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SCHMIDTS
• •
JAHRBUCHER
DER
IN- UND AUSLÄNDISCHEN
GESAMMTEN MEDICIN
HERAUSGEGEBEN
VON
P. J. MÖBITJS UND E DIPPE
IN LEIPZIG.
JAHRGANG 1904. BAND 281.
LEIPZIG
VERLAG VON S. HIRZEL.
1904.
«\A^
der
m^ tinb ati0fanbifc$en c^efamm^en QUebicin.
Bd. 28L
1904.
HeftL
A. Originalabhandlungen und Uebersichten.
Neuere Beobachtungen über die Tabes. ^)
(Vierzehnter Bericht)
Von
P. J. M ö b i u s.
Seit fünfundzwanzig Jahren berichtet der Be-
fertni in den Jahrbüchern über die Tabes- Arbeiten.
Seine Benchte sind nicht viel genannt, aberfleissig
benatzt worden. So darf er hoffen, dass seine nicht
gerade dankbare Arbeit doch nützlich sei. Sieht
20411 80 Jahr fQr Jahr den Strom der Arbeiten
fliessen, so lernt man Allerhand dabei. Z. B. das^
dass der Fleiss sehr viel häufiger vorkommt als
Einsicht Man erkennt auch, dass mit der Zeit das
reichste Thema erschöpft wird. Gewiss ist die
Tkbes eine der interessantesten Krankheiten, aber
auch sie ist nicht unerschöpflich, und es scheint,
dass vorläufig nicht mehr viel Neues zum Vor-
schdne kommen werde. Die Zahl der Arbeiten
nimmt nicht ab, jedoch wird recht viel leeres Stroh
gedroschen, und verhältnissmässig wenig Werth-
Tolles wird mitgetheilt Es ist also, wenn sich der
Btf. jetzt kürzer fasst als früher, nicht nur seine
Abstumpfung, sondern auch die Beschaffenheit des
Materiales daran schuld.
Tkeoretisehea und Änatomiaehes.
l)Bonardi, Edouard, Ataxie tabetiqne et titn-
batioD cerebelleuse selon la doctxine des neurones. Revue
neoroL IK. 24. p. 1035. 1901.
2)BorcheTt,Maz, Experiment Untersuchungen
an den HintersträDgen des Rückenmarks. Inaug.-Diss.
Leipzig 1902. Veit & Co. 8. 40 S. mit 1 Tafel.
3)Bri8saad, £., A propos de la pathogenie du
tibes. Bevue neurol. XI. 4. p. 242. 1903.
(Br. sagt mit Recht gegen Marie und Quil-
lain, sowie gegen Kageotte, dass ihre Be-
<) VgL Jahrbb. CGLXXni. p. 6.
Med. Jahrbb. Bd. 281. Hft 1.
hauptungen über die anatomische Natur der Tabes
der Klinik in's Gesicht schlagen, dass die Tabes
nur als systematischer Faserschwund zu ver-
stehen ist)
4) Cahn, A., üeber d. periphere Neuritis als häu-
figste Ursache d. tabischen Kehlkopflähmungen. Deut-
sches Arch. f. klin. Med. LXXIU. p. 281. 1902.
5) CoUins, Joseph, The morbid anatomy and
pathology of tabes. Med. News fiXXXTT. 24. 25. p. 1126.
1155. 1903.
(Oute Zusammenfassung, aber nichts Neues.)
6) Edens, Ernst, Tabes dorsalis u. chron. Spinal-
meningitis. Inaug.-Diss. Kiel 1902. Schmidt & Klaunig.
8. 518.
(Ein Sektion-Befund: Hinterstrangerkrankung
und Meningitis. Beide sind voneinander unab-
hängig, Wirkungen einer gemeinsamen Ursacha)
7) Marie, Pierre, et Bischoffswerder, 3cas
de tabes presentant des corps granoleox dans les cordons
posterieures de la moelle. Revue neurol. X. 6. p. 241.
1902.
8) Marie, Pierre, Tabes et meningite spinale
posterieure. Revue neurol. XI. 10. p. 530. 1903.
(M. zeigte 2 tabische Rückenmarke vor. Die
Pia war nicht nur ausschliesslich auf der Rückseite
verdickt, sondern sie zeigte hier verdickte opake
Stellen, zwischen denen dünne durchsichtige lagen,
ein Zeichen, dass es sich um eine wirkliche Ent-
zündung handelt)
9) Marie, Pierre, et G. Guillain, Les lesions
du Systeme lymphatique posterieur de la moelle sont
Torigine du processos anatomo - pathologique du tabes.
Revue neurol. XI. 2. p. 49. 1903.
(Die Vff. glauben, dass die Hinterstränge, die
hinteren Wurzeln und die hintere Pia ein beson-
deres Lymphsystem haben. Die Tabes sei die
1
MObins, Neuere Beobachtungen über die Tabes.
syphilitische Erkrankung dieses hinteren spinalen
Lymphsystems.)
10) Marina, AlessandrOfStadienüberd. Patho-
logie d. CiliarganglioDS b. Menschen, mit besond. Berück-
sicht. dess. b. d. progress. Paralyse u. Tabes. Verglei-
chende Studien mit d. Ganglion Gassen a. oervioale
supremnm. Bedeutung d. dliarganglions als Centrum f.
d. Sphincter iridis b. Menschen. Deutsche Ztschr. f.
Nervenhkde. XX. 5 u. 6. p. 369. 1901.
ll)Nageotte, J., Pathogenie du tabes dorsal. Sond.-
Abdr. a. d. Presse med. 99. Dec. 1902; 1., Janv. 3. 1903.
12) Nage Ott e, J., Note sur les lesions radioulaires
et ganglionnaires du tabes. Extr. des C. r. d. s.delaSoc.
de BioL Nov. 8. 1902, id., A propos des lesions radiou-
laires da tabes. Ibidem.
(Polemik gegen Thomas und Hauser.)
13) Nageotte, J., Note sur les formations cavi-
taires par perinevrite dans les nerfs radiculaires. Extr.
des C. r. d. s. de la Soc. de Biol. Deo. 13. 1902.
(Anatomische Einzelheiten.)
14)P&ndy, Coloman, Die Entstehung d. Tabes.
Neurol. Centr.-Bl. XX. 23. 1901.
(Der Vf. glaubt, gefunden zu haben, dass bei
Arteriosklerose durch die Emfthrungstörung den
tabischen ähnliche HinterstrangTerftnderungen ent-
stehen. Die Tabes beginne nicht in den hinteren
Wurzeln, sondern in den Bandelettes externes der
Hinterstrftnge.)
14a) Pändy, C, Die Entstehung d. Tabes. Deutsche
Ztschr. f. Nervenhkde. XXIV. 1 u. 2. 1902.
15) Thomas, A., et G. Hauser, Etüde sur les
lesions radiculaires et ganghonnaires du tabes. Nouv.
Iconogr. de la Salp. XV. 4. 5. p. 290. 412. Juillet— Acut,
Sept. — Oot
16) Touche (de Brevannes), Engagement des amye-
' dales oerebellenses ohez les tabetiques. Revue neurol. X.
3. p. 165. 1902.
(T. hat bei 8 von 10 Tabes- Leichen die Mandel
vom Kleinhirn abgedrückt und das Kleinhirn an
der unteren Fläche imprimirt gefunden. Einmal
bestand Hydrocephalus ventricul., in anderen Fällen
war das Oehim auffallend schwer und hart.)
Der Begriff der Tabes muss vielleicht erweitert
werden. Man hat neuerdings ziemlich oft Erkran-
kung der Seitenstränge und anderer Faserzüge des
Rückenmarkes, eine sogenannte combinirte System-
erkrankung bei Syphilitischen gefunden. Ins-
besondere hat es sich gezeigt, dass die spastischen
Zustände nach Syphilis, bei denen man früher eine
dorsale Myelomeningitis vermuthete, in der Hegel
auf solche Strangerkranknng zu beziehen sind.
W. Erb (Ueber die spastische und die syphilitische
Spinalparalyse und ihre Existenzberechtigung.
Deutsche Ztschr. f. Nervenhkde. XXUI. 5 u. 6.
p. 347. 1903) hat neuerdings diese Dinge be-
sprochen. Definirt man die Metasyphilis als pri-
mären Nervenschwund nach Syphilis, so gehört
natürlich auch die Seitenstrangerkrankung zur
Metasyphilis, sie ist also grundsätzlich von der
Tabes nicht verschieden, die Lokalisation ist der
ganze Unterschied. Auf diese nahe Verwandtschaft
deutet ja auch der Umstand, dass zur gewöhnlichen
Tabes Seitenstrangerkrankung hinzutreten kann.
Man könnte daher die syphilitische Spinalparalyse
Erb 's sehr wohl motorische Tabes nennen, ein
Name, den Fr. Schnitze schon früher, aber im
symptomatologischen , nicht im richtigen, ätio-
logischen Sinne vorgeschlagen hat Ebenso könnte
man die chronische Ophthalmoplegie nach Syphilis
auch da, wo keine weiteren Tabes-Symptome hin-
zutreten, zur Tabes rechnen, etwa als Augenmuskel-
Tabes. Wahrscheinlich wird sich mit der Zeit das
Reich der Tabes noch etwas weiter ausdehnen. —
Die pathologische Anatomie der Tabes ist wäh-
rend der letzten Jahre besonders in Frankreich er-
örtert worden. Nageotte ist sehr eifrig ge-
wesen. P. Marie hat eine neue Theorie aufge-
stellt. Leider ist der systematische Charakter der
Tabes bei diesen Untersuchungen vielfach verkannt
worden. Jedoch Raymond u. A. haben auch in
Frankreich ihn anerkannt, und es ist zu hoffen,
dass die „mechanischen^* Anschauungen in Zukunft
endgültig zurückgedrängt werden werden.
Nageotte (11) hat noch einmal ausführlich
seine Lehre von der Tabes dargestellt. Das Erste
ist die verbreitete „Syphilose*' der Meningen, die
durch die Lumbalpunktion neuerdings nachgewiesen
werden kann. Die anatomische Untersuchung er-
giebt, dass es sich um eine echte syphilitische
Meningitis handelt Die entzündliche Erkrankung
ergreift dann die hinteren und die vorderen Wurzeln
da, wo sie die Pia verlassen. Die Hauptsache ist
die fortschreitende Zerstörung der hinteren Wurzeln.
Sichtbar wird sie zuerst an den intraspinalen
Wurzelfasern, und deren Absterben bewirkt das
bekannte Bild des tabischen Rückenmarkquer-
schnittes. Die Variationen hängen davon ab,
welche Wurzeln ergriffen sind, wie weit sie zer-
stört sind, ob Zerstörung kurzer intraspinaler
Neurone hinzugekommen ist Auch die vorderen
Wurzein werden nicht verschont Von ihrer E!r-
krankung hängt ein Theil der Veränderungen in
den peripherischen Nerven ab, ein anderer ist ein-
fach Wirkung der Kachexie.
So erfreulich es ist, dass N. ernstlich die Syphilis
als Ursache der Tabes anerkennt, so unerfreulich
ist seine anatomische Theorie. Das Oleiche gilt
von der Variante, die P. Marie (9) angegeben hat.
Diese Untersucher sehen wie hypnotisirt auf das
Rückenmark. Sie vergessen die primäre Erkran-
kung der Augenmuskelkerne, die systematische
Läsion, von der allein die reflektorische Pupillen-
starre bewirkt werden kann, die Verwandtschaft
der Tabes mit anderen systematischen Erkran-
kungen. Sie vergessen ganz das typische kli-
nische Bild: Einige bestimmte Symptome treten
doppelseitig auf und trotz aUer Varianten kehrt
immer die gleiche Combination wieder. Ist wirklich
in allen Fällen eine syphilitische Meningitis vorhan-
den, so muss sie als eine dem tabischen Processe
coordinirteVeränderung angesehen werden. Das Ge-
formte kann nicht aus dem Formlosen hervorgehen.
Marie und Bischoffswerder (7) haben
bei 4 von etwa 30 Tabes-Leichen Körnchenzellen
gefunden. Sie beschreiben die Vertheilung der
MöbiuSi Neuere Beobaohtungen über die Tabes.
ooq» granuleux in 3 dieser Fftlle genau, doohkann
auf die Eünzellieiten nicht eingegangen werden.
In der B^el, meinen die Vff., sei bei dem Tode
der eigentliche tabische Process abgelaufen, und
deshalb finde man keine Myelin-Beste mehr. In
ihren 3 Fällen war der Tod früh eingetreten, einmal
34 McHiate nach dem Beginne der lancinirenden
8ohmerxen (durch Decubitus), einmal 5 Jahre, ein-
mal 8 Jahre nach dem Beginne (beide Male durch
Selbstmord).
Thomas und Hauser (15) haben der Ana-
tomie der Tabee eine grosse Arbeit gewidmet Sie
theilen 11 anatomische Untersuchungen mit und
äe haben besonders den Zustand der hinteren
Woneln und der Spinalganglien geprüft im Hin-
blicke auf die Angaben der neueren Autoren. Die
Tabes stellt nach den Yif. ein primäres segmentäres
Absterben der hinteren Wurzelfasem dar, das am
meisten dem toxischen Nervenschwunde gleicht
Langsam zerAllt erst die Harkscheide, dann der
Achsencylinder ; die Waller 'sehe Entartung
kommt nur ausnahmeweise vor. Die Spinalganglien
and swar oft miterkrankt, doch sind die Yerände-
ningen ihrer Zellen gering und unbeständig. Qegen
die mechanischen Anschauungen von Nageotte
und Obersteiner- Redlich erklären sich die
^ff., doch muss wegen der einzelnen Streitpunkte
auf das Original verwiesen werden.
[Pändy (14a) fand Minnich's hydropische
Erveichung oder jedenfalls sehr nahestehende Yer-
inderungen im Rückenmarke bei Arteriosklerose
und anderen CirkulationstOrungen und Stoffwechsel-
krankheiten. Nach seiner Ansieht ist die tabische
Erkrankung und die hydropische Degeneration
nicht nur an gleichem Orte lokalisirt, sondern es
lind auch bezüglich der histologischen Natur der
Yeranderongen Uebergänge vorhanden. Nach ein-
gehender, kritischer Beleuchtung aller gangbaren
Tabestheorien erklärt P. die Tabes „aus der er-
£ibrong8gemässen Thatsache, dass die sogenannte
intermediäre Zone der H. S..S. gegenüber allen
Stoffwechselstörungen, so auch gegen das luetische
Sift am empfindlichsten ist^^ Hier beginnt die
Beetmktion, von hier aus breitet sich der Process,
fiidk wiederholend, ohne Auswahl in der ganzen
lAnge des Rückenmarkes auf die näher benach-
Wten exo- und endogenen Fasern und ebenso auf
die intra- und extramedullären Fortsetzungen der-
selben aus. Die Tabes ist eine paeudosyetemaiische,
nidu MUive, jedoch mü ihrem langsamen Verlauft
an tMie Processe erinnernde Erkrankung der Htnier-
dränge, welche an der Stelle der eintretenden Wurzel-
fuem beginnt. Bezüglich der zahlreichen Details
muss auf das Original verwiesen werden.
R Pfeiffer (Gassei).]
Äeiiologieches.
17) A n f i m 0 w , Die Bolle der Syphilis in der Aetio-
l'jgie der Tabes n. die antisyphilitisohe Behandlung der
TaboB. Obosrenije psich. i---6. — Neuro!. Centr. -Bl.
UIL 1. p. 24. 1903.
(A. hat in Fjätigorsk 322 Tabes-Kranke beob-
achtet. 56 leugneten die Syphilis. Alle wurden mit
Hg und Jod behandelt: 78mal trat Besserung ein.)
18) Bloch, Martin, Ein Fall von infantiler Tabes.
Neurol. Gentr.-Bl. XXI. 3. 1902.
(17jähr. Tabes-Eranke, Beginn vor 3 — 4 Jahren
mit Blasenstörung. Infantilismus. B 1. meint, die
Syphilis der Mutter sei nicht sicher: 4 Abortus,
1 Todtgeburt, 3 frühgestorbene Kinder.)
19) Bramwell, Byrom, Analysis of 155 cases of
tabes. Brain, Spring 1902. — Neurol. Centr.-BL XXn.
1. p. 30. 1903.
(Stotistische Angaben. 90<^/o Männer. 76.7<^/o
Syphilis.)
20) BrsBoh, Martin, Beiträge zur Aetiologie der
Tabes. Deutsche Ztsohr. f. Nervenhkde. XX. 5 u. 6.
p. 345. 1901.
21) Brosius (Saarbrücken), Eine Syphilisendemie
vor 12 Jahren u. ihre Folgen. Neurol. Centr.-61. XXII.
12. p. 606. 1903.
(Von 7 Olasbläsem, die 1891 durch eine Glas-
pfeife syphilitisch geworden waren, konnten 5
untersucht werden : 4 litten an Tabesparalyse.)
22) Cohn, Paul, Zur Behauptung von d. Queck-
silberätiologie d. Tabes. Berl. klin. Wchnsohr. XL. 10. '
1903.
(unter 86 männlichen Tabes-Eranken gaben
61 ein syphilitisches Geschwür zu; 21 von den
61 wollten nur ein Ulcus molle gehabt haben. Nur
23 waren mit Hg behandelt worden und auch diese
meistens nicht sehr energisch. Von 31 weiblichen
Tabes-Eranken waren nur 5 mit Hg behandelt
worden. Also könne Hg nicht Ursache der Tabes
sein. Der Vf. hat Recht, aber die Bestreitung
ganz unsinniger Behauptungen ist nicht nOthig.)
23)Di8CU88ion sur la parasy philis dans la societe
de med. de Paris. Progres med. p. 362. Mai 31. 1902.
(Die an Leredde 's Vortrag sich anschliessende
Verhandlung war so fruchtlos, wie alle ähnlichen
Verhandlungen. Christian erklärte wieder ein-
mal, Tabes und Paralyse hätten mit der Syphilis
nichts zu thun u. s. f. Besonders über Tabes sprach
J u U i e n. Er ist ein grosser Freund der Calomel-
einspritzungen : von 51 Tabes- Kr. seien 5 gestor-
ben, 2 blind geworden, 3 schwer krank, 39 leicht
krank, 2 geheilt.)
24) Erb, W., Syphilis u. Tabes. Jahrbb. f. Psych,
u. Neurol. XXTT. p. 1. 1902.
(üebersicht über die Entwickelung der Tabes-
Syphilis-Frage. — E. tadelt den Bef,^ weil er zu
scharf gegen Virchow gesprochen habe, aber er
spricht nach einigen Verbeugungen eben so scharf
gegen ihn. Und er thut Recht daran, denn je ein-
flussreicher die Person ist, die das Falsche sagt,
um so energischer soll man widersprechen.)
25) Erb, W., Bemerkungen zur pathol. Anatomie
der Syphilis des centralen Nervensystems. Deutsche
Ztschr. f. Nervenhkde. XXTT. 1 u. 2. p. 100. 1902.
(Nachweis der Häufigkeit tertiärer Veränderun-
gen neben einfachem Nervenschwunde. Man finde
neben einander oder unter den gleichen Bedingun-
gen Syphilom und einfachen Nervenschwund. Es
sei daher die Metasyphilis nicht von der Syphilis
abzutrennen.)
Möbius, Neuere Beobaohtungen über die Tabea.
26) F a u r e , M a n r., Los origines du tabes. Gongres
de Grenoble. Revue neurol. X. 16. p. 816. 1902.
(Versohiedene Infektionen sollen zur Tabes
führen oder sie bei Syphilitischen befördern.)
27) Festschrift zum 1. Congress der Deutschen
Gesellschaft zurBekämpfuDg der Geschlechtskrankheiten.
Frankfurt a. M. 1903. Johannes Alt. 8. 155 8. mit Tab.
3 Mk. 80 Pf.
(Im städt. Erankenhause zu Frankfurt a. M.
konnte bei 69 von 87 Tabes-Kr., in der Poliklinik
bei 80% ^on 119 Tabes-Er. die Syphilis nach-
gewiesen werden.)
28) FriedUnder, Wilhelm, Ueber d. Bedeu-
tung d. Syphilis in d. Pathogenese d. Tabes. Therap.
Monatsh. XYII. 4. p. 193. 1903.
(Syphilis könne nicht Ursache der Tabes sein,
weil in Asien und AMka viel Syphilis, wenig Tabes
vorkomme. Als ob man mit diesem alten Argu-
ment gegen die Lehre, dass Syphilis die nothwen-
dige Bedingung der Tabes sei, etwas ausrichten
könnte 1)
29) Fulton, Dudley, Observations on fifty-four
cases of locomotor ataxia with special notes on etiology.
Joum. of nerv, and ment. Dis. April 1902. — Neurol.
Centr.-Bl. XXII. 1. p. 30. 1903.
(Unter 54 Tabes-Er. 2 Weiber. 42«/o Syphilis I
85*/0 Verdanungstörungen, die der Vf. zu den Ur-
sachen der Erankheit rechnet! Statistische An-
gaben über die Symptome.)
30) Gaucher etBabonneix, Accidents syphili-
tiques en activite chez un tabetiquo et chez un para-
lytique general. Gaz. des Höp. LXXVI. 59. 1903.
(Der Tabes-Er. hatte einen syphilitischen Haut-
ausschlag.)
31) Gauraud, J. £. J., Traumatisme et tabes.
These de Bordeaux 1902.
(Tabes könne durch Trauma entstehen. Mit den
Beweisen sieht es windig aus : ein paar Eranken-
gesohiohten, nie Untersuchung vor der Verletzung,
Auftreten der Tabes-Symptome ein paar Tage nach
dem Unfälle u. s. w. Verschlimmerung der Tabes
durch Unfall an einer Anzahl von Fftllen gezeigt
Die Lokalisation der Symptome hftnge zuweilen
von der der Verletzung ab, aber durchaus nicht
immer.)
32) Gläser, J. A., Vorschlag zu einer Sammel-
forschung betr. d. Häufigkeit d. Vorkommens von Tabes
b. Syphilitischen. Therap. Monatsh. XVI. 12. p. 609. 1902.
(Nach Dr. Werner in Hamburg sind unter
340 syphilitischen Weibern, deren Infektion ftlter
als 1 Jahr war, nur 3 mit Tabes gewesen. Hinter-
her aber werden 9 kurze Erankengeschichten von
solchen tabischen Weibern gegeben.)
33) Glorie ux, Les formes frustes de tabes dor-
salis chez les syphilitiques averes. Policlin. XI. 1 1 . p. 241 .
Juin 1902.
(Der Vf., der nicht viel Tabes-Eranke gesehen
zu haben scheint, will mit 3 Beobachtungen be-
weisen, dass die Tabes bei denen, die wirklich
syphilitisch gewesen sind, milde verläuft !)
34) Guszman, J., Die Tabes - Syphilis - Frage.
Orvosi Hetüap Nr. 52. 1902. — Neurol. Centr.-Bl. XXIL
16. p. 782. 1903.
(4 tabische Weiber mit tertiftrer Syphilis. Die
Tabes sei eine direkte Wirkung der Syphilis.)
35) Holmes, Gordon M., The aetiology of tabes
dorsalis. Dubl. Joum. CXH. p. 321. Nov. 1901.
(H. tritt für E d i n g e r 's Ansichten ein.)
36) Hudovernig, C, Ueber conjogale Tabes.
Pester med.-chir. Presse Nr. 1. 1902. — Neurol. Centr.-
Bl. XXn. 1. p. 28. 1903.
(Vier tabische Ehepaare. Jedesmal hatte der
Mann die Frau mit Syphilis angesteckt. H. hat
28 Ehepaare zusammengestellt: nachgewiesene
Syphilis bei 96.80/^.)
37) Hudovernig, C, Tabes dorsalis oombinirt
mit nucleären GehimnerveDlfihmungen. Orvosi Hetilap
Nr. 7. 1901. — Neurol. Centr.-Bl. XXH. 1. p. 34. 1903.
(21 jähr. Mädchen. Hereditäre Syphilis. Im
T.Jahre Beginn der Tabes. Von den Gehirnnerven
waren beschädigt der 2., der 3., der 5., der 7.,
der 10., der 12.)
38) Idelsohn, H., Ein Beitrag zur Frage über in-
fantile Tabes. Deutsche Ztschr. f. Nervenhkde. XXI.
3 u. 4. p. 267. 1902.
39) James, G. T. Brooksbank, 3 cases of early
infantile tabes due to coDgenital Syphilis and hereditary
neuroses. Lancet Dec. 28. 1901.
40) Kaufmann, Infantile Tabes mit gastr. Krisen.
Mitth. d. Ges. f. innere Med. in Wien I. 15. 1902.
(lOjähr. Knabe. Seit 3 Jahren Enuresis noc-
turna, seit 1 Jahre charakteristische Magen-Krisen ;
reflektorische Pupillenstarre, Fehlen des Kniephfi-
nomens, Schwanken bei Augenschluss.)
41) Lepine, Jean, Aortite syphilitique et tabes.
Lyon med. XGIX. p. 899. Dec. 28. 1902.
(Nach den Sektionberichten L.'8 war bei
28 Tabes- Kr. 14mal die Aorta krank: Atherom 3,
Atherom mit beträchtlicher Erweiterung 6, Insuf-
ficienz der Klappen 3, dieselbe mitlnsufficienz der
Mitralis 1, ausgesprochene syphilitische Aortitis 1.)
42) Leyden, £. von, Zur Aetiologie d. Tabee.
Berl. klin. Wchnschr. XL. 20. 1903.
43) L i c h t e , G., Traumatische Tabes. Inaug.-Diss.
Berlin 1903.
(Zusammenstellung der Fälle aus der Literatur,
die der Yf . für einwandfreie [I] Beispiele von trau-
matischer Tabes hält Ausserdem eine Geschichte
aus der Leyden 'sehen Klinik: Eine Frau, die
abortirt hatte und an Schwindelfällen litt, stürtzte
in einem solchen Anfalle und wurde später tabisoh.)
44) L i n s e r , F., üeber juvenile Tabes u. ihre Besieh,
zur hereditären Syphilis. Miinchn. med. Wchnschr. L.
15. 1903.
(Tabes bei einem 34jähr. Mädchen, die etwa
mit 24 Jahren begonnen hatte. Der an progres-
siver Paralyse inzwischen verstorbene Vater hatte
sich 1867 inficirt und 1868 war die Fat geboren
worden.)
45) Lutaud, A propos de Tetiologio et de certaina
symptömes precnrseurs de Tataxie. Soc. de Med. et de
Chir. prat. 1901. Revue neurol. X. 13. p. 608. 1902.
(L. konnte bei 11 weiblichen Tabes- Kranken
die Syphilis nicht herausbekommen; 7 gehörten
religiösen Genossenschaften an, 4 waren angeblich
Jungfrau, unter 42 weiblichen Tabes -Kranken
hatten nur 4 Klitoriskrisen; 17 hatten niemals,
auch beim Beischlafe nicht, Wollust empfunden.
Also seien die bei gesunden Frauen häufigen Klitoris-
krisen kein Anzeichen der Tabes. Der Vf. ver-
M ö b i u 8 , Neuere Beobaditungen über die Tabee.
wediaelt natürlich die weiblichen Pollutionen mit
den Klitoriskrisen.)
46) Maas, Otto, Ueber einige FflUe von Tabes im
JQgeodl Alter. Mon.-Sohr. f. Psych, u. Neurol. Xll. 3.
p. 231. 1902.
(1. 16j&hr. Madchen, 2. 20jähr. Mädchen,
3. 22jähr. Mädchen, 4. 26jähr. Frau, 5. 23jähr.
Frau. Bei allen diesen Patienten Oppenheim 's
bestand zweifellose Tabes, und zwar seit Jahren.
Bd allen deutete kein Zeichen auf Infektion nach
der Geburt, bei einigen aber war Syphilis der
Eltern höchstwahrscheinlich.)
47) Negro, C, ün caso di tabe dorsale di probabile
origine traumatica. Qiom. della R acad. di Med. di
TorinoVU. — Neurol. Centr.-Bl. XXII. 16. p.785. 1903.
(Der Vf. konnte die Syphilis nicht nachweisen
and fand unmittelbar nach dem Sturze die Tabes
Doch nicht)
48) No n n e , M., Syphilis u. Nervensystem. Berlin
1902. S. Karger. Gr. 8. 458 S.
49) Nonne, M., üeber die Bedeutung der Syphilis
in der Aetiologie der Tabes. Fortschr. d. Med. XXl. 29.
30.1903.
50) P&ndy, E., üeber die Aetiologie der Tabes dor-
alis. Orvosi Hetilap 16—19. 1902.
51)Pitres,A., Tabes et mariage. Vorhand langen
des Madrider Coogresses, ref. in Bevne neurol. XL 11.
p. 584, 1903.
52) Ponrreyron, Alfred, Tabes coojugal et
tabes heredo-syphilitiqae. These. Ollier-Henry et Co.
a 89 pp.
53) Bad, Carl von, Tabes dorsalis bei jugendl.
bdividuen. Nümb. Festschr. p. 391. 1902.
(Wirkliche Tabes bei zwei hereditär syphili-
tischen Kindern, einem 7jfthr. Knaben und einem
lOjähr. Mädchen.)
54) Sandberg, Mlle., La descendanoe des tabe-
tiqnes. These de Paris 1903.
(S. hat in 20 Fällen sich um die Kinder von
Tabee-Kranken gekümmert Sie findet, dass fast
immer die Kinder gesund sind. Da nach Beginn
der Tabes die Wirkungen der Syphilis auf die
Keime (Abortus, Todtgeburt, hereditäre Syphilis)
■eist erloschen sind, ist die Sache begreiflich. Ein
grosser Theil der Tabes* Kranken ist aber steril;
Ton 125 waren es 104.)
55) Sohidlowsky, üeber gonorrhoische Myelitis
TL Tabes dorsalis. 1901. 23 S. Ref. in Neurol. Centr.-
BL XXn. 1. p. 26. 1903.
(Nach dem Referate hat derYf. auf Grund eines
Falles, in dem ein Tripperkranker Myelitissymptome
bekommen hatte, die Meinung ausgesprochen, der
Tripper eei eine der wichtigsten Ursachen der
Tibes.)
56) Schuster, Beitrag zur Herzsyphilis, insbeson-
ioe in Yerbindung mit Tabes. Deutsche med. Wohoschr.
IIIX. 41. 1903.
(Unter 22 Tabes- Kranken waren 3 mit Aorten-
insofiftcienz.- Tabes und Herzfehler seien Wirkung
der SyphiUs.)
57) Sticker, Oeorg, Tabes u. Unfall. Deutsche
Pons XIL 2. p. 35. 1903.
(Outachten über einen tabeskranken Arzt, dessen
£niikhdit durch Unfälle yerschlimmert worden war.
Die Klage des Kr. gegen die Unfallversicherung ist
abgewiesen worden. Rechtlich aber gehört der
▼erschlimmernde Umstand zu den Ursachen.)
58) Strauss, Zur Lehre von der traumat Tabes.
Berl. klin. Wcbnschr. XXXIX. 26. 1902.
(Der Vf. glaubt an „traumatische Tabes" bei
einem Manne, der schon vor dem Unfälle Pupillen-
dififerenz gezeigt hatte und dessen Frau kein Knie-
phänomen hatte. Bernhardt, Oppenheim
und R e m a k wiesen sehr richtig auf das Bedenk-
liche der Sache hin.)
59) Wainstein, Ueber die Aetiologie der Tabes
dorsalis. Obosrenije psich. 10—11. 1900. — Neurol.
Centr.-Bl. XXII. 1. p. 24. 1903.
(Ein Anhänger Motschutkowsky's.)
60) W i D d s 0 h e i d , F., Tabes u. Trauma. Münchn.
med. Wchoschr. L. 26. 1903.
(W. sagt ganz richtig, dass bei Tabes nach Un-
fall die Tabes schon vorher bestanden hat, dass
aber der Unfall die Krankheit verschlimmern und
die Symptome modificiren kann.)
In der Aetiologie geht es langsam vorwärts,
d. h. das Häuflein der Gegner, die nichts von der
Syphilis als Ursache der Tabes wissen wollen, wird
immer kleiner. Auch die Brkenntniss, dass die
Syphilis immer die Hauptbedingung der Tabes ist,
scheint sich allmählich Bahn zu brechen. In der
Pariser neurologischen Gesellschaft (13. März 1902)
bekannten sich zu ihr Babinski, Brissaud,
Dupr6, Raymond; nur Jeffrey wollte einen
kleinen Rest der Tabes-Kranken ohne Syphilis
nicht fahren lassen. Wenn also Nonne sagt:
„alle Beobachter, ausser M 5 b i u s , geben zu, dass
eine Reihe von Tabes-Fällen übrig bleibt, in denen
Lues nicht erweislich ist^S so hat er nicht recht
Natürlich „erweislich^* ist die Syphilis nicht immer,
aber Nonne meint, sie sei thatsächlich in man-
chen Fällen nicht vorhanden, und er hat leider
recht, wenn er annimmt, dass das in Deutschland
immer noch die allgemeine Meinung sei.
Noch immer werden Statistiken veröffentlicht,
obwohl man sie recht gut entbehren könnte. Werth«
voller sind einzelne, besonders überzeugende Be-
obachtungen: Tabes bei ererbter Syphilis, Tabes
bei Ehepaaren, Tabes bei Weibern überhaupt.
Die „traumatische Tabes*^ erfreut sich immer
noch einzelner Freunde, sehr ernst aber braucht
man sie nicht zu nehmen.
Leyden (42) bringt für seine Meinung, dass
die Tabes durch Trauma oder Ueberanstrengung
oder Erkältung entstehe, mehr Spekulationen als
Thatsaohen bei. Diese sind 2 Tabes- Kranke, die
Verletzungen erlitten haben, 3 Maschinennähe*
rinnen, die an Tabes erkrankt sind, 1 tabeskranker
Buchhalter, der viel geschrieben hat, 3 Tabes-
Kranke, die sich erkältet haben. Natürlich haben
alle diese Leute erklärt, sie seien nicht syphilitisch
gewesen. Am wunderlichsten ist der zweite „trau-
matische** Fall: Ein Mann leidet 15 Jahre lang an
Reissen in den Beinen, bricht die Knöchel und
dann den Schenkelhals links; das „Traumatische''
bei diesem Patienten mit tabischen Arthropathiei^
H 0 b i u 8 , Neuere Beobachtungen über die Tabes.
besteht einzig und allein darin, dass die später
entwickelte Ataxie auf der Seite des Schenkelhals-
braches stärker gewesen isti
Nonne (48) hat in seinem Buche über die
Syphilis des Nervensystems auch die Beziehungen
der Tabes zur Syphilis besprochen. Er steht un-
gefähr auf dem Standpunkte Erb 's und kann die
Nothwendigkeit nicht einsehen, in der Syphilis
die conditio sine qua non der Tabes zu erkennen.
Er hat manche eigene Beobachtungen kurz mit-
getheilt: Tabes bei einem 32jähr. Arbeiter auf
Orund ererbter Syphilis, Geschwister mit Tabes,
späte Tabes nach später Infektion. Ein besonderer
Abschnitt ist von N. der atypischen Tabes ge-
widmet Es handelt sich da um Fälle, in denen
nur ein Symptom (Schmerzen oder reflektorische
Pupillenstarre u. s. w.) lange Zeit allein besteht,
und es wäre besser, von abortiver Tabes zu
sprechen. Sehr merkwürdig sind 2 Kranke mit
Ataxie nach Syphilis ohne weitere Tabes -Sym-
ptome.
Neuerdings hat sich Nonne (49) die Mühe
gemacht, die Einwürfe Friedländer 's ausführ-
lich zu widerlegen. Auch dabei hat er interessante
Fälle mitgetheilt : Tabes mit Aortenaneurysma und
Orchitis syphilitica (2mal), Tabes bei einer 20jähr.
Jungfrau, deren Mutter während des Stillens einen
Brustschanker gehabt hatte, Tabes bei einem
lOjähr. Knaben, der im 5. Jahre extragenital inficirt
worden war, und Tabes bei beiden Eltern, die der
Knabe angesteckt hatte, Tabesparalyse bei einem
Knaben, Paralyse bei dem syphilitischen Vater,
Tabes bei der Mutter u. s. w. Es ist unbegreif-
lich, dass N. bei solchen Erfahrungen, bei der
Häufigkeit, mit der gerade er versteckte Syphilis
aufgefunden hat, doch an Tabes ohne Syphilis
glaubt. Seine 1. Beobachtung betrifft ein tabisches
Ehepaar; es gelang nicht, die Syphilis nachzuwei-
sen. „Also es ist hiermit bewiesen, dass auch die
conjugale Tabes dorsalis vorkommt, ohne dass
Syphilis in der Anamnese und später bei der Ob-
duktion an den Organen nachweislich ist*^ Wer
zweifelt denn daran? Dabei war der Mann durch
das Platzen eines Aneurysma der Art communic.
posterior gestorben.
Pourreyron (52) theilt 9 Beobachtungen,
zumeist aus Babinski's Material, mit, bei denen
es sich theils um Tabes oder Paralyse bei Ehe-
leuten, theils um Tabes oder Paralyse auf Orund
ererbter Syphilis (Tabes h6r6do-syphilitique) han-
delt Er sagt mit Recht, dass man um so mehr
solche Fälle finde, je mehr man sie suche. Natür-
lich drängt auch ihm sich die Frage nach der
Syphilis ä viras nerveux auf, er wagt aber nicht,
etwas Bestimmtes zu sagen. Wenn auch bei P.'s
Arbeit und bei ähnlichen Arbeiten nichts Neues
herausgekommen ist, so ist es doch gut, wenn von
Zeit zu Zeit wieder auf diese Dinge verwiesen
wird, denn sie sind sehr geeignet, der thOrichten
Behauptung, die man immer wieder hören muss,
entgegengehalten zu werden, die Lehre von der
Metasyphilis berahe nur auf der Statistik.
Pitres (61) fand unter 240 Tabes-Kranken
(175 m., 65 w.) 209 Yerheirathete (148 m., 61 w.).
Sie hatten im Ganzen 483 Kinder geliefert, von
denen 286 am Leben geblieben waren. Im Ein-
zelnen konnte man drei Gruppen unterscheiden:
1) 42 unfruchtbare Ehen, 2) 32 Ehen mit 67 theils
todtgeborenen, theils bald nach der Geburt gestor-
benen Kindern, 3) 135 Ehen mit 130 todtgeborenen
oder früh gestorbenen, 286 lebenden Kindern. Die
Kinder, die am Leben bleiben, sind in der Regel
gesund.
Pitres macht noch eine wunderliche Mitthei-
lung. Von 100 Kindern, deren Väter die Syphilis
eingestanden, waren 33 gestorben, von 100 Kin-
dern, deren Väter die Syphilis ableugneten, waren
20 gestorben. Wenn die Sterbbchkeit der Kinder
der 2. Gruppe immer noch die normale Sterblich-
keit übertrifft, so muss nach Pitres irgend eine
andere Infektion als die syphilitische doch dahinter
stecken.
Die von Brooksbank James (39) mit-
getheilte Familiengeschichte ist werth, gekannt
zu sein.
Die Eltern waren ein kräftiger Mann (46 Jahre) and
eine zarte Frau (42 Jahre). Der Mann war mit 19 Jahren
syphilitisch geworden nnd hatte folgende Kinder erzeugt:
1) Ein Knabe, früh geboren, nydrooephalisch, mit
7 Monaten gestorben.
2) Ein Mädchen, früh geboren, mit 12 Jahren Ver-
krümmang der Wirbelsäule, später, wie es scheint, gesund.
8) Ein Knabe, nach 5 Wochen gestorben.
4) Ein Mädchen, rechtzeitig geboren. Mit 19 Jahren
Schwäche nnd Abmagerung, reissende Schmerzen. Bei
der Untersnchnng (im 21. Jahre): Weite Lidspalten, Un-
gleichheit und reflektorische Starre der Papillen, links
Abdncenslfthmang, Tachykardie, Hatohinson'sche Zähne,
kein Eniephänomen, Anästhesie der Beine.
5) Ein Mädchen, rechtzeitig geboren, mit 3 Jahren
gestorben.
6) Ein Knabe, wahrscheinlich hereditäre Nasen»
Syphilis, Tod mit 7 Wochen.
7) Ein Knabe, der mit 17 Jahren untersucht worde :
Sattelnase, Hatchinson'sche Zähne, Narben an den Mund-
winkeln, seit 3 Jahren centrale Chorioretinitis.
8) Ein Mädchen, das mit 15 Jahren nntersncht
warde : Sattelnase, Differenz and Trägheit der Papillen
bei Lichtreaktion (gute Convergenzreution), schwaches
Kniephänomen, Geiüasoh am Herzen.
9) Ein Knabe , gestorben mit 3 Jahren an Keuch- *
husten.
10) Bin Mädchen. Mit 10 Jahren: Sattelnase, Hut-
ohinson'sche Zähne.
11) Ein Mädchen. Mit 8 Jahren: Sattebase, Hut-
chinson'sche Zähne.
12) Ein Knabe, gestorben mit 6 Monaten.
13) Ein Knabe. Mit 4 Jahren anscheinend gesund.
14) Ein zur Zeit 18 Monate altes Kind.
Unter den 14 Kindern litten zwei, wahrscheinlich
drei an Tabes und das Weitere steht dahin.
Sympiomaiolog%8ohea.
61) Arullani, Pier Francesco, Tabe dorsale
ed aortite. Rif. med. XVm. 256. 257. — Revue neurol.
X. 20. p. 970. 1902.
(1 Fall akuter, 1 Fall chronischer Aortitis bei
Tabes mit anatomischer Untersuchung. A. hat
MSblns, Neaere Beobaöhtnngen {über die Tabee.
ontor 68 Tabes-Kranken 11 mit Aorteninsuffioiens,
2 mit Aneurysma gefunden, aber 40 von den 68
hatten irgend welche Symptome von Aortenerkran-
kuDg.
A sagt richtig, dass die Syphilis sowohl die
Aortenerkrankiing, wie die Tabes mache.)
62) Arn IIa ni, F.F., Tkbe dorsale inoipiente, eeame
iatologioo del midollo. Annali dl Freniatria xTT, 3. p.240.
1902. Bef. in Bevne neorol. XI. p. 378. 1903.
(Tod durch Aortitis acuta. Im Bückenmarke
beg:innende Tabes, nach reflektorischer Pupillen-
stine, Fehlen des Kniephftnomens und lanciniren-
den Schmerzen, und myelitische Herde.)
63)Aadan, J nies Joseph, Forme cerebnde da
iibes sensitif. These. Lyon 1902. Impr. Paul Legendre
et Co. 8. 94 pp.
64) Ballet, G. et A. Bauer, YitUigo et Ubes.
fieme oenroL X. 3. p. 154. 1903.
(Yitiligo, d. h. braune Flecke mit weisser um-,
gebong, bei 2 Tabee-Eranken. In beiden Fällen
Viren die Flecke ann&hemd symmetrisch, im 2.
betrafen sie Hände und Füsse. Der 1. Kr. hatte
sogleich eine Anzahl von Ejiochenbrüchen.)
65) Barth, Histologische EnochennDtersachoog b.
tabischer Arthropathie. Arch. f. klin.Chir. LXIX. 1 a. 2.
p. 174. 1903.
(Untersuchang eines tabischen Fussgelenkes.
Die Vorgänge aollen denen bei Arthritis def ormans
gleichen. Knochen und Knorpel werden zerstört,
die HoUräume mit Bindegewebe ausgefüllt, ohne
dass Nekrose oder entztlndliche Veränderungen da
wfiren.)
66) Benenati, ü., A proposito de rapporto tra
oedtii ed atassia in dae oad di tabe. Biv. cht di cUd.
med. Nr. 41. 1901. — Neorol. Gentr.-Bl. XXH. 1. p. 31.
1903.
(Zurfickgehen der Störungen nach Erblindung.
Theoretische BrOrterungen.)
67) Bentxen, 8 ophns, Ataxia laryngis. Ugeskr.
i Lager 1. & 18. 1902.
68)BerDhardt,M., Nenropathologisohe Beobach-
tongm (Leberkrisen bei Tabes. — Kellnerlähmang. —
Pvro&aeoalähmungen. — Narkoselähmaog d. N. tibudis).
latBmat Beitr. z. inn. Med. IL p. 15. 19. 21. 23. 1902.
69) Bochroeb, IL H., Snperior tabes. Philad.
BMd. JonnL IX. 24. p. 1070. Jone 1902.
(Ataxie der Hände. Nichts Besonderes.)
70) Brissaud, E., Variations de la grayite du
tibea Bevue neurol. X. 1. p. 56. 1902.
71)Carrez, Henri Öaston, Etüde cliniqne de
QielaiiM snalgesies yisoerales profondes dans le tabes.
De raudgeeie linguale. These. Paris 1903. H. Jouve.
8. 39 pp.
7^Cassirer, R.,Tabe8a.P8yohose. Berlin 1903.
8.Ka[ger. Or. 8. 124 8. 4Mk.
73) Gay la, Louis, De FhemipUgie dans le tabes.
Thke. Paris 1902. Jules Bousset 8. 134 pp. et 2 pl.
74)Cohn, R, Eine Geburt b. yorgeschntt Tal^
äanalis. GynäkoL Gentr.-Bl. XXVI. 16. 1902.
75) Gollet, Paralysie laryngee dans le tabes.
Im med. XCVIIL p. 320. Mars 2. 1902.
(4 fälle Yon Tabes mit Larynxkrisen, 8 mit
doppelter, 1 mit einseitiger Abduktorlähmung. Der
^l aetzt richtig aus einander, dass Krise und Läh-
mmig coordinirt sind.)
76) G 0 1 1 e t , Paralysies et orises laryngees du tabes.
LroD med. G. p. 459. Mars 22. 1903.
77) GoUins, Joseph, A oase of progressive mus-
oular atrophy and tabes, with autopsy. Joum. of nerv.
a. meni Dis. XXVIH. 10. p. 564. Oct. 1901.
(Verbreiteter Muskelschwund bei einem 47jähr.
Tabes-Eranken, Geringe Veränderungen in den
Vorderhömem, starke Entartung der Muskeln und
der Nerven.)
78) Gollins, Joseph, The symptomatology of
tabes. An anaiysis of 1^ oases of Iqoomotor ataxia.
Med. News LXXXIL 1. p. 7. Jan.; 10.11. p. 450. 491.
Marohl903.
79) Gornell, W. B., A oase of tabetio vertebral-
osteo-arthropathy, with radiograph. Ball, of the Johns
Hopkins Hosp. XÜL 139. p. 242. Oot 1902.
(Die Erkrankung der Liendenwirbel hatte sich
ohne Unfall schmerslos entwickelt Man fühlte
eine grosse Enochengesohwulst mit Crepitation.
Sekundäre Skoliose u. s. w. An dem Röntgenbilde
ist nicht viel zu sehen.)
80) Dalton, Norman, A oase of atazic para-
plegia. Transaot of the olin. Soo. of London XXjQV.
p. 191. 1902.
81) Dammermann, H., Zur Gasuistik der Oph-
thalmoplegie bei Tabes dorsalis. Inaug.-Diss. Kiel 1903.
(Fall von Tabes, in dem Augenmuskelstörungen
und gastrische Erisen in den Vordergrund traten.
Nichts Besonderes.)
82) De Bück, D., Tabes indpiens. Belg. med.
X. 11. 1903.
83) D e 8 1 0 1 , Mal perf orant plantaire preoedant de
20 ans le tabes. Lyon med. XGVU. p.876. D^. 22. 1901.
(Eine Krankengeschichte.)
84) Disoussion sur les paralysies laijngees dans
le tabes. Lyon med. XGVIII. p. 364. Mars 9. 1902.
85) Donath, Julius, Beitrag zu den tabischen
Arthropathien. Wien. klin. Bundschau XVI. 42. 1902.
86) D 0 n a t h . J u L, Beitrag zu d. tabischen Arthro-
pathien. Wien. klin. Rundschau XVI. 43. 1902.
(Zwei Beobachtungen.)
B7) Egg er, Max, Paralysie bilaterale du pneumo-
gastrique pulmonaire ohez une ataxique des quatre
membres. Bevue neurol. XI. 4. p. 231. 1903.
88) Fiat au, Georg, Gasuist. Beiträge zur Eennt-
niss d. Tabes incipiens. &rL klin. Wohnsohr. XL. 5. 1903.
(F. theilt eine Anzahl von Beobachtungen be-
ginnender Tabee mit, in denen trotz weniger Sym-
ptome die Diagnose zweifellos war. Auch in Falll
ist an der Tabes nicht zu zweifeln, obwohl bei der
späteren Untersuchung die objektiven Symptome
fehlten: ImAnfonge der Tabes kommen und gehen
die Symptome. — F. betont gegen Sarbo, dass
der Achillessehnenreflex auch ohne erkennbare
Ursache fehlen könne.)
89) Förster, Otfrid, Die Physiologie u. Patho-
logie der Goordinaiion. Jena 1902. Gustav Fischer. 8.
Xn u. 316 8.
90) Förster, Otfrid, Beiträge zur Physiologe u.
Pathologie d. Goordination. Mon.-Sohr. f. Psych, u. Neu-
rol. X. 5. p. 334. 1901.
91)För8ter, Otfrid, Ueber einige seltenere For-
men von Erisen b. Tabes doraEdis, sowie über d. tabischen
Krisen im Allgemeinen. Mon.-Schr. f. Psyoh. u. Neurol.
XI. 4. p. 249. 1902.
92) Goldflam, S., Ueber d. Erstsymptom u. d.
Bedeutung d. Aohillessehnenreflexe b. Tabes. Neurol.
Centr.-Bl. XXI. 17. 1902.
(G. betont, dass die lancinirenden Schmerzen
den übrigen Symptomen um Jahre vorausgehen
8
M 0 b i u 8 , Neuere Beobaohtungen über die Tabes.
können, und bestätigt die Angabe, dass zuweileu
der Achillessehnenreflex schon Tor dem EniephS-
nomen verschwindet.)
93) Gonrevitsch, Paralysies du nerf peronier
chez las tabetiqnes. Joorn. de Nenropath. du nom S, 8.
Kyrsakoff 1—2. p. 254. 1902. Ref. in Revue neurol.
XI. 10. p. 514. 1903.
(Nach dem Referate nichts Neues.)
94) 6 r e 1 c k , Job., Üeber Arthropathien b. Tabes.
Inaug.-Diss. Kiel 1903.
(Nichts Neues. Eine Beobachtung.)
95) 6 r 0 s s , A 1 f r e d , Zur Symptomatologie d. Tabes
dorsalis. Deutsches Arch. f. kUn. Med. LXXI. 4 o. 5.
p. 418. 1901.
(Wiederholt auftretende Hämatoporphyrinurie
bei einem Kranken mit Tabes und Sohrumpfniere.
Sektion.)
96)Heitz, Jean, Grossesses et aocouchements
chez les tabetiqaes. Gaz. hebd. Juillet 13. 1902.
(4 Beobachtungen von Schwangerschaft und
Geburt bei Tabes-Eranken. Die Tabes scheint zu-
weilen beschleunigt oder verschlimmert zu werden.
Die Zusammenziehungen des Uterus waren immer
normal. Bei Anftsthesie im Sacralgebiete können
Wehen oder Eindesbewegungen wenig oder gar
nicht gefQhlt werden. Die Einder starben bis auf
eins bald nach der Geburt)
97) Heitz, J., et Lortat-Jacob, Des inter-
mittences des anesthesies radioolaires dans lenrs rela-
tions ayec les crises gastriques da tabes. Revue nenrol.
X. 24. p. 1206. 1902.
(In 2 Fällen Zunahme der Symptome bei Magen-
krisen: Auftreten von Anftsthesie, vollkommener
Unbeweglichkeit der Pupille, Verschwinden des
EniephAnomens.)
98) Hirt, Willi, Beiträge zur Pathologie d. Harn-
blase b. Tabes dorsalis u. anderen Rückenmarkserkran-
kungen. Centr.-Bl. f. d. Krankh. d. Harn- u. Sexoalorg.
Xm. 3. p. 160. 1902.
(Der Vf. bespricht die bei Tabes vorkommende
„Balkenblase", d. h. die Detrusorhypertrophie. In
den Breslauer Sektionprotokollen hat er einige
weitere F&lie gefunden. Das Hinderniss, das den
Detrusor zum Dickwerden bringt, kann nur die
unrichtige Thfttigkeit des Sphinkter sein. Vgl.
Jahrbb. CCLXXIII. p. 15.)
99) Huet et G. Guillain, Tabes avec paralysie du
spinal. Revue neurol. X. 6. p. 283. 1902.
(39jfthr. Tabes-Er. Arthropathie der rechten
Schulter. Atrophie des Sternodeidomastoideus und
des CucüUaris rechts. Eeine EehlkopfstOrungen.)
100) Jelgersma, Bernardus, Arthropathia
tabica. Purmerend 1902. J.Muusses. 8. 113blz.2platen.
101) Eöddermann,G., Üeber seltenere motorische
Krankheitserscheinongen bei Tabes dorsaUs. Inaug.-Diss.
Jena 1903.
(Fall von Tabes, zu der Paralysis agitans hin-
zugetreten ist Ausserdem Bemerkungen über un-
willkürliche Bewegungen u. Muskelschwund bei
Tabes.)
102) Eollarits, Jenö, Das Verhalten einiger
Reflexe b. Gesunden u. b. Tabes. Deutsche Ztscbr. f.
Nervenhkde. XXTII. 1 u. 2. p. 89. 1902.
103) Sunn,JohnR, A case of looomotor ataxia (?)
{Charcot's disease of the shoulder-joint). Transact. of
the Clin. Soc. of London XXXIV. p. 196. 1902.
104) Mann, Ludwig, Zur Symptomatologie d. be-
ginnenden Tabes, unter spec. Berücksicht. d. Augen-
symptome. Allg. med. Centr.-Ztg. LXXI. 54. 55. 1902.
(In ühthoff 's Elinik kamen in 4^4 Jahren
165 Fat mit sicherer Tabes und 200 mit Verdacht
auf Tabes. M. fand reflektorische Pupillenstarre
bei 127 von 147 Fftllen, normale Pupillenreaktion
bei 1 von den 147 Fällen, Convergenz- Verengerung
bei 1 von den 127 Fällen, Erhaltensein des Enie-
phftnomens bei 40 von 165, Ophthalmoplegia in-
terior beil9 Pat, Lähmung äusserer Augenmuskeln
bei 30^/o, Opticusatrophie bei 55 Pat.)
105) Mantoux, Ch., Intermittences du signe
d*Argyll Robertson dans le tabes. Presse med. Deo. 28.
1901. — Revue neurol. X. 13. p. 609. 1902.
(Bei 1 Tabes-Er. bestand nur während der
gastrischen Erisen reflektorische Pupillenstarre.
Nach den Anfallen war das Fehlen des Enie- und
des AehiUessehnenphänomens das einzige Tabes-
Zeichen.)
106) Marie, Pierre, et 6. Guillain, Vitiügo
avec symptomes tabetiformes. Revue neoroL X. 6. p. 273.
1902.
(6 Er. mit Vitiligo, 4 davon mit nervösen Stö-
rungen: 1) 86jähr. Mann mit ganz schwachem
Eniephänomen, 2) 63jähr. Mann mit gesteigertem
Eniephänomen u. Opticusatrophie, 3) 67jähr. Mann
mit minimalem Eniephänomen, 4) 67jähr. Mann
mit Mal perforant, ohne Aohillessehnenreflez, mit
minimalem Eniephänomen. — Die Vff. glauben an
Hinterstrangveränderungen, die aber von derechten
Tabes zu unterscheiden seien.)
107) Merklen, Pierre, Crises gastriques du tabes
compliquees d'oedeme aigue de la face. Semaine med.
XXU. 47. p. 388. 1902.
(Eine Tabes-Er. bekam 3 mal bei dem Magen-
anfalle ein hämorrhagisches Oedem des Gesichts,
das mit dem Anfalle wieder verschwand. Nach
dem 2. Anfalle fielen 12 Zähne aus und derEiefer-
rand wurde nekrotisch.)
108) Meyer, Ernst, Olykosurie u. Tabes. Mün-
chener med. Wchnschr. XLIX. 37. 1902.
(Fall von Tabes mit Diabetes. Weil der Zucker
bei Fleischdiät nicht ab-, bei Mehl und Zucker nicht
zunahm, glaubt der Vf., dass die Glykosurie auf Er-
krankung des 4. Ventrikels su beziehen sei.)
109) Meyer, Otto, Beitrag zur Eenntniss d. nicht-
paralytischen Psychosen bei Tabes dorsalis. Mon.-Sohr.
f. Psych, u. Neurol. XUI. p. 532. 1903.
110) Moritz, Fall von Arthropathie u. Spontan-
fraktur des Fusses bei Tabes. Deutsche med. Wchnschr.
XXIX. 21. 1903.
(Nichts Besonderes.)
111) Mury, A., Ueber Muskelatrophie b. Tabes dor-
salis. 8ond.-Abdr.a.(i. Fest8chr.f.i?.ifa8«tfH. Basel 1901.
(Verbreiteter Muskelschwund bei einem 62jähr.
Tabes-Er.; Beginn an den Händen, dann üeber-
gang auf Deltoideus, u. s. w.; fibrilläre Zuckungen,
partielle Entartungs- Reaktion; auch HypoglosaaB-
Atrophie. Vermuthung spinalen Ursprunges.)
112) Muskens, L. J. J., Stadien über segmentale
Schmerzgeftthlstörungen an Tabetischen u. Epileptischen.
Arch. f. Psych, u. Nervenkrankh. XXXVI. 2. p. 347. 1902.
(Sorgfältige Untersuchungen über Schmerz-
empfindlichkeit. Soweit sie die Tabes betreffen,
M ö b i u 8 , Neuere Beobachtungen über die Tabes.
9
bringen sie nichts Neues: Anordnung nach Hücken-
marksegmenten , Verspätung der Schmerzempfin-
dmig im Anfange, Trennung von Schmerz- und
TastgefQhl, fortschreitende Analgesie.)
113) Muskens, L. J. J., Studien über segmentale
Schmerzgefühlstöruogen an Tabetischen u. Epileptisohen.
Äreb. f. Psych, u. Nervenkrankh. XXXVI. 2. 1903.
114) Neutra, Wilhelm, 2Fälle von Dwpt^i»»'-
Bcher Fingercontratur b. Tabes, resp. Tabes mit multipler
Sklerose. Wien. klin. Wohnschr. XVI. 2. 1903.
(L Unklarer Fall. 71 jähr. Mann. Tabische
Symptome, dabei Zittern, Sprachstörung u. s. w.
Dupuytren 's Contraktur. IL 45jähr. Frau.
Tob^knlose. Osteoarthropathie. Dupuytren 's
Contraktur. Beginnende Tabes.)
115) Oppler, Br., Ein Fall von Temperaturkrisen
b. Tabes dorsahs. Berl. klin. Wchnschr. XXXIX. 15. 1902.
(Bei einem 41 jähr. Tabes-Er., der auch Säufer
var, bestanden Magenkrisen. Später kein Er-
brechen mehr dabei, aber Schüttelfrost und hohe
Temperatur, bis 40.6<>; 6 solcher Anfälle. Wirk-
samkeit von 1 g Phenacetin.)
116) Perpere, Eugene, Contribution ä Tetude
des associations tabeto-paralytiques. These de Paris 1902.
Tigotfreres. 8. 100 S.
117) Pierret, Les remissions spontanees de para-
lysie generale tabetique. Lyon med. XdX. p. 790. 807.
Dec. 7. 21. 1902.
(P. macht mit Recht darauf aufmerksam, dass
Tabes und Paralyse auch ohne Hg stille stehen
k5nnen, dass besonders im Anfange die paralytischen
Bonfföes bei Tabe8-£[ranken vorübergehen.
Was er sonst sagt, ist hOchst zweifelswürdig.
Es gebe verschiedene Arten der Tabes, solche nach
Syphilis und andere Sorten, die tabische Paralyse
sei ganz verschieden von der „vulgären*^ Paralyse,
1L8. w.)
118) Pitres, A., Du tabes senile. Congres de Tou-
louse 1902. Bevue neurol. X. 13. p. 606. 1902.
(Unter 350 Tabes -Er. waren 87 älter als
50 Jahre. Bei 32 von den 87 hatte sich die Tabes
nadi dem 50. Jahre entwickelt Die „senile Tabes''
» eine eigene Art ! 1 ) Seien die Gefösse bei seniler
Tabes atheromatOs, 2) sei die Syphilis seltener als
amst vorausgegangen, 3) verlaufe die Tabes rascher
ik sonst)
119) P 0 i r i e r , £., ContributioD ä Tetude des troubles
troDhiques dans le tabes. Sur une forme partiouliere
d'aiGeration du visage, observee ohez les tabetiques.
'Dkese. Paris 1902. L. Boyer. 8. 59 pp.
(Nichts Neues. P. bespricht die Fälle von
Oiraudeau, Thibierge und Marie, und
giebt eine Oesammtschilderung des tabisohen Oe-
aichtgeschwürs, als eines reaktionlosen Ulcus ohne
Bandwulst auf anästhetischer Basis.)
120) Raymond, F., et Cl. Philippe, Amyo-
trophies dana le tabes dorsalis. Revue neurol. X. 23.
p. 1196. 1902.
(In 3 Fällen von Tabes mit chronischem Muskel-
a^wunde an den Beinen wurde Erkrankung der
^orderhomzeilen und der vorderen Wurzeln ange-
tnien.)
121) Rennie, George E., On astereognosis in
tabes dorsalis. Brit med. Joum. Febr. 7. 1903.
(2 Beobachtungen. Nichts Besonderes.)
Med. Jahrbb. Bd. 281. flft. 1.
122) Rhein, J. H. W., 3 cases of unvoluntary
movements in locomotor ataxia. Joum. of the Amer.
med. Assoo. XXXIX. 26. p. 1632. Deo. 1902.
(Rhythmische Bewegungen der Zehen.)
123) Sabrazes, MoDstrueuses deformations du
tibia droit chez un tabetique. Nouv. Iconogr. de U
Salpetriere XVI. 2. p. 118. 1903.
(40jähr. Mann. Hereditäre Syphilis. Tabes.
Sehr stark verdicktes Schienbein.)
124) Sarbö, Arthur von, Ehn. u. staust. Daten
zur Symptomatologie der Tabes. Die Tabes unter den
Arbeitern. Orvosi Hetilap. 44. — Deutsche Ztschr. f.
Nervenbkde. XXUL 1 u. 2. p. 163. 1902.
125) Sarbö, Arthur von. Der Achillessehnen-
refiez u. seine klin. Bedeutung. Beitrag zur Frühdiagnose
d. Tabes u. d. progress. Paralyse. Berlin 1903. S. Karger.
Gr. 8. 43 S. 1 Mk,
126) Scheiber, L. H., Fall von Arthropathia tabi-
dorum. Gyograszat 1903. Nr. 1. Neurol. Gentr. - BI.
XXn. 16. p. 790. 1903.
(Erkrankung des linken Fussgelenkes.)
127) S c h e i b e r , L. B., üeber einen Fall von Arthro-
pathia tabidorum (pied tabetique). Wien. med. Wohnschr.
LIII. 24. 25. 1903.
(Beschreibung des Tabes-Fusses. Nichts Neues.)
