)
P. glückte es, Hunde, denen der Plexus coelia-
cus entfernt war, viele Monate am Leben zu er-
halten. Da, wie die Sektionen zeigten, keine
Nebenverletzungen stattgefunden hatten und keine
Peritonitis eingetreten war, so sind die beobach-
teten pathologischen Erscheinungen auf den Weg-
fall der Funktion des Plexus coeliacus zu beziehen.
Die Exstirpation fQhrt zu andauernden vasomoto-
rischen Störungen. Im Oegensatze zur Durch-
schneidung der Nervi splanchnici, nach der nach
einigen Stunden bereits die Qefässerweiterung
zurückgeht, bleibt nach Exstirpation des Plexus
coeliacus die Qefässerweiterung dauernd bestehen.
P. nimmt daher im Plexus coeliacus ein vasomoto-
risches Centrum für den Darm an. Durch dessen
Wegfall kommt es zu dauernder Gefasserweite-
rung. Als Folgen derselben sind voraussichtlich
die Ekchymosen und Oeschwüre im Magen und
Darme anzusehen. Die Aetiologie des runden
Magengeschwüres beim Menschen ist nach P. eben-
falls in primären Störungen des Plexus coeliacus
zu suchen. Ausserdem beobachtet man eine Atro-
phie der Peyer'schen Plaques. Während des Lebens
der Thiere ist am Eothe und an häufigen blutigen
Stühlen das Vorhandensein der Oeschwüre zu er-
kennen. Wie durch den negativen Ausfall des
Goltz 'sehen Elopfversuches gezeigt wird, wer-
den durch den Plexus coeliacus auch die sensibeln
Erregungen der Medulla übermittelt.
Garten (Leipzig).
213. Ueber den segmentalen Charakter
des AthemoentramB in der MeduUa oblongata
der Warmblüter; von J. Loeb. (Arch. f. d. ges.
PhysioL XOVL 11 u. 12. p. 536. 1903.)
Auf Grund der embryologischen Thatsachen
sieht L. im Athemcentrum der Medulla oblongata
der Warmblüter „das segmentale (Ganglion (oder
die segmentalen Ganglien) für ein peripherisches
Athemorgan, das nur im embryonalen Leben des
Menschen vorübergehend existirt, nämlich dieEie-
men'^ L. weist darauf hin, dass die Lage der
die Kiemen der Fische innervirenden Ganglien im
Lobus Vagi nach Herrick der Lage der Athem-
ganglien in der Medulla oblongata bei Warmblütern
völlig entspricht. Die Erklärung dafür, dass die
von der Medulla oblongata caudalwärts gelegenen
Athemcentren, diePhrenicuskeme und die Ganglien
der costalen Athemmuskeln nicht automatisch thätig
sind, wenn sie von der Medulla oblongata ab-
getrennt werden, ist möglicher Weise wie beim
Herzen nach Durchtrennung (Stillstand des Ven-
trikels, Fortschlagen des Sinus) auf eine durch
chemische Unterschiede bedingte verschiedene
Erregbarkeit der betroffenen Abschnitte zu be-
ziehen. Garten (Leipzig).
214. Weitere experimentelle Untersnohun-
gen über die Besiehnngen der Medulla oblon-
gata aar Papille; von L. Bach und H. Meyer.
(Arch. f. Ophthalmol. LVL 2. p. 297. 1903.)
Die Vff. haben ihre Versuche (vgl. Jahrbb.
CCLXXIX. p. 153) fortgesetzt Als Versuchs-
thiere wurden wieder Katzen benutzt; Kaninchen
erwiesen sich als nicht geeignet. Das Ergebniss,
das die früheren Befunde ergänzt und zum Theii
berichtigt, fassen die VfiF. folgendermaassen zusam-
men: „Am distalen Ende der Rautengrube liegt
nahe der Mittellinie ein Hemmungscentrum für
den Lichtreflex der Pupille, sowie ein Hemmungs-
centrum für die zu einer Pupillenerweiterung füh-
renden Erregungen. Die Annahme, dass in der
Medulla oblongata das Pupillenerweiterungscen-
trum gelegen sei, ist dahin zu berichtigen und zu
ergänzen, dass in der Medulla oblongata ein (aller-
dings sehr wichtiges) Centrum für die Pupillen-
erweiterung, und zwar höchst wahrsc(ieinlich ein
Hemmungscentrum gelegen ist. Ausser diesem in
der Medulla oblongata gelegenen Centrum existi-
ren ziemlich sicher noch mehrere andere für die
Pupillenerweiterung höchst belangvolle Stellen im
Cerebrospinalsystem.^^ Bergemann (Husum).
215. The spinal origin of the cervioal sym-
pathetie nerve; by Herring. (Journ. of Phy-
sioL XXIX. 3. p. 282. 1903.)
In üebereinstimmung mit Anderson findet
H. mit Hülfe der Nissl- Färbung, dass nach
Durchschneidung des Sympathicus am Halse bei
der Katze nur die Zellen des Seitenhornes , und
zwar der gleichen Seite von der Höhe des 8. Cer-
vikalnerven bis zum 6. Brustnerven Chromatolyse
zeigen. Die meisten derartig veränderten Zellen
liegen im 2. bis 3. Brustsegmente. Die genannten
Ganglienzellen würden also als die ürsprungzellen
des Halssympathicus anzusehen sein.
Garten (Leipzig).
216. Beiträge sur Eenntniss der Innerva- "»
tion der Samenblase beim Meersohweinohen ;
von Dr. Saburo Akutsu. (Arch. f. d. ges. Phy-
sich XCVL 11 u. 12. p. 541. 1903.)
Für das Studium der Innervation der Samen-
blasen sind die Meerschweinchen sehr geeignet, da
sie sehr grosse Samenblasen, bis zu 6 cm Länge,
besitzen, die nur im Beckengrunde mit einander
verwachsen sind. Die anatomische Untersuchung
und Reizversuche mit dem Induktionstrome er-
gaben, dass die motorische Innervation der Samen-
blasen vom Rückenmarke aus durch die „2. bis
4. Wurzel des Lendenmarkes und die Rami com-
municantes zum Grenzstrange geht, von hier ent-
weder durch die Rami efferentes direkt oder auf
dem Umwege durch den Plexus renalis und die
Nervi aortici zum Ganglion mesentericum inferius^S
166
n. Anatomie und Physiologie.
Von hier aus geht die Erregung durch die Nerri
hypogastrici zu den Ganglien des Samenblasen-
grundes und von diesen zur Samenblase selbst,
bez. zum Samenstrange. Die Reizung des einen
N. bypogastricus bewirkt eine wurmfQrmige Con-
traktion der Samenblase der gereizten Seite, die
zum Austritte des Samenblaseninhaltes führt.
Durch Nicotin Vergiftung lässt sich nach derLang-
ley 'sehen Methode nachweisen, dass in die zu
den Samenblasen fflhrende Bahn Ganglienzellen
an zwei Stellen im Ganglion mesentericum inferius
und am Blasengrunde eingeschaltet sind.
Ausserdem sprechen gewisse Beobachtungen
dafür, dass die Nervi hypogastrici auch für das
Zustandekommen der Erektion eine Bedeutung
haben. Die Wirkung der Nervi hypogastrici auf
die Sekretion des SamenblasenepiÜiels hat A. in
der folgenden Abhandlung näher beschrieben.
Garten (Leipzig).
217. Mikroskopisohe Untersaohang der
Sekretionsvorg&nge in den Samenblasen ; von
Dr. Saburo Akutsu. (Arch. f. d. ges. Physiol.
XCVL 11 u. 12. p. 56. 1903.)
Das Samenblasenepithel derBatte ist als Sekre-
tionorgan aufzufassen. In den cylindrischen Zellen
finden sich viele auch schon im frischen Präparate
wahrnehmbare EOrner verschiedener Grösse, die
wegen der gleichen Farbenreaktionen, wie sie das
in der Samenblase enthaltene Sekret liefert, als
SekretkOmer aufzufassen sind. Hierfür spricht
auch der Befund solcher stark lichtbrechenden
EOrner im Sekret selbst Die SekretkOmer schei-
nen aus feinsten in dem Zellenleibe enthaltenen
Granulis hervorzugehen. Ein Vergleich zwischen
vOUig ruhenden und secemirenden Epithelzellen
ist nicht möglich, da jederzeit eine Sekretion statt-
findet Doch spricht das mikroskopische Bild
dafür, dass gleichzeitig verschiedene Zellen sich
in verschiedenen Phasen der Thätigkeit befinden.
Schon bei jungen, 18 — 20tägigen Ratten findet
man im Innern der Samenblase Sekret vor. War
der N. bypogastricus der einen Seite bei der er-
wachsenen Batte gereizt worden (nur zwei Ver-
suche), so waren die Zellengruppen undeutlicher,
das Protoplasma stärker vacuolisirt und die Sekret-
kOrner in der Zelle an Zahl stark vermindert
Garten (Leipzig).
218. Ueber psychiaohe Wirkungen körper-
licher und geistiger Arbeit; von Dr. Karl
Miesemer. (Eraepelin's psycholog. Arbeiten
IV. p. 375. 1902.)
M. hat die Bett mann 'sehen Versuche über
die unterschiede der Wirkung körperlicher und
geistiger Arbeit auf die psychische Leistungsfähig-
keit wieder aufgenommen und ergänzt Zur Her-
vorrufung einer massigen Ermüdung wurde ein
Istündiger Marsch, bez. Istündiges Addiren be-
nutzt Beide Arten der Arbeit, sowohl die körper-
liche, wie die geistige, beeinflussten die Auffas-
sungsf&higkeit Die richtigen Fälle nahmen ab,
nach körperlicher Ermüdung unter Anwachsen der
falschen Aussagen. Geistige Arbeit beeinflusste
die Merkfähigkeit stärker als körperliche. Der
Schreibdruck, mit der Schriftwage gemessen, wächst
nach körperlicher Arbeit, sinkt nach geistiger;
körperliche Arbeit vermehrte und erhöhte die
Druckschwankungen und vergrOsserte den Schreib-
weg, der nach geistiger Arbeit sank. Die Schreib-
geschwindigkeit ist nach körperlicher Arbeit er-
höht, nach geistiger nicht.
Das Gesammtbild der Wirkung körperlicher
Arbeit auf die Willensantriebe lässt sich als psycho-
motorische Erregung, das nach geistiger Arbeit als
psychomotorische Hemmung kennzeichnen.
Aschaffenburg (Halle a. d. S.).
219. Ueber die Beeinflasaung geistiger
Leistungen dnroh Behinderung der Nasen-
athmnng; von Dr. Rud. Eafemann. (Erae-
pelin's psycholog. Arbeiten IV. p. 435. 1902.)
Die Aprosexia nasalis, die Unfähigkeit, bei
behinderter Nasenathmung aufzumerken, und die
Störung der Auffassung und Verarbeitung neuer
Vorstellungen, hat lange Zeit in der Therapie eine
grosse RoUe gespielt Neuerdings beginnt man
allerdings etwas skeptischer über diesen Zusammen-
hang zu denken. E. hat sich bestrebt, die Frage
experimentell zu untersuchen, indem er eine An-
zahl psychophysischer Versuche anstellte, bei denen
zum Theil durch einen eigens oonstruirten Apparat
die Nasenathmung vOUig verhindert war.
Die Auffassung äusserer Eindrücke schien da-
durch nicht beeinflusst, wohl aber das Festhalten
in der Erinnerung, ohne dass die Fehler nennens-
werth zunahmen. Die Wahlreaktionen wurden
etwas verlängert und ungleichmässiger, ohne An-
wachsen der Fehlreaktionen. Das Rechnen wurde
erheblich gestOrt; diese StOrung war nach einer
Viertelstunde am stärksten, nahm dann in Folge
der Gewöhnung ab, verschwand aber auch nach
Beseitigung des Hindernisses nur allmählich. Der
Druckreiz des ObturatorrOhrchens ohne Behinde-
rung der Athmung stOrte weit weniger und nach
der Entfernung des Hindernisses war auch der
störende Einfluss auf die Rechenarbeit sofort ver-
schwunden. Die Zahl der Fehler nahm ab, die
der Verbesserungen zu.
So interessant diese Ergebnisse sind, so darf
daraus doch noch nicht allzu viel geschlossen wer-
den. Dazu ist die Versuchsreihe (8 Tage) zu kurz.
Der Werth liegt wohl mehr in der Eröffnung eines
neuen Weges zur Klärung der Frage, welchen
Einfluss die Behinderung der Nasenathmung auf
unsere geistige Leistungsfähigkeit besitze.
Aschaffenburg (Halle a. d. S.).
220. Ueber die Beeinflaasang geistiger
Leistangen durch Hangern ; von Dr. Wilhelm
Weygandt (Kraepelin's psycholog. Arbeiten
IV. p. 45. 1902.)
in. Allgemeine Pathologie und pathologlsohe Anatomie.
167
Bei der Häufigkeit, mit der in der Anamnese
geistiger Störungen dielnanition genannt wird, war
es nöthig, den Zustand der Erschöpfung experi-
mentell zu untersuchen. Wfthrend der üs/. in
seinen Versuchen die Erschöpfung durch ScUaf-
losigkeit, geistige Anstrengung und Nahrungs-
entziehung zusammen untersuchte, hat sich W.
darauf beschränkt, allein die Folgen der Nahrungs-
entziehung zu beobachten. Im Ganzen hat er an
6 Versuchspersonen experimentirt; an sich selbst
hat er Versuche gemacht, die sich über 48 und
72 Stunden ausdehnten. Diese Opferfreudigkeit
ist durch einige recht interessante Ergebnisse be-
lohnt worden :
Nicht alle Leistungen erfahren erhebliche Stö-
rungen ; so blieb vor Allem, im Gegensatze zu dem
Verhalten bei allgemeiner Erschöpfung, die Auf-
^nssungsfähigkeit ganz unbeeinflusst Der begriff-
liche Zusammenhang der Associationen war ge-
lockert ; die inneren Associationen nahmen ab, die
äusseren zu. Elangassociationen traten in grosserer
Zahl auf.
Das Addiren wurde massig verlangsamt; da-
gegen wurde das Auswendiglernen deutlich und
fortschreitend erschwert, und zwar nur der Merk-
vorgang. Die Wahlreaktionen wurden in geringem
Grade verlängert unter gleichzeitigem Auftreten
etwas vermehrter Fehlreaktionen. Die Wirkung
der Uebung wurde nicht beeinträchtigt; Ablenk-
barkeit und gemüthliche Erregbarkeit waren er-
höht Bei gleichzeitiger Enthaltung von Nahrung
und Flflssigkeit schien der begriffliche Zusammen-
hang der Vorstellungen noch stärker gestOrt zu
werden.
Nach 2tägigem Hungern blieben die Nach-
wirkungen noch 48 Stunden lang bemerkbar. Die
Art der Hungerwirkung, die von den nächtlichen
ErschOpfungsversuchen etwas abwich, erinnerte an
die elektive Wirkung mancher Arzneimittel. Die
psychischen Erscheinungen bei den sogen. Er-
schOpfungspsychosen entsprechen nicht den Ver-
änderungen, die durch einfache Nahrungsentziehung
erzeugt werden.
Aschaffenburg (Halle a. d. S.).
221. Ueber die Dauer der psychischen
Alkoholwirkung; von Dr. Ernst Rüdin. (Erae-
pelin's psycholog. Arbeiten IV. p. 1. 1902.)
R hat die Einwirkung grosserer Alkoholmengen
(90 — 100 g Alkohol in Form griechischen Weines)
auf 4 verschiedene Versuchspersonen untersucht
Die Wirkung war in Richtung, Stärke und Dauer
sehr verschieden. Sie bestand im Allgemeinen in
einer Verlangsamung des Addirens, ErschweruDg
des Auswendiglernens, Verkürzung der Wahl-
reaktiondauer und Vermehrung der Fehlreaktionen,
endlich in einer Zunahme der Associationen, die
vorwiegend auf Sprachvorstellungen beruhen. Bei
einer Versuchsperson war nur diese Wirkung
deutlich.
Am schnellsten verschwand die Verkürzung
der Wahlzeiten, an deren Stelle eine Verlängerung
trat, ohne dass die falschen Reaktionen schwanden.
Nach 12 — 24, spätestens nach 48 Stunden war
keine Nachwirkung mehr festzustellen« Die Stärke
der Störung stand ausser Zusammenhang mit der
Gewöhnung an regelmässigen Alkoholgenuss. Bei
einer seit 6 Jahren vOllig abstinenten Versuchs-
person war die Wirkung des genossenen Alkohols
auffallend geringfügig.
Durch die sorgfältigen Versuche dürfte unsere
Eenntniss über die Schäden mittelgrosser Alkohol-
gaben (die Menge entsprach etwa dem in 2 bis
2^/9 Liter Bier enthaltenen Alkohol) eine erheb-
liche Forderung erfahren haben. Sie bestätigen
die früheren Ergebnisse von Für er und Smith,
von denen sie nur in der Stärke des Ausschlages
abweichen. Aschaffenburg (Halle a. d. S.).
III. Allgemeine Pathologie und pathologisclie Anatomie.
222. Zur Frage der Körnchen und Kerne
der Bakterien; von M. Fioker. (Arch. f. Hyg.
XLVL 2. p. 171. 1903.)
F. hält es für verfrüht, die Kömchen- und
Kernfrage der Bakterien, wie es nach einigen
neueren Arbeiten den Anschein haben könnte, als
gelöst anzusehen. Nach Marx und Woithe soll
die Zahl der Babes-Ernst'schen Körperchen
in direktem Verhältniss zum Qrad der Virulenz
stehen. Ihre üntersuchungsmethoden sind aber
noch sehr mangelhaft F. konnte durch milch-
sanres Methylenblau bei vielen Bakterien reich-
liche Körnchen zur Anschauung bringen, die nach
den bekannten Methoden nicht wahrgenommen
werden, ebenso durch Variirung der von Marx
und Woithe angegebenen Methoden. Daraus folgt,
dass ein negatives Resultat nach einem der von
U. und W. geübten Verfahren noch keineswegs
das Nichtvorhandensein von Körnchen bedeutet.
Es lässt sich insbesondere für Prodigiosus und
Diphtheriebacillen direkt nachweisen, dass die
Virulenz in gar keinem Zusammenhange mit der
Kömchenbildung steht, indem z. B. Bacillen aus
farblosen Prodigioeusculturen (Agar) sehr reich an
Kömchen sein, vollvirulente Diphtheriebacillen gar
keine Körnchen zeigen können. Es ist nicht zu
rathen, auf Orund der Kömchenzahl der Diphtherie-
bacillen irgendwelche praktische Maassnahmen der
Desinfektion zu gründen. Auch die von N a k a n i s h i
dargestellten Gebilde, die dieser als Zellenkeme
anspricht, sind noch durchaus zweifelhafter Natur.
Walz (Stuttgart).
223. Sine neue Methode der nrbong yon
Bakterienkörnchen ; von M. F ick er. (Hyg.
Rundschau Nr. 22. 1902.)
168
ni. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomia
F. '8 Methode eignet sich ausgezeichnet zum Stu-
dium der Bakterienkömchen, soll aber in keiner
Weise die Neisser'sche Fftrbung bei der Diph-
theriediagnose ersetzen. Man lOst 1 g Methylen-
blau med. pur. Höchst in 100 com Aq. dest, ffigt
hiervon Iccm zu 100 ccm Aq. dest und setzt
2 com Aa lact. pur. hinzu. Zur Färbung giebt
man 1) eine Oese Leitungswasser auf einen reinen
Objektträger, vertheilt 2) eine Spur Bakterien-
material gleichmftssig darin, legt 3) ein reines
Deckglas auf, bringt 4) einen Tropfen Farblösung
seitwärts vom Deckglas auf, leitet diesen 5) mit
Platinöse zum Deckglasrand und leitet 6) mit
Fliesspapier die FarblOsung hindurch (Papier ver-
brennen). Je nach dem mikroskopischen Befunde
wird 4 — 6 einmal oder mehrmals wiederholt.
Walz (Stuttgart).
224« üeber die o-naoleinsaures Natron
lösende Wirkung einiger Mikroorganiamen ;
von H. PI enge. (Ztschr. f. physiol. Chemie
XXXIX. 2. p. 190. 1903.)
P. hat in dem a-nudeinsaurem Natron einen
neuen brauchbaren festen Nährboden fOr Mikro-
organismen gefunden. Die Lösungen (2.5 — öproc.),
sowohl in destillirtem Wasser, wie in O.öproc.
Kochsalzlösung oder in Fleischwasserpeptonbouil-
lon, gelatiniren und sind durchsichtig.
Wie die Gelatine, so wird auch das o-nuclein-
saure Natron von gewissen Mikroorganismen (nicht
immer von den Gelatine verflüssigenden) verflüs-
sigt Wie weit hierbei die Nucleinsäure gespalten
wird, ist noch nicht erforscht Jedenfalls scheint
es ein besonderes Enzym für Nucleinsäure (Nucle-
ase) zu geben.
In dem Verhalten gegen o-nucleinsaures Natron
scheint ein differential- diagnostisches Mittel zur
Unterscheidung des Bacterium coli und des Bacillus
typhi hominis gegeben zu sein.
y. Lehmann (Berlin).
226. BiochemiBohe and differentialdiagno-
Btische üntersnohnngen einiger Bakterien mit-
tels Phenolphthaleinnährboden ; von R. Ziel-
leczky. (Centr.-Bl. f. Bakteriol. XXXIL 10.
p. 752. 1902.)
Z. hat zu seinen Untersuchungen Nährboden
mit Zusatz von schwacher Phenolphthaleinlösung
(0.8 — 0.7 ccm von auf ^/^o verdünnter ^/sproc.
Lösung) verwendet Durch diesen Zusatz wird
das Wachsthum der Bakterien nicht beeinträchtigt.
Bei Zusatz von grösseren Mengen von der ange-
gebenen Phenolphthalein -Lösung als 0.8 com zu
Bouillon und 1 ccm zu Agar entwickelt sich Bac
coli noch ganz gut, bildet aber sehr oft weniger
Säure, während beim Bac. typhi (bei Zusatz von
0.3 ccm Iproa Lösung zu 5 ccm Bouillon) das
Wachsthum aufhört. Die mit Phenolphthalein ge-
färbten Nährböden werden durch Bac. coli bedeu-
tend früher und intensiver als durch Bac. typhi
entfärbt Bac. coli entfärbt die Phenolphthalein-
Bouillon gewöhnlich schon nach 5 Stunden, spä-
testens in 7 Stunden, den Phenolphthaleinagar in
8 Stunden. In der Symbiose mit dem Bac. typhi
produoirt der Bac. coli in gleicher Zeit verhältniss-
mässig viel weniger Säure als eine Reincultur
desselben Alters. Durch langes Zusammenleben
des Bac. coli mit dem Bac. typhi wird bei Bac. coli
die Fähigkeit, Säure zu produciren, bedeutend ver-
ringert In praktischer Hinsicht ist dieser Nähr-
boden deshalb zu empfehlen, weil er leichter her-
zustellen ist und viel frühere Diagnose gestattet,
als die bisher zur Differentialdiagnose xwüehen
Bae, coli und Bac typhi angegebenen Nährböden.
Walz (Stuttgart).
226. Beiträge snr Differentialdiagnoatik
einiger pathogener Bakterienarten; von W.
Omelianski. (Gentr.-Bl. f. BakterioL u. s. w.
XXXIV. 1. p. 1. 1903.)
Phenolphthalein als Zusatz zu Nährböden wurde
von Zielleczky (siehe das vorstehende Referat)
verwandt, wobei durch Säuerung des Nälirbodens
in Folge Wachsthums gewisser Bakterien eine
Entfärbung stattfand. Omeliansky hat das-
selbe im umgekehrten Sinne angewandt, d. h. das
positive Resultat bestand im Auftreten der alka-
lischen Reaktion, also in der Färbung des Nähr-
bodens, was viel deutlicher und schärfer wahr-
nehmbar ist als die Entfärbung. Der Nährboden
besteht aus gewöhnlicher, lackmusneutraler Bouil-
lon, versetzt mit 0.5 — 1% ameisensaurem Natron
und Phenolphthalein mit 2^^ ^&^' ^i* eignet
sich besonders zur Unterscheidung von Bac. typhi
und coli. Am 1. Tage wächst der Baa typhi
schwächer als coli mit Wahrung der ursprüng-
lichen Farbe des Nährbodens ohne Oährung im
Condens Wasser; der Baa coli wächst üppig, der
Nährboden färbt sich deutlich rosa, das Condens-
wasser gährt In den folgenden Tagen tritt bei
Bac. typhi langsam zunehmende ziegelrothe Fär-
bung des Nährbodens ohne Oährung ein. Bei Baa
coli färbt sich in 2 — 3 Tagen der Nährboden rasch
bis zu gesättigter rother Farbe unter stürmischer
Oährung des Condenswassers. Walz (Stuttgart).
227. Weitere Beiträge inr Theorie der
bakterioly tischen Immunität; von R Pfeiffer
und E. Friedberge r. (Gentr.-Bl. f. Bakteriol
u. s. w. XXXIV. 1. p. 70. 1903.)
Die Untersuchungen der Yff. über die Bildung
von Immunkörpern gegen bakteriolytische Ambo-
ceptoren, über den Beceptorenapparat des Cholera-
vibrio und über die Art der Bindung der Cholera-
amboceptoren an die Cholerabakterien und ihr
Verhalten bei der Bakteriolyse fülirten zu folgen-
den Ergebnissen : die im Serum eines mit Cholera-
immunserum vorbehandelten Thieres auftretenden
Antiamboceptoren greifen in die cytophile Omppe
des Amboceptors ein. Die Antiamboceptoren gegen
Choleraimmunkörper beeitzen keine Affinität fOr
die Receptoren des Choleravibrio. Die Cholera-
m. Allgememe Pathologie und paüiologisolie Anatomie.
169
antiamboceptoren sind relativ stabile Körper, die
bei VaBtündiger Erhitzung auf 60^ nicht zerstört
werden. Auch die Amboceptoren des Normal-
serum vermögen die Bildung von Antiambocep-
toren im Thierk^per anzuregen. Die Erzeugung
von Antiamboceptoren gelingt nicht bei allen Thier-
arten gleich leicht und sicher; sie gelingt auch
gegen die Amboceptoren des Typhusimmunserum.
Die Antiamboceptoren sind höchstwahrscheinlich
als Zellenbestandtheile aufzufassen, die eine hapto-
phore Gruppe von analogem Bau wie die Bakterien-
reoeptoren haben, im Uebrigen aber in ihrer Con-
stitution von diesen verschieden sind. Der Becep-
torenapparat des Gholeravibrio ist wahrscheinlich
nicht fQr die Amboceptoren der verschiedenen
Thierspecies specifisch different üeberschüssig
an Choleravibrionen verankerte Choleraambocep-
toren werden bei der Bakterioljse wieder frei und
aktionfähig. Die Cholerabakterien sind ausser Stande,
durch ihren Lebensprocess die Choleraimmunkörper
zu zerstören. Bei der Bakteriolyse der Cholera-
bakterien ist ein Verbrauch von Choleraimmun-
körpern nicht nachzuweisen. Walz (Stuttgart).
228. Ueber die natürliche Milibrandimmu-
nität des Hundes und des Hohns; von A.
Pettersson. (Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w.
XXXm. 8. p. 613. 1903.)
P. stellte fest, dass das gegenüber Milzbrand-
bacillen fost unwirksame Hühnerserum in gleicher
Weise durch Zusatz von Leukocyten und Serum
von Kaninchen aktivirt werden kann, wie das schon
vom Hundeserum bekannt war. Das Hühnerserum
enth< wie das Hundeserum einen aktivirbaren,
bei 65 — 60^ thermostabilen Körper, der nach dem
Behandeln des Serum mitMilzbrandbacillen gleich-
zeitig mit diesen aus dem Serum entfernt wird
und also auch im inaktiven Zustande des Serum
an den Bacillen haftet. Die Aktivirung ist keine
Yerfinderung des Serum, die sich gegen alle mög-
lichen Bakterien bemerkbar macht. Das Hühner-
serum unterscheidet sich vom Hundeserum nur
dadurch, dass es selbst eine schwache keimtödtende
Wirkung auf Milsbrandbacillen ausübt Diese
Eigenschaften sind gerade die, die für einen Ambo-
ceptor im Sinne Ehrlich 's charakteristisch sind.
Die Eigenschaften des Hundeserum können damit
erklärt werden, dass es immer in beträchtlicher
Menge Amboceptoren, die zu den Milzbrandbacillen
passen, enthält, aber vollständig des zu diesen
Amboceptoren passenden Complementes entbehrt
In Folge dessen kommt im Serum keine Bakterio-
lyse zu Stande. Das Hühnerserum verhält sich
ähnlich, nur ist es selten völlig frei von Comple-
ment und entfaltet deshalb an sich schon schwache
baktericide Wirkung. Walz (Stuttgart).
229. Unt^rsnohnngen über natürlioha UAd
kllnstUohelEilabnuidinimanitätn; von 0. Bali.
(Centr^-BL f. BakterioL u. s. w. XXXUI. 8. p. 610.
1903.)
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft 2.
Die Versuche B.'s über den Süx der Comph-
fnmte im Kaninchenorganismus machen es wahr-
scheinlich, dass die hitzebeständigen Complemente
des Kaninchenserum der Milz, die durch Hitze zer-
störbaren den meist polynucleären Leukocyten, wie
sie im Aleuronatexsudate sich ansammeln, ent-
stammen. Walz (Stuttgart).
230. üntersnohungen über natürliche und
künstliche Milsbrandimmunität HI und IV;
von 0. Bail u. A. Pettersson. (Centr.-Bl. f.
Bakteriol. u. s. w. XXXIII. 10. p. 756. 1903.)
Die Sera verschiedenster Thiere, an sich wir-
kungslos, ergeben mit Kaninchenserum gemischt
starke Abtödtung von Milzbrandbacillen; doch läset
das Bestehen der blossen Ergänzungsffthigkeit eines
Serum durch die im normalen Kaninchenserum
enthaltenen Complemente keinen einfachm Zu-
sammenhang mit der natürlichen Milzbrandimmu-
nität des blutliefernden Thieres erkennen. Analog
wirken die Leukocyten und die Milz der Kaninchen.
Die Thatsache jedoch, dass Organe eines aus-
gebluteten Kaninchens in einer indifferenten Flüssig-
keit stets ihre Wirkung auf Milzbrandbacillen aus-
üben, beweist, dass im Kaninchen nirgends Immun-
körper und Complement glekhxeüig in irgend
höherem Qrade in wirksamer Form vorhanden sein
können. Nur das Blut und (in geringem Qrade)
die polynucleären Leukocyten von Aleuronatexsu-
daten weisen dieses wirkungsvolle Nebeneinander-
vorkommen auf, was für das Yerständniss der
natürlichen Empfänglichkeit wichtig ist
Walz (Stuttgart).
231. Zur Agglutlnationateohnik; von M.
F i c k e r. (Hyg. Rundschau Nr. 22.1 902.)
F. empfiehlt die Agglutinationbeobachtung im
gespannten Tropfen, wozu ein Objektträger mit
aufgeschliffener Glaszelle und umgebend» Rinne
verwendet wird ; ferner zur makroskopischen Agglu-
tinationbeobachtung Spitzgläschen, beides zu haben
beim Mechaniker Hoffmeiaier des hygieinischen In-
stitutes in Berlin. Walz (Stuttgart).
232. Weitere Beitrage rar Agglutination
der Staphylokokken; von R. Otto. (Centr.-Bl.
f. Bakteriol. u. s. w. XXXIV. 1. p. 44. 1903.)
0. gUubt, dass gerade so wie unter den vielen
Vibrionen es nur einen spedellen V. cholerae
asiaticae gebe, sich unter den vielen in der Natur
vorkommenden Staphylokokken nur eine Art der
echten menschenpathogenen Traubenkokken finde.
Die einzelnen Stämme dieser Art können sich durch
verschiedene Farbbildung unterscheiden. Mit Hülfe
eines hochwerthig agglutinirenden, mit menschen-
pathogenen Kokken hergestellten Serum ist eine
strenge, specifische Differenzirung der pathogenen
und der saprophytischen Traubenkokken möglich.
Es giebt leicht und schwer agglutinirbareStaphylo-
kokkenculturen, die man mit Hülfe der Serum-
reaktion trotzdem streng differenziren kann. Auch
22
170
m. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
mit Hülfe der schwer agglutinirbaren , echten
menschenpathogenen Staphylokokkenstämme Ifisst
sich ein stark agglutinirendes Semm hervorrufen,
das die echten menschenpathogenen Traubenkokken
verschiedener Herkunft agglutinirt Dagegen ge-
lingt es nicht, mit Hülfe der nicht agglutinirten
Stämme der saprophytischen Kokken ein Serum
herzustellen, das pathogene Staphylokokken agglu-
tinirt. Die agglutinirt werdenden, also pathogenen
Kokken bilden Hftmolysin (Staphylotoxin), die nicht
agglutinirt werdenden, saprophytischen Stämme
dagegen nicht Walz (Stuttgart).
233. Ueber ein eigenartiges aerodiagnosü-
Bohes Phänomen (»amorphe Agglutination*^
in M^riedländer^-Beconyalesoenteneerüm; von
Dr. HudolfSchmidt (Wien. klin. Wchnschr.
XVL 30. 1903.)
Eine Pneumonie, die lediglich durch den Mikro-
coccus pneumoniae Friedländer hervorgerufen
ist, wird von allen neueren Autoren geleugnet Es
wird vielmehr als ausschliesslicher Erreger der
croupüsen Pneumonie der Fr aenkel- Weichsel-
baum'sehe Diplococcus lanceolatus angesehen.
Schm. theilt nun im Gegensatze hierzu den Ver-
lauf einer vollkommen einwandfreien „Fried-
1 ä n d e r^' - Pneumonie mit
Klinisch wich der Fall vielfach vom Typus der
croupösen Pneumonie ab. Durch Thierimpfung
wurde die stete Anwesenheit desFriedländer'-
schen Pneumococcus nachgewiesen, das Vorhanden-
sein des Fr aenkel- Weich sei bäum 'sehen
Diplococcus aber ausgeschlossen. Es war nun inter-
essant, zu sehen, wie in dem gegebenen Falle von
zweifellos „ungemischter*^ Infektion mit „Fried -
länder*^ das Serum des Kranken auf den homo-
logen Stamm reagirte, zumal hierüber klinische
Erfahrungen nicht vorliegen. Ausserdem ist vom
klinisch-diagnostischen Standpunkte aus das Be-
dürfniss nach specifischen, diagnostisch verwerth-
baren Serumreaktionen zweifellos vorhanden.
DasStudium derBeziehungenzwischen Fried-
lände r - Stämmen und homologem Thierserum hatte
bisher entweder gar keine Ergebnisse, oder aber es
konnten trotz enormer Dosen einverleibten Infek-
tionmaterials nur schwaohwirkende Immunsera er-
zielt werden. Schm. führt die Ergebnisse ver-
schiedener Autoren in dieser Beziehung an. Es
zeigte sich, dass der menschliche Körper in höherem
Maasse als der der bisher verwandten Versuchs-
thiere (Kaninchen, Meerschweinchen) befähigt ist,
auf Fr i Ödländer- Infektion mit Bildung speoi-
fisoher Agglutinine zu reagiren. Und zwar reagirte
im vorliegenden Falle das menschliche Fried -
1 an der- Immunserum auf den homologen Stamm
mit folgendem Complez von Erscheinungen:
a) Qruber-Widal'sches Phänomen; b) Faden-
reaktion; c) Quellungs- und Lösungserscheinungen
im Sinne des „Pfeiffer'schen^^ Phänomens;
d) „amorphe Agglutination".
unter „amorpher Agglutination" bezeichnet
Schm. ein Phänomen, das bisher noch nicht be-
schrieben ist und in folgender Weise in Erschei-
nung tritt: „Meist sofort oder wenigstens nach
sehr kurzer Zeit lassen sich im agglutinirenden,
hängenden Serumtropfen feinste, zum Theil glän-
zende, zum Theil matte Qranula von ungleicher
GMsse nachweisen, welche in der Folge zu grosseren,
hellglänzenden Klümpchen confluiren, bis in circa
2 Stunden allenthalben ausgedehnte, mit Ausläufern
versehene Rasen von grobkörnigen, stark licht-
brechenden Qranula sich vorfinden, ein Phänomen,
welches durch die Mächtigkeit seiner Erscheinung
das Agglutinationsphänomen geradezu in den Hinter-
grund drängt". N e u m a n n (Leipzig).
234. Untennohungen über die veraohie-
denen Agglutinine des Typhnssenims ; von
A. J 0 0 s. (Centr.-BL f. Bakteriol. u. s. w. XXXIIL
10. p. 762. 1903.)
J. schliesst aus seinen Versuchen, dass der
agglutinirbare Stoff in den TyphusbaciUen kein
einheitlicher albuminoider Körper sei, der nach der
Ehrlich 'sehen Theorie, zugleich mit den Bacillen
in den Thierkürper eingespritzt, sich mit gewissen
Zellenreoeptoren verbindet und eine Neubildung
von Receptoren anregt, von denen ein Theil in den
Kreislauf tritt und das Agglutinin bildet. Nach J.
sind weder die agglutinirbare, noch die aggluti-
nirende Substanz einheitliche Körper. Die leben-
den Typhusbaoillen enthalten zweierlei agglutinir-
bare Stoffe, die sich durch ihre Ehnpfindlichkeit
gegenüber der Wärme von einander unterscheiden.
Das erste, das o-Agglutinogen, wird bei 60 — ß2^
rasch zerstört Es bildet den Hauptbestandtheil
der Bacillen und bildet die groben Flocken. Das
/^•Aggiutinogen widersteht der Wärme selbst meh-
rere Stunden bei 60 — 62^. Die Verbindung mit
der agglutinirenden Substanz des Serum bringt
gleichfedls Agglutination hervor, aber in feinen
Klümpchen, die am Boden des Qlases oft eine oom-
pakte, schleimige Masse bilden. Die Einspritzung
beider Stoffe erzeugt im Serum zweierlei Agglu-
tinine: das wärmeresistente o- Agglutinin mit be-
sonderer Affinität zum a-Agglutinogen , und das
wärmeempfindliche /9- Agglutinin , das sich mit
beiden agglutinogenen Substanzen verbinden und
so sehr verschiedene Zusammensetzungen ergeben
kann. Dadurch sind die oft widersprechenden
Besultate der Forscher zu erklären.
Walz (Stuttgart).
236. Die Düferentialdiagnose des Typhns-
baoiilns vom Bsoteiinm coli anf Qmnd der
BftnrebUdiing; von A. Wolff. (Centr.-Bl. f. Bak-
terioL u. s. w. XXXIIL 8. p. 645. 1903.)
Die beste Methode zur Diagnose des Typhus-
bacillus ist immer noch die Anwendung des Neutral-
roths. Man bringt 1 — 2 Tropfen der 1 — 2proa
Losung in 10 com Agar oder Traubenzuckeragar
und überschichtet diesen mit Agar oder Gelatine,
m. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
171
nachdem man eine Stichealtar angelegt hat, was
besser ist als dieSohütteloaltur ohneLuftabschlass
Rothberger'& Neutralroth wird redacirt durch
dteAnaörobien, durch die Coligruppe und durch den
Bac. faecalis alcaligenesPetruschky. Letzteres
ist wichtig, weil dieser Bacillus in Folge seiner
mangelnden Säurebildung vom Bac. typhi nicht
unterschieden werden kann. Diese Methode scheint
W. viel besser zu sein als die Methode Ziel-
leczky's yermittelst PhenophthaleInnfthrbMen ;
sie ist handlich, mühelos und bildet die noth-
wendige Ergänzung zu der Conradi-Dri-
galsky 'sehen und der Piorkowski 'sehen
Methode. Walz (Stuttgart).
236. neber die Lobenadauer von ^phxuh
baoillen, die im Stuhl entleert wurden; von
E. Levy u. H. Eayser. (Centr.-Bl. f. Bakteriol.
u. ». w. XXXTTT. 7. p. 489. 1903.)
Typhuserreger kOnnen sich sehr lauge am
Leben erhalten unter natürlichen VerhftltnisseD.
L. und K. liessen Faeces eines Typhuspatienten
undesinficirt 5 Wintermonate in einer cementirten
Grube verweilen, worauf die Faeces auf Lehmboden
gegossen wurden, wo sie 15 Tage bei Winter-
temperatur lagen. Aus dem Boden gelang die
Züchtung der Bacillen. Walz (Stuttgart).
237. Weitere Studien über daa Laktosemm ;
von P. T h. M ü 1 1 e r. 3. Mittheilung. (Centr.-Bl.
f. Bakteriol. u. s. w. XXXIV. 1. p. 48. 1903.)
Nach den Untersuchungen M.'s vermag das
Gasein unter günstigen ümstAnden weit mehr
Prftcipitin zu binden, als zu seiner F&llung erforder-
lich ist. Bei allmAhlichem Milchzusatz zu einer
bestimmten Serumquantitftt kann man eine erste
Zone unterscheiden, innerhalb der das Casein bis
auf minimale Spuren vollständig ausgefUlt wird,
und eine zweite Zone, innerhalb der eine gewisse,
mit steigendem Zusatz grösser werdende Casein-
menge in LOsung bleibt Innerhalb dieser Zone
der partiellen FUlung ist in den vom Niederschlage
beft^iten Flüssigkeiten kein oder nur spurenweise
freies Präcipitin nachzuweisen. Mit der zugesetzten
Milchmenge wfichst nicht nur der absolute Werth
der in Lösung bleibenden Caseinmenge, sondern
auch deren relative Qrösse, so dass also hierbei die
IWung immer unvollständiger wird, bis 'endlich
eine Grenze erreicht wird, von der ab überhaupt
keine merkliche Abscheidung des Caseins mehr
eintritt Das bei der partiellen Fällung sich ab-
scheidende Casein absorbirt nicht mehr Präcipitin,
als zu seiner Fällung erforderlich ist Da der hierbei
in Lösung bleibende Best des Präcipitins nicht im
freien Zustande nachweisbar ist, muss man an-
nehmen, dass er mit dem zurückbleibenden Casein
eine lösliche Verbindung eingegangen seL Mit zu-
nehmendem Müchzusatz wächst auch die Menge
des in« Lösung bleibenden Präcipitins. Bs haben
sich also keinerlei Thatsachen ergeben, die mit der
Annahme einer chemischen Bindung zwischen
Casein und Präcipitin unvereinbar wären.
Walz (Stuttgart).
238. Zur Frage der Graber- Widal'sohen
Beaktion bei Ikterus ; von Dr. J o a c h i m. (Wien,
klin. Wchnschr. XVL 36. 1903.)
J. untersuchte die agglutinirende Wirkung des
Blutserum in 2 VJSILen von Ikterus ; in dem einen
Falle ergab die Sektion Cholangitis purulenta und
Leberabscess, im anderen Krebs des Oallenganges
als Ursache für den Ikterus. Beide Sera zeigten
sich gegenüber Bacterium coli und Bacillus dys-
enteriae unwirksam, wiesen dagegen eine aus-
gesprochene Steigerung ihrer Agglutinationkraft
gegen Choleravibrionen und Bacillus pyocyaneus
auf, die sie selbst in ziemlich hohen Verdünnungen
agglutinirten. Das von dem Falle von Cholangitis
stammende Serum hatte ausserdem noch eine ge-
steigerte Agglutinationkraft für Typhusbacillen
(Verdünnung 1:80), während das andere Serum
die Typhusbacillen nur in der Verdünnung 1 : 10
agglutinirte. S o b o 1 1 a (Heilanstalt Sorge).
239. Ueber die agglutinirende Blgenschaft
der Galle und des Serum beim Ikterus ; von
Dr. E ö n i g 8 1 e i n. (Wien. klin. Wchnschr. XVL
35. 1903.)
Verschiedene Beobachter haben angegeben, dass
das Blutserum Ikterischer höhere Agglutination-
werthe für Typhusbacillen zeige, als das Serum
anderer Kranker. Die Qruber-Widal'sche
Beaktion würde daher ihre Beweiskraft verlieren,
sobald Ikterus besteht E. prüfte daraufhin, inwie-
fern der Zusatz von menschlicher Oalle die Agglu-
tination von Typhus-, Coli- und Cholerabacillen be-
günstigt, sodann, inwiefern das Blutserum von
Ikterischen die Agglutination von Typhusbacillen
beeinflusst. Er fand, dass die Qalle ohne jeden
Eünfluss auf die Agglutination ist, dass das Blut-
serum Ikterischer dieselben Agglutinationwerthe
zeigt, wie das Gesunder. Bei fieberhaftem Ikterus
ist eine gesteigerte Agglutinationkrafi; nicht aus-
geschlossen ; indessen handelt es sich alsdann um
eine sogen. Oruppenagglutination«
S o b 0 1 1 a (Heilanstalt Sorge).
240. Weitere Beiträge sur Pathogenese
des Ikterus; von Dr. H. Bppinger in Graz.
(Beitr. z. pathol. Anat. u. allgem. Pathol. XXXIII.
1 u. 2. p. 123. 1903.) Fortsetzung einer früheren
Arbeit K's. Vgl. dieselbe Ztschr. XXXL 2.
K hat mit Hülfe eines neuen, die Qallen-
capillaren in der menschlichen Leber darstellenden
Verfahrens werthvolle Beobachtungen und Ergeb-
nisse gewonnen. Er konnte nachweisen, dass der
Ikterus bei atrophischer Lebercirrhose in einem
Verschlusse der feineren, meist prficapillaren Oallen-
gänge begründet ist, deren zugehörige Parenchym-
inseln deutlichste Erscheinungen der Gallencapillar-
172
m. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
^tasie, Risse und Zellenneltrose zeigen. Letzteren
entquillt die Oalle, fliesst in die perivaskulären
Lymphrftume und erzeugt so Ikterus. Diese Er-
scheinungen stempeln den Ikterus bei Lebercirrhose
zu einer Art des mechanischen Ikterus. Der unter-
schied zwischen dem gewöhnlichen mechanischen
Stauungsikterus und dem Ikterus bei atrophischer
Lebercirrhose liegt nur darin, dass der Verschluss
bei ersterem den Ductus choledochus oder einen
weiteren, greifbaren Ductus hepaticus, bei letzterem
einen feinsten Gallengang betrifft, und dass er
zweifelsohne durch Bindegewebewucherung hervor-
gerufen wird.
Der Ikterus bei der Phosphorintozikation kommt
in der Weise zu Stande, dass Oallenthromben zur
Verstopfung von trabekulären Gängen, und zwar
zumeist an VerbindungsteUen mit anderen solchen
Gängen, Veranlassung geben. Die nächste Folge
ist Behinderung des Oallenabflussee aus den zu-
gehörigen Gallencapillaren und mächtige Dilatation
derselben. Diese führt zu Bissen an den distalen
Enden der intercellulären Gallencapillaren, zu Fort-
setzung der Risse, zu Absprengung der betheiligten
Leberzellen mit Herstellung winziger Nekrosen.
Mit Entstehung der Gallencapillarrisse ist selbst-
verständlich Erguss der Galle in die perivaskulären
Räume und so Ausbildung des Ikterus gegeben.
Der cyanotische Ikterus findet ebenfalls in
mechanischen Ursachen seine Erklärung. Bei vielen
incompensirten Herzfehlern ist die Reeistenzfähig-
keit der rothen Blutkörperchen gegenüber der
Stauung herabgesetzt; es kann zu einer Hämo-
globinämie kommen. In einem Falle nimmt die
Leberzelle- das gelöste Hämoglobin auf und ver-
arbeitet es, im anderen Falle wird es durch die
Nieren (Hämoglobinurie) ausgeschieden. Es kann
nun bei der Stauungs-Hämoglobinämie ähnlich wie
bei der Hämoglobinämie nach einer Phosphorvergif-
tung zur Eindickung der Galle und damit zur Bil-
dung von Gallenthromben kommen. Sind letztere
gebildet und so gelagert, dass siedenGallenabfluss
behindern, dann veranlassen sie Stauung im
Gallenkreiälaufe. Die weiteren Folgen sind Ektasie,
ampullenartige Anschwellung, Varikositäten der
Gallencapillaren,. Riss- und Risstrichterbildung und
Abfluss von Galle in die allgemeine Cirkulation.
Noesske (Kiel).
24L Bor loa mouTemente delymphooytes;
par J. Jelly. (Arch. de M6d. exp^rim. et d'Anat
pathoL XV. 1. p. 54. 1903.)
J. beobachtete Bewegungen des Kerns von
Lymphocyten bei Lymphocytämie und im Blute
von Kaninchen und bildet die verschiedenen Be-
wegungsformen ab. Noesske (Kiel).
242. Ueber Amitoae und Mitose. Unter-
suchungm an Wanderxeüm, EüerxeUm und frei-
lebenden amöboiden Zellen; von Prof. R. Kle-
mensiewicz in Graz. (Beitr. z. pathol. Anat
u. allg. Pathol. XXX. 1 u. 2. p. 51. 1903.)
Die aus der Ader gelasseneui zwischen Objekt*
träger und Deckglas beobachteten Wanderzellen
im Blute von Salamandra maculata und atra zeigen
anfänglich schwache, später immer energischer
auftretende Bewegungen. Diese Bewegungen, die
durch die veränderten biologischen Verhältnisse
angeregt sind, gehen nach und nach in Theilungs«
Vorgänge Aber. Die Theilung verläuft anfangs
unter den Erscheinungen einer typischen Amitose.
Die durch amitotische Theilung gebildeten Tochter-
zellen vermehren sich auf dem Wege ebensolcher
Theilungen weiter. Die gebildeten Theilprodukte
sind Zellen, die in Anbetracht der ungünstigen bio-
logischen Verhältnisse nicht immer Waohsthums-
erscheinungen zeigen.
lünige Stunden nach der Blutentnahme ent-
wickeln sich in den Wanderzellen Vacuolen, von
denen eine längere Zeit nach ihrer Bildung Pul-
sation zeigt Im weiteren Verlaufe der Unter-
suchung treten unregelmässige Theilungen und Ab-
schnürungen auf, die nicht mehr den Charakter
normaler Theilungen zeigen. Durch diese nekro-
biotischen Proceese werden kernlose Zellenreste
und Plasmaklümpchen gebildet, die noch lange Zeit
amöboide Bewegungen zeigen können.
Auch in der entzündeten Hornhaut des Frosches
kommen derartige Zellentheilungen und -abschnü-
rungen an den ausgewanderten Leukooyten vor.
Die histologischen Merkmale der Amitose bei den
polynucleären Leukooyten sind nicht so sehr in
dem Verhalten des Cytoplasma als in dem des
Karyoplasma zu sehen. Als unmittelbare Vor-
stufen der amitotischen Theilung sind nur jene
Kernformen zu betrachten, bei denen die Fragmente
weit auseinander liegen und die Verbindungsfäden
sehr lang und zart sind.
Die amöboiden Zellen aus Stroh- und Heuinfus
theilen sich sowohl auf dem Wege der Mitose, als
auch auf dem der Amitose. Die Mitosen zeigen
einen gewissen typischen Verlauf, daneben giebt
es atypisch verlaufende. Letztere zeigen allmähliche
üebergänge zu Theilungen, die als Amitosen be-
trachtet werden müssen. Für die Amitose sind die
Zwei-, Drei- und Mehrtheilung der Chromatin-
substanz des Kernes, sowie die Kernverbindungs-
fäden charakteristisch. Die durch Amitose pro-
ducirten Zellen haben anscheinend kein kürzeres
Leben als die mitotisch erzeugten. Auch funk-
tionell scheint ein wesentlicher unterschied zwi-
schen Mitose und Amitose nicht zu bestehen. Der
Unterschied zwischen beiden Theilungen ist haupt-
sächlich ein gestaltlicher und scheint in der
Schnelligkeit des Verlaufes seinen Grund zu haben.
Daher giebt es alle möglichen üebergänge vom
mitotischen zum amitotischen Theilungstypus.
Noesske (Kiel).
243. Ueber trübe Schwelliing; von Dr.
K. Landsteiner in Wien. (Beitr. z. pathoL
Anat u. allg. Pathol. XXXITL 1 u. 2. p. 237. 1903.)
IIL Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
173
In den Bpithelsellen der Niere, der Leber und
des Darmes findet bei der parenchymatösen Dege*
neration ein Zerfall der als regelmässiger Bestand-
theil vieler Zellen nachgewiesenen filaren Elemente
statt, bei dem die normaler Weise durch Färbung
darstellbaren fädigen Elemente des Protoplasma
an Färbbarkeit einbüssen und sich zu unregel«
massigem, kOmigem Inhalte umwandeln. FQr
eine Bildung von körnigem Inhalte auch aus der
Interfilarmasse wurde ein bestimmter Anhalte-
punkt nicht gefunden. An den Nierenzellen lässt
sich nachweisen, dass nach Zerstörung der Färb-
barkeit der Filarsubstanz noch eine streifiges Aus-
sehen bedingende Struktur bestehen bleibt. Die
Yergrösserung der Zellen ist möglicher Weise auf
eine durch den chemischen Zerfall des Protoplasma
bewirkte Quellung der Zellen zurückzuführen.
Neben der Zerfallkürnung sieht man in er-
krankten Nierenzellen Kugeln, wahrscheinlich flüs-
siger Natur, auftreten, die sich am reichlichsten
bei länger dauernden nephritischen Processen
finden, aber auch bei parenchymatös degenerirten
und akut entzündeten Nieren nicht fehlen und
selbst reichlich vorhanden sein können. Diese
Körper sind wahrscheinlich als eine Art Sekret
der Zellen, das unter dem Einflüsse des krank-
haften Reizes entsteht, aufzufassen und als ein
Substrat der Bildung von hyalinen Cylindem an-
zusehen. Die hyaline Masse bildet sich im Stäbchen-
apparate der Nierenzellen.
DieNierenepithelien können bei gesunden Indi-
viduen Einschlüsse enthalten, die durch Osmium-
säure gefärbt werden. Pathologische Einlagerun-
gen von Fettkörnohen können entweder bei er-
haltener oder bei destruirter Protoplasmastruktur
vorkommen und sind nach diesem Verhalten zu
unterscheiden. Die Bürstensäume der Nierenzellen
erhalten sich auch bei sehr schweren Erkrankungen
der Niere. Der Bürstenbesatz fehlt gewissen An-
theilen der gewundenen Nierenkanälchen (Schalt-
stücke) der normalen Niere.
In den Zellen der menschlichen Leber sind
nach der Behandlung mit Müller- Formol und
der Färbung mit Eisenhämatoxylin fädige Struk-
turen nachweisbar, in der Leber der Maus lassen
die Fäden eine regelmässige Anordnung erkennen.
Noesske (Kiel).
244. üeber Ansschaltung der Thymus-
drüse; von Dr. K. Bas eh. (Wien. klin. Wochen-
schr. XVL 35. 1903.)
B. fand bei Thieren, denen die Thymusdrüse
ezstirpirt, bez. funktionell ausgeschaltet worden
war, eine Veränderung des Stoffwechsels und eine
Abweichung des Knochenwachsthums. So war
namentlich der Kalkstoffwechsel gestört : ein ope-
rirtes Thier schied im Harne ganz bedeutend mehr
(das Doppelte bis Fünffache) an Kalksalzen ab als
ein Ck)ntrolthier. Dieser Verlust an Kalksalzen
ist jedenfalls auch die Ursache des verminderten
Ossifikationvermögens, wie es bei den Versuchen
zu Tage trat B. hatte nämlich bei operirten und
bei nicht operirten Thieren Frakturen an den lan-
gen Röhrenknochen angelegt und deren Heilungs-
verlauf beobachtet. Nicht nur die anatomische
Beschaffenheit des Knochens, sondern auch die
Reaktion auf die Fraktur war verschieden. Beim
operirten Thiere war die Neigung zur Heilung
unter Gallusbildung an der Frakturstelle eine viel
geringere als beim nicht operirten. Beim operirten
Thiere zeigte sich ferner eine grössere Weichheit
des Knochens, so dass man die Wahl der Fraktur-
stelle nicht so in der Gewalt hatte wie beim
Gontrolthiere. Je kürzere Zeit übrigens nach Ex-
stirpation der Thymus die Fraktur erzeugt wurde,
um so grösser war noch die Neigung zur Gallus-
bildung, was späterhin nicht mehr der Fall war.
Dies ist jedenfalls daraus zu erklären, dass in der
ersten Zeit nach Wegnahme der Thymus noch ein
gewisser Vorrath der von der Drüse gebildeten
Reizstoffe im Blute kreist und erst nach längerer
Zeit eine Verarmung des Körpers an solchen Stoffen
auftritt, die sich eben dann kundgiebt, dass eine
deutliche Störung in der Ossifikation zum Aus-
drucke kommt.
Jedenfalls ist ein Zurückbleiben der Knochen-
bildung nach Ezstirpation der Thymus bei den
Versuchsthieren nicht zu verkennen. Es ist daher
verführerisch, aus dieser Erscheinung auf eine
günstige Beeinflussung der Rhachitis durch Ver-
fütterung von Thymustabletten schliessen zu wol-
len, wie es bereits versucht wurde. Eine Empfeh-
lung dieser Therapie ist aber so lange als verfrüht
anzusehen, bis ermittelt ist, ob das Thymussekret
durch den Magendarmtrakt geht, ohne zerlegt zu
werden und ob es überhaupt vom Verdauungs-
apparate her eine pharmakologische Wirkung aus-
zuüben vermag. N e u m a n n (Leipzig).
245. Zar normalen und pathologischen
Histologie der Glandula thyreoidea, para-
thyreoidea and Hypophysls; von Dr. J. Erd-
heim in Wien. (Beitr. z. pathol. Anat. u. allg.
Pathol. XXXm. 1 u. 2. p. 158. 1903.)
E. hat sich in sehr eingehenden Studien haupt-
sächlich mit den aus Fett bestehenden körnigen
Zelleneinschlüssen der Gland. thyreoidea, para-
thyreoidea und Hypophysis unter normalen und
pathologischen Verhältnissen beschäftigt, die ihn
zu folgenden Schlüssen brachten.
In jeder normalen menschlichen Schilddrüse
finden sich (mit Ausnahme des 1. Lebensmonats)
am centralen, dem Lumen anliegenden Saume der
Epithelzellen regelmässig Körnchen, die ihren
Reaktionen entsprechend aus einem ölsäurehaltigen
Fette bestehen, das in feinen Körnchen mikrosko-
pisch gelbgrün, im extrahirten Zustande aber als
Masse eine tief dunkelbraune Farbe und die Gon-
sistenz einer weichen Salbe aufweist. Die Körn-
chen fehlen in der fötalen Schilddrüse stets voll**
174
lY. Pharmakologie und Toxikologie.
Btftndig, bei Neugeborenen fanden sie sich nur in
der Hälfte der F&lle und sind erst vom 1. Lebens-
monate an stets zu treffen.
Im Beginne ihres Auftretens sind ihre OrGsse
und Zahl äusserst gering, nehmen aber in der fol-
genden Zeit bis in das Oreisenalter regelmässig
zu. Im 2. Deoennium oonfiuiren die feinen Körn-
chen zu mittelgrossen und diese gruppiren sioh
im 4. Deoennium zu kemgrossen kugeligen Drusen.
Letztere übertreffen dann im Oreisenalter selbst
den Zellenkern an Orösse. Die Oesammtmasse
der Körnchen nimmt im extrauterinen Leben bis
in das Oreisenalter stetig zu und gestattet ein
Urtheil über das ungeffihre Alter des Indivi-
duum.
Die Lage der Kömchen am centralen Zellen-
raume ist in allen Fällen dieselbe. Mit der CoUoid-
sekretion haben sie nichts zu thun. Sie hängen
vielleicht irgend wie mit der Schilddrüsenfunktion
(inneren Sekretion) zusammen. Das Fett, aus dem
die Kömchen bestehen, hat keine giftigen Bigen-
sohaften.
Im pathologischen Schilddrüsengewebe (Ade-
nom) sind die Fettkömchen wie im normalen Oe-
webe vorhanden, jedoch meist an Zahl geringer,
da die Zellen des Adenoms ihrer Entwickelung
nach jünger sind als die des Hutterbodens. Im
Schilddrüsencarcinom sind die Kömchen immer
fein und spärlich, entsprechend dem jungen Oe-
schwulstgewebe.
In der Stmma gewisser Basedowkranker findet
eine lebhafte Oewebeneubildung statt Die jungen
Follikel sind entweder sehr gross und weisen
dann echte papilläre Bildungen auf oder sie sind
klein und glattwandig. Viele der soliden Zellen-
haufen, die in nicht osmirten Schnitten als junge
Oewebetheile erscheinen, sind alte, durch Zellen-
desquamation zu Omnde gehende Follikel Die
verschiedenen Zellenformationen kommen auch in
anderen Strumen vor; für gewisse Basedowstru-
men allein charakteristisch ist es aber, dass diese
Zellenformationen neugebildet, jung sind, was
nur mit Hülfe der Körnchen nachzuweisen mög-
lich ist.
Die in den Epithelzellen des menschlichen Epi-
thelkörpers (Oland. parathyreoidea) vorkommenden
Kömer sind sehr vielgestaltig. Stets sind Voll-
kömer in der Mehrzahl vorhanden, daneben Drusen-
bildungen, ringförmige Fettkömer, halbmondför-
mige Fettkörner, Halbmonde mit und ohne Yacuolen
und granuläre Kömchen, deren einzelne TheUohen
im nativen Zustande lebhafte, zitternde Bewegun-
gen ausführen. Das Fett beginnt in den ersten
Lebensmonaten aufzutreten und nimmt bis in das
höchste Alter zu. Der Oehalt der Epithelzellen
ist nur vom Alter und nicht von der Emfthrang
des Individuum abhängig.
Die chromophilen Zellen der Hypophyse finden
sich bereits bei Föten, wo sie noch klein und spär-
lich sind. Im mittleren Lebensalter sind sie am
reichlichsten und werden im Oreisenalter wieder
seltener. Im Anfange des postfötalen Lebens be-
ginnen im vorderen Lappen der Hypophyse zu-
nächst ganz feine Kömchen aufzutreten, die bis in
das höchste Oreisenalter continuirlich an Grösse
zunehmen. Sie sind vielgestaltig, es kommen
Voll- und Ringkömer und vacuoläre Formen vor.
Die Adenome der Hypophyse verhalten sich hin-
sichtlich der Fettkömchen analog denen der Schild-
drüse. Noesske (Kiel).
246. DieZaaammenaetiiing der Bluteiweias-
stoffe in einem Falle von Alkaptonnrie ; von
Emil Abderhalden und W. Falta. (Ztschr.
f. physioL Chemie XXXIX. 2. p. 143. 1903.)
Da dieHomogentisinsäure bei der Alkaptonnrie
sich aus Tyrosin und Phenylaknin bildet, so
müssten, falls die Alkaptonbildung (nach Annahme
von Wolkow und Baumann) durch speoifische
Bakterien im Darme bewirkt wird, die Eiweiss-
körper des mit Alkaptonnrie Behafteten fast nichts
mehr von der Tyrosin- und Phenylanalingmppe
enthalten. Im Seram eines solchen Kranken fanden
sich aber Tyrosin- und Phenylalanin in ungefähr
denselben Oewichtverfaftltnissen , wie sie in den
entsprechenden Eiweisskörpem gefunden sind;
ausserdem enthielt das Semm Homogentisinsäure.
Die Stömng bei der Alkaptonnrie ist also weder
im Darmkanale, noch bei der Resorption zu suchen.
Y. Lehmann (Berlin).
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
247. Trigemin, ein Analgeticam und Seda-
tivum ; von Dr.Overlach. (Berl. klin. Wchnschr.
XL. 35. 1903.)
Trigemin entsteht durch die Einwirkung von
Butylchloralbydrat auf Pyramiden und entfaltet
nach 0. die bemhigende und schmerzstillende
Wirkung dieser beiden Stoffe in einer angenehmen
Verbindung. Zu 0.5 — 1.2 g soll es bei den ver-
schiedensten Arten von Kopfschmerzen, bei Zahn-
schmerzen, Neuralgien u. s. w. oft vortrefflich
wirken, _ .
Dippe.
248. Der Einflass des Veronal aaf die
StickstoflQinssoheidimg beim Menschen; von
Dr. Gurt Trautmann. (Ther. d. Gegenw. N. F.
V. 10. 1903.)
Ghloralhydrat bewirkt eine beträchtliche Stei-
gerung des Eiweisszerfalles, die Disulfone (Sulfo-
nal, Trional u. s. w.) haben keinen Einfluss auf die
Stickstoffausscheidung, Veronal wirkt nach Tr.'s
Untersuchungen e^weiauirspannd. Man wird also
bei längerem Oebrauche, bei elenden, fiebernden
Menschen dem Veronal schon aus diesem Grunde
den Vorzug geben. Dippe.
rv. Pharmakologie und Toxikologie.
176
249. Salioylsftiireglyoerinester (Glykosal);
von Dr. H. Rats. (Therap. Monatah. XYH 9.
1903.)
Das Olykosal ist äasserlich nnd innerlich als
Antirheumaticam empfohlen worden. R hat es in
der Ebrlanger Poliklinik erprobt und stellte zunächst
fest, dass es weder mit einer indifferenten Salben«
grandlage, noch in alkoholischer LOsung von der
gesunden Haut aus aufgenommen wird. Die Auf-
saugung erfolgt aber in beträchtlichem Kaasse,
wenn man der Salbe oder der LOsung einen flüch-
tigen Stoff, Ol. Terebinthinae, Chloroform u. s. w.,
zu lO^lo zusetzt. In dieser Form lobten verschie-
dene Kranke das Mittel.
Innerlich muss man grosse Mengen (in gut
geschlossenen Oblaten) geben. Bei akutem Gelenk-
rheumatismus z. B. 5mal täglich 2.0. Dann hat
man ein brauchbares Salicylpräparat, das auffallend
geringeNebenerscheinungen hervorruft und nament-
lich den Magen wenig belästigt. D i p p a
260. Erüahrongon über ABpIrin; von Dr.
Ludwig Thieme. (Therap. Monatsh. XVH 9.
1903.)
Th. hat in der Brehmer'schen Anstalt in
QOrbersdorf das Aspirin als Fiebermittel bei Tuber-
kulosen erprobt und ist mit seinen Erfolgen durch-
aus zufrieden. Oft genügen schon kleine Mengen :
0.26 g 2mal mit einer Zwischenzeit von 4 — 6 Stun-
den. Sehr angenehm ist es, dass diese kleinen
Mengen weder Schweiss, noch sonst irgend eine
unangenehme Erscheinung hervorrufen. D i p p a
261. Brfahmngen mit Mesotan; von Dr.
Heinrich Kayser. (Münchn. med. Wchnschr.
L. 38. 1903.)
In der Strassburger med. Klinik hat man mit
dem Mesotan als Antirheumaticum gute Erfahrun-
gen gemacht, hat aber recht oft empfindliche Bei-
zungen der Haut, ürticaria-fthnliche Ausschläge
bis zu lästiger Blasenbildung gesehen. E. räth,
das MesotanOl (Mesotan und Olivenöl zu gleichen
Theilen) auf die Haut nur aufzupinseln, nicht ein-
zureiben, und zwar 2mal täglich 1 TheelOffel volL
Darüber kommt nichtentfettete Watte. Das Oel
soll abwechselnd auf verschiedene Stellen auf-
getragen, länger als 1 Woche für gewöhnlich nicht
angewandt und bei dem Auftreten der ersten Reiz-
erscheinungen fortgelassen werden. D i p p e.
262. Ueber die therapeatlBOhe Verwen-
dung dee Chlorbaryams ; von Dr. v. Tabora.
(Deutsche med. Wchnschr. XXIX. 39. 1903.)
Das seit Alters her als Heilmittel bekannte
Ghlorbaryum ist neuerdings als Herzmittel zum
Ersatz der Digitalis empfohlen worden, v. T. hat
es in der Giessener med. Klinik erprobt und hat
gefunden, dass es „bei leichteren Insufficienz-
zuständen mit gesunkenem Blutdruck'* in derThat
oft recht günstig wirkt Es steigert den Blutdruck,
wobei das Erste wahrscheinlich eine Gontraktion
der Gefässe ist, es erhöht die Spannung des Pulses,
es vermehrt den Harn, aber das Alles nur in leich-
ten Fällen. Bei starker InsufÜcienz, bei beträch-
licher Herzschwäche nützt das Mittel nicht (kann
wahrscheinlich schaden), ein Ersatz der Digitalis
ist es für diese Fälle ganz und gar nicht Beson-
ders zu empfehlen ist das Chlorbaryum vielleicht
„bei jenen Infektionskrankheiten, in denen die
Ereislaufschwäche nicht durch primäre Herzschä-
digung, sondern durch centrale Vasomotorenläh-
mung bedingt ist'^
Uan kann 0.1 — 0.16 pro die in Pulvern zu
0.02—0.06 einige (2—4) Tage lang geben, un-
angenehme Erscheinungen traten nicht auf.
Dippe.
263. Dialysatam digitalis grandiflorae (Gk>-
lai). Digitalinum puriss. germanicam (Merok).
Inftisam herbae digitalis purpnreae nach Ver-
Buohen am iaolirten Frosohhen ; von Dr. P. Q.
Brondgeest (Centr.-BL f. innere Med. XXIV.
37. 1903.)
Vergleichende Froschherzversuche zur Werth-
bestimmung der genannten Präparate ergaben, dass
das Golaz'sche Präparat sehr wirksam ist Es
erlaubt ausserdem genaue Dosirung und hat nicht
den widerwärtigen Geschmack der übrigen Drogen.
W. Straub (Leipzig).
264. Ueber den BinflaBs des Alkohols auf
die Blatoirkalation ; von Dr. J. S w i e n 1 0 c h 0 w s k i.
(Ztschr. f. klin. Med. XLVI. 1—4. p. 284. 1902.)
„Wenn wir die Besultate aller unserer Unter-
suchungen zusammenfassen, müssen wir dem
Alkohol nicht nur jeden erregenden Einfluss ab-
sprechen, sondern ihn als ein Mittel ansehen,
welches, wenn auch nur in einem gewissen Grade,
so doch schwächend das ganze Girkulationssystem
beeinflusst" Die anscheinend wohlthätigen Wir-
kungen des Alkohols sind auch hier, wie bei
anderen Organen, Lug und Trug, im Ghrunde ist
der Alkohol nur schädlich. Dippe.
266. Klinisohe Unteraaohongen über die
Wirkung der BisenBomatose ; von Dr. E. von
Matzner in Birkfeld. (Heilkde. VII. 8. 1903.)
V. M. empfiehlt die Eisensomatose dringend als
besonders gut wirkendes und besonders leicht ver-
trägliches Mittel bei den verschiedenen Formen der
Blutarmuth und Emährungstörung. Er giebt Er-
wachsenen 8 — 10 g pro Tag und legt durch sorg-
iUtige Beobachtungen die vortreffliche Wirkung dar.
Dippe.
266. Ueber die therapeutiflohen Effekte des
BiamuthB und seiner Verbindungen (nament-
lich der Bismuthose); von Dr. B. L aquer.
(Arch. de M6d. des Enf. p. 340. Juni 1903.)
Bismuth und seine Verbindungen wirken nicht
nur mechanisch auf Katarrhe und Geschwüre des
Magen -Darmtraktes ein, sondern, wie Fuchs
nachgewiesen hat, wahrscheinlich auch chemisch.
176
IV. Phannakologie und Toxikologie.
Andererseits darf nicht die antiseptische Wirkung
dieser Stoffe vergessen werden, wodarch die Faul*
niss albnminoider Körper hintangehalten wird,
wfthrend, in Folge der katalytischen Kraft des
Bismuths, das Bismuthprotoxjd im Stande ist,
Sauerstoff zu binden, zu verdichten und dann an
andere Körper abzugeben.
Das Bismuthum subnitricum wird durch die
Magen- und Darmsäfte in Bismuthprotoxyd umge-
wandelt, das in die Gewebe eindringt und auf die
Neubildung der Epithelien in ganz besonderer
Weise einwirkt Die Bismuthose ist den anderen
Bismuthverbindungen vorzuziehen, da sie euer*
gischer einwirkt, sich langsamer und regelmässiger
zertheilt. Im Allgemeinen giebt man 6 g Bismu-
those pro Tag in Oummischleim. Bei Cholera
nostras, akutem Darmkatarrh und ohron. Enteritis
werden damit sehr gute Erfolge erzielt
E.Toff (Braila).
257. Die Bierhefe bei experimentell er-
sengter Streptokokken- und Btaphylokokken-
infektion; von R Turrö, J. Tarruella und
A. P r e s t a. (Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIV.
1. p. 22. 1903.)
Nach den Untersuchungen der Yff. übt die
Bierhefe bei experimenteller Anwendung eine deut-
liche Heilwirkung gegenüber einer Streptokokken-
inrektion des Kaninchens aus, sowohl bei lokaler,
wie bei AUgemeinerkrankung. Die Anwendung
erfolgt subcutan in Dosen von lOccm aus einer
gut entwickelten Cultur; sie ist 5 Tage mindestens,
12 Tage in maximo zu wiederholen. Die gleichen
Verhältnisse herrschen bei der Staphylokokken-
infektion. Nach Subcutaninjektion von 10 com
Bierhefe 4 — 6 Tage hindurch erzielt man beim
Kaninchen eine temporäre Immunität gegen ex-
perimentell erzeugte Streptokokken- und Staphylo-
kokkeninfektion. Das wirksame Princip des Sao-
charomyoes cerevisiae ist nicht in seiner Oulturflfls-
sigkeit enthalten ; es wurzelt im Zellenprotoplasma
und tritt in Thätigkeit, sobald es durch Ver-
dauung seitens der Leukocyten der Körperlymphe
gelöst ist. Das Blutserum der mit Hefe behandel-
ten Kaninchen zeigt agglutinirende Eigenschaften
gegenüber dem Streptococcus und Staphylococcus
aureus und albus. Mit Hefe beschickte Rinder-
bouillon oder Malzbrühe wirken vom 2. Tage an
agglutinirend auf die genannten Bakterienarten;
bei der Erwärmung auf 55^ erlischt diese Eigen-
schaft In dem Eiter eines mit Bierhefe behandel-
ten Individuum verringert sich die Zahl der pyo-
genen Keime je länger die Behandlung dauert; der
Eiter wird schliesslich steril, gleichzeitig nimmt
der Virulenzgrad immer mehr ab. Das wirksame
Princip der per os aufgenommenen Bierhefe wird
löslich und assimilationfShig unter der verdauen-
den Wirkung gewisser Bakterienarten der Darm-
flora, die noch nicht genau bestimmt sind.
Walz (Stuttgart).
258. Aotion de Taoide formtque aar le
Systeme maeoalsire ; par le Dr. E. Clement.
(Lyon mM. CI. 31. p. 161. Aoüt 2. 1903.)
Ameisensäure soll eine speoifische Muskel-
wirkung haben, und zwar kommt diese günstige
Wirkung nach Einverleibung von 8 — 10 Tropfen
einer unbekannten Verdünnung sehr rasch, spä-
testens nach 24 Stunden zum Vorscheine.
W. Straub (Leipzig).
259. Ueber Tfaiosinunin vnd seine An-
wendung; von Dr. Alfred Lewandowski in
Berlin. (Therap. d. Qegenw. N. F. V. 10. 1903.)
Ueber Thiosinamin ist bereits viel geschrieben
worden, seine eigenthümliche narbenerweichende
Wirkung ist oft gerühmt, von Anderen aber auch
als bedenklich hingestellt worden. L. stellt Lite-
ratur und eigene Beobachtungen zusammen und
kommt zu folgenden Ergebnissen : Das Mittel ist
für den OesammtkGrper unschädlich. Sicher wirk-
sam sind nur Einspritzungen einer 15proc. alko-
holisohen L(yeung unter die Haut Mit der inner-
lichen Darreichung ist noch nichts Bechtes anzu-
fangen. ThiosinpflastermuU (Unna) reizt oft heftig,
ist aber in geeigneten Fällen eines Versuches werth.
Eine gute Erklärung der „elektiven^^ Wirkung giebt
es noch nicht „Indieirt ist seine Anwendung:
a) bei allen narbigen Zuständen der äusseren Haut
und des inneren Körpers, ganz gleich, welcher
Provenienz die Narbe ist; so ist es erfolgreich bei
allen Hautnarben, Verbrennungen, Lupus, Carcinom,
bei Adhäsionen, Verklebungen, Verwachsungen
innerer Organe unter einander und mit serösen
Häuten, ferner bei Keloiden und Sklerodermie und
Rhinophym; b) als präparatorisches Mittel vor
Operationen, welche wegen gefährlicher Verwach-
sungen Schwierigkeiten bereiten; c) als narben-
erweichendes Mittel nach Operationen, wo die Narbe
die Ursache der postoperativen Beschwerden ist;
d) in der Augenheilkunde bei alten Hornhautflecken,
Katarakt, iritischen Verwachsungen (hintere Syn-
echie), Chorioiditis disseminata exsudativa ; e) bei
jenen Fällen von Schwerhörigkeit und Taubheit, die
durch fibröse Massen und narbige Veränderungen
im inneren Ohr (Paukenhöhle) verursacht werden.
Seine Anwendung ist eorUraindieiirt oder nur mit
grosser Vorsicht erlaubt, wenn die Möglichkeit vor*
liegt, dass akute oder eben abgelaufene entzünd«
liehe Prooesse durch ihr Aufflammen dem Organis*
mus Gefahr bringen könnten (frische Keratitis).
Liegt einePropagation der Entzündung imBahmen
der therapeutischen Absicht, steht seiner Anwen*
düng nichts im Wege.'^ Dippa
260. üeber Anwendung und therapeutiflohe
Wirkung sabooiUimotivAler Natrium Jodiomn-
Injektionen bei ftcuMeren und inneren Augen-
erkrankungen ; von Dr. Schiele. (Aroh. f.
Augenhkde. XLVIIL 1. p. 82. 1903.)
Seh. wendet suboonjunctivale Injektionen von
Natrium jodicum (1.0 : 1000.0) seit 1900 an. Bei
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
177
vorheriger Cooainisirung der Bindehaut und Zusatz
von einigen Tropfen Acoin (l«/o) zu der Natrium
jodicum-LOsung waren die Injektionen ann&hemd
schmerzlos. Die Einspritzung wurde nach 3 bis
4 Tagen wiederholt. Auf Orund seiner günstigen
Erfahrungen hält er das Mittel für angezeigt:
bei Homhautstaphylom, absolutem Qlaukom und
schmerzhaften GlaukomanAllen , Panophthalmie,
Iritiden und Cyklitiden aller Art in den verschie-
densten Stadien, Chorioiditis in macula und in
myopia, Cornealinfiltraten und Geschwüren, Herpes
corneae und Keratitis interstitialis. Bei Opticus-
erkrankungen verwendete er neben subconjuncti-
valen Strychnin-Injektionen erfolgreich subcutane
Injektionen von 5proo. Natrium jodicum in die
Schläfengegend. Seh. nimmt an, dass die Wir-
kung des Mittels sich äussere: 1) als indirektes
Lymphagogum, 2) als indirektes Antisepticum,
3) als direktes Antisepticum, 4) als Specificum bei
syphilitischen und rheumatischen Augenerkran-
kungen, 5) als Analgeticum.
Bergemann (Husum).
261. Betrachtungen nnd Untersaohangen
über die Wirknngsweiae des MOollargolOrede**;
von Dr. B a m b e r g e r. (Berl. klin. Wchnschr. XL.
34. 1903.)
B. vergleicht die Wirkung des CoUargols mit
der Einspritzung von Fremdkörpern, z. B. von auf-
geschwemmter Tusche, in die Blutbahn. Das
Collargol lOst sich nicht im Serum und hat keine
bakteridde Wirkung. Man muss im Oegentheil
die GoUargol-Einspritzung betrachten als eine Ein-
verleibung von feinst- vertheilten Silberpartikelchen.
Ob ein Einfiuss auf die Zusammensetzung des Blutes
ausgeübt wird, ist noch nicht hinreichend bekannt.
B. suchte speciell die Einwirkung auf die Leuko-
cyten zu ergründen und rieb sich zu dem Zwecke
zu wiederholten Malen je 3 g Originalsalbe ein. Er
konnte alsdann jedesmal i/| Stunde nach der Ein-
reibung eine Abnahme der Leukocyten feststellen,
die im Laufe der nächsten beiden Stunden noch
zunahm, nach 5 Stunden aber einer die ursprüng-
liche Zahl weit überschreitenden Zunahme wich.
Diese Verhältnisse beziehen sich, wie B. selbst
einschränkend sagt, auf den gesunden Menschen
mit normaler Leukocytenzahl.
8 0 b 0 1 1 a (Heilanstalt Sorge).
262. NotiB aber einen Meningitiafiait ge-
beeaert durch intrarhaebidialeBinapritiongen
von OoUargol; von Dr. C. Parhon u. S. Bor-
hjna. (Spitalul. XXUI. 13. p. 498. 1903.)
Es handelte sich um einen typischen Menin-
gitisfall bei einer ISjähr.Pat; Somnolenz, Nystag-
mus und Nackensteifigkeit waren die Hauptsym-
ptome. Temperatur 38.5<», Puls 90. Nach Punk-
tion und Entleerung von Cerebrospinalflüssigkeit
wurden 2 — 2^/|g einer Iproc. CoUargoUüsung ein-
gespritzt; ausserdem warme Bäder gegeben. Nach
Med. Jahrbb. Bd. 280. Ha 2.
7 Tagen konnte die Kranke, auf eigenen Wunsch,
das Erankenhaus erheblich gebessert verlassen.
RToff (Braila).
263. Akoin in der Chirurgie; von Dr. S.
Daconto. (Deutsche Ztschr. f. Chir. LXIX.
5 u. 6. p. 457. 1903.)
D. hat die Iproc. Akoinlöaung bei kleineren
Operationen angewendet und gefunden, dass das
Akoin ein Lokalanästheticum von sehr hohem
Werthe und äusserst geringer toxischer Wirkung
ist. Die Wirkung ist prompt und stets positiv;
sie ist andauernder und länger bemerkbar in der
Tiefe der Gewebe, als auf der Oberfläche. Ein
starkes Durchsickern des Blutes aus der Wunde
schwächt die zuerst erzielte Anästhesie sehr ab;
in solchen Fällen zeigen sich Compressen mit
Akoinlüsung ausserordentlich nützlich. Man hat
keine Nekrose an der Binstichstelle zu befürchten,
wenn die LiOsung nicht stärker ist, als 1 — 2pro-
centig. Ebenso sind, wenn die Lösung richtig be-
reitet ist, keine septischen oder Eiterherde zu be-
fürchten. Der Gebrauch von Akoin stürt in keiner
Weise die Vernarbung der Wunden.
P. Wagner (Leipzig).
264. Die chemieohe Oonatitution dee Mor-
phins in ihrer Beiiehung rar Wirkung; von
Ernst Vahlen. 2. Abhandlung. (Arch. f. ex-
perim. Pathol. u. Pharmakol. L. 1 u. 2. p. 123. 1903.)
y. theilt weitere Versuche mit seinem Epiorin
mit und nimmt Stellung zu dem Angriffe von
Pschorr, der die narkotische Wirkung des
Epiorins als eine indirekte ansehen will, hervor-
gerufen durch Athmungsbehinderung in Folge von
Methämoglobinbildung. Zunächst wird constatirt,
dass die Athmung unter Epiorinwirkung flacher
und langsamer wird. Der Blutdruck am Hunde
wird etwas erhöht, wahrscheinlich durch centrale
Beizung, darin unterscheidet sich das Präparat vom
Morphin. Bezüglich des Pschorr 'sehen Ein-
wandes weist V. nach, dass die narkotische Wir-
kung auch ohne nachweisbare Methämoglobin-
bildung auftreten kann, erst ungeheure Dosen
Epiorin lassen nachweisliche Blutzersetzung con-
statiren. W. S t r a u b (Leipzig).
265. Ueber die Toderanaohe bei dar
Sparteinvergiftong; von E. Mute u. T. Ishi-
zaka. (Arch. f. experim. PathoL u. PharmakoL
L. 1 u. 2. p. 1. 1903.)
Man ist noch uneinig darüber, ob die Athem-
sistirung bei Sparteinvergiftung central oder peri-
pherisch ausgelöst wird. Die Yff. weisen nach,
dass beide Anschauungen richtig sind, indem die
Lähmung auf kleine Gaben hin Wirkung der peri-
pherischen Phrenicusenden ist, während die Läh-
mung nach grossen Qaben noch durch centrale
Lähmung der Nerven der accessorischen Athem-
muskeln complicirt ist Diese letzteren Nerven-
23
178
y. Neuropathologie und Psychiatrie.
Stämme sind auf der H5he der Wirkung noch gut
erregbar. W. S t r a u b (Leipzig).
266. Some of the dangera of formal; by
K A. Spitz ka. (Science N. S. XVIIL p. 87.
1903.)-
Zusammenstellung einiger F&lle von Form-
aldehydvergiftung aus der Literatur. Spiritus
Minderen (NHg I) als Oegengift
W. S t r a u b (Leipzig).
267. A preliminary oommunioation onthe
ohangea in nerve oella alter poiaoning with
the venom of the Anatralian tiger-anake (Hoplo-
oephalua lurtiia); byKilvington. (Journ. of
Physiol. XXVm. 6. p. 426. 1902.)
Nach subcutaner Injektion des Qiftes der
australischen Tigerschlange treten bei Kaninchen
in den Ganglienzellen des Bückenmarkes Verände-
rungen der Nissl-EOrperohen auf (Zerstäubung
und schliesslich vollständiger Schwund der färb-
baren Substanz). Im mikroskopischen Bilde lassen
sich aber diese Veränderungen nur feststellen,
wenn die Qiftdosis nicht zu hoch war, so dass das
Thier die Vergiftung mehrere Stunden überlebte.
Garten (Leipzig).
268. Weiterea über den Naohweia von
Strychnin im Diokdarminhalt; von Dr. Wil-
li a m S u 1 a n t. (Centr.-Bl. f. innere Med. XXIV.
30. 1903.)
S. berichtigt seine frühere Angabe, der zufolge
Strychnin durch Behandeln mit Dickdarminhalt
von Kaninchen chemisch und physiologisch nicht
mehr nachweisbar sein soll, dahin, dass bei vor-
sichtiger Behandlung dieser Nachweis wohl gelingt
W. Straub (Leipzig).
269. SzperimenteUe Stadien über Lokali-
aation desQueokailbera bei Queokailbervergif •
tong; von Johan Almkvist. (Nord. med. Ark.
Afd. n. N. F. IIL 2. Nr. 6. p. 1. 1903.)
Die von A. ausgearbeitete Methode des mikro-
chemischen Hg-Nachweises besteht darin, dass die
frischen Schnitte in mit 4proc. Salpetersäure ver-
setzten Schwefel Wasserstoff wasser 8 — 10 Stunden
gegeben werden. Darin bildet sich ein gelber
Niederschlag von Schwefelquecksilber. Darauf
folgt das übliche Härtungsverfahren mit Alkohol
und Einbettung. Jod ist zu vermeiden, da es
Sohwefelqueoksilberlüet. Mit dieser Methode unter-
suchte A. die Organe von Kaninchen, die er schwach
mit Quecksilber vergiftet hatte. Er fand, dass das
Metall zum grüssten Theil bei der Vergiftung im
Blute, in der Lymphe und im Gewebesafte gelöst ist
Ausserdem findet sich unlösliches gelbes Schwefel-
quecksilber im Darme, besonders in jenen Partien,
wo reichliche Fäulnissprocesse sich abspielen.
Intraoellulär fand A. das Quecksilber in den Nieren,
besonders in den Zellen der gewundenen Eanäl-
chen 1. und 2. Ordnung, sowie in der breiten Ab-
theilung der Henle 'sehen Schleifen, so dass es
wahrscheinlich erscheint, dass das Quecksilber
durch Sekretion ausgeschieden wird. Das Queck-
silber, das im Darme und vielleicht auch in der
Mundschleimhaut (Stomatitis) den Schwefelqueck-
silberbelag verursacht, wird von Leukocyten dortbin
gebracht. W. S t r a u b (Leipzig).
270. Uebertritt und Wirkung dee Fhoa-
phora auf menaohliohe undthieriaoheFrüohte;
von A. Wassmuth. (Vjhrschr. f. gerichtl. Med.
3. F. XXVL 1. p. 13. 1903.)
Bei einem gleich nach der Gebart gestorbenen
Smonatigen Foetns, dessen Mutter in den letzten 3 AVoclien
vor der Geburt Phosphor genommen hatte, fanden sich
Ikterus der Haut, der Meningen und des Endokards, zahl-
reiche Blutaustritte, und fettige Entartung fast aller
Organe, besonders der Leber und des Herzens, weniger
in den Nieren, der Moskolatar und der Plaoenta. Bei
Meersohweinchenversaohen ergab sich etwa 48 Standen
nach der Verfatterang von Phosphoröl an die Matter-
thiere bereits das Vorkommen von Fetttröpfchen in den
fötalen Geweben der Leber, des Herzens und der Nieren,
wobei die Leber immer am stärksten betroffen war.
Gleichzeitig traten Blutungen in den serösen Häuten auf,
zuerst an den Meningen und dann am Herzbeutel, später
stellten sie sich auch in dem Gekröse, an der Pleara und
in der Muskulatur ein. Deutliche Gelbfärbung Hess sich
erst am 4. Tage, ziemlich gleichzeitig am Mutterthiere
und an den Föten, nachweisen. Woltemas (Solingen).
V. Neuropathologie und Psychiatrie.
271. üeber Morbna Baaedowii. (Vgl. Jahrbb.
CCLXXIX. p. 56.)
L. Hofbauer (Typische AthemstOruugen bei
Morbus Basedowii. Mittheil. a. d. Orenzgeb. d. Med.
u. Ghir. XI. 4. p. 531. 1903) glaubt, dass das den
Morbus Basedowii bewirkende Qift direkt die Ath-
mung störe. Die dem Morbus Basedowii eigenen
AthemstOrungen seien dadurch gekennzeichnet,
dass die Athemcurye abgeflacht ist, dass Bin- und
Ausathmung gleichzeitig verlängert sind, dass
Erhöhungen der Curvenlinie unregelmftssig mit
Athempausen wechseln. Viel seltener als diese
andauernden Störungen seien Anfälle mit Vertie-
fung der Athmung, rascher Ein- und Ausathmung,
Athempausen.
H. hat einige Kranke untersucht und die Athem-
curven aufgenommen. Er bildet sie ab und leitet
aus ihnen seine Schlüsse her.
Er will aber nicht leugnen, dass auch vom
Herzen her oder durch Druck bei Morbus Base-
dowii Athemstörungen entstehen.
J. Oordon Sharp (Respiratory crises in
Qravee' disease. Lancet June 27. 1903) beschreibt
als Athemkrisen schnelles Athmen bei Morbus Base-
dowii. Er theilt 2 Beobachtungen mit Die eine
Fat hustete, fühlte Kitzel im Halse und musste
V* Neuropathologie und Psychiatrie.
179
rasch athmen. Die andere hatte ordentliche An-
fälle von Athemnoth mit etwa 60 Athemzügen in
der Minute. In beiden Fällen brachte Opium
rasch Hülfe. Sh. meint, es müsse ein Qift auf
das Athemcentrum wirken, etwa so wie das
Atropin.
Peppo ABchiot6 (Bradyoardiedanslamala-
die de Basedow. Revue neuroL XL 11. p. 587.
1903. Bericht über den Congrees in Madrid) glaubt
bei einem Basedow-Kranken Bradykardie beobachtet
zu haben.
Es handelte sich um einen 40jähr. Mann mit Stmma,
Exophthalmus, dem charakteristischen Zittern u. s. w.
Der Puls schlug 55mal in der Minute.
Ob etwa sonst Zeichen von Myxödem bestanden
haben, wird nicht gesagt.
G. V. Voss (Zur Symptomatologie und The-
rapie der Basedow'schen Krankheit Deutsche med.
Wchnschr. XXIX. 33. 1903) hat bei einer Basedow-
Kranken, ausser Facialislähmung, Parese beider
Abduoentes, rechts Lähmung der Bliokheber, links
Lähmung der Blicksenker beobachtet Bei einer
anderen Pat bestanden choreatische Bewegungen
des linken Armes und Parese der Beine (besonders
des linken) mit Fussphänomen.
Bei der 1. Pat war der günstige Erfolg einer
Einspritzung von 450 com physiologischer Koch-
salzlösung unter die Bauchhaut bemerkenswerth.
Die Kranke war erst ganz hinfällig und benommen,
wurde dann klar und erholte sich. Mit Recht
warnt v. V. vor Anwendung des Thyreoidin und
der Jodpräparate bei Morbus Basedowii. Man müsse
überhaupt mit stark wirkenden Mitteln (Digitalis)
vorsichtig sein.
Burghart und Blumenthal (üeber die
specifische Behandlung des Morbus Basedowii.
Ther. d. Oegenw. Aug. 1903. p. 337) berichten
über ihre neuerlichen Erfahrungen mit dem Merck^-
sehen Serum und mit Bodagen. Sie haben das
Serum des schilddrüsenlosen Hammels unter die
Haut gespritzt (1 g täglich) und in 2 Fällen recht
gute Erfolge erzielt.
I. 24jähr. Mädchen. Seit 3 Jahren krank. Grosse
Struma. Exophthalmas, Tachykardie, wirres Aussehen,
Schlaflosigkeit, Schwitzen, Abmagerung. Nach 14tägiger
Behandlung wesentliche Besserung: Verkleinerung des
Halsumfanges um 2 cm, besserer Schlaf, geordnetes Aus-
sehen. In 4 Wochen um 10 Pfund Zunahme.
Bei Aussetzen der Behandlung später Rückfall.
Neuerliche Besserung bei combinirter Behandlung mit
Serum und Rodagen.
Das Rodagen haben die VfF. in 10 Fällen mit
gutem Erfolge angewandt Sie gaben 5, 10, 15
und mehr Gramm täglich, bis 50 g. Interessant
ist, dass sich bei den operirten Ziegen ein dem
Myxödem ganz ähnlicher Zustand ausbildet.
Die Yff. betonen, dass die günstige Wirkung
der specifischen Behandlung am Herzen am wenig-
sten zu spüren ist. Sie vermuthen, dass da, wo
schon organische Veränderungen am Herzen be-
stehen, Serum und Rodagen sogar nachtheilig auf
das Herz wirken können.
In der Lancet vom 26. Sept 1903 (p. 910)
erklärt Dr. A. War den, er habe ein Serum für
Basedow -Kranke herstellen lassen, nämlich das
Serum schilddrüsenloser Hunde, und er hoffe, es
werde gut wirken. [Ein wenig mehr könnten sich
schon die Engländer um die Literatur kümmern!]
J. J. Bodman (Exophthalmic goitre. Amer.
Pract and News XXXVI. 131 ; July 1. 1903) hat
in einem Falle von Morbus Basedowii die statische
Elektricität mit sehr gutem Erfolge angewandt
B6niBuxbaum (Zur Therapie des Morbus
Basedowii. Bl. f. klin. Hydrother. Xm. 8. 1903)
berichtet (mit Pulscurven) über wesentliche Besse-
rung einer 48jähr. Basedow-Kranken durch Wasser-
behandlung: Feuchte Einpackungen mit kalten
Rückenschläuohen. Interessant ist, dass die Krank-
heit durch Gelenkrheumatismus entstanden war.
Kirnberger (Zur Therapie der Basedow'schen
Krankheit Ther. d. Gegenw. Oct 1903. p. 439)
hat als Antidot des Jod das sulfanilsaure Natron
(10 g täglich) den Basedow-Kranken gegeben. Das
Mittel wurde gut vertragen, steigerte den Appetit
und das Wohlbefinden ; die Abmagerung hörte auf,
das Gewicht nahm wieder zu. Die anderen Sym-
ptome wurden nicht wesentlich beeinflusst In
einigen Fällen hat K. den einen Tag sulfanilsaures
Natron, den anderen Bodagen (5 — 10 g) gegeben
und er glaubt auf diese Weise besonders gute Er-
folge erreicht zu haben. M ö b i u s.
272. üeber Akromegalie. (Vgl. Jahrbb.
CCLXXIV. p. 249.)
[Dr. Arnold Josef son (Studier öfver akro-
megali och hypophysis tumörer. Arsberättelse
frän Sabbatsbergs sjukhus i Stockholm för 1901
och 1902. Stockholm 1903. s. 160—343) theilt
16 Fälle mit, 7 von Hypophysisgeschwulst mit
Akromegalie, 1, in dem zuerst toxigene ossifici-
rende Osteoperiosteitis diagnosticirt worden war,
ehe die Diagnose auf Akromegalie gestellt wurde,
4 von Hypophysentumor ohne Akromegalie, 2 von
bösartiger Cystenbildung in der Hypophysen-
gegend, 1, in dem die Diagnose einer Hypophysen-
geschwulst nicht mit Sicherheit zu stellen war,
und 1 von Hypertrophie der Hypophyse mit
angeborener Struma. J. bespricht eingehend die
Diagnose der Akromegalie wie der Hypophysen-
geschwülste, besonders die Erscheinungen am
Sehorgane. Nach den von J. mitgetheilten Fällen,
wie den übrigen Erfahrungen besteht bei Hypo-
physentumoren bitemporale Hemianopsie oder
Hemiachromatopsie, die sich meist in der Richtung
von oben nach unten zu entwickeln scheint Mit-
unter ist das eine Auge blind und in dem anderen
findet sich temporale Hemianopsie oder Hemia^
chromatopsie, mitunter sind diese Störungen des
Gesichtsfeldes unvollständig, wobei die Perception
am längsten im unteren Quadranten erhalten bleibt
In seltenen Fällen (Druck auf den Tractus) be-
steht homonyme Hemianopsie oder Hemiachromat-
180
y. Neuropathologie und Psychiatrie.
opsie. Die Sehstörungen variiren je nach der
verschiedenen Stelle des Druckes auf die Sehbahn
und zuletzt tritt Yollst&ndige Blindheit ein. Be-
deutende Oesichtsfeldeinschr&nkungen entsprechen
gewöhnlich anfangs nicht den im Augenhinter-
grunde wahrnehmbaren Veränderungen, diese zei-
gen sich erst nach längerer Zeit und bestehen in
den meisten Fällen in primärer Opticusatrophie.
In 2 der von J. mitgetheilten Fälle war, hemio-
pische Pupillenreaktion vorhanden, die als eine
Stütze der Diagnose eines Hypophysentumor zu
betrachten ist, während ihr Fehlen keine diagno-
stische Bedeutung hat. Als vorzügliches diagno-
stisches Hülfsmittel der Hypophysengeschwülste,
das schon vor dem Auftreten der charakteristischen
Qesichtsfelddefekte Aufschluss geben kann, em-
pfiehlt sich die Untersuchung mit Röntgenstrahlen,
dieJ. in 2 Fällen mit gutem Erfolge angewendet
hat — Bei aufgehobener Funktion der Schilddrüse
findet man oft Veränderungen in der Hypophyse,
und nach J. kann man eine wechselseitige Bezie-
hung zwischen beiden Organen wohl annehmen.
Walter Berger (Leipzig).]
Bei der von Emil S ch äffe r beschriebenen
Akromegalie-Ejranken (Zur Casuistik der Akro-
megalie. Neurol. Centr.-Bl. XXII. 7. 1903) war
merkwürdig, dass die Mutter auch an Akromegalie
und Diabetes gelitten zu haben schien.
W. M. Stevens (Case of acute acromegaly.
Brit med. Joum. April 4. 1903) beschreibt akute
Akromegalie.
Die 20jähr. Fat. litt seit 3 Jahren an Kopfschmerz
und Sehschwäche. Sie zeigte die gewöhnlichen Zeichen
der Akromegalie. Aber ihr Zustand verschlinunerte sich
rasch. Wegen des heftigen Eopfschmerzee wurde tre-
panirt. 5 Tage später starb die Kr., 4 Wochen nach
ihrem Eintritte.
Der Tumor des Himanhanges glich bei mikrosko-
pischer Untersuchung einem RundzeUensarkom.
Die Beobachtung von C. H. Cattle (Case of
chronic acromegaly. Ibidem) bietet nichts Be-
sonderes.
L. Huismans (üeber Akromegalie. Ther. d.
Gegen w. August 1903. p. 350) theilt 3 Beobach-
tungen mit und bespricht die Krankheit im All-
gemeinen. Er sieht ihre Ursache in der Verände-
rung der Hypophysis.
E. V. Czyhlarz (Beitrag zur Lehre von der
Entstehung der Trommelsohlägelfinger bei Herz-
affektionen. Wien. klin. Bundschau XVn. 9. 1903)
sah bei einem durch (Jelenkrheunuitismus Herz-
kranken unter stechenden Schmerzen in den Fin-
gern (ohne Cyanose oder Oedeme, mit Fieber und
Gelenkschwellungen) die Trommelschlägelbildung
entstehen. Er sieht darin einen Beweis, dass nicht
„die Stauung^' Ursache ist [woran vernünftiger
Weise nicht zu zweifeln war].
E.V. Czyhlarz (Ueber einen Fall von Hyper-
trophie der Zunge bei Osteohypertrophie pneu-
monique. Wien. klin. Rundschau XVII. 9. 1903)
sah bei einem Kranken mit Pleuroempyem Yer-
grösserung der Zunge, die sich während der Be-
obachtung entwickelte. M ö b i u s.
273. Zar Frühdiagnose der Hypophyaii-
tamoren; von Dr. Alfred Fuchs. (Wien. klin.
Wchnschr. XVI. 6. p. 151. 1903.)
Der Pat. war bis vor 4 Jahren mager und schwäch-
lich gewesen. Bis auf einen in früher Jugend über-
standenen Abdominaltyphus hatte er keine ernsteren Er-
krankungen durcheemaoht. Seit 4 Jahren litt er an
zeitweise auftretenden, in ihrer Stärke wechselndeo^ za-
meist im Hinterhaupte lokalisirten Kopfsohmerzen von
drückendem Charakter. Mitunter stellte sich auch Er-
brechen ein. Schwindel und andere cerebrale Erschei-
nungen traten nie auf; nur die Verschlechterung seines
Sehvermögens, die vor 4 Monaten aUmühiich binnen
hatte, führte ihn in die Augenklinik. Vor 4 Jahren wog
er 60, jetzt wog er 74 kg. Die Esslust hatte in letzter
Zeit deutlich abgenommen, ohne dass Pat magerer ge-
worden wäre. Es bestanden grösserer Durst als frühor,
gedrückte Stimmung und schlechter Schlaf. Weder am
Schädel, noch am Körperskelett bestanden Abnormitäten.
Die Entwickelung und Yertheilung des Fettpolsters war
auffällig : Wangen und Hals waren relativ fettarm, hin-
gegen zeigte der Nacken ein deutliches, fast circumscriptes
Fettpolster; Mammae fettreich. Die ünterbauch- und
Hüftengegend zeichneten sich durch besonderen Fett-
reichthum aus, ebenso waren Oenitalgegend und Ober-
schenkel stark fettgepolstert. Weder an den Phalangen,
noch an den Nägeln oder an den Haaren war etwas Patiio-
logisches zu bemerken. Die Schilddrüse war rechts etwas
grösser als links; beide Hälften gegen die Norm vielleicht
um eine Spur vergrössert. In der Thymusgegend keino
Dämpfung. Die linke Pupille war weiter als die rechte,
über mittel weit; auch war die rechte nicht ganz rond.
Die Reaktion der Papillen war anflicht, Accommodation,
consensuell und sympathisch prompt. Hemiopische
Pupillenreaktion nicht nachweisbar. Die den Bnlbus
bewegenden Muskeln waren intakt. Nur bei Orenz-
bewegungen zeigte sich eine Spur von horizontalem
Nystagmus. Typisches Bild bitemporaler Hemianopsie;
in der letzten Zeit hatte die Hemianopsie, vomehmüch
des rechten Auges, eine deutliche Zunahme erfahren.
Spiegelbefund: Laterale rechte Papillenhälfte im Ver-
gleich zu der des linken Anges deutiich blässer; die
Arterien etwas enger als in der linken Netzhaut; die
Peripherie normal. Keine Vermehrung der Hammenge.
Keine Olykosurie. An einem Schädelradiommm des
Pat. sah man an Stelle der normalen Sattelgrube eine
doppelt so grosse, besonders nach rückwärts sich aus-
dehnende Bucht in der Rüokenfläche desKeilbeinkörpers,
die vorn von den normalen Processus dinoidei antici be-
grenzt war, während die Processus clinoidei postici ver-
schwunden waren. Die der Sella turcioa entsprechende
Aushöhlung war fast 3mal so gross, wie an normalen
Schädeln, von denen zu Controk wecken mehrere in den
verschiedensten Richtungen untersucht wurden.
Der Yf. kommt zu dem Sohluss, dass man mit
Sicherheit eine Oeschwulstbildung der Ghiasma-
geg^nd annehmen und als deren Ausgangspunkt
mit grösster Wahrscheinlichkeit die Hypophysis
bezeichnen kann. Operative Eingriffe an der
Chiasmagegend und bei Oeschwülsten der Gegend
des 3. Ventrikels wurden bisher niemals mit Erfolg
unternommen. In letzter Zeit haben Friedmann
und Maass in 13 Fällen mit Erfolg die Hypo-
physis bei Katzen von der Mundhöhle aus exstir-
pirt. Sie wiederholten diese Operation an Kinder-
leichen und sind der Ansicht, dass sie durchführbar
sei« Es ist bemerkenswerth, dass der Operateur
y. Neuropathologie und Psychiatrie.
181
lein lebenswichtiges Organ auf diesem Wege ver-
letzen kann, und es ist vielleicht nicht unmöglich,
dass die moderne Technik die grossen Schwierig-
keiten überwindet. Von diesem Gesichtspunkte
aus ist die Frühdiagnose der Hypophysentumoren
erstrebenswerth und die radiographische Unter-
suchung von grosser Bedeutung.
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
274. Zar Aetiologie osteoarthropathisoher
Ver&nderimgen ; von Dr. Walter Bereut
(Berl. klin. Wcbnschr. XL. 4. 1903.)
Schon Anfang der 90er Jahre haben mehrere
Autoren auf das gleichzeitige Vorhandensein von
Neuritiden bei typischen osteoarthropathischen
Yerftnderuftgen hingewiesen (Arnold, MGbius,
H i r s c h f e 1 d). B. theilt die ausführliche Kranken-
geschichte eines 56jähr. Kutschers mit, der durch
Druck eines Aneurysma der Art. subclavia sinistra
auf den Plexus brachialis eine schwere, mit
Verdickung und Schmerzhaftigkeit einhergehende
Neuritis mit sekundärer Nervendegeneration im
Gebiete des Plexus bekommen hatte, femer osteo-
arthropathische Veränderungen fast sämmtlicher
Knochen des linken Armes. B. schliesst zunächst
Krankheiten der Lungen aus, da sich diese Organe
normal verhielten; auch eine chron. Blutstauung
am linken Arme kam nicht in Betracht, da während
der Krankenhausbeobachtung niemals erhebliche
Stauung nachzuweisen war. Es bleibt somit nach
B. für die osteoarthropathischen Veränderupgen
nur die Neuritis als Ursache übrig. Darin erblickt
B. die Bedeutung seines Falles, dass er zeigt, dass
es nw durch eine schwere Neuritis zu osteoarthro-
pathischen Veränderungen kommen kann. Man
könne deshalb diese Veränderungen als „tropho-
neitroUsehe Störungen^* ansehen. B. betont, dass
ebenfalls fast alle an Osteoarthropathie hyper-
trophiante pneumique leidenden Kranken irgend-
welche neuritische Erscheinungen darboten, und
kommt deshalb zu der Annahme, dass höchstwahr-
scheinlich überhaupt die Grundlage der osteo-
arthropathischen Veränderungen neuritische Pro-
cesse bilden. Wahrscheinlich wirken die von
Marie angenommenen Toxine so, dass sie eine
Neuritis erzeugen, die dann ihrerseits die osteo-
arthropathischen Veränderungen bewirkt.
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
275. Gigantisme preoooe aveo pnberte
preoooe; par H. Meige. (Revue neurol. XL 10.
p. 533. 1903.)
M. beschrieb einen 5jähr. Knaben, den Hudo-
V e r n i g beobachtet hat.
Das Kind war bei der Oeburt eher klein als gross
gewesen. Mit IViJ* fieberhafte Erkrankung, Otitis media
mit Delirien. Dann reohtseitige Krämpfe, nach denen der
rechte Fnss schwach blieb. Bald begann das Kind auf-
fallend zu wachsen. Mit 5 J. 9 Mon. war es 140 cm lang,
wog 40 kg, hatte das Aussehen eines Fünfzehnjährigen.
Sohamhaare wie bei einem Erwachsenen, grosse Hoden,
der schlaffe Penis 9 cm lang, zuweilen Erektionen, tiefe
laute Stinune.
Bei Röntgenuntersuchung hinter der Orbita eine auf-
fallend helle Stelle ; Erweiterung des Türkensattels.
Geistesschwäche, Erregtheit, durchaus kindisches
Möbius.
276. üeber halbseitigen Gesiohtschwund.
Franz Volhard (üeber chronische Dystro-
phieen und Trophoneurosen der Haut. Münchn.
med. Wcbnschr. L. 26. 27. 1903) beschreibt einen
Kranken mit Gesichtschwund und gekreuzter Ver-
fftrbung der Haut.
Bei dem ITjShr. Pai sollten sich im 4. Jahre nach
Keuchhusten braune Flecke am Bauche rechts gezeigt
haben, doch sollte eine stärkere Verfärbung erst in den
letzten Jahren entstanden sein. Auch seit einigen Jahren
erst war das Einsinken der linken Oesichtshälfte beob-
achtet worden. Gesichtschmerzen waren nie vorhanden
gewesen, nur klagte der Kr. seit einiger Zeit über Ermü-
dung und Kopfschmerzen.
Die Haut der linken Oesichtshälfte war bis auf einen
Fleck der Wange nicht eigentlich atrophisch, aber ein-
gesunken, blass und bräunlich. Der Haarwuchs war
links etwas stärker, ebenso die Schweissabsonderung.
Die Zunge wich nach links ab. Die meisten linken Back-
zähne fehlten.
Am Körper nahm die Braunfärbung links Hals, Brust
und Arm, rechts Bauch und Bein ein. Auf der Rück-
seite waren ausser dem linken Arme beide Schulterblatt-
gegenden betroffen.
Der Yf. nimmt eine etwas dunkle „centrale Er-
krankung'^ als Ursache an.
Fritz Lange (Zur Casuistik der Hemiatro-
phia facialis progressiva. Inaug.-Diss. Breslau
1903) theilt folgende Beobachtung mit
Eine 38jähr. Frau gab an, sie habe von Jugend auf
an heftigen Zahnschmerzen gelitten, wegen deren vor
1 Jahre lüle Zähne entfernt worden seien, und vor 2 Jahren
sei ein harter Knoten am rechten Kinn aufgetreten, wäh-
rend gleichzeitig die rechte GesichtshlUfte abmagerte.
Der j^oten sollte durch Massiren wieder verschwun-
den sein.
Die Haut der eingefallenen rechten Oesichtshälfte
war glatt, glänzend, roth. Am Kinn eine eingesunkene
Stelle mit dünner bräunlicher Haut. Keine Zungen-
atrophie, aber Atrophie der rechten Gaumenhälfte.
Der Yf. betont das späte Auftreten der Krank-
heit, doch ist nicht zu verkennen, dass auch hier
in der Jugend der Qrund zur Krankheit gelegt
worden ist Auch dieser Yf . ist geneigt, als Ursache
centrale Yerftnderungen anzusehen, und zwar ge-
fällt ihm besonders die von Jendrassik aus-
gesprochene Ansicht Wunderlicher Weise spricht
der Yf. deshalb gegen den Bef., weil dieser den Ge-
sichtschwund eine exogene Krankheit genannt hat:
es gehöre doch eine Anlage dazu. Leider werden
überhaupt die vom Bßf. eingeführten Ausdrücke
exogen und endogen nicht immer richtig verstan-
den ; es kommt darauf an, ob die noikwendige Be-
dingung einer Krankheit von aussen oder von innen
kommt Möbius.
277. Zar Casuistik der Tumoren im 4. Ven-
trikel; von Dr. Hermann Bruening. (Jahrb.
f. Kinderhkde. 3. F. Y. 6. p. 647. 1902.)
Ein ^ähr. Knabe bekam im Anschlüsse an einen
Fall Kopfschmerz und Erbrechen. Dazu gesellten sich
Abmagerung, zeitweise lautes Aufischreien und Yerdrehen
der Augen. Die Untersuchung ergab bei Perkussion des
182
Y. Neuropathologie und Psychiatrie.
Yorderschädeis, die schmerzhaft empfunden wurde, Ge-
räusch des gesprungenen Topfes. Augenhintergrund nor-
mal. Linker Patellareflex etwas erhöht. Dazu kamen
später Neigung des Kopfes nach links, Tremor der Hände
und Füsse, Fussclonus, taumelnder Gang, Strabismus
convergens, zeitweise Nystagmus horizontalis. Keine
Pulsverlangsamung. Rascher Yerfall. Tod 5 Wochen
nach der Aufnahme. Eine genaue Diagnose wurde wäh-
rend des Lebens nicht gestellt. Die Sektion ergab ein
hühnereigrosses GUom im 4. Yentrikel mit Cystenbildung
und Hydrocephalus.
B r. stellt nach einer Analyse der beobachteten
Symptome 33 Fälle von Geschwülsten des 4. Yen-
trikels zusammen. Brückner (Dresden).
278. üeber den oiroamsoripten Entwioke-
langfldefekt des Oehims mit einigen Bemer-
kungen über Porenoephalie ; von Eoloman
▼. Buday in Eolozsvär. (Orvosi Hetilap XLIY.
Nov. 4. 1902.)
Das untersuchte Gehirn stammte von einem an Typhus
abdom. verstorbenen Pat., bei dem die der Porenoephalie
ähnliche Gehirnveränderung keine klinischen Symptome
verursacht hatte. Bei der Sektion fiel schon äusserlich die
ungewöhnliche Grösse des Schädels auf, dessen Umfang
58 cm, Längsdurchmesser 18.5 cm und Querdurchmesser
16 cm betrugen. Bei der Herausnahme des Gehirns
zeigte sich an der rechten Seite eine grubige Yertiefung,
die zwischen dem Temporal- und dem fVontallappen in
Folge der Ausweitung der Fossa Sylvii zu Stande gekom-
men war. Als Ursache dieser Hypoplasie soll eine Ent-
wickelungshemmung des Gehirns angenommen werden,
aber über die letzte Ursache dieser Anomalie geben weder
die Eundrat'sche, noch dieKahlden-Marchand*-
sche Theorie genügenden Aufschluss. Da der Begriff der
Porenoephalie zur Zeit noch an formelle Eigenschaften
gebunden ist, stellen sich dem eingehenden Studium noch
Schwierigkeiten entgegen. J. Honig (Budapest).
279. On amanroüo family idiooy, adiseaae
ohiefly of the gray matter of the central ner-
vona System ; by B. S a c h s. (Jonrn. of nerv, and
ment. dis. Jan. 1903. — 8. 13 pp.)
In einem typischen Falle von familiärer amau-
rotischer Idiotie fand S. als Hauptveränderungen
eine Degeneration der Zellen in der grauen Sub-
stanz des gesammten Centralnervensystems , da-
neben sekundäre Degenerationen der weissenFasem,
u. A. der Pyramidenbahnen. Die Zellenverände-
rungen waren charakterisirt durch Desintegration
des Plasma und peripherische Lagerung oder völ-
liges Schwinden des Kernes, femer durch scharfes
Hervortreten der erweiterten pericellulären Räume.
S. deutet diese Veränderungen im Sinne der „Abio-
trophie^* von 0 0 w e r s und weist darauf hin, dass
eine enge ancUomische Yerwandtschaft besteht
zwischen der familiären amaurotischen Idiotie und
anderen infantilen Gehimleiden, die ebenfalls auf
eine Hemmung oder Störung der normalen Ent-
wickelung des Centralnervensystems zurückzu-
fahren sind. RPfeiffer (Cassel).
280. Ein Fall von Diplegia facialis; von
Dr. Rigani. (Spitalul. XXIII. 8. p. 319. 1903.)
Pat. hatte wegen eines Hundebisses durch 15 Tage
ßine präventive antirabisohe Kur gebraucht. 3 Tage
später trat eine doppelseitige, totale Facialisparalyse auf.
Der Geschmack und die Empfindlichkeit der Zunge waren
stark vermindert; auch die Sprache war erschwert,
näselnd. Wahrscheinlich handelte es sich um eine cen-
trale Lähmung, hervorgerufen durch das antirabisohe
Toxin. E.Toff(Braila).
281. Zur Kenntnias der Landry'sohen Para-
lyse; von Dr. Rolly. (MOnchn. med. Wchnschr.
L. 30. 1903.)
Während ursprünglich die Landry'sche Para-
lyse, die auf- oder absteigende, schlaffe^ motorische
Lähmung gerade durch den normalen anatomischen
Befund charakterisirt wurde, wurden doch sehr
bald auch krankhafte Veränderungen beschrieben,
besonders entzündlicher Natur (Poliomyelitis ante-
rior acutissima). Auch klinische Abweichungen
vom ursprünglichen Bilde wurden bekannt : Yer-
änderungen der elektrischen Erregbarkeit, Sensi-
bilitätstOrungen; pathologisch-anatomisch fand man,
dann eine Polyneuritis, die neuritische Form der
Landry'schen Paralyse; auch eine bulbäre Form
und eineCombination von Polyneuritis und Myelitis
wurden beschrieben. Die Fälle mit pathologisch-
anatomischem Befund werden anscheinend immer
h&ufiger.
R. hatte nun Gelegenheit, 7 Fälle theils selbst
zu beobachten, theils auf Orund der Kranken-
geschichten zu untersuchen. Nur in 2 von diesen
7 Fällen war die elektrische Erregbarkeit normal ;
im Uebrigen glichen sich alle Fälle ausserordent-
lich, sowohl in den Vorboten, als im Verlaufe. So
waren Blase und Mastdarm immer normal, der
Gang der Lähmung immer derselbe, die Reflexe
erloschen mit dem Fortschreiten der Lähmung. In
5 von den 7 Fällen liess sich nun mit Sicherheit
eine Neuritis klinisch nachweisen. Pathologisch-
anatomisch fand sich in 2 Fällen von den 3 tOdt-
lich endenden anscheinend ein normaler Befund ;
im 3. Falle jedoch, in dem auch Gehirn und Rücken-
mark normal waren, fand man starke Verände-
rungen in den feineren Muskelästen. Es ist der
Schluss wohl gerechtfertigt, besonders da in neuerer
Zeit die positiven Befunde bei der mikroskopischen
Untersuchung sich mehren, dass au^h in scheinbar
negativen Fällen es sich doch um Neuritis der
kleineren Muskeläste gehandelt hat, die gar nicht
untersucht worden sind, und dass man die Lan-
dry'sche Paralyse zur akuten Polyneuritis rechnen
muss, zu der unter umständen noch eine Myelitis
hinzutreten kann. E. H ü f 1 e r (Chemnitz).
282. Untersaohangen über das Vibrations-
gefOhl oder die sogen. „Knoobenaenaibilität'*
(FaUästbeaie) ; von Dr. A. Rydel u. Dr. W.
Seif f er. (Aroh. f. Psychiatr. XXX VE. 2. p. 488.
1903.)
Die Untersuchungen von Egger über die
SensibilitS osseuse gaben den Anstoss zur vor-
liegenden Arbeit Nach einer Einleitung über die
Theorie und die Technik des Verfahrens, der Prü-
y. Neuropathologie und Psyohiatria
183
fang des Yibrationgefühls mittels einer aufgesetzten
Stimmgabel, besprechen R. und S. die Befunde bei
Gesunden. An den Enden der Stimmgabelschenkel
befindet sich auf weissem Grunde ein schwarzes
Dreieck, an dessen Seite eine von der Basis zur
Spitze reichende Scala von 1 — 8 angebracht ist;
die Zeit, während der die entstehende optische
Figur noch Schwingungen anzeigt, wird je nach
dem Scalenstrich, bis zu dem sie reicht, mit 1 — 8
bezeichnet ; dauert das VibrationgefQhl länger, als
die sichtbare Schwingung der optischen Figur,
wird sie mit 9, eventuell sogar mit 10 bezeichnet.
Bei Gesunden ergab sich, dass das Yibrationgefühl
stärker ist über Muskellagen, als direkt auf dem
Knochen. Es handelt sich also sicher nicht um
„Knochensensibilität*'. Distal, z. B. an Händen und
FQssen, ist es ausgesprochener als proximal. Von
der Mitte des langen Knochens nimmt es nach den
Gelenken hin zu; an der Wirbelsäule sind die
höchsten Zahlen in Hals- und Lendengegend, die
iiiedrigsten am Kreuzbeine. Knochenlose Körper-
theile verhalten sich sehr verschieden: hohe Zahlen
geben Bauchdecken, Mammae, Penis; niedrige Ohr-
läppchen, Wangen, Lippen. Mit den übrigen Em-
pfindungen geht das Vibrationgefühl nicht parallel,
wenigstens durchaus nicht immer ; jedenfalls eher
mit Schmerv und Temperaturempfindung, als mit
dem Tastsinn.
Bei organisch bedingter Hemianästhesie mit
gestörtem Vibrationgefühl fand sich eine scharfe
Grenze der Störung in der Mittellinie. Wo starke
Störungen des Vibrationgefühls bestehen, besteht
fast immer zugleich Ataxie, unabhängig davon, ob
cutane Störungen vorhanden sind oder nicht Als
technische Bezeichnung wird vorgeschlagen Pall-
ästhesie, Pallanästhesie, Hypopallästhesie (besser
dann wohl Pallypästhesie). Von Krankheiten wur-
den untersucht peripherische Nervenkrankheiten,
diffuse Rückenmarkserkrankungen, Systemerkran-
kungen, Gehimerkrankungen. Auffällig war die
beträchtliche Störung des Vibrationgefühls in
4 Fällen von multipler Sklerose, in denen andere
Gefählstümngen fast ganz fehlten ; überhaupt sind
beiSückenmarkserkrankungen die pallästhetischen
Störungen viel grösser als die der HautsensibiUtät.
Auch bei der Tabes gehören die pallästhetischen
Störungen neben den ataktischen zu den früh-
zeitigen Symptomen. Gewisse Beziehungen scheint
die besprochene Störung besonders zu allerhand
visceralen Störungen, zu Krisen, Impotenz, In-
oontinenz zu haben.
Jedenfialls sind diese Untersuchungen so wichtig,
dass sie wohl eine dauernde und hervorragende
Stelle unter den neurologischen Untersuchungs-
methoden sich erwerben werden.
E.Hüf 1er (Chemnitz).
283. Zur KenntniM gewiiser erworbener
Blödfliimelbniien ; von Dr. Erwin Stransky.
(Jahrbb. f. Psych, u. Neurol. XXIV. 1. p. 1. 1903.)