128) Schupf er. F., Sur ia valeur pronostique de
Tatrophie des nerfs optiques dans le tabes. Riv. sperim.
diFreniatria XXVU. 3—4 p.894; XXVIIL 2— 3. p. 249.
Ref. in Revue neurol. XI. 10. p. 513. 1903.
(Erklärungsversuch der Thatsache, dass früh
blind gewordene Tabes-Kranke sich gut erhalten.)
129) Seyer, Raymond, L'abolition du r^flexe du
tendon d'Achille dans le tabes. These de Paris 1902.
Ref. in Revue neurol. X. 18. p. 917. 1902.
(Der Achillessehnenreflex verschwindet zuwei-
len früher als das Eniephänomen und muss immer
geprüft werden.)
130) Taylor, James, On some anomalous cases
of tabes dorsalis. Brit med. Journ. July 19. 1902.
(Nichts Besonderes.)
131) Taylor, E. W., Unusual complications of
tabes : persistent muscular atrophy. Multiple solerosis.
Boston med. a. surg. Joum. CXLYU. 5. p. 129. July 1902.
132) Tuma, Jos., Luxation im Büftgelenke bei
Tabes. Casop. ces. lek. 1903. p. 121. — Neurol. Centr.-
Bl. XXIL 16. p. 790. 1903.
(Die Luxation war das erste Zeichen der Tabes.)
133) Wilde, E., Üeber tabische Oelenkerkrankun-
gen. Deutsche Ztschr. f. Chir. LX V. 5 u. 6. p. 487. 1902.
(Der Vf. beschreibt eingehend eine Anzahl von
Röntgen-Bildern. Das kann man nicht referiren.
Die allgemeinen Ausführungen über Gelenk- und
Knochen-Erkrankungen bei Tabes enthalten nichts
Neues.)
In der Pariser neurologischen Oesellschaft wies
Brissaud (70) darauf hin, dass er neuerdings
nur noch selten die klassische Ataxie locomotrice
zu Qeeichte bekomme; die Tabes sei nicht seltener
geworden, aber meist handle es sich um unvoll-
ständige, langsam fortschreitende, stillstehende
oder gar sich zurückbildende Formen. Er fragte,
ob Andere das Gleiche beobachtet hätten, ob hier
eine Wirkung der Behandlung vorliege, oder ob die
Krankheit und die Syphilis ihren Charakter ver-
ändert hätten. P. Marie hat die gleichen Be-
obachtungen gemacht und glaubt an einen Erfolg
der Behandlung.
2
10
M ö b i u 8 , Neuere Beobachtungen Aber die Tabes.
Baymond ist weniger von der Wirksamkeit
des Hg flberzeugt und hat stillstehende Tabes bei
Leuten gesehen, die nie damit behandelt worden sind.
B a b i n s k i sagte, er sehe jedes Jahr im Hospi-
tale 200 — 300 Tabes-Eranke, und dabei seien
höchstens 20 Ataktische. Wichtig sei die Ver-
besserung der Diagnose, aber auch dieHg-Behand-
lung komme in Betracht
Joffroy und Ballet haben zwar auch die
Zunahme der gutartigen Tabes beobachtet, sind
aber skeptisch gegen die Wirkung des Hg.
Aus der ausfOhrlichen Arbeit von C o 1 1 i n s (78)
kann nur Einzelnes herausgehoben werden, unter
seinen 140 Tabes-Eranken waren 124 Männer,
16 Weiber, 4 Neger (2 Männer) und 1 Chinese.
Der jüngste Patient war ein 18jähr. Russe. Bei
weitaus den meisten Eranken war die Syphilis
nachzuweisen. Deber die Weiber giebt C. Ge-
naueres: Bei 15 Ton 16 war ohne Weiteres die
Syphilis sicher oder höchst wahrscheinlich. Die
antisyphilitische Behandlung schien für Beginn
und Form der Tabes ganz gleichgültig zu sein.
Die Symptomatologie C.'s enthält im Allgemeinen
nichts Neues. Der Achillessehnenreflex fehlte bei
88^/o der Eranken, das Eniephänomen bei 84o/o,
der Tricepsreflex bei 13.5<^/o.
Sarbö (124) hat unter 1200 Privatkranken
89 Tabes-Eranke, unter 4000 nervenkranken Ar-
beitern 104 gefunden. Bei jenen waren 6, bei
diesen 17 Weiber. Im Allgemeinen waren die
Arbeiter früher erkrankt als die Wohlhabenden
(16^0 zwischen 20 und 30 Jahren, hier 70/o).
Bei den Arbeitern wussten von ihrer Syphilis nichts
oder wollten nichts wissen 25.4^/0, bei den Anderen
13.4^/o. Das Intervall betrug 1—27 Jahre. 7 mal
litt auch die Frau des Er. an Tabes oder an Syphilis.
Unter den Anfangsymptomen stehen die lanci-
nirenden Schmerzen mit 67.6% obenan, alle
anderen Zeichen haben nur 3.6 — 0.5^/o. Ueber
die Häufigkeit der einzelnen Zeichen erfahren wir
Folgendes: Lancinirende Schmerzen 93®/o, Rom-
berg's Zeichen 93, Fehlen des Achillessehnen-
reflexes 91, des Eniephänomens 89.4, reflektorische
Pupillenstarre 88.8, Blasenstörungen 79, Erkran-
kung des Sehnerven 61% u. s. w. HOchst er-
staunlich ist die Angabe über die Sehnervenbethei-
ligung; S. fand Verfärbung bei 30.6^/o, Schwund
bei 30.4<^/o, ganz befremdend hohe Zahlen.
Sarbö (125) hat den Achillessehnenreflex bei
Qesunden immer gefunden. Bei Tabes-Eranken
fehlt er sehrhäuflg, häufiger als das Eniephänomen,
m. a. W. es giebt Eranke mit beginnender Tabes,
bei denen das Eniephänomen noch da ist, der
Achillessehnenreflex schon fehlt. Beide Reflexe
fehlten bei 70 von 92 Eranken, der Achillessehnen-
reflex fehlte bei 81'. S. theilt viele kurze Eranken-
geschichten mit. Nach ihm wird der Reflex am
besten geprüft, während der Eranke auf einem
Stuhle kniet Er geht so weit, zu sagen, das
Unterlassen der Prüfung sei ein Eunstf^er.
Warum denn gleich so grob? Man könnte doch nur
sagen , in zweifelhaften Fällen sei der Arzt ver-
pflichtet, auch den Achillessehnenreflex zu prüfen.
Eollarits (102) hat mit besonderer Sorgfalt
das Verhalten des Achillessehnenreflexes, des Enie-
phänomens, des Tricepsreflexes und des Schulter-
blattperiostreflexes untersucht. Er hat diese Reflexe
bei 1000 nervengesunden Personen stets gefunden.
Bei 31 von 100 Tabes-Eranken fehlten alle
4 Reflexe, bei 25 waren alle vorhanden, bei 11
fehlte der Achillessehnenreflex allein, bei 9 fehlten
dieser und das Eniephänomen, bei 2 fehlte das
letztere nur auf einer Seite, bei 7 war nur der
Schulterblattreflex erhalten, bei 6 war auch der
Tricepsreflex einer Seite erhalten, bei 9 endlich
fanden sich verschiedene andere Combinationen.
Der Achillessehnenreflex also war 30mal vorhan-
den, das Eniephänomen 40mal. Aus dieser Statistik
folge, dass dem Achillessehnenreflexe die grOsste
Bedeutung zukommt E. theilt weiter eine Reihe
interessanter Beobachtungen von beginnender Tabes
mit und schliesslich eine Tabelle, die über alle seine
Fälle üebersicht giebt
Förster (89) erörtert ausführlich „Physio-
logie und Pathologie der Coordination im All-
gemeinen^S dann „die tabische Bewegungstörung^^
Der Vf. geht alle einzelnen Muskelgruppen durch.
„Wir sehen also, dass sowohl das Zuwenig an
Innervation einer Muskelgruppe, als auch das Zuviel
direkt aus derselben Ursache, dem Fehlen der
oentripetalen Erregungen, abzuleiten ist Die Ver-
schiedenartigkeit des Verhaltens hängt einfach
davon ab, dass im einen Falle diesen Eindrücken
die Rolle eines positiven, innervationauslösenden
Momentes, in dem anderen dagegen die eines nega-
tiven, innervationsistirenden Momentes zufällt.*^
Es ist ganz unmöglich, das Buch, das manches
Anregende enthält, an dieser Stelle eingehend zu
besprechen.
[Fast alle Formen von tabischen Erisen haben
nach 0. Förster (91) gemeinsam das anfall-
artige Auftreten sensibler Reixerseheinungen , von
motorischen Reixerseheinungen und starker Hyper-
Sekretion des betroffenen Organes. Alle 3 Eranken-
zeichen brauchen nicht unter allen Umständen
vorhanden zu sein, so fehlen natürlich bei
akustischen Erisen die motorischen und sekre-
torischen Reizerscheinungen, bei Herzkrisen die
Hypersekretion u. s. w. Die Erisen sind der Aus-
druck eines auf dem Boden eines permanenten
Reizzustandes durch Summation der Reize be-
dingten explosionartigen Paroxysmus auf sen-
siblem und motorisch - sekretorischem Gebiete.
Gleichgültig dabei ist, ob der Reizzustand als
solcher Ladung und Entladung auslöst, oder die
letztere durch einen peripherischen Reiz hervor-
gerufen wird. Die Erisen sind also ein direktes
Erankheitzeichen der sensiblen Fasern des Oi^gans,
dafür sprechen auch die fast stets vorhandenen^
gleichzeitigen objektiven Erankheitzeichen, die das
MQbiuB, Neuere Beobachtungen über die Tabes.
11
ErgriffenBein der centralen Vertretung des Organs
vom tabiachen Procees verrathen. Von den echten
Krisen zu unterscheiden sind die atypischen Par-
o^smen, so die Krisen ohne Erbrechen, Hagen-
krisen ohne Schmerz u. s. w.; sie erklären sich
dadurch, dass zu einer Zeit, wo wieder Beizerschei-
nuBgen Platz greifen, die Degeneration bereits
isolirte Ausfallerscheinungen (Degeneration be-
stimmter Collateralen) gesetzt hat Die lanci-
oirenden Schmerzen sind analog zu deuten wie
die Krisen, auch hier sind von den einfachen lanci-
nirenden Schmerzen die vom Autor beschriebenen
nExtremitätenkrisen** zu trennen, d. h. lancinirende
Schmerzen, einhergehend mit motorischen Reiz-
phänomenen. Sie bestehen in Krämpfen eines
Beines, des Fingers, des Rumpfes oder in kloni-
nischen Zuckungen einzelner Muskelgruppen, sind
unwillkürlich, nicht zu unterdrücken und ver-
bunden mit starker Hauthyperästhesie und Reilex-
fibererregbarkeit Warum die Erkrankung der
sensiblen Wurzelfasern nicht stets von Krisen be-
gleitet wird, warum diese nur zu bestimmten
Zeiten auftreten, das bleibt unklar, wie so vieles
andere bei der Tabes. „Das sind eben Krankheit-
launen." R. Pf e if f er (Cassel).]
Carrez (71) hat wieder die Empfindlichkeit
gewisser tiefen Theile bei Tabes geprüft und hat
Folgendes gefunden.
Empfindlichkeit der Hoden gegen Druck und
Stoss bei 5 aufgehoben, bei 3 vermindert, bei 2 er-
balten, bei 2 gesteigert
Empfindlichkeit der weiblichen Brust gegen
Druck bei 3 aufgehoben, bei 4 vermindert, bei 3
erhalten.
Empfindlichkeit in der Magengrube gegen Druck
und Stoss bei 3 aufgehoben, bei 5 vermindert, bei
3 erhalten.
Empfindlichkeit gegen Druck auf die Luftröhre
unterhalb des Kehlkopfes bei 5 aufgehoben, bei 2
vermindert, bei 6 erhalten.
Empfindlichkeit der Augäpfel gegen Druck bei
5 aufgehoben, bei 4 vermindert, bei 7 erhalten.
Empfindlichkeit der Zunge gegen Druck zwi-
9fäkesk den Fingern bei 6 aufgehoben, bei 2 ver-
mindert, bei 8 erhalten.
Alle diese Arten von Analgesie und Hypalgesie
änd unabhängig von der Empfindlichkeit der Haut
über den gedrückten Theilen. Auch die Spannung
der Augäpfel hat nichts damit zu thun. Vielleicht
kommt die tiefe Analgesie besonders bei solchen
Kranken vor, bei denen die Hypotonie ausgeprägt
ist Im Allgemeinen wird mit dem Fortschreiten
d€r Krankheit die tiefe Analgesie häufiger, doch
bnn sie auch ganz für sich auftreten. Z. B. kann
ifie Empfindlichkeit der Zunge im Anfange der
Knmkheit und isolirt verloren gehen.
Audan (63) schildert als Qehirnform der
seaaorischen Tabes eine angeblich besondere Form
der progressiven Paralyse: ein verkehrter Name
ftr einen verkehrten Qedanken. Es ist Pierret's
Weisheit, die der Vf. in folgenden Worten ver-
kündigt : „Die Tabes und die Meningoenoephalitis
sind zwei ganz verschiedene Krankheiten. Es giebt
reine motorische Tabes und reine sensorische Tabes,
beide mit Oehimsymptomen, aber es giebt auch
wahre Meningoenoephalitis, die von jeder syste-
matischen Läsion unabhängig ist Es können sich
alle diese Formen verbinden . . . Man kann zur
Zeit drei wohlunterschiedene Formen der all-
gemeinen Paralyse erkennen. Die erste ist von
Westphal beschrieben: Tabes mit Läsion der
Hinter- und der Seitenstränge und mit allgemeiner
Meningoenoephalitis. Diese Form ist nur die Syn-
these der beiden anderen, die Herr Prof. PI er r et
gesondert und beschrieben hat, nämlich die moto-
rische und die sensorische Tabes mit Meningo-
enoephalitis.^' Es ist schauderhaft
Bei motorischer Gehimtabes soll man an die
Tabes denken, zu der langsam fortschreitender
Schwachsinn, die sogen, demente Form der Para-
lyse, hinzutritt Bei der sensorisohen Form handle
es sich um Schübe (bouffdes) von Erregung und
OrOssenwahn oder melancholischem Wahn bei
Tabes- Kranken, und es sei charakteristisch, dass
einige Male die Gehimerregung wieder abklinge,
bis es schliesslich zur fortschreitenden Paralyse
komme. Der Vf. theilt 17 (neue und alte) Kranken-
geschichten mit, die natürlich gar nichts beweisen,
da Keiner bezweifelt, dass es Tabes mit bouff<6es
von Paralyse giebt
Cayla (73) spricht ausführlich über die Hemi-
plegie bei Tabes. Abgesehen von gelegentlich vor-
kommenden hysterischen Lähmungen handelt es
sich in der Mehrzahl der Fälle um Blutungen oder
Erweichungen, zuweilen um die von Marie be-
schriebenen „lacunes^^ Die Hauptfrage ist, ob es
die von D e b o v e erdachte vorübergehende tabische
Hemiplegie giebt, die wirklich ein Symptom der
Tabes wäre. Merkwürdigerweise ist nicht nurDe-
bove, sondern auch C. nicht daraufgekommen, dass
es sich dabei einfach um paralytische Anfälle handelt
Meist ist die Lähmung bei den Tabes- Kranken
schlaff, d. h. da, wo die Sehnenrefleze erloschen
sind, kommt es nicht zu spastischen Erscheinungen.
Die Erzählungen von solchen betrachtet C. mit
misstrauischem Auge: es möchte sich wohl um
passive Contraktur gehandelt haben. Dagegen sind
die Fälle anzuerkennen, in denen nach dem Ein-
tritte der Hemiplegie die Sehnenrefiexe wieder er-
scheinen; sie waren dann eben nicht erloschen,
sondern nur abgeschwächt Die Hemiplegie ist
nach C. bei Tabes recht häufig. Er rechnet heraus,
dass sie gleich nach den Augenmuskellähmungen
komme [Na, na].
Die von C. mitgetheilten Beobachtungen lehren
nichts Neues.
üeber die ausführliche Arbeit Oassirer's(72)
ist ein eigenüiches Referat nicht wohl zu geben.
Man müsste auf die Einzelheiten der Kranken-
geschichten eingehen, denn gerade auf diese kommt
12
Möbius, Neuere Beobachtungen über die Tabes.
es an. Durch die ganze Arbeit zieht sich ein Ge-
danke, nämlich der, Tabes und Paralyse seien ver-
schiedene Krankheiten, und bei Tabes mit Geistes-
störung habe man bisher zu h&ufig Paralyse dia-
gnosticirt. Der Bef. glaubt umgekehrt, dass die
Paralyse noch häufiger vorhanden gewesen sei, als
man angenommen habe. Von beiden Seiten muss
zugegeben werden, dass in manchen Fällen ein
Beweis nicht geführt werden kann. Sollte in sol-
chen zweifelhaften Fällen etwas bewiesen werden,
so gehörte vor allen Dingen die mikroskopische
Untersuchung der Gehirnrinde dazu. Findet man
primären Schwund der nervösen Bestandtheile der
Gehirnrinde, so hat Paralyse bestanden, mag ausser-
dem vorhanden sein oder fehlen, was will. Es ist
nun bemerkenswerth, dass in keinem einzigen der
vonC. angezogenen Fälle die mikroskopische Unter-
suchung ausgeführt worden ist. Vielmehr verlässt
siehe, wenn er in so und so viel Fällen behauptet:
hier ist Paralyse mit Unrecht diagnosticirt worden,
auf klinische Gründe, deren Gewicht gering ist
Bald ist kein oder kein charakteristischer Schwach-
sinn nachgewiesen worden, bald fehlt das Fort-
schreiten, bald ist Besserung oder Aufhören der
geistigen Störung berichtet worden. Das will
doch alles nicht viel sagen. Wie oft sieht man
Leute mit beginnender Paralyse, die recht scharf-
sinnig sind. Wie oft kommen unerwartete oder
langdauernde Remissionen vor, Remissionen, die
an Heilung denken lassen. Wie oft bleibt es über-
haupt bei einigen paralytischen Symptomen, wie
oft treten sogar diese nur zeitweise auf. Die pro-
gressive Paralyse ist eben durchaus nicht immer
progressiv, es giebt bei ihr abortive Formen so gut
wie bei der Tabes. Im Grunde weiss C. das alles,
er erkennt es wenigstens theoretisch an, im ein-
zelnen Falle aber kommt er immer wieder auf die
alten Behauptungen, die Paralyse müsse fort-
schreiten u. s. w., zurück.
C.'s Neigung geht dahin, ein tabisches Irresein
anzunehmen. Er denkt dabei besonders an die
Fälle, die er nach Wem icke HallucinoBe nennt.
Unter seinen Beispielen handelt es sich in der
Mehrzahl um blinde Tabes-Kranke, es ist aber be-
kannt, dass die Blindheit als solche zu Sinnes-
täuschungen geneigt macht (man denke an die
Hallucinationen der Katarakt -Kranken). Es ist
daher nicht auffällig, wenn die paralytischen Stö-
rungen der blinden Tabes - Kranken mit vielen
Sinnestäuschungen einhergehen. Auf einen Um-
stand nimmt C. zu wenig Rücksicht, nämlich auf
das Lebensalter. Die meisten Tabes-Kranken sind
älter als 40 Jahre. Dass endogene Psychosen erst
nach dem 40. Jahre zum ersten Male auftreten,
das ist doch recht selten (natürlich abgesehen von
senilen Störungen), im Zweifelsfalle wird also das
spätere Alter für Paralyse, gegen endogene Geistes-
krankheit sprechen.
0. Meyer (109) hat in Herzberge unter
5641 Geisteskranken (3439 M., 2202 W.) 30 Kranke
gefunden, bei denen Tabes und eine geistige Stö-
rung nicht paralytischer Art bestanden. Aus der
Literatur hat er 1 1 0 Fälle zusammengestellt Nach
Ausscheidung aller irgendwie bedenklichen Fälle
(nur vorübergehende oder vereinzelte Abweichun-
gen von der Norm, unerkannte Paralyse, zweifel-
hafte Diagnose u.s. w.) bleiben von den 140 Fällen
56 übrig. In diesen handelte es sich 21 mal um
Paranoia, 14mal um „depressive Psychosen", wäh-
rend alle anderen Formen nur mit kleinen Zahlen
betheiligt waren. Auch M. weist darauf hin, dass
unter diesen Kranken auffallend viel Weiber waren.
Er bestätigt ferner Moeli's Angabe, dass bei den
irren Tabes- Kr. Opticusatrophie sehr oft vorkommt
Natürlich ist M. der Ansicht, dass es sich um
ein rein zufälliges Zusammentreffen handelt, dass
weder die Tabes Ursache der Geistesstörung ist,
noch diese Ursache jener.
Perpöre(116) möchte recht viel Verschieden-
heiten zwischen Tabes und progressiver Paralyse
finden. Er hat bei A. Vigouroux in Yaucluse
unter 150 männlichen Paralytischen nur 33 ohne
Kniephänomen gefunden, unter 28 weiblichen 4 ;
ein Syndrome nettement tab6tique bestand bei
10 männlichen, bei 1 weiblichen Paralytischen.
Also komme Tabes bei Paralyse nicht oft vor.
Dabei kein Wort von reflektorischer Pupillenstarre.
Erst viel später reproducirt P. die ganz unbe-
gründete Behauptung Ball et 's, bei Paralyse
reagire die Pupille sowohl bei Oonvergenz, wie bei
Beleuchtung nicht Auch davon, dass die Tabes-
Kranken paralytisch werden möchten, will P. nicht
viel wissen. Was er eigentlich will, weiss man
nicht, denn nachdem er in der 14. Beobachtung
einen Tabes-Kranken mit einer ganz zweifellosen
Paralyse geschildert hat, meint er, die Diagenese
Paralyse habe eigentlich femgelegen, erst die
Sektion habe die Existenz der Paralyse dargethan.
Bei diesem Stande der Dinge kann man wohl das
Weitere auf sich beruhen lassen.
Sehr merkwürdig ist auf Yaguserkrankung zu
beziehende Langsamkeit der Athmung, die De-
j e r i n e bei einer Tabes-Kranken beobachtet hat,
und die sein Schüler Egg er beschrieben hat.
Die seit 20 Jahren bettlägerige Kr. warmit 22 Jahren
an gastrischen Krisen erkrankt. Mit 32 Jahren ^waren
schwere Larynxkrisen und Tachykardie aufgetreten.
Zar Zeit waren die Krisen seltener, das rechte Stimm-
band war ganz gelähmt, das linke paretisoh, der Puls
schlug 85 — 90mä. Durchschnittlich kamen 4 — 5 Athem-
Züge auf die Minute, in der Frühe nur 3, bei seelischer
Erregung 7—8.
E. macht darauf aufmerksam, dass der Zustand
ganz dem der Hunde nach doppelseitiger Vag^s-
durchschneidung glich. Insbesondere war die
Curve ähnlich, da in der Athempause die ESnath*
mung langsam begann, und dann erst die eigent-
liche Einathmung folgte.
[Jelgersma(llO) theilt 2 Fälle von tabischer
Arthropathie mit Beide betrafen Frauen, bei denen
syphilitische Infektion nicht nachzuweisen ^war*
Möbius, Neuere Beobachtungen über die Tabes.
13
bei beiden Kranken wurde die Oelenkerkrankung
bei Gelegenheit einer spontanen Luxation entdeckt,
hatte a))er jedenfalls sdion vorher bestanden. Bei
der 1. Kranken, die an Tabes im ataktisohen Stadium
litt nnd bei der die Epiphysen der oberen und
unteren Gliedmaassen aufgetrieben waren, war die
Form der Oelenkerkrankung die hypertrophische.
Die Luxation betraf das Fussgelenk, das sich fest
und massiv anfdhlte ; die einzelnen Knochen waren
nicht zu palpiren. Im 2. Falle befand sich die
Knnke noch im prflataktischen Stadium der Tabes,
sie klagte über Magenst5rungen , rheumatische
Schmerzen und Dysurie; die Pupillen waren eher
gross als klein ; Abschwäohung der Sensibilität war
sieht nachzuweisen. Die Luxation betraf das Hüft-
gelenk; die Form der Oelenkerkrankung war die
atrophische, das obere Femurende erschien ver-
dünnt (bei einer Röntgenuntersuchung 1 Jahr später
fehlten Collum und Caput femoris) und jede Spur
Ton Enochenneubildung fehlte, Kapsel und Liga-
mente waren aohlafP. Walter Berger (Leipzig).]
Diagnostiaehes,
134) Aid rieh, Charles J., The association of
tabes and multiple sclerosis; report of a classical case
of tabes with intention tremor and nystagmus. Phiiad.
med. Jooni. XI. 17. p. 717. 1903.
(Schwere Tabes bei einem 53jähr. Manne. Die
Htode des bettlägerigen Kranken zitterten. Nystag-
mng lateralis wird behauptet, ohne jede nähere
Angabe, ob Parese der Seitwärtswender bestanden
babe u. s. w.)
135) Armand-Delille, P., et Jean Camus,
Examen cytologiqae da liquide cephalo-rachidien dans le
tabea. Bevue neorol. XL 4. p. 199. 1903.
(Nur bei 4 von 13 Tabes-Kranken wurde
Lymphocytose nach Lumbal-Punktion und Centri-
foginmg der Flüssigkeit gefunden. Das Alter der
Tabes machte dabei keinen unterschied.)
136) Babinski,J., Lymphocytose dans le tabes et
hparalyaie generale. Revue nenrol. XL 6. p. 341. 1903.
(Bei 10 Tabes-Kranken und 7 Paralytischen
Mi Lymphocytose.)
137) Ballet, G., et L. Delherm, Examen da
liqmde oephalo-rachidien chez 16 malades (8 paralytiqaes
geoeranz et 8 tabetiqaes). Revue neorol. XI. 6. p. 337.
19(Ä
(Bei 5 von 8 Tabes-Kranken Lymphocytose.)
138) Brissaud , E., et Bruaniet, Examen oyto-
logiqne dans 8 cas de tabes. Revue nearol. XL 6. p. 337.
1903. y
(In aUen Fällen Lymphocytose.)
139) Cestan, R, et Dupuy-Datemps^ Le
BgDe papillaire tfArgyU-Robertson^ sa valenr semio-
i^moe, ses relations aveo la Syphilis. Oaz. desHdp. 149.
19(Ö
140) Collins, Jos., Syphilitic Pseudotabes. New
lork med. Joum. April 4. 1903.
(Fiall von offenbar echter Tabes. Sektion. Die
Aoeh geringe Degeneration der Hinterstränge soU
atypisch gewesen sein. Erkrankung der Blut-
S^tee und der Meningen.)
141) Collins, Joseph, The prognosis of tabes.
Mei News LXXXIU. 9. 1903.
(Gate DarsteUung, aber Bekanntes.)
142) CrouzoD, 0., et A. Dobrovici, ün cas
d'associatioa hystero-organique: hemispasme glosso-Iabie
et bemiplegie hysteriqae chez an tabetiqne. Revue neu-
rol. X. 10. p. 477. 1902.
(Der Titel sagt alles.)
143) Curtin, Roland G., A case of anemic necro-
sis in the wall of the left ventricle above the apex of the
heart associated with angina pectoris aod locomotor
ataxia. Prooeed. of the pathol. Soc. of Phiiad. N. S. V. 1.
p. 21 Nov. 1901.
(Der Titel genflgt.)
144) Deohy, Albert, Le eigne cP Ärgyü-Robertson
et la Cytologie du liqaide cephalo-rachidien. These de
Paris 1902. Ref. in Revae nearol. XL 7. p. 381. 1903.
(Bei reflektorischer Pupillenstarre findet man
Lymphocytose.)
145) Dufour, Henri, Relations existant entre les
troables pupiliaires, la Syphilis et oertaines maladies ner-
veoses (Tabes. Paralysie generale). Gaz. hebd. XUX.
49. 1902.
(1087 Kranke des Hopital Andral wurden
auf syphilitische Infektion und auf PupillenstOrun-
gen untersucht. D. rechnet 23<^/o Syphilitische
heraus. Fast nur bei solchen fand er Verunstaltung
oder reflektorische Starre der Pupillen.)
146) Dufoar, Henri, Sisne cP Ärgyll-Bobertson ,*
examen miorosoopiqae de la moeUe ; tabes fräste. Revae
nearol. X. 23. p. 1193. 1902.
(Bei einem 44jähr. Säufer, der an Tuberkulose
gestorben war, hatte als einziges Tabes-Zeichen
reflektorische Pupillenstarre bestanden.
Die Sektion ergab deutliche tabische Erkran-
kung der Hinterstränge im Dorsalmarke.)
147) Ferenczi, Alexand., Ein mitNenritis com-
plicirter Fall von Tabes. Ungar, med. Presse YIII. 6. 1903.
(Tabes mit Peronäuslähmung, wie es scheint)
148) Froin, Cytologie da liqaide cephalo-rachidien
dans 7 cas de tabes. Revue nearol. XI. 6. p. 341. 1903.
(In 7 Fällen von Tabes immer Lymphocytose.)
149) Gombault et Halbron, Examen cyto-
logiqae da liqaide eephalo-raohidien dans le tabes. Revae
nearol. XI. 6. p. 340. 1903.
(Bei 8 von 11 Kranken deutliche Lympho-
cytose, bei 2 schwache, bei 1 keine.)
150) Hezel, Otto, Die Frühdiagnose der Tabes.
Berlin u. Leipzig 1902. Vogel & Kroienbrink. El. 8. 318.
(Uebersicht)
151) Jeffrey, A., etSchrameck, Des rapports
de rifregularite papillaire et du sigaecFArgyll' Robertson.
Revae nearol. X. 6. p. 275. 1903.
(Die Pupille ist nicht rund bei fast allen Tabes-
Eranken. Die Deformation kommt, abgesehen von
angeborenen Störungen und von Synechien, nur
bei Syphilitischen, Tabischen und Paralytischen
vor. Sie scheint eher da zu sein als die reflek-
torische Pupillenstarre.)
152) Marie, Pierre, etO.Crouzon, Quelques
reeultats do oytodiagnostic da liqaide cephalo-rachidien
chez les tabetiqaes. Revae nearol. XI. 6. p. 339. 1903.
(Bei 20 Tabes- Kranken Lymphocytose, bald
mehr bald weniger, ohne Beziehungen zum kli-
nischen Zustande.)
153) Marie, Pierre, et 0. Crouzon, Etüde
cliniqae de la forme tabetiqne des scleroses oombinees.
Revae nearol. XI. 6. p. 326. 1903.
154) P 0 1 ^ a e r e , De Tabolition du refleze papillaire
dans la syphihs avec myosis permanent. Revae nearol.
XI. 10. p. 524 1903.
14
Möbius, Neuere Beobachtungen über die Tabes.
(P. hat 12 Privatkranke, die Byphilitiaoh ge-
wesen waren und bei denen Lichtstarre mit Miosis
bestanden, lange beobachtet 2 sind paralytisch ge-
storben, 5 sind tabisoh. Bei 5 ist seit Jahren der
Zustand derselbe, bei 2 seit 14 Jahren, bei 1 seit
12 Jahren, bei 2 seit 6 Jahren. Kein weiteres
Zeichen ist aufgetreten, und die starren Pupillen
sind immer gleich klein geblieben.)
155) Sinkler, WhartOD, A case exhibiting the
Symptoms of both tabes and mnltiple sclerosis. Philad.
med. Joaro. X. 17. p. 599. Oot 1902.
(62jfthr. Mann. In der Jugend Schanker. Seit
25 — 30 J. Zittern der Hände, das in den letzten
Jahren stark zugenommen hatte. Seit 8 J. lanci-
nirende Schmerzen, Anästhesie der Beine, Blasen-
stOrung. Kein Kniephänomen. Reagirende Pupillen.
Kein Nystagmus, keine Sprachstörung.)
156) Souques, A., Vitiligo et eigne d'ArgyU-
Robertson d^origine syphUitique. Reyue neorol. X. 6.
1902.
(69jähr. Mann mit Stimmband-Lähmung, reflek-
torischer Pupillenstarre und seit 15 J. bestehender
Vitiligo am Rumpfe. S. glaubt nicht an Tabes und
meint, die Vitiligo hänge nicht von tabischen Ver-
änderungen ab. Sie und die reflektorische Pupillen-
starre seien beide Wirkungen der Syphilis.)
157) Sonques, A., £xamen oytologique dans le
tabes. Revue nenrol. XI. 6. p. 339. 1903.
(In 3 Fällen von Tabes Lymphocytose , bei
einem Kranken mit reflektorischer Pnpillenstarre
und Vitiligo nicht)
158) T h i e m , Fall von Pseudotabes aloohoiica. Mon.-
Schr. f. ünfallhkde. VIII. 12. p. 380. 1901.
159) V aq a e z , Trois cas d*aortite avec tabes fmste ;
ezamen cytologiqae positif. Revue nenrol. XI. 6. p. 336.
1903.
(Der Titel sagt alles.)
160) Widal, Sicard et Ravaat, A propos du
cytodiagnostic da tabes. Revue neurol. XL 6. 1903.
(Diskussion zu dem Vortrage: Ibid., p. 334.)
Ein neues diagnostisches Mittel haben Widal
und Genossen angegeben (160). Mehrere Gubik-
centimeter der durch die Lumbalpunktion ge-
wonnenen Flüssigkeit werden unter bestimmten
Vorsichtmaassregeln centrifugirt , und nach Ent-
fernung der Flüssigkeit wird der Rest mikrosko-
pisch untersucht. Bei Gesunden und bei vielen
anderen Kranken werden dabei keine Lymph-
körperchen gefunden, bei Syphilitischen und bei
Tabes- Kranken aber mindestens 6 — 10 im Gesichts-
felde (bei Immersion). Die Lymphocytose ist nach
Widal das Zeichen einer infektiösen Reizung der
Meningen. Sie ist bei syphilitischer Hemiplegie
vorhanden, bei einer Alters-Hemiplegie in der
Regel nicht. Ausser bei Syphilis haben die VfiF.
die Lymphocytose bei Herpes zoster, bei manchen
Ischias-Formen, bei Parotitis gefunden, nicht bei
Tuberkulose, Epilepsie, Hirntumor, gewöhnlicher
Polyneuritis u. s. f. Babinsk i und Nageotte
fanden bei 25 von 26 Tabes-Kranken Lympho-
cytose. Sie fanden sie auch da, wo reflektorische
Pupillenstarre allein bestand. Jeffrey, Dupr6,
Devauz, S6glas U.A. bestätigten diese Angaben.
Nur Armand-Delille und Camus fanden
bei der Mehrzahl der Tabes-Kranken die Lympho-
cytose nicht. Gegen sie wandten sich Widal,
Sicard und Ravaut. von Neuem. Sie haben
wieder 37 Tabes-Kranke untersucht und bei 36
die Lymphocytose nachgewiesen. Wenn die
Schüler Dej er ine's Anderes gefunden hfttten,
so könnten nur technische Abweichungen die Ur-
sache sein. In der That haben die Gegner nicht
genau W i d a 1 's Vorschriften befolgt Alle sp&teren
Untersucher haben Widal 's Angaben bestätigt
Cestan und Dupuy - Dutemps (139),
zwei Schüler B a b i n s k i 's, haben noch einmal die
Frage nach der reflektorischen Pnpillenstarre be-
sprochen. Babinski will bekanntlich entdeckt
haben, die . reflektorische Pupillenstarre sei immer
eine Wirkung der Syphilis (von gewissen Aus-
nahmefällen abgesehen), und die Vff. sagen am
Schlüsse ihrer Arbeit, nunmehr sei „grdoe aux
travaux de M. Babinski^' der praktische Werth des
Zeichens festgestellt worden. Thatsächlioh hat
Babinski gar nichts Neues beigebracht, denn
tvir haben längst getoussi, dass die reflektorische
Ihipülenetarre das pathognostische Zeichen der Meia-
syphüia ist, Sie zeigt (wenn man von ganz sel-
tenen Herderkrankungen in der Gegend des 3. Ven-
trikels absieht) immer eine systematische Degene-
ration an, sie deutet also auf primären Nenren-
schwund, nicht auf Syphilom. Ihr Dasein beweist
dieMetasyphilis, wobei freilich nicht gesagt ist, dass
allemal noch andere metasyphilitische Veränderun-
gen dasein oder in bestimmter Zeit folgen müssten.
P. Marie und 0. Crouzon(153) glauben,
das Hinzutreten einer Seitenstrangerkrankung zur
Tabes erkennen zu können. Sie weisen auf 3 Zeichen
hin: Paraparese oder Paraplegie ohne Atrophie,
eine besondere Gangart, bei der ein Bein nach dem
anderen wie eine schwere Masse nach vom ge-
zogen wird, und Babinski's Zeichen, d. h. die Ex-
tension der Zehen bei Stich in die Fusssohle.
Jedes dieser Zeichen erlaube die Diagnose, das
dritte natürlich nur dann, wenn Gehirnherde aus-
zuschliessen sind. Unter 54 Tabes-Kranken im
Bic6tre haben die Vff. mindestens 4mal die Dia^
gnose der combinirten Strangerkrankung machen
können , und in einem Falle hat bisher die ana-
tomische Untersuchung die Diagnose bestätigt. Die
Vff. bemerken auch, dass die Tabes-Kranken mit
Seitenstrangerkrankung sehr oft blind sind. In
6 Fällen von 9, in denen eine Sektion gemacht
worden ist, waren die Kranken blind. Von den
4 Patienten der Vff. waren 2 blind.
Therapeutisches.
161 ) B 0 0 k h a r t , M., Ueber d. Merkurialbehand-
lung d. TabeskrankoD. Mon.-Schr. f. prakt. DermatoL
XXXIV. 1. p. 12. 1902.
(B. empfiehlt wiederholte kurze und milde
Schmierkuren. Glaubt damit gute Erfolge erzielt
zu haben. Bei 14 von 69 Kr. stand die Krank*
heit still ; die meisten wurden gebessert)
]if ObiuB, Neuere Beobachtungen Aber die Tabes.
15
162) Br am well, Byrom, A case of tabes with
acatoly deyeloped ataida in which groat and rapid im-
provement resolted from FrenkeTs plan of treatment.
Laooet Maroh 29. p. 891. 1902.
(Siehe XJeberachrift)
163)Combemale et deChobert, La Bantonine
oootre les donleors folgorantes da tabes et oontre les
nernl^es. Echo med. du Nord VI. 26. 1902.
(Die VIF. haben nach Negro das Santonin mit
gutem Erfolge gegen die lancinirenden Schmerzen
der Tabes-Kranken gegeben.)
164) GoDStensoQX^ 6., La reedacation motrice
diDS les maladies da Systeme oeryeox ; ses applications
i I'ataxie des tabetiqaes. Aroh. de Neorol. 2. 8. XV.
f. 47. JanT. 1903.
(Nichts Neues.)
165) Darksohe witsch, L.O., Ueber d. Behandl.
i Tabes doisalis. Rassk. Wratsch 15. 16. — Revue d.
mag. med. Ztsohr. 10. 1902.
(Der Vf. empfiehlt Hg- Euren. Bei Opticus-
atrophie solle man Einspritzungen von Natr. nitro-
aom unter die Haut an die Stelle des Hg setzen.)
166) Discussion snr le traitement de la paralysie
ge&erale et da tabes. Lyon med. XCVIU. p. 449. Mars 23.
1902.
167)£8pitallier,Jaoqaes, Ck>ntribationiretade
da traitemeot du tabes dorsal. These de Paris 1902.
L Boyer. 8. 75 pp.
168) EQlenbarg,A., Die Hydrotherapie d. Tabes.
Deutsche med. Wchnschr. XXVlll. 21. 1902.
169) Fahre, Paul, De Tatrophie tabetiqne da
oaf optiqae et de son tnütement. These de Paris 1903.
(Gründliche Schmierkuren sollen den Sehnerven-
Bchwand so günstig beeinflussen, dass an Heilung
grenzende Besserungen erzielt werden, wenn früh
genug geschmiert wird. Jodkalium nützt nichts.
Berefong auf Qalezowski.)
170} Faare, Maar., Resultats de la reedacatioa
dioa le traitement des troables da moavement Revae
MQioL XL 11. p. 598. 1903. (Bericht über denCongress
iE Madrid.)
(Ueb^ die in Lamalou erzielten günstigen Er-
folge der Frenkel 'sehen B^iandlung bei Tabes-
Eraaken und anderen Kranken.)
171) Faare, Maar., et 0. Costensoax, Le
BttMgechez les tabetiqaes. Congres da Qrenoble. Revae
maü X. 16. p. 823. 1902.
(Die richtige Massage sei ausgezeichnet gut
Man müsse nur nicht so darauflos pochen und
staen.)
172) Faure, Maar., et G. Costensoax, Sar
TeTolntion et la therapentiqae de tabes. Revue nearol.
1. 3. p. 166. 1903.
(Die ViL halten, im Anschlüsse an Bris-
land, die Mehrzahl der Tabea-Fälle für relativ
gntutig, haben sehr oft Besserung oder doch Still-
ävmI beobachtet In Hinsicht der Hg- Wirkung
*iod sie zweifelhaft, der Erfolg der Bäder von
Uaalou scheint ihnen sicher zu sein.)
173) Frank, August, Wie wird die Uebongs-
^^^tpe von Frenkd in Meiden gehandhabt? Prag. med.
▼ebfldLT. XXVn. 2—7. 1902.
(Weitlftufige Besprechung des F r e n k e 1 'sehen
Terfchrens.)
174) de Framerie, A propos da massage ohez
^ tabetiqaes da Dr. KmUndfy, Progres med. 3. 8.
XVIL 9. 1903.
(Streit der Masseure unter einander. Nach F.
müssen die manipulations calmantes die Haupt-
sache sein.)
175) Gr ebner, F., L'ataxie tabetiqne initiale et
son traitement par la reedacation des mascles. Arch.
russes de Pathol. etc. XIII. 2. p. 113. 1902.
176) Or ebner, F., Die compensatorische Uebunes-
therapie bei initialer Tabes. Petersb. med. Wchnschr.
N. F. XIX. 7. 1902.
(Nichts Neues. Der Vf. schliesst sich an
Frenkel an.)
177)Hammond, Graeme M., The treatment of
degeneration diseases of the nervoas system by mas-
sive doses of strychnin. Boston med. and sarg. Joam.
CXUX. 9. 1903.
(Monatelang täglich steigende Stryohningaben
(bis 415 Oran) werden als höchst erfolgreich bei
Tabes bezeichnet. 4 Krankengeschichten.)
1 78) H 0 e f 1 m a y r , L., Zar Behandlang der Tabes
dorsalis. Wien. klin. Randschau XV. 51. 1^1.
(Nichts Neues.)
179) Huohzermeyer, Zur Behandlang d. Tabes.
Ther. d. Gegenw. N. F. IV. 6. p. 254.
(Warnung vor Uebersch&tzung der sog. Uebungs-
therapie.)
180) Kouindiy, Da massage chez les tabetiqaes.
Progres med. 3. S. XVI. 48. 52. 1902. XVÜ. 6. 1903.
(Soll man die Tabes- Kranken massiren? Natür-
lich, sagt K., führt die Zeugnisse aller Masseure
an und schildert das Verfahren in Ra y m o n d 's
Klinik. Insbesondere müssen die nach Frenkel
behandelten Tabes-Kranken ohne jede Ausnahme
massirt werden. Durch 8 Nummern tünt der Lob-
gesang der Massage.)
181) Eoaindjy,P., DieEztensionsmethode u. ihre
Anwend. b. d. Behandl. d. Nervenkrankheiten. Ztschr.
f. diätet u. Physik. Ther. VI. 2. p. 82. 1902.
(Der Vf., ein Assistent Raymond 's, be-
schreibt einen Stuhl zur Extension und die Exten-
sion auf der schiefen Ebene, wie er sie anwendet.
Es sei nie Schaden angerichtet worden, und das
Verfahren sei bei Tabes-Kranken zu empfehlen.)
182)Lejeane, Felix Aagaste, Da traitement
de la pftfalysie generale et da tabes par les injections de
benzoate de mercnre. These. lille 1902. Impr.G.SautaL
8. 96 op.
183) Le meine, G., Des resaltats du traitement
mercuriel intensif appliqae ä la paralysie generale et an
tabes. Revae neuro!. X. 14. p. 657. 1902.
(Dieselben Beobachtungen, die L. durch Le»
j e u n e verüff entlicht hat)
184) Leredde, Traitement da tabes par les isjec-
tions mercurielles. Bull, de Ther. CXLIV. 12. p. 437.
Sept 30. 1902.
(Mit edlem Selbstvertrauen erklärt L., die Tabes
sei heilbar, wenn sie richtig, d. h. nach seiner
Weise, behandelt werde. Es genügt nicht, Hg an-
zuwenden, man müsse es so anwenden, wie er
gesagt)
185) Leredde, La question des doses du mercare
et du traitement da tabes et de la paralysie generale.
Bull, de Ther. CXLV. 3. p. 96. Janv. 23. 1903.
(Fortsetzung.)
186) Leredde, The parasyphilitic affections. The
oarability of tabes and general paralysis by intense mer-
curial treatment Philad. med. Joam. XI. 2. p. 72. Jan.
1903.
16
MObius, Neuere Beobaohtungen über die Tabes.
187)Leredde, Sur les affeotions parasyphilitiqaes
et le traitement da tabes. Congres de Toulouse April
1902. Revue neurol. X. 15. p. 748. 1902.
(Wegen der Verhandlung naoh L.'8 Vortrag
nicht uninteressant Niemand hat eine klare Kritik.)
188) Leredde, Le traitement mercuriel dans le
tabes et la paralysie generale. Revue neurol. X. 6. 13.
1902.
(Vortrage in der Pariser neurolog. Gesellschaft.
Dejerine und Marie protestirten gegen die
tollen Behauptungen L.'s.)
189) Leredde, L.E., La nature syphilitique et la
curabilite du tabes et de la paralysie generale. Paris
1903. C. Naud. 8. 141 pp.
190) Munter, S., Die Hydrotherapie der Tabes.
Deutsche med. Wchnschr. XXVIU. 21. 1902.
(Theoretische Erörterungen und allgemeine An-
weisungen. Der Vf. empfiehlt schliesslich das
Uebliche, Vermeidung hoher und sehr niedriger'
Temperaturen, milde Reize u. s. w.)
191) Munter, 8., Die Hydrotherapie d. Tabes (Dis-
kussion). Deutsche med. Wchnschr. XaVIU. 12. Ver.-
Beü. 12. 1902.
192) Pope, Curran, The rational treatment of
looomotor ataxia. Amer. Pract and News XXXIV. 6.
p. 227. Sept. 1902.
(So viel Behandlung wie möglich I Elektrisiren,
Massiren, Wasseranwendung, üeben u. s. f.)
193) Rhein, J. H. W., The treatment of looomotor
ataxia, with special reference to the treatment by educa-
tional exercises. Proceed. of the Philad. Ck)unty med.
Soc. N. 8. III. 7. p. 303. Oct 1901. — Therap. Gaz. 3. 8.
XVIL 12. p.807. Dec. 1901. XVm.6. p. 372. June 1902.
(Nichts Neues.)
194) Sarbo, Arthur von, Zur Behandlung der
tabischen Ataxie. Elin.-therap. Wchnschr. 26. 1901.
(Der Vf. empfiehlt, zeitig mit den Uebungen zu
beginnen. „Kleine^' uebungen, im Liegen und Sitzen,
seien jederzeit anwendbar. Oenauere Vorschriften.)
195) Verhoogen, Rene, 8ur le traitement du
tabes. Joum. med. de Brux. VIII. 17. 1903.
196) Weber, Hermann, Zur üebungstherapie d.
Tabiker mittels d. Fahrrades. Ztschr. f. diätet. u. physik.
Ther. Vü. 4. p. 217. 1903.
(W. empfiehlt fQrTabes-Eranke ein verbessertes
Dreirad: Pendel-Pedale statt der Curbel-Pedale,
niedriger breiter Sitz mit Lehne. Wird es etwas
besser, so ist das Fahrrad daran schuld.)
Das Buch Leredde 's (189) macht den Ein-
druck einer Reclame- Schrift und ist nicht viel
werth. Es enthält zwar dreiste Behauptungen,
aber weder neue Oedanken, noch neue Thatsachen.
L. versichert einfach, Tabes und progressive Para-
lyse seien von der tertiären Syphilis nicht ver-
schieden und seien durch genügend intensive Hg-
Behandlung heilbar. Von eigenen Beobachtungen
erwähnt er nur kurz einen diagnostisch ganz un-
klaren Fall, im üebrigen bezieht er sich auf die
Fälle von angeblicher Heilung der Tabes durch
Hg, von denen in der Literatur erzählt wird. Miss-
lingt die Sache, so handelt es sich nicht um die
Krankheit selbst, sondern um unheilbare Degene-
rationen, die sie hervorgerufen hat
(Jegen den Einwand, es handle sich bei der
Tabes nicht um das Syphilom, sondern um pri-
mären Nervenschwund, wehrt sich L. mit der
Theorie seines „Freundes^* Nageott e. Man sieht
hier an einem Beispiele, wohin diese saubere
Theorie führt
Darin hat L. Becht, dass Fournier's Lehre
von der Parasyphilis unhaltbar ist. Das Zusammen-
werfen von Hysterie u. s. w. nach Syphilis mit
Tabes und Paralyse kann nur Verwirrung hervor-
rufen. Auch das ist richtig, dass Fournier 1882
von Heilung der Tabes durch Hg erzählt, während
er 1894 die Tabes für unheilbar hält, ohne doch zu
widerrufen. Aber nicht nur F o u r n i e r ist schuld
daran, dass L. den Muth zu seinem Vorgehen ge-
funden hat, sondern alle Die sind mit daran schuld,
die von Tabesheilungen erzählt haben oder die yon
Anderen berichteten Heilungen gläubig aufgenom-
men haben. Noch niemals hat ein Arzt die Tabes
geheilt, das sollte man endlich eingestehen. Ge-
wiss giebt es Fälle, in denen die Tabes stillesteht,
oder die Symptome für kürzere oder längere Zeit
verschwinden, aber die Aerzte sind an alledem ganz
unschuldig.
Selbstverständlich müsste L. den Beweis führen,
dass durch seine Art der Behandlung (Einspritzun-
gen von löslichen Quecksilbersalzen, 0.02 — 0.03 g
Hg pro die) in jedem Falle die Tabes oder die Para-
lyse am Fortschreiten gehemmt werden kann. Be-
weist er das nicht, so ist er ein Charlatan.
Aehnlich wie Leredde spricht Lejeune
(182), ein Schüler Le meine 's in Lille. Tabes
und progressive Paralyse sind heilbar oder doch
in hohem Grade zu bessern, wenn genug Hg-Bin-
spritzungen gemacht werden. Am besten ist das
benzo^saure Hg, es werde gut vertragen, und man
künne täglich ein paar Centigramm einspritzen.
L. theilt 14 Krankengeschichten mit, 6mal Parap-
lyse, 8mal Tabes. Seiner Meinung nach ist die
Paralyse besser zu behandeln als die Tabes ! Bei
der Tabes handelt es sich meist um „tab^s aigu^ ;
Jeder aber weiss, dass die akut eintretende Ataxie
auch ohne Behandlung wieder zu vergehen pflegt
Natürlich ist in keinem einzigen Falle Heilung er-
reicht worden. Herr Prof. Le meine aber ver-
sichere, dass er nie so gute Erfolge gesehen habe,
ehe er das Traitement intensif anwendete.
Bescheidener als Leredde ist Espitallier
(167). Er theilt 59 Beobachtungen Babinski's
mit. Von diesen mit Hg behandelten Tabes- Kranken
wurden die meisten gebessert, keiner geheilt.
Manchmal sind die Angaben etwas unbestimmt;
einmal z. B. heisst es, man habe den Kranken nicht
mehr gesehen, ein Freund aber habe berichtet, es
gehe ihm besser. Die erreichte Besserung bestand
gewöhnlich darin, dass die Schmerzen abnahmen
oder aufhörten, so lange wie die Behandlung dauerte,
dass die Kr. besser gingen, dass Blasen- und Penie-
Thätigkeit besser wurden. Genau das Oleiohe be>
richten die Badeärzte, berichten die Lobredner der
Suspension, berichten dieElektrotherapeuten, u. s. ^w.
Zaudy , Neuet*e Arbeiten auB dem Gebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes. 17
Über neuere Arbeiten aus dem
und Pathologie des Blutes. ^)
Von
Dr. Zaudy
in Dflsseldorf.
der Physiologie
/. Physiologie des Blutes.
a) Physiologisehe ^uünldung und BkUveränderung.
1) Petrone, A., Sur le sang. Aroh. ital. de Biol.
XXXVl. 3. p. 365. 1901.
2) Weiden reich. F., Stadien über das Blut n.
die blutbildenden n. -zerstörenden Organe. I. Form u.
Bin der rothen Blatkörperchen. Arch. f. mikroskop.
Inat LXI. 3. p. 459. 1902.
3) Wlassow, K., n. £. Sepp, üeber den Kern u.
die amöboide Bewegung der Bintplättchen. Centr.-Bl. f.
allg. Pathoi. u. pathol. Anat. XIII. 12. p. 465. 1902.
4) Schwalbe, E., Haben die Blatpiättchen eine
eioheitlicbe Oenese? Wien. klin. Rundschau XVII. 9.
p. 145. 1903.
5) Wiener, £., üeber das Verhalten der rothen
Blatkörperchen bei höheren Temperaturen. Wien. klin.
WchDSchr. XV. 26. 1902.
6) Tirelli, V., Alterations du sang par le froid.
Areh. ital. de Biol. XXXVII. 3. p. 429. 1902.
7) Becker, E., Ueber die Veränderungen der Zu-
sammensetzung des Blutes durch vasomotorische Beein-
flsssungen, insbesondere durch Einwirkung von Kälte auf
den ganzen Körper. Bl. f. klin. Hydrother. XII. 8. p. 173.
1902.
8) Abderhalden, Ei, üeber den Einfluss des
Höhenklimas auf die Zusammensetzung des Blutes. Inaug.-
D^ Basel 1902.
9) Voornveld, H. J. A. van, Das Blut im Hoch-
gebirge U. Arch. f. d. ges. Physiol.XCIIL 5 n. 6. p. 239.
1902.
10) G a Q 1 e , J., Die Blutbildung im Luftballon. Arch.
1 d. ges. Physiol. LXXXIX. 3 u. 4. p. 119. 1902.
11) Campbell, W. A., u. H. W. Hoaglan d, The
Uood count at high altitudes. Amer. Journ. of the med.
St CXXJI. 6. p. 654. 1901.
12)BaQmgarten, üeber die Schicksale des Blutes
in doppelt unterbundenen Oefftssstrecken. Wien. med.
Wchnschr. LH. 45. 1902.
13) H e d o n , E., Sur la transfusion, apres les hemor-
ngies, de giobules rouges purs, en Suspension dans un
gemin artificiel. Arch. de Med. experim. XIV. 3. p. 297.
1902.
14) S al V i 0 1 i , J., Effets de Tinjection endoveineuse
de Textrait de glande genitale mfile sur la coagulation du
isng et sur la valeur spermotoxique da serum. Arch.
äaL de BioL XXXVII. 3. p. 377. 1902.
15) Grube, K., üeber den Einfluss der Mineral-
visser auf das Blut 1. Mittheilung: Einfluss auf den
osDotischen Druck u. den Wassergehalt. Ztschr. f. diät
IL phywk. Ther. VI. 6. p. 334. 1902.
16) Helly, K., Wechselbeziehungen zwischen Bau
IL Funktion der Milz. Wien. klin. Wohnschr. XV. 32.
1902.
Petrone (1) bringt eine kurze Zusammen-
ateUung seiner zahlreichen Arbeiten über das Blut
vad deren Ergebnisse. Danach enthalten der Kern
der rothen Blutkörperchen bei den eierlegenden
»> V^. Jahrbb. CCLXXVL p. 128.
Med. Jahrbb. Bd. 281. Hft 1.
Thieren und der Kern der Erythroblasten sowohl
einen Farbstoff, wie auch einen eisenhaltigen Körper.
Im Anfange der Entwickelung überwiegt der Farb-
stoff, später tritt eine Abnahme ein ; während aber
bei den Eierlegem der Farbstoff dauernd vor-
herrscht, schwindet er bei den Säugethieren all-
mählich; hier bleibt der eisenhaltige Körper be-
stehen. Dementsprechend zeigen die Kerne der
embryonalen Blutkörperchen und die der Eierleger-
Erythrocyten als saure Körper eine Verwandtschaft
ffir basische Farbstoffe, während der tiefgreifend
veränderte Kern der ausgebildeten Säugethier-
Erythrocyten ein basisches Verhalten und eine
Verwandtschaft zu sauren Farben aufweist Der
eisenhaltige Beetandtheil der Erythrocyten-Keme
kann an Schwefelsäure gebunden und diese gelb-
braune Verbindung am Entstehungsorte durch ab-
soluten Alkohol fizirt werden. Mit Hülfe dieser
Reaktion lässt sich feststellen dass der Erythro-
blasten-Kern zwar seinen Farbstoff und somit seine
reproduktive Kraft verliert, dass er aber dennoch
bestehen bleibt und an Eisengehalt, also an „hämo-
globinogener" Kraft gewinnt Bei leichten An-
ämien zeigt die Eisenreaktion keine Veränderung
an Form und umfang; bei den schweren Anämien
ist sie jedoch äusserst schwach ausgeprägt
In seinen Sludim über das Bkä und die blut-
bildenden und 'Xersiärenden Orga»ie stellt Weiden -
reich (2) zuerst fest, dass die Säugethier-Erythro-
cyten nicht die Form einer biconcaven Scheibe,
sondern die einer Glocke haben, die durch Wasser-
aufnahme bei verringertem Salzgehalte des Serum
zur Kugel anschwillt, durch Wasserabgabe bei er-
höhtem Salzgehalte zur Scheibe sich abplattet
Ais isotonisch ist nicht die 0.9proc., sondern die
0.65proc. Kochsalzlösung anzusehen. Die sogen.
„Schatten^* der rothen Blutkörperchen stellen die
zusammengefallene Membran des Blutkörperchens
dar. Bei Chromsäure-Behandlung lässt sich in dem
Schatten ein von Petrone (1) als Kernrest an-
gesprochenes Körperchen nachweisen, das aber nur
ein Hämoglobinrest ist. In ausführlicher Darstel-
lung sucht W. dann zu beweisen, dass das rothe
Blutkörperchen sowohl der Amphibien u. s. w.,
als auch der Säugethiere aus einer strukturlosen,
elastischen dünnen Membran besteht, die als Inhalt
das Hämoglobin einschliesst. Letzteres ist eine
nicht strukturirte, kern- und kernrestlose, flüssige
und gelbgef&rbte Masse. Ein „Stroma^^ ezistirt
nicht — Zahlreiche Abbildungen erläutern Alles.
3
18 Zandy, Neuere Arbeiten ans dem Gebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes.
W 1 a s s 0 w und S e p p (3) treten den Ansichten
Deetjen'B(Virchow'8Arch.CLXIV.2.p. 239. 1901)
über den Kern und die amöboide Bewegung der Blut-
plättchen entgegen. Es handle sich nur um ein
kernähnliches Gebilde, das in den Blutplättchen in
Folge von Spaltung in 2 Substanzen entstände, von
denen die eine aufquillt, die andere sich zusammen-
zieht. Auch die amöboide Bewegung wird ge-
leugnet und die Form- und scheinbare Ortsverän-
derung, wie auch die Aufquellung auf die Zu-
sammensetzung des Conservirungsmittels zurück-
geführt
Die Frage, ob die Blutplättehen eine einheitliche
Oeneee haben, wird von Schwalbe (4) verneint,
da sie sowohl aus Erythro-, wie aus Leukocyten
entstehen.
Zur Erforschung des Verhaltens rother Blut-
kärperchen bei höheren Temperatiuren benutzte
Wiener (5) defibrinirtes Blut von Schafen und
Schweinen. Bei beiden Arten vertragen die Erythro-
cyten länger dauernde Temperaturen über 42<^
nicht gut; Schafblut ist widerstandsfähiger als
Schweineblut, die nicht gewaschenen Blutkörper-
chen sind etwas widerstandsfähiger als die mehr-
fach gewaschenen, auch scheinen sie sich im
eigenen Serum besser zu befinden als in isotonischer
Kochsalzlösung. Alle werden ausnahmelos bei
24stündiger Einwirkung einer Temperatur von 45®
zerstört Die ersten Anzeichen beginnenden Ab-
sterbens sieht man schon bei mehrstündiger Ein-
wirkung von 40<^.
Die von Tirelli (6) näher geschilderten Blut-
veränderungen unter dem Einflüsse der KäÜe können
hier nur angedeutet werden. Man hat zwischen
intra vitalen Erscheinungen (bei blosser Abkühlung)
und postmortalen (bei Gefrierung) zu unterscheiden.
Erstere sind destruktiver und reaktiver Natur. Die
destruktiven Veränderungen sind bei leichter, wenn
auch langdauemder Abkühlung begrenzt, bei stär-
kerer Eälteeinwirkung diffus und schwerer; die
reaktiven Zeichen sind stets wenig deutlich, bei
sehr niedrigen Temperaturen aber fast gar nicht
vorhanden. Die postmortalen Erscheinungen treten
sehr schnell auf, sie sind alle dissolutiver Natur.
Einzelheiten und deren Anwendung auf das ge-
richtärztliohe Verfahren sind in der Arbeit selbst
einzusehen.
Becker (7) fand, dass durch die Eimvirkung
von Kälte auf die ganxe Körperoberfläche eine ge-
ringere Vermehrung der Erythrocytenzahl und
meist eine stärkere der Leukocytenzahl in den
Capillaren der Haut erzeugt wird. Diese Verände-
rungen entstehen eineetheils durch vasomotorische
Beeinflussung, und zwar vornehmlich durch Wasser-
abgabe aus dem Blute, zum geringeren Theile auch
durch Stauung der Blutkörperchen in den Capillaren.
Die Vermehrung der Leukocyten geschieht ausser-
dem (und zwar zum grössten Theile) durch Band-
schichtenbildung in Folge der Eälteeinwirkung. In
pathologischen Zuständen können die Verände-
rungen der Blutzusammensetzung auch durch Auf-
hebung von Stasen in beschränktem Maasse mit-
erklärt werden.