Str. geht davon aus, dass davor zu warnen
sei, einzelnen Symptomen einen allzugrossen dia-
gnostischen Werth beizulegen, so etwa den kata^
tonen Zügen bei der Diagnose der Dementia prae-
cox, dem „Vorbeireden" bei der Diagnose der
hysterischen Dämmerzustände. Deshalb ist es
bei einer grossen Gruppe von Psychosen, die alle
in eigenartige Schwächezustände übergehen können,
anfangs unmöglich, die Diagnose und Prognose zu
stellen; es sind das besonders der Amentia, der
Paranoia und der Melancholie zugerechnete Formen,
dieKraepelin, so weit es sich um jugendliche
Individuen handelt, der Dementia praecox, oder
dem manisch-depressiven Irresein zuzählt. Str.
beobachtete auch jugendliche, echte Paranoiker
ohne irgendwelche katatone Züge, ohne gemüth-
liche Verblödung; er bringt auch die Kranken-
geschichte eines zur Heilung gekommenen jugend-
lichen Kranken mit Melancholia attonita. Es kommt
hinzu, dass bei den im jugendlichen Alter einsetzen-
den Psychosen gewisse Züge auftreten, die der
Pubertät an sich zukommen, die den katatonischen
sehr gleichen, aber doch eine ganz andere psycho-
logische Wurzel haben. Immerhin kommt der Auf-
stellung des katatonen Symptomencomplexes ein
grosser Werth zu. Eine eben so grosse Rolle spielt
die „gemüthliche Verblödung", die den Orundzug
der Dementia praecox bildet, und sich in der
Armuth und Oberflächlichkeit der gemüthlichen
Reaktionen und in der Incongruenz mit dem je-
weiligen Vorstellungsinhalte äussert. Während die
neueren Autoren im Allgemeinen die fortschreitende
gemüthliche Verblödung in den Vordergrund stellen,
legt Str. das Hauptgewicht auf die Dissociation
zwischen Qemüths- und Verstandesthätigkeit, für
die er die Bezeichnungen „Thymopsyche" und
„Noopsyche" einführt, und die ja zweifellos eine
gewisse Unabhängigkeit von einander haben, wenn
sie auch in engen Beziehungen zu einander stehen,
die gerade in der Pubertätzeit geknüpft werden,
oder sich festigen, so zu moralischen, nationalen,
socialen, beruflichen Begriffen. Wie diese Be-
ziehungen geschaffen wurden, so werden sie auch
wieder gelöst oder anderweitig gestört werden
können, besonders im Sinne des geregelten Zu-
sammenarbeitens, der Coordination. Gerade die
Pubertätzeit wird hierzu besonders disponirt sein.
Es wird sich diese Störung auf psychosensorischem
Gebiete äussern : maasslose Erregung bei Nichtig-
keiten, heitere Stimmung oder Stumpfheit bei an
sich traurigen Anlässen ; daher dft der Eindruck
der ünmotivirtheit; auch auf psychomotorischem
Gebiete wird das Gleiche beobachtet: ünabge*
messenheit der Ausdrucksbewegungen, gezierte,
linkische, affektirte Zielbewegungen ; starke Reize
bewirken keine, oder zu geringe Reaktion ; daher
der Eindruck der Hemmung. Es würde sich also
bei der Dementia praecox um eine Art „psy-
chischer Tabes", wenigstens psychischer Ataxie
handeln.
184
y. Neuropathologie und Psychiatrie.
Für diese seine Anschauung bringt Str. eine
Heihe von Krankengeschichten als Beleg, indem er
die einzelnen Symptome nach den oben angegebenen
Gesichtspunkten analysirt Heiterkeit, Zorn, Angst,
Pathos stehen oft ohne jede Beziehung zum Vor-
stellungsinhalte, ebenso wie die Ausdruoksbewe-
gungen; Stimmungen, Affekte und ihre Aeusse-
rungen wechseln schnell Auch die nöopsychische
SphAre wird nicht verschont : die Pseudolucidität,
die Paralogie, der „Wortsalat^' erklArt sich auch
durch die bald unterbrochene, bald wieder her-
gestellte noothymische Coordination. Auch die
Yerbigeration und Perseveration erklftren sich durch
das Fehlen neuer Anregungen. Die Einheitlichkeit
des jeweiligen Verhaltens, die beim Paranoischen,
Melancholischen oder Manischen nicht als geetOrt
erscheint, die auch beim senil Dementen, beim
Schwachsinnigen, ja auch beim Paralytiker immer
im Verhältnisse steht zum Qrade der psychischen
Erkrankung, ist bei der Dementia praecox verloren.
Auch den echten, nicht durch Hallucinationen oder
Wahnideen motivirten Negativismus erklärt Str.
durch das Wegfallen der durch die thymopsychische
Coordination gegebenen Hemmung, so dass die den
psychomotorischen Centren eigenen, primitiveren
Funktionen, Perse verationerscheinungen, oder perio-
disch-rhythmische Bewegungen hervortreten. Str.
versucht auch durch seine Theorie die Form des
Negativismus zu erklären, die sich darin äussert,
dass der Kranke das Oegentheil des von ihm
verlangten thut, und zwar durch die Annahme
einer vollständigen Umkehrung der Coordination,
ohne freilich durch diese Erklärung selbst befrie-
digt zu sein. Die VerblMung bei der Dementia
praecox ist sonach der Endausgang der Incoordi-
nation.
Bei dem Vorkommen katatonischer Symptome
bei anderen Psychosen kommt manchmal die Para-
lyse in Frage, bei der dann die körperlichen Zeichen
die Diagnose sichern ; ferner die Hysterie, bei der
die Suggestibilität den Ausschlag giebt ; auch in
manchen Fällen von Amentia kann die intra-
psychische Dissociation beobachtet werden. An
einer grösseren Reihe von Krankengeschichten ver-
sucht Str. femer den Nachweis zu erbringen,
dass bei einer grossen Anzahl von „sekundär Ver-
blödeten^S die ihrer Zeit als Paranoia, Manie,
Melancholie, Amentia aufgefasst wurden, die intra^
psychische Coordination gestört war. Diese Stö-
rung scheint im Allgemeinen eine sehr ernste Be-
deutung zu haDen, und scheint thatsächlich der
Dementia praecox eigenthümlich zu sein, wenn
auch manchmal, so bei der echten Melancholie des
Rückbildungsalters, ähnliche Zustände mit sekun-
därer Verblödung vorkommen. Tritt das Symptom
der Incoordination im Beginn der Psychose schon
auf, dann handelt es sich wohl sicher um Dementia
praecox. B. H fi f 1 e r (Chemnitz).
284. DieAffoktlagoderAbiehnoiig; vonDr.
Otto Oross. (Mon.-Schr. f. Psych, u. Neurol.
XIL p. 359. 1903.)
Or. versucht auf Orund zweier Beobachtungen
nachzuweisen, dass bei gewissen psychischen Er-
krankungen das ablehnende Verhalten der Um-
gebung gegenüber auf der Unfähigkeit beruhe, alle
Eindrücke zu verarbeiten. In Folge von Er-
schöpfung befinde sich der Kranke an der oberen
Grenze seiner Auffassungsföhigkeit; jede Steige-
rung der Reizmenge, z. B. durch ärztliche Unter-
suchung, mache es ihm unmöglich, sich zurecht
zu finden und führe zur Ablehnung. Für diese
Kranken schlägt er die Bezeichnung der Amentia
paranoides vor. Achaffenburg (Halle a. d. S.).
285. Un oaao di aoinesia algera; per il Dott
P. Fiorentini. (Gaz. degli Osped. ZXIV. 86.
1903.)
F. sah bei Gabbi in Messina ein 12jähr. Mädchen,
das vor 4 Jahren nach einer Erkältung mit heftigen
Schmerzen in den Waden erkrankt war, bettlägerig ge-
worden war und den grössten Theil der letzten Jahre im
Bette zugebracht hatte.
Die Kleine konnte nicht gehen. Im Bette waren alle
Bewegungen möglich. Versuche, zu gehen, verschlim-
merten den Zustand. Auch die Gelenke wurden schmerz-
haft. Kälte verschlimmerte ebenfalls; im Sommer war
der Zustand besser als im Winter.
Starkes Qenu valgum. Muskeln gegen Druck etwas
empfindlich. An der üinterseite der Beine Hyperästhesie,
Yom Hypästhesie ; am Baache Anästhesie.
Widerstand ge^en alle Saggestionen. Doch lang-
same Besserung bei Hospitalpflege. Schliesslich Ope-
ration des Genu valgum. Gebessert entlassen. Später
wieder Rückfälle bei Kälte-Einwirkung. M ö b i u s.
286. Ueber MHystero-Bpilepsie^ ; von Dr.
M. Nonne. (Mitth. a. d. Hamb. Staatskranken-
anst IV. 1. p. 1. 1903.)
N. erzählt von einem Seemanne, der nach einer
Kopfverletzung hysterisch geworden ist Weil
manche seiner Anf&lle den epileptischen glichen,
wurde angenommen, der Mann sei epileptieoh, und
man trepanirte ihn 3mall Im Allgemeinen bestand
das Bild schwerer traumatischer Hysterie (halb-
seitige Lähmung mit Anästhesie, Charakterverfinde-
rung, hysterische Anf&lle). N. glaubt, weil auch
„epileptische*^ Anfälle vorkamen, man mflase an
dem Begriffe „Hystero-Epilepsie'* festhalten. [Bs
ist aber doch bekannt, dass hysterische Anfälle den
epileptischen gleichen können. Die Möglichkeit,
dass der Patient durch das Trepaniren epileptisch
geworden sei, erwähnt N. selbst, meint aber, diese
Wirkung der Trepanation sei nicht bekannt Der
Bef. hat selbst Epilepsie auf Trepanation folgen
MObius.
VI. Innere Hedioin.
185
VI. Innere Medicin.
287. Einige Worte über dae Erysipel ; von
Dr. Joliann Schmalzl. (Inaug.-Diss. Bukarest
1903.)
So lange das Erysipel lokalisirt ist, d. h. auf
die befollenen Hauttheile beschränkt bleibt, wirken
die specifisolien Mikroorganismen nur durch ihre
Toxine auf den Körper ein und kOnnen zu leichten
und vorübergehenden Albuminurien Veranlassung
geben. Gelangen die Streptokokken in den all-
gemeinen Blutkreislauf, so entstehen schwere Sep-
tikämien und Pyämien ; die Albuminurie ist dann
eine schwere und anhaltende nnd es können chro-
nische Nephritiden zurückbleiben. Oft verbleiben
dieErysipelkokken in latentem Zustande im Körper
und können durch Wiedererwachen ihrer Virulenz
zu Rückföllen Veranlassung geben.
Bei Neugeborenen ist der Verlauf ein viel
schwererer, meist tödtlicher und die Heilung findet
nur dann statt, wenn das Erysipel sich lokalisirt
und in Eiterung übergeht. Hierdurch unterscheidet
sich das Erysipel der Neugeborenen von dem der
Erwachsenen, bei dem Eiterung und Gangrän zu
den seltenen Zufällen gehören.
Keine der empfohlenen Behandlungen kann als
specifisch bezeichnet werden ; auch die Serotherapie
nach Marmoreck giebt keine besseren Resultate
als die alten Methoden (Antiseptica, Antipyretica
und Erhalten der Kräfte durch tonische Mittel).
RToff (Braila).
288. GerebroBpinal-Meningitis dnrohPfeif-
fer'scheBaoillexi; vonDr.Mihail Stefanescu
in Zanoaga. (Inaug.-Diss. Bukarest 1903.)
Dieee Meningitisform ist meist sekundär und
tritt als C!omplikation einer oft leichten Influenza
auf. Die Infektion der Hirnhäute geschieht auf
naao-pharyngealem Wege oder vom Mittelohre aus
durch die Lymph- und Blutgefässe. Aber auch
die gastro-intestinalen Störungen dürften eine wich-
tige Rolle bei dieser Lokalisirung der Pfeiffer '-
sehen Bacillen spielen. Man findet letztere sowohl
auf den M^ingen, als auch in der Cerebrospinal-
flOssigkeit zusammen mit anderen Mikroorganismen,
aber auch alleiin, mit sehr grosser Virulenz.
Die Krankheit tritt gewöhnlich bei kleinen
Kindern auf, doch können auch Erwachsene mit
robuster Körperconstitution befallen werden. Eine
genaue Diagnose ist nur durch die bakteriologische
und pytologische Untersuchung der oephalo-rachi-
dianen Flüssigkeit möglich. Da die Prognose
meistens ungünstig ist, soll das Hauptaugenmerk
auf die I^rophylaxe gerichtet werden. In allen
Fällen von Influenza soll eine genaue Antisepsis
des Rachens, der Nase und des Verdauungsappa-
rates durchgeführt werden. In der Behandlung
spielen wanne Bäder und Lumbaipunkliianen die
Hauptrolle. K T o f f (Braila).
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft 2.
289. Masern mitBeoidiv; vonDr.J.Comby.
(Arch. de M6d. des Enf. VI. 7. p. 421. 1903.)
C. beschreibt 3 von ihm beobachtete Masernrecidive.
Die zwischen den Erkrankungen verflossene Zeit betrug
3 — 4 Wochen, und die Eruptionen waren immer typischer
Natar. In einem der Fälle war die erste Eruption ekchy-
motiscb, die zweite normal; in einem anderen war der
Rückfall ekchymotisch. Reoidivirende Masern bieten
keine besondere Gefahr und die Prognose ist im All-
gemeinen günstig. £. Toff (Braila).
290. Contribation ä Tetude de laroageole
eoohymotiqae ; par le Dr. Ch. Pillon. (Inaug.-
Diss. Paris 1903.)
Nach den Beobachtungen P.'s kommen ekchy-
motische Masern beUAufig im Verhältnisse von 6^/«
zur Beobachtung. Sie verlaufen nicht schwerer
als gewöhnliche Masern und zeigen auch keinerlei
besondere Complikationen. Die Prognose ist in
Folge dessen eine gute. Die ekchymotischen
Flecke erscheinen gewöhnlich am 2. Eruption-
tage, mitunter am 3. oder 4., seltener am 6. Tage.
Nachdem sie die verschiedenen charakteristischen
Färbungen durchgemacht haben, verschwinden sie
zwischen dem 10. und 15. Tage, verbleiben aber
in seltenen Fällen auch durch 20 Taga 2 Fälle
von Recidiv zeigten die Eigenthümlichkeit, dass
während der ersten Erkrankung gewöhnliche Masern
auftraten und während des Rückfalles ekchymo-
tische ; in einem anderen Falle war es umgekehrt
E. Toff (Braila).
291. Do myzoedeme spontane ohes l'en-
fant; parle Dr. Henri BreiteL (Inaug.-Diss.
Paris 1903.)
Die Krankheit kommt viel häufiger vor, als
gemeinhin angenommen wird, was zum Theil darauf
zurückzuführen ist, dass die Symptome nicht immer
vollständig ausgebildet auftreten, auch nicht immer
alle zusammen gefunden werden. Es handelt sich
wahrscheinlich manches Mal um vollständiges
Fehlen der Thyreoidea, während in anderen Fällen
nur eine Insufficienz in der Funktion der Drüse
vorliegen dürfte.
Therapeutisch sind die Thyreoideapräparate
geradezu als specifisch zu bezeichnen; man giebt
Thyreoidinpastillen, lässt das Mittel 8—10 Tage
nehmen und eine Pause von 4 — 5 Tagen machen,
so lange, bis Intoleranzerscheinungen (Fieber, Tachy-
kardie) auftreten. Die Behandlung wird dann zeit-
weilig ausgesetzt oder wenigstens die Dosis ver-
kleinert B. T 0 f f (Braila).
292. Nene experimentelle Untersaohongen
über die HeUwirkong des MilBbrandaerama ;
von Dr. AchilleSclavo. (Berl. klin. Wchnschr.
XXXVIIL 18. 19. 1901.)
Nach anfänglich günstigen, 1895 berichteten
Resultaten bei Kaninchen mit von Hammeln ge*
24
186
YL InA€re Medidn.
wonnenem Hilzbrandserum hatte Sei. mit wirk-
sameren Colturen bei weiteren Versuchen starke
Misserfolge, ebenso wie Marchoux (Ann. de
rinst Pasteur XU p. 785. 1895) und S ober n-
heim (Ztschr. f. Hyg. u. Infektionkrankh. XXV.
1895). Daraus schiiesstScl. auf sehr enge Be-
ziehungen zwischen dem Grad der natürlichen
Bmpfftnglichkeit der verwendeten Thiere (Meer-
schweinchen, Kaninchen) und der Virulenz der
gebrauchten Milzbrandculturen. Bei der Behand-
lung und Heilung von 7 mit „Garbunkelkrankheit^'
behafteten Personen erkannte S c L, dass das Serum
durch endovenöse Injektion ausserordentlich an
Wirkung gewann, und er bestätigte dieses durch
weitere erfolgreiche Versuche an Hammeln. Zu-
gleich fand er, dass schon 10 com Serum genügten,
um das Fortkommen eines hochvirulenten Milz-
brandkeimes bei jungen, besonders empfänglichen
Hammeln zu verhindern. Weitere Versuche hatten
den Zweck, festzustellen, bis su welchem Augen-
blick nach Impfung mit Milzbrand das Serum sich
noch wirksam erweise. Verwendet wurde wieder
Serum von Schafen, wobei sich feststellen liess,
dass selbst dasselbe Thier bei verschiedenen Ader-
lässen verschieden wirksames Serum liefert Einigen
immunisirten Schafen wurde zugleich Pilocarpin
in kleinen Dosen verabreicht, um den Ehrlich '-
sehen Vorschlag zu prüfen, ob dadurch das Immuni-
sirungsvermügen gesteigert werde in Folge ver-
mehrter Funktion der verschiedenen Drüsenorgane
durch Absonderung von Seitenketten (Antitoxinen).
Doch fehlen Angaben über die Pilocarpinwirkung.
ScL infidrte gleichzeitig subcutan 10 junge Schafe
zwischen 17 und 25 kg mit sporenhaltigem Milz-
brand an der Innenseite des Schenkels und injicirte
das Serum in die Jogularvene, und zwar 2 Schafen 5,
bez. 10 com sofort nach der Infektion, von den
übrigen je einem lOccm nach 12, 18, 24 und
30 Stunden, sodann je einem nach 12 Stunden
20 com, nach 18 Stunden 30 com, nach 24 Stunden
40 com und nach 30 Stunden 50 ccm Serum. Wäh-
rend der Versuche wurde sorgfältig alle 6 Stunden
die Temperatur in ano gemessen. Von 4 Gontrol-
thieren starben 1 nach 27 Stunden, die übrigen 3
nach 38 Stunden. 5 der mit Serum behandelten
Thiere starben innerhalb 36 — 109 Stunden, 5 wur-
den geheilt Zu den geheilten gehören die beiden
sofort nach der Impfung behandelten, 1 der nach
12 Stunden und die beiden nach 24 Stunden inji-
oirten Thiere, während beide nach 18 und 30 Stun-
den mit Serum behandelten starben. Im Blute
des nach 24 Stunden injicirten und geheilten Thieres
waren vor der Seruminjektion schon Milzbrand-
bacillen nachgewiesen worden. Nach diesem Aus-
gang des Experimentes und unter Bezugnahme
auf einen in der medicinischen Klinik in Florenz
durch Serum geheilten Milzbrand- Kranken , der
sich schon im vorgerückten Stadium befunden
habe, glaubt ScL, die Serumtherapie als souveränes
Heilmittel empfehlen zu dürfen, zumal desinfici-
rende Mittel (Aetzsublimat und Carbolsäureinjek-
tion) bei seinen Versuchen vollkommen versagt
haben. Die auffallende Erscheinung, dass grössere
Serumdosen keine Vortheile bei der Heilung zeig-
ten, führt ScL darauf zurück, dass das Serum
keine antitoxische Wirkung besitze , sondern nur
die Phagocytose anrege, die wiederum nur durch
ein wirksameres, nicht aber durch die grössere
Masse eines schwächeren Serum gesteigert werden
könne. Bei den mit Serum behandelten Thieren
wiesen 7 höhere Temperaturen als die Control-
thiere auf, eine Erscheinung, die S cL als Aeusse-
rung der Anstrengung des Organismus, die Injek-
tion zu überwinden, ansieht und auch bei Men-
schen beobachtet hat Er sieht daher Temperatur-
steigerungen nach Seruminjektionen als prognostisch
günstig an. Andererseits sei das nach der Infek-
tion auftretende Fieber wichtig, weil es anzeige,
welche Thiere in einer Herde erkrankt und noch
mit Erfolg zu behandeln seien. Trotz der Miss-
erfolge der lokalen Therapie allein möchte ScL
einer Gembination mit der Serumbehandlung das
Wort reden. Reinhard (Strassburg).
293. Tetanie und Aatointozikation ; von
Dr. H. LoebL (Wien. klin. Wchnschr. XVL 33.
1903.)
L. beobachtete in einer Anzahl von Krankheit-
fällen, die durch Verdauungstörungen, Acetonurie
und Nephritis als Autointoxikation gekennzeichnet
waren, die Erscheinungen von Tetanie. In einer
Reihe von ausgesprochenen Tetanie-Erkrankungen
fand er andererseits Stofifwechselstörungen, die auf
eine Autointoxikation hinwiesen. Diese Thatsache,
sowie die üebereinstimmung der Krankheitbilder
dieser beiden Gruppen spricht dafür, dass alle
Fälle von Tetanie auf Autointoxikation beruhen.
In vielen anderen Fällen von Autointoxikation wird
man ausserdem bei genauerer Untersuchung un-
vollkommene Tetanie nachweisen können. Sta-
tistisch lässt sich nachweisen, dass eine Häufung
von Autointoxikationen oft gleichzeitig mit einer
Zunahme der TetaniefäUe vorkommt L. nimmt
an, dass die Tetanie eine, durch besondere Affinität
zum peripherischen Nervmuskelapparate ausge-
zeichnete autotoxische Erkrankung ist
S 0 b 0 1 1 a (Heilanstalt Sorge).
294. üeber Organtherapie beim endemi-
BOhen Oretinismua; von A. Magnus-Levy.
(Berl. klin. Wchnschr. XL. 32. 1903.)
M.-Ii. fand in einigen Dörfern des Hünster-
thales (Yogesen) 14 oretinische Individuen mit
myxödematöser Haut und Verkleinerung der Schild-
drüse ; nur in einem Falle bestand ein kleiner Kropf.
Von diesen 14 Kranken wurden nun 7 einer Be-
handlung mit Schilddrüsentabletten unterworfen,
und zwar alle mit gutem Erfolge: nach 4 bis
6 Wochen stellte sich eine Hebung der Intelligenz
ein, das Längenwachsthum der Knochen, nament*
YL Innere Medidn.
187
lieh der Oesichtsknoohen , nahm zu, die Haut-
Tsrftnderungen gingen zurück.
M. - L. bestreitet daraufhin, dass zwischen ende-
mischem Gretinismus einerseits und zwischen spo-
radischem Cretinismus und Myxödem andererseits
eiD Unterschied bestehe. In beiden F&llen ist eine
gewisse hereditäre Anlage anzunehmen, bei der
das Wesentliche die Degeneration der Schilddrüse,
die Veränderung und der Ausfall ihrer Funktion ist
Sobotta (Heilanstalt Sorge).
296. Perkuasorisohe Auskultationy Phon-
endoakopie and Stäbohenaaskultation. Ein$
kritische Studie ; von Dr. Ed. R e i c h m a n n. (Berl.
Klinik 181. JuU 1903.)
Man ist von jeher bestrebt gewesen, die Resul-
tate der Perkussion dem Ohre deutlicher zu machen.
Hauptsächlich suchte man durch Combination der
Perkussion mit der Auskulation exaktere Ergeb-
nisse zu erzielen. Die Auskultation des Perkussion-
Bchalles ist die älteste Methode, die auch von den
verschiedensten Autoren empfohlen wird. Man
kann hierdurch z. B. centrale Infiltrationen, die
mit der gewöhnlichen Perkussion entweder gar
nicht oder nur schwer nachgewiesen werden kön-
nen, der Untersuchung zugänglich machen. Denn
wenn die Schallwellen vom Orte der Perkussion
bis zum untersuchenden Ohre die infiltrirte Stelle
passiren, wird eine Abschwächung , ein „Schall-
Bcbatten'' entstehen.
Bianchi und Runeberg untersuchten voll-
kommen analog dadurch die einzelnen Organe, dass
sie in einiger Entfernung von dem Auskultation-
instrumente mit dem Finger Streichungen über
die EUiut vornahmen, hierdurch lässt sich die
Grenze der einzelnen Organe bestimmen, da jen-
seits der Orenze des jeweils untersuchten Organes
der gehörte Schall sich ändert Es wird durch
diese auskultatorische Perkussion gewissermaassen
eine Projektion des einzelnen Organes auf die
Eörperoberfläche erzielt. Während Bianchi das
Phonendoskop benutzte, bediente sich Rune-
berg eines Stethoskops mit biegsamer Röhre.
Dieses letztere modificirte Aufrecht dadurch,
dass er einen ganz kleinen Trichter an dem mit
Oummisohlauch und Ohransatzstück versehenen
Stethoskop empfahl (das sogen. Friktionstethoskop).
Es fehlte natürlich nicht an Gegnern, die den
Werth dieses Verfahrens in Abrede stellten.
Kurz erwähnt sei ein Instrument für auskulta-
torische Perkussion, das eine Verbindung von
Hammer mit Plessimeter darstellt (Hofmann);
ferner ein Instrument (Pal) mit federndem Stifte
znr Ausführung von Hautstreichungen, wodurch
ein entsprechendes Reibegeräusch ausgelöst wird.
R. sagt nun, dass durch diese Methoden, die
er der Einfachheit halber Friktionmethoden nennt,
bei ihrer Ausführung in der Haut Schwingungen
entstehen, die sich in dem lockeren Oefüge der
unter der Haut liegenden Gtowebe verlieren und
demgemäss ihren Weg in das in Betracht kom-
mende Organ verfehlen können.
Durch die von R. angegebene Stäbchenauskul-
tation wird die Entstehung des Perkussiongerau-
sches nach ausserhalb verlegt Hierbei wird das
Geräusch in einem dünnen Stäbchen von i/^cm
Durchmesser, das durch seitlich angebrachte Ein-
kerbungen gerippt und am unteren Ende halb-
kugelig abgerundet ist, hervorgebracht Die Aus-
führung der Methode geschieht so, dass auf das zu
untersuchende Organ ein gewöhnliches Stethoskop
und in einiger Entfernung von diesem das Stäb-
chen aufgesetzt wird. Letzteres wird durch den
auf das obere Ende aufgelegten Zeigefinger fest
angedrückt und mit der Kuppe des Mittelfingers
ziemlich kräftig von oben nach unten gerieben,
wobei gleichzeitig der seitlich angelegte Daumen
eine Stütze bieten kann. Entfernt man nun dieses
Stäbchen weiter vom Stethoskop, so hört man,
sowie man die Grenze des Organs überschritten
hat, eine deutliche Aenderung des Schallcharakters.
Der eigenthümlich schabende Beiklang des Reibe-
geräusches ist alsdann verschwunden und das Ge-
räusch ganz dumpf und abgestumpft
Es entsteht also bei der Friktionmethode das
hervorgebrachte Geräusch in der Haut, da ja diese
gestrichen, also in Schwingungen versetzt wird.
Bei der Stäbchenauskultation hingegen entsteht
das erzeugte Geräusch in dem auf der Haut auf-
gesetzten und sie comprimirenden Stäbchen. Das
feste Aufsetzen des Stäbchens auf die Eörperober-
fläche ermöglicht demnach eine innigere Verbin-
dung, eine festere Annäherung an das zu unter-
suchende Organ und lässt die Schallwellen besser
hineintreten. Die ganze Methode beruht auf den
physikalischen Gesetzen von der Fortleitung und
Reflexion der Schallwellen an der Grenze der
untersuchten Organe. N e u m a n n (Leipzig).
296. üeber Cytodiagnostik; vonDr. Seh warz
und Dr. Bronstein. (Berl. klin. Wchnschr. XL.
34. 35. 1903.)
Ffir die Diagnose der pleuritischen Ergüsse
lässt sich die Cytodiagnostik erst am Schlüsse der
2. Erankheitwoche verwerthen, weil sich erst dann
der Unterschied zwischen tuberkulösen und nicht
tuberkulösen Ergüssen feststellen lässt.
Für die Diagnose der Meningitis bietet die
Cytodiagnostik keine Vorzüge vor der Lumbal-
punktion. Besonders für die Differentialdiagnose
der tuberkulösen Meningitis von der epidemischen
Cerebrospinalmeningitis ist die Cytodiagnostik
höchstens zur Frühdiagnose dieser zu verwerthen.
Ueber die Ergebnisse der Untersuchungen bei
Perikarditis, Peritonitis, Gelenkergüssen u. s. w.
liegen noch nicht hinreichende Angaben vor.
Demnach ist der Cytodiagnostik nur ein unter-
geordneter klinischer Werth beizumessen.
Sobotta (Heilanstalt Sorge).
188
VL Innercf MedioiiL
297. Bronehopneamonie d'an poamon et
aboes de l'antre oanses par nn mdme oorpa
etranger de Parbre reapiratoire (epingle vola-
mineaae); par P. Courmont et Andr6. (Lyon
möd. XXXV. 23; Juin 7. p. 977. 1903.)
Ein 26 Jahre alter, gesunder Mann hatte seine grosse
Tuchnadel mit Olasknopf zwischen den Zähnen, {üs ein
Freund ihn lachen machte ; dabei ,, verschluckte^ er die
Nadel. Er bekam sofort einen heftigen Hustenanfall,
der aber bald nachliess; nur ein Gefühl von Stechen
blieb in der Gegend des Zungenbeins zurück. 5 Tage
später verlagerte sich die Nadel bei einem Hustenanfalle.
Ihre Spitze steckte jetzt unter der Haut in der Höhe des
Larynx am vorderen Elan de des rechten M. sternodeido-
mastoideus. Beim Einschnitte auf diese Stelle aber ent-
schlüpfte die Nadel in die Luftwege hinein. Der Er.
fühlte sie nicht mehr, aber vom nächsten Tage ab traten
Schüttelfröste, Nachtsch weisse, Stiche in der Gegend der
linken Lungenbasis auf. Einige Tage später klagte der
Pat. über muskuläre und artikulare Schmerzen in den
Armen, die fast unbeweglich waren. Etwa 14 Tage nach
der vergeblichen Operation worden aua der linken
Pleurahöhle 300 ccm blutig-seröser Flüssigkeit entleert.
Schüttelfröste, Fieber, schmerzhafter Husten, beschleu-
nigte Respiration (60 in der Minute), starke Seh weisse
liessen aber nicht nach. Eiterige, von Blutstreifen durch-
zogene Sputa wurden in reichlicher Menge ezpektorirt.
Der Er. hatte ein „pyämisch^ -gelbliches Aussehen. Nur
die Schmerzen in den Armen konnten durch tägliche
Verabfolgung von 4 g Antipyrin erleichtert werden, links
hinteft unten bestanden von der Spitze der Scapula ab-
wärts Dämpfung, aufgehobener Pectoralfremitus, bron-
chiale Inspiration, subcrepitirendes Rasseln, das später
grossblasig wurde. Bei manchen Hustenanfällen empfand
der Er. Stiche unter dem Stern um. 1 Monat nach dem
Unfälle trat der Tod ein.
Die Ätttopste ergab, dass der Eopf der Nadel am
Beginne der beiden Bronchen zweiter Ordnung lag, die
nach dem linken ünterlappen führen. Sie waren mit
Eiter gefüllt; der Unterlappen selbst war der Sitz einer
Bronchopneumonie, deren Herde sehr dicht aneinander
stiessen. Die linke Pleurahöhle war leer: nur waren
die Pleurablätter etwas verdickt und leicht verklebt.
Die Spitze der 8 cm langen Nadel lag dem unteren Ab-
schnitte der rechten Tracheawand an, in die sie bei hef-
tigen Hustenstössen sich hineingebohrt haben musste;
man sah einzelne Einstichstellen mit nekrotischem Rande,
von denen eine in eine kurze Fistel zwischen äusserer
Tracheawand und visceraler Pleura führte, eine zweite
in einen trichterförmig gestalteten Abscess des rechten
Lungenoberlappens. Der Abscess hatte die Grösse einer
Nuss, seine Wand war unregelmässig buchtig, an ein-
zelnen Stellen nekrotisch, aber ohne Gangrängeruch.
In dem obersten Abschnitte der Trachea sah man
noch die Spuren von Stichen, deren deutlichster, in der
Höhe der ersten Tracheaknorpel liegender jedenfalls den
Weg angab, den die Nadel genommen hatte, als sie an-
fangs bis unter die Haut des Halses vorgedrungen war.
Aufrecht (Magdeburg).
298. Venengeräasohe an der rechten Lnn-
genapitse, entstanden in der Vena aaygoa.
Paroxysmale Tachykardie; von Prof. J. Pal.
(Centr.-Bl. f. innere Med. XXIV. 28. 1903.)
P. beobachtete bei einer OOjähr. Frau, die an einer
chronischen Infiltration beider Lungenspitzen und der
Lymphdrüsen, sowie an Emphysem litt, ein musikalisches
Geräusch in der Gegend der rechten Lungenspitze und
zeitweilig auftretende tachy kardische Anfälle, während
deren das Lungengeräusch stark abgeschwächt, auf der
Höhe sogar meist nicht hörbar war. Durch die Athmung
hingegen wurde es nur in der Höhe des Tones alterirt.
P. verlegte die Entstehung des Geräusches in die Yeoa
azygos, und zwar nahm er an, dass durch Compression
der Azygos durch eine pleurale Verwachsung das Ge-
räusch zu Stande komme. Die paroxysmale Tachykardie
hingegen ist durch eine Reizung von sympathischen oder
von Acceleransfasern zu erklären. Zu dieser Ansicht
fährte P. der Umstand, dass das ürsprungsgebiet der
Acceleransfasern und diese selbst sich nicht weit von dem
Bogen der Vena azygos befinden. Der spätere Obduktioo-
befund bestätigte diese Annahme.
Eine zwar schematische, aber sehr übersichtliche
Zeichnung giebt über die eigenartigen topographischen
Verhältnisse des Falles einen guten und verständlichen
Ueberblick. Neu mann (Leipzig).
299. INTervöae Tachypnoe; von Dr. Reck -
zeh. (Berl. klin. Wchnschr. XXVIU. 17—19.
1901.)
R. hat unter 1155 Kranken mit funktionellen
Neurosen 40 Fälle (>» 3.46%) ausgesprochener
Tachypnoe gefunden, und zwar bei 14 Mftnnern
und 26 Frauen. Als Tachypnoe bezeichnet er
eine Frequenz von 40 und mehr Athemzügen in
der Minute, unter Ausschluss aller organischen
Leiden. Die nervöse Erkrankung war bei Frauen
durchweg Hysterie, ausser 2 Fällen von Basedow'-
scher Krankheit und 2 schweren Neurosen, bei
Männern „Neurasthenie*^ oder traumatische Neurose.
Das Alter der Erkrankten betrug bei Frauen im
Mittel 23.12, bei Männern 26.54 Jahre. Hereditäre
Belastung fand sich in 7 — 17.6<»/o der Fälle. In
einem Falle wurde die nervöse Tachypnoe von
beiden Eltern auf 6 Kinder vererbt In je 4 Fällen
B= 10*/o lagen vor Potatorium und schwere Ver-
letzung mit starker Erschütterung des ganzen Kör-
pers, in 5 SS 12.5% psychische Depression, Aerger
und Aehnliches; diese letzten Momente waren auch
häufig der Anlass zur Auslösung eines tachj-
pnoischen Anfalles. Aetiologisch bedeutungsvoll
waren besonders Erkrankungen der Geschlechts-
organe, sowie Excesse und krankhafte Vorstellun-
gen von sexuellen Dingen (13 Fälle «» 36*/o).
Durch Eintritt der Menstruation wurde deutliche
Steigerung der tachypnoischen Beschwerden beob-
achtet. In einem Falle fand sich Parametritia, in
einem anderen abnorme Kleinheit und Schmerz-
haftigkeit der Hoden. Einmal gelang die Aus-
lösung eines tachypnoischen Anfalls durch längeres
Fixiren eines Punktes.
Dauernd beschleunigte, oberflächliche Athmung
massigen Orades fand sich in 19 Fällen «» 47.5%,
davon 11 mit leichteren, 8 mit schweren Paroxys-
men ; dauernd starke Tachypnoe mit anfallartiger
Steigerung in 5*» 12.5*/o der Fälle; und endlich
tachypnoische Anfälle bei sonst normaler Athmung
in 16 »-40% der Fälle. Bei der dauernden, wie
bei der anfallartig einsetzenden Form war der ge-
wöhnliche Athemrhythmus nicht verändert, so dass
keine Pause mit völliger Ruhe des Thorax bestand,
doch waren In- und Exspirium gleich lang. Körper-
haltung und Bewegung waren ohneEinfluss auf die
Athemfrequenz. Der Eintritt der tachypnoischen
Anfälle war stets plötzlich, das Aufhören allmäh-
VI. Innere Mediohi.
189
lieh. Bei Frauen blieb die Athmung costal, bei
Männern wurde sie ee in schweren Fftllen, sogar
mit Anspannung der Halsmuskeln. Einmal fand
sich sogar Nasenflflgelathmen. Die vitale Lungen-
capacit&t war gewöhnlich niedrig. Oppression,
Druck in der Herzgegend und Angstgefühl waren
kein regelmässiger Befund. Bei einem Kranken
ging der tachypnoisohe Anfall mit Bewusstlosig-
keit, bei einem anderen zeitweise mit Athemstill-
stand einher. In fast allen Fallen bestanden
Symptome von Neurasthenie und Hysterie, Kopf-
schmerzen, Unruhe, Schlaflosigkeit, hysterische
Parftsthesien , vasomotorische und sekretorische
Störungen. Von Seiten der Lunge fand sich
einige Male leichter Spitzenkatarrh, Öfter aber
eine „beträchtliche Anschwellung^' der Lunge mit
schwerversohieblichen Grenzen. Diese Erschei-
nung von Krehl (Patholog. Physiologie. 2. Aufl.
Leipzig 1898) beim Beginn eines tachy kardischen
Anfalls erwähnt, fand sich in den Fällen R.'s auch
bei normaler Pulsfrequenz. R. sieht diese Lungen-
blähung als Folge der Tachypnoe an, da durch die
schnelle Aufeinanderfolge von Ein- und Ausath-
mung die vollkommene Exspirationstellung der
Lunge nicht erreicht werde. Am Herzen fanden
sich neben häufig zugleich bestehender Tachy-
kardie in der Hälfte der Fälle aocidentelle Ge-
räusche ; in 3 Fällen Cor * mobile. Magendarm-
störungen wurden in 28 Fällen vermerkt, wobei
Verstopfung mit den heftigsten Diarrhoen abwech-
selte. Auffallig dabei war die häufige, beträcht-
liche KOrpergewichtzunahme. Mit Einsetzen der
Durchfalle ging stets ein Ansteigen der Athem-
curve einher. In 8 Fällen »a 20®/« zeigte sich
Betheiligung des Larynx (3mal hysterische Aphonie,
bei den übrigen Schwellung der Stimmbänder,
Offenbleiben der Glottis, Herabsetzung der Sen-
sibilität).
FQr die Entstehung der tachypnoischen Anfälle
macht R. eine aus psychischen Ursachen erfolgende
Yagusreizung verantwortlich und schliesst die von
Landgraf (Deutsche Med.-Ztg. X. 1 889) beschrie-
bene hysterische Bronchialstenose aus. Auch durch
Erregung sensibler Hautnerven oder durch eine
vom N. olfactorius und opticus nach Analogie der
Yagusreizung erfolgende Erregung sei die nervöse
Tachypnoe nicht zu erklären. Während eine cen-
tral einsetzende Yagusreizung den engen Zusam-
menhang zwischen Tachypnoe und DarmstOrungen
leicht verständlich mache.
Die Diagnose der nervOsen Tachypnoe sei,
nach Ausschluss aller Erkrankungen organischer
Natur, leicht, die Prognose sei im Allgemeinen gut
Das Resultat der Behandlung war Heilung oder
wenigstens Besserung bis zur Arbeitfähigkeit. Die
Behandlung war theils symptomatisch, mit narko-
tischen und nervenberuhigenden Mitteln, theils
aUgeoiein, auf Beseitigung der Neurasthenie oder
Hysterie gerichtet (Hydrotherapie, Elektricität).
Sauerstoffinhalationen waren ohne Erfolg, während
der Boghan 'sehe Athemstuhl sich in 1 Falle gut
bewährt haben soll. Reinhard (Strassburg).
300. Zar klinischen Diagnostik des Nieren-
infarktes und renal bedingter Eolikanfälle ; von
Dr. RudolfSchmidt. (Wien. klin. Wchnsohr.
XIY. 19. 20. 1901.)
Den relativ häufigen Befunden von Nieren-
infarkten steht gegenüber die seltene Möglichkeit
ihrer klinischen Diagnose. Schm. will versuchen,
auf Orund von 7 Fällen, darunter 2 eigenen, ein
klares, die Diagnose ermöglichendes Symptomen-
bild aufzustellen. Nach einer kurzen Zusammen-
stellung der in den bekannten Hand- und Lehr-
bflchem enthalten^i, sehr allgemein gehaltenen,
diagnostischen Bemerkungen, bringt er seine
7 Krankengeschichten, in denen 6mal die Dia-
gnose durch die Sektion bestätigt worden ist, und
fasst die darin niedergelegten Beobachtungen zu
folgenden epikritischen Bemerkungen zusammen.
Er unterscheidet: I. Lokale Symptome: a) Stö-
rungen der Harnsekretion und Yeräifderungen des
Sekretproduktes; b) Schmoren in Folge von Schä-
digung des sympathischen Nierengeflechtes (Plexus
renalis), bez. perirenaler Entzündungsprocesse.
n. Begleitsymptome von Seiten verschiedener
Organsysteme : a) toxisch bedingt durch Nieren-
insufficienz ; b) reflektorisch ausgelost Zu la be-
merkt Schm. Folgendes: Stärkere Orade von
Oligurie oder Anurie lassen sich bei Schädigung
beider Nieren erwarten und sind einmal durch
Ausfall von Nierengewebe, andererseits durch Er-
höhung des intrarenalen Druckes bedingt; auch
nervOse Momente reflektorischer Natur kämen mit
in Betracht Bei einseitiger Infarcirung wurde
beträchtliche Oligurie, bez. Anurie nicht beobachtet.
Aenderungen in der qualitativen Zusammensetzung
des Harns sind durch Auftreten von Serum- oder
Nucleoalbumin ausgezeichnet und durch Beimen-
gungen von Blut Doch sei Hämaturie keine häu-
fige Begleiterscheinung. Häufiger sei Albuminurie,
die nach dem Einsetzen der Infarktsymptome auf-
trete und durch rasches Zurückgehen, sowie Feh-
len von Sedimentveränderungen charakterisirt sei.
Doch spreche Fehlen von Albuminurie nicht gegen
einen ^farkt Nudeoalbuminurie bestand nur in
1 FalL Zu Ib : Starke Schmerzen begleiten den
Niereninfarkt und seien zu erklären theilweise
durch „Absterben'^ der längs der Arterien laufen-
den Fasern des Plexus renalis, anderentheils durch
die Zunahme des intrarenalen Druckes. Im spä-
teren Yerlaufe konnten sie auch* durch perirenale,
bez. lokale peritonäale Entzündungsprocesse be-
dingt sein. In einem seiner Fälle will Schm.
sogar „perirenales Reiben'* gefühlt haben. Haupt-
sits des Schmerzes ist die Lendengegend unterhalb
der 12. Rippe, andererseits die Projektionfläche
der Niere auf die vordere Bauchwand, beiderseits
unterhalb der Rippenbogen, rechts also der Gallen-
blasengegend entsprechend und bei Tiefstand der
190
VI. Innere Medioin^
rechten Niere die UeocOkalgegend. Ausstrahlen
des Schmerzes in Hoden, Penis, sowie Schulter-
blätter wurde bisher nicht verzeichnet. Bei beider-
seitigem Infarkt sei der an symmetrischen Stellen
auftretende Schmerz diagnostisch wichtig. Der
Schmerz selbst sei theils als brennend, theils als
heftiger Druck geschildert ; er setze blitzartig ein,
zeige aber kein kolikartiges An- und Abschwellen,
sondern falle stetig wieder ab. Durch Druck in
der Nierengegend, sowohl von vorn, als von hinten
wurde er gesteigert, ebenso durch Husten, Er-
brechen, tiefe AthmuDg und durch Streckung des
Oberschenkels. Bndlich sei die EOrperlage von
Einfluss auf die Schmerzen. Lage auf der kranken
Seite wirke am günstigsten. Zu 11 bemerkt Seh m.
folgendes : Schwerster Collaps bei Einsetzen des
Infarktes wurde in 3, Erbrechen und Singultus in
4 Fällen gefunden. Das Erbrechen im Anfange
wohl reflektorisch ausgelöst, sei später auf Urämie
zurückzuführen. Der Stuhlgang war öfters ange-
halten. Der Nachweis von Veränderungen am
Cirkulationapparat sei natürlich Voraussetzung für
die Diagnose des Niereninfarktes, dabei müsse auch
an seltenere Erkrankungen (ofifenes Foramen ovale,
Aneurysma aortae) gedacht werden.
Am Schlüsse der Arbeit vereinigt Schm. seine
Ausführungen in folgende diagnostische und difife-
rentialdiagnostische Gesichtspunkte: 1) In jedem
Falle von Nierenkolik ist es nothwendig festzu-
stellen, ob sie intrarenal (Drucksteigerung, Gewebe-
nekrose) oder extrarenal, d. h. „ureteral^* (Passage-
verlegung) bedingt ist 2) Der mtrarenal bedingte
Nierenschmerz beschränkt sich mehr auf die Nieren-
gegend. Die Niere ist äusserst druckempfindlich.
Der Schmerz ist continuirlich. Zuweilen besteht
sehr heftige, plötzlich einsetzende Albuminurie
mit oder ohne nephritische Sedimentbefunde.
3) Der eoOrarenal bedingte Eolikschmerz strahlt im
Verlaufe des Ureters aus; dieser ist oft druck-
empfindlich; der Schmerz ist mehr intermitti-
rend ; es kann zu akuter Hydronephrose kommen.
4) Intrarenal bedingte NiercDkoliken können aus-
gelöst werden durch : a) Torsion des Gefässstieles
bei Wandemiere ; b) plötzliche Congestion, gefass-
reicher, maligner Tumoren; c) chron. Nephritis
mit akut entzündlichem Nachschub; d) Nieren-
infarkt. 6) Innerhalb dieser Gruppen gelten fol-
gende Unterscheidungsmerkmale : Nierendruck-
schmerz ist bei Infarkt häufiger und stärker als
bei Nephritis. Hohe Pulsspannung spricht gegen
Infarkt Auftreten des Kolikanfalles bei Bettruhe
ist häufig bei Infarkt, nach mechanischen Insulten
öfter bei Wanderniere und Nephritis. Plötzliches
Einsetzen ist besonders für Infarkt charakteristisch.
Starke Hämaturie spricht viel mehr für Nephritis
als für Infarkt Plötzlich einsetzende Albuminurie
ohne Sedimentbefund findet sich nur bei Infarkt
6) Enteroptose erleichtert reflektorisches Erbrechen
und ist daher bei Niereninfarkt prognostisch un-
günstig. 7) Lage auf der gesunden Seite steigert
bei Infarkt die Schmerzen. 8) Bei völligem Ver-
schlusse der Art renalis können Erscheinungen
von Seite des Harns vollkommen fehlen. 8) Oligurie
oder Anurie spricht für beiderseitigen Niereninfarkt,
dabei fehlt Harndrang. Reinhard (Strassburg).
301. Ein Fall Ton Niereneiterang ; von W.
Alter. (Deutsche med. Wchnschr. XXTX. 30.
1903.)
A. veröffentliobt die Sjankengeschichte von einem
Falle von rechtseitiger Niereneiterang, die dorch Pneomo-
kokkeninfektion hervorgemfen war. Therapentisoh be-
merkenswerth ist, dass die hohen Temperatorsteigerun-
gen regelmässig dnroh Crede'sche Collargoli^jektionen
herabgesetzt worden und eine auffallende Besserong des
Allgemeinbefindens eintrat. A. wird daher bei jeder
schweren septischen Affektion die intravenöse Applikation
von Collargol sofort wieder vornehmen.
Nenmann (Leipzig).
302. Baoteriurla vesioalia poatgonorrhoioa
dnroh Baoterium laoüa aerogenes; von Dr.
Berthold Goldberg. (Centr.-Bl. f. innere Med.
XXra. 13. 1902.)
Der Fall betraf einen 32jähr. Mann, bei dem die
durch die Anwesenheit der Bakterien im Harn bedingte
Trübnnff ziemlich unvermittelt auftrat, nachdem eine
hartnäckige akute Gonorrhöe geheilt war. Ausser der
Hamtrnbung bestand das Gefühl einer krampfhaften
Zusammenziehung und Austritt einer weissen Masse
(Prostatasaft) am Schlüsse der Harnentleerung. Das
Allgemeinbefinden war durch das Auftreten von Kopf-
schmerzen, von Aufgeregtheit und Stuhlverhaltung nor
unwesentlich gestört. Während der Fall klinisch somit
nichts Besonderes bot, war er bakteriologisch aasge-
zeichnet durch den Befund des Bacterium lactis aero-
genes, das bisher nur einmal als Erreger von Bakteriurie
beschrieben worden ist Es hat offenbar wie es vom
CoUbacillus längst bekannt ist, von anderen (Typhus-
bacillen u. s. w.) neuerdings aber ebenfalls nachgewiesen
wurde, auch die Eigensclu^ Bakteriurie ohneCysü^ za
erzeugen. Im vorliegenden Falle konnte dorch dieCysto-
skopie die Abwesenheit jeder Erkrankung der Harnblase
sichergestellt werden. Die als Rest der überstandenen
Gonorrhöe noch bestehende Prostatitis interstitialis chro-
nica schien in keinem Zusammenhange mit der Bakteriurie
zu stehen, während es wahrscheinlicher ist, dass der Pat,
der eine leichte Phimose und Balanitis und ein sich
stauendes bakterienreiches Präputialsekret hatte, bei
Ürethral-Injektionen sich die Bakterien in die Blase ge-
bracht hatte. Ein besonderer specifisoher Geruoh war
dem Urin in dem vorliegenden Falle nicht ei^en.
Weintraud (Wiesbaden).
303. Prostatitts und SterUitftt; von Dr.
B. G 0 1 d b e r g. (Die Heilkde. VI. 1902.)
Angeregt durch die Untersuchungen von
Lohnstein undPergoli Aber das Sekret der
chronischen Prostatitis und seinen Einfluss auf das
Sperma sichtete Q. sein Material nach dieser Rich-
tung und fand, dass die weitaus überwiegende
Mehrzahl der Personen mit chronisoher Prostatitis
Kinder erzeuge ; bleiben sie kinderlos, so bestehen
meist mehrere Möglichkeiten für die Impotentia
generandi. C. Schramm (Dortmund).
304. Beobachtungen über klimatieolie
Bubonen ; von Dr. z u r Y e r t h. (Aroh. f. Schiffs-
u. Tropenhyg. VII. p. 63. 1903.)
VI. Innere Hedioin.
101
Die in ihrer Aetiologie sehr verschieden be-
urtheilten klimatisohen Bubonen hat zur V. in
26 einzeln beschriebenen Fällen beobachtet Ihr
Auftreten hängt direkt von dem Aufenthalte in den
Tropen ab. Fieber kann in starkem Orade bestehen,
aber auch ganz fehlen« In den meisten Fällen
kommen die Leistendrüsen zur Yereitenmg, manch-
mal bildet sich aber die Schwellung völlig zu-
rück. Malaria, Pestinfektion, Sekundärinfektion
von Mesenterialdrüsen aus waren als Ursachen aus-
zuschliessen. Ein speciflscher Erreger wurde nicht
gefunden, zur Y. nimmt an, dass die gewöhn-
lichen Eitererreger, die durch das Klima modificirt
sind, auf den durch das Klima gleichfalls umge-
wandelten KOrper einwirken und dadurch die
Krankheit verursachen. Dies wäre analog der von
Menzer angenommenen Aetiologie des Oelenk-
rhenmatismus. In beiden Fällen sind Eingangs-
pforten vorhanden, in den Tropen sind bei der
Schiffsmannschaft immer kleine Hautverletzungen
zu finden. Mehrere der beobachteten Fälle waren
sogar mit rheumatischer Oelenkerkrankung com-
plicirt
Die Therapie ist hauptsächlich chirurgisch.
Y. Lehmann (Berlin).
305. Prophylaxe und operatlonalose Be-
handlong des GallenateinleideiiB; von Dr. Fran z
Kuhn. (BerL KUnik Heft 177 u. 180. 1903.)
K. fordert zunächst Specialsanatorien für Gkillen-
steinleidende, in denen eine gründliche Beobach-
tung der Kranken die Entscheidung über operative
oder nicht operative Behandlung ermöglichen soll
Ein erheblicher Theil der Abhandlung ist sodann
der Prophylaxe gewidmet, und zwar der mecha-
nischen (Sport, Oymnastik, Massage, Kleidung),
der diätetischen, der hydrotherapeutischen und der
medikamentösen Prophylaxe.
Ziel der Behandlung kann es nicht sein, die
vorhandenen Steine abzutreiben (denn das ist oft
gefährlich) oder zu lösen (denn das ist kaum mög-
lich), sondern man wird die Ursachen der Stein-
bildung zu treffen suchen und die Folgeerschei-
nungen der Steine zu beseitigen trachten. Bezüg-
Mch der Indikationen zu operativem Yorgehen
schliesst sich K. den von Kehr aufgestellten Orund-
sätzen an. Im üebrigen giebt er eine für die Praxis
genügende Eintheilung in leichte und schwere Fälle
und bespricht die verschiedenen hierfür in Frage
kommenden Mittel und Behandlungsmethoden.
S 0 b 0 1 1 a (Heilanstalt Sorge).
306. Oirroai portale atrofloa asplenome-
gftlioa oome malattia prevalentemente oon-
genita; del Prof. A. FerranninL (Oaz. degli
Osped. XXIV. 74. 1903.)
Bei der atrophischen Lebercirrhose kann trotz
Bestehens von Ascites und Oedem der Beine Milz-
tnmor fehlen, weil der phlebitische Process die
Milzvenen mitunter unbeeinflusst lässt. Auch kann
Ascites ohne Medusenhaupt bestehen, weil der
phlebitische Process an den verschiedenen Stellen
mit verschiedener Stärke auftritt Dieses trifft
namentlich für die angeborene Cirrhose zu. Zur
Unterscheidung der angeborenen von der erwor-
benen Form dienen die primäre Entwickelung des
Zustandes, der schleichende Beginn, langsames
Weiterschreiten, schnelles Einsetzen von Ernäh-
rung- und Stoffwechselstörungen.
S 0 b 0 1 1 a (Heilanstalt Sorge).
307. La doigt hippooratique dana lea oir-
rhoaes biliairea; par A. Qilbert et B. Lere-
boullet (G^z. hebd. XLIX. 1. 1902.)
0. und L. haben bisher 40 Fälle von Yerände-
rungen der Fingerendglieder gesammelt, für deren
Ursprung weder Lungen-, noch Herzleiden verant-
wortlich gemacht werden können, sondern die im
Yerlaufe von Lebercirrhose, und zwar der biliären
Form, auftraten. Die Yeränderungen beschränkten
sich, wieRöntgen-Photographien und auch Sektion-
befunde ergaben, ausschliesslich auf die weichen
Theile der Fingerkuppen ohne Yeränderungen am
Knochen und traten meist in späteren Stadien der
Krankheit auf. Dabei stellten 0. und L. fest, dass
eine kleine Exostose an der Endphalanx des rechten
Mittelfingers als normal anzusehen sei. Die Yer-
änderungen bestanden in kolbigen und quadra-
tischen Anschwellungen der Fingerendglieder, zum
Theil auch mit Betheiligung der Nägel, die theils
in der convexen Fläche gebogen, theils gekrümmt
(papageienschnabelartig), in einzelnen Fällen sogar
nach Art derYogelkrallen auf die Plantarseite um-
gebogen waren. 0. und L. sehen diese Yerände-
rungen als charakteristisch für die biliäre Form
(Char cot 'sehe) der Girrhose an und halten die
bei der Laen nee 'sehen Form auftretenden ähn-
lichen Befunde für vom Cirkulationapparate oder
Bespirationapparate veranlasst. Als Ursache für
die Entstehung der vorliegenden Form nehmen sie
theils Infektion, theils Cholämie an.
Reinhard (Strassburg).
308. Oooliuione inteatinale per milia mo-
bUe ; per A. M 0 r i. (Rif. m6d. XYIL 118—120.
1901.)
Fälle von Darmverschluss durch Wandermilz
sind nur ganz vereinzelt beschrieben worden ; M.
theilt folgende eigene Beobachtung mit.
Die 29jähr. Frau war vor einigen Jahren an Malaria
erkrankt und hatte seitdem eine hypertrophische Milz.
Yersohiedene Beschwerden, die yod der Kr. selbst mit
der Milzvergrösserong in Zosammenhane gebracht wur-
den, führten sie später in das von M. geleitete Kranken-
haus, wo eine hypertrophische Wandermilz gefunden
wurde. Nach dem Gebrauche von roborirenden Mitteln
und JodeinspritzuDgen nahm die Schwellung der Milz be-
trächtlich ab, ihre abnorme Beweglichkeit aber zu, so
dass die Kr., die einen chirurgischen Eingriff ablehnte,
eine Bandage tragen musste. Nach 1 Jahre erkrankte sie
plötzlich sehr schwer unter den Erscheinungen des Ileus.
Bei der Aufnahme in das Krankenhaus vermuthete M.,
dass die früher von ihm beobachtete Wandermilz den
Darmverschluss herbeigeführt habe; die sichere Diagnose
192
Vn. GheburtshfUfe, Frauen- and Kindeiiieillnmde.
konnte er stellen, als die krampfhaften Danncontraktionen
auf Morphiomgebrauch nachgelassen hatten. Durch ge-
eignete Manipulationen gelang es, das verlagerte Organ
alimählich zu reponiren und damit den Darmverschluss
Yollstfindig zu beseitigen.
Im Anschlüsse an die Hittheilung bespricht M.
die Pathclogie und Therapie der Wandermila. In
der Regel handelt ee sich um hypertrophische
Milzen. Die zuweilen beobachteten EolikanfUle
werden gewöhnlich durch Drehungen des Stieles
um die eigene Achse verursacht. Bei hyper-
trophischen Wandmmilzen ist zunächst immer zu
▼ersuchen, durch Jodeinspritiungen, gegebenenfalls
durch Halariamittel eine Verkleinerung herbei-
zuführen. Da Bandagen oft nicht viel nützen,
bleibt bei ernsteren Störungen nur der operative
Eingriff übrig, der entwedor in der Exstirpation
des Organs, oder in seiner Anheftung durch die
Naht besteht. Ob die letztere der beiden Ope-
rationen im Allgemeinen vorzuziehen ist, musserst
die Erfahrung lehren. Janssen (Born).
VII. QeburtshQlfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
309. Bericht fiber die in der gynftkologi-
sohen Abtheilang des Spitals M^biluitropie*'
(Bukarest) im Laufe des Jahres 1902 gemaehten
Operationen; YonDr.M.J. Serbanescu. (Bev.
de Ghir. YIL 6. p. 256. 1003.)
8. benutzt den Bericht, um einige neue Ope-
rationmethoden, die in der von £iriac geleiteten
Abtheilung geQbt werden, bekannt zu geben. Vor
Allem ist die als Salpingo-ChphorO'Skapns be-
zeichnete conservative Adnezoperation zu erwähnen,
bestehend in ErOfiPnung der erkrankten Eileiter und
Ovarien, Entleerung des pathologischen Inhaltes,
Desinfektion des Inneren, Herstellung der Ver-
bindung zwischen Eileiter und Gebärmutter durch
Sondirung. LGsung aller Adhärenzen und schliess-
lich Naht der eröffneten Organe. Die Besultate
dieser Operation, sowohl lokal, als auch für das
Allgemeinbefinden, waren sehr gute.
Bei der Behandlung der hämorrhagischen Metrp-
Oden und Pueq^ercUinfektionen wurde die Methode
der tüiederhoUen ÄttskrcUxungen angewendet, da es
sich gezeigt hatte, dass eine Curettirung oft resul-
tatlos bleibt In manchen Fällen wurden 3 — 4 Aus-
kratzungen vorgenommen, bis die Heilung eine
definitive war.
Chronische Urethritis bei Frauen wurde durch
gewaltsame ErweUerung und Kmderisvrung der
Schleimhaut mit dem Thermokauter behandelt
Bei totalem Prolapsus ttieri, wurde, nach Empor-
ziehen des Organes, an der Vorderfläche ein vier-
eckiges, oberflächliches, etwa 3 qcm grosses Stück
ausgeschnitten, ein ebensolches aus dem Peri-
tonaeum der vorderen Bauchwand entfernt, dann
wurden die blutenden Flächen aneinander gelegt
und durch Nähte fixirt Andererseits wurde die
Blase durch Nähte sowohl an den Uterus, als auch
an die vordere Bauchwand befestigt
E.Toff(Braila).
310. Ueber die an der Klinik Ohrobak bei
gynäkologischen Operationen beobachteten
Nebenverletsongen ; von A. Blau. (Beitr. z.
öeburteh. u. GynäkoL VIL 1. p. 53. 1903.)
BL hat mit ausserordentlichem Fleisse sämmt-
liche gynäkologische Operationjoumale der Klinik
Ohrobak 's aus einer bestimmten Zeit auf Neben-
verletzungen hin geprüft ; bei der Frocentberech-
nung nimmt er auf 3193 Fälle Bezug, die unter
der Qesammtsumme von 5888 Fällen die Summe
der Operationgruppen darstellen, bei denen sich
überhaupt Verletzungen ereigneten, nicht aber auch
auf die grosse Zahl von Operationen anderer Art,
die in keinem Falle durch eine Nebenverletzung
complicirt waren. Es kamen insgesammt in 45 Fällen
Nebenverletzungen vor ■» 2%, und zwar betrafen
15 einen oder beide Dreteren, 21 die Blase und
14 den Darm.
Von den 15 üreterwrletxungen entfallen 7 auf
abdominale Totalexstirpationen (davon 5 bei Myom
[4.2%]), 3 auf Ovariotomien (O.66<»/0), 3 auf die
vaginale (1.08%), 1 auf die sacrale Totalex8tü>
pation des carcinomat5sen Uterus, endlich 1 auf
den Versuch der vaginalen Exstirpation beiUterus-
carcinom. 11 mal handelte es sich um einseitige
Verletzung (3mal Durchschneidung, 8mal Unte^
bindung), 4mal um beiderseitige (2mal Ligatur des
einen, Abknickung des anderen Ureters, 2mal
Durchschneidung beider Ureteren). 3mal bestand
Complikation mit Blasenverletzung. 11 der
15 Ureterläsionen •» 73^/^ endeten bald nach der
Operation lethal, 1 im Anschlüsse an spätere Fistel-
operation ; von 3 entstandenen Ureterscheidenfisteln
schloss sich 1 spontan.
Von den 21 Blasenverletxungen fallen 9 auf
Laparotomien, 12 auf vaginale Operationen. Unter
den Laparotomien handelte es sich 4mal um Myo-
motomien (1.1%), Imal um die Totalexstirpation
des carcinomatösen Uterus, Imal um Ovariotomie
bei vielen Verwachsungen (0.2%), 3mal wurde die
Blase beim Bauchschnitte verletzt Von den 12 mit
Blasenverletzungen verbundenen vaginalen Ope-
rationen waren 4 Totalexstirpationen (1.4*/o) nnd
4 Versuche der Totalexstirpation des Carcinoma-
tosen Uterus (22^/^), 2 Totalexstirpationen wogen
Myoms (0.5<>/o), bez. Endometritis, 1 vaginale
Ovariotomie, 1 Vaginifissur. 9 der 21 Blasen-
läsionen endeten lethal, 5 genähte heilten glatt,
7mal entstanden Blasenfisteln,, wovon 4 spontan
heilten.
Die 14 Darmverleixungen vertheilen sich auf
je 7 Laparotomien und vaginale Operationen. Am
häufigsten (5mal) kamen sie zu Stande bei Adnex-
operationen, 4 bei abdominaler (1.3%), 1 bei vagi-
naler Methode (3.2*/q); 3 ereigneten sich bei
TU. Qeburtshülfe, Frauen« und Einderheilkimde.
193
abdominalen Orariotomien (0.66%). Vondenreeti-
renden 6 fallen 4 auf vaginale Totalexstirpationen
des Uterus, 1 auf den Versuch einer vaginalen
Ezstirpation des krebsigen Uterus, 1 aufdieEzstir-
pation der krebsigen Scheide und des Uterus.
Nach 10 primAren Nähten der DarmUsionen
starben 9 Er., Imal bildete sich eine spontan hei-
lende Fistel. Von den nicht genähten 4 starben
2 Kranke; 2mal bildete sich eine Fistel, wovon
1 spontan heilte.
Allee in Allem waren also von den 45 Ope-
rationen, bei denen sich Neben Verletzungen er-
eigneten, 24 Laparotomien, 20 vaginale Eingriffe
und 1 sacrale Totalezstirpation.
Casuistische Beigaben und eingehende Ver-
gleiche mit den Ergebnissen anderer Operateure
machen die mühevolle Arbeit recht lesenswerth.
Kurt Eamann (Berlin).
311. Wann bedarf eine Betroflezio uteri
der Behandlangf von Dr. Max Oraefe in
Halle a. d. S. (SammL iwangl. Abhandl. a. d. Oeb.
d. Frauenhkde. u. Oeburtsh. V. 2. 1903.)
Die Betroflezion des normalen Uterus bedarf
nach 0. überhaupt keiner Behandlung. Dagegen
ist die in der Regel bestehende Chlorose und
Hystero-Neurasthenie zum Gegenstände der The-
rapie zu machen. Nur wenn sich bei der Kranken
die Idee festgesetzt hat, dass nur die Beseitigung
ihrer „Knickung^' ihre Beschwerden heben könne,
soll gegen diese vorgegangen werden, und zwar
durch die Alexander-Adams'sche Operation.
Bei Sterilität einer an Betroflexion des sonst nor-
malen Uterus leidenden Frau kann diese durch
Beseitigung der Liageveränderung zu heben ver-
sucht werden, ebenso bei Verwachsungen und
Fixation des retroflektirten Uterus.
Nicht jede Retroflexio uteri gravidi bedingt
nach 0. eine Behandlung. Nur bei Incarceration-
erscheinungen, bei Unmöglichkeit dauernder Be-
obachtung oder erfiihrungsgemässer Neigung zum
Abortiren ist Reposition und Pessarbehandlung er-
forderlich. Bei Fixation des schwangeren Uterus ist
nach erfolglosen wiederholten Bepositionversuchen
und nach erfolgloser Kolpeurynterbehandlung der
Bauchschnitt zum Zwecke der Lösung der Adhä-
sionen und Reposition des Uterus gerechtfertigt
Bin vergrOsserter, hyperftmischer, druckempfind-
licher, retroflektirter Uterus darf sich nicht selbst
überlassen bleiben; er muss reponirt und durch
Peeear oder Operation anteflektirt fixirt werden.
Dies ist auch dann angezeigt, wenn das eine oder
wenn beide Ovarien gleichzeitig mit dem Fundus
uteri descendirt sind. Die complicirende Metritis
und Endometritis bedürfen selbstverständlich einer
gleichzeitigen Behandlung.
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
312. üobor die Bedentong des Ugamen-
tQm rotondom uteri bei Hemiotomien ; von F.
JCayser. (Aroh.LGynakol.LXIX. 2. p. 43 1.1903.)
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft. 2.
E. beobachtete in 4 F&Uen das Auftreten einer
Retroflexio uteri kürzere oder längere Zeit nach
der Badikaloperation einer nicht eingeklemmten
Leistenhernie. Da das Ligamentum rotundum an
einer Stelle dem Leistenbruohsacke mehr oder
minder innig anliegt, mag nun der Bruch sich in
einen nicht obliterirten Processus vaginalis peri-
tonaei hinein entwickeln oder sich eine neue Aus-
stülpung des Bauchfelles bilden, so ist die Oefahr
der Verletzung des Ligamentes bei den Operationen
nach Macewen und Kocher leicht erkenntlich
und K. nimmt solche für seine Fälle an, obwohl
er den objektiven Beweis nicht erbringen konnte.
Seine Beobachtungen scheinen K. auch im
Lichte der Theorien der Wirkung des Ligam^t-
apparates des Uterus dafür zu sprechen, dass mit
hoher Wahrscheinlichkeit in der Verletzung des
Ligamentum rotundum bei der Hemiotomie in der
That der Orund für die spätere Retroflexio uteri
gesucht werden darf, und er fördert, bei jeder
beim Weibe vorgenommenen Leistenhemienopera-
tion das runde Band zu isoliren und durch einige
Nähte ohne Verkürzung im Leistenringe zu fixiren,
Kurt Eamann (Berlin).
313. Hat die Verletiung des Ugamentnm
rotundum bei Hemiotomien Betrodeviationen
des Uterus inrFolgeP von S.Ooldner, (Centr.-
Bl. f. Oynäkol. XXVIL 31. p. 947. 1903.)
0. tritt der von Kays er (vgL das vor-
stehende Referat) aufgestellten Vermuthung ent-
gegen, dass Verletzungen des runden Bandes
bei Leistenbruchoperationen eine Retroflexio uteri
nach sich ziehen. Br stützt sich auf die Nach-
untersuchung von 9 Fat, bei denen im Verlaufe
der Bassini-Operation das runde Band wegen
starker Adhärenz am Bruchsacke 3mal beiderseits,
6mal einseitig durohtrennt und mit dem Bruchsack-
stumpfe gemeinsam ligirt werden musste. Keine
der Frauen, deren mehrere normale Schwangeiv
schaften seither durchmachten, klagte über Unter-
leibsbeschwerden und auch der Untersuchungs-
befund ergab keine Retrodeviation. Für die von
Kays er nicht berücksichtigte, gegenwärtig aber
meist geübte Operation nach Bassini trifft also
die Vermuthung Eayser's jedenfalls nicht zu.
Auch die bei Radikaloperationen schlechthin nicht
s^ten beobachtete ausserordentliche Zartheit des
runden Bandes im Leistenkanale macht es nicht
leicht verständlich, der etwaigen Verletzung des
Ligamentes bei Hemiotomie eine ursächliche Be-
deutung für in der Folge auftretende Retrodevia*
tionen des Uterus beizumessen.
Kurt Eamann (Berlin).
314. Ueber die Bntfemong entsfindeter
nnd doroh Neabildnngen erkrankter Ovarien
mittela vaginaler KÖUotomie; von Fr. Hein*
sius. (Beitr. z. Oeburtsh. u. Oynäkol. VII. 1.
p. 28. 1903.)
25
194
yn. Oeboriahfafe, Franen- und EmderlieQlnmde.
Nach historischem üeberbUcke über die Bnt-
wiokelung der vaginalen Ovariotomie zeigt H. auf
Orund des Materials der Greif swalder Frauenklinik,
in welcher Ausdehnung die Entfernung erkrankter
Ovarien von der Scheide aus indicirt und mOglich
ist unter 700 Eolpotomien wurden in 110 Fällen*
Ovarien ganz oder theilweise wegen verschiedener
entzündlicher Erkrankungen oder wegen neoplasti-
scher Veränderungen vaginal entfernt Die Ent-
fernung erfolgte immer nach strengster Indikation-
stellung entsprechend möglichst conservativer ope-
rativer Behandlung der Adnexerkrankungen und
möglichst nur als Resektion, unter den einzelnen
Indikationen sei hervorgehoben, dass bei akut ent-
zündlichen AfFektionen die Operation möglichst
vermieden wurde; der Befund von Eiter bildete
nie die Indikation zur Mitentfemung des Uterus.
Nur 2mal wurde vom hinteren Scheidengewölbe
aus operirt, sonst immer die Golpotomia anterior
A. M a r t i n 's ausgeführt, deren Technik eingehend
dargestellt wird. Die Mortalität beträgt 4.63«/o.
Unter den 6 TodeeflUlen handelte es sich 2mal um
Nahtmaterial-Infektion, Imal um Ileus, 2mal um
akute Peritonitis. In den letzten 3 Fällen war
während der Operation Eiter entleert worden.
Drainage wäre vielleicht besser gewesen. Neben-
verletzungen ereigneten sich in 3.63<^/o der Fälle
(2mal Darm, 2mal Blase).
Die vaginale Ovariotomie ist gewiss technisch
schwieriger als die abdominale. Die Infektion der
vor die nicht sterilisirbare Vulva vorgezogenen
inneren Theile wird durch permanente Berieselung
mit physiologischer Kochsalzlösung zu verhüten
gesucht, wodurch zugleich das Operationgebiet
stets frei von Blut und Tumorinhalt gehalten wird.
Den Nachtheilen der vaginalen Methode: geringere
Uebersichtlichkeit, Beschränkung durch die Oröese
der Tumoren, schwierigere Technik, stehen aber
gewichtige Vortheile gegenüber: keine entstellende
Bauchnarbe mit Hemiengefahr, geringere Infek-
tiongefahr, weniger Verwachsungen, günstigere
Beconvalescenz, keine Leibbinde.
Zur Erzielung guter Resultate ist ausser aus-
gebildeter Technik nur richtige Auswahl der Fälle
nöthig. Enge der Vagina wird künftig bei An-
wendung desSchuchardt 'sehen Schnittes nicht
mehr hindern. Starke Verwachsungen mit Där-
men oberhalb des kleinen Beckens müssen aus-
geschlossen sein. Bei Diagnose auf eitrigen Inhalt
ist die Indikation ganz einzuengen und unter Um-
ständen ist zu drainiren. Bei cystischen Tumoren
bildete im Anfange Strausseneigrösse die obere
Grenze, doch wurden auch grössere vaginal ent-
fernt Die Grenze für solide Geschwülste war
Faustgrösse. Für grössere, wie für maligne Tumo-
ren empfiehlt sich die Laparotomie.
Danach ist die vaginale Ovariotomie keine Con-
currenzoperation der Laparotomie, sondern sie hat
eine durchaus selbständige Stellung neben dieser.
Kurt Kamann (Berlin).
316. Qebortsoomplikationen bei ausge-
dehnter Varioenbildmig ; von M. Dutzmann.
(Mon.-Schr. f. Oeburtsh. u. GynäkoL ZVH 3. p. 364.
1903.)
Auf Grund von 3 näher beschriebenen FäUen
bespricht D. die rationelle Behandlung der Varicen
in der Schwangerschaft und sub partu. Ist bis
zum Partus noch längere Frist, so thun Bettruhe,
feuchte Wickelungen, Hochlagerung gute Dienste.
Auch Ergotineinspritzungen nützen, sind aber gegen
Ende der Gravidität wegen der Gefahr der Früh-
geburt zu unterlassen.
Ist die Geburt im Gtoge, dann gilt es, den
Verlauf langsam und schonend zu gestalten, be-
sonders das starke Mitpressen zu verbieten. Wenn
nöthig, sind die Presswehen durch Narkose zu
unterbrechen. Bei eingetretener Ruptur der Varicen
ist allein die Naht auszuführen, auf die man sich
von vornherein vorzubereiten hat Provisorisches
Abklemmen der blutenden Stellen erleiditert die
Naht durch Freimachen des Operationgebietes.
Kurt Kamann (Berlin).
316. Das VerhältniBB swiaohen Molen-
BCdiwaDgerachaft und Qravidität-Aatointozi-
kaüon; von Dr. J. Fieuz. (Revue prat d'Obstetr.
et de Paed. p. 199. Juillet 1903.)
F. führt mehrere E%lle an aus der Literatur
und der eigenen Erfahrung und zieht den Sohluss,
dass alle Fälle von Molenschwangerschaft auffallend
frühzeitig von bedeutenden Ätäaintoaikationsifm'-
ptomen begleitet werden. So beobachtet man fast
immer Albuminurie, diffuse Oedeme, sehr oft
heftige Kopfschmerzen, Gesichtstörungen, Nasen-
bluten, unstillbares Erbrechen u. s. w. In Ver-
bindung mit den profusen Blutungen scheinen
diese Symptome constante Begleiter der Molen zu
sein und ihr frühzeitiges Äuflretm sollte auf diese
Diagnose hinlenken.
Bezüglich der Ursache dieser Oo6xistenz neigt
F. der Ansicht zu, dass die Selbstvergiftung das
Erste ist und unter ihrem Einflüsse das Eü
cystisch degenerirt und zur Mole wird. Es ist
dieses selbstverständlich nur eine theoretische An-
sicht, für die noch keine praktischen Beweise er-
bracht sind. Kurt Kamann (Berlin).
317. Eklampsie» die deneitigenForBOhnn-
gen über die Pathogenese dieser Brkrankong
und ihre Therapie; von Anton Hengge in
Greifswald. ( v. V o 1 k m a n n 's SammL klin. Vortc
N. F. Nr. 346. Jan. 1903.)
H. fasst am Schlüsse seiner Ausführungen
unsere positiven Kenntnisse aus den experimen-
tellen Untersuchungen über die Pathogenese der
Eklampsie in Folgendem zusammen: „1) Die bak-
terielle, bez. bakteriologische Aetiologie ist noch
nicht genügend erwiesen. 2) Die Untersuchungen
über Gefrierpunkte von Blut und Harn, d. h. über
die molekulare Goncentration dieser Flüssigkeit^
YIL Oeburtshülfe, Flauen- und Einderheilhmde»
195
zeigen a) bei s/4 aller Sohwangeren ungenügende
molekulare Diurese/ b) bei Eklampsie im Beginne
der Anlalle eine minimale, also völlig ungenügende
molekulare Goncentration des Harns, c) der Urin
kann eiweissfrei sein bei ungenügender molekularer
Goncentration. Diese Beobaohtungen stehen im
Einklänge mit anderweitigen Erfahrungen über
Störung der Nierenfunktion. 3) Die bisherigen
Untersuchungen über Toxicität von Blut und Harn
durch die sogen. Bouohard 'sehe Methode haben
keine verwerthbaren Resultate geliefert (Injektions-
technik, speciflsches Gewicht, molekulare Goncen-
tration, Elektrolyse). 4) Der Stolfaustausch zwi-
schen mütterlichem und kindlichem Blute ist ein
sehr inniger, er scheint aber für gelOste Eiweiss-
▼erbindungen eine gewisse Ausnahme zu erfahren.
5) Biochemische Untersuchungen sprechen bisher
nur für das Bestehen feiner gradueller Unter-
schiede zwischen mütterlichem und fötalem Blute.
6) Veit 's biochemische Theorie [vgl Jahrbb.
GGLXXY. p. 266] scheint geeignet, jetzt schon
manche Thatsachen einfach zu erklaren, so das
häufige transitorische Auftreten von Albumen im
Harne Schwangerer.^'
Nach H. hat die öesammtheit der sorgfUtigen
mit neuen Methoden vorgenommenen Untersuchun-
gen der letzten Jahre über das Wesen der Eklampsie
selbst relativ wenig positive Aufschlüsse gebracht.
Gefordert wurden dagegen unsere Kenntnisse über
Physiologie und Pathologie der Schwangerschaft,
der Geburt und des Wochenbettes; diese Unter-
suchungen müssen deshalb nach H. fortgesetzt
werden.
Hinsichtlich der Therapie ist nach H. zu be-
merken: „1) Die Prophylaxe ist von grosser Be-
deutung; sie fordert (wo mOglich) Bestimmung
des Gefrierpunktes des Urins in der Schwanger-
schaft ausser der Prüfung auf Albumen (funk-
tionelle Nierenthätigkeit). 2) Unsere Therapie darf
vor Allem nicht schaden, daher sollen Narkotica
vorsichtige Anwendung finden und neuere Mittel
(Veratrum viride, lumbale Anästhesie, Jodothyrin)
erst nach klinischer Prüfung verwerthet werden.
3) Die eventuelle Einleitung der Entbindung wird
heute am besten mit Metreuryse (vielleicht auch
mit Bossi'schem Diktator), bei Mehrgeschwftnger-
ten audi durch Sprengen der Blase vorgenommen,
dieDührssen 'sehen tiefen Gervixincisionen sind
für die Praxis zu widerrathen. 4) Eine Therapie
auf Grund der Veit 'sehen Theorie ist nicht aus-
sichtslos, doch wird sie nach unseren jetzigen
Kenntnissen keineswegs eine causale sein.**
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
318. Eklampsie bei einer l€tj&hr, Virgo;
von Karl Doranth in Aussig. (Wien. klin.
kün. Wchnschr. XIV. 35. 1901.)
D. berichtet über einen Fall von Krämpfen bei
einem jungen Mftdchen, die er für Eklampsie, nicht
für Epilepsie ansah.
Das IBjähr. Mädohen, das nur einmal im 3. Lebens-
jahre Krämpfe gehabt hatte, erkrankte nach voraos-
gegangenen Kopfsohmerzen und einem soporösen Zn-
süuide mit klonischen und tonischen Krämpfen, die sich
9mal wiederholten. Dabei Pols 140, Temperatur 38.6».
Im ersten Harn, der nach dem Erwachen gelassen wurde,
«kein Eiweiss, S^/o Zucker; specifisches Gewicht 1044,
später im Harn weder Eiweiss, noch Zacker.
J. Praeger (Chemnitz).
319. üeber die Auslösung der Milohsekre-
tion bei Mutter und S[ind; von Dr. Wilhelm
Knoepfelmacher. (Jahrb. f. Kinderhkde. 3.F.
VI. 6. p. 791. 1902.)
Die Existenz und Erhaltung der Mammae ist
abhängig von der Gegenwart der Ovarien. Wes-
halb sie jedoch in der Schwangerschaft anschwel-
len und wodurch ihre Sekretion ausgelöst wird,
ist ebenso unerklftrt, wie die Absonderung von
Milch bei Neugeborenen beiderlei Geschlechts. Da
die Sekretion bei Mutter und Kind sich kurze Zeit
nach der (Geburt einstellt, so liegt der Gedanke
nahe, dass sie durch ein und dasselbe Agens aus-
gelöst wird. Kn. hUt es für das Wahrschein-
lichste, dass dieses Agens im Blute kreist Ver-
suche, die er mit dem Blutserum eben werfender
oder schwangerer Meerschweinchen, Kaninchen,
bez. Ziegen an Thieren derselben Art anstellte,
waren allerdings ohne Ergebniss. Die Versuche
sollen fortgesetzt werden. Brückner (Dresden).
320. Beobaohtungen über die Nahnmgs-
mengen von Brustkindern unter Berücksich-
tigung des Bnergiequotienten (Heubner) ; von
Dr. WillyBeuthnerin Charlottenburg. (Jahrb.
f. Kinderhkde. 3. F. VI. Erg.-Heft p. 446. 1902.)
B. theilt die Aufzeichnungen mit, die über die
Nahrungsaufnahme von 3 Brustkindern (darunter
ein eigenes) in Arztfamilien gemacht wurden, und
berechnet danach den Energiequotienten für die
verschiedenen Abschnitte des S&uglingsalters. Das
erste Kind war frühgeboren, wog bei der Geburt
2400 g, wurde 18 Wochen ausschliesslich von der
Mutter, alsdann bis zur 26. Woche gemischt er-
nährt. Das zweite Kind wog bei der Geburt 3810 g,
bekam 22 Wochen lang ausschliesslich Mutter-
milch, von der 23. bis 28. Woche daneben Kuh-
milch. Das dritte Kind wog bei der Geburt 3100 g.
Es liegen Angaben von der 4. bis 14. Woche über
die Brustemährung vor. Der Energiequotient, als
Mittel aus allen bekannten Zahlen berechnet, stellt
sich nach B. bei Brustkindern in der 1. Woche
auf 59, in der 2. auf 100, in der 4. auf 106, in
der 7. auf 114, in der 10. auf 104, in der 14. auf
96, in der 17. auf 91, in der 20. auf 85.
Brückner (Dresden).
321. Weitere Beobachtungen über die
Nahrungsmengen von Brustkindern; von Dr.
Emil Fe er. (Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F. VL
Erg.-Heft p. 421. 1902.)
Man kann Säuglinge auf die verschiedenste
Art ernähren. Es kommt nicht sowohl auf die
196
711. Qeburtshülfe, Frauen- und KinderheUkunde.
Zusammensetzung der Nahrung, als auch min-
destens eben so sehr auf die Nahrungsmenge, die
Art der Verabreichung und die allgemeine Pflege
an. Es hat sieh F. am besten bei der künstlichen
Ernährung die „quantitative Methode^^ bewährt,
wobei der Grundsatz eingehalten wird, Zahl und
Volumen der Mahlzeiten nach den Beobachtungen
an Brustkindern zu regeln und den Caloriengehalt
ungefähr danach zu bemessen. Die künstliche Nah-
rung erfordert nach F.'s Erfahrungen wegen der
schlechteren Ausnützung oder der grösseren Ver-
dauungsarbeit meist 15— 30^/o mehr Galerien als
die natürlicha Es folgt hieraus, dass die Bestim-
mung der Nahrungsvolumina eine sehr wichtige
Sache ist F. berichtet über Fortsetzungen seiner
schönen darauf bezüglichen Studien an 7 Kindern
(darunter wieder ein eigenes). Die frühere Erfah-
rung, dass Brustkinder stetig, nicht sprungweise
zunehmen, wurde dabei wieder bestätigt gefunden.
Die durchschnittliche Grösse der Mahlzeit betrug
in der 2. Woche 90 g, in der 4. 110 g, in der 8.
140 g, in der 12. 150 g, in der 16. 160 g, in der
20. 1 70 g. Die Maximalzahlen für die entsprechen-
den Zeiten betrugen 140, 166, 215, 250, 240,
260 und 270 g. Sie waren erheblich grösser als
Pfaundler für die Magencapacität festgestellt
hat, stimmten hingegen gut mit den Nahrungs-
▼olumina, welche Monnard für Flaschenkinder
angegeben hat Die Zahlen für die ersten beiden
Wochen sind bei F. stärker als bei anderen Beob-
achtern. Sie sind gerade für die B^gelung der
künstlichen Ernährung ausserordentlich wichtig.
Die gesammte Milohmenge stieg yom 1. bis zum
7. Tage von 10 g auf 500 g, am Ende der 2. Woche
auf 544 g.
Die Milchmenge, die pro Kilogramm Körper-
gewicht aufgenommen wurde, betrug im Durch-
schnitt in der 1. Woche 650, in der 2. 1100, in
der 6. bis 7. 1200 g, sank in der 16. und 18. auf
1000, in der 23. auf 950 g. Es betrug demnach
der Energiequotient (wenn man den Calorienwerth
der Frauenmilch mit 700 ansetzt) in der 2. Woche
110, in der 6. bis 7. Woche 120 und ging alsdann
bis zur 20. Woche langsam herab auf 100. Die
Neugeborenen nehmen eine Sonderstellung ein.
Gans und Cramer fanden für solche 50 und
weniger, um von dem Stoffwechsel der Säuglinge
einen klareren Begriff zu bekommen, berechnet F.
den Zuwachsquotienten, d. h. diejenige Zahl, die
angiebt, wieviel Zunahme auf 1 kg Körpergewicht
und 1kg Milchzufuhr kommt Man erhält den
Zuwachsquotienten, wenn man die Wochenzunahme
durch das Produkt von Gewicht und Milchmenge
dividirt Dieser Quotient wächst in den ersten
Wochen (nicht so lange als der Energiequotient)
und fällt dann stetig, aber rascher als der Energie-
quotient ab. Das Maximum des Zuwachsquotienten
wird in der 3. bis 4. Woche, dasjenige des Energie-
quotienten in der 6. bis 7. Woche gefunden, d. h. die
Fähigkeit des Körpers zu StofCansatz ist in den
ersten Wochen am gröesten und nimmt dann raaoh
ab. Der Znwaohsqnotient, der uns gewissermaaason
den Nutzeffekt der Milch angiebt, ist bei verschie-
denen Kindern sehr verschieden, bei dem einzelnen
Kinde derselben Mutter hingegen sehr oonstant
Da individuelle Störungen nicht vorlagen, auch
keine Luxusemährung, so kann die Verschieden-
heit nur auf dem ungleichen Nährwerth der
jeweiligen Milch beruhen. Gröbere Unterschiede
zeigten sich namentlich bei Frauen von verschie-
dener Constitution. Brückner (Dresden).
322. Nahmngtinengeii künstlich emihr-
ter Kinder, nebst einem neuen Vorsohlag snr
Nabrongsnoiengen-Bereohnnng; von Max Adam.
(Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F. VL 1. p. 29. 1902.)
A. berichtet über eine Anzahl von Kindeni ans
der steierischen Landesfindelanstalt, die meist mit
Fettmilch ernährt wurden. Br notirte die Nah-
rungsmengen und berechnete den Caloriengehalt
der Nahrung. Die Kinder tranken in der 2. bis
7. Lebenswoche zwischen 420 und 800 ocdl Dss
stimmt etwa mit den Zahlen von Feer überein«
Nach einer ablehnenden Kritik derjenigen Ver-
fahren, die das Nahrungsvolumen nach dem Ge-
wichte des Kindes bestimmen, stellt A. folgende
Formel auf: ^/g des dem Alter entsprechenden
Tagesvolumens (nach Feer) multiplidrt mit dem
Gewichte des Kindes in Kilogrammen ausgedrückt,
entspricht der Fettmilchmenge, die das Kind
braucht Nach diesem Schema hat A. eine Tabelle
angelegt, in der die Werthe für Kuhmilch umge-
rechnet sind, und zwar bei vorsichtiger und kraf-'
tiger Ernährung. Bei ersterer ist der Theiler 10,
bei letzterer 7. Die gewonnenen Zahlen stinunen
mit den von Biedert und Bscherich ange-
gebenen überein, weichen hingegen von den
Heubner'schen erheblich ab. Bei Benutzung
von Bahmgemenge nimmt man vcm der berech-
neten MUchmenge die Hälfte, dazu ^/i Sahne.
Brückner (Dresden).
323. Beiträge rar künstUohen Säuglings*
ernähnmg; von Dr. Felix von SzontagL
(Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F. VL 2. p. 341. 1902.)
An einem gesunden, künstlich ernährten Kinde
wurden im Alter von 3 und 47s Monaten Je 4 Tsge
lang Stoflfweohseluntersuchungen ausgefünrt Bb
waren bekannt das Gewicht des Kindes, die Menge
und Zusammensetzung der Nahrung, die Menge
des Kothes und Urins, die analysirt wiirden. Dss
Kind nahm während der Versuchzeit gut zu. Die
Ausnützung der organischen Substanz war eine
sehr gute und betrug 95.1, bez. 95.95%. Die
N- Ausnützung belief sich auf 90.37 und 92.2 V«.
Vom Fett wurden 93.59, bez. 96.6% angenom-
men. Der eingeführte Kalk wurde zum grOssten
Theile wieder im Koth ausgeschieden. Es worden
resorbirt 10.79 und 15.33% (vielleicht eine Folge
der Ernährung mit sogen. Sxikely^Bohi&r Milch, bei
YU. Gheburtehülfei Frauen- und Einderheilkunde.
197
der ein Theil des Caaeins mittels CO« ausgeOUt
ist). Phosphorsfture kam zu 65.26 und 60.05^/o
zum Ansatz. Pro Tag und Kilogramm wurden
letinirt: Stickstoff 0.154 und 0.152, CaO 0.086
und 1.05, PsOg 0.2183 und 0.5418. In der Folge
gedieh dasEind bei der künstlichen Nahrung nicht
weiter. Erst die Ernährung mit unverdünnter
Milch schaffte Wandel. Brückner (Dresden).
324. Zasammensetsnng und Nfthrwerth
der Baokbaus-MUoh ; von Dr. F. Euschel in
Berlin. (Jahrb. f. Einderhkde. 3. F. VIII. 1. p. 71.
1903.)
Gegenüber den Einwänden, die Härtung
gegen die Backhaus-Milch erhoben hat, be-
merkt E., dass Backhaus den Gehalt an lös-
lichem Eiweiss auf 1% herabgesetzt hat. Die
Ergebnisse der H a r t u n g 'sehen Analysen erklären
sich wohl aus der nicht ganz vorschriftmässigen
Herstellung, z. Th. auch aus der Sterilisation der
untersuchten Milch. Der Gehalt an Albomose und
Pepton bildet weder vom theoretischen Stand-
punkte aus, noch mit Bücksioht auf die praktische
Erfahrung einen Nachtheil der Backhaus- Milch«
Ein grosses Verdienst hat sich Backhaus er-
-worben durch seine Bemühungen um Gewinnung
einwandfreier Euhmilch überhaupt, die unter allen
Umständen einen Fortschritt für die praktische
Sänglingsem&hrung bedeutet
Brückner (Dresden).
326. üeber die Fermente der Milch; von
Dr. Ernst Moro. (Jahrb. f. Einderhkde. 3. F.
VL Erg.-H. p. 391. 1902.)
Escherich hat im Hinblicke auf die gün-
stigen Erfolge des Allaitement mixte die Yer-
muthung ausgesprochen, die Muttermilch enthalte
tonisirende, stimulirende Stoffe, die den Säugling
zur richtigen Yerwerthung der resorbirten Stoffe
für den Eürperausbau befähigen, sogen. Stoff-
wechselfermente. M. stellt, zum Theil unter Ver-
werthxmg eigener Untersuchungen, Alles zusam-
men, was über die in der Milch enthaltenen Fer-
mente bekannt geworden ist Von hydrolytischen
Fermenten enthält die Muttermilch im Gegensatze
zur Euhmilch ein saccharificirendes Ferment
Proteolytische Fermente, und zwar ein tryptisches,
sowie Pepsin entiiält die Milch nur in Spuren, wie
Moro im Gegensätze zu Spolverini feststellt
Zu den proteolytischen Fermenten gehören wahr-
scheinlich auch die alexogenen Substanzen, die
wohl in Form von Profermenten oder Zymogenen
vorhanden sind. Femer kommt in der Milch auch
Kbrinferment vor ; das Fibrinferment der Mutter-
milch ist von demjenigen der Euhmilch verschie-
den. Das Fibrinferment wird durch Erhitzen ab-
geschwächt, aber nicht zerstört Schliesslich konnte
auch M. in der Milch ein fettspaltendes Ferment
nachweisen; das sogen, salolspaltende Ferment,
das der Menschenmilch eigenthümlich ist, der
Kuh- und Ziegenmilch jedoch fehlt, es entspricht
wahrscheinlich auch einer Lipasewirkimg. Omf
daiwe Fermmie hat zuerst Raudnitz in der
Milch nachgewiesen, und zwar mit Hülfe von
Guajaktinktur. M kam mit Salicylaldehyd eben-
falls zu einem positiven Ergebnisse. Die Oxydase
ist in der Euhmilch enthalten, fehlt hingegen der
Frauenmilch. Der Nachweis von glykolytischem
Ferment, worüber Spolverini berichtet, gelang
M. nicht
In Bezug auf die Herkunft der Fermente ist
M. der Ansicht, dass sie Abkömmlinge des Blutes
sind. Die Anschauung, dass die Fermentwirkung
gewissermaassen eine Reaktion des Eiweiss dar-
stellt, bat viel fQr sich. Sie würde die Ansicht
von der Verschiedenheit des Milcheiweiss der ver-
schiedenen Thierarten stützen. Ob die bisher in
der Milch nachgewiesenen Fermente für die Er-
nährung von Bedeutung sind, erscheint fraglich.
Aus 2 Versuchen M.'s ergiebt sich, dass 2 Säug-
linge bei roher Muttermilch besser gediehen als
bei abgekochter. Was für Stoffe ausser den Fer-
menten durch die Hitze zerstört werden, ist un-
bekannt Vielleicht erleidet das Eiweissmolekül
dadurch eine constitutionelle Veränderung, die für
den Säugling nicht gleichgültig ist
Brückner (Dresden).
326. ZnrEenntniss der Arteigensohaft der
verschiedenen Biweisskörper der Milch; von
Arthur Schlossmann und Ernst Moro.
(Münchn. med. Wchnschr. L. 14. 1903.)
Nach einer Besprechung der Arbeiten von
Hamburger und Bostoski über das bio-
logische Verhalten der in der Milch enthaltenen
Ei Weisskörper berichten Schi, und M. über eigene
einschlägige Untersuchungen. Sie spritzten je
einem Eaninchen Euhmilch, Menschenmilch, Euh-
laktalbuminlösung ein und versetzten das Blut-
serum dieser Thiere mit Lösungen von Euhcasein,
Euhlaktalbumin und Menschenlaktalbumin. Es
ergab sich, dass nur bei der Verwendung homo-
logen Serums eine Präcipitation eintrat Daraus
folgt, dass Euhmilcheiweiss und Menschenmilch-
Mweiss verschiedene Eörper sind, und zwar ist
nicht nur das Casein, sondern auch das gelöste
Eiweiss Träger der Arteinheit Schliesslich stellte
sich noch heraus, dass das Serum des mit Men-
schenlaktoserum vorbehandelten Thieres nicht nur
mit der Milch, sondern auch mit dem Blutserum
vom Menschen eine positive Reaktion gab. Der
gelöste Eiweisskörper der Milch ist daher wohl
identisch mit einem im Blute derselben Gattung
enthaltenen Eiweisskörper. Die Schwierigkeiten
der künstlichen Ernährung liegen demnach vor
Allem darin, dass dabei artfremdes in arteigenes
Eiweiss umgesetzt werden muss.
Brückner (Dresden).
327. Unteranohiuigeii über den BinfluM
der Sterilisation der Milch auf den Stoffwechsel
des Säuglings unter besonderer BerfloksigU«'
198
Vn. Oeburtfihülfe, Frauen- und Einderheilkunde.
tlgnng der Knoohenbildiing ; von W. Cron-
heim und Erioh Müller. (Jahrb. f. Kinder^
hkde. 3. F. VIL 1. p. 45. 1903.)
C r. und M. fanden gelegentlioh bei einem mit
sterilisirter Milch ernährten Säuglinge eine unge-
nügende Ealkbildung. Sie stellten darauf an 2 ge-
sunden, nicht rhachitischen Kindern, die abwech-
selnd mit roher und bei 102^ serilisirter Milch
ernährt wurden, Stoffwechselversuche an. Es er-
gab sich, dass das Fett und Eiweiss der steri-
lisirten Milch besser verdaut, bez. assimilirt wurde
als dasjenige der rohen Milch. Das erste Kind
zeigte sowohl bei roher als auch bei sterilisirter
Milch eine positive Ealkbildung. Nur war der
Ealkansatz bei Verwendung roher Milch reichlich
doppelt so gross als bei Verwendung sterilisirter
Milch. Das zweite, ausgesucht kräftige Eind liess
nach dieser Richtung hin keine unterschiede er-
kennen. Der eine Versuch, sowie die Mhere Er-
fahrung Cr. 's und M.'s sprechen demnach nicht
für die Verwendung sterilisirter Milch, wenigstens
für längere Zeit. Sehr kräftige Einder seheinen
ihren Ealkbedarf für kurze Zeit eben so gut aus
sterilisirter wie aus roher Milch decken zu können.
Brückner (Dresden).
328. Hentellang von Sauglingamilob« ala
Ersats von Muttenniloh, duroh AnMOheidong
von Caaein ana Miloh mittels Kohlenaflure;
von S. Sz6kely, künigl. Chemiker in Budapest.
(Arch. f. Einderhkde. XXXVL 1 u. 2. p. 79. 1903.)
S. fällt dasCasein aus Magermilch mit flüssiger
Eohlensäure aus, filtrirt das Serum ab, vermischt
es mit der Hälfte Sahne und setzt l.b^jo Zucker
hinzu. Die entstehende Flüssigkeit hat folgende
Zusammensetzung: FeH 3.3%, Casein 1.2%,
Albumin 0.5%, Zucker 6.3%, Asche 0.6%. Durch
das Verfahren werden von den Salzen ausgeschie-
den der an das Casein gebundene Ealk, sowie Tri-
calciumphosphat und Trimagnesiumphosphat Das
gewonnene Serum erwies sich als nahezu stenL
Brückner (Dresden).
329. Beaitit die unerhitite KUoh bakteri-
oide BigenschaftP von Dr. M. Eli mm er in
Dresden. (Arch. f. Einderhkde. XXXVf. 1 u. 2.
p. 1. 1903.)
Die Angaben über bakterientOdtende Eigen-
schaften der Milch widersprechen sich zum Theil.
E 1. berichtet nach einem üeberblicke über die zu-
gehörige Literatur über eigene Untersuchungen.
Er prüfte die von der Eselmilch -Oenossenschaft
Hellerhof vertriebene Eselmilch, sowie die von der
Molkerei Winkler in Dresden mit allen Hülfsmitteln
der modernen Stallhygieine gewonnene Eindermilch
auf den Eeimgehalt und auf die bakterientOdtende
Eraft. Sodann suchte er die Produkte der bak-
teriellen Zersetzung in der Eselmilch zu bestimmen.
Aus den Untersuchungen geht hervor, dass die
zum Verkaufe gelangende Eselmilch weit keim-
ärmer war als die Euhmilch. Der mittlere Eeim-
gehalt verhtlt sich wie 1 : 10 (8714 : 87017 Eeime
im Cubikcentimeter).
Die (alkalisch reagirende) Eselmilch säuert sehr
langsam. Sie unterliegt neben der verhingsamten
Milchsäuregährung einer Zersetzung, die mit Gas-
bildung einhergeht (59.6«/o CO,, 39.00/« H, 1.4%
CH4). Die gewöhnlichen Milchbakterien vermehren
sich in beiden Milcharten sehr schnell. DenSapro-
phyten gegenüber zeigen Esel- und Euhmilch keine
baktericiden Eigenschaften. Eselmich, die unter
aseptischen Cautelen gewonnen ist, kann in gleicher
Weise wie Euh- und Ziegenmilch steril sein. Die
ersten Striche eines Oemelkes sind bei der Eselin
im Gegensätze zur Euh sehr keimarm. Will man
keimfreie Milch erhalten, so muss das Euter ent-
sprechend desinficirt werden. Blosses trockenes
Abreiben genügt dazu nicht Esel- und Euhmildi
sind ein guter Nährboden für Baotenum coli und
den Typhusbaoillus, die auch in Frauenmilch schnell
wachsen. Eine specifische bakterientOdtende ESgen-
schaft besitzt weder die Esel- noch die EuhmilcL
Brückner (Dresden).
330. Ueber das Verhalten einiger patho*
gener Bakterien in der Buttermiloh ; von Dr.
S. Rubinstein. (Arch. f. Einderhkde. XXXVL
3—6. p. 316. 1903.)
Aus den Versuchen R's geht Folgendes her-
vor: „1) Typhus-, Diphtherie-, Tuberkel- undPyo-
cyaneusbacillen werden in roher Buttermilch in
24 Stunden vernichtet 2) In sterilisirter Butter-
milch halten sich Typhus-, Diphtherie- und Pyo-
cyaneusbacillen4 — 7 Tage lang am Leben. 3)Duroh
Eochen im Laufe von 3 Minuten oder durch halb-
stündiges Erhitzen bei 80^ werden diese Eeime
sicher abgetödtet. 4) Es genügt nicht, nur die
Sterilisation der trinkfertigen Buttermilch vorzu-
nehmen, sondern die einzelnen Bationen müssen
auch mit grösster Sauberkeit und Reinlichkeit ab-
gefüllt werden, um das Eindringen von pathogenen
Eeimen zu verhindern.'* Die Vernichtung der
pathogenen Eeime in der rohen Buttermilch wird
wahrscheinlich nicht allein durch den Säuregehalt,
sondern auch durch die darin enthaltenen Mikro-
organismen bewirkt. Brückner (Dresden).
331. nnterraohongen über die Aiexine der
Miloh und des kindlichen Biateemma; von
Dr. E r n s t M 0 r 0. (Jahrb. f. Einderhkde. L Y. 4
1902.)
Brustkinder werden erfahrungsgemAss von Er-
krankungen eiteriger Natur seltener und leichter
befallen als Flaschenkinder. Escherioh hat
deshalb die Yermuthung ausgesprochen, dass die
Muttermilch natürliche Schutzstoffe und bakteri-
cide Substanzen enthalte. M. hat die Frage ex-
perimentell in Angriff genommen. Es ergab sich,
dass die Euhmilch nicht nachweisbare bakteridde
Wirkungen entfaltet, eben so wenig wie die Men-
schenmilch. Das Blutserum des Brustkindes be-
Vm. Chirurgie, Augen- und Ohrenhelllcnnde.
199
Bitzt eine stärkere bakterioide Kraft als dasjenige
des Flasohenkindes. Die Alexinmenge des Serum
vom Neugeborenen stimmt mit derjenigen der
mfitterliohen Placenta überein, ist jedoch erheblich
geringer als diejenige des älteren Brustkindes.
Die Frauenmilch liefert demnach das Material fOr
diese grossere Alexinmenge im Blute des natürlich
genährten Säuglings. Brückner (Dresden).
VIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
332. Experimentelle Untenncdiiingen und
BrfAhmngen über Leitungsanäathesie ; von Dr.
H. Braun. (Arch. f. klin. Chir. LXXL 1. p. 179.
1903.)
Nach allgemeinen und geschichtlichen Vor-
bemerkungen über die Leitungsanästhesie bespricht
Br. zunächst die Leüungsanäsihesie durch peri-
neurale Injektion anäsihesirender Lösungen.
Zur Anästhesirung der grosseren Nervenstämme
durch perineurale Injektion mussten bisher stark
wirkende concentrirte Lösungen der Ortlich an-
ästhesirenden Mittel benutzt oder ihre Ortliche
Wirkung musste durch eine für die Kranken oft
sehr schmerzhafte Abschnürung der Olieder ge-
steigert werden. So lange diese Abschnürung
nOthig war, waren die Versuche sehr mühselig
und unvollkommen ; so lange man für Operationen
an Hand und Fuss Abschnürung des Oberarmes
oder Oberschenkels brauchte, hat Br. nicht ge-
glaubt, dass die perineurale Injektion als Anästhe-
sirungsverfahren über Finger und Zehen und die
benachbarten Theile der Hand und des Fusses
hinaus mit der Narkose werde in Concurrenz
treten kOnnen. Nachden^ uns nun aber im Adre-
nalin ein Mittel gegeben ist, das auf die Cocain-
anästhesie einen eben so grossen Einfluss hat wie
die Abschnürung und diese ersetzen kann, ver-
lohnt es sich, auf die Anästhesirung der Nerven-
stämme durch perineurale Injektion zurückzukom-
men. Br. schildert auf Grund von Zeichnungen,
die durch Versuche an gesunden Personen ge-
wonnen wurden, das durch zahlreiche Operationen
erprobte Vorgehen bei der Anästhesirung einzelner
Nervenstämme. In Betracht kommen (ausser Fin-
gern und Zehen, Hand und Fuss) sämmtliche
Nervenstämme im unteren Drittel des Vorderarmes
und Unterschenkels, der N.ulnaris am Ellenbogen,
die langen, subcutan gelegenen Hautnerven in der
Ellenbogengegend, der N. peronaeus und tibialis
in der Kniekehle, der N. saphenus major, die NN.
clunium superiores, die NN. supradaviculares.
Am Halse kommen femer in Betracht der N. cer-
▼icalis superficialis, N. auricularis magnus und
die NN. laiyngei superiores, deren beiderseitige
Anästhesirung eine ausgezeichnete langdauernde,
totale Anästhesie des ganzen Kehlkopfes ergiebt,
endlich am Kopfe der N. supra- und infraorbitalis
und die langen Hautnerven des behaarten Kopfes,
während die oft empfohlene Anästhesirung des N.
inframaxiUaris Br. sehr unsicher zu sein scheint.
Bei gemischten Nerven werden nicht nur die sen-
siblen, sondern auch die motorischen Bahnen, an
d^ Extremitäten oft auch die Vasomotoren ge-
lähmt, so dass eine gewisse Hyperämie des an-
ästhetischen Gebietes eintritt. Zur Ausführung
des Verfahrens ist genaueste Kenntniss der Lage
der Nervenstämme und ihrer Innervationgebiete
erforderlich.
Bei der Anästhesirung der grossen subfascial
gelegenen Nervenstämme spritzt Br. gewöhnlich an
jedem Nervenstamme 1 com einer Iproc. Cocain-
lOsung mit Zusatz von 1 — 2 Tropfen der käuflichen
Adrenalinlosung ein.
Zur Anästhesirung der subcutanen Nerven durch
zweckentsprechend angelegte Injektionstreifen und
Binge bedient sich Br. meist einer ^/iproc. Eucain-
lOsung mit Adrenalinzusatz (1 Tropfen auf 10 com),
die in Mengen von 25 — 30 com sicher unschädlich
ist Bis zur Leitungsunterbrechung vergehen nach
der Injektion manchmal bis zu 30 Minuten.
Die Leitungsanästhesie durch endoneurale Injek-
Utm anäsihesirender Losungen wird so vorgenom-
men, dass die Hohlnadel in sämmtliche, die Ope-
rationgebiete mit sensiblen Fasern versorgenden
Nervenstämmen eingestochen' und unter die fibrOse
Nervenscheide oder zwischen die Fibrillenbündel
eine kleine Menge der anästhesirenden LOsung ge-
spritzt wird, die den Nervenstamm möglichst voll-
ständig durchtränkt und eine kolbige Anschwel-
lung hervorruft Es tritt dann bei Verwendung
geeigneter Losungen fast sofort Leitungsunterbre-
chung ein, wie wenn der Nerv durchschnitten
wäre. Zur Ausführung dieses Verfahrens ist in
den meisten Fällen natürlich die Freilegung der
Nervenstämme unter Lokalanästhesie fem vom
Operationgebiete nothwendig.
P. Wagner (Leipzig).
333« Bzperimentelle Studie lum antiaep-
tiaohen WundTerband ; von Dr. W. NoetzeL
(Arch. f. khn. Chir. LXXL 1. p. 165. 1903.)
Die Ergebnisse der von N. angestellten Experi-
mente sind folgende: 1) Es gelingt sowohl durch
von vornherein trockenen, als durch feucht an-
gelegten, dann austrocknenden Gazeverband die
auf eine Muskelwunde von Kaninchen gebrachten
virulenten Milzbrandbacillen soweit abzusaugen,
dass eine Erkrankung desVersuchsthieres nicht zu
Stande kommt 2) In diesen einfachen Verhält-
nissen des Experimentes lässt sich ein Unterschied
in der Saugkraft der feuchten gegen die trockene
Oaze hinsichtlich des infektionverhütenden Effektes
nicht feststellen. 3) Bei Anwendung des feucht
angelegten Qazeverbandes zeigt sich trotzdem die
capillare Drainage stärker dadurch, dass die von
der Wunde abgesaugten Keime bis in dieäussersten
184
y. Neuropathologie und Psychiatrie.
Für diese seine Anschauung bringt Str. eine
Reihe von Krankengeschichten als Belog, indem er
die einzelnen Symptome nach den oben angegebenen
Gesichtspunkten analysirt Heiterkeit, Zorn, Angst,
Pathos stehen oft ohne jede Beziehung zum Vor-
Btellungsinhalte, ebenso wie die Ausdruoksbewe-
gungen; Stimmungen, Affekte und ihre Aeusse-
rungen wechseln schnell Auch die noopsychische
Sphäre wird nicht yerschont : die Pseudolucidität,
die Paralogie, der „Wortsalat^' erklftrt sich auch
durch die bald unterbrochene, bald wieder her-
gestellte noothymische Coordination. Auch die
Yerbigeration und Perseveration erklären sich durch
das Fehlen neuer Anregungen. Die Einheitlidikeit
des jeweiligen Verhaltens, die beim Paranoischen,
Melancholischen oder Manischen nicht als gestOrt
erscheint, die auch beim senil Dementen, beim
Schwachsinnigen, ja auch beim Paralytiker immer
im Verhältnisse steht zum Grade der psychischen
Erkrankung, ist bei der Dementia praecox verloren.
Auch den echten, nicht durch Hallucinationen oder
Wahnideen motivirten Negativismus erklärt Str.
durch das Wegfallen der durch die thymopsyohische
Coordination gegebenen Hemmung, so dass die den
psychomotorischen Centren eigenen, primitiveren
Funktionen, Perseverationerscheinungen, oder perio-
disch-rhythmische Bewegungen hervortreten. Str.
versucht auch durch seine Theorie die Form des
Negativismus zu erklären, die sich darin äussert,
dass der Kranke das Gegentheil des von ihm
verlangten thut, und zwar durch die Annahme
einer vollständigen Umkehrung der Coordination,
ohne freilich durch diese Erklärung selbst befrie-
digt zu sein. Die Verblödung bei der Dementia
praecox ist sonach der Endausgang der Incoordi-
nation.
Bei dem Vorkommen katatonischer Symptome
bei anderen Psychosen kommt manchmal die Para-
lyse in Frage, bei der dann die körperlichen Zeichen
die Diagnose sichern ; ferner die Hysterie, bei der
die Suggestibilität den Ausschlag giebt; auch in
manchen Fällen von Amentia kann die intra-
psychische Dissociation beobachtet werden. An
einer grösseren Reihe von Krankengeschichten ver-
sucht Str. femer den Nachweis zu erbringen,
dass bei einer grossen Anzahl von „sekundär Ver-
blOdeten^S ^^^ i^^^i^ ^^^ ^^ Paranoia, Manie,
Melancholie, Amentia aufgefasst wurden, die intra-
psychische Coordination gestört war. Diese Stö-
rung scheint im Allgemeinen eine sehr ernste Be-
deutung zu hatten, und scheint thatsäohlich der
Dementia praecox eigenthümlich zu sein, wenn
auch manchmal, so bei der echten Melancholie des
Rückbildungsalters, ähnliche Zustände mit sekun-
därer Verblödung vorkommen. Tritt das Symptom
der Incoordination im Beginn der Psychose schon
auf, dann handelt ee sich wohl sicher um Dementia
praecox. E. H Q f 1 e r (Chemnitz).
284. Die Affektlage der Ablehnung; von Dr.
Otto Oross. (Mon.-Schr. f. Psych, u. Neurol.
XU. p. 359. 1903.)
Qr. versucht auf Grund zweier Beobachtungen
nachzuweisen, dass bei gewissen psychischen Br-
krankungen das ablehnende Verhalten der Um-
gebung gegenüber auf der Unfähigkeit beruhe, alle
Eindrücke zu verarbeiten. In Folge von Er-
schöpfung befinde sich der Kranke an der oberen
Orenze seiner Auffassungsfähigkeit; jede Steige-
rung der Reizmenge, z. B. durch ärztliche Unter-
suchung, mache es ihm unmöglich, sich zurecht
zu finden und fähre zur Ablehnung. Ffir diese
Kranken schlägt er die Bezeichnung der Amentia
paranoides vor. Achaffenburg (Eblle a. d. S.).
286. Un oaao di aoinesia algera; per il Dott
P. Fiorentini. (Gaz. degli Osped. XXIV. 86.
1903.)
F. sah bei Gab bi in Messina ein 12jfthr. Mädchen,
das vor 4 Jahren nach einer Erkältung mit heftigen
Schmerzen in den Waden erkrankt war, bettlägerig ge-
worden war and den grössten Theil der letzten Jahre im
Bette zugebracht hatte.
Die Kleine konnte nicht gehen. Im Bette waren alle
Bewegungen möglich. Versuche, zu gehen, verschlim-
merten den Zustand. Auch dieGdenke wurden schmerz-
haft. Kälte verschlimmerte ebenfalls ; im Sommer war
der Zustand besser als im Winter.
Stie^kes Genu valgnm. Muskeln gegen Druck etwas
empfindlich. An der Hinterseite der Beine Hyperästhesie,
vom Hypästhesie ; am Bauche Anästhesie.
Widerstand ge^en alle Suggestionen. Doch lang-
same Besserung bei Hospitalpnege. Schliesslich Ope-
ration des Genu valgum. Gebessert entlassen. Später
wieder Rückfälle bei Kälte-Einwirkung. M ö b i u s.
286. üeber MHystero-EpUepaie^ ; von Dr.
M. Nonne. (Mitth. a. d. Hamb. Staatskranken-
anst IV. 1. p. 1. 1903.)
N. erzählt von einem Seemanne, der nach einer
Kopfverletzung hysterisch geworden ist Weil
manche seiner Anfälle den epileptischen glichen,
wurde angenommen, der Mann sei epileptisch, and
man trepanirte ihn 3mal ! Im Allgemeinen bestand
das Bild schwerer traumatischer Hysterie (halb-
seitige LAhmung mit Anästhesie, ChaiäkterverSnde-
rung, hysterische Anf&lle). N. glaubt, weil auch
„epileptische*^ Anfälle vorkamen, man mtlsse an
dem Begriffe „Hystero-Epilepsie*^ festhalten, [fis
ist aber doch bekannt, dass hysterische Anfälle den
epileptischen gleichen kOnnen. Die Möglichkeit,
dass der Patient durch das Trepaniren epileptisch
geworden sei, erwähnt N. selbst, meint aber, diese
Wirkung der Trepanation sei nicht bekannt Der
lief, hat selbst Epilepsie auf Trepanation folgen
sehen.] MGbius.
VI. Innere Medioüu
185
VI. Innere Medicin.
287. Einige Worte über daa Erysipel; von
Dr. JohannSchmalzl. (Inaug.-Diss. Bukarest
1903.)
So lange das Erysipel lokalisirt ist, d. h. auf
die befallenen Hauttheile beschränkt bleibt, wirken
die speoifisohen Mikroorganismen nur durch ihre
Toxine auf den Körper ein und können zu leichten
und vorübergehenden Albuminurien Veranlassung
geben. Gelangen die Streptokokken in den all-
gemeinen Blutkreislauf, so entstehen schwere Sep-
tik&mien und Pyämien ; die Albuminurie ist dann
eine schwere und anhaltende und es können chro-
nische Nephritiden zurückbleiben. Oft verbleiben
dieErysipelkokken in latentem Zustande im Körper
und können durch Wiedererwachen ihrer Virulenz
zu Rückfällen Veranlassung geben.
Bei Neugeborenen ist der Verlauf ein viel
schwererer, meist tödtiicher und die Heilung findet
nur dann statt, wenn das Erysipel sich lokalisirt
und in Eiterung übergeht. Hierdurch unterscheidet
sich das Erysipel der Neugeborenen von dem der
Erwachsenen, bei dem Eiterung und Gangr&n zu
den seltenen Zufällen gehören.
Keine der empfohlenen Behandlungen kann als
apecifisch bezeichnet werden; auch die Serotherapie
nach Harmoreck giebt keine besseren Resultate
als die alten Methoden (Antiseptica, Antipyretica
und Erhalten der Kräfte durch tonische Mittel).
E. Toff (Braila).
288. Gerebrospinal-Meningitis durohPfeif-
fer'soheBaoUlen; vonDr.Mihail Stefanescu
in Zanoaga. (Inaug.-Diss. Bukarest 1903.)
Diese Meningitisform ist meist sekundär und
tritt als Complikation einer oft leichten Influenza
auf. Die Infektion der Hirnhäute geschieht auf
naso-pharyngealem Wege oder vom Mittelohre aus
durch die Lymph- und Blutgefässe. Aber auch
die gastro-intestinalen Störungen dürften eine wich-
tige Rolle bei dieser Lokalisirung der Pfeiffer '-
sehen Bacillen spielen. Man findet letztere sowohl
auf den Mraingen, als auch in der Oerebrospinal-
flüssigkeit zusammen mit anderen Mikroorganismen,
aber auch allein, mit sehr grosser Virulenz.
Die Krankheit tritt gewöhnlich bei kleinen
Kindern auf, doch können auch Erwachsene mit
robuster Körperconstitution befallen werden. Eine
genaue Diagnose ist nur durch die bakteriologische
und oytologische Untersuchung der cephalo-rachi-
dianen Flüssigkeit möglich. Da die Prognose
meistens ungünstig ist, soll das Hauptaugenmerk
auf die ProphyUxxe gerichtet werden. In allen
Fällen von Influenza soll eine genaue Antisepsis
des Rachens, der Nase und des Verdauungsappa-
rates durchgeführt werden. In der Behandlung
spielen tocarme Bäder und LumbalpunkUonen die
Hauptrolle. K T o f f (Braila).
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft 2.
289. Masern mitBeoidiv; vonDr.J.Comby.
{Arch. de M6d. des Enf. VI. 7. p. 421. 1903.)
C. beschreibt 3 von ihm beobachtete Masemrecidive.
Die zwischen den Erkrankungen verflossene Zeit betrug
3 — 4 Wochen, und die Eruptionen waren immer typischer
Natur. In einem der Fälle war die erste Eruption ekohy-
motisch, die zweite normal; in einem anderen war der
Rückfall ekchymotisch. Recidivirende Masern bieten
keine besondere Gefahr und die Prognose ist im All-
gemeinen günstig. £. Toff (Braila).
290. Contribution ä Tetade de larougeole
ecohymotique ; par le Dr. Ch. Pillon. (Inaug.-
Diss. Paris 1903.)
Nach den Beobachtungen P.'s kommen ekchy-
motische Masern beiläufig im Verhältnisse von 6^/o
zur Beobachtung. Sie verlaufen nicht schwerer
als gewöhnliche Masern und zeigen auch keinerlei
besondere Complikationen. Die Prognose ist in
Folge dessen eine gute. Die ekchymotischen
Flecke erscheinen gewöhnlich am 2. Eruption-
tage, mitunter am 3. oder 4., seltener am 6. Tage.
Nachdem sie die verschiedenen charakteristischen
Färbungen durchgemacht haben, verschwinden sie
zwischen dem 10. und 15. Tage, verbleiben aber
in seltenen Fällen auch durch 20 Tage. 2 Fälle
von Eecidiv zeigten die Eigenthümlichkeit, dass
während der ersten Erkrankung gewöhnliche Masern
auftraten und während des Rückfalles ekchymo-
tische ; in einem anderen Falle war es umgekehrt
E. Toff (Braila).
291. Da myxoedeme spontane ohes Pen-
fant; par le Dr. Henri BreiteL (Inaug.-Diss.
Paris 1903.)
Die Krankheit kommt viel häufiger vor, als
gemeinhin angenommen wird, was zum Theil darauf
zurückzuführen ist, dass die Symptome nicht immer
vollständig ausgebildet auftreten, auch nicht immer
alle zusammen gefunden werden. Es handelt sich
wahrscheinlich manches Mal um vollständiges
Fehlen der Thyreoidea, während in anderen Fällen
nur eine Insufficienz in der Funktion der Drüse
vorliegen dürfte.