Den Einfluss des Höhenklimas auf die Zu-
sammensetzung des Blutes beobachtete Abder-
halden (8) an Ratten und Kaninchen. Er kommt
dabei zu folgenden Schlüssen : 1) Die beimüeber-
gange von einem tiefer gelegenen Orte (Basel) zu
einem höher gelegenen (St. Moritz) beobachtete Zu-
nahme der Zahl der rothen Blutkörperchen und der
Hämoglobinmenge ist im Wesentlichen eine rela-
tive und keine absolute, d. h. sie entspricht keiner
Neubildung von rothen Blutkörperchen und von
Hämoglobin. 2) Die beim üebergange von einem
höher gelegenen Orte (St Moritz) zu einem tiefer
gelegenen (Basel) beobachtete Abnahme der Erythro-
cytenzahl und der Hämoglobinmenge ist ebenfalls
eine relative und keine absolute, d. h. der Qe-
sammtbestand an Erythrocyten und an Hämo-
globin bleibt unverändert. Gegen eine wirkliche
Vermehrung, bez. Abnahme sprechen, wenn auch
nicht unbedingt, ferner noch: a) das rapide An-
steigen der Zahl der Erythrocyten und des Hämo-
globins bei der Ankunft in St Moritz ; b) das Fehlen
jeglicher auf eine vermehrte Neubildung oder auf
einen vermehrten Untergang hinweisender Form-
eiemente; c) die beim Abfalle der Erythrocyten-
zahl und des Hämoglobins vermisste stärkere Eisen-
reaktion in den Geweben, als Ausdruck einer statt-
gehabten vermehrten Blutkörperchenzerstöruug ;
d) das auffallende, absolut parallel miteinander ab-
laufende Steigen und Fallen der rothen Blutkörper-
chen und des Hämoglobins. A. hält die von
Bunge aufgestellte Theorie, wonach die Blut-
körperchenvermehrung auf eine Verengerung des
Gefässsystems zurückzuführen ist, für die rich-
tige.
van Voornveld (9) hält die vorstehenden
Untersuchungen Abderhalden 's zwar für „sehr
schön und werthvoll'^, sie sprächen aber im Ganzen
nicht für, sondern gegen Abderhalden 's eigene
Erklärungsweise, wie van V. nachgewiesen zu
haben glaubt
Ueber die NuÜnldung im Luftballon hat Gaule
(10) bei 2 Auffahrten Erfahrungen gesammelt.
Das Auffälligste war die Vermehrung der Erythro-
cyten (bis zu 8800000 bei 4600 m Höhe) und eine
Abnahme der Hämoglobinmenga Man muss daher
eine Neubildung von Blutkörperchen oder wenigstens
eine theilweise Neubildung und eine Veränderung
der nicht neugebildeten annehmen. In der That
zeigten bei der 2. Fahrt die Blutpräparate solche
Stadien und Bilder, wie man sie sonst nur im
Enochenmarke oder bei Embryonen oder bei Kran-
ken findet G. sucht zu beweisen, dass der Ein-
wand M e i s s e n 's u. A., die Blutkörperchenzunah me
werde nur durch mechanische Fehler der Zähl-
kammer vorgetäuscht, hinfällig ist. Bei einer Luft-
ballonfahrt kann man also sehen, wie schnell der
Organismus Zellen bilden kann.
Zaudy, Keuere Arbeiten aus dem Gebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes. 19
Schliesslich haben noch Campbell und
Hoagland (11) ihre UntersuchuDgen über das
VerhaUen des Blutes in grossen Höhen veröfiFentlicht.
Nach ihnen wächst die Erythrocytenzahl um 50000
im Cubikmillimeter Blut auf je 1000 Fuss Höhe.
Die Pulszahl geht dem Verhalten des Blutes
parallel, sie w&chst also mit dem Zunehmen der
rothen Blutkörperchen u. s. w. Diese Zunahme
ist nur die Folge einer in Folge des geringeren
Luftdruckes veränderten vasomotorischen Thätig-
keit der peripherischen Blutgefässe. Das Fehlen
der Hämoglobinzunahme entsprechend dem An-
steigen der Blutkörperchenzahl erklärt sich eben-
falls aus der Thatsache, dass in grossen Höhen die
Erythrocytenzunahme anfangs nur eine scheinbare
ist Erst später findet sie wirklich statt und dann
wächst auch die Hämoglobinmenge.
Interessant sind die Beobachtungen Baum-
garten 's (12), dass sich die Sehieksale des Blutes
tu doppelt unterbundenen lebenden Oefässstrecken in
wesentlichen Punkten von den Schicksalen des
extravasirten und zur Resorption gelangenden
Blutes unterscheiden : während das in die Gewebe
oder in seröse Höhlen eztravasirte Blut in der
Kegel alsbald gerinnt, seine rothen Eörperchen
unter den Erscheinungen der Plasmolyse, Plasmo-
schise und Plasmorhexis eine rasche Entfärbung
und einen jähen Zerfall erleiden und mit Hinter-
lassung von kömigem und kry stallin ischem Pig-
ment vom Schauplatze verschwinden, gerinnt das
innerhalb der lebenden Oefässwand durch asep-
tische Ligirung zum Stillstande gebrachte Blut
niemals, seine rothen und weissen Eörperchen be-
wahren ausserordentlich lange ihre normalen For-
mal und gehen erst spät sehr allmählich unter
den Erscheinungen einer einfachen Atrophie und
(soweit sie von der Endotheldecke umschlossen
bleiben) ohne jede Hinterlassung von hämatogenem
Pigment zu Grunde.
Ueber die nach Blutverlusten ausgeführte T^ans-
futkm reiner BJryihrocyten, die in künstliehem Serum
tuspendirt uHxren, hat H6don (13) folgende Er-
fahrungen gesammelt. Die Transfusion reiner, d. h.
durch Waschungen mit Salzwasser von ihrem Serum
be&eit^ Erythrocyten erhält nach sonst tödtlichen
Blutungen die Thiere am Leben in den Fällen, in
d^en die Transfusion künstlichen Serums keinen
&folg haben würde und wo die Transfusion defi-
hrinirten Blutes gefährlich wäre. Die transfun-
dlrten Blutkörperchen scheinen sich hinreichend
lange nach der Einverleibung zu halten und nur
allmählich zu zerfallen, sofern sie von einem Thiere
derselben Species stammen. Wenn die Transfusion
mit fremdartigen rothen Blutkörperchen ausgeführt
ist, für die das Serum des transfundirten Thieres
nicht toxisch ist (Hunde- Erythrocyten beim Eanin-
cben), so geht die Wiederbelebung des Thieres
ebenfalls vor sich, aber die Blutkörperchen halten
sich nicht lange, da die globulicide Wirkung des
Serum bald in die Erscheinung tritt. Das Schicksal
des Thieres hängt also von der Menge der injicirten
fremdartigen Blutkörperchen und von der Stärke
der hämolytischen Reaktion ab.
Salvioli(14) beschreibt die Wirkungen inirch
venöser Injektionen von Hodenextrakt auf die Blut-
gerinnung und auf die spennotoonsehe Kraft des
Serum. Einleitend berichtet er über planmässige
Untersuchungen hinsichtlich der Wirkung verschie-
dener Sera auf die Spermatozoon verschiedener
Thiere. Dabei stellte sich heraus, dass alle Sera
eine mehr oder weniger starke toxische Wirkung
auf die Spermatozoon, selbst die des gleichen In-
dividuum, hatten. Der Umstand, dass die Wirkun-
gen verschieden stark waren, ist zum Theil auch
der ungleichen Widerstandsfähigkeit der Samen-
körperchen zuzuschreiben. Auch eine aggluti-
nirende Kraft der Sera Hess sich, ebenfalls in
wechselndem Grade, feststellen. Das eine halbe
Stunde lang auf 58® erwärmte Serum verliert voll-
ständig seine toxische E[raft, während es die agglu-
tinirende Fähigkeit sich bewahrt. — Die Erschei-
nungen nach der intravenösen Injektion des in der
Kälte mit physiologischer Lösung aus zerriebenen
Testikeln gewonnenen Auszuges waren stets die-
selben und glichen sehr denen nach Pepton-Ein-
spritzung: Anfangs starke Erregung, Erbrechen,
Stuhl- und Urinentleerung, dann nacl^ einer Pause
ein Zustand der Depression und Ruhe. Das Blut
zeigt eine deutliche Yerlangsamung, aber nichteine
Aufhebung der Gerinnung. Das Serum, das man
einige Zeit nach der Injektion sich verschafft, hat
an spermotoxischer Kraft gegenüber dem normalen
Serum verloren.
Ueber den Einfluss der Minerahoässer auf den
osmotischen Druck und den Wassergehalt des Blutes
sagt Grube (15) Folgendes auf Grund seiner Ver-
suche. Unter gleichen Lebensbedingungen bleiben
der osmotische Druck und der Wassergehalt des
Blutes constant. Der regelmässige, einige Zeit lang
fortgeführte Genuss einfachen warmen Wassers hat
eine Abnahme des osmotischen Druckes, sowie eine
Abnahme des Wassergehaltes zur Folge. Der regel-
mässige, längere Zeit fortgeführte Genuss eines
warmen Mineralwassers hat eine Zunahme des os-
motischen Druckes und eine Abnahme des Wasser-
gehaltes des Blutes zur Folge. Diese Veränderung
der BlutbeschafFenheit zeigt sich schon sehr bald
nach der Aufnahme des Mineralwassers. Sie wird
während der folgenden 3 Stunden ausgeprägter
und klingt dann allmählich wieder ab. Bei fort-
gesetztem Genuss des Mineralwassers tritt aber
innerhalb 24 Stunden keine Rückkehr zur Norm
ein, sondern diese Vef^nderung des Blutes wird
dauernd.
Die Wechselbeziehungen xwischeh Bau und Funk-
tion der Milx fasst Helly (16) dahin zusammen,
dass er sagt, die Milz sei eine Lymphdrüse, und
zwar eine regionäre Lymphdrüse des Blutes. Aus
dieser Grundeigenschaft lassen sich alle ihre bisher
bekannten Funktionäusserungen ohne Weiteres vor-
20 Zaudy, Neuere Arbeiten aus dem Oebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes.
stehen und erklären, indem es ihr obliegt, dem
Blute Leukocyten zuzuführen und es von Schädlich-
keiten und Fremdkörpern (also auch funktion-
untQchtig gewordenen rothen Blutkörperchen) zu
reinigen. Ob der Milz noch andere Funktionen zu-
kommen, lässt sich gegenwärtig nicht entscheiden.
b) Physikaliseh-ckemische Eigenschaften.
17) Viola, G., n metodo per ia misurazione delle
resisteoze dei globuli rossi colle soluziofii clorosodiche.
Oiinica med. Oener. di Padova. Lavori doiristituto Yol. I.
Studi Fisico-CUnici sul saogae p. 1. Padova 1903.
18) Viola, 6., Le resistenze dei globuli rossi alle
soluziooi clorosodiche e i fattori principali che le in-
fluiscono. Ibid. p. 27.
19) Viola, G., Uetä e la resistenza dei globuli rossi.
Appendice: Inguinamento dei sangue in vitro. Ibid. p. 61.
20) Viola, G., e B. Taragi, La influenza della
bile suUe resistenze dei globuli rossi. Ibid. p. 103.
21) Viola, G. , 1a influenza dei sublimato sulle
resistenze dei globuli rossi in vitro. Ibid. p. 119.
22) Viola, G., L'ematopoiesi da allattamento nei
oani e Taamento della resistenza media. Ibid. p. 127.
23) Messedaglia, L., e D. Gallani, Le resi-
stenze dei globuli rossi alle soluzioni clorosodiche iper-
toniohe. Confronto con le resistenze alle soluzioni ipo-
toniche. Ibid. p. 141.
24) Molon, C, e G. Gasparini, Ricerche fisioo-
cliniche sul sangue nel digiuno, resistenza delle emazie,
crioscopia condncibilitä elettrica. Ibid. p. 165.
25) Molen, C, Resistenza delle emazie, crioscopia
e conducibilit^ elettrica dei siero nei pneumoniticL Ibid.
p. 195.
26) Viola, G., e E. Tormene, Le tre resistenze
dei globuli rossi nelia cachessie neoplastiche. Ibid. p. 233.
27) C e c 0 n i , A., La conducibilitä elettrica dei siero
umano in condizioni normali e di malattia. Arch. per le
Scienze med. XXVI. 20. p. 395. 1902.
28) Hirsch, C, u. C. Beck, Studien zur Lehre
von der Viscosität (inneren Reibung) des lebenden mensch-
lichen Blutes. Deutsches Arch. f. klin. Med. LXIX. 5 u. 6.
p. 503. 1901.
29) Ri gier, G. v.. Das Schwanken der Alkalicität
des Gesammtblutes u. des Blutserum bei verschiedenen
gesunden u. kranken Zuständen. Centr.-Bl. f. Bakteriol.
u. 8. w. XXX. 22. 23. 24. 25. p. 823. 1901.
30) Klein, A., Beiträge zur Eenntniss der Aggluti-
nation rother Blutkörperchen. Wien. klin. Wchnschr.
XV. 16. 1902.
31) Klein, A., Zur Kenntniss der Agglutinine u.
gewisser Präcipitine des Blutes. Wien. klin. Wchnschr.
XVL 5. 6. 1903.
32) Hahn, M., u. R. Trommsdorff, Zur hämo-
lytischen Wirkung des normalen Menschenserum. Mün-
chener med. Wchnschr. XLIX. 35. 1902.
33) Bauragarten, P., Weitere Untersuchungen
über Hämolyse im heterogenen Serum. Berl. klin. Wo-
chenschr. XXXIX. 43. 1902.
34)DÖmeny, P, Stammt die wirksame Substanz
der hämolytischen Blutflüssigkeiten aus den mono-
nucleären Leukocyten ? Wien. klin. Wchnschr. XV. 40.
1902.
35)Morgenrotb,J., Ueber die Erzeugung hämo-
lytischer Amboceptoren durch Seruminjektion. Ein Bei-
trag zur Kenntniss der Receptoren. Münchn. med. Wo-
chenschr. XLIX.. 25. 1902.
36) Wright, A. E., On a method of measuring the
bactericidal power of the blood for clinical and experi-
mental uses. Lancet Dec. 1. 1900.
37) Wright, A. E., On the bacteriolytic power of
the blood and on its relation to the problems of anti-
typhoid inoculation and the recent work of Dr. Mac-
fadyen. Brit. med. Journ. April 4. 1903.
38) D 0 y 0 n , M., u. A. Mo r e 1 , La lipase existe-t-eUe
dans le serum normal? Lyon med. XXXIV. 20. p. 742.
Mai 18. 1902.
39) Aohard, Gh., u. A. Clerc, Nouvelles recher-
ohes cliniques sur le pouvoir Hpasique du serum. Arch.
de Med. experim. XIV. 6. p. 809. Nov. 1902.
Aus der medioinischen Klinik in Padua liegt
eine 244 Seiten starke Festschrift vor, die nur
Arbeiten über physikalisehr^shemische Eigenschaften
des BhUes enthält Die 10 sich in wünschens-
werther Weise ergänzenden Arbeiten mit ihren Er-
gebnissen an dieser Stelle zu besprechen, geht
nicht an. Es genüge die Ankündigung des Arbeit-
themas und hier und da die Wiedergabe der Ver-
suchsanordnung. Die ersten drei Arbeiten von
Viola (17. 18. 19) beschäftigen sich mit der
Methode zur Feststellung der E)rytkrocytenresiaienz
mittels Kochsalzlösung, mit den Hauptfaktoren,
die diese Resistenz beeinflussen, sowie mit der
Resistenz der rothen Blutkörperchen in verschie-
denen Lebensaltern. Ferner haben Viola und
Tarugi (20) den Einfluss der Qalls auf die
Erytkroeytenresistenx untersucht, indem sie in erster
Linie Versuche in vitro anstellten ; dann erhielten
Hunde verschiedene Mengen von Galle in die Vena
femoralis eingespritzt ; schliesslich wurde die Resi-
stenz der Erythrocyten bei Ikterischen erforscht,
und zwar handelte es sich 8mal um akuten und
subakuten und 2mal um chronischen Ikterus.
Viola (21) beschreibt dann seine Erfahrungen
über den Einfluas, den das SubHmai in vitro auf
die Bßsisienx der rothen BkUkörperchen ausQbt;
daran schliesst sich Einiges (22) über die Blut^
biidung bei säugenden Bunden und über die Zu-
nahme der mittleren Resistenz. In dieser Arbeit
wird zu den von V. stets in Betracht gezogenen
3 Resistenzstufen noch eine vierte eingeführt.
Messedaglia und Gallani (23) verglichen
die Resistenz der Erythrocyten gegenüber hyper-
tonischer Kochsalzlösung mit der gegenüber einer
hypotonischen. Molon und Gasparini (24)
untersuchten bei hungernden Hunden die BhU-
körperchenresistenz, den Oefrierpunkt und die elek--
irische Leitfähigkeit des Hutes. Die gleichen Be-
stimmungen führte Molon (25) allein bei Pneu-
monie-Kranken aus. In dem letzten Aufsatze geben
dann Viola und Tormene (26) ihre Beobach-
tungen bekannt über die 3 Eesistenzstufen der
rothen Blutkörperchen bei Kachexien in Folge von
Neoplasmen. Ueberall finden sich die entsprechen-
den Literaturangaben ; die Versuchsprotokolle sind
stets eingefügt
üeber die elektrische Leitfähigkeit des mensch--
liehen BkUserum in normalen und krankhaften
Zuständen hat Ceconi (27) eingehende Unter-
suchungen angestellt, die sich der Natur der Sache
nach ebenfalls der erschöpfenden referirenden
Wiedergabe entziehen. Ausser einer Reihe von
Exsudaten und Transsudaten wurde eine Menge
verschiedenster Erankheitfälle herangezogen, ein
besonderer Werth aber auf die Befunde bei Nephritis
Zaudy , Neuere Arbeiten aus dem Qebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes. 21
ohne und mit Urämie gelegt Die Arbeit enthält
schätienswerthe Beitr&ge zu der Blutphysiologie
und Blutpathologia
In ihren Studien zur Lehre von der ViecoeiUU
des lebenden meneMiehen Mutes kommen Hirsch
und Beck (28) zu diesen Schlüssen: 1) Schon
ans theoretischen Orfinden lässt sich keine Pro-
portionalität zwischen speciflschem Gewicht und
VisoositAt des lebenden menschlichen Blutes er-
warten. Einem geringen specifischen Gewicht
entspricht eine geringe innere Reibung nur fQr
weite Grenzen. Innerhalb engerer Grenzen ändern
sich specifisches Gewicht und Viscosität nicht
immer im gleichen Sinne. 2) Die Viscosität des
Oesammtblutee wird nicht allein durch die corpus-
kolären Elemente, sondern auch durch die Viscosität
des Serum beeinflusst 3) Als Mittelwerth {ff) für
menschliches Blut von einem specifischen Gewicht
ron 1.045—1.056 ergiebt sich tj .»» 5.1 bei 38^
(f für Wasser 38* = 1).
▼ on Rigler's (29) Forschungen über das
Sehwcmken der AlkaHeität des OesamnUbliUes und
des Ehäserutn hei verschiedenen gesunden und kran-
ken Zuständen bergen eine Menge von interessanten
Snzelheiten. Es kam v. R. darauf an, zu erfahren
1) ob die Alkalicität des Gesammtblutes sich eben-
so wie die des Blutserum verhält ; 2) ob die Ver-
änderungen der Alkalicität bei den bis jetzt noch
nicht untersuchten Infektionen gerade so verlaufen
wie bei den schon geprüften ; 3) ob die bei infi-
cirten Thieren gemachten Erfahrungen auch bei
an Infektionkrankheiten leidenden Menschen zu
beobachten seien ; 4) ob die in der Alkalicität des
Bhites und Blutserum nachgewiesenen Schwan-
knngen ausschliessliche und specifische Eigen-
Bcbaflen der Wirkung von Bakterien, Toxinen und
Antitoxinen sind ; 5) ob im Blute oder in irgend-
welchen der aus ihm auf chemischem Wege rein
berstellbaren Bestandtheile jener Stoff, der die
durch Antitoxine zu Stande gebrachte Alkalicitat-
zonahme verursacht, zugegen ist oder nicht. Die
Bestimmung der Alkalicität geschah mittels der
Bodificirten Fodor 'sehen Titrirmethode ; bei
300 Versuchsthieren wurden 2000 Titrirungen
ausgeführt Als Erstes stellte sich heraus, dass
das Blut jedes gesunden Thieres mehr Säure binden
kann als dessen Blutserum. Femer erwies sich,
dass die von v. R. untersuchten 11 pathogenen
Mikroorganismen bei sämmtliohen 63 Versuchs-
thiaen beständig und consequent Abnahme be-
wirkten, sowohl in der Alkalicität des Blutes, als
auch des Blutserum. Diese Abnahme war am
grOasten bei den tödtliche Infektion verursachenden
Kkrobien, obwohl unter diesen die absolut und
rdativ geringsten Werthe nicht bei den am schnell-
aten tfidtenden (Anthrax), sondern bei den amlang-
aaasten tOdtenden (Tuberkulose) zu finden sind.
Naeh üeberstehen der Infektion folgt der Alkali-
dtStabnahme eine kleinere oder grössere Zunahme,
Bo dass der Standpunkt, wie er unmittelbar vor
der Infektion war, erreicht, oft auch überstiegen
wird. Die Bakteriengifte hatten ganz entsprechende
Wirkungen ; das Gleiche zeigte sich nach anorga-
nischen und organischen Oiften. Dagegen hebt
u. A. das Diphtherie-Antitoxin die Alkalicität des
Blutes und Bluserum, die Zunahme geht aber
nicht der Grösse der injicirten Dosis parallel.
Diese steigernde Wirkung kommt nicht dem ein-
fachen Blutserum, auch nicht den anorganischen
oder organischen Salzen des Blutes zu. v. R fand
femer, dass auf Infektion sich in der Alkalicität
des Blutes und Blutserum des Menschen eine
regelmässige Abnahme einstellt, die bei der Ge-
nesung einer Zunahme Platz macht. Diese Beak-
tion ist nicht als ein specifisches Zeichen der
Infektumhrankheiten anzusehen.
Klein (30) giebt Beiträge zur Eenntniss der
Agglutination rother Bhäkörperchen, Aus den
Erythrocyten mancher Thiere lassen sich mit phy-
siologischer Kochsalzlösung oder mit destillirtem
Wasser Stoffe ausziehen, die agglutinirend auf
Erythrocyten wirken. Diese Auszüge wirken in
einzelnen Fällen agglutinirend auf die Erythro-
cyten anderer Thiergattungen, oft auch zeigen sie
sich als Iso- oder Autoagglutinine. Auch Blutsera
mancher normaler Thiere enthalten Iso- und Auto-
agglutinine. Diese Körper scheinen nicht gleich-
zeitig in den Erythrocyten und dem Serum des-
selben Thieres, bez. derselben Thiergattung vor-
handen sein zu müssen. Während die rothen
Blutkörperchen von Kaninchen, Meerschweinchen,
Hund, Pferd, Rind durch ein Pankreaskochsalz-
extrakt rasch gelöst werden, zeigen die durch ein
agglutinirendesNormalserumagglutinirten Erythro-
cyten derselben Thiergattungen gegenüber der Auf-
lösung durch Pankreasextrakt eine starke Resistenz.
Das Gleiche zeigen auch Erythrocyten, die durch
Iso- oder Autoagglutinine derErythrocytenextrakte
oder des Serum agglutinirt worden sind.
In einer späteren Arbeit behandelt Klein (31)
die Agglutinine und gewisse F^äeipitine des Blutes
und kommt zu folgenden Ergebnissen. In wässe-
rigen, bez. Eochsalzauszügen von Erythrocyten
lassen sich durch passende Sera Niederschläge
erzeugen. Die Auszüge müssen frei von Stromata
der Erythrocyten sein. Die mit Aqu. dest. erzeug-
ten Stromata der rothen Blutkörperchen werden in
gleicher Weise von passenden Seris agglutinirt
wie die Rothen selbst. Bei der Behandlung der
Rothen mit Aqu. dest bleibt der agglutinirbare
Körper an den Stromata haften, der präcipitirbare
geht in die Lösung über. Bei der Verwendung
von Aether zur Erzeugung der Stromata und der
Erythrocytenextrakte geht' die Fähigkeit, aggluti-
nirt, bez. präcipitirt zu werden, verloren. Die
Erythrocyten agglutinirende Fähigkeit mancher
Sera und die Fähigkeit, in den entsprechenden
Erythrocytenauszügen Niederschläge zu erzeugen,
zeigen folgende Uebereinstimmung : Agglutinirende
Sera präcipitiren auch ; nicht agglutinirende Sera
22 Zaudy, Neuere Arbeiten aus dem Qebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes.
präcipitiren auch nicht ; Erhitzen auf 56 — 58^ zer-
stört beide Fähigkeiten nicht; nach dem Extrahiren
mit Aether bleiben dem Serum beide Fähigkeiten
erhalten ; entzieht man dem Serum die eine Fähig-
keit, so schwindet auch die andere. Durch Vor-
behandlung von Thieren mit Erythrocyten einer
anderen Thierart erhält man manchmal ein Immun-
serum ^ das ein beträchtliches Agglutinationver-
mOgen fQr diese Erythrocyten aufweist, während
das PräoipitationvermOgen für die Extrakte der-
selben vollkommen fehlt Die Niederschläge durch
Sera entstehen auch in Lösungen, die durch Zer-
störung der Erythrocyten mittels hämolytischer
Sera oder Pankreas -Kochsalzauszüge hergestellt
wurden. Sie entstehen auch, wenn ein und das-
selbe Serum zur Lösung der Erythrocyten und zur
Niederschlagsbildung verwendet wird. Das Vor-
handensein von „präcipitirender^^ Substanz in rothen
Blutkörperchen ist durch die Beobachtung erwiesen,
dass auch in Gemischen von Erythrocytenextrakten
Niederschläge entstehen. In den rothen Blut-
körperchen ist also eine agglutinirbare und eine
agglutinirende, eine präcipitirbare und eine präci-
pitirende Substanz nachweisbar.
Inwieweit die hämolytische Wirkung des nor-
malen Menecheneerum durch Zusatz von inaktivem
Hammel- und Pferdeserum beeinflusst wird, haben
Hahn und Trommsdorff (32) untersucht
Benutzt wurde frisches steriles menschliches Pla-
centablutserum ; die Blutkochsalzlösungen waren
5proc., zum Versuche wurden immer 2ccm der
Lösung verwandt. Die Beobachtung erfolgte 2 Stun-
den hindurch bei 37^ danach wurden die Röhrchen
im Eisschrank aufbewahrt und nach 24 Stunden con-
trolirt. Im Allgemeinen bewirkten bei gutlösendem
Menschenserum schon 0.5 com inaktiven Hammel-
serums eine deutliche Verzögerung der Wirkung ;
doch gab es Ausnahmen nach mehr als einer Rich-
tung. Hammel-, Pferde- und fremdes Menschen-
serum zeitigten die gleichen Erscheinungen. Nahm
man aber inaktivirtes Serum desselben Menschen
als Zusatz, so wurde eher die Hämolyse beschleu-
nigt und selbst sehr grosse Dosen riefen keine Ver-
langsamung hervor. Als Erklärung der genannten
Beobachtungen ziehen die VfF. die sogen. Comple-
mentablenkung (Neisser und Wechsberg)
heran. Es würde hier der im Allgemeinen nicht
von den Blutkörperchen verankerte, frei in der Flüs-
sigkeit befindliche Zwischenkörper des Hammel-,
Pferde-, fremden Menschenserum, das menschliche
Complement gebunden und es auf diese Weise
einem Theile der Blutkörperchen, die sich mit
menschlichem Zwischenkörper beladen hatten, ent-
zogen haben.
Baumgarten 's (83) Vortrag behandelt u^
iere Untersuchungen über Hämolyse im heterogenen
Serum. Diese vollzieht sich unter denselben mor-
phologischen Erscheinungen, wie die Hämolyse in
anisotonischen Kochsalzlösungen : das Hämoglobin
tritt aus den Blutkörperchen unter Hinterlassung
der „Schatten'S nachdem vorher Schrumpfung^i
oder Quellungen der Blutkörperchen sich gezeigt
haben. Diese Formveränderungen sind die Folge
osmotischer Vorgänge. Während aber Ehrlich
die Hämolyse als einen fermentativen Prooesa an-
sieht, betrachtet sie B. als eine einfache DifPaaion
des in der Zelle gelöst enthaltenen Farbstoffes in
die umgebende Flüssigkeit Femer glaubt B. bis
auf Weiteres an der Identificirung von Aggluti-
ninen und specifischen Antikörpern, Ehrlich 's
Amboceptoren, festhalten zu dürfen; ja, es ist kein
entscheidender Grund im Wege, die Agglutinine
mit den ganzen Hämolysinen und Bakteriolysinen
zu identificiren.
Dömeny (34) hat die Theorie Metschni-
koff's, nach der die u?irksame Substanz hämo-
lytischer Bltäflüssigkeiten aus den mononueleären
Leukoeyten stamme^ sowie die diese Theorie stützen-
den Versuche von Tarrassewitsch einer Nach-
prüfung unterzogen. Zunächst ergab sich, dass
die Extrakte aus den gewaschenen Leukoeyten der
Pleuraexsudate in 5 von 6 Fällen völlig unwirk-
sam waren und in einem Falle nur Spuren lytischer
Wirksamkeit zeigten. Die gewaschenen Leuko-
eyten selbst bewirkten ziemlich starke Lösung ; in
diesem Falle handelte es sich aber offenbar um
einen anderen als den gewöhnlichen wirksamen
Stoff des Blutserum. Drei Versuche erwiesen, dass
das Blutplasma fast genau dieselbe hämolytische
Wirksamkeit besitzt wie das Serum. Auch der
Ausfall der Versuche mit Organextrakten (Milz,
Netz, Lymphdrüsen) sprach nicht zu Gunsten der
Metschnikoff 'sehen Anschauung.
üeber die Erzeugung hämolyiiseher Amboeep-
toren durch Seruminjektion bringt Morgenrot h (35)
einige Mittheilungen. Bekanntlich entstehen, wenn
man einem Thiere Erythrocyten einer fremden
Species injicirt hat, im Blutserum dieses Thieree
neue Körper, die hämolytischen Amboceptoren (Im-
munkörper). Die Amboceptoren werden vor Allem
von den rothen Blutkörperchen derjenigen Speciee,
von der das Blut zur auslösenden Injektion stammt,
gebunden und vermitteln durch diese Bindung die
Wirkung des im frischen Serum enthaltenen Oom-
plements, die Hämolyse. Nach der Seitenketten-
theorie liegen der Verankerung der Amboceptoren
ehemische Vorgänge zu Grunde, als deren Substrate
bestimmte Gruppen des Protoplasma der Blut-
körperchen, die Reoeptoren, anzusehen sind. Die
Verankerung ist also nicht von einer morpholo-
gischen Struktur abhängig. Daher ist jedes Im«
munisirungsprodukt specifisch in Bezug auf die-
jenigen Reoeptoren, durch die es ausgelöst worden
ist, die Reoeptoren mögen sich vorfinden, wo sie
wollen. M. hatte schon früher Versuche angestellt,
um im Ziegenserum das Vorhandensein freier Re-
oeptoren, die mit solchen der Ziegenerythrocyten
identisch sind, nachzuweisen. Gewisse Wider-
sprüche zwischen seinen Ergebnissen und denen
von Schatten froh veranlassten eine Mitthei-
Zaudy, Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes. 23
loBg seiner Versuche. Der von 8 oh. gefundene
Gegensatz zwischen der Wirkung des Ziegenharns
und des Ziegenserum besteht nach M. nioht: Man
kann bei Kaninchen durch Injektion mit voUstän-
dig von KGrperchen befreitem Ziegenserum speci-
fische Araboceptoren erzeugen. Zum Nachweise
sind aber einige Kunstgriffe nOthig, die anzugeben
hier zu weit führen würde.
Auf die von Wright(36) in aller Ausführ-
lichkeit und mit Beigabe von Abbildungen beschrie-
bene Mähode xur Messung der hakterieiden Kraft
des Bbäes kann hier nur in Kürze verwiesen wer-
den. Zum vollen Yerstehen ist Einsichtnahme
in die Arbeit selbst unerlftsslich.
Wright's (37) Aufsatz über die bakterioly-
iiMe Kraft des BkUes und über ihre Beziehung xu
den Fragen der AniiiypkuS'Impftmg beschäftigt sich
in der Hauptsache mit einer an gleicher Stelle
kurz zuvor erschienenen Veröffentlichung von
Macfadyen. Wr. äussert sich sehr zurück-
haltend und kann vorläufig IL's Hoffnungen auf
Gewinnung einer brauchbaren Serumtherapie bei
Tjphus durchaus nicht theilen.
Doyen und Morel (38) leugnen ebenso wie
Arthus das Vorkommen von Hanriot 's „lApase"
im normalen Blutserum. Ihre Versuche ergaben,
dass normales Serum gegenüber zugesetzten Fetten
unwirksam bleibt Früher hatten sie schon gefun-
den, dass die normalerweise im aseptischen Blut-
aoum vorhandenen Ester der organischen Säuren
keine nachweisbare Veränderung, selbst bei Brut-
Bchranktemperatur, erleiden. D. u. M. wollen später
mittheilen, dass auch das gesammte Blut sich nicht
anders verhält als das Serum, dass es also zuge-
setzte Fette ebenfalls nicht verseift
Audi Achard undClerc(39) beschäftigen
ach mit der lApase. Sie fanden, dass die verschie-
denen Ansichten durch ipissverständliche Auf-
basungen bedingt sind. Der Ausdruck Lipase
vnrde von Hanriot angewandt auf ein Blut-
ferment, das ein bestimmtes Fett (la monobutyrine)
md, in geringerem Qrade, auch die normalen
Fette des Organismus verseift Das letztere ist
bestritten worden, das erstere aber nicht und gerade
das wird allein für klinische Untersuchungen ge-
braucht Den Ausdruck Lipase zu ersetzen durch
Honobutyiinase erscheint nicht nOthig.
IL Diagnostik.
a) Naehweia von Nut und Unterscheidung der
Bluiarten.
40) Nuttall, G. H. F., a. £. M. Dinkelspiel,
£xpenmeDtB upon the oew specific test for blood. Brit.
oediooiD. May 11. 1901.
41) 8 trübe, G., BeitrSge zum Nachweis von Blut
TL ßwens auf biologischem Wege. Deutsche med. Wo-
ehaadir. XXYm. U. 1902.
42) Minovici, St, Üeber die neue Methode zur
UntencheiduDg des Blutes mittels Serum. Deutsche
aed. Wchnschr. XXVUI. 24 1902.
43)TJhlenhuth, Praktische Ergebnisse der foren-
sischen SerodiagDOStik des Blutes. Deutsche med. Wo-
chenschr. XXVUI. 37. 38. 1902.
44) Stoenesco, La differenciation du sang par le
serum specifique. Ann. d*Hyg. publ. XLVIII. 3. p. 211.
1902.
45) 0 k a m 0 1 0 , T., üntersuobuogen über den forcD-
sisoh- praktischen Werth der seramdiagnostischen Methode
zur Unterscheidungvon Menschen- u. Thierblat Yjhrschr.
f. gerichti. Med. TK.IV. 2. p. 207. 1902.
46) Kister, J., u. H. Wolff, Zur Anwendbarkeit
des serodiagnostischen Blutprüfungsverfahrens. Ztschr.
f. Hyg. u. Infektionskrankh. XLI. 3. p. 410. 1902.
47) Bickel, A., u. K. Eokubo, Zur Biochemie
des Blutes. Ceotr.-Bl. f. Stoffw.- u. Verd.-Krankh. III.
24. p. 575. 1902.
48) Austin, A. E., Limitations of the XJklenhuth
test for the differentiation of human blood. Boston med.
and surg. Journ. CXLVIII. 11. p. 279. March 12. 1903.
49) Strzyzowski, C, Ueber ein neues Reagens
u. dessen Empfindlichkeit für den krystallograpbiscben
Blutnachweis. Therap. Monatsh. XVI. 9. p. 459. 1902.
Wieder behandelt eine Reihe von Arbeiten die
Methode zum Nachweis des Blutes und xur Unter*
Scheidung der Bluiarten durch ein speeifisches Serum.
Zeitlich geordnet steht an erster Stelle Nut tall (40),
dessen Mittheilungen jedoch durch die in unserem
Berichte besprochene, sp&ter von ihm erschienene
Arbeit bereits überholt sind (s. Jahrbb. CCLXXVL
p. 138. Nr. 59). Doch soll mit Rflcksicht auf
etwaige Prioritätstreitigkeiten das Wesentlichste
hier angeführt werden. N. hat zusammen mit
Dinkelspiel bei Kaninchen intraperitonfial
Pferde-, Hunde-, Ochsen-, Schaf- und Menschen-
serum eingespritzt mit dem bekannten Ergebnisse,
dass er specifische Präcipitine erhielt mit der Ein-
schränkung, dass das Antiserum von Menschen-
blut auch bei 2 Affenarten positiv, wenn auch
schwächer, wirkte. Aehnlich war es mit der Wir-
kung der Antisera von Ochsen- und Schafblut auf
einander. Bei einigen Thieren wurde ein wirk-
sames Serum schon nach der 3. Einspritzung
erhalten; u. A. fiel die Probe positiv aus bei
Menschenblut, das seit 2 Monaten faulig war; ein
Kaninchen, das mit altem Antidiphtherie-Pferde-
serum, das seit 2 Jahren 7 Monaten mit Trikresol-
Zusatz in einer verkorkten Flasche bewahrt war,
behandelt wurde, gab ein speeifisches Präcipitin
für Pferdeserum. Ebenso ging es mit einem 5 bis
6 Monate unter Chloroform-Zusatz aufbewahrten
pleuritischen Exsudat Eine leichte Reaktion wurde
auch mit menschlicher Nasen- und Thränenflüssig-
keit erhalten. Mischung eines bestimmten Blutes
mit anderen Blutarten zu gleichen Theilen hin-
derte nicht den specifisch positiven Ausfall der
Reaktion.
Auf der Thatsache fussend, dass hoohwerthige
Sera auch mit dem Blute fremder Thierarten
Niederschläge geben, stellt Strube (41) die For-
derung, dass die Werthigkeit des präcipitirenden
Serum sowohl gegenüber der homologen, wie
gegenüber den heterologen Blutarten bekannt sein
muss, wenn man forensischen Gebrauch davon
machen will. Man ist auf die Aufbewahrung des
Aktivserum in vitro angewiesen, weil es nicht
24 Zaudy, Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes.
gelingt, die Präcipitine im Thierkörper zu erhalten.
Von grösster Wichtigkeit ist es ferner für die foren-
sische Handhabung, dass die Reaktion nach einer
bestimmten Methode vorgenommen wird; beson-
ders nöthig ist: steriles Arbeiten, Herstellung
absolut blanker und durchsichtiger Blutlösungen,
mehrstfindige Dauer der Beobachtung. Die an-
schliessenden Betrachtungen über den biologischen
Nachweis der Eiweissarten können hier nicht im
Auszuge wiedergegeben werden.
Minovici(42) hat im Loe ff 1er 'sehen In-
stitute unter ühlenhuth die Serumdiagnostik
studirt und schildert nun die daraufhin von ihm
in Bukarest angewandte Methode zur Qewinnung
des Serum und zur Anstellung der Reaktion. M.
findet es wünschenswerth , dass das Serum für
forensische Zwecke in einem eigenen Laboratorium
bereitet werde, ühlenhuth (43) selbst kleidet
seine Ansicht über den letzteren Punkt in diese
Worte: Zu einer exakten forensischen Blutunter-
suchung gehört ein brauchbares, staatlich geprüftes
Serum und ein erfahrener Sachverständiger. Es
ist daher die Errichtung einer Centralstelle nicht
nur für die Serumgewinnung und Serumprüfung,
sondern auch für die Unterweisung und Belehrung
der gerichtlichen Sachverständigen ein dringendes
Bedürfniss. Wie ü. eingehend schildert, sind eben
bei der Serumdiagnostik folgenschwere Irrthümer
leicht genug möglich, wenn nicht alle Vorsicht an-
gewandt wird. Sonst aber leistet, wie an zahl-
reichen forensischen Fällen bewiesen wird, die
Methode Vorzügliches, zumal wenn die früher
üblichen chemischen Methoden gleichzeitig in An-
wendung gebracht werden.
Auch Stoenesco (44) hat nicht durchweg
günstige Erfahrungen gemacht: Er hält es für
wichtig, sich nicht mit dem Ausfall eines Versuches
zu begnügen, dann aber auch stets Vergleichs-
versuche mit verschiedenen Blutarten zu machen ;
man solle auch bei positivem Ausfall sich stets
Zurückhaltung auferlegen und nur von „wahr-
scheinlich^' reden. Je frischer die untersuchten
Blutflecke sind, desto stärker und schneller erfol-
gen die Niederschläge. Physiologische Kochsalz-
lösung ist im Allgemeinen das beste Lösungsmittel
für eingetrocknetes Blut Ist dieses aber schon zu
alt oder ist Kochsalz aus anderen Gründen nicht
zu gebrauchen, so empfiehlt sich eine dünne Soda-
lösung.
Okamoto (45) bestätigt in erster Linie, dass
die Reaktion nicht absolut specifisch ist, sondern
dass gelegentlich Menschenblutkaninchen - Serum
mitThierblut ein Präcipitat erzeugt und umgekehrt.
Eine blose Trübung der Lösung gestattet überhaupt
keinen Rückschluss. Die Reaktion auf sehr altes
oder stark verfaultes flüssiges Blut ist meist erfolg-
los, vielleicht wegen der Anwesenheit von viel
NHg; kleine Mengen davon hindemjedoch den Ein-
tritt der Reaktion nicht An Blutspuren, die eine
Zeit lang unter freiem Himmel jeder Witterung
ausgesetzt waren, kann man noch das positive
Ergebniss erwarten. Nach 1 stündigem Erhitzen
angetrockneter Blutflecke auf 150* C. ist die
Probe stets negativ, während 1 stündiges Erhitzen
auf 100<> C. die Reaktion nicht besonders stört
Der Färbungsgrad der untersuchten Blutlösungen
und die Menge der darin entstehenden Nieder-
schläge halten nicht immer gleichen Schritt Die
Conservirung von Serum mit Chloroform ist unzu-
verlässig. Sodalösung (O.lproc.) ist zum Ausziehen
von Blutspuren für die Serumreaktion nicht geeig-
net ; sehr gut eignet sich hingegen Natr. bicarb.
(O.io/o).
Der Anwendbarkeit des serodiagnostischen Blut-
Prüfungsverfahrens ziehen Kister und Wolf f (46)
ebenfalls gewisse Orenzen, vor Allem wegen des
bei zahlreichen Blutarten auftretenden Nieder-
schlages, wenn das Serum sehr hochwerthig ist
Wie andere Forscher, so verlangen auch K. u. W.
für jeden forensischen Fall eingehende Vergleichs-
versuche hinsichtlich der Stärke des Serum, be-
ziehungsweise der Reaktion in homologen und
heterologen Blutarten.
Biqkel und Kokubo (47) haben das bio-
chemische Verhalten verschiedenrassigen Blutes
auf dem Wege des Versuches verfolgt. Die Prü-
fung der mit dem Blute B.'s (Qermane) und K.'8
(Japaner) vorbehandelten Kaninchen hinsichtlich
der Wirksamkeit ihrer Sera ergab in dem vor-
liegenden Falle keinen deutlich nachweisbaren
Unterschied zwischen dem japanischen und dem
germanischen Bluteiweiss. Bei den angeschlos-
senen hämolytischen Proben ergab sich, dass das
Blutserum des Japaners die Erythrocyten des Ger-
manen stark auflöste, während umgekehrt das
Serum dieses und noch dreier anderer Germanen
dazu gegenüber den japanischen Blutkörperchen
nicht im Stande war. Aehnliche Verhältnisse
finden sich allerdings auch gelegentlich unter Indi-
viduen der gleichen Rasse.
Austin (48) kann der Serumdiagnose eben-
falls nur eine bedingte Sicherheit zugestehen.
Seine Beobachtungen führten ihn auf die Ver-
muthung, dass das Hämoglobin etwas mit den
Präcipitinen zu thun haben müsse, da sonst schwer
zu verstehen sei, warum ein hämoglobinhaltiges
Exsudat, bei Kaninchen eingespritzt, so viel wirk-
samer war als ein hämoglobinfreies. Praktisch
wichtiger ist die Thatsache, dass die Kochsalz-
lösungen von alten Blutflecken alle nach einigen
Stunden von selbst trübe werden und Nieder-
schläge aufweisen. Hier sind also genaue Gon-
trolen nöthig. Die Wirksamkeit eines Antisenim
auf verschiedene Blutsorten fand auch A., ebenso
bestätigte er, dass ein Antiserum, auf Filtrirpapier
eingetrocknet oder lange im Kühlapparate auf-
bewahrt, den grössten Theil seiner Wirksamkeit
einbüsste.
Auf ein neues empfindliches Reagens für den
krysUxUographischm Blutnachweis macht Strsy-
Zandy, Neuere Arbeiten ans dem Gebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes. 25
iowski (49) aufmerksam. Es besteht aus Eis-
esBJg, Wasser, Alkohol ana 1 com, versetzt mit Jod-
▼asserstoffsäure (spec. Gewicht 1.5), 3 Tropfen
(erentoell bis 5 Tropfen) ; stets frische Zubereitung
und Lichtschutz sind ffir die Wirksamkeit erforder-
lich. Das trockene Blutobjekt wird auf einem
Objekttrilger mit einem Deckglase bedeckt und das
Reagens vom Rande aus zugesetzt, dann kocht
man über einer sehr kleinen Flamme 10 Sekunden
lang 1- oder 2mal unter Ersatz der Reagenzver-
flüchtigungsverlusta Flüssiges Blut muss erst ein-
getrocknet werden. Die entstehenden schwarzen
Erystalle bestehen aus Jodhftmatin. Versudie be-
wiesen, dass die Reaktion mit dem beschriebenen
Gemische empfindlicher ist als die übliche mit
Essigsäure und Chlomatrium.
h) Methoden und Instrumente zur epecielien
Diagnostik,
50) L a z a r u 8 , A., Blut o. Blatuntersachang. Deut-
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64)8 trübe 11, A., Ueber eine neue Methode der
üiin- u. Blutuntersuchung. Deutsches Arch. f. klin. Med.
IXDL 5. 6. p. 521. 1901.
05) Huber, A., üeber Blutdruckbestimmungen.
Goir..Bl. L Schweizer Aerzte XXXII. 14. p. 425. 1902.
In dem allomfassenden Rahmen der v.Leyden-
Klem per er 'sehen ,,Deutschen Klinik" konnte
den Abechnitte BkU und BkUvniersuehung natur-
gsmäsi nur ein verhältnissmAssig kleiner Raum
Zugestanden werden. Lazarus (50) hat indessen
Med. Jahrbb. Bd. 281. Hft. 1.
ansohanlioh und übersichtlich das Wesentliche zu-
sammengestellt und unter Fortlassung alles Dessen,
was der rein theoretischen Forschung angehört
und Beziehungen zur Praxis noch nicht hat ge-
winnen können, sowie alles Strittigen das normale
und pathologische Verhalten der Blutzellen be-
sprochen. Auch erfährt man, in welcher Weise
die allgemeine und specieUe Krankheitlehre den
Stoff zu Terwerthen gesucht hat. Abbildungen der
diagnostischen Apparate und der wichtigsten Blut-
befunde sind beigeffigt
Der Vortrag Schindler's (51) beschränkt
sich auf die morphologischen Grundlagen der BkU-
diagnosHk, behandelt aber nicht nur die normalen
und krankhaft veränderten Blutzellen, sondern auch
die Krankheiten des Blutes, mögen sie nun das
Wesen der Krankheit oder nur ein Symptom dar-
stellen. Es sind daher auch die Anämien und die
Leukämie besprochen.
White (52) weiss sehr wohl, dass eine abso-
lute Krankheüdiagnose nur mit Hülfe der geform-
ten Bkttelemenie nicht möglich ist ; trotzdem hält
er die Blutuntersuchung für einen wesentlichen
Theii der Krankenuntersuohung überhaupt und ist
der Ansicht, dass es nicht genügt, nur Hämoglobin-
gehait und Blutkörperchenzahl zu bestimmen. Der
genaue Blutbefund gäbe zusammen mit der ganzen
Krankengeschichte erst ein yollständiges Bild.
Neues enthält die Arbeit nicht.
Das Gleiche gilt von einer Mittheilung B r y an t 's
(53) über den Werth der Bhduntersuchung für Dia-
gnose und Prognose, An einer Anzahl von Fällen
schildert er die Brauchbarkeit eines genauen Blut-
befundes für die Beurtheilung der Krankheitbilder.
Die von Laporte (54) mitgetheilte neueEkU-
färbung ist eine Abänderung der Jen ner 'sehen
Lösung.
Man mache sich eine ^tP^oc. Lösung von gepulver-
tem Jenner'schen Farbstoff (Oruebler) in Merek^s
C. P.Methylalkohol; nicht fiitriren. Man verdünne einen
Theil Unna 'scher Polychrom-Methylenblaa-Lösung mit
150 Theilen Aqu. dest. (ungefähr 2 Tropfen zu 15 ccm).
Auf die Schichtseite des in der Cornet'schen Pincette
gefassten Deokglaspräparates lässt man 5 Tropfen der
Jen ner 'sehen Lösung fallen; nach 1 Minute werden
10 Tropfen der verdtumten Unna'schen Lösung hinzu-
gefügt. Mit diesem Gemische färbt man dann noch
5 Minuten. Abspülen mit Aqu. dest. und Zurücklassen
einiger Tropfen Wasser auf dem Deckglase. Nach circa
1 Minute wird das Präparat schnell in eine sehr verdünnte
EssigsäurelösuDg (ca. 1 Tropfen öOproc. Essigsäure auf
300 ccm Wasser) getaucht, bis es röthlich oder rosa aus-
sieht Abspülen in Wasser und Trocknen an der Luft.
Es gelingt mit dieser Färbung, von den eosino-
philen bis zu den Mastzellen-Qranulis Alles dar-
zustellen, sowie eine gute Chromatinfarbung zu
erhalten.
Rosin und Bibergeil (55) berichten über
die Ergebnisse vitcUer Blutfarbung. Ihre Methodik
ist von Ito bereits veröffentlicht und an dieser
Stelle schon besprochen (Jahrbb. CCLXX VL p. 143).
Als wichtigste Ergebnisse nennen sie : Die ehromo-
phoren Zonen und die plötzlich eintretende Leuko-
•1
26 Zaudy, Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes.
cytenfärbung; die Nudeoli der Lymphocyten und
die basophilen Eörnelungen in den Erythrocyten
am Gesunden bei der Methylenblaufärbung; die
kugelige FarbstofFaufnahme bei Neutralroth und
Toluidinblau ; die krampfhaft amöboiden Bewegun-
gen derLeukocyten und starke Körnchenbewegung
vor der Färbung bei Eosin und anderen sauren
Farbstoffen; die eigenartige Veränderlichkeit der
Farbstoffcomponenten des Eosin-Methylenblau an
den Leukocyten und die differenzirte Färbung der
Blutplättchen dabei ; die rothen Kern körperchen in
den blauen Kernen der Lymphocyten bei Py ronin-
Methylgrün und die feine Struktur ihres Proto-
plasma ; ferner die Thatsache, dass der absterbende
Kern eine Vorliebe ffir das Pyronin, der abgestor-
bene für das Methylgrün besitzt ; schliesslich das
rothe Chromatingerüst aller blauen Kerne bei der
Magentaroth-Methylgrün-Färbung. Alles bezieht
sich nur auf das Blut von Gesunden.
In einer Mittheilung über den Atisirüt des
Hämoglobins aus sublimatgehärteten Blutkörperehen
hatte Sachs einige von Matthes (66) beschrie-
bene Versuchsergebnisse in der Weise gedeutet,
dass der Austritt des Hämoglobin durch alle Mittel
bewirkt würde, die im Stande seien, Quecksilber-
salz an sich zu reissen. Insbesondere bewirke
Serumeiweiss eine Bindung des Sublimats. Die
von M. als eine verdauende angesehene Wirkung
derPankreaslösungen brauche nicht als eine solche
aufgefasst zu werden, da jede derartige Ferment-
lösung genügend Eiweiss zur Lösung des Subli-
mats enthielte. M. kann sich diesen Anschauungen
nur theilweise anschliessen. Jedenfalls steht fest,
dass die Meinung von Sachs nicht zutrifift für
Froschblutkörperchen, die, in Hayem 'scher Lö-
sung gehärtet und ausgeivaschen, ihr Hämoglobin
in eiweissreichen Flüssigkeiten durchaus nicht ab-
geben. Ferner handelt es sich um eine wirkliche
Verdauung bei der Behandlung mit Krebsmagen-
saft, der offenbar nur geringe oder keine hämo-
globinlösende Wirkung besitzt Das Verhalten
gegenüber verdünnten Säuren ist ganz anders als
bei Pankreaslösungen, Serum, Hühnereiweiss u. s. w.
Man findet dann nämlich, dass nach 24 Stunden
sowohl beim Frosch- wie Kaninchenblute die vor-
her lackfarbene Flüssigkeit wieder entfärbt ist,
und zwar ist die Entfärbung vollkommener bei
Salzsäure als bei Essigsäure. Als Bodensatz sind
in der Flüssigkeit sehr stark gefärbte Blutkörper-
chen vorhanden. Wie diese sekundäre Wieder-
färbung zu erklären ist, konnte M. nicht entschei-
den ; es kann sich nicht um Hämoglobin, sondern
nur um ein Spaltungsprodukt des Hämoglobin
handeln.
Breuer (57) empfiehlt eine von ihm an-
gegebene grosse Kammer für Leukoeytenxählung,
die vor den von Zappert, Elzholz und Türk
construirten Kammern den Vorzug der Einfachheit
besitzt, so dass auch jeder Neuling mit der Zäh-
lung fertig wird. Die etngetheilte Zählfläche be-
trägt auch hier 9 mm*. Hergestellt wird die Kam-
mer von der Firma Zeiss in Jena.
Türk (58) beschreibt seine soeben genannte
Kammer für Leiäcoeyienxi^ung und stellt sie, auch
in der Abbildung, zum Vergleiche neben die Modelle
von Zappert und Elzholz. Ganz besonders
weist er darauf hin, dass in den Zählpräparaten
besser als in gefärbten die Zahl der einzelnen
Leukocytenarten, der kernhaltigen Rothen u. s. w.,
sowie die Anwesenheit von Malariaparasiten fest-
zustellen ist T. empfiehlt zur Zählung die An-
wendung einer Iproc. Essigsäurelösung mit Zusatz
von Gentianaviolett
Im Vergleiche mit den üblichen Blutunter-
suchungsmethoden findet Aspelin (59) das Arbei-
ten mit dem B 1 i x - H e d i n 'sehen ^amatoArt^ sehr
zuverlässig und einfach. Der Praktiker kann auf
diese Weise stets eine Vermehrung oder Vermin-
derung des Volumens sowohl der Rothen wie der
Weissen erschliessen. Für den Kliniker ist der Ge-
brauch des Apparates eine gute Controle. Tabellen
veranschaulichen das.
Engelmann (60) schildert auf das Aller-
genaueste die einzelnen Maassnahmen bei der
Arbeit mit dem von H. Koppe 1893 angegebenen
Hämatokriten, der weit mehr Beachtung verdiene
und bei richtiger Handhabung sehr Brauchbares
leiste. Für Jeden, der mit dem Instrumente Be-
obachtungen anstellen will, dürfte die Einsicht-
nahme in diesen Aufsatz unerlässlich sein.
Mn einfaehes Verfahren zur direkten Sehätxung
der Färbestärke des Bltäes ist das Abfangen eines
Bluttröpfchens auf Filtrirpapier und das Verglei-
chen mit normalem Blute. Tallqvi8t(61) hat
diese Methode für die Praxis selbst des beschäf-
tigtsten Arztes dadurch brauchbar gemacht, dass
er in dem handlichen Büchlein mit perforirtem
Filtrirpapier eine Skala von 10 Färbestärken an-
brachte, die (von 10 — 100) etwa den Graden der
Fleischl- Miescher 'sehen Hämometerskala
entsprechen. Das kleine Bluttröpfchen muss lang-
sam aufgesaugt werden und das Papier ganz durch-
dringen. Der Vergleich mit der Skala muss im
auffallenden Lichte stattfinden, und zwar unmittel-
bar, nachdem das Blut auf dem Papiere seinen
feuchten Glanz verloren hat Das Ablesen kann
nur bei Tageslicht stattfinden und wird dadurch
erleichtert, dass die einzelnen Vergleichsfarben in
der Mitte durchlocht sind, so dass dort der Blut-
fleck eingefügt und ein Unterschied gegen die um-
gebende Farbe am besten gesehen werden kann.
Mayet und Nicolas (62) haben ein Ver-
fahren zur Schätzung des OeuAekts von Plasma und
geformten Mutelementen in ihrem natürlichen Feuoh-
tigkeitgehalte ausgearbeitet Das durch Kalium-
oxalat am Gerinnen gehinderte und sofort auf 0*
abgekühlte Blut wird >/| Stunde centrifugirt ;
Cruor und Plasma haben sich dann von einander
geschieden und werden getrennt gewogen, um
aber zu wissen, wie viel Plasma dem Cruor noch
Za udy , Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes. 27
beigemischt war, bestimmt man durch Titration
mit Fehling'scher Lösung die Menge des im
Plasma und im Gruor enthaltenen reducirenden
Zuckers. Denn da der Zucker sich nur im Plasma
findet, so ist die Menge, die sich im Cruor nach-
weisen lässt, ein Maassstab ffir die dem Cruor noch
beigemischte Plasmamenge. Wenn 0 die Zucker-
menge im reinen Plasma, 0^ diejenige des im
Cruor znrQckgehaltenen Plasma ist, wenn P das
Gewicht des reinen Plasma und x dasjenige des
im Cmor ▼erborgenen ausdrückt, so ,kann man
die Proportion aufstellen : G : G^ «■ P : x, also x «■
PO*
-r^. Aus dem Gewichte des Cruor-Plasma und
des Cruor selbst findet man das wirkliche Ge-
wicht der feuchten Blutkörperchen, das Gesammt-
gewicht des Plasma in der bestimmten Blutmenge
und das genaue Gewicht des zum Versuche be-
nutzten Blutes.
Die Feststellung der BluUükahmienz durch TUror
tum behandeln A. Lumiöre, L. Lumiöreund
Barbier (63). Sie verlangen vor Allem eine
Unterscheidung* der Alkalescenz des Blutes und
seines Gehaltes an Basen ; erstere beruht auf dem
Gehalte an anorganischen Alkalien und ergiebt
erst zusammeo mit den organischen Basen und
dem Blutei weiss die Qesammt - Basicität. Zur
Alkalescenzbeetimmung genfigt Titration ; es fehlt
aber noch an einem brauchbaren Verfahren. Das
Zusetzen von Sfture im Ceberschusse mit Zurflck-
titriren ist nicht angängig, da die überschüssige
Säure in wechselndem Grade durch die organischen
Basen u. s. w. gebunden wird. Die von den Vff.
vorgeschlagene Methode gründet sich auf die Be-
obachtung von der Constanz der Beziehungen zwi-
schen Blut- und Säuregewicht; durch Einführung
der Jodtitration statt der colorimetrischen wurde
grossere Empfindlichkeit erzielt Alle Zahlen, die
bei dem Verfahren mit überschüssiger Säure er-
halten werden, haben nur reUtiven Werth. Auch
zeigte sich, wie verschieden da die verschiedenen
Säuren und sogar die verschiedenen Concentra-
tionen derselben Säure wirken. Die ganze ein-
schlägige Literatur von 1848 — 1901 ist ange-
führt.
StrubelTs (64) neue Methode der Drin^ und
Bluiuniereuehung beruht auf dem Gebrauche des
Pulfrich 'sehen Befraktameters, Wir haben eine
andere Arbeit St's über die gleiche Sache bereits
früher besproohen (Jahrbb. GGLXXVI. p. 141);
beide Arbeiten ergänzen sich.
Nach Huber (66) besitzen wir sowohl im
Sphygmomanometer von Riva-Rocci, wie im
Tonometer von Gaertner klinisch brauchbare,
bequem zu handhabende Apparate, die über die
relative Grösse des JSutdruekes Aufschluss geben
und vor Allem gestatten, vergleichende Blutdruck-
messungen an einer und derselben Person vorzu-
nehmen. Für die Pathologie besonders wichtig
erscheint die fast regelmässige Blutdrucksteigerung
bei Arteriosklerose und chronischer Nephritis.
(Sohloss folgt)
28
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.^)
Von
Sanitätsrath Dr. Louis Blau
in Berlin.
Lehrbücher u, 8. w.
Brühig Oastav, Atlas n. Orandriss der Ohren-
heilkunde, unter Mitwirkung von Prof. Dr. A.Politzer
in Wien. [Ijehmann's med. Handatlanten Bd. XXIV.]
München 1901. J. F. Lehmann's Verl. 8. XIX u. 264 8.
mit 99 Textabbildungen u. 244 farbigen Abbildungen auf
39 Tafeln nach Originalaquarellen von Maler Q, Hammer^
Schmidt, 12 Mk.
Politzer, Adam, Lehrbuch der Ohrenheilkunde
für praktische Aerzte u. Studirende. 4. gänzlich umgearb.
Aufl. Stuttgart 1901. Ferd. Enke. Gr. 8. Xu. 7108.
mit 346 in d. Text gedr. Abbildungen. 17 Mk.
Trautmann, Leitfaden für Operationen am Gehör-
organ. Berlin 1901. Aug. Hirsch wald. Gr. 8. 104 S.
mit 27 Abbildungen. 4 Mk.
ürbantschitsch, Lehrbuch der Ohrenheilkunde.
4. neu bearbeitete Aufl. Berlin u. Wien 1901. Urban &
Schwarzen berg. Gr. 8. 594 8. mit 77 Holzschnitten u.
8 Tafeln. 12 Mk.
Hartmann, Arthur, Die Krankheiten des Ohres
u. deren Behandlung. 7. verbesserte u. vermehrte Aufl.
Berlin 1902. Fischer's med. Buchh. (H.Kornfeld). Gr. 8.
Vn u. 323 S. mit 68 Abbild. 7 Mk. 50 Pf.
Jacobson u. Blau, Lehrbuch der Ohrenheilkunde
für Aerzte u. Studirende. 3. neu bearbeitete Aufl. des
Jaco6«on'schen Lehrbuches. Leipzig 1902. Georg Thieme.
Gr. 8. 555 8. mit 345 Abbildungen auf 19 Tafeln. 18 Mk.
I. Anatomie und Physiologie.
1) Zur Anatomie des miUleren Ohres*).
Der Steigbügel zeigt nach den Untersuohungen von
Eikuchi') zwar nicht in seiner allgemeinen
Form, wohl aber in den einzelnen Haapttheilen
sehr häufige Verschiedenheiten. Sein Längen-
durchmesser schwankt zwischen 2.5 und 3.9 mm
(durchschnittlich 8.3 mm), sein Breitendurohmesser
zwischen 1.4 und 2.8 mm (durchschnittlich 2.1 mm).
Den grössten Längendurohmesser scheinen die
Deutschen, den kleinsten die Aegypter, den grössten
Breitendurchmesser die Peruaner, den kleinsten
die Aegypter (moderne) zu haben. Bei Männern
scheint die Länge, bei Weibern die Breite etwas
grösser zu sein. Das Verhältniss zwischen dem
Eopf-Halstheile und dem Bügel- Basistheile des
Steigbügels wechselt nicht nur bei den einzelnen
Menschen und Rassen, sondern es ist auch auf der
oberen und unteren Steigbügelseite verschieden,
derart, dass aber immer die Differenz von Kopf-
und Basisseitenlänge der oberen Seite grösser als
die der unteren ist. Die Eopfseitenlänge betrug
oben durchschnittlich 1.2, unten 1.4 mm, die Basis-
seitenlänge oben 2.2, unten 1.9 mm. Die Fuss-
platte war bei 68<^/e der 244 untersuchten Steig-
bügel hemioval, bei 82^/ohemielliptisch, ihr oberer
Rand war stets convex, ihruntererbeiöT^'/oConcav^,
bei SI^Iq gerade, bei 6% convex. Oberer und
unterer Rand vereinigen sich vorn gewöhnlich in
spitzer, hinten in stumpfer Abrundung. Die vesti-
buläre Fläche der Fussplatte war bei 66®/o im
Oanzen convex, bei 20% im Oanzen platt, bei
9^/o vom platt und hinten convex, bei 5®/« vom
convex und hinten platt, die tympanale Fläche
erschien mehr oder weniger concav mit leicht auf-
gebogenen Rändern. Eine „centrale Furche^^ an
der vestibulären Fläche wurde bei 43<>/q, eine Griata
stapedis an der tympanalen Fläche bei 40% ge-
funden. Die Länge der Fussplatte stellte sich im
Durchschnitt auf 2.9 mm (Maximum 3.4, Minimum
2.4 mm), die Breite auf 1.4 mm (Maximum 1.6,
Minimum 1.0 mm), ihr Flächeninhalt betrug im
Durchschnitt 8.04 qmm (Maximum 8.92, Minimum
2.30 qmm). Des Weiteren wurden auch noch die
Verhältnisse der Steigbügelschenkel, des Spatium
intercrurale und des Capitulum stapedis, und zwar
ebenfalls in ihren Verschiedenheiten bei den ein-
zelnen Menschen und Itassen untersucht, worüber
das Nähere im Originale nachzulesen ist. Das
Gewicht des Hammers beträgt nach E i k u c h i ^)
durchschnittlich 2.85 , das des Ambos ^.75 und
dasjenige des Steigbügels 0.28 cg. Am grössten
war das Gesammtgewicht der 8 Gehörknöchelchen
bei den Chinesen, am geringsten bei den afrikani-
schen Negern. Die beiden Eörperseiten boten
keine unterschiede, dagegen waren beim Manne
der Hammer und der Ambos, beim Weibe der
Steigbügel durchschnittlich schwerer.
Das Hammer-Ambasgelenk wird, wie von R ü -
dinger, Eörner u. A., so auch von Katz>)
für ein Gelenk mit Meniscus erklärt; die von
Siebenmann beschriebenen und von E a t s am
erwachsenen Menschen bestätigten Spaltbildungen
im Meniscus seien zum Theil wenigstens als Kunst-
Produkte zu betrachten, hervorgerufen durch die
bei der Oonservirung und Einbettung benutzten
Chemikalien.
Die hinteren Zellen des Warxeniheües sind von
Stanculeanu und Depontre*) genau studirt
t) Vgl. Jahrbb. CCLXXV. p. 7.
*) Vgl. a. Broca, Anatomie chirurgicale et mede-
ciae operatoire de Toreille moyeoDe. Paris 1901.
MassoQ & Co.
») Ztschr. f. Ohrenhkde. XU. 4. p. 333. 1902.
1) Ztschr. f. Ohrenhkde. XLL 4. p. 361. 1902.
>) Bari. otol. GeseUsoh. 1902 s. Aroh. f. Ohrenhkde
LVI. 1 u. 2. p. 66. 1902.
>) Bull, et mem. de kSoo. anat de Paris LXXYI. 6. 8
in. 5. 1901. — Ann. des mal. deroreille XXVII. 10. 1901*.
Blau, Berioht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
29
worden. Sie unterscheiden 3 Gruppen von Zellen,
die manchmal zusammen vorkommen, während
meist nur eine von ihnen vorhanden ist. Sie sind
von dem Antrum durch diploStischen oder com-
pokten Knochen manchmal weit getrennt, am
firfihesten wurden sie am Schläfenbein eines 9jähr.
Kindes beobachtet. 1) Die hinteren oberen Warzen-
zellen sind im oberen hinteren Winkel des Warzen-
th^les nahe dem Scheitelbein gelegen, reichen bis
an letzteres heran und werden von den Meningen
und dem Sinuswinkel oft nur durch eine papier-
dSnne Knochenplatte getrennt, so dass eine Eite-
nmg von ihnen leicht auf die genannten intra-
craniellen Gebilde übergreifen kann. 2) Die eigent-
lichen hinteren Warzenzellen liegen etwa in der
Hohe des Antrum mastoideum, sie reichen bis zum
Sinus, können diesen sogar umgreifen und sich
dann bis zur Sutura oocipitalis erstrecken. Auch
ihre knOcheme Begrenzung gegen den Sinus ist
häufig nur papierdünn. 3) Die hinteren unteren
Warzenzellen haben ihre Lage oberhalb und längs
der Incisura digastrica und können entlang der
Sinusrinne sich bis zum Bulbus venae jugularis
erstrecken. Es werden Fälle beschrieben, in denen
tusser dem Antrum die Eiterung auch noch eine
dieser entfernt von ihm gelegenen Zellengruppen
betroffen halte und wo dann nur durch ihre Auf-
meisselung Heilung erzielt werden konnte. Von
Dünn ^) ist darauf hingewiesen worden, dass sich
Warzenzellen sehr oft auch noch an der Innenseite
der Fossa digastrica vorfinden. Diese von ihm
sogen, untere occipitale Warzenfortsatzplatte be-
atst eine Ausdehnung von ^^ ^^^ ^^ '/« ^^^^
und hat einen Theil des Sinus sigmoideus gerade
fiber ihrer inneren Tafel, ja sie kann sogar nach
hinten bis über die Sinuswand hinausgehen. Sam-
melt sich in den lufthaltigen Zellen, die hier
Toriianden sind und die mit den Zellen des Warzen-
ÜRtaatzes in Verbindung stehen, Eiter an, so kann
dieser nach innen in die hintere Schädelgrube oder
den Sulcus sigmoideus oder nach aussen in die
tiefen Halsgewebe durchbrechen, während letzteren-
hU» diese Formen auch insofern schwere sind, als
bei ihnen die Fortmeisselung der Spitze des Warzen-
fortsatzea zur Heilung nicht genügt, vielmehr der
epenUve Eingriff auch noch auf die nach innen
TOD der Fossa digastrica gelegenen Zellen aus-
gedient werden muss.
ISne Fiasura masUndto-squamosa hat Sato*)
mter 1373 Schädeln Erwachsener von verschie-
denen Rassen 508mal, also bei 37^/o, in grösserer
oto geringerer Deutlichkeit erhalten gefunden.
Sehr selten waren persistirende Fissuren bei den
tfrikanischen und australischen Negern,' den ocea-
aisdien Mongolen, den Indianern und Eskimos.
Beschlecht und EGrperseite spielten keine Rolle;
hiBsiehtlich des Alters zeigte sich die stark aus-
geprägte Fissur bei den Kinderschädeln am häu-
figsten, bei den Schädeln Erwachsener seltener,
die deutliche Fissur bei den Oreisenschädeln am
häufigsten, bei den Kinderschädeln am seltensten,
die Spur der Fissura bei den Schädeln Erwach-
sener am häufigsten, bei den Oreisenschädeln über-
haupt nicht. Ein besonders häufiges Zusammen-
treffen der Persistenz der Fissura mastoideo-squa-
mosa mit solcher der Sutura frontalis liess sich
nicht nachweisen. Dass trotzdem aber für beide
wahrscheinlich allgemeinere Ursachen zu Grunde
liegen, konnte daraus geschlossen werden, dass
auch die Sutura frontalis am seltensten bei den
Negern, am häufigsten bei den Germanen und
Slaven persistent gefunden wurde.
Der Sinus oder Plexus venosua earoiieus, d. i.
das venüse Gefässnetz, das die Carotis durch den
Oanalis caroticus begleitet, entspricht in seinem
Bau nach den Untersuchungen von Haike^) bald
mehr einem Plexus, bald einem Sinus, so dass
die beiden oben genannten Bezeichnungen dafür
zutreffend sind. Am dichtesten ist das Geflecht
am unteren Eingange des Kanals und an seinem
Ausgange zum Schädelinnem, wo es fast die ganze
Circumferenz desGefässes umgiebt; ebenso ist der
im horizontalen Theile des Knochenkanales ver-
laufende Gefässabschnitt ziemlich dicht umsponnen,
während am Knie und an dem vertikal verlaufenden
Abschnitte meist nur schmale Gefässräume vor-
handen sind. Im Alter verschmelzen die kleinen
Fächer des Sinus zu grüsseren Lacunen. Die Be-
hauptung Rüdinger's, dass sich Carotis und
Sinus je zur Hälfte in den Raum des Canalis caro-
ticus theilen, ist nicht für alle lUlle richtig, be-
sonders nicht für das Kindesalter. Praktische
Bedeutung erlangt der Sinus caroticus bekanntlich
dadurch, dass durch ihn die Fortpflanzung einer
Entzündung aus der Paukenhöhle auf das Schädel-
innere vermittelt werden kann. Ferner kann ge-
legentlich durch Arrosion eine Blutimg aus dem
Sinus caroticus — wenn auch keine so starke wie
aus Carotis und Jugularis — zu Stande kommen,
und andererseits ist es möglich, dass durch Ent-
zündung und Thrombosirung der venösen Räume
ein tödtlicher Durohbruch der Carotis verhütet
wird.
Ueber die Beziehungen, die zwischen dem Ver^
laufe des Sinus sigmoideus, der Ausbildung, Grösse
unid Lage des Bulbus jugularis und der Lage des
letzteren zur Paukenhöhle bestehen, äussert sich
Stenger*) folgendermaassen. In vielen Fällen
biegt der Sinus sigmoideus ohne Weiteres zur Vena
jugularis um, so dass es nicht zur Bildung eines
eigentlichen Bulbus kommt. Die höchste Stelle
des Bulbus wird hier von dem Boden der Pauken-
höhle trotz gut ausgebildetem Recessus hypo-
tympanicus durch eine '/i — 1^/^ cm dicke, meist
0 Zteohr. f. Ohrenhkde. XLII. 1. p. 28. 1002.
*} Ztschr. f. Ohrenhkde. XU. 4. p. 295. 1902.
1) Arch. f. Ohrenhkde. LVII. 1 u. 2. p. 17. 1902.
») Arch, f. Ohreohkde. LIV. 3 u. -4. p. 216. 1908,
30
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
compakte, zum Theil auch zellige Enochenschicht
getrennt, der Sinus ist nicht vorgelagert und geht
in fast gestreckter Stellung in die Vena jugularls
über. Bei einer zweiten Gruppe biegt der Sinus
wie um eine scharfe Enochenleiste um und es
findet sich ein deutlicher Bulbus, der höher steht
als der tiefste Punkt des Sinus sigmoideus. Der
Bulbus bildet den Boden der Paukenhöhle oder
auch den unteren Theil der medialen Paukenhöhlen-
wand bis zur Höhe des runden Fensters, die
trennende Knochenschicht ist meist papierdünn.
In den Fällen endlich von starker Entwickelung
nimmt der Bulbus fast die ganze Höhe der Pyra-
mide ein, ragt bis über das ovale Fenster hinauf
und seine der Schädelhöhle zugerichtete mediale
Wand ist papierdünn und neigt in der Gegend des
Aquaeductus vestibuli zur Bildung von Dehiscenzen.
Je mehr vorgelagert der Sinus war, desto schärfer
war auch die Umbiegungstelle markirt und um so
stärker war die Ausbildung des Bulbus. Bei Mittel-
ohreiterungen bieten die gut entwickelten Bulbi
eine besondere Gefahr, weil sie einmal der Pauken-
höhle am nächsten liegen und daher einer direkten
Infektion leicht zugänglich sind, und weil ausser-
dem auch bei Aufnahme der Infektionstoffe an
einer höheren Stelle der Blutbahn aus mechanischen
Gründen in ihnen die Thrombenbildung erleichtert
wird.
Dehtscenx der tief ausgehöhlten Foaaa juffularts
gegen die PankeDhöble zu wird von Sonn tag >) be-
schrieben. In beiden Fällen reichte die Fossa jugalaris
bis zur Höhe des oberen Randes des inneren Gehörganges
and war der Sinus sigmoideus sehr stark vorgelagert.
Der Enochendefekt, der übrigens nicht den höchsten
Punkt der Jugulargrube einnahm, war nierenförmig und
betraf den grössten Theil der hinteren, sowie beinahe die
Hälfte der medialen Pauken höhlen wand. In dem einen,
frischen Präparate ragte der Bulbus venae jugularis durch
den Defekt in die Paukenhöhle hinein, wo er, nur von
Schleimhaut überzogen, direkt der hinteren Hälfte des
Trommelfelles anlag. Solche Verhältnisse geben sich
bekanntlich manchmal schon während des Lebens durch
eine bläuliche Färbung dieses Trommelfellabschnittes zu
erkennen ; wegen der Gefahr einer Bulbusverletzung bei
der Paracentese sollte letztere hier und überhaupt in
allen zweifelhaften Fällen im vorderen unteren Trommel-
fellquadranten gemacht werden. Mann') theilt eine
khnische Beobachtung mit, in der eine hernienartige Aus-
stülpung des Bulbus jugularis bei gleichzeitigem Trommel-
felldefekt frei in die Paukenhöhle hineinragte. Durch die
hintere Hälfte des Defektes sah man eine etwa 3 mm im
Durchmesser haltende, dunkelblaue Kugel von glatter
Oberfläche, die am Boden fest aufsass und sich bei vor-
sichtiger Sondenberührung weich elastisch anfühlte.
Femer zeigte sie unter gewissen Umständen lebhafte
Pulsationen, nämlich dann, wenn der Kopf um eine genau
senkrechte Achse so weit nach der gesunden Seite ge-
dreht wurde, dass sich der Warzenfortsatz der kranken
senkrecht über dem Stomoclavikulargelenke befand. Bei
dieser Stellung bildet der Stemooleidomasteideus eine
feste Muskelsäule, hinter der die Vena jugularis interna
weit offen gehalten wird, und es kann sich die ansaugende
Kraft des Herzens (Vorhofdiastole) bis in den Bulbus und
sogar den Sinus sigmoideus hinein erstrecken. Mann
>) Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u. s. w. XXXVI. 11.
p. 472. 1902.
>) Ztschr. f. Ohronhkde. XL. 4. p. 354. 1902.
ist der Ansicht, dass für gewöhnlich die Blutbewegrung in
der Jugularis unter dem Einfluss der Inspiration erfolf^t,
zu der bei der geschilderten Seitwärtsdrehung des Kopfes
noch die ansaugende Kraft des rechten Yorhofes hinzu-
tritt. Die Hauptmasse des venösen Sohädelblutes wird
durch die Jugularis interna, eine gewisse Menge aber
auch durch den Plexus caroticus und die Plexus verte-
brales abgeführt, wo dann die Pulsation der Arterien
die treibende Kraft bildet. Buhe*) beschreibt aus
8chwartze*s Klinik ein Präparat, an dem bei voll-
kommen gesundem Felsenbein ein angeborener Defdä
des Sinus sigmoideus vom Emissarium mastoideum
abwärts und des Bulbus ven<Ee jugularis vorhanden war.
Auch der Sulcus sigmoideus fehlte. An Stelle des Sinus
fand sich eine minimale Verdickung der Dura; die Jugu-
laris interna war sehr schwach entwickelt, mit etwa V«
ihres normalen Lumens ; oberhalb des sehr starken Emis-
sarium zeigte sich der Sinus, wenn auch nicht in nor-
maler Stärke, erhalten.
Das von Rüdinger und v. Oerlach zuerst
in der Tkiba EhMtachii nachgewiesene und genauer
beschriebene adenoide Gewebe fehlt nach den Unter-
suchungen Anton 's') beim Foetus noch voll-
kommen, ist beim Neugeborenen in der Regel vor-
handen und nimmt bis zum Alter von 1 ^/^ — 2 Jahren
an Menge zu, um von da an eher wieder eine
Rückbildung einzugehen. Der Form nach erscheint
das lymphatische Gewebe beim Neugeborenen als
zellige Infiltration der Schleimhautfalten und als
kleine streifenförmige Herde in den Gewebespalten
um die pharyngeale Tuba (wahrscheinlich Lymph-
gefässe). Im 1. Lebensjahre bildet es im pharyn-
gealen Tubenabschnitte eine die Falten und den
nicht gefalteten Theil der Schleimhaut in sich
greifende ringfSrmige Infiltration mitVerdichtungs-
herden, während im tympanalen Abschnitte die
Infiltration auf die Falten beschrankt bleibt, die
dadurch mitunter eine sehr bedeutende GrOsee und
Mächtigkeit erlangen und sich bis in den vorderen
Abschnitt der Paukenhohle erstrecken kOnnen
(PaukenhOhlentonsille). Bei Kindern von 1 bis
10 Jahren tritt ausser der ringfßrmigen besonders
die Infiltration der in das Lumen der Tuba vor-
springenden Falten in den Vordergrund. Eigent-
liche Follikel oder Lymphknötchen in der Tuben-
schleimhaut werden nicht häufig beobachtet und
finden sich dann stets im pharyngealen Abschnitte,
in der Regel an den Ausfflhrungsgängen von Drüsen.
Bei Querschnitten durch in der Art gleich massig
und vollständig infiltrirte Falten können Balgdrüsen
ähnliche Bilder entstehen. Eine Gleich mässigkeit
in der Stärke der Ausbildung der Rachenmandel
und des lymphatischen Gewebes der Tuba ist ge-
wöhnlich nicht vorhanden und wegen der nicht
parallel gehenden Entwickelung beider auch nicht
zu erwarten.
Die von Politzer behauptete Verbindung
zfvischen den Oeßasbezirken des MiUdokres und
des Labyrinthes besteht nach Braunstein und
Buhe*) in Wirklichkeit nicht. Sie sahen in ihren
») Arch. f. Ohrenhkde. LVII. 1 u. 2. p. 103. 1902.
«) Ztschr. f. Heilkde. XXH. 7. p. 173. 1901.
») Arch. f. Ohrenhkde. LVL 3 u. 4. p. 261. 1902.
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
31
Prftparaten die aus der PaukenhGhlensohleimhaut
oder der äusseren Wand des Promontorium stam-
menden Geisse den Belegknoohen der Promon-
tonalwand überhaupt nicht überschreiten oder, wo
dieses in seltenen Fällen geschah, endeten die Ge-
wisse in der Compacta der Labyrinthwand blind,
durchsetzten niemals die mediale Schicht der Com-
pacta Yollkommen und anastomosirten nicht mit den
Oefilnen im Inneren der Schnecke. £ben so wenig
tnten jemals die Gef&sse der Labyrinthkapsel, die
ins der Art auditiva interna stammen, in das be-
nachbarte Knochengewebe der Promontorialwand
fiber oder gingen trotz des nahen Verlaufes mit
den Promontorialgefftssen eine Verbindung ein.
Auch an den Membranen der beiden Labyrinth-
fenster besteht kein Zusammenhang zwischen den
spärJichen Gefässen an ihrer Innenseite und dem
reicheren GefSsanetze an der Aussenseite. Diese
Befände — die von Katz^) und Habermann
(Ebenda) bestätigt werden, während Alexander
(£benda) für die Ansicht Politzer 's eintritt —
^tsprechen der von Schwartze schon früher 3)
h^Torgehobenen pathologisch-anatomischen That-
aache, dass selbst bei den stärksten akuten Ent-
lündongen in der Paukenhöhle eine gleichzeitige
Labyrinthhyperämie nur ausnahmeweise anzu-
treffen ist
2) Zur Anatomie des inneren Ohres,
Nach den von Leimgruber')an Meerschwein-
chen- ond menschlichen Embryonen über die Stria
nseularis gemachten Untersuchungen wird die
ioasere Wand des Canalis cochlearis zuerst durch
eine einfache Lage eines cylindrischen Epithels
gebildet, an das sich nach Zwischenlagerung einer
Basilarmembran ein bindegewebiger, aus 2 Arten
Ton Bindegewebezellen bestehender Abschnitt an-
Bchliesst Die inneren Zellen sind rundlich, dicht
Sprängt, mit runden Kernen und bilden eine dem
Spithel anliegende stark gefärbte Zone, die äusseren
lind länglich, mit stäbchenförmigen oder länglich
GTalen Kernen und stellen in der Mitte der binde-
gewebigen Wandung eine lockere, gegen den
Knorpel zu eine dichtere und straffere Zone dar.
h) dtf durch die rundlichen Zellen gebildeten
ouerenZone befinden sich "ispärliche, noch ziemlich
weit vom Epithel entfernte Blutgefässe. Später
differ^ziren sich die 3 genannten bindegewebigen
Zonen immer mehr gegeneinander, die Gefässe in
der inneren Bindegewebezone werden zahlreicher
ud rücken zum Theil näher an das Epithel, sogar
^is an dessen Basis heran, ohne aber zwischen die
Spithekellen einzudringen. Femer entstehen an
der Grenze von Epithel und innerer Bindegewebe-
>one Pigmentzellen, die eine Menge von dickeren
^ dünneren Ausläufern nach allen Richtungen
") Naturf.-Ver8. 1902 s. Arch. f. Ohrenhkde. LVn.
1 n. 2. p. 127. 1902.
1 Patholodsche Anatomie des Ohres p. 120. Berlin
^ Ztschr. f. Ohrenhkde. XTiTT. 1. p. 32. 1902.
aussenden, besonders gegen das Epithel hin, wo
sie zwischen die Zellen des letzteren eindringen
und an den Kittflächen bis gegen die freie Ober-
fläche ziehen. Im weiteren Verlaufe verliert das
Epithel seine Basalmembran, wird niedriger, mehr
cubisch oder glatt, die Bindegewebe- und Epithel-
zellen rficken ganz nahe aneinander und ihre
Grenzen verschwinden. Noch später bildet sich
an der äusseren Grenze der inneren Bindegewebe-
zone durch dichtere Aneinanderlagerung der läng-
lichen Bindegewebezellen ein sich immer schärfer
ausprägender, reichlich gefässhaltiger Streifen, der
oben ziemlich ddnn an der Ansatzstelle der Mem-
brana Reissnerl beginnt, gegen die Mitte dicker
wird und an der Prominentia spiralis wieder
als dflnne Schicht endet. An der entwickelten
Stria vascularis endlich lassen sich drei, anfangs
noch deutlich gesonderte, weiterhin mehr ver-
wischte Schichten unterscheiden. Die dickste unter
ihnen ist die mittlere, aus lockerem Bindegewebe
mit kpärlichen runden oder ovalen Kernen, in
ihrer ganzen Ausdehnung mit capillaren, längliche
Maschen bildenden Blutgefässen versehen und von
bräunlichem Pigment, in Zellen oder später mehr
frei, durchsetzt. Die innerste Schicht ist die ver-
schwommene, in die mittlere übergehende einfache
Epithellage, die äussere der erwähnte Bindegewebe-
zug mit den eingelagerten länglichen Kernen. Am
oberen und unteren zugeschärften Rande der Stria
vascularis verschwindet die mittlere Schicht und
die innere und äussere berühren sich unmittelbar.
Hervorgehoben wird, dass durchgängig die Epithel-
lage der Stria vascularis einschichtig ist, und dass
sie an ihrer Basis zwar mit Blutgefässen in Be-
rührung treten kann, nie aber solche in sich auf-
nimmt
Die Membrana teäoria entsteht nach Joseph i)
dadurch, dass die die freie Oberfläche des Epithels des
Schnecken kanales anfänglich in ihrer Totalität über-
ziehende äusserst dünne Cuticula später an be-
stimmter Stelle ein bedeutendes Dicken wachsthum
erfährt. Auf Grund dessen hängt die entwickelte
Membrana tectoria nicht froi in die Endolymphe
hinein, sondern ist an den Schlussrahmen befestigt,
in der Weise, dass ihre Faserung in die feine
Cuticula übergeht, die das Epithel des Sulcus ex-
ternus, der Stria vascularis und der Reissner'schen
Membran überzieht und von letzterer wieder über
die Crista spiralis hinweg in den axialen Theil der
Membrana tectoria zurückläuft.
Das bei allen untersuchten Säugethieren im
Grunde des inneren GehOrganges gelegene Ganglion
vestibuläre besteht nach Alexander^) aus zwei
selbständigen, flachkugeligen oder scheibenförmigen
Theilen, dem etwas grösseren Ganglion vestibuläre
superius s. radicis superioris und dem Ganglion
1) Oesterr. otol. Oes. 1902 s. Mon.-Sohr. f. Ohrenhkde.
XXXVl. 8. p. 325. 1902.
>) Aroh. f. Ohrenhkde. LI. 2 a. 3. p. 109. 1901,
32
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
vestibuläre inferius s. radicis mediae, die beide
durch eine an der Crista transversa gelegene,
schmale, Ganglienzellen und Nervenfasern ent-
haltende mittlere Zone, den Isthmus ganglionaris,
verbunden sind. In diesen Oanglien finden aüe
von den vestibulären Nervenendstellen kommen-
den Acusticusftste ihre erste Unterbrechung. Die
Oanglienzellen der beiden Yestibularganglien ge-
hören dem Systeme der bipolaren Nervenzellen an.
Die Oesammtheit ihrer centralen FortsAtze wird
zur oberen (aus dem oberen Ganglion) und mittleren
(aus dem unteren Ganglion) Wurzel des HGrnerven,
die peripherischen Fortsätze bilden die von den
6 vestibulären Nervenendstellen in die beiden
Ganglien sich erstreckenden NervenAste, und zwar
endet der Nervus utriculo-ampuUaris ausschliess-
lich im oberen Yestibularganglien, der Nervus
saccularis und Nervus ampullaris posterior zum
grOssten Theile im unteren Yestibularganglien,
während ein kleiner Theil ihrer Fasern durch den
Isthmus in das obere Ganglion geht. Ob ausser
den letzteren FaserzOgen im Isthmus auch solche
verlaufen, die einzelne Ganglienzellen des oberen
mit solchen des unteren Yestibularganglion ver-
binden, kann zur Zeit noch nicht sicher entschie-
den werden. Im Hörnerven mancher Säuger sind
namentlich in seinem dem Gehirn nahen Abschnitte
noch Ganglienzellen verstreut oder in einzelnen
ZQgen anzutreffen, die in Gestalt und Form den-
jenigen des Centralnervensystems gleichen; sie
entsprechen in ihrer Gesammtheit wahrscheinlich
einem peripheriewärts vorgeschobenen Acusticus-
kerne. In den Wurzeln und Aesten des HGrnerven
werden sonst vereinzelte Ganglienzellen oder
Ganglienzellengruppen (vom Charakter der Zellen
der Yestibularganglien) nur ausnahmeweise ge-
funden und sind nicht als regelmässige Bildungen
zu betrachten. Insbesondere kommt dem Nervus
ampullaris posterior ein selbständiges Ganglien-
knötchen in der Norm nicht zu. Das Ganglion
vestibuläre ist mit dem Ghinglion geniculi durch
einen Nervenfaserstrang verbunden, in den sich bei
vielen der untersuchten Thiere von beiden Ganglien
her Nervenzellen erstreckten, ja bei manchen liess
sich sogar ein continuirlich von dem Ganglion
vestibuläre superius in das Ganglion geniculi
reichender Ganglienzellenstreifen nachweisen. Die
Ganglienzellen der Yestibularganglien sind unter-
einander, ebenso wie ihre Nervenfasern, an Grösse
sehr verschieden, sie sind jedoch immer bedeutend
grösser als die Zellen des Ganglion spirale und
mehr oder weniger kleiner als die Zellen des
Ganglion geniculi. Die Grösse der Ganglienzellen
und die Dicke der Nervenfasern entsprechen ein-
ander in der Weise, dass einer grösseren Nervenzelle
jedesmal auch eine dickere Nervenfaser angehört
Um den centralen Verlauf des Nervus veaiümiarü
zu bestimmen, hat BiehH) ihn beim Schafe intra-
craniell und isolirt durchschnitten. Bei späterer
Untersuchung der Präparate ergab sich, dass die
Yestibularisfasern zuerst zwischen spinaler Trige-
minuswurzel und Corpus restiforme sich durdli-
zwängen, dann dorsal von ersterer gegen den drei-
eckigen und den grosszeliigen Kern und weiter in
ihrer Hauptmasse gegen die Centralganglien des
Wurms, vor Allem in die Dachkerne ziehen, und
dass die absteigende Wurzel bis tief in das Haie-
mark, wo sie zwischen absteigender Y. Wuixel
und Burdach'schem Strange liegt, zu verfolgen ist.
Die als mediale Bahn benannten Fasern des Nervus
acusticus im Himstamme stellen mithin nadi
Biehl dessen vestibulären An theil dar.
üeber das Labyrinihpigmeni des Menschen und
der höheren Säugethiere hat A 1 e x a n d e r ^) sehr
eingehende Untersuchungen angestellt, bei denen
er das morphologische und mikrochemische Ver-
halten, die Topographie, die Stellung des Labyrinth-
pigments zu den übrigen Körperpigmenten und das
vergleichend-anatomische Yerhalten des Labyrinth-
pigments in den Kreis der Betrachtung gesogen
hat Dabei werden auch eigene Beobachtunge-
resultate über den feineren Bau des perUympha-^
tischen Gewebes des Labyrinthes mitgetheilt. Die
Arbeit eignet sich wegen der Fülle des Gebotenen
nicht für einen kurzen Auszug und es muss daher
auf das Original verwiesen werden. Ferner be-
schreibt Alexander >) einige „att/pische^' OewAe-
bildungen im häutigen Labyrinth, d. h. Abweichun-
gen von dem gewöhnlichen Befunde, die aber noch
als zur Norm gehörig angesehen werden müssen.
Dahin rechnet er im Bereiche der epithelialen Wände
umschriebene knötchenförmige Yerdickungen im rein epi-
thelialen Abschnitte (im Gegensätze zum neoroepiüie-
lialen), die höchst selten durch die Epithelzellen selbst,
meist durch das darunterliegende pehlymphatische
(Binde-)6ewebe erzeugt werden. Sodann im Ductus endo-
lymphaticus namentlich von Embryonen umschriebene,
in das Lumen vorspringende Falten durch mehrschichtige
Uebereinanderlagerung der Epithclzellen und endlich
cystonähnliche Bildungen im Epithel ohne besonderen
Inhalt An den Nervenendstellen (Macula utriculi und
sacculi, Gristae ampuUares) werden, zumal beim Men-
schen, nicht sehr selten Neuroepithellücken beobachtet,
ausserdem wird als seltenerer Befund das Auftreten von
Epithelzellen im Nearoepithel geschildert, die einen hohlen,
nach der Basis des Neuroepithels gerichteten Fortsatz
bilden nach Art der Embryonalanlage eines Drüsen -
alveolus angeordnet.
Zum Schlüsse wären noch 2 Arbeiten ent-
wickelungsgeschichtlichen Inhaltes zu erwfthnen,
die ebenfalls von Alexander herrQhren und von
denen die eine') sich mit der Eniunckelung des
Ductus endolymphaticus (Becessus labyrinthij , die
andere^) mit der Entwickelung und dem Bau der
Pars inferior labyrinthi der höheren Säugethiere
beschäftigt
1) Yerhandl. d. deutschen otol. Ges. X. p. 155. 1901.
1) Arch. f. mikroskop. Anat u. Entw.-Oesch. LVTH
1. p. 134. 1901.
s) Arch. f. Ohrenhkde. LY. 1 u. 2. p. 54. 1902.
>) Arch. f. Ohrenhkde. LU. 1 u. 2. p. 18. 1901.
4) Denkschr. d. math.-phys. Klasse d. kaiseri. AkacL
d. Wiss. in Wien LXX. 1900.
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
33
3) Zur Physiologie des mittleren
Ohres, Die Art der Sekattübertragung auf das
Labifrintk, bez. die darüber von Helmholtz auf-
gestellte Theorie ist in den letzten Jahren wieder
mehrfach der Erörterung unterzogen worden.
Ziffimermann^) hält auch den ihm von Esch-
weiler *) und Anderen gemachten Einwänden
g^enüber an seiner Auffassung fest, dass alle
Schallschwingungen der äusseren Luft sich durch
das Trommelfell hindurch molekular auf die Luft
des Mittelohree und den Knochen des Promon-
torium übertragen, von welchem letzteren aus die
rings an seiner Innenwand ausgespannten Radiär-
em zwar sämmtlich molekular bewegt, jedoch
nor diejenigen in stehende Schwingungen versetzt
werden, die mit den in der Schallmasse enthal-
tenen Einzelschwingungen gleichgestimmt sind;
dass femer die Gehörknöchelchen kette mit ihren
Muskeln und dem Trommelfell einen Schutz- und
Aooommodationapparat bildet, der bei Einwirkung
von Schallwellen grosser Amplitude und Wellen-
länge sich als Ganzes nach innen bewegt und die
LibyrinthflÜBsigkeit *) feststellt, noch ehe die
Schallwelle durch die Paukenhöhlenluft hindurch
das Promontorium erreicht hat, andererseits reflek-
tcffisoh, unter Vermittelung der Binnenmuskeln,
durch abstufbares Einwärtsrücken der Steigbügel-
platte eine genaue Einstellung auf die Amplitude
des deutlichsten Harens ermöglicht und ein langes
Nachklingen besonders der für die tiefen Tonlagen
in Frage kommenden Fasern verhindert.
Kleinschmidt^) hält nach den im Gehör-
apparat vorliegenden physikalischen Verbältnissen
die Annahme für geboten, dass die tiefen und die
hohen Töne in verschiedener Art dem Labyrinth
fibermittelt würden. Für die tiefen Töne soll
dieses die „Paukenluftsäule^S d. h. die im Antrum
Bastoideum, der Paukenhöhle und der knöchernen
Tuba Eustachii abgeschlossene Luftsäule besorgen,
in der Weise, dass die Bewegungen von der als
Qinzes schwingenden Luft der Paukenhöhle auf
die Membran des runden Fensters und von da auf
die LabyrinthflÜBsigkeit übergingen. Denn die
tiefen Töne pflanzen sich, wie Kleinschmidt
doreh Versuche nachgewiesen hat, zwar sehr leicht
von der Luft auf das Wasser fort, dagegen setzen
ihnen feste Körper einen sehr grossen Widerstand
entgegen, so dass die Möglichkeit, sie könnten,
nnud bei kleinen Amplituden, die knöcherne
LabyriDthkapsel durchschreiten, kaum zuzulassen
0 Arch. f. Ohrenhkde. LVI. 1 u. 2. p. 40. 1902. —
MtBchn. med. Wchnschr. XLIX. 50. 1902.
«) Arch. f. Ohrenhkde. LV. 1 u. 2. p. 59. 1902.
^ Das Labyrinthwasser wird nach Zimmermann
^ aekondär durch die Schwbgungen der Radiärfasern
iB Bewegung gesetzt, der Druck, unter welchem es steht,
ist aber für das Zustandekommen dieser Schwingungen
von grossem Einflüsse. Als Ausweiohestelle für das
l'ibjnnthwaBser dient die Membran des runden Fensters.
4) Ztachr. f. Ohrenhkde. XXXIX. 3. p. 200. 1901 u.
Ebenda XXXIX. 4. p. 352. 1901.
lled.Jahrbb. Bd. 281. Hft. 1.
ist Anders liegt es aber bei den hohen Tönen,
die nur sehr schwer von der Luft auf das Wasser
übertragen werden. Für sie ist die Möglichkeit
eines Oelangens an den Hörnerven durch Vermit-
telung eines flüssigen Medium daher so gut wie
ausgeschlossen, vielmehr durchziehen sie als fort-
schreitende Wellen direkt die Luft der Pauken*
•
höhle und den Labyrinthkapselknochen und setzen
von letzterem aus die ihnen entsprechenden Fasern
der Basilarmembran in Bewegung. Dass im Sinne
der Helmholtz 'sehen Hypothese die Qehör-
knöchelchenkette bei der Fortleitung der Schall-
wellen zum Labyrinth die Hauptrolle spielen könnte,
bestreitet Eleinschmidt entschieden, einmal,
weil nicht bewiesen sei, dass die Schwingungen
vom Trommelfell auf die Enöchelchen kette exakt
übertragen werden, und weil zweitens, selbst dieses
zugegeben, die Kette die ihr zuertheilten Bewegun-
gen nicht genau dem Labyrinth wasser übermitteln,
sondern dabei federn würde. Auch er sieht die
Oehörknöchelohenkette wesentlich als Dämpfungs-,
bez. Schutzapparat des Labyrinthes an, sei es, dass
sie vom Trommelfell aus oder durch die Binnen-
muskeln in Bewegung gesetzt werde. Das Erstere
geschieht bei allen stärkeren Schalleinwirkungen
und hat durch die In- und Exkursionen der Stapes-
fusspiatte eine Schwächung der vom runden Fenster
herkommenden stärkeren Stoss wellen des Laby-
rinthwassers, also eine Dämpfung des Schalles im
Labyrinth zur Folge. Die Binnenmuskeln dienen
als Schutz gegen allzu starken Schall, wobei der
Tensor tympani durch Einwärtsspannung des
Trommelfells die Paukenlnftsäule in ihrer Be-
wegungsfähigkeit hemmt, während der M. stape-
dius dasselbe beim Labyrinth wasser erreicht, indem
er die Fussplatte nach aussen zieht und damit die
Membran des runden Fensters nach einwärts saugt
Wenn beide Binnenmuskeln zusammen wirken,
werden Paukenluft und Labyrinthwasser in ihrer
Bewegung gehindert und das Ohr befindet sich in
extremer Abwehrstellung.
Secohi^), der die Grundzüge seiner Theorie
übrigens schon im Jahre 1890 ausgesprochen hat,
nimmt für alle Töne, die hohen sowohl wie die
tiefen, die Ueberleitung zum Labyrinth durch die
Luft der Paukenhöhle und die Membran des run-
den Fensters an. Bei seinen an Katzen und Hun-
den vorgenommenen Versuchen hat er gefunden,
dass die Luft der Paukenhöhle unter einem etwa um
4 mm Alkohol höheren Drucke als die äussere Luft
steht, ein Ueberdruck, der gewöhnlich durch den
Schluokakt — bei dem sich anfangs die Tuba
öffnet, dann ihr Rachenende sich schliesst und
darauf die Luft durch den Salpingopharyngeus in
die Paukenhöhle gepresst wird — , unter Umstän-
den aber auch durch die Thätigkeit der Binnen-
muskeln des Ohres hervorgerufen wird. Letztere
*) La finestra rotunda e la sola via dei sucni daH'aria
al labirinto. Turin 1902. Unione tipografica editrioe.
34
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
oontrahiren sich reflektorisch und erzeugen dadurch
eine Druckerhöhung bei jedem, auch dem leisesten
Tone, der die Aufmerksamkeit des Thieres erregt,
während sie bei selbst lauteren, aber dem Thiere
bekannten Oehöreindrüoken in Ruhe bleiben. Die
grösste Druckerhöhung, bis zu 7 — 8 mm, tritt bei
der plötzlichen und unerwarteten Einwirkung sehr
lauter Töne ein ; sie dauert an, so lange der er-
regende Ton anhält. Ist durch einen Ton der
Druck in der Paukenhöhle bereits gesteigert und
wirken dann in Intervallen noch andere intensivere
und sich schneller folgende Töne ein, so zeigt das
Manometer eben so viele weitere entsprechende
Druckerhöhungen an. Die in solcher Weise zu
erzeugenden Drucksteigerungen werden niedriger,
wenn die Sehne des Tensor tympani durchschnitten
worden ist, und sie hören auf, wenn ausserdem
noch eine Durchtrennung derStapediussehne statt-
findet In tiefer Chloroformnarkose bleiben diese
Reaktionen erhalten, Chloralhydrat und noch mehr
Curare bewirken eine Abnahme, Strychnin eine
Zunahme derselben. Wird der Pens durchschnit-
ten, so tritt die Reaktion prompter ein, jedoch ist
die manometrische Schwankung weniger ausgiebig.
Secchi schliesst aus diesen Yersuchsergebnissen,
dass dieOehörknöchelchenkette durch die Wirkung
der Binnenmuskeln den Paukenhöhlendruck beim
bewussten aufmerksamen Hörakte regelt, dass sie
die Aufmerksamkeit beim unbewussten Hörakte
weckt und so das Organ gegen Detonationen oder
bei andauerndem Lärme schützt. Als Weg der
Schallübertragung auf das Labyrinth kommt nach
ihm die Oehörknöchelchenkette nicht in Betracht,
eben so wenig das Trommelfell, das nur zum Ab-
schluss der Paukenhöhlenluft und passiv zur Re-
gulirung ihres Druckes dient. Die Warzenzellen
haben den Werth, die sonst störend eingreifenden
Resonanzerscheinungen zum Wegfall zu bringen.
Treitel^} spricht sich, nachdem er die neueren
Versuche zur Revision der Heim hol tz 'sehen
Theorie von der Schallfortpflanzung im Ohre einer
eingehenden Kritik unterzogen hat, dahin aus,
dass diese Bestrebungen immerhin zu gewissen
Ergebnissen geführt haben. So wäre jedenfalls
die von Helmholtz aufgestellte Resonanztheorie,
nach der das Trommelfell als Resonator für aUe
Töne mitschwingen sollte, durch Eleinschmidt
und Zimmermann als unhaltbar bewiesen wor-
den. Femer wird man, gestützt auf deren physi-
kalische und physiologische Ausführungen, die
Möglichkeit zulassen müssen, dass der Schall
durch das Gehörorgan in molekularen Schwin-
gungen fortschreitet Diese Möglichkeit aber zu-
gegeben, ist die Oehörknöchelchenkette zur Schall-
leitung nicht mehr unbedingt erforderlich, sondern
braucht nur noch zur Abschwächung starker Schall-
erregungen, bez. zur Dämpfung zu dienen. Die
Frage, in welcher Art die Fasern der Membrana
«) Ztschr. f. Ohrenhkde. XLI. 4. p. 315. 1902.
basilaris durch die Schallwellen erregt werden,
muss desgleichen noch ofifen gelassen werden«
Dass diese Erregung zum wenigsten bei der Eopf-
knochenleitung auch ohne Betheiligung des sogen.
SchaiUeitungsapparates stattfinden kann, wird durch
die Fälle von Defekt des Trommelfells und von
Fixation des Steigbügels mit der bei ihnen vor-
handenen verlängerten Enochenleitung bewiesen.
Donnert^) berichtet über Versuche über das
Mittönen und ist dabei zu dem Ergebnisse gekom-
men, dass sich zwei Körper im gleichen Medium
am besten zum Mittönen erregen, wenn sie von
gleicher Abstimmung sind, in verschiedenen Medien,
wenn sie von adäquater Abstimmung sind, d. h.
wenn der erregende, unter der Einwirkung des
einen Medium stehende Körper mit derselben
Schwingungzahl schwingt wie der zu erregende,
unter der Einwirkung des anderen Medium stehende
Körper. So wird z. B. der Ton einer in Wasser
schwingenden Stimmgabel um l^i — 2 Tonatufen
tiefer. Die Uebertragung des Tones von der in
der Luft schwingenden Stimmgabel auf die im
Wasser befindliche gelingt leicht, wenn man den
Stiel der ersteren mit dem Stiel der zweiten oder
mit einer beliebigen Stelle des Qefässes oder auch
nur mit der Flüssigkeit in Berührung bringt. Da-
gegen gelingt es viel schwerer, die im Wasser
befindliche Stimmgabel von einer frei in der Luft
schwingenden, die mit ihr keine feste oder flüssige
Verbindung hat, zur Resonanz zu bringen, und es
bedarf hier eines besonderen Hülfsapparates, um
dieses zu erzielen.
Letzterer besteht ans einem feinen kurzen Stäbchen
aus Holz oder Knochen oder einem feinen Eisen- oder
Süberdraht (einer Art Colamella), der auf einem Ende
eine kleine Platte aas Onmmi, Glimmer, Wachs oder
dergleichen trägt. Diese wird mit der im Wasser befind-
lichen Gabel in Berührung gebracht, während das andere
£nde des Stäbchens mit dem Ende der einen Branche
der in der Luft schwingenden Stimmgabel in Verbindung
steht In gleicherweise kann man auch einen kleinen,
durch eine dünne Gummimembran abgeschlossenen Sohall-
trichter an der Mitte der Membran mit einem Stäbchen
armiren und dann den adäquaten Stimmgabelton in den
Schalltrichter hineinleiten, eine Versuchsanordnung, die
dem physiologischen Hören in Luftleitung zu vergleichen
ist, indem der Schalltrichter den äusseren Gehörgang,
die ihn abschliessende Membran das Trommelfell, die
Columella die Gehörknöcheichenkette und die kleine
Platte den Steigbügel darstellt.
Es wird also, wie es die Helmholtz 'sehe
Hypothese ausspricht, auch nach den Versuchen
Donnert 's die Schaliabertragung in Luftleitting
zugeführter Töne am besten durch Zwischenla^e-
rung einer Oehörknöchelchenkette zwischen Trom-
melfell und peroipirendem Organe ermöglicht, w^äh*
rend für das Hören in Enochenleitung ein äusserer
Hülfsapparat allerdings nicht erforderlich ist.
M a d e r ^j schildert Versuche mit einer von ihm
1) Arch. f. Ohrenhkde. Uli. p. 26. 1901.
*) Verhandl. d. kais. Akad. d. Wissensch. in Wien
(math.-naturw. Klasse) CIX. 3; Febr. 1900. — Verhandl.
d. intemat. med. Congr. in Paris 1900.
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
35
als „Otomikrophon*' bezeichneten Anordnung, bei
denen er (52 grosse Versuchsreihen mit 757 Einzel-
Tersuchen) zu folgenden Ergebnissen gekommen
ist Wenngleich das Trommelfell bei Schallerre-
gungen in toto schwingt, betheiligen sich hierbei
seine einzelnen Abschnitte doch nicht in gleicher
Weise, vielmehr sind sowohl bei Tönen, als bei
Oerloschen die Exkursionen des hinteren unteren
Trommelfellquadranten am grössten, die des vor-
doen oberen am kleinsten. Ferner Hess sich der
experimentelle Nachweis fQr die von Helmholtz
aufgestellte Behauptung erbringen, dass die ge-
wölbte Form des Trommelfelles ihre Bedeutung in
der dadurch besonders günstigen Kraftübertragung
auf den Hammergriff findet Die GehGrknOchel-
chenkette hat, wie ebenfalls von Helmholtz
richtig angegeben worden ist, die Aufgabe, durch
Hebelwirkung eine Bewegung von grosser Ampli-
tude und geringer Kraft in eine solche von ge-
ringer Amplitude und grosser Kraft umzuwandeln.
Jedoch liegt innen die grösste Kraftwirkung nicht
etwa am Steigbügel, sondern am Ende des langen
Ambosschenkels , indem nämlich der Steigbügel
gar nicht mehr zur Hebelvorrichtung gehört, viel-
mehr schon einen Tbeil der zu bewegenden Last
darstellt Der Steigbügel macht bei seinem Ein-
wärtsrücken nicht die von Mach und Kessel
behauptete drehende Bewegung; die Steigbügel-
platte zeigt die grüsste Kraftwirkung in der Mitte,
dann erst am oberen Rande, etwas weniger am
vorderen Pole und am wenigsten am unteren
Bande. Die Steigbügelplatte wird in bedeutend
stärkere Schwingungen versetzt mit Hülfe des
Trommelfelles, als wenn letzteres fehlt, der Schall
also direkt auf die Stapesplatte einwirkt. In Be-
log auf die Knochenleitung wurde gefunden, dass
die Schädelknochen schon von relativ schwachen
Sdiallwellen der Luft in ziemlich erhebliche
Schwingungen versetzt werden künnen und diese
mit ziemlicher Kraft wieder abgeben, sodann, dass
auch für sehr leise durch die Luft dem Gehör-
organe zugeleitete Töne eine intracranielle Leitung
TOD Ohr zu Ohr statthat Durch Entfernung des
Trommelfelles wird die Knochenleitung gesteigert,
weil nämlich die lebendigen Kräfte, die früher
Tom Trommelfelle aufgefangen und auf die Gehür-
knScfaelchenkette übertragen wurden, jetzt zum
Theile wenigstens den knOchemen Wänden der
Ftakenhöhle mitgetheilt werden, so dass die Felsen-
beinmasse in lebhaftere Schwingungen gerathen
aass. Die dem Knochen mitgetheilten Schwin-
gungen gelangen an das Labyrinth wahrscheinlich
Torzugsweise auf dem sogen, osteotympanalen
Wege, wobei jedoch weder das Trommelfell, noch
mh kaum Hammer oder Ambos, sondern fast
aBein die direkte Zuleitung durch die Steigbügel-
platte in Betracht kommt Ausserdem giebt es
aber auch noch eine reine Knochenleitung, bei der
d&rch die Schwingungen im Knochen selbst eine
abwediaelnde Verkleinerung und Yergrüsserung
der labyrinthären Hohlräume und somit eine Ein-
wirkung auf das Labyrinthwasser stattfindet
Für die Bedeutung des M, tensor tympani und
stapediua als Accommodationmuskeln des Ohres
tritt Hensen ^} wieder auf Grund neuer Versuche
ein. Das Reflexcentrum für den Tensor tympani
erstreckt sich nach Hammerschlag*) über die
oberen zwei Dritttheile der Fossa rhomboidalis.
Seine obere Grenze reicht fast unmittelbar an die
hinteren Vierhügel heran, seine untere Grenze liegt
im caudalen Theile der Medulla oblongata, und
zwar, wenn man die Länge des 4. Ventrikels vom
Calamus scriptorius bis zu dem die hinteren Vier-
hügel verbindenden Frenulum in drei gleiche Theile
theilt, an der Grenze zwischen mittlerem und cau-
dalem Dritttheile. Von der Existenz des Gross-
hirns ist der Tensorreflex vollständig unabhängig.
Nach Ostmann >J hat die reflektorische Zuckung
des M. stapedius beim plötzlichen Aufhorchen den
Zweck, durch ganz geringe Abflachung des Trom-
melfelles und Verminderung des Labyrinthdruckes
das Ohr auf die denkbar höchste Leistung einzu-
stellen, eine Wirkung, die noch über die Dauer
der Zuckung hinaus anhält, weil das einmal in
Schwingung versetzte Trommelfell auch in der
Folge leichter mitschwingt und der einmal erregte
Hörnerv besser percipirt Der beim unwillkür-
lichen und wahrscheinlich desgleichen beim will-
kürlichen Lauschen dem Stapedius mitgetheilte
Impuls geht auf die Gesichtsfasem des Facialis
über und bringt Contraktionen der Gesichtsmus-
kulatur hervor. Letztere sind von Ost mann
beim willkürlichen Lauschen studirt worden und
erstrecken sich, wo sie, wie meist, vorhanden sind,
besonders auf die Umgebung des Mundes, indem
die Lippen fester auf einander gepresst werden
oder der zuvor geschlossene Mund leicht geöffnet
.oder etwas nach der Lauschseite hin verzogen
wird, bez. sich auch wiederholte Zuckungen der
Gesichtsmuskulatur auf der Lauschseite einstellen.
Dem Gefühle nach wird beim plötzlichen Auf-
horchen und beim willkQrlichen Lauschen auch
das Ghiumensegel gehoben und während des Lausch-
aktes in dieser Stellung gehalten.
4) Zur Physiologie des inneren Ohres,
Behufs Ergründung der F\4nlUion der Bogengänge
sind in den letzten Jahren vielfach weitere Unter-
suchungen an den japanischen Tanzmäusen vor-
genommen worden. Alexander und KreidM)
haben gefunden, dass die japanischen Tanzmäuse
auf keinerlei Schalleindrücke reagiren, dass sie
einigermaassen schwierigeren Aufgaben, ihr Körper-
gleichgewicht zu erhalten, nicht gewachsen sind
und dass sie im Mach 'sehen Cyklostaten keinen
«) Aroh. f. Physiol. LXXXVH. 8 n. 9. p. 355. 1901.
«) Aroh. f. Ohrenhkde. LVI. 3 u. 4. p. 157. 1902.
») Arcb. f. Ohrenhkde. LIV. 3 n. 4. p. 209. 1902.
*) Oesterr. otol. Ges. s. Mon.-Schr. f. Ohrenhkde.
XXXV. 2. p. 78. 1901. — Arch. f. Physiol. LXXXII.
p. 541. 1900. — Ebenda LXXXVIÜ. p. 509. 564. 1901.
36
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
Drehschwindel zeigen, während sie sich der gal-
vanischen Durchströmung des Kopfes gegenüber
wie normale Thiere verhalten. Als anatomische
Yeränderungen, die den während des Lebens be-
obachteten abnorolen Bewegungsersoheinungen und
der Taubheit entsprechen, ergaben sich bei der
Sektion : Zerstörung der Papilla basilaris Cochleae,
sowie desgleichen der Macula sacculi, Verdünnung
der Aeste und Wurzeln des Ramus superior und
medius nervi octavi durch Verminderung der Zahl
der Nervenfasern und lockere Bündelung, sehr
starke Verdünnung des Elamus inferior nervi octavi
(N. Cochleae) in derselben Weise, Verkleinerung
der beiden Vestibularganglien und sehr starker
Schwund des Oanglion spirale. Alexander und
Ereidl halten diese Labyrinthveränderungen für
angeboren. Bei den jungen Tanzmäusen lassen
sich bereits die gleichen Hör- und Bewegung-
störungen wie bei den erwachsenen nachweisen.
P a n s e ^) wendet sich gegen die von R a w i t z
ausgesprochene Ansicht, nach der sich die Tanz-
mäuse im Räume nicht Orientiren könnten, weil
sie taub seien. Er fand bei seinen Präparaten
keine wesentlichen Verschiedenheiten im Oleich-
gewicht- und Oehörorgane der Haus- und Tanz-
maus. Die von Rawitz beobachtete Degenera-
tion des Schneckenepithels fehlte, das Corti'sche
Organ war im Oegentheile durchweg sehr schön
erhalten. Die Ursache des Tanzens dürfte wohl
centraler, vermuthlich im Kleinhirn, liegen. Die
Auffassung der Bogengänge und Säcke als Gleich-
gewichtsorgane hält Pause durch die Unter-
suchungen von Rawitz für nicht im Mindesten
erschüttert
Z 0 1 h *} bestätigt das Fehlen des Drehschwin-
dels und sicherer akustischer Reaktionen bei den
japanischen Tanzmäusen. Im Gegensätze zu Cy on
hat er bei seinen Thieren gefunden, dass sie unter
Umständen ohne Schwierigkeit auch die gerade
Richtung einhielten und ganz geschickt auf be-
schränktem Räume umkehren und rücklings gehen
konnten. Das „Gleichgewichtsvermögen" der Tanz-
mäuse erwies sich ihm im Allgemeinen als sehr
vollkommen. Wenn unter besonderen Verhältnis-
sen sich anscheinend eine Herabsetzung desselben
zeigte, so dürfte dieses nach Zoth wohl kaum
auf eine Art Gesichtschwindel, sondern zum Theil
auf die. Aufgeregtheit und Unruhe der Thiere, zum
anderen Theile aber auf eine verminderte Leistungs-
fähigkeit ihres Muskelapparates zurückzuführen
sein, wofür spricht, dass sich jene Unsicherheit
ziemlich vollkommen beheben lässt, wenn man
den Thieren durch Anbringung rauher Flächen das
Festhalten erleichtert. Die Orientirung über die
Lage des Körpers in Bezug auf die Horizontale
und Vertikale schien auch ohne Mithülfe des Ge-
sichtsinnes gut von Statten zu gehen. Ferner be-
wegten sich die Thiere, abweichend von den Ver-
Buchsergebnissen C y o n 's, auf schiefer Ebene und
in der vertikalen Richtung gut nach aufwärts und
abwärts, wenn ihnen nur durch entsprechend rauhe
Flächen das Festhalten erleichtert wurde ; aioh auf
glatten Flächen und Körpern zu erhalten, daran
hindert sie lediglich ihre Muskelschwäche. Auf
Grund dieser Befunde und der noch nicht gekl&r-
ten Widersprüche hinsichtlich des anatomischen
Verhaltens der Bogengänge bei den Tanzmäusen
kann sich Zoth den von 0 y o n gezogenen Folge-
rungen auf den „Raumsinn'^ nicht anschliessend
doch scheint es auch ihm naheliegend, den Mangel
des Drehschwindels und die wohl daher rührende
Ausbildung der Tanzbewegungen, sowie desgleichen
die Muskelschwäche mit Vorbildungen des Laby-
rinths in Zusammenhang zu bringen.
Cyon ^) berichtet über neuere Beobachtungen,
nach denen sich zwei in ihrem Aeusseren, ihrem
physiologischen Verhalten und den nach der
Tödtung gefundenen anatomischen Veränderungen
des Labyrinths verschiedene Gruppen von Tanz-
mäusen unterscheiden lassen.
Die erste, die den albinotischea Mäusen ähnelt,
zeichnete sich dadarch aus, dass die ihr angehörigen
Thiere zwar ebeofalis die bekannten kreis- oder halb-
kreisförmigen Drehungen in einer horizontalen Ebene
um ihre eigene oder um eine andere beliebige vertikale
Achse ausführten und dass sie sich nicht in gerader
Linie vorwärts zu bewegen vermochten, aber sie kletter-
ten von selbst in vertikaler Richtung an dem Qitter ihres
Käfigs nnd waren wohl im Stande, sich auf einer mit
rauher Fläche versehenen schiefen Ebene festzuhalten.
Gehör für die Töne der Oaltonpfeife war zum Theil vor-
handen, theils fehlte solches. Die Thiere der 2. Gruppe
waren sämmtUch taub und besassen nicht die Fähigkeit
der Bewegung in vertikaler oder in schiefer Ebene.
Diese physiologischen Verschiedenheiten der
Tanzmäuse hängen nach den von Rawitz aus-
geführten anatomischen Untersuchungen von den
wechselnden Verkrüppelungen ab, die die verschie-
denen Bogengänge bei den Thieren erlitten haben.
Constant annähernd gut erhalten ist bei ihnen
nur das sagittale Bogengangpaar, das vertikale tat
häufig stark verbildet und nur ausnahmeweise noch
sichtlich funktionfähig, das horizontale Bogen-
gangpaar ist immer vGllig verkrüppelt. Diese
Vorbildungen sind nicht etwa für eine natürliche
Mäuseabart charakteristisch, sondern sie müssen
als pathologisch- traumatischen Ursprunges auf-
gefasst werden. Es stehen femer die bei den
Tanzmäusen beobachteten Bewegungsanomalien,
nach Cyon mit dem von ihm nachgewiesenen
Gesetze im Einklänge, dass die nach Durchschnei-
dung oder Zerstörung je zweier symmetrischer
Bogengänge auftretenden Kopf- und Körperbewe-
gungen sich stets in der Ebene der operirten Ean&le
vollziehen. Dem entsprechend geschehen die am
meisten charakteristischen Bewegungen der Tanz-
mäuse, und zwar sowohl die willkürlichen als die
gezwungenen, in der Ebene des am stärksten ver-
•) Münchn. med. Wchnschr. XLVm. 13. 1901.
») Arch. f. Physiol. LXXXVI. 3 u. 4. p. 147. 1901.
>) Arch. f. Physiol. LXXXIX. 9 u. 10. p. 427. 1902.
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
37
krfippelten, bez. fast vUlig abwesenden horizon-
talen Bogengangpaares, alsErgebniss des Ausfalles
Bdner normalen Funktion, die Bewegungen in
diesen Richtungen zu bestimmen und zu reguliren.
Die F&higkeit mancher Tanzmäuse, bei Willens-
impulsen die vertikale Richtung einzuschlagen,
hängt wahrscheinlich mit den bei ihnen (freilich
nicht immer) noch gut erhaltenen vertikalen Bogen-
gängen zusammen. Cyon resumirt, dass auch
oacfa den bei den Tanzmäusen gemachten Erfah-
nuigen die Bogengänge zwar nicht als Organ zur
Maitung des Qleichgewichtes , wohl aber als
Sinnesorgan für die Orientirung und für die Vor-
stellung des dreidimensionalen Raumes angesehen
werden mQssen.
In einer zweiten Arbeit ^) berichtet C y o n über
Verenche, die er an sich selbst und 7 anderen
Personen zum Zwecke der Beobachtung der Täu-
Bchungen in der Wahrnehmung der Richtungen
durch das Ohrlabyrinth, im Dunkeln und bei den
verschiedenen Kopfhaltungen, angestellt hat. Auch
die hierbei erhaltenen Ergebnisse werden als Stütze
seiner Auffassung von den Bogengängen als Organ
für den Raumsinn betrachtet.
Asch*) hat durch ein- oder doppelseitige Ent-
fernung der Otolitken bei Fröschen, während der
fibfige Theil des häutigen Liabyrinthes erhalten
hlieb, die Richtigkeit der Maoh-Breuer 'sehen
Hypothese bestätigt, wonach der Otolithenapparat
vorzugsweise zur Reizübermittelung von Progressiv-
bevegnngen, in geringem Orade von Rotationen
dient Fflr letztere wird das Aufnahmeorgan durch
die Bogengänge gebildet. Er achtete besonders
tnf 3 bei den operirten Thieren in veränderter
Weise auftretende Reflexe, nämlich den „Stirn-
reflex" (Emprosthotonus bei Reizung der Stimhaut),
den jJSchreireflex*' und den „Lidreflex" (Lidschluss
dtticb Zurflcksinken des Bulbus bei schroffen Be-
weg:ungschwankungen). Der beim normalen, ge-
£»8dten Frosche unter gleichen Bedingungen vor-
handene Lidrefiex fehlt beim beiderseits seiner
Otolitben beraubten Frosche oder zeigt eine sehr
bedeutende Abschwächung, wenn das Thier rasch
in der vertikalen Richtung oder in der horizontalen
Ebene, sei es von vorn nach hinten oder von rechts
fiach links, bewegt wird. Dagegen lässt er sich
doiüh Drehbewegungen um die Längsachse, Quer-
achse oder die dorso-vertebrale Achse auch dann
noch in normaler Weise auslösen. Nach einseitiger
Operation zeigt sich, dass die Otolitben mit dem
liidreflex der gekreuzten Seite in Verbindung
stehen. Von der Funktion der Optici ist der Lid-
i^ex unabhängig. Das um Vieles erleichterte
Auftreten des Stirn- und Schreireflexes bei den
(^^rirten Fröschen bestätigt die von Ewald nach-
gewiesene Beziehung zwischen Labyrinth und
HuskeltonuB. Li besonderer Beziehung stehen,
«) Arch. f. Physiol. XC. II u. 12. p. 585. 1902.
«) ArcL t Physiol. LXXXVL 3 u. 4. p. 122. 1901.
wie der Stirnreflex beweist, die Otolitben zur
Rücken muskulatur, also denjenigen Muskeln, die
den Körper in horizontale Lage zu bringen und
diese zu erhalten haben, ferner zu den Beugern
der Arme. Durch Entfernung der Otolitben wird
die Rückenmuskulatur geschwächt und auf Grund
dessen eine gesteigerte Erregbarkeit der anta-
gonistischen Brust- und Bauchmuskulatur ver-
anlasst. Der von den Bogengängen und dem
Otolithenapparat ausgehende Muskeltonus bildet
einen indirekten Beweis für die Richtigkeit der
Annahme der statischen Funktion dieser Organe,
da zu seiner Entfaltung in zweckentsprechender
Weise Organe vorhanden sein müssen, die von
jeder Lageveränderung des Körpers Kenntniss
geben. Auch die nach Labyrinthentfernung auf-
tretende Schwächung der Augenmuskeln, sowie
derjenigen des Halses und Kopfes steht zur Er-
haltung des labilen Gleichgewichtes in Beziehung.