Therapeutisch sind die Thyreoideapräparate
geradezu als specifisch zu bezeichnen; man giebt
Thyreoidinpastillen, lässt das Mittel 8—10 Tage
nehmen und eine Pause von 4 — 5 Tagen machen,
so lange, bis Intoleranzerscheinungen (Fieber, Tachy-
kardie) auftreten. Die Behandlung wird dann zeit-
weilig ausgesetzt oder wenigstens die Dosis ver-
kleinert £. T 0 f f (Braila).
292. Nene experimentelle Untersaohnngen
über die Heilwirkung des Milabrandaerams ;
von Dr. AchilleSclavo. (Berl. klin. Wchnschr.
XXXVm. 18. 19. 1901.)
Nach anfänglich günstigen, 1895 berichteten
Resultaten bei Kaninchen mit von Hammeln ge-
24
186
YL Innere Medidn.
wonnenem Milzbrandserum hatte ScL mit wirk-
sameren Culturen bei weiteren Versuchen starke
Hisserfolge, ebenso wie Marchoux (Ann. de
rinst Pasteur XU p. 785. 1895) und Sobern-
heim (Ztschr. f. Hyg. u. Infektionkrankh. XXV.
1895). Daraus schliesst Sol. auf sehr enge Be-
ziehungen zwischen dem Grad der natürlichen
Empfänglichkeit der verwendeten Thiere (Meer-
schweinchen, Kaninchen) und der Virulenz der
gebrauchten Milzbrandculturen. Bei der Behand-
lung und Heilung von 7 mit „Carbunkelkrankheit^^
behafteten Personen erkannte ScL, dass das Seruni
durch endovenOse Injektion ausserordentlich an
Wirkung gewann, und er bestätigte dieses durch
weitere erfolgreiche Versuche an Hammeln. Zu-
gleich fand er, dass schon 10 ocm Serum genügten,
um das Fortkommen eines hochvirulenten Milz-
brandkeimes bei jungen, besonders empfänglichen
Hammeln zu verhindern. Weitere Versuche hatten
den Zweck, festzustellen, bis zu welchem Augen-
blick nach Impfung mit Milzbrand das Serum sich
noch wirksam erweise. Verwendet wurde wieder
Serum von Schafen, wobei sich feststellen liess,
dass selbst dasselbe Thier bei verschiedenen Ader-
lässen verschieden wirksames Serum liefert Einigen
immunisirten Schafen wurde zugleich Pilocarpin
in kleinen Dosen verabreicht, um den Ehrlich '-
sehen Vorschlag zu prüfen, ob dadurch das Immuni-
sirungsvermOgen gesteigert werde in Folge ver-
mehrter Funktion der verschiedenen Drüsenorgane
durch Absonderung von Seitenketten (Antitoxinen).
Doch fehlen Angaben über die Pilocarpin Wirkung.
Sei. inficirte gleichzeitig subcutan 10 junge Schafe
zwischen 17 und 25 kg mit sporenhaltigem Milz-
brand an der Innenseite des Schenkels undinjicirte
das Serum in die Jugularvene, und zwar 2 Schafen 5,
bez. 10 ocm sofort nach der Infektion, von den
übrigen je einem lOccm nach 12, 18, 24 und
30 Stunden, sodann je einem nach 12 Stunden
20ccm, nach 18 Stunden 30 com, nach 24 Stunden
40 ccm und nach 30 Stunden 50 com Serum. Wäh-
rend der Versuche wurde sorgfältig alle 6 Stunden
die Temperatur in ano gemessen. Von 4 Control-
thieren starben 1 nach 27 Stunden, die übrigen 3
nach 38 Stunden. 5 der mit Serum behandelten
Thiere starben innerhalb 36 — 109 Stunden, 5 wur-
den geheilt Zu den geheilten gehören die beiden
sofort nach der Impfung behandelten, 1 der nach
12 Stunden und die beiden nach 24 Stunden inji-
drten Thiere, während beide nach 18 und 30 Stun-
den mit Serum behandelten starben. Im Blute
des nach 24 Stunden injicirten und geheilten Thieres
waren vor der Seruminjektion schon Milzbrand-
bacillen nachgewiesen worden. Nach diesem Aus-
gang des Experimentes und unter Bezugnahme
auf einen in der medicinischen Klinik in Florenz
durch Serum geheilten Milzbrand- Kranken, der
sich schon im vorgerückten Stadium befunden
habe, glaubt ScL, die Serumtherapie als souveränes
Heilmittel empfehlen zu dürfen, zumal desinfici-
rende Mittel (Aetzsublimat und Carbolsäureinjek-
tion) bei seinen Versuchen vollkommen versagt
haben. Die auffallende Erscheinung, dass grössere
Serumdosen keine Vortheile bei der Heilung zeig-
ten, führt Sei. darauf zurück, dass das Serum
keine antitoxische Wirkung besitze , sondern nur
die Phagocytoee anrege, die wiederum nur durch,
ein wirksameres, nicht aber durch die grössere
Masse eines schwächeren Serum gesteigert werden
könne. Bei den mit Serum behandelten Thieren
wiesen 7 höhere Temperaturen als die Control-
thiere auf, eine Erscheinung, die ScL als Aeusse-
rung der Anstrengung des Organismus, die Injek-
tion zu überwinden, ansieht und auch bei Men-
schen beobachtet hat Er sieht daher Temperatur-
steigerungen nach Seruminjektionen als prognostisch
günstig an. Andererseits sei das nach der Infek-
tion auftretende Fieber wichtig, weil es anzeige,
welche Thiere in einer Herde erkrankt und noch
mit Erfolg zu behandeln seien. Trotz der Miss-
erfolge der lokalen Therapie allein möchte ScL
einer Cembination mit der Serumbehandlung das
Wort reden. Reinhard (Strassburg).
293. Tetanie and Antointozikation ; von
Dr. H. LoebL (Wien. klin. Wchnschr. XVL 33.
1903.)
L. beobachtete in einer Anzahl von Krankheit-
fällen, die durch Verdauungstörungen, Acetonurie
und Nephritis als Autointoxikation gekennzeichnet
waren, die Erscheinungen von Tetanie. In einer
Reihe von ausgesprochenen Tetanie-Erkrankungen
fand er andererseits Stoffwechselstörungen, die auf
eine Autointoxikation hinwiesen. Diese Thatsache,
sowie die üebereinstimmung der Krankheitbilder
dieser beiden Gruppen spricht dafür, dass alle
Fälle von Tetanie auf Autointoxikation beruhen.
In vielen anderen Fällen von Autointoxikation wird
man ausserdem bei genauerer Untersuchung un-
vollkommene Tetanie nachweisen können. Sta-
tistisch lässt sich nachweisen, dass eine Häufung
von Autointoxikationen oft gleichzeitig mit einer
Zunahme der TetaniefäUe vorkommt L. nimmt
an, dass die Tetanie eine, durch besondere Affinität
zum peripherischen Nervmuskelapparate ausge-
zeichnete autotoxische Erkrankung ist.
Sobotta (Heilanstalt Sorge).
294. Ueber Organtherapie beim endemi-
schen OretiniamaB; von A. Magnus-Levy.
(BerL klin. Wchnschr. XL. 32. 1903.)
M.-L. fand in einigen Dörfern des Münster-
thaies (Yogesen) 14 oretinische Individuen mit
myxödematöser Haut und Verkleinerung der Schild-
drüse ; nur in einem Falle bestand ein kleiner Kropf.
Von diesen 14 Kranken wurden nun 7 einer Be-
handlung mit Schilddrüsentabletten unterworfen,
und zwar alle mit gutem Erfolge: nach 4 bis
6 Wochen stellte sich eine Hebung der InteUig^z
ein, das Längenwachsthum der Knochen, nament-
VL Innere Medioin.
187
lieh der Oesichtsknoohen , nahm zu, die Haut-
Veränderungen gingen zurück.
M.-L. bestreitet daraufhin, dass zwischen ende-
mischem Cretinismus einerseits und zwischen spo-
radischem Cretinismus und Myxödem andererseits
ein unterschied bestehe. In beiden Fällen ist eine
gewisse hereditäre Anlage anzunehmen, bei der
das Wesentliche die Degeneration der Schilddrüse,
die Veränderung und der Ausfall ihrer Funktion ist.
Sobotta (Heilanstalt Sorge).
296. PerkuBsorisohe Aaakaltation, Fhon-
endoskopie und Stäbohenaoakiiltation. Ein^
kritische Studie; von Dv.Ed,ReichmBLnn. (Berl.
Klinik 181. JoU 1903.)
Man ist von jeher bestrebt gewesen, die Resul-
tate der Perkussion dem Ohre deutlicher zu machen.
Hauptsächlich suchte man durch Combination der
Perkussion mit der Auskulation exaktere Ergeb-
nisse zu erzielen. Die Auskultation des Perkussion-
schalles ist die älteste Methode, die auch von den
verschiedensten Autoren empfohlen wird. Man
kann hierdurch z. B. centrale Infiltrationen, die
mit der gewöhnlichen Perkussion entweder gar
nicht oder nur schwer nachgewiesen werden kön-
nen, der Dntersuchnng zugänglich machen. Denn
wenn die Schallwellen vom Orte der Perkussion
bis zum untersuchenden Ohre die infiltrirte Stelle
passiren, wird eine Abschwächung , ein „Schall-
schatten'^ entstehen.
Bianchi und Runeberg untersuchten voll-
kommen analog dadurch die einzelnen Organe, dass
sie in einiger Entfernung von dem Auskultation-
instrumente mit dem Finger Streichungen über
die Haut vornahmen, hierdurch lässt sich die
Grenze der einzelnen Organe bestimmen, da jen-
seits der Grenze des jeweils untersuchten Organes
der gehörte Schall sich ändert. Es wird durch
diese auskultatorische Perkussion gewissermaassen
eine Projektion des einzelnen Organes auf die
Körperoberfläche erzielt. Während B i a n c h i das
Phonendoskop benutzte, bediente sich Rune-
berg eines Stethoskops mit biegsamer Röhre.
Dieses letztere modificirte Aufrecht dadurch,
dass er einen ganz kleinen Trichter an dem mit
Gummischlauch und Ohransatzstück versehenen
Stethoskop empfahl (das sogen. Friktionstethoskop).
Es fehlte natürlich nicht an Gegnern, die den
Werth dieses Verfahrens in Abrede stellten.
Kurz erwähnt sei ein Instrument für auskulta-
torische Perkussion, das eine Verbindung von
Hammer mit Plessimeter darstellt (Hof mann);
femer ein Instrument (Pal) mit federndem Stifte
zur Ausführung von Hautstreichungen, wodurch
ein entsprechendes Reibegeräusch ausgelöst wird.
R. sagt nun, dass durch diese Methoden, die
er der Einfachheit halber Friktionmethoden nennt,
bei ihrer Ausführung in der Haut Schwingungen
entstehen, die sich in dem lockeren Gefüge der
unter der Haut liegenden Gewebe verlieren und
demgemäss ihren Weg in das in Betracht kom-
mende Organ verfehlen können.
Durch die von R. angegebene Stäbohenauskul-
tation wird die Entstehung des Perkussiongeräu-
sches nach ausserhalb verlegt. Hierbei wird das
Geräusch in einem dünnen Stäbchen von y,cm
Durchmesser, das durch seitlich angebrachte Ein-
kerbungen gerippt und am unteren Ende halb-
kugelig abgerundet ist, hervorgebracht Die Aus-
führung der Methode geschieht so, dass auf das zu
untersuchende Organ ein gewöhnliches Stethoskop
und in einiger Entfernung von diesem das Stäb-
chen aufgesetzt wird. Letzteres wird durch den
auf das obere Ende aufgelegten Zeigefinger fest
angedrückt und mit der Kuppe des Mittelfingers
ziemlich kräftig von oben nach unten gerieben,
wobei gleichzeitig der seitlich angelegte Daumen
eine Stütze bieten kann. Entfernt man nun dieses
Stäbchen weiter vom Stethoskop, so hört man,
sowie man die Grenze des Organs überschritten
hat, eine deutliche Aenderung des Sohallcharakters.
Der eigenthümlich schabende Beiklang des Reibe-
geräusches ist alsdann verschwunden und das Ge-
räusch ganz dumpf und abgestumpft.
Es entsteht also bei der Friktionmethode das
hervorgebrachte Geräusch in der Haut, da ja diese
gestrichen, also in Schwingungen versetzt wird.
Bei der Stäbchenauskultation hingegen entsteht
das erzeugte Geräusch in dem auf der Haut auf-
gesetzten und sie comprimirenden Stäbchen. Das
feste Aufsetzen des Stäbchens auf die Körperober-
fläohe ermöglicht demnach eine innigere Verbin-
dung, eine festere Annäherung an das zu unter-
suchende Organ und lässt die Schallwellen besser
hineintreten. Die ganze Methode beruht auf den
physikalischen Gesetzen von der Fortleitung und
Reflexion der Schallwellen an der Grenze der
untersuchten Organe. N e u m a n n (Leipzig).
296. Ueber Gytodiagnostik; vonDr. Schwarz
und Dr. Bronstein. (Berl. klin. Wchnschr. XL.
34. 35. 1903.)
Für die Diagnose der pleuritischen Ergüsse
lässt sich die Cytodiagnostik erst am Schlüsse der
2. Krankheitwoche verwerthen, weil sich erst dann
der Unterschied zwischen tuberkulösen und nicht
tuberkulösen Ergüssen feststellen lässt.
Für die Diagnose der Meningitis bietet die
Cytodiagnostik keine Vorzüge vor der Lumbal-
punktion. Besonders für die Differentialdiagnose
der tuberkulösen Meningitis von der epidemischen
Cerebrospinalmeningitis ist die Cytodiagnostik
höchstens zur Frühdiagnose dieser zu verwerthen.
Ueber die Ergebnisse der Untersuchungen bei
Perikarditis, Peritonitis, Gelenkergüssen u. s. w.
liegen noch nicht hinreichende Angaben vor.
Demnach ist der Cytodiagnostik nur ein unter-
geordneter klinischer Werth beizumessen.
Sobotta (Heilanstalt Sorge).
188
VL Innerei Medicin.
297. Bronohopneamonie d'an poamon et
aboes de l'antre eaaees par nn mdme oorps
etranger de l'arbre reapiratoire (epingle vola-
mineaae); par P. Courmont et Andr6. (Lyon
m6d. XXXV. 23; Juin 7. p. 977. 1903.)
Ein 26 Jahre alter, gesunder Mann hatte seine grosse
Tuchnadel mit Glasknopf zwischen den Zähnen, als ein
Freund ihn lachen machte ; dabei „verschluckte^ er die
Nadel. Er bekam sofort einen heftigen Hustenanfall,
der aber bald nachliess; nur ein Gefühl von Stechen
blieb in der Gegend des Zungenbeins zurück. 5 Tage
später yerlagerte sich die Nadel bei einem Hustenanfalle.
Ihre Spitze steckte jetzt unter der Haut in der Höhe des
Larynx am vorderen Rande des rechten M. stemodeido-
mastoideus. Beim Einschnitte auf diese Stelle aber ent-
schlüpfte die Nadel in die Luftwege hinein. Der £r.
fühlte sie nicht mehr, aber vom nächsten Tage ab traten
Schüttelfröste, Nachtsch weisse, Stiche in der Gegend der
linken Lungenbasis auf. Einige Tage später klagte der
Pat über muskuläre und artikulare Schmerzen in den
Armen, die fast unbeweglich waren. Etwa 14 Tage nach
der vergeblichen Operation wurden auB der linken
Pleurahöhle 300 com blutig-seröser Flüssigkeit entleert.
Schüttelfröste, Fieber, schmerzhafter Husten, beschleu-
nigte Respiration (60 in der Minute), starke Schweisse
Hessen aber nicht nach. Eiterige, von Blutstreifen durch-
zogene Sputa wurden in reichlicher Menge expektorirt
Der Er. hatte ein ^pyämisch'^-gelbliohes Aussehen. Nur
die Schmerzen in den Armen konnten durch tägliche
Verabfolgung von 4 g Antipyrin erleichtert werden. Links
hinte^ unten bestanden von der Spitze der Scapula ab-
wärts Dämpfung, aufgehobener Pectoralfremitus, bron-
chiale Inspiration, subcrepitirendes Rasseln, das später
grossblasig wurde. Bei manchen Hustenanföllen empfand
der Er. Stiche unter dem Sternum. 1 Monat nach dem
Unfälle trat der Tod ein.
Die Ätäopsie ergab, dass der Eopf der Nadel am
Beginne der beiden Bronchen zweiter Ordnung lag, die
nach dem linken ünterlappen führen. Sie waren mit
Eiter gefüllt; der Unterlappen selbst war der Sitz einer
Bronchopneumonie, deren Herde sehr dicht aneinander
stiessen. Die linke Pleurahöhle war leer: nur waren
die Pleurablätter etwas verdickt und leicht verklebt
Die Spitze der 8 cm langen Nadel lag dem unteren Ab-
schnitte der rechten Tracheawand an, in die sie bei hef-
tigen Hustenstössen sich hineingebohrt haben musste;
man sah einzelne Einstichstellen mit nekrotischem Rande,
von denen eine in eine kurze Fistel zwischen äusserer
Tracheawand und visceraler Pleura führte, eine zweite
in einen trichterförmig gestalteten Abscess des rechten
Lungenoberlappens. Der Abscess hatte die Grösse einer
Nuss, seine Wand war unregelmässig buchtig, an ein-
zelnen Stellen nekrotisch, aber ohne Gangrängeruch.
In dem obersten Abschnitte der Trachea sah man
noch die Spuren von Stichen, deren deutlichster, in der
Höbe der ersten Tracheaknorpel liegender jedenfalls den
Weg angab, den die Nadel genommen hatte, als sie an-
fangs bis unter die Haut des Halses vorgedrungen war.
Aufrecht (Magdeburg).
298. Venengeräasohe an der rechten Lnn-
genapitsey entstanden in der Vena asygoa.
Paroxysmale Tachykardie; von Prof. J. Pal.
(Centr.-Bl. f. innere Med. XXIV. 28. 1903.)
P. beobachtete bei einer 60jähr. Frau, die an einer
chronischen Infiltration beider Lungenspitzen und der
Lymphdrüsen, sowie an Emphysem litt, ein musikalisches
Geräusch in der Gegend der rechten Lungenspitze und
zeitweilig auftretende tachykardische Anfalle, während
deren das Lungengeräusch stark abgeschwächt, auf der
Höhe sogar meist nicht hörbar war. Durch die Athmung
hingegen wurde es nur in der Höhe des Tones alterirt
P. verlegte die Entstehung des Geräusches in die Vena
azygos, und zwar nahm er an, dass durch Compression
der Azygos durch eine pleurale Verwachsung das Ge-
räusch zu Stande komme. Die paroxysmale Tachykardie
hingegen ist durch eine Reizung von sympathischen oder
von Acceleransfasem zu erklären. Zu dieser Ansicht
führte P. der umstand, dass das Ursprungsgebiet der
Acceleransfasem und diese selbst sich nicht weit von dem
Bogen der Vena azygos befinden. Der spätere Obduktion-
befund bestätigte diese Annahme.
Eine zwar schematisohe, aber sehr übersichtliche
Zeichnung giebt über die eigenartigen topographischen
Verhältnisse des Falles einen guten und verständlichen
üeberblick. N e u m a n n (Leipzig).
299. Nervöse Tachypnoe; von Dr. Reck -
zeh. (Berl. klin. Wehnschr. XXVm. 17—19.
1901.)
R. hat unter 1155 Kranken mit funktionellen
Neurosen 40 Fälle (»» 3.46%) ausgesprochener
Tachypnoe gefunden, und zwar bei 14 Hftnnem
und 26 Frauen. Als Tachypnoe bezeichnet er
eine Frequenz von 40 und mehr AthemzQgen in
der Minute, unter Ausschluss aller organischen
Leiden. Die nervOse Erkrankung war bei Frauen
durchweg Hysterie, ausser 2 Fällen von Basedow '-
scher Krankheit und 2 schweren Neurosen, bei
M&nnern „Neurasthenie*^ oder traumatische Neurose.
Das Alter der Erkrankten betrug bei Frauen im
Mittel 23.12, bei Männern 26.54 Jahre. Hereditäre
Belastung fand sich in 7 »» 17.6^/o ^^^ mie. In
einem Falle wurde die nerv5se Tachypnoe von
beiden Eltern auf 6 Kinder vererbt. In je 4 fUIen
BB lO^/o lagen vor Potatorium und schwere Ver-
letzung mit starker Erschütterung des ganzen Kör-
pers, in 5 s= 12.5% psychische Depression, Aerger
und Aehnliches; diese letzten Momente waren auch
häufig der Anlass zur Auslosung eines tachy-
pnoischen Anfalles. Aetiologisch bedeutungsvoll
waren besonders Erkrankungen der Oeschlechts-
organe, sowie Excesse und krankhafte Vorstellun-
gen von sexuellen Dingen (13 Fälle <» 36*/o).
Durch Eintritt der Menstruation wurde deutliche
Steigerung der tachypnoischen Beschwerden beob-
achtet In einem Falle fand sich Parametritis, in
einem anderen abnorme Kleinheit und Schmerz-
haftigkeit der Hoden. Cänmal gelang die Aus-
losung eines tachypnoischen Anfalls durch längeres
Fixiren eines Punktes.
Dauernd beschleunigte, oberflächliche Athmung
massigen Orades fand sich in 19 Fällen «»47.5%,
davon 1 1 mit leichteren, 8 mit schweren Paroxys-
men ; dauernd starke Tachypnoe mit anfallartiger
Steigerung in 5^ 12.5*/o der Fälle; und endlich
tachypnoische Anfälle bei sonst normaler Athmung
in 16 — 40% der Fälle. Bei der dauernden, wie
bei der anfallartig einsetzenden Form war der ge-
wöhnliche Athemrhythmus nicht verändert, so dass
keine Pause mit völliger Buhe des Thorax bestand,
doch waren In- und Exspirium gleich lang. Körper-
haltung und Bewegung waren ohneBinfluss auf die
Athemfrequenz. Der Eintritt der tachypnoischen
Anfälle war stets plötzlich, das AufhOren allmäh-
YL Innere Medioiiu
189
lieh. Bei Frauen blieb die Athmung oostal, bei
Männern wurde sie es in sohweren Fftllen, sogar
mit Anspannung der Halsmuskeln. Einmal fand
sich sogar Nasenflflgelathmen. Die vitale Lungen-
capacit&t war gewöhnlich niedrig. Oppression,
Druck in der Herzgegend und Angstgefühl waren
kein regelmässiger Befund. Bei einem Kranken
ging der taohypnoisohe AnfoU mit Bewusstlosig-
keit, bei einem anderen zeitweise mit Athemstill-
stand einher. In fast allen FaUen bestanden
Symptome von Neurasthenie und Hysterie, Kopf-
schmerzen, Unruhe, Schlaflosigkeit, hysterische
Parfistheeien , vasomotorische und sekretorische
Störungen. Von Seiten der Lunge fand sich
einige Male leichter Spitzenkatarrh, Öfter aber
eine „beträchtliche Anschwellung*^ der Lunge mit
schwerversohieblichen Grenzen. Diese Erschei-
nung von Krehl (Patholog. Physiologie. 2. Aufl.
Leipzig 1898) beim Beginn eines tachykardischen
Anfalls erwähnt, fand sich in den Fällen R.'s auch
bei normaler Pulsfrequenz. R. sieht diese Lungen-
blähung als Folge der Tachypnoe an, da durch die
schnelle Aufeinanderfolge von Ein- und Ausath-
mung die vollkommene Exspirationstellung der
Lunge nicht erreicht werde. Am Herzen fanden
sich neben häufig zugleich bestehender Tachy-
kardie in der Hälfte der Fälle accidenteUe Ge-
räusche; in 3 Fällen Cor mobile. Magendarm-
störungen wurden in 28 Fällen vermerkt, wobei
Verstopfung mit den heftigsten Diarrhöen abwech-
selte. Auffallig dabei war die häufige, beträcht-
liche Körpergewichtzunahme. Mit Einsetzen der
Durchfalle ging stets ein Ansteigen der Athem-
curve einher. In 8 Fällen <» 20^U z^i^ sich
Betheiligung des Larynx (3mal hysterische Aphonie,
bei den übrigen Schwellung der Stimmbänder,
Offenbleiben der Glottis, Herabsetzung der Sen-
sibilität).
Für die Entstehung der tachypnoischen Anfalle
macht R. eine aus psychischen Ursachen erfolgende
Yagusreizung verantwortlich und schliesst die von
Landgraf (Deutsche Med.-Ztg. X. 1 889) beschrie-
bene hysterische Bronchialstenose aus. Auch durch
Erregung sensibler Hautnerven oder durch eine
vom N. olfactorius und opticus nach Analogie der
Yagusreizung erfolgende Erregung sei die nervöse
Tachypnoe nicht zu erklären. Während eine cen-
tral einsetzende Yagusreizung den eugen Zusam-
menhang zwischen Tachypnoe und Darmstörungen
leicht verständlich mache.
Die Diagnose der nervösen Tachypnoe sei,
nach Ausschluss aller Erkrankungen organischer
Natur, leicht, die Prognose sei im Allgemeinen gut
Das Resultat der Behandlung war Heilung oder
wenigstens Besserung bis zur Arbeitfähigkeit. Die
Behandlung war theils symptomatisch, mit narko-
tischen und nervenberuhigenden Mitteln, theils
aUgemein, auf Beseitigung der Neurasthenie oder
Hysterie gerichtet (Hydrotherapie, Elektricität).
Sauerstoffinhalationen waren ohne Erfolg, während
der Boghan 'sehe Athemstuhl sich in 1 Falle gut
bewährt haben soll. Reinhard (Strassburg).
300. Zur klinischen Diagnostik des Nieren-
infarktes und renal bedingter Kolikanfälle; von
Dr. RudolfSchmidt. (Wien. klin. Wchnschr.
XIV. 19. 20. 1901.)
Den relativ häufigen Befunden von Nieren-
infarkten steht gegenüber die seltene Möglichkeit
ihrer klinischen Diagnose. Schm. will versuchen,
auf Orund von 7 Fällen, darunter 2 eigenen, ein
klares, die Diagnose ermöglichendes Symptomen-
bild aufzustellen. Nach einer kurzen Zusammen-
stellung der in den bekannten Hand- und Lehr-
büchern enthalten^i, sehr allgemein gehaltenen,
diagnostischen Bemerkungen , bringt er seine
7 Krankengeschichten, in denen 6mal die Dia-
gnose durch die Sektion bestätigt worden ist, und
fasst die darin niedergelegten Beobachtungen zu
folgenden epikritischen Bemerkungen zusammen.
Er unterscheidet: I. Lokale Symptome: a) Stö-
rungen der Hamsekretion und Veränderungen des
Sekretproduktes; b) Schmerzen in Folge von Schä-
digung des sympathischen Nierengeflechtes (Plexus
renalis), bez. perirenaler Entzündungsprocesse.
n. Begleitsymptome von Seiten verschiedener
Organsysteme: a) toxisch bedingt durch Nieren-
insufficiena ; b) reflektorisch ausgelöst Zu la be-
merkt Schm. Folgendes: Stärkere Grade von
Oligurie oder Anurie lassen sich bei Schädigung
beider Nieren erwarten und sind einmal durch
Ausfall von Nierengewebe, andererseits durch Er-
höhung des intrarenalen Druckes bedingt; auch
nervöse Momente reflektorischer Natur kämen mit
in Betracht Bei einseitiger Infarcirung wurde
beträchtliche Oligurie, bez. Anurie nicht beobachtet.
Aenderungen in der qualitativen Zusammensetzung
des Harns sind durch Auftreten von Serum- oder
Nuoleoalbumin ausgezeichnet und durch Beimen-
gungen von Blut Doch sei Hämaturie keine häu-
fige Begleiterscheinung. Häufige sei Albuminurie,
die nach dem Einsetzen der Infarktsymptome auf-
trete und durch rasches Zurückgehen, sowie Feh-
len von Sedimentveränderungen charakterisirt sei.
Doch spreche Fehlen von Albuminurie nicht gegen
einen Infarkt. Nuoleoalbuminurie bestand nur in
1 FalL Zu Ib : Starke Schmerzen begleiten den
Niereninfarkt und seien zu erklären theilweise
durch „Absterben^* der längs der Arterien laufen-
den Fasern des Plexus renalis, anderentheils durch
die Zunahme des intrarenalen Druckes. Im spä-
teren Verlaufe könnten sie auch' durch perirenale,
bez. lokale peritonäale Entzündungsprocesse be-
dingt sein. In einem seiner Fälle will Schm.
sogar „perirenales Reiben^' gefühlt haben. Haupt-
sita des Schmerzes ist die Lendengegend unterhalb
der 12. Rippe, andererseits die Projektionfläche
der Niere auf die vordere Bauchwand, beiderseits
unterhalb der Rippenbogen, rechts also derOallen-
blasengegend entsprechend und bei Tiefstand der
190
YL Innere Uedicin^
rechten Niere die üeocökalgegend. Ausstrahlen
des Schmerzes in Hoden, Penis, sowie Schulter-
blätter wurde bisher nicht verzeichnet. Bei beider-
seitigem Infarkt sei der an symmetrischen Stellen
auftretende Schmerz diagnostisch wichtig. Der
Schmerz selbst sei theils als brennend, theils als
heftiger Druck geschildert; er setze blitzartig ein,
zeige aber kein kolikartiges An- und AbschwelleD,
sondern falle stetig wieder ab. Durch Druck in
der Nierengegend, sowohl von vorn, als von hinten
wurde er gesteigert, ebenso durch Husten, Er-
brechen, tiefe AthmuDg und durch Streckung des
Oberschenkels. Endlich sei die Körperlage von
Einfluss auf die Schmerzen. Lage auf der kranken
Seite wirke am günstigsten. ZuII bemerktSchm.
folgendes : Schwerster Collaps bei Einsetzen des
Infarktes wurde in 3, Erbrechen und Singultus in
4 Fftllen gefunden. Das Erbrechen im Anfwge
wohl reflektorisch ausgelost, sei später auf Urämie
zurückzuführen. Der Stuhlgang war Öfters ange-
halten. Der Nachweis von Veränderungen am
Girkulationapparat sei natürlich Voraussetzung für
die Diagnose des Niereninfarktes, dabei müsse auch
an seltenere Erkrankungen (offenes Foramen ovale,
Aneurysma aortae) gedacht werden.
Am Schlüsse der Arbeit vereinigt Schm. seine
Ausführungen in folgende diagnostische und diffe-
rentialdiagnostische Gesichtspunkte: 1) In jedem
Falle von Nierenkolik ist es nothwendig festzu-
stellen, ob sie intrarenal (Drucksteigerung, Oewebe-
nekrose) oder extrarenal, d. h. „ureteral'^ (Passage-
verlegung) bedingt ist 2) Der mirarenal bedingte
Nierenschmerz beschränkt sich mehr auf die Nieren-
gegend. Die Niere ist äusserst druckempfindlich.
Der Schmerz ist continuirlich. Zuweilen besteht
sehr heftige, plötzlich einsetzende Albuminurie
mit oder ohne nephritische Sedimentbefunde.
3) Der eoctrarenal bedingte Eolikschmerz strahlt im
Verlaufe des Ureters aus; dieser ist oft druck-
empfindlich; der Schmerz ist mehr intermitti-
rend ; es kann zu akuter Hydronephrose kommen.
4) Intrarenal bedingte Nierenkoliken können aus-
gelöst werden durch : a) Torsion des Oefässstieles
bei ^Wanderniere; b) plötzliche Gongestion, gefäss-
reicher, maligner Tumoren; c) chron. Nephritis
mit akut entzündlichem Nachschub; d) Nieren-
infarkt. 5) Innerhalb dieser Gruppen gelten fol-
gende Unterscheidungsmerkmale : Nierendruck-
schmerz ist bei Infarkt häufiger und stärker als
bei Nephritis. Hohe Pulsspannung spricht gegen
Infarkt Auftreten des EolikanfaUes bei Bettruhe
ist häufig bei Infarkt, nach mechanischen Insulten
öfter bei Wanderniere und Nephritis. Plötzliches
Einsetzen ist besonders für Infarkt charakteristisch.
Starke Hämaturie spricht viel mehr für Nephritis
als für Infarkt. Plötzlich einsetzende Albuminurie
ohne Sedimentbefund findet sich nur bei Infarkt
6)Enteroptose erleichtert reflektorisches Erbrechen
und ist daher bei Niereninfarkt prognostisch un-
günstig. 7) Lage auf der gesunden Seite steigert
bei Infarkt die Schmerzen. 8) Bei völligem Ver-
schlusse der Art renalis können Erscheinungen
von Seite des Harns vollkommen fehlen. 8) Oligurie
oder Anurie spricht für beiderseitigen Niereninfarkt,
dabei fehlt Harndrang. Reinhard (Strassburg).
301. Bin Fall Ton meNneiterong; von W.
Alter. (Deutsche med. Wchnschr. XXIX. 30.
1903.)
A. veröffeatliobt die Krankengeschichte von einem
Falle vonrechtseitigerNiereneiternng, die durch Pneumo-
kokkeninfektion hervorgemfen war. Therapeutisch be-
merkenswerth ist, dass die hohen Temperatorsteigenin-
gen regelmässig dnrch Crede'sche Collargoliiigektionen
herabgesetzt wurden und eine auffallende Besserong des
Aligemeinbefindens eintrat A. wird daher bei jeder
schweren septischen AfTektion die intravenöse Applikation
VCD Collargol sofort wieder vornehmen.
Neumann (Leipäg).
302. Baoterinria Tesioalis postgonorrhoiom
dnroh Baoteriom laotia aerogenes; von Dr.
Berthold Ooldberg. (Centr.-61. f. innere Med.
XXm. 13. 1902.)
Der Fall betraf einen 32jähr. Mann, bei dena die
durch die Anwesenheit der Bakterien im Harn bedingte
Trübung ziemlich unvermittelt auftrat, nachdem eine
hartnäckige akute Gonorrhöe geheilt war. Ausser der
Hamtrübung bestand das Gefühl einer krampfhaften
Zusammenziehung und Austritt einer weissen Masse
(Prostatasaft) am Schlüsse der Harnentleerung. Bas
Allgemeinbefinden war durch das Auftreten von Kopf-
schmerzen, von Aufgeregtheit und Stuhlverhaltung nur
unwesentlich gestört. Während der Fall klinisch somit
nichts Besonderes bot, war er bakteriologisch ausge-
zeichnet durch den Befund des Bacterium lactis aero-
genes, das bisher nur einmal als Erreger von Bakteriurie
beschrieben worden ist Es hat offenbar wie es vom
Colibacillus längst bekannt ist, von anderen (Typhus-
bacillen u. s. w.) neuerdings aber ebenfalls nachgewiesen
wurde, auch die EigenschiSt, Bakteriurie ohneO^sÜüs zu
erzeugen. Im vorUegenden Falle konnte durch <ue Cysto-
skopie die Abwesenheit jeder Erkrankung der Harnblase
sichergestellt werden. Die als Rest der überstandenen
Gonorrhöe noch bestehende Prostatitis interstitialis chro-
nica schien in keinem Zusammenhange mit der Bakteriurie
zu stehen, während es wahrscheinlidier ist, dass der Fat,
der eine leichte Phimose und Balanitis und ein sich
stauendes bakterienreiches Präpntialsekret hatte, bei
Urethral-Injektionen sich die Bakterien in die Blase ge-
bracht hatte. Ein besonderer specifischer Geruch war
dem Urin in dem vorUegenden Falle nicht ei^n.
Weintraud (Wiesbaden).
303. Prostatitis und SterUitftt; von Dr.
B. a 0 1 d b e r g. (Die Heilkde. VI. 1902.)
Angeregt durch die Untersuchungen von
Lohnstein undPergoli über das Sekret der
chronischen Prostatitis und seinen Einfluss auf das
Sperma sichtete G. sein Material nach dieser Rich-
tung und fand, dass die weitaus überwiegende
Mehrzahl der Personen mit chronischer Prostatitis
Kinder erzeuge ; bleiben sie kinderlos, so bestehen
meist mehrere Möglichkeiten für die Impotentia
generandi. C. Schramm (Dortmund).
304. Beobaohtongen über klimatlBOli»
Bttbonen ; von Dr. z u r Y e r t h. (Arch. f. Schiffis*
u. Tropenhyg. VII. p. 63. 1903.)
VI. Innere Medioin.
191
Die in ihrer Aetiologie sehr verschieden be-
urtheilten klimatifiohen Bubonen hat zur Y. in
26 einzeln beschriebenen IWen beobachtet Ihr
Auftreten hAngt direkt von dem Aufenthalte in den
Tropen ab. Fieber kann in starkem Qrade bestehen,
aber auch ganz fehlen. In den meiaten F&llen
kommen die Leistendrüsen zur Vereiterung, manch-
mal bildet sich aber die Schwellung völlig zu-
rück. Malaria, Pestinfektion, Sekttndärinfektion
von Mesenterialdrüsen aus waren als Ursachen aus-
zuschliessen. Ein speciflscher Erreger wurde nicht
gefunden, zur V. nimmt an, dass die gewöhn-
lichen Eitererreger, die durch das Klima modificirt
sind, auf den durch das Klima gleichfalls umge-
wandelten Körper einwirken und dadurch die
Krankheit verursachen. Dies wäre analog der von
Menzer angenommenen Aetiologie des Gelenk-
rheumatismus. In beiden F&llen sind Eingangs-
pforten vorhanden, in den Tropen sind bei der
Schiffsmannschaft immer kleine Hautverletzungen
zu finden. Mehrere der beobachteten Fälle waren
sogar mit rheumatischer Gelenkerkrankung com-
plicirt
Die Therapie ist hauptsächlich chirurgisch.
V. Lehmann (Berlin).
305. Prophylaxe und operattonsloae Be-
handlung des Gallenateinleidens ; von Dr. F r a n z
Kuhn. (BerL Klinik Heft 177 u. 180. 1903.)
K. fordert zunächst Specialsanatorien für Gallen-
steinleidende, in denen eine grflndliche Beobach-
tung der Kranken die Entscheidung über operative
oder nicht operative Behandlung ermöglichen soll
Ein erheblicher Theil der Abhandlung ist sodann
der Prophylaxe gewidmet, und zwar der mecha-
nischen (Sport, Gymnastik, Massage, Kleidung),
der diätetischen, der hydrotherapeutischen und der
medikamentösen Prophylaxe.
Ziel der Behandlung kann es nicht sein, die
vorhandenen Steine abzutreiben (denn das ist oft
gefährlich) oder zu lösen (denn das ist kaum mög-
lich), sondern man wird die Ursachen der Stein-
bildung zu treffen suchen und die Folgeerschei-
nungen der Steine zu beseitigen trachten. Bezüg-
lich der Indikationen zu operativem Vorgehen
schliesst sich K. den von Kehr aufgestellten Grund-
sätzen an. Im Uebrigen giebt er eine für die Praxis
genügende Eintheilung in leichte und schwere Fälle
und bespricht die verschiedenen hierfür in Frage
kommenden Mittel und Behandlungsmethoden.
S 0 b 0 1 1 a (Heilanstalt Sorge).
306. Oirroei portale atrofloa asplenome-
galioa oome maiattia prevalentemente oon-
genita; del Prof. A. Ferrannini. (Gaz. degli
Osped. XXIV. 74. 1903.)
Bei der atrophischen Lebercirrhose kann trotz
Bestehens von Ascites und Oedem der Beine Milz-
tumor fehlen, weil der phlebitische Process die
Milzvenen mitunter unbeeinflusstlässt. Auch kann
Ascites ohne Medusenhaupt bestehen, weil der
phlebitische Process an den verschiedenen Stellen
mit verschiedener Stärke auftritt Dieses trifft
namentlich für die angeborene Cirrhose zu. Zur
Unterscheidung der angeborenen von der erwor-
benen Form dienen die primäre Entwickelung des
Zustandes, der schleichende Beginn, langsames
Weiterschreiten, schnelles Einsetzen von Ernäh-
rung- und Stoffwechselstörungen.
S 0 b 0 1 1 a (Heilanstalt Sorge).
307. 1*6 doigt hippooratique dana lea oir-
rhoaea biliairea; par A. Gilbert et B. Lere-
b 0 u 1 1 e t. (Gaz. hebd. XLIX. 1. 1902.)
G. und L. haben bisher 40 Fälle von Verände-
rungen der Fingerendglieder gesammelt, für deren
Ursprung weder Lungen-, noch Herzleiden verant-
wortlich gemacht werden können, sondern die im
Verlaufe von Lebercirrhose, und zwar der biliären
Form, auftraten. Die Veränderungen beschränkten
sich, wie Röntgen-Photographien und auch Sektion-
befande ergaben, ausschliesslich auf die weichen
Theile der Fingerkuppen ohne Veränderungen am
Knochen und traten meist in späteren Stadien der
Krankheit auf. Dabei stellten G. und L. fest, dass
eine kleine Exostose an der Endphalanx des rechten
Mittelfingers als normal anzusehen sei. Die Ver-
änderungen bestanden in kolbigen und quadra-
tischen Anschwellungen der Fingerendglieder, zum
Theil auch mit Betheiligung der Nägel, die theils
in der convexen Fläche gebogen, theils gekrümmt
(papageienschnabelartig), in einzelnen Fällen sogar
nach Art der Vogelkrallen auf die Plantarseite um-
gebogen waren. G. und L. sehen diese Verände-
rungen als charakteristisch für die biliäre Form
(Char cot 'sehe) der Cirrhose an und halten die
bei der Laen nee 'sehen Form auftretenden ähn-
lichen Befunde für vom Cirkulationapparate oder
Respirationapparate veranlasst. Als Ursache für
die EntstehuDg der vorliegenden Form nehmen sie
theils Infektion, theils Cholämie an.
Reinhard (Strassburg).
308. Ooolnaione intestinale per milsa mo-
bUe; per A. Mori. (Rif. m6d. XVn. 118—120.
1901.)
Fälle von Darmverschluss durch Wandermilz
sind nur ganz vereinzelt beschrieben worden ; M.
theilt folgende eigene Beobachtung mit
Die 29jähr. Frau war vor einigen Jahren an Malaria
erkrankt und hatte seitdem eine hypertrophische Milz.
Verschiedene Beschwerden, die von der Kr. selbst mit
der Milzvergrösserong in Zusammenhang gebracht wor-
den, führten sie später in das von M. geleitete Kranken-
hans, wo eine hypertrophische Wandermilz gefunden
wurde. Nach dem Gebrauche von roborirenden Mitteln
und Jodeinspritzangen nahm die Schwellang der Milz be-
trächtlich ab, ihre abnorme Beweglichkeit aber zu, so
dass die Kr., die einen chirargischen Eingriff ablehnte,
eine Bandage tragen musste. Nach 1 Jahre erkrankte sie
plötzlich sehr schwer unter den Erscheinnngen des Ileus.
Bei der Aufnahme in das Krankenhaas vermuthete M.,
dass die früher von ihm beobachtete Wandermilz den
Darmverschluss herbeigeführt habe; die sichere Diagnose
192
Vn. GeburtshQIfe, Wauen- und Kmderbeillnmde.
konnte er stellen, als die krampfhaften Darmoontraktionen
auf Morphioragebraach nachgelassen hatten. Durch ge-
eignete Manipulationen gelang es, das verlagerte Organ
allmählich zu reponiren und damit den Darmversohluss
vollständig zu beseitigen.
Im Anschlüsse an die Mittheilong bespricht M.
die Pathologie und Therapie der WandermÜE. In
der Regel handelt es sich um hypertrophische
Milzen. Die zuweilen beobachteten Eolikanf&lle
werden g6W(yhnlich durch Drehungen des Stieles
um die eigene Achse verursacht Bei hyper-
trophischen Wandermilzen ist zunächst immer zu
Tersuchen, durch Jodeinspritsungen, gegebenenfalls
durch Halariamittel eine Verkleinerung herbei-
zuf&hren. Da Bandagen oft nicht viel nützen,
bleibt bei ernsteren Störungen nur der operative
Eingriff übrig, der entweder in der Ezstirpation
des Organs, oder in seiner Anheftung durch die
Naht besteht Ob die letztere der beiden Ope-
rationen im Allgemeinen vorzuziehen ist, muss erst
die Erfahrung lehren. Janssen (Rom).
VII. Geburtshaife, Frauen- und Kinderheilkunde.
309. Bericht über die in der gynftkologi-
aohen Abtheilang des Spitals «Philiuitropie*'
(fiakareat) im Laufe des Jahres 1902 gemachten
Operationen; vonDr.M.J. Serbanescu. (Rev.
de Chir. Vn. 6. p. 256. 1903.)
8. benutzt den Bericht, um einige neue Ope-
rationmethoden, die in der von Eiriac geleiteten
Abtheilung geübt werden, bekannt zu geben. Vor
Allem ist die als Salpif^o-Oophoro-Skapsis be-
zeichnete conservative Adnexoperation zu erwähnen,
bestehend in Eröffnung der erkrankten Eileiter und
Ovarien, Entleerung des pathologischen Inhaltes,
Desinfektion des Inneren, Herstellung der Ver-
bindung zwischen Eileiter und Gebärmutter durch
Sondirung. LOsung aller Adhärenzen und schliess-
lich Naht der eröffneten Organe. Die Resultate
dieser Operation, sowohl lokal, als auch für das
Allgemeinbefinden, waren sehr gute.
Bei der Behandlung der hämorrhagischen Metri-
Oden und Puerperalinfekiionen wurde die Methode
der toiederhaUen ÄuskrcUzungen angewendet, da es
sich gezeigt hatte, dass eine Curettirung oft resul-
tatlos bleibt In manchen Fällen wurden 3 — 4 Aus-
kratzungen vorgenommen, bis die Heilung eine
definitive war.
Chronische Urethritis bei Frauen wurde durch
gewaltsame Erumterung und Kauterisirung der
Schleimhaut mit dem Thermokauter behandelt
B^toiaiemProk^mis uteri, wurde, nach Empor-
ziehen des Organes, an der Vorderfläche ein vier-
eckiges, oberflächliches, etwa 3 qcm grosses Stück
ausgeschnitten, ein ebensolches aus dem Peri-
tonaeum der vorderen Bauchwand entfernt, dann
wurden die blutenden Flächen aneinander gelegt
und durch Nähte fixirt Andererseits wurde die
Blase durch Nähte sowohl an den Uterus, als auch
an die vordere Bauchwand befestigt
E. Toff (Braila).
310. Ueber die an der Klinik Chrobak bei
gynäkologisohan Operationen beobaohteten
Nebenverletrangen ; von A. Blau. (Beitr. z.
Geburtsh. u. GynäkoL VIL 1. p. 53. 1903.)
Bl. hat mit ausserordentlichem Fleisse sämmt-
liche gynäkologische Operationjoumale der Klinik
Chrobak's aus einer bestimmten Zeit auf Neben-
verletzungen hin geprüft ; bei der Procentberech-
nung nimmt er auf 2193 Fälle Bezug, die unter
der Oesammtsumme von 5888 Fällen die Summe
der Operatioogruppen darsteUen, bei denen sich
überhaupt Verletzungen ereigneten, niditabwauch
auf die grosse Zahl von Operationen anderer Art,
die in keinem Falle durch eine Nebenverletzung
complicirt waren. Es kamen insgesammt in 45 Fällen
Nebenverletzungen vor ■» 2<^/o, und zwar betrafen
15 einen oder beide Dreteren, 21 die Blase und
14 den Darm.
Von den 15 üreterverleixungen entfallen 7 auf
abdominale Totalexstirpationen (davon 5 bei Myom
[4.2%]), 3 auf Ovariotomien (0.66^/t), 3 auf die
vaginale (1.08V«)) ^ ^^^ ^^^ fiatarale Totalexstir^
pation des carcinomatOsen Uterus, endlich 1 auf
den Versuch der vaginalen Exstirpation beiütenis-
carcinom. 11 mal handelte es sich um einseitige
Verletzung (3 mal Durchschneidung, 8mal Unter-
bindung), 4mal um beiderseitige (2mal Ligatur des
einen, AbknickuDg des anderen Ureters, 2mal
Durchschneidung beider Ureteren). 3mal bestand
Complikation mit Biasenverletzung. 11 der
15 Ureterläsionen ■■ 73<^/o endeten bald nach der
Operation lethal, 1 im Anschlüsse an spätere Fistel-
operation ; von 3 entstandenen Ureterscheidenfisteln
schloss sich 1 spontan.
Von den 21 Blasenverletxungen teilen 9 auf
Laparotomien, 12 auf vaginale Operationen, Unter
den Laparotomien handelte es sich 4mal um Hyo-
motomien (l.l^o)) ^°^ ^^ ^^^ Totalexstirpation
des carcinomatOsen Uterus, Imal um Ovariotomie
bei vielen Verwachsungen (0.2<^/o), 3mal wurde die
Blase beim Bauchschnitte verletzt Von den 12 mit
Blasenverletzungen verbundenen vaginalen Ope-
rationen waren 4 Totalexstirpationen {IA^Iq) und
4 Versuche der Totalexstirpation des carcinoma-
tOsen Uterus (22^/^), 2 Totalexstirpationen wegen
Myoms (0.5<^/o), bez. Endometritis, 1 vaginale
Ovariotomie, 1 Vaginifissur. 9 der 21 Blasen-
läsionen endeten lethal, 5 genähte heilten glatt,
7mal entstanden Blasenfisteln ^ wovon 4 spontan
heilten.
Die 14 Darmverletxungen vertheilen sich auf
je 7 Laparotomien und vaginale Operationen. Am
häufigsten (5mal) kamen sie zu Stande bei Adnex-
Operationen, 4 bei abdominaler (1.3*/^), 1 bei vagi-
naler Methode (3.2*/o); 3 ereigneten sich bei
YII Geburtshülfe, Frauen* und Einderhetllninde.
193
abdominalen Oyariotomien (0.66Vo)- ^o^ ^^^ ^^ti-
renden 6 fallen 4 auf vaginale Totalexstirpationen
des Uterus, 1 auf den Versuch einer vaginalen
ExBtirpation des krebsigen Uterus, 1 aufdieEzstir-
pation der krebsigen Scheide und des Uterus.
Nach 10 prirnftren Nähten der DannUsionen
starben 9 Er., Imal bildete sich eine spontan hei-
lende Fistel Von den nicht genfthten 4 starben
2 Kranke; 2mal bildete sich eine Fistel, wovon
1 spontan heilte.
Alles in Allem waren also von den 45 Ope-
rationen, bei denen sich Neben Verletzungen er-
eigneten, 24 Laparotomien, 20 vaginale Eingriffe
und 1 sacrale Totalezstirpation.
Gasuistisehe Beigaben und eingehende Ver-
gleiche mit den Ergebnissen anderer Operateure
machen die mühevolle Arbeit recht lesenswerth«
Kurt Kamann (Berlin).
311. Wann bedarf eine Betroflezio uteri
der Behandlnngf von Dr. Max Graefe in
Halle a. d. S. (Samml. ivrangL Abhandl. a. d. Oeb.
d. Frauenhkde. u. Oeburtsh. V. 2. 1903.)
Die Retroflexion des normalen Uterus bedarf
nach 0. überhaupt keiner Behandlung. Dagegen
ist die in der Begel bestehende Chlorose und
Hystero-Neurastheme zum Gegenstände der The-
rapie zu machen. Nur wenn sich bei der Kranken
die Idee festgesetzt hat, dass nur die Beseitigung
ihrer „Knickung'' ihre Beschwerden heben kOnnej
soll gegen diese vorgegangen werden, und zwar
durch die Alexander-Adams'sche Operation.
Bei Sterilit&t einer an Betroflexion des sonst nor-
malen Uterus leidenden Frau kann diese durch
Beseitigung der Lageverftnderung zu heben ver-
sucht werden, ebenso bei Verwachsungen und
Fixation des retroflektirten Uterus.
Nicht jede Retroflexio uteri gravidi bedingt
nach G. eine Behandlung. Nur bei Incarceration-
erscheinungen, bei Unmöglichkeit dauernder Be-
obachtung oder erfahrungsgemässer Neigung zum
Abortiren ist Reposition und Pessarbehandlung er-
forderlich. Bei Fixation des schwangeren Uterus ist
nach erfolglosen wiederholten Repositionversuchen
und nach erfolgloser Kolpeurynterbehandlung der
Bauchschnitt zum Zwecke der Lösung der Adhä-
sionen und Reposition des Uterus gerechtfertigt
Bin vergrösserter, hyperftmischer, druckempfind-
licher, retroflektirter Uterus darf sich nicht selbst
überlassen bleiben; er muss reponirt und durch
Pessar oder Operation anteflektirt fixirt werden.
Dies ist auch dann angezeigt, wenn das eine oder
wenn beide Ovarien gleichzeitig mit dem Fundus
uteri descendirt sind. Die complicirende Metritis
und Endometritis bedfirfen selbstverständlich einer
gleichzeitigen Behandlung.
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
312« Ueber die Bedeatnng dea Ugamen-
tmn rotondnm nteri bei Hemiotomien ; von F.
^ayser. (Aroh.f.GynftkoLLXIX.2.p.431.1903.)
Med. Jahibb. Bd. 280. HfL 2.
K. beobachtete in 4 I%llen das Auftreten einer
Retroflexio uteri kürzere oder Iftngere Zeit nach
der Radikaloperation einer nicht eingeklemmten
Leistenhernie. Da das Ligamentum rotundum an
einer SteUe dem Leistenbruohsacke mehr oder
minder innig anliegt, mag nun der Bruch sich in
einen nicht obliterirten Processus vaginalis peri-
tonaei hinein entwickeln oder sich eine neue Aus-
stülpung des Bauchfelles bilden, so ist die Gtefahr
der Verletzung des Ligamentes bei den Operationen
nach Macewen und Kocher leicht erkenntlich
und K. nimmt solche für seine Fälle an, obwohl
er den objektiven Beweis nicht erbringen konnte.
Seine Beobachtungen scheinen K. auch im
Lichte der Theorien der Wirkung des Ligament-
apparates des Uterus dafür zu sprechen, dass mit
hoher Wahrscheinlichkeit in der Verletzung des
Ligamentum rotundum bei der Hemiotomie in der
That der Grund fOr die spätere Retroflexio uteri
gesucht werden darf, und er fordert, bei jeder
beim Weibe vorgenommenen Leistenhemienopera-
tion das runde Band zu isoliren und durch einige
Nähte ohne VerkOrsung im Leistenringe zu fixiren.
Kurt Kamann (Berlin).
313. Hat die Verletiong dea Ugamentom
rotnndom bei Hemiotomien Betrodeviationen
des Uterus inrFolgeP von S. Goldner, (Centr.*
BL f. GynäkoL XXVIL 31. p. 947. 1903.)
6. tritt der von Kayser (vgL das vor-
stehende Referat) aufgestellten Vermuthung ent-
gegen, dass Verletzungen des runden Bandes
bei Leistenbruchoperationen eine Retroflexio uteri
nach sich ziehen. Br stützt sich auf die Nach-
untersuchung von 9 Fat, bei denen im Verlaufe
der Bassini-Operation das runde Band wegen
starker Adhärenz am Bruchsacke 3mal beiderseits,
6mal einseitig durchtrennt und mit dem Bruchsack-
stumpfe gemeinsam ligirt werden musste. Keine
der Frauen, deren mehrere normale Schwanger-
schaften seither durchmachten, klagte über Unter-
leibsbeschwerden und auch der Untersuchungs-
befund ergab keine Retrodeviation. Für die von
Kayser nicht berücksichtigte, gegenwärtig aber
meist geübte Operation nach Bassini trifft also
die Vermuthung Kayser 's jedenfalls nicht zu.
Auch die bei Radikaloperationen schlechthin nicht
sehen beobachtete ausserordentliche Zartheit des
runden Bandes im Leistenkanale macht es nicht
leicht verständlich, der etwaigen Verletzung des
Ligamentes bei Hemiotomie eine ursächliche Be-
deutung für in der Folge auftretende Retrodevia*
tionen des Uterus beizumessen.
Kurt Kamann (Berlin).
314. üeber die Bntfecnong entaündeter
nnd durch Neabildnngen erkrankter Ovarien
mittels vaginaler KÖUotomie; von Fr. Hein -
sius. (Beitr. z. Qeburtsh. u. GynäkoL VIL 1.
p. 28. 1903.)
25
194
YIL GebnrtshtOfe, Frauen- und Einderheilkmida
Nach historischem üeberblicke Aber die Ent-
wickelung der vaginalen Ovariotomie zeigt H. auf
Orund des Materials der GFreifswalder Frauenklinik,
in welcher Ausdehnung die Entfernung erkrankter
Ovarien von der Scheide aus indicirt und möglich
ist unter 700 Eolpotomien wurden in 110 Fällen*
Ovarien ganz oder theilweise wegen verschiedener
entzündlicher Erkrankungen oder wegen neoplaati-
scher Veränderungen vaginal entfernt Die Ent-
fernung erfolgte immer nach strengster Indikation-
stellung entsprechend möglichst oonservativer ope-
rativer Behandlung der Adnezerkrankungen und
möglichst nur als Resektion. Unter den einzelnen
Indikationen sei hervorgehoben, dass bei akut ent-
zündlichen Affektionen die Operation möglichst
vermieden wurde; der Befund von Eiter bildete
nie die Indikation zur Hitentfemung des Uterus.
Nur 2mal wurde vom hinteren Soheidengewölbe
aus operirt, sonst immer die Colpotomia anterior
A. M a r t i n 's ausgeführt, deren Technik eingehend
dargesteUt wird. Die Mortalität beträgt 4.63»/o.
Unter den 5 Todesfällen handelte es sich 2mal um
Nahtmaterial-Infektion, Imal um Heus, 2mal um
akute Peritonitis. In den letzten 3 Fällen war
während der Operation Eiter entleert worden.
Drainage wäre vielleicht besser gewesen. Neben-
verletzungen ereigneten sich in 3.63<^/o der Fälle
(3mal Darm, 2mal Blase).
Die vaginale Ovariotomie ist gewiss technisch
schwieriger als die abdominale. Die Infektion der
vor die nicht sterilisirbare Vulva vorgezogenen
inneren Theile wird durch permanente Berieselung
mit physiologischer Kochsalzlösung zu verhüten
gesucht, wodurch zugleich das Operationgebiet
stets frei von Blut und Tumorinhalt gehalten wird.
Den Nachtheilen der vaginalen Methode: geringere
Uebersichtlichkeit, Beschränkung durch die Grösse
der Tumoren, schwierigere Technik, stehen aber
gewichtige Vortheile gegenüber: keine entstellende
Bauchnarbe mit HemiengeMr, geringere Lifek-
tiongefahr, weniger Verwachsungen, günstigere
Reconvalescenz, keine Leibbinda
Zur Erzielung guter Resultate ist ausser aus-
gebildeter Technik nur richtige Auswahl der Fälle
nöthig. Enge der Vagina wird künftig bei An-
wendung desSchuchardt 'sehen Schnittes nicht
mehr hindern. Starke Verwachsungen mit Där-
men oberhalb des kleinen Beckens müssen auf-
geschlossen sein. Bei Diagnose auf eitrigen Inhalt
ist die Indikation ganz einzuengen und unter Um-
ständen ist zu drainiren. Bei cystischen Tumoren
bildete im Anfange Strausseneigrösse die obere
Qrenze, doch wurden auch grössere vaginal ent-
fernt Die Grenze für solide Geschwülste war
Faustjgrössa Für grössere, wie für maligne Tumo-
ren empfiehlt sich die Laparotomie.
Danach ist die vaginale Ovariotomie keine Gon-
ourrenzoperation der Laparotomie, sondern sie hat
eine durchaus selbständige Stellung neben dieser.
£urt Eamann (Berlin).
315. Oebnrtaoomplikationen bei ausge-
dehnter Varioenbildmig ; von M. Dutzmann.
(Mon.-Sohr. f. Geburtsh. u. GynäkoL XVIL 3. p. 364.
1903.)
Auf Grund von 3 näher beschriebenen Fällen
bespricht D. die rationelle Behandlung der Varicen
in der Schwangerschaft und sub partu. Ist bis
zum Partus noch längere Frist, so thun Bettruhe,
feuchte Wickelungen, Hochlagerung gute Dienste.
Auch Ergotineinspritzungen nützen, sind aber gegen
Ende der Gravidität wegen der Gefahr der Früh-
geburt zu unterlassen.
Ist die Geburt im Gange, dann gilt es, den
Verlauf langsam und schonend zu gestalten, be-
sonders das starke Mitpressen zu verbieten. Wenn
nöthig, sind die Fresswehen durch Narkose zu
unterbrechen. Bei eingetretener Ruptur der Varicen
ist allein die Naht auszuführen, auf die man sich
von vornherein vorzubereiten hat Provisorisches
Abklemmen der blutenden Stellen erleichtert die
Naht durch Freimachen des Operationgebietes.
Kurt Eamann (Berlin).
316. Bat VerhältnlM swiBohen Molen-
aohwangertoliaffc und Gravidität -Aatointozi-
kation; von Dr. J. Fieux. (Revue prat d'Obstetr.
et de Paed. p. 199. Juillet 1903.)
F. führt mehrere Fälle an aus der Literatur
und der eigenen Erfahrung und zieht den Schluss,
dass alle Fälle von Molenschwangerschaft auffallend
frühzeitig von bedeutenden ÄuUnnUxäkaiümat^'
ptomm begleitet werden. So beobachtet man fast
immer Albuminurie, diffuse Oedeme, sehr oft
heftige Kopfschmerzen, Gesichtstörungen, Nasen-
bluten, unstillbares Erbrechen u. s. w. In Ver-
bindung mit den profusen Blutungen scheinen
diese Symptome constante Begleiter der Molen zu
sein und ihr frükxeUigea Äufiretm sollte auf diese
Diagnose hinlenken.
Bezüglich der Ursache dieser Goözistenz neigt
F. der Ansicht zu, dass die Selbstvergiftung das
Erste ist und unter ihrem Einflüsse das Ei
cystisch degenerirt und zur Mole wird. EIb ist
dieses selbstverständlich nur eine theoretische An-
sicht, für die noch keine praktischen Beweise er-
bracht sind. Kurt Kamann (Berlin).
317. Eklampsie, die deraeitigen Forsohun-
gen über die Pathogenese dieser Erkrankiug
und ihre Therapie; von Anton Hengge in
Greifswald. (v. V o 1 k m a n n 's SammL klin. Vortr«
N. F. Nr. 346. Jan. 1903.)
H. fasst am Schlüsse seiner Ausführungen
unsere positiven Kenntnisse aus den experimen-
tellen Untersuchungen über die Pathogenese der
Eklampsie in Folgendem zusammen : „1) Die bak-
terielle, bez. bakteriologische Aetiologie ist noch
nicht genügend erwiesen. 2) Die Untersuchungen
über Gefrierpunkte von Blut und Harn, d. h. über
die molekulare Goncentration dieser Flüssigkeiten,
YIL Geburtshülfe, Fhiuen- und Einderheilkunde»
195
zeigen a) bei '/i aller Schwangeren ungenügende
molekulare Diurese,' b) bei Eklampsie im Beginne
der Anfälle eine minimale, alao vOUig ungenügende
molekulare Goncentration des Harns« c) der Urin
kann eiweissfrei sein bei ungenügender molekularer
Goncentration. Diese Beobachtungen stehen im
Einklänge mit anderweitigen Erfahrungen über
Störung der Nierenfunktion. 3) Die bisherigen
Untersuchungen über Toxicität von Blut und Harn
durch die sogen. Bouchard'sohe Methode haben
keine verwerthbaren Resultate geliefert (Injektions-
technik, specifisches Gewicht, molekulare Goncen-
tration, Elektrolyse). 4) Der Stof&ustausch zwi-
• sehen mütterlichem und kindlichem Blute ist ein
sehr inniger, er scheint aber für gelöste Eiweiss-
verbindungen eine gewisse Ausnahme zu erfahren.
5) Biochemische Untersuchungen sprechen bisher
nur für das Bestehen feiner gradueller Unter-
schiede zwischen mütterlichem und fötalem Blute.
6) Yeit's biochemische Theorie [vgl. Jahrbb.
GGLXXY. p. 266] scheint geeignet, jetzt schon
manche Thatsachen einfach zu erklären, so das
häufige transitorische Auftreten von Albumen im
Harne Schwangerer.^'
Nach H. hat die Gesammtheit der sorgfältigen
mit neuen Methoden vorgenommenen Untersuchun-
gen der letzten Jahre über das Wesen der Eklampsie
selbst relativ wenig positive Aufschlüsse gebracht
OefOrdert wurden dagegen unsere Kenntnisse über
Physiologie und Pathologie der Schwangerschaft,
der Geburt und des Wochenbettes; diese Unter-
suchungen müssen deshalb nach H. fortgesetzt
werden.
Hinsichtlich der Therapie ist nach H. zu be-
merken: „1) Die Prophylaxe ist von grosser Be-
deutung; sie fordert (wo mOglich) Bestimmung
des Gefrierpunktes des Urins in der Schwanger-
schaft ausser der Prüfung auf Albumen (funk-
tionelle Nierenthätigkeit). 2) Unsere Therapie darf
vor Allem nicht schaden, daher sollen Narkotica
vorsichtige Anwendung finden und neuere Mittel
(Yeratrum viride, lumbale Anästhesie, Jodothyrin)
erst nach klinischer Prüfung verwerthet werden.
3) Die eventuelle Einleitung der Entbindung wird
heute am besten mit Metreuiyse (vielleicht auch
mit Bossi'schem Diktator), bei Mehrgeschwänger-
ten auch durch Sprengen der Blase vorgenommen,
die Dührssen 'sehen tiefen Cervixincisionen sind
für die Praxis zu widerrathen. 4) Eine Therapie
auf Grund der Veit 'sehen Theorie ist nicht aus-
sichtslos, doch wird sie nach unseren jetzigen
Kenntnissen keineswegs eine causale sein.^^
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
318. Eklampsie bei einer l€|jähr. Virgo;
von Karl Doranth in Aussig. (Wien. klin.
klin. Wchnschr. XIV. 36. 1901.)
D. berichtet über einen Fall von Krämpfen bei
einem jungen Mädchen, die er für Eklampsie, nicht
iOr Epilepsie i
Das 16jähr. Mädohen, das nur einmal im 3. Lebens-
jahre Krämpfe gehabt hatte, erkrankte nach vorans-
gegangenen Eopfsohmerzen und einem soporösen Za-
stiuide mit klonischen mid tonischen Krämpfen, die sich
9mal wiederholten. Dabei Pols 140, Temperatur 38.6«.
Im ersten Harn, der nach dem Erwachen gelassen wurde,
•kein Eiweiss, 3% Zucker; specifisches Gewicht 1044,
später im Harn weder Eiweiss, noch Zacker.
J. Praeger (Chemnitz).
319. Ueber dieAuBlöenng derMilohaekre-
tion bei Mutter und Kind; von Dr. Wilhelm
Knoepfelmacher. (Jahrb. f. Kinderhkde. 8.F.
VI. 6. p. 791. 1902.)
Die Existenz und Erhaltung der Mammae ist
abhängig Ton der Gegenwart der Ovarien. Wes-
halb sie jedoch in der Schwangerschaft anschwel-
len und wodurch ihre Sekretion ausgelöst wird,
ist ebenso unerklärt , wie die Absonderung von
Milch bei Neugeborenen beiderlei Oesohleohts. Da
die Sekretion bei Mutter und Kind sich kurze Zeit
nach der Geburt einstellt, so liegt der Gedanke
nahe, dass sie durch ein und dasselbe Agens aus-
gelöst wird. En. hält es fdr das Wahrschein-
lichste, dass dieses Agens im Blute kreist Ver-
suche, die er mit dem Blutserum eben werfender
oder schwangerer Meerschweinchen, Kaninchen,
bez. Ziegen an Thieren derselben Art anstellte,
waren allerdings ohne Ergebniss. Die Versuche
sollen fortgesetzt werden. Brückner (Dresden).
320. Beobaohtnngen über die Nahmnga-
mengen von Brustkindern anter Berüoksioh-
tigang des Bnergieqnotienten (Heabner) ; von
Dr. Willy Beuthner in Charlottenburg. (Jahrb.
f. Kinderhkde. 3. F. VI. Erg.-Heft p. 446. 1902.)
B. theilt die Aufzeichnungen mit, die über die
Nahrungsaufnahme von 3 Brustkindern (darunter
ein eigenes) in Arztfamilien gemacht wurden, und
berechnet danach den Energiequotienten für die
verschiedenen Abschnitte des Säuglingsalters. Das
erste Kind war frühgeboren, wog bei der Geburt
2400 g, wurde 18 Wochen ausschliesslich von der
Mutter, alsdann bis zur 26. Woche gemischt er-
nährt. Das zweite Kind wog bei der Geburt 3810 g,
bekam 22 Wochen lang ausschliesslich Mutter-
milch, von der 23. bis 28. Woche daneben Kuh-
milch. Das dritte Kind wog bei der Geburt 3100 g.
Es liegen Angaben von der 4. bis 14. Woche über
die Brustemährung vor. Der Energiequotient, als
Mittel aus allen bekannten Zahlen berechnet, stellt
sich nach B. bei Brustkindern in der 1. Woche
auf 59, in der 2. auf 100, in der 4. auf 106, in
der 7. auf 114, in der 10. auf 104, in der 14. auf
96, in der 17. auf 91, in der 20. auf 86.
Brückner (Dresden).
321. Weitere Beobachtungen über die
Nahrangsmengen von Braatkindem ; von Dr.
Emil Fe er. (Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F. VL
Erg.-Heft p. 421. 1902.)
Man kann Säuglinge auf die verschiedenste
Art ernähren. Es kommt nicht sowohl auf die
196
VR. Geburtshüife, Frauen- und Kinderheilkunde.
ZuBammensetzuDg der Nahrung, als auch min-
destens eben so sehr auf die Nahrungsmenge, die
Art der Verabreichung und die aUgemeine Pflege
an. Es hat sich F. am besten bei der künstlichen
Ernährung die „quantitative Methode^« bewährt,
wobei der Grundsatz eingehalten wird, Zahl und
Volumen der Mahlzeiten nach den Beobachtungen
an Brustkindern zu regeln und den Caloriengehalt
ungefähr danach zu bemessen. Die künstliche Nah-
rung erfordert nach F.'s Erfahrungen wegen der
schlechteren Ausnützung oder der grösseren Ver-
dauungsarbeit meist 16 — ^O^U niehr Calorien als
die natürliche. Es folgt hieraus, dass die Bestim-
mung der Nahrungsvolumina eine sehr wichtige
Sache ist F. berichtet über Fortsetzungen seiner
schönen darauf bezüglichen Studien an 7 Kindern
(darunter wieder ein eigenes). Die frühere Erfah-
rung, dass Brustkinder stetig, nicht sprungweise
zunehmen, wurde dabei wieder bestätigt gefunden.
Die durchschnittliche OrOsse der Mahlzeit betrug
in der 2. Woche 90 g, in der 4. 110 g, in der 8.
140 g, in der 12. 150 g, in der 16. 160 g, in der
20. 170 g. Die Maximalzahlen für die entsprechen-
den Zeiten betrugen 140, 166, 215, 250, 240,
260 und 270 g. Sie waren erheblich grOsser als
Pfaundler für die Magencapaoität festgestellt
hat, stimmten hingegen gut mit den Nahrungs-
volumina, welche Monnard für Flaschenkinder
angegeben hat Die Zahlen für die ersten beiden
Wochen sind bei F. stärker als bei anderen Beob-
achtern. Sie sind gerade für die Regelung der
künstlichen Ernährung ausserordentlich wichtig.
Die gesammte Milohmenge stieg vom 1. bis zum
7. Tage von 10 g auf 600 g, am Ende der 2. Woche
auf 544 g.
Die Milchmenge, die pro Kilogramm Körper-
gewicht aufgenommen wurde, betrug im Durch-
schnitt in der 1. Woche 650, in der 2. 1100, in
der 6. bis 7. 1200 g, sank in der 16. und 18. auf
1000, in der 23. auf 950 g. Es betrug demnach
der Energiequotient (wenn man den Galorienwerth
der Frauenmilch mit 700 ansetzt) in der 2. Woche
110, in der 6. bis 7. Woche 120 und ging alsdann
bis zur 20. Woche langsam herab auf 100. D'iq
Neugeborenen nehmen eine Sonderstellung ein.
Gans und Gramer fanden für solche 50 und
weniger. Um von dem StoflFwechsel der Säuglinge
einen klareren Begriff zu bekommen, berechnet F.
den Zuwachsquotienten, d. h. diejenige Zahl, die
angiebt, wieviel Zunahme auf 1 kg Körpergewicht
und 1kg Milchzufuhr kommt Man erhält den
Zuwachsquotienten, wenn man die Woohenzunahme
durch das Produkt von Gewicht und Milchmenge
diyidirt Dieser Quotient wächst in den ersten
Wochen (nicht so lange als der Energiequotient)
und fällt dann stetig, aber rascher als der Energie-
quotient ab. Das Maximum des Zuwachsquotienten
wird in der 3. bis 4. Woche, dasjenige des Energie-
quotienten in der 6. bis 7. Woche gefunden, d. h. die
Fähigkeit des Körpers zu StofiCansatz ist in den
ersten Wochen am grössten und nimmt dann rasch
ab. Der Zuwaohsqnotient, der uns gewissermasssen
den NutzefiFekt der Milch angiebt, ist bei verschie-
denen Kindern sehr verschieden, bei dem einzelnen
Kinde derselben Mutter hingegen sehr constant
Da individuelle Störungen nicht vorlagen, auch
keine Luxusemährung, so kann die Verschieden-
heit nur auf dem ungleichen Nährwerth der
jeweiligen Milch beruhen. Gröbere Unterschiede
zeigten sich namentlich bei Frauen von verschie-
dener Constitution. Brückner (Dresden).
322. Nahnmgsmengeii künBtlioh ernähr-
ter Kinder, nebet einem neuen VorsohUg lur
Nahmngsmengen-Bereohnang; von Max Adam.
(Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F. VI. 1. p. 29. 1902.)
A. berichtet über eine Anzahl von Kindern aus
der steierischen Landesfindelanstalt, die meist mit
Fettmiloh ernährt wurden. ESr notirte die Nah-
rungsmengen und berechnete den Caloriengehalt
der Nahrung. Die Kinder tranken in der 2. bis
7. Lebenswoche zwischen 420 und 800 ocm. Das
stimmt etwa mit den Zahlen von Feer überein.
Nach einer ablehnenden Kritik derjenigen Ver-
fahren, die das Nahrungsvolumen nach dem Oe-
wichte des Kindes bestimmen, stellt A. folgende
Formel auf: ^s ^^ ^^^ ^^ entsprechenden
Tagesvolumens (nach Feer) multiplicirt mit dem
Gewichte des Kindes in Kilogrammen ausgedrückt,
entspricht der Fettmilchmenge, die das Kind
braucht Nach diesem Schema hat A. eine Tabelle
angelegt, in der die Werthe für Kuhmilch umge-
rechnet sind, und zwar bei vorsichtiger und kräf-'
tiger Ernährung. Bei ersterer ist der Theiler 10,
bei letzterer 7. Die gewonnenen Zahlen stimmen
mit den von Biedert und Escherich ange-
gebenen überein, weichen hingegen von den
Heubner 'sehen erheblich ab. Bei Benutzung
von Bahmgemenge nimmt man von der berech-
neten Milchmenge die Hälfte, dazu ^4 Sahne.
Brückner (Dresden).
323. Beitrage lor kftnstliohen Säuglings-
ernihnmg; von Dr. Felix von Szontagh.
(Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F. VI. 2. p. 341. 1902.)
An einem gesunden, künstlich ernährten Kinde
wurden im Alter von 3 und 4^^ Monaten je 4 Tage
lang StofFwechseluntersuchungen ausgefunrt Bb
waren bekannt das Gewicht des Kindes, die Menge
und Zusammensetzung der Nahrung, die Menge
des Kothes und Urins, die analysirt wurden. Das
Kind nahm während der Versuchzeit gut zu. Die
Ausnützung der organischen Substanz war eine
sehr gute und betrug 95.1, bez. 95.95%. Die
N- Ausnutzung belief sich auf 90.37 und 92.2^/t.
Vom Fett wurden 93.59, bez. 96.6^0 aufgenom-
men. Der eingeführte Kalk wurde zum gr5ssten
Theile wieder im Koth auBgescfaieden. Es wurden
resorbirt 10.79 und 15.33^0 (vielleicht eine Folge
der Ernährung mit sogen. Szikely^Bohsc Milch, bei
VIL GM)urtahülfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
197
deir ein Theil des Caseins mittels CO« ausgefiUlt
ist). Phosphorsfture kam zu 65.26 und 60.05^/o
zum Ansatz. Pro Tag und Kilogramm wurden
retinirt: Stickstoff 0.164 und 0.152, GaO 0.086
und 1.05, PjOs 0.2183 und 0.5418. In der Folge
gedieh das Kind bei der künstlichen Nahrung nicht
weiter. Erst die Emfthrnng mit unverdünnter
Milch schaffte Wandel. Brückner (Dresden).
324. Zasammensetsang luid Nfthrwerth
der Backhaus-Milch; von Dr. F. Kusohel in
Berlin. (Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F. VIII. 1. p. 71.
1903.)
Gegenüber den Einwänden, die Härtung
gegen die Backhaus-Milch erhoben hat, be-
merkt K., dass Backhaus den Oehalt an los-
lichem Ei weiss auf 1% herabgesetzt hat Die
Ergebnisse der H a r t u n g 'sehen Analysen erklären
sich wohl aus der nicht ganz vorschriftmässigen
Herstellung, z. Th. auch aus der Sterilisation der
untersuchten Milch. Der Oehalt an Albumose und
Pepton bildet weder vom theoretischen Stand-
punkte aus, noch mit Rücksicht auf die praktische
EMahrung einen Nachtheil der Backhaus- Milch.^
Ein grosses Verdienst hat sich Backhaus er-
-worben durch seine Bemühungen um Gewinnung
einwandfreier Kuhmilch überhaupt, die unter allen
umständen einen Fortschritt für die praktische
Säuglingsemährung bedeutet
Brückner (Dresden).
325. üeber die Fermente der Milch; von
Dr. Ernst Moro. (Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F.
VI. Erg.-H. p. 391. 1902.)
Escherich hat im Hinblicke auf die gün-
stigen Erfolge des AUaitement mixte die Ver-
muthung ausgesprochen, die Muttermilch enthalte
tonisirende, stimulirende Stoffe, die den Säugling
zur richtigen Verwerthung der resorbirten Stoffe
für den Körperausbau befähigen, sogen. Stoff-
wechselfermente. M. stellt, zum Theil unter Ver-
werthung eigener Untersuchungen, Alles zusam-
men, was über die in der Milch enthaltenen Fer-
mente bekannt geworden ist Von hydrolytischen
Fermenten enthält die Muttermilch im Gegensätze
zur Kuhmilch ein saccharificirendes Ferment
Proteolytische Fermente, und zwar ein tryptisches,
sowie Pepsin enthält die Milch nur in Spuren, wie
Moro im Gegensätze zuSpolverini feststellt
Zu den proteolytischen Fermenten gehören wahr-
scheinlich auch die alezogenen Substanzen, die
wohl in Form von Profermenten oder Zymogenen
vorhanden sind. Femer kommt in der Milch auch
Fibrinferment vor; das Fibrinferment der Mutter-
milch ist von demjenigen der Kuhmilch verschie-
den. Das Fibrinferment wird durch Erhitzen ab-
geschwächt, aber nicht zerstört Schliesslich konnte
audi M. in der Milch ein fettspaltendes Ferment
nachweisen; das sogen, salolspaltende Ferment,
das der Menschenmilch eigenthümlioh ist, der
Kuh- und Ziegenmilch jedoch fehlt, es entspricht
wahrscheinlich auch einer Lipaeewirktmg. Oxy-
daiiwe Fermente hat zuerst Raudnitz in der
Milch nachgewiesen, und zwar mit Hülfe von
Guajaktinktur. M. kam mit Salicylaldehyd eben-
falls zu einem positiven Ergebnisse. Die Oxydase
ist in der Kuhmilch enthalten, fehlt hingegen der
Frauenmilch. Der Nachweis von glykolytischem
Ferment, worüber S pol verini berichtet, gelang
M. nicht
In Bezug auf die Herkunft der Fermente ist
M. der Ansicht, dass sie Abkömmlinge des Blutes
sind. Die Anschauung, dass die Fermentwirkung
gewissermaassen eine Reaktion des Eiweiss dar-
stellt, bat viel für sich. Sie würde die Ansicht
von der Verschiedenheit des Milcheiweiss der ver-
schiedenen Thierarten stützen. Ob die bisher in
der Milch nachgewiesenen Fermente für die Er-
nährung von Bedeutung sind, erscheint fraglich.
Aus 2 Versuchen M.'s ergiebt sich, dass 2 Säug-
linge bei roher Muttermilch besser gediehen als
bei abgekochter. Was für Stoffe ausser den Fer-
menten durch die Hitze zerstört werden, ist un-
bekannt Vielleicht erleidet das Eiweissmolekül
dadurch eine constitutionelle Veränderung, die für
den Säugling nicht gleichgültig ist
Brückner (Dresden).
326. ZorKenntnlss der Arteigensohaft dar
verschiedenen Biweisskörper der Milch ; von
Arthur Schlossmann und Ernst Moro.
(Münchn. med. Wchnschr. L. 14. 1903.)
Nach einer Besprechung der Arbeiten von
Hamburger und Rostoski über das bio-
logische Vertialten der in der Milch enthaltenen
Ei Weisskörper berichten Schi, und M. über eigene
einschlägige Untersuchungen. Sie spritzten je
einem Kaninchen Kuhmilch, Menschenmilch, Kuh-
laktalbuminlösung ein und versetzten das Blut-
serum dieser Thiere mit Lösungen von Kuhcasein,
Kuhlaktalbumin und Menschenlaktalbumin. Es
ergab sich, dass nur bei der Verwendung homo-
logen Serums eine Präcipitation eintrat Daraus
folgt, dass Kuhmilcheiweiss und Menschenmiloh-
dweiss verschiedene Körper sind, und zwar ist
nicht nur das Gasein, sondern auch das gelöste
Eiweiss Träger der Arteinheit Schliesslich stellte
sich noch heraus, dass das Serum des mit Men-
schenlaktoserum vorbehandelten Thieres nicht nur
mit der Milch, sondern auch mit dem Blutserum
vom Menschen eine positive Reaktion gab. Der
gelöste Eiweisskörper der Milch ist daher wohl
identisch mit einem im Blute derselben Gattung
enthaltenen Eiweisskörper. Die Schwierigkeiten
der künstlichen Ernährung liegen demnach vor
Allem darin, dass dabei artfremdes in arteigenes
Eiweiss umgesetzt werden muss.
Brückner (Dresden).
327. nntemaohimgen über den BinfluM
der Sterilisation der Mlloh auf den Stoffwechsel
des Säuglings unter besonderer BerüeksiQl)'>
198
Vn. Oeburtshülfe, Frauen- und Einderheillnmda
ttgung der Knoohenbildimg ; von W. Cron-
heim und Erich Hüller. (Jahrb. f. Einder-
hkde. 3. F. YH. 1. p. 45. 1903.)
C r. und M. fanden gelegentlich bei einem mit
sterilisirter Milch ernährten Säuglinge eine unge-
nügende Ealkbildung. Sie stellten darauf an 2 ge-
sunden, nicht rhachitischen Kindern, die abwech-
selnd mit roher und bei 102^ serilisirter Milch
ernährt wurden, Stoifwechselversuche an. Es er-
gab sich, dass das Fett und Eiweiss der steri-
lisirten Milch besser verdaut, bez. assimilirt wurde
als dasjenige der rohen Milch. Das erste Kind
zeigte sowohl bei roher als auch bei sterilisirter
Milch eine positive Ealkbildung. Nur war der
Ealkansatz bei Verwendung roher Milch reichlich
doppelt so gross als bei Verwendung sterilisirter
Milch. Das zweite, ausgesucht kraftige Eind liess
nach dieser Richtung hin keine Unterschiede er-
kennen. Der eine Versuch, sowie die frühere Er-
fahrung Cr. 's und M.'s sprechen demnach nicht
fQr die Verwendung sterilisirter Milch, wenigstens
für längere Zeit. Sehr kräftige Einder scheinen
ihren Ealkbedarf für kurze Zeit eben so gut aus
sterilisirter wie aus roher Milch decken zu können.
Brückner (Dresden).
328. Heratellung von Sauglingsmilobt als
Ersats von Mutternüloh, durch Aossoheidiuig
von Gaaein aus Miloh mittels Kohlensäure;
von S. Sz6kely, königl. Chemiker in Budapest.
(Arch. f.Einderhkde. XXXVI. 1 u.2. p.79. 1903.)
S. fällt dasCasein aus Magermilch mit flüssiger
Eohlensäure aus, filtrirt das Serum ab, vermischt
es mit der Hälfte Sahne und setzt l.b^jo Zucker
hinzu. Die entstehende Flüssigkeit hat folgende
Zusammensetzung: FeH 3.3%, Casein 1.2%,
Albumin 0.50/0, Zucker 6.3%, Asche 0.6%. Durch
das Verfahren werden von den Salzen ausgeschie-
den der an das Casein gebundene Ealk, sowie Tri-
calciumphosphat und Trimagnesiumphosphat Das
gewonnene Serum erwies sich als nahezu steril.
Brückner (Dresden).
329. Besitit die unerhitste MUeh bakteri-
oide BigensohaftP von Dr. M. Eli mm er in
Dresden. (Arch. f. Einderhkde. XXXVf. 1 u. 2.
p. 1. 1903.)
Die Angaben über bakterientOdtende Eigen-
schaften der Milch widersprechen sich zum Theil.
E L berichtet nach einem Ueberblicke über die zu-
gehörige Literatur über eigene Untersuchungen.
Er prüfte die von der Eselmilch -Genossenschaft
Hellerhof vertriebene Eselmilch, sowie die von der
Molkerei Winkkr in Dresden mit allen Hülfsmitteln
der modernen Stallhygieine gewonnene Eindermilch
auf den Eeimgehalt und auf die bakterientOdtende
Eraft. Sodann suchte er die Produkte der bak-
teriellen Zersetzung in der Eselmilch zu bestimmen.
Aus den Untersuchungen geht hervor, dass die
zum Verkaufe gelangende Eselmilch weit keim-
ärmer war als die Euhmilch. Der mittlere Eeim-
gehalt verhält sich wie 1 : 10 (8714 : 87017 Eeime
im Gubikcentimeter).
Die (alkalisch reagirende) Eselmilch säuert sehr
langsam. Sie unterliegt neben der verlangsamten
Milchsäuregährung einer Zersetzung, die mit Gas-
büdung einhergeht (59.6«/« CO,, 39.00/o H, 1.4%
CH4). Die gewöhnlichen Milchbakterien vermehren
sich in beiden Milcharten sehr schnell. Den Sapro-
phyten gegenüber zeigen Esel- und Euhmilch keine
baktericiden Eigenschaften. Eselmich, die unter
aseptischen Cautelen gewonnen ist, kann in gleidier
Weise wie Euh- und Ziegenmilch steril sein. Die
ersten Striche eines Oemelkes sind bei der Eselin
im Gegensätze zur Euh sehr keimarm. Will man
keimfreie Milch erhalten, so muss das Euter ent-
sprechend desinficirt werden. Blosses trockenes
Abreiben genügt dazu nicht. Esel- und Euhmilch
sind ein guter Nährboden für Bacterium coli und
den Typhusbacillus, die auch in Frauenmilch schnell
wachsen. Eine specifische bakterientOdtende Eigen-
schaft besitzt weder die Esel- noch die Euhmilch.
Brückner (Dreeden).
330. neber das Verhalten einiger paiho-
gener Bakterien in der Buttermiloh ; von Dr.
S. Rubinstein. (Arch. f. Einderhkde. XXXVL
3—6. p. 316. 1903.)
Aus den Versuchen B.'s geht Folgendes her-
vor: „1) Typhus-, Diphtherie-, Tuberkel- undPyo-
cyaneusbacillen werden in roher Buttermilch in
24 Stunden vernichtet 2) In sterilisirter Butten
milch halten sich Typhus-, Diphtherie- und Pyo-
cyaneusbacillen4 — 7 Tage lang am Leben. 3) Durch
Eochen im Laufe von 3 Minuten oder durch halb-
stündiges Erhitzen bei 80^ werden diese Eeime
sicher abgetödtet 4) Es genügt nicht, nur die
Sterilisation der trinkfertigen Buttermilch vorzu-
nehmen, sondern die einzelnen Rationen müssen
auch mit grösster Sauberkeit und Reinlichkeit ab-
gefüllt werden, um das Eindringen von pathogenen
Eeimen zu verhindern." Die Vernichtung der
pathogenen Eeime in der rohen Buttermilch wird
wahrscheinlich nicht allein durch den Säuregehalt,
sondern auch durch die darin enthaltenen Mikro-
organismen bewirkt. Brückner (Dresden).
331. nntersnohnngen über die Aiexine der
MUeh una des kindlichen Blutsemms; von
Dr. E r n s t M 0 r 0. (Jahrb. f. Einderhkde. L V. 4
1902.)
Brustkinder werden erfahrungsgemäss von Er-
krankungen eiteriger Natur seltener und leichter
befallen als Flaschenkinder. Escherich hat
deshalb die Vermuthung ausgesprochen, dass die
Muttermilch natürliche Schutzstoffe und hakteri-
cide Substanzen enthalte. M. hat die Frage ex-
perimentell in Angriff genommen. Es ergab sich,
dass die Euhmilch nicht nachweisbare bakteridde
Wirkungen entfaltet, eben so wenig wie die Men-
schenmilch. Das Blutserum des Brustkindes be-
Vm. Chirorgle, Augen- und Ohrenheilkunde.
19d
sitst eine stärkere bakterioide Kraft als dasjenige
des Flasohenkindes. Die Alexinmenge des Serum
Yom Neugeborenen stimmt mit derjenigen der
mfltterliohen Placenta überein, ist jedoch erheblich
geringer als diejenige des älteren Brustkindes.
Die Frauenmilch liefert demnach das Material ffir
diese grossere Alexinmenge im Blute des natürlich
genährten Säuglings. Brückner (Dresden).
VIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
332. Bzperimentelle Unterraohiingen und
BrfiOinmgen über Leitangsanästhesie ; Ton Dr.
H. Braun. (Arch. f. klin. Chir. LXXL 1. p. 179.
1903.)
Nach allgemeinen und geschichtlichen Yor-
bemerkungen über die Leitungsanästhesie bespricht
Br. zunächst die Leüungsanäähesie durch peri'
neurale Injektion anästhenrender Lösungen.
Zur Anästhesirung der grösseren Nervenstämme
durch perineurale Injektion mussten bisher stark
wirkende concentrirte Lösungen der örtlich an-
ästhesirenden Mittel benutzt oder ihre örtliche
Wirkung musste durch eine für die Kranken oft
sehr schmerzhafte Abschnürung der Olieder ge-
steigert werden. So lange diese Abschnürung
nöthig war, waren die Versuche sehr mühselig
und unvollkommen; so lange man für Operationen
an Hand und Fuss Abschnürung des Oberarmes
oder Oberschenkels brauchte, hat Br. nicht ge-
glaubt, dass die perineurale Injektion als Anästhe-
Birungsverfohren über Finger und Zehen und die
benachbarten Theile der Hand und des Fusses
hinaus mit der Narkose werde in Goncurrenz
treten können. Nachden^ uns nun aber im Adre-
nalin ein Mittel gegeben ist, das auf die Cocain-
anästhesie einen eben so grossen Einfluss hat wie
die Abechnürung und diese ersetzen kann, ver-
lohnt es sich, auf die Anästhesirung der Nerven-
st&mme durch perineurale Injektion zurückzukom-
men. Br. schildert auf Orund von Zeichnungen,
die durch Versuche an gesunden Personen ge-
wonnen wurden, das durch zahlreiche Operationen
erprobte Vorgehen bei der Anästhesirung einzelner
Nervenstämme. In Betracht kommen (ausser Fin-
gern und Zehen, Hand und Fuss) sämmtliche
Nervenstämme im unteren Drittel des Vorderarmes
und Unterschenkels, der N.ulnaris am Ellenbogen,
die langen, subcutan gelegenen Hautnerven in der
Ellenbogengegend, der N. peronaeus und tibialis
in der Kniekehle, der N. saphenus major, die NN.
dunium superiores, die NN. supradaviculares.
Am Halse kommen femer in Betracht der N. cer-
vicalis superficialis, N. auricularis magnus und
die NN. laryngei superiores, deren beiderseitige
Anästhesirung eine ausgezeichnete langdauemde,
totale Anästhesie des ganzen Kehlkopfes ergiebt,
endlich am Kopfe der N. supra- und infraorbitalis
und die langen Hautnerven des behaarten Kopfes,
während die oft empfohlene Anästhesirung des N.
inframaxillaris Br. sehr unsicher zu sein scheint
Bei gemischten Nerven werden nicht nur die sen-
siblen, sondern auch die motorischen Bahnen, an
den Extremitäten oft auch die Vasomotoren ge-
lähmt , so dass eine gewisse Hyperämie des an-
ästhetischen Gebietes eintritt. Zur Ausführung
des Verfahrens ist genaueste Kenntniss der Lage
der Nervenstämme und ihrer Innervationgebiete
erforderlich.
Bei der Anästhesirung der grossen subfasdal
gelegenen Nervensiämme spritzt B r. gewöhnlich an
jedem Nervenstamme 1 com einer Iproc. Cocain-
lösung mit Zusatz von 1 — 2 Tropfen der käuflichen
Adrenalinlösung ein.
Zur Anästhesirung der subcutanen Nerven durch
zweckentsprechend angelegte Injektionstreifen und
Ringe bedient sich B r. meist einer ^/jproc. Eucain-
lösung mit Adrenalinzusatz (1 Tropfen auf lOccm),
die in Mengen von 25 — 30 com sicher unschädlich
ist Bis zur Leitungsunterbrechung vergehen nach
der Injektion manchmal bis zu 30 Minuten.
Die Leitungsanästhesie durch endoneurale Injek-
tion anäsihesirender Lösungen wird so vorgenom-
men, dass die Hohlnadel in sämmtliche, die Ope-
rationgebiete mit sensiblen Fasern versorgenden
Nervenstämmen eingestochen und unter die fibröse
Nervenscheide oder zwischen die Fibrillenbündel
eine kleine Menge der anästhesirenden Lösung ge-
spritzt wird, die den Nervenstamm möglichst voll-
ständig durchtrankt und eine kolbige Anschwel-
lung hervorrufL Es tritt dann bei Verwendung
geeigneter Lösungen fast sofort Leitungsunterbre-
chung ein, wie wenn der Nerv durchschnitten
wäre. Zur Ausführung dieses Verfahrens ist in
den meisten Fällen natürlich die Freilegung der
Nervenstämme unter Lokalanästhesie fem vom
Operationgebiete nothwendig.
P. Wagner (Leipzig).
333. XzperimenteUe Stadie mm antisep-
tlsohen Wondverband; von Dr. W. Noetzel.
(Arch. f. klin. Chir. LXXL 1. p. 165. 1903.)
Die Ergebnisse der von N. angestellten Experi-
mente sind folgende : 1) Es gelingt sowohl durch
von vornherein trockenen, als durch feucht an-
gelegten, dann austrocknenden Oazeverband die
auf eine Muskelwunde von Kaninchen gebrachten
virulenten Milzbrandbacillen soweit abzusaugen,
dass eine Erkrankung desVersuchsthieres nicht zu
Stande kommt. 2) In diesen einfachen Verhält-
nissen des Experimentes lässt sich ein unterschied
in der Saugkraft der feuchten gegen die trockene
Gaze hinsichtlich des infektionverhütenden Effektes
nicht feststellen. 3) Bei Anwendung des feucht
angelegten Oazeverbandes zeigt sich trotzdem die
capillare Drainage stärker dadurch, dass die von
der Wunde abgesaugten Keime bis in dieäussersten
200
Vm. Chirurgie, Augen- und Ohrenheillninde.
Schichten des Verbandes hinaufgelangen, wfthrend
sie im trockenen Verbände sich nur in seinen
untersten Schichten nachweisen liessen. 4) Indem
mit Sublimat durchtränkten Verbände blieben weder
die Milzbrandkeime, noch auch die von der um-
gebenden Haut hineingelangten Keime entwicke-
lungsfähig.
N. glaubt, dass man den aniisepiMien ams-
frocknenden Fernand öfters anwenden sollte, nament-
lich um die sekundäre Infektion der Wunden von
der Haut her zu yerhüten. P. W a g n e r (Leipzig).
334. Erfahnmgen über Jodoatgut; von Dr.
M. G 1 a u d i u s. (Deutsche Ztschr. f. Chir. TiXTX.
5 u. 6. p. 462. 1903.)
GL hat vor Jahresfrist eine Methode zurSterili-
sirung von Gatgut durch Aufbewahrung in einer
wässerigen Iproc. JodjodkaliumlGsung angegeben.
Diese einfache Methode scheint sich bewährt zu
haben; sie gacantirt eine vollkommene Sterilität
Der Faden ist stark aseptisch, ohnejedoch im Aller-
geringsten die Oewebe zu reizen.
P. Wagner (Leipzig),
335. Ueber einige Verflahren kfinetlioher
AuBfülliing ▼onKnoobeniftoken« KUniaeheriind
experimenialer Beitrag; von Dr. G. Fantino u.
Dr. A. V a 1 a n. (Arch. f. klin. Ghir. LXX. 3. p. 736.
1903.)
F. und V. stellen folgende Schlusssfttse auf:
„1) Auf Einpflanzung anorganischer Knodien-
substanzen inmitten osteogenischer Oewebe folgt
Enochenneubildung, die unter Verwerthung der
Ealksalze zur Ausfüllung, gleichviel wdcher
SkeletlQcken, fQhrt. 2) Das Oebiet, auf dem solche
Einpflanzung vorgenommen wird, muss osteogenisch
sein. Es ist nicht nCthig, dass alle Theile, die d^
Einpflanzungsherd umgeben, gänzlich aus osteo-
genisohen Qeweben bestehen. Es genügt, wenn
auch nur die Hälfte der Ausdehnung der Wände
osteogenisch ist, um einer vollständigen Ersetzung
der eingepflanzten Masse durch neugebildeten Kno-
chen sicher zu sein. 3) Das meist zu empfehlende
Einpflanzungsmaterial ist der calcinirte Knochen,
weil sich in ihm die Ersetzungsprocesse schnell
vollziehen. Aber er genügt nur da, wo man absolut
der Asepsis des Einpflanzungsherdes und der
darüberliegenden Weiohtheile sicher ist, und wo
die Möglichkeit besteht, unmittelbar zur Schliessung
der Wunden mit einer angemessenen Schichten-
naht zu schreiten. 4) Im anderen Falle ist es an-
gezeigt, die mit Knochenaache und einer Mischung
von Thymol und Jodoform präparirte Plombe oder
eine mauerartige Combination der bezeichneten
Masse mit BlOckchen aus caloinirtem, epiphysärem
Knochen zu benutzen. 5) Die Deokennaht ist bei
vollständig gesunden Weichtheilen zu empfehlen ;
wo dies nicht der Fall, ist eine Heilung pw secun-
dam intentionem rathsam. 6) Auf jeden Fall muss
die Behandlung vollkommen trocken sein, indem
man jeglichen Contakt von Flüssigkeiten, sei es
mit der äusseren Wunde oder mit dem Btnpflan-
zungsmaterial , vermeidet 7) Der Ersetsonga-
process der eingepflanzten Masse durch nen^
bildeten Knochen vollzieht sich in einer zwisdien
3 — 8 Monaten schwankenden Zeit, je nach dem
umfang des Einpflanzungsknochenherdes.^'
P. Wagner (Leipzig).
336. lieber den aitikalirenden GipsTorband
nnd seine Anwendung mr Behandlan« ange-
borener und erworbener Deformitäten; TonDr.
V. L i e b 1 e i n. (Beitr. z. klin. Ghir. XXX Vm 3.
p. 836. 1903.)
Erfahrungen, die L. in der WOlfler'schen
Klinik gesammelt hat, haben ihm die üeberzeugung
verschafft, dass der artikidirende Gipsverband mit
seinem allmählichen, durch Korkeinls^gen bewirkten
Redreesement eine viel allgemeinere Einwirkung
gestattet, als ihm ursprünglich von Gersuny zu-
gedacht worden war, und dass er ein eben so ein-
faches als billiges Hfilfsmittel zur Behandlung der
verschiedenen Deformit&ten darstellt
L. beschreibt eingehend die Anwendung des
artikulirenden Gipsverbandes bei der Behandlung
des Klumpfusses, der fibrösen KmegdenkscotUrak-
turen und des Hohlfusses, P. W a g n e r (Leipzig).
337. Ueber Verbreitemng der knöohemeii
Vase durch Sohleimpolypen ; von Dr. Burk.
(Beitr. z. klin. Ghir. XXXIX. 1. p. 8. 1903.)
In der Literatur finden sich nur 6 Fälle von
Verbreiterung des knöchernen Nasengerfistee durch
gewöhnliche Schleimpolypen. In der v. B r u n s '-
sehen Klinik sind 3 hierhergehOrige EWe beob-
achtet worden, von denen einer mit seiner mon-
strösen Deformirung der Nase alle bis jetst be-
schriebenen FUle übertraf.
B. kommt zu folgenden Ergebnissen: „1) Bd
massenhafter Entwickelung von sogen. Sohleim-
polypen der Nase, die nicht operativ entfernt wer-
den, kann eine Verbreiterung der knöchernen Nase
sowohl im jugendlichen, wie im späteren Liebens-
alter zu Stande kommen durch den Druck, den
die Nasenpolypen auf die Wandungen der Nasen-
höhlen ausflben. 2) Tritt diese Wirkung im spa-
teren Lebensalter ein, so giebt sie sich zu erken-
nen in einer Dehiscenz der einzelnen Knochen des
Nasengerüstes. 3) Im jugendlichen Alter dagegen
wird die Verbreiterung der Nase bewirkt durch
abnorme Wachsthumsvorgfinge, ausgelöst durdi
den chronischen Reizzustand des Periosts."
P. Wagner (LeipaigX
338. Ueber das Bhinophyma; von Prot
V. Bruns. (Beitr. z. klin. Chir. XXXIX. 1. pw 1.
1903.)
V. Br. hat im Ganzen 11 FUle YonBkmopk^fma
beobachtet und 8 Kranke operirt Die Ablnldungen
von 7 Kranken finden sich auf den der Arbeit bei-
gegebenen Tafehi. Die frfihere Auffassung, die das
Bhinophyma stets auf dem Boden der Acne :
ym. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkande.
201
entstehen Hess, ist sicherlich zu einseitig. Im
Oegentheil, die grosse Mehrzahl der F&lle von
Rhinophym hat mit der Acne rosaoea nichts ge-
mein und anch die immer wiederholte Angabe,
dass das Leiden nur bei Trinkern vorkomme, ist
durchaus nicht zutreffend, unter den 11 Kranken
V. Br.'s waren nur 2, die dem Alkoholgenuss er-
geben waren. Die Mehrzahl der Kranken stand
zur Zeit der Operation in den 50er und 60er Jahren.
Die Entwickelung des Leidens hatte bald 5 — 10,
bald 10 — 20 Jahre gedauert.
Es handelt sich bei dem Rhinophym um eine
durchaus gutartige homöoplastische Neubildung,
die man als Fibroma moUuseum oder Oystoadeno-
fibroma bezeichnen kann.
Für die operaiwe Behandlung des Rhinophyms
kommt heutzutage nur die Abtragung mit dem
Messer in Betracht, fQr die man yerschiedene
Methoden wählen kann. Li der Mehrzahl der
Fälle hat y. Er. die keüßrmige Exeision mit sofor-
tiger Naht vorgezogen. Bei mehr gleichmftssiger
Verdickung der ganzen Nase empfiehlt sich die
AbsfiMtung oder die sogen. Dtkortikaiion. Bei der
Abtragung muss man die tiefe Hautschicht zurfick-
lassen, in die die Talgdrüsen hineinreichen. Denn
von der Epithelauskleidung der durchschnittenen
Talgdrüsenreste geht die üeberhftutung rasch vor
sich. Die Operation des Rhinophyma ist sehr
dankbar, da sie fast immer ein sehr günstiges
kosmetisches Resultat erzielt
P. Wagner (Leipzig).
339. Amniogene und erbliche Haeen-
Boharten; von Dr. Th. Haymann. (Arch. f.
klin. Cbir. LXX. 4. p. 1033. 1903.)
H. berichtet ans derTrendelenbnrg'schen Klinik
über ein 12jähr. Mädohen, bei dem sich 1) eine Störung
derOesichtbildnng: linkseitige Lippenkieferspalte, Schief-
stand der Nase, Hautaaswüohse vor dem linken Ohre
fanden; 2) eine Störung der Oliederbildung : rechtseitiger
Klumpfuss, Schnürfurchen an den Zehen des rechten,
Amputationen und theilweise Yerwaohsungen an den
Zehen des linken Fusses. Bei. der Geburt mg das linke
Händchen in der Lippenkieferspalte, festgehuten durch
einen dünnen Strang, der den Zeigefinger umwickelte
und den Rücken des 3. und 4. Fingers umspannte. Erst
nach Lösung des Fadens wurde das Händchen frei.
Ln Anschlüsse an diese Beobachtung hat H.
die einschlägige Literatur genau durchgesehen, um
die Frage nach dem amniogenm Ursprung der
Basmseharte zu prüfen. Bei der Seltenheit amnio-
generMissbildnng derOlieder neben Hasenscharten
ist ee unwahrscheinlich, dass die Eihautverwach-
Bungen eine irgendwie wesentliche Rolle bei der
Entstehung der typischen Lippenkiefergaumen-
apalte spielen. Dagegen lAsst das häufige Zusam-
mentreffen von Hasenscharten mit Bildungshem-
mungen an anderen Stellen die Hasenscharte nicht
als Folge eines amniogenen Trauma, sondern als
primäre Bildung^imnmung aus innerm Ursachen
erscheinen. Die Wurzel aller prim&ren Bildungs-
hemmungen liegt in der Familia
Med, Jahrbb. Bd. 280. Hft 2.
Im 2. Theile seiner Arbeit hat H. mit grosser
Sorgfalt alle Beobachtungen über ErbUchkeü der
Basenscharte aus der Literatur zusammengestellt.
Diese Beobachtungen ergeben, dass in einzelnen
Familien drei, ja vier Generationen hindurch die
Neigung zu Lippenkiefergaumenspalten bestand.
Sie zeigen femer, dass diese Vererbung fast immer
nur einen Theil der direkten Nachkommen trifft
Trotzdem erlischt die Tendenz zur Missbildung
aber nicht, denn noch nach zwei wohlgebildeten
Generationen kann die Hasenscharte bei den Ur-
enkeln wieder auftauchen. P. W a g n e r (Leipzig).
340. Ein Fall von muskulärer Makro-
glossie ^ von Dr. P. Lenge mann. (Beitr. z.
klin. Chir. XXXIX. 2. p. 519. 1903.)
Die häufigere Form der Makroglossie ist die
lymphangiektaiisehe Form, die in ca. 60 — 70 Fällen
beschrieben worden ist Viel weniger bekannt ist
die muskuläre Makroglossie, von der ca. 20 Fälle
vorliegen. Eine neue Beobachtung theilt L. aus
der V. Mikulicz 'sehen Klinik mit Bei dem
4wQchigen Kinde wurde die Zunge durch Keil-
exdsion verkleinert Schon vor der Operation war
die Diagnose auf muskuläre Makroglossie gestellt
worden: die glatte Oberfläche, die ausgiebigen
Bewegungen und das gleichmässige Wachsthum
sprachen daffir. Die Operation bestätigte die An-
nahme; makroskopisch bot die Zunge an den
Schnittflächen dasselbe Bild, wie die Zunge eines
Erwachsenen. Mikroskopisch beruhte die Ver-
gröBserung des Organes lediglich auf einer Ver^
mehrung der Muskulatur, und zwar fand sich neben
der Hypertrophie eine echte Hyperplasie. Bezflg-
lich der feineren Struktur ergaben sich Abnormi-
täten der Muskelfasern. P. Wagner (Leipzig).
341. Zar operativen Therapie bedrohlicher
Blatungen naoh Tonsillotomie ; von Dr. 0. B u r -
kard. (Wien. klin. Wchnschr. XYL 22. 1903.)
R empfiehlt nach dem Vorschlage von Nico-
ladoni in verzweifelten Fällen, wenn alle Blut-
stillungsversuche versagen und immer wieder-
kehrende Blutungen den Kranken langsam anämi-
siren, die Tonsille als das blutende Organ von
aussen zugänglich zu machen, xu entfernen und
den Schlund durch Aneinandernähen der Qaumen-
bOgen zu schliessen. Die Technik der Operation
ist im Wesentlichen ähnlich der v. Langen-
b eck 'sehen Exstirpation von Mandeltumoren; sie
würde sich aber in Anbetracht der intakten anato-
mischen Verhältnisse ausserordentlich vereinfachen,
und zwar vor Allem darin, dass man die temporäre
Resektion des Unterkiefers würde umgehen können.
P. Wagner (Leipzig).
342. On a series of oases of extemal Ope-
rations on the larynz; von A. Marmaduke
Sheild. (Brit med. Joum. April 19. 1902.)
Sh. empfiehlt, die Thyreotomie nicht, wie
früher üblich, mit 2 Hautschnitten einzuleiten,
2G
202
vui. Chirurgie, Augen- und Ohrenheillnmcle.
sondern mit nur einem Längsschnitt, der oberhalb
derCartilago thyreoidea beginnt und unterhalb der
oriooidea endet So wird das ganze Operationfeld
freigelegt. Alsdann wird die Tracheotomie vor-
genommen und eine mit Pressschwamm versehene
Eanfile eingelegt. Bei der nun folgenden Spaltung
des Schildknorpels lässt man den oberen Enorpel-
rand intakt Der zu entfernende Tumor wird mit
20proc. Cocainlösung und mit Nebennierenextrakt
bepinselt, ehe er exstirpirt wird. Auf eine aus-
giebige Entfernung der angrenzenden Weichtheile
folgt zum Schlüsse eine Galvanokauterisation und
Einpuderung feinsten Jodoforms. FQr die Nach-
behandlung sind Kreosot -Inhalationen und anti-
septischer Spray angebracht Sprechen ist erst
1 Monat nach der Operation mit Vorsicht zu ge-
statten.
Es folgt die Mittheilung von 9 Kranken-
geschichten. S 0 b 0 1 1 a (Heilanstalt Sorge).
343. Die Behandlimg derDekanüiementfl-
sohwierigkeiten bei traoheotomirten diph-
theriekranken Kindern, mit besonderer Be-
rüoksichtigiing der retrograden** Intabation ;
von Dr. Busalla in Altena. (Arch. f. klin. Chir.
LXX. 2. p. 508. 1903.)
B. hat die von v. Gaokovic empfohlene
Methode der sogen, retrograden Intubation mit
gutem Erfolge inFAllen angewandt, in denen meh-
rere Wochen vergebliche Dekanülementsversuche
angestellt worden waren. Die Methode besteht
darin, dass von der TrachealOfifnung aus ein circa
4 cm langes, derbes, aber elastisches Qummirohr
von etwas geringerem Durchmesser als das Lumen
der Trachea mit seinem längeren Ende in die
Trachea, mit seinem kflrzeren in den Kehlkopf
geschoben wird. Ein etwas vor der Mitte des
Qummidrainrohres durchgestochener Seidenfaden
wird um den Hals gebunden und die Wundöffhung
mit Jodoformgaze tamponirt Diese Methode hat
nach B. vor den anderen Intubationmethoden den
Yortheil voraus, dass sie technisch leicht und mit
Mitteln ausführbar ist, die jedem praktischen Arzte
zu Qebote stehen. N o e s s k e (Kiel).
344. Die Arrosionablatnngen nach der
Traoheotomie durch Kanülendeeabitue ; von
Dr. A. Martina. (Deutsche Ztschr. f. Chir.
LXIX. 5 u. 6. p. 567. 1903.)
In den meisten Fällen von Jrrosionblutungen
nach Tracheotomie wirken zwei umstände zusam-
men : Kanülendruck und Infektion des Decubitus
durch Diphtheriebacillen oder durch pyogene Mikro-
organismen. Im auffaUenden Gegensätze zu den
ziemlich häufigen Arrosionen der Gefasse im Kindes-
alter, sind derartige beklagenswerthe Ereignisse
bei Erwachsenen selten. M. konnte in der Literatur
nur 3 Fälle auffinden; er theilt deshalb aus der
Grazer chirurgischen Klinik folgende 2 Beobach-
tungen mit
1) Eine 27jähr. Frau wurde wegen Glottisodem bei
Tuberkulose tracheotomirt, 8 Tage später tödtliche Blu-
tung aus der Kanüle. Die Sektion ergab eine üsarirang
des 5. bis 9. Knorpelringes. In der Höhe des unteren
Randes des 9. Knorpels fand sich ein feines Lodi in der
darunter gelegenen Anonyma.
2) Eine 42jähr. Frau wurde wegen Carcinoma laryngis
tracheotomirt Am 12. Tage tödtliche Blutung. Die jSSä-
tion ergab einen Substanzverlust der vorderen Tracheal-
' wand vom 9. bis 13. Knorpel. Am unteren Ende des
13. Knorpels fcihrte eine feine Oe£&iung gerade in die
Anonyma.
Die Ursache der Blutung war in den beiden
Fällen nur in der Kanülenform zu suchen, wie M.
des Näheren auseinandersetzt Der plötzliche Tod
durch Verblutung wäre in beiden Fällen nicht zu
verhindern gewesen. Im Allgemeinen lässt sich
die Ansicht vertreten, dass die Gefahr einer Ver-
blutung bei der Tracheotomia inf. grösser ist als
bei der Tracheotomia sup., insofern als bei letz-
terer das Auftreten vonArrosionblutungen in Folge
der günstigeren anatomischen Verhältnisse weit
seltener beobachtet wurde. Bei Erwachsenen sollte
man, deshalb jedenfalls die Tracheotomia sup. unter
normalen Verhältnissen als Operation der Wahl
betrachten. P. Wagner (Leipzig).
345. BrlUmingen über die Operation des
eingeklemmten Braches; von Dr. K. Wey-
p recht (Arch. f. klin. Chir. LXXI. 1. p. 31.
1903.)
In der Körte 'sehen Chirurg. Abtheilung wur-
den 1890—1900 402 Kr. mit eingeklemmim
Bruche aufgenommen. Bei 70 Kr. wurde der
Bruch ohne blutigen Eingriff reponirt; bei 327 Kr.
wurde die Hemioiomie gemacht Von diesen
397 Kr. sind 57 — 14.4«/o gestorben. Unter den
327 Herniotomien wurde bei 254 der Darm bei
der Operation lebensfähig gefunden (23 Kr. »»
9% starben); 73mal war Gangrän der Darm-
schlinge vorhanden (34 «» 46.6<^/o starben). Am
häufigsten kamen die Schenkelbrüche zur Opera-
tion (193), und zwar der überwiegenden Mehrzahl
nach bei Weibern (174). Bei den SchenksUnü^ien
kam auch die grösste Zahl von brandigen Est-
nien (58) vor. Das Netz allein wurde 37mal als
Bruchinhalt angetroffen. DarmuHindbriiche kamen
28 zur Beobachtung, 9 davon waren gangränös.
Hernien mit Einklemmung des Proc. vermiformis
kamen 12mal vor; darunter befanden sich 4 lUe
von Gangrän des Fortsatzes.
Die Hemioiomie wurde in der grossen Mehr-
zahl der Fälle unter allgemeiner Narkose vorge-
nommen. In 156 Fällen wurde der Darm als noch
lebensfähig versenkt und die Bauchhöhle geschlos-
sen (10 Kr. starben). Zur Prüfung der Lebens-
fähigkeit des Darmes empfiehlt W. sterile Iproa
Kochsalzlösung von 45 — 50^ 0. auf den Darm
aufzutropfen. Erfolgen danach Contraktionen der
Darm wand, die sich über die eingeklemmt gewesene
Partie fortsetzen, so kann der Darm ohne Sdiaden
versenkt werden. Bei 44 Kr. war das Aussehen
Ym. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
203
der Schlinge derartig, dass eine sekundäre Oangrän
nicht ganz ausgeBchlossen erschien ; die Schlinge
wurde reponirt und ein Jodoformgazestreifen bis
auf den Darm eingeführt und nach aussen geleitet
(6 Er. starben). Bei 21 Er. wurde die Serosa-
faltennaht einer brandverdfichtigen Schnürfurche
gemacht Die Verlagerung der brandverdfichtigen
Darmschlinge vor die erweiterte Bruchpforte wurde
nur Imal vorgenommen.
Wenn irgend möglich, folgte jeder Herniotomie
die RcuUkalopercUion , bei Leistenbrüchen nach
Bassini, bei Schenkelbrüchen durch Yemfthung
der Fascia pectinea mit dem Lig. Poupartii, in
einigen Fällen auch unter Bildung eines Enochen-
lappens nach Trendelenburg. In 175 Fällen
war die i9M/i4n^ ganz ungestört lOmalcomplicirte
bei den nicht brandigen Brüchen Pneumonie das
Eraukheitbild (3 Er. starben). Oangränöse Her-
nien wurden in 73 Fällen operativ behandelt Als
Bruchinhiüt wurde der Dünndarm allein in 52 Fällen
gefunden. Bei 59 Er. war der Darm bereits per-
forirt oder er riss bei leisester Berührung ein
(33«»55.8^/o starben); bei 14 Er. war der Darm
noch nicht durchgebrochen (2 «» 14.3% starben).
Von 30 Er., bei denen ein Anus praeiemakiralis
angelegt wurde, gingen 22 » 73.3% zu Orunde.
Primäre eegmentäre oder pariieüe DarmreselUionen
wurden 5mal (2 Er. »» 40<>/o starben), primäre eir-
hdäre Resektionen ISmal (7 Er. — 38.9o/o starben)
vorgenommen.
Die Erfahrungen an dem mitgetheilten Hate-
riale haben allmählich dazu geführt, dass bei allen
Kranken, bei denen eine Heilung noch möglich
erschien, dieprimäre Darmresektion gemacht wurde,
während nur bei solchen Eranken, bei denen wegen
bereits bestehender infektiöser Peritonitis oder
wegen äussersten Eräfteverfalles jede eingreifende
Operation verboten war, der Antu praeternaturalis
angelegt wurde. F. W a g n e r (Leipzig).
346. Ueber 175Braoheinklemmnngen; von
Dr. E. Fuchsig und Dr. E. Haim. (Deutsche
Ztschr. f. Chir. LXIX. 6 u. 6. p. 474. 1903.)
Innerhalb von nicht ganz 10 Jahren wurden in
der Chirurg. Abtheilung des Wiener Eaiser-Franz-
Josephs-Spitales 175 inearcerirte Hernien beobach*
tet: 97 Leisten-, 62 Schenkel-, 14 Nabelbrüche,
1 Bruch im eirunden Loche, 1 Bauchnarbenbruch.
Sowohl bei den Leisten-, als auch bei den Schenkel-
brüchen zeigte sich ein relativ gleich starkes Ueber-
wiegen der rechtseitigen Einklemmungen (je 6 3 ^/o).
Von 38 Er. wurde angegeben, dass sie ein Bruch-
band trugen. Trotzdem war es zur Einklemmung
gekommen. Damit wird bestätigt, dass für die
arbeitende Elasse das Bruchband untauglich ist,
da diese Leute nicht in der Lage sind, stets ein
tadellos sitzendes Band zu tragen; ein Bruch-
band aber, das nicht gut sitzt, ist schlechter als
keines, weil es den austretenden Bruch oft selbst
abklemmt
Die Gefahr der Incarceration bei den Leisten-
hernien steht hinter der Gefahr der Einklemmung
der Schenkelhemien zurück.
In 37 Fällen wurde die Incarceration durch
Taxis behoben; 135 Er. wurden der Operation
unterzogen. In 13 Fällen wnrde die primäre
Darmresektion vorgenommen (7 Er. — 54®/o star-
ben). 2mal wurde die sekundäre Resektion vor-
genommen (1 Er. starb). In allen Resektionfällen
bis auf einen ergab die Sektion Peritonitis als
Todesursache. Bei manifester Gangrän ist jeden-
falls die Resektion als das ideale Verfahren vor-
zuziehen, jedoch nur da auszuführen, wo der
allgemeine und lokale Befund diese eingreifende
Operation erlauben ; insbesondere ist auf die Re-
sorptionfähigkeit des Peritonaeum Rücksicht zu
nehmen und diese eventuell durch Drainage der
Bauchhöhle zu unterstützen; alle übrigen Fälle
verfallen dem Anus praeternaturalis.
Von den 37 mit Taods behandelten Eranken
starb einer an Peritonitis mit Gangrän des reponir-
ten Darmes. Von den 135 Operirten starben
32 e» 23.7% , und zwar ergaben die Inguinal-
hernien 17.1, die Cruralhernien 23.5 und die üm-
bilicalhernien 53.8% Todesfälle. Bei der grossen
Mehrzahl der Todesfälle (28) ergab die Sektion
Peritonitis als Todesursache. Von 75 Er. konnten
noch später Nachrichten eingeholt werden; nur
bei 14 Er., meist handelte es sich um Crural-
hernien, war es zu einem Recidive gekommen.
P. Wagner (Leipzig).
347. Die Pnenmokokken-Peritonitia. Ein
typisches KrankheiisbUd ; von Dr. M. v. Brunn.
(Beitr. z. klin. Chir. XXXIX. 1. p. 57. 1903.)
Im Anschlüsse an 2 in der v. Bruns 'sehen
Elinik beobachtete Fälle von Pneumokokken-Peri-
tonitis giebt V. Br. eine genaue Beschreibung dieses
typischen Erankheitbildes. In der Literatur, und
zwar vorwiegend in der französischen, finden sich
56 sichere Beobachtungen bei Eindern und 16 bei
Erwachsenen. Die Pneumokokken-Peritonitis ist
eine verhältnissmässig seltene Erkrankung, häufiger
bei Eindern als bei Erwachsenen, bei Mädchen
häufiger als bei Enaben. Sie entsteht entweder
sekundär von Erkrankungen der Lunge oder des
Mittelohres aus oder primär; für diese letzteren
FäUe ist der Infektionmodus vielfach noch nicht
in allseitig befriedigender Weise aufgeklärt. Patho-
logisek- anatomisch ist das Hauptcharakteristicum
der Pneumokokken-Peritonitis ein sehr fibrinreiches
plastisches Exsudat, das frühzeitig zu Verklebun-
gen und zur Abgrenzung des Processes führt. In
den schwersten Fällen wird die ganze Masse der
Darmschlingen zu einem Elumpen verlöthet und
von einer das ganze übrige Abdomen einnehmen-
den Eitermasse umgeben. Daraus ergiebt sich das
klinische Bild: In typischen Fällen, besonders bei
Eindern, gleicht der Beginn einer akuten Peri-
tonitis, darauf folgt jedoch bald ein chron. Stadium
204
YUL Chiruigiei Augen- und OhrenlieUkunde.
mit verhUtnissmässig geringfügigen peritonitisohen
Symptomen. Die Dio^no^e ist schon ohne bakterio-
logische Untersuchung aus der typischen Yerlaufs-
weise und aus der charakteristischen Beschaffen-
heit des Eiters (grüngelbe Farbe, Geruchlosigkeit,
Fibrinreichthum) mit Wahrscheinlichkeit zu stellen,
mit Sicherheit aber nur durch die bakteriologiscBe
Untersuchung. Die Prognose ist günstig ; Spontan-
heilung ist möglich, aber selten; Heilung nach
operativer Behandlung die Regel. Die Behandlung
hat in Entleerung des Eiters durch breite Eröff-
nung der Abscesshöhle und Drainage zu bestehen.