Nach Entfernung beider häutigen Labyrinthe ver-
schwinden sämmtliche Lidreflexe bei weiter be-
stehendem Cornealreflex.
Deetjen^) betrachtet die Bogengänge als in
irgend einer Beziehung zum Hörakt stehend. Wenn
man an Kalbsköpfen oder bei Tauben nach Er-
öffnung eines knöchernen Halbcirkelkanales den
Ton einer Klein 'sehen Membranpfeife auf das
Trommelfell einwirken lässt, sieht man an der
Perilymphe zweierlei Bewegungen, nämlich eine
Strömung von den Ampullen nach dem glatten
Ende und eine lebhaft schwingende und tanzende
Bewegung der in der Perilymphe suspendirten
Theilchen. Beide Bewegungen hängen mit den
durch den Schall hervorgerufenen Schwingungen
der Membran des ovalen Fensters zusammen und
besonders die letzterwähnte mussnothwendig durch
die dünne Wand der häutigen Kanäle auf die Endo-
lymphe wirken, wenn sie nicht gar durch ein pri-
märes Mitschwingen der Endolymphe erst erzeugt
worden ist. Jedenfalls kann nach diesen Ver-
suchen das Labyrinthwasser durch Töne in kräf-
tige Bewegung versetzt werden , und D e e t j e n
hält es für schwer glaubhaft, dass ein derartig
unausgesetzt von Schallwellen beeinflussbares Organ
gleichzeitig zur Regulirung der Muskelbewegungen
arbeiten soll.
Für die Fk*nktion der Sehneeke stellt Adler*)
eine von ihm als „Rhythmustheorie des Hörens^*
bezeichnete Hypothese auf. Er ist der Ansicht,
dass die spiralige Aufwindung der Membrana basi-
laris und ihre üeberdachung durch die Reissner'sche
Membran sie sowohl zur Aufnahme genauer „Schall-
bilder''(E w a 1 d) als zu Schwingungen in einzelnen
Abschnitten (v. Helmholtz) ungeeignet machen.
Dagegen erhalte die Membrana basilaris durch jede
Bewegung des Steigbügels nach innen einen Stoss,
der sie nach dem Gesetze von der Fortpflanzung
«) Ztscbr. f. Biol. XXXIX. 2. p. 159. 1900.
2) Ztscbr. f. Ohrenhkde. XLI. 2. p. 143. 1902.
38
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
des Druckes in Flüssigkeiten in ihrer ganzen Aus-
dehnung gleichmässig stark trifft und dessen Inten-
sität von der Kraft der Stapesinkursion abhängig ist
Folgen diese StOsse mit einer gewissen Schnellig-
keit aufeinander, so werden die durch sieereeugten
centralen Erregungen zu einer einzigen Empfin-
dung verschmolzen, und zwar zu der eines reinen
Tones, wenn der Rhythmus der StOsse ein gleich-
massiger ist, während einzelne oder einige wenige
Schallstösse in der Sekunde (und ebenso Beize, die
sich zwar genügend schnell folgen, aber sehr kurz
dauern) gesondert percipirt werden und die Em-
pfindung eines Geräusches geben. Beim Zusammen-
klang zweier oder mehrerer Töne ist der OehOr-
eindruck nur dann ein reiner, vollkommen harmo-
nischer, wenn der Rhythmus gleichmässig bleibt,
d. h. wenn die Schwingungzahl der betreffenden
TOne sich wie x zu nx verhält, was nur bei dem
Orundton und seinen harmonischen Obertönen zu-
trifft Der Qehöreindruck entfernt sich um so
mehr von einem harmonischen, je häufiger inner-
halb einer Periode der Rhythmus abwechselt
Diesen Ausführungen hält Panse^) entgegen,
dass das Orundprincip der Ad 1er 'sehen Hypo-
these, nämlich die gleichmässige Vertheilung des
durch die Steigbügelbewegungen erzeugten Druckes
auf die Membrana basilaris, nur für Hohlräume mit
unnachgiebigen, nicht aber, wie in der Schnecke,
mit theilweise nachgiebigen Wänden zutrifft. Unter
der letztgenannten Bedingung schreitet die Be-
wegung wellenförmig durch die Röhre fort, und
zwar relativ langsam und mit allmählicher Schwä-
chung durch die elastischen Widerstände. Daher
werden hohe Töne mit ihren meist geringen Ampli-
tuden nur am basalen Ende der Schnecke im Stande
sein, die zur Nervenerregung nöthige Schwingung-
stärke hervorzurufen, während die grossen Ampli-
tuden der tiefen Töne bis in die Spitze der Schnecke
wirken können.
II. Pathologie und Therapie.
A. Allgemeines,
1) Hörprüfung. In einer zusammenfassenden
Arbeit über die „Ziele und Wege der Funktion-
prüfung des Ohres" bespricht Zimmermann <)
zuerst die Prüfung mit Taschenuhr und Sprache
und bemerkt, dass bei beiden, wenn man aus der
gefundenen Hörweite die Hörschärfe berechnen
will, das Gesetz der quadratischen Abnahme mit
wachsender Entfernung in Rücksicht gezogen wer-
den muss, so dass z.B. diePerception einer normal
auf 100 cm hörbaren Taschenuhr seitens des Kran-
ken auf 40 cm nicht etwa einer Hörschärfe von
40®/oi sondern nur von 16% entspricht Als
Maassstab für das qualitative Tongehör besitzt die
Sprache nur den Werth eines ungefähren Orien-
tirungsmittels , während zu seiner genauen Fest-
stellung Instrumente mit genau bestimmbaren
Einzeltönen, wie W. W e b e r 's oompensirte Zungen-
pfeife und besonders Stimmgabeln, verwandt wer-
den müssen. Zimmermann spricht sich über
die diagnostische Bedeutung der qualitativen Ton-
prüfung dahin aus, dass bei Ausfallen der hohen
Töne oder bei Tonlücken an verschiedenen Stellen
der Schluss auf eine Lokalisation im Endorgan
selbst, bei Ausfallen der tiefen Töne auf eine
Lokalisation im Mittelohr- (Accommodation-) Appa-
rat und bei einem gleichmässigen Ausfallen der
hohen wie der tiefen Töne auf eine Schädigung
wahrscheinlich am runden Fenster gerechtfertigt
ist Jedoch darf hierbei nicht ausser Acht gelassen
werden, dass tiefe und hohe Stimmgabeln eine
vei-schiedene Schallintensität haben, und es muss
daher für eine gleiche Schallstärke der in Ver-
wendung kommenden Oabeln gesorgt werden. Man
verföhrt zu diesem Zwecke am besten in der Weise,
dass man die Stimmgabeln je nach Bau und Masse
und Schwingungzahl mehr oder weniger stark bis
zu dem Orade anschlägt, dass sie gerade auf
Handbreite von dem Ohre des (normalen) Unter-
suchers noch eben hörbar sind, und dann daoiit
die Entfernung vergleicht, in der sie von dem
Kranken gehört werden. Aus dem Verhältniss
der beiden Werthe lässt sich dann leicht der Werth
der Hörschärfe construiren. Das Besserhören der
auf den Scheitel gesetzten Stimmgabel auf dem
kranken Ohre bei Mittelohraffektionen {Weber*-
scher Versuch) und ebenso die Verlängerung d^
Kopfknochenleitung unter den gleichen Bedingun-
gen (iS0Au7a6a(;A'«e^Fer«tM^)erklärtZi mm er-
mann aus der hier eingetretenen Störung der
Accommodation, in Folge deren die Sohnecken-
fasern und gerade die auf die tiefen Töne resoni-
renden ungehindert in grösserer Breite als normal
schwingen und nachschwingen und ihr peroipi-
render Abschnitt schliesslich überempfindlich wird.
Dem Rinne'schen Versuche legt er nur geringen
Werth bei, weil bei ihm zwei Grössen, die in
keinem constanten Verhältniss zu einander stehen,
nämlich die Schwingungen des Stimmgabelstieles
und der Oabelenden, verglichen werden. Dagegen
betrachtet er den OellS'schen Versuch als ein
werthvoUes Glied in der Reihe der anderen Lokali-
sationbestimmungen. Er betont am Schlüsse noch
einmal, dass es selbst in scheinbar einfachen Fällen
noth wendig ist, sich aller der angeführten HGr-
prüfungsmethoden, und zwar mehrfach, zu bedienen
und ihre Resultate sorgfaltig gegen einander abzu-
wägen, wenn man zu einer sicheren Diagnose über
den Sitz der Hörstörung gelangen will.
Treitel^) bestätigt im Allgemeinen die nach
0. W 0 1 f für die Hörprüfung mit der Sprache in
Betracht kommenden Gesichtspunkte, so das Besser-
hören der Vokale gegenüber den Consonanten und
das um so leichtere Verstehen der letzteren, je
«) Ztsohr. f. Ohrenhkde. XLI. 4. p. 309. 1902.
«) Haug*s klin. Vortr. V. 8. p. 421. 1902.
») Haug^s klin. Vortr. V. 7. p. 403. 1902.
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
39
höher ihr Qrondton in der Skala liegt und je mehr
sich der Consonant vom Charakter eines einfachen
Tones entfernt und sich den aus einer Anzahl
harmonischer Töne zusammengesetzten Klängen
nähert Die Grösse der etwaigen Trommelfell-
perforation und das Aussehen des Trommelfelles
fib^haopt spielt für das Gehör weniger eine Rolle
als vielmehr der Grad der Fixation der Gehör-
knöchelchen und besonders des Steigbügels. Ausser-
dem aber sind neben diesen physikalischen Be-
dingungen auch gewisse psychische für die Be-
schaffenheit des Sprachgehörs maassgebend, nämlich
die Fähigkeit zu combiniren und der Grad der der
Sprache gewidmeten Aufmerksamkeit. Für eine
genaue Prüfung des qualitativen Tongehörs ist die
Sprache unzureichend, vielmehr als bestes Mittel
hierzQ die von Bezold-Edelmann angegebene
ooDtinairliche Tonreihe zu verwenden. Das Wort-
gehör entspricht nicht in allen Fällen dem nach-
gewiesenen Tongehör, so dass einerseits Kinder
mit umfangreichem Tongehör manchmal kein Wort
verstehen, andererseits zuweilen trotz des Fehlens
derTonetrecke von b' bis g" doch ein relativ gutes
Wortgehör vorhanden ist Da beim Sprechen nicht
läne Töne in Frage kommen, sondern stets Ober-
QiuiCntert<)ne mitschwingen, soistesnachTreitel
wohl möglich, dass die Pfeife und die Harmonika
dem menschlichen Klangcharakter der einzelnen
Laute näher als die reinen Stimmgabeltöne liegen,
und dass bei Ausfall der genannten, nach B e z o 1 d
nun Hören unbedingt nöthigen Tonstrecke die
Ober- and Untertöne die betreffenden Laute zum
VersOndniss zu bringen vermögen. Ein bestimmtes
Verldltniss in der Perception für leise und für
laute Sprache ist bei Schwerhörigen nur selten vor-
ittAden, Manche hören sogar Flüstern besser als
liut Gesprochenes , Einzelne letzteres besser in
weiterer Entfernung als in der Nähe. Noch weniger
te sich eine bestimmte Beziehung zwischen der
Hflrweite für die Uhr und für die Sprache con-
Btitiren. Wenn Schwerhörige mitunter behaupten,
durch das Telephon besser zu hören, so ist dieses
vielleicht zum Theil durch die am Telephon meist
teüidiere Aussprache, zum Theil durch eine Art
I^incQsis WiUisii (Besserhören bei Geräuschen)
erklärbar.
um den Besoltaten der Siimmgabdprüfungen mehr
^eitliehkeit zu geben, empfiehlt Ran dal 1*) für jede
^<iahöhe eioe allgemein gültige Läoge und ein ebenBolches
^^hi der Gattin einzuführen. Ferner muss für einen
S'^'cluiiissigeD Anschlag gesorgt werden, was am besten
•a der Weise i\x erzielen ist, dass man die Stimmgabel
■Bit ihrem Stiele aal der Mitte des Oberschenkels aaf-
^t UDd sie dann durch ihr eigenes Gewicht gegen das
Hnskelpolster oberhalb des Knies fallen Ifisst. Bei Yer-
vvthiug dieser Maassnahmen wird es möglich sein, dass
^Tenchiedenen Untersucher mit Stimmgabeltönen von
Steher Inteosität und Daner arbeiten und die erhal-
^ Ergebnisse besser als jetzt mit einander überein-
üeber die Vorgänge bei der Knochen- , ins-
besondere der Kopfknochenleiiung sind von Ma-
der*), Schäfer*), Frey') und Iwanow*)
sehr werthvolle Untersuchungen angestellt worden.
Aus diesen geht hervor, dass in Röhrenknochen
die Fortleitung vorwiegend in der Richtung der
eintretenden Schallwellen geschieht, und zwar
leitet die compakte Gorticalis den Schall besser als
die Spongiosa, sklerotischer Knochen besser als
spongiöser. Am Schädel besitzt die Dura-mater
die grösste Leitungsfähigkeit, der Knochen eine
weit geringere, das Oehirn fast gar .keine. Die
Richtung, die auf den Kopf übertragene Schall-
wellen in dessen knöchernem Theile einschlagen,
ist nach Frey wesentlich abhängig von der Dichte
der Knochensubstanz. Wenn daher von dem Oe-
hörgange der einen Seite Schallwellen ausgehen,
so verbreiten sie sich zwar im ganzen Schädel, sie
werden aber vorzugsweise nach den symmetrischen
Punkten der anderen Schädelhälfte, also zur gegen-
überliegenden Pyramide geleitet Nach Iwanow
liegt das Maximum der Schädelleitung deswegen
in dem der Ansatzstelle der Stimmgabel diametral
gegenüber befindlichen Punkte, weil in sphärischen
Körpern die von der Kugeloberfläche reflektirten
Schallwellen in ihrer Hauptzahl auf eine £bene
fallen, die am anderen Ende des den Punkt der
Stimmgabelansatzstelle schneidenden Durchmessers
liegt. Demnach besteht, wie von allen den ge-
nannten Untersuchern hervorgehoben wird, eine
Schallübertragung von Ohr zu Ohr auf dem Wege
der Knochenleitung, wofür u. A. auch das Vor-
kommen der diotischen Schwebungen spricht
(Schäfer), d. h. das Hören von Schwebungen,
wenn von zwei nahezu gleich gestimmten Stimm-
gabeln mittlerer Tonhöhe die eine vor das rechte,
die andere vor das linke Ohr gehalten wird. Diese
Schallübertragung von Ohr zu Ohr wird durch den
knöchernen Schädel allein vermittelt, ohne wesent-
liche Betheiligung der Gehörknöchelchenkette.
Frey betrachtet den Umstand, dass gerade die
Felsenbeinpyramiden am ganzen Körper die härteste
Knochenmasse besitzen, als dahin wirkend, dass
alle auf den Schädel irgendwie auffallenden Schall-
wellen zu den Oehörorganen geleitet und letztere
selbst in eine zweckdienliche Verbindung unter
einander gebracht werden.
B i n g ^) ist desgleichen der Ansicht, dass bei
der Kopfknochenleiiung die dem Schädel von dem
tönenden Körper (Uhr, Stimmgabel) übermittelten
Schwingungen als molekulare in Form von Ver-
dichtungs- und Verdünnungswellen direkt durch
ISÖL
^ Traosact of the Amer. otol. Soc. XXXIV. p. 546.
>) Verhandl. d. internat. med. Congresses zu Paris
1900. Sond.-Abdr. p. 11.
>) Arch. f. Ohrenhkde. LH. 3 u. 4. p. 151. 1901.
>) Ztsohr. f. Psych, u. Physiol. d. Sinnesorg. XXVIII.
1. 1902.
*) Pirogo ff 'scher Congr. mss. Aerzte in Moskau
1902 s. Arch. f. Ohrenhkde. LVI. 1 u. 2. p. 131. 1902.
») Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. n.s.w. XXXV. 5. p. 213.
1901,
40
Blau, Berioht Qber die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
den Knochen auf den Labyrinthinhalt übergehen.
Er läugnet das Vorhandensein einer „osteotympa-
nalen'^ Leitung und hält letztere auch für unzu-
reichend, um mit ihrer HQlfe die Ergebnisse bei
den verschiedenen in Betracht kommenden Hör-
prüfungsmethoden erkl&ren zu können. Vielmehr
gelänge dieses nur mit der Annahme einer direkten
Schalileitung durch den Knochen. Den Weber*»
sehen Versteh verwerthet Bing in der bekannten
Weise, dass eine Lateralisation des Stimmgabel-
tones nach dem schlechter hörenden Ohre ein
daselbst vorliegendes Leitungshinderniss als Haupt"
Ursache der HOrstOrung, eine Lateralisation nach
dem besseren Ohre eine herabgesetzte Perception
des Hörnerven anzeigt Ein negativer Ausfall des
Rinn ersehen Versuches — mit einer nicht zu
tiefen Stimmgabel (nicht unterhalb G) — weist
nach Bing ganz bestimmt auf ein Schallleitungs-
hinderniss hin, dagegen gestattet ein positiver
Ausfall an und für sich keinen bestimmt differential-
diagnostischen Schluss, indem er sowohl bei Schall-
leitungshindernissen, als bei Affektion des nervösen
Hörapparates vorkommt Bei positivem Rinne'-
sehen Versuche würde auf ein Schallleitungs-
hinderniss nur dann geschlossen werden können,
wenn entweder gleichzeitig die Perceptiondauer
vom Knochen wesentlich verlängert ist oder der
Weber 'sehe Versuch nach dem kranken Ohre
„lateralisirt".
Leiser^) bestreitet der allgemeinen Annahme
gegenüber, dass die Luftleitung der Knochenleüung
überlegen ist Er führt als Beweis für das nach
ihm gerade umgekehrte Verhalten an, dass eine
Stimmgabel, die in solcher Entfernung vom Ohre
gehalten wird, dass ihr Ton durch die Luft nicht
mehr gehört werden kann, sofort hörbar wird, wenn
man ihren Stiel auf das Ende eines weit längeren
Holzstabes aufsetzt und durch diesen eine Ver-
bindung mit der Ohrmuschel herstellt Die „schein-
bare^^ Ueberlegenheit der Luftleitung über die
Knochenleitung beim Rinne 'sehen Versuche werde
dadurch hervorgebracht, dass sich die schwingen-
den Stimmgabelenden beim Aufsetzen auf den
Warzenfortsatz um die ganze Länge der Stimm-
gabel weiter vom Ohre entfernt befinden, als wenn
die Qabel direkt vor dem Ohre gehalten wird. Im
Uebrigen wird bei einseitigen Mittelohraffektionen
oder Cerumen obturans die Stimmgabel nicht nur
vom Scheitel in dem betroffenen Ohre stärker ge-
hört, sondern ebenso von den Dornfortsätzen der
Wirbelsäule, dem Kreuz- oder Brustbeine, dem
Oleeranon, dem äusseren Patellarande, den Malleolen
und überhaupt von allen Knochenstellen mit einer
dünnen Bedeckung aus. Die Lateralisation beim
Weber'schen und die verlängerte Knochenleitung
beim Rinne 'sehen Versuche unter den genannten
Umständen erklärt Leiser zum Theil aus ab-
normen Resonanzerscheinungen (wie schon früher
Lucae), zum Theil aus einer Hypersensibiiität
des Hörnerven.
Lucae*) erkennt die Richtigkeit der von
Leiser über das Verhalten von Luft- und Knochen-
leitung geäusserten Ansicht nicht an. Nicht, dass
feste Gegenstände die Schallwellen besser leiten
als die Luft (Leiser), ist eine bekannte physika-
lische Thatsache, sondern nur, dass die Schall-
geschwindigkeit in festen elastischen Körpern eine
viel grössere als in der Luft ist So beträgt sie
der Luft gegenüber nach Ghladni im Eisen das
17fache, nach Lucae im trockenen Knochen das
9fache. Das Hören der durch die Luft nicht mehr
percipirten Stimmgabel, sobald ihr Griff durch einen
Holzstab mit der Ohrmuschel verbunden wurde,
beweise nichts weiter, als dass sich Schwingungen
fester Körper weit leichter durch gleichartige
Medien als durch ein von ihnen so verschieden-
artiges Medium wie die Luft fortpflanzen. Das
Resultat des Rinne 'sehen Versuches bei normal-
hörenden Menschen zeige keine scheinbare, wie
Leiser annimmt, sondern eine wirkliche Ueber-
legenheit der Luftleitung, da die geringere, bez.
grössere Entfernung der Tonquelle vom Ohre reich-
lich durch die weit grössere Schallgeschwindigkeit
im Stahl und Knochen ausgeglichen werde. Dass
im Gegentheil bei der Fortleitung in festen Körpern
die Töne verhältnissmässig schnell absorbirt w^er-
den, und zwar um so schneller, je höher sie sind,
beweist Lucae durch folgende Versuche.
Er verglich die Perception verschiedener Stimm-
gabeltÖDe, wenn die Gabeln einmal vermittels eines fast
40 cm langen Eisenstabes (contra G-Gabel) mit der Ohr-
maschol in feste Verbindung gebracht und femer in etwa
2*/acm EotferouDg vor dem Ohre gehalten wurden. An-
gesichts der 17 mal grösseren Schallgeschwindigkeit im
Stahle sind unter dieser Bedingung die beiden Zuleitungs-
wege ungefähr gleich gross. Es ergab sich, dass die
c- und c>-Gabel auf 40cm Entfernung durch die Laffc
nicht, wohl aber bei Anstemmen auf den Stahlstab ge-
hört wurde, dass aber ihr Ton, wenn er hier verklangen
war, ziemlich stark von Neuem zur Wahrnehmung ge-
langte, sobald die Gabel vor die Ohröfifnnng gehalten
wurde. Die Gabel c* wurde zunächst längere Zeit durch
die Luft in 40cm Entfernung, darauf kürxere Zeit durch
Stahl- und Knochenleitung und längere Zeit vor der Ohr-
öffnung gehört. Die Gabeln c* und c^ mussten, um eine
Perception durch den Knochen überhaupt zu erzielen,
schon vor dem völligen Erlöschen ihres Tones in Luft-
leitung auf den Stahlstab aufgesetzt werden.
Mit Rücksicht auf die Erkennung der Simth-
laiion einseitiger Tavhheit hat Hummel*) durch
weitere Beobachtungen bestätigt gefunden , dass,
und zwar besonders auch fQr die Militärärzte, als
beste Methode diejenige zu bezeichnen ist, bei der
beide Ohren gleichzeitig mit einem für jedes Ohr
verschiedenen Textinhalt (Sätze in FlQstersprache)
geprüft werden und der Untersuchte jedesmal
sofort nachzusprechen hat. Dem wirklich einseitig
Tauben gelingt dieses leicht, dagegen wird der
beiderseits HOrende durch die Verschiedenheit des
«) Aroh. f. Ohrenhkde. LV. 3 u. 4. p. 147. 1902.
1) Aroh. f. Ohrenhkde. LVU. 1 n. 2. p. 1. 1902.
s) Deutsche mil.-ärztl. Ztschr. XXXI.8.p.429. 1902.
Blau, Bericht Ober die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
41
Textes der beiden Satzpaare verwirrt, so dass er
entweder das rasche Nachsprechen aufgeben muss
(indirekter Beweis) oder einige in das angeblich
taube Ohr geflüsterte Worte nachspricht (direkter
Beweis gegen die behauptete einseitige Taubheit).
Das Hauptgewicht bei der Durchführung dieser
Prüfung ist auf eine genügend lange Dauer, mithin
auf das Vorsprechen und rasche Nachsprechen-
laasen vieler Satzpaare zu legen, weil nur dadurch
die einseitig stark angestrengte Aufmerksamkeit
sicher ermüdet und in solcher Weise unwirksam
gemacht wird. Starke Schwerhörigkeit der einen
Seite, besonders wenn sie von Jugend an besteht,
kommt in ihrem Resultate der vollständigen Taub-
hdt gleich. Femer wird durch eine Beobachtung
▼on doppeheüiger totaier Taubheit bewiesen, wie
Toreichtig man mit dem Urtheile auf Simulation
oder Uebertrmbung sein soll, bevor man nicht auf
Omnd der Anwendung aller von der Wissenschaft
ond Erfohrung dargebotenen Mittel sich dazu für
berechtigt halten darf. In diesem Falle konnteerst
durch dasErgebniss der Prüfung mit der oontinuir-
licfaen Tonreihe der Nachweis geführt werden, dass
bei der allein oberhalb jg^ erhaltenen, wenn auch
hier relativ beträchtlichen, HOrstrecke ein Sprach-
rergtändoiss in der That ausgeschlossen war.
2) üntersuehung der Bewegliehkeit
ii9 Trommelfellea und Hammergriffee.
fftr diesen Zweck, bei dem es nicht darauf an-
kommt, ob das Trommelfell bei einigen mit dem
Monde, dem Delstanche'schen Masseur oder dem
Poeamomotor auszuführenden Luftstössen beweg-
üdi erscheint, sondern ob es im Stande ist, eine
relativ grosse Anzahl von Schwingungen auszu-
ffibien, empfiehlt Lucae^) die Combination der
äektriscfa betriebenen Pumpe mit dem Siegle'sohen
Tncfater und dem stroboskopischen Verfahren.
L^zteres ermöglicht bekanntlich, durch periodische
Ueochtung die Bewegungen eines in rascher
poiodischer Bewegung befindlichen KOrpers sicht-
bar xa machen , und zwar findet die scheinbare
Bewegung des Körpers um so langsamer statt, je
kläner der unterschied zwischen der Beleuchtungs-
ttod der Bewegungsperiode ist.
Lncae beoatzt als ,0to-8trobo8kop*^ einen gewöho-
kdien Handreflektor, an dem eine mit 10 Löchern ver-
Kjbene Drehscheibe excentrisch angebracht ist Diese
*iid mit der Hand oder auch elektromotorisch in Üm-
<^iiiig versetzt, während man zugleich mit Hülfe
fa PbeofflomotoTB das Trommelfell Schwingungen in
ftbellerer oder langsamerer Folge ausfahren läset; zur
Mteren Beobachtnng kann man dann noch in Fällen,
!> denen kein Lichtkegel vorhanden ist, diesen dmrch Aof-
piasfrln echter Gtoldbronce künstlich herstellen oder in der
^beo Weise den kurzen Fortsatz zur deutUcheren
^^pstriiQDg der Scliwingangen des Hammer^pffes be-
wein. Als Beispiele für die Brauchbarkeit der ge-
Kikäderten üntersuchungsmethode werden Beobachtnn-
e^ am nonnaien Trommelfelle erwähnt, dessen Schwin-
pBfea sich (im Gegensätze zu der Untersuchung mit
^yöfflomotor und gewöhnlicher Inspektion) auch, wenn
äe 900— 1000 in einer Minute überstiegen, gut erkennen
0 AielL L Ohxenhkde. LIU. p. 39. 1901.
M«d. Jahibb. Bd. 281. Hft 1.
liessen, wobei sich zeigte, dass die ergiebigsten, be-
sonders dentiich durch den kurzen Fortsatz angezeigten
Bewegungen am hinteren oberen Quadranten stattfin-
den. Ferner werden pathologische Fälle mitgetheilt, von
Pauken höhlenskierose mit verminderter oder aufgeho-
bener Beweglichkeit des Trommelfells, von progressiver
Schwerhörigkeit mit starker Trommelfellretraktion , in
denen durch die Behandlung mit Drucksonde und Wasser-
massage die Beweglichkeit gebessert wurde, sowie von
Diplacusis, wobei die normal erhaltene Beweglichkeit den
Sitz der Erkrankung im Labyrinth anzeigte. Weiteren
Untersuchungen muss allerdings vorbehalten bleiben,
inwieweit wir berechtigt sind, mit dieser Methode aus
den Bewegungen des Hammers auch auf die Funktion
der beiden anderen OehÖrknöchelchen einen Schloss zu
ziehen.
3) Siatietik und Aeiiologie der Ohren-
krankheiien. Ueber die VerhreUung der Er-
krankungen des Oehörorgane unter den Volkseehul-
kindem des Kreises Marburg sind von Ostmann ^)
sehr BorgfUtige und mühevolle Untersuchungen
angestellt worden.
Es ergab sich, dass von den 7537 Volksschulkindem
2142 — 28.40/0 (30.0»/o der Knaben, 26.8% der Mäd-
chen) auf einem oder auf beiden Ohren schwerhörig und
zum Theil mit den schwersten Ohrenleiden behaftet
waren. Die Yertheilung der schwerhörigen Kinder über
die verschiedenen Ortschaften war keine gleichmässige,
sie schwankte zwischen 6.6 und 55.20/«, f^ die Knaben
betrug die höchste Erkrankungzahl sogar 67.6o/o. Die
hohen und höchsten Frocentzahlen zeigten erstens eine
Gruppe von Ortschaften in der nächsten Umgebung Mar-
burgs, sowie femer drei andere, in den änssersten Ecken
des Kreises gelegene, die niedrigen Prooentzahlen die-
jenigen Ortschaften, die in den Flussthälem und ihrer
unmittelbaren Umgebung gelegen sind. Es hängt dieses
mit den socialen Verhältnissen der Bevölkerung und der
grösseren oder gerinj^ren Schwierigkeit, sich sach-
verständige ärztliche Hülfe zu verschaffen, zusammen.
Die Bevölkerung der Dorfsohaften in der näheren Um-
gebung von Marburg besteht nach Ostmann grössten-
theils aus Arbeitern, die besonders wenig Gewicht auf
Sauberkeit des Körpers und der Wohnung legen und
daher für das Auftreten von Infektionkrankheiten die
günstigsten Bedingungen abgeben. Ausserdem ist bei
ihnen die Tuberkulose stark verbreitet, die, wie weiter
unten noch ausgeführt werden soll, zu den Ohrenkrank-
heiten der Schulkinder in Beziehung steht Für die von
Marburg weit entfernten Ortschaften kommt neben den,
vielleicht etwas weniger ungünstigen, socialen Verhält-
nissen die grosse Schwierigkeit in Betracht, sich ohne
allzu grossen Aufwand von Zeit, Mühe und Geld sach-
gemässe ärztliche HiLife zu verschaffen, während die
in den Flussthälem gelegenen Ortschaften insofern
günstiger gestellt sind, als die socialen Verhältnisse so-
wohl wie die Verkehrsbedingungen für sie bei Weitem
bessere sind. Von den 2142 schworhörigen Kindern
waren 1362 — 63.7o/o einseitig , 780 — 36.3o/o doppel-
seitig schwerhörig, und zwar überwog nicht nur die
Häufigkeit der Schwerhörigkeit im Allgemeinen, sondern
auch die Häufigkeit höherer Grade bei den Knaben, inso-
fem unter letzteren sich 3.5% mehr doppelseitig erheblich
Schwerhörige (Flüsterspraohe beiderseits 0 — 4 m oder
auf dem einen Ohre 0---4m, auf dem anderen 4 — 8 m)
befanden. Die Zahl der schwerhörigen Kinder, Knaben
wie Mädchen, nahm vom 6. bis 8. Lebensjahre stetig zu
und erreichte bei den Knaben im letztgenannten Jahre
ihre grösste Höhe; im 9. Jahre wurden bei beiden Ge-
schlechtern die Erkrankungen seltener, um im 10. Jahre
») Arch. f. Ohrenhkde. LIV. 3 u. 4. p. 167. 1902. —
Ebenda LV. 1 u. 2. p. 72. 1902. — Ebenda LV. 3 u. 4.
p. 152. 1902.
6
42
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
von Neuem zuzunehmen und für die Mädohen hier ihren
Gipfelpunkt zu erreichen; das 11. xmd 12. Lebensjahr
zeigten wiederum relativ wenig Erkrankungen; im 13.
stieg ihre Zahl dagegen von Neuem. Es findet also im
Widerspruche mit Weil während der Schuljahre keine
Zunahme der Hörstörungen mit fortschreitendem Alter,
demnach kein direkter schädlicher Einfluss der Schule
statt. Die Steigerung der Schwerhörigkeit bis zum 8. Jahre
erklärt sich vielleicht zum Theil aus der in den ersten
Schuljahren sich am meisten geltend machenden Gefahr
der Ansteckung. Was die einzelnen bei den 2922 schwer-
hörigen Gehörorganen vorhandenen Erkrankungen betrifft,
so wurden gefunden: Cerumenpfropf bei 9.9<*/o, Ein-
ziehung des Trommelfells mit oder ohne Atrophie bei
43.9%, Narbe oder umschriebene Atraphie des Trommel-
fells bei 11%, sehnige Trübung, bez. Glanzlosigkeit bei
12.4%, chronische Mittelohreiterung bei 3.7%, trockene
Durchlöcherung des Trommelfells bei 2.3%, akute Ent-
zündung bei 1.5%, kein ausgesprochener krankhafter
Trommel fellbef und bei 15.1%. Die Häufigkeit der Ein-
ziehung des Trommelfells als Zeichen eines überstandenen
oder noch fortbestehenden Mittelohr- und Tubenkatarrhs
wird in Verbindung gebracht mit der Häufigkeit von
Katarrhen der Nase und des Rachens und letztere wiederum
mit der in Oberhessen ungemein verbreiteten Tuberkulose.
Bei den aus tuberkulösen Familien stafnmenden Kindern
zeigen die Schleimhäute der oberen Luftwege sehr häufig
eine auffallende Reizbarkeit, so dass sie einerseits leicht
katarrhalisch erkranken , andererseits , einmal erkrankt,
schwer abheilen ; insbesondere scheint das adenoide Ge-
webe der Rachenschleimhaut bei diesen Kindern zur
Hypertrophie und Hyperplasie besonders geneigt zu sein.
Entwickeln sich aber auf dieser Grundlage Erkrankungen
des Gehörorgans, so fähren sie durchschnittlich zu er-
heblicheren Hörstörungen als bei sonst gesunden Kindern,
weil der durch die tuberkulöse Belastung geschwächte
Körper eine geringere Widerstandskraft gegen schädigende
Einflüsse besitzt Ausserdem bereiten die chronischen
Katarrhe der Schleimhaut der oberen Luftwege der Tuber-
kuloseinfektion den Boden und erklären bei der unter den
ungünstigen socialen Verhältnissen besonders leichten
Infektion möglichkeit die in erschreckender Weise von
Generation auf Generation sich zeigende Weiterverbrei-
tung der Krankheit.
Ostmann ist der Ansicht, dass von den bei
den Volksschulkindem beobachteten Ohrenkrank-
heiten bei sachgem&sser Behandlung zum wenigsten
50<^/o soweit geheilt werden konnten, dass die
Kinder FlQstersprache über 8 m weithOren. Neben
lokaler Behandlung des Ohres ist aber auch auf die
Gesundung und Verminderung der Vulnerabilität
der Schleimhaut der oberen Luftwege und auf die
allgemeine Kräftigung des KOrpers hinzuwirken,
zu welchem Zwecke entsprechende Ernährung,
körperliche Uebungen, Aufenthalt auf dem Lande
oder an der See, eine milde Hydrotherapie zu em-
pfehlen sind. Die Kinder für längere Zeit dem
elterlichen Hause und damit der unmittelbaren Ge-
fahr der Tuberkuloseinfektion zu entziehen, dürfte
leider nur selten angehen. 0 s t m a n n weist zum
Schlüsse darauf hin, dass die geschilderten un-
günstigen Verhältnisse durchgreifend überhaupt
nur gebessert werden kOnnen durch Aufklärung
über die Bedeutung der Ohrenkrankheiten und den
Werth ihrer rechtzeitigen Behandlung, durch Besse-
rung der hygieinischen Verhältnisse vieler Dorf-
schulen, durch Vorbildung der Aerzte in der
Diagnose und Therapie der Erkrankungen des Gb-
hOrorgans und Gontrole ihres KOnnena bei der
Staatsprüfung, durch Schaffung der Gelegenheit
auch für arme ohrenkranke Kinder, in der Special-
klinik Behandlung und Heilung zu finden.
Von den in den Etatsjahren 1900 und 1901 in der
Göttinger Poliklinik für Ohren- und Nasenkrankheiten *)
neu aufgenommenen 3599 Kranken waren 46.88^/0 Kinder
bis zum 15. Lebensjahre, 53.12<^/o Erwachsene. Dem
männlichen Geschlechte gehörten 59.28®/o, dem weib-
lichen 40.72<*/o an ; bei den Kindern war die Betheiligiiog
des weiblichen Geschlechtes grösser als bei den Erwach-
senen, 45.08 gegen 36.84<'/o. Von den einzelnen Krank-
heitfällen bezogen sich auf das äussere Ohr 24.80*/», auf
das Mittelohr 70.23o/o, auf das innere Ohr 4.97«/o. Ein-
seitig war die Ohrafifektion bei 56.1 l<>/o (bei 48.44% rechts,
bei 51.56% links), beiderseitig bei 43.89®/t. An den Er-
krankungen des äusseren Ohres betheiligte sich das männ-
liche Geschlecht mit 64.00*/o, das weibliche mit 36.00*/o,
Erwachsene 65.00<>/o, Kinder 35.00<Vo, an den Erkran-
kungen des Mitteiohres das männliche Geschlecht mit
60.14V*, das weibliche mit 39.86%, Erwachsene 48.88«/«,
Kinder 51.12%, an den Erkrankungen des inneren Ohres
das männliche Geschlecht mit 74.62^/o, das weibliche mit
25.38%, Erwachsene 83.58o/oi Kinder 16.42«/o.
Die Berufskrankheiten des Ohres und der oberen
Luftwege sind von Röpke') in einer sehr ein-
gehenden Monographie behandelt worden. Er be-
spricht zuerst die Berufskrankheiten bei Industrie-
arbeitern und Handwerken (Bergbau , chemische
Orossindustrie, metallurgische Industrie, Industrie
der Steine und Erden, Baugewerbe, Holzbearbei-
tung und verwandte Gewerbe, polygraphische Ge-
werbe, Industrie der Farbenmaterialien, der Ex-
plosivstofife und Zündwaaren, Düngerfabriken, Ger-
bereien und Leimfabriken, Industrie der Oele,
Fette, Firnisse und Harze, Industrie der Heiz- und
Leuchtstoffe und ihrer Nebenprodukte, Textii-,
Papier- , Bekleidungs- und Reinigungsindustrie^
Industrie der Nahrungs- und Genussmittel), sodaon
werden die bei landwirthschaftliohen Arbeitemi
bei Soldaten, bei Bediensteten des Öffentlichen Yei>
kehrwesens und bei Sportsleuten in Folge ihrer
Beschäftigung auftretenden Krankheiten und zu-
letzt diejenigen bei noch einer Reihe verschiedeneiL
anderen Berufen Angehöriger erOrtert, welche letz-
tere sich, wie die Nonnen, Berufsmusiker, Fluss-
Schiffer, FlOsser, Seeleute und Fischer, Schwamm-
und Perlfischer, Apotheker und Drogisten, Chemiker,
Kloakenreiniger, Kaminfeger, Feuerwehrleute, in den.
bisherigen Abtheilungen nicht unterbringen lossea«
Ueber den bekannten Zusammenhang xwisehefm
Erkrankungen der Nase und des Nasenraehen^
raumes und solchen des Gehörorgans besitzen wir
wieder einige bemerkenswerthe Mittheilungeo.
McEeown') macht darauf aufmerksam, dasa
nach seinen Beobachtungen bei adenoiden Veffeia^
tionen des Nasenrachenraumes eine bedeutende
(JehOrverbesserung gewöhnlich schon sofort nada
der Operation festzustellen ist, und zwar sowoti]
«) Vgl. Bürkner, Arch. f.Ohrenhkde. LVL 1 u. 2,
p. 115. 1902.
*) Die Berufskrankheiten des Ohres n. der oberdQ
Luftwege. Wiesbaden 1902. J. F. Bergmann. Gr. 8«
X u. 147 S. 5 Mk.
s) Brit. med. Journ. Sept. 8. 1900. p. 645.
Blau, Bericht über die neueren LeiBtungen in der Ohrenheilkunde.
43
bei intaktem, als bei perforirtem Trommelfelle,
und er führt die Besserung zurück auf Behebung
der Störungen in den Girknlationverhflltnissen.
fine nachträgliche YerBchlechterung des Gehörs
ium durch abnorme Vemarbungsvorgänge mit
idhSfflonoi, Verengerung oder Verschluss des
Ostium phaiyngeum tubae herrorgerufen werden.
Zu ihrer Vermeidung räth er, entweder in zwei
Sitzaogen zu operiren, die erste Operation z. B. auf
die hintere Wand zu beschränken und erst nach Ver-
narbüng hierselbst die Operation zu vollenden oder,
venu man mit einer Sitzung auskommen will, die
Wocherungen in den RosenmüUer'schen Oru-
ben durch Zerquetschen mit dem Finger zu besei-
tigen. Allgemeine Billigung haben diese Vorschläge
indessen nicht gefunden, vielmehr glauben die
meisten Autoren, die sich darüber geäussert haben %
mit d&i bisherigen Verfahren dasselbe und viel-
ieicht sogar mehr erreichen zu können.
Croaohs) berichtet aber 2 Fftlle von Mittelohr-
eDtzündung and fast völliger Taubheit neben Empyem
der Kiefer-, bex. der Keilbeinhökle : Heilung durch EüU
leeniDg des Eiters aus diesen. Während der Nach-
behaodlaog konnte beobachtet werden, dass mit einer
EiterretentioD in den genannten Nebenhöhlen der Nase
jedeBmal auch eine Yerschlechterong im Zustande des
Ohres and des Oehörs einherging.
Die Indikationen für die Vornahme operativer
Eingriffe in Nase und Naeenraehenraum bei Erkran-
hmgen des Ohres sind bei der Jahresversammlung
der British med. Association 1900*) eingehend
ertrtert worden. Allgemein wurde vor einem Zu-
vidthnn gewarnt. Ein Zusammenhang zwischen
Ntsenobstruktion und Paukenhöhlensklerose be-
itehe nicht, wohl aber ein solcher mit chronischen
Taben- und Paukenhöhlenkatarrhen, besonders den
feoditen Formen. In den meisten Fällen, in denen
man zur Operation schreitet, werden die durch die
Verlegung der Nase an sich erzeugten Symptome
KhoD hinreichend dazu auffordern. Wo dieses
ta/AA zutrifft, hält Mc Bride das Vorhandensein
oner BOthung um das Ostium pharyngeum tubae,
Greswell Baber eine Zunahme des Oehörs
nach derLnftdusche für ein bestimmendes Moment.
Wenn das Gehör durch die Luftdusche nicht ge-
steigert wird, ist nach Greswell Baber auch
von der intranasalen Operation keine Hörverbes-
Knuig zu erwarten und sie könnte höchstens zu
<lem Zwecke gemacht werden, um einer Verschlim-
vsnmg der Taubheit vorzubeugen. Bei Pauken-
böUenskleroee ist Gefahr vorhanden, dass die
Operation durch den nervösen Shock, den Blut-
verhiBt u. s. w. sogar schädlich wirkt Von den
cbron. Mittelohreiterungen gilt das Gleiche wie
Ton den Katarrhen; zweckmässig werde hier die
Operation in Nase oder Nasenrachenraum erst
B^ Beseitigung der Otorrhöe vorgenommen. Die
adenoiden Vegetationen des Nasenrachenraumes
beeinträchtigen Mc Bride zufolge nur dann das
Gehörorgan, wenn sie, ohne Rücksicht auf ihre
Grösse, in direkter Beziehung zu der Tuba Eusta-
chii stehen, und nur unter dieser Bedingung hätte
man von ihrer Entfernung einen Einfluss auf eine
etwa vorhandene Schwerhörigkeit zu erwarten.
Andere legen auf den durch sie unterhaltenen
Eatarrh ein grosses Gewicht, Greswell Baber
macht bei ihnen desgleichen eine zu erwartende
Hörverbesserung von dem Resultate der Luftdusche
abhänging. Bei Kindern mit Anfällen von Pauken-
höhlenkatarrh übt die in der Zwischenzeit vorge-
nommene Beseitigung der adenoiden Vegetationen
oder einer Nasenobstruktion oft einen sehr gün-
stigen Einfluss aus. Dundas Grant hat in
manchen Fällen von nervöser Schwerhörigkeit
Besserung durch intranasale Operationen gesehen,
durch Beeinflussung des vorhandenen Torpor des
Hörnerven. Stets soll man bei operativen Eingrif-
fen in Nase und Nasenrachenraum alle Vorsicht-
maassregeln treffen, damit sich nicht etwa als
Folge eiterige Mittelohrentzündung einstellt
4) Erkrankungen des Gehörorgans
bei Seharlaeh. Eine Besprechung dieser wird
von Heermann ^) gegeben. Er betont auf Grund
eigener Erfahrungen, dass sich die complicirende
Mittelohrentzündung schon vor der Desquamation-
periode einstellen kann und dass sich ferner nicht
selten akute Nekrosen des Warzenfortsatzes und
Felsenbeins entwickeln, ohne dass die subjektiven
und objektiven Erscheinungen besonders die Auf-
merksamkeit anziehen. Man soll daher bei solchen
Kranken auch schon geringen Klagen (meist nur
über Kopfschmerzen) Beachtung schenken und zur
Aufmeisselung schreiten, wenn sich, mit oder ohne
Betheiligung der Paukenhöhle, auch nur eine leicht
entzündliche Infiltration über dem Warzenfortsatz,
die druckempfindlich ist, zu erkennen giebt. Bei
der Operation muss der nekrotische Knochen, soweit
er erreichbar ist, entfernt und der angelegte Ver-
band muss spätestens am 3. Tage gewechselt wer-
den, um etwa noch nachträglich nekrotisch gewor-
dene Knochentheile fortnehmen zu können. Die
Wunde darf sich nicht zu früh schliessen, ebenso
wie man darauf zu achten hat, dass nicht von
seitlichen, noch gesunden Knochenstellen auf-
schiessende Granulationen etwa in der Tiefe
zurückgebliebene nekrotische Knochenreste über-
wuchern. Jansen*) bemerkt, dass sich die
Scharlachotitiden durch aussergewöhnlich schwere
Zerstörungen an Weichtheilen und Knochen, durch
sehr geringe Neigung zur Ausheilung, durch sehr
bedeutende Hörstörungen und durch eine hohe
Mortalität auszeichnen. Das Trommelfell ist oft
enorm geschwollen und gewulstet und wird von
1902.
^) Brit med. Joum. Sept. 8. 1900. p. 646.
*) Joum. of eye-, ear- and throat-diseas. Yll. 1. p. 1.
^ Brit med. Joum. Sept 8. 1900. p. 636.
OBresgen's zwangl. Abhandl. V. 2. 1901.
*) Deutsche Klinik am Eingänge des 20. Jahrhunderts
Vni. p. 214 u. 268. 1901.
L^.
44
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
einer ebenfalls aus enormer Froliferation hervor-
gegangenen mächtigen Epithellage bedeckt, die
sich nur mühsam und nicht immer ohne Blutung
entfernen l&sst und zur Verwechselung mit Diph-
therie Veranlassung geben kann. Da diese Formen
mit der Absonderung einer, wenn auch spärlichen,
leicht hämorrhagischen Flüssigkeit verbunden sind,
kann ferner leicht die irrthümliohe Annahme einer
bereits eingetretenen Perforation entstehen und
die nothwendige Paracentese unterlassen wer-
den, eine verhängnissvolle Versäumniss, da die
frühzeitige Entlastung der Paukenhöhle in den
meisten Fällen die schnelle Ausbreitung und Ver-
schlechterung des Processes vermeiden lässt. An-
dererseits drängt sich die stark granulös gewulstete
Schleimhaut der inneren PaukenhOhlenwand nicht
selten an die Stelle des hinschmelzenden Trommel-
fells und täuscht das Vorhandensein eines solchen
noch vor, wo es schon längst zerstört ist Hervor-
gehoben werden sodann die durch Zerstörung ihrer
Bänder verursachte Exfoliation der Gehörknöchel-
chen, die relativ häufige Facialislähmung , die
Durchbrüche in das Labyrinth und die rapide und
umfangreiche Zerstörung des Enochens, besonders
im Gebiete der Pars mastoidea. In der Regel
gelingt es hier nur durch die Radikaloperation,
eine Ausheilung herbeizuführen, so dass man bei
Scharlach am besten von vornherein die Radikal-
operation vornimmt Doch soll man, wenn beide
Ohren schwer ergriffen sind, im Interesse der Er-
haltung des Gehörs zunächst die einfache Auf-
meisselung versuchen, jedenfalls aber Trommel-
fell und Gehörknöchelchen an ihrer Stelle lassen.
Hasslauer ^) betrachtet als Erreger der Scharlach-
otitis (wie des Scharlach überhaupt) den Strepto-
coccus und sieht jene daher als eine specifische
Theilerscheinung der Allgemeinerkrankung an.
Die neben dem Streptococcus bei Scharlachotitis
gefundenen anderen pathogenen Keime, besonders
die Staphylokokkenarten, dann der Bacillus pyo-
cyaneus und Diplococcus lanceolatus, sind nach
ihm nur als Mischinfektionen aufzufassen, sei es,
dass sie von vornherein in der Paukenhöhle vor-
handen waren oder erst sekundär, vornehmlich
vom Rachen aus, dahin eingewandert sind, doch
können sie dann ebenfalls zur Erhöhung der Viru-
lenz und demgemäss der Schwere der Erschei-
nungen der Mittelohrentzündung beiwirken.
5) Erkrankungen des Gehörorgans
bei genuiner Rachendiphtherie, Lewin^)
hat unter 60 Fällen von Diphtherie bei Kindern
38mal, also bei 63.3<^/o, Veränderungen im Ohre
gefunden, die mit ihr in Zusammenhang gebracht
werden konnten. Sie waren SOmal auf beiden,
8mal auf einer Seite vorhanden. Am häufigsten,
nämlich bei 26 Kranken, handelte es sich um
einen akut-entzündlichen Vorgang leichterer Art,
wie im Anfangstadium der Otitis media acuta, mit
Auflockerung und seröser Durchfeuchtung der
Gutisschioht des Trommelfelles, Abflaohung des-
selben. Verschwinden der Hammeroontouren, Glanz-
losigkeit, Trübung und diffuser röthlicher Ver-
färbung, aber ohne besondere Schwellung, Vor-
wölbung und bedeutende Hyperämie, 6mal um
eine mehr oder weniger ausgesprochene akute
Mittelohrentzündung mit starker Röthung, Schwel-
lung und Vorwölbung des Trommelfelles, lOmal
um einen tubo-tympanalen Katarrh. Diesem Cha-
rakter der Diphtherieotitis entsprechend wurden
subjektive Symptome seitens des Ohres fast regel-
mässig vermisst und es kam kein einziges Mal
zum spontanen Trommelfelldurchbruch. Dagegen
zeigte sich das Gehör stets schon frühzeitig herab-
gesetzt, ein Symptom, das freilich dadurch an
Werth verliert, dass die Kranken meist dem jugend-
lichsten Lebensalter angehören. Bemerkenswerth
ist der protrahirte eintönige Verlauf dieser häu-
figsten Form der Diphtherieotitis, so dass der Ohr-
befund manchmal durch mehrere Wochen keine
Aenderung aufweist Doch kann in seltenen Fällen
allerdings die Mittelohrentzündung nach wochen-
langem latenten Bestehen plötzlich einen ziemlich
stürmischen Charakter annehmen und zu eiterigem
Durchbruch des Trommelfelles und sogar zu Mastoi-
ditis führen. Sehr selten entwickelt sich bei
Rachendiphtherie eine wirkliche Otitis media diph-
therica mit sehr schweren Symptomen und schwe-
rem Verlaufe und zuweilen durch die Allgemein-
infektion herbeigeführtem, plötzlichem, tödtlichem
Ausgange. Etwas weniger selten scheinen die
diphtherischen Entzündungen des äusseren Ohres
zu sein, die mit oder ohne gleichzeitige Mittelohr-
entzündung einhergehen und letzterenfalls wahr-
scheinlich einer direkten üebertragung des Diph-
theriegiftes ihre Entstehung verdanken. Als Zeit,
zu der die Ohrcomplikationen bei der genuinen
Rachendiphtherie auftraten, ergaben sich gewöhn-
lich die ersten Krankheittage, mitunter sogar schon,
bevor sich noch die Allgemeinsymptome und die
örtlichen Rachenerscheinungen entwickelt hatten.
Daraus schliesst Lewin, dass in diesen Fällen
die Ohrerkrankung als lokaler Ausdruck der durch
die Diphtherienoxe bewirkten allgemeinen Infek-
tion betrachtet werden müsse, während in anderen,
selteneren Fällen eine direkte Fortpflanzung des
Rachenprocesses auf Tuba und Paukenhöhle anzu-
nehmen sei. Vielleicht verdanken der letzteren
Art die schweren diphtherischen, der ersten die
leichten einfachen, nicht specifisohen Ohrentzün-
dungen ihre Entstehung ^). Die ausserordentliche
«) Hanges klin. Vortr. V. 3. p. 193. 1901.
«) Aroh. f. Ohrenhkde. LII. 3 u. 4. p. 168. 1901. —
Ebenda LUI. p. 1. 1901.
1) Hasslauer (Haages klin. Vortr. V. 3. p. 209
u. 221. 1901) äussert sich nach einer kritischen Sichtung
der über die Diphtherieotitis vorliegenden bakteriolo-
gischen Untersuchungen dahin, dass er dieser einen
specifisohen Charakter nicht zuerkennen könne, da der
häufige Befund von Diphtheriebacillen sich durch direkte
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
45
Hlofigkeit der Betheiligung des OehOrorgans bei
der genuinen Rachendiphtherie und den akuten
Infektionkrankheiten überhaupt und die Eigen-
thümlicbkeiten des Verlaufes der Ohrerkrankung
and wahrscheinlich dem jugendlichen Alter der
meisten Betroffenen (84<>/o Kinder bis zu 5 Jahren)
ZOT Last zu legen. Aus den Ergebnissen der
pathologisch -anatomischen Untersuchungen Le-
▼in's geht, ebenso wie aus der klinischen
Beobachtung, mit Deutlichkeit hervor, dass die
Otitis media bei genuiner Rachendiphtherie nur
ioesorst aelten einen specifischen Charakter besitzt.
Nor in der Hälfte der Fälle femer war sie eine
eiterige und auch hier nur ausnahmeweise zur Zer-
stSning der Schleimhaut oder des Knochens führend.
Doch gaben beiläufig die meist geringen Trommel-
fellveranderungen keinen Haassstab für die Inten-
sität der Entzündung innerhalb der Paukenhühle
abi Bemerkenswerth für letztere war die un-
gewöhnlich starke Hyperplasie der Schleimhaut,
wodorcfa schon von Anfang an eine Neigung zu
chronischem Verlaufe gegeben war. Sodann sind
IQS dem anatomischen Befunde hervorzuheben die
nsgedehnten Gefassveränderungen (Thrombose der
grosseren Qefässe, Stase in den Capillaren, zu-
weQen sehr starke Blutungen) im Felsenbein und
besonders im inneren OehOrgange und die häufigen
schweren Veränderungen am Nervus acusticus
(AnBeinanderdrängung oder Zertrümmerung seiner
Fisem durch das ergossene Blut, parenchymat^Jse
Degeneration der Nervenfasern, Form- und Orüsse-
tnomalien der Nervenzellen des Ganglion spirale
Ukd Testibuli). Diese Betheiligung des Hörnerven,
<h'e in gar keinem Verhältniss mit der sonstigen
BeechafFenheit des CtehOrorgans stand, giebteineEr-
USnmg für die nicht selten vorkommenden schwe-
if Funktionstörungen bei der genuinen Rachen-
dif^therie neben sonst fast negativem Befunde.
6) Erkrankungen des Gehörorgans
i«i Masern. Während es sich nach Jansen ^)
M den sehr häufigen Ohrcomplikationen der Masern
oft nnr um einen Katarrh mit leichter Schwellung
^d Injektion der Schleimhaut und Bildung eines
klaren serösen Exsudates handelt, werden in sel-
teaen Fällen auch sehr schwere Erkrankungen, die
an Gefährlichkeit und Ausdehnung den schwersten
Scharlacheiterungen kaum nachstehen, angetroffen.
B^g ist langdauemdes hohes Fieber vorhanden,
nch ohne dass eine schwere eiterige Entzündung
<^ Wanenfortsatzes zu Grunde liegt, oft kommt
tt Hemer zu grossen und bleibenden Zerstörungen
^otoog vom Bachen her fast durchweg erklären
w- Eme Ausnahme hiervon scheinen nar je eine
^cobaehtnog von Krepnska (Ref. im Arch. f. Ohren-
uikL 1 0. 2. p. 153. 1900) und von Lewin (Ebenda
^3n. 4. p. 210. 1901) zu bilden, in denen allerdings
& (diphtherische) Mittelohrentzündang als ein primär
IMciÜacher VoigaDg, gewissermaassen als erste Aeusse-
^ der Diphtherie, anzusehen war.
0 Deutsche Klinik am Eingange d. 20. Jahrh. YIII.
P- 214. 268. 1901.
des Trommelfelles oder die Eiterung wird chro-
nisch und complicirt sich dann später mit Chole-
steatom. Aus dem Paukenhühlensekret bei Masern-
Otitis hat Albesheim^) je Imal den Streptococcus
und den Staphylococcus albus in Reincultur, Imal
den ersteren und 2mal den letzteren in Qemein-
schaft mit einem den bisher beschriebenen For-
men nicht einzureihenden Stäbchen gezüchtet
Hasslauer*) sah im mikroskopischen Präparate
zwar regelmässig zahlreiche Diplokokken, doch
wuchsen auf Agar nur 3mal der Staphylococcus
aureus, 2 mal der Staphylococcus albus, Imal der
Diploooccus pneumoniae in Streptokokkenform.
Es ist also nach Hasslauer die Masemotitis
keine specifische Erkrankung, da sie durch die
gleichen Mikroorganismen wie die primäre selb-
ständige Mittelohrentzündung hervorgerufen wird.
Trotzdem aber bildet auch nach ihm die Otitis bei
den Masern eine wesentliche Theilerscheinung der
Allgemeinerkrankung, insofern durch letztere die
Mittelohrschleimhaut in derartige Mitleidenschaft
versetzt wird, dass die in der Paukenhöhle anwesen-
den pathogenen Mikroorganismen einen günstigen
Boden zur Entfaltung ihrer Thätigkeit gewinnen.
7) Erkrankungen des Gehörorgans
bei Influenza, Auf Orund seiner eigenen Er-
fahrungen tritt Mo Guen Smith*) bei der Be-
handlung der Influenzaotitis warm für frühzeitige
Paracentese des Trommelfelles ein, da durch diese
am ehesten der Ausbildung schwerer Complikationen
seitens des Proc. mastoideus 'und intracranieller
Folgezustände vorgebeugt werde. Bei 2 Kranken
entwickelte sich im Anschluss an ein Warzen-
fortsatzempyem Meningitis ; in einem dieser Fälle
verschwanden die meningitischen Erscheinungen,
die einen sehr bedrohlichen Qrad erreicht hatten,
nach der Aufmeisselung und der Ausgang war in
Genesung. Pathogenetisch unterscheidet Hass-
lauer*) 2 Gruppen von Influenzaotitis, eine solche,
in der als hauptsächlichster Erreger der specifische
Influenzabacillus Pf eiff er 's neben den auch bei der
genuinen und bei allen anderen Formen der sekun-
dären Otitis media vorkommenden Mikroorganismen
(Diplokokken, Streptokokken, Staphylokokken, sel-
ten Pneumobacillus Fried län der und Bacillus
pyocyaneus) nachgewiesen wurde, und eine solche,
in der als bakteriologischer Befund dieselben Mikro-
organismen erschienen wie bei den anderen Arten
der Mittelohrentzündung ohne den Influenzabacillus.
Die erstere entspricht den Frühformen der Influenza-
otitis und steht der Scharlaohotitis gleich als eine
specifische Theilerscheinung der Allgemeinerkran-
kung, die zweite entspricht den Spätformen und
muss als eine richtige Sekundärerkrankung im Ge-
folge der Influenza, entstanden in gleicher Weise
wie die Masemotitis (s. oben), betrachtet werden.
«) Arch. f. Ohrenhkde. LIII. p. 89. 1901.
«) Hang 's klin. Vortr. V. 3. p. 198. 1901.
») Philad. med. Jonrn. IX. 2. p. 72. Jan. 11. 1902,
^) Hang 's klin. Vortr. V. 3. p. 202. 1901.
46
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
8) Erkrankungen des Gehörorgans
hei Typhus ahdominalie. Solche sind von
Suckstorff^) während einer schweren Typhus-
epidemie unter 90 Typhuskranken 8mal, also bei
7.7<>/o der Kranken beobachtet worden. Die Ohr-
complikation stellte sich in der Zeit vom 17. bis
28. Tage der AUgemeinerkrankung ein, und zwar,
von einem zweifelhaften Falle abgesehen, in dem
vielleicht eine Affektion des Hömerven vorlag,
unter dem Bilde einer Otitis media acuta. 2mal
trat eiterige Mastoiditis hinzu, das eine Mal mit
Extraduralabscess der hinteren Schädelgrube und
Zerstörung des Sinus sigmoideus. Da eine schwere
Betheiligung des Warzenfortsatzes vielleicht durch
rechtzeitige Trommelfellparacentese verhütet wer-
den konnte, ist, wie Suckstorff erwähnt, auf
der inneren Abtheilung des üniversitätkranken-
hauses zu Rostock jetzt die nachahmenswerthe
Einrichtung getroffen worden, dass jeder somno-
lente Typhuskranke, der über seine Beschwerden
nicht Aufschluss zu geben vermag, in kurzen
Zwischenzeiten auf die Beschaffenheit seiner Ohren
untersucht wird. Bei Kindern scheinen den Be-
obachtungen von Schumacher*) zufolge Er-
krankungen des Gehörorgans während des Typhus
weit häufiger als bei Erwachsenen vorzukommen,
da er sie bei 47®/o seiner (100) Kranken und,
wenn die Fälle mit blosser Injektion der Trommel-
fellgefässe hinzugerechnet wurden, sogar bei 78%
nachweisen konnte. Auch er dringt daher auf
regelmässige Untersuchung der Ohren. Zu der
Schwere der Allgemeinerkrankung standen die
Ohrcomplikationen in Bezug auf Zahl und Inten-
sität in direktem Yerhältniss. Raoult und
Specker >) sahen bei einem 10 Jahre alten, an
Typhus erkrankten Kinde in der dritten Woche
neben Darmblutungen auch Epistaxis und einen
Stägigen Blutausfluss aus dem Ohre auftreten, an
welchen letzteren sich eine akute eiterige Otitis
media anschloss. Als Erreger der Mittelohrent-
zündung beim Ueotyphus dürfte nach H ass-
lau er ^) trotz ihres späten Erscheinens doch
manchmal noch der sehr lange im KOrper lebens-
fähige Typhusbacillus in Betracht kommen, gegen-
über den anderen Formen, wo die gewöhnlichen
Erreger der akuten Otitis media auch hier die letz-
tere auf dem Boden der bereits abgelaufenen AU-
gemeinerkrankung, bez. der durch die Allgemein-
erkrankung geschwächten und widerstandunfähigen
Mittelohrschleimhaut erzeugen.