Ein Literaturverzeichniss beschliesst die Arbeit
P. W a g n e r (Leipzig).
348. Ueber die eztnMbdominale Versor-
gung intraabdominaler Blasenriese ; von Prof.
0. Hildebrand. (Beitr. z. klin. Ghir. XXXYIL
3. p. 776. 1903.)
Bei iniraäbdommdlim Bkuenriasen hat die ein-
fache Blasennaht, auch wenn sie in mehreren
Etagen ausgeführt wird, immer noch etwas Un-
sicheres. H. hat deshalb in einem Falle ein Ver-
fahren angewendet, das geeignet ist, für den Fall
des Wiederaufgehens der Blasennaht dieses Er-
eigniss unschädlich zu machen. Bei einem 48jähr.
Kranken, der in der Trunkenheit auf die prall ge-
füllte Blase gestürzt war und sich einen ca. 10 bis
12 cm langen medianen Riss zugezogen hatte, ver-
fuhr H. so, dass er den Blasentheil, der das intra-
periton&ale Loch trug, stark nach vom zog, dann
das Parietalperitonaeum der Bauchwand in dem
unteren Theile des Bauchschnittes, seitlich neben
dem BlasenrisB mit der Blase, beziehentlich dem
sie bedeckenden Peritonaeum bis über das hintere
Ende des Risses in convergenter Richtung ver-
nähte, ähnlich wie man es bei Rectumcaroinom
nach Eröffnung des Peritonaeum hoher oben mit
dem Rectalbauchfelle vernäht Der auf diese
Weise thatsächlich ausserhalb der Bauchhöhle ge-
lagerte Blasenriss wurde durch 2 Etagennähte ge-
schlossen. Yerweilkatheter ; glatte Heihmg.
P. Wagner (Leipzig).
349. Bericht über 292 Blaeensteinopera-
tionen; von Dr. J. Dsirne. (Arch. f. klin. Chir.
LXX. 1. p. 160. 1903.)
Ds. hat von 1896—1902 292 Ekuensiein-
operationen ausgeführt (287 Männer, 5 Weiber).
Die Operirten standen im Alter von 10 Monaten
bis 66 Jahren. Bei 186 Kranken wurde die Seäio
mediana vorgenommen; 10 <» 5.37<>/o starben. In
7 Todesfällen kann aber die Todesursache nicht
dem Medianschnitte zugeschrieben werden; es
bleiben dann 179 Fälle mit 1.68<»/o Mortalität. Bei
71 E[ranken wurde die Sectio aUa mit primärer
Naht der Elasenwunde gemacht (1 «» 1.47<^/o starb) ;
bei 34 Kranken wurde die S^Ho aUa mü offener
Wundbehandlung ausgeführt (2 — 2.94«/o starben).
Ein Fall betraf eine Lithoiomia vaginalis. Von
den 3 Todesfällen nach hohem Blasenschnitte ist
nur einer der Operation als solcher zuzuschreiben;
es bleiben somit 101 hohe Steinsohnitte mit
0.95% MortaUtät
Der MddianeehnUt ist verboten bei Kindern unter
12 Jahren, da hier das Einführen des Fingers in
die Blase zur Exploration und das Herausziehen
der Steine durch den Blasenhals ohne übermässige
Dehnung unmöglich ist Bei normalem Harn kann
die Dammwunde primär vernäht werden.
Nach dem eupraeympkyeären Steineehnitte darf
die Bimämaht nur unter folgenden Bedingungen
zur Anwendung kommen: 1) Der Urin muss nor-
males Verhalten zeigen, namentlich sauer und
durchsichtig sein; 2) die Blasenwände müssen
normal oder nahezu normal sein; 3) die Wund-
ränder der Blase dürfen keinerlei erhebliche Schädi-
gung erfahren haben. Wenn Harn und Blasen-
wände sich nicht als vollkommen normal erweisen,
räth Ds. nach dem Vorschlage von Rasumowski
die Blase mit 1 — 3 Nähten zu ventrofixiren und
auf etwa 9 Tage einen Glasdrain in den Prävesikal-
raum einzulegen.
Um den Urin sauer zu erhalten, empfiehlt D s.
innerlich Natr. salicylia oder Salol zu geben. Ds.
ist ein prindpieller Gegner der Lithotripsie.
P. W a g n e r (Leipzig).
350. Besoltate des hohen Steinsohnlttes ;
von Dr. Wieting u. Dr. N. Casape Effendi
in KonstantinopeL (Arch. f. klin. Chir. LXX. 2.
p. 477. 1903.)
Bei 44 in den letzten 4 Jahren behandelten
Blasensteinen wurden 47 Operationen ausgeführt,
und zwar 45mal die Sectio alta, 2mal die Sectio
perinaealis medialis. In 42 Fällen wurde die Blase
primär durch die Naht geschlossen, 3mal offen ge-
lassen. Bei den 42 primären Blasennähten waren
7mal Fisteln entstanden, die sich erst sekundär
schlössen. Die Blasennaht wurde in allen Fällen
ausgeführt, in denen nicht eine schwere Cystitis
oder Nierencomplikation das Offenlassen gebot
In den leichteren Fällen von Cystitis darf die
Naht ohne Gefahr angelegt werden. Für die Nach-
behandlung empfiehlt sich die Entleerung des Urins
mittels Katheters aller 3 — 4 Stunden. Der Dauer-
katheter wirkt nicht günstig auf die Heilung. Die
Schleimhaut wird mit fortlaufendem Catgutfoden,
die Blasenmuskulatur mit Seidenknopßiähten ge-
schlossen. Auch die Catgut-Tabaksbeutelnaht be-
währte sich für die Schleimhaut sehr gut Die mit
dem hohen Steinschnitte erzielten Resultate waren
demnach recht günstiga N o e s s k e (Kiel).
351. Ueber Prostatitis aoats mit .
bildung nach Fnninkalose ; von Dr. A. SOhn-
gen. (Deutsche Ztschr. f. Chir. LXVIU. 5 u. 6.
p. 508. 1903.)
S. berichtet über einen 42jähr. Mann mit
Furunkelbildung, bei dem sich eine akute Pro-
statitis und Periprostatitis mit Abscessen ent-
wickelte, die auf operativem Wege geheilt wurde»
VUL Chirurgie^ Augen- und Ohrenheilkunde.
206
Was die Entstehungsursache der prostatischen
Eiterung in diesem Falle anlangt, so dürfte es
kaum einem Zweifel unterliegen, dass ein Kausal-
zusammenhang zwischen der Furunkelbildung und
der Abscessentwiokelnng besteht und dass letztere
auf hfimatogenem Wege durch Eindringen von
Kokken in die Drüse entstanden ist. Für diese
Entstehung sprechen einmal das Fehlen jeglicher
lokalen Yeranlassungsursache, sodann die Identität
der Krankheiterreger des primären und des sekun-
dären Herdes. Es handelt sich also um eine von
einem Fhnrufikel ausgegangene BhUinfeküon mit ein-
xiger Lokalisaiion in der Prostaia, um eine Pyämie
mii einer einzigen Metastase, Aehnliche Beobach-
tungen sind bereits in einigen Fällen gemacht
worden. P. W a g n e r (Leipzig).
352. Beitrag rar Myoaitia OMifloans; von
Dr. B 0 r c h a r d. (Deutsche Ztschr. f. Chir. LX Vni.
1 XL 2. p. 17. 1903.)
Nach den bisherigen Untersuchungen muss es
als feststehend betrachtet werden, dass es Ver-
knücherungen im Muskel giebt, die nach einem
-einmaligen heftigen Trauma sowohl von der Kno-
chenhaut, als auch von dem interflbrillären Binde-
gewebe des Muskels ihren Ausgangspunkt nehmen.
Da aber nach der Entschiedenheit, mit der einzelne
Autoren, z.B. Berndt und Schulz, ihren Stand-
punkt vertreten, es scheinen kann, als wenn der
vom Periost ausgehende Typus der häufigere sei,
als wenn alle übrigen Beobachtungen nur Aus-
nahmen wären, so hat B. geglaubt, 2 Fälle, in
denen das Hervorgehen der Yerkn(k)herung aus
dem Muskel sowohl makroskopisch, als mikro-
skopisch vollkommen sichergestellt war, und in
denen er in .dem einen Falle den Vorgang unter
seiner Behanalung sich abspielen sah, der Yer-
öfTentliohung übergeben zu müssen.
In dem einen Falle (25jähr. Mann) handelte es
sich um eine Verknöeherung im linken Masseier,
die sich nach einem Hufschlage im Verlaufe von
18 Tagen entwickelt hatte, im anderen (36jähr.
Mann) um eine Verknöeherung im Unken Vastus
internus, die 24 Tage nach einer Quetschung ope-
rativ beseitigt wurde.
Die von Nauwerck in beiden Fällen vor-
genommenen mikroskopischen Untersuchungen sind
ziemlich übereinstimmend ; sie ergaben als Resultat
einen entzündlichen Vorgang im interstitiellen
Bindegewebe, der zur Hyperplasie geführt hatte.
Die Knochenneubildung ging vom gewucherten
Perimysium aus. Nirgends war eine Stelle vor-
handen, die daraufhindeutete, dassPeriosttheilchen
versprengt oder Periostläppchen abgerissen waren.
P. W a g n e r (Leipzig).
363. Ueber den primären Krebs der Bz-
tremititen; von Dr. M. v. Brunn. (Beitr. z.
klin. Chir. XXXVn. 1 u. 2. p. 227. 1903.)
Rudolph Volkmann hat 1890 223 Fälle
von primären Krebs der Glieder zusammengestellt.
Die V. Bruns'sche Klinik verfügt aus dem Zeit-
räume von 1860 bis jetzt über 46 Fälle, von denen
26 schon früher von Michael mitgetheilt worden
sind ; die übrigen 20 Fälle theilt v. Br. mit. Ausser
diesen 46 Fällen hat er in der Liiteratur noch
99 weitere aufgefunden, die sich noch nicht in der
Volkmann 'sehen Statistik befinden. Es stehen
uns also jetzt im Oanzen 368 Fälle zur Verfügung.
V. Br. stellt folgende Schlusssätze auf: „l)Das
Carcinom der Extremitäten ist eine seltene AfTek-
tion. Die untere Ektremität ist im Ganzen wesent-
lich häufiger betroffen, als die obere. Dieses Ver-
hältniss ist besonders ausgesprochen bei Männern,
während bei Frauen auffallend häufig die obere
Extremität erkrankt, sogar etwas häufiger, als die
untere. Die rechte Seite wird etwas öfter er-
griffen, als die linke ; Männer häufiger, als Weiber.
2) Die Mehrzahl der Extremitätencarcinome ent-
steht auf chronisch entzündlich verändertem Boden,
nur wenige im unmittelbaren Anschluss an ein-
malige Traumen. 3) Die Zeit, die von Beginn der
primären Hautveränderung, bez. vom Einsetzen
des Reizes bis zur Entwickelung des Carcinoma
verfliesst, ist in der Regel eine sehr lange, in der
Hälfte der Fälle länger als 20 Jahre. Nur aus-
nahmeweise folgt das Carcinom dem Reiz auf dem
Fusse nach. 4) Für die Länge des Zeitraumes
zwischen primärer Ebiutveränderung und Carcinom-
entwickelung spielt die Art des Reizes eine ge-
ringere Rolle, als das Alter des Patienten. In je
jüngeren Jahren die primäre Hautveränderung ein-
setzt, um so längere Zeit verstreicht durchschnitt-
lich bis zur Carcinomentwickelung und umgekehrt
5) Die Prognose der Extremitätenkrebse ist eine
verhältnissmässig gute. Mehr als ^/, werden durch
die Operation dauernd geheilt Die Lymphdrüsen
werden erst spät ergriffen; zwar sind sie meist
geschwollen, häufig jedoch trotzdem frei von Meta-
stasen. 6) Für die Behandlung concurriren die
verstümmelnden und die conservativen Operations-
methoden. Bei letzteren treten zwar wesentlich
häufiger Recidive auf, doch ist einschliesslich der
erfolgreich operirten Recidive die Zahl der Hei-
lungen bei beiden Behandlungsarten etwa gleich.
7) Oleich anfangs geschwollene Lymphdrüsen sind
grundsätzlich mit zu entfernen."
P. Wagner (Leipzig).
354. Eine neae Hethode rar Diagnosti-
oimng der Knoobenbrüohe ; von Dr. J. P 1 e s c h.
(Deutsche Ztschr. f. Chir. LXIX. 5 u. 6. p. 613.
1903.)
In zweifelhaften Fällen von Knochenbriichen,
in denen die symptomatische Untersuchung wegen
der Empfindlichkeit der Kranken, oder wegen einer
Oeschwulst, Bluterguss oder aus anderen Ursachen
unausführbar ist, und in denen die Radiographie
aus äusseren Gründen nicht vorgenommen werden
kann, empfiehlt P 1. seine neue schonende Unter-
suchungsmethoda Sie beruht darauf, dass der
2m
Vlll. Cliinirgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
gesunde Knochen den Ton gleichmftssig weiter
leitet, was bei dem in seiner Continuität gestörten,
gesprungenen oder gebrochenen Knochen nicht der
Fall sein wird. „Wenn wir einen gesprungenen
Knochen auskultiren, wird dieser den Ton nicht
gleichmässig weiter leiten, sondern es werden die
entstandenen Schallwellen unterbrochen, und es
wird ein, von der Grösse des Sprunges abhftngen-
des, stärkeres oder schwächeres Geräusch mit
metallischem Beiklang wahrgenommen. Bei ge-
brochenem Knochen wird der unterschied be-
deutend grösser sein ; hier wird der Knochen den
Ton über die Bruchstelle überhaupt nicht welter
leiten, sondern wenn sich die Bruchenden berühren,
wird die durch Perkussion yerursachte kleine Ver-
schiebung als eine laute Crepitation hörbar werden.
Wenn sich aber die Bruchenden entweder dadurch,
dass sie sich gänzlich von einander entfernt haben,
oder dadurch, dass zwischen ihnen ein anderes
Gewebe eingekeilt ist, nicht berühren, so wird die
Tonleitung vollständig aufgehoben.** Die Stelle
des Bruches lässt sich auf diese Weise leicht be-
stimmen ; sie liegt da, wo das normale Geräusch
aufhört oder anfängt Man perkutirt am besten
dieEpiphysen; die Auskultation geschieht mit dem
Phonendoskop. P. Wagner (Leipzig).
355. Die Fraktaren des Os nayicalare
oarpi naoh anatomischen Präparaten ; von Dr.
R. W 0 1 f f. (Deutsche Ztschr. f. Chir. LXIX. 6 u. 6.
p. 401. 1903.)
Die Untersuchung einer Reihe von patholo-
gisch-anatomischen Präparaten hat W. zu folgenden
Ergebnissen geführt : Die Fraktur des Os naviculare
carpi kommt als isolirte Verletzung am Carpus
vor; sie begleitet in anderen Fällen die Fraktur
der carpalen Radiusepiphyse. Sie findet sich
zugleich mit anderen Verletzungen von Carpal-
knochen a) der volaren Luxation des Mondbeins,
b) Frakturen anderer Carpalknochen. Es wurde
auch eine unvollständige Fraktur, eine Fissur be-
obachtet. Bei der Fraktur zerriss zuweilen die
Bandverbindung zwischen Os lunatum und navi-
culare ; in Folge dessen gerieth das ulnare Frag-
ment in eine dorsale Luxationstellung gegenüber
dem Os lunatum und dem Radius. Die Fraktur
verlief von radial nach ulnar in querer oder
schräger Richtung und von dorsal nach volar,
so weit dies angegeben ist, anseheinend ziemlich
in der Richtung einer queren, senkrecht durch
das Handgelenk gelegten Ebene.
P. W a g n e r (Leipzig).
356. lieber Spiralbrüohe des Untersohen-
kels; von Dr. J. Bayer. (Deutsche Ztschr. f.
Chir. LXIX. 5 u. 6. p. 524. 1903.)
Von Anfang 1900 bis Ende März 1903 kamen
in der Bardenheu er 'sehen Chirurg. Abtheilung
2332 Frakturen zur Behandlung, darunter 496
subcutane Unterschenkelbrüche und unter diesen
75 Sptralfrakiuren. 18 Spiralbrüche wurden bei
Kindern bis zu 14 Jahren beobachtet und unter
57 Erwachsenen waren 47 Männer und 10 Frauen.
In 30 Fällen handelte es sich um eine isolirte
Tibiaspiralfraktur, in 38 Fällen war neben der
Tibia auch die Fibula höher oder tiefer gebrochen,
in 5 Fällen waren beide Knochen in gleicher
Hohe gebrochen.
Die einzig richtige Behandlung der l^rinUbriiehe
besteht in dem Bardenheuer 'sehen Extensum-
verbände, für denB. genaue Vorschriften giebt Für
die Extension spricht vor allen Dingen auch die
kurze Heilungs- und Behandlungsdauer. Für die
eigentliche Frakturbehandlung bis zur Consolida-
tion waren im Durchschnitte 33 Tage erforderlich,
während der Hospitalaufenthalt im Mittel 55 Tage
betrug. P. Wagner (Leipatig).
357. yerletBungen dei sohnabellönnigen
Fortsatses der oberen Tibiaepiphyse ; von Dr.
C. S c h 1 a 1 1 e r. (Beitr. z. klln. Chir. XXX VIEL 3.
p. 874. 1903.)
In der Kniegegend kommt eine typische Form
von nicht sehr seltenen Verletzungen vor, über
deren klinisches Bild wir noch nicht in genügen-
dem Maasse aufgeklärt sind ; es sind dies die Älh
Sprengungen des das Caput tibiae vom schsmbe^
fomUg umfassenden Forisaixes der oberen Täna-
epiphyse. Es liegen S c h L aus den letzten Jahrai
7 Beobachtungen von typischen Frakturen des
schnabelförmigen Fortsatzes der oberen Tibiaepi-
physe vor, die sämmtlich unter anders lautenden
Diagnosen in Behandlung getreten sind. Das
Lebensalter der Kranken schwankte zwischen 12
und 17 Jahren; mit nur einer Ausnahme war stets
das rechte Knie betroffen. Sämmtliche Verletzte
waren männlichen Geschlechtes. Die Fraktmeii
entstanden direkt oder durch indirekte Abreissung.
Bei reinen Verletzungen sind gewöhnlich die
Funktionstörungen unerheblich, maximale Flexion
und Extension sind ausführbar. Bei stärkere In-
anspruchnahme des Beines treten heftigere Schmer-
zen auf. Ausserordentlich charakteristisch ist anter
den objektiven Erscheinungen ein Symptom, näm-
lich der genau auf die Spüxe des Eptphysenfari-
saixss begrenzte Druckschmerz. Der typische Druck-
punkt liegt auf der Tuberositas tibiae ca. 2^f^cm
unter der Kniegelenkspalte ; die druckempündliohe
Stelle ist genau mit einer Fingerkuppe zu bedecken.
Neben diesem Druckschmerze findet man gewöhn-
lich an der gleichen Stelle eine oft sofort in die
Augen springende, oft nur undeutlich fühlbare
knöcherne Prominenz. Die Prognose ist günstig.
Die Behandlung besteht in einer Buhigstellung des
Gelenkes und zeitiger Massage der Obersohenkel-
muskulatur. P. Wagner (Leipzig).
358. Die Lozation des TS. nlnaris ; von Dr.
Momburg. (Arch. f. klin. Chir. LXX. 1. p. 215.
1903.)
Entgegen den bisher geltenden Anschauungen
hat M. gefunden, dass die Luxation des N. ubiaris
vjii. Chiruiig^e, Angdi- und OhrenheiUnmde.
207
häufig ist; dass sie bisher so selten beobachtet
worden ist, beruht auf dem seltenen Auftreten
einer Entzündung des Nerven, durch die die Luxa-
tion erst beschwerlich wird. Es giebt 2 Arten
von lAjaaixo mfnoi ukusris, die angd)arene, die sehr
h&ufig ist, und die rem traumatische, die sehr
selten ist. Zwischen beiden stehen die Subluxa-
turnen, bei denen häufig durch eine heftige Con-
traktion des M. triceps eine Luxation entsteht.
Die Therapie richtet sich nach der Nervenentzün-
dung. Die Luxation an und fflr sich ist belanglos,
erst die hinzutretende Entzündung des Nerven
macht eine Behandlung nothwendig.
M. hat in einem Falle den Nerv mit günstigem
Erfolge in einen durch den M. triceps gebildeten
Muskelkanal eingehigert P. W a g n e r (Leipzig).
359. Ueb0r die Behandlung der Finger-
▼erletsiingen mit besonderer Berüoksiohtigung
der spateren Brwerbsffthigkeit ; von Dr. H.
O e 0 r g i i. (Münchn. med. Wchnschr. XLYIII. 41.
1901.)
0. steht auf dem in jüngster Zeit namentlich
wieder von Ledderhose hervorgehobenen Stand-
punkte, bei Fingerverletzungen nicht übertrieben
conservativ zu verfahren. Die in funktioneller
Richtung so schlimmen Unfallfolgen nach Finger-
verletzungen, die sogen. Glanzhaut, ist in den
meisten Fällen einem zu weit getriebenen Gon-
servatismus zur Last zu legen. Li allen Fällen,
in denen eine Kürzung des Knochens nGthig er-
scheint, soll primär möglichst ausgiebig resecirt
werden, um eine gut verschiebliche Bedeckung
des Stumpfes mit normaler Haut, keine adhärenten
Narben und damit keine oder nur unerhebliche
FunktionstOrungen zu erhalten. Bezüglich der
Behandlung der ausgebildeten Glanzhaut mit ihren
Beschwerden gelten die gleichen Grundsätze: Ent-
fernung der krankhaften und mangelhaft ernährten
Haut und Narben und genügende Bedeckung der
Stümpfe mit normaler Haut.
P. W a g n e r (Leipzig).
360. Weitere Erfahrungen über Daumen-
pUuitik; von Prof. C. Nicoladoni. (Arch. f.
kün. Chir. LXIX. 3. p. 696. 1903.)
N. hat im Sommer 1900 zum 2. Male Ge-
legenheit gehabt, die Plastik des rechten Daumens
aus der 2. Zehe auszuführen. Die transplantirte
Zehe blieb frei von jeder Nekrose; der neue Dau-
men besitzt ein tadelloses Nagelglied. Die Schatten-
seite dieser Plastik bleibt immer noch die mangel-
hafte Beweglichkeit; es ist N. auch im 2. Falle
nicht gelungen, einen aktiv beweglichen Daumen
zu erzielen. Das funktionelle Resultat war trotz-
dem günstig. P. W a g n e r (Leipzig).
361. üeber Gknglien in der Hohlhand;
von Dr. Franz. (Arch. f. klin. Chir. LXX 4.
p. 973. 1903.)
Fr. berichtet aus der v. Bergmännischen
Klinik über 7 Fälle von Ganglien der Hohihand.
5 Kranke wurden operirt; die exstirpirten Ganglien
konnten 4mal genau mikroskopisch untersucht
werden. Bei den operirten Kranken sassen die
Ganglien 4mal der Sehnenscheide auf, während
es sich im 5. Falle um eine intratendinGse Gysten-
bildung handelte, die die Symptome des schnellen-
den Fingers hervorgerufen hatte. Die Ganglien,
die sämmtlich traumatischen Ursprunges waren,
fanden sich alle in der Gegend der Metacarpo-
phalangealgelenke. Die Beschwerden der Kranken
waren ziemlich heftig, jedoch nur bei Druck oder
bei Bewegungen der Finger.
Die mikroskopische Untersuchung ergab, dass
es sich in keinem Falle um eine Cystenbildung aus
einem präformirten Hohlräume handeln kann. Viel-
mehr müssen diese Cysten als traumatische Degene-
rationeysten (schleimige und hydropische Degene-
ration) im paratendinüsen, bez. tendinösen Gewebe
aufgefasst werden. P. W a g n e r (Leipzig).
362. L'oedeme dnr du dos de la main;
par le Dr. K Patry. (Revue m6d. de la Suisse
rem. XXIIL 5. p. 326. 1903.)
P. beobachtete kurz nach einander in 48 Fällen
das Vorkommen eines harten Oedems des Hand-
rückens, wobei die Symptome die einer Fraktur
der Metacarpi waren, nur fehlte das Gefühl der
Grepitation und war eine Schmerzhaftigkeit nur
an der dorsalen, nicht aber der plantaren Fläche
der Hand nachzuweisen. Man hätte noch an tuber-
kulöse Periostitis eines Metacarpus denken können,
doch liess sich durch Böntgenstrahlen leicht die
Unversehrtheit des Knochens nachweisen. Das
bestehende Oedem war vielmehr ein difiTuses Ex-
sudat, das sich zwischen der relativ dünnen Deck-
schicht der Haut und dem darunter liegenden
Knochen gebildet hatte. Nur in 2 Fällen war ein
ausgesprochenes Hämatom da.
Das Ganze entpuppte sich schliesslich als ein
raffinirter Betrug, der darauf hinauslief, von der
Unfallversicherung eine Beute herauszuschlagen.
Wenn man nämlich die mit einem Tuch umwickelte
Hand auf eine glatte harte Fläche auflegt und durch
fortgesetztes massiges Schlagen mit einem runden
Gegenstand (Flasche u. s. w.) bearbeitet, so bildet
sich das fragliche Oedem, das natürlich durch
Wiederholung der Manipulation auf kürzere oder
längere Zeit erhalten werden kann. Ein Unfall
als Ursache ist bald erdichtet, und kurz vor den
Wintermonaten kann man sich während der arbeit-
losen Zeit eine willkommene Unterstützung in
Gestalt einer Unfallrente verschaffen.
N e u m a n n (Leipzig).
363. Die offene Wundbehandlung naoh
Angenoperatlonen ; von Dr. v. Blaskovics.
(Ungar. Beitr. zur Augenhkde. III. p. 26. 1903.)
V. B 1. vergleicht die Erfolge, die in der Uni-
versität-Augenklinik zu Budapest mit der offenen
208
VLLL Chirurgie, Augen- und Ohrenheillninde.
Wundbehandlung bei Bulbftroperationen gemacht
wurden, mit der früheren Wundbehandlung durch
Watteverbände. Er giebt der offenen Nachbehand-
lung mit dem Fuchs 'sehen Gitter den Vorzug,
erstens wegen der mindestens eben so guten Heil-
erfolge und vor Allem wegen ihrer Annehmlich-
keit für den Operirten und der wesentlich er-
leichterten üeberwachung für den Arzt In der
Seh ulek 'sehen Klinik weicht man von dem
Hj ort 'sehen Verfahren etwas ab. Erstens unter-
lässt man das Eurzschneiden der Wimpern. Ausser-
dem wird das operirte Auge 24 Stunden lang mit
einem dünnen Wattebausch auf Borlint bedeckt
und mit einem unbedeckten Fuchs 'sehen Oitter
gegen gröbere Insulte geschützt. Vom 2. Tage
bleibt nur das Fuchs 'sehe Gitter vor dem Auge.
Der Kr. befindet sich ausser Bett in einem mittel-
mässig hellen Baume. Bergemann (Husum).
364. Neuere Aneiohten über die Naoh-
behandlung der am Augengebiete Operirten ;
von Dr. P i h 1. (Arch. f. Ophthalmol. LVL 3. p. 487.
1903.)
P. bespricht eingehend die Entwickelung der
Nachbehandlung bei Operationen am Augapfel und
seiner Umgebung und erläutert sachlich den Werth
der einzelnen Verfahren. Er steht auf dem Stand-
punkt, dass alle die Unbequemlichkeiten, die die
frühere strenge Nachbehandlung mit sich brachte,
wie Tage lange Bettruhe, Verdunkelung der Zim-
mer, Binoculus u. s. w. durchsohnittlidi mehr ge-
schadet als genützt haben. Er hftlt die vGUig freie*
Nachbehandlung nach Hjort für zu gefi&hrlich]
und beschränkt sie bei zuverlässiger Pflege auf
Discission und Iridektomie. Sonst befestigt er über
dem operirten Auge ein offenes Oitter mit Heft-
pflasterstreifen. Das andere Auge bleibt von Anfang
an frei. Ermuthigt durch die günstigen Erfolge
Anderer und theilweise durch die äusseren Ver-
hältnisse gezwungen, übt er diese Nachbehandlung
auch bei Operirten, die noch am Tage der Operation
in ihre Behausung zurückkehren. Nur legt er
dann über das Gitter noch eine dünne Binde. Die
Operirten sind ausser Bett und dürfen sich frei
bewegen; eben so wenig wie Verdunkelung des
Zimmers ist ihnen eine erhebliche Beschränkung
in der Kost vorgeschrieben. P. lässt einen kurzen
Bericht über 300 ambulant Operirte folgen, die
vorzugsweise nur mit Oitter- Verband, theilweise
ganz ohneVerband nachbehandelt wurden. Darunter
sind 200 Operationen am Augapfel, und zwar
98 Staaroperationen, 57 Iridektomien und 45 son-
stige Eingriffe an den Augenhäuten. Die Erfolge
sind denen bei stationärer Behandlung und strenger
Nachbehandlung durchaus an die Seite zu stellen.
Bergemann (Husum).
365. Diagnostic et traitement deatumeiini
de Torbite ; par L a g r a n g e. (Soci6t6 franipaise
d'ophthalmologie. Congr^s de 1903. Ann. d'Ocu-
list. CXXIX. p. 363. 1903.)
L. theilt in seinem Sammelbericht die Orbital-
tumoren nach ihrem Sitze ein in solche 1) des
Opticus, 2) der Muskeln, Oefässe, Nerven, Thränen-
drüse und des Fettzellengewebee, 3) der Wand
und der ihr benachbarten Theile, die mit ihr zu-
sammenhängen. Nach ihrem Bau zerfallen sie in
Cysten, Oefässgeschwülste, Lymphome, Osteome,
Sarkome und Garoinome. Von besonderer Bedeu-
tung für den Sitz der Oeschwulst ist, so lange sie
nicht deutlich wahrnehmbar ist, der Exophthalmus
in seinen verschiedenen Stellungen. [In manchen
Fällen dürfte auch die Röntgenuntersuchung von
Werth bei der Bestimmung des Sitzes sein. Bef]
Nachdem die Diagnose „Orbitaltumor'* feststeht, ist
zur Bestimmung seiner histologischen Beschaffen-
heit die Probepunktion oder Probeezcision vorzu-
nehmen. Die Behandlung wird fast regelmässig
chirurgisch sein müssen; die medikamentöse dürfte
nur in zweifelhaften Fällen zu versuchen sein. L.
bespricht ausführlich die verschiedenen Operationen
und ihre Anzeigen für die einzelnen Oeschwülfite.
Der interessante Bericht erfährt noch weitere Er-
gänzungen durch mannigfache Mittheilungen, die
in der ausgedehnten Diskussion von anderer Seite
hinzugefügt wurden. Bergemann (Husum).
366. Beitrag bot Kenntniss der symmetri-
BohenOrbitaltomoren; vonDr.Birch-Hirsch-
feld. (Arch. f.OphthalmoL LVL 3. p. 387. 1903.)
B. - H. beschreibt ausführlich die makroskopische
■Lund mikroskopische Untersuchung einer malignen
iV|]0rbitalgeschwul8t,die symmetrisch in beiden Augen-
1 '^höhlen auftrat und einen Zusammenhang durch
'. ^ Vermittelung der Nasen- und Keilbeinhühle hatte.
: I Ob wirklich ein üebergreifen von dem zuerst hervor-
« 'tretenden Tumor nach der anderen Seite stattfand
- oder ob die Verbindung beider erst sekundär zu
' ' Stande kam, indem Zellenstränge von beiden Seiten
|, nach der Mitte zu vordrängten, liess sich nicht
entscheiden. Es handelte sich im Anschluss an
- ein Trauma um eine Mischgeschwulst, die neben
Sarkom-Rundzellen verschiedenartige degenerative
Veränderungen der einzelnen Orbitalgewebe zeigte.
Eine umfassende Literaturprüfung lehrt, dass unsere
Kenntnisse über den Ausgangsort und den Bau der
Orbitaltumoren , besonders der Mischgeschwülste,
und über den Zusammenhang zwischen ihnen und
Allgemeinerkrankungen noch mancher Ergänzung
bedürfen. B.-H. nimmt an, dass die Orbital-
geschwülste embryonal durch versprengte Oewebe-
keime vorgebildet sind, die früher oder später zu
Tumoren sich entwickeln. Von dem Vorwiegen
der einzelnen Bildungstoffe dürfte dann die Be-
schaffenheit der späteren Neubildung abhängen.
In einer übersichtlichen Tabelle hat B.-H. die
in der Literatur beschriebenen, hierher gehörigen
Fälle zusammengestellt Bergemann (Husum).
367. Saroome primitif de la oomit; par
Semp6 et Villard. (Ann. d'Oculist CXXIX
p. 24. 1903.)
Vin. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
209
Die Nenbildang wurde vom Kr. in ihren ersten An-
fängen 1886 als hirsekorngrosse, rötbliohe flache Auf-
lagerung bemerkt. Sie machte keine Sehstörungen und
Boizorschoinungen, bis sich 1890 eine sehr schmerzhafte
Entzündung des Auges einstellte. Ein Augenarzt erzielte
durch 3 Kauterisationen keine Besserung ; vielmehr brei-
tete sich die Geschwulst weiter aus. Als die Schmerzen
wieder nachliessen, begnügte sich Pat. mit Cocain-Ein-
träufelungen und Umschlägen. Erst 1900 traten wieder
heftige Schmerzen und Reizersohoinungon auf; 1901
wurde das Auge enucleirt und die sarkomatöse Be-
schaffenheit der Neubildung festgestellt Auffallend ist,
dass Pat. gleichzeitig an Lippenkrebs litt, der auch 1901
ausgeschnitten wurde, spfiter aber recidivirte. Von dem
Sarkom sind jedoch bisher weder örtliche, noch meta-
statische Anzeichen wiedergekehrt.
Bergemann (Husum).
368. Bzperimentelle üntertuohungen über
den Heilungeprooeas bei perforirenden Schnitt-
wanden der Hornhaut; von Dr. A. Weinstein«
(Arch. f. Augenhkde. XL VIII. 1. p. 1. 1903.)
W. untersuchte anatomisch beim Kaninchen
dieHeilungsvorgänge bei perforirenden aseptischen
Schnittwunden der Hornhaut, ohne nachweisbare
Complikationen. Seine beachtenswerthen Unter-
suchungen führten zu theil weise neuen Thatsachen,
die von manchen bisherigen Anschauungen wesent-
lich verschieden sind. Er stellte u. A. Folgendes
fest: Die Vereinigung der Wundrftnder erfolgt zu-
erst in der Epithelschicht, dann etwa gleichzeitig
in der Substantia propria und in der Endothel-
schicht, zuletzt in der Descemet'schen Haut. Die
Neubildung geschieht in jeder Schicht durch Eem-
theilung der besonderen Zellenelemente. Die
Begeneration des Epithels beginnt sofort nach der
Verwundung. Die Kemtheilung im Hornhaut-
parenchym zur Wiederherstellung der Substantia
propria bemerkt man nach 2 Tagen. Das erste
Auftreten der neugebildeten Descemet'schen Haut
erkennt man in 4wöchigen Narben. Die Membrana
Descemetii ist als ein Erzeugnissder physiologischen
Hyalinisation der Grenzlamellen des eigentlichen
Hornhautgewebes aufzufassen. Bei ihrer Bildung
ist aller Wahrscheinlichkeit nach ein bestimmter
Einiluss des Eammerwassers wirksam. Die ersten
Oranulationelemente im Wundkanale finden sich
nach 3 Tagen. Der anfangs in der Wunde liegende
Epithel- und Fibrinpfropf spielt lediglich eine
passive Rolle. Bei der Narbenbildung wird der
erstere nach aussen, der letztere nach innen abge-
drftngt Die Verheilung aseptischer, uncompli-
cirter centraler Hornhautwunden verläuft ohne
jegliche Entzündung. Bergemann (Husum).
369. Ueber die Verwendbarkeit der Hom-
banttraneplantation bei schweren nloerativen
FrooeMen der Cornea; von Dr. Pr cell er.
(Arch. f. Ophthalmol. LVI. 2. p. 315. 1903.)
Pr. theilt im Auszuge die Geschichten von
15 Kranken mit, bei denen v. Hippel der Aeltere
wegen schwerer Hornhautgeschwüre und ihrer
Folgezustftnde die Homhauttransplantation aus-
führte. Es handelte sich um IrisvorfUle, Kerato-
Jf ed. Jahrbb. Bd. 280. Hft. 2.
cele, Homhautfisteln, theilweise und vollständige
Staphylome, die auf keine andere Art zur Aus-
heilung gebracht werden konnten, v. Hippel
trepanirt mit einer Krone von 4 mm Durchmesser
und deckt den Defekt mit Kaninchenhomhaut Mit
Ausnahme von 2 Fällen, in denen der Lappen nicht
einheilte, weil der entzündliche Process bei Staphy-
lombildung nicht vGllig abgelaufen war, wuchs
das übergepflanzte Homhautstück immer gut ein.
Von 9 vollständigen oder annähernd vollständigen
Staphylomen wurden 5 durch das Verfahren zu
dauernder Abflachung gebracht; 3 grössere Iris-
Torfälle, eine Homhautfistel und eine Keratocele
kamen zur Heilung. 2mal ermöglichte die Ope-
ration durch theilweise Wiederherstellung der vor-
deren Kammer die Ausführung einer optischen
Iridektomie. Der eingeheilte Lappen wurde regel-
mässig trüb. Dagegen soll das übergepflanzte Stück
durchsichtig bleiben, wenn z. B. zur Beseitigung
leukomatöser Trübungen bei regelrecht gewölbter
Hornhaut die Descemet'sche Membran erhalten
bleibt. Bergemann (Husum).
370. Werth der Iridektomie an Hand von
1200 Iridektomielftllen aasanunengeatellt ; von
Dr. Hai lau er. (Arch. f. Augenhkde. XLVIL
2 u. 3. 4. p. 217. 379. 1903.)
H. berichtet über 1200 Iridektomieoperationen
der Baseler Augenklinik. Die ausgezeichnete Ab-
handlung verdient ganz besondere Beachtung nicht
nur wegen der grossen Menge der besprochenen
Fälle, sondern auch wegen der umfassenden Lite-
raturangaben (357 Nummern), die H. zu seinen
vergleichenden Erörterungen und Schlussfolge-
rungen heranzieht. Auf dieser breiten Grundlage
ist der gewaltige Stoff, der über das Thema vor-
liegt, in mustergiltiger Weise erschöpfend und an-
regend behandelt Mit ausgiebiger Berücksichti-
gung der geschichtlichen Entwickelung sind die
Verwendbarkeit und Anzeigen der Iridektomie,
ihre Vorzüge, Complikationen und Nachtheile, sowie
ihre optische, therapeutische und prophylaktische
Leistungsfähigkeit sachlich erörtert
Bergemann (Husum).
371. Die Erfolge der Iridektomie bei
Iridoohorioiditis ; von Q. Zimmermann.
(Inaug.-Diss. Basel 1903.)
Z. berichtet in kurzem Auszuge über 1 70 Kranke
mit Iridochorioiditis, die einmal und 10 Kranke,
die mehrmals in der Universität- Augenklinik zu
Basel iridektomirt worden sind. Im Ganzen wur-
den 278 Augen operirt Bei fast allen kamen
durch die Operation dieEntzündungsersoheinungen
zum Stillstande; Rückfälle waren, soweit die Con-
trole möglich war, sehr selten; der intraokulare
Druck wurde meist regelrecht Das centrale Sehen
wurde gebessert in ca. 62<^/q der Fälle, verschlechtert
in 9®/o, ein noch brauchbarer Theil erhielt sich in
28<^/o. Das peripherische Sehen wurde gebessert
in 33®/e, verschlechtert in 2^1^^ blieb unverändert
27
210
EL Hygieine und StaatBanmeünmde.
in 66<^/o der Falle. Die schlechten Ergebnisse be-
treifen in der Hauptsache solche Augen, die mit
weit Torgeschrittenen Complikationen behaftet
waren, wie z. B. Sekundärglaukom und Netzhaut-
ablOsung. Bergemann (Husum).
372. Arbeiten ans dem Gebiet der sym-
pathiaohen Ophthalmie. //. ExperimenteUe ünier-
suehungen zur Frage der Beizüb&iragung und Dis-
position hei sympathischer Ophthalmie; von Dr.
ROmer. (Arch. f. OphthalmoL LYL 3. p. 439.
1903.)
Die sehr verdienstvolle Abhandlung beschäftigt
sich mit der Widerlegung der Frage, ob der ent-
zündliche Beiz eines Auges im Stande ist, reflek-
torisch sich in das zweite Auge fortzupflanzen und
hier eine Disposition zur Erkrankung herbeizu-
fQhren. R setzt auseinander, weshalb alle Yer-
Buchsanordnungen, auch die von Panas, Moll
und S 1 0 c k , die die modifioirte Ciliarnerventheorie
stützen sollten, unzulänglich sind. Er ging bei
seinen Forschungen von der Prüfung der physio-
logischen Yorbedingungen aus. Als empfindlichstes
Reagens wählte er das Eammerwasser, dessen auf-
fällige Yeränderungen bei Reizung der Ciliarkürper-
gefässe Wessely nachgewiesen hat Die Er-
gebnisse der Wessely 'sehen Befunde konnte L.
durch weitere Yersuche noch vervollständigen.
Als feinste biologische Untersuchungsmittel
für die Reizübertragungen konnten nach den grund-
legenden Arbeiten R.'s über die Immunitätforsohung
am Auge nur besondere Yer&hren der Immunität-
forschung in Frage kommen. Mit erschöpfender
Oründlichkeit hat nun R. die Reizwirkung der
Immunkörper in ihren verschiedenen Formen auf
das gesunde und kranke Auge bei immunisirten
und nicht immunisirten Thieren geprüft Die mühe-
vollen, sinnreichen Yersuchsanordnungen und die
daraus abgeleiteten Schlussfolgemngen lassen sich
auf engem Räume nicht verständlich nuichen. Es
ist sehr lohnend, sie in der Abhandlung genauer
kennen zu lernen. Es dürfte aus R.'s Unter-
suchungen einwandfrei hervorgehen, dass die modi-
fioirte Ciliarnerventheorie zur Erklärung der Patho-
genese der sympathischen Ophthalmie unhaltbar
ist R.'s Yersuche beweisen u. A., dass die Er-
nährungsverhältnisse beider Augen vollkommen un-
abhängig von einander sind, dass Oiliarreize in
einem Auge reflektorisch nicht auf das zweite im
Sinne der modificirten Ciliarnerventheorie über-
geleitet werden können, dass also auch entzünd-
liche Yorgänge des einen Auges die intraoouLire
Blutfüllung des anderen nicht durch reflektorische
Reizung beeinflussen können, dass die Disposition
zur Erkrankung des zweiten Auges von ganz anderen
Yerhältnissen abhängig sein muss. R ist der An-
sicht, dass bei der Entstehung der sympathischen
Ophthalmie ebenso wie bei anderen Wundinfek-
tionen die individuelle Disposition von wesent-
lichem Einfluss ist Daneben bleiben natürlich
verschiedene Yirulenz, das Alter, Stoffwechsel-
veränderungen und Mischinfektionen zu berück-
sichtigen.
Eine weitere Mittheilung R.'s über das Wesen,
bez. das Zustandekommen der sympathischen Oph-
thalmie steht bevor. Bergemann (Husum).
IX. Hygleine und Staatsarzneikunde.
373. Bin Vorleaangsvemaoh auf dem Ge-
biete der Dampfdeainf ektion ; von C. E i j k m a n.
(Centr.-BL f. BakterioL u. s. w. XXXTTT. 7. p. 667.
1903.)
E. erklärt dieThatsache, dass gesättigter Wasser-
dampf auf Bakterien und Sporen schneller ab-
tOdtend wirkt, als kochendes Wasser von gleicher
Temperatur damit, dass der Kochpunkt des Wassers
durdi darin gelöste Salze erhöht, während die
Temperatur des Dampfes davon nicht beeinfiusst
wird, sondern nur abhängig ist vom Druck, worunter
das Wasser, bez. die Lösung kocht Umgekehrt
kann man eine wässerige Lösung von Salzen bis
auf ihren Eochpunkt, bei atmosphärischem Druck
also über 100^ erhitzen, wenn man Wasserdampf
von z. B. 100<^ durchleitet Eingetrocknete Bak-
terien, dem Wasserdampf ausgesetzt, werden sofort
hygroskopisch Wasser aufnehmen, das die ein-
getrockneten Salze löst; somit befinden sich die
Keime eingebettet in eine concentrirte Lösung,
die nun auf ihren Kochpunkt, weit über die Tem-
peratur des Dampfes, erhitzt wird. Es lässt sich
dies leicht demonstriren, indem man ein Thermo-
meter in ein mit Salz gefülltes Säckchen steckt
und in kochendes Wasser hängt; es wird sofort
auf 106« und höher steigen. Walz (Stuttgart).
374. Das Aetisublimat und dasFormalde-
hyd in der Desinfektionsprazis ; von F. Abba
und A. R 0 n d e 1 1 i. Neue Mittheilung. (Centr.- BL
f. BakterioL u. s. w. XXXIII. 10. p. 821. 1903.)
Nach ihren Untersuchungen fassen A. iind R
ihre Regeln für die öffentlichen Desinfektionen
dahin zusammen: Alle persönlichen Qebrauchs*
gegenstände, sowie das Bettgeräth, die Wäsche
ausgenommen, müssen in der Deeinfektionanstalt
durch comprimirten Wasserdampf sterilisirt werden,
anch Bücher können so behandelt werden. Die
Wäsche ist zur Sterilisirung auf 2 Stunden in
2prom. Aetzsublimatlösung zu legen. Kleider,
Pelze, Papiere, glatte Gegenstände sind durch
Formalin zu sterilisiren, und zwar müssen wenig-
stens 186 g Formalin pro Gubikmeter verstäubt
werden bei einer wenigstens 1 Stunde dauernden
Temperatur von 55 — 60* C. und Feuohtigkeit-
gehalt von 05<^/o. Die Gegenstände müssen, mit
IX. Hygieine und Staatsarzneikunde.
211
ünterbreohungra, wenigstens 2 Stunden in roti-
rende Bewegungen versetzt werden. Der Fuss-
boden, die Wände, Möbel und durch Sublimat
nicht gefährdete Gegenstände sind mit Sublimat zu
waschen. Metallgegenstände kOnnen mit kochender
Lauge gewaschen werden.
Formaldehyd halten A. und B. zur Desinfektion
der Wohnräume fOr untauglich, weil es selbst
unter günstigsten Verhältnissen im Sommer nur
50<^/o günstige Resultate liefert, ungleichmässig
wirkt; überall wo Staub ist, nicht angreift; an-
getrocknete Auswürfe nur selten desinficirt; den
FuBsboden fast nie desinficirt, weil es nach oben
strebt; in Betten u. s. w. nicht eindringt und
weil überhaupt die Anwendung, wenn sie einigen
Werth haben soll, sehr complioirt ist
Walz (Stuttgart).
375. üeber den Desinfektionswerth einiger
Formaldehjdpräparate; vonEeisaku Eokubo.
(Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIII. 7. p. 568.
1903.)
E. hat altes und neues Septoform, lOproa und
25proc. Formalinseife (Hahn) untersucht: Alle
Präparate zeigten sich in ihrer Wirkung auf Milz-
brandsporen der (1- und 3proc.) Carbolsäure* über-
legen. Weniger günstig sind die Resultate anderen
Mikroorganismen gegenüber. Hier wurde die Car-
bolsäure fast nie erreicht, zum Theil blieben die
Präparate sehr wdt hinter ihr zurück. Selbst die
öOproc. Lösung der 25proc. Formalinseife war
meist gegen Staphylo- und Streptokokken und
Typhusbacillen weniger wirksam als eine 3proc.
Carbolsäure. Walz (Stuttgart).
376. Ueber die Bedeutung Ton Seifensusati
Btt Desinfektionsmitteln ; von 0. Heller. (Arch.
f. Hyg. XLVII. 3. p. 213. 1903.)
Sapo kalinus (Pharm. Qerm.) besitzt nur eine
geringe desinficirende Eraft. Wird er, am besten
im Verhältnisse von 1:1, zu Acid. carboL crist
pur. hinzugesetzt, so steigert er dessen Desinfek-
tionkraft, er bildet damit bis zu einem Verhältnisse
von 1 : 3 schon bei gewöhnlicher Temperatur ohne
jeden weiteren Zusatz eine Lösung, üeberträgt
man diese Erfahrungen auf die in Wasser unlös-
lichen Eresole, so kann man annehmen, dass die
Verwendung von Seife bei der Herstellung kresol-
haltiger Desinfektionmittel nicht nur die Lösung
der Eresole in Wasser ermöglicht, sondern auch
die Desinfektionkraft der Lösung steigert. Wes-
halb die Seife das trotz ihrer geringen eigenen
Desinfektionkraft thut, bedarf noch weiterer ünter-
suchungien. W o 1 1 e m a s (Solingen).
377. Einige Händedeainfektionsversuohe
nach vorheriger künatlioher Infektion der
Hände mit Mioroooccas tetragenna and Sta-
phyloooooui pyogenes aareas; von Engels.
(Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIV. 1. p. 84.
1903.)
E. hat Händedesinfektionversuche mit dem
Paul- Sarwey 'sehen Easten nach der Versuchs-
anordnung von Erönig und Blumberg ange-
stellt Es gelang nac^ künstlicher Infektion der
Hände mit Micrococcus tetragenus durch 2proc.
Lysoformalkohol, 2proc. Bacillolalkohol und 2proc.
Sublaminalkohol mit Sicherheit diese Eeime an
den Händen zu vernichten und unschädlich zu
machen. Bei Staphylococcus pyogenes aureus
gelang es jedoch nicht, mit diesen 3 Lösungen
die Hände steril zu erhalten.
Walz (Stuttgart).
378. ünteranchungen über diebakterioide
Wirkang in Alkohol gelöster Deainfloientien auf
Baktecienonltnren ; von Engels in Marburg.
(Centr.-Bl. f. Bakteriol u. s. w. XXXIH 10. p. 786.
1903.)
Ktheilt seine eingehenden, durch viele Tabellen
belegten Versuche über die desinficirende Wirkung
des 2proc. Lysoformalkohols, 2proc. Bacillolalko-
hols und 2proc. Sublaminalkohols mit. Sowohl bei
Händedesinfektionversuchen als gegenüber Culturen
übten die alkoholischen Flüssigkeiten fast überall
eine etwas stärkere Wirkung aus als die wässerigen.
Tritt dieser Unterschied bei den wenig widerstand-
fähigen Bakterien auch nicht so klar hervor, so
macht sich gegenüber den resistenten und resisten-
testen Formen, wie solche der Staphylococcus pyo-
genes aureus und vor Allem die Milzbrandsporen
darstellen, dieser Einfluss deutlich zu Gunsten der
alkoholischen Losungen geltend.
Walz (Stuttgart).
379. I^ysoform, Bacillol und Sablamin in
wässeriger Lösung als Händedeainfloientien
nach Vorbehandlung der Hände mit Alkohol
(Analogie mit der Fürhringer'sehen Methodik);
von Engels in Harburg. (Centr.-Bl. f. Bakteriol.
u. s. w. XXXm. 8. p. 637. 1903.)
Nach den vorliegenden Untersuchungen haben
die rein alkoholischen (ca. 99proc. Alkohol) Losun-
gen des Sublamins, Bacillols und Lysoforms einen
bedeutend grosseren Desinfektionerfolg für die
Hände als die wässerigen Fluids mit der Ein- .
Schiebung des Alkohols nach Für bringer 'scher
Vorschrift. E. untersuchte hierbei nicht näher, ob
die Thatsache, dass Fürbringerbei seinen Ver-
suchen meist 80 — 90proc. Alkohol benutzte, eine
wesentliche Bedeutung för einen besseren Er-
folg hat Walz (Stuttgart), x
380. üeber das Waohsthum und die Lebens-
thatigkeit von Bakterien» sowie den Ablauf
fermentativer Frooesae bei niederer Tempe-
ratur unter apeeieller Berüoksiohtigung des
Fleiaohea als Nahrungsmittel ; von M. M ü 1 1 e r.
(Arch. f. Hyg. XLVH. 2. p. 127. 1903.)
Bei constanter Temperatur von 0^ züchtete M.
aus Fleisch, Fisch, Milch, Mehl, Gfemüse, Erde
212
IX. Hygieine und StaatsarzneUninde.
und Luft 36 Bakterienarten in Reincultur, von
denen die meisten noch nicht beschrieben sind.
Man kann sie nicht als kälteliebend in dem Sinne
bezeichnen, dass sie sich bei niederen Tempera-
turen besonders gut entwickeln ; zwar vermehren
sie sich beiO^', die Generationdauer unddemgemftss
die Vermehrungintensit&t ist aber bei dieser Tem-
peratur geringer als bei höherer. Auch bei 0^
spalten diese Bakterien NHg, CO^ und H|S ab,
bewirken also Zersetzungsprooesse , die mit der
Fftulniss übereinstimmen. Eben so wenig wie das
Wachsthum der Bakterien werden fermentative
Processe durch constante Temperatur von 0* auf-
gehoben, wenn sie auch langsamer verlaufen als
bei höheren Temperaturen.
Bekanntlich erfährt das Schlaohtfleisch von
Säugethieren, das in den EQhlhäusem bei Tem-
peraturen von-|-3 — 5® C. aufbewahrt wird, eine
als Reifung bezeichnete Veränderung, die seine
Beschaffenheit verbessert. Bs handelt sich dabei
nicht um beginnende Fäulniss und um keine Bak-
terienwirkung, sondern um einen seiner Natur
nach unbekannten, als Autolyse bezeichneten fer-
mentativen Process. Auch im Fleisch Yon Fischen
findet eine derartige Autolyse statt, bewirkt aber
hier keine Verbesserung, sondern ein schnelles
Verderben. Temperaturen von 0* verhindern die
Autolyse nicht, dagegen wird sie aufgehoben, wenn
man die Fische gleich nach dem Schlachten ge-
frieren läset und in gefrorenem Zustande auf-
bewahrt Die Eigenschaften des frischen Fisch-
fleisches bleiben dann fQr längere Zeit erhalten,
so dass es sich empfiehlt, diese Biethode fflr den
Fischhandel nutzbar zu machen.
^ Woltemas (Solingen).
381. Ueber das Vorhandenadin einiger
schwerer Metalle in irdenen Geaohirren und
metallenen Gefäasen entstammenden Nah-
rongsölen; von E. Bertarelli. (Arch. f. Hyg.
XL VIT. 2. p. 115. 1903.)
B. fand, dass einige Speiseöle, besonders
Oliven- und Sesamöl, unter Umständen Blei und
Kupfer aufnehmen. Es geschieht das nach lang
andauerndem Contakte mit bleireichen Verzinnun-
gen und Glasuren, bei Erhöhung des üblichen
Säuregehaltes oder nach andauerndem Sieden in
verzinnten Gefässen mit stark bleihaltigen Ver-
zinnungslegirungen. Die aufgenommenen Mengen
sind 80 klein, dass sie wohl kaum zu Vergiftungen
führen können, mit Ausnahme des Falles, dass
es sich um Verzinnungen mit hohem Bleigehalte
handelt Woltemas (Solingen).
382. üeber denHaohweis TonBlutkörper-
ohen mittele Ohinin; von H. Marx. (Vjhrschr.
f. gerichtL Med. 3. F. XXVI. 1. p. 38. 1903.)
Zum Nachweise von Blutkörperchen in alten
Blutspuren empfiehlt M. eine Mischung von glei-
chen Theilen 33proc. Kalilauge und einer Iprom.
Lösung von Ghininum hydrochloricum, der einige
Kömchen Eosin hinzugefügt werden ; die Lösung
ist jedesmal frisch zu bereiten und vor dem Ge-
brauche frisch zu filtriren. Das Untersuchungs-
material wird sorgfältig zerzupft und in einen
kleinen Tropfen der Mischung gebracht, zur Be-
trachtung dient am besten die Oel-Immerston.
Woltemas (Solingen).
383. Heanltate der Kryoskopie bei Er-
trunkenen ; von Revenstorf. ( Vjhschr. f. ge-
richtL Med. 3. F. XXXVL 1. p. 31. 1903.)
Im Anschlüsse an eine frühere Arbeit berichtet
R. über neue Ergebnisse der Kryoskopie bei Er-
trunkenen. In 2 Fällen Hess sich die Differential-
diagnose zwischen Tod durch Ertrinken und Tod
durch Lungenödem durch den hohen Gefrierpunkt
der Lungenflüssigkeit stellen, in 3 Fällen erwies
sich die Flüssigkeit der Pleurahöhlen durch ihren
hohen Gefrierpunkt als postmortal transsudirte
Ertränkungsflüssigkeit WerthvoU ist die Ver-
gleichung des Gefrierpunktes des Herzblutes und
der Cerebrospinalflüssigkeit ; wenn der letztere
niedriger ist, so beweist das die Resorption von
Ertränkungsflüssigkeit in das Blut.
Woltemas (Solingen).
384. Die Gasper'sche Hyperaörie. /%•
siologische Betrachtungen über den Tod durch Er'
trinken; von E. Marguli es. (Vjhrschr. f. ge-
richti. Med. 3. F. XXVL 1. p. 21. 1903.)
Die starke Ausdehnung der Lungen, die sich
in der Regel bei Ertrunkenen findet, kommt nach
M. in folgender Weise zu Stande : Der Ertrinkende
macht für gewöhnlich in dem Augenblicke, bevor
er unter den Wasserspiegel geräth, eine tiefe Inspi-
ration und bringt daher ein Quantum von 2 bis
31/s Litern Luft ausser der Residualluft mit in
das Wasser. Die grösseren Luftröhrenverzwei-
gungen füllen sich mit Wasser und deshalb kann
die Luft, die hauptsächlich auf die Alveolen ver-
theilt ist, gar nicht oder nur zum geringeren
Theile entweichen. Die Fälle, in denen der Tod
sehr bald nach dem Hineingerathen in das Wasser
erfolgt, lassen sich vielleicht dadurch erklären,
dass der Ertrunkene nach tiefer Exspiration unter-
ging, ebenso die Fälle ohne den angeführten Lei-
chenbefund. Woltemas (Solingen).
Daffner. — Henschen. — Koenig.
213
C. BOcheranzeigen.
29. Das Waohathum des Menschen; von
Dr. Franz Daffner. 2.Aufl. Leip>igl902.
W. Engelmann. 8. 476 S. (9 Mk.)
D.'s Buch besteht in der Hauptsache aus einer
Zusammenstellung von Messungen und Wfigungen.
Man sollte es also fQr sehr trocken halten. Es ist
es aber nicht, da der Vf. allerhand Excurse ein-
flicht, in denen er mit grosser Lebhaftigkeit seine
Anschauungen auseinandersetzt. Man kann es also
nicht nur zum Nachschlagen, sondern auch zum
Lesen benutzen. Auf jeden Fall aber ist es Allen,
die Zahlenangaben brauchen, durchaus zu em-
pfehlen. MObius.
30. Klinische und anatomische Beiträge bot
Pathologie des Gehirns; von Prof. Sa le-
rnen Eberhard Henschen in Stockholm.
4. Theil. 1. Hälfte. Upsala 1903. Leipzig.
Comm.-Verl. von K. F. Koehler. Fol. VII u.
114 S. mit 19 Tafeln u. Holzschnitten im
Text (30 Mk.)
H. theilt mit grosser AusfOhrlichkeit die
Krankengeschichten und die Sektionbefunde von
16 Fällen verschiedener Himleiden mit, die er,
hauptsächlich in Hinsicht auf die Lokalisation des
Oesiehtsinnes sehr eingehend untersucht hat
Die ersten beiden Fälle betreffen Himgeschwülste ;
in beiden bestand Hemianopsie, im ersten durch
Zerstörung der Sehbahn, im zweiten durch Druck
auf diesa Im 3. Falle bestand linkseitige Hemi-
anopsie bei einer scharf begrenzten Erweichung,
die auf die linke Calcarina- Rinde beschränkt war;
nur nahe vor der Spitze, in einem Gebiete, das
wahrscheinlich nicht zur Seharea gehört, griff die
Erweichung auf das subcortikale Mark über, da-
gegen war die Sehstrahlung vollständig unberührt
Daraus lässt sich schliessen, dass das Sehcmtrum
auf die Cakarina-Rinde heschränki ist. Anderer-
seits fand sich im rechten Oocipitallappen eine
ausgedehnte Erweichung der lateralen Rinde und
ihres Markes, ohne dass ein Skotom in der link-
seitigen Hälfte nachgewiesen wurde ; die laterale
Fläche gehört also nicht zur Seharea.
In Bezug auf die Frage, ob in der Sehfläche,
bez. in der Sehbahn eine bestimmte Anordnung
der Elemente, eine Projektion der Retina, existirt,
hat H. schon früher einen Fall veröffentlicht, in
dem Zerstörung des dorsalen Abschnittes des
äusseren EniehOckers eine homonyme Hemianopsie
im unteren Quadranten hervorgerufen hatte, so
dass auf eine Lokalisation innerhalb des äusseren
EniehOckers geschlossen werden konnte. Dieser
Sohluss gewinnt Stütze durch einen neuen Fall
(den 11.), in dem eine Blutung die dorsale Hälfte
des äusseren EniehOckers zerstört und rechtseitige
Hemianopsie im unteren Quadranten erzeugt hatte;
der ventrale Abschnitt war erhalten geblieben und
von ihm konnte ein schmales Bündel bis zur ven-
tralen Lippe derFissura calcarina verfolgt werden,
das die Lichtempfindung von der unteren Hälfte
der Retina zur unteren Galcarinalippe leitete.
Durch 4 weitere Fälle (9, 12, 13, 14) wird die
Annahme bestätigt, dass eine PrqjekUon der Beiina
auf die Calcarina -Rinde stattfindet und dass die
obere Galcarinalippe die Lichtempfindung vom dor-
salen Retinaquadranten empfängt und die untere
vom ventralen.
Hinsichtlich der Frage, ob eine beschränkte
Läsion der Calcarina-Rinde, bez. der Sehbahn ein
begrenztes, constantes Skotom im Gesichtsfelde
erzeugt, ist der 8. Fall von Interesse, der beweist,
dass solche constante Skotome durch Läsion der
unteren Bündel der Sehbahn (bez. des Sehcentrum)
entstehen. Auch im 14. Falle hatte eine kleine
Läsion der oberen Galcarinalippe ein begrenztes,
constantes Skotom verursacht. Wenn nun die
obere Galcarinalippe der oberen Retinahälfte, die
untere Galcarinalippe der unteren Retinahälfte ent-
spricht, so folgt daraus, dass die Rinde des Bodens
der Fissura calcarina dem horizontalen Meridian
entspricht; im 15. Falle war eine auf die Rinde
des Bodens der Fissura calcarina beschränkte Er-
weichung von einem Skotom in der Horizontallinie
begleitet
Der 16. Fall, in dem bilaterale Hemianopsie
mit erhaltenem Maculafeld bei bilateraler Erwei-
chung der Galcarinarinde bestand, bietet einen Bei-
trag zu der noch nicht gelüsten Frage nach der
Lokalisation der Macula lutea.
Walter Berger (Leipzig).
31. (Gesammelte Abhandlangen lur physio-
logischen Optik; von Arthur Eoenig.
Mit einem Vorworte von Th. W. Engel-
mann. Leipzig 1903. Joh. Ambr. Barth.
Or. 8. IV u. 439 S. mit d. Bildnisse d. Vfs.,
40 Abbild, u. 2 Taf. (14 Mk.)
Eoenig hatte vor seinem Tode den Wunsch
ausgesprochen, dass seine Beiträge zur physio-
logischen Optik, die bisher an verschiedenen Orten
zerstreut veröffentlicht waren, später einmal ge-
sammelt herausgegeben werden mochten. In vor-
liegendem Werke sind diese 32 Abhandlungen nach
der Zeit ihres Erscheinens geordnet Der Wort-
laut ist von berufenster Seite sorgfältig vor dem
Abdrucke geprüft. Im Vorworte giebt Engel-
mann einen kurzen üeberblick über E.'s Ent-
wickelungsgang. Der Anhang enthält ein Titel-
verzeichniss der Abhandlungen rein physikalischen
Inhalts von K. Nachdem der hohe Wissenschaft-
214
Bondi. — Glassen. — Rejohler. — Boehm. — Müller.
liehe Werth der Arbeiten geschiohtlioh fest steht,
ist eine weitere Erörterung füglioh nicht von NOthen.
Bergemann (Husum).
32. Anleitung rar Bestimmnng derBefirak-
tions- und Aooommodationsanomalien des
Angea; von Dr. ^Maximilian Bondi.
Wien 1903. Jos. Safäjr. 16. 94 S. mit
28 Figg. im Text (1 Mk. 25 Pf.)
Das Buch soll das Noth wendigste für den prak-
tischen Arzt und Examencandidaten in knapper
übersichtlicher Zusammenstellung enthalten. Als
Maassstab für Form und Inhalt dienten B. die Er-
fahrungen, die er als Leiter derCurse für dasRigo-
rosum in der Schnabel 'sehen Klinik gewonnen
hat. Bei einer Neuauflage dürfte es zweckmässig
sein, zur Yermeidung von Unklarheiten stellen-
weise ausführlicher zu werden.
Bergemann (Husum).
33. Aasgewfthlte Methoden deranalytisohen
Chemie ; von Prof. D. A. C 1 a s s e n. Band II.
Braunschweig 1903. Friedrich Vieweg & Sohn.
Or. 8. XVI u. 831 S. mit 133 Abbild, u.
2 Spectraltafeln. (20 Mk.)
Dem Bef, liegt der IL Band des Werkes vor.
Es handelt sich um ein grosses Handbuch, das bis
auf die neuesten Methoden ergänzt ist Berück-
sichtigt sind reine Chemie, mit ihren nächsten Nutz-
anwendungen, wie technische, Agricultur- u. s. w.
Chemie. Da die physiologisch-chemische Analyse
nicht berücksichtigt ist, kann das Buch dem Arzte
natürlich die vorhandenen einschlägigen Werke
nicht ersetzen. Für den biologischen Forscher
allerdings wird das Werk wegen seiner Reichhaltig-
keit ein werthvoller Rathgeber sein.
W. S t r a u b (Leipzig).
34. Physikalisoh-ohemisohe Theorien; von
Dr. A. Key ch 1er. Deutsch von Dr. B.
Kühn. Braunschweig 1903. Friedrich Vie-
weg & Sohn. Gr. 8. XII u. 389 S. mit ein-
gedr. Holzschn. (10 Mk. 60 Pf.)
Das Buch ist die freie Bearbeitung — nicht
Uebersetzung — nach der 3. Auflage des franzö-
sischen Originals. In 5 Abschnitten werden ab-
gehandelt: 1) Grundgesetze; 2) Lehre von den
3 Formarten und den Losungen; 3) Thermochemie,
Elektrochemie und Natur der Losungen ; 4) Mechanik
(Gleichgewicht, Reaktiongeschwindigkeit u. s. w.) ;
5) Thermodynamik.
Das Buch ist angenehm zu lesen und verständ-
lich gehalten. Dem rationellen Charakter der phy-
sikalischen Chemie ist darin schon äusserlioh Rech-
nung getragen, dass das jeweilige Thema, z. B.
Gleichgewicht oder Reaktiongeschwindigkeit, an
einzelnen Beispielen genau durchgeführt ist; bei
diesem dankenswerthen Bestreben muss natürlich
auf ausführliche Compilation verzichtet sein, was
dem Buche den Charakter des Lehrbuches ver-
leiht. Es macht überhaupt den Eindruck, als ob
das Buch aus Vorträgen entstanden wäre, wenn
auch äusserlich die Eintheilung in , JiC^ons^' ver-
mieden ist Man kann auch nichts dagegen ein-
wenden, wenn bei dieser Anlage des Buches des
Vfs. eigene Theorie der Dissociation in wässeriger
Lösung zu Worte kommt, die sonst in keinem
Lehrbuche zu finden ist und im Gegensatze zu der
Arrhenius'schen steht (Nach R soll NaCl in
wässeriger LOsung unter Betheiligung des H^O-
Moleküls in NaOH und HCl zerfallen.)
Die Besprechung des Buches in diesen Blättern
hat sich wesentlich auf seine Brauchbarkeit für
den Arzt zu beschränken. Bei den beeohrftak-
ten Vorkenntnissen in diesen Kreisen, muss aus
dem Inhalte des Buches alles ausgeschieden wer-
den, was mit Mathematik operirt, u. A. das ganze
5. Capitel der Thermodynamik. Glücklicherweise
hat es R verstanden, in allen übrigen Abschnitten
die naive Deduktion durchzuführen, mit einziger
Ausnahme beim Massen wirkungsgesetza Das Buch
kann also wohl als brauchbares Lehrbuch für den
Arzt gelten. Es ist sicher nutzbringend, wenn
man sich in weiteren Aerztekreisen darüber klar
wird, dass mit dem Bisschen Osmoselehre und Dis-
sociation in wässeriger LOsung, die heutzutage in
ihrer Bedeutung so sehr überschätzt werden, die
physikalische Chemie noch lange nicht erledigt ist
Von den für den Arzt in Betracht kommenden
Werken gleichen Inhalts ist dem Bsf, nur das
kleine Cohen 'sehe Büchlein bekannt, das im
Wesentlichen an physiologisch - ohemisdien Bei-
spielen den Stoff behandelt; als Lehrbuch scheint
das R'sche überlegen zu sein, weil es den rein
chemischen Standpunkt wahrt und die Nutzanwen-
dung auf beliebige Specialgebiete dem Leser über-
lässt W. Straub (Leipzig).
35. Lehrbuch der allgemeinen nnd speoiel-
len Arsneiverordnnngslehre ; von Rudolf
Boehm. 3. vOllig umgearbeitete Auflage.
Jena 1903. Gustav Fischer. 8. IXu.334S.
(6 Mk.)
Von ihren Vorgängerinnen unterscheidet sich
die 3. Auflage des B. 'sehen Lehrbuches durch ge-
ringeren Umfang, was wesentlich durch „Abtren-
nung des im Laufe von Decennien abgelagerten
Niederschlags des Arzneischatzes'' erreicht wurda
Gleichfalls sind die Verweise auf ausländische
Pharmakopoen mit Ausnahme der österreichischen
und schweizerischen fallen gelassen worden. Neu
aufgenommen sind zahlreiche „neuere Arzneimittel"
und unter den Recepten die Berliner Magistral-
formeln. W. S t r a u b (Leipzig).
36. Narkologie. Ein HandbuA der Wissens
sehaft über aUgemeine tmd lokale SchmerxbetäU'
bung; von Dr. Benno Müller. l.u.2.Lief.
Leipzig-Reudnitz 1903. Aug. Hoffmann. 8.
160 S. (Je2Mk.)
Narkologie? Schon zur Vermeidung solcher
Wörterbildungen sollte man die griechische Sprache
V. Steinböchel. — Krönig.
215
in den Gymnasien Sanktioniren. Wfir's wenigstens
ein Plakat und kein Buch! Vor einiger Zeit wurde
die „klinische Osmologie'^ geprfigt, das war sohon
sohlimm, aber die,^arkologie^' ist noch schlimmer.
Die ,^arkologie'' ist die Schwester-„Wissensohaft"
der Chirurgie, die Mutter beider ist die Medioin,
die TOohter der „Narkologie*' sind die „Narkosio-
logie*' und die „An&sthetologie*' — auch recht
wohlgebildete MAdchen. Der Mann, der sich mit
Narkologie beschäftigt, ist der Narkologe — bei-
leibe nicht Narkotiseur. Doch rechten wir nicht
mit dem wOrterfreudigen Verfasser, wenn er auch
schon vorhandene Wörter misshandelt und con-
sequent von einem Ezcübtionsstadium spricht,
obwohl doch darin noch nichts exoidirt wird. Hier
eine beechttdene Frage; welcher Wissenschaft ge-
hören denn die Hypnotica, Chloralhydrat u. s. w.,
zu, mit denen der Yf. sich nicht beschäftigt, viel-
leicht der „Hyplogie"? —
Also das Ganze soll ein grosses dickes Buch
von 2 Bänden werden, uns liegen die beiden ersten
Lieferungen vor. Sie umfassen den allgemeinen
Theil; in einem recht bombastischen unsachlichen
Stile werden Einzelheiten StQck far Stück anein-
andergereiht, aus vermuthlich historischen Grün-
den Theorien erörtert, die längst überwunden sind.
Man könnte mit solcher Compilaticm ja schliess-
lich noch sich abfinden, wenn wenigstens die
Quellen ausführlich citirt wären, das fehlt aber
gänzlich ; auch mit den Eigennamen stimmt's nicht
immer genau, so heisst„Dastre^' stet6„Dastrd"
und aus „Bibra" wird „Bebra^^ Wir besitzen
heutzutage eine die kritischsten Gemüther befrie-
digende Narkosentheorie, diese Theorie ist nun so
oonfus reproducirt, dass ein Lernender unmöglich
daraus klug werden kann; mit wörtlichem Ab-
druck der Thesen der beiden Autoren H. Meyer
und 0 verton — die übrigens nicht zusammen
gearbeitet haben, was besser hervorgehoben werden
sollte — ist dabei nichts erreicht
Vielleicht werden die folgenden Lieferungen,
die .ja nicht mehr mit Rationellem sich beschäf-
tigen, besser, sonst möchte man das Ganze für
einen „Versuch mit unzureichenden Mitteln'^ an-
W. Straub (Leipzig).
37. Sobmenntündenmg und Harkoae in der
Oebnrtohülfe ; von Dr.Richard v.Stein-
bücheL Leipzig u. Wien 1903. Franz
Deuticke. Gr. 8. n u. 111 S. (4 Mk.)
Eine kritische ZusammensteUung aller für die
Geburthülfe in Betracht kommenden Narkosen-
methoden, die zu dem Resultate führt, dass die
combinirte Morphium - Scopolamin - Anästhesie am
meisten für den speciellen Zweck bietet
W. S t r a u b (Leipzig).
38. Die Anwendimg der neueren Theorien
der Iiösiingen in dw Gebnrtshülfe und
Gynäkologie; von B. Krön ig. Leipzig
1903. Georg Thieme. 8. 19 S. (80 Pf.)
In seiner Antrittvorlesung als Leipziger Prof.
extraord. giebt E. eine Uebersicbt über diejenigen
Gebiete der Gteburthülfe und Gyn&kologie, bei denen
die modernen Theorien der Lösungen zur Deutung
mancher bisher ungeklärter physiologischer und
pathologischer Erscheinungen in letzter Zeit heran-
gezogen worden sind oder herangezogen werden
können.
In erster Linie sind sie für die Lehre von
der Emfthrung des Foetus im Mutterleibe zu ver-
werthen; Durch die bisherigen Untersuchungen,
an denen £. wesentlich betheiligt ist, ist fest-
gestellt, dass mütterliches und kindliches Blut,
wenigstens zur Zeit der Geburt, sich im osmotischen
Gleichgewichtzustande befinden, dass demnach
alle durch den Stoffwechsel bedingten Concentra-
tionänderungen in beiden Flüssigkeiten durch die
Diffusion von Wasser, anorganischen und organi-
schen Substanzen, die in erster Linie auf den osmo-
tischen Druck zurückzuführen ist, sehr schnell
ausgeglichen werden. Aehnlich wie die Darmwand
wirkt wahrscheinlich die Ghorionmembran „orien-
tirend^' für die Richtung der Diffusionströme, so
zwar, dass sie den Uebertritt eiweisshaltiger Sub-
stanzen von der mütterlichen zur kindlichen Seite
zum Aufbau des fötalen Organismus gestattet,
aber nicht umgekehrt, ebenso den Uebertritt der
fötalen Stoffwechselprodukte (Harnstoff, Harnsäure
u. s. w.) vom Kinde zur Mutter, wenn der Foetus
nicht an seinen Stoffwechselprodukten zu Grunde
gehen soll.
Weitere Untersuchungen beschäftigen sich mit
der Bestimmung des elektrischen Leitungsver-
mögens des mütterlichen und des kindlichen Blutes
bei Thieren und damit weiter mit der Bestimmung
des sich daraus ergebenden Blutkörperchenvolu-
mens bei Neugeborenen und Mutterthieren. Bei
ersteren war es viel grösser als bei letzteren.
Weiter hat Füth den Gefrierpunkt des Blutes
von Gebärenden mit dem nichtschwangerer Frauen
verglichen und dabei ermittelt, dass das Blut der
ersteren einen relativ niedrigen Gefrierpunkt be-
sitzt Ebenso sind auch Gefrierpunktbestimmungen
des Fruchtwassers der (Gebärenden und der Milch
der Wöchnerinnen angestellt worden.
Was die Pathologie der Schwangerschaft an-
langt, so hat vor Allem die Eklampsie Veranlassung
zu Untersuchungen in dieser Richtung, zunächst
über die molekulare Concentration des Blutes ge-
geben. Dass Bousquet einen sehr niedrigen
(Gefrierpunkt des Blutes fand, Füth und E. selbst
keine Erniedrigung feststellen konnten, erklärt K.
durch die verschiedene Schwere der Erkrankungen.
Weitere Untersuchungen haben ergeben, dass
der erhöhte Blutdruck bei Nephritikern und Eklam-
ptischen nicht in der erhöhten inneren Reibung
des Blutes seine Erklärung findet.
Von besonderem Werthe sind die modernen
Theorien der Lösungen für die Ausbildung der ge-
burthülflichen und chirurgischen Asepsis geworden
216
V. Leyden und Klemperer, Die deutsche Klinik.
durch Heranziehung der von Arrhenius auf-
gestellten Theorie der elektrolytischen Dissociation
zur Beurtheilung des Desinfektionwerthes der Des-
infektionmittel. Die Salze in wftsserigen Lösungen
desinficiren nach Maassgabe ihres elektrolytischen
Dissociationgrades. FQr die Desinfektion in wäs-
serigen Lösungen wird man, um eine möglichst
starke Wirkung zu erzielen, z. B. denjenigen
Quecksilbersalzen den Vorzug geben, die am weit-
gehendsten dissociirt sind, während man dort, wo
eine entwickelungshemmende Wirkung auf Bak-
terien in Geweben, also bei Gegenwart eiweiss-
haltiger Substanzen, erzielt werden soll, diejenigen
Quecksilber- und Silbersalze bevorzugen wird, bei
denen die Concentration der Metall-Ione in wässe-
riger Lösung eine geringe ist und die die ge-
ringste Aetzwirkung zeigen (Sublamin, Protargol,
Argonin, Quecksilberthiosulphat).
J. Praeger (Chemnitz).
30. Die deataohe Klinik am Eingange des
xwaniigsten Jahrhunderts. In akademi-
schen Vorlesungen herausgegeben von Prof.
Dr. Ernst von Leyden und Dr. Felix
Klemperer. Berlin u. Wien 1 903. Urban
& Schwarzenberg. Gr. 8. Lief. 79. Bd. IX.
p. 421—500. (1 Mk. 60 Pf.)
Die vorliegende 79. Lieferung enthUt Vor-
lesung 18—20.
18. Vorlesung (p. 421—460): üeber du Miüel
und Wege zur ErkenrUniss von FrauenkrankheUen ;
von F. V. Winckel in München.
V. W. beginnt mit dem Examen der Kranken
und bespricht dann die eigentliche Untersuchung
kranker Frauen. Die Untersuchung des Gesammt-
kOrpers, der Constitution und der Brustdrüsen wird
zuerst kurz berührt und dann die Untersuchung
des Unterleibes eingehend abgehandelt Die Vor-
züge der einzelnen Lagerungen der zu Untersuchen-
den : einfache Rückenlage, Seitenlage, Enie-Ellen-
bogenlage und Beckenhochlagerung werden be-
sprochen. Es folgen die Adspektion, die Palpation,
die Perkussion, wobei v. W. die palpatorische Per-
kussion unterscheidet, und die Auskultation. Die
bimanuelle Untersuchung, die Untersuchung mit
der Uterussonde, deren Anwendung gegen früher
sehr eingeschränkt ist, die Erweiterung der Gebär-
mutter zu diagnostischen Zwecken, die Spiegel-
untersuchung, die Untersuchung des Uterussekretes,
die Probeausschabung der Gebärmutter, die Probe-
punktion und zuletzt die Probe-Incision der Bauch-
decken werden eingehend erörtert Bei einfachen
Untersuchungen benutzt v. W. mit Vorliebe das
röhrenförmige und das Cusco'sche Speculum,
bei Operationen dagegen die rinnen- und platten-
förmigen Spiegel.
Bei den Untersuchungsmethoden bei Erkran-
kungen der Harnröhre, Blase, Ureteren und Nie-
ren wird die Austastung des Blaseninneren durch
die erweiterte Harnröhre, ferner die Katheterisirung
der Ureteren ausführlicher erwähnt Die bima-
nuelle Untersuchung vom Mastdarme und von den
Bauchdecken aus, die Anwendung des elektrischen
Lichtes für die Durchleuchtung der weiblichen
Sexualorgane, die Benutzung der Böntgenstrahlen,
die mikroskopische und chemische Untersuchung
von Sekreten, Produkten, Exsudaten und Tumoren
werden ausserdem noch abgehandelt Zum Schlüsse
seiner interessanten Ausführungen hebt v. W. die
Wichtigkeit hervor, in einzelnen Fällen auch den
Mann der Patientin vor das Forum zu ziehen, so
bei Erkrankungen an Gonorrhöe und bei Sterilität,
für deren Beurtheilung F. A. Kehr er besonders
auf die Bedeutung der Spermauntersuchung hin-
gewiesen hat
1 9. Vorlesung (p. 46 1 —482) : Z>0r Kaisersekmii
nach seinem heutigen Standpunkte; von R. 01s-
hausen in Berlin.
0. schildert zunächst die von ihm geübte Art
der Ausführung des Kaiserschnittes. Nach Ein-
schneiden der Bauchdecken wird der Uterus vor-
gewälzt, von Gompression der Cervix wird ganz
abgesehen und der Uterus durch einen Längschnitt
mit möglichster Vermeidung der Plaoenta eröffnet
Von dem Fr it seh 'sehen queren Fundalschnitte
verspricht sich 0. keinerlei Vortheile. Der Uterus-
schnitt wird mit 10 — 12 Muskelnähten und darüber
mit fortlaufender Peritonäalnaht geschlossen. Das
Nahtmaterial ist Gatgut, das in ca. 4proa alkoho-
lischer GarboUösung gekocht und dann in 90proc.
Alkohol aufbewahrt wird.
0. hat in den letzten 15 Jahren 80 mal den
Kaiserschnitt ausgeführt 62 Fälle betrafen enge
Becken, von diesen 62 Operationen nahmen 5=>
8% einen tödtlichen Ausgang. Von den 62 Becken
waren 49 rhachitisch, 4 gleichmässig allgemein
verengt, 3 kyphotisch, 2 ankylotisch schräg ver-
engt, 1 doppelseitig ankylotisch quer verengt,
1 durch Knochentumor verengt und 1 pseudo-
osteomalacisch. In den 18 anderen Fällen gaben
andere Anomalien die Indikation : 4mal Eklampsie,
3mal Carcinoma uteri, je 2mal Nephritis, Vitium
oordis und Vaginofixatio uteri und Imal Stenosis
vaginae. Von diesen 18 Frauen starben 8.
Die Symphyseotomie kann nach O.'s Ansicht
namentlich ausserhalb der geburthülflichen An-
stalten, mit der Sectio caesarea nicht concurriren.
Die Po rro- Operation ist nach 0. heutzutage nur
dann indicirt, wenn es sich darum handelt, die
Gefahr eines zur Zeit der Operation schon inficirtai
Uterus zu beseitigen.
20. Vorlesung (p. 483—500): üeber die An-
zeigen für die Zangenoperaiion ; von F. v. Winckel
in München.
V. W. wendet sich scharf gegen den kritik-
losen Gebrauch der Zange und weist auf F. B.
Oslander hin, der in 30 Jahren unter 2540 Ge-
burten 1016 mit der Zange beendete. Im Gegen*
Satze zu diesem Geburthelfer steht Johann
Lucas Beer in Wien, der bei 2926 Geburten
Degre, Therapie der Kinderkrankheiten. — Fi sohl, Ernährung des Säuglings.
217
nur 7inal die Zange gebrauchte. Auch jetzt be-
stehen nach V. W. sehr bedeutende unterschiede
in der Häufigkeit des Zangengebrauohes in den
europäischen Kliniken; sie schwanken zwischen
1.4% und II.60/0, die mittlere Ziffer beträgt
etwa 3*/o. v. W. bespricht die Frequenz der
Zangenoperationen in folgenden Kliniken: Basel
1887—1893, Bern 1873—1890, Jena 1863—
1888, Bonn 1885—1895, Tübingen 1895—
1900, Dresden 1883— 1888 und Mfinchen 1883—
1902.
Die Hauptansichten der entsprechenden Be-
richte fasst V. W. in folgenden Sätzen zusammen :
„1) Die Wehenaehtpäehe wird noch immer als eine
Indikation bei längerer Oeburtsdauer betrachtet in
Basel, Bern, Bonn; nur sehr bedingt, und zwar
bei Mehrgebärenden, nicht bei Erstgebärenden in
Tübingen. 2) Die Beekenmge wird für Contra-
indikation erklärt in Bern und Jena. 3) „SehtU-
xangen", d. h. Zangenoperationen nur zur Ein-
übung Studirender, ohne sonstige Indikation wer-
den für erlaubt gehalten in Basel und Bonn, ener-
gisch bekämpft in Tübingen und Dresden. 4) Von
allen Seiten wird zugegeben, dass die Zangenope-
rationen weit zahlreichere Verletxungen an den
fnüUerUehen Weichiheüen bewirken, als ohne die-
selben entstehen: Tübingen 40.3Vo (statt 16.35<>/o),
Bonn 75.70/0, Bern67.7o/t, Basel 84.6%. 5) Auch
die häufigere Nothwendigkeit der künatüehen Pia-
cmicarlösungm wird von Tübingen mit 4.84%,
Basel mit 70/^ constatirt 6) FUiber hei dm Wöch-
nerinnen kam in Tübingen in 11.3%, in Jena
in 18.2%, in Basel in 23.4% vor. 7) Todesßüe
der Mütter in Jena 1.05%, Tübingen 1.6%, Bonn
3.8%, Bein 6.8% (3.2% septisch). 8) Von den
Kindern unterlagen in Bonn 4.90/p, in Jena 4.90/^,
in Tübingen 9.6%, in Dresden 12%, in Bern
14.20/0. 9) Schwere iödtliche Verletzungen durch
die Zange erlitten die Kinder in Basel in 3.80/o.
10) Die ^u;efte Schädellage, die VorderscheitelsieUun'
gen und die Oesiehtslagen machen häufiger, als
nach ihrem Vorkommen zu erwarten wäre, die
Zlinge nothwendig.^'
V. W. vergleicht nun mit diesen Ergebnissen
seine eigenen, in München in den letzten 19 Jahren
gemachten Erfahrungen. Er betont dabei zunächst,
„dass er auch schon mehr als 40 Jahre Privat-
praxis und darunter eine ausgedehnte geburts-
hülfliohe bei Hoch und Niedrig, bei Arm und
Beich ausgeübt hat und dass er noch niemals sich
genöthigt gesehen hat, in der Privatprazis andere
geburtshülfliche Grundsätze anzuwenden, wie er
sie in seinen verschiedenen Kliniken und mit
allen seinen Assistenten jederzeit befolgt hat".
Y. W. gebraucht die Zange nur auf strengste Indi-
kation hin ; die sogen. Schulzangen erklärt er für
durchaus verwerflich, deren Nutzen für ganz illu-
sorisch. Die Anzeigen zur Zange werden weder
durch Wehenschwäche, noch durch Beckenenge
gegeben; beide contraindiciren vielmehr deren
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft 2.
Gebrauch. Die einzigen sicheren Anzeigen sind:
Oefahr für Mutter und Kind oder für Beide. Die
Zange ist zwar ein unentbehrliches, aber durchaus
kein ungefährliches Instrument Ihre Gefahr be-
ruht in den durch sie bewirkten Verletzungen und
Durchreissungen der Weichtheile und den dadurch
bedingten häufigen plastischen Operationen, in
starken Blutungen, in den ungewöhnlich oft noth-
wendigen künstlichen PlacentalOsungen und in
den nicht seltenen Verletzungen des Kindes.
Art h. Hoffmann (Darmstadt).
40. Therapie der Kinderkrankheiten. Ency-
klopädisch nach den neuesten Erfahrungen be-
arbeitet; von Dr. Wilhelm Degr6, Chef-
arzt des Jodbades Darkau. Leipzig 1903.
F. C. W. VogeL Gr. 8. 351 S. (10 Mk.)
Der Inhalt des Buches ergiebt sich ohne Weiteres
aus dem Titel. D. hat sich bemüht, möglichst voll-
ständig zu sein, und zu diesem Zwecke namentlich
die neuere Literatur in ausgiebiger Weise heran-
gezogen. Nach dem Empfinden des Bef. arbeitet
er jedoch viel zu viel mitBeceptformeln, die in er-
müdender Wiederholung immer und immer wieder
aufgeführt werden, während er die Diätetik und
Hygieine zu sehr zurücktreten lässt. So wird z. B.
der praktisch doch recht wenig wichtige Diabetes
insipidus unter Angabe von 12 Becepten auf 2 Seiten
abgehandelt; die „Kinderhygiene'' muss sich mit
3 Seiten begnügen. Das ist doch kein rechtes Ver-
hältniss. Bei Besprechung der Diphtherie wird
der Serumbehandlung mit Recht eine ausführliche
Besprechung gewidmet. Alles andere kommt aber
zu kurz weg, vor Allem die so überaus wichtige
Herzerkrankung. Hier ist nur vom Gollaps die
Rede. Dieser kann aber doch durch strenge Bett-
ruhe recht oft verhütet werden. Darauf hinzuweisen
wäre nützlicher gewesen und hätte nicht mehr
Raum beansprucht als dieReceptformelzurCofifein-
einspritzung, die D. anführt Dass D. Badeorte mit
aufzählt, ist gewiss zu billigen. Es fehlen jedoch
recht viele bekannte, so z. B. die Soolbäder Thürin-
gens und namentlich Kolberg. Die ausführliche
Besprechung der Melzi 'sehen Methode zur Be-
handlung der chronischen Mittelohreiterungen fällt
vollständig aus dem Rahmen der sonstigen Dar-
stellung. Brückner (Dresden).
41. Die Bmahnmg dee Bioglings in gesun-
den und kranken Tagen. Vorträge als
volksthümlieher Hochschuleurs gehalten an der
Prager Universität; von Dr. Rudolf Fischl.
Stuttgart 1903. Ferd. Enke. Gr. 8. 132 S.
(2Mk.)
In glänzendem Stile, dessen Genuss nur durch
den zu reichlichen Gebrauch recht unnGthiger
Fremdwörter hin und wieder beeinträchtigt wird,
in geradezu vorbildlicher, leicht fasslicher, allge-
mein verständlicher und dabei sehr gründlicher
Weise bespricht F. die Säuglingsemährung. Das
218
Toeplitz. — Apt. — Unna. — JadaBSohn. — StrOhmberg.
kleine Buch wird auch von Aerzten mit Yortheil
gelesen werden. Brückner (Dresden).
42. Die Emähning des Kindes. Ein Weg-
weiser für Mütter aller Stände; von Dr. Fritz
Toeplitz in Breslau. Breslau 1903. Preussd
Jünger (Arthur Jünger). 8. 19 8. (50 Pf.)
Den Yortheil der kleinen Schrift sieht der Ref.
vor Allem in der Kürze. Mehr als hier gesagt ist,
brauchen die Frauen gar nicht zu wissen. Wenn
sie nur das Wenige recht beherzigen wollten ! Den
Satz : „Ein Eind, das noch nicht allein laufen kann,
soll auch noch nichts anderes als Milch bekommen^'
möchte Bef, nicht unterschreiben.
Brückner (Dresden).
43. Das Stottern. Zur Belehrung für Stotterer,
deren Eltern und Lehrer; von Dr. H. Apt,
Specialarzt für Sprachstörungen. Breslau
1903. Preuss & Jünger (Arthur Jünger). 8.
17 S. (40 Pf.)
Eine leicht fassliohe Darstellung des Stotterns
mit Hinweis auf die Wichtigkeit der psychischen
Behandlung. Brückner (Dresden).
44. Pathologie und Therapie des Bksems ;
von P.G.Unna. Wien 1903. Alfred Holder.
Gr. 8. 234 S. mit 6 Tafeln. (5 Mk.)
Das Unna'sche Buch muss mit Freuden be-
grÜBst werden. Es füllt geradezu eine Lücke aus,
indem es versucht, dem sehr schwankend gewor-
denen Begriffe des Ekzems wieder eine feste Grund-
lage [und wie es scheint, in sehr gelungener Weise]
zu geben. In dieser Hinsicht ist schon der 1. Ab-
schnitt, nAmlich die vorzügliche geschichtliche
Uebersicht, von grossem Interesse. Besonders wird
den Alteren, noch in der Heb ra 'sehen Ekzem-
anschauung aufgewachsenen, Aerzten die Schwäche
dieser letzteren Anschauung klar werden. Dass
das Buch, so vortrefflich und klar Alles dargestellt
ist, nicht Allen gerecht wird, sondern ganz vorzugs-
weise U.'s Ansichten enthält, ist nur natürlich.
Die U.'schen Anschauungen treten besonders bei
den detaillirten Ausführungen über das sebor-
rhoische Ekzem hervor, das ja ü. erst aufgestellt
hat. Dies und das pruriginöse Ekzem hebt er als
schon jetzt gut zu charakterisirende Ekzemarten
als klinische Bilder hervor, während im Uebrigen
nach ihm zur Zeit nur einzelne Erscheinungsformen
des Ekzems (wie Eczema erythemato-squamosum,
papulo-vesiculosum , madidans, orustosum, verru-
cosum, callosum und andere) beschrieben werden
können.
Seinen Forschungen entsprechend, tritt er für
die parasitäre Theorie des Ekzems ein.
Die Therapie ist zwar kurz, aber klar be-
handelt.
Die beigegebenen Photographien zeigen ver-
schiedene Bilder des seborrhoischen Ekzems.
Y. Lehmann (Berlin).
45. neber Pmiigo und Neorodennitlden.
Zwei klinische Vorträge für praktische Aerxte;
von Prof. Dr. Ja das söhn. München 1903.
Seitz & Schauer. Gr. 8. 32 S. (1 Mk.)
Die Aetiologie und Pathogenese der Prurigo ist
noch ganz unklar. Ein Fingerzeig scheint aber in
der therapeutischen Erfahrung zu liegen, dass in
den meisten Fällen sich unter Hospitalbehandlung
(ganz gleich, welcher Art, auch wenn sie nur in
einem wöchentlichen Reinigungsbade besteht) die Er-
scheinungen stark zurückbilden oder verschwinden.
Die Lebensbedingungen ausserhalb des Spitals
müssen also einen wesentlichen Antheil am Zu-
standekommen des Symptomencomplexes haben.
Es wird sich nach J.'s Erfahrungen dabei in erster
Linie um die Ernährung, Lagerstatt und Beklei-
dung handeln. Diesen Momenten wäre vom prak-
tischen Arzte nachzuspüren.
Eine der Prurigo nahestehende Krankheitgnippe
ist unter dem Namen „Neurodermitiden'' in Frank-
reich vom Ekzem losgelöst und selbständig gemacht
worden. Der Name Neurodermitis beruht auf der
Anschauung, die seitens der französischen Schule
auch bei der Prurigo geltend gemacht wird, dass
der Juckreiz das primäre, die Knötchen ein sekun-
däres Symptom seien (weswegen auch alle diese
Affektionen als „Pruriginös'' bezeichnet wurden).
Die hauptsächlichsten Typen sind die Neuro-
dermitis chronica circumscripta (^s Liehen chroni-
cus Vidal) und die Neurodermitis diffusa. Die erstere
Erkrankung bildet „licheniücirte" Plaques, mit oder
ohne blasse oder lebhaft rothe papulöse Elemente,
in der Mitte gewöhnlich infiltrirt Die Plaques
sitzen meist an Hals, Nacken, Ellen- und Knie-
beugen, Innenseite der Oberschenkel, Handgelenk,
Glutäal- und Genitalgegend. Jucken besteht meist
in hohem Grade. Ekzem tritt häufig hinzu. Eine
primäre Nervenerkrankung nimmt J. nicht an. Die
Therapie besteht im Wesentlichen in Theer und
Salicyl; manchmal ist Exstirpation nöthig.
Unter den (noch wenig gekannten) diffusen
Neuritiden sind die Lichenifikation unddieekzemato-
lichenoide Form zu unterscheiden. Die Lokalisation
weicht von derjenigen der Prurigo Hebrae ah.
Therapie : Theer, Tumenol, Menthol, Schwefelbäder,
auch alle juckstillenden Mittel
Y. Lehmann (Berlin).
46. Die Bekämpfong der ansteokenden Oe«
flohleohtskranklieiten im deutsohen Beioh ;
von Dr. C. Ströhmberg in Jurjew(Dorpat).
Stuttgart 1903. Ferd. Enke. Gr. 8. YII n.
87S.mitlfarb.üebersicht8karte. (2Mk.80Pf.)
Das Buch behandelt im I.Abschnitte die Chmor-
rhöe, die Syphilis, das Ulcus molle, ihren Verlauf
und die Wege ihrer Verbreitung. Der Schwer-
punkt liegt aber im 2. Abschnitte, der die Mittel
(id est: die Prophylaxe) gegen die Geechleohta-
krankheiten behandelt und dabei auch besonders
die Prostitution bespricht Es kommt da vielerlei
V. Niessen. — Warfvinge.
219
sur Sprache: z. B. die H&nnerkenschheit, der
Socialismus , die Trinkgewohnheiten, die gesell-
Bchaftlichen Ansichten. Einen Hauptpunkt bilden
die Vorschlfige zur besseren Controle und fort-
dauernden Behandlung der Prostituirten.
Das Werk ist von einem ernsten, idealen Qeiste
durchweht Allerdings schiesst wohl der Idealis-
mus oft Qber das Ziel hinaus, so dass einige An-
schauungen (siehe z. B. die AusfQhrungen über
Mftnnerkeuschheit) vielleicht auch bei Aerzten nicht
viel Zustimmung finden dürften. Die Darstellungs-
weise macht das Buch übrigens nicht nur für
Aerzte, sondern auch für gebildete Laien lesbar,
und gerade letzteren dürfte unseres Erachtens die
Lektüre sehr nützlich sein.
y. Lehmann (Berlin).
47. Womit sind die anateokenden Qe-
Bohleohtskrankheiten als VolksBeuohe im
deutschen Reiche wirksam bu bekämpfen ?
von Dr. Max v. Niessen in Wiesbaden.
Hamburg 1903. Gebr. Lüdeking. Qr. 8.
40 S. (1 Mk. 50 Pf.)
Die hauptsächlich für Laien bestimmte Arbeit
ist jedenfalls in bester Absicht und in bestem
Glauben geschrieben und giebt, wenn auch nicht
neue, so doch meist werthvoUe Ausführungen und
Rathschläge, auf deren Begründung im Einzelnen
nicht eingegangen werden soll. Trotzdem berührt
die Schrift in mancher Hinsicht recht seltsam. So
wird sowohl der Arzt, wie seine Wissenschaft ver-
schiedentlich und unmotivirt heruntergesetzt, so
werden die v. N.'schen (doch mindestens noch
zweifelhaften) Syphilisbacillen, die im Grunde mit
Gonokokken und Tuberkelbacillen identisch sein
sollen [I], als unanfechtbare Thatsache hingestellt
Und ob es sehr zweckmässig ist, dem Laien mit-
zutheilen, dass (nach v. N.) die Syphilis absolut
unheilbar ist, darf wohl bezweifelt werden.
Die ,J7aturheilkundigen^* können aber ihre
Freude an der Schrift haben. Denn das Queck-
silber ist (nach v. N.) weit davon entfernt, ein
gutes Heilmittel zu sein, hat vielmehr schon viel
grossen Schaden angerichtet; der Impfzwang ist
unnöthig und verwerflich; den Laien soll die
Kurierfreiheit (ausser bei Geschlechtskrankheiten)
ruhig gelassen werden ! V. Lehmann (Berlin).
48. Irsberättelse (21 ooh 22) firän Sabbats-
bergs sjukhus i Stookholm för 1889 oob
1900; afgifven af Dr. F. W. Warfvinge.
Stockholm 1901. Isaac Marcus' boktr.-aktie-
bolag.' 8. 78 o. 144 s. — (28 ooh 24)
för 1901 ooh 1902. 1903. 8. 343 s. o.
3 tabeller.
Im Erankenhause wurden behandelt im Jahre
1899 4176, im Jahre 1900 4078, im Jahre 1901
4232, im Jahre 1902 4100 Kranke; neu aufge-
nommen waren in denselben Jahren 4013, 4078,
3918, 3794 Kranke. Von diesen neu aufgenom-
menen Kranken wurden in der medicinischen Ab-
theilung aufgenommen 2342, 2246, 2338, 2193,
in derchirurgischen Abtheilung 1247, 1200, 1267,
1285, in dergynäkologischen Abtheilung 272, 309,
318, 316. Es starben im ganzen Krankenhause
339, 283, 293, 308; in der medicinischen Abthei-
lung 260, 218, 293, 216, in der chirurgischen Ab-
theilung 74, 61, 71, 86, in der gynäkologischen
Abtheilung 5, 4, 7, 6.
Der Bericht für 1899 enthält statistische Zu-
sammenstellungen Aber die medicinische Abtheilung
(Unterarzt SamEkstrOm) über die chirurgische
Abtheilung, sowie über die in dieser Abtheilung
und in der Poliklinik ausgeführten Operationen
(Unterarzt E. A. Erikson) und über die gynäko-
logische Abtheilung (E r n s t T. F e 1 1 s t r ö m). Für
das Jahr 1900 ist der summarische Bericht über
die medicinische Abtheilung verfasst vom Unterarzt
K. D. AkerstrOm, der über die chirurgische
Abtheilung und über die Operationen von Emil
Bovin, der über die gynäkologische Abtheilung
und die in ihr ausgeführten Operationen von Kurt
Binman, wozu Dr. F. Westermark noch
specielle Bemerkungen über interessante Einzel-
heiten (Abrasion der Uterusschleimhaut wegen
Endometritis , Prolapsoperationen , Ventrofixatio
uteri, Operation wegen Salpingo-Oophoritis, Tuben-
sohwangerschaft, Ovariengeschwülste) fügt
Die Berichte für 1901 und 1902 enthalten
statistische Angaben über die im Krankenhause be-
handelten Krankheitfftlle und über die Todesfälle,
specielle Berichte über die chirurgische Abtheilung
und die Operationen von H.A. C. Reuterskiöld
und über die in der gynäkologischen Abtheilung
ausgeführten Operationen von S. Q. Bolinder
(1901) und W. Uhlemann (1902).
Ausserdem enthalten die Berichte noch, wie
gewöhnlich, specielle Mittheilungen und Abhand-
lungen.
Im Berichte für 1899 und 1900 theilt Dr.
K S. Perman einen Fall von einer besonders
schweren IHgemimuneuralgie mit, die über 17 Jahre
bestanden hatte und durch Exstirpation des Gan-
glion Gasseri geheilt wurde. Die exstirpirte Ge-
schwulst wurde von Dr. K Holmgren histo-
logisch untersucht; die Nervenzellen boten das
Bild der elektrischen Reizung. Vor der Exstir-
pation des Ganglion Gasseri waren wiederholt peri-
pherische Trigeminusäste resecirt worden.
Ferner theilt Dr. Perman einen Fall mit, in
dem die Nephrektomie der linken Niere wegen
einer bösartigen Nierengeschwulst (Hypemephrom,
Struma suprarenalis aberrat) ausgeführt und Hei-
lung erzielt wurde.
Dr.F. Westermark berichtet über 100 Fälle
von aupravaginakr UterusexsHrpatian wegen Myom.
Von diesen Fällen hat er 40 schon früher ver-
öffentlicht und theilt nun die übrigen 60 mit Von
den 100 operirten Patientinnen starb nur eine (der
Tod war nicht durch die Operation verursacht), die
220
Warfvinge, Arsberättelse frin Sabbatsbergs sjukhus i Stockholm.
übrigen genasen alle. W. bespricht ausführlicher
die Operationmethode und die Complikationen nach
der Operation.
Ausserdem bespricht Westermark noch die
OpercUion der Oystocek und theilt 3 Fftlle mit,
in denen Heilung durch die Operation erzielt
wurde.
Dr. Emil Bovin theilt 2 Fftlle von uti^et^/in-
liehen Hernien mit, einen Fall von einrftumiger
Inguino - Properitonäalhernie , die durch Massen-
reduktion einer freien 'Scrotalhernie entstanden war
und durch Operation geheilt wurde, und einen Fall
von innerer Einklemmung nach Reposition einer
eingeklemmten Inguinalhemie, die durch Operation
nach Laparotomie geheilt wurde.
Dr. E. Per man bespricht ferner in deutscher
Sprache die Behandlung van ecdeulöaer Anurie bei
nur einer Niere (vgl. Nord. med. ark. Äfd. I. Nr. 23.
1901).
Dr. E. Q.Johnson und Dr. W. Stridsberg
berichten über die chirurgische Behandlung der gut-
artigen Oasirasienose nach Dlceraüo ventriculi auf
Grund von 48 Fällen, von denen in 3 die Pyloro-
plastik, in den übrigen die Gastroenterostomie aus-
geführt wurde. In 40 Fällen erfolgte nach der
Operation mehr oder weniger vollständige, in 3 nur
unvollständige Heilung; in 6 Fällen starben die
Kranken nach der Operation, in einem Falle wahr-
scheinlich durch Chloroform Vergiftung 6 Tage nach
der Operation, in 2 an allgemeiner, in 1 Falle an
begrenzter Peritonitis, in 1 durch Perforation eines
Magengeschwürs.
Der Bericht über 1901 und 1902 enthält zu-
nächst einen Aufsatz von Prof. Curt Wallis über
das Vorkommen des Diabetes mellitus in verschie-
denen OeseüschafÜdassen und seine Bedeutung für
die Volksversicherung, In den ersten 23 Jahren des
Bestehens des Sabbatsbergkrankenhauses kamen
unter 6094 Todesfällen 33 (0.54<>/o) an Diabetes
vor ; bei den vermögenden Klassen betrug aber die
Sterblichkeit an Diabetes 2.5% derGesammtsterb-
lichkeit, bei den ärmeren nur 0.43<^/o. W. zieht
hieraus den Schluss, dass die Sterblichkeit an Dia-
betes für die Volksversicherungsgesellschaften von
keinem Belang ist, weil der Diabetes vorzugsweise
eine Krankheit der wohlhabenden Klassen ist.
Ein Aufsatz von Dr. Warfvinge über Tuber-
kulose enthält ausser einer eingehenden Uebersicht
über die Infektiosität der Tuberkulose, der Ver-
breitungsweise, der Disposition, der Erblichkeit und
der Prophylaxe namentlich die Beschreibung des
Titberkulos^aviüons im Sabbatsbergkrankenhause.
Dieser Pavillon, der am 16. Dec. 1899 eröffnet
wurde, und für 32 Betten eingerichtet ist, bietet
eine freie und weite Aussicht und liegt mitten in
Promenadenanlagen. Die Veranden und Kranken-
räume sind nach Süden gerichtet. Zum Schutze
gegen ungünstige Winde dienen Fensterflügel, die
sich oben und unten um in der Mitte der Quer-
leisten des Fensterrahmens angebrachte Zapfen um
die Vertikalachse des Flügels nach jeder Richtung
drehen lassen. Die oberen Theile der Fenster sind
schräg nach innen verstellbar. Bettstellen und
Liegestühle sind von Eisen mit Drahtfedermatratzen.
Die Decken sind glatt, ohne Leisten und Vorsprünge,
die Fussböden mit Linoleum belegt. Spucknäpfe
aus Porzellan stehen theils auf den Nachttischen,
theils in an der Wand angebrachten Ringen, sie
haben Sanduhrform mit sehr steilem Abfall des
oberen, trichterförmigen Theiles.
Arnold Josefson theilt 3 seltenere Krank-
heitfälle mit. Der 1. betrifft einen 31 Jahre alten
Seemann mit Stenose des Isthmus aortae, die wäh-
rend des Lebens diagnosticirt worden war und
durch die Sektion bestätigt wurde. Der 2. Fall
betrifft einen 77 Jahre alten Mann mit primärem
Lungenkrebs, der mit pleuritischem Exsudat auf
der linken Seite aufgenommen worden war. Die
mikroskopische Untersuchung ergab sowohl im
Pleuraexsudat, wie in dem Sputum Krebszellen mit
Mitosen. Ausser diesem Falle sind im Sabbats-
bergkrankenhause seit 1897 noch 10 andere Fälle
vorgekommen, in denen die Sektion primären
Lungenkrebs ergab. Der 3. Fall betrifft einen
42 Jahre alten Arbeiter mit Morbus Äddisonii, bei
dem sich im Blute Hyperglobulie fand.
John Landstrüm berichtet über die Er-
fahrungen, die seit dem März 1902 in der chir-
urgischen Klinik bei der Analgesie mittels Aether-
rausch gemacht worden sind. Die Analgesie trat
oft schon nach der 2. Inspiration ein. Als die
wichtigsten Vortheile der Methode hebt L. hervor
die Gefahrlosigkeit, das Fehlen von unangenehmen
Nachwirkungen und die Geschwindigkeit des Ein-
tretens der Analgesie. Nach L. ist die Methode
auch bei länger dauernden Operationen anwendbar;
sie wurde auch in Verbindung mit lokaler An-
ästhesie angewendet.
Nach Otto SsLndher g^s Studien Ober Krebs
kamen im Sabbatsbergkrankenhause von 1879 bis
1900 2153 Fälle von Krebs (623 bei Männern,
1530 bei Weibern) zur Beobachtung (1.71«/o der
im Ganzen aufgenommenen Männer, 4^,32^1^ der
im Ganzen aufgenommenen Weiber). Das starke
Ueberwiegen des weiblichen Geschlechts beruht
wesentlich auf der grossen Häufigkeit des Vor-
kommens in der gynäkologischen Abtheilung. Haut-
krebs kam in 111 Fällen vor, am allerhäufigsten
im Gesicht (86 Fälle) ; Schornsteinfegerkrebs und
Paraffinkrebs kamen nicht vor. Krebs im Knochen-
system betraf am häufigsten den Oberkiefer und
Unterkiefer. Am häufigsten und am bedeutungs-
vollsten ist das Vorkommen des Krebses in den
Verdauungsorganen und hier wieder am häufigsten
im Magen (544 Fälle), häufiger bei Männern
(315 Fälle) als bei Weibern (229 Fälle). Der Magen-
krebs hatte am häufigsten seinen Sitz am Pylorus,
danach in der Curvatura minor und in der Kardia.
Vom Darmkanale war am häufigsten das Rectum
be^en (151 Fälle), weniger häufig der Dickdarm
Sievers, ArsberätteLse frAa Maria sjukhus i Helsingfors.
221
(68 Fälle), im Dünndarme kommt der Krebs selten
vor. Von den weiblichen Qeschlechtsorganen war
am häufigsten der Uterus von Krebs befallen
(483 FäUe), dann das Ovarinm (171 Fälle). Krebs
in der Brustdrüse ist bei Weibern in 288 Fällen
vorgekommen, bei Männern nur in einem Falle.
Den Schluss bildet ein sehr umfangreicher
(S. 160—343), mit Illustrationen und Tabellen
versehener, bedeutungsvoller Aufsatz von Arnold
Josef son: Siitdien über Akromegalie und Hypo-
physentumoren. J. bespricht zunächst die Akro-
megalie und einige damit verwechselte Zustände
mit sehr ausfQhrlicher Mittheilung von 8 Fällen,
dann die Symptomatologie der Hypophysentumoren
unter Berücksichtigung der SehstOrungen und der
frühzeitigen Diagnose, mit 7 weiteren Fällen, die
Exstirpation der Hypophyse bei Thieren und die
Besiehungen zwischen Schilddrüse und Hypophyse
unter Mittheilung von einem Falle, und schliess-
lich den Zusammenhang zwischen Akromegalie
und Veränderungen der Hypophyse. (Vgl. auch
dieses Heft der Jahrbücher p. 179.)
Walter Berger (Leipzig).
49. Inber&ttelse firän Maria sjokhiu i Hel-
siiigfoni f 5r är 1901 ; af gifven af Dr. R S i e -
vers. Helsingfors 1902. Helsingfors Cen-
traltryckeri. 8. 65 , 35 o. 10 s. o. 1 pL
— lör är 1902. Ibid. 1903. 8«. 120, 12 o.
9 s. 0. 3 pL
Im Jahre 1901 wurde der ohnehin schon schlecht
ausreichende Baum im städtischen Mariakranken-
hause in Helsingfors noch unzulänglicher durch
eine Typhusepidemie, die in der Stadt herrschte,
so dass man sich genOthigt sah, eine für den Fall
einer Gholeraepidemie frei gehaltene Baracke zu
belegen. Man hoffte, dass im Winter die Typhus-
epidemie abnehmen würde; das war aber nicht
der Fall, im Oegentheile nahm sie zu und wurde
büsartiger. Der Winter trat auch zeitig ein, so
dass die für den Sommer berechnete Cholerabaracke
unbrauchbar wurde und man sich genöthigt sah,
ein anderes Gebäude, das einen Saal und 6 Zimmer
enthält, in aller Oeschwindigkeit zu einer Filiale
des Krankenhauses einzurichten. Die Kranken,
die nicht an Typhus oder Tuberkulose litten, wur-
den mit Betten und Bettzeug in einem, gerade aus
Stockholm angekommenen Epidemiekrankenwagen
in die Filiale überführt, während die Typhus-
kranken aus der Cholerabaracke in die durch die
Evacuation verfügbar gewordenen Bäume gelegt
wurden. Die Filiale wurde vom 10. Nov. 1901
bis zum 1. Juni 1902 zu Hospitalzwecken benutzt.
Im Jahre 1902 wurde der im September in Angriff
geoommeDe medicin.-ohinirg. Pavillon für ungefähr 60,
tiieils an inneren, theils an chirargischen Krankheiten
Leidende vollendet und die Abtheilnng für innere Kranke
am 1. Juni, die ohirargisohe Abtheilnng, die unter die
Leitung Dr. £. S a n d e 1 i n*8 gestellt wurde, Ende November
belegt Die chirurgisohe Abtheilnng besitzt 2 Operation-
säle, einen für Operationen an septischen Kranken und
einen für aseptische Fälle. Die künstliche Beleuchtung
ist elektrisch, die Heizung geschieht durch Dampf; die
gewöhnlichen Krankenränme werden auf einer Temperatur
von + 20® C. gehalten , die Operationsäle können auch
bei einer Anssentemperatur von — 30® auf + 24* C. ge-
halten werden. Die vom Ventilation apparat von aussen
eingeführte Luft wird auf 20® erwärmt, die Feuchtigkeit
auf höchstens 60®/o regulirt; durch eine Vorrichtung
innerhalb der Krankenränme kann die kalte und die
warme Ventilationluft behufs Erwärmung oder Abkühlung
beliebig gemischt werden. Die verdorbene Luft wird
durch mit Ventilen versehene Kanäle angesaugt.
Im Jahre 1901 wurden in der med. Abtheilnng (für
nioht epidemische Krankheiten) im Ganzen 887 Kr. be-
handelt (88 waren noch von 19(X) in Behandlung), davon
wurden geheilt entlassen 394, gebessert 210, ungebessert
und unbehandelt 38, es starben 163; -82 blieben zu Ende
des Jahres noch in Behandlung. Im Jahre 1902 wurden
behandelt 947, geheilt entlassen 344, gebessert 252, un-
gebessert oder unbehandelt 41 ; es starben 190.
In der chirurgischen Abtheilung wurden im Jahre
1902 behandelt 44 Kr., von denen 13 geheilt oder als
Eeconvalescenten entlassen wurden, 3 unbehandelt, 4 star-
ben, 24 waren zu Ende des Jahres noch in Behandlung.
Operationen wurden 33 ausgeführt.
In der Abtheilung für epidemische Krankheiten wur-
den im Jahre 1901 behandelt 382 Kr., davon wurden ge-
heilt entlassen 268, gebessert 32, es starben 29. Im
Jahre 1902 wurden behandelt 398, entlassen wurden ge-
sund 302, gebessert 15, es starben 35. An Scharlach-
fieber wurden 1901 behandelt 169 (gest. 17), 1902 140
(gest. 19); an Masern 190186 (gest. 3), 1902127 (gest. 6);
an Diphtherie 1901 33 (gest. 5), 1902 27 (gest. 2); an
Pocken 1902 14, von denen nur 2 aus der Stadt Helsing-
fors waren ; nur in 3 Fällen handelte es sich um Variola
Vera, in den übrigen um Variolois ; Alle genasen.
Von beigefügten Abhandlungen enth< der
Bericht für 1901 einen Aufsatz vom Direktor des
Krankenhauses, Dr. R Sievers, über Embolie in
der Arteria mesenteriea superior (vgL Finska l&ka-
res&llsk. handl. XLHI. 4. s. 343. 1901. — Berl.
klin. Wchnschr. XXXIX. 9. 1902); ferner, eben-
falls von Dr. R. Sievers, eingehende Unter-
suchungen über die Diitxoreaktion bei Lungen-
tuberkulose (vgl. Finska Iflkares&Usk. handl. XLIII.
12. s. 873. 1901), die ergaben, dass die Diazo-
reaktion, wenn sie bei wiederholten Untersuchungen
des Harns bei Tuberkulösen nachweisbar ist, in
prognostischer Hinsicht ein schlechtes Zeichen ist,
und einen gewissen Werth für die Voraussage des
tOdtlichen Ausganges hat ; ferner, dass sie die kli-
nischen Symptome, die zur Stellung der Prognose
bei Lungentuberkulose verwerthbar sind, in einigen
Fällen vervollständigen, nie aber ersetzen kann.
Sie kann deshalb in der Praxis leicht entbehrt
werden.
Max Bj5rkst6n theilt einen Fall vonLe2^-
abseess bei einem 27 Tage alten Kinde mit (vgl.
Finska läkaresällsk. handl XLm.l2.s.908. 1901),
der, an der unteren Seite der Leber gelegen, auf
der einen Seite mit einem im Ligamentum teres
gelegenen, fast bis zum Nabel sich erstreckenden,
mit Eiter gefüllten Oange communicirte, auf der
anderen Seite mit zahlreichen kleineren und grosse-
ren Abscessen im Inneren der Leber. In Bezug
auf die Aetiologie Hess sich etwas Bestimmtes nicht
feststellen, am wahrscheinlichsten erschien B. eine
Infektion vom Nabel aus.
222 P r i n z i n g , Qestaltung der Sterblichkeit — Prinzing, Wandlungen der Sterblichkeit
Im Bericht ffir 1902 behandeltMax BjOrkstön
die Frage, ob ein neues Epidemiekrankenhaus für
die Stadi Helsingfora nOthig ist, und legt die um-
stände dar, die es wünschenswerth erseheinen
lassen.
Dr. Sievers bespricht die Anateckungsgefakr
bei T\ß)ku8 abdominalis (vgl. Finska läkaresällsk.
handl. XLIY. 10. s. 253. 1903). Er theilt eine
Reihe von Fällen mit, in denen die Ansteckung im
Erankenhause erfolgte; in 10 von diesen Fällen
handelte es sich um Erankenwärterinnen, in einem
um einen Arzt, der mehrere Monate lang im Labo-
ratorium den Harn Typhuskranker auf das Vor-
kommen von Typhusbacillen untersucht hatte; in
5 handelte es sich um Kranke, die wegen anderer
Krankheiten behandelt wurden. Die meisten dieser
Fälle kamen in der Typhusepidemie von 1901 und
1902 vor, die einen besonders bösartigen Charakter
zeigte, bei üeberfQllung des Krankenhauses, die
eine strenge Absonderung unmöglich machte. S.
hebt hervor, dass Typhuskranke nicht in denselben
Räumen mit anderen Kranken liegen sollen.
Den Schluss bildet ein Aufsatz von Dr. Sievers
über die idiopaihische OesophagusdilaUUian (Finska
läkaresällsk. handl. :^LIV. 1. s. 1. 1903. — Ztschr.
f. klin. Med. XLIX. 1 u. 2. p. 46. 1903).
Walter Berger (Leipzig).
50. Die Gestaltung der Sterblichkeit im
19, Jahrhundert; von Dr. Friedrich Prin-
zing in Ulm. Sond.-Abdr. aus der Ztschr.
für Socialwissenschaft, herausgegeben von Dr.
Julius Wolf. Bd. n. Heft 10. 1899.
In culturarmen Ländern ist das menschliche
Leben ausserordentlich bedroht Dieselbe Erschei-
nung zeigte sich in den heutigen Culturstaaten in
früheren Jahrhunderten, für die leider keine zu-
verlässigen Yerhältnisszahlen zu berechnen sind.
Besonders seit 1875 nimmt die Sterblichkeit aber
überall gleichmässig ab. Bei der Beurtheilung
empfiehlt es sich aber, nur die Sterblichkeit der
Uebereinjährigen in Betracht zu ziehen, da durch
die erhöhte GeburtzifiFer auch eine erhöhte Säugling-
sterblichkeit bedingt wird. Mit Ausnahme von
Irland zeigt sich eine Abnahme der Sterblich-
keit der Uebereinjährigen. Die Entwickelung der
Sterblichkeit in den einzelnen deutschen Staaten
ist verschieden. Die alten preussischen Provinzen
zerfallen in 3 Gruppen : a) Ost- und Westpreussen,
Posen und Schlesien hatten in der ersten Hälfte
des Jahrhunderts eine sehr grosse Sterblichkeit,
die seit 1860 abfallt, mit Ausnahme von Schlesien,
das von 1891 — 1895 unter allen preussischen
Provinzen die höchste Sterblichkeit hatte, b) Bran-
denburg, Pommern, Sachsen hatten von Anfang an
eine geringere Sterblichkeit. Der Bückgang der
Gesammtmortalität ist hier geringer, c) Westfalen
und Bheinland zeigen einen Rückgang der Sterb-
lichkeit von 1841 — 1860, dann eine plötzliche
Erhöhung bis 1875. Die Mortalität geht dann
rasch wieder zurück. Die Ursache liegt hier in
der raschen Entwickelung der Industrie, der ge-
waltigen Ansammlung von Menschen bei hygieini-
schen Missständen und der dann erfolgten Be-
seitigung der letzteren. Der alte Satz, dasa die
Sterblichkeit in den Städten und bei der industriellen
Beschäftigung eine höhere ist, als auf dem Lande,
gilt heute nicht mehr in dem Maasse wie früher,
denn gerade in den Städten hat die Sterblichkeit
bedeutend abgenommen. Es wird dieses durch
die statistischen Sterblichkeittabellen der deutschen
Grossstädte und durch die von London und Paris
gezeigt Besonders aber durch die Sterblichkeit-
tabellen der Städte des rheinisch-westfiUischen
Industriebezirks, hauptsächlich von Essen, Elber-
feld und von dem sächsischen Chemnitz. Mit
Ausnahme von Krebs führen sämmtliche Krank-
heiten seltener zum Tode. Die beigegebenen
Tabellen erläutern dieses von Pocken, Typhus,
Diphtherie und Croup, Masern, Scharlach und
Tuberkulose. Bei letzterer besonders in Deutsch-
land. Die städtische und industrielle Bevölkerung
Deutschlands hat seit 1870 sehr rasch zugenommeu,
während die Landbevölkerung auf gleicher "Böhe
geblieben ist. Gleichzeitig ist die Sterblichkeit in
allen Theilen Deutschlands zurückgegangen. Der
grosse Rückgang der Sterblichkeit in den Städten
hat seine Ursache in dem Fortschreiten der städti-
schen Hygleine, deren Ausbau auf dem Lande zu-
rückgeblieben ist Die Tabellen müssen im Ori-
ginal eingesehen werden.
Weissenborn (Berlin).
51. DieWandlongen der Sterblichkeit Wfirt^
tembergs im 19. Jahrhundert; von Dr.
Friedrich Prinzing in Ulm. Mit2carto-
graphischen üebersichten. Med. Corr.-BL des
Württembergischen Landesvereins, heraus-
gegeben von Dr. A. Deahna in Stuttgart
Bd. 72. Nr. 33. Aug. 16. 1902.
Pr. behandelt in 5 Abschnitten 1) die all-
gemeine Sterblichkeit und die Geburtziffern ; 2) die
Eindersterblichkeit und die der Uebereinjährigen ;
3) die Sterblichkeit nach Altersklassen ; 4) die Ab-
nahme der allgemeinen Sterbeziffer und der Kinder-
sterblichkeit in Stadt und Land und 5) die Todes-
ursachen.
Die Sterblichkeit hat in Württemberg in den
beiden letzten Jahrzehnten ganz bedeutend ab-
genommen, sowohl hinsichtlich der allgemeinen
Sterblichkeit, als auch hinsichtlich der Kinder-
sterblichkeit und der der Uebereinjährigen. Die
Geburthäufigkeit nimmt von 1813 bis in die vier-
ziger Jahre zu, fällt dann nach 1850 in Folge der
schweren wirthschaftlichen Katastrophe, steigt bis
1880, um dann so stark abzufallen, wie vorher
noch nie. P r. sucht die Ursache dieser Gebart-
abnahme nicht allein in der wirthschaftlichen De-
pression, sondern hauptsachlich in der eifrigen
Verfechtung der Malthusianischen Bevölkerungs-
Becker, Handbuoh der Medicinalgesetzgebnng im Königreich Bayern.
223
theorie durch Männer wie Hohl undBümelin
nach der ungenoiein starken Zunahme der Geburten
nach dem deuteoh-französischen Kriege. Die Kinder-
sterblichkeit, sowie die der üebereinjfthrigen ist
mit geringen Schwankungen von 1813 — 1900
stetig Yon 32.1 auf 24.4<>/0, bez. von 19.2 auf Ib.b^jo
zurückgegangen, so dass Württemberg den ersten
Platz, den es früher einnahm, mit dem dritten ver-
tauscht hat, bez. bei den üebereinj&hrigen den
fünften Platz einnimmt An erster Stelle hinsicht-
lich der Eandersterblichkeit steht der Donaukreis
in allen Zeitperioden, und zwar die Oberämter,
hinsichtlich der Sterblichkeit der üebereinjährigen
der Schwarzwald- und Jaxtkreis. Aus den bei-
gegebenen Sterblichkeittabellen nach Altersklassen
au8denJahrenl87e— 1880,1887— 1890, 1891—
1900 ist ersichtlich, dass die Abnahme der Sterb-
lichkeit am höchsten ist im Alter von 0 — 5 Jahren
und in den darauf folgenden Altersjahren, und
zwar bei beiden Geschlechtern gleichmässig, mit
einer einzigen Ausnahme beim weiblichen Ge-
schlecht vom 15. bis 20. Jahre. Bei der Betrach-
tung der Kindersterblichkeit in Stadt und Land
stellt sich heraus, dass, während seit etwa 2 Jahr-
zehnten die Kindersterblichkeit in den Städten
Deutschlands so gefallen ist, dass sie unter die
der ländlichen Gemeinden heruntergeht oder sich
dieser wenigstens nähert, sie in Stuttgart den
gegentheiligen Verlauf nimmt Die Todesursachen
als Gründe der Abnahme der Sterblichkeit lassen
sich für die letzten Jahrzehnte nicht übersehen,
da eine bezügliche Statistik erst seit 1892 besteht,
in der die durch 17 Todesarten verursachten Sterbe-
fälle nach 4 Altersklassen, aber nicht nach dem
Geschlecht getrennt aufgezählt werden. Die in
dem Medicinalberichten seit 1872 nachgewiesenen
Todesfälle lassen erkennen, dass die Schwankungen
bei Masern und Keuchhusten nicht bedeutend sind,
Scharlach seit 1880 abnimmt, Diphtherie, 1872—
1875 verhältnissmässig selten, von da rasch steigt
und 1891—1895 die grösste Frequenz erreicht,
um dann schnell wieder abzufallen, Typhus ist
sehr viel seltener geworden, Ruhr und Pocken sind
nahezu verschwunden. Erheblich verbessert worden
ist die Todesursachenstatistik seit 1899, die analog
der Statistik des kaiserlichen Gesundheitamtes
über 17 Todesarten, die nach Altersjahren und
Geschlecht getrennt sind, Mittheilungen enthält
und zuerst 1900 in den Württembergischen Jahr-
büchern veröffentlicht wurde.
Weissenborn (Berlin).
52. Handbuch der Medicinalgesetigebimg
im Königreich Bayern. Heft V : Das ärxt-
liche Oebührentoesm. Anhang: Die Bestem-
rung des ärxükhen Einkommens. Vollstän-
dige Sammlung der hierauf bezüglichen und
gegenwärtig geltenden Reichs- und Landes-
gesetze, Verordnungen und Ministerial-Ent-
schliessungen. Herausgegeben und erläutert
von Dr. Carl Becker in München. München
1903. J. F. Lehmann's Verlag. 8. 228 S.
(4 Mk.)
Dieses Heft des hier bereits früher besprochenen
mit grosser Umsicht und Sachkenntniss zusammen-
gestellten Handbuches besteht, abgesehen von dem
Anhange und einem die Orientirung erleichtern-
den alphabetischen Sachregister, aus 9 Abschnitten,
in denen die Bestimmungen beigebracht *werden.
Dabei ist wie bei den früheren Heften die An-
ordnung getroffen, dass die gnmdlegenden Gesetze,
z. B. im 1, Abschnitte (Aerztliche Gebühren in der
Privatpraxis) der § 80 der Reichsgewerbeordnung
und die k. Allerhöchste Verordnung vom 17. Oct.
1901, die Vereinbarungen mit Lebens- undünfall-
versicherungs - Gesellschaften , ärxüiehe Otäachien
betreffend, in grösserem Drucke und ihrem Wort-
laute nach angegeben sind, während Erläuterungen
B.'s, Anführungen aus der Judikatur, Ministerial-
erlasse u. dgl. in Kleindruck unter einem Striche
auf den zugehörigen Seiten als Erklärungen Platz
fanden.
Der 2, Abschnitt behandelt die Gebühren für
ärxüit^ Dienstleistungen bei Behörden, insbesondere
die neue k. Oebührenordnung vom 17. Febr. 1902
und die Sonderverordnungen, bez. Bausachen, Mili-
tärangelegenheiten, bakteriologische Untersuchun-
gen, Dienstreisen, die allgem. k. Verordnung vom
11. Juni 1892 über Gehaltsbezüge der pragma-
tischen Staatsdiener u. dgl. m. Die folgenden Ab-
schnitte behandeln Gebühren in Impf-, Leichen-
schau- und gerichtlichen Angelegenheiten, wobei
unter Anderem auch die Reichsgebührenordnung
für Zeugen und Sachverständige in der vom
1. Jan. 1900 geltenden Fassung nebst den Sonder-
bestimmungen anderer Reichs- und Landesbehör-
den Platz fanden.
Im 4. Abschnitte werden die Oebükrenordnungen
für das „niederärxüiche" Personal, nämlich die
Bader (31. Mäiz 1899) und Hebammen (4. Juni
1899), im 7. Abschnitte diejenigen der öffentlichen
üntersuchungsanstalten für Nahrungsmittel, Ge-
nussmittel und Gebrauchsgegenstände (27. Januar
1884) nebst Ergänzungen unter AnfQhrung eines
ausführlichen Kostentarifs gebracht Der 8. Ab-
schnitt enthält die einschläglichen Bestimmungen
des bayer. Gebührengesetzes vom November 1899
über die in die Staatskasse fliessenden Gebühren,
Stempelverwendung u. dgl.
Im 9. für den praktischen Arzt sehr wichtigen
Abschnitte wird der ärxÜiche Oebührenanspruch und
seine Oettendmachung auf Grund der einschläglichen,
wörtlich angeführten Bestimmungen des bürger-
lichen Gesetzbuches, des hierzu ergangenen bayer.
Ausführungsgesetzes vom 9. Juni 1899, des Reichs-
gesetzes vom 7. Juni 1871, betr. Schadenersatz-
pflicht, der deutschen Civilprocessordnung, Con-
cursordnung, der Kranken- und Invalidenversiche-
rungsgesetze und des bayer. Gesetzes, betr.
Armee- und Krankenpflege vom 30. Juli 1899
224
Spaet und Stenglein, Das ärztliche Gebühren wesen in Bayern.
nebst sonstigen wichtigen Sonderbestimmungen,
stets unter Berücksichtigung der Judikatur u. dgl.
erörtert
Der Anhang befasst sich mit der Besteuerung
des ärxüiehen Einkommens auf Grund des bayer.
Einkommensteuergesetzes vom 9. Juni 1899.
Wenn auch das vorliegende Werk in erster
Linie für bayerische Aerzte und Behörden bestimmt
ist, so wird doch bei weitgehender Bedeutung der
mit der dazu gehörigen Judikatur so gründlich
erörterten Reichsgesetzgebung auch der nichibaye-
risc^ Medicinal- und Yerwaltungsbeamte sich viel-
fach mit Erfolg für seine Sonderverhältnisse aus
dem Werke Rath erholen können.
R. W eh m er (Berlin).
53. Das ärstliche QebührenweBen in Bayern.
Nebst einem Anhange : Die Gebühren der Bader
und Hebammen; von Dr. Franz Spaet
und Fritz Stenglein. Augsburg 1903.
Math. Rieger'sche Buchhandlung. 8. 283 S.
(3 Mk. 50 Pf.)
Dieses Joh. Georg Stenglein gewidmete
kleine Werk, das sich an die Stelle des durch
die neuen Gesetze veralteten Kuby 'sehen Werkes
setzen will, sucht seiner Aufgabe in einer etwas
anderen Weise als das vorerwähnte Becker 'sehe
Buch gerecht zu werden. Es ist nicht wie letz-
teres eine Anführung der Gesetze selbst mit ihren
Sonderbestimmungen, sondern mehr nach Art eines
Lehrbuches auf Grund der einzelnen Gesichtspunkte
in Lehrbuchform nach Capiteln und mit Paragra-
phenabtheilung kritisch abgefasst. Dies mag einen
Vortheil für den üniversitätlehrer einerseits und
für den etwa zu Examenzwecken sich vorberei-
tenden Arzt andererseits haben. Ob aber diese
bei den juristischen Lehrbüchern allerdings übliche
Anordnung, bei der die Persönlichkeit des Vfs.
und seine subjektive Ansicht in einer mehr oder
weniger ausgeprägten Weise in den Vordergrund
treten, für den Arzt und den Beamten sich em-
pfiehlt, der in erster Linie sich über die vor-
handene Gesetzeslage und insbesondere die that-
sächlichen Gesetzes- und Bestimmungsparagraphen
oder auch die grundsätzlich wichtigen Gerichts-
entscheidungen ihrem Wortlaute nach orientiren
will, mag dahingestellt sein. Dem Biehier und
VerwaÜungsriehier wird für die Ui^theilsfindung
diese Behandlung der Materie um so willkommener
sein, ebenso denjenigen Beamten, denen die be-
treffenden Quellenschriften, z. B. die Sammlungen,
Gesetze, Amtsblätter der Gerichtsentscheidungen
zur Verfügung stehen. Ueberdies ermöglicht diese
Behandlung der Materie eine grössere Kürze und
mithin — eine grössere Billigkeit des kleinen
Werkes.
Dies vorausgeschickt, sei angeführt, dass die
Vff. ihre Arbeit in 26 Abschnitte getheilt haben,
nämlich zunächst die rechtliche Grundlage des ärzt-
lichen Gebührenanspruches, sodann seine Geltend-
machung im Processwege und Goncursverfahren
und der Armenpflege gegenüber erörtern. Eb
folgen Leitsätze bei Handhabung der ihrem Wort-
laute nach angeführten Gebührenordnung vom
17. Oct 1901, weiter Ausführungen über Armen-,
Gemeinde-, Distrikts- und Kreisärzte, über das
Krankenversioherungs- Gesetz, über Dienstboten-
behandlung, über Thätigkeit bei Unfall-, Invali-
dität-, Lebensversicherungen, über Krankenhaus-, |
Gefängniss-, Bahn- und Postvertrauensärzte, fOr
ärztliche Handapothekenbesitzer, über die Porto-
freiheit für praktische Aerzte (bei Meldungen zur
Morbiditätstatistik der Infektionkrankheiten). Eb
folgen dann umfänglichere Capitei über die Ge-
bühren bei ärztlichen Amtsgeschäften, bei ärzt-
lichen Dienstleistungen für Behörden, bei Thätig-
keit als Zeuge oder Sachverständiger, als Impf-
arzt, für Leichenschau, über die Besteuerung des
ärztlichen Einkommens, auch bezüglich des Be-
triebes einer Privatkrankenanstalt oder einer Hand-
apotheke, über die Beitragsleistungen für die ärzt-
lichen Unterstützungsvereine und deren Unter-
stützungen, weiter über Gebühren für bakterio-
logische Untersuchungen (Med.-Ber. vom 19. Nov.
1902), für Untersuchungen von Nahrungs- und
Genussmitteln u. s. w. (Med.-Ber. vom 25. Juni
1890) und als Nachtrag über Entschädigungen bei
Benutzung von Fahrrädern oder Motoren (Med.-Ber.
vom 17. Dea 1902). Hierbei erhalten die A^vte
für jeden zurückgelegten vollen Kilometer 40 PI
Entschädigung.
Ein Anhang bringt in ihrem Wortlaute die
Gebührenordnungen für Bader und Hebammen.
Beigegeben sind eine chronologische üeber-
sicht der Gesetze, Verordnungen und Ministerial-
beschlüsse, sowie am Schlüsse des Werkes ein
alphabetisches Sachregister.
R. Wehmer (BerlinX
Für die Redaktion voraiitwortlich : Dr. P. J. HSblai iii Lel|»ilf. — Vorlag von S. Ulnel in
Drack von Walter Wlfmnd in Lei|alg.
Jaßtr6u($er
der
inf un^ auei&n^ifd^tn (^tf<mmitn QUeMcin.
Bd. 280.
1903.
Heft 3.
A. Originalabhandlungen und Uebersichten.
Beiträge zur Physiologie, Pathologie und Chirurgie des
Grosshims.
Zusammenstellung Yon Arbeiten aus den Jahren 1900 — 1902.
(Mit Nachträgen aus den Jahren 1897—1899.1)
Von
Dr, L. Goldstein
in Aachen.
2) Jphaaie und Verwandtes.
56) Bernheim, Fernand, Etat actuel de la
qaestion de Taphasie motrice. Gaz. des H5p. LXXIV.
77. 1901.
57) Eoenig, W., Zar dysarthrisohen Form der
motorischen Aphasie, bez. znr anboortikalen motorisohen
Aphasie. Mon.-Sohr. f. Psych, n. Neurol. YII. 3. 1900.
58) Pick, A., üeber das sogenannte aphatisohe
Stottern als Symptom verschieden örtlich lokalisirter
cerebraler Herdaffektionen. Aroh. f. Psych, n. Neryen-
krankh. XXXU. 2. p. 447. 1899.
59) Pick, A., Zar Lehre von der sogenannten trans-
cortikalen motorischen Aphasie. Arch. f. Psych, a.
Nervenkrankh. XXXU. 3. 1899.
60) Heilbronner, Karl, üeber die transcortikale
motorische Aphasie a. die als „Amnesie^ bezeichnete
Spraohstörang. Arch. f. Psych, a. Nervenkrankh. XXXIV.
2. 1901.
61) Gordinier, Hermond C, A case of brain
tomor of the base of the second left frontal convolation.
Amer. Joam. of the med. Sc. CXVU. 5; May 1899.
62) Bramwell, Byrom, A crossed aphasiaand
the faotors, whioh go to determine wheter the .leading*^
or «driving*^ speech-centres shall be located in me left or
the right hemisphere of the brain. Lancet Jani 3. 1899.
63) Collier, J. S., A contribation to the stady of
aphasia. Lancet March 25. 1899.
64) P i t r e s , A., Etade sar les paraphasies. Bevae
de Med. XIX. 5. 6. 7. 1899.
65) Pershing, Howell T., A case of Wemicke's
condnction aphasia with aatopsy. Joarn. of nerv, and
ment. Dis. XXVn. 7. p. 369. Jaly 1900.
<) Schloss; vgl. Jahrbb. CCLXXX. p. 12L
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft 3.
66)Bonhoeffer, Zar Eenntniss der Rückbildang
motorischer Aphasien. Mittheil. a. d. Grenzgeb. d. Med.
n. Chir. X. 1. 2. 1902.
67) Bastian, H.C., On a case of amnesiaandother
Speech defects of eighteen years daration. Med. -chir.
Transact LXXX. p. 61. 1897.
68) Stadel mann. Ein Fall von Aphasie a. Agra-
phie. Contr.-Bl. f. Nervenhkde. a. Psych. XXUI. p. 713.
Dec. 1900.
69) Stadel mann, Aphasie a. Agraphienach epi-
lept Anfällen. Psychiatr.-nearoLWchnschr. IV. 14. 1902.
70) Bischoff, Ernst, Beitrag zar Lehre von der
sensorischen Aphasie, nebst Bemerknngen über die
Symptomatik doppelseitiger Schläfenlappenerkrankang.
Arch. f. Psych, a. Nervenkrankh. XXXU. 3. 1899.
71) Pick, A., üeber dieBedeatang des akastischen
Sprachcentrams als Henmiangsoi]gan des Sprachmeoha-
nismas. Wien. klin. Wchnschr. aIII. 37. 1901.
72) Liepmann, H., Ein Fall von Echolaiie: Bei-
trag zar Lehre von den lokalisirten Atrophien. Nearol.
Centr.-Bl. XIX. 9. 1900.
73) Veragath, Otto, üeber einen Fall von
transitorischer reiner Worttaabheit. Deatsche Ztschr. f.
Nervenhkde. XVH 3. 4. p. 177. 1900.
74) Strohmayer, Wilh., Zar Kritik der ^sab-
oortikalen* sensorisohen Aphasie. Deatsche Ztschr. f.
Nervenhkde. XXI. 5 a. 6. p. 371. 1902.
75) Bischoff, Ernst, üeber die pathologisch-
anatomische Grandlage der sensorischen Aphasie. Wien,
klin. Randschaa XV. 42. 43. 1901.
76) Mingazzini, G., Klinische a. anatomisch-
pathologische Beiträge über Aphasien. Deatsche Ztschr.
f. Nervenhkde. XXI. 5 a. 6. p. 386. 1902.
77) M e n d e 1 , E., Ein Fall von Worttaabheit Arch.
f. Anat. a. Physiol. [physich Abth.] 3 a. 4. 1899.
29
226
Ooldstein, Beitrage zur Physiologie, Pathologie nnd Chirurgie des Grösshims.
78) Ton che, Ck>DtribatioD ä Tetude eliviqne etana-
tomo-pathologique de Taphasie sensorielle. Arch. gen.
de Med. n. 6. 1899.
79) Bard, L., ün cas d'alezie d'origine operatoire.
Semaine med. XXII. 18. 1902.
80) Hammond, GraemeM., Two unusnal oases
of aphasia, with speoial reference to the so called naming
centre. New York med. Record LVni. 25. 1900.
81) Thomson, Ernest, Sensory aphasia with
sector-shafted homonymons defect of the fieldsof visions;
a study in looalisations. Edinb. med. Journ. May 1897.
82) Eider, W., The clinioal varieties of Visual
aphasia. Edinb. med. Journ. May 1900.
83) Probst, M., Ueber die Lokalisation des Ton-
yermögens. Arch. f. Psych, u. Nervenkrankh. XXXII.
1. p. ^7. 1899.
84) D 0 n a t h , J., Lehre von der Amusie, nebst einem
Falle von instrumentaler Amusie bei beginnender pro-
gressiver Paralyse. Wien. klin.Wohnschr.XIV.40.1901.
85) Anton, G., üeber Selbstwahmehmung der
Herderkrankungen des Gehirns durch den Kranken bei
Rindenblindheit u. Rindentaubheit Arch. f. Psych, u.
Nervenkrankh. XXXII. 1. 1899.
86) L i e p m a n n , H., Das Xrankheitsbild der Apraxie
(^motorischen Asymbolie^) auf Grund eines Falles von
einseitiger Apraxie. Mon.-Schr. f. Psych, u. Neurol.
Vm. 1. 2. 3. 1900.
87) Pick, A., Zur Psychologie der motorischen
Apraxie. Neurol. Centr.-Bl. XXI. 21. 1902.
Den gegenwärtigen Stand der Frage nach der
fnoiorischm Aphasie sucht F. Beruheim (56)
wiederzugeben. Er stellt 4 Fragen auf: 1) Qiebt es
motorische Sprachbilder? 2) Welches sind die kli-
nischen Erscheinungen der motorischen Aphasien ?
3) Ist der Unterschied zwischen cortikaler moto-
rischer und subcortikaler motorischer Aphasie auf-
recht zu erhalten? 4) Ist die Lokalisation der
motorischen Aphasie am Fusse der 3. linken Stim-
windung sichergestellt?
Zu 1) Wenn auch beim Sprechenlernen des
Kindes motorische Sprachbilder eine Rolle spielen,
so giebt es doch zu denken, dass beim gesunden
Menschen vorübergehende Sprachtaubheit (momen-
tanes Vergessen des akustischen Wortbildes) oder
vorübergehende Sprachblindheit (momentanes Ver-
gessen des Sprachgesichtbildes) vorkommen, wäh-
rend es einen vorübergehenden Verlust des moto-
rischen Sprachbildes, eine phonetische Amnesie
beim Gesunden nicht giebt Beim Studium der
inneren Sprache lernen wir demnach nicht kennen,
was diese motorischen Sprachbilder sind, und des-
halb müssen wir gerechte Zweifel an ihrer Existenz
hegen.
Zu 2) Besprechung der motorischen Aphasie
nach den Lehren D e j e r i n e 's.
Zu 3) Es wird betont, dass auch bei der sub-
cortikalen motorischen Aphasie vöUige Intaktheit
der Rinde bisher noch nicht nachgewiesen ist, und
somit die Unterschiede zwischen cortikaler und
subcortikaler motorischer Aphasie mehr quanti-
tativen Charakter haben.
Zu 4) Eine eingehendere mikroskopische Unter-
suchung von Serienschnitten wird ergeben, dass
die cortikale motorische Aphasie nicht nur dem
Fusse der 3. Stirnwindung angehört, sondern dass
ihr Gebiet auch auf den Fuss der 2. Stimwindung
und die vorderen Inselwindungen übergeht
2 F&lle der dysarthrischen Form der moto-
rischen Aphasie giebt W. Koenig (57), von denen
es nur in einem zur Sektion kam.
Dieser betraf einen 49jähr., chronischen Paranoiker.
1890 Amputation des linken Unterschenkels wegen Tuber-
kulose, 1891 rechtseitige Hemiplegia brachio-facialis, spon-
tane Sprache geläufig, aber Artikulationfehler. Allmäh-
lich wurde die Sprache schlechter, skandirend, Schluck-
störungeu. Pat schrieb Unks im Ganzen ohne Fehler,
nur zuweilen liefen ihm solche unter. Beim Nach-
sprechen und Lautlesen dieselben Störungen wie beim
Spontansprechen. Keine amnestische Aphasie. Die
Sprache wurde immer dysarthrischer. Klinische Dia-
gnose: Tumor (Tuberkel) in der unteren Gegend der linken
Centralwindungen, möglicher Weise einen Druck aaf das
motorische Sprachcentrum ausübend. Sektion: Tumor
von der Grösse eines kleinen Apfels, der die untere Hälfte
beider Centralwindungen einnahm und auf das untere
Scheitelläppchen übergriff.
K. bringt seine Falle in Beziehung zu Pick 's
Lehre vom aphatischen Stottern (siehe unten).
Stottern war im ersten seiner Fftlle vorhanden ge-
wesen, im zweiten nioht, aber er glaubt, dass alle
diese Fälle von aphatischer Dysarthrie und apha-
tisohem Stottern klinisch in dieselbe' Klasse ge-
hören. Es giebt, sagt er: 1) Eäne Dysarthrie, die
an sich nicht noth wendiger Weise von der bulbären
Dysarthrie verschieden zu sein braucht und die
als aphatisches Symptom anzusehen ist 2) Diese
Dysarthrie kann sich mit Stottern wie mit apha-
tischen Symptomen verschiedener Art verbinden.
3) Die aphatische Dysarthrie kann als restirendes
Symptom einer sonst mehr oder weniger zurück-
gegangenen motorischen oder auch totalen Aphasie
in den Vordergrund treten; sie kann anderersdts
der Ausdruck einer leichten FunktionstOrung des
motorischen Sprachcentrum sein.
A. P i c k (58) hatte schon früher auf Önmd
eigener Fälle und solcher aus der Literatur die Be-
deutung der syilabären Perseveration für das Zu-
standekommen des aphatischen Stotterns hervor-
gehoben.
I. Ein Schuster, 63 Jahre alt Der Sprachstörung
ging wahrscheinlich ein Schlaganfall voraus. Das Gehirn
war in hohem Grade, namentlich im Bereiche der Stirn-
lappen, atrophisch. Die Atrophie betraf sowohl das
Marklager, als auch die Rinde ; in der Gegend der linken
Brückenhälfte befand sich ein Herd.
II. Im 2. Falle, bei dem 35jähr. J. S., lautete die
ärztliche Diagnose, mit der er zur Klinik kam : „Potato-
rium, Lues, Insult, apopl. cortical. cum epilepsia*^. Jhe
Härtung des Hirnes misslang. Die Untersuchung der
Med. spinal, ergab starke sekundäre Degeneration der
linken Pyramidenseitenstrangbahn und im Bereiche des
Hypoglossuskemes einen Herd.
Bei der sogenannten transcortikalen moto-
rischen Aphasie sollen Nachsprechen, Diktal-
sohreiben und Lautleeen intakt sein. Nach dem
bekannten Licht heim 'sehen Schema soll im
Gefolge einer bestimmten örtlichen Läsion im Ge-
hirn (Unterbrechung der Bahnen vom Begriffcentrum
zum Sprachbewegungcentrum) diese Form der
Aphasie entstehen. Wie wir früher schon gelegent*
Ooldstein, Beiträge zur Physiologie, Pathologie und Chirurgie des Grosshims.
227
lieh auseinandergesetzt haben, halten wir den Aus-
druck „traDscortikal'S den Wem icke eingeführt
hat, fQr verfehlt. Bein kommt dieses Symptomen*
bild klinisch fast nie zu Stande und die Sektion
erfüllte Wem icke 's Forderung eben so wenig.
A. Pick (59) theilt einen Fall mit, in dem der Er.
nach einem apoplektisohen Insult aphatisch wurde. An-
fangs konnte er nur einzelne Worte sprechen, später be-
stand Paraphasie, während Lesen und Nachsprechen
ziemlich gut gingen. Diktatschreiben weniger. Tod nach
fortschreitender Verblödung 4 Jahre nach dem Insult.
Die Sektion konnte keine Herdsymptome nachweisen, es
bestanden Hirnatrophie, besonders im Stirnlappen, Pachy-
meningitis interna chronica haemorrhagica, starke Ver-
dickung und adenoide Durchtränkung der Pia; dasEpen-
dym der Ventrikel, namentlich des 4., war yerdickt und
granulirt.
Seine aus der minutiüsen Untersuchung einiger
Kranken gewonnene Ansicht über die „transcorti-
kale*' motorische Aphasie fasst Heilbronner(60)
folgendermaassen zusammen: 1) Eine Sprach-
störung, die die Kriterien der transcortikalen moto-
rischen Aphasie Wer nicke 's zeigt, kann durch
eine grob organische Läsion bewirkt werden und
sich ihrem Wesen nach erkennbar lange Zeit er-
halten. 2) Die Freud 'sehe Annahme, dass die
transcortikale motorische Aphasie durch eine par-
tielle Läsion der Broca 'sehen Stelle bewirkt wer-
den kOnne, wird durch die zum Beweise ange-
führten Fälle nicht erwiesen. Die nachweislich
durch partielle Läsionen der Broca 'sehen Stelle
verursachten Störungen der Sprache tragen nicht
den Charakter der transcortikalen motorischen
Aphasie. 3) Auch die B a s t i a n 'sehe Erklärung,
dass der Symptomencomplex der transcortikalen
motorischen Aphasie durch partielle Läsionen der
Wer nicke 'sehen Stelle bewirkt werde, ist theo-
retisch anfechtbar und für einzelne Fälle nicht an-
wendban 4) Die transcortikale motorische Aphasie
ist aufzufassen als Folge einer Unterbrechung von
Associationfasern , die in ihrer Oesammtheit den
Bahnen AM und BM Lichtheim 's entsprechen.
Das Erhaltenbleiben des Nachsprechens erklärt
sich aus den funktionellen Momenten. 5) Eine ein-
gehendere Würdigung der in keinem der geläufigen
Schemata ausgedrückten und ausdrückbaren funk-
tionellen Momente ist namentlich bei der Auffassung
der Einzelbefunde unerlässlich. Neben der Fertig-
keit der in Betracht kommenden Associationen ist
zu berücksichtigen, d<!Bs die „richtige** Reaktion
um so eher erwartet werden kann, je eindeutiger
die Reaktion durch den zur Auslösung dienenden
Reiz bestimmt wird. 6) Bei der Untersuchung des
Nachsprechens ist zu scheiden: a) spontanes Nach-
sprechen und Nachsprechen auf Geheiss (eventuell
noch Echolalie); b) Nachsprechen von Verstan-
denem und Nachsprechen von Unverstandenem.
7) Das Reihensprechen kann als Eigenleistung des
motorischen Sprachcentrum ablaufen. Auf die
Untersuchung des Reihensprechens ist deshalb be-
sonders Gewicht zu legen, weil diese Prüfung in
manchen Fallen allein noch über den Grad der
Funktionfähigkeit des motorischen Sprachcentrum
Aufschluss zu schaffen vermag.
Für die „Schreibbewegungsvorstellungen'^ will
Gordinier (61) ein besonderes Centrum auf-
gestellt wissen, dessen Läsion nur ÄgraphU be-
wirke. Er beobachtete nämlich ein Gliom an
der Basis der 2. linken Stimwindung. Ausser
Agraphie bot der Patient kein anderes aphatiaches
Symptom.
Die sogen, transcortikale motorische Aphasie
nannte Dejerine: „un Stade d'am^lioration de
l'aphasie deBroca'S und ihm schlössen sich Sachs,
Freud und in gewissem Sinne auch v. Monakow
an, indem sie die transcortikale motorische Aphasie
als einen Zustand herabgesetzter Erregbarkeit der
motorischen Sprachsphäre bezeichneten, während
Heilbronnerdie Wiederkehr des Nachsprechens
vor der Spontansprache, worauf jene sich stützten,
in Abrede gestellt hat
Für diese viel umstrittene Frage sind 2 IWe
Bonhoeffer's (66) zu verwerthen, in denen die
Aphasie nach Schädeloperationen in Folge von
Läsion und Unterbindung pialer Venen im Gebiete
des hinteren Drittels der 2. und 3. Stimwindung
aufgetreten war. In beiden FäUen war die Aphasie
transitorischer Natur. Eine Yergleichung ergiebt,
dass sich ein piales oder subpiales Hämatom
entwickelte, das einen Druck auf die Rinde aus-
übte, woraus Aphasie entstand. Der Gang der
Rückbildung der klinischen Erscheinungen ent-
sprach der Resorption des Blutergusses, der Wieder-
herstellung der Funktion der motorischen Sprach-
region. Hinsichtlich der formalen Seite der Sprach-
rückbildung zeigten beide Kranken die Erscheinung
einer übertriebenen Innervation der mimischen
Gesicht-, Mund-, Kiefer- und Zungenmuskulatur.
Die einzelnen Laute und Silben kamen gedehnt,
monoton, mit geringer Modulation, gleichmässig
betont zur Aussprache. Wichtig ist für das oben
berührte strittige Yerhältniss zwischen Spontan-
sprache und Nachsprechen, dass bei beiden Kranken
das letztere deutlich zuerst auftrat. Die Differenz
zwischen Nachsprechen- und Spontanspreohen-
können dauerte aber nur wenige Tage. Es scheint
B. hierdurch erwiesen, dass die Rückkehr der
Rindenfunktion der Broca 'sehen Gegend sich
klinisch zunächst in der Wiederkehr des Nach-
sprechens äussert. Natürlich ist die Verallgemeine-
rung auf die Fälle nicht zu machen, in denen eine
Vernichtung der Broca'schen Stelle und ihrer
Umgebung statt hatte. Hinsichtlich der Deutung
des Rückbildungsvorganges scheint es wahrschein-
lich, dass die Bahnen am frühesten wieder gangbar
werden, die die ältesten und „eingeschlififensten"
und deshalb auch wohl die widerstandfähigsten
sind. Auch im Uebrigen zeigt sich, dass die Sprach-
rückbildung nach transitorischer ^Ausserfunktion-
setzung der Broca'schen Stelle eine gewisse
Parallelität mit dem Entwickelungsgange beim
Sprechenlernen des Kindes aufweist
228
Ooldstein, Beiträge zur Physiologie, Pathologie und Chirurgie des Orosshirns.
üeber „gekreuzte** Aphasie verbreitet sich
Byrom Bramwell (62). Bei Reohtshftndern
ist sie mit linkseitiger Hemiplegie, bei Linkshftn-
dern mit reohtseitiger verbunden. Br. beobachtete
einen Linkshänder, der nur zum Schreiben die
rechte Hand benutzte, mit reohtseitiger vollstän-
diger Hemiplegie und motorischer Aphasie (in
geringem Orade waren auch Worttaubheit, Wort-
blindheit und Agraphie vorhanden). Während die
vorübergehenden gekreuzten Aphasieen, die nicht
selten sind, für die Erklärung keine Schwierig-
keiten bieten, da bei der Sprache die gegenseitige
homologe Rindenpartie wohl stets mitwirkt, muss
man bei den dattemden, viel selteneren, zu der
Ansicht kommen, dass die Entwickelung der
Sprachcentra abnormer Weise nicht in der Hemi-
sphäre erfolgt ist, die die bevorzugte KOrperhälfte
innervirt Drei Faktoren sind maassgebend für die
Entwickelung der Sprachcentren : 1) die erbliche
Anlage zu Links- oder Rechtshändigkeit, 2) die
üebuDg in den ersten Lebensjahren und 3) der
Einfluss, den der Zwang, rechts zu schreiben, in
den Schuljahren ausübt. Ist die erbliche Anlage
nicht sehr tief begründet, das üebergewicht der
rechten Hemisphäre nicht sehr ausgesprochen, so
kann bei Linkshändern eine Art Re-Transfert statt-
finden, d.h. der beim Unterrichte ausgeübte Zwang,
mit der rechten Hand zu schreiben, hat zu der
Entwickelung der Sprachcentren in der linken
Hemisphäre geführt Wenn, wie in dem Falle
B. Bramwell's, „gekreuzte** Aphasie und reoht-
seitige Hemiplegie bei einem Linkshänder bestehen,
so muss man annehmen, dass die Linkshändigkeit
nicht ererbt, sondern erworben war, dass entweder
Ambidextrie bestand, oder doch wenigstens die
rechte Hand zum Schreiben benutzt wurde. Die
viel seltenere Form von „gekreuzter** Aphasie und
linkseitiger Hemiplegie bei Rechtshändern zeigt
an, dass die erbliche Anlage stärker war als der
Zwang beim Schreibenlernen, so dass sich das
Sprachcentrum in der rechten Hemisphäre hat ent-
wickeln können.
Collier (63) glaubt, dass sich „zufällig** ein-
mal das Sprachcentrum rechts bilden könnte. Er
hat einen Fall beobachtet (23jähr. Frau), in dem
eine völlige Zerstörung der linken Broca'schen
Windung durch eine Geschwulst keine Aphasie
erzeugt hatte. Die Kranke war rechtshändig ge-
wesen und hatte nur Abducenslähmung und link-
seitige Facialisparese gezeigt. B. Bramwell
lässt die Erklärung der zufällig einmal recht-
seitigen Entwickelung des Sprachcentrum nicht
gelten, vielmehr glaubt er in solchen sich langsam
entwickelnden Fällen Stellvertretung der recht-
seitigen Centren annehmen zu müssen.
A. Pitres' (64) Studien über Paraphasie haben
folgende 6 Fälle zur (Grundlage.
1) 6Q]ähr. Schifiscapitain. Paraphasie naoh dem
4. apoplektischen Insulte. Keine Worttaubheit. Link-
seitige Hemiplegie. Beim Spontansprechen, bei der Be-
nennung von Gegenständen und beim Recitiren ausge-
prägte Paraphasie. Nachsprechen erhalten. Paralezie
beim Lautlesen. Leiselesen gnt Paraphasie beim Spon-
tan- and Diktatschreiben, Abschreiben gut, ebenso Kopf-
rechnen.
2) Frau von 48 Jahren. Im J. 1887 erster apoplek-
tischer Insult ohne Sprachstörung. 10 Monate später
neuer Anfall, keine Hemiplegie, aber totale Aphasie,
später Paraphasie beim Spontansprechen, bei der Benen-
nung von Gegenständen und beim Recitiren. Keine
Worttaubheit Nachsprechen oft gestört Melancholie.
Hall ucinationen, Selbstmord versuch .
3) 48jähr. Gärtner, Alkofaolist Plötzliches Auftreten
der Aphasie nach einem Schlage auf den Kopf. Keine
Paralyse. Worttaubheit nur wenige Monate. Deutliche
Paraphasie beim Sprechen, bei der Benennung von Gegen-
ständen und beim Lautlesen. Nachsprechen schlecht,
oft ganz unmöglich. Leiselesen gut Paragraphie bei
Spontan- und Diktatschreiben, Abschreiben gut Zahlen-
schreiben erhalten, ebenso Abzeichnen.
4) Mann von 49 Jahren. Apoplexie, rechtseitige
Hemiplegie, Aphasie. Schnelle Besserung, aber Bestehen-
bleibender Paraphasie. Paralexie beim lautlosen. Leise-
iesen erhalten. Diktatschreiben ziemlich gut.
5) 4Qjähr. hysterische Schneiderin. Paraphasie nach
apoplektisohem Anfall, keine motorische Paralyse, keine
cutane Anästhesie; sensorische Aphasie vorübergehend.
2 Monate nachher: Spontansprache paraphatisch, nament-
lich bei Benennung von Gegenständen. Nachsprechen
sehr behindert, Lautlesen erhalten, Leiselesen unmöglich.
Paragraphie bei Spontanschrift und Diktat, Absohreibea
möglich, Kopfrechnen unmöglich. Die Kr. kannte Melo-
dien, konnte sie aber nicht wiedergeben.
6) Mann von 35 Jahren. Mit 30 Jahren 1. Anfall
von Hemiplegie rechts und vorübergehender Aphasie.
Im 32. Jahre 2. AnMl, im 34. Jahre 3. Anfall mit bloiben-
der reohtseitiger Hemiplegie und Paraphasie. Spontan-
sprache paraphatisch, namentlich Benennung von Gegen-
ständen sehr fehlerhaft. Nachsprechen einsilbiger Wör-
ter möglich, Lautlesen behindert, Leiselesen erhalten.
Spontanschrift fast unmöglich, Diktatsohrift schlecht,
Nachschreiben gut Lesen und Schreiben von ZM&i
weniger alterirt als das von Buchstaben.
P. weist die Theorien von Lordat, Kuss-
maul und Wernicke ab und hält die Paraphasie
für ein Syndrom, erzeugt durch den Verlust ge-
wisser Associationen zwischen den sensorischen und
motorischen Sprachcentren und den psychischen
Centren, die mit einander verknüpft sind. Sie
kann existiren, ohne dass eines dieser Centren
selbst erkrankt oder zerstört ist Zu nudeärer
Aphasie hat sie keine Beziehung.
Aus einem Falle von Leitungsaphasie, in dem
es zur Obduktion kam, folgert Pershing (65),
dass die von Wernicke angenommene Associa-
tionbahn zwischen akustisehem und motorischem
Sprachcentrum, deren Verletzung Leitungsaphasie
hervorrufe, nicht, wie Wernicke wolle, durch
die Insel verlaufe, sondern in einem Bogen um
das Ende der Sylvi'schen Spalte herumziehe. Die
Leitungsaphasie sei die Folge einer Läsion des
Oyrus supramarginalis. Br fand nämlich einen
Erweichungsherd dicht über der Fissura Sylvii,
6 cm hinter der Vereinigung ihres horizontalen
und vertikalen Astes, der die Form eines unregel-
mässigen Kegels hatte; die lange Achse des Ovals
betrug 1.8, die kurze 0.8 cm, die HOhe 2.6 cm und
reichte bis auf den Boden der Fissura Sylvii.
Ooldstein, Beitrage zur Physiologie, Pathologie und Chirurgie des Grosshims.
229
Bastian (67) beschreibt einen 32jähr. Zinnarbeiter,
der einen apoplektisoben Insult erlitt. Incontinentia urin.
et alv. ging nach 4 Ta^i^en zurück. Es bestand Aphasie
in der Form, dass der Er. gehörte Worte nachsprechen,
Gelesenes verstehen, mit der linken Hand nachschreiben
konnte — aber selbst konnte er kein Wort laut lesen oder
sprechen oder spontan schreiben. Daraufhin nahm 6.
eine Läsion im hinteren Theile der oberen Schläfen-
windung, eine Unterbrechung der Verbindung zwischen
Wort-, Hör- und Sehcentmm und eine Läsion der Fasern
zwischen der 3. Stirnwindung und den Associationcentren
im verlängerten Marke an. 18 Jahre dauerte der apha-
tische Zustand, ohne wesentliche Aenderung des kli-
nischen Bildes, durch vielfache neue Schlaganfälle unter-
brochen.
Die Sektion zeigte vollständige Atrophie der linken
Hemisphäre, femer eine Pseudocyste, die den linken
Seiten Ventrikel und seine Umgebung einnahm, endlich
Atrophie des hinteren Segmentes der inneren Kapsel und
des grössten Theiles des Thalamus opticus. Eigenthüm-
lich ist, dass die Autopsie mit den im Leben beobachteten
Erscheinungen wenig in Einklang zu bringen ist. Die
langsame Entwickelung der letzteren wird von B. zur
Erklärung herangezogen.
Einige ätiologisch bemerkenswerthe Fälle theilt
Stadelmann (68. 69) mit 1) Absolute par-
tielle Aphasie nach Typhus bei einem Erwach-
senen. 2) Aphasie mit Worttaubheit und Eoholalie
als ErschOpfungsymptome bei einem ISjähr. Manne.
3) Aphasie und Agraphie als ErsohOpfungsymptom
nach epileptischem Anfall bei einem lOjähr. Mäd-
chen. Eine amnestische partielle Agraphie erhielt
sich noch 1 Jahr lang nach den Antillen.
Zur Lehre von der aensoriachen Aphasie giebt
Ernst Bischoff (70) einen Beitrag, indem er
3 Krankengeschichten mittheilt. 2 davon rechnet
er der „transcortikalen** sensorischen Aphasie zu,
die Bezeichnung „transcortikal^' im anatomischen
Sinne nicht zulassend.
1) Frau S. T., 65 Jahre alt, vergesslich, weinerlich.
Hören intakt. Spraohverständniss erheblich gestört,
Spontansprechen gestört, manchmal Paraphasie. Nach-
sprechen gelang zumeist. Sehen intakt Lautlesen ziem-
lich gut, Paralezie. Leseverstfindniss gestört. Schreiben
spontan anmöglich, auf Diktat ziemlich gut, Copiren theil-
weise gut
Die SekUon ergab doppelseitige Atrophie des
Sohläfenlappens, daneben bestanden noch andere
Herde, weshalb B. vorsichtig in seinen Schluss-
folgerungen ist „Die Atrophie der Schläfenlappen
genügte, die complicirte Funktion des Klangbild-
centrum, das Yerständniss der gehörten Worte,
beträchtlich zu stören, während die einfache reflex-
ahnliche Thätigkeit des Nachsprechens und Diktat-
schreibens von den erhaltenen nervOsen Elementen
des Schläfenlappens noch bewältigt werden konnte.^*
2) Frau A. W., 77 Jahre alt, bot ein ähnliches Bild.
Wortverständniss erloschen. In hohem Maasse war die
Aufmerksamkeit für akustische und optische Eindrücke
erloschen, ohne dass grobe Hör- und Sehstörungen be-
standen hätten. Sprach taubheit bei nahezu intaktem
Nachsprechen ; Lautlesen erhalten, Spontansprechen ziem-
lich gut erhalten. Man fand geringe Atrophie der ganzen
Binde, multiple Erweichungsherde in der Insel, an beiden
Schläfen- und Hinterhauptslappen. Der grösste Herd
hatte fast das ganze Mark der linken Insel zerstört, einen
grossen Theil sowohl der fiörfaserung, wie der Associa-
tionbahn der Hörrinde umfassend.
3) 35jähr. Patientin. Starke Schwerhörigkeit, anfangs
artikulatorische Sprachstörung mit Stottern, relativ gutes
Spraohverständniss; Schreiben gut Später Verblödung.
Spracblosigkeit Sprachtaubheit und Schreibunfähigkeit.
Allgemeine Atrophie des Gehirns, besonders der Schläfen-
lappen.
Die (Geschwätzigkeit der an sensorischer Aphasie
leidenden Kranken, ihr auffällig grosser „virtueller
Wortschatz" wird von verschiedenen Autoren her-
vorgehoben. Man bekommt den Eindruck des
nicht Gewollten, automatisch sich abrollenden Vor-
gangs. Namentlich jede von aussen kommende,
besonders die akustische Anregung löst, wie reflek-
torisch, die typische LogorrhOe aus. W e r n i c k e
glaubt, die paraphatische Logorrhöe der Paralytiker
beruhe auf einem Reizzustande des Schläfenlappens,
während von Monakow einen Reizzustand der
Broca'schen Windung als möglich hinstellt. Aber
schon Kussmaul spricht beim aphatischen Stot-
tern von einer entzfindlichen Reizung eines hin-
teren Rindentheiles, der störend und hemmend auf
die motorische Coordination der vorderen Regionen
gewirkt habe.
Mit Collins ist A. Pick (71) der Ansicht,
dass die Erscheinung durch die Ausschaltung oder
das Versagen einer in der Norm wirksamen Hem-
mung zu Stande komme, die im Sohläfenlappen
ihren Sitz hat und mit dem akustischen Sprach-
centrum, vielleicht nur theilweise, zusammenfällt
Die Form, unter der die Erscheinungen auftreten,
die Beobachtung, dass sie namentlich bei Erweichun-
gen sich zeigen, in Fällen mit geringer Fernwirkung
sprechen für einen Hemmungsmechanismus, der
mehr oder weniger gestOrt oder ganz ausgefallen
ist Blutungsherde mit intensiver Seitenwirkung
lassen daher auch die Erscheinung häufig vermissen.
Die kurz dauernden Anfölle paraphatischer
Logorrhöe bei Petit mal werden erklärlich, wenn
mit H. Jackson angenommen wird, dass neben
der allgemeinen, eine lokal auf den Schläfenlappen
beschränkte Dissolution auftreten kann, so dass in
die Stelle der willkürlichen die automatische Funk-
tion tritt.
Auch die Eoholalie wird sich hierdurch leichter
erklären lassen, deren schwere Form sich als ein
Spraohreflex darstellt, der unter ähnlichen Be-
dingungen zu Stande kommt, wie die paraphatische
LogorrhOe, also namentlich dann, wenn die Funk-
tion des linken akustischen Sprachoentrum oder
dessen Umgebung ausgeschaltet ist. Ferner weisen
einzelne Beobachtungen von paraphatischer Logor-
rhOe im Gefolge einer Hemicrania concomitata,
sowie die Zustände von üeberarbeitung bei leicht
getrübtem Bewusstsein auf die Existenz eines sol-
chen Hemmungcentrum hin.
Die principielle Bedeutung der Pick 'sehen
Feststellungen liegt darin, dass hiermit der erste
sichere Nachweis geliefert erscheint dafür, dass
auch auf psycho-physisohem Oebiete ein Hem-
mungsmechanismus anzunehmen ist und dass wir
in Zukunft mit ihm zu rechneu haben werden«
230
Ooldstein, Beiträge zur Physiologie, Pathologie und Chirurgie des örosshirns.
Atrophie eines oder beider Schl&fenlappen
als Grundlage der Worttaubheit war schon früher
von Pick (vgl. Jahrbb. CCLIII. p. 96) und von
Dejerine und S§rieux (vgl Jahrbb. GCLXVU.
p. 199) angegeben worden.
H.Liepmann(72) liefert hierzu einen Beitrag.
Eine 74 Jahre alte Bahnschafifnersfraa hatte (1874)
einen Fall auf den Kopf erlitten, häufig Kopfschmerzen,
im November 1896 psychische Anomalien, wurde ver-
gesslich, sprach wenig, wurde schliesslich unsauber.
Angstzustände , Versündigungsideen , Lebensüberdruss.
Lichtreaktion der Pupillen gering. Hände und Zunge
zitternd, Gang unsicher. Erhaltenes Verstehen der Worte
ohne Verständniss ihres Sinnes, fehlerloses Nachsprechen
bei äusserst reducirter Spontanspraohe. Paraphasie an-
gedeutet. Zum Lesen und Schreiben war Pat. nicht zu
bringen. Automatische EoholaUe konnte bis zum Tode
täglich constatirt werden.
Sektion : Exquisite Atrophie des Gehirns, besonders
links. Gehimgewicht 1040 g. Erste und zweite linke
Schläfenwindung äusserst schmal. Arteriosklerose der
Gehimgefässe.
L. stellt diesen Fall in Parallele zu denen
Pick 's und glaubt, dass das Hauptsymptom der
sogen, transcortikalen sensorischen Aphasie durch
Atrophie des linken Schlftfenlappens bedingt sein
kann. Erhaltenes Nachsprechen ist nicht identisch
mit Echolalie; bei letzterer muss automatisch,
zwangsweise nachgesprochen werden. Pick hat
mit Recht als Vorstufe der Echolalie die fragende
Wiederholung des Vorgesprochenen hervorgehoben.
Dies war auch in dem Falle von Dejerine und
S6rieux vorhanden, den L. nicht als „reine
Worttaubheit" oder als L i c h t h e i m 's und W e r -
nicke's subcortikale sensonsche Aphasie auf-
gefasst haben mOchte, sondern fQr den er den
Namen transcortikale sensorische Aphasie mit
relativ sehr geringer Störung im Sprechen, Schrei-
ben und Lesen vorschlägt
Als transitorische reine Worttaubheit bezeichnet
Veraguth (73) den folgenden von ihm beobach-
teten FaU.
Schädeltrauma bei einem 42jähr. Alkoholiker; der
Kr. erholte sich bald von den unmittelbaren Folgen, es
blieben zurück : Pupillendifferenz, concentrische Gesichts-
einschränkung für Farben und eine (allmählich abklin-
gende) Dyslexie. 3 Monate nach dem Unfälle Parese
des linken Beines, besonders im Gebiete des Peronaeus ;
gleichzeitig Coordinationstörungen des Herzens. 12 Jahre
nach diesem Unfälle im Anschlüsse an alkoholische Ex-
cesse nach angeblich Gjähriger Abstinenz „transitorische
sensorische subcortikale Aphasie* (Wem icke). Pat.
war nicht im Stande, eiu einziges gesprochenes Wort zu
verstehen, während er ganz feine Geräusche gut hörte
und deutete. Erhaltensein der willkürlichen Sprache, des
Lautvorlesens, des Schriftverständnisses und der will-
kürlichen Schrift, keine Paraphasie. Tod durch Endo-
karditis mitEmbolie in den Lungen und anderen Organen.
Sektion: Allgemeine Atrophie des Grosshirns, be-
sonders der Rinde und des Markes der 1. Temporal Win-
dung beider Hemisphären und der Pars opercularis der
3. Stirnwindnng links ; keine Herdläsion.
V. behauptet auf Grund dieses Falles : Das pri-
märe cerebrale Substrat der „reinen Worttaubheit^'
ist nicht eine Unterbrechung der subcortikalen
HGrbahn im Marke des linken Schlftfenlappens,
yielmehr genügt eine einfache Atrophie der ersten
Schl&fenwindungen (wahrscheinlich beider Hemi-
sphären) als anatomische Grundlage, um beim
Hinzutreten eines sekundären (cirkulatoriachen,
toxischen, funktionellen) Momentes die reine Wort-
taubheit zu bedingen. Demgemäss nennt er auch
die subcortikale sensorische Aphasie „reine Wort-
taubheit'' nach dem Vorbilde der Franzosen. Man
kann übrigens H.Liep mann (Besprechung einiger
neuerer Arbeiten über Sprachtaubheit Centr.-Bl.
f. Nervenhkde. u. Psych. XXIV. März 1901) zu-
stimmen, wenn er behauptet, dass dieser Fall V.'s
die Frage der Lokalisation der reinen Worttaubheit
nicht löse, wohl aber ein hübsches Beispiel dafür
gäbe, dass im Verlaufe eines chronischen Alko-
holismus (mit Verfall der Psyche) oder auch einer
Unfallneurose funktionelle transitorische Worttaub-
bett auftreten könne. 13 Monate vor dem Tode
war eine in wenigen Tagen vorübergehende Wort-
taubheit aufgetreten und diese wird als durch die
Atrophie der Schläfenlappen bedingt hingestellt,
während doch eine allgemeine Atrophie des Qross-
hirns bei der Sektion gefunden wurde, so dass
man mit Liepmann vielmehr schliessen muss,
der Orad von Atrophie des Schläfenlappens, den
V. fand, mache keine Worttaubheit
Hingegen nimmt Strohmayer (74) mit
Veraguth an, dass das Bild der sogen, ^^sub-
cortikalen" sensorischen Aphasie nicht immer an
die Läsionen des Markes gebunden erscheint ; er
schlägt vor, den Begriff seines lokalisatorischen
Charakters zu entkleiden und ihn einfach klinisch
aufzufassen oder, ihn ganz aufzugeben und durdi
die anatomisch nichts präjudicirende „reine Wort-
taubheit" zu ersetzen.
Der mitffetheilte Fall ist kurz folgender: Ein 36jähr.
Arzt (Beohtshänder), vor 8 Jahren luetisch inficirt, zeigte
die Symptome einer atypischen Dementia paralytioa mit
den Herdsymptomen der „subcortikalen*^ sensoriachen
Aphasie im Sinne von Wernicke-Lichtheim. Die
Sektion zeigte nun makroskopisch keinerlei Herderkian-
kung, auffallend war nur eine stellenweise schmutzig-
graurothe Verfärbung der Rinde des 1. linken Temporu-
lappens. Mikroskopisch wurden aber tief greifende Ver-
änderungen der Rinde beider Schläfenlappen mit mehr
oder weniger starker lokaler Prägnanz (namentlich im
Temporallappen, links) nachgewiesen. Sie ergaben das '
Bild einer diffusen Meningo-EncephaUtis chronica mit
den Zeichen frischer luetischer Entzündung, die in der
Rinde am ausgeprägtesten war und sich im Marklager
nur durch eine Vermehrung der GefSsse mit Wand ver-
dickung erkennen liess. Herde im Marklager waren weder
grob anatomisch, noch mikroskopisch zu erkennen.
In den Veränderungen der Rinde der Windun-
gen, in denen wir mit Sicherheit die Endstationen
der Schneckennerven suchen und die wir mit den
sensorischen Sprachfunktionen in Zusammenhang
bringen, erblickt Str. denQrund fflr das Zustande-
kommen der subcortikalen sensoriachen Aphasia
Da durch die bisherigen Sektionen von subcortikaler
sensorischer Aphasie die Lokalisation der Sprach-
störung im Marke nicht erwiesen sei, so will Str.
mit Veraguth u. A. sie in einer unvollständigen
doppelseitigen Läsion des Hörfeldee suchen.
Ooldstein, Beitrftge zur Physiologie, Pathologie und Chirurgie des Grosshirns.
231
B i 8 c h o f f (75) aber erblickt in der Benutzung
zum Theil h jpothetisoher und unbewiesener Grund-
lagen eine Gefahr für die Entwickelung der Aphasie-
lehre. Er führt aus, dass pathologische Erwägun-
gen dafür sprechen, dass die Spontansprache auf
dem Wege Begriff, Wortbewegungsvorstellung,
Sprachbewegung abläuft und dass die Bolle, die
das Klangbildcentrum bei der Spontansprache
spielt, sich mit Hülfe der Physiologie nicht fest-
stellen lässt; ferner dass das Vorkommen von
optischer Aphasie bei Intaktheit der Sprachcentren
nicht gestattet, bei gemischten Läsionen des akusti-
schen Sprachcentrum und anderer Sinnescentren
den gefundenen aphatisohen Symptomencomplex
allein auf eine Läsion des Klangbildcentrum zu
beziehen und dass endlich die Symptome einer
isolirten Läsion des Klangbildcentrum, weil seine
Lage und Ausdehnung nicht genau bekannt sind
und weil in der Regel neben akustischen auch
optische Himtheile betroffen sind, sich noch nicht
genau feststellen lassen. Er fasst das, was wir
über „die sensorischen Aphasien*' wissen, folgender-
maassen zusammen: „Die cortikale aensorische
Aphasie beruht auf einer Läsion der akustischen
und optischen Sinnescentren der linken Hemi-
sphäre (bei Rechtshändern), bez. der associativen
Verknüpfung der Sinnescentren mit dem cortikalen
Sprachgebilde. Läsion des akustischen Sprach-
oentnim bewirkt Sprachtaubheit, Störung des Nach-
sprechens und des Diktatschreibens, Läsion der
Objektbildcentren (oder ihrer Associationsbahnen
zum Sprachgebilde), amnestische Aphasie, Alexie
und Störung des Copirens.*^
Mingazzini(76) verwerthet unter Berück-
sichtigung der Fälle vonDejerineundSörieux,
Veraguth und Pick einen neuen Fall, um zu
zeigen, dass auch eine langsame Atrophie der
Hirnwindungen zu Erscheinungen der ausgepräg-
testen sensorischen oder motorischen Aphasie
führen kann.
Er beobachtete eine 67jähr. Frau, die 4 Jahre vor-
her eiDen Fall auf den Kopf erlitten hatte. Seither
Schmerzen in der Stimgegend, Charakterveränderung,
Sprachstonmg, tonisch-klonische Erampfanfälle in den
Gliedern. Bei der Untersachung träge Reaktion der
Papillen auf Lichteinfall, Arme and Hände in Beuge-
contraktor. Die Sprachstörung zeigte die Merkmale der
akustischen und motorischen Aphasie neben Asymbolie.
Dauer der Störung bis zu dem einige Monate später er-
folgenden Tode. Die Sektion erwies Atrophie der Qe-
him Windungen, besonders links mit dankelgraner Ver-
färbung und Erweiterung der SeitenTentrikel. Mikro-
skopisch: Ausgedehnte pigmentöse Degeneration aller
Zelienelemente, besonders in der Schicht der grossen
Pyramidenzellen in der Rinde der Pars opercularis der
3. Stimwindung und enorme Abnahme der Chromsubstanz
des Citoplasma in der Rinde der Lippen der Fissura cal-
carina und der linken oberen Schläfenwindung.
Um im Leben lu entscheiden, ob die moto-
rische Aphasie oder Worttaubheit von grober Zer-
stSrang der Bindencentren oder von langsamer
Atrophie abhängt, muss man nach M. die Kranken-
geschichte der letzten Zeit hauptsächlich betrachten.
Bei Atrophie tritt der Verlust des akustischen
und motorischen Wortschatzes langsam auf, wäh-
rend die von zerstörenden Herden bedingten dys-
phatisohen Störungen akut einsetzen. Eine Aus«
nähme hiervon bildet nicht selten die durch Hirn-
geschwülste bewirkte Aphasie.
Mendel (77) bezweifelt, dass es Fälle gebe,
die kdigUeh die Symptome dieser oder jener der
aufgestellten Formen zeigen. Selbst wenn man an
einem Tage der Untersuchung eines Worttauben
das Bild der reinen Worttaubheit oder der sogen,
transcortikalen Worttaubheit (das Wort transcor-
tikal hält auch er mit Recht für sehr unglücklich,
weil es den Anschein erweckt, als ob jenseits
der Cortex für den Oehirnpathologen noch etwas
existirte) oder der „gewöhnlichen" Worttaubheit
hat, so findet man bei der nächsten Untersuchung,
dass die Reinheit des Bildes verschwunden ist
Ein 44jähr. rechtshändiger Pat. litt an Schwindel,
Kopfschmerzen und Frösteln; gleichzeitig verwechselte
er Worte und klagte über rechtseitige Geruchsempfin-
dungen. 2 Monate später linkseitige Hemiparese und
Worttaubheit.
Für den Hund hatMunk sichergesellt, dass
zum Entstehen der Seelentaubheit die Entfernung
der entsprechenden Stelle auf beiden Seiten erfor-
derlich ist und auch beim Menschen möchte M. das
vollständige Bild andauernder Worttaubheit auf
beide Seiten des Schläfenlappens bezogen wissen.
Angezogene Fälle aus der Literatur (namentlich
von Hirnabscessen) scheinen diese Ansicht zu
stützen und auch für seinen FaU nimmt M. eine
Erweichung an; die linkseitige Hemiparese bei
einem Rechtshänder würde sonst schwer zu er-
klären sein.
Yon den 0 Krankengeschichten, die Touche
(78) mittheilt, bestand bei vieren sensorische
Aphasie, 2mal wurde sie geheilt, 3 Kranke boten
motorische und sensorische Erscheinungen dar.
Die Autopsie zeigte keine bemerkenswerthen neuen
Gesichtspunkte.
Bard (79) giebt die Krankengeschichte eines 56jähr.
Mannes, der an rechtseitiger homonymer Hemianopsie,
häufigen epileptischen Krisen, Gedächtnissschwäche und
verbaler Alexie (D e j e r i n e *s , reiner Worttaubheit*) litt.
Die letzte Affektion trat erst nach Trepanation und
Resektion einer Cyste in die Erscheinung, üeber die
Entstehung werden verschiedene Hypothesen aufgestellt
Zwei Herde, einen älteren, der die Seh- und
einen jüngeren, der die Sprechstörung verursacht
habe, nimmt Thomson (81) in einem Falle von
anfallsweise auftretenden Erscheinungen von amne-
stischer Aphasie und Paraphasie und partieller
Buchstabenblindheit an. Bei der Oesichtsfeld-
prüfung fand sich ein homonymer sektorenförmiger
Defekt in der rechten oberen Hälfte beider Ge-
sichtsfelder, dessen stumpfer Endabschnitt rechts
bis zum 5. Qrade, links bis zum 10. Orade vom
Fixirpunkte reichte. Geber Sehstörung wurde nicht
geklagt Der Herd ist wohl von Anfang an von
geringem Umfange gewesen«
232
Ooldstein, Beiträge zur Physiologie, Pathologie und Chirurgie des Grosshirus.
Eid er (82) verbreitet sich in längerer Aus-
einandersetzung Qber die Theorie der Wortblind-
heit und ihrer Abarten. Von den 4 klinisch ver-
schiedenen Fällen, die er giebt, ist der erste für
uns von Interesse, weil er mit einem Sektionbefunde
versehen ist. DerGyrus angül. sinister war durch
einen cortikalen Erweichungsherd zerstOrt Der
68jähr. Kranke war wortblind gewesen, konnte
nur wenige Buchstaben erkennen und nur einige
ihm geläufige schreiben. Nach Diktat zu schreiben
oder zu copiren war er nicht im Stande.
Das von Broadbent und Mills aufgestellte
Namencentrum (vgl. Jahrbb. CCLXVU. p. 201)
in der unteren Temporalwindung verweist H a m -
mond (80) — wie die meisten Autoren — in das
Bereich des Traumlandes. 2 Fälle, die er beobach-
tete, haben ihn davon überzeugt und ausserdem
belehrt, dass Wortblindheit und Worttaubheit, allein
oder zusammen, nicht nur bewirkt sind durch
Läsion der höheren Gesichts- oder GehOrscentren,
sondern dass vielmehr eine Läsion irgend eines
Theiles der Sprachsphäre derart die complicirten
associativen Sprachcentren' stört, dass eine oder
alle Formen der sensorischen Aphasie entstehen
können.
Die Lehre von der Lokalisation des Tonvermö-
gena befindet sich noch in der allerersten Entwicke-
lung. Die von Probst (83) sorgfältig studirten
und kritisch gesichteten Fälle der Literatur wer-
den eingetheilt in 1) sensorielle Amusie (6 Fälle),
2) motorische Amusie (4 Fälle), 3) Notenblindheit
(4 Fälle), 4) totale Amusie (1 Fall), 5) Herdläsionen
ohne Beeinträchtigung des musikalischen YermO-
gens (15 Fälle). Zum letzten Gapitel liefert P r.
einen eigenen Beitrag.
Eine Ö5jähr. Er. litt an totaler Aphasie, dieSpontan-
sprache war vollständig verloren, sie vermochte nicht
mehr za schreiben. Das zu ihr Gesprochene verstand
sie nicht, konnte nicht lesen, wohl aber noch einzelne
Buchstaben und Ziffern benennen. Geräusche und Klänge
hörte sie sehr gut. Lieder mit dem Texte konnte die
total aphatische Kr. nicht nar deutlich nachsingen, son-
dern auch allein fortsetzen; die Melodie, die sie sang,
war stets richtig, die AfPektsprache war gut erhalten.
Die Sektion zeigte Erweichung der ganzen 2. linken
Frontalwindung, der oberen Lippe der 8. Frontal windung,
eines Theiles der vorderen und hinteren Centralwindung,
des angrenzenden oberen Scheitelläppohens, des oberen
und hinteren Theils des Gyrus supramarginalis, des vor-
deren Theiles des Gyrus angularis, des hinteren Drittels
der 1. Schläfen Windung, ferner eine kleinere Erweichung
in der 2. Occipitalwindung.
P. kommt zu dem Ergebnisse, dass die ein-
zelnen Amusieformen nicht an die entsprechenden
Aphasieformen gebunden sind und ebenso auch
nicht die Aphasieformen an die entsprechenden
Amusieformen. Die Lokalisation der einzelnen
Amusieformen ist sehr nahe den analogen Aphasie-
formen gelegen. Sicher ist, dass die verschiedenen
Amusieformen durch einseitige Herde entstehen
können.
Donath (84) erzählt die Krankengeschichte
eines Musikers, der an beginnender progressiver
Paralyse litt und ohne BewusstseinstOrung oder
sonstige Lähmungserscheinung plötzlich vollstän-
dige motorische Aphasie, Worttaubheit und par-
tielle instrumentale Amusie zeigte. Er konnte ge-
wisse Accorde greifen, aber nur ein einziges Musik-
stück, dieses jedoch tadellos, spielen. Rückkehr
der Sprache und der Fähigkeit, auf der Gteige zu
spielen, im Laufe von einigen Wochen. Das E^
haltensein des Accordgreifens und Spielens nur
eines Musikstückes erklärt D. daraus, dass räum-
lich von den übrigen getrennte Erinnerungsdepots
für diese beiden Fähigkeiten erhalten waren.
Ausführlicher als in der im vorigen Berichte
(Jahrbb. CCLXVIL p. 195) erwähnten Arbeit be-
spricht Anton (86) die Psychologie der Herd-
symptome bei Himerkrankungen.
Ein weiterer Fall von centraler Taubheit wird mit-
getheilt, der einen 64 Jahre alten Lohnkutscher betraf.
In früheren Jahren hatte er eine schwere Sohädelver-
letzung erlitten. Neben einer Reihe anderer Störungen
hatte der geisteskranke Patient die Erinnerung an sein
früheres Hörvermögen verloren; er stellte energisch in
Abrede, taub zu sein. Zur Sektion kam es nicht Die
in den Vordergrund gerückten Oehörshallucinationen ge-
statteten die Vermuthung auf eine Erkrankung des
Schläfenlappens.
Ein zweiter Fall betraf eine cortikal Blinde, eine
56jähr. Näherin, die sich ihrer Blindheit nicht bewusst
war, völligen Mangel an räumlicher Orientirung zeigte,
bei der aber die Gesichtsvorstellungen in der Ennnemng
erhalten waren. Die Sektion zeigte Zerstörung der 1. und
2. Occipitalwindung und des hinteren Gyrus angularis an
der convexen Seite des Oocipitalhirns , eine Zerstörung
des grössten Theiles der Bahnen, die in dieser Höhe das
Hinterhauptshirn mit den übrigen Gehirnlappen verbin-
den, ferner eine Zerstörung der Bahnen, die die Binden-
gebiete des Oocipitalhirns mit einander verknüpfen.
In nahe Beziehung zu der Asymbolie Heil-
bronner 's (Jahrbb. CCLXVIL p. 203) tritt das
Erankheitbild der Apraxie, das H.Liepmann (86)
beschreibt, und das ganz neue Schlaglichter auf
jene wirft. Der als „einseitige Apraxie^' benannte
Fall ist von grossem psychologischen und him-
physiologisohen Interesse und es lohnt sich, ihn j
hier wiederzugeben. |
Ein 48 Jahre alter höherer Beamter, der früher mit |
Lues inficirt gewesen war, verlor nach prämonitorischen
Symptomen plötzlich das Vermögen der Sprache und
rechtseitigen Schrift und die Fähigkeit, zweckmfissige
Bewegungen auszuführen, insbesondere die Gegenstände
angemessen zu gebrauchen, woraus sich das Bild des
Blödsinns ergab. Die nähere Prüfung zeigte, dass er
vorgemachte Bewegungen mit den linken GUedern, nicht
mit der rechten nachmachen konnte. Reaktionen auf
akustische und taktile Reize, ebenso Wahlreaktioseo |
misslangen rechts, während sie links meist normal waren.
Links wurde Spiegelschrift geschrieben. Zweihändige
Manipulationen misslangen gewöhnlich, weil die Rechte
alles verkehrt machte. War die rechte Hand einmal an
einem Knopf angelangt, so konnte der Pat, selbst mit
geschlossenen Augen, ziemlich geschickt knöpfen. Hielt
man die rechte Hand fest, so wurde mit der linken alles
richtig ausgeftlhrt Von selbst wurde aber nur die rechte
Hand gebraucht Die Sensibilität war rechts insoweit
verändert, als starke Reize faisoh lokaUsirt wuiden, wäh-
rend Temperatur- undOewichtsonterschiede rechts, wenn
sie beträchtlich waren, wahrgenonmien wurden. Pissiv
verursachte Stellungen und Bewegungen der rechten
Hand konnten bei geschlossenen Augen links nicht nach-
Oold stein, Beiträge zur Physiologie, Pathologie und Chirurgie des Grosshirns.
233
gemacht werden. ErkenDen durch Tasten war sehr be-
einträchtigt. Die ^habitnelle*^ Aufmerksamkeit war sehr
gering, besser die angespannte (^ymaximale*^). Einfache
Rechenexempel wurden gelöst. Lautiesen unmöglich;
der Inhalt des Geschriebenen oder Gedruckten wurde,
falls es nicht complicirt war, einigermaassen verstanden.
Die Sprache bestand nur aus wenigen Worten. Gegen-
stände wurden beiderseits richtig erkannt.
L. analysirt die Erscheinungen und bemerkt
zunächst, dass Störungen des Erkennens auf op-
tischem und akustischem Gebiete das Verhalten
des Kranken nicht erklären ; es bestand bei genauer
Untersuchung kein Anhaltepunkt daftlr, dass link-
aeitige Seelenblindheit vorlag. Von der Rinden-
ataxie zeigte der Kranke ebenfalls ein ganz ver-
schiedenes Bild, da weder die Schrift, noch der
Gang ataktisch war. Der Ataktische wird etwa
einen Kamm ungeschickt gebrauchen, aber doch
immer als Kamm, mit ihm aber nicht, wie der
Apraktische, wie mit einer Harmonika oder einem
Federhalter hantiren. Bei der Ataxie ist die ele-
mentare Goordination der Bewegungen gestOrt, bei
der Apraxie die Zuordnung der coordinirten Be-
wegungen zum Zweck : Es scheint hier ein voll-
kommener Widerspruch zu bestehen zwischen dem
Ergebhiss der Sensibilitätprüfung (Aufhebung der
Lage-Bewegungsempfindung und der Lokalisation)
und der Thatsache, dass Patient eine Reihe von
Bewegungen tadellos vollzieht, die ohne Verwer-
thung der genannten Empfindungen nicht möglich
sind. Das Fehlen von Ataxie nöthigt zu der An-
nahme, dass das cortikale Substrat der Lage- und
Bewegungsempfindungen nicht zerstört ist, sondern
dass eine Leitungsunterbrechung oder Leitungs-
zerstörung zwischen dem senso- motorischen Ge-
biete der rechten Glieder und dem übrigen Gehirne
statthat. Auf diese Weise vernimmt das „Ich"
eben sowenig von der Stellung der rechten Glieder,
wie das Centrum des linken Armes die vom rechten
Arme ankommenden Berichte verwerthen kann.
Die Bewegungen aber, die vom Sensomotorium der
rechten Glieder ausgehen, können, ohne dass ein
Umweg über andere Centren genommen wird, ge-
wissermaassen durch „cortikalen Kurzschluss" zu
Stande kommen, wie das Gehen, das Zuknöpfen,
die im vorliegenden Falle erhalten sind. Die ner-
vösen Elemente des Sensomotorium freilich, die
Träger oder Zuträger der Schmerz-, Temperatur-
und Berührungsempfindung sind, müssen direkt
geschädigt sein, da Patient auf Stiche und Hitze
der rechten Hand auffallend wenig reagirt. Da
aber ein Theil der Handlungen erhalten ist, so
nimmt L. an, dass nicht alle Verbindungsfasern
des motorischen Centrum zerstört seien. Er zieht
daher folgenden Schluss : , Jch nehme an, dass ein
grosser Theil der Bahnen, die zum Sensomotorium
der rechten Körperhälfte vom übrigen Gehirne
führen, ungangbar sind. Die erhaltenen zweck-
mässigen Bewegungen sind solche, die, nachdem
einmal der Anstoss zu ihnen gekommen ist, ge-
wissermaassen interne Angelegenheiten des ge-
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft. 3.
nannten Sensomotorium sind; sie gelingen im
Wesentlichen, wenn, wie hier, das Sensomotorium
mit zu- und ableitenden Bahnen intakt ist^' Zu
jenem Anstoss, soweit er von ausserhalb des Senso-
motorium gelegenen Theilen kommt, muss aber
der erhaltene Rest von Verbindungen des Arm-
centrum mit der übrigen Rinde dienen.
Alle die Handlungen aber, die mehr als solcher
einfachen Impulse von aussen bedürfen, die in
ihrem Ablauf der fortwährenden Direktive von
optischen und akustischen Elementen benöthigen,
die also nur durch ein harmonisches Zusammen-
klingen des Armcentrum mit den übrigen Theilen
des Gehirns möglich sind, fallen aus oder werden
fehlerhaft.
Die Aphasie, die der Kranke zeigt, wird als
Apraxie der Sprachmuskulatur bezeichnet. Ist
durch Abtrennung von der linken Bewegungs-
vorstellung das Buchstabenbild sehr verblasst, so
gelingt es dem Patienten nicht so leicht, sich Theil
für Theil die Innervation der linken Hand frisck
zuzuordnen. Dagegen kann es noch als Signal
dienen, um die alte Schreibbewegungsvorstellung
im Motorium der linken Hand, die präformirt gcr
wissermaassen fix und fertig da ist, auszulösen:
so entsteht die Spiegelschrift
Hinsichtlich des Herdes vermuthet L., dass er
(eine durch Lues bewirkte Erweichung) sich von
der 3. Stirnwindung durch die Insel nach hinten
ziehe, im Wesentlichen die Centralwindungen ver-
schone, aber Rinde und vorwiegend Mark des Gyr.
supramarginalis und des oberen Scheitellappens
zerstört habe.
Die Bedeutung des Falles wäre dahin festzu-
stellen, dass er zeigt, wie ein organisch circum-
scripter Herd im Gehirn die Verwerthung des ge-
sammten Besitzes der Psyche für die Bewegung
bestimmter Theile des Körpers aufheben kann,
derart, dass die betroffenen Glieder sich für die
Mehrzahl der Bewegungen wie die eines erfahrungs-
losen Kindes verhalten.
Die Stellung der motorischen Asymbolie (der
Apraxie) zur sensorischen wäre demnach so aufzu-
fassen, dass die erstere nach der produktiven Seite
in demselben Verhältnisse zu den intrapsychischen
Vorgängen steht, wie die sensorische nach der
receptiven. Die erstere Erkrankung steht ferner
in demselben Verhältniss zu den Störungen des
motorischen Projektionfeldes, wie die letztere zu
denen des sensorischen. Andererseits tritt die
Apraxie in bedeutsame Beziehung zu gewissen
Störungen bei Psychosen, Störungen, die Wer-
n i c k e als psychomotorische gekennzeichnet hat.
Pick (87) glaubt aus „Anfällen", die als Auf-
druck einer atheromatösen Gefässdegeneration und
seniler Hirnatrophie anzusehen waren und die er
für „motorische Apraxie^^ erklärte, den Schluss
ziehen zu dQrfen, dass die motorische Apraxie auch
anfallweise und nicht durch gröbere Herddefekte
bedingt auftreten könne, und zwar unter Um-
30
234
Ooldstein, Beiträge zur Physiologie, Pathologie und Chirurgie dee GroBshirns.
ständen, die denen, die als Dämmerzustände be-
zeichnet werden, so nahe stehen, dass auch im
Rahmen dieser letzteren der motorischen Apraxie
zuzurechnende Erscheinungen Platz greifen könn-
ten. Es handle sich dabei um transitorische Stö-
rungen in den Gebieten, die L i e p m a n n für seinen
Fall als betroffen angesehen habe.
G Chirurgie.
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LXX. 24. 1901.
Eine grössere Arbeit über Hirntumoren und
ihre operative Behandlung hat als akademische
Preisschrift Bberson (88) geliefert, die in über-
aus fleissiger Weise Aetiologie, specielle Symptom-
atologie und Diagnose, Prognose und Therapie ab-
handelt Eine stattliche Anzahl selbst beobachteter
F&lle und 5 Tafeln mit Abbildungen schmücken
das Werkchen. Nicht operirte Kranke bespricht E.
3 selbstbeobachtete.
I. Gliosarkom des rechten Frontallappens bei einer
28jähr. Frau.
U. Sarkom des rechten Frontallappens bei einem
16jähr. Mädchen.
III. Gliom in dem rechten Frontallappen bei einem
50jähr. Manne.
Jodkaliumtherapie, die E. 5 Jahre lang ange-
wandt hatte, war überall ohne jeden Erfolg.
unter den eigenen Operationen handelte es sich:
1) um ein Fibrom, wahrscheinlich ausgegangen von der
Ra-mater. Tod durch Shook post operationem. 2) Um
Tumor der linken motorischen Zone. Es wurde ein Sar-
kom entfernt Tod post operationem. Obduktion: doppel-
seitiges Sarkom der Dora-mater. 3) Um ein Gliosarkom
in der rechten motorischen Zone. Operation brachte be-
deutende Besserung. Nach IVs Jahren 2. Operation
wegen Recidivs, einige Wochen darauf Tod an Meningitis.
4) Um einen Tumor der rechten motorischen Zone. Die
Operation eines Spindelzellensarkoms ergab bedeutende
Besserung. 5) Um Tumor in der linken Hemisphäre des
Cerebellum, nach der klinischen Diagnose. Bei der Trepa-
nation wurde kein Tumor gefunden. Die Sektion zeigte
diffuse Gliose der rechten Grosshirnhemisphäre. 6) Um
Oliom der linken motorischen Zone. Partielle Szstirpatioo.
Besserung.
Aus der Literatur giebt E. eine grosse Ansahl
von Operationen wieder: Tuberkel, Oummiknoteu,
Goldstein, Beiträge zur Physiologie, Pathologie und Chirurgie des Qrosshirns.
235
Gliome , Gliosarkome , Fibrosarkome , Sarkome,
Cysten, Angiome ; im Ganzen 242 Fälle, davon be-
trafen: die Frontal Windungen 26, die motorische
Zone 129, die Parietalwindungen 6, Ocoipital-
windungen 6, Tempore - sphenoidalwindungen 7,
Basalganglien und Himstamm 12, Schädelbasis 2,
Dura- und Pia-mater 21, Cerebellum 29. 4mal
war der Ort nicht angegeben. Von 237 Fällen, in
denen das Resultat mitgetheilt worden ist, wurde
in 167 der Tumor exstirpirt, gefunden und nicht
exstirpirt 14mal, nicht gefunden 56maL Das
Resultat war: Genesung in 72 Fällen (42 zweifel-
haft), grosse Besserung in 21 Fällen, geringe oder
keine Besserung in 45 Fällen, Tod in 99 Fällen,
wovon in 92 im unmittelbaren Anschlüsse an die
Operation.
Seydel (89), der 1892 in der Art und Weise
von White 100 Fälle von Gehirntumoren auf ihre
Operabilität geprüft und davon nur 3 als eventuell
operabel gefunden hatte, erzählt von 14 Trepa-
nationen und von einem Pat mit Tumor, der erst
2^lf Jahre nach der Operation starb.
Ein 47jähr. Mann hatte vor 15 Jahren schwere
XolbeDschlage auf den Schädel erhalten, denen mehr-
wöchige Bewasstlosigkeit gefolgt war. Es bestanden
rechtseitige Parese, Schwindel, Kopfschmerz, Staaungs-
papilie. Der Tumor wurde in der linken Rolando'schen
Furche vermathet. Operation zweizeitig, da darch die
Meisselschläge commotio cerebri eingetreten war. Der
kirschkemgrofise Tnmor (Fibrom) sass auf der Dura,
reichte nicht in die Tiefe. Besserang der Hemiplegie.
V« Jahre später Kopfschmerzen. Erneute Operation.
Prolaps. 4 Monate lang Abfluss von Cerebrospinalflüssig-
keit Erneute Kopfschmerzen, Lähmung. Tod. Die
Sektion wurde nicht gemacht.
7 Operationen bei Hirntumoren geben Hoppe
(90) Gelegenheit, der im Allgemeinen jetzt pessi-
mistischen Ansicht über die Erfolge entgegenzu-
treten, denn 4 von seinen Patienten sind mit dem
Lebea davon gekommen und der Operationerfolg
war mehr oder weniger gut. '
Ein 32jähr. Mann litt seit 3 Jahren an Anfällen von
Jackson*scher Epilepsie, die in allgemeine Oonvulsionen
hier und da übergingen. Es hatte sich ein Zustand von
Apathie eingestellt. Ransohoff entfernte einen hühner-
eigrossen Tumor über dem rechten Bein- und Arm-
een trum. 7 Jahre nach der Operation war Pat. noch am
Leben, freilich wurde er von Zeit zu Zeit noch von den
Krämpfen befallen ; sein Geisteszustand war gut. Es be-
stand leichte Hemiparese.
Der 2. Pat., 18 Jahre alt, war im Anschlüsse an ein
Trauma capitis völlig erblindet. Am linken Hinterhaupt
bildete sich eine wallnussgrosse Geschwulst, die sich in
die Schädelhöhle unter Steigerung der Druckerscheinun-
gen eindrücken liess. Vs Jahr nach dem Trauma Ope-
ration: Gliom von Nussgrösse in einer mit Flüssigkeit
gefüllten Höhle über dem linken Occipitallappen. 7 Jahre
post operationem gesund und arbeitsfähig. Sehvermögen
wiedergekehrt
Wegen sensorischer Aphasie und Abnahme der In-
telligenz wurde ein 46jähr. Mann trepanirt, der 5 Monate
zuvor ebenfalls ein Schädeltrauma erlitten hatte (Depres-
sionfraktur über der linken Temporalgegend). Die unter
der Spitze der Depression kleinwallnussgrosse Cyste wurde
entfernt. Langsam besserte sich die Aphasie, rasch die
Intelligenz. 4 Jahre post operationem war der Pat. noch
am Leben.
Der 4. Fall, in dem man vielleicht nooh von einer
günstigen Einwirkung der Operation sprechen kann, be-
traf einen 22jähr. Mann, der im 7. Lebensjahre nach einem
Trauma epileptische Anfälle, die anfänglich Jackson'sohen
Charakter aufwiesen, später sich verallgemeinerten, er-
litten hatte. Zustünde von Verwirrtheit. Man entfernte
eine Cyste über dem rechten Beincentrum. Die Anfälle
hörten Vi Jah r gan z auf, kehrten darauf wieder. 1 >/• Jiübire
post operationem erfolgte der Tod in einem Anfalle.
Erfolgreich entfernte H. Glas s (91) ein Endo-
theliom, das Lescynsky als Tumor der rechten
Hemisph&re, Arm- und Beinoentrum in sich
schliessend, diagnosticirt hatte. Heilung nooh nach
2 Jahren.
Ferner berichten Was hbo um und Arbuth-
not (92) über die erfolgreiche Entfernung eines
EMoihelioms linkerseits ; es lag an der Spitze der
Bolando'schen Fissur, schloss die obere Portion des
OyruB praecentralis ein. Bei der Entlassung be-
stand noch Paralyse der rechten Hand und des
rechten Armes. Vorübergehend war Aphasie vor-
handen gewesen.
Mit Erfolg exstirpirten A. C a r 1 e und B. P e s -
carolo (93) ein Oliom der Broca'schen Windung
bei einem 38jAhr. Manne.
Mingazzini (38) gehOren 2 Fälle an.
1) Eine SSjähr. Frau litt an Jaokson'schen Anfällen,
Parese des rechten Armes und rechten Facialis. Gehör
aufgehoben. Augenhintergrund normal. Gesichtsfeld für
roth und grün auf beiden Augen conoentrisch eingeengt.
Schädelperkussion in der Schläfen zone unter der Insertion
der linken Ohrmuschel schmerzhaft. Perkussion erzeugte
hier ein tiefes Geräusch. Keine Dysphasie, jedoch wurden
Worte mit vielen Consonannten schwer ausgesprochen.
Operation (Postemsky). Eine grauliche Geschwulst,
an der inneren Fläche der Dura klebend, wurde von der
Prä-Rolando*schen Furche entfernt um die taubenei-
grosse Geschwulst, dem Aussehen nach ein AngiogUom,
befand sich eine Cyste mit seröser Flüssigkeit. Bi-
g na m i bestimmte den Tumor als PapUloma myxomatoides.
Post operationem motorische Aphasie, allmählich in Par-
aphasie übergehend. Bei der Entlassung war die Sohmerz-
empfindlichkeit auf der rechten Seite des Körpers ver-
mindert. Tastempfindung rechts weniger fein, wie links.
Drucksinn der rechten Hand fast ganz aufgehoben ; stereo-
skopischer Sinn der rechten Hand sehr herabgesetzt.
Keine dysphatischen Störungen, abgesehen von leichter
vorübergehender Paraphasie.
2) 40 Jahre alter Bauer. Rechtseitige Facialisparese,
rechtseitige Parese des Beines. Stauungspapille in beiden
Augen : rechte Pupille manchmal grösser als linke, beide
reagirten langsam auf Licht Drucksinn rechts lädirt.
Schädel Perkussion links schmerzhaft an circumscripter
Stelle; hier hörte man beim Aufklopfen einen dumpfen,
verschleierten Ton. Die grösste Störung war in der Ge-
fühls- und Willensphäre vorhanden ; der Pat war völlig
interesselos. Operation von Durante im oberen Theile
des linken Scheitelbeines, genau dem motorischen Centrum
des linken Armes entsprechend, unter der Dura lag eine
mit einer Kapsel umgebene Geschwulst, die leicht zu ent-
fernen war; sie steckte in einer Art von Kelch, der aus
dem oberen Theile der pararolandoschen Windungen ge-
bildet wurde, die erweicht und zusammengedrückt waren.
Die Geschwulst erwies sich als Endothelsarkom. Nach
der Operation schwanden Benommenheit, Schwindel,
Kopfschmerzen und Stauungspapille.
Clarke und Landsdown (94) operirten bei
einem 28jähr. Manne 2mal in der linken Parieto-
occipitalregion.
236 Gold stein, Beiträge zur Physiologie, Pathologie und Chirurgie des Grosshims.
Da ausser einer beiderseitigen Neuritis optici nur
AllgemeinerscheinuDgen Yorlagen, wurde die erste Ope-
ration nur als Palliativoperation zur Herabsetzung des
Himdruckes unternommen. Dabei fand man einen ab-
gekapselten oberflächlichen Tumor (Sarkom), der leicht
auszuschälen war. Als die Kopfschmerzen heftiger wur-
den und Benommenheit eintrat, vermuthete man ein
Reddiv und operirte an derselben Stelle, an der sich
übrigens die Kopfhaut vorzuwölben begann, zum 2. Male
und entfernte stückweise ein zweites orangegrosses Sarkom.
Die Krankheiterscheinungen besserten sich, jedoch blieb
Neuritis N. optici bestehen. Auf die linke Gehirnhälfte
hatten diagnostisch nur die grössere Intensität der Stau-
ungspapille links und eine Parese des M. ^zternus hin-
gewiesen.
Heidenhain (95) entfernte ein cystisches,
im Wesentlichen subcortikal gelegenes Sarkom im
rechten Armcentrum.
G., 52 Jahre alt, hatte lange Jahre an starken Kopf-
schmerzen gelitten. Im Mai 1900 sehr starke Kopf-
schmerzen, Parästhesien und Anästhesien in der linken
Hand, Schwindelan fälle, Hemmung der Bewegungen in
linker Hand, Verlust des Muskelgefühls im linken Arme,
vollkommener Verlust der stereognostischen Fähigkeit der
linken Hand. Lähmung des linken Facialis, motorische
Schwäche des linken Beines, schliesslich doppelseitige
Stauungspapille, links stärker ausgeprägt als rechts. Kein
Druckpuls. Operation im August 1900. Gliosarkom
(£ d i n g e r) von Hühnereigrosse des rechten Armcentrum.
Eine thalergrosse veränderte Stelle der Hirnrinde, die den
oberen Pol des Tumor bildete, wurde mit fortgenommen.
Heilung ohne jede Störung. Der Pat. war wieder in seinem
Berufe thätig, es bestand fferingfügige Einschränkung
mancher Bewegungen der Unken Himd. Kein Kopf-
schmerz mehr, keine Stauungspapille.
Ein 2. Fall verlief ebenfalls glücklich.
19jähr. Arbeiter. Starke doppelseitige Stauungs-
papille, links stärker als rechts, leichte Benommenheit,
starker Kopfschmerz, Erbrechen, Druckpuls ; leichte, link-
seitige Facialislähmung. E d i n g e r glaubte, dass es sich
entweder um einen Hydrocephalus, oder um einen Tumor
im Schläfenlappen handelte; im letzteren Falle sei die
Facialislähmung durch Druck auf das Facialiscentrum
von unten her bedingt Bei der Operation fand sich
beides : Hydrops des rechten ünterhoms, bewirkt durch
ein melanotisches Carcinom der Tela chorioidea und des
Ependyms des ünterhoms. Der Tumor der Tela chorioidea
war kohlschwarz und von zottigem Bau. Die Ventrikel-
oberfläche des Ünterhoms war dicht besetzt mit kleinen,
grauschwarzen, 1 — 2mm langen Fädchen. Genauere
Untersuchung zeigte, dass der Tumor durch atypische
Wucherung des Epithels der Tela und des Ependyms ent-
standen war. Der gesammte rechte Schläfenlappen wurde
exstirpirt; zurückgeblieben war eine vollkommene Hemi-
plegia sin. als Folge der Fern Wirkung auf die innere
Kapsel. Anfangs war Pat postoperationemtheilnahmelos
und willenschwach, verstand manche Frage nicht richtig,
jedoch erholten sich Psyche und Wortverständniss voll-
kommen. Musikalischer Sinn und Gehör waren links
nicht gestört
Bemerkenswerth ist, dass in diesen beiden Fällen H.'s
eine schwere doppelseitige Stauungspapille mit Blutungen
in die Netzhaut bestand, dass aber Stauung und Blutung
stärker auf der dem Sitze der Geschwulst gegenüber-
liegenden Seite waren.
Bayerthal (96) berichtet über die Exstir-
pation einer Hirngeechwulst, durch die Heilung
einer akuten Geistesstörung bewirkt wurde.
Der 29jähr. Pat litt an sensibler und motorischer
Jackson'scher Epilepsie; Parese vorwiegend des linken
Beines; auf Grund von Gesichtshallucinationen stellten
sich später Anfalle von Verfolgungswahn ein. Es wurde
von Heidenhain ein Solitärtuberkel von Wallnuss-
grösse im rechten Paracentralläppchen (subcortikal) eot-
femt. Die Heilung war hinsichtlich der psychischen Er-
scheinungen (1 Jahr post operationem) vollkommen, auch
die linkseitige Parese schwand ; die Anfälle von Epilepsie
blieben als Folge cortikaler Verwachsungsvorgänge be-
stehen.
Heidenhain (95) fand 2^/, Jahre post ope-
rationem die Anfälle iioch fortbestehen, hält aber
das Operationverfahren und die Heilungsvorgänge
nicht für schuldig. Eine unzweckmAssige Reizung
von der Peripherie her (Faradisation) habe wohl
bei noch bestehender üebererregbarkeit der Hirn-
rinde die schon vor der Operation vorhanden ge-
wesenen Anf&lle ausgelöst Seitdem beginnt H. un-
mittelbar nach jeder Himoperation mit lang aus-
gedehnter Brombehandlung.
Endlich entfernte mit glücklichem Erfolge
E Steves (97) bei einem jungen MAdchen von
13 Jahren eine grosse mit Wasser gefüllte Cyste
fast des ganzen linken Frontallappens mit Aus-
nahme der 3. Frontal- und der F-A-Windnng.
Längere Zeit floss noch eine bedeutende Menge
Cerebralspinalflüssigkeit aus, trotzdem erholte sich
die Pat. und genas vollständig.
Weniger Günstiges wird von folgenden Autoren
berichtet.
Jelly (98) erzählt von einem Falle von Gliom der
rechten Hemisphäre (Centralwindungen), das vor 17 J.
die ersten Symptome bewirkt hatte und als circumscripte
Geschwulst der Central Windungen diagnosticirt wurde.
König trepanirte, aber die Geschwulst konnte nicht
entfernt werden, da sie diffus in das Gewebe übergiog.
Es trat eine allmählich immer mehr wachsende Yorwöl-
bung in der Scheitelgegend ein, die schliesslich zu einer
colossalen Geschwulst auf dem Kopfe führte. 1 Jahr
lang blieb Pat psychisch vollkommen frei, dann all-
mähliche Verblödung und Tod 274 Jahre post trepana-
tionem.
Der Fall zeigt die differential-diagnostisdien
Schwierigkeiten zwischen diffusen und circum-
Scripten Geschwülsten und lehrt, wie eine blosse
Eröffnung des Schftdels eine wesentliche Besse-
rung der Symptome herbeiführen kann.
Williamson (99) trepanirte einen 43jähr. Fat.,
der längere Zeit an Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, An-
fällen von Jackson'scher Epilepsie, im linken Beine be-
ginneod und sich über die linke Körperhftlfte verbreitend,
gelitten hatte. Neuritis N. optici beiderseits. Keine Hemi-
anopsie. Am Schädeldache fand sich oberhalb des rech-
ten Tub. frontale eine empfindliche Stelle, an derFluster-
sprache besser gehört wurde als an der entsprecheoden
links. Hier wurde, um die unerträgUchen Kopfschmer-
zen zu lindern, trepanirt, die Dura jedoch nicht eröffnet
Probepunktion entleerte keinen Eiter, keine Flüssigkeit
Die Kopfsohmerzen besserten sich. Später jedoch geistiger
Verfall, Koma, Tod.
Bei der Sektion fand man in der Q^;end des
Sulcus parieto-occipitalis ein gemischt - zelliges
Sarkom. Der Tumor dehnte sich nach der con-
vexen und medialen Oehimoberflftche aus und er-
streckte sich mehr auf das Hinterhaupt als auf dea
Scheitellappen. Lokaldiagnostisch ist es von Inter-
esse, dass eine so weit nach hinten sitzende Ge-
schwulst die im Beincentrum beginnenden Coa-
vulsionen auslösen konnte. Ob es richtig ist, dass
Qoldßtein, Beitrage zur Physiologie, Pathologie und Chirurgie des Grosshirns.
237
das Beincentrum deshalb so weit nach hinten aus-
zudehnen sei, wie Williamson will, ist aber
fraglich.
In dem Falle yon Patel nnd May et (100) handelte
es sich um einen 23jähr. Mann, der an epilepti formen
Anfällen, heftigen Kopfschmerzen, vorwiegend in der
rechten Schläfe, Amblyopie. Neuritis N. optici, Blindheit
und leichten psychischen Störungen litt. 2mal wurde
trepanirt, ein Tamor gefanden, aber ein excidirtes Stück-
chen erwies die maligne Natur (Gliosarkom) und die Un-
möglichkeit der völligen Abtragung (der Tumor sass in
der nervösen Substanz der Frontallappen). Die Kopf-
schmerzen besserten sich durch die Trepanation, die psy-
chischen Störungen wurden aber immer ausgesprochener.
Der Fat wurde ungeheilt entlassen.
Nico 11 (101) operirte einen malignen Tumor,
der seinen Ursprung im Mittelohre hatte und
die Symptome des Schläfenlappenabscesses darbot.
Die Himdruckerscheinungen besserten sich. Tod
2^/2 Monate post operationem.
2 Stunden nach der Operation erfolgte durch
Shock der Tod in einem Falle, in dem Steffen-
sen (102) diagnosticirt und Rogers operirt hatte.
Der Tumor sass im Oyrus angularis supramargi-
nalis und an der Basis des Schläfenlappens.
Kurz nach der Operation erfolgte der Tod in
3 Fällen Hoppe 's (90).
1) linkseitige spastische Hemiparese bei einem
IQjähr. Jungen. Apathie, Stauungspapille. Bei den
Trepanationen über dem rechten Armcentrum fand sich
nichts Pathologisches. Autopsie : Solitärer Tuberkel von
Hühnereigrösse subcortikal.
2) Seit 7 Jahren hatte ein 32jähr. Mann Jackson'-
sche Epilepsie, spastische Lähmung der linken Seite,
spastische Erscheinungen im linken Beine, Stauungs-
papille. Operation in der Gegend des rechten Beincen-
trum negativ. Tod im Shock. Gliosarkom des rechten
Parietallappens.
3) 23jähr. Mann, epileptisch. Trauma am Hinter-
kopfe, spastische Lähmung der linken Seite. Operation.
Subdurales Hämatom. 2 Tage post. operat. Tod. Mul-
tiple Hämorrhagien, hämorrhag. Cysten in beiden Hemi-
sphären. —
Mingazzini (SS) stellte bei einem 51 Jahre
alten Oepficktrftger die Diagnose Jackson'sche Epi-
lepaiß durch Trauma der rechten Scheitelgegend;
es wurde von Montenovesie die Eraniektomie
in der rechten pr&rolandoschen Begion gemacht,
die ebenso wie die Explorativpunktion resultat-
los war. Bei der Sektion fand man eine Oe-
schwulst (Sarkom), die sich in die ganze untere
Hälfte des Linsenkems eingedrängt hatte und bis
in die Insel hineinragte. Im Leben war ausser
den Krämpfen linkseitige Hemiparese vorhanden
gewesen, während Allgemeinsymptome gefehlt
hatten.
In einem der von Lunz (103. 104) mitgetheil-
ten FftUe erwies sich eine lokal begrenzte Meningo-
encephalitis tuberculosa als Ursache der cortikalen
Epilepsie. Der Herd von Wallnussgr5sse sass am
unteren Theile der linken Gentralwindungen und
lief nach der 3. Stirnwindung aus. Ein zweiter
erbsengrosser Erweichungsherd befand sich un-
mittelbar über der Fossa Sylvii. Die Bewegungen
des rechten Armes blieben nach Entfernung der
Herde dieselben, die Aphasie schwand, die früher
vorhandene häsitirende monotone Sprache verstärkte
sich nach der Operation.
Ein 2. Fall von Lunz betraf eine 53jähr. Frau, die
seit 2Vi Jahren an epileptischen Anfällen cortikaler
Natur litt, die, von dem linken Beine beginnend, mit all-
gemeinen Krämpfen und Bewosstlosigkeit endigten. Oph-
thalmoskopischer Befund negativ. Die Ursache der cor-
tikalen Epilepsie wurde in Veränderungen der Hirnrinde
und des Schädels gesucht und da vor 20 Jahren Eiterung
an der rechten Schulter und Caries des Knochens statt-
gefunden hatten, so dachte man an Taberkulose der Hirn-
häute oder Schädelknochen. Bei der Kraniektomie wur-
den im oberen Theile der Gentralwindungen Verwachsun-
gen der Schädelknocben mit der verdickten Pia-mater
und mit der Gehirnsubstanz gefunden. Anfangs Besse-
rung der Anfälle, später "Wiederkehr. 14 Monate später
Tod in Folge von Bronchopneumonie. Sektion : In der
Region des rechten Parietallappens fand sich eine
kastaniengrosse Geschwulst. Sie nahm von der Dura
ihren Ausgang in dem Winkel des Processus falciformis
mit der die convexe Fläche des Gehirns bedeckenden
Hirnhaut, in den oberen Rand der rechten Hemisphäre
eindringend. Die mikroskopische Untersuchung ergab
eine charakteristische Sandgeschwulst (Psammom).
Dass die Geschwulst bei der Eröffnung unbemerkt
geblieben war, lag an dem Sitze an der inneren Fläche
und der oberen Haube des Gehirns und ihrer unmittel-
baren Verbindung mit dem Sinus longitudinalis. Psam-
mome von der hier gefundenen Grösse sind selten ; sie
machen auch seltener Gehirnerscheinungen, namentlich
Allgemeinsymptome, als die übrigen Geschwülste.
Auf Orund eines Falles von Jackson'scher Epi-
lepsie bei einem 14jähr. Knaben giebt Breton (105)
seine Ansichten über diese Krankheit in der Kind-
heit im Allgemeinen kund.
Der Knabe hatte im Alter von 14 Monaten ein Trauma
erlitten (Fall aus der 1. Etage); ärztlicherseits war im
rechten Scheitelbeine eine Knochenfissur und ein gelindeij
Kopfhauthämatom gefunden worden ; weitere Folgen tra-
ten nicht ein, bis 6 Monate vor der Aufnahme in die
Klinik sich zum 1. Male Krämpfe mit voraufgehender
sensibler Aura im linken Arme und Beine zeigten. Bei
der Trepanation fand man eine Cyste. Kurz nach der
Operation ein allgemeiner epileptischer Anfall. Völlige
Heilung noch nach l'/, Jahren.
Folgende Schlussfolgerungen zieht B. aus sei-
nen Beobachtungen : a) Hinsichtlich der Symptome ;
sie zeichnen sich aus: 1) durch ein langes Frei-
bleiben von primären Störungen; 2) durch eine
Fülle sekundärer Symptome, die wenig im Ein-
klänge stehen mit dem Sitze und der Ausbreitung
der Läsion. b) Hinsichtlich der Pathogenie: 1) oft
ist die lokale Läsion ungenügend zur Erklärung
der Jackson'schen Epilepsie, man muss dann andere
Ursachen hinzunehmen, wie Steigerung der cerebro-
spinalen Flüssigkeit, Begeneration des Substanz-
verlustes; 2) die Schnelligkeit der Regeneration
steht in unmittelbarem Zusammenhange mit dem
Auftreten der Anfälle, c) Hinsichtlich der Prognose :
1) die Jackson'sche Epilepsie scheint die gut-
artigste Form der Hirnreizung beim Kinde zu sein;
2) trotz der Entfernung der Ursache durch Tre-
panation ist ein Recidiv in späterer Zeit zu er-
warten, d) Hinsichtlich der Therapie: 1) die Tre-
panation ist das ultimum refugium; 2) dieExcision
der cerebralen Substanz ist als therapeutische Aus-
238
Ooldstein, Beiträge zur Physiologie, Pathologie und Chirurgie des Grosshirns.
nähme anzusehen; 3) beide Operationen sind mehr
palliativ als heilend.
C h i p a u 1 1 (106) hat bei Gelegenheit der chir-
urgischen Operationen der Jackson'schen Epilepsie
gefunden, dass der Verlust der stereognosiisehen
Sensibilität einen geringeren lokal diagnostischen
Werth bietet, als ihn Die anzunehmen scheinen,
die darin das Zeichen einer Läsion des Parietal-
lappens erblicken. Er kann auch bei Läsionen
vorhanden sein, die nicht auf die postrolandosche
Region übergreifen, ja die nur auf die Rolando'sche
Zone beschränkt sind. Hingegen scheint dem Ver-
luste der stereognostüchen MotüücU ein diagnosti-
scher Werth zuzukommen, da diese Erscheinung
nur bei Herden, die vor der Rolando'schen Furche
liegen (Central Windungen), bisher vorgekommen ist
Von den Se yd ersehen (89) Trepanationen betraf
ein Fall ein an Epilepsie leidendes 5jähr. Mädchen. Ans-
gesprochene recbtseitige Parese, Beginn der Anfälle stän-
dig im rechten Arme. Tranma der linken Eopfeeite
1 Jahr vorher. Tod 17 Tage post operationem. Am Ge-
hirne keine pathologischen Veränderungen.
Rose (107) trepanirte einen kräftigen Jangen, der
etwa 5 Monate vorher gegen ein Thürgerüst gelaufen war
und sich eine Wunde an der Stirn oberhalb der linken
Augenbraue zugezogen hatte. Einige Wochen nachher
stellten sich Zuckungen im bewussÜosen Zustande ein.
Der Junge verblödete, konnte nicht sprechen, hatte epi-
leptische Anfälle, war wüthend. An jedem Ende der
Narbe wurde ein Trepanloch angelegt; an Knochen und
Hirn nichts Pathologisches. Anfangs keine wesentliche
Besserung; Vt Jahr später wurde von der Mutter des Er.
dessen Heilung berichtet.
Rose stellt sich vor, dass solche „hypersthe-
nische Epilepsie*' mit Schwellungen im Schädel
verbunden sei, für die er keinen Platz gewährt.
Die linke Trepanationöffnung war offen geblieben
und bei starkem Schnäuzen wölbte sich der Schädel-
inhalt leicht darin hervor. Die Heilung wäre dem-
zufolge vielleicht durch Bildung eines Sicherheit-
ventils eingetreten.
H. Drinkwater (108) fand in einem Falle von
Jackson'scher Epilepsie in der Gegend der Centralwin-
dungen bei der Trepanation eine Narbe mit Enochen-
depression, die Dura gesund. Die Erämpfe hörten nach
der Operation auf und waren 4Vs Jahre danach nicht
wiedergekehrt
Von Himabscesaen ist eine grössere Anzahl zu
verzeichnen. Thatsache ist, dass solche nach einem
Trauma entstehen können, jedoch ist das „Wie**
noch recht dunkel.
Greeff (109) beschreibt 2 Fälle. Im 1. Falle, in
dem der Abscess im linken Stirnlappen sass, war ein
Trauma voraufgegangen. Die Stauungspapille schwand
völlig nach der Operation. Im 2. Falle war ebenfalls ein
Trauma voranfgegangen. Schädelfraktur. Abscess im
Stirnlappen. Eröffnung. Nach 1 Jahre epileptische An-
fälle; Tobsuchtanfälle, Lähmung der gesammten linken
Eörperhälfte. Abscess oder Cyste im linken Armcentrum
diagnosticirt. Trepanation. Abscess nicht gefunden.
Erämpfe im linken Beine und Facialis verschwanden,
dagegen bestand beständiger klonischer Erampf des
linken Armes. Jedesmal wenn Fat. auf den Operation-
tisch behufs erneuter Operation gelegt wurde, verschwan-
die Erämpfe im Arme.
Die Diagnose ist schwer, eben so schwer zu erklären
das auffallende Zusammentreffen von psychischen Ein-
flüssen und Besserung.
üeber die EröfiEnung eines Himabsoesses bei einem
4VtJähr.Enaben, der einen Schlag mit einem schmutzigen
Stocke auf den Eopf bekommen hatte, berichtet Franz
Jäger (110). Der Schädelknochen war verletzt. Ein
Abscess sass Vi~~l ^^ ^^^' Heilung der Lähmung.
M. A. Broca (111) operirte mit Erfolg einen Abscess
des Temporallappens, der in Folge einer Otitis media ent-
standen war. Diagnosticirt wurde der Abscess, da fleber
und Eopfschmerzen geschwunden waren, lediglich aus
der Somnolenz und der Sprachstörung.
Stenger (112) operirte in der Trautmann'schen
Elinik eine 13jähr. Schülerin, die wegen einer seit 3 J.
bestehenden linkseitigen Ohreiterung in Behandlung war.
Fieber und leichte Anschwellung, Eopfschmerz, Schlaf-
sucht führten zur Radikaloperation. 5 Tage danach bei-
derseitige Stauungspapille, amnestische Aphasie. Jetzt
erst konnte die Diagnose Abscess gestellt werden. Trepa-
nation auf dem linken Schläfenlappen ; 2 cm tief sass ein
grosser Abscess. Ein Himprolaps bildete sich nach etwa
3 Monate später vorgenommener Lumbalpunktion bis auf
eine flache wallnussgrosse Anschwellung über der Wunde
zurück.
Ebenfalls nach vorausgegangener ZaufaTscher
Radikaloperation entleerte Pif fl (113) einen Abscess am
hinteren Theile des Schläfenlappens bei einem 6jähr.
Einde.
Im linken Schläfenlappen fand femer Wein-
reich (114) nach vorausgegangener Ohreiterung bei
einem 27jähr. Soldaten einen Abscess.
Dann beschreibt Jack (115) die dückliche Opera-
tion eines Himabsoesses nach MitteTohreiterung und
Wal ton (116) giebt eine ausführliche Darlegung der
während der Reconvalesoenz entstandenen Aphasie.
Sehr selten kommen rkmogene Himabsoesae
zur Operation, da ihre Diagnose durch die fehlen-
den Ausfallserscheinungen im Stirnlappen (der
Abscess sitzt meistens in der Nähe des ihn erregen-
den Knochenherdes) sehr erschwert ist. Herz-
feld (117) operirte bei einem 20j&hr. Manne einen
solchen Abscess mit Qlück. Die Literatur weist
ausser diesem nur noch einen Fall von Denlees auf.
Martiny (118) trepanirte einen 40jähr. Arbeitsr
und fand einen tiefsitzenden Abscess in der weissen Sub-
stanz der Unken Hemisphäre. Veränderungen der Sprache
waren nicht vorhanden, sondem nur rechtseitige Glieder-
lähmung. Heilung.
üeber zwei interessante Fehldiagnosen berichten
Reverdin und Valette (119). Im 1. Falle ver-
mutheten R. u. V. einen Abscess im Eleinhim. Es war
ein Trauma des Hinterhauptbeins mit Eiterang vorauf-
gegangen; die Symptome waren die derEleiuhimreizun^.
Oefunden wurde bei der Autopsie ein Abscess im Ooci-
pitallappen rechts. Im 2. Falle, dem eine rechtseitige
Mittelohreiterung voraufgegangen war, handelte es sidi
um einen Eleinhirnabscess, der nur wenige charak-
teristische Symptome aufwies. Der rechte Occipital-
lappen wurde vergeblich einige Male punktirt.
S e y d e 1 (89) erwähnt einen Fall von Stich Verletzung
über der linken Schädelseite; die Dura erwies sich als
verletzt. Es bildete sich entzündUche Erweichung des
Gehirns in der motorischen Sphäre aus. Der Reihe nach
wurden befallen : das Centrum für den Oberarm, Vorder-
arm, Finger, Facialis. Es bestanden Facialisparese, moto-
rische Aphasie. Sensorium frei. EnÜeemng von rother,
breiiger Gehimmasse, Parese des rechten Beins. Eiterung
bedeutend. Drainage. Die Erscheinungen gingen dann
in umgekehrter Reihenfolge, wie sie gekommen waren,
zurück. Restitutio ad integram.
Femer beschreibt Seydel einen Mann, dem eine
Platzpatrone in das linke Auge und muthmaasslich in den
linken Stiralappen gedrungen war. Fieber. Delirieo.
Eoine Lähmung. Sefer Hirnabscess geofihet, wenig
Eiter. Erneute Anfälle von Fieber und Erbrechen. Tod.
L Anatomie und Physiologie.
239
Es handelte sich um multiple Absoesse, von denen einer
in den Ventrikel durchgebrochen war.
Endlich hat Seydel noch in einem Falle wegen
Pachymeningitis sekundär operirt Hufschlag auf den
Kopf, keine Bewusstlosigkeit Desinfektion der Wunde.
Naoh einigen Tagen Schlafsucht, Fieber. Trepanation.
Eiteransammlung in der Diploe. Dura vom Knochen
abgelöst Heilung.
Zum Schlüsse seien noch kurz 3 Fälle von
aphatischen Störungen nach Trauma, die Bon-
hoeffer (120) beschreibt, hier angeführt.
1) Cortikale sensorisohe Aphasie durch Schädel-
yerletzung. f^raktur des Schläfen- und Scheitelbeins.
Hebung der Depression. Wesentliche Aenderung der
sensorischen Aphasie war bei der Publikation noch nicht
eingetreten. B. nimmt direkte oder indirekte Läsion der
linken ersten Schläfenwindung im hinteren Drittel als
sicher an.
2) Cortikale motorische Aphasie nach Operation einer
Depression. Beseitigung einer Schädelnarbe wegen Epi-
lepsie; am Tage danach Aphasie. Die Krampfanfälle
blieben 10 Tage nach der Operation aus. Die aphatischen
Störungen schienen sich zurückzubilden.
3) Hemianopsie, Alexie und optische Aphasie. Ab-
scess nach Schädelverletzung. Eröffnung des Abscesses.
Publikation 3 Tage naoh der Operation.
B. Auszüge.
I. Anatomie und Physiologie.
385. Was TeranlaMt die Spennstoiodii in
das Bi einBadringenP von J. Dewitz. (Arch.
f. Anat u. Physiol. [physiol. Abth.] 1 u. 2. p. 100.
1903.)
D. beobachtete, dass Spermatozoon nur in solche
Stoffe eindringen, die feinste Spaltrftume oder Poren
besitzen, und spricht deshalb die Yermuthung aus,
dass das Eindringen in die Eihfille durch eine
solchen Stoffen ähnliche physikalische Beschaffen-
heit bedingt sei. 0 a r t e n (Leipzig).
386. Zur Physiologie derBefruohtong; von
A. Schüking. (Arch. f. d. ges. Physiol. XCVII.
1 u. 2. p. 58. 1903.)
Ausgehend von der Untersuchung der auf die
Spermien anziehend wirkenden Substanzen des
Eies, gelangt Seh. zu Vorstellungen über die Be-
frachtung, die geeignet sind, viele bisher beobachtete
Erscheinungen als Folgen mechanischer und che-
mischer Beize zu betrachten. Es gelang ihm, eine
Substanz in den Eiern nachzuweisen, die anlockend
und erregend, sp&ter agglutinirend und l&hmend
auf die Spermien wirkt Eine Einbohrung dieser
in das Ei will er niemals beobachtet haben, son-
dern es erfolge auch hier eine der Conjugation
amöboider Zellen analoge protoplasmatische Ver-
einigung. Die Abhebung der Dotterhaut ist fflr
Seh. eine durch Wasseraufnahme bedingte inter-
lamelläre Spaltung, hierin sieht er den eigentlichen,
die Entwickelung des reifen Eies auslösenden Reiz,
und alle Beize wiederum, die Wasseraufnahme be-
dingen, ktanen mithin Parthogenese hervorrufen.
G. F. Nicolai (Halle a. d. S.).
387. Ueber das Vorkommen bisher unbe-
kannter itlliger Formelemente in der Ghorion-
sotie der mensohliohen Piaoenta und fiber
Bmbryotrophe; von Dr. J. Hof bau er. (Wien.
klin. Wchnsohr. XVL 30. 1903.)
In einem Vortrage, der in der Wiener morpho-
logisch-physiologischen Gesellschaft gehalten wor-
den ist, geht H. auf die Analysirung der morpho-
logischen Gbbilde des Chorionbindegewebes ein.
Es findet eine Einschmelzung mütterlichen Ge-
webes an der Zottengrenze statt, um zum Aufbau
des Embryonalleibes und seiner Hülle Verwendung
zu finden. Hierbei lässt sich das regelmässige Auf-
treten von Zellen bestimmter Struktur nachweisen,
deren Vorkommen mit dem weiteren Wachsthum
der Zotte immer spärlicher wird. Morphologisch
und tinktoriell bieten diese Zellen manche Aehn-
lichkeit mit denen, die neuere Untersuchungen mit
der embryonalen Blutbildung in Zusammenhang
gebracht haben, ja direkt als Vorstufen oder Stamm-
zellen angesprochen haben.
Bemerkenswerth ist noch, dass H. an Serien-
schnitten der Beweis gelang, dass unter dem
Vordringen der Chorionzotten und deren ekto-
dermalen Zellensäulen interstitielles und Drüsen-
gewebe der mütterlichen Dterusschleimhaut abge-
schnürt („sequestirt") wird, das dann ebenso wie
das in ihm enthaltene Blut zerfällt. Dieses Zu-
grundegehen mütterlichen Gewebes zum Aufbau
des Embryonalkörpers war bisher nur durch Thier-
versuche bekannt Von Bonnet war die Be-
zeichnung Embryotrophe für dieses seitens der
Mutter dem Embryo gebotene Nährmaterial und
seine Verwerthung in Vorschlag gebracht worden.
N e u m a n n (Leipzig).
388. Contribution & Tötude des musoles
en repos et en travail chea la grenouille ; par
E.-A. Ganik6. (Arch. des Sc. biol. de St. P^ters-
bourg IX. 3. p. 279. 1902.)
G. untersuchte den Stoffverbrauch bei der
Muskelthätigkeit am ausgeschnittenen Muskel des
Kaltblüters. Dm hinreichendes Material für die
240
L Anatomie und Physiologie.
chemische Untersuchung zu gewinnen, wurden bei
jedem Versuche 30 — 40 Musculi gastrocnemii vom
Nerven aus bis zur Erschöpfung gereizt, w&hrend
die Muskeln der Oegenseite zum Vergleiche dienten.
Die Untersuchung ergab, dass „während der Thätig-
keit die Muskeln um 10 — 12<^/o wasserreicher wur-
den. Der Trockenrückstand nahm bei der Thätig-
keit um etwa 1.5% ab. Die Stickstoff menge war
nicht vermindert Der Eohlenstoffgehalt hatte ab-
genommen und das Verhältniss seiner Abnahme
zur Abnahme der Trockensubstanz war ein der-
artiges, dass die Verminderung der Trockensubstanz
während der Thätigkeit ganz und gar auf das Ver-
schwinden von Glykogen bezogen werden musste".
Garten (Leipzig).
389. Beiträge bot Eiektrophysiologie. L Mit-
theilung : Vorbemerkung, lieber den Ruhestrom des
Froschmuskels I; von W. BrQnings. (Arch. f.
d. ges. PhysioL XOVm. 5 u. 6. p. 241. 1903.)
In diesem ersten Theile seiner Untersuchungen
widerlegt Br. zunächst durch eingehende Nach-
prQfung eine Reihe von Beobachtungen Ok er-
Bloom's (Ebenda 1901) über die Ursachen des
Buhestromes, die zum Theil auf Fehler der Ver-
suchstechnik zu beziehen sind (Verunreinigung der
Elektroden durch Diffusion bei längeren Versuchen
u. dgL). Auch B r. sucht wie jener Forscher den
Demarkationstrom physikalisch -chemisch zu er-
klären, will aber die Verwechselung vermeiden
zwischen Alterationstrom und den sehr verschieden-
artigen elektrischen Erscheinungen, „welche man
erhalten kann, sobald man lebende oder todte
Muskeln zu Gliedern gewisser FlQssigkeitsketten
verwendet'^* (DiffusionstrOme). Der Gedanke, der
auch späteren Versuchen zu Grunde liegen soll,
lautet, „dass ich von der provisorischen Annahme
ausgehe, jeder lebende Protoplast in seinem natür-
lichen Milieu befinde sich in einem elektrostatischen
Gegensatz zu dem umgebenden Medium, zu der
umspülenden Elektrolytlosung. Die äussere Ober-
flächenschicht ist fortwährend elektrisch geladen,
gleichstark und entgegengesetzt wie die innere.
Bei einer „Reizung" oder „Verletzung" des Proto-
plasten, soll am Ort der Reizung — ganz allgemein
gesagt — der Betrag dieser Ladung verändert wer-
den. Geschieht das partiell, so geht das Gleich-
gewicht, der elektrostatische Zustand in einen
elektrokinetischen über, es resultirt ein Strom".
Garten (Leipzig).
390. Beiträge sor Lehre von der Bamma-
tion der ZookoDgen I ; von F. S c h e n c k. (Arch.
f. d. ges. Physiol. XCVL 9 u. 10. p. 399. 1903.)