9) Erkrankungen des Gehörorgane
hei Parotitis epidemica.
unter den 4 Beobaohtungen von Labyrintbaffektion
im Gefolge des Mumps, die von A 1 1 >) und von T e z i e r *)
«) Ztschr. f. Obrenhkde. XU. 1. p. 75. 1902.
s) Wratschebnaja Oaseta Nr. 12. 1902 ref. Ztschr. f.
Obrenhkde. XLII. 1. p. 91. 1902.
s) Revue de Laryngol. etc. XXIII. 6. 1902.
*) Haug's klin. Vortr. V. 3. p. 216. 1901.
») Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. XXXV. 1. p. 33. 1901.
•) Revue de Laryngol. etc. XXIII. 23. 1902.
mitgetheilt werden, sind die beiden FaUe Alfs des-
wegen bemerkenswerth, weil in ihnen das eine Mal unter
innerlicher Verabreichung von Jodnatrium, das andere
Mal ohne jede Behandlung Wiederherstellung des Hör-
vermögens erfolgte. Es hatte sich demnach wohl nur
um eine seröse Ezsudation, bez. eine Hyperämie der
Labyrintbgebilde gehandelt P r o t a *) sah doppelseitige
eiterige Parotitis bei einem 2Vsjäbr. Kinde mit Durch-
bruch in die äusseren Gehörgänge. Während der Fdi
bis dahin kein besonderes Interesse bietet, da entgegen
der Annahme von Prota derartige Durchbrüche sohoo
mehrfach beschrieben worden sind, war der weitere
Verlauf ein ungewöhnlicher, indem sich trotz breiter
Incision der Parotisabscesse und Besserung der örtlichen
Erscheinungen 4 Tage später das Erankheitbild der eite-
rigen Meningitis entwickelte und das Kind unter diesem
zu Grunde ging. Die Sektion wurde nicht gestattet
10) Erkrankungen des Gehörorgans
hei Tuberkulose» Die tuberkulöse Mittelohr-
entxündung in der verschiedenen Art ihres Auf-
tretens (bald schmerzlos und mit nur geringer ört-
licher Reaktion, bald unter starken, manchmal
unertrftglichen Schmerzen und mit starker Schwel-
lung des Trommelfelles und der Paukenhohlen-
Schleimhaut) wird von Jansen*) nach seinen
eigenen Erfahrungen geschildert. Er hebt den
meist schnellen Zerfall des Trommelfelles, das
üebergreifen der Zerstörung auf den Knochen in
Paukenhöhle (Caries oder Nekrose der Labyrinth-
wand, Garies und Exfoliation der Gehörknöchel-
chen) und Warzenfortsatz hervor, femer die Duroh-
brüche in das Labyrinth (mit nur geringem
Schwindel), die h&ufige Faoialislähmung u. s. w.
und bezeichnet die Prognose als eine im Allgemei-
nen schlechte, wenngleich bei noch wenig be-
einträchtigtem Allgemeinbefinden die Möglichkeit
einer Ausheilung der Eiterung keineswegs aus-
geschlossen ist Andererseits aber kann bei vor»
geschrittenen Fällen der Enochenzerfall durch ope-
rative Eingriffe erst recht beschleunigt werden.
Man soll daher unter letzteren Umständen eine
Operation am Warzenfortsatze nur dann vorneh*
men, wenn sie durch das Fieber, die heftigen
nSchtlichen Schmerzen und die Schlaflosigkeit
oder durch die sehr starke Eiterung, die die Kr&fla
des Kranken aussergewOhnlich schnell aufreibeni
unbedingt geboten wird, und sich nicht etwa zu
einer Radikaloperation in der Absicht, eine Hei»
lung herbeizuführen, entschliessen. Dagegen gelten
fflr kräftige Kinder oder Erwachsene mit nur wenig
entwickelter Tuberkulose dieselben Anzeigen defl
Aufmeisselung wie bei constitutionell Oesundei^
und hier ist auch die Badikaloperation gestattet]
wenn nur durch sie eine vollständige Heilung ei^
wartet werden kann.
Beispiele von operaiiver Heilung einer tubert
kulösen Mastoidüis werden durch je eine Beobachn
tung vonE. Barth >) undvonBrieger^)gegebeiij
>) Aroh. ital. di Otol. XIV. 1. p. 41. 1902.
>) Deutsche KUnik am Eing. d. 20. Jahrh. ym. p. 219
265. 1901.
3) Ztschr. f, Ohrenhkde. XXXVUI. 4. p. 330. 1901
*) Verhandl. d. deutschen otol. Ges. X. p. 142. 190]
Blau, Berioht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
47
Der Kranke Barth*& war 21 Jahre alt, ziemlioh
hiftiig gebaut, erblich nicht belastet, hatte weder Huaten
noeh Auswurf, seigte aber trotzdem am rechten Ober-
lappen SchaUverkürzang , yerschärftes Inspirinm und
bronchiales Ebcspirium. Die Ohreiterung war sohmerzlos
aa^etreten, die Aufmeisselung wurde bei äusserlich ge-
sondem Warzenfortsatze wegen andauernder reichlicher
fiteroDg und lieber mit Nacbtsoh weissen gemacht. Das
Antrom und die Warzen zeUen enthielten £ter und Ora-
Dsiatiooen, im Siter Tuberkelbacillen. In der Folge bil-
deten sich noch Fisteln am oberen und unteren Wund-
winkel, die sich unter die Haut der Schläfengegend, bez.
bis in die Muskelsubstanz des Cucullaris erstreckten,
sowie eine eiterige Peritonsillitis der gleichen Seite und
erst nach Indaioo der letzteren verschwand das Fieber.
Der Ausgang war in vollständige Heilung mit Verschluss
der üVommelfeUperforation und einem Gehör von 5 m
Mr Flüsterzahlen. Auch die objektiv in der Lunge nach-
weisbaren Yeränderungen gingen zurück. Barth ist
geneigt, in diesem FaJJe eine primäre Tuberkulose des
lATarxenfortsatzes anzunehmen.
Die Beobachtung Brieeer's, von ihm als ,pri-
mSre Tuberkulose des Schläfenbeines mit Pachymenin-
jptis tuberculosa* bezeichnet, betraf ein Kind, das mit
cefamerzen in der Umgebung des Ohres erkrankt war
und complete Facialislähmung, in der Paukenhöhle aber
Dor seroees £x8udat zeigte. Die Otitis heilte nach Para-
centese, wenige Monate später erschien das Kind wieder
mit einem schmerzlos entstandenen Absoesse hinter dem
Ohre and die Aufmeisselung ergab den Warzentheil in eine
groese Granulationsmasse verwandelt, die sich ununter-
brochen auf die Durader hinteren Schädelgrube erstreckte
und mikroskopisch die charakteristischen Elemente der
Tttberkolose (typische Epitheloid- und Riesenzellentuber-
bl mit ausgedehnter Verkäsung) erkennen Uess. Die von
fliaem grossen Polypen durchbohrte hintere Gehörgangs-
waod wurde fortgenommen, ihr medialer Abschnitt jedoch
mit Trommelfell und Gehörknöchelchen stehen gelassen.
Aach hier trat vollkommene Genesung ein.
Zur Diagnose der tuberkulösen Oaries der Qe-
hörknOchelchen und der Mittelohrwände empfiehlt
Ferreri^), wenn klinischer Verlauf und bak-
teriologiaohe üntersuohung im Stiche lassen, die
finftthrung eines mit lOproo. Dermatolglycerin
iapiSgnirten Qazeetückee in das vorher trocken
gereinigte Ohr, das daselbst 24 Stunden liegen
hieibeii soll. Schwarze Verf&rbung des innersten
bdes dieser Qaze deute eine tuberkulöse Enochen-
«kruikong, Oelbbleiben eine solche nicht speci-
finhen ürsprungee an. Beachtenswerth ist auch
der von de Rosei und ebenso von Haug>)
geoiBchte Vorschlag, in zweifielhaften FAllen die
geschwollenen Lymphdrüsen, die öfters über dem
Warzenfortsatze vorhanden sind, zu exstirpiren
und mikroskopisch zu untersuchen, bez. mit ihnen
lBpf?er8uche auf Meerschweinchen zu machen.
Von sonstigen tuberkulösen Erkrankungen des
Oehörorganes werden noch beschrieben: Von
Alexander*) ein Fall von tuberkulöser Oranu-
loitimigesckwuist des Lchuius und von Eayser^)
Bad von 0 st 1 n o ') je eine Beobachtung von tuber-
häSssm Ecaägesckwür des äusseren Oehörganges.
InOßgensatze zu Hang nimmt Alexander an,
*) Axeh. itaL di OtoL X. 2. 1900.
>) Ateh. L Ohrenhkde. XXXIH. 3 o. 4. p. 164. 1892.
«) Ztsohr. f. Ohrenhkde. XXXVin. 4. p. 289. 1901.
«) Verhandl. d. dentsohen otol. Ges. X. p. 142. 1901.
*) Areh. itai. di Otol. XIY. 1. p. 35. 1902.
dass die specifische Oeschwulstbildung am Ohr-
läppchen nicht immer einer zufälligen Infektion
von aussen nach einem stattgehabten Trauma (meist
Ohrringstich) ihre Entstehung verdankt, sondern es
könne durch die Verletzung ein Locus min. resisten-
tiae geschaffen werden, an dem das im Körper vor-
handene tuberkulöse Oift zur Wirksamkeit gelanga
Der Fall Eayser^s betraf einen 20 Jahre alten
Mann mit von Jugend auf bestehender Mittelohreiterung.
Das länglioh-ovale Geschwür sass an der hinteren Wand
des Oehörganges, hatte aufgeworfene verdickte Ränder
und einen sohmierigeu Belag und reichte vom hinteren
Drittel des knorpeligen bis über die Mitte des knöchernen
Abschnittes. Bauher Knochen war, obwohl das Oe-
schwür in die Tiefe ging, nicht zu fühlen. Die Unter-
suchung des Oesch?^rsekretes ergab Tuberkelbacillen.
Der Kranke Ostino*s war ein 27jähr., hereditär be-
lasteter Mann mit Ohreiterung seit seiner Jugend, Drüsen-
narben am Halse, häufiger Bronchitis, aber ohne verdäch-
tigen Lungen befund. Im Oehörgange fand sich ein grosser
Polyp, der entfernt wurde. Das Trommelfell war nicht
perforirt, dagegen an der hinteren oberen Wand des knö-
chernen OehÖrganses, etwa 2 mm vom Trommelfelle ent-
fernt, ein rundes Geschwür von 2 mm Durchmesser mit
feineezaoktem Bande vorhanden. Im Sekrete Tuberkel-
bacillen, blossliegender Knochen nicht zu fühlen. Unter
Aetzung mit öOprocTrichloressigsäure und Einträufelun-
§en von 4proc. Boralkohol kam in 10 Tagen Heilung zu
tande, indessen bildete sich kurz darauf ein neues Ge-
schwür an der hinteren unteren Wand des Anfangstheiles
des knorpeligen Oehörganges, das an Form oval mit 2 mm
grösstem Durohmesser war, eine leicht infiltrirte Basis
und ausgezackte Ränder besass und von einer Kruste
bedeckt wurde. Berührung des Geschwüres und Be-
wegungen der Ohrmuschel waren schmerzhaft, die spär-
liche weissgelbe seröse Absonderung enthielt ungewöhn-
lich zahlreiche Tuberkelbacillen. Trichloressigsäure-
ätzung und eine weisse Präcipitatsalbe führten diesmal
zur dauernden Heilung. Ostino bringt das erste Ge-
schwür mit einer friäeren tuberkulösen Mittelohreite-
rung und einem Durchbruohe vom Antrom in den Oe-
hörgang in Verbindung, während er das zweite auf eine
Selbstinfektion einer l^i der Polypeneztraktion oder von
dem Kranken mit dem Nagel erzeugten Wunde beziel^t
Der Polyp hatte von der tuberkulösen Uloeration seinen
Ursprung genommen.
11) Erkrankungen des Gehörorgans
bei akuter infektiöser Osteomyelitis.
Zeroni') behohtet über einen 13jähr. Knaben mit
Osteomyelitis verschiedener Extremitätenknochen, all-
gemeiner Infektion und Lungen metastasen, bei dem sich
zuletzt unter massigen Schmerzen auch eine rechtseitige
Otorrhöe einstellte. Letztere stammte, bei nicht per-
forirtem Trommelfelle, von einer umsohriebenen Stelle
der oberen Gehörgangswand, an der die häutige Aus-
. kleidung zu Grunde gegangen war und der Knochen in
Ausdehnung von etwa einer Erbse freilag. Die Diagnose
lautete auf eine metastatisohe oircumscripte Periostitis
des äusseren Oehörganges. Die Sektion nach dem bald
darauf durch das Grundleiden herbeigeführten Tode
lehrte, dass ausserdem die um das Antrum mastoideum
und besonders die über dem Gehörganee gelegenen Kno-
chenzellen gelbliche Flüssigkeit entbieten und, wie die
mikroskopische Untersuchung nachwies, in ihrer Schleim-
haut entzündet waren, während der Knochen sich nicht
angegriffen zeigte. Ebenso verhielt sich die Paukenhöhle
normal. Z e r o n i schliesst aus diesen Befunden, wie vor-
sichtig man mit der Annahme einer primären Ostitis, bez.
Osteomyelitis des Schläfenbeines sein muss, da selbst bei
allgemeiner Osteomyelitis die auf dem Blutwege erfolgte
1) Aroh. f. Ohrenhkde. LIU. p. 315. 1901.
48
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
lofektioa hier zuerst die Schleimhaut der Warzenzelleo,
und zwar ohne gleichzeitige Betheiligang der Pauken-
höhle, befallen hatte, von wo sie bei längerer Dauer des
Lebens allerdings, aber nur sekundär, auf den Knochen
übergegangen wäre. Im Ganzen scheint das Schläfenbein,
wie die kurzen und platten £nochen überhaupt, bei der
Osteomyelitis der Gefahr der Infektion durch den Blut-
strom weniger als die langen, eine grosse Markhöhle ent-
haltenden Extremitätenknochen ausgesetzt zu sein.
12) Erkrankungen des Gehörorgans
bei Diabetes mellitus. Entgegen seiner
früheren Annahme stimmt Körner^) jetzt voll-
kommen mit Eulen steint) darin überein, dass
den Ohr- und Schläfenbeineiterungen der Diabetiker
keine charakteristischen Besonderheiten eigen sind,
ihr Verlauf sich vielmehr nicht weeentlich von dem
bei Leuten, die keine Zuckerharnruhr haben, unter-
scheidet. Ob bei Diabetikern Otitis media häufiger
als bei Gesunden auftritt, Iftsst sich zahlenmässig
nicht beurtheilen, wäre aber bei der bekannten
Thatsache, dass der Körper des Diabetikers den
Angriffen pathogener Mikroorganismen weniger
Widerstand entgegensetzt, wohl mOglich. Dagegen
darf es als sicher betrachtet werden, dass, wenn
bei einem Zuckerkranken eine akute PaukenhOhlen-
eiterung aufgetreten ist, diese viel häufiger zu
Knochenerkrankung im Warzenfortsatze führt als
bei nicht mit Diabetes behafteten Leuten. So hat
Körner nach neuesten Mittheilungen (von S u c k s -
torff, B. unten) unter 12 FAllen von Otitis media
bei Diabetikern 8 mit complicirender Mastoiditis
gesehen, Külz') unter 9 gleichen F&llen 2 mit
Mastoiditis. Zieht man diese beiden Beobachtungen
zusammen, so würde sich die Häufigkeit der Kno-
cheneinschmelzung im Warzenfortsatze bei akuter
diabetischer Otitis media = 47.6% ergeben, wäh-
rend bei Nichtdiabetikern sich dasselbe Verhältniss
nur wie 16<^/o stellt. Fälle, in denen bei Diabetikern
die Warzenfortsatzaufmeisselung gemacht werden
mus8te,sindvonLannoi8^), Piffl'j, E. Barth*),
Witte und Sturm^), Sturm undSuckstorff >),
Suckstorff*) (die letzten 3 Arbeiten aus Kör-
ner's Klinik) und von Ephraim ^<>) veröffent-
licht worden, und alle diese bestätigen, dass man
angesichts der weitgreifenden Zerstörungen, die
oft ohne äusserliche Veränderungen im Inneren
des Knochens Platz greifen, mit der als nothwendig
erachteten Operation nicht zu lange warten darf.
Nur, wenn es sich um einen bereits weit vor-
geschrittenen Fall mit starker Beeinträchtigung des
Kräftezustandes handelt, ist von der Operation wenig
mehr zu erwarten; ferner bezeichnet Lannois
bei hohem Qehalte des Urins an Ammoniak die
I) Deutsches Aroh. f. klin. Med. LXXIIL p. 588. 1902.
s) Deutsches Arch. f. klin. Med. LXVI. p. 270. 1899.
3)Citirt bei Körner p. 591.
4) Revue de Laryngol. etc. XXI. 42. 1900.
») Arch. f. Ohrenhkde. LI. 2 u. 3. p. 150. 1901.
s) Ztschr. f. Ohrenhkde. XXXVIII. 4. p. 324. 1901.
•f) Ztschr. f. Ohrenhkde. XXXIX. 1. p. 71. 1901.
•) Ztschr. f. Ohrenhkde. XLI. 2. p. 111. 1902.
») Ztschr. f. Ohrenhkde. XLI. 4. p. 311. 1902.
«>j Aroh. f. Ohrenhkde. LIY. 3 u. 4. p. 240. 1902.
Prognose als eine schlechte, weil dann die Oeiahr
des Auftretens von Koma eine besonders grosse
ist. Mit Rücksicht auf das Koma wird man bei
operativen Eingriffen, wenn möglich, auch ver-
suchen müssen, die allgemeine Narkose durch eine
Lokalanästhesie zu ersetzen, worüber weiter unten
(s. Allgemeine Therapie der Ohrenkrankheiten) zu
vergleichen ist Bei den mitgetheilten Beobach-
tungen von Warzenfortsatzoperation bei Diabetikern
war der Ausgang 4mal in Heilung, 2mal in
Tod, Imal (Piffl) verliess die Kranke, deren
Schmerzen allerdings beseitigt worden waren, un-
geheilt die Klinik, da trotz der Operation die
Knochenerkrankung immer weitere Fortschritte
machte. Ursache des tödtlichen Ausganges war
bei der Kranken Suckstorff's, einem ISjähr.
Mädchen mit schwerem Diabetes und beiderseitiger
Mastoiditis, auf der einen Seite mit Senkungs-
abscess am Halse, zunehmende Erschöpfung ohne
Koma, bei dem E^ranken von Lannois Coma
diabeticum, das sich 7 Wochen nach der ersten,
5 Wochen nach einer zweiten Operation (die Nekrose
machte trotzdem immer weitere Fortschritte, die
Wunde erlangte erst ein besseres Aussehen, als
nur noch mit sterilem Wasser reichlich gespült
wurde) eingesteUt hatte. Unter den günstig ver-
laufenen Fällen sind vorerst zwei (Witte und
Sturm, Sturm und Suckstorff) hervor-
zuheben, in denen neben totaler Zerstörung des
Tegmen antri eine Eiteransammlung zwischen
Knochen und Dura-mater der mittleren, das eine
Mal ausserdem auch der hinteren Sohädelgrabe
gefunden wurde, die ihrerseits keinerlei Symptome
hervorgerufen hatte. Bei dem Kranken Barth 's
machte sich 3 — 4 Monate nach der vorgenommenen
Radikaloperation, als die Vemarbung schon weit
vorgeschritten war, eine eigenthümliohe Qleich-
gewichtstörung bemerkbar, ein „wankendes'^ Qe-
fühl beim Aufstehen und bei Beginn einer Be-
wegung, am stärksten bei plötzlichen Drehungen
um die vertikale Achse. Dieses hielt in den nächsten
8 Mon. ziemlich unverändert an, Nystagmus oder
eine Veränderung der Reflexe war nicht vorhanden.
In der Beobachtung £ p h r a i m 's endlich zeigte sich,
als bei der Operation an der medialen Antnunwand eine
mit Eiter gefüllte, etwa erbsengrosse Zelle eröffnet wor-
den war, an deren innerer Wand eine Fistel des äusseren
Bogenganges, die langsam Lymphe austreten iiess, sonst
aber keine Störungen verursachte. Ferner hatte sich
unter dem knöchernen Oehörgange eine grosse Absoess-
höhle gebildet, die mit diesem an einer durch eine grosse
polypöse Oranulation gekennzeichneten Stelle commani-
cirte, durch Entfernung des lateralen Theiles seiner unteren
Wand blossgelegt wurde, und in der die hintere Peripherie
der Kiefergelenkkapsel sichtbar war. Mit ihrer Eröffnung
hörte die Eiterung aus der Paukenhöhle und einer in der
Warzengegend von der Operation zurückgebliebenen Fistel
vollständig auf. Zum Verschluss der Absoesshöhle unter
dem Oehörgange, deren Entstehung durch Senkung dsB
Eiters aus der Paukenhöhle durch deren Boden oder aa
der Grenze zwischen knöcherner und knorpeliger Taba
erklärt wird, zeigten sich Einspritzungen mit Formalin*
lösnng in steigender Goncentration (1 — 5prom.) sehr
nützlich. (Fortsetzung folgt)
L Medicinische Physik, Chemie und Botanik.
49
B. Auszüge.
I. Medicinische Physil^, Chemie und Botanii^.
1. Ueber den Biweiaagehalt dea Blatea
Syphilitiaoher ; von Dr. Adolf Jolles und Dr.
MorizOppenheim. (Ztschr. f. Heilkde. XXIV.
G. p. 105. 1903.)
Das Resultat der Untersuchungen ist, daiss der
Biweissgehalt des Blutes bei Syphilis in allen Sta-
dien keine wesentliche Yerftnderung gegenüber
der Norm zeigt Er wird weder durch die Krank-
heit als solche, noch durch die wie immer gear-
tete Therapie erheblich oder gesetzm&ssig beein-
flosst
Der Arbeit sind 6 Tabellen beigegeben. Die
M^hode, die den Untersuchungen zu Orunde ge-
legen hat und die Berechnungen, die sich daraus
ergeben, müssen im Original nachgelesen werden.
N e u m a n n (Leipzig).
2. Ueber die Sohwankongen dea Bhodan-
kaliom-Gehaltea im Speichel ; von C. M e n s e.
(Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg. VII. p.324. 1903.)
Das Fehlen des Rhodankalium im Speichel
beobachtete M. häufig bei Frauen, Kindern, Nicht-
lanchem, Syphilitikern und solchen, die eine
Sohmierkur durchgemacht hatten. Genauere und
aof grosseres Material gestützte Untersuchungen
mflssten entscheiden, welche davon die wirklich
Itiologischen Ursachen sind. Bei erwachsenen
micfaenden Mftnnern erweckt das Fehlen immer
den Verdacht auf mit Quecksilber behandelte
Syphilis. Für Badeärzte in Schwefelthermen wäre
die Beobachtung des Rhodankaliumgehaltes des
Speidiels in der Hoffnung empfehlenswerth, viel-
leicht eine Erklärung der angenommenen Schwefel-
wirknng bei der Syphilisbehandlung zu finden.
G.F.Nicolai (Berlin).
3. üeber die Verdaanng einiger Blweiaa-
kfirper durch Pankreaafermente ; von Emil
Fischer und Emil Abderhalden. (Ztschr.
fphysiol. Chemie XXXIX. 1. p. 81. 1903.)
F. n. A. haben die neue Thataaohe festgestellt,
disB durch die tryptische Verdauung der Eiweiss-
^9rper (untersucht wurden Gasein, Edestin, Hämo-
gio^, Eieralbumin, Fibrin und Serumglobulin)
nur eine partielle Hydrolyse stattfindet, durch die
Bidit die ganze Menge der Monoaminosäuren frei
vinL Es bleibt vielmehr ein widerstandfähiger
Best, der zwar nicht mehr Pepton, aber doch noch
flia complicirtee Polypeptid ist. Aus diesem erhält
■an durch kochende Salzsäure neben den gewöhn-
üdien Monoaminsäuren auch die o-Pyrrolidin-
oui>onaänre, sowie das Phenylalanin.
V. Lehmann (Berlin).
MelJahrfob. Bd. 281. Hft.1.
4. 1) Die Nooleinbaaen der Faeoea unter
dem Binflaaa anhaltender Fäalniaa; von Alfred
Schittenhelm. (Ztschr. f. physich Chemie XXIX.
3 u. 4. p. 199. 1903.)
2) Ueber die Spaltang der Hefennclein-
aäare durch Bakterien; von A. Schittenhelm
und F. Schroeter. L Mittheilung. (Ebenda
p. 203.)
Bei der Selbstfäulniss der Faeces werden die
in ihnen enthaltenen Nudeinsubstanzen schliess-
lich zum Verschwinden gebracht, bis auf einen
kleinen Rest Da hierbei natürlich Mikroorganis-
men thätig sind, so wurde die Einwirkung einer
Reincultur von Bacterium coli auf Nucleinsäure
untersucht, und es zeigte sich, dass dabei aus der
Hefenudeinsäure Purinbasen abgespalten wurden.
V. Lehmann (Berlin).
5. Ueber Ohondroitinachwefelaäore nnd daa
Vorkommen einer Oxyamlnoaäare im Knorpel ;
von A. 0 r g 1 e r und C. N e u b e r g. I. Mittheilung.
(Ztschr. f. physiol. Chemie XXXVII. 5u.6. p.407.
1903.)
Nach Schmiedeberg soll das aus der
Chondroitinschwefelsäure gewonnene Chondrosin
bei Barytbehandlung in gleiche Moleküle Gly-
kuronsäure und Glykosamin zerfallen. Dies trifft
nach 0. u. N. nicht zu : es konnte weder Glykos-
amin, noch Glykuronsäure nachgewiesen werden.
Die für letztere gehaltene Substanz erwies sich als
eine Ozyaminosäure , wahrscheinlich Tetraoxy-
aminocapronsäure CgHuO^N.
V. Lehmann (Berlin).
6. Die Bntatehnng yon Homogentiainaänre
aaa Phenylalanin; von W. Falta und Leo
Langstein. (Ztschr. f. physiol. Chemie XXX VII.
6 u. 6. p. 513. 1903.)
Die Alkaptonurie ist bekanntlich hauptsächlich
durch Ausscheidung der Homogentisinsäure bedingt.
Diese wird bei Alkaptonurikern aus eingegebenem
Tyrosin gebildet, kann sich aber wohl im Körper
nicht direkt daraus bilden. Auch zeigte es sich,
dass die im eingeführten Eiweiss enthaltenen
Tyrosinmengen nicht zur Entstehung der ausge-
schiedenen Homogentisinsäure ausreichen.
F. und L. verabreichten einem Alkaptonuriker
einen anderen wichtigen Bestandtheil des Biweiss-
moleküls, nämlich das Phenylalanin, und es zeigte
sich, dass etwa 89% davon als Homogentisinsäure
zur Ausscheidung kamen.
V. Lehmann (Berlin).
7
60
n. Anatomie und Physiologie.
7. Der Nachweis yon Metallen im Harn
yermittelst derOapillarmethode; vonDr. Wilh.
Bauermeister. (Centr.-BL f. Stolfw.- u. Verd.-
Krankh. lY. 4. p. 89. 1903.)
Bei einer Reihe von Blutvergiftungen wies B.
das Metall im Urin vermittelst der Capillaranalyse
nach: ein Streifen Filtrirpapier taucht mit einem
Ende in die FlOssigkeit. Ungelöste Substanzen
setzen sich an diesem Ende fest, gelöste steigen
mit dem Flüssigkeitstrome eine Strecke aufwärts ;
da aber bei der Verdunstung die Concentration
steigt, so müssen sich an einer bestimmten Stelle
die Salze niederschlagen. Taucht man nun den
abgetrockneten Filtrirpapierstreifen in Schwefel-
ammonium, so erfolgt die Schwärzung an der
Stelle, wo sich die Bleisalze abgelagert haben.
V, Lehmann (Berlin).
Die Zahl der Thiere, in denen normalerweise
Arsen gefunden wird, wird durch das Oeechleoht
der Bobben vermehrt. Ausserdem werden Ar-
mand Gautier's Befunde bestätigt.
W. Straub (Leipzig).
10. Emploi de la bombe calorimetriqae
de M. Bertheloty poar demontrer rexistenoe
de Taraenio dana l'organiame; par Gabriel
Bertrand. (Ann. de Plnst. Pasteur XVIL 9.
p. 681. 1903.)
Wenn B. in der calorimetrischen Bombe anter
30 Atmosphären Sauerstoffdruck die Organe zer-
stört, kann er schon mit geringen Mengen Organ
auskommen, um ebenso wie Armand Gautier
überall Arsen zu finden. W. Straub (Leipzig).
8. Ueber Qaeckailber im Urin ; von Aug.
L a q u e u r. (Berl. klin. Wchnschr. XL. 51.^
Rothe Blutkörperchen, die mit Hay
Lösung fixirt sind, quellen und platzen,
ihnen das aus der Conservirungsflüssi
eingedrungene Quecksilber entzieht. Gkdi beson- gewogen
ders ist dazu der normale Urin im Sta
zwar hauptsächlich wegen seines Geha
Säuren (Harnsäure, sauere Phosphate). Queck^
silberhaltiger Harn (von Syphilitikern) zeigt kein
vermindertes Auflösungsvermögen für in Sublimat
gehärtete Blutkörperchen; der eventuelle Eiweiss-
gehalt spielt dabei keine Bolle. Daraus schliesst
L., dass das Quecksilber im Harn an Säuren oder
sauere Salze gebunden ausgeschieden wird.
W. Straub (Leipzig).
11. The rapid eatimation of the qaantity
of Chloroform yapoar preaent in mixtarea of
ohloroform yapoar and air; by A. D. Waller
or Geets. (Brit med. Journ. p. 1421.
nen.
von bekanntem Volumen wird ein-
ig mit dem Chloroform- Luftgemisch
[er Dififerenz gegen das Gewicht des
gefüllten Gefässes lässt sich mit
i^ehlern der faktische Chloroformgehalt
W. Straub (Leipzig).
9. 8ar la recherohe et aar l'eziatenoe
de Paraenic dana Porganiame; par Gabriel
Bertrand. (Ann. de linst. Pasteur XYI. 8.
p. 653. 1902.)
12. Quantitatiye Beatimmang yonFormal-
dehyd in der Laft; von G. Komi ja und J. J.
V 0 0 r t h u i s. (Centr.-Bi. f. innere Med. XXIV. 2.S.
p. 553. 1903.)
Die Vff. verwenden die alkalische Jodqueck-
silber-Jod kalium-LOsung (N e s s 1 e r 'sches Reagens)
in der Kälte zur Absorption des Formaldehyds
der Luft. Der Formaldehydgehalt wird jodo-
metrisch durch Titration bestimmt. So konnten
Vif. aus 2.2 Litern Luft noch 0.02 mg Formaldehyd
nachweisen. W. Straub (Leipzig).
II. Anatomie und Physiologie.
1 3. Die Qeaetsmäaaigkeit im Längen wachs«
thum dea Menschen; von Emil v. Lange in
München. (Jahrb. f. Einderhkde. 3. F. VII. 3.
p. 261. 1903.)
Den Inhalt der werthvollen, umfangreichen
Arbeit im Auszuge wiederzugeben, erscheint bei
der Fülle des darin enthaltenen Zahlen- und Gurven-
materiales nicht wohl mOglich. Die Studie gliedert
sich in 2 Theile. Im 1. Theile wird ein kurzer
Ueberblick über die bisherigen Kenntnisse gegeben
und auf die Lücken aufmerksam gemacht, die
unser Wissen auf dem behandelten Oebiete auf-
weist Im 2. Theile wird über die Befunde be-
richtet, die T. L. auf Qrund von Individualcurven
an homologem Materiale erhoben hat
Brückner (Dresden).
14. Untersuchungen aber die nonnale Ossi-
fikation dea Knorpels; von Dr. Dante Pac-
c h i 0 n i. (Jahrb. f. Einderhkde. 3. F. VI 3. p. 327.
1902.)
P. fasst das Resultat seiner Untersuchungen,
die an den Rippenknorpeln von 6 rhachitisfreiea
Kindern nach der Methode von Monti und Lilien-
feld angestellt wurden, folgendermaassen zusam-
men : Es ergiebt sich, „dass der Knorpel von An—
fang an einen sehr lebhaften Antheil an dem Ver-
knOcherungsprocess nimmt, weil seine reihenf5rmige
Disposition eine Erscheinung von h(k)hster finergio
ist; sie ist aber immerhin von dem Einfluss ab-
hängig, welchen das dem Knochen zunächst liegend«
Oewebe auf den Knochen ausübt Indem der*
Knorpel sich nach und nach reihenweise stellt.
n. Anatomie und Physiologie.
51
absorbirt die vom Blutplasma differensirte Qrund-
BQbstanz die vom Knoohenblute herrührende Phos-
piioreftare, während die dem Knochen zunächst
liegeoden Knorpelzellen in ihrem Innern den Kalk
sammeln. So findet das stetig fortschreitende
KDochengewebe die für VerknOcherung nothwen-
digen Elemente in hinreichender Menge und zweck-
n^iger Anordnung. Die Funktion des Knorpels
hat den Zweck, den fortschreitenden Process des
Xnoehens zu ermöglichen und zu reguliren, und
iwar mittelst struktureller und chemischer Vor-
ginge, die aktiv im Knorpel zur Entwickelung ge-
langen**. Brückner (Dresden).
15. Oomment ae forment lea hömorragiea
dint lea oa des olaeauz par 8nit# de fortea
rarefioatioDa; by Dr. A. Aggurrotti. (Arch.
ital de Biol. XXXIX. p. 325. 1903.)
Bei Luftdruckverminderung auf SO^'/o des Nor-
malen treten häufig in den lufthaltigen Knochen
der Vögel Blutungen auf. Sie sind verursacht
darch die Druckschwankungen und sind um so
grOaser, je rascher die Verminderung bemerkt wird.
Darch Anbohren der Knochen vor der Luftverdün-
fiung lass^ sich die Blutungen vermeiden. Die
Sache hat praktische Bedeutung für die Ohr-
beachwerden der Caissonarbeiter und Taucher, bei
denen schliesslich die Perforation des Trommel-
fella Hülfe schafft. W. S t r a u b (Leipzig).
16. Hooh ein Mal die Frage nach der
JBanerito£rcapaoit&t dea Blutfarbatoffea** ; von
flüfner. (Arch. f. Anat u. Physich [physich
Abth.] 3 u. 4. p. 217. 1903.)
E hatte vor 8 Jahren selbst angegeben, dass
die Ton lg Hämoglobin gebundene CO- Menge
1.34 ccm betragen habe; dieser Befund wird durch
die Torliegende Untersuchung H.'s bestätigt. Dass
TOD anderen Forschern eine niedrigere CO-Menge
Senden wurde, läset sich darauf zurückführen,
daas Donnalea Hämoglobin beim Stehen in Lösung
sehr bald Veränderungen erfährt, die dazu führen,
daaa die LOsung weniger CO aufzunehmen vermag.
0 arten (Leipzig).
17. On the effeot exerted on tbe ooagu-
^Mitif of the blood by an admixture of lymph ;
^7 Wright (Joum. of Physich XX VlIL 6. p. 514.
19Ö2.)
Die Beschleunigung der Blutgerinnung, wie sie
M Zoaatz von Oewebetheilen zu frisch der Ader
aitBommenem Blute beobachtet wird, oder wie sie
M dem auf Wundflächen sich ausbreitenden Blute
*^tt, ist nach W. dadurch bewirkt, dass sich
I^phe dem Blute beimengt. Und zwar zeigte
i» den Yersachen von W. nur frische, noch nicht
f^onene Lymphe diese gerinnungbeschleuni-
g«Bde Wirkung. Garten (Leipzig).
18. "Elle role of the liyer and spieen in the
^^■tmotion of the blood oorpoaolea ; by B a i n.
(ioarn. of Physich XXIX 4 a. 5. p. 352. 1903.)
Hit Hülfe des von B r o d i e angegebenen Appa-
rates wurden Leber und Milz durchblutet, und am
Beginn, sowie am Ende der Versuche nach etwa
2 Stunden, der Oehalt des Blutes an rothen und
weissen Blutkörperchen, der Gehalt des Blutes und
des Serum an Hämoglobin festgestellt, u. s. w.
Hervorgehoben sei, dass viele Controlversuche an-
gestellt wurden, bei denen das Blut statt durch
das Organ durch einen Kautschuckschlauch floss,
und bei denen ebenfalls im Beginn des Versuches
und nach 2 Stunden die obigen Bestimmungen vor-
genommen wurden.
Es ergab sich, dass thatsächlich die Leber einen
bedeutenden Theil der rothen Blutkörperchen zer-
störte, und zwar sprachen gewisse Ueberlegungen
dafür, dass die an Hämoglobin relativ armen Ery thro-
cyten in der Leber zu Qrunde gingen. Dement-
sprechend war während der Durchblutung auch
der Eisengehalt der Leber von O.I90/0 auf 0.26<»/o
gestiegen, und man konnte eine starke Gallen-
sekretion während der Durchblutung beobachten.
Ausserdem machen es die Versuche wahrschein-
lich, dass auch eine geringe Menge von Leukocyten
in der Leber zerstört wird.
In der Milz dagegen war neben der Zerstörung
einer geringen Zahl von Erythrocyten, eine sehr
beträchtliche Abnahme der Leukocyten zu be-
obachten, und zwar gingen hier hauptsächlich die
Zellen zu Grunde, die die polymorphen Kerne ent-
hielten. Garten (Leipzig).
19. The apleen in relationahip to the pro-
oeaaea of haemolyaia; by Paten and Goodah
(Journ. of Physich XXIX. 4 and 5. p. 411. 1903.)
Um die Frage zu entscheiden, ob der Milz die
Fähigkeit innewohnt, aktiv rothe Blutkörperchen
zu zerstören, wurden an normalen und an milzlosen
Hunden und Kaninchen unter verschiedenen Ver-
suchsbedingungen die Zahl und die Formen der
rothen und der weissen Blutkörperchen bestimmt.
Das zum Theil mit den Worten der Vff. wieder-
gegebene Resultat lautet: Nach Entfernung der
Milz tritt ohne anderweitige Eingriffe keine Ver-
mehrung der rothen oder der weissen Blutkörper-
chen ein. Nach Vermehrung der Blutmenge durch
Transfusion ist die Geschwindigkeit, mit der die
Erythrocyten an Zahl abnehmen, beim normalen
und beim milzlosen Thiere die gleiche.
Nach Anwendung von Phenylhydrazin oder
Toluylendiamin, Stoffen, die auf die Erythrocyten
stark toxisch wirken, tritt in Folge des Zugrunde-
gehens der Blutkörperchen eine Anämie auf, die
wegen der dabei auftretenden Zellenformen der
perniciösen Anämie zu vergleichen ist, die aber im
Gegensatze zu dieser in 20 Tagen vollkommener
Genesung Platz macht.
Bei derartigen Vegiftungen wird Pigment, das
die Reaktionen des freien Eisens zeigt, wenn die
Milz vorhanden ist, in grösster Menge in dieser
abgelagert, ausserdem in abnehmender Menge in :
52
IL Anatomie und Physiologie.
LymphdrQsen, Knochenmark, Niere, Leber, Rinde
und Kapsel der Nebenniere. Das Pigment liegt in
Form feinster KOmchen in Zellen, grossen Leuko-
cyten oder Endothelien, oder es hat sich l&ngs der
Bindegewebefasern abgelagert.
Aktive regenerative Veränderungen, Bildung
von Leukoblasten und Erythroblasten sind auf das
Knochenmark beschränkt. (Im HOhestadium treten
hier Megaloblasten auf.) Der einzige, aber regel-
mässig zu beobachtende unterschied zwischen milz-
losen und normalen Thieren besteht darin, dass
etwa um den 4. Tag nach der Vergiftung bei milz-
losen Thieren noch mehr rothe Blutkörperchen vor-
handen sind als bei normalen in demselben Stadium.
Dieser Unterschied wird von den Vif. darauf zu-
rflckgeführt, dass die Entfernung der todten Er3rthro-
cy ten aus dem Blute weniger vollständig bei fehlen-
der Milz stattfindet. Die Milz greift also nicht
selbstthätig in denAuflOsungsvorgang ein, sondern
sie bildet nur eine Ablagerungstätte fOr die zer-
fallenden rothen Blutkörperchen. Das in der Milz
deponirte Pigment scheint zur Neubildung der
rothen Blutkörperchen benutzt zu werden, da bei
milzlosen Thieren auch die Regeneration langsamer
von Statten geht Garten (Leipzig).
20. Ueber Formvarietäten des unteren
Baohenendes (des Laryngopharynx) ; von
Werner Rosenthal. (Internat Mon.-Schr. f.
Anat u. PhysioL XX. 7—9. p. 229. 1903.)
Von der Beobachtung ausgehend, dass die
Pulsiondivertikel dos Schlundes verhältnissmässig
am häufigsten gegenüber dem unteren Theile der
Ringknorpelplatte vorkommen, sucht R auf Grund
von Ausgüssen des Pharynx eine Erklärung dafür
zu geben. Die Ausgüsse wurden mit Wachs oder
Wood'schem Metall gemacht(13 Wachs-, lOMetoll-
abgüsse). R. fand in den meisten Fällen eine ring-
förmige Verengerung des Schlundes, entsprechend
dem unteren Ringknorpelrande, in anderen Fällen
war dieser Theil beutel- oder normaler Weise
trichterförmig. Nach der Ansicht R.'s lassen sich
aus diesen Varietäten, die nur mit Hülfe von Ab-
güssen zu erkennen sind, die Entwickelungen von
Pulsiondivertikeln an dieser Stelle ohne Annahme
von Traumen oder angeborenen Ausstülpungen er-
klären. Die Versuchsreihe ist natürlich noch zu
klein für eine endgiltige Bewerthung.
Robert Oeorgi (Leipzig).
21. Ueber die Temperatur des Ohorda-
und dea Sympathiouaapeiohela : von Rüssel
Burton-Opitz. (Arch. f. d. ges. PhysioL
XCVn. 5 u. 6. p. 309. 1903.)
Auch bei gleichen Mengen des abgesonderten
Speichels ist seine Temperatur bei Chordareizung
hoher als bei Sympathicusreizung. Durch Ab-
klemmung der A. glandularis während der Chorda-
reizung wird die Temperatursteigerung nicht be-
einflusst Q a r t e n (Leipzig).
22. Ueber histologiBohe Veränderungen in
den Speioheldrüaen naoh Durohsofaneidnng
der aekretorisohen Nerven; von Ulrich Ger-
hard t (Arch. f. d. ges. PhysioL XLVIL 5 n. 6.
p. 317. 1903.)
In den Speicheldrüsen des Kaninchens treten
nach der Durchschneidung der Chorda tympani
Veränderungen im Zellenprotoplasma auf. Die
Kerne bleiben aber intakt. Umgekehrt wird bei
Sympathicusdurchschneidung eine Kernverände-
rung gefunden bei normalem Protoplasma. Das
nur herd- oder nesterweise Auftreten der Verände-
rung, sowie Kern Veränderungen in geringerer Aus-
dehnung auf der Gegenseite nach der Sympathicus-
durchschneidung müssen zunächst noch unerklärt
bleiben. Garten (Leipzig).
23. Resorption im Magen und die sogen.
VerdünnungasekreÜon ; von Dr. BOnniger.
(Arch. f. ezperim. Pathol. u. Pharmakol. L. p. 76.
1903.)
Die Magenwand soll nach bisherigen An-
schauungen die Eigenschaft haben, eingebrachte
hypertonische Salzlösungen durch Sekretion von
Flüssigkeit zu hypotonischen zu verdünnen. B.
weist jedoch nach, dass dies nicht der Fall ist, dass
vielmehr eine unzweideutige Tendenz des Gon-
centrationausgleichs vorhanden ist, die allerdings
sehr langsam vor sich geht.
W. Straub (Leipzig).
24. Ueber die Resorption und die fsrmen-
tative Spaltung der Diaaocharide Im DQnn-
darm dea auagewaohaenen Hundes; von F.
Rohmann u. J. Nagano. (Arch. f. d. ges.
PhysioL XCV. 11 u. 12. p. 533. 1903.)
Die Resorptionversuche wurden an Hunden
mit Vellafisteln und an abgebundenen Darmschlin-
gen des Jejunum und Ueum vorgenommen. In be-
kannter Weise wurde durch Untersuchung des nach
bestimmter Zeit in der Schlinge noch vorhandenen
Inhaltes die Menge des von der Darmwand auf-
genommenen Zuckers und Wassers bestimmt
Zunächst ergab sich, dass Rohrzucker schneller
als Maltose und diese schneller als Milchzucker
resorbirt wurde. Alle 3 Disaocharide werden lang-
samer resorbirt, als die einfachen Zucker, die aus
ihnen durch Spaltung entstehen. Im oberen Theile
des DQnndarms werden sie besser, als im unteren
Theile resorbirt. Die verschiedene Resorption-
fähigkeit des Jejunum und Ileum ist, wie die nach-
trägliche Wägung der Schleimhaut der resorbiren-
den Schlinge ergab, nicht allein durch die verschie-
dene Mächtigkeit, sondern auch durch funktionelle
Verschiedenheiten der Schleimhaut bedingt
Bei 4.5 — 5proc. Losungen von Rohrzucker und
Maltose fand im Jejunum die Resorption nahezu
ohne Concentrationänderung statt Eine solche
Losung ist stark hypotonisch, denn erst eine
10.5 — 11.6proc. Losung der Disaccharide würde
n. Anatomie und Physiologie.
53
dem Blutserum isotonisch sein. Bei der Resorption
anderer hypotonischer Losungen gilt es aber als
Regel, dass durch schnellere Besorption des Wassers
die Losung der Isotonie zugefQhrt wird. Würden
die Disaooharide vor ihrer Resorption vOllig ge-
spalten, so wftre der Widerspruch aufgeklärt. Denn
dann wäre die Zahl der Moleküle verdoppelt, „und
aus der halb-isotonischen Lösung würde die iso-
tonisehe entstehen^^
Die hierauf gerichtete Untersuchung ergab für
Saccharose und Maltose, dass eine solche Spaltung
stattfindet, aber sum kleineren Theile „durch ein
Ton d&r Schleimhaut abgesondertes, zum bei Weitem
grösseren Theile durch ein in der Darmschleimhaut
selbst enthaltenes Enzym'' herbeigeführt wird. Die
Spaltung vollzieht sich also zum grösseren Theile
erst in der Darmschleimhaut. Das Inversion-
▼ermögen des Darmes wird überschritten, wenn die
Rohrzuckerlüsung stärker als 5proc. ist. Dann
▼ird ein Theil des Rohrzuckers nicht in Dextrose
ondLävulose gespalten, sondern gelangt als solcher
in die Cirkulation, um, wie bekannt ist, unver-
indert als Fremdkörper durch die Nieren aus-
geschieden zu werden.
Der Milchzucker wird beim enoaehsenenTbiere
nur in äusserst geringem Umfang gespalten, und
diese Thatsaohe erklärt auch, dass er viel lang-
samer resorbirt wird, als die beiden anderen Di-
saocharide. Garten (Leipzig).
25. On the nniformity of the panoreatio
meehanlBm in Tertebrata; by Bayliss and
Starling. (Joum. of Physiol. XIX. 2. p. 174.
1903.)
Der saure Auszug des Duodenum und des
Jqanam enthält, wie die VfiT. früher gezeigt hatten,
einen Stofl^ das „Sekretin^S das nach Einführung
in das Blut eine starke Sekretion des Pankreas ver-
anlasst Nun weisen die VIT. nach, dass ein von
den verschiedensten Thierarten gewonnenes Sekre-
tin bei jeder anderen Thierspecies nach Injektion
ia's Blut eine Pankreassekretion veranlasst Das
Sekretin ist also nicht für eine Thierart specifisch,
sondern voraussichtlich dieselbe chemische Sub-
stanz, die bei allen Thierarten in gleicher Weise
wirksam ist Garten (Leipzig).
26. Panoreatio aymogens and pro-symogens;
by V e r n o n. (Joum. of Physiol. XX Vm. 6. p. 448.
1902.)
Doit^ schwachen Alkohol oder Olycerin wer-
deo die Fermente (Trypsin und Lab) aus dem zer-
Ueinerten Pankreas nur langsam in Lösung über-
gsAhrt ; man nimmt daher an, dass die Fermente
im Pankreas zunächst in einer unlöslichen Vor-
stufe, dem Prozymogen, enthalten seien. Aus die-
sem entsteht bei längerer Einwirkung der Flüssig-
keit eine lösliche, aber noch unwirksame Vorstufe
des Eazyms, das Zymogen. In der filtrirten
FIlMgkeit gehen die Zymogene endlich in die
▼irksamen Enzyme Lab und Trypsin über.
Durch umfangreiche Untersuchungen an der-
artigen Extrakten, die aus dem zerhackten Schweine-
und Schafpankreas gewonnen wurden, kam V. zu
dem Ergebniss, dass bei wiederholter Extraktion
desselben Präparates, in den verschiedenen Lösungen
trotz des sehr verschiedenen Gehaltes an Ferment,
die Mengen desTrypsins und des Labs zu einander
in einem gleichen Verhältnisse stehen. Hierauf
baut V. die Hypothese auf, dass ein einxigea un-
lösliches Prozymogen in lösliches Trypsinzymogen
und lösliches Labzymogen zerfällt, die dann ihrer-
seits wieder in die betrefiTenden Enzyme übergehen
würden.
Dagegen ist derOehalt einer Lösung an diasta-
tischem Ferment unabhängig von der gleichzeitig
vorhandenen Menge von Trypsin und Lab. Das
diastatische Ferment unterscheidet sich von den
anderen Fermenten dadurch, dass es viel leichter
als diese in Lösung geht Für die Annahme einer
löslichen, aber noch unwirksamen Zwischenstufe
liegt hier kein Orund vor, so dass man annehmen
kann, dass aus dem im Pankreas enthaltenen un-
löslichen diastatischen Zymogen oder Prozymogen
sich ohne weitere Zwischenstufe das wirksame
lösliche diastatische Enzym bildet
Garten (Leipzig).
27. Die Bndprodukte der Pankreas- nnd
Hefeselbstverdaanng ; von Fr. Kutscher und
Loh mann. Mittheilung I u. IL (Ztschr. f. phy-
siol. Chemie XXXIX. 2. 3 U.4. p. 169.313. 1903.)
Zum Studium der Selbstverdauung ist das
Pankreas, wegen der vielen in ihm enthaltenen
Enzyme, jedenfalls das geeignetste Organ. Als
neues Produkt fanden K. und L. hierbei das Cholin,
das natürlich dem Lecithin entstammen muss. Bei
der Selbstverdauung der Hefe, die sich der des
Pankreas ganz gleichartig verhält, wurde ebenfalls
das Cholin gefunden.
K. und L. machten nun einen Versuch mit
Selbstverdauung des lecithinreichen Ochsengehirns.
Cholin konnte dabei nicht gefunden werden. Auch
von den übrigen Basen war kaum etwas vorhanden.
V. Lehmann (Berlin).
28. üeber den osmotischen Draok der
menschlichen GMe ; von Prof. S t r a u s s. (Berl.
klin. Wchnschr. XL. 12. 1903.)
Str. untersuchte an 2 Kranken mit Gallen-
fisteln den osmotischen Druck der Galle mit dem
Beck mann 'sehen Gefrierapparate und fand den
osmotischen Druck der Galle gleich dem des Blutes.
Die nur an dem einen Kranken weiterhin vor-
genommenen Untersuchungen ergaben, dass ali-
mentäre Aenderungen keinen wesentlichen Einfluss
auf den osmotischen Druck haben.
Sobotta (Heilanstalt Sorge).
29. üeber das Blastingewebe des Säug-
lingsdarmes ; von RudolfFischel. (Jahrb. f.
Kinderhkde. 3. F. VII. 4. p. 439. 1903.)
54
m. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
F. hat mit Hülfe der Tänzer-Unna'schen
Orceinfärbung die Därme von 10 Kindern aus dem
I.Lebensjahre, von einem 14jähr. Knaben und von
Thieren (Hund, Kaninchen) untersucht. Es zeigte
sich, dass die Darmwand in den letzten Monaten
des fötalen Lebens überhaupt noch kein freies
Elastin besitzt, dass das Gewebe nur unvollkommen
in der Adventitia grosser Arterien entwickelt ist
Auch bei reifen Neugeborenen ist noch kein freies
Elastin zu finden, während das an die Oefässe ge-
bundene schon in der Adventitia von mittleren
Arterien auftritt. Die Umwandlung des Binde-
gewebes in elastisches Qewebe scheint in den ersten
Lebens wochen zu beginnen, erreicht jedoch während
des ganzen Sftuglingsalters keine hohen Qrade.
Der Mangel an Stützgewebe ist vielleicht die
Ursache der Hinfälligkeit, die den Säugiingsdarm
auszeichnet Er erklärt die Neigung zu Meteoria-
mus und unregelmässiger Peristaltik. Ob die
sogenannte Atrophie mit der mangelnden Entwicke-
lung des elastischen Gewebes etwas zu thun hat,
steht noch dahin. Brückner (Dresden).
III. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
30. Auge and Immunität ; von Dr. Wessely.
(Berl. Klinik Heft 182. 1903.)
W. entwirft ein anschauliches Bild von dem
Forschungsgange und unseren heutigen Kenntnissen
auf dem Gebiete der Antitoxine und baktericiden
Antikörper. Er beleuchtet die hervorragende Be-
deutung der Untersuchungen von Ehrlich,
Pfeiffer, Weigert, Behring u.A. und be-
spricht ausführlicher, wie Römer die Ergebnisse
dieser Forschungen für das Auge in Anwendung
gezogen und durch selbständige sorgfältige und
sinnreiche Versuche weiter gefördert hat. Es ge-
lang Römer durch mühevolle Untersuchungen,
die Anfangsmenge des Abrins festzustellen, bei
der eine bestimmte therapeutische Reizwirkung
am Auge eintritt, sowie die weiteren Dosen, mit
denen nach Ablauf der vorangegangenen Reizung
eine neue Wirkung anzufachen ist Ausserdem
machte Römer die wichtige Entdeckung, dass
übergrosse Abrinwirkungen durch sein Jequirity-
Immunserum ausgeglichen werden können. Ebenso
wie die echte Toxin - Immunität in der Abrin-
Immunität konnte Römer eine echte Bakterien-
Immunität in der Pneumokokken-Immunität nach-
weisen.
W.'s eigene verdienstvolle Untersuchungen
gingen von der Frage aus, wie die im Blutserum
enthaltenen Antikörper in die bedrohten Gewebe
gelangen, und vor Allem, ob sie dieses unter ge-
sunden und kranken Verhältnissen stets in gleichem
Maasse thun. Als bestgeeignetes Gewebe erschien
ihm wegen seiner vorzüglichen üebersehbarkeit
das Auge, und zwar Kammerwasser und Conjunc-
tiva. Nachdem festgestellt war, dass jeder Reiz
der Ciliarkörpergefässe den Eiweiss- und Fibrin-
gehalt des Kammer Wassers wesentlich erhöht, ver-
suchte er zu erfahren, wie hierbei die Antikörper
sich verhalten. Dabei stellte sich die überraschende
Thatsache heraus, dass die Antikörper, die in der
Regel nur sehr spärlich in die Augenflüssigkeiten
übertreten, bei jedem Reiz, den das Auge erleidet,
in bedeutend gesteigertem Maasse auftreten ; d. h. :
während z. B. das Kammerwasser eines mit Rinder-
blutserum immunisirten Kaninchens in regelrechtem
Zustande des Auges Rinderblutkörperchen gar nicht
auflöst, löst es diese sofort in grosser Menge, sobald
das Auge gereizt wird. Dasselbe gilt ebenso von
allen Antikörpern wie von den Antitoxinen.
Die Uebertragung der von Römer und W.
festgestellten experimentellen Thatsachen auf die
praktische Augenheilkunde ist von ganz bedeu-
tender Tragweita Ihre ersten schönen Früohte
erkennen wir bereits in den Ergebnissen von
Rom er 's grundlegenden Arbeiten aus dem Ge-
biete der Abrin-Immunität und der sympathischen
Ophthalmie. Wir werden hoffen dürfen, daas ein
weiterer Ausbau der Immunitätforschung am Auge
noch für manche bisher wenig aufgeklärten Krank-
heitvorgänge Aufschlüsse und verbesserte Heil-
mittel zeigen kann. W. möchte an seine Befunde
die Yermuthung knüpfen, dass in jeder entzünd-
lichen Exsudation sich eine Heilwirkung äussert,
eine vermehrte Zufuhr von Schutzstoffen zu den
bedrohten Geweben zur Abwehr der schädigenden
Stoffe. Daraus wieder Hessen sich weitere Schlüsse
ableiten über die Heilwirkung örtlicher Reize und
die gemeinsame Anwendung von diesen mit künst-
licher Zufuhr von Antikörpern.
Bergemann (Husum).
31. üeber die Bildung von apeoifisohen
Antikörpern nach outaner Infektion; von F.
Kasten. (Deutsche med. Wchnschr. XXIX. 36.
1903.)
E. hat die Hoff mann 'sehen Versuche über
die Bildung von Agglutininen nach cutaner Infek-
tion einer Nachprüfung unterzogen. Er arbeitete
mit virulenten Typhus-, Cholera- und Staphylo-
kokken-Stämmen und benutzte als Versuchsthiei«
Kaninchen, deren Serum vorher auf seinen Oehalt
an Agglutininen und Bakteriolysinen geprüft 'war,
10 — 14 Tage nach der letzten Einreibung (in die
Bauchhaut) Hessen sich im Blutserum Agglutinine
und Bakteriolysine in hoher Goncentration nach-
weisen. Um zu ergründen, wie weit ein Eindringen
der Bacillen in den Thierkörper stattf&nde, wurde
eine Anzahl der Yersuchsthiere kurz nach der
Hautinfektion getOdtet und mikroskopisch und cul-
turell untersucht Niemals aber Hessen sich Bacillen
nachweisen, auch nicht durch Anreicherung. "Es
wird daraus geschlossen, dass die eingeriebenen
Bakterien in den oberflftchlichen Schichten der
III. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
55
Haut in Grunde gehen, wodurch die zur Bildung
der Antikörper führenden Stoffe frei werden und
von der Haut aus zur Resorption gelangen. Den
Beweis hierfür erbrachte E. dadurch, dass er die
lar Einreibung bestimmten Cuituren vorher durch
firhitsen auf 65^ abtödtete. Die Wirknng der mit
diesen Cuituren Torgenommenen Hautinfektion war
diesdbe wie die mit virulenten Cuituren, zum Theil
sogar noch stärker. Um den Einwand zu ent-
kriften, dass es sich um eine Resorption prä-
formirter Stoffe von der Haut aus handelte, liess
K. das rasirte Ohr eines Kaninchens mehrere Stun-
den lang in dieselbe Bakterienaufschwemmnng
hineintauchen. Das Blutserum dieses Thieres
Migte aber keine Steigerung des Agglutination-
oder bakteriolytischen Titres gegenüber dem nor-
malen. S 0 b 0 1 1 a (Heilanstalt Sorge).
32. DeutQogBTersooh der Eigensohaften
nnd Wirkungsweise der Immunkörper; von
Prof. H. Zangger in Zürich. (Centr.-Bl. f. Bak-
terioL u. 8. w. XXXIV. 5. p. 428. 1903.)
Wenn Ehrlich in seiner Seitenkettentheorie
aiies in Parallele setzt mit der Chemie der Con-
stitutionformeln , so sucht Z. nachzuweisen, dass
Tide der heute bekannten Eigenschaften der Immun-
körper sich besser physikalisch deuten lassen.
Antikörper und Fermente zeigen bezüglich ihrer
physikaiischen Eigenschaft grosse Uebereinstim-
mong; sie haben vieles gemeinsam mit den Col-
loiden. Fermente wie Antikörper verändern sich
spontan parallel der Temperatur, besonders schnell
in Verdünnungen, bei Mangel an verwandten Col-
loiden, bei stärkerem Salzgehalt, beide bei Tempe-
ntaren von 50 — 80^ beide sind sauerstoffbedürftig.
Alle sind nur unter grossen Verlusten filtrirbar,
^ysiren meist nicht Liab und Antikörper wer-
deo sehr leicht niedergerissen und ausgefällt, z. B.
durch Eiweisssobstanzen. Die Absorptionfähigkeit,
die fOr Antikörper eine specifische ist, ist für Colloide
cbarakteristisch. Liab wie Toxine und Antikörper
cneogen im Organismus specifische Antikörper.
Die Reaktionen erfolgen aber erst nach längerer
2eit: sie haben in Bezug auf ihre physiologische
Wirkung eine Inoubationzeit. Ferner wirken sie
vst innerhalb enger Temperaturgrenzen und, die
•Q^ßUigste Eigenschaft, sie können sich nach Schä-
digungen, die ihre Wirkung vollständig aufhoben,
»«dw erholen.
Attsder Erkenntniss, dass die wirksamen Körper
i^oUoidale Eigenschaften haben, ergiebt sich einmal
flk die Behandlung der Sera , weshalb die Sera
gegen tthöhte Temperatur, Licht und Sauerstoff em-
pSndhch sind, weshalb sie in verdünntem Zustande
^t lange aufbewahrt werden können und vor
Bektiolytwirkungen und veränderter Reaktion ge-
*^ttzt sein müssen und warum sie nicht per os
SMcht werden können. Sodann ergiebt sich für
<^ie DttsteUungs- und IsoUrungsmethoden , dass
Pein physikalische Methoden anzuwenden sind,
Dialyse, specifische Bindung und physikalische
Absorption. Zu vermeiden sind höhere Tempe-
raturen, chemische Mittel, wie Säuren und Basen ;
chemische Ausfällungen und Erystallisation scha-
den. Die colloidalen Eigenschaften erklären auch
die Erfolge und Misserfolge der passiven Immuni-
sirung im Gegensatz zur natürlichen nach Ueber-
stehen einer Krankheit, da, wie Z. des Weiteren
ausführt, nach seinen Anschauungen bei der ersteren
nur die gerade im Blute befindlichen Bakterien
erreicht werden. Auch die Thatsache, dass Toxine
von Zellen absorbirt werden, dass sie Antikörper
erzeugen und Fieber, und dass sie sich mit diesen
Antikörpern zu inaktiven Verbindungen combiniren,
erklärt Z. in physikalischer Weise. Kommt ein
Toxincomplex an eine Zelle heran, so wird er
indifferent bleiben, wenn er nicht im Stande ist,
die Oberflächenspannung der Zelle zu verändern ;
anderenfalls, wenn er einen Complex trifft, mit
dem er physikalische Affinität besitzt, so werden
sich beide anziehen und je nach den Hindernissen
wird das Toxin in die Zelle eintreten oder die Ver-
bindung der Antikörperbildung wird herausgerissen,
kommt in's Blut und zerfällt. Walz (Stuttgart).
33. Ueber die BindangsverhältniBse BWi-
Boheh Toxin und Antitoxin; von Ph. Eisen -
borg. (Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIV. 3.
p. 259. L903.)