Seh. stellt zunächst die Abweichungen der
unter isometrischen und isotonischen Bedingungen
aufgezeichneten Zuckungscurven von der Helm -
h o 1 1 z 'sehen Regel fest Diese Regel (im Folgen-
den kurz als H.-R bezeichnet) besagt bekanntlich,
dass bei einem Doppelreiz von dem Punkte, wo
der zweite Reiz wirksam wird, die Curve nahezu
so verläuft, als befände sich an jenem Punkte der
Muskel in seinem natürlichen Ruhezustand.
Es ergeben sich folgende Abweichungen von
der H.-R. : Werden zwei isometrische Zuckungen
bei kleiner Anfangspannung des Muskels summirt,
so sind, wenn die zweite Reizung erst am Gipfel
der ersten Zuckung oder später einsetzt, die Ordi-
naten der Doppelzuckung grösser, als sie nach der
H.-R. sein müssten. Ist das Reizintervall kleiner,
so sind die Ordinaten im Anfange der Doppel-
zuckungscurve kleiner, dann gleich („Umkehrunga-
punkt") und gegen Ende grösser, als sie nach der
H.-R. sein sollten. Der Umkehrungspunkt liegt
um so weiter hinter dem Gipfel der ersten Einzel-
zuckungscurve, je kleiner das Reizintervall ist
Bei grosser Anifangspannung oder schlechten Prä-
paraten sind die Ordinaten dauernd kleiner als es
die H.-R. erfordert. Die isotonischen Doppel-
zuckungen sind bei grosser Belastung den isome-
trischen mit kleiner Anfangspannung ähnlich, die
isotonisohen mit kleiner Belastung den isometrischen
mit grosser Anfangspannung.
Von den theoretischen Schlussfolgerungen seien
hier nur folgende hervorgehoben: Der grosse
Summationeffekt bei den isometrischen Zuckungen
kann auf Grund der Wärmebilduog (die zweite
Zuckung liefert etwa nur ^/g des Eraftbetrages der
ersten Zuckung) nicht auf einer unverhältniss-
mässig stärkeren Energieproduktion des Muskels
nach der zweiten Reizung beruhen, sondern ist
auf eine Verzögerung der Erschlaffung der ersten
Zuckung zurückzuführen. Garten (Leipzig).
391. Ueber die postmortale Brregbar-
keit quergestreifter Warmblütermuskeln ; von
Ernst Mangold. (Arch. f. d. ges. PhysioL
XCVL 9 u. 10. p. 498. 1903.)
Im Gegensatze zu der bisher herrschenden An-
schauung, dass mit der Todtenstarre beim Warm-
blüter die Muskeln entgültig unerregbar werden,
findet M., dass Muskeln, die nach dem Tode des
Thieres in 0.5 — Iproc. NaCl-LGsung aufgehoben
werden, noch 2 — 6 Stunden nach Lösung der Starre
erregbar bleiben. In vielen Fällen gelang es bei
Zimmertemperatur in der Kochsalzlösung die
Muskeln der vei-schiedensten Säugethiere 55 Stun-
den oder noch länger erregbar zu erhalten. Auch
war es M. möglich, „völlig todtenstarre Muskehi
durch Einlegen in eine physiologische Kochsalz-
lösung wieder bis zu einem gewissen Grade erregbar
zu machen". Garten (Leipzig).
392. Ueber die Aenderung des Biutstromes
im Muskel bei tetanisoherBeisnng seines Ker-
ven; von J. A, Tschnewsky. (Arch. f. d. ges.
PhysioL XCVIL 5 u. 6. p. 289. 1903.)
An der Arteria femoralis und zur Controle an
der reinen Muskelarterie, der Arteria femoralis
postica superior wurde die Stromgeschwindigkeit
bestimmt, einmal bei Beizung der Beinmuskeln
I. Anatomie und Physiologie.
241
von ihren Nerven ans, das andere Mal bei Buhe
des Gliedes. Wird anhaltend tetanisch gereizt, so
nimmt während der Beizung die Stromgeschwindig-
keit ab, um während der Pausen auf das l^gfache
des Buhewerthes anzuschwellen. Werden statt der
anhaltend tetanischen Beizung, kurze tetanisohe
Beizungen mit eingeschalteten Pausen angewendet,
80 tritt die Beschleunigung des Blutstromes schon
während der rhythmisch-tetanischen Beizung her-
vor. Am Schlüsse der Abhandlung wird begrQndet,
warum bei der vorliegenden Versuchsanordnung
die Beschleunigung des Blutstromes bei derThätig-
keit nicht so bedeutend ist, wie sie von anderen
Forschem insbesondere bei willkürlicher Bewegung
gefunden wurde.
Leider sind in der Abhandlung die in Auto-
typie in den Text gedruckten Abbildungen (S. 274
u. 300) zum Theil so mangelhaft wiedergegeben,
dass die Abbildungen völlig werthlos sind, da
man aus ihnen mit dem besten Willen nichts
herauslesen kann. Bef. m(k3hte hier deswegen
besonders auf diesen üebelstand hinweisen, weil
in dem vorliegenden grossen und theueren Archiv
schon mehrfach die Leser mit derartigen sehr
räthselhaften Abbildungen beschenkt wurden. Eine
Abhülfe von Seiten der Verlagsbuchhandlung er-
scheint dringend geboten. Garten (Leipzig).
393. The relation of ozygen to the sorvi-
val metabolism of mnaole; by Fletcher.
(Joum. of Physiol. XXVIU. 6. p. 479. 1902.)
Fl. kommt bei Untersuchung des Einflusses des
Sauerstoffes auf den herausgeschnittenen, lebenden
Froschmuskel, zu folgendem bemerkenswerthen Er-
gebnisse, das zum Theil mit dem älterer ünter-
sucher in Widerspruch steht. Befindet sich der
Muskel in reinem Sauerstoffe, so wird der Eintritt
der Todtenstarre verzOgert, selbst wenn man ver-
sucht, durch Ermüdung ihren Eintritt zu be-
schleunigen. Die durch Beizung des Muskels
herbeigeführte Ermüdung wird in reinem Sauer-
stoffe in ihrem Eintritte verzügert und bei bereits
eingetretener Ermüdung wird durch den Sauerstoff
die Erholung begünstigt untersucht man die
Eohlensäureabgabe des ausgeschnittenen Muskels,
so zeigt sich diese während der durch Beizungen
ausgelosten Contraktion des Muskels wesentlich
vergrössert, wenn der Muskel sich in einer Sauer-
stoffatmosphäre befindet Eine viel geringere
Eohlensäureabgabe ist zu beobachten, wenn der
Muskel von Luft oder gar von reinem Stickstoff
umgeben ist Auf Grund dieser und noch anderer
Beobachtungen nimmt Fl. an, dass durch reich-
liche Gegenwart von Sauerstoff auch im ausge-
schnittenen Muskel die Zersetzungen, die schliess-
lich zur Bildung von freier Kohlensäure führen,
begünstigt werden, so dass weniger von den
Zwischenprodukten zurückbleibt, die Ermüdung
des Muskels und schliesslich Todtenstarre ver-
anlassen. Garten (Leipzig).
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft. 3.
394. Ueber die elektromotoriaoheii Wir-
kungen des wasserarmen Muskels; von A. Du-
rig. (Arch. f. d. ges. Physiol. XCVII. 9 u. 10.
p. 457. 1903.)
Wasserarme Muskeln, wie sie von länger
durstenden Fröschen erhalten werden, liefern nach
Versuchen von D. auf einen Einzelreiz hin Zuckungs-
ourven, bei denen der absteigende Curvenast viel
langsamer absinkt, als bei den Zuckungscurven, die
ein normaler Froschmuskel giebt. D. zeigt an
Capillarelektrometercurven , dass in derartigen
wasserarmen Muskeln auf einen Einzelreiz hin
statt eines einzigen doppelphasischen Aktionstromes
eine kurze Reihe von AktionstrGmen abläuft, die in
Intervallen von etwa O.Ol" auf einander folgen.
Derartige periodisch folgende AktionstrOme von
nahezu dem gleichen Rhythmus waren in neuerer
Zeit von Buchanan und dem Bef. bei sehr ver-
schiedenartigen Dauercontraktionen des Muskels
nachgewiesen worden, bei denen man, wie im vor-
liegenden Falle, annehmen muss, dass die rhyth-
mischen Erregungswellen von der Muskelsubstanz
sefbsi erzeugt werden. Als mechanischer Ausdruck
dieser rhythmischen Erreguugswellen dürfte die
oben erwähnte längere Contraktiondauer anzu-
sehen sein. Garten (Leipzig).
395. Ueber binooolare Tlefenwahrnehmnng
auf Grand von Doppelbildern ; von A.Tscher-
mak u. P. Hoefer. (Arch. f. d. ges. Physiol.
XCVm. 5 u. 6. p. 299. 1903.)
Durch systematische, messende Versuche be-
stätigen Tsch. und H. die von Hering, Volk-
mann und Helmholtz aufgestellte Lehre, dass
„querdisparate Eindrücke eines Objektes auch dann
von binocularer Tiefenwahrnehmung begleitet sind,
wenn sie getrennt, als Doppelbild, erscheinen'^
Die Experimente richten sich insbesondere
gegen den Einwurf, dass durch Blickschwankungen
eine Verschmelzung der Doppelbilder zu einem
stereoskopischen Bilde, wie bei geringerer Quer-
disparation, möglich wird. So gelingt es z. B. bei
Momentbelichtung, ein Objekt, das in Doppelbildern
gesehen wird, richtig zu lokalisiren. Durch Ver-
gleich der Angaben bei binocularer und bei monocu-
larer Beobachtung Hess sich zeigen, „dass die Tiefen-
lokalisation beim Doppeltsehen keine unoculare
Tiefenauslegung auf Grund des einen oder anderen
Halbbildes ist, dass vielmehr beide Halbbilder zu-
sammen dafür bestimmend sind, die TiefenlokaU-
sation beim Doppeltsehen also eine wahrhaft bin-
oculare Leistung darstellt". Garten (Leipzig).
396. Ueber die Empfindlichkeit des mensoh-
liohen Ohres ffir Töne yerschiedener Höhe;
von M a X W i e n. (Arch. f. d. ges. Physiol. XCVII.
1 u. 2. p. 1. 1903.)
Wfthrend man früher, allerdings ohne messende
Versuche gemacht zu haben, meist annahm, dass
Töne gleicher physikalischer Intensität subjektiv
31
U2
L Anatomie und Physiologie.
eine um so grössere Stärke besassen, je höher sie
seien, haben schon Zwaardemaker und Quix
nachgewiesen, dass die Empfindung des mensch-
lichen Ohres fQr Töne von etwa 3000 Schwin*
gungen ein Maximum besitze. W. bestätigt dies,
gelangt aber dabei zu Resultaten, die quantitativ
in eine völlig andere Qrössenordnung fallen. Den
Orund dieses Unterschiedes sieht er in der Schwie-
rigkeit der physikalischen Bestimmung der Ton-
intensität Er hält die Stimmgabel für eine viel
zu oomplicirte Tonquelle und benutzt seinerseits
möglichst „zwangsläufige^^ Telephone, die durch
Sinusströme von wechselnder Frequenz (50 — 1 2000
pro Sekunde) in Erregung versetzt werden. Auf
die physikalische Begründung dieser Ansicht kann
hier nicht eiDgegangen werden und es muss ge-
nügen, die praktischen Resultate zusammenzu-
stellen. Töne von 50 Schwingungen brauchen,
um hörbar zu sein, eine 100 Millionen Mal so
grosse Energie, wie Töne von 1000 — 5000 Schwin-
gungen, dann sinkt die Empfindlichkeit wieder.
Das breite Maximum fällt also auf das Intervall, in
dem die charakteristischen Töne der menschlichen
Sprache liegen. Endlich hat W. diese Oehörs-
prüfung in orientirenden Yorversuchen auch bei
erkrankten Ohren angewandt und dabei gefunden,
dass von Schwerhörigen meist die hohen Töne
relativ sehr viel schlechter wahrgenommen wer-
den, was ebenfalls mit der landläufigen Meinung
der praktischen Ohrenärzte in Widerspruch steht.
Es wäre zu wünschen, dass die Methode von Oto-
logen auf breiterer Basis angewandt würde, und
W. hat hierfür die ganze Einrichtung für die Oe-
hörsprüfung in bequemer Form herstellen lassen.
G. F. Nicolai (Halle a. d. S.).
397. BieohendBohmeoken; von H. Zwaar-
demaker. (Arch. f. Anat. u. PhysioL [physiol.
Abth.] 1 u. 2. p. 120. 1903.)
Wie schon vonRollett u.Zwaardemaker
im Jahre 1899 gezeigt worden war, kommt neben
dem specifischen Oeruch des Chloroforms auch
dessen süsslicher Geschmack in der Nasenhöhle
zu Stande; und das Gleiche gilt für den bitteren
Geschmack, den der Aether hervorruft. Durch
besondere Versuchseinrichtungen ist nun Z. im
Stande, die Reizschwellen anzugeben, bei denen
der Geruch und bei denen der nasale Geschmack
des Chloroforms, bez. des Aethers wahrgenommen
werden kann. Um den Geruch des Chloroforms,
bez. des Aethers wahrzunehmen, müssen in 1 Liter
Luft 2.60 mg Chloroform, bez. 0.07 mg Aether ent-
halten sein. Für das nasale Schmecken ist da-
gegen ein wesentlich höherer Gehalt an Chloroform
oder Aether erforderlich: ungeMr 13.0 mg Chloro-
form oder 1 2.6 mg Aether. Garten (Leipzig).
398. Beiträge sor Lehre von der Diärese.
Vn. DieDiurese beiAbflussergehtoerung; vonWilh.
Filehne und W. Ruschhaupt (Arch. f. d.
ges. Physiol. XCV. 9 u. 10. p. 409. 1903.)
Um möglichst geringe Schädigungen der Niere
zu setzen, wurde im Gegensatze zu den ähnlichen
Versuchen anderer Forscher während des ganzen
Versuches in dem einen Ureter einconsianter, nicht
zu hoher Druck dadurch erzeugt, dass die Abfluss-
öffnung der Eanülenleitung 20 — 30 cm oberhalb
der Niere angebracht war. Die zugehörige Niere
arbeitete also gegen einen Constanten Widerstand
von 20 — 30 cm Wasser. Bei dem anderen Ureter
konnte der Harn aus der Ureterenkanüle unbehin-
dert abfiiessen. Es wurden nun während des Ver-
suches auf beiden Seiten die abgeschiedene Ham-
menge und deren Salzgehalt bestimmt Die Diurese
wurde durch Infusion von Kochsalz- oder Glauber-
salzlösung herbeigeführt oder dadurch, dass eine
grössere Menge Leitungswasser per os gegeben
wurde. Das Ergebniss lautet : „Die Hammengen
auf der Widerstandsseite sind stets vermindert
Bei der Eoohsalzdiurese zeigte es sich, dass der
Procentgehalt des Harnes beiderseits oft gleich
war, manches Hai erhöht auf der Gegenseite, aber
nie erniedrigt Während der Diurese, des Ein-
laufes der Lösung, wird der Gegendruck besser
überwunden als in den Pansen. Nach Beseitigung
des G^egendruckee sondert die belastet gewesene
Kiete fast immer mehr Harn ab als die Normal-
niere. Der Prooentgehalt an Kochsalz ist dann
verringert gegenüber dem Harne der Normalniere.
Bei der gewöhnlichen Glaubersalzdiurese scheidet
die belastete Niere stets relativ mehr Glaubersalz
aus. Der Procent-Kochsalzgehalt ist geringer als
auf der Normalseite. Bei Wasserdiurese bleibt
beiderseits trotz einseitiger Belastung der Prooent-
Kochsalzgehalt derselbe. Bei gemeinsamer Kooh-
salz-Glaubersalzdiurese ist der Prooent-Qlauber-
salzgehalt erhöht auf der Widerstandsseite gegen-
über der Normalseite, der Prooent-Kochsalzgehalt
ist meistens gleich/'
Die Diskussion der Ergebnisse führt zu dem
Schlüsse, dass die Sekretiontheorie „die gefundenen
Thatsachen wenigstens aushalten kann, ohne in
ihrem Fundament erschüttert zu werden^. Die
Filtration- und Resorptionhypothese dagegen steht
mit den gefundenen Thatsachen in Widerspruch,
wenn sie auch damit noch keineswegs als ent-
gültig widerlegt gelten kann.
Garten (Leipzig).
399. On saline dioresis; by Arthur B.
Cushny. (Joum. of Physiol. XXVm. 6. p. 431.
1902.)
Um die in den Tubulis der Niere nach der
Ludwig 'sehen Theorie erfolgende Absorption des
von den Glomerulis abgesonderten Harnes künst-
lich zu steigern, wurde der Ureter partiell abge-
klemmt, so dass der Harn in der Niere etwa unter
20 mm Hg-Druck stand. Es ergab sich, dass unter
diesen Umständen Wasser und Chloride viel rascher
zum Blute zurückkehrten als Sulphate, Phosphate
und Harnstoff. Hieraus lässt sich nach C, wenn
II. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
243
die Absorption in den Tiibulis unter normalen Ver-
hältnisse ebenso verläuft, die Thatsaohe erklären,
dass die verschiedenen Salze eine sehr verschieden
starke diuretische Wirkung besitzen.
Die diuretische Wirkung der Salze ist nach C.
primär durch Cirkulationänderungen in der Niere
bedingt, da trotz Infusion von Salzlösungen, wenn
nur durch künstliche Verengerung der Nieren-
arterie der Blutstrom stetig gehalten wird, keine
merkliche Diurese eintritt Es handelt sich also
bei der Salzdiurese nicht um eine primäre Reizung
der Harn secemirenden Zellen, sondern um eine
Veränderung des Blutstromes.
Q arten (Leipzig).
400. Weitere Beiträge rar Nierenftmktion.
üeber das VerhaUm der Qranvia in der Niere unier
dem Mnfluss der versehiedenen Diuretica; von
Oeorg Modrakowski. (Arch. f. d. ges. Phy-
siol. XCVm. 5 u. 6. p. 207. 1903.)
M. untersuchte die Granula der Tubuli con-
torti der Eaninchenniere und fand, dass die ver-
schiedenen Arten der Diurese (Coffein, Harnstoff,
Natrium nitricum, Wasser) in Form, Grösse, Fär-
bung und Anordnung der Granula zum charak-
teristischen Ausdruck kommen. Gegen einen üeber-
gang der Granula in das Sekret (Vacuolenbildung
durch Granula) spricht sichM. sehr entschieden aus.
Garten (Leipzig).
II. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
401. Ueber den Paratyphus; von Dr. H.
Kayser in Strassburg i. E. (Deutsche med. Wo-
chenschr. XXIX. 18. 1903.)
Die letzte Zeit hat in die Reihe der akuten In-
fektionkrankheiten mit wohlcharakterisirtem Er-
reger den Paratyphus aufgenommen. Er ist eine
weitverbreitete, in den verschiedensten Lftndem
beobachtete typhusähnliche Erkrankung mit guter
Prognose (1 — 2^Iq Mortalität). Die Diagnose kann
nur durch die Hfilfsmittel der Bakteriologie fest-
geetellt werden.
Die Paratyphusbakterien stehen culturell zwi-
schen dem Bacterium typhi abdominalis (E b e r t h -
Oaf fky) und dem Bact coli commune (Esche-
rich). Nach den heutigen Erfahrungen sind zwei
Typen (A und B) zu unterscheiden, die hinsicht-
lich ihrer Cultureigenschaften und Agglutination-
empfindlichkeit je eine Einheit darstellen. Die
runden, glattrandigen Gelatinecolonien frisch ge-
züchteter Stämme entbehren der aderförmigen
Oberflächenfurchung. Sie sehen bei A fast farb-
los, bei B weisslich aus. Beide sind bewegliche
Eurzstäbchen , färben sich nicht nach Gram,
vergähren Zuckerarten bei fehlender MUchcoagula-
tion, bringen NeutralrothbOden zum Fluoresciren,
wachsen als blaue Colonien auf Drigalski-
G o n r a d i 's Platten, vermögen in Bouillonculturen
nicht Indol zu erzeugen.
E. berichtet über drei gutartig verlaufene,
typhusähnliche Fälle von Paratyphus (Stäbchen-
typus B). Die Gruber- WidaPsche Probe auf
Typhusbacillen ergab in keinem Falle eine be-
weisende Agglutination Wirkung.
Noesske (Kiel).
402. Ueber einheimische Malaria und Mala-
riakaohexie; von Dr.Reckzeh in Berlin. (Deut-
sche med. Wchnschr. XXIX. 18. 1903.)
R. berichtet über 3 Fälle von in Berlin erwor-
bener Malaria, die das Dienstmädchen und die bei-
den Söhne einer im Sflden von Berlin wohnenden
Familie betrafen, die bisher stets gesund gewesen
waren und nachweislich Monate lang vor ihrer Er-
krankung Berlin nicht verlassen hatten. In allen
3 Fällen fand sich der Tertianaparasit. R nimmt
eine Infektion durch Stechmücken (Anopheles) an,
deren Vorkommen in Deutschland (z. B. in der
Nähe von Eassel) erwiesen ist
Ferner berichtet R. über eine schwere, mit
sekundärer Anämie und Leukocytose einhergehende,
in kurzer Zeit zum To^e führende Eachexie bei
einer 32jähr. Frau, die vor 2 Jahren in Bukarest
an Malaria erkrankt war. Die Sektion ergab neben
Malaria ein Magencarcinom, das durch Verwach-
sung und Perforation zu einem grossen Abscesse
im Netze geführt hatte.
R. weist auf die Nothwendigkeit nächtlicher
Temperaturmessungen in zweifelhaften Fällen hin.
Er beobachtete in einem seiner Fälle anfangs nor-
male Tagestemperatur, während die Eranke Mor-
gens über nächtlichen Frost und Abgeschlagenheit
klagte. Erst nächtliche Temperaturmessungen führ-*
ten hier zur Feststellung der Fieberanfälle und zur
Diagnose der Malaria. Noesske (Eiel).
403. Die Malaria perniciosa. Beürag zur
Biologie und Morphologie ihres Erregers; von G.
Maurer. (Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XX XU.
10. p. 695. 1903.)
Aus seinen Beobachtungen glaubt M.schliessen
zu dürfen, die Halbmonde (Gameten) des Per-
niciosaparasiten wie die schizogonetischen Formen
entstehen aus den Merozoiten ; während jedoch die
Schizonten einen grossen Theil ihrer Entwickelung-
zeit auf der Ober-, bez. Aussenfläche des Blutkörper-
chens zubringen, dringen die kleinen Ringe, die sich
zu Gameten ausbilden, frühzeitig in das Innere der
Blutscheibe ein. Hier wachsen sie heran, indem
sie an dem einmal eingenommenen Platze ver-
harren und sich aus dem Leibe ihres Wirthes eine
Art Eapsel bilden; die Parasiten verwenden zu
letzterem Zwecke das BlutkOrperchenstroma, das
bei der Mehrzahl der Gameten als hämoglobinloser
Restkörper in mannigfachen Formen haftet Die
beiden Entwickelungsformen lassen sich schon in
früher Jugend gut auseinanderhalten ; ebenso wie
244
IL Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
die schon von SchQffner beschriebenen Flecke
der Wirthzelle der grosseren Ringe auf das Be-
stimmteste die Parasiten der Laverania malariae
charakterisiren, ist ein eben so gutes Mittel zur
Erkennung der Jugendformen der Oameten das
Fehlen jener Flecke, die M. als Substanzerluste
an der Oberfläche des Blutkörperchens in Folge
der Angriffe des Parasiten auffasst. Aus der Ver-
schiedenheit der Lebensbedingungen der jungen
Parasiten ist auch die Verschiedenheit ihrer Pig-
mentbildung zu erklären ; während der auf dem
Blutkörperchen lebende Schizont die Nahrung von
seinem Wirthe in sehr geringen Portionen be-
zieht und deshalb nur wenig feines Pigment
bildet, ist der junge Gamet, der in der Blutzelle
lebt, von Nahrung umgeben und bildet demnach
reichlich Pigment Die Ursache für den ausser-
ordentlich unregelmässigen Verlauf des Fiebers
bei der Perniciosa, im Unterschiede von der
Tertiana und Quartana sieht M. darin, dass sich
bei der Perniciosa die Theilungsvorgänge Aber
eine längere, oft sehr grosse Zeit hin ziehen
und selbst ununterbrochen stattfinden.
Walz (Stuttgart).
404. üeber die liierarisohen Sohiokaale
des 9j)iploooooaa intraoeUalaria meningitidis^
and seine fttiologisohe Bedeutung; von A.
Weichselbaum. (Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w.
XXXIU. 7. p. 510. 1903.)
W. bespricht die gesammte Literatur Aber den
Diplococcus intracellularis, über den zur 2ieit eine
heftige Polemik zwischen der Wiener Schule und
Jaeger entbrannt ist, eine weitere Polemik von
Albrecht und Ghon ist im gleichen Hefte
des Centralblattes enthalten. W. hält die von
Jaeger und dessen Anhängern behauptete Varia-
bilität bisher fQr nicht bewiesen und nimmt
an, dass alle Culturen, die nicht das von ihm,
Albrecht und Ohon und Anderen beschriebene
Verhalten zeigen, Verunreinigungen seien. Auch
derSchluss Jaeger 's, dass die eigentliche Menin-
gitis epidemica nichts gemein habe mit dem Pneu-
mococcus ist haltlos, da zahlreiche sichere Be-
obachtungen des Oegentheils vorhanden sind. Das
von Jaeger behauptete Vorkommen von Misch-
infektionen hält W. nicht fOr bewiesen, ebenso nicht
dessen weitgehende epidemiologischen SchlQsse.
Walz (Stuttgart).
405. üeber die Oroppe des Baoillas Pro-
teus vulgaris; von R. Weber. (Centr.-BL f.
Bakteriol. u. s. w. XXXIIL 10. p. 753. 1903.)
Die mit dem Namen Proteus vulgaris bezeich-
neten Bakterien sind keine Einheit, sondern eine
Bakteriengruppe, wie die Coligruppe. W. isolirte
drei Stämme, die nur geringfügige biologische
Unterschiede zeigten, aber durch die Agglutination-
reaktion scharf unterschieden waren.
Walz (Stuttgart).
406. Ueber ein dem Pestbaoilins ähn-
lichea Bacterium : Baoterium Bristolense ; von
E. E 1 e i n. (Centr.-Bl. f. Bakteriol u. s. w. XXXTL
10. 1903.)
Bei einer Epidemie unter den Ratten eines
Schiffes wurde als Erreger ein Mikrobe gefunden,
der sich bipolar färbte, grösser als der Pestbacillus
war und in cultureller Besiehung zwischen Bact.
coli und lactis adrogenee stand.
Walz (Stuttgart).
407. Ueber die erfolgreiche Behandlung
tödUioher intraperitonäaler Streptokokken-
Infektionen beim Kaninchen durch präventiTe
Pyocyanase-Immunproteidin- Injektionen ; von
R Emmerich und R. Tromsdorff. (Centr.-
Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIIL 8. p. 627. 1903.)
Von 13 mit Pyocyanase-Immunproteidin be-
handelten, mit einer sicher tOdtlichen Dosis von
Streptokokken intraperitonial inftcirten Kaninchen
wurden durch die wesentlich präventive, doch auch
curative Behandlung 4, d. h. 31^/o, geheilt, 6, d. h.
46® /o, sehr deutlich günstig beeinflusst, wenn
auch nicht gerettet E. und T r. haben die Hoff-
nung, auf diesem Wege ein Mittel zu finden für
die erfolgreiche Behandlung der menschlichen In-
fektion. Walz (Stuttgart).
408. üeber die Bereitung eines antibakte-
riellen Diphtherieserums ; von Ivo BandL
(Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIII. 7. p. 535.
1903.)
Nach den Untersuchungen B.'s werden sensi-
bilisirte (dem die substance sensibilisatrice Bor-
de t 's enthaltenden Serum 12 Stunden ausgesetzte)
Diphtheriebacillen, in einen empfänglichen Orga-
nismus eingeführt, viel leichter verdaut als nicht
sensibilisirte. Vermittelst auf einander folgender
subcutaner Injektionen von sensibilisirten Diph-
theriebacillen wird ein empfänglicher Organismus
in verhftltnissm&ssig kurzer Zeit immun. Der Pro-
cess der Hyperimmunisirung gegenüber Bakterien
bewirkt in dem Organismus nicht nur die Bildung
von Substanzen, die Bakterien gegenüber toxisdi
sind (sensibilisirende Substanz, Agglutinin), son-
dern verstärkt auch das physiologische Yerm(Sgen,
das aller Wahrscheinlichkeit nach dem Protoplasma
der Leukocyten innewohnt, von dem auch nach
vielen Beobachtern Alezin und die sensibilisirende
Substanz herstammen. Dank dieser Fähigkeit findet
die Bakteriolyse in den Zellen statt bei Gegenwart
von Bakteriengiften, die man im Reagenzglaae
nachweisen kann. Das Serum aus dem Blute von
Thieren, die nach dieser Methode hyperimmunisirt
sind, zeigte energische bakterientödtende Eigen-
schaften in specifischer Weise, im Reagenzglase
wie bei den Versuchsthieren selbst Dies steht
in dem engen Zusammenhange von Ursache und
Wirkung, wenn man das, was von anderen For-
schern beobachtet wurde, vergleichend heranzieht;
U. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
245
impft man nämlioh einem Organismus lebende
Pilze ein, so seigt sich in ihm das Auftreten einer
Zahl von Antikörpern, die grösser ist als die
der abgestorbenen, injicirten Pilza Es erscheint
gleichfalls erklArlich und logisch, dass man die
Methode der Impfungen durch Hyperimmunisirung
der Serum erzeugenden Thiere durch sensibili-
sirende Pilze der der Impfung von Pilzen vorzieht,
die mitHfilfe von anderen physikalischen oder che-
mischen Mitteln geschwächt sind, da schon die
Fixirung der sensibilisirenden Substanz im Beagenz-
glase keine merkliche Aenderung des Protoplasma
der Bakterien herbeifQhrt und wenn man auch die
Sensibilisirung als ein Digestionprincip betrachten
will, so hftlt sie sich klar in den physiologischen
Grenzen. Die Anwendung dieses Diphtherieserum,
das mit geringer antitoxischer Wirkung ausgestattet
ist, aber reich ist an Antikörpern, hat in besonderen
Fällen der Diphtherie beim Menschen B. eine be-
merkenswerthe Heilwirkung gezeigt Es wäre
also nützlich, dem Heilserum des Handels auch
bakterientOdtende Wirkung zu ertheilen.
Walz (Stuttgart).
409. Elektriflohet Oiahlidht und innere
Infektion ; von Dr. E r e b s. (Berl. klin. Wchuschr.
XXXIX. 2. 1902.)
Es lag nahe, die baktericide Wirkung des
elektrischen Bogen- und Glühlichtes, die seit Jahren
an Gulturen beobachtet worden ist, auch am Thiere
und im Thierkürper zu prüfen. Oebhardt und
Aufrecht erhielten in dieser Beziehung positive
Resultate, während BOders und v. Drigalski
das Oegentheil fanden und v. Drigalski sogar
eher einen schädlichen Einfluss fand. Dieser Wider-
spruch forderte zu einer Nachprüfung auf, zumal
auch die Art der v. Drigalski'schen Versuche
nicht ganz eindeutig und einwandfrei war, da ein
Vergleich zwischen bei 20^ im Dunklen lebenden
Thieren und solchen bei 37® im Lichte sich auf-
haltenden nicht wohl zu ziehen war. E. fand
nftmlich, dass auch gesunde, nicht inficirte Thiere
(Mäuse) sterben, wenn die Lufttemperatur längere
Zeit 37 — 38* G. betrug; deshalb ging er bei seinen
Versuchen nicht über 33 — 35* C. hinaus und fand,
dass diese Temperaturen auch dauernd gut ertragen
wurden, sei es im Brutschrank, sei es durch Olüh-
licht erzeugt Die Versuche an Mäusen und Meer-
schweinchen wurden in 3 Beihen angestellt (in
jeder 2 inficirte, 1 nicht inficirtes Thier), und zwar
1) bei normaler Zimmertemperatur 18 — 20* C,
2) im Brutschrank bei 33 — 35* 0., 3) in einem
durch eine Glühlampe von 15 Normalkerzenstärke
belichteten Oefäss bei 33 — 35* C. Geimpft wurden
Milzbrand- und Typhusbacillen. E. fand, dass die
bei den gleichen erhühten Temperaturen im Brut-
schrank und im Lichtgeflss gehaltenen Thiere fast
stets gleichzeitig starben, während die bei Zimmer-
temperatur gehaltenen später zu Gründe gingen.
ferner zeigte er, dass eine speciflsch schädigende
Wirkung der Lichtwärmestrahlen nicht vorhanden
ist, sondern dass — gleich ob im Lichtkasten oder
im Brutschrank — die, eine starke Wärmestauung
hervorrufende dauernde Erhöhung der Lufttempe-
ratur auf 37* C. und darüber dem Thierkörper un-
erträgliche Lebensbedingungen schafft. Somit sei
ein aussichtreicl^s Eingreifen der Lichttherapie,
von der Schwitzwirkung abgesehen, bei der Be-
handlung innerer bacillärer Krankheiten nicht zu
erwarten. Reinhard (Strassburg).
410. Zur Biochemie der Sohwangemcliaft ;
von Dr. E r i c h Opitz. (Deutsche med. Wochen-
schr. XXIX. 34. 1903.)
Der Uebergang und die Zerstörung von Pla-
centazottentheilen im mütterlichen Blute sollen nach
neueren Untersuchungen in diesem die Bildung
von „Syncytiotoxin" bewirken, das normalerweise
durch Antitoxihbildung unschädlich gemacht, in
pathologischen Fällen aber Eklampsie, bez. Schwan-
gerschaftniere bewirken soll
Die Versuchsreihen von 0. und Weichardt,
über die Einwirkung des Serum von gegen Pla-
centaemulsion immunisirten Thieren auf normales
Menschenserum und Serum von Schwangeren,
zeigen, dass in dem Serum von letzteren eine spe-
cifische, von Syncytialzellen herrührende präcipi-
table Substanz nicht gebildet wird und sich eben
so wenig eine gegen Placentaaufschwemmung prä-
cipitirende Substanz darin nachweisen lässt. Aller-
dings ist es unwahrscheinlich, dass sich diese
Stoffe frei im Blute nachweisen lassen.
Indessen zeigten sich bei den Yersuchsthieren
mehrfach Erscheinungen, wie sie bei menschlicher
Eklampsie auftreten und wie sie W. früher an mit
cytolysirter Placenta behandelten Kaninchen be-
schrieben hat. Es wäre also möglich, dass über-
schüssige Syncytiotoxine die Eklampsie hervor-
rufen. Das Serum einer vorbehandelten Ziege, das
Antitoxine enthalten müsste, wurde daher zu
Injektionen bei Eklamptischen benutzt Eine Heil-
wirkung Hess sich bisher noch nicht feststellen.
Y. Lehmann (Berlin).
411. Brythema exsadatiTiim multiforme,
Chorea, Bhenmatlamiifl nodosus, Endoperi-
karditia; von Dr. Ho hl fei d. (BerL kHn. Wo-
chenschr. XL. 31. 1903.)
H. beobachtete einen Fall von sohwerer Chorea bei
einem 9jähr. Knaben, der ausserdem an akutem Gelenk-
rhenmatismus litt Die Krankheit hatte mit einem
6 Woohen lang währenden Exanthem begonnen, das sich
als Erythema ezsadativum multiforme herausstellte.
Ausserdem bestanden Erscheinungen beginnender Endo-
karditis. Allmählich stellten sich während des Abfalles
der Körpertemperatur und Abblassen des Exanthems im
Verlaufe derSärecksehnen schmerzhafte Knötchen heraas
unter gleichzeitiger Verstärkung der Herzerscheinnngen.
Schliesslich gingen auch diese Knötchen wieder zurück
und die Muskelunruhe nahm ab, bis plötzlich unter neuen
Fiebererscheinungen die choreatischen Bewegungen wie-
der zunahmen und sich bis zu einer aussergewöhnlichen
Höhe steigerten. An dieser Exacerbation ging der Kr,
zu Grunde.
246
n. Allgeineine Pathologie und pathologische Anatomie.
Bei der Sektion fand sich ausser einer leichten Ver-
änderung an der Mitralis eine fibrinöse, adhäsive Peri-
karditis.
H. nimmt an, dass die verschiedenen hier beobach-
teten Veränderungen der Ausdruck einer einheitlichen
Infektion waren. S o b o 1 1 a (Heilanstalt Sorge).
412. Beitrage lam Stadium der Botryo-
mykoee; von Dr. George 0. S^teriu. (Inaug.-
Diss. Bukarest 1903.)
Die Botryomykose ist eine beim Pferde häufig
vorkommende Erkrankung unter dem Namen Castra-
tiontumor (Champignon de castration) seit altersher
bekannt Sie beruht auf einer chroDischen Ent-
zündung des ünterhautzellengewebes , hervorge-
rufen durch einen modifieirten Staphyloeoeoua aureus.
Meist handelt es sich um knotige Infiltrate mit
fistulösen Oftngen, aus denen sich eine eiterige
Flfissigkeit entleert Eine von den Drüsen aus-
gehende Botryomykose ist nicht anzunehmen. So-
wohl in den Geweben, die den Tumor bilden, als
auch in der* eiterigen Flüssigkeit findet man den
charakteristischen Mikrococcus. Dieersten Culturen,
die man gewinnt, rufen bei Kaninchen eine chro^
nisch-eiterige Entzündung mit Fisteln und Bildung
eines sklerOsen Gewebes in der Umgebung hervor,
während die späteren Culturen dieselben Absoesse
bewirken wie der gewöhnliche Staphyloooocuspyo-
genes aureus. E. T o f f (Braik).
413. üeberMaatBollen; von Dr. L. Michaelis.
(Münchn. med. Wchnschr. XLIX. 6. 1902.)
Mastzellen wurden seit Ehrlich 's Beschrei-
bung im Jahre 1877 zunächst Bindegewebezellen
genannt, die sich durch reichliche basophile £öme-
lung ihres Protoplasmaleibes auszeichnen. Diese
Granula färben sich mit basischen Anilinfarben
metachromatisch, d. h. mit anderer Nuance als das
andere Gewebe. Der Name wurde bald auch ohne
Weiteres auf die basophil granulirten Leukocyten
übertragen. M. macht aber zunächst darauf auf-
merksam, dass Mastzellen des Blutes und solche
des Bindegewebes nicht identisch sind. Das be-
weise schon der viel mächtigere Protoplasmaleib
der Mastzellen im normalen Bindegewebe, gegen-
über dem der Mastzellen im normalen Blute. Wäh-
rend schon früher Ehrlich, Unna u. A. auf die
leichte Quellbarkeit der Mastzellenkörnchen hin-
gewiesen haben, macht M. auf ihre ausgesprochene
Wasserlöslichkeit aufmerksam, die auch trotz guter
Fixation bestehen bleibe. Am widerstandsfähigsten
gegen Wasser seien die spärlichen Mastzellen des
normalen Blutes, dagegen äusserst empfindlich die
des leukämischen Blutes, ganz besonders noch bei
Anwendung alkalischer Farblösungen, z. B. des
alkalischen und gleichzeitig wässerigen polychromen
Methylenblau von Unna. Sie verschwinden dann
grösstentheils vollständig, zum Theil werden ihre
Granula verklumpt Um die Mastzellen des leuk-
ämischen Blutes vollständig darzustellen, empfiehlt
M. folgende, Wasser ganz vermeidende, Methode :
f'ärbung der durch Hitze oder Alkohol fixirten
Präparate 5 Minuten und länger in einer gesättigten
Lösung von Thionin in öOproc. Alkohol. Kurzes
Abspülen in öOproc. Alkohol, Trocknen, Einbetten
in CanadabalsaoL Da die Mastzellen auch in
Schnitten sehr empfindlich sind, und Verklumpung
und Schrumpfung der Granula zeigen, empfiehlt M.
statt Einbettung in Paraffin oder Gelloidin nur
Fixirung in 96proc. Alkohol und Basirmesser-
schnitte, die in gleicher Weise wie die Ausstrich-
präparate gefärbt werden. Die grosse Wasser-
löslichkeit der leukämischen Mastzellen hältM. für
ein Zeichen der Jugend und Unreife der Zellen.
Die gleiche Neigung zur Löslichkeit findet sich
nach M. auch an den histogenen Bindegewebe-
mastzeUen, und die von Unna beschriebenen Höfe
um diese Zellen sieht M. als von wässerigen Losun-
gen veranlasst an. Aehnlich schädigend wie Wasser,
nur langsamer, wirkt auch Glyoerin. Eigene Be-
funde leicht wasserlöslicher Mastzellen in Miliaria-
bläschen und ein solcher von Wolff (siehe das
nachstehende Referat) in einem pleuritischen
Exsudate bei sonst blutgesunden Leuten, Ter-
anlassen M., anzunehmen, dass es sich dabei ent-
weder um lokal entstandene histogene junge, durdi
den Entzündungsreiz gebildete, oder aber um Blnt-
mastzellen handelt, die durch den Aufenthalt im
Exsudate wieder wasserlöslich geworden seien.
Reinhard (Strassburg).
414. Ueber Hastsellen in Ezradaten« Em
Beürag xur Frage der aktiven Lymphoetftose ; von
Dr. Alfred Wolff. (Münchn. med. Wchnschr.
XLEL 6. 1902.)
Bei Anwendung der vitalen Färbemethoden er-
hielt W. in einem Pleuraexsudate bei ca. lO^/o der
Leukocyten eine Granulirung, die anfangs fein,
staubförmig nach ^/^ — ^ji Stunde bedeutend an
Grösse zugenommen hatte. Der Befund machte
Mastzellen wahrscheinlich, doch musste auch an
die Unna 'sehen Plasmazellen gedacht werden,
da beiden Zellenarten eine mittelst spedeller Färbe-
methoden nachweisbare Struktur des Protoplasma
gemeinsam ist Als difierentialdiagnostisoh wichtig
führt W. folgende Merkmale an : 1) Die MastseUen
haben eine eigentliche Granulation, während bei
den Plasmazellen das einzelne Korn nicht deutUdi
zu diiferenziren ist 2) Die Plasmazellen haben
einen Kern, umgeben von einem schwächer ge-
färbten Hof, in der Peripherie Anhäufung von
Krümelplasma. 3) Nur die Mastzellenkömer färben
sich metachromatisch. Dieser letzte Punkt sei das
wichtigste UnterscheidungsmerkmaL Dagegen sm
beiden Zellenarten leichte Wasserlöslichkeit ge-
meinsam.
W. schliesst sich der Ansicht Pappenhelm's
über die Herkunft der Plasmazellen (Virchow's
Arch. CLXV. 1. 1901) an, dass die PlasmaieUen
nicht von Lymphocyten stammen, da die kleinen
Lymphocyten ähnlichen Plasmazellen aus den
grossen entstehen; demnach müssten also die
n. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
247
grossen Plasmazellen sich aus den grossen Lymphe-
cyten bilden. Diese finden sich aber nicht im
normalen kreisenden Blute.
Durch das metachromatisch fftrbende Thionin
erkannte W. die im Exsudate gefundenen granu*
lirten Zellen deutlich als Mastsellen; er betont
dabei die Nothwendigkeit alkoholischer Farb-
l^sungen, um positive Resultate zu erhalten. Der
Befund von Mastzellen in einem pleuritischen
Exsudate sei bisher bei normalem Blute noch nicht
beobachtet und stelle die aktive Emigration-
fähigkeit der Mastzellen sicher fest Der gleiche
chemotaktische Reiz habe somit gleichzeitig Mast-
zellen und Lymphocyten herbeigelockt
Reinhard (Strassburg).
415. Heber Nebennierenblutongen bei Neu-
geborenen ; von D 0 r n e r. ( Yjhrschr. f. gerichtl.
Med. 3. F. XXVI. 2. p. 272. 1903.)
Nicht selten finden sich selbst nach ganz
leichten Spontangeburten Blutungen im Parenchym
der Nebennieren. Bei den Neugeborenen, die in
den letzten 10 Jahren aus der Dresdener Frauen-
klinik zur Sektion gekommen sind, ergaben sich
derartige Blutungen bis zu HflhnereigrGsse in
BF&llen, und zwar 2mal einseitig und 6mal doppel-
seitig. Sie bestanden entweder in ausgedehnten
Hftmorrhagien mit Zerstörung des Parenchyms,
oder in kleineren Blutungen und sassen durchweg
im Parenchym, in 2 Fällen auch in der Rinde. Als
Ursache kommen in Betracht der grosse Oefftss-
reichthum der Nebennieren, ihre leichte Zerreiss-
barkeit besonders bei atrophischen Früchten, und
in Folge der Geburt eintretende CirkulationstOrun-
gen, unter Anderem auch Eklampsie der Mutter.
Woltemas (Solingen).
416. Experimentelle Stadien über Lungen-
embolie; von Dr. Ottokar Kose. (Wien. med.
Wchnschr. LIL 41. 42. 1902.) '
Die Angaben der verschiedenen Forscher über
die bei experimenteller Embolie auftretenden Er-
scheinungen gehen weit auseinander. E. schien
es daher geboten, die Versuche einer neuen Con-
trole zu unterziehen. Sein Hauptaugenmerk war
darauf gerichtet, den Tod in solchen Fällen zu er-
klären. Er weist nach, dass weder die ungenügende
Füllung der Coronararterien, noch die Vergiftung
mit Kohlensäure, noch die Dilatation der rechten
Kammer die Hauptursache des Stillstandes im
grossen Kreislaufe ist; die allernächste Ursache
des Todes ist vielmehr die durch ungenügende
Füllung bedingte Störung in der Thätigkeit der
linken Herzkammer. Das Stillstehen der Athmungs-
organe ist erst eine sekundäre Erscheinung.
Neumann (Leipzig).
417. Beitrag mr KenntniM der primären,
malignen Tamoren derPlenra; von Dr. C. Out-
mann. (Deutsches Arch. f. klin. Med. III. 5.
p. 327. 1903.)
Die primären, malignen Tamoren der Pleura sind
eine seltene Erkrankung, namentlioh gehen über ihre
fiistogenese die Ansichten weit aus einander. 0. berichtet
über einen Tomor der Pleura, der bei einer 60jähr. Frau
beobachtet wurde. Es befand sich im linken Pleuraraum
eine grosse Anzahl von Tumoren, die der Pleura costalis
und diaphragmatioa theils spitzen Condylomen ähnlich,
theils pilzförmig aufsassen und zwischen der Grösse eines
Stecknadelkopfes und einer Kastanie schwankten. Meta-
stasen fanden sich nirgends. Als Ausgang der Oeschwulst
kamen einmal die Endothelien der Lymph bahnen der
Pleura, zweitens das Oberflächenepithei der Pleura in
Frage. Für letzteres entscheidet sich G. Der Charakter
der Geschwulst ist vorwiegend sarkomatös, doch finden
sich auch epithelial angeordnete solide Zellennester und
Zellenstränge. Der Tumor ist weder ein Sarkom, noch
ein Carcinom, auch steht in der Literatur für diese Ge-
schwulstbildung ein geeigneter Name nicht zur Ver-
fügung. N e u m a n n (Leipzig).
418. Zur Eenntniss der perithelialen Blat-
gefäastumoren der Haat; von Dr. Emil StangL
(Ztschr. f. Heilkde. XXIV. 6. p. 143. 1903.)
St. berichtet über 2 Fälle von Blutgefäss-
tumoren, deren morphologische Eigenschaften ihm
die Beseichnung Peritheliom begründet erscheinen
lassen. Sie gehören zu den Tumoren bindegewe-
biger Abstammung. N e u m a n n (Leipzig).
419. Ueber die Hiatogenese des Netshant-
glioms; von Dr. Scaffidi. (Virchow's Arch.
CLXXm. 2. p. 354. 1903.)
8 c. hat 3 Qliome des Auges mit den verschie-
densten Fftrbungsmitteln untersucht und die Frage
der Histogenese in einer sehr reichen Literatur-
zusammenstellung eingehend bearbeitet. Er kommt
zu etwa folgendem Endurtheil : Die Lehre von der '
epithelialen Abkunft des sogenannten Netzhaut-
glioms ist nicht genügend begründet Nach seinem
Bau und seiner Herkunft gehört das Gliom zu den
mesodermalen Neubildungen. Zur richtigen Be-
zeichnung wftre empfehlenswerth die Benennung
Mesogliom. Bergemann (Husum).
420. Zar Kenntniss der ependymären
Gliome des IV. Ventrikela; von Dr. A. Linck
in Posen. (Beitr. z. pathol. Anat u. allgem. PathoL
XXXm. 1 u. 2. p. 98. 1903.)
Bei einem 44jähr. Arbeiter, der wegen operativer
Behandlung einer alten oomplioirten Unterschenkelfraktur
ohloroformirt worden war und auf der Höhe des Excita-
tionstadium einem plötzlichen Herzstillstand erlegen wai',
ergab die Sektion als wichtigsten Befund einen etwa
erbsengrossen gestielten Tumor am Boden des 4. Ven-
trikels. Er erwies sich bei mikroskopischer Untersuchung
als ein reines, aus gliöser Kittsubstanz und Ependym-
zellen bestehendes, gefässreiches, papillärdb Oliom, ohne
Beimengung von anderen nervösen Oewebeelementen.
Es können also nach diesem und ähnlichen, in der Lite-
ratur mitgetheilten Fällen auch im Ependym aus Stütz-
substanz und Epithel bestehende Geschwülste vorkommen,
die ebenso wie die in gleicher Weise zusammengesetzten
Gewächse der Schleimhäute einem chronischen Reiz-
zustand (in diesem Falle einer Ependymitis granularis)
oder Trauma ihre Entstehung verdanken. Auch erscheint
die Annahme berechtigt, dass die Ependymepitheiion
ihre während der Ontogenese vorhandene Fähigkeit,
faserige Neuroglia und runde Gliazellen zu bilden, be-
248
nr. Pharmakologie und Toxikologie.
wahren und unter besonderen Umständen auch im post-
embryonalen Leben zu entfalten im Stande sind.
Noe8ske(Eiel).
421. Ueber ein perioatalea Bnndsellen-
aarkom und ein Myelom mit Kalkmetaataaen ;
von 0. B e n d e r. (Deutsche Ztschr. f. Chir. LXTIL
3 u. 4. p. 370. 1903.)
Histologischer Vergleich einee Sarkoms mit
einem Myelom. Das Sarkom (14jähr. Metalldreher)
begann nachweisbar am linken Femur, erzeugte
zahlreiche abgegrenzte Metastasen in den Epiphyaen
der meisten Röhrenknochen, in vielen Rippen, die
den Knochen total zerstörten; femer in Lymph-
drüsen, Nieren, Hoden. SchAdel und Wirbelsäule
blieben frei. Mikroskopisch fand sich ein klein-
zelliges Rundzellensarkom periostealen Ursprungs:
scharf abgegrenzte Herde, lacunäre Resorption
durch Osteoklasten, stellenweise bedeutende Appo-
sition.
Daa Myelom (51 jähr. Spediteur) begann ver-
muthlich multipel, die Ausbreitung erfolgte sofort
über daa ganze Skelet ohne Ausnahme. Metastasen
in anderen Organsystemen fehlten. Mikroskopisch
fand sich eine dem rothen Knochenmark homologe
Geschwulst, d. h. diifuse Wucherung mittelgrosser
Markzellen, die Degeneration der übrigen Mark-
zellen und gleichmässige Zerstörung derSpongiosa
und inneren Gorticalis erzeugt hatte, daher ^eine
so wesentliche Veränderung der äusseren Knoohen-
configuration bedingte. Die Markzellen werden
bei diesem Process offenbar uniform und wandeln
sich nicht mehr in die anderen Zellenformen um ;
in Bindegewebezellen gehen sie nie über. Das
Myelom ist demnach eine histologisch eigenartige
Geschwulst und ron den Sarkomen zu trennen.
Im ersten Falle fanden sich in Lungen, Nieren,
Magenschleimhaut und Leber Kalkinetastasen, im
zweiten in den Lungen. Befallen waren das Binde-
gewebe, die elastischen Fasern und die struktur-
losen Membranen, frei blieben alle EpitheUen,
Parenchymzellen, glatten Muskelzellen und Endo-
thelien. Den Schluss der Arbeit bildet eine kh-
tisohe Durchsicht der Literatur über Myelom.
Noesske (Kiel).
422. Analyse des Inhaltes einer Sohleim-
cyste der Stirnhöhle; von Dr.Georg Kelling
in Dresden. (Wien. med. Wchnschr. LII. 32. 1902.)
Bei einem 62!jähr. Fat. hatte sich seit 7 Jahren am
linken inneren Augenwinkel eine Geschwulst entwickelt,
die, als der Er. zur Operation kam, Hübnereigrosse besass
und floktoirte. Die Geschwulst ging von der Stirnhöhle
aus und war nach Perforation des knöchernen Orbital-
daches in die Orbita eingebrochen, sie hatte aach die vor-
dere und hintere Stirnhöhlenwand grösstentheils nsurirt
and war auch in die Siebbeinhöhle eingebrochen.
Den Inhalt der Geschwulst bildeten 54 g einer hirn-
artigen graubraunen Masse. K. hat den läalt mikro-
skopisch und chemisch untersucht und Folgendes gefun-
den: 100.4«/ot Trockensubstanz, 9.443Vm Asche, 0.57«/«
Eisenozyd. Die Masse enthielt Mucin, Pseudomucio,
Alkali- Aibuminat, etwas Albumin, Cholestearin und Fett
Die Ffirbung nihrte von Hämatin her. Es fehlten Zucker,
Glykogen, Pepton, Colloidkörperchen und leimgebende
Substanz. Rudolf Hey mann (Leipzig).
423. üeber eine nene regnlirbare Voi^
riohtnng f&r den heiabaren Objekttisoh; von
R. K r a u s. (Centn- Bl. f. Bakteriol. u. s. w. YY^n.
6. p. 467. 1902.)
Der durch Bohrheck's Nachfolger in Wien zu be-
ziehende Apparat beruht darauf, dass eine nach Art der
Thermoregulatoren erwärmte, constante Wasserqudle
den Tisch Tage lang mit warmem Wasser versorgen kann.
Walz (Stuttgart).
III. Pharmakologie und Toxikologie.
424. Aspirin in der aagenftntliohen Praxis;
von Dr. 0. Neu statt er in Milnchen. (Mfinchn.
med. Wchnschr. L. 42. 1903.)
Aspirin-Nebenwirlrang ; von Dr. W i n c k e 1 -
m a n n in Darmstadt. (Ebenda.)
Das Aspirin kommt bei Augenleiden in Be-
tracht: als schweisstreibendes Mittel, als Speoifi-
cum bei rheumatisohen und gonorrhoischen Er-
krankungen und als schmerzstillend. Nach allen
drei Richtungen hin ist das Mittel nach Neu-
statter's Erfahrungen nur zu loben.
Winckelmann berichtet Aber einen neuen
Fall von fltichtigem juckendem Aspirinausschlag.
Dippe.
425. Versaohe über die Theoeindiarese
am gesimden Mtnsolien; von Prof. H. Dreser
in Elberfeld. (BerL klin. Wchnschr. XL. 42. 1903.)
In graphischer Darstellung erlftutert D. die
beträchtliche diuretische Wirkung des Theocins
bei Gesunden. Besonders beachtenswerth ist dabei
der Umstand, dass nicht nur reichlich Wasser aus-
geschieden wird, sondern dass auch die Aussdiei-
dung der gelösten Bestandtheile, der Salze und
der Elektrolyten erheblich vermehrt ist. „Ohne
Zweifel ist eine derartige Diurese yom curativen
Standpunkte aus rationeller als die Darreichnng
der salinen Diuretica einerseits oder der in deo
Holztr&nken und officinellen Thees andererseits
eingeffihrten warmen Wassermengen, die nur nach
Art der einfachen Wasserdiurese wirken können.*'
Dippa
426. Ueber die Wirkung des Nebennieren«
extraktee auf die Sohleimhaut der Haie und
des Kehlkopfsa; von Dr. L. Harm er. (Wien.
kUn. Wchnschr. XIV. 19. 1901.)
H. hat im Auftrage von Chiari Versuche mit
Nebennierenextrakt bei 32 Patienten angestellt,
uni die dem Präparate von den verschiedenst«!
Seiten nachgerühmten gefässverengemden ESgen-
schaften nachzuprüfen, und zwar bei 22 Patienten
in der Nase, bei 10 im Kehlkopfe. Bei beiden
Arten von Kranken wendete H. nur anfangs eine
m. Phannakologle und Toxikologie.
249
lOproc., spftter ausschliesslich eineöOprocLOsung
an; von der Verwendung in Pulverform sah er
keinen Nutzen. Das Extrakt wurde mit Watte-
pinseln in die Schleimhaut eingerieben. Bei rein
oongeetiTen Schwellungen der Nasenschleimhaut
trat schon nach wenigen Minuten deutliches Ab«
schwellen und BlAsserwerden ein, das mehrere
Stunden anhielt. Anftsthesie war niemals nach-
zuweisen, wohl aber genügte nach Anwendung des
Nebennierenextraktes eine ganz geringe Gocain-
menge, um völlige Unempfindlichkeit hervorzurufen.
Bine hftmostatische Wirkung des Ebctraktes konnte
H. niemals feststellen. Auf der Kehlkopf Schleim-
haut war die adstringirende Wirkung nicht so aus-
gesprochen wie an der Nasenschleimhaut, doch
wurde auch hier die Cocainwirkung durch vor-
herige Einpinselung mit dem Nebennierenextrakte
sehr begünstigt H. empfiehlt daher die Anwen-
dung des Mittels besonders bei den gegen Cocain
empfindlichen Personen, zumal es sich als voll-
kommen unschftdlich erwies.
Reinhard (Strassburg).
427. Ueber die hftmoatatiaohe Wirkimg
der Qelaüne bei innerer and rectaler Anwen-
dung; von Dr. Th. Pfeiffer. (Fortschr. d. Med.
XXL 25. 1903.)
Die allgemeine Anerkennung der Wirksamkeit
subcutaner Oelatineeinspritzungen bei inneren Blu-
tungen und eine experimentell erh&rtete Erklärung
der Wirkung fehlen zwar noch immer ; immerhin
hat sich die Anwendung des Mittels in jüngster
Zeit sehr eingebürgert und es ist von den ver-
schiedensten Seiten darüber im Grossen und Ganzen
Günstiges berichtet worden, um nun die un-
angenehmen Nebenerscheinungen der Binspritzun*
gen unter die Haut (lokale Reizerscheinungen,
Temperatursteigerungen u. s. w.) zu umgehen,
machte Pf. Gelatineklysmen und erzielte auch
hiermit ähnlich gute Erfolge wie mit Subcutan-
injektionen. Es wurde eine L(toung von 15 g Gela-
tine in 150 ccm heissen Wassers hergestellt, die
auf Körpertemperatur abgekühlt unter geringem
Drucke möglichst hoch in den Mastdarm gebracht
wurde. Die Zahl der Klysmen wechselte von 1 bis
3 täglich. Sie müssen auch nach Stillstehen der
Blutung noch einige Tage fortgesetzt werden.
Neu mann (Leipzig).
428. Ueber Paraldehyddelir und aber die
Wirkungen des Paraldeliydea, sowie Bemer-
kangen über anderweitige Sohlaftnittel ; von
Dr. M. Probst. (Mon.-Schr. f. Psych, u. NeuroL
XIV. 2. p. 113. 1903.)
In der nieder.-österr. Landesirrenanstalt Wien
wird Paraldehyd seit 15 Jahren als allgemeines
Schlafmittel verwendet (durchschnittlich pro anno
200 kg chemisch reinen Paraldehyds), und zwar
beträgt die Dosis 3 — 5 g in 10£zcher Verdünnung
in Wasser mit Sucous Liquiritiaa Pr. erblickt auf
Qrund seiner ausgedehnten Erfahrungen in dem
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft 3.
chemisch reinen Paraldehyd das unsehädUchatealkr
Sehlafmitiel und stellt es weit über Sulphonal,
Trional, Hyoscin und Duboisin. Das Paraldehyd
bewirkt ohne vorhergehende Erregung einen 5 bis
Sstündigen Schlaf; das Erwachen ist wie nach
natürlichem Schlafe. Besondere Störungen des
Athem-, Kreislauf- oder Verdauungsystems wurden
nie beobachtet, daher hindern Lungenerkrankungen,
Herzfehler oder Verdauungskrankheiten die Dar-
reichung des Mittels nicht Bei ganz grossen
Dosen sinkt die Körpertemperatur um ein Oeringes.
Bei Oewöhnung an das Paraldehyd brauchte nur
einige Male mit dem Mittel ausgesetzt zu werden,
um es wieder wirksam zu machen. Vergiftungs-
erscheinungen bei längerer Darreichung fehlten.
Pr. sah 3 Fälle, in denen grosse Paraldehyddosen
genommen wurden (50, 60, 150 gl), mit Genesung
enden. In einem dieser Fälle, in dem 150 g in
36 Stunden genommen wurden, entwickelte sich
ein Paraldehyddelirium, dass die grösste Aehnlich-
keit mit dem alkoholischen Delirium zeigte.
[Der unangenehme Geruch des Athems nach
Paraldehyd genirt bei Anstaltsbehandlung nicht
sonderlich ; sicher dürfte dieses aber in der Privat-
praxis zu erwarten sein. Bef.]
R Pfeiffer (Cassel).
429. Hydrargymmhermophenylioom; von
Dr. Georg SegalL (BerL klin. Wchnschr. XL.
42. 1903.)
Das Hydrargyrum hermophenylicum, eine Auf-
lösung von Quecksilberozyd in Natrium carbol.
bisulfurosum , ist namentlich von französischen
Aerzten als angenehm und sicher wirkendes lös-
liches Quecksilberpräparat zu Einspritzungen unter
die Haut empfohlen. S. hat es in der Onik von
0. Rosenthal in Berlin geprüft, kann aber die
Empfehlung danach nicht gut heissen. Das Mittel
ist gut anzuwenden, es wirkt schmerzlos und mild,
aber auch schwach und unzuverlässig ; in manchen
Fällen kommt man ganz gut mit ihm aus, in an-
deren versagt es. Mit den unlöslichen Quecksilber-
salzen ist es nicht zu vergleichen.
Wegen seiner Eigenschaft in Lösungen von
1 : 1000—1 : 100 Haut und Schleimhaut nicht zu
reizen, dabei aber stark baktericid zu wirken,
machte S. auch Versuche gegen Tripper, aber auch
hier war nicht viel Gutes zu sehen. Dippe.
430. Neuere therapeutiaohe Versaohe beim
Bryaipel;vonDr. Robert Pollatschek. (Ther.
d. Gegenw.N. F. V. 11. 1903.)
Der Bericht stammt aus der 11. med. Abthei-
lung des k. k. Eaiser-Franz-Joseph-Spitals in Wien.
Bisher wurden mit gutem Erfolge Umschläge mit
eiakaUem Liquor Burawii angewandt und die neuer-
dings versuchten Mittel haben diese Therapie nicht
zu verdrängen vermocht Bothes Licht und Mesotan
und Adrenalin nützten gar nichts ; intravenöse Ein-
spritzungen von Argentum colloidale Gred4 sind
in schweren Fällen eines Versuches werth; An-
32
250
lY. Neuropathologie und Psychiatrie.
äfithesin wirkt in lOproc. Salbe bei sehr schmerz-
hafter Hautinfiltration angenehm. D i p p e.
431. Beitrag aar Behandlvuig der Ankylo-
atomiaaia; von Dr. Nagel (Deutsche med.
Wchnschr. XXIX. 31. 1903.)
Im Elisabeth -Hospitale zu Bochum ist man,
nachdem Versuche mit anderen Mitteln vergeblich
waren, immer wieder auf das Extractum filicis zur
Behandlung der Ankylostomiasis zurückgekommen.
Das Mittel wurde in der Dosis von 10 — 13 g ver-
wendet, gleichzeitig mit AbfQhrmitteln (kein Rici-
nusöl). Grosser Werth wird auf Fhschheit des
Präparates gelegt
Seitdem die Wurmkrankheit energisch bekämpft
wird, kommen fast nur noch Leichtkranke in Be-
handlung. Diese bilden für die Behandlung inso-
fern eine grössere Schwierigkeit, als es oft trotz
toxischer Dosen nicht gelingt, gerade bei kräftigen,
gesund erscheinenden Individuen den letzten Wuftn
abzutreiben. Nach Dosen von 10 g kam es 2 mal
zu Amaurose mit fortschreitender Atrophie des
Sehnerven. S o b o 1 1 a (Heilanstalt Sorge).
432. Zar Frage über die ohemisohe Zq-
aammenaetiang and die pliarmakologiache
Wirkung der Preisaelbeere (Vaooiniam vitia
idoealk); von ArtEanger. (Arch. f. experim.
Pathol. u. PharmakoL L. p. 46. 1903.)
Die Preisseibeere gilt in der russischen Yolks-
medicin als Antirheumaticum. Die Blätter ent-
halten ausser Eiweiss keinen N-haltigen Körper,
also kein Alkaloid, aber Weinsäure und Chinasäure,
keine Benzol oder Salicylsäura Ausserdem reidi-
lich Hydrochinon und Arbritin und Gerbsäure von
der Zusammensetzung C^ gH^ ^Oi«. Die Blätter sind
im Herbst am gehaltvollsten. Die Früchte ent-
halten freie Benzoesäure, was die Resistenz gegen
Oährungserreger erklärt.
Grosse Mengen der Blätter wirken wegen ihres
Hydrochinongehaltes toxisch. Sie sollen wegen
verringerter Hamsäurebildung deren Ausscheidung
herabsetzen. Ausserdem wirken sie diuretiachund
antiseptisch, letzteres wegen des Hydrochinon-
gehaltes. Therapeutisch zu empfehlen ist ein Fluid-
extrakt oder Infus. W. S t r a u b (Leipzig).
433. Veranohe mit dem Nährpräparat
„Hygiama**; von Dr. R. Rosen. (Med. Gorr.-BL
Xn. 7. 1903.)
Brfizhrangen über Dr. med. Theinhardt's
„Hygiama^ als Nährpräparat; von Dr. Pirl in
Charlottenburg. (Aerztl. Praxis XYL 18. 1903.)
Ueber Dr. med. Theinhardt'a löaliohe Kin-
demahrnng ; von Dr. M. S c h w e i t z e r in Berlin.
(Deutsche Med.-Ztg. XXIV. 72. 1903.)
Die Appetitlosigkeit anämiacher Kinder;
von Dr. Preuss in Berlin. (Deutsche Aerzte-Ztg.
Nr. 13. 1903.)
Empfehlungen der The in har dt 'sehen Prä-
parate. Die Hygiama erhält sich als wirksam und
gut bekömmlich in der Gunst der Aerzte, die lös-
liche Eindernahrung wird als Ersatz derMildi und
als Zusatz zur Milch gerühmt. Preuss empfiehlt
sie besonders bei blassen Kindern mit schiechtem
Appetit Dippe.
IV. Neuropathologie und Psychiatrie.
434. Stadien fiber einen Hemioephaloa»
mit Beiträgen sur Physiologie des menach-
liohen Oentralnervenayatema (L anatomischer
Theü, U. Idiniachrphysiologischer Theü); von Dr.
M. Sternberg u. Dr. W. Latzko. (Deutsche
Ztschr. f.Nervenhkde. XXIV. 3u.4. p.209. 1903.)
Die äusserst sorgfältige Untersuchung des Fal-
les ergab folgenden Zustand des Centralnerven-
systems. Es fehlten Vorder-, Zwischen- und Mittel-
hirn, Pyramidenbahn, Monakow'sches Bündel,
Bindearme und Brflckenfasem. Das Kleinhirn war
stark verkleinert, seine Verbindung auf das Corpus
restiforme beschränkt. Dieses enthielt nur eine
sehr spärliche Eleinhimseitenstrangbahn aus den
rudimentären Glarke'schen Säulen und ungekreuzte
direkte Fasern aus den Burdach'schen Kernen ; es
fehlten die gekreuzte Hinterstrangsverbindung, der
ganze Olivenantheil und die untere Olive. Das
Gowers'sche Bündel fehlte anscheinend grGssten-
theils. Die Schleife war reducirt auf die Antheile
aus den Vordersträngen, der oberen Olive, den
Hirnnervenkemen [?], es fehlte die gekreuzte Ver-
bindung mit den Hinterstrangkernen. Es fehlten
Olfactorius, Opticus, Oculomotorius und Trochlearis,
vom Trigeminus war die cerebrale Wurzel nicht
sicher nachweisbar, es fehlte ferner der Abduoena-
theü für die obere Olive. Die Hinterstrangskerne
waren schwächer ausgebildet, ebenso die Vorder-
stränge des Rückenmarkes, sehr reducirt waren die
Seitenstränge, die Vorderhornzellen wenig zahlreich,
die vorderen Wurzeln dünner. Rudimentär waren
die Glarke'schen Säulen und der Processus reticu-
laris. Die intraspinalen Bahnen waren dünn. Der
Bauplan des Centralnervensystems war also Ter-
einfacht; abnoroie Bahnen und Verbindungen, Ver-
lagerungen fehlten.
Die Thierähnlichkeit des Nervensystems der
Hemicephalen (Fehlen der Pyramiden, der unteren
Oliven, die starke räumliche Ausdehnung der oberen
Oliven) ist in seiner Organisation begründet
Von den Lebensäusserungen des Hemicephalen
sind diesem und dem normalen Kinde gemeinsam
der erste £[indesschrei, das Saugen, die Beruhigung
des Schreiens durch Saugen, eine Anzahl von Un-
lustreaktionen und mimischen Reflexen, die Öreif-
bewegung der Hände und die Ausweiohbewegnng
des Stammes, endlich die lokalen Reflexe. Unter-
schieden sind die Missgeburten, welche bloe die
IV. Neuropathologie und Psydhiatrie.
261
Oblongata ausgebildet haben, vom normalen Kinde
durch die ungenügende Wärmeregulirung , den
Mangel der höheren Sinneenerven und vielleicht
auch das Fehlen der Jbtoehrbewegungen. DieHemi-
oephalen sind in Wahrheit Missgeburten und zum
Fortleben unfähig; das beruht einerseits auf den
Mängeln ihrer Organisation und dem Fehlen wich-
tiger Lebensäusserungen, andererseits auf den vielen,
den erhaltenen Beet des Centralnervensystems
schädigenden J^uiungen.
Der anatomische und klinisch -physiologische
Theil der Arbeit enthält eine Fülle bemerkens-
werther Einzelheiten. R. Pfeiffer (Cassel).
435. üeberBalkenmangelimmenaohlioben
Gehirn; von Dr. M. Arndt u. Dr. F. Sklarek.
(Arch. f. Psych. XXXVH 3. p. 756. 1903.)
Bei der Obduktion eines 15jähr., allerdings den
Eindruck eines 5jähr. machenden idiotischen Mäd-
chens fand man, dass die Balkenquerfaserung bis
auf ein ganz schmales Faserbündelchen in der
Gegend des normalen Knies fehlte. Die in der
Literatur beschriebenen Fälle von Balkenmangel,
10 Fälle etwa von totalem, 16 von partiellem,
sind zunächst als Missbildungen aufgefasst worden
ohne jedes weitere Interesse für die Himanatomie,
bis man ihren Werth erkannte, bis besonders
Onufrowicz das frontooccipitale Association-
bündel oder Fasciculus longitudinalis superior bei
Balkenmangel beschrieb, das auch im vorliegenden
Falle nach dem Vorgänge anderer Autoren als
Balkenlängsbündel bezeichnet wird, als ein hetero-
toper Balken. Dieses Balkenlängsbündel verläuft
als ein leistenförmiger Wulst jederseits dorsal vom
Ventrikelspalt und Thalamus vom Stirnlappen
zum Hinterhauptslappen. Es handelt sich also bei
Balkenmangel um eine Hemmungsbildung. Die
Querfaserong fehlte fast vollkommen, der Rest
verlor sich im Balkenlängsbündel, das im ganzen
Verlaufe Fasern abgiebt. Septum pellucidum und
eigentliche Commissura anterior fehlten, ebenso das
Psalterium; die Fomixschenkel vereinigten sich
nicht Mikrogyrie war nicht vorhanden.
Die Träger balkenloser Gehirne sind fast immer
Idioten, erreichen aber oft ein höheres Alter, in
einem Falle 72 Jahre. E. Hüfler (Chemnitz).
436. Cerebrale Moskelatrophie. Nebst einem
Beürage zur Oasuisiik der Balkeniumcren; von Dr.
H. Steinert (Deutsche Ztschr. f. Nervenhkde.
XXIV. 1 u. 2. p. 1. 1903.)
Die Hemiplegie mit cerebraler Muskelatrophie
bietet keine durchgreifenden Charakteristioa. Die
cerebrale Muskelatrophie ist ausserordentlich häufig,
ja sie dürfte nur in den seltensten Fällen dauernd
vermisst werden; sie ist ein regelmässiger Bestand-
theil des Bildes der Hemiplegie, nicht eine Gom-
plikation in bestimmten Fällen. Zwischen dem
Fortschreiten und dem Grade der Atrofftiie einer-
seits und der Lähmung andererseits besteht keine
Proportionalität Die Atrophie ist im Allgemeinen
hartnäckiger als die Lähmung. Die Atrophie ist
meist difTus mit Bevorzugung bestimmter Muskel-
gruppen ; unbetheiligt ist recht häufig der Unter-
schenkel Die Veränderungen der elektrisdien Er-
regbarkeit sind sehr mannigfaltig und nicht nur
quantitativer Natur. An die eerebrale (das Gleiche
gilt auch für die spinale) Läsion des primären moto-
rischen Neurons schliesst sich eine anatomische
Schädigung des peripherischen, und zwar scheint
diese distal zu beginnen und erst später die cen-
tralen Abschnitte des Neurons zu schädigen. Die
Muskelatrophie ist constant, die Vorderhornerkran-
kung fehlt in späten Stadien anscheinend nie. Der
Nervenstamm scheint übersprungen werden zu
können, doch erfordert gerade die Beurtheilung an
den Nerven die grOsste Vorsicht, jedenfalls muss
für reine, voll verwerthbare Fälle der Nachweis
gefordert werden, dass die Nervendegeneration be-
schränkt ist auf die motorischen Neurone, deren
übergeordnete lädirt sind. Zwischen den Lähmun-
gen durch cerebrale und spinale Pyramidenbahn-
läsion besteht, wie gesagt, kein principieller Unter-
schied. Die Pathogenese der centralen Muskel-
atrophie erklärt sich St durch die Annahme einer
trophischen Beeinflussung des peripherischen moto-
rischen Neurons durch das centrale : der Ausfall
dieser trophischen Funktion schädigt Ganglienzelle
und Muskulatur, d. h. das ganze peripherische
Neuron, nicht nur den Endapparat Die in einem
Falle von Balkentumor intra vitain vermuthungs-
weise gestellte und durch die Autopsie bestätigte
Diagnose gründete sich neben sorgsamer Berück-
sichtigung der Briste we 'sehen Angaben auf die
besonders frühe und starke Schädigung des Beines,
d. h. einer Extremität, denn bei fast gleicher *
Lokalisation des Tumor könnte auch der Arm pri-
mär geschädigt werden. RPfeiffer (Cassel).
437. Beitrag rar Lehre vom Herpes soater;
von Cand. med. E. H e d i n g e r. (Deutsche Ztschr.
f. Nervenhkde. XXIV. 3 u. 4. p. 305. 1903.)
Bei einem Pat. mit ohroDlsoher Nephritis mid Urämie
entwickelte sich ein Herpes zoster im AnsbreitoDgsbezirke
der linl^n 11. Dorsal wurzel. Die mikroskopische ünter-
suchuDg der makroskopisch nicht veränderten Intesverte-
bralganglien ergab im linken 11. Intervertebralganglion
einen keilförmigen, nekrotischen, hämorrhagischen Herd,
einen starken Zerfall von Nervenfasern, namentlich
solchen, die aus dem Herde selbst entsprangen, femer
eine erhebliche, unregelmässig vertheilte oder peri-
vaskulär und häufohenweise gelagerte Infiltration mit
meist einkernigen Leukocyten, starke bindegewebige
Sklerosirang und massige braune Pigmentirung. Im 10.
und 12. Iif3cen Dorsalganglion waren die Veränderungen
geringer. Die linken Lumbalganglien wiesen eine massige,
nach abwärts rasch abnehmende Lymphooyteninfiltration
auf, die rechten nur ganz unbedeutende Zelleninfiltration,
die im 12. und 11. Dorsalganglion wieder stärker wurde
und hier besonders perivaskulär und häufchenweise ge-
lagert auftrat Der 11. linke Intercostalnerv zeigte eine
massige, in der Cutis nicht mehr nachweisbare Faser-
degeneration, die in der Cutis getroffenen Nervenbündel
wiesen zum Theil starke Lymphocytoninfiltration auf.
Massige aufsteigende Degeneration der hinteren Wurzeln
im Büokenmari^
252
IV. Neuropatiiologie und Psydiiatrie.
Bekanntlich ist nach Head die Niere be-
sonders mit dem Hautgebiete der 10., weniger der
11. und 12. Dorsal- und 1. Lumbaizone, verbunden.
Der beschriebene Fall weist die stärksten Ver-
änderungen auf im 10. bis 12. Dorsalsegmente
des Rückenmarkes und den entsprechenden Inter-
vertebralganglien, namentlich der Unken Seite. Es
besteht adso ein inniger Zusammenhang zwischen
Herpeseruption und Nierenleiden. H. schlägt vor,
neben dem primären Zoster unbekannter Ursache
sogen, reflektorische Zoster zu unterscheiden, d. h.
solche, die in einer Haut- und Nervenzone auf-
treten, die mit einem erkrankten inneren Organe
bekanntermaassen in innigem Zusammenhange
steht. Weitere Untersuchungen, namentlich auch
histologische Untersuchungen des sympathischen
Geflechtes, die in dem H.'Bchen Falle leider unter-
blieben, sind wünschenswerth.
R Pfeiffer (Cassel).
438. Zar pathologischen Anatomie der
Tetanie (auf Grund von 7 Obdoktionabefan-
den). Theoreiiachea und Experimenteüea über die Oe-
nese der teianieehen Symptome; von Dr. R. Peters.
(Deutsches Arch. f. klin. Med. LXXVn. 1 u. 2.
p. 69. 1903.)
Zur Ergänzung der anderwärts veröifentlichten
klinischen Resultate theiltP. mit, dass er ein neues
Symptom bei der Tetanie feststellen konnte, das
er „Hampelmannphänomen*^ nannta Es besteht
in Folgendem. Wenn man die Anode eines Stromes
von 3 — 4 M.-A. Stärke auf die Brust stellt und die
Kathode auf das Rückgrat entsprechend dem 5.,
6. oder 7. Halswirbel, so erhält man bei jedem
* Stromschlusse in den beiden Armen blitzartige
Zuckungen, die an die Zuckungen der Glieder des
bekannten Einderspielzeuges erinnern, wenn an
der Schnur gezogen wird. Die Zuckungen sind
so stark, dass man den Eindruck empfängt, als
ob der Strom direkt das blossliegende RQcken-
mark träfe und nicht erst durch dicke Knochen-
und Muskelschichten hindurchgehen müsste. Das-
selbe Zucken findet statt in den Beinen, wenn die
EA auf den 12. Brustwirbel gestellt und dann
geschlossen wird. Bei stärkeren Tetanieformen
kommt es ausser dieser ESZ auch zur EÖZ.
Diese Zuckungen treten einseitig auf, wenn man
die EA nicht auf die Mittellinie, sondern etwas
zur Seite von den Proc. spinosi aufsetzt.
Bei leichter Tetanie lässt sich dieses Phänomen
erzeugen, wenn man die Arme durch AbschnQrung
blutleer macht und dann die EA auf den Nacken
aufsetzt Bei Auflegen der EA auf den oberen
Theil des Nackens und Stromschluss kommt als
eine weitere eigenthfimliche Erscheinung eine
Einziehung des Hypogastrium zu Stande und un-
willkürliche Inspiration mit Geräusch : wohl eine
Zwerchfellcontraktion in Folge von Phrenicus-
reizung. Es handelt sich bei den Tetaniekranken
offenbar um üebererregbarkeit in den Wurzeln, die
Zeichen für Üebererregbarkeit des Rückenmarkes
fehlen. Bei der Tetanie findet man häufiger eine
gesteigerte üebererregbarkeit für mechanische Reize
als für galvanische. Es lassen sich schon durch
leises Beklopfen mit dem Perkussionhammer
Zuckungen auslasen.
Wegen der Erankengeschichten nebst Sektion-
befanden und der Resultate der mikroskopischen
Untersuchung ist auf das Original zu verweisen.
Es ergaben sich folgende Schlussfolgerungen : Die
Tetanie ist kein funktionelles, sondern ein orga-
nisches Leiden, und zwar besteht eine Entzündung
des extraduralen Bindegewebes. Diese Paohy-
meningitis ext. zieht die vom Duragewebe ein-
geschlossenen Nerven wurzeln und Ganglien in Mit-
leidenschaft, in ersteren eine Neuritis interstitialia,
in letzteren eine Gangliitis erzeugend. Die pachy-
meningitischen Veränderungen nehmen mit Vor-
liebe die Gegend der Wurzeln ein, namentlidi
7. und 8. Cervikal-, untere Lumbal- und obere
Sacralwurzeln. (Je stärker übrigens die Pachy-
meningitis, desto stärker die Muskelcontrakturen,
desto kürzer die Pausen.) Die Neuritis interstit
findet sich sowohl in den motorischen wie in den
sensiblen Wurzeln und beschränkt sich auf den
extraduralen Theil derselben. Die Gangliitis end-
lich kommt als endotheliale Proliferation und Proto-
plasmadegeneration zwar auch bei anderen EIrkran-
kungen, die ohne Contraktur verlaufen, vor, in
ihrem Auftreten als interstitielles Infiltrat ist sie
aber charakteristisch für Tetanie.
So lässt sich schliesslich folgende Theorie über
das Zustandekommen der Tetaniesymptome auf-
stellen : Die Erämpfe sind nicht einfache Wurzel-
symptome von Seiten der motorischen Nerven in
Folge entzündlicher Reizung ihrer Fasern, sondern
in Folge der pachymeningitischen Entzündung im
sensiblen Abschnitte, die der motorischen Sphäre
krankhaft gesteigerte Impulse zuführt und zwar
ist der Weg, den diese Impulse gehen, der „kurze
Refiexbogen" : Ganglion — hintere Wurzel, Hinter-
strang, Hinterhorn-, dann Vorderhornzellen — moto-
rische Fasern — MuskeL Diese Üebererregbarkeit
der motorischen Bahnen ist wahrscheinlicher Weiae
Folge einer mechanischen Compression der betr.
Fasern im Wurzelabschnitte seitens der Entzün-
dungsprodukte und Hämorrhagien, die als Einlage-
rungen zwischen die Fasern oderiüs Auflagerangen
in die Scheiden auftreten. (Auf diese pathologiachen
Vorgänge ist auch das Trousseau 'sehe Phäno-
men zurückzuführen.)
Als eine zweite Ursache ist zu bedenken, daas
der entzündete Nerv an den ziemlich gleich wei-
' ten, aber engen LOchem in der Dura, sowie in den
Intervertebralkanälen leicht eingeklemmt oder ge-
reizt wird. Je dicker und gefäsareicher daher die
durchtretenden Wurzeln sind, um so grösser wird
die Wirkting der daselbst lokalisirt^i pathologischen
Processe sein. Da nun die dicksten Wurzeln die
7. und 8. Cervikal-, die untersten Lumbal- und
Y. Innere MelioiiL
253
obersten Seoralwurzeln sind, so erklärt sich das
yomehmliohe Auftreten der tetanisohen Er&mpfe
an Händen und Ffissen.
Die Tetanie ist somit eine Gombination von
organischen und funktionellen Jjeiden. Organisoh
ist die Entzündung in den Wunsein und Ganglien.
Funktionell sind die duroh die organische Er-
krankung hervorgerufenen vermehrten Impulse.
Die Oerebralsymptome der Tetanie sind schliess-
lich auch auf Stauungsverh<nisse zurückzufahren,
doch soll darüber an anderer Stelle berichtet werden.
N e u m a n n (Leipzig).
V. Innere Medicin.
439. üeber Bhenmatismiu. (Vgl. Jahrbb.
CCLXXV. p. 255.)
1) On epüome ofihe subjtet ofrheumatism as cause
€mdeffeotininflamm(Ui(mofihethroai; byCheatham.
(New York med. Reoord LX. Deo. 14. 1901.)
2) RheumeUie affecttons, their paihogenesis and
treatment; by Thelberg. (New York med. Record
LX. Deo. 14. 1901.)
3) Le diplostreptoooque du rkumatisme; parTri-
b o u l e t (Gaz. des Hop. Nr. 146. Deo. 1902.)
4) The etiology of acute rheumaiism and aÜied eon-
ditions; by BeatoD and Walker. (Brit med. Jonrn.
Jan. 31. 1903.)
b) On ihe pathogenesis of aeute arüeiüair rheuma-
tum; by Stero. (Med. News LXXXL Aug. 23. 1902.)
6) Sopra aleuni casi dt reumatismo artieolare aeuio
dt earattere eontagioso ; per 11 Dott A 11 a r i a. (R. clio.
med. gen. di ToriDO 1901.)
7) The aympiomatology and diagnoaü of acute arH-
eular rheumaiism; by Weber. (Med. News LXXXI.
Aug. 23. 1902.)
8) Du rkumattsme articulatre ; par P o n o e t (Bull,
de l'Acad. de Med. Nr. 34. Oot. 22. 1901.)
9) 2kir KemUniss der Venenthrombose beim akuten
Oelenkrheumatismus; von Dr. Hess. (Deutsohe med.
Wchnschr. XXVHL 26. 1902.)
10) A discussion on chronic diseases ofjoints com-
monly induded in the terms j^Chronie rheumaiism'*',
^Osteoarthritis'^ and y,rheumatic gouf^. I. Qarrod.
(Brit med. Journ. Oot. 12. 1901.)
11) The paihology and treatment of rheumatoid
arthritis; by Latham. (Lanoet Apiil 6. 1901.)
12) Befleooes : Their relation to diagnosis in rheu-
matoid arthritis; by Llewelyn Jones. (Lanoet
Deo. 27. 1902.)
13)Le rhumatisms vertibral chronique et la Spondy-
lose rhffxomelique; par May et et Jouve. (Gaz. des
Hdp. Nr. 69. Jnin 21. 1902.)
14) Un cas darihritevarieeüique; parLaoasse.
(Gaz. hebd. Nr. 23; Mars 20. 1902.)
15) Pneumococcus arthritis with notes ofseven cetses ;
by Raw. (Brit. med. Journ. Deo. 21. 1901.)
16) Pneumocoeoie arthritis ; by H e r r i o k. ( Amer.
Jonni. of med. So. Nr. 364. July 1902.)
17) Ablagerung von Phosphaten tmd Carbonaten in
Haut- tmd TJnternauigewebe unter den klinischen Er-
seheinungen echter Qicht ; von Dr. W i 1 d b o l z. ((3orr.-
Bl. f. Schweiz. Aerzte XXXU. April 15. 1902.)
18) 8ome points in the treatment ofamite rheuma-
iism ; by T h 0 m B 0 n. (Med. News LXXXI. 8 ; Aug. 23.
1902.)
19) Ueber neuere Heilmethoden der Wärme bei Oe-
lenkrheumatismus, Oieht, Ischias u. s, w; von Dr.
Lindemann. (Prag.med. Wohnsohr.XXVlLll. 1902.)
20) Ein Beitrag xtir Acetopyrin-Medikation bei
Oelenkrheumatismus ; von Dr. S p u 1 1 e r. (Wien. kiin.
Rundschau XYL 6. 1902.)
21) 1^ treatment of gout; by Ransom. (Med.
News LXXX. April 12. 1902.)
Nach Oheatham (1) kann man bis jetzt
(Deoember 1901) über die Beziehungen zwischen
Bheumatismua und TonsiBar-Äffekivmen Folgendes
sagen: Es ist unzweifelhaft, dass in einer gewissen
Anzahl von F&Uen des akuten Gelenkrheumatismus .
(30— 80^/o) eine Angina vorangeht; beide Krank-
heiten haben manche ätiologische Punkte gemein-
sam, aber ihr Zusammenhang ist noch nicht ganz
klar gestellt Die Tonsillen kOnnen die Eingangs-
pforte für die Mikroorganismen darstellen, ohne
daas eine für das blosse Auge sichtbare Krankheit
an ihnen vorhanden ist. Welcher Art die rheuma-
tiaohe Erkrankung ist, lässt sich noch nicht ent-
scheiden.
Peritonsilläre Entzündungen scheinen jedenfalls
nicht in Betracht zu kommen, sie werden auch
nicht duroh antirheumatische Heilmittel beeinflusst,
wie das snderereeits in manchen Fällen von par-
enchymatöser und lacunftrer Tonsillitis der Fall ist.
Es kann aber auch nach C h.'s Ansicht chroniBcher
Rheumatismus entzündliche Processe der Tonsillen,
des Pharynx und des Iiarynx hervorrufen, es künnen
akute Exacerbationen des chronischen und akuten
Rheumatismus durch eine akute Tonsillitis ein-
geleitet werden und diesen AnfUlen alle die Ver-
änderungen an Herz, Oelenken u. s. w. folgen, wie
wir sie bei irgend einer rheumatischen Affektion
vorfinden. Diese Veränderungen sind wahrschein-
lich, aber nicht mehr rheumatisch, sondern Folgen
anderer Toxinwirkung.
Thelberg (2) weist darauf hin, welche grosse
Rolle die Verdauungstärungen in der Pathogenese
der rheumatischen Affektionen spielen. Die Sym-
ptome der Vermehrung der Milchsäure und Ab-
nahme der Blutalkalescenz sind einfach als Folgen,
als Resultat gestörter Assimilation und Elimination
aufzufassen. Es wird dadurch die natürliche
Immunität des Körpers gegen bakterielle Einflüsse
sehr vermindert, das Nervensystem wird durch
Oifte geschädigt, und so lässt sich die Pathogenese
der rheumatischen Affektionen am besten mit Hülfe
der 3 hauptsächlichsten Theorien zusammen, der
auf Bakterien Wirkung beruhenden, derStofTwechsel-
theorie und der nervOsen erklären (Therapie siehe
noch Nr. 20).
Triboulet (3) berichtet über die in den ver-
schiedenen Ländern in den letzten 3 Jahren an-
gestellten bakteriologiiieken Untersuchungen über
akuten Oelenkrheumatismus und deutet daraufhin,
dass der von so verschiedenen Seiten mit Häufig-
keit, ja selbst regelmässig nachgewiesene Diplo-
streptococcus wohl derselbe ist, den er in den
Arbeiten vom Jahre 1897 beschrieben hat.
Auch Beaten und Walker (4) fanden ii^
254
V. lonere Medioin.
15 Fallen von akutem RheumaÜBmus, und zwar
hierunter 3inal bei Chorea und 4mal bei Endo-
karditis aouta theils in den Oelenkergüssen , im
Urin oder Blut intra Titam, theils post mortem im
Herzblut einen bestimmten Streptococcus. Sie
halten ihn fdr identisch mit den von Triboulet,
Wassermann, Paine und Pojnton, Meyer
u. A. nachgewiesenen Diplo-, bez. Streptokokken
und belegen ihn mit dem Namen „Micrococcus
rheumaticus". Er Iftsst sich leicht nach den ge-
wöhnlichen Methoden f&rben, gedeiht gut auch auf
stark alkalischen Nährböden, zeichnet sich dabei
durch energische Sfturebildung aus und scheint
sich in cultureller Hinsicht genau wie die gewöhn-
lichen pyogenen Streptokokken zu verhalten, unter-
scheidet sich jedoch von den letzteren specifisch
dadurch, dass er beim Marmorek 'sehen Versuch
in filtrirter Streptokokkenbrühe gut gedeiht Die
mit Glycerinagarculturen an Kaninchen vorgenom-
menen Versuche fielen positiv aus: grössere Dosen
wirkten mehr oder weniger schnell tödtlich, klei-
nere Dosen erzeugten seröse bis eiterige Gelenk-
entzündungen, und stets liess sich dann derselbe
Mikroorganismus wieder isoliren. Dem umstand,
dass die Oelenkexsudate oft auch eiteriger Art
waren, legen B. und W. keine grosse Bedeu-
tung bei.
Nach Stern (5) dagegen sind die bisherigen
bakteriologischen Ergebnisse nicht einwandfrei;
und die Theorien, die sich auf veränderte Alkales-
cenz des Blutes, auf Bildung pathologischer Mengen
von Milchsäure oder anderer Säuren u. s. w. stützen,
sind nicht als richtig anzuerkennen. Was die Be-
schaffenheit des Urins anbetrifft, so ist dessen am
meisten charakteristische Veränderung der ver-
minderte Oehält an Chloriden. Es ist dies als ein
positiv diagnostisches Zeichen verwerthbar: ein
Gelenkleiden, während dessen Fieberstadium die
Chloride in täglichen Mengen von 7 oder mehr
Gramm ausgeschieden werden, ist nicht als ein
rheumatisches anzusehen. Das Deficit der Chlo-
ride im Urin mag sich erklären lassen durch Zu-
rückhaltung im Blut und Ausscheidung in die
serösen Ergüsse. Die Frage nun, warum die ürin-
chloride nicht bei anderen Krankheiten vermindert
sind, z. B. bei der Pleuritis, bei der die Exsudatmenge
meist eine viel grössere ist, führt 8 1 zu der An-
nahme, dass beim Rheumatismus eine abnorm hohe
Durchlässigkeit des nicht-elastischen Gewebes der
serösen Häute oder Synovialmembranen vorhanden
sein müsse. Diese veränderte Durchlässigkeit oder
die Neigung dazu könne dem Ausbruch des Rheu-
matismus vorangehen oder gleichzeitig mit ihm
auftreten und werde hervorgerufen durch die Cal-
ciumsalze des Blutes, die in lockeren Eiweiss-
verbindungen im Blute vorhanden seien und sich
in Folge veränderter Zusammensetzung ausschieden,
in den Gelenkgeweben zeitweise ablagerten und
die Kittsubstanz des fibrösen Gewebes auflösten.
Durch letzteres könnten nun Körper, die sonst
durch die normale Membran gar nicht oder nur
schwer durohgangsfähig sind, hindurohtreten; unter
ihnen auch Fibrin, dessen Bildung seinerseits
wieder durch die Anwesenheit der Blut-Calcium-
salze begünstigt werde. Dieser Vorgang und die
zeitweilige Retention von abnormen Flüssigkdt-
mengen, Salzen und voluminösen Körpern, wie
Fibrin in den Synovialhöhlen, geben Veranlassung
zu allen den bekannten Erscheinungen des akuten
Gelenkrheumatismus, und S t sucht dieses im ffin-
zelnen darzulegen.
A Ilaria (6) berichtet über 3F&llevon akuiem
Odmkrheumaiismtu, die sich ganz besonders durdi
eontagiasen Charakter auszeichneten. Die Krank-
heit begann stets mit einer heftigen Angina ton-
sillaris und wurde von Fall zu Fall und ausserdem
noch auf 2 Pflegerinnen übertragen. In einem
4. Falle traten beständig mit dem Wiederaufflackem
einer Angina neue oder heftigere Gelenkersohm-
nungen auf. A. züchtete in seinen Fällen von den
erkrankten Tonsillen gewisse Strepto-Diplokokkeo,
die nach jeder Richtung hin sehr an diejenigen von
Meyer erinnerten und beim Thierversuch am
4. oder 5. Tage nach der Einimpfung seröse, spon-
tan abheilende Gelenkentzündungen hervorriefen.
A. glaubt daher an die Möglichkeit eines causalen
Zusammenhanges zwischen diesen Mikroorganis-
men und dem polyartikulären Rheumatismos.
W e b e r (7) giebt einen kurzen üeberblick über
die Symptomatologie und Differentialdiagnase des
akuten und subakuten Oelenkrheutnaiismus, Die
Arthr. gonorrh. acuta, die öfter monartikulär als
polyartikulär ist, reagirt nur dann auf Salicylate,
wenn sie, wie das allerdings manchmal vorkommt,
mit rheumatischer Arthritis vergesellschaftet ist
Die septische Arthritis ist gewöhnlich eiterig, die
sekundäre multiple Arthritis nach Infektionkrank-
heiten, die multiple Neuritis, die Osteomyelitis,
Knochennekrosen und Gicht mögen unter Umstän-
den manchmal dem Bilde des akuten Gelenkrheu-
matismus ähnlich sein, sind aber doch leicht von
ihm zu unterscheiden.
Dass auch eine tuberkulöse Gelenkerkran-
kung völlig einen akuten Gelenkrheumatismus
vortäuschen und differential-diagnostische Schwie-
rigkeiten bereiten kann, lehrt der Fall von Pon-
cet (8).
Ein 48jähr. FohrmanD, dessen Schwester an Tnber-
kolose gestorben war, der selbst im Allgemeineo immer
gesund gewesen, allerdings dem Tranke ergeben war,
erkrankte plötzlioh an Gelenkersoheinungen im Knie und
Fassgelenk, die zweifellos lüsakaterGelenkrhenmatismiis
aafgefasst werden mossten. Auffallend war nor, dass
die Salicylate gar keine Wirkong ausübten. Als Best
der Erkrankung blieb eine geringe schmerzlose Anschwel-
lung des Kniegelenkes zurück. Kaum 1 Jahr danadi
erkrankte Fat. unter ganz ähnUchen Erscheinungen. Die
anfönglich wiederum auf Polyarthr. acut, gestellte Dia-
gnose erwies sich jedoch als falsch, da die Oelenkerkrao-
kung sehr bald deutlich die Form einer Osteoarthritis
tubercul. annahm und auch durch Impfversache mit dem
Kniegelenks-Exsudat und durch Serumreaktion die tuber-
kulöse Natur der Erkrankung mit Sicherheit nachgewiesen
V. Innere Medioin.
265
wurde. Alsbald stellten sioh anoh Zeichen allgemeiDer
Tuberkulose, besoDders der LoDgen, ein.
Hess (9) verOffentliobt 2 Fälle von Venm-
ihrombase bei akutem Oelenkrheumatiamtu, die sioh
durch eine seltene Lokalisation der Thrombose,
duroh Eigrüfensein der grossen Hohlvenen aus-
zeichnen«
Während sich in dem einen Falle bei einem 32|jähr.
Arbeiter nach etwa 11 wöchigem Krankenlager das Bild
einer Venenthrombose an den Armen, sowie an der Vena
cava inf. nnd Vena iliac. common, einstellte and der Er.
trot2s schwerster Erscheinungen mit dem Leben davon-
kam, handelte es sich in dem zweiten, tödtlich endenden
Falle bei dem 25jähr. Fat um eine etwa 14 Tage nach
Beginn der Erkrankung deutlich in die Erscheinung tre-
tende Thrombose der Vena cava superior. Sie ging einher
mit eigenartigen Anfällen von Krämpfen mit Herz- und
Athmungstilistand , die in Hinsicht auf die deutliche
Yenenthrombose am Halse auf eine Betheiligung des
Vagus schliessen Hessen. Es konnte hier an den GefSss-
wänden und dem umgebenden Gewebe starke kleinzellige
Infiltration nachgewiesen werden.
Die Diskussion (10) über diejenigen chroni-
schen Qelenkerkrankungen, die man unter den
Ausdrücken ,^aniseher Jäwumaiismus'^, „Osteth
orikriM^ und ,,rhmmai\8ehe OiefU*' zusammenzu-
fassen pflegt, hat nicht viel Neues zu Tage ge-
fordert, und eine völlige Einigung bezüglich Auf-
fassung, Aetiologie und Klassificirung der einzelnen
Arthritisformen wurde nicht erzielt Oarrod (I)
beschreibt des Näheren die 2 bei Frauen Öfter als
bei Männern vorkommenden Typen, die „fusiforme'*
und die „noduläre'^ Arthritis. Er betrachtet die
erstere und die in ähnlicher Weise bei Kindern
vorkommende, mit Milz- und Drüsenschwellungen
einhergehende Form als zur rheumatoiden Arthritis
gehörig und hält sie für infektiöser Natur, während
er die noduläre Form, die sich namentlich bei
älteren Frauen einstellt, als eine Osteoarthritis, als
Dystrophie anspricht Irgend welche engeren Be-
ziehungen zwischen der fusiformen Arthritis, die
von Anfang an charakteristischen Verlauf hat, und
zwischen dem akuten Gelenkrheumatismus sind
eben so wenig festzustellen, wie etwa zwischen
der Osteoarthritis und der Gicht Die Therapie
ist bei der fusiformen Arthritis aussichtvoller als
bei der Osteoarthritis, und das Hauptgewicht ist
%a legen auf die Beseitigung aller den EOrper
schwächenden Einflüssa Es ist dieses ein Punkt,
der so ziemlich von allen an der Diskussion Be-
theiligten anerkannt wird: Mag man die von
Garrod gegebene Eintheilung billigen oder nicht,
mag man für die Einheit aller Arthritisformen ein-
treten, mag man der neuralen Theorie huldigen
oder der infektiösen, oder annehmen, dass dieselbe
Infektion verschiedene Formen der Arthritis hervor-
rufen und dieselbe Arthritis von verschiedenartigen
Infektionen stammen kann (IX), immer wird man
irgend eine Form der chronischen Arthritis nur
dann auftreten sehen, wenn der KOrper in Folge
irgend welcher schädlichen Einflüsse (Menorrhagien,
Dyspepsien, chronischer Eiterungen u. s. w.) her-
untergekommen ist
Latham(ll) tritt energisch für die neurale
Theorie der rheumatoiden Ärthriiis ein. Er ver-
weist auf die Antecedentien , wie besonders die
neuralgischen Schmerzen' und Parästhesien , und
auf die so früh eintretenden Muskelatrophien, die
den Qedanken, dass es sich um ähnliche Vorgänge
in der MeduUa spinalis wie bei der Einderlähmung
oder der Poliomyelitis ant chron. handele, nahe
legen. Er erinnert daran, dass nach Verletzungen
oder Krankheiten des Rückgrates oder Gehirns,
nach Wunden oder irgend welchen Verletzungen
der Nerven sich in den Gelenken entzündliche
Processe entwickeln kOnnen, die nicht von der
rheumatischen Arthritis zu unterscheiden sind,
und sieht vor Allem einen Hauptstützpunkt für
die Annahme des centralen Sitzes der Krank-
heit darin, dass die Anwendung von Ableitungs-
mitteln über der Medulla spinalis (Blutentziehungen,
Pflaster u. s. w.) in den frühen Stadien der rheu-
matoiden Arthritis sehr heilsam ist
Nach Jones (12) verdienen die Erscheinungen
seitens des Muskel- und Nervensystems bei rheu-
matoide Arthritis besonders in diagnostischer und
prognostischer Hinsicht ganz besondere Beachtung.
Schon früher ist festgestellt, dass bei diesem Lei-
den die Erregbarkeit gewisser Muskeln erhobt ist
J. konnte dies an über 100 Kranken bestätigen
und fand, dass dieses Symptom als eines der ersten
auftritt und zuletzt schwindet Am leichtesten
lässt sich eine Erhöhung der Reflexe nachweisen
bei asymmetrischer Erkrankung, so lange die noch
gesunde andere Seite zum Vergleich dienen kann.
J. fand stets die tiefen Reflexe der befallenen Seite
gesteigert, die oberflächlichen Reflexe dagegen
entweder abgeschwächt oder auch vermehrt Auf-
fallend ist die Beziehung zwischen den erkrankten
Gelenken und gewissen Reflexen : bei einer Gelenk-
affektion am 3. und 4. Finger z.B. ist eine Erhöhung
der Beugesehnenreflexe nachweisbar, andererseits
eine solche der Strecksehnenreflexe, wenn Gelenke
des 2. Fingers und Daumens in Mitleidenschaft
gezogen sind. Eine Erhöhung des Patellareflexes
tritt oft schon ein, ehe das Kniegelenk der be-
troffenen Seite wirklich nachweisbar erkrankt ist;
er kann so stark wie bei Sklerose gesteigert sein.
Ist auch nur ein KnOchelgelenk afficirt, so finden
wir an dieser Seite Herabsetzung des Plantar-
reflexes und mit diesem Symptom stets verbun-
den auch eine Herabsetzung des Glutäalreflexes,
sowie Hyperalgesie der Fusssohle, der Gesäss-
gegend und des Schenkels, flbrilläre Zuckungen
an den Gesässmuskeln und später ausgesprochene
Atrophie. Fussdonus ist beobachtet worden, Stei-
gerung der Bauchreflexe u. s. w., und nur in
äusserst seltenen Fällen kommt es bei rheuma-
toider Arthritis zum Schwinden der Reflexa J. ge-
denkt dann noch des so häufig dabei auftretenden
Plattfusses, der Störungen seitens der Blase und
des Darmes, der Bulbärsymptome, der Störungen
der Herz- und Reepirationnerven und derPupillar-
25«
V. Innere Uedidn.
refleze. Nach allem handelt es sich sich seiner
Ansicht nach bei rhenmatoider Arthritis nicht um
eine speciflsch-bacilläre Erkrankung, sondern um
das Einwirken irgend welcher Toxine (Autointoxi-
kation u. 8. w.) auf gewisse Segmente der Medulla
spinalis (besonders 1. und 2. Saoral- und 6. bis
8. ()ervikalsegment).
Die ,,Spondylo8e rbyzom61ique*' (Marie 'scher
Typus) ist nach May et und Jouto (13), die den
chronischen Wirbeüäuierheumaiisfnt^a besprechen
und sich über die Geschichte, Natur, Aetiologie
und die klinischen Formen, über die Symptome,
Prognose und Therapie auslassen, nicht als eine
besondere Krankheit für sich aufzufassen, sondern
als eine Form des chronischen Wirbelsäulerheuma-
tismus, der Arthritis chron. deformans. Sie hat
nichts mit derOicht oder der Polyarthritis rheumat.
zu thun, sondern ist eine Tropho-Neurose wahr-
scheinlich infektiösen Ursprungs, ausgehend Ton
den Spinalwurzeln.
Complikationen seitens der Gelenke nach Varp-
ceüm sind bisher nicht gerade häufig beobachtet
In dem Falle von Lacasse (14) handelte es sich
um eine monoartikuläre Streptokokkeneiterung.
Die VariceUm-Arthrüis pflegt erst nach Ablauf des
Eruptionstadium aufzutreten, ist meist polyarti-
kulär, entsteht entweder durch Allgemeininfektion
auf dem Blutwege oder durch Lokalinfektion auf
dem Lymphwege und kann sich zeigen in der
Form einer einfachen Arthralgie bis zu schwerer
eiteriger Strepto- oder Staphylokokken- Arthritis.
Die Prognose ist in jedem Falle wegen der drohen-
den Allgemeininfektion mit Vorsicht zu stellen.
Was die liieumokokkm^ Ärtkrüis anlangt, so
sah Raw (16) sie unter 817 Pneumonien 7mai
vor Ausbruch, während oder nach Ablauf der Pneu-
monie auftreten. Die Arthritiden waren in 6 Fällen
eitrig, 2mal serOs und sassen stets auf derselben
Seite wie die Pneumonie (rechtseitig). 3 Fälle
yerliefen tödtlich. Wenn hiemach die Pneumo-
kokken-Arthritis verhältnissmässig oft aufzutreten
scheint, so erklärt es sich wahrscheinlich dadurch,
dass unter den Pneumonikern sehr viele Alkoho-
listen sind.
Sonst ist die Affektion nach Herr ick (16),
der auch einige Fälle den schon veröffentlichten
hinzufügt und auf Grund von 52 Fällen ein Bild
des Leidens entwirft, wohl im Ganzen als eine
seltene zu betrachten. Sie tritt meist während
oder kurz nach der Pneumonie auf, kann aber auch
primär oder auch ganz für sich ohne Pneumonie
in die Erscheinung treten. Bevorzugt sind die
grösseren Gelenke (besouders das Knie) und haupt-
sächlich solche, die vorher schon durch Traumen,
Rheumatismus, Gicht oder dergleichen geschädigt
sind. Gewöhnlich ist die Arthritis monartikulär
(61.5^/o). Die Prognose ist ernst (660/« Sterblich-
keit) und die Therapie besteht bei eiterigem Er-
güsse in sofortiger Eröffnung und Drainage der
Gelenke; seröse Arthritiden können auch durch
Aspiration, Buhe und Gompressen zur Heilung ge-
bracht werden.
W i 1 d b o 1 z (17) bringt die Erankengeeohichte
einer älteren Dame, die an den klinischen Erschei-
nungen echter Gicht litt und als Residuen von
anscheinend fast typischen akuten Gichtaof&llen an
den Händen, besonders den Volarflächen der Finger,
an Ellenbogen und Füssen charakteristische Knoten
im Unterhautzellengewebe zurückbehielt, deren
Inhalt sich hier und da nach Geschwürbildung der
Haut über der betroffenen Stelle spontan entieärte
und als gelblichweisse, breiige, mit kleinen Con-
krementen untermischte Masse erwies. Dieser
Brei bestand zum grössten Theile aus Pho^phakn
und Oarbanaten; Harnsäure jedoch konnte in ihm
nicht nachgewiesen werden. W. glaubt, daaa es
sich wohl kaum um eine sekundäre Ablagerung
dieser Salze an Stelle der erst ausgeechiedenen
Harnsäure handeln könne, sondern vielmehr wohl
um eine primäre Ausscheidung, dass dann aber das
Erankheitbild nicht als (jKcht gedeutet werden kOnna
Was die Behandlung dee akuten Oelenk-
rheunuUiemua, dieser Krankheit, die wie jede andere
Infektionkrankheit als solche auch spontan abl&uft,
betrifft, so ist nach Thomson (18) zunächst in
Bücksicht auf die so häufig vorangehende Angina
(20 — 25<^/o) eine sorgfältige, möglichst früh zu
beginnende und Wochen lang fortzusetzende Spü-
lung des Bachens erforderlich (Davidson 'sdie
Spritze). Da sich in Folge von Störung der Funktion
der Hautnerven beim akuten Gelenkrheumatismus
stets eine abnorm hohe Empfindlichkeit der Haut
einstellt, soll man den Körper und besonders die
Herz- und Gelenkgegenden sorgAltig durch Flanell,
wollene Decken u. s. w. schützen, denn man könne
hierdurch besser als durch innere Mittel Complika-
tionen oder Bückfällen vorbeugen. Die Verdrän-
gung der Alkalien durch die Salicylate habe nur
ein vermehrtes Auftreten von Herzstörungen be-
günstigt, und wenn die Alkalien auch nicht als
Heilmittel gegen rheumatische Fieb» angesehen
werden könnten, so habe man in ihrer Anwendung
doch einen grossen Schutz gegen Herzerkrankungen.
Zusammen mit ihnen kämen vor allen Dingen Bett-
ruhe und Aconit in Betracht Die durch Toxib-
wirkung hervorgerufene Anämie bekämpfe man
nicht mit Eisen, sondern mit Leberthran. Eine
schablonenmässige Verabreichung der Salicjlale
sei zu verwerfen, zumal diese oft unangenehme
Wirkung auf das Herz entfalten, und er gebe den
Strontiumsalzen in gleichen Dosen den Vonrag.
Als Ersatz der mit manchen Nachtheilen ver-
knüpften gewöhnlichen heissenUmschläge empfteidt
Lindemann (19) seine Elektrotherm-Gompressen,
die eine allmähliche Zuführung der Eütze und räie
genaue Begulirbarkeit und Gonstanteriialtung der
Temperatur ermöglichen.
Spuller (20) erprobte das neue Salicylpräpaimt
Acetopyrin an einer Beihe von über 50 Fällen des
akuten und chronischen Gelenkrheumatismus, gab
VI. Geburtshülfe, Frauen- nnd Kinderheilkunde.
257
je nach der Schwere der Krankheitbilder 6 — 12 g
pro die in Einzeldosen von 1 g und kam zu dem
Urtheile, dass „das Acetopyrin als Antirheumati-
cum bezfiglich specifischer prompter Wirkung mit
den anderen Salioylpräparaten zumindest auf glei-
cher Stufe steht, und dass es fast nie die stOrenden
Nebenerscheinungen hervorruft, die mit der län-
geren Darreichung der übrigen gebräuchlichen
Salicylmittel in grösserem oder geringerem Maasse
verbunden sind^^
Nach T h eiber g (2) hat die Therapie bei den
rheumatischen Affektionen vor Allem eine Besei-
tigung der Magen - Darmstörungen anzustreben.
Kleine und öfter verabreichte Dosen von Calomel,
Alkalien und salinische Abführmittel in irgend
einer Form, Morphiuminjektionen, Eisblasen, even-
tuell Antipyretica und ausserdem vor Allem diä-
tetische, hygieinische und hydrotherapeutische
Maassnahmen haben Th. bessere Dienste gethan
als die Salicylate. Fleischdiät nach Abfall des
Fiebers hält T h. nicht für contraindicirt, sondern
für besonders werthvoU, doch muss sie rationell
zusammengesetzt sein.
Da nach Ransom's(21) Erfahrungen bei der
Oieht die Harnsäure nicht als materia morbi an-
gesehen werden kann und man sich vorläufig ein-
fach mit der Thatsache begnügen muss, dass man
es mit einer Stoffwechselkrankheit zu thun hat, so
behandelt man sie als solche im subakuten und
chronischen Stadium auch am besten nach den
allgemein erprobten hygieinischen Grundsätzen,
und zwar lässt sich dies am erfolgreichsten an
Badeorten durchführen. Die Wasserbehandlung
muss individuell angepasst sein, die Bäder sollen
stimulirend wirken und dürfen nicht durch Wärme-
entziehung und Herabsetzung der vitalen Energie
den Kranken schwächen. B. setzt auseinander,
wie die Bäder in Richfield verordnet werden.
Auch Trinkkuren sind von Nutzen, insofern die in
den Mineralwässern enthaltenen Salze eine Ver-
mehrung der weissen Blutkörperchen herbeiführen
und dadurch günstig auf den allgemeinen Stoff-
wechsel wirken. Die Kost soll im Allgemeinen
gemischt, einfach und nahrhaft sein. Die Kohle-
hydrate sind nur bei grosser Fettleibigkeit zurück-
zusetzen. Dazu sind im üebrigen körperliche Be-
wegung im Freien (am besten in trockener, massig
hochgelegener Gegend) anzurathen oder als Ersatz
Massage und Widerstandbewegungen und bei den
chron. Gelenkaffektionen ausserdem heiss- kalte
Duschen, Heissluftbehandlung oder dergleichen.
Walther Voigt (Oeynhausen).
VI. Geburt8haife, Frauen- und Kinderhellkunde.
440. Bin FiUl von doppelter angeborener
Cyste der Vagina; von Dr. M. Con. (Revista
de Chir. XVII. 8. 9. p. 416. 1903.)
Die 41jähr. Fat, die das Krankenhaus wegen Oebär-
matterblatangen anfauchte, bot eine nussgrosse Cyste des
linken Labium minus und eine ähnliche im linken, hinteren
Scheidengewölbe, in der Höhe des äusseren Muttermundes.
Beide waren länglichrund, fluktuirend, schmerzlos und
konnten leioht enucleirt werden. Bei Entfernung der
oberen Cyste riss das Peritonaeum des Douglas'sohen
Raumes leioht ein und es musste drainirt werden, doch
erfolgte glatte Heilung und der Verlauf war fieberlos.
Der Inhalt beider Cysten war dick , fadenziehend , un-
durchsichtig und von gelblichweisser Farbe.
Mehrfache Vaginalcysten (2 — 6) sind im All-
gemeinen selten ; in manchen Fällen erscheinen sie
miteinander verbunden, in anderen ist ein mehr
oder weniger grosser Zwischenraum vorhanden.
Immer findet man sie in einer Linie, die von aussen
nach innen und von oben nach unten gerichtet ist,
was aus ihrem Ursprünge zu erklären ist, da die
meisten Vaginalcysten aus dem Oärtner'schen
Oange, sehr wenige aus einem MöUer'schen, mit
der Vagina nicht verschmolzenen Qange, gebildet
werden. E. T o f f (Braila).
441. Prolapaoperationen, insbesondere die
W« A« Freund'sohe Einnähong des UteroB-
fondos in die Scheide; von J. Klein. (Beitr.
z. Geburteh. u. OynÄkol. VHI. 1. p. 134. 1903.)
EL berichtet über die von Freund jun. ge-
handhabte operative Prolapsbehandlung. Bei
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft 3.
jugendlichen Frauen mit geringem Descensus und
geringer Gystooele : klassische Eolporrhaphia an-
terior und Eolpoperinaeoplastik nach W. A. Freund
oder H e g a r. Bei Cystocele und Rectocele höheren
Qrades: Eolpocystopexie und Eolpoproktopexie.
Bei Oreisinnen oder auch bei älteren auf denCoitus
verzichtenden Frauen : plastische Verwendung des
durch einen Vertikalschnitt im Douglas'schen Räume
in die Scheide gestürzten Uterus, der an die vorn
und hinten ovalär angefrischte Scheide angenäht
wird (nicht zu tief I). Diese Operation wurde seit-
her lOmal ausgeführt Bericht über die Fälle.
Stets tadellose Heilung und ausgezeichneter un-
mittelbarer Erfolg. Gutes subjektives und objek-
tives Dauerresultat in 9 Fällen bei ärztlicher Nach-
untersuchung 5 Monate bis 2 Jahre post operationem.
Becidiv in 1 Falle, in dem es sich um einen für
diese Operation ungeeigneten grossen myomatOsen
Dterus handelte. EurtEamann (Berlin).
442. Myom und SterUität; von Dr. L.
Austerlitz. (Prag. med. Wchnschr. XXVIII.
23. 24. 1903.)
Von 1891 — 1900 wurden in der Prager Frauen-
klinik 5217 Eranke behandelt, darunter waren 339
an Myom Erkrankte. Von den 3920 Verheiratheten
hatten 302 Myome, von den 1297 Ledigen 37.
Von den 3618 verheiratheten Frauen, die nicht
wegen Myom in Behandlung waren, hatten 342 =
9.45^/o nie am rechtzeitigen Schwangerschaftende
83
258
VI. QebnrtBhfilfe, Frauen- und Kinderheillninde.
geboren und 228 = 6.3<^/o nieconcipirt Von den
302 verheiratheten Myomkranken hatten dagegen
80 => 26.49<^/0 kein ausgetragenes Kind geboren
und 67 = 22.18<^/o überhaupt niemals oonoipirt.
In den von A. gegebenen Zahlen bestehen zwi-
sohen dem Procentsatze der primären und der sekun-
dären Sterilität der allgemeinen Statistik und dem-
jenigen unter den MyomföUen so grosse Unter-
schiede, dass A. nicht mehr blosse Zufälligkeiten,
sondern einen gewissen Zusammenhang zwischen
Myom und Sterilität annimmt.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
443. Bin in dieDeoidaa eingebettetes und
mit den Eihäuten ausgestossenes Fibromyom ;
von Dr. Carlos Knoop. (MOnchn. med. Wo-
chenschr. L. 21. 1903.)
Viertgebärende; nach normaler Gebnrt eines leben-
den kräftigen Kindes wnrde unter leichter Nachhülfe
nach Orede die Placenta sammt Eihäuten ansgestossen.
In der Wand der Eihäute, 17 cm vom Plaoentarande
entfernt, sass an den Eihäuten eine taubeneigrosse,
massig derbe, ovoide Oeschwolst. Es handelte sich um
ein junges, wohl sicher erst in der Schwangerschaft ent-
standenes Fibromyom. Als Entstehnngsort des Tumor
nimmt K. Fasern an, die aus dem Massiv der Uterus-
muskulatur hervortretend in die unteren Schleimhaut-
schichten einstrahlen. Arth. Hoffmann (Darmstadt).
444. Tibroid tnmoor of the utema with
oanoer; by Oalabin. (Transact. of the obst
Soc. of London XLII. p. 102. 1903.)
Bericht über einen Fall von Myoma uteri mit Car-
cinom, eine Combination, die leider gar nicht so selten
ist, wie von vielen Seiten noch immer angenommen wird.
Auch hier war der 50jähr., seit 10 Jahren an einem
grossen Myom mit Menorrhagien und zuletzt Metror-
rhagien leidenden Pat. von einer „Autorität*^ von der
Operation abgerathen worden, da die nahebevorstehende
Menopause die Störungen beheben werde. G., der wegen
der häufigen Combination in dem Myom eine Prädispo-
sition zu Carcinom erblickt, vermuthete Carcinom und
exsürpirte den Tumor. Das Myom war central verkalkt.
In der unteren Hälfte des Uteruscavum sass ein vom
Endometrium in das Myom eindringendes Cylinderzellen-
carcinom. Nach gutem primären Erfolge starb die Kr.
4 Monate später an Metastasen und Ascites.
EurtEamann (Berlin).
445. Die abdominale totale Hysterektomie
wegen Uteroaflbrom ; von Prof. Th. Jonescu.
(ßevista de Chir. VII. 3. p. 101. 1903.)
J. hat diese Operation seit dem Jahie 1896 zu
üben begonnen und seine Statistik erstreckt sich
auf 68 Fälle mit 55 Heilungen und 13 Todesfällen.
Im Anfange waren die Todesfälle häufig, während
heute mit verbesserter Technik die abdominale
Hysterektomie als eine wenig gefahrdrohende Ope-
ration anzusehen ist. So starb im Jahre 1902
unter den 15 Operirten nur eine, und zwar an
Pneumonie. Die meisten Todesfalle erfolgten
früher in Folge von parenchymatösen oder arte-
riellen postoperativen Blutungen. Dieser Umstand
ist beseitigt seit J. die präventive Unterbindung
der Artt. hypogastricae vornimmt Die Drainirung
wird Bubperitonäal vorgenommen, und J. achtet
darauf, keine unbedeckten, blutenden Flächen zu-
rückzulassen. In manchen Fällen wurde das Blasen-
peritonaeum an das hintere Blatt des Ligamentum
latum angenäht, in anderen Fällen das Beokencolon
und das Mesocolon benutzt, um die Bauchhöhle
vom Becken abzuschliessen, indem man dieselben
an das Peritonaeum der Beckengruben und der
Blase annähte. Die Unterbindungen wurden mit
Gatgut Nr. 0 oder 00 vorgenommen. Wenn irgend
möglich, wurden beide Ovarien, oder wenigstens
eines in situ belassen. E. T o f f (Braila).
446. Die totale abdominale Hysterektomie
wegen Uteroaflbrom ; von Dr. Racoviceanu.
(RevisU de Chir. VII. 3. p. 97. 1903.)
Wenn der Tumor gross ist, wenn er Verwach-
sungen mit Blase und Mastdarm aufweist, wenn
auch die Anhänge erkrankt, also meist eiterig ver-
ändert sind, ist der beste Weg zur Entfernung der
abdominale, indem man die totale oder subtotale
Hysterektomie vornimmt. Bei grossen blutenden
Flächen, namentlich wenn die Blase oder das Rectum
angewachsen waren, ist das Drainiren durch die
Vagina, oder das Drainiren durch die Bauchwunde
und durch die Vagina vorzuziehen.
Kleinere oder nicht adhärente Fibrome sind
mit Vortheil auf vaginalem Wege zu entfernen.
Für gestielte Tumoren ist die Laparotomie vor-
zuziehen, da man sie oft allein entfernen und die
möglicher Weise noch funktiontüchtige Gebärmutter
erhalten kann. £. T o f f (Braila):
447. Drei Fälle von Uteraasarkom ; von Dr.
Wilhelm Evelt. (Münchn. med. Wchnschr. L
33. 1903.)
Unter 122 von G. Klein in seiner Privat-
praxis und 17 in der Poliklinik zu München ope-
rirten Uterusmyomen fanden sich bei genauersr
Untersuchung 3 Sarkome. Diese Fälle betrafen
Frauen im Alter von 68, 42 und 30 Jahren; für
alle Fälle nimmt E. die Entwickelung aus gut-
artigen Myomen an. Die eine Pat starb 8 Monate
nach der Operation an Metastasen, die 2. Pat war
nach ^/i Jahren noch recidivfrei, die 3. Pat ist erst
vor Kurzem operirt worden.
E. theilt die einzelnen Krankengeschichten mit
und stellt zum Schlüsse die Forderung auf, Myome,
speciell bei nachweisbarem raschen Wachsthum,
frühzeitig zu operiren.
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
448. Bin Fall Ton Bndothelioma uteri ; ron
0. Silberberg. (Arch. f. GynäkoL LXVtt 2.
p. 467. 1902.)
Eine 64jähr. Frau hatte seit einiger Zeit Ausfluss,
der seit 2 Tagen blutig war. Aus dem um's Doppelte
vergrösserten Uterus wurden durch Curettement reich-
liche markige Massen entfernt 16 Tage später wnrde
ein aus dem Muttermunde pilzförmig herausgewachsoDer
bereits enteneigrosser Tumor entfernt Der dringeode
Bath zur Totalexstirpation wurde von der Pat nicht
befolgt.
YL Geburtshülfe, Frauen- und Einderheilkunde.
259
Die derbe, ziemlich glatte Qeschwalst bestand aus
einer straffen dunkeln l^Eindzone und einer weichen,
helleren Masse mit verkalkten Einschlüssen. Mikro-
skopisch stellte sie sich als ein Angioendotheliom dar mit
allen dieser Oescbwulstart eigenen Varietäten : Endothel-
proliferation an den Gefassen, in den Saftspalten zwischen
den Bindegewebezügen sich ausbreitende Tumorzellen-
züge, Oeschwulstzeflen, die nach Art der Perithelioroe
auf nur durch fein verzweigte elastische Fasern ange-
deuteten, alten Oefässwänden aufsitzen, amyloide und
besonders hyaline Degeneration mit eingelagerten Kalk-
conkrementen. EurtEamann (Berlin).
449. Ueber Endothelioma oervioiB uteri;
von Dr. Th. Eirchgessner in Würzburg.
(Ztschr. f. Qeburtsh. u. Gynftkol. XLIX. 2. p. 197.
1903.)
Yon den 10 bekannt gewordenen Fällen von
Endothelioma uteri war nach E. in 4 das Corpus
uteri der Sitz der Neubildung, in den übrigen ent-
sprang die Geschwulst der Cervix uteri.
E. berichtet nun über eine eigene, bei einer 34jähr.
Drittgebärenden gemachte Beobachtung. Im oberen Theile
der Vagina sass das gut wallnussgrosse, polypöse Gebilde
Yon unregelmässiger, höckeriger Oberfläche; es ging breit
in die vordere Muttermundslippe über, die hintere Lippe
war intakt, der Uterus nicht vergrössert Vaginale Total-
exstirpation. 4 Tage nach der Operation Tod in Folge
von diffuser eiteriger Peritonitis. E. giebt eine genaue
Beschreibung des mikroskopischen Befundes des Tumor.
Da als Matrix des Tumor die Wandung der Saftspalten
und Lymphcapillaren aufzufassen war, weil weder an
den grösseren Lymph gefassen, noch in der Blutbahn sich
Wucherungsprocesse der Intimazellen abspielten, da
femer weder ein Carcinom und noch weit weniger ein
Sarkom im vorliegenden Falle in Frage kam, hält E. die
Diagnose eines Endothelioma lymphatioum cervicis uteri
für hinreichend gerechtfertigt
E. stellt zum Schlüsse die wichtigsten Punkte,
die sich aus seiner eigenen Beobachtung und den
Beobachtungen der anderen Autoren ergeben, im
Folgenden zusammen:
„1) Die Cervixendotheliome scheinen eine be-
stimmte Altersklasse nicht zu bevorzugen, -wie dies
schon Gebhard früher hervorgehoben hat. Es
ist zwar auffällig, dass ältere Personen, wie man
es doch eigentlich erwarten sollte, bis jetzt von
derartigen Geschwülsten nicht betroffen wurden,
sondern zumeist jugendliche Personen und solche
mittleren Alters. Es ist jedoch die Anzahl der
bisher veröffentlichten Fälle zu gering, um in dieser
Hinsicht bestimmte Schlüsse zu ziehen. 2) Diese
Endotheliome treten auf sowohl bei Nulliparis, als
bei Mehrgebärenden. 3) Die klinischen Symptome
sind die eines Cervixcarcinoms, bestehend in Aus-
fluss und Blutungen. Die Oestalt der Oeschwülste
ist meist knollig ; ihre Gonsistenz ist verschieden.
Es vermag, soweit man es bis jetzt beurtheilen
kann, nur der Mikroskopiker die Diagnose eines
Endothelioma zu stellen. 4) Von Recidiven wird
bei keinem Fall berichtet Borst hebt jedoch be-
sonders hervor, dass die Endotheliome eine aus-
gesprochene Neigungen lokalen Recidiven besässen.
5) Da nun den Endotheliomen ein langsames
Wachsthum und eine beschränkte Metastasirungs-
fähigkeit zukommt, so wird, sobald mit dem Mikro-
skop die Diagnose eines Endothelioma cervicis ge-
stellt ist, als therapeutischer Eingriff wohl nur die
Radikaloperation in Frage kommen.^^
Arth. Ho ff mann (Darmstadt).
450. Beiträge sam Stndiam des QebSr-
mutterkrebsea und dessen ohirargisehe Be-
handlang; von Dr. Constantin Pisca. (Inaug.-
Diss. Bukarest 1903.)
Der Oebärmutterkrebs ist in der ersten Zeit
seines Bestehens eine umschriebene Erankheit und
folglich der chirurgischen Behandlung zugänglich.
Diese kann vollkommene Heilungen geben, so lange
der Erebs begrenzt ist, während später nur ein
palliatives Vorgehen möglich ist um die Opera-
tion radikal auszuführen, müssen nicht nur der kreb-
sige Tumor entfernt werden, sondern gleichzeitig
auch alle Gewebe und Wege, auf denen er sich
hätte weiter verbreiten können, wie z. B. das Becken-
zellengewebe, das Zellengewebe der Blutgefässe,
die lymphatischen Beckenganglien und die unteren
Lumbalganglien. Ein derartiger Eingriff kann nur
auf abdominalem Wege ausgeführt werden, so dass
die abdominale, totale Hysterektomie mit dem
Evidement der ileo-lumbo-pelvinen Gegend als
die einzige radikale und rationelle Operation des
begrenzten Gebärmutterkrebses zu betrachten ist.
Jeder andere Eingriff muss als unvollständig be-
zeichnet werden. B. T o f f (Braila).
451. Ueber den suprasymphysärenFasoien-
qnersohnitt nach Pfannenstiel ; von C. Menge.
(Mon..Schr. f. Geburtsh. u. GynäkoL XVII. 6.
p. 1259. 1903.)
M. empfiehlt auf Grund von 32 von ihm aus-
geführten Operationen den Schnitt nach Pfannen-
stiel, der zunächst kosmetisch dem Vertikal-
schnitte überlegen ist, indem er meist von den
Pubes später verdeckt wird. Aber auch abgesehen
davon ist die Narbe unauffälliger, da der verbrei-
ternde Einfluss der elastischen Bauchhautfasern
wegfällt und eine Neigung sowohl zu callöser
Verdickung, als auch zu Pigmentbildung hier
nicht zu bestehen scheint Ferner ist bei prima
intentio ein vollkommener Schutz gegen Hernien-
bildung gegeben. Diese ist aber möglich bei Eite-
rung; und zwar nicht, wie Pfannenstiel an-
nimmt, nur beim Fascientode, sondern auch ohne
diesen an der Ereuzungstelle der Schnittwunden.
Die Eiterungen sind nach den seitherigen Ver-
öffentlichungen beim Querschnitte anscheinend
häufiger, während M. keine erlebte. In der Des-
infektionweise weicht er von vielen Operateuren
ab ; er wäscht die mit heissem Wasser aufgequollene
Haut mit Sublimat- oder Sublaminlösung vor der
Bearbeitung mit Alkohol, der die Epidermiszellen
dichter zusammenschliesst, und imprägnirt die
Hände dann mit Paraffinxylollösung , die einen,
allerdings nicht vollkommenen üeberzug darstellt,
vor Allem aber das Eindringen von Operation-
flQssigkeiten verhindert Bei der Operation wird
260
VL Qeburtshülf e, Fraueu- und Kinderheilkunde.
trockene Aseptik geübt Das Operationpersonal
trügt sterile Mundschleier. Von geringerer Bedeu-
tung wie die objektive Aseptik ist für die Wund-
heilung die Natur etwaiger überfliessender Ent-
zündungsprodukte. Geruchloser Eiter ist im All-
gemeinen ungefährlich, gefährlich sind nur Darm-
inhalt, Jauche und der ftusserst seltene virulente
Streptokokken- oder Staphylokokkeneiter. üebri-
gens können die Bauchwundrftnder durch breite
Specula und speciell der Fascienlappen durch Hoch-
nähen und Bedecken mit Servietten vor Entzün-
dungsflüssigkeiten und Händen geschützt werden.
Als Nahtmaterial dient Krön ig 's Cumolcatgut,
kein unresorbirbares Material. Völlige Bluttrocken-
heit ist von grOsstem Werthe. Das Peritonaeum
wird fortlaufend, die MM. recti werden durch
Knopfnähte und die Fascia wieder fortlaufend ver-
näht ohne Mitfassen der Muskulatur. Vor der
eventuell subepithelial gelegten Hautnaht wird
noch die oberflächliche Fascie oder das subcutane
Fettgewebe fortlaufend vereint zur Verhütung die
prima reunio stOrender subcutaner Hämatome.
Keine Drainage der Wunde. Gaze- Watte -Heft-
pflasterverband.
Der Douglas'sche Raum ist beim Pfannen-
stiel'sehen Schnitte nicht immer ganz frei zu
übersehen, dafür aber ausgezeichnet der anteuterine
und die seitlichen Theile der Beckenhöhle. Das
ist besonders bequem für die bei fixirten Lagever-
änderungen des Uterus und im Anschlüsse an
Adnexoperationen regelmässig ausgeführte intra-
peritonäale Verkürzung derLig. rotunda, durch die
der Uterus aus dem Adhäsiongebiete herausgehoben
wird.
Wegen der geschilderten Vorzüge istder Fascien-
schnitt eine Concurrenz - Operation des Vertikal-
schnittes. Die Kolpotomie kann mit dem Fascien-
Bchnitte nicht concurriren, denn nur beim abdomi-
nalen Operiren kann man immer die Grenzen des
Eingriffes richtiger nach oben und nach unten ab-
stecken, einmal radikaler, oft aber auch conser-
vativer vorgehen wie von der Scheide aus. Zudem
ist conservatives Operiren und Kolpotomiren nur
schwer mit einander vereinbar. Ist die Erhaltung
des Uterus von vornherein nicht wünschenswerth,
dann besteht die Kolpotomie zu Recht, sonst aber
vor Allem bei geschlechtreifen Patientinnen der
Fascienschnitt.
Künftig wird M. auch gegebenen Falls den
hohen Fascienquerschnitt ausführen bei Uterus-
myomen und Ovarialcysten. Seine Anwendbarkeit
beim Uteruscarcinom und bei grösseren soliden
Neoplasmen der Beckenorgane bleibt noch un-
erörtert; bei vorgeschrittenen Extrauteringravidi-
täten kommt er nicht in Betracht.
Kurt Kamann (Berlin).
462. Aseptisoher Dilatator für die Gervix
uteri mit aaswechselbarem Laminariaatift in
anakoohbarer Hülle; von Dr. Benno Müller
in Hamburg. (Münchn. med. Wchnschr. L. 21.
1903.)
Da Laminana nicht sterilisirbar ist, legt M. den an
seiner Aussenfläche mit Längsriefen versehenen Stift in
eine ausgekochte Gummihülle ein. Diese steht mit einem
kleinen Gummiballon in Verbindung, der mit warmem
Wasser prall gefüllt ist, so dass durch die zusammen-
ziehende Kraft des Gummiballons das Wasser durch einen
Hahn zum Laminariastifte getrieben wird. Zar Fixirang
des Apparates dient ein mit Zwinge versebenes Hodge-
Pessar (Abbildung). Der gesetzlich geschützte Apparat
ist von M. zu beziehen (Hamburg, Esplanade 40 p. L).
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
453. Bin einfacher praktischer Uteraa-
Dilatator ; von Dr. K r u 1 1 in Dresden. (Münchn.
med. Wchnschr. L. 21. 1903.)
Die Vorzüge des E.'schen Dilatators (Abbildungen)
sind einfache Construktion, Leichtigkeit und Billigkeit
E.'s Dilatator vereinigt dabei zwei Instrumente: einen
dreiarmigen Dilatator mit gekrümmten Schenkeln und
einen achtarmigen mit geraden Schenkeln. Die einzelnen
Arme werden durch einen Conus auseinander getrieben.
Das Instrument wird in der königl. Frauenklinik in Dres-
den benutzt und ist für den Preis von 60 Mk. zu beziehen
durch ÄfUon Bürger in Dresden, Wettinerstrasse.
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
454. Beitrag aar Fabiotomie naoh GHgU;
von Dr. P. Bau mm in Breslau. (Mon.-Schr. f.
Geburtsh. u.Gynäkol. XVII. 5. p. 632. Mai 1903.)
Auf die Empfehlung des Schambeinschnittes
durch Gigli und Yan de Yelde hin hat B. die
Operation vorgenommen. In beiden Fallen war
die typische Indikation zum Schamfugenschnitte
vorhanden. Die Blutung war bei dem seitlichen
Schnitte stärker als bei dem Schnitte in der Mittel-
ÜDie. Die Gigli 'sehe Drahtsäge wurde mit einem
S-förmig gebogenen männlichen Katheter durch-
geführt. Nach der glatten Durchsägung des Kno-
chens klaffte das Becken mehrere Finger breit aus-
einander. Entbindung in beiden Fällen bei hin-
terer ScheitelbeineinstelluDg mit der Zange. Beide
Kinder lebten.
Beide Male war die Scheide geplatzt, im
2. Falle auch die Harnblase angerissen. Die Weich-
theilhöhlenwunde war eben so gross wie beim
Schamfugenschnitte ; die Verhältnisse liegen aber
nach B.'s Ansicht insofern ungOnstiger, als in diese
Wundhohle nicht zwei blutarme Knorpel, sondern
zwei blutreiche Knochenstücke ragen. Beide Frauen
starben an Sepsis, eine hatte allerdings eine starke
Anämie in Folge starker Blutung nach der Gebart
(manuelle Lösung der Nachgeburt, Tamponade der
Gebärmutter).
B. wird in Zukunft beim Schamfugenschnitte
bleiben. J. Praeger (Chemnitz).
455. Gebartahülfliche Baritäten ; ?oq Dr.
Hildebrandt in Lüneburg. (Münchn. med. Wo-
chenschr. L. 21. 1903.)
1) H. sprengte bei einer gewaltsamen Zangenextrak-
tion einer Erstgebärenden die Bympkysenknorpel; die
Schambeine wichen 2*querfingerbreit auseinander. Wider
alles Erwarten trat unter einfachem Handtuch verbände
Heilung ein, so dass die Wöchnerin naoh 6 — 7 Wochen
das Bett verlassen konnte.
VI. Geburtahülfe, Frauea- und Kluderheilkunde.
261
2) Bei Reposition der vorgefalleDen Nabelsobnur war
Luft in den Uterus gelangt. Beim Anlegen der Zange
war ein deutlicher Schrei des Kindes zu hören. Vagütia
intrauterinus. Das 4800 g schwere Kind wurde stark
asphyktisoh geboren, aber bald zum Schreien gebracht
Ar th. Hoff mann (Darmstadt).
456. Bin Fall Ton Vagitas nterinos; von
Dr. Wilh. Braune in Herborn. (Hünohn. med.
Wchnschr. L. 21. 1903.)
Bei einer 42jähr., im 7. Schwangerschaftmonate ste-
henden Vierzehntgebärenden führte B. wegen Querlage
bei noch stehender Blase die Wendung aus. Im Augen-
blicke der Sprengung der sehr widerstandsföhigen Blase
und des Eingehens der Hand gegen den Kopf zu war ein
deutlicher kurzer Kinderschrei zu hören. Das extrahirte
asphyktische Kind schrie bald kräftig, starb aber bereits
nach einigen Stunden ebenso wie früher seine 13 Ge-
schwister. Arth. Hoffmann (Darmstadt).
457. üeberBiesenwuoha bei Neugeborenen
nnd über den Partus aerotinna; von Dr. H.
Fuchs. (Münohn. med. Wchnsohr. L. 33. 34.
1003.)
F. hat während einer 5jährigen Assistenten-
thfttigkeit an der Kieler Klinik 2mal Früchte von
ganz enormer Entwickelung beobachtet, und zwar
bei ein und derselben Mutter.
Frau M., 31 Jahre alt, hatte 6mal und stets grosse
Kinder geboren. Letzte Menstruation am 18. Febr. 1900,
erste Kindesbewegungen Anfang October, Wehenbeginn
am 18. Febr. 1901. Wegen Wehenschwäche bei beweg-
lichem Kopfe Wendung auf den Fuss, sehr schwierige
Extraktion und Armlösung. Männhches Kind, sterbend
geboren, von 6100 g Gewicht und 60 cm Länge. 8. Ent-
bindung: Letzte Menstruation am 1.— 7. Oci 1901, erste
Kindesbewegung am 9. Febr. 1902. Extraktion (mit der
Zange) eines macerirten männlichen Kindes von 7550g
Gewicht und 65 cm Länge.
Bei der Behandlung der Qeburt von Riesen-
kindern erw&hnt F. für abgestorbene Früchte die
Verkleinerung des Diameter biacromialis durch die
Kleidotomia Prophylaktisch kommen die künst-
liche Frühgeburt und die Brünninghausen-
Prochownick 'sehe Diätkur in Betracht.
Für die Provinz Schleswig- Holstein kann F.
die grosse Seltenheit des Riesenwuchses, wie sie
▼. Winckel (Jahrbb. CCLXXI. p. 168 u. CCLXXV.
p. 113) fand, nicht bestätigen, unter 2200 kli-
nischen Geburten waren 185 Kinder von 4000 bis
5870 g Qewicht — 8.31^/o, bei der erwähnten Ge-
wichtüberschreitung wurden 1.82mal so vielKnaben
als Mädchen geboren. Der Einfluss der mütter-
lichen kräftigen Constitution wurde in 166 Fällen
von 178 Fällen constatirt. Ebenso hält F. den
Einfluss des ^pos de la möre^ für die Entstehung
des Riesenwuchses für gesichert, unter 201 Ge-
bärenden, deren Kinder 4000 g und mehr wogen,
hat F. bei nicht weniger als 24 eine Schwanger-
scbaftdauer festgestellt, die 308—341 Tage be-
trug. Eine über 10 Kinder im Gewichte von
4500—5090 g von F. aufgestellte Tabelle ergiebt,
dass mit steigendem Gewichte die Verlängerung
der Gravidität über die normale Zeit ätiologisch
schon hüher eingeschätzt werden muss, denn unter
den 30 Früchten von 4500 g und mehr Gewicht
sind es 10, deren intrauterines Leben, selbst wenn
man die äussersten Zahlen für den terminus a quo
ansetzt, auf 303 — 340 Tage zu berechnen ist.
F. berechnet für die Kieler Klinik, dass auf 100 Ge-
burten schon eine zu erwarten ist, bei der es sich
bei Ueberschreitung des Fötalgewichts von 4000 g
um eine Spätgeburt mit 303 — 341 Tagen Schwan-
gerschaftdauer handelt.
Die bisher gültige Annahme, dass Spätgeburten
zu den grOssten Seltenheiten gehören, ist nach F.'s
Ansicht durch das vorliegende Zahlenmaterial der
Leipziger, Marburger, Kieler und München-Dres-
dener Kliniken als widerlegt zu betrachten. Die
Forderung, die engen Grenzen des § 1717 des
Bürgerlichen Gesetzbuches etwa dahin zu erwei-
tem, dass bei besonders grossen Fruchtbefunden
der Beweis für Verlängerung der Schwangerschaft
durch sachverständige Begutachtung zulässig wird,
scheint F. ernster Erwägung werth.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
458. Zur Zwilling-Statistik und-Diagnoae;
von Dr. Paul Seegert. (Ztschr. f. Geburtsh. u.
Gynäkol. XLIX. 2. p. 206. 1903.)
Von 1890—1902, also in 13 Jahren, wurden
in Olshausen's Klinik unter 15977 Geburten
233 Zwillingsgeburten — 1.456^0 beobachtet
200 Zwillingsgeburten waren vom 8. Monate auf-
wärts, 33 vom 8. Monate abwärts. Vor der Geburt
wurde die Diagnose Zwillinge 101 mal gestellt
= 43.3»/o; in 94 Fällen — 40.3«/o nicht vor der
Geburt des ersten Kindes; in 38 Fällen ist dies
nach der Geburtgeschichte nicht zu entscheiden.
In 214 Fällen sind die Geschlechtverhälbisse
beider Kinder genau bezeichnet. 144mal waren
die Kinder gleichen Geschlechts — 67.3<>/o, davon
75mal Knaben — 52^0, 69mal Mädchen *» 480/o.
70mal waren die Kinder verschiedenen Geschlechts
B= 32.7®/o. Von 65 männlichen Zwillingspaaren
waren 27 eineiig -»41.5*/o, 38 zweieiig = 58.5®/o.
Von 56 weiblichen ZwiUingspaaren waren 20
eineiig ■=» 35.7%, 36 zweieiig ■=» 64.3*/«.
Operationen wurden bei 97 Zwillingsgeburten^
nothwendig — 41.6<^/o. In 14 Fällen <» 6^« be-
stand als Complikation Hydramnios. Den Schluss
bildet eine Zusammenstellung der verschiedenen
Zeichen. S. stellt deren 13 auf, auf Grund deren
in den 101 Fällen die Diagnose „Zwillinge" vor
der Geburt gestellt wurde.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
459. A oase of foetal aaoltea ; by T. W.
Eden. (Transact. of the obstetr. Soc. of London
XLII. p. 45. 1903.)
Der EDtwickeluDg eines maoerirten Smonatigen Kin-
des durch Extraktion amFuss setzte sich trotz genügender
Erweitemng des Mattermundee ein unüberwindlicher
Widerstand entgegen. Alle Fasszangen rissen mit Ge-
webefetzen aus. Das Hinderniss bildete ein beträchtlicher
fötaler Ascites, nach dessen Entleerung durch Incision
(2—3 Quart dünner gelber Flüssigkeit) die Extraktion
rasch von Statten ging. Die adhärente Placenta wurdQ
262
VI. Qeburtshülfe, Frauen- und Einderheilkunde.
mit der Hand gelöst Die kindliohe Bauchhöhle war
enorm ausgedehnt; keinerlei Zeichen einer Peritonitis.
Harnblflse massig ausgedehnt. Blasenhais für Sonde un-
durcbgttDgig; Herz, Leber mit Yen. port, Nieren und
Üretereo ohne AbweichuDgeu, abgesehen vonMaceration.
Die Ursache des fötalen Ascites war in diesem Falle
dunkel. Peritonitis ganz ausgeschlosseo, für Lues kei-
nerlei Anzeichen bei den Eltern.
EurtEamann (Berlin).
460. Speoimen of foetus thoraoopagns ; by
A. Routh. (Transact. of the obstetr. Soc. of
London XLIL 1. p. 29. 1900.)
Bei der manuellen Entwickelang der Schultern des
ersten Eindes (wegen Gyanose des spontan geborenen
Eopfes) fand der Oeburthelfer die Hände des zweiten
Eindes. Bei der weiteren Entwickelung wurde erst die
Verwachsung der beiden Früchte erkannt. Der Eopf des
zweiten Eindes war tief in die Brust des ersten ein-
gepresst. Die Geburt erfolgte vollends unter manuellem
Zug, wobei beide Früchte abstarben. Die gemeinsame
Placenta wurde manuell gelöst
Die weiblichen, fast gleichmässig entwickelten Früchte
waren an der Vorderflache des Eörpers durch Verschmel-
zung der Rippen verwachsen. Unterhalb des gemein-
samen Nabels bestand eine Ectopia visoerum. Eine ein-
zige Brusthöhle barg 4 atelek tatische Lungen je in eigener.
Pleurahöhle und in einem Perikardialsack 2 vollständige,
an der Basis durch einen soliden Strang vereinigte Herzen.
In der gemeinsamen Bauchhöhle fanden sich 2, an ihrem
hinteren Rand verwachsene Lebern. Von dem doppelt
vorhandenen Magen ging je ein Duodenum ab, das sich
mit dem der Gegenseite zu einem rechtwinklig abzwei-
genden Jejunum vereinte. Dieses endete in Form eines
ansehnlichen Sackes, von dem wieder jederseits ein Ileum
seinen Uraprung nahm. Der Dickdarm, die Milz, die
Nieren, die Genitalien waren in gewöhnlicher Weise vor-
handen. EurtEamann (Berlin).
461. Zwei Fälle Ton Thoraoopagns tetra-
braohlQB ; von K. K a m a n d. (Arch. f. Oyn&koL
LXVIIL 3. p. 661. 1903.) Autorreferat
E. schildert eingehend den Geburtverlauf und
den anatomischen Befund zweier auffallend gleicher
Doppelmissbildungen. Bei beiden handelt es sich
um einen Thoracopagus tetrabrachius weiblichen
Oeschlechts, im ersten Falle um von einer Zweit-
geb&renden ausgetragene, im zweiten um von einer
Erstgebärenden frühzeitig geborene, dem 8. Schwan-
gerschaftmonate entsprechende Früchte. Die an-
amnestische Forschung nach Zwillingen oder Miss-
bildungen in der näheren und weiteren Familie fiel
negativ aus. Die Diagnose auf Doppelmissbildung
wurde in beiden Fällen erst während der Geburt
gestellt Beide Male starben die Einder erst sub
partu ab.
Der Geburtmechanismus wurde beide Male nur
durch einfache manuelle Nachhülfe unterstützt.
In dem ersten Falle wurde das eine Eind bis
zu den Schultern in Gesichtslage geboren und nach
mehrmaligem Ziehen an den Schultern schliesslich
durch starkes Pressen spontan ausgestossen ; das
andere Eind erschien ebenfalls spontan in Fuss-
lage, die Submentalgegend stemmte sich gegen den
oberen Symphysenrand an.
In dem zweiten Falle stellten sich beide Früchte
zugleich in vollkommener Fusslage ein. Die Ent-
wickelang erfolgte leicht unter Zug von unten und
Druck von oben.
Die im einzelnen Falle annähernd gleichmässig
entwickelten FOten sind bis auf einen überzähligen
Daumen frei von Deformitäten und zeigen in den
äusseren Formen und im Situs visoerum grosse
üebereinstimmung. Beide Male betrifft die Ver-
wachsung die Brust und den Oberbauch.
Beide Male findet sich eine Brust- und eine
Bauchhöhle. Erstere birgt hier wie dort je zwei
getrennte Pleurahöhlen mit atelektatischen Lungen
und eine gemeinsame PerikardialhOhle, die zwei
im ersten Falle ausgedehnt, im anderen nur ganz
umschrieben verwachsene Herzen enthält Der
Bauchsitus ist beide Male auffallend übereinstim-
mend. Beide Male sind Magen und Duodenum
einerseits, Ileum und Dickdarm andererseits paarig
angelegt, während nur ein Jejunum I-fÖrmig zwi-
schen die paarig angelegten Darmkanalabschnitte
eingeschaltet ist Beide Male besteht nur eine
gemeinsame grosse Leber, während Milz, Pankreas,
Nieren mit Nebennieren und die Genitalien getrennt
in gewühnlicher Weise entwickelt sind. Es be-
steht kein Situs inversus, nur das Goecum mit dem
Processus vermiformis findet sich bei beiden linken
Früchten in deren linker Eörperhälfte. In beiden
Fällen bestand nur eine Nabelschnur und eine
Placenta. Die Nabelschnurinsertion war im zwei-
ten Falle velamentOs-marginal; es bestand hier
auch Hydramnion.
462. Zar Aetiologie angeborener Klamp-
f&sse und Qelenkoontraktnren ; von Keller.
(Arch. f. Gynäkol. LXVIL 2. p. 477. 1902.)
Eine Gravida mit starkem Hydramnion, das anfanss
des 6. Monates entstanden sein sollte, vnirde mittus
Kolpearyse und Wendung entbunden. Beim Hemoter-
ziehen des Fasses mit geringer Gewalt hatte K. das Ge-
fühl, als ob das Bein im Hüftgelenk aosreisse. Da die
untersuchende Hand eine ausg^ehnte 'Weiohtheilxerreis-
sung feststellte, wurde nicht eztrahirt Spontangeburt
nach 7 Stunden. Das frischtodte, 45 cm lange Kind
zeigte linkseitigen Elumpfuss und fast aUgemeine be-
trächtliche Gelenkcontrakturen, bez. Gelenksteifig^dten.
Ausserdem bestanden über den beiden äusseren Epi-
condyl^n des Oberarms je eine linsengrosse, runde, glän-
zende Druckmarke, wo die Haut papierdünn und dem
Knochen adhärent war. K. erklärt sämmtliche Ver-
änderungen durch Druck seitens der Uteruswand« und
zwar zu einer Zeit, wo noch sehr wenig Fruchtwasser
bestand. Das sekundär zugetretene Hydramnion ver-
mochte keinen Ausgleich der intrauterinen Belastnngs-
deformitäten mehr zu bewirken, dadielnaktivitätatrophie
bereits zu fortgeschritten war.
Kurt Kamann (Berlin).
463. üeber Todeanraaohen bei Neugebo-
renen während und gleich nach der Geburt
mitBüokaioht auf ihreforenaiBoheBedeatong;
von M. Hofmeier. (Münchn. med. Wehnschr.
L. 35. 1903.)
H. berichtet über 3 Fälle von unerwartetem
und zunächst unerklärtem Tode bei scheinbar ganz
gesunden und kräftig entwickelten Kindern gleidi
nach oder kurz vor der Geburt
VIL Chirurgie, Augen- und OhrenheiUnincle.
263
Der erste Fall betraf ein niohtasphyktisch geborenes,
lebhaft schreiendes Kind von 3800 g, dessen Athmung
einige Minuten nach der Geburt oberflächlich wurde und
das nach Vt Stunde starb. Der makroskopische Sektion-
befnnd ergab keine Erklärung des Todes. Mikroskopisch
wurde Degeneration der Herzmuskulainr gefunden; in
den Lungen zeigten sich zum Theil interstitielle, das
Zwisohengewebe zwischen den Alveolen ausfüllende und
verbreiternde Wucherungen des Bindegewebes und das
Epithel der Alveolen war zum Theil desquamirt Die
Leberzellen wiesen zum Theil trübe Schwellung auf, in
der Leber femer theilweise Bindegewebeentwiokelung.
Im zweiten Falle waren die Herztöne 10 Minuten vor
der Geburt noch regelmässig zu hören gewesen, trotzdem
wurde das 2800 g schwere Kind todt geboren und war
Dicht wiederzubeleben. Makroskopisch Todesursache
nicht aufzufinden. Mikroskopisch wurde fettige Degene-
ration der Herzmuskulatur gefunden, Septa der Lungen-
alveolen stark verdickt, in der Leber interlobuläre Herde
mit Infiltration, in derPlacenta endo- und periartehitische
Processe.
Im dritten Falle handelte es sich ebenfalls um fettige
Degeneration der Herzmuskulatur, die Placenta hatte
jedoch ausser bedeutender Hypertrophie derDecidua und
starker Gefässfüllung keine Veränderung aufzuweisen.
H. hebt die forensisohe Bedeutung der mit-
getheilten Beobachtungen hervor und weist auf die
Wichtigkeit des anatomischen Plaoentabefundes
fflr die Erklärung der Todesursache in derartigen
Fällen hin. Arth. Hoffmann (Darmstadt).
464. Diffaae meningeal haemorrhage in
infuit alter normal laboar; by W. Sikes.
(Traneact of the obstetr. Soo. of London XLII. p. 44.
1903.)
Ein von einer Erstgebärenden nach 24stündigen
Wehen spontan in Schädellage scheintodt geborenes Kind
bekam an demselben Abend Krämpfe in Armen und
Beinen, besonders linkerseits. Am nächsten Morgen all-
gemeine Convulsionen und Tod. Die Sektion ergab spär-
hche Verknöcherung des Hirnschädels, PergamenÜcnochen,
Blutungen in die Ropfschwarte, die Hirnhäute und auf
der ganzen Himoberfläohe. Keine sonstigen Blutungen '
in den Eingeweiden. Belegfall für das Zustandekommen
meningeaier Blutungen in Folge verminderter Wider-
standsfähigkeit von Pergamentknochen gegen den Druck
selbst eines normalen Geburtsaktes.
Kurt Kamann (Berlin).
465. Morts BUBpectea de deux jeanes en-
fantfl preaentant de Phypertrophie da thymus ;
par le Prof. Perrin de la Touche. (Ann.
d'Hyg. publ. 3. S. L. 1. p. 48. 1903.)
Der Vf. berichtet über den Sektionbefund bei 2 Säug-
lingen, die unter verdächtigen umständen verstorben
waren. Sie hatten mit ihren Müttern in demselben Bett
gelegen und waren früh todt aufgefunden worden. Vf.
fand bei dem einen Kinde eine Capillärbronchitis, bei dem
anderen Katarrh und Oedem der Lungen, bei beiden eine
ausserordentlich grosse Thymus. Er sieht die Todes-
ursache vornehmlich in der LungenafFektion, räumt aber
der Thymushypertrophie einen gewissen Einfluss auf die
Schnelligkeit des Todes ein. Die Fälle von Thymustod
müssen sehr sorgfältig (auch mikroskopisch) auf eine
etwa vorhandene Lungeniiffektion hin untersucht werden.
Brückner (Dresden).
466. Ueber variköse Erweiterung der Hirn-
•inuB bei einem Kind mit oongenitalem Defekt
im Hersventrikelseptam ; von Dr. Geis sie r.
(Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F. V. 6. p. 667. 1902.)
lV4Jähr. Mädchen. Von Oeburt an stark durch-
scheinende Adern an der Kopfhaut. Hydrocephalus
massigen Grades. Varikös erweiterte Kopfvenen. Eerz-
dämpfung nach links verbreitert, nach oben bis zur
2. Rippe reichend. Ueber dem ganzen Herzen ein systo-
lisches Geräusch, unerwarteter Tod nach 2tägiger Krank-
heit Sektion : Angeborener Defekt im vorderen oberen
Theile des Septum ventriculorum. Enorme concentrische
Hypertrophie des rechten Vorhofes und Ventrikels, Dop-
pelseitige Bronchopneumonie. Starke Erweiterung der
Venae jugul. commun. und externae, aller Venen des be-
haarten Schädels und der Stirn, der Hirnsinus, besonders
des Sinus transversus, longitudinalis und rectus, sowie
der Vena Galeni. G. nimmt eine angeborene Schwäche
im Bau der Venenwände an. Brückner (Dresden).
VII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
467. Ueber Myooflis fangoides ; von Dr. H.
G e b e 1 e. (Beitr. z. klin. Chir. XXX VUL 2. p. 530.
1903.)
Ueber die Pathogenese der ^fyeasia fungaides
ist trotz aller eingehenden Untersuchungen bis zum
beatigen Tage keine volle Aufkl&rung erreicht.
G. berichtet aus der v. Anger er 'sehen Klinik
über einen 53j&hr. Er. mit zahlreichen bl&ulich-
rothen, knotigen Infiltraten und einem grosseren
ulcerirten Tnmor der linken Schaltergegend. Dieser
recidivirte nach der Ssstirpation und führte durch
Metastasen zum Tbde. 0. giebt einen genauen
histologischen Befund ; die bakteriologische Unter-
suchung ergab nichts.
„Die multiple Schwellung der Lymphdrüsen,
dieOligoohromämie, die schwere Alteration des All-
gemeinbefindens, speciell die hochgradige Kachexie,
die in unserem Falle zu constatiren war, weisen
darauf hin, dass die Mycosis fangoides nicht als
Haut-, sondern als JUgemeinerkrankung aufgefasst
werden muss, die sich zuerst und hauptsächlich
im Hautorgan lokalisirt Die Deutung der Mycosis
fungoides als infektiöse chronische Erkrankung
liegt nahe, muss aber bei der Erfolglosigkeit der
Versuche, die etwaigen Infektionskeime nachzu-
weisen, noch dahingestellt bleiben.^^
P. Wagner (Leipzig).
468. Die Drüsenkrankheit von Barbadoes ;
von Dr. H. Gross. (Arch. f. klin. Chir. LXXI. 2.
p. 472. 1903.)
Die noch jetzt auf den Antillen heimische
Drüsenkrankheit entwickelt sich meist im 2., bez.
3. Jahrzehnt, anscheinend hftufiger bei M&nnem,
als bei Frauen. Oft ganz zufällig, bei Gelegenheit
schwerer körperlicher Anstrengungen, bemerken
erstere, letztere bei der Menstruation oder Gravi-
ditAt, dass ihre Leistendrüsen, fast stets werden
beide Seiten befallen, angeschwollen sind. Die
Vergrösserung schreitet allmählich fort : die Drüsen
werden varikOs, d. h. eine Lymphangiektasie ihrer
Sinus verwandelt sie unter Schwund der foUiku-
264
Vn. Chirurgie, Augen- imd Ohrenheükinide.
lären Elemente in ein System Ton Hohlräumen,
die mehr und mehr mit einander in Communikation
treten. Sobald die einzelnen Drilsen etwa Wall-
nna»- bis ApfelgrGsse erreicht haben, vereinigen
sie sich, erst zu einer poly-, dann monocystischen
Geschwulst, die bisweilen noch durch Septen und
einzelne flottirende Stränge die Entstehung aus
Lymphdrfisen erkennen lässt Von den Leisten-
bengen aus wandert der Prooess, unter V^rmit-
telung der interglandulären Oeßsse und Stämme,
die ihrerseits eine entsprechende Dilatation er-
fahren, oentralwärts , ergreift zuerst den Strom-
bezirk der Trunci lumbales und geht dann Aber
das Receptaculum chyli hinaus auf das Gebiet des
Thoracicus über. Bei der, jedoch sehr seltenen,
„genoaUsirten Form" finden sich vahkGse DrQsen-
tumoren auch am Halse, in den Achseln u. s. w.
Die Erkrankung kann, namentlich in höherem
Alter, yollständig sich zurfickbilden ; die Tumoren
verschwinden. Eine Anzahl Kranker fällt den Er-
nährungstOrungen zum Opfer, die überhaupt eine
charakteristische Folgeerscheinung der Erkrankung
sind. Die skeletartige Abmagerung mit dem Bilde
schwerster Kachexie und dem tGdtlicben Ausgange
ist indessen weit seltener, als leichtere Verdanung-
st5rungen mit Schwankungen im Körpergewicht,
Magen- und Darmbeschwerden, Widerwillen gegen
bestimmte Speisen u. s. w.
Eine weitere gefährliche Gomplikation wird
durch die Etablirung von Lympbfisteln (profuse
Lymphorrhagie) auf der Kuppe der Drüsencysten
geschaffen ; durch Infektion von aussen her erfolgt
eine Vereiterung des ganzen Lymphsystems. Von
erysipelatösen Schüben, bald in mehr circumscrip-
ter Form auf eine erkrankte Drflsengruppe sich
beschränkend, bald über das ganze Lymphsystem
dahinziehend, wird fast kein Kranker verschont.
Die Ursache der Drüsenkrankheit ist dieFilaria.
Im Gegensatze zu der Auffassung Manson's,
der die „varicose groin glands" als Wirkung der
durch Fllaria bedingten Verstopfung der grossen
Lymphstämme, speciell des Thoracicus, und durch
sie hervorgerufene Lymphstauung ansprach, neigt
die Ansicht der westindischen, wie auch der fran-
zösischen Aerzte dahin, dass die Filaria, bez. ihre
Embryonen durch die Haut in die Leistendrüsen
eindringen und hier durch Entfachung einer
Lymphangiektasie der Drüsensinus den varikösen
Zustand herbeiführen. Von diesem Gesichtspunkte
aus ist die Operation mehrfach ausgeführt wor-
den in der Absicht, durch Exstirpation der
Leistendrüsen als Herd der Krankheit letztere zu
heilen.
Die Drüsenkrankheit kommt in einheimischer,
d. h. nicht durch Filaria bedingter Form auch bei
uns vor. Gr. hat im Ganzen 6 hierhergehörige
Fälle beobachten können.
Gr. glaubt, in der „Driisenkrankheit von Barbar
doe^*, ihrem tropischen, wie einheimischen Typus,
eine der klinisch wichtigsten Formen der in ihrem
Bilde so mannigfachen lymphangiektatischen Pro-
oesse übwhaupt erblicken zu dürfen und vermuthet,
dass ihre genetische Klarstellung uns in Stand
setxen wird, manche noch ungelöste Fragen eines
der dunkelsten Gapitel der chirurgischen Pathologie
zu beantworten. P. Wagner (Leipzig).
469. Zur Therapie der Sarkome der langen
Röhrenknochen; von Dr. K. Vogel. (Deutsche
Ztschr. f. Chir. LXX. 1 u. 2. p. 1. 1903.)
Was die Therapie der Sarkome der langen
Röhrenknochen anlangt, so herrscht so ziemlich
allseitige Uebereinstimmung nur in Bezug auf eine
Form der Sarkome, nämlich die sogen. sdiaUgen
RiemnxeUenearkame: bei diesen begntlgt sich die
heutige Chirurgie meist mit dem möglichst conser-
vativen Eingriffe. Die eigentlich bösartigen Sar-
kome, die kiemxeUigen Rund- und S^nndeizeUen-
sarkome sind dagegen vielleicht dasjenige Leiden,
dessen Prognose durch alle Fortschritte sowohl der
pathologischen Anatomie, als der chirurgischen
Technik bis jetzt am wenigsten hat verbessert
werden können. Die bei Weitem überwiegende
Anzahl aller dieser Gliedersarkome wird mit sofor-
tiger Absetzung des Gliedes behandelt Vor einigen
Jahren hat nun v. Mikuliczan Stelle der prin-
dpiellen sofortigen Exartikulation und Amputation
die natürlich auf geeignete Fälle zu beschränkende
BBsekiion des Tumor und seiner nächsten Umgebung
bis in das gesunde Gewebe aus der Continuität,
also mit Erhaltung des peripheriewärts vom Tumor
gelegenen Gliedtheiles empfohlen und diesen Rath
durch sehr beweiskräftige Gründe gestützt
Den bisher durch Buekiian OeheiÜen schliesst
Vf. eine weitere Beobachtung aus der Schede'-
schen Klinik an.
Bei dem 34jähr. Ejt. handelte es sich um einen sowohl
pathologisch-aDatomisch, wie klinisch dnrchaos bösartigen
Tamor (Rundxellenaarkom vom Charakter des Otandrth
myxosarkoms) der linken Schalter, der schon einmal
recht radikal exstirpirt worden war. Schede machte
von Neuem eine ausgedehnte Resektion desHumerus, der
Clariktäa und Seapula, Heilung; der Er. ist jetzt
4 Jahre ohne Reeidie und Metastasen.
In der Epikrise hebt Vf. mehrmals hervor, dass
man in geeignet eraeheinenden Fallen von Glieder-
sarkomen mehr als bisher das oonservative Ver-
fahren in Erwägung ziehen möchte. Bei Sarkomm
der Beine ist natürlich Voraussetzung, dass das
resecirte Glied in guter Gonsolidation ausheilt
,,Je näher ein Tumor an die Grenze, die von Natur
für die Operation gesteckt ist, Becken- und Sohulter-
gürtel, heranrückt, desto mehr nähert sich die Be-
sektion, was ihre Werthigkeit als Radikaloperation
betrifft, der Exartikulation und um so schwerer
fallen dann ihre anderen Vorzüge gegenüber jener
in's Gewicht, vor Allem die grössere Bereitwillig-
keit des Patienten zur Operation und der grosse,
sowohl funktionelle, als kosmetische Vortheü, den
eine auch nur theilweise erhaltene Extremität vor
der besten Protheee bietet ^^
P. Wagner (Leipzig).
VIT. Ohimrgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
265
470. Zur Besektion der Obersohenkel-
diaphyoe bei malignen Tumoren; von Dr.
Borchard. (Arch. f. klin. Chir. LXXI. 3. p. 746.
1903.)
B. behohtet über eine 23jähr. Er., die im Alter von
15 JahrsD eine allmähliche Anschwellnog des linken
Oberschenkels und Kürzerwerden des Beines bemerkt
hatte, y, Jahr vor der Aufnahme erlitt sie eine Spontan-
fraktur in der Oeschwulst. Beim Biossiegen erwies sich
der Tumor als von einer oft allerdings bis papierdünnen
Schale umgeben und gegen die Umgebung vollkommen
abgekapselt. Es wurde die Resektion im Gesunden vor-
genommen und dadurch 26 cm aus der Continuität des
Oberschenkels entfernt (ca. 4 — 6 cm unterhalb des Tro-
chanters). Der ausserordentlich atrophische, mit sehr
fetthaltigem Marke gefüllte Knochen wurde mit Silber-
draht vereinigt Wenn auch die Wundheilung ohne Be-
sonderheiten verlief, so begann die knöcherne Vereinigung
doch erst nach 4 Monaten und war nach 5Vt Monaten
vollendet Nach 7 Monaten konnte Fat gehen, li/t Jahre
nach der Operation ging die Fat. mit einem Stocke sehr
gut; sie trägt einen Schuh mit erhöhter Sohle. Die an-
fangs viel zu langen Muskeln haben sich funktionell voll-
komroen angepasst, so dass die Kr. das Bein völlig strecken
und beugen kann. Das Resultat ist also ein nahezu nor-
mal funktionirendes, nur verkürztes Bein.
Pathologisch-anatomisch erwiea sich die Qe-
Bchwulst als myelogenes Osteosarkom. Der sehr
chronische Verlauf, sowie das mikroskopische Ver-
halten der Oeschwulst rechtfertigte die conservative
Operation. Von einer Dauerheilung kann natür-
lich noch nicht gesprochen werden.
F. W a g n e r (Leipaig).
471. üeber die Bedeutung der Enorpel-
bildnng nach Fraktur; von Dr. Matsuoka.
(Deutsche Ztschr. f. Chir. LXX. 1 u. 2. p. 13.
1903.)
Das Vorkommen de^Knorpelgeivebes bei Fraktur-
heüung ist schon lange von Vielen beobachtet wor-
den; doch bis jetzt finden wir keine bestimmte
OesetzmAsaigkeit seines Vorkommens. Nach den
experimentellen Untersuchungen M.'s erscheint die
Enorpelbildung fast immer im Anfangstadium der
Frakturheilung ; sie findet sich im äusseren Periost-
callus, aber nicht an bestimmten Stellen. Bei
Fixation, bez. Verbandanlegen verschwindet das
Knorpelgewebe etwas früher. Wenn man die
Bruohenden genau aneinander fügt und so erhält,
kann man Calluabildung ohne Knorpelzone er-
zeugen. Die Bewegung der Bruchstückchen selbst
ist keine direkte Ursache der Knorpelbildung.
P. Wagner (Leipzig).
472. Zur Behandlung schwerer Formen
▼on FseudarthrosiB. Ein Beitrag zur Behandlung
der sog. intrauterinen Frakturen des Unterschenkels;
von Dr. P. Reich el. (Arch. f. klin. Chir. LXXI.
3. p. 639. 1903.)
Zu den Fällen von Pseudarihrose, die oft aller
Mühe spotten, weil trotz sorgfältigster Operation
und Nachbehandlung jede Callusbildung ausbleibt,
gehCrt ein Theil der sog. intrauterinen Frakturen
des ühiersdienkels, deren R in den letzten 6 Jahren
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft 3.
3 zu behandeln hatta Hier versagten alle bis-
her bekannten Behandlungsmethoden. Die binde-
gewebige Zwischenmasse zwischen den Bruch-
stücken wurde excidirt, die Bruchenden wurden
angefrischt und durch Naht vereinigt; das eine
Bruchende wurde ausgehöhlt, das zugespitzte andere
in die Hohlkehle eingefügt; beide Bruchstücke
wurden einige Centimeter weit längs gespalten und
in den Spalt eine dem anderen Schienbein entnom-
mene 7cm lange Knochenspange eingeklemmt;
eine aus dem Tibiakopf der gleichen Seite aus-
gemeisselte Periostknochenplatte wurde brücken-
fSrmig über beide Bruchstücke hinweggelagert;
das Resultat war stets das gleiche: es kam zu
keiner festen knöchernen Consolidation , die im-
plantirten Knochenspangen verfielen trotz asep-
tischer Wundheilung der Resorption, Callusbildung
blieb an der Bruchstelle vollständig aus.
Im 1. Falle, bei einem znr Zeit der Aufnahme 9-,
jetzt ISjähr. Knaben, besteht noch heate ausgeprägte
abnorme Beweglichkeit
Im 2. Falle, bei einem damals 8-, jetzt 12jähr. Mäd-
chen, wurde schliesslich nach mehrfachen Operationen
und mehrjähriger Nachbehandlang eine leidliche Festig-
keit erzielt, so dass sich abnorme Beweglichkeit heute
nicht mehr mit Sicherheit nachweisen lässt; doch hat
sich ein Theil der alten Dislokation wieder hergestellt
und eine gewisse Schmerzhaffcigkeit an der Bruchstelle
bei Prüfung auf abnorme Beweglichkeit lässt schliessen,
dass knöcherne Consolidation auoh jetzt noch nicht ein-
getreten ist.
In seinem 3. Falle schritt R. daher, nachdem der
zweimalige Versuch, durch Einpflanzung einer der anderen
Tibia entnommenen Knochenspange in die län^sgespal-
tenen Bruchstücke die Pseudarthrose zur Heilung zu
bringen, fehlgeschlagen war, zur Transplantation eines
gestielten Hautperiostknochenlappens des linken Schien-
beines in den Defekt der rechten Tibia. Vorher fügte er
ein 4 cm langes Elfenbeinstäbchen zwischen Periost und
Knochen der Bruchstücke der Fibula, das falsche Gelenk
überbrückend, ein. Der überpflanzte Hautperiostknochen-
lappen wurde sorgfältig durch Periost- xmd Hautnähte
auf den Bruchstücken der Tibia fizirt und durch einen
beide Beine umfassenden Gipsverband unverrückt in
seiner neuen Lage erhalten. Nach 3 Wochen wurde der
Hautstiel beim ersten Verbandwechsel durchtrennt : der
Lappen war aseptisch eingeheilt. Das bei der ersten
Operation 3 Jahre, jetzt 6 Jahre alte Kind lief 1 Jahr
nach der letzten Operation ohne jede Stütze schnell und
sicher, nur in Folge von Verkürzung des kranken Bein-
chens leicht hinkend. Die Pseudarthrose war in guter
Stellung der Bruchstücke zur Heilung gekommen. Radio-
graphisch zeigte sich, dass der überpflanzte Knochen
knöchern mit beiden Bruchstücken verwachsen war, dass
von dem mit überpflanzten Periost eine Knochenneubildung
stattgefunden hatte, dass hingegen an der Bruchstelle
der Fibula, um das implantirte Elfenbeinstäbchen herum,
nicht eine Spur von knöchernem Callus sich gebildet
hatte.
Soweit B.'8 Literaturkenntniss reicht, ist in
gleicher Weise die Heilung einer Pseudarthrose
oder eines Knochendefektee noch nicht versucht
worden. Bedingungen einee günstigen Erfolges
sind aseptischer Wund verlauf, genügend lange
Immobilisirung, bis ee zur organischen Verwach-
sung des überpflanzten Knochens mit den Bruch-
stücken des defekten Sjiochens gekommen ist
P. Wagner (Leipzig).
34
266
Vn. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
473. Zur CasuiBtik der tragf&higen Unter-
Bohenkelstümpfe ; YonDr. Amberger. (Münchn.
med. Wchnschr. L. 22. 1903.)
A. empfiehlt auf Qrund der Erfahrungen in
der Behn 'sehen Abtheilung des Frankfurter
Krankenhauses die Anwendung des Bier 'sehen
und Bunge 'sehen Verfahrens zur Erzielung trag-
fähiger Amputationstümpfe.
Das funktionelle Besultat war mit Ausnahme
von 2 F&llen stets ein gutes, 3mal kam es zur
Ausstossung oder LoslGsung des Knochendeckels,
die jedoch das Endresultat nicht beeinträchtigte.
A. will die Bier 'sehe Methode auf die Fälle be-
schränkt wissen, in denen eine glatte Heilung zu
erwarten ist Muss man auf einen Schluss der
Weichtheilwunde verzichten, so empfiehlt sich die
Anwendung des Bunge 'sehen Verfahrens (Aus-
lOfPelung des Knochenmarks und Durchtrennung
des Periosts in der Höhe der Knochensftgeflftohe),
das 3mal ausgeführt wurde und nie einen Miss-
erfolg gehabt hat F. K r u m m (Karlsruhe).
474. üeber Beckenhooblagemng and ihre
Gefahren; von Dr. P. Kraske. (Arch. f. klin.
Chir. LXXI. 2. p. 453. 1903.)
Die BeekenhoMagerung kann unter besonderen
Umständen üble ZufftUe und Qefahren mit sich
bringen. Bei einem kranken, durch degenerative
Veränderungen geschwächten Herzmuskel kann
sie durch Ueberfüllung des Herzens und durch den
hohen Druck der Blutsäule der Cava inf. zu einer
akuten irreparablen Dilatation des Herzens führen.
In solchen Fällen wird K r. künftig auf die Vor-
theile der Beckenhochlagerung lieber ganz ver-
zichten.
Bei Menschen mit grossem Fettreichthum des
Netzes, des Mesenterium und der Appendices epi-
ploicae kann es zu unerwünscht starker und blei-
bender Verlagerung der Eingeweide und zu einem
Verschlusse des Darmes kommen. Möglicherweise
führen auch unter solchen Umständen die Becken-
hochlagerung und der Druck der schweren Ein-
geweide gegen die Unterfläche der Leber zu Stau-
ungen in der Pfortader und ihren Wurzeln und zu
Stauungen und Hämmorrhagien in der Magen-
schleimhaut Ein Theil der mehrfach beobach-
teten, nach Operationen zu Stande gekommenen
Magenblutungen findet hierdurch seine Erklärung.
Bei sehr corpulenten Menschen wird K r. deshalb
in Zukunft die Beckenhochlagerung auf eine mög-
lichst kurze Dauer beschränken und jedenfalls nach
vollendeter Operation durch eine erhöhte Rücken-
lage der Kranken und durch Vermeidung sehr
fester, den Bauch stark comprimirender Verbände
die Rüoklagerung der dislocirten Eingeweide zu
unterstützen suchen.
Ueberhaupt wird es sich in jedem Falle em-
pfehlen, die Beckenhochlagerung keinen Augen-
blick länger dauern zu lassen, als es der Zweck
unbedingt erfordert. Im Uebrigen aber ist und
bleibt die Beokenhochlagerung ein unschätzbares
Hülfsmittel für zahlreiche Operationen an den
Becken- und Bauchorganen.
P. Wagner (Leipzig).
475. Beiträge anm Stadium der Behand-
lung der Abdominalwanden; von Dr. Oerota.
(Revista de Chir. VU. 10. p. 465. 1903.)
G. ist Anhftnger des aktiven Vorgehens in allen
FAllen von Bauchwunden, gleichviel, ob die Peri-
tonäalhShle eröffnet ist oder nicht. Ist die Wunde
nicht penetrirend, so wird sie gereinigt, eventuell
erweitert, einfach verbunden oder genftht, je nach
den Umständen, während bei penetrirenden, das
heisst, das Peritonaeum verletzenden Wunden, un-
bedingt die Laparotomie vorzunehmen ist. Nur
auf diese Weise kann man tiefere Verletzungen der
Eingeweide und der Blutgefässe auffinden und ent-
sprechend behandeln. Bei den 12 Bauchwunden,
die 0. zu behandeln Qelegenheit hatte, wurde
lOmal aktiv eingegriffen und 10 Heilungen wurden
erzielt, obwohl es sich in den meisten dieser Fälle
um Verletzungen des Darmes oder Magens durch
Messer oder Feuerwaffe gehandelt hatte und Magen-,
bez. Darminhalt in die freie Bauchhöhle ausgetreten
war. Die beiden expektativ behandelten Kranken
starben. R T o f f (Braila).
476. Bakteriologiaohe Stadien an der Hand
von 46 Qallensteinoperationen, nebst einem
Beitrag über ätiologische Fragen des litho-
genen Katarrhs der Gallenblase; von Dr. Otto
H a r t m a n n. (Deutsche Ztschr. f. Chir. LX VIH.
3 u. 4. p. 207. 1903.)
H. hat bei 46 Gallensteinoperationen durch
bakteriologische Untersuchung in 3 Vierteln aller
Fälle Mikroorganismen nachzuweisen vermocht,
und zwar Bact. coli 23mal allein, Staphylokokken.
4mal, Streptokokken 2mal, einige Male plumpe
lange Bacillen mit charakteristischem Wachsthum,
die H. bisher unbidkannt waren; 6mal lagen Miach-
infektionen vor. Zum Nachweis der Bakterien halt
H. vielfach die Verwendung grösserer Mengen von
Qalle fQr nothwendig. Zweifellos spielt die bak-
terielle Infektion bei der Entstehung der Ghole*
cystitis die Hauptrolle, und zwar die ascendirende
Entzündung vom Darme her, wobei eine Stagnation
derChiUe im Gallengangsysteme in hervorragendem
Maasse die günstigen Bedingungen für Weiter-
verbreitung der Mikroorganismen schafft. Gelegent'-
liches üeberwandern von Bakterien direkt vom
Darme in eine adhftrente Gallenblase kommt eben-
falls vor. Wichtiger ist die hftmatogene Infektion,
wobei auf den Zusammenhang einer Cholecystitis
mit überstandenen Infektionkrankheiten (Pana-
ritien, Anginen, Typhus) hingewiesen wird, ein
Zusammenhang, der sich h&ufig aus der Anamnese
ergiebt und noch vielfach zu wenig Beachtung
findet
Für das Zustandekommen der deaquamirenden
Entzündung der Gallenblase macht H., ausgehend
Vn. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
267
von den Versuchen künstlicher Gonkrementerzeu-
gung bei Thieren, gewisse anatomische Verhält-
nisse im AusfQhrungsgange der Gallenblase ver-
antwortlich, vor Allem eine VergrOsserung des
Klappensystems, die auf erblicher Anlage beruhen
kann und wie im Experimente eine Einengung des
Ausführungsganges, Erschwerung desOallenflusses,
somit eine gewisse Stauung hervorzurufen vermag.
Auch die rechtseitige Wanderniere kann unter ge-
wissen Bedingungen in ähnlichem Sinne wirken.
Neben dieser passiven Stauung kOnnen auch offenbar
noch Veränderungen in der aktiven Entleerung der
Gallenblase eine Rolle spielen, stärkerer oder
schwächerer Gallenfluss, wie er entweder durch
gewisse Schwächezustände der Muskulatur, oder
in der Innervation der Gallenblase hervorgerufen
wird (Zusammenhang mit chronischer Darmatonie).
Auch die physiologische BlutanfüUung der Leber
(nach den Mahlzeiten), die wirksam durch ge-
steigerte Muskelarbeit verringert werden kann, hat
fiinfluss auf die Gallenbewegung. Da die Blut-
füllung als Maassstab gelten kann für die Arbeit-
leistung der Leber bei der Verarbeitung ihres
Sekrets, so gewinnt die aus den Tabellen H.'s sich
ergebende Thatsache ein besonderes Interesse, dass
nämlich die vorwiegend sitzenden Berufsarten von
der Qallensteinkrankheit am wenigsten betroffen
werden, während gerade die mit angestrengter
Muskelthätigkeit einhergehenden Berufsarten und
besonders die Frauen ans dem Arbeiterstande, die
neben körperlicher Anstrengung noch von derNoth
zu leiden haben, ein besonders hohes Contingent
liefern. Das Auftreten der Erkrankung fällt dabei
am häufigsten in das Ende des 3. und den Anfang
des 4. Lebensjahrzehnts. Auf dem Wege der Cirku-
lationstürungen in der Leber erscheinen auch ge-
wisse Krankheiten wie Chlorose, Arteriosklerose,
sodann grüssere Blutverluste, die Menstruation und
die Gravidität als von Einfluss auf die Gallensekre-
tion und damit auch auf die Entstehung derChole-
lithiasis. Dabei wird nach Ansicht H.'s nicht so
sehr durch den ständig verminderten Abfluss der
Galle, als vielmehr durch plötzliche Druckschwan-
kungen in der durchfliessenden Gallenmenge eine
Aufwärtsverbreitung der Mikroorganismen vom
Darme her begünstigt. F. Krumm (Karlsruhe).
477. Die obinurg:i8ohe Behandlung des
akaten nnd ohronisohen Oholedoohoaver-
sohlusses durch Stein und Tumor; von Prof.
Hans Kehr. (Münchn. med. Wchnschr. L. 22.
1903.)
K. legt in diesem bei der Versammlung ameri-
kanischer Aerzte in Washington gehaltenen Vor-
trag kurz seine Indikationstellung bei der Behand-
lung des Choledochusverschlusses dar, die zum
grossen Theile öfters Ausgeführtes wiederholt Er
weist wiederum darauf hin, dass beim (ikuien Ver-
schlusse das abwartende Verhalten, die innere Be-
handlung das einzig Richtige sei, Ausnahmen sind
nur gegeben bei Hinzutreten von Schüttelfrösten
und Kräfteverfall oder bei häufig sich wiederholen-
den, nach allen Richtungen stOrenden Anfällen von
akutem Verschlusse.
Beim ehranisehen Steinverschlusse warnt K.
wieder eindringlich vor Ueberschätzung der Karls-
bader Kur, die meist nur eine vorübergehende
Latenz schafft, schliesslich versagt und den Fat
zu spät veranlasst, operative Hülfe zu suchen. Bei
der Auswahl des richtigen Zeitpunktes für die
Operation, verlangt der Gesammtzustand des Fat
genaue Berücksichtigung. Bei ausgebreiteter Chol-
angitis und complicirenden Erkrankungen der Nieren
und der Lunge ist die Operation schon wegen der
Gefahr der Narkose oontraindicirt. Die principielle
Ausführung der Hepaticusdrainage hat die Mortalität
K.'s bei diesen Choledochotomien auf 3<^/o herab-
gedrückt Peinlichste Asepsis, rasches Operiren,
ausgiebige Tamponade, sorgfältige Nachbehandlung
sind für den Erfolg wichtig.
Die Indikation für die Operation bei Chole-
dochusverschluss durch Tumor, der wohl stets ein
chronischer ist, stellt K. weiter wie früher, da die
Entscheidung, ob eine bösartige oder gutartige Qe-
Schwulstbildung des Pankreaskopfes vorliegt, oft
unmöglich ist. Der Nutzen der Operation (Gallen-
blasen-Magen- oder -Darmfistel) ist bei der chron.
Pankreatitis ein ausserordentlicher. Bei kleinen
Carcinomen im mittleren Theile des Choledochus
ist, wie K. gezeigt hat, eine Radikaloperation
möglich. F. K r u m m (Karlsruhe).
478. üeber die auboutanen Rupturen der
Gkdlenwege traumatischen Ursprungs, nebst
einem oaauiatiBohen Beitrag ; von Dr. L e w e -
r e n z. ( Arch. f. klin. Chir. LXXL 1. p. 1 1 1. 1 903.)
L. behandelte einen 2ViJähr. Knaben, der von einem
Radfahrer überfahren worden war und sieh eine traimna-
tische Ruptur des Ductus choledockus zugezogen hatte.
Nach anfangs stürmischen peritonäalen Reizerscheinun-
gen kam es am 3. Tage nach der Verletzung zu Ikterus
nnd nach 8 Tagen zu einem freien Flüssigkeitergusse in
die Bauchhöhle. Durch 4malige Punktionen wurden
jedes Mal 2000 — 2500 ocm einer grünlich - bräunlichen,
GallenfarbstofF und Gallensäuren enthaltenden Flüssigkeit
entleert. 10 Wochen uach dem Trauma Operation : An-
legung einer Communikation zwischen der Gallenblase
und dem oberen horizontalen Schenkel des Duodenum.
Pleuropneumonie, sohliesslioh HeHung,
L. hat aus der Literatur noch 62 Fälle von
subcutaner traumatischer Ruptur der OaUenwege zu-
sammengestellt und zieht aus diesen Beobachtungen
folgende Schlüsse: 1) Bei subcutanen Verletzun-
gen pathologisch nicht veränderter Oallenwege
kommt es niemals zu einer eiterigen, meistens da-
gegen zu einer serOa-fibrinösen, bez. adhäsiven Peri-
tonitis. 2) Länger dauernder reichlicher Gallen-
austritt führt theils in Folge von Resorption von
Gallensäuren, theils wegen des Ausfalles eines so
wichtigen Verdauungsaftes regelmässig zum Siech-
thume und Tode. 3) Jede subcutane Verletzung
des Gallensystems mit reichlichem galligen Ex-
sudat erheischt deshalb unbedingt eine chirurgische
268
Vn. Chiruigie, Augen- und Olurenheilkunde.
Behandlung, die rechtzeitig einzusetzen und in
erster Linie einen Verschluss der Rissstelle, sowie
die Einleitung der gesammten Qalle in den Darm
anzustreben hat Die einfache Punktion, bez.
Drainage des Bauchraumes, die diesen Anzeigen
nicht mit genügender Zuverlässigkeit entsprechen,
vielmehr oftmals nur palliativen Werth haben, sind
möglichst frühzeitig, jedenfalls noch vor Eintritt
eines starken Eräfteverfalles, durch eine radikale
Operation zu ersetzen. Die Wahl der Operation
richtet sich nach dem jeweiligen pathologischen
Befunde. Als Nothbehelf verdient die Laparotomie
mit nachfolgender Drainage den Vorzug vor dem
Bauchstiche. P. Wagner (Leipzig).
479. Heber Nekrose der QaUenblase« mit
Bemerkungen über die Operaiion der Oaüensteine;
von Prof. Czerny. (Münchn. med. Wchnschr.
L. 22. 1903.)
C z. bespricht auf Grund zweier interessanter
Beobachtungen die gegenüber den eiterigen Ent-
zündungen seltene nekrotisirende Form der Ent-
zündung der Oallenblase, für deren Entstehung
wahrscheinlich die Qefass Verhältnisse der Oallen-
blase eine wesentliche Rolle spielen, da die ver-
sorgende Art. cystica eine Endarterie darstellt und
bei Unterdrückung der Cirkulation in dieser Arterie
die Ernährung der Oallenblase gefährdet ist.
Im 1. Falle handelte es sich um einen 62jähr. Mann,
der unter den Erscheinangen einer chron. recidivirenden
Dickdarmstenose znr Beobachtang kam, bedingt darch
Druck und Verwachsung der mit Steinen gefüllten ver-
grösserten Gallenblase auf das Colon, ohne charakte-
ristische Eolikanfälle. Durch Freilegung der Oallenblase
und Ineision wurde festgestellt, dass es durch im Cysticus
eingeklemmte Gallensteine zur Nekrose der inneren
Schichten der Gallenblasen wand gekommen war, dass
diese sich durch ein dissecirendes Exsudat von der
äusseren Schicht in toto abgelöst hatten, während letztere
durch neue GefBss Verbindungen vom Netze aus ernährt
wurde. Es wurde die partielle Resektion der Gallenblase
vorgenommen. Der Tod erfolgte bei dem an Degeneration
des Herzmuskels, Emphysem und Bronchitis leidenden
Fat. unter Complikation mit subphrenischer Abscess-
bildung ca. 5 Wochen nach der Operation unter dem Bilde
chronischer Sepsis und Herzschwäche.
Auch im 2. Falle führten wiederholte larvirte Gallen-
steinanfälle, die unter dem Bilde der Darmstenose auf-
traten, zur Operation, die ebenfalls eine partielle Nekrose
der Gallenblasenschleimhaut, durch Steine bedingt, auf-
deckte. Eine partielle Resektion der Gallenblase kam
nicht zur Heilung; nach IVi Jahren wurde eine 2. Ope-
ration (die Exstirpation des Gallenblasenrestes und Lösung
von Adhäsionen) nothwendig, wodurch Fat. endgültig von
seinen Beschwerden befreit wurde.
C z. empfiehlt die bei totaler Nekrose selbst-
verständliche Exstirpation der Oallenblase auch
bei partieller Nekrose auszuführen, w&hrend er bei
nicht wesentlich verftnderter Oallenblasenwand,
auch bei Hydrops und seropurulentem Inhalte,
wenn Verwachsungen die Exstirpation erschweren,
conservativ verfahrt und die einzeitige Cholecysto-
stomie mit wasserdichter Drainage und Suspen-
dirung der Oallenblase das Normal verfahren in der
Heidelberger Klinik bildet.
F. Krumm (Karlsruhe).
480. Eine kune Betraohtang der laeber-
syphilis vom ohirargisohen Standpunkte ; von
Dr. Gh. Oreene Cumston in Boston. (Arcfa.
f. klin. Chir. LXX. 2. p. 369. 1903.)
0. berichtet Aber 3 eigene Beobachtungen von
Lebergummi und bespricht unter Aufführung der
Krankengeschichten von 24 aus der Literatur zu-
sammengestellten Fftllen die DifFerentialdiagnose,
Symptomatologie und Pathologie dieser Erkran-
kung, deren chirurgische Behandlung eine günstige
Prognose bietet N o e s s k e (Kiel).
481. Eine neue Art von intrahepatisoher
Ligatur; von Dr. Balacescu. (Revista de Chir.
VIL p. 433. 1903.)
In der interessanten, mit zahlreichen Abbil-
dungen ausgestatteten Arbeit, beschreibt B. die
verschiedenen Ligaturmethoden bei Operationen an
der Leber und seine eigenen an Hunden vorge-
nommenen Versuche; er hat schliesslich folgenden
Vorgang angenommen.
Vor der Operation soll schon an das exakte Aoeio-
anderlegen der blatenden Flächen gedacht werden und
zu diesem Behufe ist es am zweckmässigsten, die Exstir-
pation in dreieckiger Form, mit der Basis gegen denfreiea
Leberrand hin, vorzunehmen. Um der Blutung während
der Operation vorzubeugen, beginnt man damit, dass ein
Doppelfaden von der Spitze des auszuschneidenden Drei-
ecks gegen die Basis geführt, hier getheilt wird und
während die eine Hälfte zurückbleibt, wird die Mitte des
anderen Fadens gefasst und dieser, doppelt gelegt, etwas
weiter, wieder nach oben durchgezogen und hier mit dem
oberen Ende fest zusammengeschnürt, derart, da^ das
Leberparenchym darchschnitten wird und nur die Oe-
fösse abgebunden werden. Diese Operation wird nach
einer Seite hin fortgesetzt und beendigt und dann mit der
ersten Faden hälfte, in ähnlicher Weise und in entgegen-
gesetzter Richtung verfahren. Nach Beendigung dieser
tiefen Ligaturen wird zur Exstirpation des Leber-
stückes geschritten, die in Folge der Gefässabbindung
fast ohne Blutung verläuft Die Endstücke der Faden
werden schliessUch zusammengebunden und auf diese
Weise die blutenden Flächen aneinandergelegt
Dieser Ligaturmodus wurde von Th. Jonescu
in 4 Fällen von partieller Hepatektomie am Men-
schen mit gutem Erfolge angewendet
E. Toff (Braila).
482. Beitrag larKenntnisa des Xeroderma
pigmentosam; von Dr. C. Velhagen in Chem-
nitz. (Arch. f. Augenhkde. XLIL 3. p.232. 1902.)
V. sah in 2 verwandten jüdischen Familien bei
4 Mädchen die seltene Krankheit, die Kaposi
mit dem Namen Xeroderma pigmentosum bezeich-
net hat Die Krankheit begann in frühester Kind-
heit an den dem Lichte ausgesetzten KOrpersteHen,
besonders dem Oesichte. Es bildeten sich erst
viele rothe Fleckchen, dann viele dunkle Sommer-
sprossen, zwischen diesen weissglänzende Stell^i
mit erweiterten Oefässen; die Haut wurde rauh,
geschwürig. In der Bindehaut der sehr licht-
scheuen Augen traten starke Schnunpfungen auf
und bei der einen Kranken bildete sich zwischen
Carunkel und innerem Hornhautrand eine Ge-
schwulst, die nicht von der Bindehaut, sondern von
YII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
269
einem Naevus oder irgend einem versprengten
Keime daselbst ausgegangen war und sich bei der
Untersuchung als Caroinom (MeduUarkrebs) erwies.
Die Krankheit hatte nur Mftdohen befallen. Alle
erdenklichen Heilmittel waren vergeblich angewen-
det worden. Lamhofer (Leipzig).
483. Ueber eine eigenthümliohe Aderhant-
veränderang nach Ophthalmia nodosa; von Dr.
W. Reis. (Aroh. f. Augenhkde. XLII. 3. p. 250.
1902.)
R fand bei einem Kranken, dem im Jahre 1889 eine
Raupe gegen das rechte Ange geworfen war und der
damals schon lange Zeit wegen schwerer Augenentzündung
in der Bonner Universitätaugenklinik behandelt worden
war (vgl. Krankengeschichte. Arch. f. Augenhkde. XXV.
p. 359. 1890, berichtet von Dr. Krüger), eine ganz
eigenartige Veränderung der Aderhaut. In langer Aus-
dehnung zog durch die sonst normale Aderhaut ein dünner
atrophischer, stark von Pigment umsäum ter, nahe der
Pupille gabelig getheilter Streifen, den R. als die Folge
eines von der Iris nach der Aderhaut ein- und dort weiter-
gewanderten Raupenhaares ansieht. In der Iris war eine
der Lage des Aderhautstreifens entsprechende Furche.
Im Uebrigen waren die Veränderungen der Hornhaut,
die Knötchen in der Bindehaut u. s. w. genau noch so,
wie sie Krüger 12 Jahre vorher beschrieben hat. R.
schnitt ein Knötchen aus und fand darin ein noch fast
unversehrtes Rau penhaar. Lamhofer (Leipzig).
484. Die Operation des javenilen Staara ;
von Dr. V. B 1 a s k 0 V i c 8. (Ungar. Beitr. z. Augen-
hkde. m. p. 84. 1903.)
V. B L theilt die Erfahrungen mit, die in der
Budapester Universitätaugenklinik mit den ver-
schiedenen Operationverfahren bei Jugendstaar in
der Zeit vom 1. Jan. 1891 bis 31. Dec. 1900 ge-
macht wurden. Es wurden 527, zum Theil er-
heblich complicirte Jugendstaare operirt, und zwar
237 mit Extractio linearis simplex, 200 mit Ex-
tractio linearis cum iridectomia und 90 mit Dis-
cission. Die Operationen waren im Wesentlichen
die auch sonst üblichen. Die Wundbehandlung
geschah bis 1898 durch Verband, dann in etwas
abgeänderter Weise offen nach H j o r t Beide Ver-
fahren Hessen einen auffallenden Unterschied im
Heilungsverlauf nicht erkennen, v. B 1. tritt sehr
entschieden für die Extraktion mit Iridektomie ein,
denn damit blieb ihm jeder Verlust erspart, wäh-
rend nach der einfachen Linearextraktion 2.9<>/o und
nach Discission 4.4^/0 der Augen verloren gingen.
Aehnlich verhielten sich auch die Seherfolge, v. B 1.
empfiehlt die Extraktion mit Iridektomie auch für
die Myopie-Operation. Doch erscheint ihm sein
Material zu gering, um belangreiche Schlussfolge-
mngen daraus abzuleiten. Es wurden nur 3 6 Augen
operirt, weil man die Indikation zur Operation in
der Sohulek 'sehen Klinik sehr vorsichtig [mit
Recht !] stellt. Bergemann (Husum).
485. La maturation artifloielle de la cata-
raote; par le Dr. Fage. (Ann. d'Oculist. CXXIX.
p. 426. 1903.)
Zur Reifung des Staars wendet F. folgendes
Verfahren an: Er durchsticht mit einer Paracentese-
nadel die Hornhaut und macht beim Zurückgehen,
während das Eammerwasser abfliesst, einen
kleinen Einschnitt in die vordere Linsenkapsel.
Darauf massirt er die Linse durch die Hornhaut.
Er glaubt damit eine schnellere Reifung zu er-
reichen als ohne KapselerOffnung und gleichzeitig
die üblen Zufälle zu vermeiden, die bei der
gewöhnlichen Discission gelegentlich beobachtet
werden. Bergemann (Husum).
486. An analyais of a farther aeriea of
250 oonaeoative Operations for primary oata-
raet performed in the governement Ophthalmie
hospitai, Madras; by R. H. Elliot. (Lancet
May 2. 1903.)
E. giebt einen kurzen Ueberblick über 250
weitere Operationen von Primärkatarakt, die er
von Ende November 1901 bis Anfang Februar 1902
in Madras meist an Eingeborenen ausführte. Er
bespricht ausführlich die Complikationen, die vor
der Operation bestanden, die während der Opera-
tion eintraten und nach der Operation sich ein-
stellten. Operationverfahren und Erfolge waren
im Wesentlichen die gleichen wie in E.'s Bericht
über 500 Staaroperationen in Lancet Nr. 4132.
1902; vgl. Jahrbb. CCLXXVIL p. 206.
Bergemann (Husum).
487. Die KarMiohtigkeit, ihre Entstehnng
nnd Bedeatnng ; von Prof. S t i 1 1 i n g. (Samml.
von Abhandl. a. d. Gebiete d. pädagog. Psyohol. u.
Physiol. VI. 3. 1903.)
Nachdem die von Beer und später von Phi-
lips aufgestellte Hypothese, dass die Eurzsichtig-
keit durch den Druck der schrägen Augenmuskeln
bedingt sei, vielfach verlassen war, stellte 8 1. vor
15 Jahren den Satz auf, die Eurzsichtigkeit ent-
stehe durch Muskeldruck (des Obliqn. super.) unter
Nahearbeit. Der eigenthümliche Verlauf des Obliqu.
super, hänge ab vom Bau der Orbita, und deren
Form wieder vom Bau des Schädels. Und zwar
fanden sich die niedrigen und breiten Augenhöhlen
vorzugsweise bei den Breitgesichtern, die hohen
und schmalen Augenhöhlen vorwiegend bei den
Langgesichtern. Das eigenartige Verhältniss des
Obliqu. super, zur breiten und niedrigen Orbita
fördere die Entwickelung der Eurzsichtigkeit bei
Nahearbeit. „Alle anderen Theorien sind blosse
Hypothesen oder einfache Vermuthungen, von denen
keine anatomisch genügend begründet worden ist,
und die sämmtlich, wie gezeigt wurde, die flagran-
testen Widersprüche in sich tragen." Zur Stütze
seiner Behauptungen verwerthet St. seine und
seiner Schüler anatomische und anthropologische
Untersuchungen, sowie eigene und fremde Stati-
stiken. Wenig anmuthend ist der geringschätzige
Ton, mit dem abweichende Anschauungen ernster
Forscher abgefertigt werden ; eben so wenig nach-
ahmenswerth sind die drastischen Vergleiche, die
zum besseren Verständniss verwickelter Thatsachen
beitragen sollen. Bergemann (Husum),
270
Lange, Yademecum. — Hittheilungen aus der gynftkolog. Klinik Engström'B.
488. üeber Myopie. Klinüchrstaiistische Mii-
iheüungen; von Prof. HerteL Mit 16 Figuren im
Text (Arch. f.OphthalmoL LVI. 2. p.326. 1903.)
H.'s Mittheilungen beschäftigen sich mit dem
Material der Jenaer Augenklinik und Poliklinik aus
den letzten 10 Jahren. Aus dem reichen Inhalte,
der erschöpfend leider nicht im Auszuge wieder-
gegeben werden kann, mOge Folgendes hervor-
gehoben werden: FOr die niedrigen Grade der
Eurzsichtigkeit (bis — 6.0) überwi^en beträchtlich
die Naharbeiter, für die hohen Orade ist ein durch-
greifender Unterschied zwischen Nah- und Nicht-
naharbeitern nicht mit Sicherheit festzustellen.
Ebenso ist fQr den myopischen Conus kein wesent-
licher unterschied bei Nah- oder Nichtnaharbeit
wahrzunehmen. Die Zunahme der Aderhautver-
änderungen geht proportional der Zunahme des
Alters; ebenso verhielten sich die OlaskOrper-
trübungen. Bei beiden Complikationen ist das
weibliche Geschlecht mehr betheiligt als das männ-
liche ; überhaupt neigt das erstere mehr zu Myopie.
Bemerkenswerth sind noch H.'s Wahrnehmungen
über die postoperative Netzhautabhebung, die be-
sonders durch wiederholte Naohstaardiscissionen
bei sonst tadellosen Heilungen begünstigt wird.
Die besten Erfolge der Myopieoperation erwartet
auch H. von möglichst wenigen Eingriffen, am
besten nur Disdssion und Extraktion. Ebenso ist
H. für nur einseitiges Operiren. Sonst ist H. An-
hänger der Vollcorrektion. Er fand die Zunahme
der Eurzsichtigkeit wesentlich höher bei Nicht-
oorrektion als bei Vollcorrektion ; auch die Unter-
oorrektion verhielt sich günstiger als die Nicht-
correktion. Am deutlichsten zeigte sich der Ein-
fluss der Correktion bis zum 20. Lebensjahre. Die
meiste Zunahme zeigten die Naharbeiter.
Bergemann (Husum).
489. Warum müssen besondere Sohul-
augenärste angestellt werden ; von Prof. H. C o h n.
(AUgem. med. Gentr.-Ztg. LXXIL 23. 24. p. 461.
481. 1903.)
G. bespricht eingehend den Theil der amtliofaen
Berichte der Breslauer Schulärzte, der von den
Augenuntersuchungen handelt. Er kommt zu dem
Schluss, dass es den allgemeinen Schulärzten fehlt:
1) an der nöthigen, bedeutenden Zeit für zuver-
lässige Augenuntersuohungen ; 2) an den nöthigeo
Instrumenten und 3) an der nöthigen üebung und
Erfahrung. Es sind deshalb besondere Schul-
augenärzte anzustellen. C. setzt genau auseinander,
wie er sich deren Thätigkeit wünscht Im Wesent-
lichen dürften seine Ausführungen das Richtige
treffen. Bergemann (Husum).
C. BOcheranzeigen.
54. Vademeoum der Gtoburtshülfe für Stu-
dirende und Aerste ; von Prof. Dr. M. Lan ge
in Königsberg i. Pr. 3. vermehrte u. um-
gearbeitete Aufl. Würzburg 1903. A.Stuber's
Verl. (C. Kabitzsch). 8. YIII u. 302 S. mit
118 Abbildungen. (4 Mk. 50 Pf.)
Während die 2. Auflage des L.'schen Yade-
mecum schon 2 Jahre nach der 1. Auflage er-
schienen ist, liegt zwischen dem Erscheinen der
2. und 3. Auflage ein Zeitraum von nicht weniger
als 10 Jahren. Der Orund hierfür ist sicher nicht
in Mängeln des L. 'sehen Werkes zu finden; die
Verzögerung ist vielmehr einzig und allein ver-
anlasst durch die Ueberproduktion, die in den letz-
ten Jahren gerade auf geburthülflichem Oebiete
den Büchermarkt überreich ausgestattet hat.
Schon bei Besprechung der beiden ersten Auf-
lagen (Jahrbb. CCXXI. p. 104; CCXL. p. 207) hat
Bef, die grossen Vorzfige des L.'schen Yademecum
hervorgehoben. Die vorliegende 3. Auflage ver-
dient dieses Lob in noch höherem Maasse. Durch
eingehendere Besprechung besonders der praktisch
wicht]g:en Capitel hat der Umfang des Buches um
etwa ^3 zugenommen, und durch Uebergang in
den neuen Yerlag hat auch die Ausstattung wesent-
lich gewonnen. So ist die Zahl der Abbildungmi
von 17 auf 118 gestiegen. Yon den neueren ge-
burthülflichen Operationen verwirft L. die B o s s i '-
sehe Dilatation, die seiner Ansicht nach wegen
ihrer Oefährlichkeit nicht Allgemeingut der Oe-
burthülfe treibenden Aerzte werden kann. Den
abdominalen Kaiserschnitt zieht er der schwierigen
Technik des vaginalen Yorgehens vor. Yon der
Symphyseotomie nimmt er an, dass sie in der Ge-
burthülfe des praktischen Arztes die Perforation
des lebenden Kindes niemals zu ersetzen im
Stande ist.
L.'s Yademecum gehört jedenfalls zu den besten
geburthülflichen Rathgebem ; seine Benutzung kann
Aerzten und Studirenden auch in der neuen Auflage
rückhaltlos empfohlen werden.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
55. MittheiluDgen aus der gyn&kologiBohen
Klinik des Prof. Dr. Otto Bngström in
Helsingfors. Bd. YL Heft 1—2. Berlin 1903.
S. Karger. 8. (Ygl. Jahrbb. CCLXXIY.p. 255;
CCLXXVI. p.265; CCLXXX. p. 80.) (8Mk.)
Beuttner. — v. Guärard und Schulze- Yellinghausen. — Pinkuss. — Luxenburger.
271
LXin. Zur Pathologie der Mueosa eorporia
tUeri; von Reguel LOfqvist (p. 1 — 238 mit
2 Tafeln).
L. findet eine wesentliche Ursache der Ver-
schiedenheit der Auffassungen über die Pathologie
der Mucosa corporis uteri in einer mangelhaften
Vergleichung der pathologischen Verhältnisse mit
den bekannten physiologischen Veränderungen.
Unter Beachtung dieses Umstandes glaubt er den
Schlüssel zum Verständniss der pathologischen
Anatomie der chronischen Endometritis finden zu
können und unter diesem Qesichtspunkte stellte
er seine Untersuchungen an.
Nach eingehender Besprechung der Literatur
kommt L. zu seinen eigenen Untersuchungen, zu
denen er nur frisches Material benutzte. Theils
wurde die Schleimhaut in exstirpirten oder ampu-
tirten Uteri untersucht, theils das Material durch
Curettage verschafft
L. behandelt nun zunächst die Anatomie des
Endometrium unter physiologischen Verhältnissen :
1) der nicht menstruirenden Uterusschleimhaut bei
der erwachsenen gesunden Frau, 2) während der
Menstruation, 3) der Decidua vera im Beginne der
Schwangerschaft Weitere ausführliche Capitel
besprechen die Anatomie des Endometrium bei
chronischer Beizung, die Aetiologie der patho-
logischen Deciduareizung des Endometrium und
die Schleimhautveränderungen bei Myomkranken.
Den Schluss der Abhandlung bildet die sich
über 100 Einzelfälle erstreckende Casuistik. Die
Endresultate L.'s kurz wiederzugeben, ist leider
nicht möglich und es muss hierfür auf das Original
verwiesen werden.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
56. Oynaeoologia Helvetioa ; herausgegeben
von Dr. 0. B e u 1 1 n e r in Oenf. U. Jahrgang
(Bericht über das Jahr 1902). Genf 1903.
Henry Kündig. 8. 284 S. mit 7 Tafeln u.
65 Abbildungen im Text. (5 Mk.)
Der Bericht ist ganz nach denselben Gesichts-
punkten zusammengestellt wie der kürzlich (Jahrbb.
CCLXXIX. p. 112) angezeigte Bericht über das
Jahr 1901. Sehr eingehende Besprechung haben
die Narkosenfrage und dieTyphlitisfrage gefunden.
In einem Anhange (p. 258 — 272) werden auch
einige wichtige deutsche, französische und italie-
nische Abhandlungen und Werke besprochen. Den
Schluss des Bandes bildet eine kurze Biographie
dee 1902 verstorbenen Dr. 0. Rapin, Professors
der Qeburthülfe in Liausanne.
Auch dieser Jahrgang wird sicher gut auf-
genommen werden.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
57. Jahresberioht der Privat-Fraaenklinik
fftr 1902; von Dr. H. W. Ad. v. Gu6rard
u. Dr. W. Schulze- Vellinghausen in
Düsseldorf. Düsseldorf 1903. Buch- u. Stein-
druckerei von Fr. Dietz. 8. 55 8.
V. G. u. Sch.-V. geben zunächst eine Beschrei-
bung ihrer im Jahre 1901 bezogenen neuen Klinik
und berichten dann über die im Jahre 1902 behan-
delten 278 Kranken. Es wurden 62 Laparotomien
ausgeführt mit einem Todesfalle. Ein interessanter
Fall von nach medianer Spaltung der ganzen hin-
teren Uteruswand zur Beposition gebrachter ver-
alteter puerperaler Inversio uteri wird ausführlich
mitgetheilt; die Kranke wurde sehr bald wieder
schwanger. Arth. Hoffmann (Darmstadt).
58. Die Krankenpflege bei Unterleibsope-
rationen, insbesondere bei Laparotomien.
Ein kurzer LeUfadm für das Krankenpflege'
personal ; von Dr. A. P i n k u s s. Berlin 1902.
Elwin Staude. 8. 12 S. (50 Pf.)
P. giebt in gedrängter Form eine Darstellung
Dessen, was eine Krankenpflegerin bei Laparo-
tomirten wissen und beachten muss. Die Dar-
stellung ist so gehalten, dass sie dem Pflegeperso-
nale selbst in die Hand gegeben werden kann.
F. Krumm (Karlsruhe).
59. Experimentelle Stadien über Bücken-
markaverletsangen ; von Dr. A u g. L u x e n -
b u r g e r. Wiesbaden 1903. J. F. Bergmann.
Gr. 8. 94 S. (6 Mk.)
In der historisch-kritischen Einleitung und im
allgemeinen TheUe der für die Lehre von den
Rückenmarksverletzungen wichtigen Arbeit be-
gründet L. die Nothwendigkeit des Thier-Experi-
mentes zur Klärung gerade der Fragen, die für die
Diagnostik und Therapie der menschlichen Patho-
logie ausschlaggebend sind. Die Versuche wurden
an Kaninchen ausgeführt ; die ausführlich geschil-
derte Methodik bei den einzelnen Verletzungsarten
(Distorsionen, Quetschungen, Zerrungen) muss im
Originale nachgelesen werden.
Die wichtigsten Ergebnisse sind folgende : Das
Trauma schädigt Nervengewebe und zerreisst Oe-
ftose. Geschieht letzteres in beträchtlichem Um-
fange mit dem Resultate einer grosseren Blutung,
so erwächst in ihr dem noch mehr oder weniger
gut erhaltenen Nervengewebe ein neuer Feind.
Die von einander im Aussehen abweichenden
Quetschungen erheischen eine Unterscheidung in
leichte und schwere, langsame und rasche. Eine
leichte Rückenmarksquetschung, deren Folgen sich
am lebenden Thiere mit geringer Parese der Hinter-
beine äussern, macht keine Verschiebungen der
grauen Substanz, oft minimale Blutungen, geringe
traumatische Degeneration grauer und weisser Sub-
stanz. Eine schwere Quetschung, die zur totalen
oder beinahe totalen Lähmung der Hinterbeine ge-
führt hat, ist immer mit Verschiebungen und Blu-
tungen in der grauen Substanz verbunden, wenn
sie rasch erfolgte. Die meisten menschlichen
Rückenmarksverletzungen treten durch rasche Ab-
knickung der Wirbelsäule ein. Eine schwere
Rückenmarksquetschung, die einen langsamen
272
Flesch und Wertheimer. — Moeller. — Marcusa
Verlauf genommen hat, entbehrt meist der Sub-
stanzverschiebungen, oft auch der Blutaustritte.
Die Zerrungen im Rücken marke unterscheiden sich
von den Folgen der raschen Quetschungen durch
den bedeutend geringeren Umfang der BlutergQsse,
durch den Mangel an wirklichen Substanzverschie-
bungen, durch das Ausbleiben der Gewisser Wei-
terungen und die gute Erhaltung der Form der
grauen Substanz. Die traumatischen Veränderun-
gen des Rflckenmarkes in Folge von Distorsionen
stellen sich in der Hauptsache als Quetschungen
dar. Immer waren die Degenerationen bei Quet-
schung und bei Zerrung bedeutend umfangreicher
als die Blutergüsse. Sowohl die Längsdehnung
als auch die Zusammenpressung in querer Rich-
tung verursacht Nekrotisirung der Nervenfasern
im Rückenmarke ohne Beihülfe von Blutaustritten.
Der Mangel an wesentlichen Blutergüssen schliesst
die Quetschung in den strittigen Fällen am mensch-
lichen Rückenmarke aus, lässt aber die Entschei-
dung zwischen Erschütterung und reiner Zerrung
offen.
Die Arbeit ist durch 12 gut ausgeführte Tafeln
illustrirt S. A u e r b a ch (Frankfurt a. M.).
60. Oesohleohtskrankheiten nnd Beohts-
BohatB. Betrachtungen vom ärztlichen, jurisii-
sehen und ethischen Standpunkte; von Prof.
M. Flesch und Dr.gur. L. Wertheimer.
Jena 1903. Gustav Fischer. 8. 28 S. (2Mk.)
Das Unzulängliche der jetzigen Rechtslage bei
den durch die Geschlechtkrankheiten verursachten
Schädigungen wird auf Grund einer aus dem
Leben geschöpften Casuistik erläutert An eine
zukünftige Gesetzgebung werden die folgenden
Forderungen gestellt: 1) Wenn Gonorrhöe oder
Syphilis während der Ehe bei einem Ehegatten
direkt oder indirekt auftreten, müssen sie eo ipso
als Ehescheidungsgrund gelten, ohne dass es des
Nachweises des Ehebruches bedarf. 2) In Ehe-
sachen, die auf das Auftreten von Syphilis und
Gonorrhöe gestützt sind, muss für die Thatsachen,
die sich auf die Entstehung und Art der Krankheit
beziehen, die Eideszuschiebung als Beweismittel
zulässig sein. 3) In solchen Ehesachen muss der
den geschlechtkranken Ehegatten behandelnde Arzt
als Sachverständiger und als sachverständiger
Zeuge vor Gericht ohne Weiteres der Wahrung
des Berufsgeheimnisses entbunden sein. 4) Wenn
Jemandem durch Inficirung mit Geschlechtkrank-
heiten ein Schade zugefügt ist, so muss dem Ur-
heber des Schadens, bez. dem zum Schadenersatze
Verpflichteten die Beweislast dafür aufgebürdet
werden, dass der Schade trotz der von ihm auf-
gewendeten ordnungsmässigen Sorgfalt eingetreten
ist. Gesetzliche Bestimmungen dieser Art würden
ausser ihrem Nutzen im Einzelfalle auch den Werth
haben, dass sie in der allgemeinen Auffassang das
Gefühl der Verantwortlichkeit für die Folgen des
sexuellen Verkehrs erhöhen.
Woltemas (Solingen).
61. Die Medicin im Herodot. Für Medi-
einer und Philologen bearbeitet von Dr. Karl
M o e 1 1 e r in Erkner. Berlin 1 903. 8. Karger.
Gr. 8. 36 S. (1 Mk.)
M. stellt in dieser kleinen Schrift nicht ohne
Geschick Alles zusammen, was sich bei dem „Vater
der Geschichte^* medicinisch Interessantes findet
Er beginnt mit der summarischen Erankenbehand-
lung der Padäer und Massageten und der mensch-
licheren der alten Babylonier, erwähnt die kro-
tonische und kyrenische Aerzteschule , die Bio-
graphie des Demokedes als die älteste überlieferte
eines Arztes, anatomische Miscellen, Aussatz, Pest,
Ruhr und Lokalerkrankungen, Kinderkran kheiten,
Säuferwahnsinn und sexuelle Verirrungen. Er
geht dann zur Chirurgie (künstlicher Fuss), Augen-
heilkunde, Gynäkologie und pharmaceutischen Heil-
mitteln über, zu Dampfbädern, Heilquellen, Körpei^
pflege, Nahrung, Trinkwasser, Flusswasserpolisei,
Salbungen, um mit Einbalsamirung und Todten-
bestattuug den Schluss zu machen. So ist das Bild
dessen, was H e r o d o t zur Geschichte der Medicin
uns bietet, ein recht vielseitiges und vollständiges,
doch wäre es erwünscht gewesen, dass sich M.
über die Bestrebungen der neueren historischen
Forschung unterrichtet hätte, die Berichte des
Herodot auch gerade auf ärztlichem Gebiete
durch die Resultate der Ausgrabungen und Schrift-
entzifferungen im Oriente und in Egypten zu oon-
troliren und zu berichtigen. Die Zusammenstel-
lung des gesammten Materials bleibt dabei freilich
immer noch werth voll. S u d h o f f (Hochdahl).
62. Bäder and Badeweaen in Veisangen-
heit und Gegenwart. Eine euUurhisiorieehe
Studie; von Julian Marcuse. Stuttgart
1903. Ferd. Enke. Gr. 8. 166 S. mit 22 Ab-
bildungen. (6 Mk.)
Was M.'s geschickte Feder vor einigen Jahren
in einem Cyklus von Aufsätzen ans der Geschichte
des Badewesens gezeichnet hat, wird hier mit
einer heute erst möglichen umfassenden Schilde-
rung der Bäder und des Badewesens der Neuzeit
vervollständigt, in abgerundeter Gestalt und an-
sprechender Form, verständig illustrirt, geboten.
Es wird Vielen willkommen sein und dankbare
Leser finden. S u d h o f f (Hochdahl).
I.
Hediomische Bibliographie des In- und Auslands.
273
D. Medicinische Bibliographie des In- und Auslands.
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Nemnich. 8. 63 8. 1 Mk.
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Argutinsky, Freer, Guerin, Haan, Ürban,
8. Hecht. VL Cohn, Engelmann. VIL Dohrn.
IX. Smith. XIII. 2. Krogius. XV. Layet, Lich-
tenfeit, Faalisoh. XVILSohmidt XlX.Schön.
Sach-Register.
Abdominaltyphus s. Typhus.
A bfuhr, mangelhafte, als Ursache von Typhus 28.
Abhärtung, d. Kinder 7. — , mittels Hydrotherapie 8.
Abhandlungen, gesammelte, zur physiolog. Optik
(von Arthur Eünig) 213.
Ablehnung b. Geistesstörungen 184.
Abortus, unterbrochener 73.
Abscess, d. Lunge (b. Typhus) 137. (d. einen b. Bron-
chiektasie d. andern) 188. — , im Gehirn (im kleinen,
Diagnose, Behandlung) 90. (b. Typhus) 139. (rhino-
gener) 236. (operative Behandlung) 236. — , d. Glutaeus
b. Typhus 140. — , d. Milz b. Typhus 140. — , peri-
typhlitischer b. Typhus 143. —, d. Prostata 205. — , d.
Leber b. einem Kinde 221.
Acne vulgaris, Balneotherapie 17.
Aderhaut s. Chorioidea.
Adrenalin, Wirkung 5. — , b. Hamblasenblutung 5.
— , gegen Darmblutung b. Typhus 149. 154.
Aegypten, Ursachen d. Erblindungen 95.
Aetherrausch, Analgesie mittels solch. 220.
Aetzsublimat s. Hydrargyrum.
Af fekt d. Ablehnung 184.
After 8. Anus.
Agglutination, d. Tuberkelbaoillen 33. — , d. Typhus-
bacillen 35. 36. 37. 38. 40. 145. 146. 147. — , Technik
169. — , d. Staphylokokken 169. — , amorphe 170.
— , d. GaUe 171. — , b. Ikterus 171.
Agglutinine, d. Typhusbacillen 40. — , im Typhus-
semm 170.
Akinesia algera 184.
Akoin, Anwend. in d. Chirurgie 177.
Akromegalie, Bezieh, d. Drüsen zur Entstehung 52.
— , Bezieh, zu Geschwülsten d. Hypophyse 179. 180.
201. — , akute 180. — , chronische 180.
Akroparästhesie nach Trauma 57.
Aktinomykose, Resultate d. Behandlung 87.
Albumin s. Serumalbumin.
Alexine, Absorption 49. — , in d. Milch 198. •^, im
Blutserum d. Kinder 198.
Algerien, Winterstationen u. Heilquellen 21.
A 1 k a 1 0 i d e , Eindringen in lebende Zellen 162.
Alkaptonurie, Zusammensetzung d. Blutei weissstoffe
174.
Alkohol, Wirkung (psychische) 167. (auf d. Blutcirku-
lation) 173. (desinficirende) 211.
Amaurose mit Idiotie, familiäre 182.
Ameisensäure, Wirkung auf d. Muskeln 176.
Amitose 172.
Ammoniak, Bestimmung 44.
Amputation, d. Unterschenkels, Bildung einee trag-
fähigen Stumpfes 266.
Amusie, Arten 232.
Anästhesie s. Hemianästhesie ; Leitungsanästheeie.
Analgesie, in d. Geburtshülfe 215. — , mittels Aether-
rausch 220.
Analgetioum, Trigemin 174.
Anatomie s. Handatlas.
Angina, Bezieh, zu Gelenkrheumatismus, Erythems
nodosum u. Pneumonie 65.
Angiom, d. Harnröhre b. Weibe 83. — 8. a. Lymph-
angiom.
Angiosklerose, d. Darmarterien 4. — 8. a. Arterio-
sklerose.
Ankylostomiasis, Behandlung 250.
Anopheles s. Stechmücken.
Anthropologie, d. Rückenmarks 163.
Antialbumid 43.
Antipeptone 43.
Antisepsis s. Wundverband.
Antistreptokokkenserum, Anwendung 2. 67.
Antitoxin, gegen Tetanus 2.
Antityphusextrakt 149. 153. 154.
Anus praeternaturalis nach Sohussverletzungen des
Unterieibs 89.
Aphasie, motorische Pysarthrie) 1 26. (transoortikale)
126. 127. 230. (Wesen u. Arten) 226. — , Bezieh, zu
Sohreibstörungen 127. — , gekreuzte 228. — , senao-
rische 229. 230. — , nach Typhus 229. — , amnestiscke
231. — , Bezieh, zu Apraxie 233. — , naoh Yerletzung
237. — S. a. Dysarthrie; Paraphasie; Stottern.
Sach-Register.
345
Apoplexie, naoh Schädelverletzan^, später Eintritt 60.
Appendicitis, Diagnose 4. — , im Paerperiam 81.
— , Diagnose von Typhus 143.
Apraxie 233.
Arbeit s. Oeistesarbeit ; Eörperarbeit
ArbeitsYersioherang b. Unfall Verletzung 58.
Aristochin, Ersatzmittel f. Chinin 55.
Arm 8. Vorderarm.
Armee s. Heer.
Arrhythmie d. Herzens b. Typhus 137.
Arsberättelse, frAn Sabbatsbergs sjukhus i Stock-
holm (af F, W. Warfvinge, 18Ö9— 1902) 219. — , frln
Maria sjukhus i Helsingfors (af R. Sievers^ 1901. 1902)
221.
Arterien, Verschleppung von Projektilen in solche 88.
— S. a. Darmarterien.
Arteriosklerose d. Darmarterien 4.
Arthritis, rheumatoide 255. — , nach Varicellen 256.
— , durch Pneumokokken verursacht 256. — S. a. Oe-
lenken tzündung.
Arzneiverordnungslehre s. Lehrbuch.
A 8 c a r i s , im Ductus choledochus 93.
Ascites d. Foetus als Oeburthindemiss 261.
Aschenbestandtheile, physiolog. wichtige d. Orga-
nismus 159.
Aspirin, Vergiftung 55. — , Wirkung u. Anwendung
175. — , Anwend. b. Augenkrankheiten 248. — , Neben-
wirkungen 248.
Assooiationoentra im Qehim 122.
Athmung s. Respiration.
Atlas u. Qrundriss d. allgem. pathol. Histologie (von
Eerm. Dürek) 101. — S. a. Handatlas.
Atmokausisu. Zestokausis (von Ludwig Pincm) 105.
A 1 0 X y 1 , therapeut. Anwendung 54.
Augapfel, photoelektr. Veränderungen in solch, b.
Frosch 47. ->, präventive Enucleation gegen sympath.
Ophthalmie 97.
Auge, Operationen an solch, (offene Wundbehand-
lung) 207. (Nachbehandlung) 208. — , Bestimmung
d. Refraktion- u. Accommodationanomalien 214. — ,
binooulare Tiefen Wahrnehmung 241. — S. a Sklera;
Trachom.
Augenärzte f. Schulen 270.
Augenentzündung, blennorrhag. b. Neugeborenen,
Prophylaxe 95. ~, sympathische (Behandlung) 97.
(Pathogenese) 97. 210. — S. a. Ophthalmoblennorrhoe.
Augenhöhle, indirekte Fraktur d. Daches durch Schuss-
verletzung 89. — , Geschwülste (Diagnose u. Behand-
lung) 206. (symmetrische) 208.
Augenkrankheiten, Anwendung d. Jequirity 56.
— , b. Parotitis 95. — , Wirkung d. subconjunctivalen
Injektion von Jodnatrium 176. — , Anwendung des
Aspirins 248.
Augenmuskeln, Centrum f. solche im Gehirn 125.
Auskultation, perkussorische 187. — S. a. Stäbchen-
auskultation.
Austern, üebertragung von Typhus duroh solche 28. 31.
A uswurf , ehem. Beschaffenheit 159. -— S. a. Sputum.
Antointoxikation, als Ursache von Lähmung 51.
— , b. Tetanie 186. — , b. Molenschwangerschaft 194.
fliacillen s. Mikroorganismen; Paratyphusbaoillen ;
Tuberkelbaoillen; Typhusbadilen.
Bacillol, als Desinfektion mittel 211.
Bacillus, Pfeiffer^ s (b. eitriger Meningitis) 85. (als
Urs. von Cerobrospinalmeningiüs) 185. — , prodigiosus
vulgaris, Arten 244.
Baokh ausmilch, Zusammensetzung u. Nährwerth
197.
Baoterium, coli (Diagnose von Typhusbacillen) 33. 35.
37. 170. (b. Typhus) 37. — , lactis aSrogenes in d. Blase
190. — , Bristolense 244.
Bad, Wirkung (auf d. Körpertemperatur) 9. (auf d. Blut-
druck) 9. (auf d. respirator. Gasweohsel) 100. — , war-
mes b. Pneumonie 11. --, continuirliohes b. Geistes-
yed. Jalirbb. Bd. 280. Hft. 3.
Störung 11. —, kohlensäurehaltiges (Wirkung) 14.
(Anwendung b. Urämie) 17. — , Absorption durch d.
Haut in solch. 15. — , Anwendung b. Typhus 153. —
S. a. Dauerbad; Heissluftbad ; Moorbäder; Seebäder;
Sitzbad; Soolbäder; Stahlbäder.
Badekuren im Alterthume 13.
Badeorte, teohn. Neuerungen 26.
Bäder u. Badewesen in Vergangenheit u. Gegenwart
(von J. Mareuse) 272.
Bakterien, Eigenbewegung 48. — , Abtödtung durch
Elektricität 49. — , Körnchen u. Kerne in solch. 48. 167.
—, b. Scarlatina 65. — , Lebensfähigkeit in Oel 97. — ,
im Kehricht auf Kriegsschiffen 97. ~, in Wasserläufen
in China 97. — , in Leitungswasser 98. — , Unter-
suchung auf Phenolphthaleinnährböden 168. — , patho-
gene, Differentialdia^nose 168. — , Wirkung d. Milch
auf solche 198. •— , Verhalten in Buttermilch 198. ~,
Verhalten b. niedriger Temperatur 211. ~, Bezieh, zu
GaUensteinbildung 266.
Bakteriologie s. Praktioum.
Bakteriolyse, Lnmunität duroh solche 168.
Bakteriurie, b.Typhusl41.158. — , nach Tripper 190.
Balken in Gehirn (Mangel) 250. (Geschwülste) 251.
Balneographie 17.
Balneologie 6flg.
Balneotherapie, Grundlagen u. Indikationen 12. 13.
— , Vergleich d. Wirkung verschied. Quellen 14. — , d.
Herzkrankheiten 16. 18. — , d. Cholelithiasis 16. — , d.
Syphilis 16. — , d. Klimakterium 16. — , d. Acne vul-
garis 17. — , d. Tuberkulose d. Knochen u. Gelenke 17.
— , d. Urämie 17. ^, d. Rheumatismus 257. — S. a.
Brunnenkuron.
Banti*sche Krankheit, Begriff 4.
Basedow*sche Krankheit, Behandlung 11. 179.
— , typische Bespirationstörungen 178. — , Bradykardie
179. — , Symptomenoomplex 179.
Bauch, Verwendung d. Netzes b. Operationen in solch.
81. — , Schussverletzung, Anus praeternaturalis 89.
Bauchfell s. Peritonaeum.
Bauchfellentzündung s. Peritonitis.
Bauchhöhle, Euptur d. Gallenblase in solche 93.
Bauohwand, Emphysem nach Laparotomie 82.
Bauchwunden, Behandlung 266.
Becken, Hochlagerung, Gefahren 266.
Beckenhöhle, ventrale oder vaginale Operationen in
solch. 80.
Befruchtung, Physiologie 239.
Beiträge, klin. u. anatom. zur Pathologie d. Gehirns
(von Ä E, Bmsehen, IV. 1) 213.
Bekämpfung d. ansteckenden Geschleohtskrankheiten
(von Ströhmberg) 218. (von Max von Nie88m)2l^.
Beleuchtung, kiinsüicne, Wirkung auf d. Beepira-
tion 100.
Beriberi, Raynaud^wih» Körperchen in d. peripher.
Nerven 64.
Bericht, über d. Fortschritte d. innem Medicin 1. -— ,
über Balneotherapie, Hydrotherapie, Klimatologie u.
Phototherapie 6. — , über d. gynäiol. Klinik d. Spitals
Philanthropie in Bukarest 192.
Beulenpest s. Pest
Bierhefe, gegen Infektion mit Staphylokokken u. Stropto-
kokken 176.
Bismuthose, therapeut Wirkung 175.
Bitterwasser, natürliches, Wirkung 16.
Blasenstein, Operation 204.
Blaulicht, elektrisches, therapeut. Anwendung 21 .
Blausäure, als Verbrennungsprodukt d. Celluloid 100.
Bleikolik, experim. Erzeugung 54.
Blennorrhagie s. Ophthalmoblennorrhoe ; Tripper.
Blindheit, inAec^pten, Ursachen 95. — S. a. Rinden-
blindheit; Wortbündheit
Blödsinn, erworbene Formen 183.
Blut, Verhalten b. Nierenkrankheiten 4. —, Bestimmung
d. Eiweissgehalts 5. — , Untersuchung mit d. Refrakto-
meter 5. — , Lävulose in solch. 5. — , Fettgehalt 5.
44
346
Saoh-RegiBter.
— , WirkoDg d. Kälte ftuf dass. 8. ^, Einwirkung d.
Sohwitzens 9. — , Wirkung lokaler hydrotherapeut
Prooedaren 9. — , Einfloss d. Salzgehaltes d. Trink-
qnellen aaf dass. 15. — , Typhosbacillen in solch. 36.
— , Gefrierpunkt b. Typhus 39. —, Beschaffenheit im
Puerperium 71. — , Betention im Uterus u. in d. Tuben,
Operation 80. — , Gehalt d. Milz an solch, naoh Er-
stickung 99. — , Verhalten b. Pferde 160. ~, Zusam-
mensetzung d. Eiweissstoffe b. Alkaptonurie 174.
Blutoirkulation, Hydrotherapie d. Störungen dees.
10. — , Wirkung d. Alkohols 175.
Blutdruck, Wirkung von Bädern u. Duschen 9. 14.
— , rhythmische Schwankungen 46. —, Steigerung
während d. Entbindung 71. — , Verhalten b. Typhus 137.
Bluterkrankheit b. Typhus 142.
Blutgefässe, d. Haut, Einwirkung therm. Reize 8.
— , Wirkung d. Kamphera auf solche 56. ~, grosse,
Schussverletzung 88. — 8. a. Angiom.
Blutgefässtumoren, peritheliiüe d. Haut 247.
Blutgeschwulst s. Hämatocele.
Blutkörperchen, Veränderungen b. Malaria 66. — ,
Verhalten b. Typhus 147. — , Nachweis mittels Chinin
212. -- S. a. Erythrocyten ; Leokocyten; Leukocytose.
Blutserum, b. Kinde, Alexine in solch. 198. — S. a.
Serum.
Blutung, im Rückenmark naoh Verletzung 61 . •— , trau-
mat im Kehlkopf 68. ^, nach d. Entbindung, Ent-
stehung u. Behandlung 71. —, Stillung durch Gelatine
249. — S. a. Darmblutung; Hsjnblase; Hirnblutung;
Meningealblutung; Menstruation; Nebenniere; Ton-
sillotomie.
Boden s. Erdboden.
Borsäure, Wirkung u. Ausscheidung 55.
Botryomykose, Aetiologie u. Pathogenie 246.
Bradykardie b. Basedow'scher Krankheit 179.
Brand s. Gangrän.
Bronchialmuskeln, Innervation 45. — , Wirkung
von Giften auf solche 45.
Bronchiolitis fibrosa obliterans 2.
Bronchopneumonie d. einen u. Abscess d. anderen
Lunge 188.
Brucheinklemmung s. Hernie.
Brunnen, Verbreitung d. Typhus durch solche 28. 29.
— S. a. Trinkwasser; Wasser.
Brunnenkuren im Hause 13.
Brustkinder, Nahrungsmengen b. solch. 195. 196.
Bube, klimatischer 190.
Bubonenpest s. Pest
Bursa s. Schleimbeutel.
Buttermilch, als Kindemahrung 85. — , Verhalten d.
Bakterien in solch. 198.
Californien, Klimatologie 25.
Carcinom s. Hautkrebs; Krebs.
Carpus, Fraktur d. Os naviculare 206.
C a s e i n , Ausscheid, aus d. Milch durch Kohlensäure 198.
Castration, wegen funktionirender Ovarien b. rudi-
mentärer Entwickelung d. Müller'schen Gänge 70.
Catgut s. Jodcatgut
Celluloid, Blausäure als Verbrennungsprodukt 100.
Centralnervensystem, Verhalten bei Maul- u.
Klauenseuche 50. — , Funktion b. d. Fledermaus 163.
Centrum, f. d. Augenmuskeln im Gehirn 125. — , f. d.
Innervation d. Blase 132. — , f. d. Athmung in d.
Medulla oblongata 165. — , f. d. Sprache im Gehirn 226.
227. 228. 229. — S. a. Associationoentra; Hirnrinde;
Projektionoentra.
Cerebrospinalmeningitis, eitrige 65. — , durch
d. Meningocoocus verursacht 68. — , durch d. Pfeiffer*-
sehen Bacillus verursacht 185.
Chemie, analytische, ausgewählte Methoden (von D,A,
Oaasen, U.) 214. — S. a. Practicum.
China, Bakterien in Wasserläufen 97.
Chinin, Aristoohin als Ersatzmittel 55. — , prophylakt
Anwend. b. Malaria 56.. — , Anwend. b. Typhus 148.
151. 152. — , Nachweis von Blutkörpereben mit
solch. 212.
Chirurgie, Anwendung d. Akoin 177. — S. a. Grund-
riss ; Indikationen.
Chlorbaryum, therapeut Anwendung 175.
Chlornatrium - Schwefelthermen von Baden
(Schweiz) 17.
Chlorurie,b. Scarlatina u. Diphtherie 68.
Choledochotomie, wegen Spulwurms im Ductus
choledochus 93.
Choledoohus s. Ductus.
Cholelithiasis, Nutzen d. Moorbäder 16. — , Kolik
ohne solche 91. — , Operation, Dauerheilung 91. — ,
Laparotomie 91. — , Prophylaxe u. Behandlung ohne
Operation 191. — , Bezieh, zu Bakterien 266. — , Ver-
schluss d. Choledochus, Behandlung 267.
Chorea, Bezieh, zu Erythema exsudativum multiforme,
Rheumatismus nodosus u. Endoperikarditis 245.
Chorioepithelioma malignum 79.
Chorionzotten, d. Placenta, Bau 239.
Chylorrhöe, temporäre, b. Lymphangiom 87.
Cirkulation s. Blutoirkulation.
Cirrhose, d. Leber (atroph, ohne Milzvergröasenug)
191. (Hippokratisohe Finger b. solch.) 191.
Clavicula d. Kindes, Fraktur b. d. Geburt 83.
Collargol, Wirkungsweise 177. — , intrarhaohidiald
Einspritzung gegen Meningitis 177.
Colostrum, körperL Elemente 161.
Conjunotiva, Injektion von Jodnatrium unter die-
selbe 176.
Conjunctivitis, blennorrhag. d. Neugeborenen 95.
Cornea, primitives Sarkom 206. — , perforirende Schnitt-
wunden, Heilung 209. — , Transplantation b. nloen-
tiven Processen 209.
Corpus luteum, Bezieh, zur Menstruation 70.
Cretinismus, endemischer, Organotherapie 186.
Cyste, angeb. doppelte d. Vsgina 257. — S. a. Schleim-
oyste.
Cystinurie, familiäre 51.
Cystooele, Operation 220.
Cytodiagnostik, Ergebnisse 187.
Oampf, Desinfektion mit solch. 210.
Darm, Perforation b. Typhus 42. 149. 154. 155. —, Wir-
kung mechan. Hindernisse auf d. Indioanausscheidong
51. •— , Ocdusion durch d. bew^iohe Milz 191. — ,
Verletzung b. gynäkolog. Operationen 192. — S. a
Dickdarm.
Darmarterien, Angiosklerose 4.
Darmblutung, b. !^phus 149. 154.
Darmgeschwüre, b. Typhus 42. 149. 154. 155.
Darmkoth s. Faeces.
Darmkrankheiten, Hydrotherapie 11.
Dauerbad, Anwendung u. Wirkung 10.
Daumen, Plastik 207.
Decanulement nach Tracbeotomie 202.
Decidua, Einbettung eines Fibromyoms in dies. 258.
Decubitus, durch d. Kanüle naoh d. Traoheotomie
202.
Deformitäten, Anwendung d. artikulirenden Gips-
verbandes 200.
Delirium, b. Typhus 138. — , nach Anwendung von
Paraldehyd 249.
Desinfektion, b. Typhus 138. 149. 153. 156. 158. -,
mit Dampf 210. — , mit Aetzsublimat 210. 211. —, mit
Formaldehyd 210. 211. —, mit Alkohol 2 U. ->, mit
Sublamin 211. — , d. Hände 211.
Desinfektionmittel, Sublimat 210. 211. — , SaUa-
min 211. — , Alkohol 211. — , Zusatz von Seife 211.
— , Lösung in Alkohol 211. — , Bacillol 211.
Deutschland, Heilquellen u. Kurorte 17. — , Winter-
kuren 26.
Diabetes mellitus (Verhalten d. Lora^erfcotM^schen In*
sein) 5. (Ausscheidung von Lävulose) 5. (Fett im
Blute) 5. (Wirkung d. Bitterwassers auf d. Stoff-
Sach-Register.
347
Wechsel) 16. (Vorkommen) 220. — , insipidos, Nutzen
d. Strychnios 55.
.Diät b. Typhus 149. 150.
Diagnostik s. Cytodiagnostik.
Diaphyse s. Oberschenkel.
Diathese, hämorrhag. b. Typhus 142.
Diazoreaktion b. Lungentuberkulose 221.
Dickdarm, Nachweis von Strychnin im Inhalt 178.
Digitalinum, purissimum, Wirkung 175.
Digitalisblätter, physiolog. Werthbestimmung 56.
Dikrotismus d. Pulses b. Typhus 136. 137.
Dilatation d. Cervikalkanals 260.
Diphtherie, Chlorurie b. solch. 68. — , d. Nase, Ge-
fährlichkeit 68.
Diphtherieserum, antibakterielles, Bereitung 244.
Di plegia, facialis 182.
Diploooocus, intracellularis meningitidis, ätiol. Be-
deutung 244.
Diplostreptoooccus b. Gelenkrheumatismus 253.
Diurese, b. Erschwerung d. Harnabflusses 242. — ,
Wirkung d. Salze 243.
D i u r e t i c a , Theocin 55. 248. — , Wirkung auf d. Gra-
nula in d. Nieren 243.
Drainage d. Ductus hepatious 91. 92.
Drüsen, Bezieh, zur Entstehung d. Akromegalie 52. —
S. a. Schilddruse; Thymusdrüse.
Drüsenkrankheit von Barbadoes 263.
Ductus hepaticus, Drainage 91. 92. — , choledochus
(Spulwurm in solch.) 93. (Verschluss durch Stein, Be-
handlung) 267.
Dunkelheit, Wirkung auf d. Körper 20.
Dusche, Wirkung auf d. Blutdruck 9. — , Wirkung auf
d. respirator. Gaswechsel 100.
Dy8arthrie67. 226.
Dyspnoe, b. Vagusreizung 45.
Echinococcus im Occipitallappen d. Gehirns 130.
£cholalie229.
Edentin, Hydrolyse 160.
Ei, Eindringen d. Spermatozoon in dass. 239.
Einwickelung, kalte, Wirkung u. Anwendung 9.
Eisen, Gehalt d. Körpers an solch. 160.
Eisenbahnfahrten, im Hochgebirge, Gefährlichkeit
f. alte Leute 24
Eisen bogen lampe zur Lichtbehandlung 22.
Eisensomatose, Wirkung 175.
E i 8 m i 1 c h , Beschaffenheit 100.
Eiterung, in d. Niere 190.
£i weiss, Bestimmung im Blut 5. ~, Antikörper in
solch. 43. — , Fäulniss, Einflnss d. Kohlehydrate 16.
— S. a. Jodalbumin ; Serumalbamin.
Eiweisskörper, Zersetzung im Körper 43. — , Re-
sorption 160. — , d. Milch 197.
Ekchymosen, b. Masern 185.
Eklampsie, Pathogenese u. Therapie 194. — , b. einer
Jungfrau 195.
Ekzem, akutes, Behandlung mit heissem Wasser 11.