£. stellt eine neue Theorie auf, die sich nach
seiner Ansicht allen Thatsachen anpasst Man
hätte sich danach vorzustellen, dass, wenn gewisse
Mengen Toxin und Antitoxin zusammengebracht
werden, neben dem Reaktionprodukt — der nach
E.'s Ansicht vollkommen neutralen Verbindung —
ungebundene Ueberschüsse beider Substanzen in
wechselnden Mengen übrig bleiben, die einander
nicht weiter beeinflussen. Walz (Stuttgart).
34. BindangBTerhältnisse bei der Präci-
pitinreaktion ; von Freiherr v. D u n g e r n. (Centr.-
Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIV. 4. p. 365. 1903.)
Während Eisen borg meint, dass die präci-
pitable Substanz und das Präcipitin trotz ihrer
hohen Affinität sich immer nur unvollkommen ver-
einigen können, so dass neben dem Beaktionprodukt
noch Ueberschüsse beider Körper frei bestehen
können, ist v. D. auf Grund seiner in der zoologi-
schen Station in Neapel gemachten Versuche an-
derer Ansicht. Er verwandte das Blutplasma von
Cephalopoden und kurzschwänzigen Krebsen. Stets
war eine mittlere Zone zu erkennen, in der die
relativen Concentrationen von Präcipitin und präci-
pitablem Ei weiss so gestaltet waren, dass beide
reagirende Substanzen sich vollkommen quanti-
tativ vereinigten und in Form des Präcipitates aus-
fielen. In keinem Falle waren in den Lösungen
bleibende Ueberschüsse beider reagirenden Körper
neben einander festzustellen. Auch im lebenden
Körper wurden Ueberschüsse im Allgemeinen nicht
56
ni. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
beobachtet, nur in einigen Fällen liess sich in der
ersten Zeit neben dem Präcipitin noch ein Theil
der eingeführten prftoipitablen Substanz nachweisen.
Diese eigenthümliche Erscheinung des gemeinsamen
Vorkommens von ungebundenem Prftoipitin und
gelöster präcipitabler Substanz ist ohne Weiteres
durch die Vielheit der Präoipitine zu erkl&ren.
Man muss annehmen, dass die einzelnen präci-
pitablen EiweissmolekQle für verschiedenartige
Prftcipitine entsprechende bindende Gruppen be-
sitzen. Die Zusammensetzung der präcipitirenden
Sera ist eine complexe, in ihren einzelnen Bestand-
theilen wechselnde. Walz (Stuttgart).
35. üntersaohangen über natürliche and
künstliche Milsbrandimmanität; von 0. Bail
u. A. P e 1 1 e r s s 0 n. 5. u. 6. Mittheilung. (Centr.-
Bi. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIV. 2. p. 167. 1903.)
Ausser dem Kaninchen liefern noch Ratte und
Pferd in ihrem Blute reichlich Complemente;
beide besitzen bedeutende milzbrandtödtende Eigen-
schaften. Diese miizbrandtMtende Eigenschaft des
Blutes steht demnach in keinem Zusammenhange
mit der natürlichen Immunität der biutliefernden
Thiere. Auch die durch weitere Versuche fest-
gestellte Menge des Immunkörpers im normalen
Serum verschiedenster Thiere stand in keinem der-
artigen Zusammenhange. Walz (Stuttgart).
36. De nnflaence des toxines diphtheriqoe
et tetanique aar l'hemoglobine» la morphoiogie
et le poidB Bpeciflqaedusang; vonH.Euchar-
z e w s k i. (Centr.- Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIV. 4.
p. 381. 1903.)
Nach den Untersuchungen E.'s bedingt das
Tetanustoxin, je nach seiner eingeführten Menge,
die Abnahme der Zahl der Blutkörperchen und der
Hämoglobinmenge. Grosse Dosen vermindern die
Blutdichte. Das Tetanustoxin bedingt eine Hyper-
leukocytose, jedoch in geringerem Qrade als das
Diphtherietoxin ; ihr geht anfangs Hypoleukocytose
voraus. Die 2Sahl der Pseudoeosinophilen nimmt
zu, die Lymphocyten nehmen ab. Das Gewicht
der Thiere nimmt progressiv ab, die Temperatur
zeigt keine erheblichen Schwankungen.
Walz (Stuttgart).
37. Laoonstitation dapoiaondiphthiriqae;
par Th. Madsen. (Centr.-BL f. Bakteriol. u.s.w.
XXXIV. 7. p. 630. 1903.)
Die weiteren genauen Versuche M.'s haben er-
geben, dass dieselben Beziehungen, wie sie zwi-
schen dem Toxin und dem Antitoxin des Tetanus
bestehen, auch beim Diphtheriegifte vorhanden sind
und dass eine dieses VerhältnissillustrirendeCurve
vollständig mit derjenigen übereinstimmt, die das
Gleichgewichtverhältniss zwischen einer partiell
dissociirten Substanz und ihren Dissociationpro-
dukten ausdrückt. Ein Theil der Erscheinungen
kann daher nach einfachen physikalisch-chemischen
Gesetzen erklärt werden. I^ M. beweist, dass die
Verbindung des Toxins und Antitoxins dem Ge-
setze von Guldberg und Waage (Gesetz der
Massenwirkung) folgt, so schwinden für ihn die
letzten Zweifel. Walz (Stuttgart).
38. Ueber die aktiven Substanaen des Baot.
coli; von A. Carega. (Centr.-BL f.Bakteriol. u. s. w.
XXXIV. 4. p. 323. 1903.)
Man kann aus der Bouilloncultur des Bact.
coli zwei Substanzen erhalten, die in chemischer
und biologischer Beziehung verschieden sind, ein
Nuclein und ein Nucleoalbumin. Ersteres ist
toxisch, von cumulativer Wirkung; die geringste
tAdtliche Dosis ist 2 cg pro Kilogramm Thier. Das
Nuclein verleiht dem Blutserum kein specifisches,
agglutinirendes Vermögen. Das Nucleoalbumin ist
eine toxische, nicht cumulativ wirkende Substanz,
deren geringste tOdtliche .Dosis 6cg pro Kilogramm
Thier ist; es verleiht dem Kaninchenserum spe-
cifische agglutinirende Eigenschaften. Das Nucleo-
albumin besteht aus 2 verschiedenen Gruppen, einer
toxophoren und durch Wärme zerstörbaren und
einer agglutinogenen , indifiPerenten und durch
Wärme unzerstörbaren. Die Toxophorengruppe
nimmt nicht an der Erzeugung desagglutinirenden
Vermögens theil. Nur die Agglutinogengruppe be-
sitzt die Eigenschaft, das Blutserum der Kaninchen
zu agglutiniren. Mit dem Nucleoalbumin kann
man die Kaninchen gegen Bact coli nicht immuni-
siren. Walz (Stuttgart).
39. Üntersaohangen and Beobachtuiisen
über die Biologie and Pathogenität des BaoUlos
prodigiosua; von E. Bertarelli in Turin.
(Centr.-Bl. f.Bakteriol. u.s.w. XXXIV. 3. 4. p. 193.
312. 1903.)
Aus den interessanten Versuchen geht hervor,
dass der Prodigiosus, ohne ein pathogener Keim
zu sein, bedeutende toxische Substanzen enthält.
Er kann in einigen Thieren, besonders im Meer*
schweinchen, in der Ratte und in der Maus, eine
tOdtliche toxische Septikämie erzeugen, sobald er
in mittelstarken Dosen inoculirt wird. Der Be-
fund bei so behandelten Thieren ist der einer über-
wiegenden Intoxikation, doch beobachtet man unter
dem Mikroskop und vermittelst der Gulturen eine
unzweifelhafte Gegenwart und Vermehrung des
Bac. prodigiosus im Blute und in den Orgmnen.
Deberdies erhält der Bacillus nach Durchgftn^n
durch das Thier, falls er pigmentlos war, das Pig-
ment zurück und das auch, wenn es nicht gelingt,
ihm das nach Eartoffeloulturen charakteristische
Pigment wiederzugeben. Ist er pigmentirt, so
kann er das Pigment verstärken und sich auol^;
häufig bei Sl^ C. pigmentirt erhalten. Die Giftig«.'!
keit des Keimes ist speciell an die Bakterienzell«;
gebunden, die löslichen Produkte sind Bchwachi
toxisch, enthalten aber hämolytische Substanzen«
Das nach der Koch 'sehen Methode ausgezogea^
Protein hat eine toxische Wirkung; das seine«!
m. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
^7
Eernhistons beraubte Kernproteid besitzt eine
mittelm&ssige toxische Kraft. Die Vergiftungs-
leistungen des Prodigiosus dürfen also nicht, wie
dies mancher Autor wollte, ganz besonders dem
Thmethylamin oder anderen Stoff wechselprodukten
des Keimes zugeschrieben werden, sondern sie sind
innigst mit dem BakterienkOrper verknüpft.
Walz (Stuttgart).
40. üeber Streptokolyae ; von Dr. Ernst
Levin. (Nord. med. ark. Iure Med. N. F. III.
lfd. IL 3. Nr. 15. 1903.)
L. hat die Wirkungen der Streptokokken auf
das Blut untersucht und ist zu folgenden Ergeb-
aisaen gekommen :
„Manche Streptokokken sondern einen Blutkör-
perchen auflösenden Stoff ab, verschiedene Strepto-
kokkenstämme in sehr verschiedener Menge. Die
Streptokolysenbildung ist unabhängig von der Viru-
lenz der Streptokokken. Das Streptokolysin ist
besonders empfindlich gegen Wärme. 37^ C. wäh-
rend einiger Tage, 55^ während ^/^ Stunde schwächt
das Streptokolysin, 65 — 70^ zerstört dasselbe
oahezu vollständig. Saure Nährsubstrate verhin-
dern die Streptokolysinbildung , welche in alka-
lischen Serumbouillonarten am besten hervortritt.
Das Streptokolysin ist an die Bakterien gebunden,
denn bei Filtrirung oder Centrifugirung wird nur
eine geringe Menge Streptokolysin im Filtrat und
im Centrifugat vorgefunden, ungefähr lOOOmal
mehr im Bodensatze. Das Streptokolysin wird
Temichtet, wenn die Bakterien sterben. Anii-
ärq^tokolysin ist im Antistreptokokkenserum vor-
handen.^' < D i p p e.
41. Ueber die künstliche Immanität gegen
Staphylokokken ; von Proesche r. (Gentr.-Bl.
f. Bakteriol u. s. w. XXXIV. 5. p. 437. 1903.)
Die Versuche mit einem hochwerthigen Anti-
itaphylokokkenserum, die P. schildert, sind wenig
ermuthigend, weder in diagnostischer, noch in thera-
peotiBcher Hinsicht. Es wirkt ausschliesslich anti-
tozisclL Walz (Stuttgart).
42. Untersnohangen über die Wirkung
einiger Organextrakte ; von 0. G h e d i n i. (Centr.-
BL t BakterioL u. s- w. XXXIV. 7. p. 721. 1903.)
8 h. hat durch Einspritzung der Emulsionen
von Pankreas, Schilddrüse, Thymus, Gehirn, Hoden,
Oraiium und Nebennieren bei Hunden stets ent-
xfindliche Degenerationen und Infiltrationen der
oberflächlichen Lymphdrüsen, der Leber, Nieren
und Milz, sowie fiyperfunktion der Schilddrüse
eriialten, was er auf Oiftwirkung der Zellenelemente
lad Nudeoproteidine bezieht. Die Wirkung betrifft
BOT die Organe, in denen die Emulsionen zuerst
leMxrbirt werden und die zur Reinigung des Kör-
pers dienen. Walz (Stuttgart).
43. Stades bot les oytotözinea renales ;
par J. Albarran et L. Bernard. (Aroh. de
MM. expdrim. XV. 1. p. 13. Janv. 1903.)
Med. Jahrbb. Bd. 281. Hft 1.
Injektionen von Nierenparenchym riefen bei
Yersuchsthieren (Kaninchen und Meerschweinchen)
toxische Erscheinungen hervor. Nach Ligatur des
Ureters der einen Niere fanden sich in einem Falle
auch deutliche nephri tische Processe in der anderen
Niere und das Blut dieses letzteren Versuchsthieres
besass gewisse nephrotoxische Eigenschaften.
Noesske (Kiel).
44. Ueber ein gastrotoxisohes Seram; von
A. Theohari und Aurel Babes. (Romänia
med. IX. p. 6; Oct 16. 1903.)
Durch 3 bis 4 in Zwischenzeiten von 10 bis
15 Tagen vorgenommene subcutane Injektionen
einer Emulsion von Hundemagenschleimhaut bei
Ziegen erhält man aus dem Blute dieser Thiere
ein Serum, das delet&r auf die Schleimhaut des
Magens der damit intravenös behandelten Hunde
einwirkt Während normales Ziegenserum in Dosen
von 4ocm pro Kilogramm Thier auf Hunde keinerlei
nachtheiligen Einfluss ausübt, bewirkt die gleiche,
in dieJugularis inj icirte Dosis von gastrotoxischem
Serum den Tod des Versuchsthieres innerhalb 10
bis 15 Minuten. Man findet bei der Sektion eine
starke Congestion der Magen- und DQnndarm-
Schleimhaut von roth violetter Färbung; diese Ver-
änderung erstreckt sich aber nur bis zur Ueo-
cökalklappe. Kleinere Dosen von gastrotoxischem
Serum (^/^ — l^/uccm) bewirken fast unmittelbar
erhebliche Erscheinungen von Seiten des Ver-
dauungsapparates: Heftiges Erbrechen, gesteigerte
peristaltische Darmbewegungen, Diarrhöe und etwa
2 Stunden nach der Einspritzung reichliche Darm-
blutungen. Das Thier stirbt nach 6 — 12 Stunden
unter Erscheinungen von Hypothermie. Qeringere
Serumdosen oder schwächeres Serum bewirken
unter gleichen Umständen nur Absonderung einer
bedeutenden Menge von Magenschleim und Hyper-
acidität des Magensaftes. Die Veränderungen, die
bei allen diesen Experimenten nur den Magen und
Dünndarm betreffen, während der Dickdarm immer
intakt bleibt, zeigen, dass eine intime Verbindung
zwischen Magen und Dünndarm bestehen muss.
Die histologische Untersuchung der erkrankten
Magenschleimhaut nach diesen und anderen Ex-
perimenten hat Th. und B. zu folgenden Schlüs-
sen geführt : Bei Hypopepsie sind die Hauptzellen
auf ein Reticulum reducirt und erzeugen kein
Pepsinogen; bei Hyperchlorhydrie bieten die Rand-
zellen eine centrale klare Stelle, hervorgerufen
durch Flüssigkeitansammlung in ihrem Inneren;
die Hauptzellen zeigen eine aktive Verwandlung
der basalen Filamente in pepsinogene Granula-
tionen. Die Untersuchung des Magenchemismus,
die Dosirung der Chlorverbindungen kann nur auf
die Thätigkeit der Rand- oder Hauptzellen bezogen
werden, doch kann man aus einer einzigen Unter-
suchung keinen Schluss auf den Zustand der Magen-
schleimhaut ziehen, d. h. ob eine Oastritis oder nur
funktionelle Störungen vorliegen. K T o f f (Braila).
8
58
in. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
45. Les epitheliomas paraiitaires. La ola>
▼elee et l'epithelioma olaTeleax ; par F. J. Bobo.
(Centr.-Bl. f. Bakterioi. u. 8. w. XXXIV. 5—7. p.413.
517. 666. 1903.)
B. giebt neben weiteren üntersuchungsresul-
taten einen Auszug aus seinen zahlreichen Arbeiten
über dieAetiologie der S^iaf blättern und der Sehaf-
hlattemqntheliame. Die Schafblattern, eine viru-
lente septikämische Allgemeinkrankheit, erzeugen in
allen Organen Veränderuugen, die makroskopisch
eine grosse Aehnlichkeit mit Qeschwulstbildungen
zeigen und mikroskopisch charakterisirt sind durch
eine epitheliale Proliferation, aus der voluminOse,
unregelmässige, atypische, progrediente Gebilde
entstehen. Es sind nicht nur die Deckepithelien
der Haut und Schleimhäute, sondern auch die
Drfisenepithelien von Lunge, Leber, Magen u. s. w.,
die sich so verhalten. Es giebt somit ein Schaf-
blattern-, d. h. ein parasitäres Epitheliom. Auf
Orund seiner Untersuchungen glaubt B. mit Sicher-
heit die Zelleneinschlflsse der erwähnten Qebilde
als Sporozoen zu erkennen und weist alle Angriffe
gewandt ab. Das Carcinom fasst er als Inoculation-
pustel auf mit unbeschränktem Wachsthume und
der Fähigkeit, auf dem Oefässwege überernährte
parasitäre Zellen in andere Organe zu verpftropfen.
Es gehört, wie das Schafblatternepitheliom, zu den
SporozoSnkrankheiten oder, wie B. sie nennt, zu
den Bryocytosen (/9^tfiy, sprossen machen).
Walz (Stuttgart).
46. BakteriologiBohe UnterBaohungen bös-
artiger QeBOhwülBte; von R. Alessandri.
(Centr.-Bl. f. Bakterioi. u. s. w. XXXUL 9. p. 682.
1903.)
A. untersuchte 33 bösartige Tumoren, die in
der chirurgischen Klinik in Rom operirt worden
waren, in ganz frischem Zustande und konnte in
keinem Falle Blastomyceten nachweisen. 2 mal
erhielt er eine polymorphe Cultur, die er zunächst
für eine solche von Blastomyceten hielt, die sich
aber dann als eine Sarcine auswies und die wohl
mit der von Perez in den normalen Lymph-
ganglien beschriebenen fibereinstimmt.
Woltemas (Solingen).
47. Qiebt es eine primäre sor QeBohwaUt-
bildung führende BpithelerkrankangP Ein Bei-
trag zur QesckuAjUeÜehre ; von Prof. Haus er in
Erlangen. (Beitr. z. pathol. Anat u. allg. Pathol.
yy^TTT. 1 u. 2. p. 1. 1903.)
Bei der Beurtheilung, ob eine epitheliale Qe-
schwulstform auf einer primären Epithelerkrankung
beruht, sind nach H.'s Ansicht folgende Momente
maassgebend: 1) Es muss sich bei der Neubildung
um eine zweifellos echte Qeschwulst handeln.
2) Es muss sich mit Sicherheit der Ausgang der
Neubildung von dem ursprünglich normalen Epi-
thel nachweisen lassen, insbesondere muss die
Entwickelung aus einem versprengten embryo-
nalen Keime im Sinne der Cohn heim 'sehen
Qeschwulstlehre oder aus verlagerten Zellen im
Sinne Ribbert's auszuschliessen sein. 3) Die
allerersten Stadien der Qeschwulst mfissen nicht
nur als solche sicher erkenntlich sein, sondern
sie müssen auch in unzweideutiger Weise erkennen
lassen, dass es sich dabei um eine von anatomisoh
nachweisbaren Vorgängen im Bindegewebe völlig
unabhängige Wucherung oder sichtbare morpho-
logische Veränderung des ursprünglich normalen
Epithels handelt.
Als geeignetstes Objekt für eine Prüfung der
drei aufgestellten Sätze betrachtet H. die sogen.
Polyposis adenomatosa intestinalis, von der er neben
früheren Beobachtungen 2 neue Fälle, und zwar
eine Polyposis des Dickdarmes, die mit Magen-
carcinom combinirt war, und eine Polyposis ven-
triculi, zu seinen Untersuchungen benutzte.
H. fand, dass die ersten wahrnehmbaren Ver-
änderungen, durch die die Entwickelung der adeno-
matösen Schleimhautwucherungen eingeleitet wird,
ausschliesslich das Drüsenepithel betreffen. Wesent-
liche Formveränderungen der Drüsen sind in die-
sem ersten Stadium nicht wahrzunehmen, nament-
lich sind die Drüsen auch nicht verlängert, so dass
sie über das Niveau der übrigen Schleimhaut nicht
hervorragen; im Schleimhautbindegewebe fehlten
alle Wucherungen. Erst später kommt es unter
Wucherung des Epithels zur Verlängerung der
Drüsen, zur Entwickelung mehrfach verzweigter
Drüsengebilde , zur Verschmelzung wuchernder
und auch zur Bildung vüUig neuer DrQsenschläuche,
die durch Einsenkung des Epithels von der Ober-
fläche her erfolgt Letztere erstrecken sich häufig
tief unter das ursprüngliche Niveau der Schleim-
haut, ohne jedoch die Musculahs zu erreichen.
Daneben erfolgt auch eine Zunahme des Schleim-
hautbindegewebes.
Meistens zeichnen sich die neugebildeten Drü-
sen durch besonders stark verändertes, üppiges,
zur Mehrschichtung und Polymorphie neigendes
Epithel und durch frühzeitige Verschmelzung neu-
gebildeter Drüsenschläuche aus. Die angrenzenden
Drüsen der noch normalen Schleimhaut werden
mehr und mehr in den Erkrankungsherd herein-
bezogen theils durch fortschreitende allmähliche
Umwandlung des ursprünglich normalen Epithels
im Qeschwulstepithel, theils durch plötzliche Ueber-
gänge von der normalen zur erkrankten Schleim-
haut Vielfach kann man beobachten, wie das Qe-
schwulstepithel sich unter leichter Ausbuchtung
der Membrana propria unter das normale Epithel
herunterschiebt und es abhebt, wobei letzteres zu
Gründe geht
Es giebt also thatsächlich primäre, zur echten
Oeschwulstbildung führende Epithelerkrankungen,
die darauf beruhen, dass ursprünglich normales
Epithel ohne vorherige Verlagerung in das Binde-
gewebe hinein (gegen Ribbert) sich direkt in
Qeschwulstepithel umwandelt Der Qeechwuls^
m. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
69
cfatnkter der Polypoeis adenomatosa wird am
klarsten durch die Beobachtung illustrirt, daas das
nodi gesunde Epithel durch das erkrankte ver-
Dicbtet und ersetzt wird, mithin eine neue, dem
normalen Epithel fiberlegene Zellenrasse mit der
Eigenschaft echter Geechwulstzellen entstanden ist
Die Möglichkeit der Bildung neuer Zellen-
nasen im Organismus ISsst sich daher weder aus
«itwickelnngsgeschichtlichen Gründen, noch auf
Onind der sogen. Vererbungsgesetze bestreiten;
de ist vielmehr ein Postulat der an den Geschwulst-
»Uen thatsftchlioh zu beobaditenden Eigenschaften
und es ist daher auch bei der Polyposis adenoma-
tosa die Oeschwulstbildung auf die Entwickelung
einer neuen, mit parasitären Eigenschaften ver-
aebenen Zellenrasse zurfickzuführen.
Die bei der Polyposis adenomatosa zmr Bildung
der neuen Zellenrasse ffihrende Ursache ist völlig
unbekannt Doch fordern gerade die Verhältnisse
bei dieser Oeschwulstbildung dazu heraus, an
ein Contagium vivum zu denken. „Die Symbiose
eines Parasiten mit dem Darmepithel verm(k)hte
entschieden alle Erscheinungen bei dieser merk-
würdigen Oeschwulstbildung unserem Verstand-
nisse näher zu rücken. Aber auch erneute in
dieser Richtung angesteUte Untersuchungen hatten
leider ein völlig negatives Resultat**
Noesske (Kiel).
48. Ueber Gtowebswiderstände bei Oaroi-
aomen mit starker SSellproliferation ; von Dr.
F. Maas s in New York. (New Yorker med.
Mon..Schr. XV. 3. p. 91. 1903.)
M. vertritt die Anschauung, dass das Wachs-
tiiom der Garcinome, ihre grössere oder geringere
BOiartigkeit, Lokalisation und Verbreitung in hohem
Maasse von dem jeweiligen Widerstände des um-
gebenden Gewebes beeinflusst werden, indem ge-
vieeeOewebe in demselben Körper das Wachsthum
dvGucinomzellen zu hemmen vermögen, während
ndere höchstens im Stande sind, wuchernde Zellen
tsf beschränktem Räume festzuhalten. Derartige
Scbntzkräfte können so energisch sein, dass sie
tbenpeutisch verwendet werden sollten. Doch
fehlt es bisher an zuverlässigen Methoden zu ihrer
Nutzbarmachung. Noesske (Kiel).
49. Die Bntstehimg entaündlioher Kno-
ohenherde und ihre Beiiehimg sa den Arterien-
TSRweigiingeii der Knochen ; von Dr. E. L e x e r.
(Arch. f. klin. Chir. LXXL 1. p. 1. 1903.)
Ans den in der v. Bergmännischen Klinik
ngestellten Untersuchungen ergiebt sich Folgen-
des: Die tubtrhutösen Knochenherde sind in der
Mehrzahl durch infidrte Emboli oder kleine Bak-
tenenkaufen entstanden ; sie sitzen an den langen
KHirenknochen mit Vorliebe in der Epi* und Heta-
pbyw, doch können auch Diaphysenherde durch
bbfdie (bez. Endarteriitis) von Nutritiaästen ent-
sein. Die infiltrirende Schafttuberkulose
kann sowohl von einem embolischen Herde aus-
gehen, als durch massenhafte Ablagerung von viru-
lenten Bakterien in das Leben gerufen sein. Das
Befallen werden der Diaphyse an den kurzen Röhren-
knochen erklärt sich aus anatomischen Oründen,
da eine verhältnissmässig kräftige Nutritia in den
Knochen eintritt und sich schnell in feine Zweige
auflöst. Der Zusammenhang eines Trauma mit
nachfolgender Knochentuberkulose ist am ehesten
durch Zersprengung alter Knochenherde zu deuten,
doch ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass
einmal ein tuberkulöser Embolus oder Bacillen-
häufen zufällig an der Stelle der Knochenverletzung
abgelagert wird.
Die Eiterherde durch Staphylo- Strepto-Pneumo-
kokken, die mit den tuberkulösen Herden den Sitz
an den Oelenkenden, in den Wirbeln und kurzen
Knochen u. A. gemein haben, sind zum Theil eben-
falls embolischen Ursprunges. Der Oef&sspftropf
stammt als inficirter Embolus oder Bakterienhaufen
aus dem primären Eiterherde, in dem ja stets
Thrombophlebitis herrscht. Das Vorwiegen der
Staphylokokken als Erreger der eiterigen Osteo-
myelitis ist durch ihre Eigenthümlichkeit zu Haufen
auszuwachsen bedingt, wodurch sich ein rein bak-
terieller Embolus am Orte der Ablagerung eines
Coccus bilden kann, besonders in den feinen Oe-
fässschlingen und Capillaren in der Umgebung der
Wachsthumzone der langen Röhrenknochen. Der
nämliche Punkt muss zusammen mit dem grossen
Oefässreichthume dieser Knochen für die häufige
Erkrankung ihrer Oelenkenden im Verhältnisse zu
der seltenen Osteomyelitis der Wirbel, kurzen
Röhrenknochen u. s. w. herangezogen werden. Die
Markphlegmone bei isolirter und multipler Osteo-
myelitis verdankt ihre spontane, d.h. nicht trauma-
tische Entstehung einer Ablagerung von sehr viru-
lenten Eitererregern (Staphylo- Streptokokken) im
Knochenmarke oder ist durch Embolie von Nutritia-
zweigen oder metapbysären Oefässen eingeleitet
Das VerhäÜniee des Trauma «ur Entiviekelung der
eiterigen Osteomyelitis kann auf dreifache Art er-
klärt werden : a) zufällig in die Blutbahn gerathene
Kokken siedeln sich am Orte der Verletzung am
Locus minoris resistentiae an ; b) das Trauma trifft
einen Knochen, in dessen Mark aus der Blutbahn
aufgenommene Eitererreger durch die baktericiden
Kräfte zurflckgehalten werden; c) das Trauma
sprengt einen alten Knochenherd.
Bei den tuberkulösen und eiterigen Knochen-
herden spielt betreffs der Bevorzugung desjugend-
Udien Knochens sein grosser Oefässreichthum die
wichtigste Rolle; daneben ist auch die histo-
logische Beschaffenheit des jugendlichen Knochen-
markes von Bedeutung. Der Unterschied in der
Häufigkeit der befallenen Knochen und Knochen-
abschnitte bei tuberkulösen und bei eiterigen Her-
den beruht darauf, dass die Verschleppung von
echten oder von bakteriellen Emboli aus dem Pri-
märherde bei der Tuberkulose der häufigere, bei
60
nL Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
der eiterigen Osteomyelitis der seltenere Vor-
gang ist P. Wagner (Leipzig).
50. Zur ganntniiis der Wirkmig lokaler
Belle und lokaler Wirmeapplikation (naoh
Szperimenten am Auge) ; von Dr. R W e s s e 1 y.
(Arch. f. kUn. Chir. LXXI. 2. p. 554. 1903.)
W. hat sich die Aufgabe gestellt, zu unter-
suchen, ob den Antikörpern des EkttBerum eine be-
sondere Bolle bei der Heilwirkung der Hyperämie
zukommt Er experimentirte am Eaninchenauge
mit lokalen Reizen und Ortlicher Wärme und
suchte die Frage zu beantworten, o6 unter der Ein-
wirkung dieser hyperftmisirenden Verfahren die
Antikörper des Serum in vermehrter Menge aus
den Oefässen in die Gewebe treten. Die Unter-
suchungen ergaben, dass die Antikörper normaler
Weise nur in sehr geringer Menge oder gar nicht
in das Kammerwasser eintreten ; dass dagegen so-
wohl lokale Beize, wie Wärme sie ihm in be-
deutend vermehrter Menge zuführen.
Auf Orund der geschilderten Versuche erscheint
es wohl sehr naheliegend, die Beilwirkung der
Hyperämie, zum Theil wenigstens, auf die vermehrte
Zufuhr der Antikörper zu den erkrankten Oeweben
oder Organen zu beziehen. Dass es sich wirklich
bei allen diesen Versuchen rein um die Wirkung
der erzeugten Hyperämie handelt, läset sich noch
dadurch sicherstellen, dass die geschilderten Folgen
ausbleiben, wenn durch Anwendung von Adrenalin
das Zustandekommen der Hyperämie verhindert
wird.
Obwohl W. mehrfach betont, mit seinen Ver-
suchen nur einen theoretischen Beitrag zur Frage
des Heilwerthes der Hyperämie beigebracht haben
zu wollen, glaubt er doch, dass sie auch für die
Praxis gelegentlich einen kleinen Hinweis liefern
könnten. Denn es wäre daran zu denken, ob nicht
unter Umständen bei lokalen Erkrankungen, gegen
deren Erreger wir durch künstliche Zufuhr von
Immunserum vorzugehen im Stande sind, durch
Gombination der Serumbehandlung mit lokal hyper-
ämisirenden Verfahren die Immunkörper der er-
krankten Steile in vermehrter Menge zugeführt
werden könnten. (Vgl. auch das Beferat Nr. 30.)
P. Wagner (Leipzig).
51. Experimentelle Untersuchungen über
W&rmestichhyperthermie und Fieber mit be-
sonderer fierüoksiohtigang des Qlykogenatoflf-
wechsels; von Dr. BoUy. (Deutsches Arch. f.
klin. Med. LXXVIII. 3 u. 4. p. 250. 1903.)
Nach Erehl liegt ein Unterschied zwischen
der Temperatursteigerung nach dem Wärmestiche
und dem Fieber darin, dass bei der ersteren vor-
zugsweise Kohlehydrate, bei dem letzteren Eörper-
eiweiss verbrannt werden. Bolly, Hirsch und
Müller konnten nachweisen, dass die Verbren-
nung der Kohlehydrate nach dem Wärmestiche
sich nicht in den Muskeln, sondern vorzugsweise
in der Leber abspielt, und sie kommen zu der An-
nahme, dass es sich bei dem infektiösen Fieber
nicht nur um Eiweisszerfall, sondern auch um
einen Mehrverbrauch von Kohlehydraten handelt.
Neuere Untersuchungen liaben B. das früher Qe-
fufidene bestätigt Er fasst jetzt seine Ergebnisse
in folgende Sätze zusammen :
„1) Das Glykogen schwindet im Körper des
Kaninchens bei Wärmestiohhyperthermie, toxischem
Fieber, Hunger, Muskelarbeit
2) Bei allen diesen Zuständen wird zunAchat
nur die Leber glykogenfrei, während derOlykogen-
gehalt der Muskulatur in derselben Zeit im Ver-
hältniss zur Olykogenabnahme der Leber wenig
abgenommen hat
3) Da bei Kaninchen sowohl während des nor-
malen Zustandes, als auch bei Wärmestiohhyper-
thermie, Fieberhyperthermie und Muskelarbeit unter
allen Theilen des Körpers die Leber stets die
höchste Temperatur aufweist, das Glykogen aber
bei diesen Zuständen aus der Leber sdiwindet,
ohne dass ein Transport dieses geschwundenen
Glykogens von der Leber nach den Muskeln hin
bis jetzt experimentell nachgewiesen ist, so spielt
sicher die Leber bei der Wärmeproduktion » bei
dem Abbau und der Zersetzung des Glykogens
unter jenen Verhältnissen eine bedeutende Rolle,
worauf C. Hirsch und ich zuerst hingewiesen
haben.
4) Macht man Thiere ganz glykogenfrei (Lieber
und Muskulatur), so reagiren sie auf Wärmestich
nicht mehr mit einer Erhöhung ihrer Körperwärme.
5) Macht man den Organismus vorher gftnzUoh
glykogenfreier Thiere durch Einführung entspre-
chender Zuckermengen in den Magen wieder
glykogenhaltig, so gewinnen diese Thiere durch
das neugebildete Glykogen wieder die vorher ver-
loren gegangene Fähigkeit, auf Wärmestich mit
Erhöhung ihrer Eigenwärme zu antworten.
6) Pathogene Mikroorganismen und ihre Toxine
— z. B. lebende Pneumokokken und abgetOdtete
Gulturen von Bact. coli — den Kaninchen injicirt,
rufen, einerlei ob die Thiere glykogentoi sind oder
nicht, stets Temperatursteigerung hervor.
7) Da bei den völlig glykogenfreien Thieren
nach Wärmestich die Temperaturerhöhung fehlt
und eine Mehrausscheidung von Stickstoff dabei
ausbleibt, so kann die nach Wärmestich von früheren
Autoren beobachtete Mehrausscheidung von Harn-
stickstoff unmöglich eine direkte Folge des Wärme-
stichs an und för sich sein. Thatsächlich führt
der Wärmestich nur zu einer Mehrumsetzung von
Kohlehydraten — Glykogen — im Organismue.
Die Folge der letzteren ist eine Erhöhung der
Körperwärme, und in Folge dieser durch den
gesteigerten Kohlehydratstoffwechsel bedingen
Steigerung der Eigenwärme kommt es erst sekund&r
zu einem vermehrten Eiweisszerfall. Für letztere
Auffassung spricht auch der Umstand, dass aämmt-
liehe Forscher bei den Thieren, bei welchen sie
durch eine abnorm hohe Temperatur der umgeben-
lY. Phartnakologie uxul Toxikologie.
61
deo Luft die Eigenwftrme des EOrpers steigerten,
eine Mehraussoheidang Ton Harnstiokstoff hervor-
znrofen im Stande waren.
8) Von den doroli Wftrmestich erzeugten (neuro-
genen) Hyperthermien sind also — wie auoh wir
in voller üebereinstimmung mit Erehl fanden —
die nach Einführung toxischer Substanzen und
lebender Bakterien auftretenden Steigerungen der
XOrp^w&rme grundsAtzlich zu trennen, da bei den
letzteren eine beträchtliche Mehrausscheidung von
Harnstiokstoff hervorgerufen wird und damit ein
rennehrter Eiweisszerfall durch den Infekt selbst
bewiesen ist
9) Während bei der durch Wärmestich er-
zeagten Hyperthermie zunSohst nur eine Steige-
ning des Umsatzes von stickstofffreier Substanz
— Glykogen — hervorgerufen wird, und die ver-
mehrte Stickstoffausscheidnng lediglich sekundär
in Folge der Hyperthermie bedingt ist, haben wir
es beim toxischen, bez. infektiösen Fieber von An-
fang an sowohl mit einem abnorm hohen Eiweiss-
ler&ll, als auch mit einem Hehrumsatz von
ßlykogen zu thnn.
Die vorliegenden Untersuchungen bestätigen
also von Neuem die Berechtigung der schon früher
▼on C.Hirsch, 0. Müller und mir ausgespro-
chfflien Annahme, dass wir es im Fieber wahr-
Bchdnlich mit zwei parallel verlaufenden Processen
von gleicher Pathogenese zu thun haben : mit einem
specifiscben Abbau toxisch zerstörten Eiweisses
nnd einer centralen Erregung im Sinne der Wärme-
atichhyperthermie.*' D i p p e.
52. Zar Frage der Bntstehciiig Ton Qlyko-
gm aus KörpereiweiM ; von Dr. Carl Hirsch
Q. Dr. R 0 1 1 y in Leipzig. (Deutsches Arch. f. klin.
Xei LXXVm. 3 u. 4. p. 388. 1903.)
Zar Entscheidung der viel erOrterten Frage be-
BQtEten H. und B. den Eiweisszerfall bei infek-
tiOsein Fieber. Sie machten Thiere durch Hunger
undStrychnintetanus glykogenfrei, inficirten einige
und tOdteten sie nach längerem oder kürzerem
Fieber. Bei allen Thieren, die gefiebert hatten,
fand sich eine deutliche Olykogenablagerung, be-
sonders in der Muskulatur, bei den nicht inficirten
Thieren war nach der gleichen Zeit nichts von
Glykogen zu finden. D i p p e.
63. Ueber Qlykogen, insbesondere seine
Bedeatang bei Bntaündang nnd Eiterung ; von
Dr. Best in Giessen. (Beitr. z. patbol. Anat u.
allg. Pathol. XXXIII. 3. p. 585. 1903.)
Die jodempfindlichen EOrnchen, Kugeln und
Schollen im gehärteten Präparate, die sich im nor-
malen Körper hauptsächlich in quergestreiften
Muskeln und der Leber, unter pathologischen Ver-
hältnissen bei Tumoren und bei der Entzündung
nachweisen lassen, gehören in allen diesen Fällen
zu einer chemisch einheitlichen Gruppe ; sie cha-
rakterisiren sich ausser der Jodreaktion durch Lös-
lichkeit in Speichel und verdünnten Säuren, bleiben
unbeeinflusst durch Kern- und Diffusfärbungen,
förben sich aber nach besonderer Methode mit
Carmin. Die zu Grunde liegende chemische Sub-
stanz ist glykogenhaltig, enthält aber Glykogen in
noch unbekannter Modifikation, vermuthlich gly-
kosidartig an Eiweisskörper gebunden.
Die jodempfindliche Substanz ist in fast allen
malignen Tumoren nachzuweisen, aber ohne Be-
ziehung zur Malignität Sie ist ferner Bestand-
theil der polynukleären Leukocyten, aber auch der
Gewebe und Gewebezellen bei akuten, weniger bei
chron. Entzündungen und Eiterungen. Sie entsteht
als Reaktion auf positiv chemotaktisch wirkende
Stoffe und Bakteriengifte. Sie ist sicher als solche
kein Degenerationzeichen, eher ein Zeichen erhöhter
Aktivität der Zellen. Welche Bedeutung ihr bei
der Entzündung zukommt, harrt noch der Auf-
klärung, jedenfalls steht sie in sicherer, oonstanter
Beziehung zur Entzündung. N o e s s k e (Kiel).
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
54. TherapeutlBohe Versuche mitfluoresoi-
mden Stoffen; von Prof. H. y. Tappeiner
^Dr. Jesionek. (Münchn. med. Wchnschr.
L 47. 1903.)
Dorch die Arbeiten der Vff. und Anderer ist es
l^ebnot, dass fluorescirende Stoffe bei Gegenwart
^Qn üoht für Infusorien stark giftig sind und
AizTme unwirksam machen. Es lag danach nahe,
^ieae Stoffe auch gegen Toxine und infektiöse
Knuikheiten zu versuchen, v. T. und J. haben
i«]kidi8t Bautkrankheüen in Angriff genommen;
ne baben die Herde mit einer 5proc. wässerigen
&ei]il08Qng bepinselt und sie „so lange als irgend
B^ch unter ständiger Bepinselung dem Sonnen-
li<dtte ausgesetzte Die auffallendsten Erfolge wur-
^ bei Krebs und Lupus erzielt. Sowohl auf das
bebage, wie auf das lupöse Qewebe wirkte die
Behandlung zerstörend ein, es entstanden bei
Lupus ähnliche Vorgänge wie nach Tuberkulin-
einspritzungen. Wesentlich ist es, dass Eosin
und Licht gut zu dem kranken Geweben zu können,
liegt eine dicke Epidermis dazwischen, so ist nicht
viel zu erreichen, es sei denn, dass diese Epider-
mis sich entzündet und dadurch durchlässiger
wird, bez. zu Grunde geht Aehnliche Einwir-
kungen wie auf Krebs und Tuberkulose sind auch
auf i^yphilitische Wucherungen zu erzielen.
Die Vff. stellen Genaueres über ihre interes-
santen Beobachtungen in Aussicht. Dippe.
65. üeber Adrenalin and seine Anwen-
dung bei schweren Blutungen ; von Dr. Rudolf
Kirch. (Deutsche med. Wchnschr. XXIX. 48.
1903.)
62
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
E. bat von dem Adrenalin bei bedenklieben
Biotungen nicht nur nach örtlicher Anwendung,
sondern auch nach Einspritzungen unter die Haut
guten Erfolg gesehen. Er benutzte die von Parke,
Davis dt Co. in den Handel gebracbte Lösung
(Adrenal. hydrooblor. 0.1, Natr. chlor. 0.7, Chlo-
reton. 0.5, Aq. deetill. ad 1 00.0), von der er 7 com,
wenn nöthig alle 2 Stunden bis zur Wirkung ein-
spritzte. Dippe.
56. Ueber Triferrio; von Dr. William
K r a m m. (Tberap. Monatoh. XVII. 10. 1 903.)
Das bereits empfohlene, aber wenig beachtete
Triferrin ist das Ferrisalz der Paranucleins&ure,
ein rothbraunes Pulver, das metallisches Eisen zu
21.87<»/o, Phosphor zu 2.55^0 enthält Es ist in
Wasser und SalzsäurelOsiing bis zur Concentration
von 2<>/oo unlöslich, leicht löslich in verdünnten
wässerigen Lösungen von Alkalien und kohlen-
sauren Alkalien. Es wird ohne alle Einschrän-
kung der Diät sehr gut vertragen und wird leicht
und in beträchtlicher Menge in den Körper auf-
genommen. Man giebt 0.25 — 0.3 3mal täglich
als Pulver, in Tabletten mit Chokolade oder als
Liquor triferrini compositus (3mal täglich 1 Ess-
löffel).
E. giebt 35 Krankengeschichten wieder, die
den sehr guten Erfolg des Mittels bei Chlorose und
sonstigen Anämien darthun. Dippe.
57. Bomydrin» ein neues Mydriatlonm ;
von Dr. L i n d e n m e y e r. (Berl. klin. Wchnschr.
XL. 47. 1903.)
Bumydrin entsteht durch eine Umwandlung
des Atropin derart, dass dessen tertiäre Base in
eine quatemäre übergeführt wird. Die Firma
Fr. Bayer dh Co, in Elberfeld empfiehlt es als gut
wirkend und vollkommen ungiftig. L. berichtet
Ober recht befriedigende Versuche in der Augen-
klinik zu Oiessen. 1 — 2proc. Lösungen bewirken
nach 10 — 25 Minuten eine Pupillenerweiterung,
die nach weiteren 20 — 50 Minuten ihren Höhe-
punkt erreicht, etwa 12 Stunden anhält und sich
dann langsam wieder zurflckbildet Bei leichten
Reizzuständen des Auges genügen derartige Lösun-
gen, behufs stärkerer Wirkung kann man bis zu
lOproc. Lösungen gehen, mit denen sich bei Iritis,
Synechien u. s. w. dasselbe erreichen lässt, wie
mit Atropin. Irgend welche unangenehme Neben-
erscheinungen traten niemals auf. Das Mittel
scheint in dieser Beziehung in der That besonders
werthvoll zu sein. Dippe.
58. Aotion de l'ftolde ohlorhydrlque Intro-
dait dans Tinteatin aar la aeort&tion biliaire ;
par le Dr. A. Falloise. (Extrait des Bull, de
l'Acad. roy. de Belgiqne Nr. 8. p. 757. 1903.)
Spritzt man Hunden Salzsäure in das Duodenum,
so beginnt nach 3 — 5 Min. eine vermehrte Gallen-
ausscheidung, die nach 7 — 12 Min. ihren Höhe-
punkt erreicht und etwa 25 Min. anhält. In dieser
Zeit erscheint etwa das Vierfache von dem, was
sonst an Galle gebildet wird. Die Vermehrung
der Galle geht Hand in Hand mit einer Vermeh-
rung des Pankreassaftea. Die Erscheinung lässt
sich nur vom Duodenum und vom obersten Theile
des Jejunum her auslösen ; sie wird weder durch
Anästhetica, noch durch Atropin verhindert und
beruht auf einem Reize, der der Leber durch das
Blut zugeführt wird. Dippe.
59. üeber Dormiol ; von Dr. Wild. (Deut^
sehe Praxis XIL 21. 1903.)
W. berichtet über die guten Erfahrungen, die
mit dem Dormiol als Schlafmittel in der „UnfeU-
nervenklinik" Hermann -Haus in Stötteritz bei
Leipzig gemacht worden sind. Zu 0.5 — 2.0 wirkte
das Mittel in 51.9*/« der fWe ausreichend, in
29.2% leidlich, in 18.9*/o ungenügend, bez. gar
nicht Unerwünschte Nebenwirkungen , Kopf-
schm^^en, Schwindel, unangenehme Träume, Er^
brechen, Uebelkeit, Durchfall traten in 16. 6*/« der
Fälle auf, waren aber im Ganzen geringfügig.
Magen • Darmstörungen schienen bei der Dar-
reichung in Lösung häufiger zu sein, als bei dem
Gebrauche des Pulvers in Kapseln. Gegen einen
längeren, Wochen langen Gebrauch des Mittels ist
nichts einzuwenden. Dippe.
60. üeber Hedonal; von Dr. Johann
Fraczkiewicz. (Therap. Monatsh. XVII. 11.
1903.)
Bericht aus der inneren Abtheilung des Lazams-
spitales zu Krakau. Erfolge günstig. Männer brau-
chen 2.0, Frauen 1.5, kleinere Dosen wirken meist
nicht. Beste Darreichung in Kapseln. Das Mittel
versagt bei stärkeren Schmerzen.
Fr. hat ganz besonders auch die diuretische
Wirkung des Hedonal geprüft und gefunden, daas
diese nur bei gesunden Nieren und nach grossen
Gaben deutlich hervortritt Bei den angeführten
Dosen macht sie sich niemals störend bemerkbar.
Dippe.
61. De latheobromineoommehypna^ogiie
aa oonra de certaineB cardiopathiea arterielles ;
par Louis Gallavardin etM. P6hu. (LyoH
m6d. GL 45. Nov. 8. 1903.)
G. und P. beobachteten, dass das Theobromin,
abgesehen von seiner diuretischen Wirkung, bei
Herzkranken nicht selten auch als Schlafmittel
wirkt Schon nach kleinen Dosen — 0.5 cg l — 4mal
gegen Abend gegeben — wurden die Kranken
ruhiger und schliefen wesentlich besser als vorher.
Dippe.
62. üeber Borayval, ein nenea, stark wir*
kendea Baldrianpräparat ; von Dr.LeoHirach-
laff in Berlin. (Allgem. med. Centr.-Ztg. LXXUL
47. 1903.)
Bornyval ist der Isovaleriansäureester des Bor-
neols, d. h. es enthält die beiden wirkaamen
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
63
Beitandtheile des BaldrianOls :
BaklniDsfiara. Die Firma F.
OeUtineperlen (zu 0.25 g) in
und H. rflhmt die Wirkung
3 Stock tfiglich) gegen die
TOsen Störungen, namentlich
HeneDB.
das Borneol und die
D. RMel hat es in
den Handel gebracht
dieser Perlen (etwa
verschiedensten ner-
auch von Seiten des
Dippe.
63. Zur Seopolamin-MorphinnarkOBe; von
Dr. M a X S 1 0 1 z. (Wien. klin. Wchnschr. XYL 41.
1903.)
St berichtet über seine Erfahrungen mit der
Schneiderlin- Kerf fachen ,^arko8e^' durch
subcutane Injektion maximaler Dosen von Morphin
und Scopolamin. In den beschriebenen Fällen
T»«igte die Narkose bei grosseren Operationen
(gynikologischen) , so dass stets zur Inhalation-
narkoBe geschritten werden musste. Die erzielten
Wirknngen waren nie mehr als oberflftobliobe Oe-
hinuindenlAhmungen bei erhaltener Beflexthätig-
keit, 80 dass schon aus diesem Grunde eine Ope-
latioQ Dicht sicher auszuführen ist
W. Straub (Leipzig).
64. üeber die Behandlung der akuten
Opiam- und Morphiumvergiftang mit Kalium-
permanganat; von Dr. Wm. Ovid Moor. (The-
np.Monat8h. XVIL 11. 1903.)
Emgehende Studien und Versuche haben M.
u der Deberzeugung gebracht, „dass das Per-
minganat sich mit eiweisshaltigen Flüssigkeiten
Bsd aomit auch mit Blut oder Blutserum (Lymphe)
n einer homogenen Lösung von Ifangan-Albumin-
(Ojdat (Mangan oxyprot) verbindet, welches durch
dag Blut nicht verändert wird und welches die
l^keit besitzt, an Morphium SauerstofT abzu-
geben und dasselbe unschftdlich zu machen^^
I^t wftre das Kaliumpermanganat als sicheres
Gegeogilt gegen Morphium und Opium festgestellt
VBd M. ist der Deberzeugung, dass es bei richtiger
Anwendung in keinem Falle im Stiche lassen wird.
Man aoll nicht stärkere Lösungen nehmen als
Viproc. und soll davon 10 — 15 com an 2 — 3 ver-
Kbiedenen Stellen des Körpers unter die Haut
^ritzen. Die Procedur muss unter Umständen
Tiederholt werden. Noch schneller und sicherer
virkeo Binspritaungen in eine Vene. Dippe.
65. Sor Kenntnias und Verhütung des
Mitmua; von Dr. Fritz Lesser. (Deutsche
sei Wchnschr. XXIX. 46. 1903.)
L. hat bereits früher die Annahme, der Jodismus
tttitttnde durch Freiwerden von Jod, widerlegt
uui neuere Beobachtungen und Versuche stützen
Kille Behauptung, dass es sich bei den bekannten
Biaiigenehmen Erscheinungen nach Jodkalium-
S^iinoch flberhaupt gar nicht um Jodismus han-
delt, sondern um Jodalkalismus. Es tritt nicht
eine Zersetzung der Jodalkalien ein, sondern sie
Mlbet enegen, wenn sie zu plötzlich und zu
massenhaft in den Körper gelangen, die bekannten
Beschwerden. Will man diesen Jodalkalismus ver-
hüten, so muss man das Mittel dem Körper mög-
lichst langsam in kleinen Mengen zuführen und
das geschieht: durch Verabreichung der Jodsalze
in schleimigen StofiTen ; durch Zerlegung der Tages-
dosis in möglichst viele Einzeldosen; durch Ein-
verleibung der Jodprftparate per Klysma; durch
Verabreichung von Jodeiweissen und Jodfetten;
durch Jodipineinspritzungen. Dippe.
66. üeb«r die antiaeptische Wirkung des
Jodoform; von Dr. B. Heile. (Arch. f. klin.
LXXI. 3. p. 787. 1903.)
Trotz seiner nicht selten giftigen Nebenwirkung
wird das Jodoform bis heute in ausgedehntem
Maasse angewendet, obwohl noch kein experimen-
teller Beweis dafür erbracht worden ist, dass Jodo-
form ein Antiseptioum , ein bakterientödtendes
Mittel ist Nach den bisherigen Reagenzglas-
Versuchen steht das Jodoform weit hinter allen
Antisepticis zurück.
Durch ausgedehnte Untersuchungen hat nun
H. nachgewiesen, dass das Jodoform durch die in
den Organen enthaUenen redueirenden SubeUmxen
XU einem uxtkren ÄniieepUeum wird, und zwar
unier AbeMuee von Sauereioff. Mischt man Organ-
brei und Jodoform anaerob mit einander, so wird
das Jodoform nach 3 — 5 Tagen derart zersetzt,
dass es Staphylokokken und Streptokokken ab-
tödtet Jodoform oder Organbrei allein tödten
dagegen die Bakterien bei derselben Anordnung
durchaus nicht. Von den Organen bewirken Leber
die gröeste, Gehirn und Fett die geringste Zer-
setzung des Jodoforms ; in der Mitte stehen Milz,
Blut, Niere, Lunge u. s. w. Die Granulationen
verhalten sich ebenso wie die Organe, und zwar
scheinen tuberkulöse Granulationen die stärkste
Zersetzung auszulösen. Den Grad der Zersetzung
des Jodoforms bestimmte H. in den einzelnen Fällen
durch quantitative Jodbestimmung. Entsprechend
der Grösse der antiseptischen Wirkung des Jodo-
forms wächst die Grösse der Jodabspaltung. Das
Wirksame kann aber doch nicht freies Jod sein,
weil Jod auch bei Zutritt von Sauerstoff (aörob)
abgespalten wird ; dann wirkt Jodoform aber nicht
antiseptisch.
Ueberdies wirkt Jod als Tinctura jodi oder als
Kai., bez. Natr. jodat. noch in viel stärkerer Con-
centration, als sie bei der Jodoformzersetzung über-
haupt vorkommen kann, gar nicht antiseptisch.
Eben sowenig kann es sich nach den Experimenten
H.'s um die Wirkung flüchtiger Stoffe handeln,
sondern es entsteht mit grösster Wahrscheinlich-
keit bei der Jodoformzersetzung Dijodacetylen
(CHJ — CHJ). Dieses ist sehr stark baktericid und
wird durch Oxydation Vorgänge unwirksam gemacht.
H. weist darauf hin, dass diese experimentellen
Besultate mit unseren bisherigen klinischen Er-
fahrungen sehr gut übereinstimmen : Jodoform wirkt
64
V. Neuropathologie und Psychiatrie.
nicht auf oberflftohliche Wunden, aber sehr krftftig
in Höhlen wunden. Bei Nachbehandlung von Mund-,
Rachen- und Mastdarmerkrankungen haben wir
Höhlen, ausgekleidet mit lebendem Oewebe, zu
denen der Luftzutritt erschwert ist Die kräftigste
Zersetzung des Jodoforms findet sich bei Verletzung
innerer Organe, besonders Leber und Niere. Hierbei
wird Jodoform, wieH. experimentell zeigen konnte,
so stark zersetzt, dass es nicht nur antiseptisch,
sondern direkt ätzend wirkt. Langsam wird Jodo-
form sich zersetzen bei Berührung mit wenig
lebendem Gewebe in kalten Abscessen, sehr viel
kräftiger durch Einwirken tuberkulöser Synovia
oder Qranulationen u. s. w., z. B. in tuberkulösen
Oelenken.
Es ist von besonderem Interesse, dass das Präp
parat, das bislang in seiner Wirksamkeit im Reagenz-
glase weit hinter der baktericiden Wirkung aller
anderen Äntiseptica zurückblieb, jetzt plötzlich in
dieser Anordnung, bei Luftabschluss und Oewebe-
zusatz, alle anderen, auch unsere besten, über-
flügelt. Es fordern die beim Jodoform gemachten
Erfahrungen dazu auf, dass man bei der Prüfung
der Äntiseptica sich nicht darauf beschränkt, ihre
Wirkung auf das Verhalten in den üblichen flüssigen
und festen Nährböden bei Luftzutritt zu beobachten,
sondern dass man sie auch bei Luftabschluss und
Anwesenheit verschiedenartiger Zellenmassen der
Untersuchung unterwirft. P. Wagner (Leipzig).
67. Ueber Helmitol; von Prof. Seifert in
Würzburg. (Wien. klin. Rundschau XVIL 27.
1903.)
S. hat das Helmitol zunächst bei der akuten
Qonorrhöe versucht, ohne rechten Erfolg. Besser
war die Wirkung bei der subakuten und chro-
nischen Qonorrhöe und ganz vorzüglich bei Gystitis
aus verschiedenen Ursachen. Das Helmitol wirkt
desinficirend und nicht unbeträchtlich diuretiscb.
Man giebt es am besten in den yon Bayer <ft Oo.
hergestellten Tabletten je 0.5 zu etwa 3.0 pro die.
Das Mittel nimmt sich angenehm, hat keinerlei
unangenehme Erscheinungen zur Folge und ist nicht
zu theuer: 20 Tabletten kosten 1 Mark. Dippe..
68. üeber Hydrops und seine inedik»>
mentöse Behandlang ; vonDr.Franz Sonntag
in Wien. (Wien. med. Presse 28. 1903.)
S. empfiehlt das Ägurin als sicher und an-
genehm wirkendes Diureticum. Tagesdosis etwa
3.0. In manchen Fällen hält der Erfolg ohne jedes
weitere Mittel auffallend lange an. Bei Herz-
störungen wirkt das Agurin meist erst dann, wenn
die Herzthätigkeit durch entsprechende Mittel ver-
bessert ist Dippe.
V. Neuropathologie und Psychiatrie.
69. Bin Fall von Brb'soher Plexaslähmung
mit BetheiUgang des Phrenious and Sympa-
thioas der gleichen Seite; von Dr. U. Rose.
(Mon..Schr. f. Psych. u. NeuroL XIV.2.p.81. 1903.)
In dem Röschen Falle entwickelten sich nach Trauma
eine Lähmung der Erhaschen Muskelgruppe (Paralyse
des Deltoideas, Biceps, Brachialis internus und Supinator
longus, Parese des Supinator brevis), der £än- und Aus-
wärtsroller des Hamerus (Supra-, Infraspinatus , Sub*
scapularis, Teres minor), eine fragliche Parese des Latis-
simus und Teres migor, eine Schädigung der Schulter-
blattheber und Adduktoren (Cucullaris, Khomboidei und
Levator), sowie des Sternocleidomastoideus. Ferner be-
standen eine gleichseitige, durch Röntgendurchleuchtung
nachgewiesene Zwerchfelislähmung, oculopupilläre Phä-
nomene im Sinne der Klumpke'schen Lähmung und
inconstante Erscheinungen von veränderter Blutfülle und
Schweisssekretion auf der gleichen Oesichtseite. Störung
der Seh Weissabsonderung war vorübergehend auch auf
der anderen Gesichtshälfte nachweisbar.
Während sich die anderen Symptome znrückbildeten,
dauerten die Phrenicusparese und die ooulopupiUären
Phänomene an. R. hält die Annahme für die wahrschein-
lichste, dass der Er., als er mit der Schulter auf den
Steinhaufen fiel, so gelegen hat, dass ein Stein die Grenze
des 4. bis 6. Oervikalnerven und den Grenzstrang des
Sympathicus in gleicher Höhe quetschte.
R Pfeiffer (Cassel).
70. Bin Fall von gekrenster Faoialialähmang
mit bolb&ren Symptomen; von D. Enrique
Fernändez Sanz. (El Siglo medioo XL.
Heft 2598—2601.)
Der Fall ist in jeder Beziehung von hohem
Interesse.
Es handelte sich um einen 32jähr. Barbier mit tuber-
kulöser Belastung. Vor 2 Jahren luetische Infektion,
ausgiebig 'behandelt Vor 3 Monaten eines Morgens beim
Erwachen Lahmung des rechten Armes und des rechten
Beines, Mund nach rechts verzogen, Sprache schwer Ter-
ständlich ; in der Folge eher Verschlechterung, hier und
da Schwindel und Stirnkopfschmerz*, Behandlung nut
Jod und Quecksilber.
Beim Eintritt in das Krankenhaus (6. März 1903)
fand sich neben einer rechtseitigen Spitzenaffektion eine
complete linkseitige Facialislähmung. Kopfdrehung, be-
sonders nach hnks, erschwert, Zunge fast unbeweglich,
Deglutition gestört (Speisen durch Nase und Larynx).
Gaumensegel schwer beweglich. Rechter Arm in Pro-
nation und Beugung contrahirt, fast völlig gelähmt,
ebenso rechtes Bein fast völlig gelähmt, linker Arm frei,
linkes Bein leicht paretisch. Reflexe der Arme gesteigert,
PatellarefleK besonders rechts sehr lebhaft, PlantareAez
links vermehrt, rechts vermindert, Babinskys Zeichen
beiderseits deutlich, Cremasterreflex rechts fehlend, Hnks
vermindert. Oang der eines Hemiplegikers, Knicke beim
Aufrechtstehen nöthig. Sensibilität intakt. I\ipiüen
und Augenbewegungen frei. Gesohmaok intakt Zange
atrophisch, runzelig, mit flbriliären Gontraktionen, L^B.
Geringe Atrophie der rechten Gliedmaassen. Typisch
anarthrische Sprache, dabei grosse Schwäche der Pho-
nation und Respiration, so dass wegen Luftmangels die
letzten Silben der Worte nicht ausgesprochen werden
konnten. Starke Polyurie und Urindrang (Urin nicht
untersucht I). LüeUigenx normal.
Die Diagnose wurde auf luetische Gef&sserkranknng
mit dem Sitze am verlängerten Mark und der Brücke
gestellt.
Pat erhielt täglich 4 g Jodkalium, sowie Inunktion
von 6 g Ungt. ein. ; dabei Besserung der Sprache und der
Respiration sehr ausgesprochen. Weeen heftiger Stoma-
titis am 22. März Aussetzen der Inunktion, fortdauernde
Y. Neoropathologie und Psychiatrie.
65
Yeischlechteraog, am 31. März Olcich^ewlobtstöraogeD,
im 1. April plötzlicher Tod doroh RespirationlähmuDg.
Die Sektion bot grosse Ueberrasohungen. Neben
einer starken Verwachsung der Pia mit dem Gehirn,
einer sehr geringen Consistenz der Rinde und besonders
der hinteren basalen Gebilde fanden sich zwei von einander
offenbar noabhfingige Processe: 1) Vom vorderen Bande
des Occipitalloohes ging eine kiohererbsengrosse , knö-
cherne, runzelige, spitzige, mit Osteophyten bedeckte Ge-
schwulst aus, das vordere Drittel des Foramen ein-
nehmend ; in der hinteren Hälfte des Foramen befand sich
eine von rechts nach links ziehende, oylindrisohe, glatte
Knochen brücke. Das verlängerte Mark zog zwischen
beiden Gebilden durch, auf einen Baum eingeengt, dessen
sagittaler Durohmesser nur 7 mm betrug. Die Meningen
waren hier verdickt und mit dem Knochen und dem
Marke verwachsen. Bei genauer Untersuchung zeigte
aick, dass der vordere Knochen vorsprung dem mit Osteo-
phyten bedeckten Domfortsatz des Epistropheus , die
hintere Knochenbrücke dem mit dem Hinterhauptloche
verwachsenen und nach vom luxirten hinteren Bogen
des Atlas entsprach. 2) Im verlängerten Marke befand
lieh in der linken Hälfte seiner Vorderfläohe und auf der
linken Seitenfläche ein unregelmässiger taubeneigrosser
Tamor, härter als normales Hirn. Der Tumor reichte
Ton oben über den linken unteren Band der Brücke und
vnn links und hinten über den mittleren Kleinhirn-
aehenkel und die linke Kleinhimhemisphäre. Die histo-
logische Untersuchung zeigte, dass die Geschwulst ein
typisches Gliom war.