— , Pathologie u. Therapie (von P. O. Unna) 218.
Elektrioität, Tödtang d. Bakterien durch solche 49.
— , traumat Neurose durch solche verursacht 58. — ,
Anwendung b. Basedowscher Krankheit 179. — S. a.
Glühlicht; Licht.
Elektrocompressen, Anwendung b. Rheumatismus
256.
Elephantiasis d. Vulva, chronische 69.
Embolie s. Lungenembolie.
Emphysem, d. Bauch wand nach Laparotomie 82.
Empyem, d. Lunge b. Typhus 137.
Encephalocele s. Meningo-Bncephalocele.
Endemie s. Cretinismus.
Endokarditis b. Typhus 186.
Endoperikarditis, Bezieh, zu Erythema multiforme,
lUieumatismus nodosus u. Chorea 245.
Endotheliom d. Uterus 258. 259.
Entbindung, Beschaffenheit d. Blutes 71. — , Steige-
rung d. Blutdrucks 71. — , Entstehung u. Behandlung
von Blutungen nach solch. 71. — , Appendicitis b. solch.
81. — , Gomplikationen b. ausgedehnten Varioes 194.
— , Ascites d. Foetus als Hindemiss 261. — 8. a. Geburt
Entwickelungshemmung, umschriebene des Ge-
hirns 182.
Enzyme, proteolytische 161.
Epidemie s. Typhus.
Epididymitis b. Typhus 141.
Epiglottis, Veränderungen b. Typhus 137.
Epilepsie, Hydrotherapie 12. — , b. Himgeschwulst
131. 132. 235. 236. — , Verlauf nach Typhus 140. — ,
operative Behandlung 236. — S. a. Hysteroepilepsie ;
BindenepUepaie.
Epitheliom s. Chorioepithelioma.
Epithelknötchen, subseröse 52.
Erblichkeit d. Hasenscharte 20L
Erblindung s. Blindheit.
Erdboden, Verbreitung d. Typhusbaoillen in solch. 36.
Ernährung, durch subcutane Injektion von Gel 54.
— , d. Säugling (natürliche) 84. 195. 196. (künstliche)
84. 196. 197. (m gesunden u. kranken Tagen; von 12m/.
FiscM) 217. — , b. Typhus 149. 150. — , d. Kinder (von
Fr%t% Toepläx) 218.
Erstickung, Blutgehalt d. Milz 99.
Ertrinkungstod, Resultate d. Kryoskopie 212. — ,
HyperaSrie 212.
Erysipel, Verhalten d. Streptokokken 185, — , Be-
handlung 249.
Erythema, nodosum. Bezieh, zu Angina 65. — , ex-
sudativum multiforme. Bezieh, zu Chorea, Rheumatis-
mus, Endoperikarditis 245.
Ery throcy ten, Verhalten b. Malaria 66.
Esanophelin, prophylakt. Anwendung U Malaria 56.
Explosionsschüsse 89.
Exsudat, pleuritisches, Diagnose, Beschaffenheit 3.
Extremitäten s. Arm; Gliedmaassen.
Facialis s. J^ervua.
F a e c e s , b. Typhus (Nachweis u. Lebensdauer d. Bacillen)
33. 171. (Beschaffenheit) 150. pesinfektion) 156. — ,
Nachweis von Strychnin in solch. 178.
Färbung d. Bakterienkörnchen 167.
Fäulniss, d. Eiweisses, Einfl. d. Kohlehydrate 166.
Fangokur, Indikationen 15.
Farbe, Bezieh, zum Raum 162. — , Wesen ders. 163.
Fasoienquerschnitt, suprasymphysärer nach /yan-
nmstiel 259.
Fe bris intermittens s. Malaria.
Fehlgeburt s. Abortus.
Fermente d. Milch 83. 197. — S. a. Fibrinferment.
Fett, im Blute bei Diabetes mellitus 5. — , subcutane
Einverleibung 54.
Fettgeschwulst s. Lipom.
Fibrinferment, Natur 43.
Fibrinpepton 43.
Fibrom d. Uterus, Hysterektomie' 258.
Fibromyom d. Uterus, Einbettung in d. Decidua 258.
Fieber b. Typhus (Fehlen) 143. (remittirendes) 144. —
S. a. Reaktionsfieber; Urethndfieber.
Finger, Hippokrat bei Leberdrrhose 191. — , Ver-
letzung, Behandl. 207. — S. a. Trommelschlägelflnger.
Finsen's Lichtbehandlung 22. 23.
Fledermaus, Funktion d. Gentralnervensystems 163.
Fleisch, Einwirkung niedriger Temperatur 211.
Fliegen, Verbreitung d. Typhus durch solche 28. 30.
31. 49.
Fluss s. Wasserläufe.
Foetus, Uebergang d. Agglutinine u. Immunkörper d.
Typhusbacillen von der Mutter auf dens. 40. — ,
Knochenherd im Gebärmutterhals 53. — , Retention
d. abgestorbenen 73. — , Veränderungen d. Plaoenta
nach d. Tode dess. 79. — , Wirkung d. Phosphors auf
dens. 178. — , Ascites als Geburthindemiss 261.
Formal, Geßihrliohkeit 178.
348
Sach-Begister.
Formaldehyd, als DesinfektioDmittel 210. 211.
Fraktur, d. Orbitaldachs, indirekte daroh Schussver-
letsmig89. — , d. Gavionla d. Kindes b. d. Gebart 83.
—, d. Patella, Entstehung n. Behandlung 93. 94. — ,
d. Knochen, Diagnose 205. 206. — , d. Os naviculare
carpi 206. — , spiralförmige d. Unterschenkels 206.
— , Knorpelbildung b. solch. 265.
Frankfurt s. Jahresbericht
Frauenklinik s. Jahresbericht
Frauenkrankheiten, Mittel u. Wege zur Erkennt-
niss (von F, v. Winekel) 216. — 8. a. Gynäkologie.
Frauenmilch, Emfihrung d. Säuglings mit solch. 84.
193. 196. — , körperl. Elemente 161.
Frosch, photoelektr. Veränderungen im Augapfel 47.
Führer, praktischer, durch d. gesammte Medicin (von
Lorenx) 102.
Funiculus umbilicalis s. Nabelstrang.
Furunkulose, als Urs. von Prostatitis mit Abscess-
bUduDg 204. 205.
Fuss 8. Plattfuss.
Clährungsprocesse, Einfluss niedriger Temperatur
211.
Galle, Wirkung auf d. Typhusbacillen 39. •— , aggluti-
nirende Eigenschaft 171.
Gallenblase, Kolik ohne Stein 91. — , Ruptur in d.
freie Bauchhöhle 93. — , Nekrose 268.
Gallensteine, Nutzen d. Moorbäder 16. — , Fehlen b.
Gallenblasenkolik 91. — , Operation, Dauerheilung 91.
— , Laparotomie 91. — , Prophylaxe u. Behandlung
ohne Operation 191. — , Bezieh, zu Bakterien 267.
Gallenweffe, Anatomie u. Pathologie 90.
Ganglien m d. Hohlhand 207.
Ganglion, Otuseri, Exstirpation wegen Trigeminus-
neiuralgie 219.
Gangrän, nach Scharlach 66. — , d. Haut b. Typhus
137. — S. a. Noma.
Garnisonen, Typhusepidemien 29.
Gas, Bildung durch Typhusbacillen 32.
Gaswechsel, respiratorischer, Wirkung von Duschen
u. Bädern 100.
Gebärmutter, Anwendung d. Vaporisation 70. — ,
Zerreissung, operative Behandlung 72. — , Betention
(d. abgestorbenen Foetus) 73. (von Blut, Operation) 180.
— , Myom (b. Neubildung im Ovarium) 80. (Hyster-
ektomie) 219. (Bezieh, zur Sterilität) 257. — , Schwanger-
schaft in d. einen Ecke 80. — , Prolaps (Totalexstirpa-
tion) 81. (Operation) 192. 257. — , Retrodeviationen
(Behandlung) 193. (nach Verletzung des Ligamentum
rotundum) 193. — , Fibroid (mit Krebs) 258. (Hyster-
I ektomie b. solch.) 258. — , Sarkom 258. — , Endotheliom
258. 259. — , Eindringen von Luft 261. — , Pathologie
d. Schleimhaut 271. — S. a Hysterektomie ; Metritis.
Gebärmutterband, rundes (Verletzung, Prolapsus
uteri nach solch.) 193. (Bedeutung b. Hemiotomien)
193.
Gebärmutterhals, Knochenherd in solch, b. Foetus
53. — , Endotheliom 259. — , Dilatator 260.
Gebärmutterkrebs, gleichzeitig mit Fibroid 258.
— , Chirurg. Behandlung 259.
Gebühren wesen, ärzÜiches, in Bayern (von Spaei u.
Stenglein) 224.
Geburt, Unterbrechung der Wehenthätigkeit 73. — ,
Fraktur d. Clavicula d. Kindes b. solch. 83. — , Krank-
heiten d. Kindes, durch Verletzung b. solch, entstanden
83. — , Bezieh, zu inneren Krankheiten 104. — , von
Thorakopagen 262. — , Tod d. Neugeborenen während
oder gleich nach ders. 262. — , Himhautblutung d.
Neugeborenen nach normaler 263. — 8. a. Entbindung;
ZwimngSjgeburt
Geburthinderniss, Ascites des Foetus 261.
Geburthülfe, Schmerzminderung u. Narkose (von
Riehcard v. Stevnbüehl) 215. — S. a. Vademecum ; Vor-
lesungen ; Zangenoperationen.
Geburtwege, Atresie (Verhütung u. Behandlung) 69.
Gefässe, metallene, Wirkung auf Speiseöle 212.
Gefrierpunkt d. Blutes b. Typhus 33. 39.
Gefühl 8. Vibrationgefühl.
Gehirn, Geschwülste (im Stimhim) 62. (Symptome)
129. 130. (Lokalisation) 129. 130. 131. (ependymäres
Gliom im 4. Ventrikel) 247. — , Narbenbildung in solch.
62. — , Physiologie 121. 122. 164. — , Lokalisation in
solch. (Association- u. Projektionoentra) 122. (moto-
rische Centn) 124. 125. (Gentrum f. d. Augenmuskeb)
125. (Gentrum für die Nahrungsaufnahme) 125. (Seh-
sphäre) 127. 213. (Centrum f. d. PnpiUenbewegungen)
128. (Hörsphäre) 12a (Innervation d. Harnblase) 132.
(d. Sprache) 226. 227. 228. 229. —.Funktion d. Stirn-
lappens u. d. Scheitellappens 123. 124. — , Erweichung,
Symptome 130. — , Funktion b. d. Fledermaus 164.
— , Leitungsbahnen zwischen solch, u. d. Bückenmark
164. — , umschriebener Entwickelungsdefekt 182. — ,
Beiträge zur Pathologie 213. — , Absoees, operative
Behandlung 236. — , Beschaffenheit b. Hemicephalos
250. — , Balken (Mangel) 251. (Geschwülste) 251. -,
Muflkelatrophie von solch, ausübend 251. — S. a. Hirn-
geechwülste; Hirnrinde; Hirn Ventrikel; Kleinhirn;
Heningo-Encephalocele.
Gehör, Lokalisation im Gehirn 128.
Geistesarbeit, Wirkung auf d. Körpertemperatur 47.
— , EinfL. d. Behinderung d. Nasenathmung 166. — ,
psych. Wirkung 166. — , Einfluss d. Hungems 166. 167.
— , Einfluss d. Alkohols 167.
Geistesstörung, Hydrotherapie 11. — , b. Typhus
138. 139. 140. — S. a. Verbrecher.
Gelatine, als Hämostaticum 249.
Gelbfieber, üebertragung durch Stechmücken 67.
Gelenkcontrakturen, angeborene 262.
Gelenke, Tut>erkulo8e, Balneotherapie 17. — 8. a. Hüft-
gelenk ; Osteoarthropathie.
Gelenkentzündung, b. Scharlach 66. — , chron.
rheumat b. Kindern 85.
Gelenkknorpel, Heilung d. Verletzungen 53.
Gelenkrheumatismus, Bezieh, zu Angina 65. — ,
chronischer 85. 255. — , Entwickelungshemmung der
Gliedmaassen nach solch. 86. — , Diplostreptoooccns
b. solch. 253. —, akuter (Contagiosität) 254. (Patho-
genese) 254. (Diagnose von Tuberkulose) 254. ^^eoen-
thrombose) 255. (Behandlung) 256. 257. — , subakutes,
Symptomatologie u. Differentialdiagnose 254.
Gemüse, Üebertragung von Typhus durch solche 28.
Geruch, Bezieh, zum Geschmack 242.
Geschirre, irdene, Wirkung auf Speiseöle 212.
Geschlechtskrankheiten, ansteckende, Bekäm-
pfung 218. 219. — , XL Rechtsschutz (von M. FUseh o.
L. Weriheimer) 272.
Geschlechtsorgane beim Weibe (Verhütung u. Be-
handlung d. Atresie) 69. (mangelhafte Entwickelang) 70.
(präsenile Atrophie) 83. (EntwickelungsgeschicbteJlC^
Geschlechtsreife S.Pubertät
Geschmack, Bezieh, zum Geruch 242.
Geschoss s. Projektil.
Geschwür d. Hornhaut, Transplantation zur Heilung
209. — S. a. Magengeschwür.
Geschwulst, pathoL-anatom. Untersuchung 54. —
S. a. Angiom ; Augenhöhle ; Blutgefässtumoren ; Gan-
glien; Gehirn; Gliom; Hämatocele; Hirngesohwülsrt»;
Himventrikel; Hydrocele; Hygrom; Hypophyse; La-
rynx; Lipom; Lymphandom; Meningo-EDcephaiocele;
Myelom; Myom; Gberschenkel; Pleura; Pons; Rhabdo-
myom ; Bundzellensarkom ; Stirnhirn.
Gesichtsatrophie, einseitige 181.
Gesiohtsinn, Lokalisation im Gehirn 127. 132. 213.
Gewebe, thierische, Wirkung d. Extrakte 162.
Gewebelehre s. Handbuch.
Gicht, rheumatische 255. — , Ablagerung von Phos-
phaten u. Carbonaten in d. Haut 256.
Gift d. austral. Tigerschlange, Wirkung auf d. NerveD-
zellen 178.
Gigantismus mit vorzeitiger Pubertät 181.
Saoh-Begister.
349
Oipsverband, artikolirender 200.
Glandula parathyroidea. Histologie 173.
Glaubersalzwässer, Wirkung auf d.Stoffweohsell 3.
Glaukom, Theorie 96. — , primäres 96. — , Behand-
lung 97.
Gliedmaassen, Entwickelungshemmung nach Gelenk-
rheumatismus 86. — , primärer Krebs an dens. 205.
Gliom d. Retina, Histogenese 247. — , ependymäres im
4. Ventrikel 247.
Globin , Wirkung des Hundemagensaftes auf solch. 44.
Glossitis b. Typhus 138.
Glüh licht, elektrisches, gegen innere Infektion 245.
Glykosal, Wirkung 175.
Granula in d. Niere, Wirkung der Diuretica 243.
Greisenalter, Reflexe in solch. 47.
Grosshirn s. Gehirn.
Grundriss d. Lungenchirurgie (von Oarrl u. Quincke)
107. — S. a. Atlas.
Grundwasser, Bezieh, zu Typhus 29.
Gymnastik b. chron. Herzkrankheiten 10.
Gynaecologia Helvetica (von 0. Beuitner) 271.
Gynäkologie, Anwend. d. Atmokausis u. Zestokausis
105. — , Neben Verletzungen b. Operationen 192. — ,
Anwendung d. neuen Theorie d. Lösung 215. — S. a.
Bericht; KHnik; Mittheilungen.
Gynatresie, Prophylaxe, Behandlung 69.
Haematocele, paratubale 71.
Hämoglobin, Wirkung des Hundemagensaftes auf
solch. 44.
Haemostaticum, Adrenalin 149. 154. — , Gelatine
249.
Hände, Desinfektion 211.
Halssympathicus, spinaler Ursprung 165.
Hand, Oedem d. Rückens 207. — 8. a. Hohlhand.
Handatlas der Anatomie des Menschen (von Werner
SpaÜeholx, IH. 2) 101.
Handbuch, A Kßüikef's^ d. Gewebelehre (6. Aufl. von
Victor V, Ebner) 101. ~-, d. Medicioalgesetzgebung im
Königr. Bayern (von Carl Becker) 223.
Handwurzel s. Carpus.
Harn, Bestimmung d. Schwefels in solch. 44. — , Wir-
kung verminderter Salzausscheidung 51. — , Ausschei-
dung 51. — , Verhalten b. Typhus 158. — , Typhus-
bacillen in solch. 157. — , Desinfektion b. Typhus 158.
— , Erschwerung d. Abflusses, Wirkung auf d. Diurese
242. — 8. a. Alkaptonurie; Bakterium; Ghlorurie;
Cystinurie; Diuretica; Phosphaturie; Polyurie.
Harnblase, Blutung, Behandlung 5: — , Gentrum f. d.
Innervation 132. — ,Bacterium laotisaerogenes in solch.
190. — , Verletzung bei gynäkolog. Operationen 192.
— , Zerreissung, Behandlung 204. — 8. a. Blasenstein.
Harnroenge, Wirkung d. Salicylpräparate 4. 5.
Harnorgane s. Taschenbuch.
Harnröhre, Angiom b. Weibe 83. — , Verletzung bei
gynäkolog. Operationen 192. — S. a. ürethralfieber.
Hasenscharte, amniogene u. erbliche 201.
Haut, Absorption durch dies, in Bädern 15. — , Ab-
schuppung nach Typhus 137. — , peritheliale Blut-
gefasstumoren 247. — , Ablagerung von Phosphaten u.
Carbonaten in solch, b. Gicht 256.
Hautgangrän b. Typhus 137.
Hautge fasse, Wirkung therm. Reize 8.
Hautkrankheiten, Phototherapie 22. 23. — 8. a.
Acne; Ekzeme; Erytheme; Lepra; Lupus; Prurigo;
Taschenbuch ; Xeroderma.
Hautkrebs, patholog.-histol. Untersuchung 54.
Hauttemperatur, Wirkung thermischer Reize 8.
Hemicephalus, Beschaffenheit d. Gehirns 250.
Heer, Typhus in solch. 27. 29. — , traumat. Neurose in
solch. 58.
Hefe s. Bierhefe.
Heilgehülfen s. Lehrbuch.
Heilquellen u. Kurorte : Ain-d'Ouarque 19. Algerien
25. Baden (Schweiz) 17. BrückenaulS. Deutschland 17.
Eilsen 15. Homburg 15. Karlsbad 18. Luxeuill9. Mer-
gentheim 16. Nauheim 17. Neuenahr 17. Oesterreich 25.
Soden a. T. 18. Solka 14. Töplitz 18. Vichy 19. Wil-
dungen 18. Württemberg 17.
Heilserum, gegen Streptokokkeninfektion 2. — , gegen
Leukämie 5. — , gegen Basedow^sche E[rankheit 179.
— , gegen Milzbrand 185.
Heilstätten f. Nervenkranke 113 flg.
Heissluftbad, Wirkung 21.
Heissluftbehandlung, Wirkung, Technik 10.
Hemianästhesie b. Himgeschwülsten 131.
Hemianopsie b. Hypophysengeschwulst 179.
Hemiatrophia facialis progressiva 181.
Hemiplegie b. Typhus 139.
Herrmannshans, Unfallnervenklinik 60.
Hernie, des Nabelstrangs, Behandlung 83. — , ein-
geklemmte, Behandlung 202. 203. — , ungewöhnliche
Formen 220.
Herniotomie, Bedeutung d. Ligamentum uteri rotun-
dum 193.
Herodot s. Medioin.
Herpes, zoster, Pathologie 251.
Herz, b. Typhus (Verhalten) 41. 136.137. (Behandlung)
153. — , oompensator. Bause 46. —, Wirkung d. Kam-
phers auf dass. 56. — , Schussverletzung 88. — , con-
genitaler Defekt d. Ventrikelscheidewand mit variköser
Erweiterung d. Hirnsinus 263. — S. a. Bradykardie ;
Endokarditis; Endoperikarditis; Tachykardie.
Herzbeutel s. Perikarditis.
Herzerweiterung, akute 3.
Herzkrankheiten, chron., Hydrotherapie u. Gym-
nastik 10. — , Balneotherapie 16. 18. — , Trommel-
schlägelfinger b. solch. 180.
Herzmuskel, Erkrankungen, Nutzen d. Moorbäder 16.
Hirnab8cess,b. Typhus 139. — , rhinogener 236. — ,
operative Behandlung 236.
Hirnblutung, späte nach Kopfverletzung 60.
Hirngeschwülste, Symptome (psychische) 129. 130.
131. (Sprachstörungen) 129. (Hemianästhesie) 131.
(Mydriasis) 130. (Epilepsie) 131. 132. 235. 236. — ,
Lokalisation (im Stirnhim) 129. 130. 131. (im Hinter-
hauptslappen) 130. 132. (in d. Scheitelgegend) 131.
— , Jodkaliumtherapie 234. — , Operation (Heilung)
234. 235. (Recidive) 234. (ohne Erfolg) 234. 235.
Hirnhautblutung b. Neugeborenen nach normaler
Geburt 263.
Hirnrinde, Funktionen 123. 126. — , Lokalisation
(Sinnessphären) 124. (motor. Centra) 124. 125. 126.
(Gentrum f. d. Nahrungsaufnahme) 125. (Hörsphäre)
128. (Centrum f. d. Pupillenbewegung) 125. — , sen-
sible Funktionen 126. — S. a. Rindenblindheit; Rinden-
taubheit
Hirnventrikel, Geschwülste in solch. 62. 181.247.
— , variköse Erweiterung b. angeb. Defekt d. Herz-
scheidewand 263.
Histologie s. Atias.
Hochgebirge, Nachtheile der Eisenbahnfahrten für
alte Leute 24.
Ho de 8. Orchitis.
Höhenklima, Wirkung 23. 24.
Hohlhand, Ganglien 201.
Hornhaut s. CJomea.
Hüftgelenk, angeb. Luxation, Entstehung, Behand-
lung 94.
Huhn, Immunität gesen Milzbrand 169.
Hund, Wirkung d. Magensaftes auf Hämoglobin 44. — ,
Immunität gegen Milzbrand 169.
Hunger, Einfluss auf geistige Arbeit 166. 167.
Hydrargyrum, chloratum (ids Desinfektioomittel) 20.
(Anwendung b. Typhus) 148. — , Lokalisation b.d. Ver-
giftung 178. — , herrmophenyhcum, Wirkung u. An-
wendung 249. — S. a. Schmierkur.
Hydrooele, Operation 90.
Hydrolyse d. Oxyhämoglobin, d. Serumalbumin u. d.
Edentin 160.
350
Sach-BegiBter.
Hydrotherapie, Fortschritte 6. — , als Lehrfiush an
ÜDiversitäteD 6. — , Abhärtang mittels solch. 8. — ,
Wirkung anf d. HantgefXsse u. Haattemperatur 8. — ,
Reaktion 8. — , Wirkung lokaler Applikation auf das
Blat 9. — , im Winter 10. — , Gontraindikationen 10.
— , b. Erei^aa&törangen 10. ~, b. chron. Herzkrank-
heiten 10. — , b. Lepra 11. — , b. Magenkrankheiten 11.
— , b. Infektionen 11. — , b. Lungenentzündung 11.
— , b. Basedow'soher Krankheit 11. 179. — , b. Psy-
chosen 11. — , b. Epilepsie 12. — , b. Typhus 153.
H y g i a m a als Eindemahrung 250.
H y g r 0 m , Entstehung 88. — , d. Sehnenscheiden, £x-
stirpation 88.
Hymen, ausgebildeter b. Defekt d. Vagina 80.
Hyperaerie b. Ertrinkungstod 212.
Hyperhidrosis unilatendiB 58.
Hypnoticum, Yeronal 54.
Hypophyse, normale u. patholog. Anatomie 51. 173.
— , Geschwulst (Bezieh, zu Akromegalie) 179. 180.231.
(ohne Akromegalie) 179. 221. (Sehstörungen) 179. 180.
(Diagnose) 180.
Hysterektomie, Verletzung d. Harnröhre b. solch.
192. — , wegen Myom 219. — , abdominale, totale b.
Fibrom 258.
Hysterie, als ünfallneurose 58. ->, nach Verletzung
mit organ. Nervenkrankheit complicirt 59. — , Simu-
lation b. solch. 59.
Hystero-Epilepsie 184.
tVahrbuoh f. sexuelle Zwischenstufen (herausgeg. von
Htrsehfeld) 107.
Jahresbericht, med.-statist über d. Stadt Stuttgart
im J. 1902 (red. von Weinberg) 109. — , über d. Ver-
waltung d. Medicinalwesens u. s. w. der Stadt Frank-
furt a.M.(1901) 109. ~, d. Landes-Med.-CoUegiums im
Eönigr. Sachsen (1901) 110. — , d. Sabbatbergkranken-
hauses in Stockholm 219. — , d. Mariakrankenhauses
in Helsingfors 221. —, d. Frauenklinik (von Ä. v, Otte-
rard u. W. Schtäxe-Veüinghaueen, 1902) 271.
Idiotie, amaurotische familiäre 182.
Jequiritol, Jequiritolserum, Joquirity, An-
wendung b. Augenkrankheiten 56.
Ikterus, Pathogenese 171. — , Agglutination b. solch.
171.
Immunisation gegen Rinderpest 98.
Immunität, gegen Typhus 39. — , bakteriologische 168.
— , gegen Milzbrand b. Hunden u. Hühnern 169.
Immunkörper, d. Typhusbacillen, üebergaug von d.
Mutter auf d. Eind 40.
I n a n i t i 0 n , Einüuss auf geistige Arbeit 166. 167.
Indican, Ausscheidung bei mechan. Hindernissen im
Darm 51. — , Entstehung im Eörper 51.
Indikationen zu chirurg. Eingriffen bei inneren Er-
krankungen (von Hermann ScMesinger) 106.
Infarkt d. Niere, Diagnose 189.
Infektion durch Streptokokken 2.
Infektionkrankheiten, Hydrotherapie 11. — ,
Aetiologie 65.
Injektion, subcutane von Oel 54.
Innervation d. Bronchialmuskeln 45. — , d. Harn-
blase 132. — , d. Samenblasen 165.
Inseln, österreichische, Elima 24. 25. — S. a. Langer-
hans'sche Inseln.
Intelligenz, Bezieh, zum Stimhirn 130. 131.
Inunktionkur s. Schmierkur.
Jodalbumin, physiolog. Abbau im Eörper 43.
Jodcatgut, Anwendung 200.
Jedipin, Wirkung u. Anwendung 54.
Jodkalium, Anwendung b. Himgeschwülsten 234.
Jodnatrium, subconjunctivale Injektion 176.
Jodserum, Sdtwo's, gegen Milzhypertrophie b. Mala-
ria 57.
Iridektomie, Werth ders. 209.
Iridochorioideitis, Iridektomie b. solch. 209.
Irren wesen, Stand desselben innerhalb d. deutschen
Sprachgebiete (von Deiiers) 108.
Jungfrau, Eklampsie b. solch. 195.
Rälte, Wirkung auf: d. Blut 8. d. Vasomotoren 8.
d. Hauttemperatur 8. Bakterien n. fermentative Pro-
06680 211.
Eaiserschnitt, Erfolge 81. —, nach seinem heutigen
Standpunkte (von R. OUhausen) 216.
Eakke s. Beriberi.
Ealkmetastasen b. Myelom 248.
E a m p h e r , Wirkung auf Herz u. Oefässe 56.
' E a n u 1 e b. d. Tracheotomie (schwierige Entfernung) 202.
(Decubitus durch solche) 202.
Eatarakte, juvenile, Operation 269. — , künsÜ. Rei-
fung 269. — , primäre, Operation 269.
Eehldeokel s. Epiglottis.
Eehlkopf s. Larynx.
Eehrricht, Bakterien in solch, auf Eriegssohiffen 97.
Eeimepithelknötchen 52.
Eerne d. Bakterien 167.
Eeuchhusten, atyp. u. dyspept. Form 65.
Eind, Abhärtung 7. — , Uebergang d. Typhus von der
Mutter auf dass. 40. — , Fraktur d. Clavicula b. d. Ge-
burt 83. — , schmerzhafte Pronation 83. — , Emährung
(mit Soxkkfs Nährzucker) 84. (Buttermilch) 85. (Nah-
rungsmengen) 195. 196. (Hygiama) 250. — , akute
Leukämie 85. — , chron. rheumat. Arthritis 85. — ,
Entwickelungshemmung d. Oliedmaassen nach Gelenk-
rheumatismus 86. — , Sterblichkeit, Bedeutung im
Sinne d. Dartcin'aohen Auslese 99. — , im 1. Lebens-
jahre (von Th. Ooerges) 106. — , spontanes Myxödem
185. — , Milchsekretion b. solch. 195. — , Alexine im
Blutserum 198. — , Leberabscess 221. — , plötal. Tod,
Bezieh, zur Thymus 263. — S. a. Foetus; Säugling;
Schulen.
Einderkrankheiten, d. Therapie ders. (von Wüh.
Degrg) 217.
Ein der milch, Emährung d. Säuglinge mit solch. 84.
Eindesmord, durch Verschluss der Respiration-
öfihungen 99.
Elauenseuche s. Maul- u. Elauenseuohe.
E 1 e i n h i r n , Abecess, Diagnose u. Behandlung 90. — ,
Funktion b. d. Fledermaus 164. — , Leitungsbahnen
zwischen dems. u. d. Rückenmark 164.
Elima, d. Nordseeinseln 24. — , d. österr. Inseln 24. 25.
— , von Libau 25. — , von Califomien 25.
Elimakterium, Balneotherapie 16.
Elimatologie, Höhenklima 23. ', Eurorte 24.
Elinik, gynäkologische von Bngsträm, MittheUungen
80. 270. — , deutsche am Eingange d. 20. Jahrhundeits
(herausgeg. von L. von Leyden u. Fdtac Kimnperer^
lief. 79) 216. — S. a. Bericht
Elitoris, Oarcinom 82.
E 1 u m p f u s s , angeb., Aetioloine 262.
Eniegelenk, Enorpel in d. Schleimbeuteln 53.
Eniescheibe, Fraktur, Entstehung u. Behandlung
93. 94.
Enochen, Tuberkulose, Balneotherapie 17. — , Er-
krankungen b. Typhus 141. —, Bildung b. Säuglingen,
Einfl. d. sterilisirten Milch 198. — , künsÜ. Ausfüllung
von Lücken 200. — , Bildung in Muskeln 205. — S. a
Osteoarthropathie ; Röhrenknochen.
Enochenherd im fötalen Gebärmutterfaals 53.
Enoohenmark, b. Leukämie 44. — , Erkrankung b.
Typhus 50.
Enochensensibilität 182.
Enorpel, im Sohleimbeutel d. Eniekehle 53. — , Bil-
dung nach Frakturen 265. — S. a. GelenkknorpeL
Eochsalzlösung, physiologische, subcutane Injektion
b. Basedow'soher Erankheit 179.
E ö 1 i 0 1 0 m i e , vaginale, Entfernung d. Ovarien mitteb
solch. 193.
Eörnchen d. Bakterien 167.
Eörper, Waohsthum, Bezieh, d. Nebennieren 45.
Saoh-Keglster.
851
Eörperarbeit, psychische WirkuDg 166.
Körpertemperatar, Einfloss d. Bäder 9. —, Wir-
kung geistiger Arbeit 47. — , Herabsetsang durch
Krampf erregende Gifte 56.
Kohlehydrate, Einfloss aof d. Eiweissfitolniss 160.
Kohlensäure, Bäder mit solch. 14. 17. — , Aussohei-
dung durch d. Respiration 100. — , Ausscheidong des
Caseins aus d. Milch daroh solohe 1U8.
Kolik 8. Bleikolik; Nierenkolik.
Kopfyerletzang, späte Himblutang 60.
Koth 8. Faeces.
Krankenhaus, Infektion mit Typhus in solch. 31. 222.
— 8. a. Jahresbericht
Krankenpflege nach Bauchoperationen (von A, Pm-
hM9) 271.
Krankheiten, innere, Bezieh, zu Schwangerschaft,
Geburt u. Wochenbett (von 0. 0. Fellnm) 104.
Krebs, d. Klitoris 82. — , primärer an d. GÜedmaassen
205. — , Vorkommen 220. — , b. Fibroid d. Uterus
258. — 8. a. Hautkiebs.
Kreislauf 8. Blntcirkulation.
Kriegsschiffe, Bakterien im Kehricht 97.
Kryoskopie, Anwendung b. d. Ertrinkungstod 212.
Kugel s. Projektil.
Kuhmilch. Bereitung zum Ersatz d. Muttermilch 198.
Kurorte, klimatische 24.
Kurzsichtigkeit, Entstehung u. Behandlung 269. 270.
Kyphose, hystero-traumatische 57.
1< a b i u m leporinum s. Hasenscharte.
Lähmung, centrale, Entstehung durch Autointoxikatiou
51. — , d. N. radialis, traumat. 58. — , d. Ulnaris nach
Typhus 139. — , d. Oculomotorius b. Typhus 139. — ,
Landry*8che 182. — 8. a. Diplegie ; Hemiplegie; Spinal-
paralyse.
Lävulose, im Blut 5. — , Ausscheidung b. Diabetes
mellitus 5.
Laktoserum, Zusammensetzung 171.
Lampe s. Eisenbogenlampe.
Landes-Medicinal-Colleffium s. Jahresbericht
Landry'sche Paralyse 182.
Langerhans'sche Inseln, Verhalten b. Diabetes
mellitus 5.
Laparotomie, Emphysem d. Bauohhaut ntch solch.
82. — , wegen Gallenstein 91. — , wegen Dairaperforation
b. Typhus 155. — , Pflege nach solch. 271.
Larynx, Narbenstenose, Behandlung 68. — , traumat
Blutung 68. — , üebergang gutartiger Geschwtilste in
bösartige 68. ~, Ulceration nach Typhus 137. ---, Wir-
kung d. Nebennierenextrakts auf d. Schleimhaut 148.
— , äussere Operationen an solch. 201. 202.
Lateralsklerose, amyotrophische 58. 64.
Leber, Erkrankungen b. Typhus 108. — , Abscess b.
einem Kinde 221. — , SyphUis 268. — , Ligaturin solch.
268. — 8. a. Banti*sche Krankheit
Lebercirrhose, Operation 4. — , atrophische ohne
Milzrergrosserung 191. — , Hippokratische Finger b.
solch. 191.
Lehrbuch, f. Heilgehülfen u. Massöre (von Rcwnwmd
Qrcmier) 108. — , d. allgem. u. spec. Arzneiverord-
nungslehre (von Rud, Boehmt 3. Aldi.) 214.
Leitfaden f. d. geburtshülfl. - gynäkol. Untersuchung
(▼on H. SMketm) 105.
Leitungsanästhesie, durch neurale Injektionen 199.
Leitungsbahnen zwischen Gehirn u. Räokenmark
164.
Leitungswasser, Bakterien in solch. 98.
Lepra, Hydrotherapie 1 1 .
Leukämie, Serumtherapie 5. — , akute b. Kinderu 85.
Leukocyten, Verhalten b. Malaria 66.
Leukocytose, b. Perityphlitis 3. — , b. Typhus 142.
154.
Libaa, Klima 25.
Liboriusquelle in Bräckenau 18.
Licht, physiolog. Wirkung 20. — , elektrisches, thera-
peut Anwendung 21. 22. — , Einfl. auf d. Bewegungs-
apparat u. d. Reflexthätigkeit 23. — 8. a. Blaulicht;
Sonnenlicht
Lichtbehandlung s. Glühlicht ; Phototherapie.
Lichtwärmestrahlung, Wirkung 21.
Ligamentum uteri rotundnm, Bedeutung f. d. Hemio-
tomie 193.
Ligatur, in d. Leber 26a
Lipom, tiefsitzendes, Diagnose, Behandlung 87.
Lithotomie, verschied. Arten 204.
Logorrhöe, paraphatisohe 229.
Luft, Eindringen in d. Uterus 261. — 8. a. Heissluft-
behandlung; Hyperadrie.
Luftkuren f. Nervenkranke 24.
Lunge, Physiologie 45. — , Schussverletzung, Verlauf
u. BehandL 88. — , Chirurg. Eingriffe 107. — , Empyem
b. Typhus 137. — , Venengeräusche an d. Spitze 188.
Lungenabscess, b. Typhus 137. — , d. einen b.
Bronchopneumonie d. anderen Lunge 188.
Lungenembolie, Entstehung 247.
Lungenentzündung, Vorkommen u. Verbreitung d.
Bafflllen 2. — , Hydrotherapie 11. — , b. Typhus 41.
Bezieh, zu Angina 65. — , Differentialdiagnose von
Typhus 146. — 8. a. Bronchopneumonie.
Lungentuberkulose, Entstehung 1. — , Diazoreak-
tion b. dera. 221. — 8. a. Tuberkulose.
Lupus, Phototherapie 22. 23.
Luxation, angeborene d. Hüftgelenks, Entstehung, Be-
handlung 94. ~, d. N. ulnaris 206.
Lymphangiom mit temporärer Ohylorrhöe 87.
Lymphocyten, im plenrit Exsudat 3. — , Bezieh, zu
Plasmazellen 161. — , Bewegungen 162.
Lysoform, Deeinfektionmittel 211.
Mäuse, Uebertragung d. Pest durch solohe 49.
Magen, Bestimmung d. Funktion 3. — , Stenose, Ope-
ration 220.
Magengeschwür, Pathogenese 3. —, chronisches 3.
— , Behandlung 3.
Magenkrankheiten, Hydrotherapie 11.
Magensaft d. Hundes, Wirkung auf Hämoglobin 44.
MakrogloBsie, muskuläre 201.
Malaria, Chinin u. Esanofelin alsTrophylaktica 56. — ,
Behandl. d. Milzhypertrophie 57. — , Beschaffenheit d.
Blutes 66. — , Sprachstörung 67. — , Myasthenie 67.
— , Verhütung u. Bekämpfung 103. — , b. Typhus 142.
~, Diagnose von Typhus 142. 152. — , Kachexie 243.
— , perniciöse 243.
Malariakrankheiten, Einführung in d. Studium
(von B, Buge) 102.
Mannosen, Verhalten im Körper 43.
Manöverepidemien von Typhus 27. 28.
Mark, verlängertes s. Medulla.
Masern s. Morbilli.
Massöre s. Lehrbuch.
Mastzellen, Eigenschaften 246. — , in Exsudaten 246.
Maul- u. Klauenseuche, Verhalten d. centralen
Nervensystems 50.
Medicinalgesetzgebung s. Handbuch.
Medioation s. Technique.
Medioin im Herodot (von Karl MoeUer) 272.
Medicinalwesen s. Jahresbericht
Medulla oblongata, Respirationcentrum in solch. 165.
— , Bezieh, zur Pupille 165.
Meerschweinchen, Innervation d. Samenblase 165.
Menineealblutung, diffuse, b. Neugeborenen nach
normuer Geburt 863.
Meningitis, cerebrospinalis, verursacht (durch Meningo-
oocous) 65. (durch Pf&iffer'sohe Bacillen) 185. — , eite-
rige mit /yef/f(sr*8chen Bacillen 65. — , b. Typhus 139.
— , gebessert durch intrarhachiale Einspritzung von
Gollargol 177. — , Cytodiagnoetik 187. — , Diplooooous
ders. 2U.
Meningo-Encephalocele, angeborene, Behand-
lung 89.
352
S a 0 h - R e g i 8 t*e r.
Meningokokken b. Cerebrospinalmenmgitis 64.
Meningotyphus 139.
Menstruation, Bezieh, znm Gorpos luteum 70. — ,
Stillung profuser Blutungen 70.
M e 8 0 1 a n , Wirkung u. Anwendung 55. 175.
Metalle, schwere, in Speiseölen 212.
Metastasen s. Knoohenmetastasen .
Metritis, hämorrhagische, Behandlung 192.
Miorocoocus tetragenes, Wirkung d. Desinfektion auf
solch. 211.
Mikroorganismen, b. Pneumonie 8. — , d. Para-
typhus 33. 37. 50. 243. --, in Ställen 50. — , Wirkung
d. nucleinsauren Natrons 168. — , b. Acutem Gelenk-
rheumatismus 254.
Milch, Verbreitung d. Typhus durch solche 28. 98. — ,
Fermente ders. 83. 197. — , Anwendung b. Typhus
148. 150. — , Sekretion b. Mutter u. Kind 195. — , £i-
Weisskörper ders. 197. — , sterilisirte, £infl. auf d. Stoff-
wechsel d. Säuglings 197. 198. — , baktericide Eigen-
schaft 198. — , Alexine in solch. 198. — S. a. Baok-
hausmilch; Buttermilch; £ismilch; Frauenmilch;
Kindermilch; Muttermilch; Säoglingsmilch; Vollmilch.
Milchserum, Zusammensetzung 171.
Milz, Bildung von Trypsin in solch. 48. — , Hypertrophie
b. Malaria, Behandlung 57. •— , Blutgehaltb. Erstickung
99. — , Absoess b. Typhus 140. — , Fehlen d. Ver-
grösserung b. atroph. Lebercirrhose 191. — , beweg-
uche, Darm verschluss durch solche 191.
Milzbrand, Immunität gegen solch, b. Hunden u.
Hühnern 169. — , Heilserum gegen solch. 185.
Mineralbäder, techn. Neuerungen 26.
Mineralquellen s. Heilquellen.
Mineralwässer, Bedeutung d. ehem. Zusammen-
setzung f. d. Wirkung 12. — , ehem. Analyse 12. — ,
therapeut. Anwendung 12. — , resorptive Wirkung 13.
— , glaubersalzhaltige, Wirkung auf d. Stoffwechsel 13.
— , verschied. Wirksamkeit 14. — , Eintheilung u. In-
dikationen 25. — -, Leitungsanlagen 25.
Missed abortion 73.
Missed labour 73.
Mitose d. Zellen 172.
Molenschwangerschaft, Autointoxikation b. solch.
194.
Moorbäder, Wirkung b. Herzmuskelerkrankungen 16.
— , Wirkung b. Oallensteinen 16.
Morbilli, Scarlatina b. solch. 67. — , Reddive 185. — ,
ekohymotische 185.
Mord s. Kindesmord.
Morphium, Bezieh, d. ehem. Constitution zur Wir-
kung 171.
Moskito, Bezieh, zum Oelbfieber 67.
M u s c a r i n , Wirkung auf d. Bronchialmuskeln 45.
Muscheln, Uebertnigung von Typhus durch solche
28.31.
Musculus, glntaeus, Absoess b. Typhus 140.
Musik s. Ton vermögen.
Mnskelatrophie, nach Verletzung 61. — , vasomoto-
rische 64. — , cerebrale 251. — S. a. Lateralsklerose.
Muskeln, Erkrankungen b. Typhus 140. — , Einwir-
kung d. Ameisensäure 176. — , Knochenbildung in solch.
205. — , Stoffverbrauch in Ruhe u. Arbeit 239. — ,
Elektrophysiologie 240. — , Summation d. Zuckungen
240. — , quergestreifte, Erregbarkeit nach d. Tode 240.
— , Veränderung d. Blutstroms b. tetan. Eteizung d.
Nerven 240. — , überlebende, Einfluss d. Sauerstoffs
auf d. Stoffwechsel 241. — , Affektion b. rheumatischer
Arthritis 255. — S. a. Bronchialmuskeln; Myasthenie.
Mutter, üebergang d. Agglutinine u. Immunkörper d.
Typhusbacillen von ders. auf d. Foetus 40. — , Milch-
sekretion 195.
Muttermilch, künstl. Bereitung 198. — S. a.Frauen-
milch.
Myasthenie b. Malaria 67.
Mycosis fungoides, Wesen 263.
Myelocyten, Bewegungsvermögen 44.
Myelom mit Kalkmetastasen 248.
Myom, d. Uterus (b. Neubildung im O^arium) 80.
(Hysterektomie) 219. (Bezieh, zur Sterilität) 257.
Myopie s. Kurzsichtigkeit
Myositis ossificans, Pathogenese 205.
Myxödem, spontanes b. Kindern 185.
Mabelstrang, Hernie, Behandlung 83. ~-, Abfall, ge-
richtsärztl. Bieurtheil. d. mikroskop. Veränderungen 99.
Nährboden mit Phenolphthalein f. Bakterien 168.
Nährwerth d. Backhausmiloh 197.
Nährzucker, Soxhlefg, als Kindemahrung 84.
Nahrung, Menge b. Brustkindern 195. 196. — S.a.Br-
nährung.
Narben, Bildung im Gehirn 62.
Narbenstenose, d. Kehlkopfs, Behandlung 68.
Narkologie (von Benno MüUer) 214.
Narkose, in d. Oeburthülfe 215.
Nase, Diphtherie, Gefährlichkeit 68. — , Wirkung d.
Respirationbehinderung in ders. auf geistige Arbeit 166.
— , Verbreiterung d. knöchernen durch Schleim polypeo
200. — , £Limab6ce86 von solch, ausgehend 236. — ,
Wirkung d. Nebennierenextrakts auf d. Schleimhaut
248. ~ 8. a. Bhinophyma.
Nasenhöhle, Anwend. d. Vaporisation 67.
Nasenpolyp, Verbreiterung d. Nase durch solch. 200.
Natrium, jodatum, suboonjunctivale Injektion 176.
Natriumsuperoxyd, Bestimmung d. Schwefels im
Harn mit solch. 44.
Natron, nudeinsauree, Wirkung auf Mikroorganismen
168. — , sulfanilsaures gegen Basedow'sche Krankheit
179.
Nebenniere, Extrakt (gegen Blasenblutung) 5. (Wir-
kung) 5. (gegen Darmblutung b. Typhus) 149. 154.
^Wirkung auf d. Schleimhaut d. Nase u. d. Kehlkopfe)
248. — , Bezieh, zum Körperwachsthum 45. — , Blu-
tung b. Neugeborenen 247.
Nebennierenknötohen52.
Nebenschilddrüse, normale u. patholog. Histologie
57. 173.
Nekrose d. Gallenblase 268.
Nephrektomie wegen Hypemephrom 219.
Nephritis, b. Typhus 42. — , b. Scharlach 66.
Nerven, vasomotorische, Wirkung d. Kälte 8. — , peri-
pher., BaynaueFsGhe Körperchen in solch, b. B«ribeh
64. — , d. Plexus brachialis, Ursprung 64. — , Injektioo
anästhesirender Lösungen in solche 199. — , tetaniaohe
Reizung, Wirkung auf d. Blutstrom im Muskel 240.
— , Affektion b. rheumatischer Arthritis 255.
Nervenheilstätten, Errichtung solch. 113 flg.
Nervenklinik f. Unfallverletzte 60.
Nervenkrankheiten, Luftkuren 24. — , organische
nach Unfällen 60.
Nervensystem, organ. Erkrankung b. Hysterie 59.
— , Erkrankung b. Typhus 138. 139. — S. a. Gentral-
nervensystem.
Nervenzellen, Entwickelungshemmung 164. —, Ver-
änderung durch d. Gift d. anstral. Tigerschlange 178.
Nervus, faeialis, Lähmung b. Typhus 139. — , qptiaUf
Neuritis b. Typhus 139. — , radialis, traumat. Läh-
mung 58. — , recurrens, Vulnerabilität d. Fasern 63.
— , sympathicus (Resektion wegen Glaukom) 97. (oervi-
calis, spinaler Ursprung) 165. — , trigeminus, Neur-
algie, Exstirpation d. Ganglion Gasseri 219. — , ubmris
(Lähmung nach Typhus) 139. (Luxation) 206. —,
vague, Wirkung auf d. Respiration 45.
Netz s. Omentum.
Netzhaut s. Retina.
Neubildung, im Ovarium b. Uterusmyom 80. — , von
Schleimbeuteln ausgehend 88.
Neugeborene, Ophthalmoblennorrhoe, Prophylaxe 95.
— , Milchsekretion b. solch. 195. — , NebenniezeD-
blutung 247. — , Biesenwuchs 262. — , Tod während
oder gleich nach d. Geburt 262. — ,. Himhautblotuag
nach normaler Geburt 263.
aoh-Begister.
353
Neuralgie, d. Trigeminns, Exstirpation d. Ganglion
Oassen 219.
Neurasthenie, Phototherapie 23.
Neuritis, traumatisohe 61. — , d. Opticus b. Typhus
139. — , Bezieh, zu Osteoarthropathie 181. — S. a.
Polyneuritis.
Neurodermitis 218.
Neuroelia, Betheiligung an d. Narbenbilduog im Ge-
hirn 62.
Neurose, traumatische (durch Elektrioität verursacht)
58. (Disposition) 58. (Symptome, Beurtheilung) 59. (mit
OTgan, Nervenkrankheit) 59. — , funktionelle, Behandl.
b. Krankenkassenmitgliedem 59.
Niere, Funktion 4. ~, Suppuration 190. — , Steigerung
d. Diurese durch Salze 242. — , Verhalten d. Granula
unter d. Einflüsse d. Diuretica 243. — 8. a. Nephr-
ektomie; Nephritis; Wandemiere.
Niereninfarkt, Diagnose 189.
Nierenkolik 189.
Nierenkrankheiten, Diagnose 4. —, Verhalten d.
Blutes 4.
Noma, Behandlungdurch Ezcision 67.
Nordseebäder, Wirkung d. Klimas 24.
#berschenkel, Besektion d.Diaphy8e wegen maligner
Tumoren 265.
Objekttisch, heizbarer 248.
Occipitallappen, d. Gehirns, Geschwülste in solch.
130. 132.
Oculomotorius s. Nervus.
0«dem d. Handräckens 207.
Oel, Lebensfilhigkeit von Bakterien in solch. 97. — S. a.
Olivenöl.
0 Österreich, Mineralwässer das. 25.
Ohr, Empfindlichkeit f. Töne verschied. Höhe 241.
Ohrenkrankheiten, Bedeutung f. d. Beurtheilung
von Himkrankheiten 60.
Oleum, therebinithinae, Anwend. gegen Scharlach 68.
Olivenöl, Anwendung b. Magengeschwür 3. — , sub-
cutane Injektion 54.
Omentum, Verwendung b. Bauoboperationen 82.
Operation s. Talma'soLe Operation.
Ophthalmie, sympathische, Pathogenese 210.
Ophthalmoblennorrhoe d. Neugeborenen, Pro-
phylaxe 95.
Opticus s. Nervus.
Optik, physiologische, gesammelte Abhandlungen (von
, Arthur EJmig) 213.
Orbita s. Augenhöhle.
Orchitis b. Typhus 141.
Organotherapie, Wirkung 162. — , b. endem. Creti-
nismus 186.
Os navioulare carpi, Fraktur 206.
Osteoarthritis, rheumatoide 255.
Osteoarthropathie b. Neuritis 181.
Ovarium, Transplantation 53. — , funktionirendes b.
mangelhafter Entwickelung d. Genitalien 70. ~, Neu-
bildung in solch, b. üterusmyom 80. — , Entfernung
mittels vaginaler Eöliotomie 193. — S. a. Salpingo-
Oophoro-SkapsiB.
Oxy hämo gl ob in, Hydrolyse d. krystallisirten aus
Pferdeblut 160.
Pankreas, Trypsin in solch. 49. — , Anatomie u.
Physiologie 90.
Papier, Verschluss der Respirationöfhungen durch
nasses 99.
Paraphasie 228. 229.
Paraidehyd, als Schlafiuittel 249. — , Delirium nach
solch. 249.
Paratyphus, Symptome 2. — , Mikroorganismen 2. 33.
37. 50. 243. — , Epidemie 50.
Parat^phusbacillen 2. 33. 37. 50. 243.
Parotitis, Augenerknmkung b. solch. 95.
Patella, Fraktur, Entstehung u. Behandlung 93. 94.
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft 3.
Pathologie u. Therapie d. Unfruchtbarkeit d. Weibes
(von Ferd, Schenk) 104.
Pepsin-Fibrinpepton 43.
Peptone, Arten 43. — S. a. Fibrinpepton.
Perikarditis b. Typhus 186. — S. a. Endoperikaiditis.
Peritonaeum, Infektion b. Typhus 42.
Peritonitis, durch Pneumokokken verursacht 203.
Perityphlitis, Leukocytose b. solch. 3.
Perkussion, Befund b. Appendicitis 4. — , mit Aus-
kultation verbunden 187.
Pertussis s. Keuchhusten.
Pest, Uebertragung 49. — , Seiomtherapie 49. — S. a.
Rinderpest.
Pfeiffer'sche Bacillen, alsUrs. vonCerebrospinal-
meningitis 185.
Pferd, Verhalten d. Blutes 160.
Phenolphthalein, Nährboden mit solch, f. Bakterien
168.
Phonendoskopie 187.
Phosphaturie, Pathogenese 5.
Phosphor, Wirkung auf d. Foetus 178.
Photographie, Anwend. zur Tvphusdiagnose 42.
P^ototherapie, in Russland 19. — , Wirkung u. An-
wendung 20. — , Sonnenlicht 21. 22. — , elektrisches
licht 21. 22. — , Radiotherapie 22. — , Apparate 22.
— , d. Lupus 22. 23. — , d. Schleimhäute 23. — , d.
Variola 23. — , d. Neurasthenie 23. — S. a. Finsen'sche
Lichtbehandlung; Glühlioht
Physikalisch - chemische Theorien (von Ä.
BeyMer) 214.
Physostigmin, Wirkung auf d. Bronchialmuskeln 45.
Piffmentbakterien im Leitungswasser 98.
Pilocarpin, Wirkung auf d. Bronchialmuskeln 45. — ,
Wirkung auf d. Zersetzungen im Körper 48.
Plaoenta, vorzeitige Lösung 78. — , Veränderungen
nach d. Tode d. Foetus 79. — , praevia, Behandlung 79.
— , Bau d. Chorionzotten 239.
Plasmazellen, Bezieh, zu Lymphocyten 181.
Plastik s. Daumen.
Plattf uss, Entstehung u. Behandlung 94.
Pleura, primäre maligne Tumoren 247.
Pleuritis, Diagnose d. Exsudats 3. ~, tuberkulöse,
Diagnose 3. — , CytodiagnosUk 187.
Plexus, brachialis, Ursprung d. Nerven dess. 64. — ,
coeliacus, Physiologie 165.
Pneumokokken, Peritonitis durch solche verursacht
203. — , als Urs. von Arthritis 256.
Pneumonie s. Lungenentzündung.
Pneumotjrphus 137.
Polyneuritis, toxische, nach Anwend. von Sulfonal 64.
Polyp s. Nasenpolyp ; Schleimpolypen.
Polyurie, Nutzen d. Stryohnins 55.
Pens, Geschwülste 62.
Practicum, bakteriolog.-chem. (von J. Preseher u.
F. Bobs) 101.
Prätoriafieber 144.
Preisselbeeren, Zusammensetzung u. Wirkung 250.
Processus vermiformis s. Appendicitis.
Projektil, embol. Verschleppung 88. — , explodirende
Wirkung 89.
Projektioncentra im Gehirn 122.
Pronation, schmerzhafte b. kleinen Kindern 83.
Prostata, Stein in solch. 52.
Prostatitis, Bezieh, zur Sterilität 190. ~, mit Abscess-
bildung nach Furunkulose 204. 205.
Prurigo u. Neurodermitiden (von Jadcusokn) 218.
Pseudarthrose, Behandlung 265.
Psychose s. Geistesstörung.
Pubertät, vorzeitige, b. Gigantismus 181.
Pubiotomie, nach Oigli 260.
Puerperaleklampsie, Patho^nese u. Therapie 194.
Puerperalinfektion, Behandlung 192.
Puerperium, Appendicitis während dess. 81. — ,
Atresie d. Vagina o2. — , Bezieh, innerer Krankheiten
zu solch. 104.
45
364
Sach-Begister.
Puls, Verhalten b. Typhus 137.
Pupille, Centrum f. d. Bewegtmgen im Gehirn 128.
— , Bezieh, zur Medulla oblongata 165.
Purpura, Henooh'sche 66.
Pyocyanase - Immunproteidin gegen Strepto-
kokkeninfektion 244.
f^uarnero, Klima d. Inseln 25.
Quecksilber s. Hydrargyrum; Sohmierkur.
Quellen, verschied. Wirksamkeit 14. — S. a. Chlor-
natrium-Schwefelthermen ; Heilquellen ; LiboriusqueUe ;
Trinkquellen ; Warnazer Quelle.
Querschnitt s. Fascienquerschnitt
Radiotherapie, Anwendung 22.
Ratten, üebertragung d. Pest durch solche 49.
Baum, Bezieh, zur Farbe 162.
Baynaud*sche EÖrperchen, in peripher. Nerven
b. Beriberi 64.
Beaktion b. Hydrotherapie 8.
Beaktionfieber b. Hydrotherapie 8.
Bectum, kalte Injektionen in solch, b. Typhus 11.
Becurrens s. Nervus.
Beflexe, Wirkung d. Lichts 23. — , b. Greisen 47.
Befraktion- u. Accommodationanomalien d.
Auges, Anleitung zur Bestimmung (von Maximilian
Bondi) 214.
Befraktometer, Untersuchung d. Blutes mit solch. 5.
Besektion d. Sympathicus wegen Glaukom 97. — , d.
Oberschenkeldiaphyse wegen bösartiger Tumoren 265.
Bespiration, Wirkung d. Vagus 45. — , Einfl. d.
künstl. Beleuchtung 100. — , Eohlensäureausscheidnng
100. — , Wirkung von Dnschen, Bädern auf d. Gas-
wechsel 100. — , Behinderung f. solche in d. Nase,
Wirkung auf geistige Arbeit 166. — , typische Störung
b. Basedow*scher Krankheit 178. — S. a. Dyspnoe;
Tachypnoe.
Bespirationcentrum in d. Medulla oblongata 165.
Bespirationwege, Verschluss behufs Kindesmords 99.
Betina, Projektion im Gehirn 213. — , Gliom, Histo-
genese 247.
Betroflexion d. Uterus, Indikationen f. d. Behand-
lung 193.
Bhabdomyom d. Hodens 52.
Bheumatin, therapeut. Werth 55.
Bheumatismus, Fangokur 1 5. — , nodosus, Bezieh,
zu Erythem, Chorea u.Endoperikarditis 245. — , Bezieh,
zu Affektionen d. Tonsillen 253. — , Bedeutung d. Ver-
dauungstörungen 253. 26Z. — S. a. Gelenkrheumatis-
mus ; WirbeMulenrheumatismus.
Bhinophyma, Wesen n. Behandlung 200. 201.
Biesenwuchs mit vörzeit. Pubertät 181 . — , b. Neu-
geborenen 261.
Bind, Bezieh, d. Tuberkulose zur Menschentuberkulose 1 .
Bindenblindheit 232.
Bindenepilepsie 125. 128.
Bindentaubheit 232.
Binderpest, Immunisation gegen solche 98.
Bodagen gegen Basedow'sche Krankheit 179.
Böse s. Erysipel.
Boseolen, Typhusbacillen in solch. 35. 40. 41.
Böhrenknochen, lange, Sarkom, Behandlung 264.
Bothlauf s. Erysipel.
Bückenmark, traumat Erkrankung, Blutung im
Arachnoidealraume 61. — , syphilit Liihmung 62. — ,
spast lühmung 62. 63. — , amvotroph. Latertdsklerose
64. — , Ursprung d. Nerven d. Plexus brachialis in solch.
64. — , Erkrankung b. Typhus 139. — , Arthropoiogie
163. — , Chromatolyse in d. Zellen d. Vorderhörner
164. — , Leitungsbahnen zwischen dems. u. d. Klein-
hirn 164. — , Ursprung d. Halssympathicus in dems.
165. — , Einspritzung von Collargol, Wirkung b. Menin-
gitis 177. — S. a. Lateralsklerose.
Bückenmark Verletzungen, experim. Studien (von
Äug, LuoD&nJbwrger) 271.
Bundzellensarkom, periosteales 248.
Saccharomyces cerevisiae s. Bierhefe.
Sachsen s. Jahresbericht
Säugling, Stillung durch d. typhuskranke Mutter 40.
— , Nutzen d. colloidalen Wismuthoxyds b. Verdauung-
Störungen 55. — , durch Verletzung b. d. Geburt er-
zeugte Krankheiten 83. — , Ernährung (natürliche) 84.
(künstliche) 84. 196. (in gesunden u. kranken Tag^n)
127. — , Stoffwechsel, Einfluss d. Sterilisation d. Iblch
197. 198.
Säuglingsmilch, Bereitung zum Ersatz d. Mutter-
milch 198.
Salicylsäure, Wirkung d. Präparate auf d. Hani-
wege 5.
Salicylsäureglycerinester 175.
Salpingo-Oophoro-Skapsis 192.
Samenblasen, Anatomie u. Pathologie 52. — , Inner-
vation 165. — , Sekretionvorgänge 166.
Sammelmolkereien, Verbreitung d. Typhus darch
solche 98.
Sarkom, primäres d. Hornhaut 208. — , d. Uterus 258.
— , d. langen Böhrenknochen, Behandlung 264. — S.a.
Bundzellensarkom.
Sauerstoff, therapeut Anwendung 5. — , Einfluss auf
d. Stoffwechsel im überlebenden Maskel 241.
Scarlatina, Bakterien b. solch. 65. — , traumatisohe
65. — , Gelenkentzündungen 66. — , Nephritis 66. — ^
Endemie auf einer Masernstation 67. — , Behandlang
(Serum) 67. 68. (Terpentinöl) 68. (Sozojodolnatrium) 68.
— , septische, Prophylaxe 68. — , Chlorurie 68. —
S. a. Wundscharlach.
Schädelverletzung, Folgen 89. — , Aphasie nach
solch. 237.
Scharlach s. Scarlatina.
Schilddrüse, normale u. patholog. Histologie 51. 173.
— , Entzündung b. Typhus 140. — , Tabletten mit solch,
geffen endem. Cretinismus 186.
Schlafmittel, Veronal 54. — , Paraldehyd 249.
Schlangengift, Vergiftung 178.
Schleimbeutel, d. Kniekehle, Knorpel in solch. 53.
— , Neubildungen von solch, ausgehend 88.
Schleimcyste d. Stirnhöhle, ehem. Untersuchung d.
Inhaltes 248.
Schleimhaut, Phototherapie 23. — , d. Nase u. d.
Kehlkopfs, Wirkung d. Nebennierenextraktes 248. —
S. a. Gebärmutter.
Schleimpolyp, Verbreiterung d. knöchernen Nase
durch solch. 200.
Schlüsselbein s. Clavicula.
Schmerz, Stillung durch Trigemin 174.
Schmierkur in Verbindung mit Schwefel wässern 16.
Schnittwunde, perforirende d. Cornea, Heilung 209.
Schreiben, Störung, Bezieh, zu Aphasie 127.
Schulen f. nervenkranke Kinder (von Beinriek Stadel'
mann) 108. — , Augenärzte f. solche 270.
Schuss Verletzung, d. *Herzens u. d. grossen 6e-
fasse 88. — , d. Lunge, Verlauf u. Behandlung 88. — ,
d. Bauches, Anus praeternaturalis, Heilung 89. — ,
indirekte Fraktur d. Orbitaldachs 89.
Schutzimpfung ffegen Typhus 2. 156. 157.
Schwangerschaft, Beschaffenheit d. Blutes 71. — ,
wiederholte Unterbrechung 78. — , in der einen Ecke
d. Uterushöhle 80. — , Appendioitis b. solch. 81. — ,
Syphilis b. solch. 104. — , Beziehung innerer Krank-
heiten zu solch. 104. — , Bildung von Syncytiotoxin
245. — S. a. Molenschwangerschaft.
Schwefel, Bestimmung im Harn 44.
Schwefelwässer, Behandl. d. Syphilis mit solch. 16.
Schwefelthermen mit Chlomatrium 17.
S c h w e i s s , einseit. Vermehrung 58. — , Wirkung von
Schwitzproceduren 159.
Sohwellung, trübe 173.
Schwindel b. Unfallneurosen 60.
Schwitzbad im elektr. licht u. in heisser Luft 21.
Schwitzen, Wirkung auf d. Blut 9.
Schwitzproceduren, Einfl. auf d. Seh weiss 159.
Saoh-Registen
356
Sedativnm, Trigemin 174.
Seebäder, Wirkung 14.
Seethiere, Giftigkeit verschied. Lösungen f. solche 162.
Seewasser, Giftigkeit d. Lösungen d. einzelnen Be-
standtheile f. Seethiere 162.
Sehnenscheiden, Hygrome, Ezstirpation 88.
Sehnerv s. Nervus.
Sehsphäre, Lokalisation 127. 132. 213.
Sehstörung b. Hypophysengeschwulst 179.
Seife, Zusatz zu Desinfektionsmitteln 211.
Sensibilität, Bezieh, zum Gehirn 126. 127. — , ste-
reognostische, Verlust b. Jackson'scher Epilepsie 236.
Sepsis, akute, Behandl. 87.
Septikämie b. Typhus 142. 143.
Serum, Agglntinine in solch, b. Typhus 170. — , der
Milch, Zusammensetzung 171. •- 8. a. Antistrepto-
kokkenserum; Diphtherieserum; Heilserum; Jequi-
ritolserum ; Jodserum ; Streptokokkenserum.
Serumalbumin, Hydrolyse des krystallisirten aus
Pferdeblut 160.
Serum diagnose b. Tuberkulose 1.
Serumtherapie, bei Streptokokkeninfektion 2. — , bei
Leukämie 5. — , gegen Pest 49. — , b. Scharlach 67. 68.
— , b. Typhus 149. 153. — , b. Basedow'scher Krank-
heit 179. — , b. Milzbrand 185. — 8. a. Antitoxin.
Simulation b. Hysterie u. ünfallneurosen 59.
Sinus frontalis s. Stirnhöhle.
Sitzbad, Wirkung u. Anwendung 9.
Sklera, Dicke b. Primärglaukom 96.
Sklerose s. Angiosklerose; Arteriosklerose; Lateral-
sklerose.
Somatose s. Eisensomatose.
Sonnenlicht, concentrirtes , therapeut Anwendung
21. 22.
Soolbäder, kohlensäurehaltige 14.
Sozojodolnatrium, Anwend. b. Scharlach 68.
S p a r t e i n , Vergiftung, Todesursachen 177.
Speiseöle, schwere Metalle in solch. 212.
Spermatozoen, Eindringen in d. Ei 239.
Spinalpafalyse, spastische, b. Seitenstrangsklerose
62. 63. — , syphilitische 62.
Spiralfraktur d. Unterschenkels 206.
Spondylitis b. Typhus 141.
Spondylosis rhizomelica 256.
Sprache, Lokalisation im Gehirn 226. 227. 228. 229.
Sprachstörung b. Malaria 67. — S. a. Aphasie;
Apraxie; Echolalie; Logorrhöe; Paraphasie.
Sprudel in Neuenahr, Wirkung auf d. Stoffwechsel 17.
Spulwurm im Ductus choledocbus 93.
Sputum, Tuberkelbacillen in solch. 41. 158. — , ehem.
Beschaffenheit 159.
St aar s. Katarakte.
Stäbohenauskultation 187.
Stahlbäder, kohlensäurehaltige 14. — , Wirkung 15.
Stall, Mikroorganismen in solch. 50.
Staphylococous pyocyaneus aureus, Wirkung der
Desinfektion 211.
Staphylokokken, Agglutination 169. — , Bierhefe
gegen Infektion mit solch. 176.
Staub, üebertragung d. Typhus durch solch. 30.
Stechmücken, Üebertragung d. Gelbfiebers 67.
8 1 e i n in d. Prostata 52. — 8. a. Blasenstein ; Gallenstein.
Steinschnitt, verschied. Arten 204.
Stenose s. Narbenstenose.
Sterblichkeit d. Kinder im Sinne der Z>arf^Vschen
Auslese 99. — , Gestidtun^ im 19. Jahrhundert (von
Frtedr. Ptinxing) 220. — , m Württemberg, Wandlun-
gen (von Friedr. Prinxing) 220.
Sterilisation d. Milch, Einfl. auf d. Stoffwechsel d.
Säuglings 197. 198.
Sterilität, b. Weibe 105. —, b. Prostatitis 190. — ,
Bezieh, zu üterusmyom 257.
Stickstoff, Bestimmung naoh Kjddahl 44. — , Wir-
kung d. Veronals auf d. Ausscheidung 174.
Stillen d. SäugUngs durch d. typhuskranke Mutter 40.
Stirnhirn, Geschwülste in solch. 61. 129. 130. 131.
— , Funktionen 123. 124. — , Bezieh, zur Intelligenz
130. 131.
Stirnhöhle, ehem. Beschaffenheit d.- Inhalts einer
Schleimcyste 248.
Stoffwechsel, Anomalien 5. — , Einfl. d. Glaubersalz-
wässer 13. — , b. Diabetes mellitus, Wirkung d. Bitter-
wassers 16. — , Wirkung d. Neuenahrer Sprudels 17.
— , d. Säuglings, Einfl. d. sterilisirten Milch 197. 198.
— , im überlebenden Muskel, Einfl. d. Sauerstoffs 241.
Stottern, aphatisches 226. — , (von H, Apt) 218.
Streptokokken, Infektion durch solche 2. — , Bier-
hefe gegen solche 176. — , Verhalten b. Erysipel 185.
— , intraperitonäale Infektion, Injektion von Pyooya-
nase-Immunproteidin 244. — S. a. Diplostreptoooccus.
Streptokokkenserum gegen Scharlaoh 67.
Strychnin, therapeut. Anwend. 55. — , Herabsetzung
d. Körpertemperatur durch solch. 56. — , Nachweis im
Dickdarminhalt 178.
Stuttgart s. Jahresbericht.
Sublamin als Desinfektionsmittel 211.
Sublimat s. Hydrar^rum.
Sulfonal, toxische Polyneuritis nach d. Anwend. 64.
Sympathicus s. Halssympathicus ; Nervus.
Symphyseotomie nach Gigl%2^,
Symphysis ossium pubis, Sprengung d. Knorpel bei
Zangenextraktion 260.
Syncytiom, malignes 79.
Synoytiotoxin, Bildung während d. Schwangerschaft
245.
Syphilis, Balneotherapie 16. — , Spinalparalyse b.
solch. 62. — -. deren Wesen, Verlauf u. Behandlung
(von Sckuater) 103. — , in d. Schwangerschaft (von
Bernhard Rosainskt) 104. — , b. Typhus 140. — , der
Leber 268.
Tachykardie, paroxysmale 188.
Tachypnoe, nervöse 188.
Talma'sche Operation b. Leberoirrhose 4.
Taschenbuch d. üntersuchungsmethoden u. Therapie
f. Dermatologen u. Urologen (von NoUhaft) 103.
Taubheit s. Rindentaubheit; Worttaubheit.
Technique et indications des medications usuelles
(par 0, Lemome) 103.
Temperatur d. Haut, Einfluss thermischer Beize 8.
— S. a. Körpertemperatur.
Terpentinöl, Anwend. b. Scharlach 63.
Testikel, Rhabdomyom 52. — S. a. Orchitis.
Tetanie als Folge von Autointoxikation 186. — , patho-
log. Anatomie 252.
Tetanus, Antitoxinbehandlung 2.
Theooin, diurei Wirkung 55. 248.
Thermen s. Chlomatrium-Sohwefelthermen ; Schwefel-
thermen.
Thiosinamin, therapeut. Anwendung 176.
Thoracopagus, Geburt 262.
T h r ä n e n , Absonderung u. Abfuhr 94.
Thrombosed. Vene b. akutem Gelenkrheumatismus 25.
— , Bezieh, zu plötzl. Tode b. Kindern 263.
Thymusdrüse, Ausschaltung 173.
Thyreoideitis b. Typhus 140.
Tibia, Verletzung d. Fortsatzes d. obem Epiphyse 206.
Tigersohlange, australische, Wirkung d. Giftes auf
d. Nervenzellen 178.
Tod, plötzlicher, b. Kindern, Beziehung zur Thymus 263.
Todesursachen, nach Verbrennung 99. — , d. Neu-
geborenen während oder gleich nach der Geburt 262.
Ton, Einfl. d. Höhe auf d. Wahrnehmung 241.
Tonsille, Bezieh, zu Rheumatismus 253.
Tonsillotomie, bedrohl. Blutung b. solch., Behand-
lung 201.
Tonvermögen, Lokalisation im Gehirn 232.
Toxin s. Synoytiotoxin.
Tracheotomie, schwierige Entfernung d. Kanüle 202.
— , Decubitos duroh d. Kanüle verorsacht 202.
356
Sach-Begister.
Trachom, Behandlung 95.
Transplantation, d. Ovarien 53. — , d. Cornea 209.
Trepanation, wegen Hirngeschwülsten 234. 235. — ,
wegen Epilepsie 236.
Trigemin, Wirkung 174.
Trinkqaellen, Wirkung d. Salzgehaltes 15.
Trinkwasser, Yerbreitnng des Typhus durch solch.
28. 29. 31. 49. 50. 158.
Tripper, Bakteriurie nach solch. 190.
Trommelsohlägelfinger b. Herzaffektionen 180.
Tropen, Bubonen in solch. 191.
T r 7 p s i n , Wirkung 44. — , im Pankreas 47. ~, Bildung
in d. Milz 48.
TubaFallopiae, Hämatocele an ders. 71. — , Retention
von Blut in solch., Operation 80. — 8. a. Salpingo-
Oophoro-Skapsis.
Tuberkelbacillen, Agglutination 1.
Tuberkulose, b. Menschen u. Thieren 1. — , Serum-
diagnose 1. — , d. Pleura, Diagnose 3. — ', d. Knochen
u. Gelenke, Balneotherapie 17. — , Diagnose von akutem
Gelenkrheumatismus 254. — 8. a. Lungentuberkulose.
Tuberkulosepavillon d. Sabbatbergkrankenhauses
in Stockholm 220.
T u s s i s convulsiva s. Keuchhusten.
Typhus abdominalis, Schutzimpfungen, Prophy-
laxe 2. 155. 156. 157. 158. — , Epidemiologie 27. 221.
— , Aetiologie, Verbreitung (durch Trinkwasser) 28.
29. 31. 49. 50. 158. (Milch) 28. 30.98. (durch FUegen)
30. 31. 49. (durch Austern) 28. 31. (durch Muscheln)
28. 31. (mangelhafte Abfuhr) 28. (durch Gemüse) 28.
(durch Grundwasser) 29. (Staub) 30. (Ansteckung in
Krankenhäusern) 31.222. (durch Sputa) 158. — , Sym-
ptomatologie (Gefrierpunkt d. Blutes) 33. 39. (Bacillen
in d. Roseolen) 35. 40. 41. (Wirkung d.Bacterium coli)
37. (Verhalten d. Herzens u. d. Pulses) 41. 136. (Er-
krankung d. Knochenmarks) 50. (Verhalten d. Harns)
51. (Blutdruck) 137. (Verlauf) 143. 144. (remittirendes
Fieber) 144. (Bakteriurie) 150. (Agglutinine im Serum)
170. — , Diagnose (bakteriologische) 33. 34. 36. 145.
(Anwendung d. Photographie) 42. (von Malaria) 142.
(von Appendicitis) 143. (Agglutination) 145. 146. 147.
(von Pneumonie) 146. (Leukocytose) 147. (von Malaria)
152. (d. Darmperforation) 154. 155- — , Complikationen
u. Nachkrankheiten (Pneumonie) 41. (Nephritis) 42.
(Infektion d. Peritonaeum) 42. (Darmgeschwüre) 42.
(Darmperforation) 42. 149. 154. 155. (Perikarditis u.
Endokarditis) 136. (Veränderungen an d. Epiglottis)
137. (Kehlkopfgeschwüre) 137. (Lungenkrankheiten)
137. (Krankheiten d. Leber) 138. (Erkrankungen d.
Nervensystems) 138. 139. 140. 229. (Delirien) 138.
(Psychosen) 138. 139. 140. (Abschuppung u. Gangrän
der Haut) 137. (Glossitis) 138. (Rückenmarkskrank-
heiten) 139. (Syphilis) 140. (Erkrankungen d. Muskeln)
140. (Thyreoideitis) 140. (Epilepsie) 140. (Milzabscess)
140. (Bakteriurie) 141. (Orchitis u. Epididymitis) 141.
(Erkrankungen der Knochen) 141. (hämorrhagische
Diathese) 142. (Septikämie) 142. (Malaria) 142. (peri-
typhlii Abscess) 143. (Aphasie) 229. — , Formen 143.
— , Desinfektion d. Sekrete 156. 158. — , Behandlung
148. 154. — , Ansteckungsgefahr 222. — S. a. Para-
typhus ; Prätoriafieber.
Typhusbacillen, Uebertragungswege 27. 28. 29. 30.
— , Nachweis (im Wasser) 29. 33. 49. 50. (in Sekreten
u. Exkreten) 33. (in d. Faeces) 33. 171. (Methoden)
34. 35. (im Sputum) 41. 158. (in d. Roseolen) 35.40.41.
(im Blut) 36. (im Harn) 157. 158. — , Gasbildung 32.
— , Diagnose 33. 35. 36. 37. — , diagnost. Bedeutung
33. 34. 36. — , Agglutination, Agglutinine 33. 35. 36.
37. 38. 40. 145. 146. 147. — , Immunsubstanzen 33.
39. 40. — , Cultur 34. — , Einfl. d. Galle 39. — , AU-
gemeininfektion des Körpers 143. — , Lebensdauer in
d. Faeces 171.
IJnfallnervenklinik60.
ünfallnervenkrankheiten 57. 58. 59. 60. 61.
Unfall Verletzung, Arbeitsversicherong b. solch. 58.
Unfruchtbarkeit b. Weibe 105. — S. a. Sterilität
Ungarn s. Oesterreich.
Universitäten, Hydrotherapie als Lehrfach 7.
Unterleib s. Bauch.
Unterschenkel, Spiralfraktur 206. — , Amputation,
Bildung traffföhiger Stümpfe 266.
Urämie, Balneo£erapie 17.
Urethralfieber, Pathogenese 5.
Wademecumd. Geburtshülfe (von M, Lanffe) 270.
Vagina, Operationen in d. Bauchhöhle von solch, aus
80. — , Defekt mit ausgebildetem Hymen 80. — ^ puer-
perale Atresie 82. — , Köliotomie von solcher ans 193.
— , angeb. doppelte Cyste 257.
Vagitus uterinus 261.
Vagus s. Nervus.
Vaporisation, Anwendung in d. Nasenhöhle 67. — ,
im Uterus 70.
Varicellen, Arthritis nach solch. 256.
Varices, ausgedehnte, Geburtscomplikationen b. soldL
194.
Variola, Behandl. mit rothem licht 23.
Vasomotoren s. Nerven.
Venaazygos, Venengeräusoh in solch, entstanden 188.
Venen, Thrombose b. akutem Gelenkrheumatismos 255.
Venengeräusch in d. rechten Lungenspitze 188.
Ventrikel s. Himventrikel.
Verband s. Gipsverband ; Wund verband.
Verbrecher, geisteskranker, Unterbringung (von
R Näcke) 107.
Verbrennung, Wundscharlach nach solch. 65. — ,
gerichtsärzü. Beurtheilung 99. — , Todesursachen 99.
Verdauungsstörungen b. Säuglingen, Nutzen des
colloidalen Wismuthosyds 55. — , Bezieh, zu Rheuma-
tismus 253. 267.
Vergiftung s. Aspirin ; Hydrargyrum ; Schlangengift ;
Spartein.
Verletzung, Nervenkrankheiten nach solch. 57 flg. —
8. a. Darm; Finger; Geburt; Gynäkologie; Harn-
blase; Harnröhre; Kopfverletzung; Lähmung; Larynx;
Muskelatrophie; Neuritis; Rückenmark; Scarlatina;
Schädel Verletzung ; Schnittwunde; Schussverletzung;
Tibia; Unfall Verletzung.
Veronal, Wirkung u. Anwendung 54. — , Einfluss auf
d. Stickstoffausscheidung 174.
Vibrationsgefühl 182.
Viscositätd. Blutes b. Nierenkrankheiten 4.
Volksn er venheilstätten, Errichtung solch. 113flg.
Vollmilch, Ernährung d. Säuglinge mit solch. 84.
Vorderarm, schmerzhafte Pronation b. ELindem 83.
Vorlesungen über allgem. Geburtshülfe (von Esmr.
Bayer, I.) 105.
Vulva, ohron. Elephantiasis 69.
IVachsthum, d. Körpers, Einfl. d. Nebennieren 45.
— , d. Menschen (von Franx Daffer) 213.
Wärmestrahlen s. Lichtwärmestrahlen.
Wanderniere, operative Befestigung 81. 82.
Warnazer Quelle in Brückenau 18.
Wasser, heisses, bei Ekzem 11. — , Nachweis von
Typhusbacillen 29. 33.49.50.150.151. — , destiUirtas,
Giftigkeit f.Seethiere 162. — S. a. Bitterwasser ; Grund-
wasser; Mineralwässer; Schwefelwässer; Trinkwasser.
Wasserbehandlung s. Hydrotherapie.
Wasserläufe in China, Bakterien in solch. 97.
Wasserleitung, Bakterien im Wasser 98.
Wechselfi eher, seine Verhütung u. Bekämpfung
(von Erich Martini) 103. — S. a Malaria.
Weib, Sterilität 105.
WidaTsche Reaktion s. Agglutination.
Winter, Hydrotherapie während dess. 10.
Winterkuren in Deutschland 26.
Winterstationen inAlgerien 25. —, Insel Djerba 25.
Wirbelsäule, Erkrankung b. Typhus 14L
Namen-BegiBter.
357
WirbelsäalenrheumatismiiB 256.
W i 8 m Q t h , therapeut. Wirkung 175.
Wismuthoxyd, ooUoidales, therapeni Anwend. 55.
Wochenbett, Appendicitis während dess. 81. — , Be-
ziehung zu inneren Krankheiten 104. -~ S. a. Puer-
perium.
Wort b lindheit, Lokalisation 232.
Worttaubheit, Lokalisation 230. 231. —, Wesen 231.
Württemberg, Heilquellen u. Kurorte 17. — , Sterb-
lichkeit 200.
Wunde s. Bauchwunden.
Wundbehandlung, offene, nach Augenoperationen
207.
Wundverband, antiseptischer 199.
Wunder Jesu (von Wüh. SoUau) 107.
Wundscharlach 65.
Wurmfortsatz s. Appendidtis.
X^eroderma pigmentosum 268.
X-Strahlen s. Radiotherapie.
Zangenoperation, über d. Anzeigen f. dies, (von
F. V, Winekel) 216.217. — , Sprengung d. Symphysen-
knorpels b. solch. 260.
Zehen, Erkrankungen b. Typhus 141.
Zellen, lebende, Eindringen von Alkaloiden in solche
162. — , d. Yorderhörner d. Rückenmarks, Chromato-
lyse in solch. 164. — S. a. Mastzellen ; Nervenzellen ;
Plasmazellen.
Zestokausis, Anwendung im Uterus 105.
Zoster s. Herpes.
Zucker s. Kährzucker.
Zuckerlösung, Giftigkeit f. Seethiere 162.
Zunge s. Glossitis ; Makroglossie.
Zwillingsgeburt, Diagnose u. Statistik 261.
Namen-Register.
Abba 11.
Abbe, B., 133.
Abderhalden, Emil, 51. 160. 174.
Abrams, Albert, 147. 149. 153.
Adam, Max, 196.
Adamkiewitz, Albert, 121. 122.
^drian, C, 88.
Akerström, K. D., 219*.
Akutsu, Saburo, 165. 166.
Alapy, H., 17.
Alezais 133.
AUard, E., 16.
Allaria 253. 254.
Almkvist, Johan, 178.
Alter, W., 190.
Allyn, H. B., 133. 135.
Amann, J., 43.
Amberger 266.
Anderson 164.
Andre 188.
Anton, G., 129. 131. 226.
Apelt 58.
Apt, H., 218*.
Arbuthnot, W., 234. 235.
Arienzo, G., 8.
Arloing 1.
Arndt, M., 151.
Amheim, H., 58. 59.
Aronsohn 2.
Arraga, Antoine, 85.
Arx, Max von, 93.
Aachiote, Peppo, 179.
Ascoli, M., 160.
Audibert, V., 134. 136.
Auerbach, 8., 58. 59. 129. 131.
Ausset, E., 147. 153.
Austerlltz, L., 257.
Bacaloglu, M. C, 133. 135. 136.
Baccarani, Umberto, 133.
Bach, L., 165.
Bäumler, Chr., 13. 26.
Baggio, C, 56.
Baginsky, A., 65. 66.
* bedeutet Bücheranzeige.
Bau, 0., 31. 36. 38. 169.
Balaoescu 268.
Balduzzi, A., 56.
Bamberg, G., 73.
Bamberger 177.
Bang, S., 20.
Barbulescu, Nicolae, 89.
Bard, L., 226. 231.
Bardet, M. G., 14.
Barlow, W. S. Lazarus, 42.
Barr, James, 147. 149. 153.
Barrow, Arthur S., 133. 137.
Barsickow, M., 31.
Barth, E., 133.
Baruch, Simon, 6.
Bastian, H. C, 225. 229.
Bäte, A., 133.
Baudin, L., 27. 29.
Baum, Hugo, 55.
Baum, 8., 8.
Baumm, P., 260.
Bayer, Heinrich, 105*.
Bayer, J., 206.
Bayerthal 234. 236.
Beaten 253.
Bechterew, W. von, 121. 122. 124.
125. 126. 128.
Becker, Carl, 223*.
Becker, E., 8.
Beoo, Lucien, 31. 35.
Behla, Robert, 98.
Behrendsen 129. 131.
Belli, C. M., 97.
Benda 120.
Bender, 0., 248.
Benenati, ü., 52.
Bensen, R., 18.
Bereut, Walter, 181.
Bemard, H., 133. 136. 143.
Bernheim, Fernand, 225. 226.
Bernheimer, St, 121. 127.
BertareUi, E., 133. 212.
Bertelsmann 5.
Beuthner, Willy, 195.
Beuttner, 0., 271*.
Bianohi, L., 121. 123.
Bickeles, G., 64.
Biffi, U., 31.
Binz, C, 147. 151.
Björkqvist, Geo, 82.
Björksten, Max, 222*.
Birch-Hirschfeld, G. V., 208.
Biringer, Fritz, 54.
Bischoff 100.
Bisohoff, Ernst, 225. 229. 231.
Bischoff, H., 31. 34.
Blackader, A. D., 133.
von Blaskovicz, 207. 269.
Blau, A., 192.
Blencke, A., 58.
Bleuer 11.
Bleuler 120.
Blumenthal 179.
Boehm, Rudolf, 214*.
Bohne, J., 58. 60.
Bo\je, 0. A., 81.
Bokorny, Th., 159.
Bolinder, S. G., 219*.
Bollaoh, L., 133. 135. 140.
Bolton, Ch., 31. 40.
Bond, F. T., 134.
Bondi, Maximilian, 214*.
Bonhoeffer 225. 227. 234. 239.
Bonhoff, H., 50.
Borchard 205. 265.
Bordas 27. 28.
Borhina, S., 177.
Borio, E., 47.
Borissow, P., 20.
Borkel, Curt, 43.
Bottey 10.
Bovin, Emil, 219*. 220*.
Bovis 65.
Boye, K., 71.
Braeunig, Karl, 164.
Braine-Hartnell, C, 133. 139.
Bramwell, Byrom, 128. 129. 225. 228.
Braun, H., 199.
Braun, M. Ph.-G., 31. 39.
Braune, Wilh., 261.
Breitel, Henri, 185.
Bresler, Johannes, 113,
358
Namen-Begister.
Breton, M., 234. 237.
Brieger, L., 31. 37. 159.
Brion, A., 2. 133.
Broca, A., 83. 234. 238.
Brodie 45.
Brondgeest, P. Q., 175.
BroDSteiD 187.
Brown, Th. R, 133. 135.
Brown, W. M., 147. 150.
Brückner, Max, 65.
Braening, Hermann, 181.
Brünings, W., 240.
Bnm, H., 89.
Bronn, M. von, 203. 205.
Bruns, Hayo, 129. 132. 133. 140.
Bruns, L., 57.
Bruna, P. von, 200.
Backmaster, A. H., 147.
Baday, Eoloman von, 182.
Büdingen, Th., 23.
Büngner, 0 Yon, 90.
BuU, P., 58. 61.
Borokhard, Georg, 75.
Barghart 179.
Bark 200.
Barkard, 0., 201.
Basaila 202.
Baeqaet 40. 42.
Baxbaam, Beni, 179.
Camac, G. N. B., 133.
Cameron, Gh. A., 27. 30.
Garle, A., 234. 235.
Gasape £ffendi, N., 204.
Gasaasa, A., 23.
Gattle, C. H., 180.
Gayley, H., 155. 156. 157.
Gazanz 15.
Gevidalli, A., 133.
Ghalmers, A. E., 134.
Ghapin, H. D., 133.
Gharlton, G. A., 65. 67.
Ghaaffard, A., 133.
Gheatham 253.
Ghipaolt, A., 234. 238.
Ghrister-Nilsaon, Hanna 82.
Qaps, A., 147.
aar, G., 24.
Glarke, F. H., 23.
Glarke, J. MicheU, 234. 235.
Glassen, D. A., 214*.
Glaadiofl, M., 200.
aemenko, B., 133.
Glement, E., 27. 29. 176.
Goates, H., 27.
Gohn, H., 270.
Golceag 78.
Goleman, W., 147. 149. 154.
GoUeviUe 129. 131.
Golüer, J. S., 225. 228.
Gombemale 133.
Gomby, J., 185.
Gon, M., 257.
Gonradi, H., 31. 34. 50.
Gorfield, W. H., 155.
Goarmont, B., 144.
Goarmont, P., 188.
Gramer, A. L., 114. 120.
Grombie, A., 155. 156. 157.
Gronheim, W., 198.
Gammins, H. A., 155.
Gamston, Gh. Greene, 268.
Gonniogham, R H., 121. 124.
Garry, J. J., 133.
Gorschmann, H., 3.
Gashing, H. W., 147. 154.
Gashny, Arthor B., 242.
Gatler, E. G., 133. 147.
Gzemy, Yincenz, 268.
Gzyhlarz, Ernst von, 129. 132. 180.
Oaconto, S., 177.
Daffher, Franz, 213*.
Dakara, J., 31.
Danilow 21.
Deahna, A., 222*.
Deanesly, E., 148.
De Grandmaison 134. 135. 142.
De Grazia 1.
Degre, Wilhelm, 217*.
Dehon 32.
Deiters 106*. 133. 139.
De la Harpe 14.
De Landtscheer 83.
Delearde 57.
De Paoli, W., 79.
De Poal de Lacoste 27. 28.
Dertinger, E., 87.
Desoos, A., 133.
Determann 24.
Dewitz, J., 239.
Dianoaz 97.
Dickinson, Vincent, 133. 136. 144.
Dide, M., 133. 135. 140.
Diesselhorst, G., 159.
Dieadonne, A., 40. 41.
Dionisi, A., 70.
Dixey, F. A., 134.
Dizon 45.
Dobbin, G. W., 133.
Doebert, A., 65. 67.
Dömer 247.
Donath, Jalios, 69. 226. 232.
Dopter, Gh., 51.
Doranth, Earl, 195.
Downes, A. J., 147. 155.
Drago, Salvatore 40. 41.
Dreser, H., 248.
Drigalski, W. von, 21. 31. 34. 50.
Drinkwater, H., 234. 238.
Drysdale, G. R, 134.
Dsirne, J., 204.
Dabois 69.
Da Bois-Reymond, R, 121.
Dürck, Herrn., 101*.
Domont, A., 148. 150.
Darig, A., 241.
Dassac, A., 19.
Datzmann, M., 194.
Dworetzky, A., 19.
Bberson, H., 234.
Ebner, Victor von, 101*.
Edel, M., 24.
Edel, P., 155. 158.
Eden, T. W., 261.
Edinger, L., 121. 122.
Edlefsen, G., 9.
Eichhorst, H., 148. 149. 154.
Eijkman, G., 210.
Ekström, San;., 219*.
Eider, W., 226. 232.
Ellinger, Alexander, 51.
EUiot, A., 133. 144. 148.
EUiot, J. W., 147.
EUiot, R H., 269.
Elmgren, Rob., 81.
Emerson, Gharles P., 133. 139.
Emmerich, R. 244.
Engelmann, Th. W., 213*.
Engels 211.
Engström, Otto, 80. 81, 270*.
Eppinger, H., 171.
Erb, W., 62. 148. 151.
Erbslöh, W., 64.
Erdheim, J., 51. 173.
Erikson, E. A., 219*.
Eshner, A. A., 133. 135. 142.
Essen-Möller, Elis, 81.
Esteves, Jose E., 234. 236.
Etienne, G., 133. 135. 140.
Evelt, Wilhelm, 258.
Ewart, W., 148. 150.
Ewing, J., 145.
Vage 269.
Falta, W., 174.
Fantino, G., 200.
Feer, Emil, 195.
Feilchenfeld, Leopold, 55.
Fellner, Otfried Otto, 104*.
Feltström, Ernst T., 219*.
Femandez, D., 98.
Ferrannini, A., 191.
Ferras 16.
Ferrio, L., 47.
Fioker, M., 49. 167. 169.
Fieax, J., 194.
Filehne, Wüh., 242.
Finkelstein, H., 83.
Finkelstein, L. 0., 21.
Finney, J. M. F., 148.
Finsen^ N. R, 21. 22.
Fiorentini, P., 184.
Fischer, Bernhard, 27. 29.
Fischer, E., 133.
Fischer, W., 54.
Fischl, Radolf, 217*.
Flataa, G., 27. 29.
Flesch, M., 272*.
Fletoher 241.
Flexner, S., 133.
Fooke, G., 56.
Ford, W.W., 133.
Fomet, E., 13.
Forsseil, Hago, 81.
Fosbioke, G. H., 134.
Foolerton, A. G. R, 155. 156. 157.
Foveaa de Goarmelles 22.
Fraenkel, A., 133.
Fraenkel, G., 1.
Fraenkel, Engen, 31. 36. 40. 41. 50. 77.
Franpois 133.
Frank, D., 121. 125.
Frank, 0., 48.
Franke 5. 55.
Franke, M., 64.
Frankenbarger, A., 55.
Franqae, 0. v., 79.
Franz 207.
Frese, Otto, 72.
Frey, A., 26.
Fried, E., 48.
Friedberger, E., 32. 38. 168.
Friedländer, A., 133. 135. 138.
Fracht 84.
Fachs, Alfred, 129. 132. 180.
Fachs, E., 155. 158.
Fachs, H., 74. 261.
Fachsig, E., 203.
Fürstner 120.
Fütterer, G., 32.
Oabrilowitsch, J. G., 21.
Gaertner 5.
GaUbiü 258.
Namen-Register.
359
Oalian, B., 89.
Oanike, E.-A., 239.
Garrd, C, 107*.
Garrod, J., 253. 255.
Gastpar 109*.
Gebele, H., 263.
Geissler 263.
Gemelli, £., 148.
Georgii, H., 207.
Gerota 266.
Gershel, M., 145. 146.
Gibbes, fleneage, 40. 42.
Gübert, A., 191.
Gilbert, H., 26.
Glass, James H., 234. 235.
GliAski, L. £., 99.
Godwin, H. J., 148.
Goerges, Th., 106*.
Gokielow, J., 11.
Goldberg, Berthold, 190.
Golden, W. W., 148. 150.
Goldoer, S., 193.
Goldscheider, A., 148. 151.
Goldstein, L., 121. 225.
Goldstein, M., 52.
Goltz, Fr., 121. 123.
Good, Clarence M., 121. 127.
Gordinier, Hermond C, 225. 227.
Gordon, A. K., 134.
Gotch 47.
Gradenwitz, R., 74.
Graefe, Max, 193.
Grandhomme 110*.
de Grandmaison 134. 135. 142.
Granier, Baimond, 108*.
Grasai, B., 56.
Greef 234. 238.
Grober 3.
Grohmann 120.
Gross, H., 263.
Gross, Otto, 184.
V. Grosz 97.
Grosz, Julias, 65. 67.
Groves, J., 134.
Gruber, M., 145.
Grünbaum, A. F., 10. 121. 124.
Grünhat 25.
Guerard, H. W. Ad. von, 271*.
Gumpertz 57. 58.
Gutmann, C, 247.
Gwyn, N. B., 145. 155. 156. 158.
Haenel, Hans, 64.
Hagemann 145.
Hagopoff 40. 42.
Haim, £., 203.
Halban, Jos., 73.
Hallauer 209.
Hamburger, L. P., 134. 135.
Hammer, F., 22. 109*.
Hammond, Graeme M., 226. 232.
Handford, H., 134.
Handley, W. 8., 75.
Hansson, Edvin, 82.
Hare, H. A., 148. 154.
Harmer, L., 248.
Hamack, E., 56.
Harrington, Gh., 27. 28. 31.
Hartmann, J. von, 17.
Hartmann, Otto, 266.
Hassan Pascha, Ibrahim, 23.
Hatoher, A., 51.
Havelburg 71.
Hawkins, Herbert P., 134. 144
Haymann, Th., 201.
Hays, B. K., 27.
Hecker 7.
Hedinger, E., 251.
Heidenhain, L., 234. 236.
Heilbronner, Karl, 225. 227.
Heiligenthal, R, 26.
Heinsius, Fr., 193.
Heinzelmann, G., 87.
Helferioh 4.
Heller. 0., 211.
Hellstän, Ossian, 80. 82.
Hengge, Anton, 194.
Henneberg, R, 62.
Hensohen, Salomon Eberhard, 213*.
Heresou 52.
Herhold 94.
Hering, H. E., 121. 125.
Herrick 253. 256.
Herring 165.
Herz, M., 8.
Herzfeld, J., 234. 238.
Herzog 5.
Herzog, R 0., 161.
Hess 253. 255.
Heuston, F. T., 148. 155.
Hewlett, Albion Walter, 32. 36.
Higley, H. A., 32. 34.
Hildebrand, 0., 204.
Hüdebrandt 89. 260.
Hinsberg, V., 72.
Hinsdale, G., 25.
Hirsch 26.
Hirschfeld, M., 107*.
His, W., 101*.
Hiss, Philip Hansen, 32. 33.
Hitzig, K, 121. 123, 127.
Hödlmoser, C, 134
Hoefer, P., 241.
V. Hösslin 57. 59.
Hofbauer, J., 239.
Hofbauer, L., 178.
Hoff, Adolf, 134 137.
HofEmann 115.
Hofmann, A., 134 135. 138.
Hofmeier, M., 262.
Hohlfeld 245.
Holzkneoht, G., 22.
Honsell, B., 25.
Hoor 56.
Hoppe, Herm. H., 234. 235. 237.
Hoppe-Seyler, G., 86.
Hor4i6ka, Y., 27. 28. 31.
Horoszkiewioz, S., 99.
Horton-Smith, P., 134.
Houston, A. G., 134.
Howland 40. 42.
Huellen, A. van, 53.
Hünermann 27. 28. 30. 145. 146.
Haiskamp, W., 43.
Huismans, L., 180.
Huriez 133.
Jack, Frederiok L., 234. 238.
Jacobson, Gr., 69.
Jadassohn 218*.
Jäger, Franz, 234. 238.
Jaworski, W., 12.
Jehle, Ludwig, 40. 41. 155. 158.
JeUinek, 8., 57. 58.
Je2, V., 148. 149. 153.
Illye8 4
Ingeirans 32. 148. 153.
Joachim 171.
Johnson, E. G., 220*.
Joire, P., 20. 23.
Jelly, J., 172. 234. 236.
Joly, P. L., 95.
Jones, H., 134.
Jones, Llewelyn 253. 255.
Jonescu, Th., 258.
Joes, A., 32. 33. 38. 170.
Jopson, J. H., 134.
Jorgulescu, Yasile, 68.
Josefson, Arnold, 179. 220*.
Jouve 253. 256.
Isbert 25.
iBchreyt 96.
Ishizaka, T., 177.
Jürgens, G., 50.
Jüttner, F., 12.
Rafemann, Rad., 166.
Kahler, Otto, 72.
Kaiser, G., 21.
Kalischer, Otto, 121. 124
Karoann, K., 262.
Kanger, Arth., 250.
Karfunkel 13.
Kattenbracker 22.
Kayser, F., 193.
Kayser, Heinr., 171. 175. 243.
Keefe, D. £., 134.
Kehr, Hans, 91. 267.
Keller 262.
Keller, A., 14
Kelling, Georg, 248.
Kellogg 11.
Kelly, A. 0. 8., 134
Keraval, P., 11. 128. 130.
Kernig, W. M., 148. 152.
Korr, C. B., 27.
Kilvington 178.
Kinner 55.
Kinnicutt, Francis P., 134. 135. 141.
Kirchgessner, Th., 259.
Kimberger 179.
Kister, J., 31. 36.
Hays, F. L., 148.
Klein, Eberhard, 32. 148. 153. 244.
Klein, J., 257.
Kleinwächter, Ludwig, 78.
Klemensiewicz, R., 172.
Klemperer, Felix, 216*.
Kummer, M., 198.
Kluk-Kluczycki, F., 148. 149. 153.
Knoepfelmacher, Wilhelm, 195.
Knoop, Carlos, 83. 258.
Kockel 100.
Köhler, F., 32. 33. 37.
Koenig, Arthur, 213*.
König, F., 88.
Koenig, W., 225. 226.
Königstein 171.
Köstlin, C, 109*.
Kövesi 4.
Kokubo, Keisaku, 211.
Kolb 120.
Kolomenkin, N., 76.
Kornfeld, H., 58.
Kose, Ottokar, 247.
Kowalewsky, Katharina, 44.
V. Krafft-Ebing 120.
Kramer, F., 58. 61.
Kraske, P., 266.
Kraus, Emil, 32. 34
Kraus, R, 248.
Krause, Paul, 32. 35. 145.
Krebs 21. 58. 61. 245.
Krebs, W., 9.
Krieger 5.
360
Namen-HegiBter.
Krönig, B., 215*.
Krone 26.
Krakenberg, Hermann, 91.
KrQU260.
Kühn, A., 134. 141.
Kahn, Franz, 191.
Karpjuweit, 0., 97.
KaBchel, F., 197.
Kutscher, Fr., 44.
liftband 5.
Labat, A., 25.
Labbe, Baooi, 68.
LacaBse 253. 256.
Laehr, Max, 117. 120.
Lagrange 97. 206.
Landis, H. R. M., 148.
Landsdown, R. G., 234. 235.
Landsteiner, K., 172.
Landström, John, 220*.
de Landtscheer 83.
Lange, Fritz, 94. 181.
Lange, M., 270*.
Langemak, 0., 88.
Lannois, M., 128. 131.
Laquer, B., 175.
Laquer, L., 22.
Laqueur 9.
LasleU 164.
Latham 253. 255.
Latzko, W., 250.
Lazarus- Barlow, W. 8., 32.
Leake, 0. D. N., 155.
Learmouth, 0. £., 134. 135. 142.
Lefas, E., 53.
Legrain, Gh., 57.
Lehmann, K. B., 48. 49.
Leigh-Canney, H. E., 27. 30.
Leiner, Carl, 65.
Leitner 95.
Lemann, L L, 134. 135. 142.
Lemierre, Anton, 134. 141.
Lemoine, G., 11. 103».
Lengemann, P., 201.
LerebouUet, B., 191.
Lescynsky, William M., 234. 235.
Lesser, E., 23.
Levi, L., 134. 135. 141.
Levy, E., 32. 171.
Levy, Prosper, 32. 39.
Lewandowski, Alfred, 176.
Lewerenz 267.
Leyden, Ernst v., 65. 67. 216*.
Libman, E., 145.
Lieblein, V., 200.
Liebreich, Osoar, 19.
Liepelt, K., 134. 139.
Liepmann, H., 225. 226. 230. 232.
Linck, A., 247.
Lindemann 27. 253. 256.
Lindenthal, 0., 74.
Linser, P., 45.
Littlejohn, H., 27.
Loeb, Jaques, 162. 165.
Loebel, Arthur, 10. 16.
Loebl, H., 186.
Löfquist, Reguel, 80. 271*.
Loewenfeld, L., 24.
Loewenthal 9.
Longwidge 3.
Lord, F. T., 134.
Lorenz 102*.
Lossen, W., 90.
Lubowski, R., 32. 39.
Ludwig 120.
Ludwig, E., 18.
Lanz, M. A., 234. 237.
Lustgarten, 8., 85.
Luttinger, L., 27.
Luxenbuiger, Aug., 271*.
Luzzatto, A., 64.
Lyon, L Ph., 134. 142.
üo aintock, R. W., 133. 135. 139.
Mc Crae, Thomas, 133. 138.
Macfadyen, Allan, 32. 33. 38.
Mc Garrahan, T. F., 133. 140.
Mada^m, T. J., 134.
Mager, Wilhelm, 134. 136. 144.
Magnus-Levy, A., 186.
Mahrt, G., 32. 40.
Makaweew, J., 9.
Malet, H., 148.
Man 5.
Mandler, Mihail, 89.
Mangold, Ernst, 240.
Mannheimer, George, 11.
Marbarg, Otto, 129. 132.
Maroovich, A., 32.
Marcnse, Julian, 7. 13. 20. 272*.
Margulies, E., 212.
Markl, G., 148. 149. 154.
Marmorek, Alexander, 2.
Marsden, R. W., 148. 150. 155.
Martin, J. M., 134.
Martin, L., 148. 152.
Martina, A., 202.
Martini, Erich, 103*.
Martiny, E., 234. 238.
Marx, H., 212.
Matsuoka 265.
Matthes, V. M., 58. 60.
Matzner, E. von, 175.
Maude, A., 134.
Manger, N., 148.
Maurel, K, 32. 39.
Maurer, G., 243.
Mayer, G., 32. 97.
Mayer, M., 9.
Mayer, P., 43.
Mayet, L., 234. 237. 253. 256.
Mays, Karl, 44.
Meadie, A., 25.
Meara, F. Sh., 134.
Meige, H., 181.
Melkich, A. A., 134.
Meltzer, 8. J., 134.
Melville, David, 134. 135. 141. 142.
Mendel, £., 225. 231.
Menge, C, 259.
Menzer, A., 2. 31. 32. 34. 69. 145.
Merzbacher, L., 163.
Meyer, E., 57. 59.
Meyer, H., 165.
Meyer, Robert, 52. 53.
Michaelis, L., 246.
Miesemer, Karl, 166.
Mingazzini, G., 128. 129. 225. 231.
235. 237.
MitcheU, J. F., 134.
Möbius, P. J., 120. 162.
MoeUer, Karl, 272*.
Momborg 206.
Monakow, C. ▼., 121. 123.
Moore, A., 32. 35.
Moorehouse, G. W., 134. 135. 148.
Morawitz, P., 46.
Moreao, R., 27.
Mori, A., 57. 191.
Moro, Ernst, 197. 198.
Morrihy, Barba, 56.
Mory, E., 15.
Moser, Paul, 2. 65. 67.
Mosny 27. 28.
Messe, Max, 43. 54
MüUer, Benno, 214*. 260.
Müller, E., 2.
MüUer, Eduard, 61. 62. 120. 129. 131.
MüUer, Erich, 198.
Müller, Franz C, 6.
Maller, Fritz, 43.
MüUer, G., 94.
Müller, M., 211.
Müller, 0., 9.
Müller, P. Th. 171.
Munk, H., 121. 124.
Murat, L., 25.
Murphy, 8. F., 134.
Musser, J. H., 134.
Muto, K., 177.
Säcke, P., 107*.
Naegeli, 0., 145. 147.
Nagel 250.
Naumann, H., 16.
Nebelthau 1.
Negel, V., 50.
Negoesoa, M., 99.
Neuser, M., 32. 39.
Neuberg, Carl, 43.
Neufeld, F., 155. 156. 158.
Neugebaaer, F., 93.
Neumann 27. 87. 116. 118.
Neumann, F., 22.
Neumann, Frz., 26.
Neamann, H., 18.
Neustfttter, 0., 248.
NichoUs, A. G., 134. 135. 142.
Nicoladoni, C, 207.
Nicolas 14.
Nicoll, James St, 234. 237.
Niedner 57.
Niessen, Max ▼., 219*.
Noe56.
Noetzel, W., 199.
Nohel, Edmund, 79.
Nonne, M., 184.
Noordijk, J. Th., 134.
Notthaatl, Albreoht v., 103*.
•bemdorffer, 8., 52.
Obkiroher, A., 26.
Oddo, M. C, 134. 135. 136.
Offerhaus, H., 27.
Ogilvie, George, 134. 135. 138.
Okada, Eikichi, 64.
Okamoto, Tanamatsu, 99.
Oüvier, G., 27. 29.
Olshausen, R., 216*.
Omelianski, W., 16a
Opitz, Erich, 245.
OrthL
Ortner 4.
Osborne 95.
Osler, Wm., 134. 135. 138. 139. 148.
155.
Ostermayer 109*.
Ottendorf 58.
Otto, a, 169.
Oyerlaoh 174.
Page, C. G., 32. 33.
Pakes, W. a C, 134.
Pal, J., 188.
Paladino-Blandini, A., 32.
Palmer 27. 28.
Panichi 71.
Panzer, Th., 18.
Paoli, W. de, 79. *
PapiniaD, J., 68.
Parhon, C, 52. 177.
Parkes, L. C, 155. 156. 158.
ParviaineD, Walter, 83.
Patel, M., 234. 237.
Patry, E., 207.
Peck, Elizabeth L., 134. 135. 140.
Pekelharing, C. A., 43.
Pelman 120.
Peretti 115.
Perman, E. S., 219*. 220*.
Perrier 11.
Perrin de la Toache 263.
PershiDg, Howell T., 225. 228.
Pescarolo, B., 234. 235.
Peters, R., 252.
Petersen, Ferdinand, 94.
Petersen, 0. von, 22.
Petersen, W., 54.
Petren, Karl, 58. 61.
Pettersson, A., 169.
Pfaffenholz 84.
Pfeiffer, R., 168.
Pfeiffer, Th., 249.
Pfister, H., 163.
Pfuhl, E., 155. 156.
Phelps, Charles, 129. 131.
Phillips, Sidney, 134. 135. 137. 148.
Pick, A., 225. 226. 227. 229. 233.
Pick, C, 7.
Pieron, H., 47.
I^'etnikoJBF, E. A., 23.
Piffl, Otto, 234. 238.
Pihl 208.
PUlon, Gh., 185.
Pütz, J., 121.
Pineas, Ludwig, 73. 105*.
Pinkuss, A., 271*.
Pirl 250.
Pisca, Constantin, 259.
Pitres, A., 225. 228.
Pittalaga 56.
Plaats s. Van der Plaats.
Plenge, H., 168.
Plesch, J., 205.
Plotz, C, 134.
Pohl 120.
Polacco, R., 148.
Pollatschek, Robert, 249.
Polverini, G., 49.
Pometta 148. 149. 154.
Poncet 253. 254.
Popielski, L., 165.
Poras, J., 14.
Pospischill, D., 65. 67.
Posselt, A., 134.
Pool s. De Poul.
Prescher, J., 101*.
Presta, A., 176.
Preuss 250.
Pridhara, A. T., 148. 150.
Prinzing, Friedrich, 99. 222*.
Prissmann, 8., 25.
Pritschke 84.
Probst, M., 121. 226. 232. 249.
Prochaska, A., 134. 140.
Proeller 209.
Pröscher, F., 32. 36.
Proust, R., 134. 135.
Prüssian, A., 12.
Prus 121. 126.
Med. Jahrbb. Bd. 280. Hft 3.
Namen-Register.
Prutz, Wolfgang, 51.
Puppel 32. 36.
Sfuill, R. H., 27. 30.
oincke, H., 107*.
Rabs, V., 101*.
Racoviceanu 258.
Ranke, H. v., 71.
Ransom 253. 257.
Ratier, 0., 148.
Ratz, H., 175.
Rauzier, 0., 148. 149.
Ravant, P., 133.
Raw 253. 256.
Reokzeh 188. 243.
Redlich, E., 58. 61.
Reichel, P., 265.
Reichmann, Ed., 187.
Reilly, J. H., 32.
Reiner, Max, 85.
Reis, W., 269.
Remlinger, P., 134. 137.
Remy, M. L., 32. 33. 36.
Rendu, M., 134. 143.
Reuter, F., 99.
Reuterskiöld, H. A. C, 219*.
Revenstorf 212.
Reverdin, J. L., 234. 238.
Reychler, A., 214*.
Reynolds, A. E., 134.
Rhoden 18.
Ribbert 1.
Riccioli 56.
Richardson, M. H., 134.
Richter, P. F., 1.
Rideal, 8., 155. 156. 158.
Rieder 155.
Rieder, W. v., 27. 29.
Riether, Oustav, 83.
Rigani 182.
Rinman, Kurt, 219*.
Rissmann 84.
Rode, Friedrich, 72.
Rodman, J. J., 179.
Römer 210.
Rössler 26.
Roethlisberger, P., 17.
RoUy 182.
Roloff, M., 12.
Rommel, Otto, 70.
Rondelli, A., 210.
Rose, E., 234. 238.
Rosen, R., 250.
Rosin 5.
Rosinski, Bernhard, 104*.
Rossi 3.
Rost, E., 55.
Rotarski, Th., 43.
Rothmann, M., 63.
Rothschild, D., 18.
Roussel, A. E., 134.
Routh, A., 262.
Rubinstein, S., 193.
Rubner, M., 100.
Rüdin, Ernst, 167.
Rüllmann, W., 32. 33.
Rüge, R., 102*.
Rumpel, 0., 32. 33.
Ruschhaupt, W., 242.
Russell, C. K., 148. 154.
BSziöka, V., 48.
Rydel, A., 182.
Sabatier, R., 27. 29.
Sachs, B., 182.
361
Sachs, Heinrich, 121. 122.
Salaskin, S., 44.
Salomon, H., 21.
Sanborn, C. A., 25.
Sandberg, Otto, 220*.
Sauer, F., 15.
Savage, w: G., 134. 145. 146.
Scaffidi 247.
Scagliosi, G., 50.
SchäfFer, Emil, 180.
Schaffer, Kari, 129. 131.
Schauta, Friedrich, 104*.
Scheffler, E., 58.
Scheffler, W., 32. 33. 37.
Scheib, Alexander, 40. 42.
Schenck, F., 240.
Schenk, Ferdinand, 104*.
Schiele 176.
Schirmer 94.
Scbittenhelm, Alfred, 44.
Sohlatter, C, 206.
Schlesinger 5. 161.
Schlesinger, Herrn., 106*.
Schloffer, H., 88.
Schlossmann, Arthur, 84. 197.
Schmalzl Johann, 185.
Schmey, Max, 160.
Schmidt, Frz., 135. 137.
Schmidt, G., 93.
Schmidt, Rudolf, 170. 189.
Schötz, Wilhelm, 68.
Scholz 95.
Scholz, E., 32. 145. 146.
Scholz, Harry, 51.
Schott, A., 91.
Schottmüller 32. 33. 36. 37.
Schröder 24.
Schroeder, H., 75.
Schudmak, Anton, 135. 140.
Schüking, A., 239.
Schule, Ad., 74.
Schütze, Albert, 32. 35. 37.
Schultz, Walther, 53.
Schulze-Vellinghausen, W., 271*.
Schumburg 155. 156. 158.
Schuster 103*.
Schwarz 5. 187.
Schweitzer, M., 250.
Schwer 50.
Sclavo, Achille, 185.
See, MjEtrcel, 11.
Seegert, Paul, 261.
Segall, Georg, 249.
Seidelmann 16.
Seifert, P.,'57. 59.
Seiffer, W., 58. 60. 182.
Selby, P., 148. 150.
Sellheim, H., 105*.
Sempe 208.
Senator, H., 1.
Sorbanescu, M. J., 192.
Seubert, R., 65. 66.
Seydel 234. 235. 238.
Sharp, J. Oordon, 178.
Shattuck, G. B., 145.
Sheen 162.
Sheild, A. Marmaduke, 201.
Sherrington, C. S., 121. 124. 164.
Siebelt 13. 15.
Siecke, D., 65. 68.
Siegfried, M., 43.
Sievers, R, 221*. 222*.
Sigel, Julius, 55.
Sikes, W., 263.
Silberberg, 0., 258.
46
362
Silex, R, 121. 125.
Silvestri, T., 48.
Sünnitski, S., 160.
Singer, A., 17.
Sion, V., 50.
SipilA, Walter, 83.
Sklarek, F., 251.
Smith 120.
Smith, £. M., 134.
Smith, F. J., 148. 150.
Söhligen, A., 204.
Soet^r 5.
Sohn, Wilhelm, 65. 66. 66.
Sollmann, Torald, 51.
Soltau, Wilhelm, 107».
Sommer, M., 57.
Sommerfeld, P., 65.
Spaet, Franz, 224*.
Spalteholz, W., 101*.
Spiess, Alexander, 109*.
Spitzka, £. A., 178.
Spoiler 253. 256.
Stadelmann, E., 58. 60.
Stadelmann, Heinr., 5. 106*. 225. 229.
Staehelin, A., 145.
Stangel 5.
Stangl, Emil, 247.
Starck, Hugo, 27. 133.
Stefanesco, Mihail, 185.
Steffensen, 0. M., 234.
Stein, R., 145.
Steinbüchel, Richard v., 215*.
Steiner 17.
Steinert, H., 251.
Stenger 58. 60. 234. 238.
Stenglein, Fritz, 224*.
Sterin, George 0., 246.
Stern 253. 254.
Stemberg, C, 145.
Stemberg, M., 250.
Steadel, H., 44.
Stevens, W. M., 180.
StiUing 269.
Stransky, Erwin, 183.
Strasser, A., 12.
Straub, W., 162.
Strauss, Friedrich, 4.
Strauss, H., 4. 58.
Strebel, H., 20.
Stridsberg, W., 220*.
Ströhmberg, C, 218*.
Strohmayer, Wilh., 122. 128. 225. 230.
Strubell 5.
Sulant, William, 178.
Sundholm, Albert, 82.
Suzuki, T., 90.
Swientochowski, J., 175.
Sydney, Rowland, 32. 38.
Szdsz, H., 79.
Szekely, S., 198.
Szontagh, Felix v., 65. 66. 196.
von Tabora 175.
Talbert, 0. A., 122. 126.
Tarchetti 3.
Tarruella, J., 176.
Taussig, 0., 27. 28.
Tavel 49.
Taylor, W. J., 135. 148.
Namen-Register.
Teirlinck, A., 135.
Thacker, R. C, 148.
Thayer, Wm. Sidney, 145. 147.
Thelberg 253. 257.
Thevenet, V., 161.
Thieme, Ludwig, 175.
Thienger, Karl, 55.
Thomson 253. 256.
Thomson, Ernest, 226.
Thomson, H. Campbell, 135. 138.
Thomson, W. H., 135.
Thomton, G., 148. 155.
Thurston, E. 0., 134.
Tiraboschi, C, 49.
Tobeitz, Adolf, 65. 68.
Tobiesen, Fr., 145.
Toeplitz, Fritz, 218*.
Tooth, H. H., 27.
Touche 129. 132. 226. 231.
Trautmann, Curt, 174.
Triboulet 253.
Tromsdorff, R., 244.
Tschegolew, Mg., 32.
Tschermak, A., 241.
Tsohlenoff, B., 9.
Tsohnewsky, J. A., 240.
Turner, G., 27. 30.
Turrö, R., 176.
Tyndale, Wentworth, 135. 144.
ühlemann, W., 219*.
Ullrich 2.
Unger, E., 31. 36.
Unna, P. G., 218*.
Unverricht 121.
Wahlen, Ernst, 177.
Valan, A., 200.
Valette, A., 234. 238.
Van de Velde 83.
Van der Plaats, Y. D., 27.
Van Yzeren 3.
Vaschide, N., 47.
Velhagen, C, 268.
Veiten, W., 24.
Ventra, Domenico, 128. 130.
Veraguth, Otto, 225. 230.
Vergor, Henri, 121. 126.
Vernon 47.
Veron 40. 42.
Verworn, Max, 45.
Vidal, A., 19.
Viganö, L., 160.
ViUard 208.
Vin^j, G. S., 7.
Vincent 162.
Vlachos, J. A., 135. 140.
Vogel, K., 264.
Voit, Fr., 48.
Volhard, Franz, 181.
Voss, G. von, 179.
Vrasse, P., 148. 153.
l¥achenfeld 17.
Wahlfors 96.
Waldvogel 32. 33. 39.
Walker 253.
Walko 3.
Wallis, Curt, 220*.
Walton, George L., 234. 238.
Wanklyn, J. A., 134.
Wanner, Fr., 159.
Warden, A., 179.
Warfvinge, F. W., 219*. 220*.
Washbourn, J. W., 133. 144. 148.
234. 235.
Wassermann, A., 4. 148.
Wassmuth, A., 178.
Weber 129. 132. 253. 254.
Weber, R., 244.
Weichardt, W., 135. 143.
Weiohselbaum, A., 5. 244.
Weill, E., 161.
Weinberg, W., 109*.
Weinreich 234. 238.
Weinstein, A., 209.
Wenckebach, K. F., 46.
Wendriner, B., 17.
Wernicke, E., 27. 28.
Wernitz, J., 87.
Wertheimer, L. (Dr. jur.), 272*.
Wertheimer, W., 11.
Westby, G., 135. 143.
Westermark, F., 219*.
Weygandt, Wilhelm, 166.
Weyprecht, K., 202.
Whittier, E. N., 27.
Widenmann 145.
Wien, Max, 241.
Wieting 204.
Wijnikewitsch, W. J., 98.
Wüdbolz 253. 256.
Wilde, M., 49.
Williamson, R. T., 234. 236.
Wilson, J. C, 135. 141.
Winckel, F. v., 216*.
Winckolmann 248.
Winckler, A., 16. 26.
Windscheid, F., 58. 60. 116.
Winkler, F., 8.
Winterberg, H., 56.
Winternitz, H., 54.
Wintemitz, W., 10. 14.
Wishart, D. J. G., 135. 137.
Withington, Ch. F., 145.
Wolff, A., 3. 44. 170.
WolfF, Alfred, 246.
Wolff, R., 206.
Wolff-Immermann 23.
Wolpert, H., 100.
Wood, N., 10.
Wright, A. E., 2. 155. 156. 157.
Wünschmann, H., 15.
Würth 10.
Young, H. H., 135.
Zacher 128. 130.
Zagari 135.
Zangemeister, W., 75.
Zangger, Th., 24.
Zeynek, R. v., 18.
Ziehen, Gh., 121. 125.
Zielleczky, R., 168.
Ziemssen, H. v., 27. 31.
Zierler, F., 49.
Zimmermann, G., 209.
Zöpprite, B., 88.
Zur Verth 190.
Zwaardemaker, H., 242.
Zweifel, P., 76.
Für dio Rodakiion verantwortlich : Dr. P. J. M5biiis in Lelpsig. — Verlag von 8. Illrzel in Lelpiig*
Druck von Walter Wlgand in Lelpsl«.