Es hatten sich also zwei von einander völlig un-
abhängige patholog. Processe abgeapielt, von denen
wohl die Knochenaffektion als eine luetische anzu-
sehen war, während das Gliom eine zufällige Com-
plikation darstellte. M. Kaufmann (Mannheim).
71. BemarkB on the operative treatment
of ehronio faoial palsy of peripheral origin ; by
Charles A. Ballance, Hamilton A. Bai-
lance and Purves Stewart (Brit med.
Joum. May 2. 1903.)
Voranseetzung fQr eine Yereinigung des un-
kälbar gelähmten N. facialis mit einem anderen,
gttonden Nerven (N. aoceesorius oder N. hypo-
^ossos) ist der Nachweis, dass in der gelähmten
Qesichtahftlfte Oberhaupt noch Muskelfasern vor-
luden sind. Das kann durch Prüfung mit dem
amstanten Strom festgeetellt werden. Auf Grund
ihnr Beobachtungen kommen die Vff. zu dem
Schlosa, dass die peripherische Facialial&hmung
dwdi Anastomose mit dem N. aoceesorius heilbar
irt, insofern die Beweglichkeit des Gesichts an
Mitbeweg:Qngen der Schultermuskeln geknüpft ist
Da das oortikale FacialiBcentrum dem Zungen-
eeatrum näher sei, als dem Schultereentrum, so
Bitese die Einübung nach der Operation leichter
sein, wenn man den distalen Facialis auf den
N. hypogloBBua auQ;)fropfe. Es sei rathsam, nicht
iäager als 6 Monate nach Beginn der Ltiimung
Büt der Operation zu warten ; je eher man diese
mache, um so besser sei der Erfolg. Ist die ür-
ndw der Fadalislähmung eiteriger Natur, so dass
äne infektiüee Neuritis die Folge ist, so ist die
Prognose der operativen Behandlung weniger gün-
stig, ab wenn ein einfaches Trauma vorgelegen hat
S. Auerbach (Frankfurt a. M.)
Med.Jahrbb. Bd. 281. Hft. 1.
72. Zar Kenntniaa der Hirnloea und über
dieZwiaohenhirnoliTenbahn, sowie Bemerkungen
Über den frontalen Aniheü des Brüekengraues, iiber
das Monakou/sehe Bündel und die Pyramidenbahn ;
von Dr. M. Probst (Jahrbb. f. Psych, u. Neurol.
XXm. 3. p. 350. 1903.)
Eine 64jlihr. Kr. mit einem maoulo-papulösen Syphi-
lid im Gesicht wurde im Zustande vollkommener Ver-
worrenheit in die Anstalt gebracht Sie war stets dement,
kritiklos, zeitwoise erregt gewesen. Sie hatte links Faoiidis-
parese, trüge Papillen reaktion, spastisch-paretischen Gang,
Bomberg*s Zeichen, beginnende Sehnervenatrophie. Dann
entwickelten sich eine linkseitige Lähmung mit recht-
seitiger Oculomotoriuslähmung, mit Ptosis und Mydriasis ;
endlich Sohluck besch werden, Dyspnoe und Tachykardie.
Man fand eine Erweichung im Balkon und diffuse
Gefäss Veränderungen mit sekundären Degenerationen,
verstreut über das ganze Gehirn, Hirnstamm und Rücken-
mark. Degenerationen fanden sich im Sehnerven, der rech-
ten Pyramidenbahn, in beiden centralen Haubenbahnen,
dem frontalen Antheil des Hirnschenkelfusses beiderseits
und dor Eleinhirnseitenstrangbahn ; ebenso in Kern und
Bahn des rechten Oculomotorius. Die allgemeinen Erank-
heiterscheinungen mussten auf die Gefässerkrankung zu-
rückgeführt werden. Und diese wieder musste nach
dem klinischen und anatomisohen Gesammtbilde als eine
luetische angesprochen werden.
Die Prüfung des mikroskopischen Bildes gab
aber weiter den Anlass, den Verlauf der sogen,
centralen Haubenbahn nachzuprüfen. Es stellte
sich diese Bahn heraus als eine motorische centri-
fugale, absteigende Zwischenhimolivenbahn. Sie
strahlt aus dem rothen Kern hervor und giebt bis
KU ihrer Aufsplitterung in der unteren Olive keine
Aestchen ab. Da die Neurone der unteren Olive
nach der gegenüberliegenden EleinhimhAlfte ziehen
und mit den Fasern der Eleinhirnseitenstrangbahn
in der Rinde endigen, vermag die Zwischenhirn-
oliTenbahn Impulse des Zwischenhirns dem Klein-
hirn zu übermitteln.
Weiter ergab sich, dass der frontale Him-
schenkelfussantheil im distalen Theile der Brücke
im medialen Qrau endet. Auch diese Fasern treten
mit dem Kleinhirn in Verbindung.
Die Pyramidenbahn nimmt im Hirnsohenkel-
fusse die mittleren zwei Fünftel in Anspruch und
giebt auch Aeistchen an das Brückengrau ab.
Fasern, die sicher den Fasern dee Monakow'-
schen Bündels beim Thiere entsprochen hätten,
konnten nicht festgestellt werden.
E. Hü fl er (Chemnitz).
73. Bin Fall aabakater BpinooerebeUarer
Ataxie mit anatomiaohem Befand; von Dr.
Julius Süsswein. (Ztschr. f. Heilkde. XXIV.
2. p. 80. 1903.)
S. berichtet über folgende Beobachtung mit
anatomischem Befunde. Es handelte sich um eine
combinirte Ataxie, bei der eine Läsion der Hinter-
Btränge und des Kleinhirns nachgewiesen wurde.
Nach S. ist dies der erste Fall, in dem diese
klinischen und anatomischen Erscheinungen zu-
sammentrafen.
Die 71jähr. Frau erkrankte mit Soh wache in den
Beinen, Oangstörung, Schwindel und Erbrechen. Diese
0
66
Y. Neuropatholog^e und Psychiatrie.
ErscheinuDgen traten zum ersten Male beim Aufstehen
zu Tage ; bald gesellte sich dazu Ataxie, die in den ersten
Tagen nur wenig hervortrat, im Laufe von 14 Tagen aber
entwickelten sich die Symptome zur vollen Stärke. Sowohl
bei aufrechter Haltung, als bei Bettlage bestand eine
deuthche Ataxie bei Ausführung gewollter Bewegungen;
rechts mehr als links. liess man die Fat. aufstehen, so
machte sich ein so starkes. Seh wanken bemerkbar, dass
sie hingefallen wäre, wenn man sie nicht gestützt hätte.
Oleicb zeitig klagte die Fat. über Schwindel und sie er-
brach, nachdem man sie zu Bett gebracht hatte. Gang
breitspurig, mit den Fersen aufschlagend, aber auch
taumelnd, wobei der Oberkörper nach rückwärts geneigt
erschien. Ataxie auch in der Schrift. Die motorische
Kraft der Glieder war sehr herabgesetzt. Ferner : Leicht
skandirende Sprache, Nystagmus, Oscillation des Kopfes,
Fehlen der Fatellareflexe. Der Augen hintergrund war
normal, ebenso die Fupillen, die Sensibilität, die Hirn-
nerven und die Blasen- und Mastdarmfunktion. Die Fat.
hatte ausserdem Tuberkulose der Lungen und ging nach
5 Monaten an einer indurirendcn Fneumonie des rechten
Oberlappens zu Grunde.
Die mikroskopische Untersuchung derCentralorgane
ergab hauptsächlich Degeneration der Hinterstränge und
der intramednllären Antheile der hinteren Wurzeln ; am
stärksten betroffen waren die Wurzeln des Sacral-, Lenden-
und unteren Brastmarkes auf der rechten Seite. Die
in der weissen Substanz der Hinterstränge sichtbaren
Degenerationfelder entsprachen den Bildern bei initialer
Tabes ; die ventralen Hinterstrangfelder und zum Theil
die hinteren äusseren Felder waren relativ frei. Die
Blutgefässe waren in ihren Wandungen verdickt und in
ihrem Lumen verengt. Im Kleinhirn fand sich eine akute
Degeneration der an die graue Substanz grenzenden
Markgebiete: der guirlandenförmigen Associationbündel
und der Fasersohicht in der nächsten Umgebung der
Kerne, besonders der Nuclei dentati. Nebst frischer
Degeneration mit reichlicher Körnchen Zellenneubildung
war ein Ausfall an feinen Fasern der Klein hiinrinde zu
finden. Besonders zu bemerken ist, dass keine sekundäre
Degeneration der Fasersysteme bestand, die das Kleinhirn
mit den anderen Centralorganen verbinden. Aetiologisch
kommen in diesem Falle die Arteriosklerose, der Maras-
mus und die Tuberkulose in Betracht.
8. Auerbach (Frankfurt a. M.).
74. Ein Fall von Syphilis des Büoken-
marks und seiner Häute in der Lumbosaoral-
gegend (Meningomyelitis lambosaoraliB syphi-
litica) mit ungewöhnlichen trophischen Stö-
rungen; von Dr. Eopczynski. (Deutsche
Ztachr. f.Nervenhkde. XXIV. 1 u. 2. p. 177. 1903.)
Die Untersuchung der 20jähr. Pat. ergab neben
einem hysterischen Seelenzustand und hysterischen
Stigmata Parese der Beine, weniger der Arme, Druck-
empfindliohkeit der Nervenstämme, disseminirte und ver-
änderliche Sensibilitätstörungen und fehlende Patella-
und Acbülessehnenreflexe. Später zeigten sich Blasen-
störung, Decubitus der Hinterbacken und trophisohe
Störungen, nämlich disseminirte fiautgangrän in Form
runder, tief dringender Geschwüre an den Vorder- und
Seitenflächen der Beine. Tod* an septischer Infektion und
hypostatisoher Pneumonie. Die Sektion ergab parenchy-
matöse Degeneration des linken Nervus tibialis und pero-
neus neben fast völlig intaktem N. peroneus dextr., vor
Allem aber eine intensive syphilitische Erkrankung sämmt-
licher Meningen und Nervenwurzeln, namentlich der
hinteren, in der Lumbosacralgegend und der Cauda equina.
Das gleichzeitige Vorhandensein einer Tabes konnte nicht
bewiesen, aber auch nicht völlig ausgeschlossen werden.
Interessant ist, dass anamnestisch Lues geleugnet, Abusus
in Baccho zugegeben wurde, so dass eine Zeit lang die
Diagnose einer Polyneuritis alcoholica nahe lag.
R. Pfeiffer (Cassel).
75. Wirbels&ulen- und BüokenInark8ve^
letBungen ; von Dr. W. E. F ü rn r o h r. (Deotsche
Ztschr. f. Nervenhkde. XXIV. 1 u. 2. p. 60. 1903.)
Die 6 sorgfältig beobachteten, in extenso mit-
getheilten Fälle von Wirbelsäulen- und Rücken-
marksverletzung, deren genaues Studium dringend
empfohlen werden kann, sind eine neue, werthvolle
Stütze für die Müll er 'sehe Lehre von der extra-
spinalen Lage der Centren für Blase, Mastdarm und
Qenitalapparat. F. ist geneigt, den M, sartornu in
der Hauptsache dem 2. Lumbaisegment zuzutheilen,
den Adducior Umgtis und brevis, den Pedineus und
vielleicht auch den Oracüis aus dem 2. Lumbai-
segment versorgt werden zu lassen, die übrigen
Adduktoren aber tieferen Abschnitten suzuweisen.
Derlleopsoas stammt vielleicht aus dem 3. Lunabal-
segment, der Exiensor cruris quadricepa aus dem
2. bis 4., der Tensor fasciae latae aus dem 4., die
Semimuskeln hauptsächlich aus dem 4., der Bieept
im Wesentlichen aus dem 5. Lumbaisegment FQr
den Tibialis aniicus nimmt F. das 5. Lumbaisegment
als Ursprungstelle an, er verlegt die OhUaei tnedü
und minimi hauptsächlich in das 5. Lumbai-
segment, den OkUaeus maoämus in das 5. Lumbal-
und das 1. Sacralsegment. Für den Peronaeus be-
stimmt er das 5. Lumbai-, vielleicht auch das
1. Sacralsegment, für den Oaairocnemius und die
kleinen FussmtMkeln das 1. und 2. Sacralsegment
R. Pfeiffer (Cassel).
76. üeber einige seltenere Fälle vonQuer-
Bchnittserkrankang des Rückenmarks. /. Ein
FaU van doppelseitiger Halbseitenerkrankung ; von
F. Jolly. (Arch. f. Psych. XXX VIL 2. p. 598.
1903.)
Bei eiDor 37jfthr. Er. trat in 2 aofeinanderfolgeoden
AnfölleD eine weohselständige HalbseiteoerkrankuDg auf,
die auf 2 Dacheinander entstandene meningomyelitische
Herde, wahrscheinlich luetischer Art, bezogen wurde.
Die Frau war mit Parästhesieen in der Glutäen-
gegend, die dann auf Brast- und Unterschenkelgegend
übergriffen, erkrankt; dazu traten dann plötzlich Schmer-
zen in Nabel, Unterschenkeln and Füssen ; beim Oehea
brach die Kr. plötzHch zusammen; es trat Retentio ein;
der Katheter wurde nicht gefühlt. Das rechte Bein war
in Hüfte und Knie gelähmt, in Fuss and Zehen paretisch;
passive Bewegungen schmerzhaft. Patella- und Achilles-
Sehnenreflex iehlten rechts, links waren sie schwach, Fuss-
Sohlenreflexe beiderseits lebhaft. Bein und linke Seite
waren anästbetisch bis zur 5. Rippe ; die Schmerzempfia-
dung im rechten Beine erhöht. Ausserdem bestand JRe-
tentio, die nach 14 Tagen zurückging ; auch das rechte
Kniephänomen kehrte zurück, die Hyperalgesie der rechten
Seite wurde geringer, die Lähmung besserte sich all-
mählich; auch die Gefühlstörungen gingen zurück; es
bestand eigentlich nur noch ein analgetischer Gürtel und
eine Empflndliohkeit des 6. und des 7. Dorsal wirbeis.
Nach 4 Wochen plötzhch Paraplegie der Beine mit Re-
tentio urinae. Die Untersuchung ergab nun schlaffe Läh-
mung des linken Beines, Parese des rechten, und rechts
Analgesie, links Hyperalgesie. Schliesshch so quälende
Gontrakturen , dass durch Sehnendurchschneidung Ab-
hülfe versucht werden musste. Nach 5 Jahren erfolgt«
der Tod.
Zuletzt bestanden Hyperalgesie und geringe Ver-
minderung der Berührungsempfindung im linken Beine,
y. Neuropathologie und Psychiatrie.
67
Anästhesie im rechten Beine und Leib bis hinauf aa den
Mammae beiderseits; Parese des rechten, fast vollkom-
mene Lähmnng des linken Beines, Retentio, erhöhte
Mexe.
Man fand einen rein myelitisohen Herd im Bereiche
des 3. bis 5. Dorsalsegmentes mit sekundären auf- und
a]»teigeivden Degenerationen.
Von Lues liess sich nichts nachweisen. Es ergab
sich mit ziemlicher Sicherheit, dass ein Herd zunächst
ncfats entstanden war, und dann eine neue Entwickelung
in die linke Rücken markshälffe stattgefunden hatte, die
die gesammte graue Substanz, den ganzen Seiten- und
Torderstnuig und einen Tbeil des Hinterstranges befiel ;
rechts blieb der grösste Tbeil des Seitenstranges frei,
aasser im 7. Dorsalsegment. Die bestehenden Schmerzen,
die auf eine Betheiligung der Häute oder der Wurzeln
hindeateten, mnssten auf die Läsion der grauen Substanz,
in der Gegend der Kreuzung der schmerz- und tempe-
latorleitenden Fasern, bezogen werden. Diagnostisch ist
dis natürlich von grosser Bedeutung.
£. H ü f 1 e r (Chemnitz).
77. üeber epileptisohe Manie» nebst Be-
merlrangen über dieUeenlliioht; von Dr. Karl
Heilbronne r. (Mon.-Schr. f. Psych, u. Neurol.
Xffl. 3 0. 4. p. 193. 1903.)
Auch wenn man den Begriff „Manie^^ sehr weit
faast, ist die Zahl der „epileptischen Manien^' sehr
gefing. Wenn man aber die Ideenflucht fflr das
Sjmptomenbild der Manie für unerlftsslich hält,
würde ee nach der Auffassung mancher Autoren
überbaupt keine epileptische Manie geben. Nach
Kraepelin kommt die Ideenflucht nur vor als
Onudzug der manischen Erregungzustände , bei
den SrschOpfnngzustfinden , bei manchen Yergif-
tongsdelirien und bei Paralyse; durch das Fehlen
der Ideenflucht liessen sich die epileptischen Er-
iBgDflgsQstände leicht von den manischen unter-
scheiden.
E konnte bei einem Kranken mit echter,
idiwerer, ^enulner^* Epilepsie Erregungzust&nde
^isobachten mit einer gewissen Euphorie, Rede- und
BewegQDgsdrang mit Ideenflucht und erhöhter Ab*
leokbarkeit, und zwar hatte die Ideenflucht den
Charakter der sogenannten inneren Ideenflucht im
Kraepelin 'sehen Sinne. Neben dem relativ
luigsunen Tempo des Rededranges fiel noch als
clttnkteristisch gerade für die Epilepsie das
ffHsftenbleiben*^ auf. Bemerkenswerth ist, dass,
je wdter die Anfälle zeitlich zurückliegen, sie um
■0 weniger der Manie gleichen. Als 1. Anfall er-
Khioi dn ängstlicher Erregungzustand mit Des-
<rä}tirtheit; dann kamen Euphorie, Ideenflucht
lukd Ablenkbarkeit , dann wurde der Rededrang
; ^crtugeratorisch, bei schwerer Fixirbarkeit, die im
I 5. AnCgdle viel besser wurde. Im maniakalischen
I Ziutande hat man anscheinend die quantitativ ge-
I fiogere StOrnng vor sich ; ebenso wurde auch die
; fiianerung an die Anflüle mit jedem besser.
i Auch in einem 2. Falle waren trotz erheblicher
[ ^^laogaamnng der sprachlichen Leistungen das
Haftenbleiben und die Ablenkbarkeit sehr bemerk-
W; auch ideenflfichtige Elemente liessen sich er-
ttitteb.
um die Beziehungen der Ideenflucht zum Rede-
drange genauer zu bestimmen, umgrenzt H. zu-
nächst enger den Begriff der Ideenflucht, und be-
zeichnet als Ideenflucht die Folge von Vorstellun-
gen, bei der je 2 aufeinanderfolgende Glieder durch
innere Verwandtschaft verknüpft sind, während
eine direkte associative Verwandtschaft zwischen
den in der Reihe entfernter stehenden Gliedern
vermisst wird; längeren Reihen fehlt dann eine
gemeinsame Vorstellung. Was die Frage anlangt,
ob die Ideenflucht nur eine Theilerscheinung der
Erleichterung der „motorischen Ansprechbarkeit*'
ist, so spricht zunächst dagegen die klinische That-
sache, dass Ideenflucht ohne jede Erleichterung der
motorischen Reaktion vorkommt, dass die Ideen-
flucht im engeren Sinne um so mehr zurOcktritt,
je stärker der Rededrang wird, dass sie auch bei
Katatonie fehlt Wahrscheinlich liegt nicht eine
Steigerung der psychomotorischen Erregung, son-
dern eineUebererregbarkeit der fQr die Assooiation-
bildung in Betracht kommenden nervösen Elemente
vor, womit natflrlich nicht eine höhere Werthigkeit
der Gedankenreihen verbunden zu sein braucht
Es tritt eine'Nivellirung der Vorstellungen ein,
wie Wer nicke sich ausdrückt Eine gewisse
motorische Erregung ist natürlich erforderlich, da
ohne sie die Ideenflucht zunächst latent bleibt
Analog zu bewerthen ist der Thatendrang des
Maniacus ; auch die Ablenkbarkeit erklärt sich da-
durch, dass aus der Umgebung Material für den
Inhalt des Rede- oder Thatendranges genommen
wird. E. H ü f 1 e r (Chemnitz).
78. Psychosen nach Brdbeben; von Dr.
EduardPhlepsin Graz. (Jahrbb. f. Psych, u.
Neurol. XXIII. 3. p. 382. 1903.)
Kopfschmerzen, Uebelkeit und Erbrechen sind
in Japan schon im 18. Jahrhundert, als unter dem
Einflüsse von Erdbeben entstanden, beschrieben
worden; ebenso „epileptische und spasmotische An-
fälle". Auch in Laibach wurde 1895 die sog. Erd-
bebenkrankheit: Schwindel, Kopfschmerz, Uebel-
keit beobachtet; ebenso wurden Angstneurosen mit
schreckhaften Gesichtshallucinationen gesehen.
Auch in Graz wurden 3 hierhergehOrige Fälle
beobachtet.
Im I.Falle, bei einer 28jähr. Magd, begann die Krank-
heit 1 Tag nach dem Erdbeben mit Kopfschmerzen,
Aengstlichkeit, Schlaflosigkeit, Hallucinationen. Diese
Symptome steigerten sich in den nächsten Wochen zu
staporösen, ängstlich-melancholischen Zuständen, Des-
orientirtheit, beträchtlicher Amnesie. Nach 10 Monaten
war die Kr. wieder genesen.
Ganz analog war ein 2. Fall, 45jähr. Mann, nur dass
hier Kopfschmerzen, Schwindel und Uebelkeit lange Zeit
sehr im Vordergründe standen. Die Krankheit ging
schliesslich in eine rein melancholische Phase über, wäh-
rend deren Entlassung erfolgte.
Im 3. Falle, bei einem 25jähr. Dienstmädchen, trat
zunächst nach dem Erdbeben eine ziemlich schwere
Chorea auf; dazu kamen dann Zustände heftiger Erregung
und Verwirrtheit, zeitweise mit Unterbrechung durch
ruhigere Zeiten. An der Aussenseite der linken Ferse
fand sich ein massig grosser Absoess. Allmählich trat,
68
VI. Innere Medioin.
wenn auch die Chorea und eine beträchtliche Reizbarkeit
blieben, Berahigung ein, bis unter allgemeiner Intelligenz-
abnahme nnd Fortbestehen der Chorea wieder Erregung
begann. Im Laufe der nächsten Jahre langsame Ver-
schlechterung, auch Hallucinationen wurden deutlich;
die Verblödung nahm zu; bulbäre Symptome traten auf.
Der 2. Fall wfirde duroh das Hinzutreten von
üebelkeit, Eopfsohmerzen und Erbrechen vielleicht
charakteristisch sein f Qr Psychosen nach Brdbeben,
während der erste sich von der hallucinatorisohen
Verwirrtheit (Amentia) wohl kaum abtrennen Iftsst
Im 3. Falle handelte es sich um eine Huntington'-
sehe Chorea mit eigenthümlich schnellem Verlaufe.
Vielleicht hatte durch den Abscess eine Infektion des
Gehirns stattgefunden, begünstigt duroh die durch
das Erdbeben verursachte psychische Erregung.
Was den Zusammenhang des Erdbebens mit
psychischen Erkrankungen überhaupt anbetrifft, so
weist schon Darwin darauf hin, dass durch ein
heftiges Erdbeben unsere ältesten Associationen
zerstört werden; denn der Einfluss der Schwer-
kraft, die ja beim Erdbeben anscheinend aufgehoben
ist, ist wahrscheinlich physiologisch und psycho-
logisch sehr wirksam, wenn auch bisher noch zu
wenig erforscht und beachtet
E. Hüf 1er (Chemnitz).
79. Zur forensisoh- psychiatrischen Be-
urtheilong spiritistisoher Medien; von Dr.
Henneberg. (Arch. f. Psych. XXXVIL 3. p. 673.
1903.)
Die sachverständige Beurtheilung des vielgenannten,
im März 1903 wegen Betrugs zu 1 Jahr und 6 Monaten
Gefängniss verurtheilten sogen. Blumenmedium, AnnaR.,
ist von grossem, nicht nur medicinischem, sondern auch
culturhistorischem Interesse. Der Thatbestand^ darf bei
der Ausführlichkeit, mit der der Process in der Oeffent-
lichkeit behandelt worden ist, wohl als bekannt voraus-
gesetzt werden. Aus dem Outachten selbst ist jedoch
Mancherlei hervorzuheben. Schon im Gefängnisse wurden
linkseitige Ovarie, Hemianästhesie, Druckempfindlichkeit
der Scheitelhöhe nachgewiesen, sowie leichte Hypnotisir-
barkeit. Die Beobachtung in der Charite ergab Folgen-
des : Bei mangelhafter Schulbildung wurden eine unge-
wöhnliche Beobachtungsgabe und vorzügliche Mensohen-
kenntniss festgestellt; allen verfänglichen Fragen wich
die R. mit Berechnung und Ueberlegung aus, behauptete,
keinerlei Eenntniss vom theoretischen Spiritismus zu be-
sitzen. Wenn sie auch vielleicht an ihre mediale Be-
gabung glaubte, war doch das Bestehen einer paranoischen
Wahnbildung ausgeschlossen. Auch in der Charite Hess
sich Hypästhesie der linken Körperhälfte nachweisen,
auch eine leichte Parese des linken Armes, Herabsetzung
des Conjunctivareflexes, seltener Lidschlag, sehr weite
Augenspalten, neuropathischer Blick. Ausserdem zeigte
die R zeitweise Zustände von verändertem, bez. an-
scheinend verändertem Bowusstsein. Einmal wurde vom
Wartepersonale ein 10 Minuten dauernder Ohnmacht-
anfall beobachtet; einmal nächtliches Aufstehen, wovon
sie keine Erinnerung haben wollte. Sehr leicht liess sich
aber bei ihr die Hypnose hervorrufen, und es lag kein
Grund vor, dabei Simulation anzunehmen. Was nun die
Echtheit der Tranoezustände anlangt, d. h. der spontan
eintretenden, bez. willkürlich hervorgerufenen hypno-
tischen und somnambulen Zustände, in denen sie die ihr
zur Last gelegten betrügerischen Handlungen, Apporte,
Reden Verstorbener, Geisterschriften, producirte, so war
es nicht leicht, darüber ein ürtheil abzugeben. Dasselbe
£'ng aber dahin, dass bei ihr bewusste schauspielerische
sistungen sich aufs Engste mit Zuständen eingeschränk-
ten Bewusstseins verquickten. Dass sie nur auf be-
wusster Täuschung beruhten, war nicht nachzuweisen ;
häufig, wenn nicht in der Regel, war es aber so ; denn sie
hatte Eintreten und Aufhören der Trancezustände stets
völlig in der Hand; auf der Messe, im Restaurant, zu
Hause hatte sie nie einen Trancezustand; einmal, bei einer
unvorhergesehenen Störung, unterbrach sie den begon-
nenen Trancezustand; ihre Reden machten oft den Ein-
druck einstudirter Vorträge. Personen, die im echten
Trancezustande Handlungen strafbarer Natur begehen,
müssten als strafrechtlich unzurechnungsfähig erachtet
werden. Die Handlungen aber, die bei der R. in Frage
kamen, die Apporte, mussten anders beurtheilt werden.
Sie wurden sicher bei lucidem Bewusstsein ausgeführt,
was durch viele Beobachtungen erwiesen wurde. Nun
könnte dieser bewusste Betrug ja noch der Ausfluss eines
krankhaften Geisteszustandes sein; aber durch nichts
konnte ein derartiger Zustand erwiesen werden. Das Gut-
achten wurde auch demgemäss abgestattet und die R.
verurtheilt E. H ü f 1 e r (Chemnitz).
VI. Innere Medicin.
80. Ueber Langenentsündangen. (Vgl.
Jahrbb. CCLXXVIIL p. 54.)
1) Some remarks on the trecUment of oroupous
pneumania; by C. S. Bradfute. (Philad. med. Journ.
April 11. 1903. p. 634.)
2) ContrUndion ä rStude de Victhre duna la Pneu-
monie; par Gonor. (Arch. de Med. et de Pharm, milit
Nr. 11. p. 443. 1903.)
3) A study ofthephysicalsignsoflobarpnetimonta;
by Gönn er and Dodge. (Amer. Journ. of med. Sc.
CXXVI. p. 389. Sept 1903.)
4) Zur Behandkmg der croupösen Pneumonie mit
Oreoaotal; von Dr. An ton in Cr ha. (Aerztl. Centr.-
Ztg. Nr. 27. 1903.)
5) Ueber die Frühreeidive hei der fibrinösen Lungen'
entxündung ; von Ebstein. (Münchn. med. Wchnschr.
L. 18 1903.)
6) Ueber einige von den gewöhnlichen abweichende
Pneumonieformen, L Pneumonia desquamativa oblite-
ranSy nebst Bemerkungen Ober Histologie der Lungen-
induration, IL Ueber die Pneufnonie bei Stauung im
kleinen Kreislauf und bei akuter Endokarditis; von
Galdi. (Deutsches Arch. f. klin. Med. LXXV. p. 239.
1902.)
7) ParticulariUs et formes de la pneumonie fibri-
neuse chex VenfarU; par V. H. Gillet. (Gas. des Hop.
74 p. 749. 1903.)
8) Abdominal pain in pneumonia ; by Charles
8. Grabin. (New York med. Record Nov. 14. 1903.)
9) Bronchitis and bronchopneumonia from inhala-
tion of irritants; by J. N. Hall. (Philad. med. Journ.
1902. Dec. 20. p. 1009.)
10) Der Alkohol bei der Behandlung fieberhafter
Krankheiten, besonders der Pneumonie ; von Dr. A r n o 1 d
Holitscher. (Prag. med. Wchnschr. XXVIII. 31. 32.
33. 1903.)
11) Ueber einige Vorgänge bei der Heilung der
Pneumonie; von F. 0. Hub er. (Berl. klin. Wohnsohr.
XL. 16. 1903.)
12) Peribronchitis and interstiti€U pneumonia ; by
A. J a c 0 b i. (Arch. of Pediatr. Jan. 1903.)
13) Ein Fall von Pneumobacillensepsis; von J e n s -
sen. (Münchn. med. Wchnschr. L. 29. 1903.)
14) Ueber die chronischen Pneumonien; von Hans
Kohn. (Berl. Klinik Heft 185. Nov. 1903.)
VI. Innere Medioin.
69
15) BeJutndhmg der fibrinösen Pneumonie mit
HBlolif^ekiionen; von Krone. (Manchn. med. Wchnschr.
L 9. 1903.)
l^ Zur Behandlung der Pneumonie; von Nespor.
(Bl. f. klin. Hydrother. Nr. 1. p. 1. 1903.)
17) Primo saggio di applieaxione aWuomodelsiero
antipneumonico Tixxoni-Paniehi; pel DottLuif^i
Panichi. (Gaz. degli Osped. XXIV. 47. p. 491. 1903.)
18) Die PHocarpinbehandlung der croupösen Pneu-
nume; von Dr. Otto Pelzl. (Wien. med. WchoBchr.
LH. 48. 49. 1902.)
19) Le tarire siibie dans le traitement de la hron^
ckite eapiUaire et de certains cos de pneumonie; par
Albert Robin. (Gaz. des Hdp. Nr. 102. p. 1019.
1903.)
20) Das Westpkal'sche Phänomen bei eroupöeer
Pnemnonie im Kindesalter ; von Reeder. (Dentsches
irch. f. klin. Med. LXXII. p. 242. 1903.)
21) The use of salicykUe of sodium in ihe treaiment
ofpneumonia; by A. Frank Taylor. (Med. News
Nov. 8. 1902. p. 880.)
22) üdter Pneumokokken-Lokalisationen ; von Wan-
del (Deatsches Arch. f. klin. Med. LXXVIII. p. 1.
1903.)
23) The Oroonian leetures on ihe natural history
and paihology of pneumonia; by W. Washbourn.
(Lancet Nov. 15. 22. 29; Dec. 6. 1902.)
24) Ä case of suhacute induraiive pneumonia ; by
Williamson and Emanuel. (Lancet Sept. 19. 1903.
p,814.)
25) Staiistieeä report on ereosote in pneumonia;
bjvanZandt (New Tork med. Reoord Oot. 18. 1902.)
In seiner eingehenden UnterBUohung Aber die
vendtiedenen LokaHsationen des DvpUxsoeeus pneu-
momae beschäftigt sich Wandel (22) am aus-
fUirlichsten mit der Frage, wie man sich die Ent-
stehung der Pneumokokkenendokarditis zu denken
habe, nnd weist vor AUem auf die grundlegende
Thatsache hin, dass diese mit einem verzögerten
Verlaufe der Pneumonie zusammenhängt, der in
W.'s F&llen zwischen 4 und 8 Wochen schwankte,
im Kittel eine Dauer von 40 Tagen aufwies. Diese
CompHkation ist keineswegs auf eine besondere
Bgenschaft des Erregers zurückzufahren, auch
nicht darauf, dass in den fibrOsen Lungen selbst
die Infektion der Blutbahn erfolgt Der entzflnd-
liche ProcesB in der Lunge mobilisirt vielmehr nur
ooen grossen Theil der in der Lunge in und um
die Lymphbahnen aufgehftuften Staubmassen ; in
den Lymphdrüsen zeigt sich beträchtliche Anthra-
kose und theilweise damit verbundene vollkom-
Bffine Erweichung, so dass beim Aufschneiden eine
oterähnliohe, mit gröberen und kleineren Eohle-
pvtikelchen vermischte Masse hervorquillt, die
sehr reichliche Diplokokken enthält Hieraus er-
Ubt sich einerseits eine mangelhafte Resorption
des pneomonischen Exsudate durch die insufficien-
tea Drüsen — die Pneumonien dieser Art werden
<^iroiii8ch — , andererseits können die in dem
Lymphgefässapparat der Lunge länger zurück-
g^tenen Bakterien in die Blutbahn durchbrechen.
So wird es verständlich, dass die auf dem Wege
des Ductus thoracicus oder von den Drüsen her
durch arrodirte Blutcapillaren in den Blutkreis-
knf eingedrungenen Diplokokken vorwiegend das
ndite Hers befallen.
Bei einem unter den Zeichen sehmerster Allgemein-
infektion gestorbenen 30 Jahre alten Manne fand J e n s -
sen (13) bei der Sektion multiple Pneumonien mit Pleu-
ritis, Abscesse der Nieren, Abscess der Leber nach der
Bauchhöhle porforirt, diffuse eiterige Peritonitis, Milz-
tumor, und aus Culturen von der Milz, dem Eiter der
Nierenabsoesse, des Leberabscesses wurde der Fried-
länder'sche Pneumobacillus gezüchtet ebenso wie aus
Gelenkflüssigkeit des schon 60 Stunden vor dem Tode
schmerzhaft gewesenen rechten Schultergelenkes, obwohl
darin keine anatomische Veränderung zu constatiren ge-
wesen war.
Im Anschluss an die Beschreibung einer Pneu-
monie bei einem ITjähr. Arbeiter, die den rechten
unteren Lungenlappen befallen hatte, am Beginn
des 9. Tages kritisch endete, nach einer fast
7tägigen fieberlosen Periode — nur am 4. Tage
war die Temperatur subfebril (37.8*) — in dem-
selben ünterlappen wieder auftrat und in der
Nacht vom 3. zum 4. Erankheittage gleichfalls
kritisch abschloss, empfiehlt Ebstein (5) für die
während der Reconvalescenz sich wiederholenden
Erkrankungen den Namen FrUhreeidive und für die
zu irgend einer späteren Zeit auftretenden Recidive
den Namen Spii^eeidive. Die Ursache der Früh-
recidive liegt wahrscheinlich darin, dass durch das
üeberstehen der ersten Pneumonie selbst eine
kurze zeitweilige Immunität nicht hergestellt und
eine neue Infektion sofort noch in der Recon-
valescenz eingetreten ist. Die praktische klinische
Frage, ob eine Recrudescenz, d. h. eine Verschlim-
merung einer bestehenden Lungenentzündung oder
eine Wanderpneumonie oder ein Frührecidiv vor-
liegt, lässt sich meist unschwer entscheiden, inso-
fern als der Eintritt der Reconvalescenz bei der
fibrinösen Lungenentzündung leicht erkennbar ist
und weil die Diagnose der fibrinösen Lungen-
entzündung in der Regel mit keinen grossen
Schwierigkeiten verknüpft ist.
Conner und Dodge(3) bestätigen die An-
sicht Orisolle's, dass „in der grossen Mehrzahl
der Fälle, wenn nicht in allen, eine Verringerung
der Stärke des Athemgeräusches das erste auskul-
tatorische Zeichen einer Pneumonie ist^^ unter
124 in sehr frühem Stadium der Krankheit in das
Hospital Aufgenommenen fanden sie vor dem Vor-
handensein von bronchialem Athmen bei 98, also
bei 79^/o das Athemgeräusch über dem erkrankten
Abschnitte abgeschwächt. Bei 8 von den übrigen
26 Kranken war das Athemgeräusch rauh oder
„verschärft vesikulär^S ^^ ^ „bronchovesikulär^^,
bei 14 konnte nichts Abweichendes gefunden wer-
den. In den meisten Fällen bestand die Abschwä-
chung des Athmens vor jeder Däoqpfung, einmal
folgte diese erst nach 48 Stunden.
Diese Abschwächung wird auf eine durch die
beginnende Entzündung herbeigeführte Volumen-
zunahme des Organs, bei gleichzeitiger Abnahme
der Elasticität des Oewebes zurückgeführt, wo-
durch die respiratorische Ausdehnung beschränkt
werden muss.
Fast ausnahmelos stellt sich das bronchial^
70
VI. Innere Hedioin.
Athmen zuerst während der ESzspiration ein. Fer-
ner ergab sich in 199 uncomplicirten Fällen,
in denen das Aufhören des Bronchialathmens in
seinem Verhalten zum Aufhören des Fiebers fest-
gestellt werden konnte, dass das Bronchialathmen
schwand :
vor der EntfieberuDg . .
am Tage der Entfieborung
1 Tag nachher . .
2 Tage nach her .
3 Tage nachher .
4 Tage nachher .
5 Tage nachher .
6 Tage nachher
mehr als 7 Tage nach der
Entfieberung ....
39mal (20.0»/o)
25mal (12.0«/o)
28mal (14.0o/o)
19mal ( 9.0o/o)
22mal (11.5»/o)
22mal (11.5«/o)
14mal ( 7.0»/o)
7mal ( 3.8Vo)
20mal (10.0»/,)
Die bei einer Pneumonie des rechten Unter-
lappens im Abdomen beobachteten Schmerzen führt
Orabin(8) auf eine reflektorische Reizung zurück.
Der Fall betraf „ein Kind".
Bezflglich der PateUarsehnenrefleoce bei Kinder-
Pneumonien erklärt Boeder (20), dass er eine
Herabsetzung oder ein Fehlen zwar mehrfach hat
feststellen können, und zwar bald nur einseitig,
bald doppelseitig, in hochfieberhaftem Stadium und
in fieberlosem Zustande, dass er aber gerade in
dieser Regellosigkeit und in dem Mangel einer
gesetzmässigen Beziehung zwischen dem Phäno-
men und zwischen dem Qrade und dem Verlaufe
der Erkrankung einen Qrund dafür erblickt, dem
Schwinden des Reflexes die Bedeutung eines für
die croupöse Pneumonie maassgebenden Zeichens
zu versagen.
Dagegen kann das allmähliche Schwinden und
Fehlen des Patellarsehnenreflexes bei einer Diph-
therie ohne oder gemeinsam mit einer Pharynx-
oder Oaumensegellähmung von alarmirender Bedeu-
tung werden und noch nach Ablauf der sonstigen
klinischen Erscheinungen auf die Diagnose leiten.
Nach Huberts Ansicht (11) wird der Pneu-
moniker durch die im Blute cirkulirenden Pneumo-
kokken allmählich immunisirt, indem speciflsche
Immunkörper, Amboceptoren entstehen, ähnlich
wie das durch Injektionen von Culturen bei Thieren
erreicht wird. Mit dem Augenblicke nun, wo
soviel Immunkörper gebildet sind, dass zwischen
Leukocyten und Pneumokokken eine positive Che-
motaxis entsteht, beginnt die Heilung. Die in den
Lungen vorhandenen Pneumokokken können nicht
mehr in den Körper eindringen, da sie sofort von
den Leukocyten aufgenommen werden. Damit
kommt die Krankheit zum Stillstande und die
Krise tritt ein.
Frank Taylor (21) hat 25 Kranke mit sehr
gutem Erfolge mit salieylsaurem Natron behandelt.
van Zandt (25) hat durch eine grössere
Umfrage bei Collegen erfahren, dass die Frage:
1) ob Kreosot die Pneumonie coupiren kann, von
37 bejaht, von 15 verneint wurde, 2) ob der Ver-
lauf durch Kreosot sich milder gestaltet, von 57
bejaht, von 2 verneint wurde, 3) ob Fälle vor-
gekommen sind, die bei genügend frühem Beginne
der Behandlung völlig unbeeinflusst blieben, von
23 bejaht, von 31 verneint wurde. Die günstigen
statistischen Resultate der Behandlung sind von
71 Aerzten berichtet worden, aber 34 davon hatten
weniger als 10 Kranke behandelt
Cr ha (4) hat das Creosotal am besten bei be-
ginnender Pneumonie bewährt gefunden, wo bald
nach seiner Anwendung die Erisis eintrat und der
Process in 9 von 26 Fällen still stand und abortiv
ausklang.
Pelzl(18) verabfolgt von einer Lösung von
leg Püocarpinutn muriaHeum in 20g Aq. dest.
20 Tropfen, die gewöhnlich einen mehrstündigen,
manchmal wiederholten Schweissausbruch hervor-
rufen, so dass in der Regel keine Wiederholung
des Mittels oder höchstens einmal an einem folgen-
den Tage vorgenommen werden muss. Bei 38 mit
Pilocarpin behandelten Soldaten erzielte er Ver-
minderung der Schmerzhaftigkeit, der Athemzüge
und der Hustenanfälle, leichtere Expektoration,
milderen Verlauf und Abkürzung des Leidens mit
rascherer Wiedererlangung der Qesundheit.
„In der Erinnerung an das alte Sprichwort,
dass man den Teufel am besten durch Beelzebub
austreibt'S hat Krone (15) HetoUInjektionen bei
Pneumonien angewendet und ist zu dem Ergeb-
nisse gekommen, dass „dasselbe, selbst entzün-
dungserregend, der pneumonischen Entzündung
im Anfangstadium entgegenwirkt, das Fieber herab-
setzt, leichtere Lösung, sowie ruhigere Athmung
bewirkt, somit das Aufkommen der so verderblichen
Allgemeininfektion verhindert*^
Nespor (16) hat mit Theilabreibungen und
Anlegung von Kreuzbinden nach Pick im Militär-
spitale 92 Kranke mit „croupöser, katarrhalischer
und Influenza- Pneumonie" behandelt und nur
3 Todesfälle gehabt Der Obduktionbefund in einem
dieser Fälle lautete aber: Tuberculosis pulmonum
und Pleuritis sinistra ; in dem 2. bestand zugleich
mit der Pneumonie auch Lungentuberkulose mit
Bacillen im Auswurfe.
Als Anzeige für die Darreichung des Aikohola bei
fieberhaften Krankheiten sieht Hol it seh er (10)
den Collaps auf der Höhe der Krankheit an, sonst
erklärt er dieses Reizmitttel für entbehrlich.
Ueber die ehronisehen Pneumonien giebt Hans
Kohn (14) eine eingehende lehrreiche Uebersicht
Sie können primär interstitielle sein oder aus
superficiellen hervorgehen. Letztere folgen auf die
lobären fibrinösen oder auf die lobulären katarrha-
lischen Pneumonien und nehmen ihren Ausgang
in Induration, Abscess oder Oangrän, vielleicht
auch in Verkäsung. Zur ersteren gehören: a) Die
pleurogenen, bei denen von der stark verdickten
Pleura oder vom Hilus der Lunge aus die Binde-
gewebezüge in die Lunge hineinziehen. Eine
grosse klinische Bedeutung kommt diesen Formen
nicht zu. b) Die Pneumonokoniosen. c) Die Pneu-
monomykosen. Zu ihnen wird die käsige Pneu«
VI. Innere Medicin.
71
monie als eine Form der tuberkulösen Erkrankung
der Lunge gerechnet, femer die Pneumonomyoosis
aspergillina und macorina, sowie die Aktinomy kose
und die Soorpik-Infektion. Die Pneumonomyoosis
asper^llina ist sogar als typische Gewerbekrank-
heit XQ betrachten, die bei Taubenmästern vor-
kommt „Diese nehmen n&mlioh eine Handvoll
Eine, die mit Wasser zu einem Brei angerührt ist,
in den Mund, halten mit der linken Hand die Taube
fest, sperren ihr mit ^er anderen den Sehnabel
auf nnd blasen nun so viel wie möglich der Taube
in den Schnabel. 4 — 6000 Tauben kann ein MSster
K) in einem Tage abfOttern. Bei dieser Gelegen-
heit inficiren sie sich mit den auf den Hirsekörnern
sitsenden Pilzen.^^ Auch bei Haark&mmem, die
mit Mehlstaub die Haare entwirren, kommt die
Affeition vor. Die Ansiedelung des Pilzes kann
nr Zerstörung des Lungengewebes führen. Er
ist nicht ein Schmarotzer in einer schon vorhanden
gewesenen Caveme, sondern er erzeugt sie selbst
d) Die Pneumozootien werden durch den Echino-
00OCQ8 dargestellt, der ans Raumbeengung und
EatsOndung combinirte Symptome herbeiführt.
Caldi (6) giebt die Resultate der eingehenden
Untersuchung einer Erkrankung, die einerseits zu
den desquamativen, kein besonderes Erankheitbild
darstellenden Processen der Lunge, andererseits
IQ einer vielleicht noch nicht genau untersuchten
Kategorie von krankhaften Veränderungen gehört
ond nach Lange als obliterirender Process an-
gesehen werden kann. Er bezeichnet in Folge
dessen die von ihm geschilderte Form als „Pneu-
wmia desquamatioa obliierans" und zieht die Fol-
gerungen: 1) Es giebt in der Lunge Processe
oUiteriiender Natur, die mit beträchtlicher epithe-
üiler Desquamation beginnen; 2) die Pneumonia
teqnamativaobliteranslobularis unterscheidet sich
roa den anderen pneumonischen Processen durch
üffea diffusen und progressiven Charakter, durch
& aasgedehnte epitheliale Desquamation und be-
tdchtliche Bindegewebewucherung in den Alveo-
len, sowie durch das Fehlen von Fibrin ; 3) das
in den Alveolen sich bildende Bindegewebe nimmt
Moi Ursprung von dem Bindegewebegerüste der
Alveolarwand. „In verschiedenen Bildern sieht
Dan sehr deutlich, dass die Bindegewebefibrillen
^ Disprung aus einer Art amorpher Substanz
^tsrieiten und dann nach dem Lineren der Alveolen
>Hhat^ Auch Marchand schliesst die M(^glich-
kat nicht aus, „dass die Bindegewebefibrillen aus
^ amorphen Zwischensubstanz entstehen k(^n-
Bea, die wieder ihre Entstehung den ZellkGrpem
TenJankt".
William so n und Emanael (24) beschreiben
«BgeliBDd einen Fall von sitbakuter indurativer Pneu-
*o*M bei einem 17jähr. Mfidchen, bei dem 4 Wochen
^ dem Beginne eine reichliche Hämoptoe auftrat,
ointerber die Sputa fast stets blutig waren, auch ein
^^ Opeiatioa beseitigtes geringes Empyem auftrat
ud tdüuaalich durch Oangr£i des erkrankten rechten
^risppeoa 4Vt Monate nach dem Beginne der Erank-
^ der Tod eintrat Aufrecht (Magdeburg).
81. Neuere Arbeiten über Physiologie nnd
Pathologie der Verdannngsorgane. (Vgl. Jahrbb.
CCLXXVII. p. 64.)
/. Speiseröhre.
1) Die Krankheiten der Speiseröhre; von Dr. Fr.
Schilling. (Leipzig 1903. H. Härtung k Sohn. 8.
86 S. mit 14 Abbildungen. 1 Mk. 80 Pf.)
2) Die Erkrankungen der Speiseröhre; von Dr.
Hugo 8tarok in Heidelberg. (Würzb. Abhaodl. a. d.
Oe&ammtffeb. d. prakt. Med. III. 8. 9. Würzburg 1903.
A. Stuber^s Verlag IC. Kabitzsoh]. Gr. 8. 46 8. 75 Pf.)
3) Die Oesopkagoskopie und ihr diagnostischer
Werih; von Dr. Hugo Star ok. (Petersb. med. Wo-
ohensohr. N. F. XX. 26. 1903.)
4) Beiträge xurSondirung der Speiseröhre; von Dr.
HugoStarck. (Münchn. med. Wchnschr. L. 4. 1903.)
5) Casuistisdier Beitrag xur Differentialdiagnose
von Erkrankungen der Speiseröhre und des Magens;
von Dr. Hans Elan er. (Deutsche med. Wchnschr.
XXIX. 24. 1903.)
6) Beitrag xum Verlauf des pepiisehen Speiseröhren-
geschwüres; von Dr. C. Hödlmoser. (Wien. klin.
Rundschau XVII. 25. 26. 1903.)
7) Beiträge xur Aetiologie des Oesophaguscarci-
noms ; von Dr. Pa u 1 W o 1 f. (Münchn. med. Wchnschr,
L. 18. 1903.)
8) LespoJypes de Voesophage; par Aime Brehon.
(Echo med. du Nord VII. 42; Oct 18. 1903.)
9) Ein seUener Fall von Oesophagusstriktur ; von
Dr. Hans Jungniokel. (Prag. med. Wchnschr.
XXVIII. 38. 1903.)
10) Verätxungs ' Strikturen der Speiseröhre; von
Mosetig-Moorhof. (Wien. klin. Wchnschr. XVI. 1 .
1903.)
11) üeber chirurgische Intervention bei Speise-
röhrenverengerung ; von B. Li n d n e r. (Münchn. med.
Wchnschr. L 6. 1903.)
12) üeber Aetiologie diffuser Speiseröhrenerweiie-
rungen ; von Dr. HugoStarck in Heidelberg. (Wien,
klin. Rundschau XVII. 26. 27. 1903.)
13) Die diffuse Erweiterung der Speiseröhre; von
Dr. Hugo S tarck. (Deutsche Praxis XII 7. 8. 1903.)
14) Gase of fso-called) idiopathic dilatation of the
Oesophagus. With a Suggestion as to its nervous origin;
by C. B. L 0 c k w 0 0 d. (Brit. med. Journ. June 15. 1903.)
15) Ueber die idiopathische Ertceiterung des Oeso-
phagus; von Dr. J. Lossen. (Mittheil. a. d. Orenzgeb.
d. Med. u. Chir. XII. 2 u. 3. p. 331. 1903.)
16) Zur Kenniniss der Idiopathischen Oesopfuigus-
erweiterung; von Dr. R. Sievers. (Ztschr. f. klin.
Med. XLIX. 1—4. p. 45. 1903.)
17) Beiträge xur Lehre vom muskulären Kardia-
verschluss ; von Dr. S i n n h u b e r. (Ztschr. f. klin. Med.
L. 1 u. 2. p. 102. 1903.)
18) Ein seltener Fall von epip/irenalem Divertikel
der Speiseröhre ; von Dr. Bonaiuto Olivetti. (Arch.
f. Verdauungskrankh. IX. 2. p. 163. 1903.)
19) Ueber Sondirungsverletxungen und Divertikel
des Oesophagus; von Dr. Bernhard Fischer. (Deut-
sches Arch. f. kün. Med- LXXVUI. 1 u. 2. p. 141. 1903.)
20) Oontribution d Vetude des corps etrangers de
Voesophage et partietdih'ement des corps etrangers peius
et de surfaee ^rregtäidre; par Ecot (Arch. de Med. et
de Pharm, mil. XL. 12. p. 449. Deo. 1902.)
21) üeber Oesophdgotomie , xugleich ein Beitrag
xur Behandlung der periösophagealen Phlegmone; von
Dr. Pels-Leusden. (Ben. klin. Wchnschr. XL. 1 5.
1903.)
22) Ä ease of rupture of the Oesophagus from an
aecident; by T. R G. Whipham. (Lancet Sept. 12.
1903.)
S c h i 1 1 i n g (1) beginnt mit einer kurzen Ein-
leitung über Anatomie und Physiologie der Speise-
72
VL Innere Medicin.
röhre, bespricht Untersuchungsmethoden und all-
gemeine Therapie und geht dann die einzelnen
Erkrankungen durch mit besonderer BerQcksich-
tigung der Behandlung. Bei Manchem fasst Soh.
sich recht kurz. Das Gapitel „Neurosen" wird
wohl noch allerlei Aenderungen erfahren müssen.
Auch Starck (2) giebt nur einen kurzen Ab-
riss der Oesophaguskrankheiten. Auf Orund eigener
Erfahrung schildert er eingehend die Untersuchung,
namentlich die Oesophagoskopie, und führt dann
die in Betracht kommenden Krankheiten auf, theils
ätiologisch, theils nach den auffallendsten Erschei-
nungen zusammengestellt. Unter „Neurosen'' er-
wähnt er nur QefühlstOrungen, Lähmungen neben
anderen Lähmungen (bei Vergiftungen, Nerven-
leiden u. s. w.) und als weitaus Wichtigstes den
Oesophaguskrampf.
Starck (3. 4) tritt auch an anderen Stellen
sehr für eine genaue Untersuchung der Speise-
röhre ein. Zur Oesophagoskopie benutzt er einen
geraden starken Tubus , zur Sondenuntersuchung
empfiehlt er dringend Sonden mit seitwärts ab-
gebogener Spitze. Er hat ein eigenes Modell con-
struirt, ein Rohr von mittlerer Elasticität, an das
man passend gekrümmte Oliven von ganz ver-
schiedener Stärke anschrauben kann. St führt
überzeugend aus, wie ungenügend für viele Fälle
die übliche in der Mitte lang gleitende Sonde ist
und wie man mit der abgebogenen Spitze ganz anders
die gesammte SpeiserOhrenwand abtasten kann.
Eisner (5) führt aus der Klinik von Boas
2 diagnostisch werthvolle Fälle an.
In dem 1. Falle bandelte es sich um einen Pylorus-
krebs, der klinisch die firscheioangen des Oesophagus-
krampfes ausloste, so dass man zunächst nur an ein
Hinderniss in der Speiseröhre dachte. In dem 2. Falle
lag ein Divertikel der Speiseröhre vor und eine harte
Geschwulst in der Pyiorasgegend. Da es nicht gelang,
mit einer Sonde in den Magen zu kommen, gewann man
über die Beschaffenheit des Magens und tiber die Natur
der Geschwulst keinen Aufschluss. Bei der Sektion war
der Magen sehr klein, aber gesund. Der Tumor war die
mit Steinen angefüllte Gallenblase.
Peptische Oeschtvüre in der unteren Speiseröhre
sind selten. H5dlmoser (6) beschreibt einen
derartigen Fall.
Der Kr. hatte lange Zeit an heftigen Schmerzen in
der anteren Stemalgegend gelitten und erbrach zeitweise
kaffeesatzartige Massen. Die Sonde glitt leicht in den
Magen. Dieser war erweitert, mit blutigen Massen ge-
füllt. Die Sektion ergab eine narbige Pylorusverenge-
ruDg. Diese hatte zu einer Erweiterung des Magens und
zu einer Erschlaffung der Kardia geführt Der stark
saure Magensaft hatte dann das Oesophagusgeschwür
hervorgerufen.
Zum Krebs der Speiseröhre liegt nur ein
casuistischer Beitrag vor: Wolf (7) sah bei 2 Kr.
Oesophaguskrebs und Spondylitis deformans neben
einander. Er meint, letztere könne an ersterem
schuld gewesen sein dadurch, dass sie eine Reizung
der Speiseröhre bei jedem Schlucken hervorrief.
Br6hon (8) beschreibt einen Kranken mit
sehr grossem Phcarynocpolypen und berichtet kurz
über die Literatur dieser seltenen Krankheit.
Oe8opha§ti88irilUi4r sah Jungnickel (9) nach
Diphtherie auftreten : Oesophagotomie mit gutem
Erfolge. Mosetig- Moorhof (10) berichtetfiber
5 Fälle von sehr beträchtlichen Verätzungstriktuien,
Bei allen 5 Kranken musste eine Magenfiatel (bei
einem 2 mal) angelegt werden. Bei 3 gelang dann
nachträglich die Hindurchführung einer Darmsaite,
woran in 2 Fällen die Bougirung ohne Ende nach
Hacker angeschlossen wurde. 2mal musste die
Oesophagotomie gemacht vverden. Alle 5 Kranken
wurden in leidlichem Zustande entlassen. — Der
Vortrag Lindner 's (11) enthält nichts Neues.
Mit der diffusen Erweiterung der Speiserokn
beschäftigen sich dieses Mal besonders Starck
(12. 13) und Lossen (16). Starck bespricht
Aetiologie, Erscheinungen, Diagnose, Behandlung.
Bei der Entstehung kommen gewiss mancherlei
verschiedene Dinge in Betracht, die man im Einzel-
falle Studiren muss, und zwar frühzeitig, nicht erst,
wenn das Leiden vollkommen ausgebildet ist
„Für künftige Sektionbefunde scheint es wichtig,
auf die Strukturverhältnisse der Muskulatur, auf
die Vertheilung der Muskelhypertrophie im Oeso-
phagusrohr zu achten, auch das Verhalten der Vagi,
die Lage und Weite der Aorta, die Lage des Magens
zu berücksichtigen, sowie nach angeborenen Ano-
malien zu suchen.^' Ueber viele hier mitspielende
Dinge wird am besten der Thierversuch Aufschluss
geben. Ganz sicher scheint St bisher nur eine
Form der diffusen Dilatation zu sein, die „spasmo*
gene^S d. h. die auf Orund eines Cardiospasmus
entstandene.
Auch Lossen (15), der unter Einschaltung
guter Krankengeschichten die diffuse Erweiterung
der Speiseröhre eingehend beschreibt, legt den
Hauptwerth auf einen spastischen Kardia verschluss ;
wie weit ausserdem, bez. daneben noch eine pri-
märe Atonie der Oesophagusmusknlatur, angeborene
Anlage, chronische Oesophagitis und ähnliche Dinge
in Frage kommen, ist schwer zu entscheiden. Bei
der Behandlung legt L. den Hauptwerth auf eine
Wochen lang durchgeführte und wenn nOthig von
Zeit zu Zeit wiederholte Sondenemährung.
Sievers (16) berichtet über einen Fall yod idio-
pathischer Oesophaguserweiterung aus dem Kranken-
hause zu Helsiogfors. Der Oesophagus fasste bis za
einem Liter Flüssigkeit S. nimmt als Ursache eine an-
geborene Eigenthümlichkeit an.
Einen Beitrag zur Lehre vom Ckardtospasrnm
liefert Sinnhuber(17) mit einer phyaiologisekm
Studie über den Muskelverschluss der Kardia, Nach
Thierversuchen und Beobachtungen am Menschen
kommt er zu folgenden Ergebnissen : „1) Die Kardia
befindet sich in einem tonischen Contraktionznstand.
Verstärkt wird der Kardiaverschluss: a) durch
die den Oesophagus schlingenf5rmig umgebendl^
Zwerchfellmuskulatur, b) durch die schiefe Ein-
mündung des Oesophagus in den Magea. Dd
Contraktionzustand ist eine Resultante iweier enM
gegengesetzter Kräfte, einer contrahirenden
einer erschlaffenden. Die oontrahirende findet
siotj
VI. Innere Hedicin.
73
hauptsSchlich in der Gegend der Kardia oder in
der Kardia selbst, die erschlaffende geht haupt-
Bfiehlich Tom Gentralnervensystem (M ed. oblongata)
aas, voD woher Impulse duroh die Vagi der Kardia
fortwährend zugeführt werden. Durchschneidet
min daher den Yagus oberhalb des Zwerchfells,
80 tritt eine Erschlaffung der Kardia ein. Durch-
schneidet man die Vagi hoch oben, am besten mit
Erhaltung des rechten N. laryngeus inferior, so
wird der Tonus der Kardia vorübergehend ver-
stärkt''
Olivetti (18) beschreibt ein „epiphrenales*'
Daertikel und meint, es habe sich dabei um eine
angeborene Anomalie gehandelt
Fischer (19) erörtert die Enttiehung der
Divertikel unter Anführung eigener Krankenge*
schichten und macht ganz besonders auf die
Folgen kleiner Verletzungen der Oesophaguswand
lofm^ksam. Er stellt zum Schlüsse folgendes
Schema auf:
„A. Die PuieumediverHkel zeigen eine deut-
liche Yorliebe für die physiologischen Engen des
Oesophagus: Eine geschwächte Wandstelle giebt
dem Innendrucke nach. Ihre Genese ist zu er-
küren: 1) durch submukOse Verletzungen an den
engsten Stellen der Speiseröhre; gerade hier ist
aber det Druck bei dem Schlucken am grOssten ;
2) durch Verletzungen oder Entzündungen der
Oesophaguswand mit Bildung schwacher Narben ;
3) eine wesentliche Rolle bei ihrer Entstehung
^oßLea femer: a) von aussen dem Oesophagus an-
liegende festere Organe (epicricoideale, epibronchiale
und epiphrenale Pulsionsdivertikel) , b) geringe
Strikturen der Speiseröhre, c) congenitale Verhält-
ftiase (muskelsdiwacher Baum).
B. Für die Genese der TVaktionsdwertikel sind
za berücksichtigen: 1) Congenitale Verhältnisse
ftr das typische Divertikel unterhalb der Bifurka-
tioii; 2) Lymphadenitis mit üebergreifen auf die
Oesophaguswand. Analog andere entzündliche
Prooesse der Umgebung : Mediastinitis, Strumitis ;
3) Verletzungen und Entzündungen der Oesophagus-
wand mit Üebergreifen auf die Umgebung und
nachfolgender Schrumpfung/^
Eoot (20) berichtet über 2 F&Ue von F¥emd-
tör]p6m in der Speiseröhre. Pels-Leusden(21)
Aber 3 Fälle von erfolgreicher Oesophagotomie
wegen Fremdkörpern, einmal bei bereits ausge-
dehnter periOsophagealer, jauchiger Entzündung.
Der F!all von Oesophagusruptur (Sektionbefund)
YonWhipham (22) bietet nichts Besonderes.
IL Magen. — Allgemeines, Physiologie, Chemie,
Diagnostik,
23) Diagnostik und Therapie der Magenkrankheiten,
Nach dem heutigen Stande der Wissenschaft bearbeitet
Ton Dr. L Boas. I. Theil: Allgemeine Diagnostik und
Therapie der Magenkrankheiten, 5. vermehrte u. neu
betrbeitete Aufl. Leipzig 1903. Georg Thieme. Gr. 8.
XI 0.435 8. (10 Mk. 50 Pf.)
24) Die Erkrankungen des Magens; von Prof.
F. Riegel in Giessen. I. Iheil: Allgemeine Diagnostik
Med. Jahrbb. Bd. 281. HfL 1,
und Therapie der Magenkrankheiten. 2. vermehrte u.
neu bearbeitete Aufl. Wien 1903. Alfred Holder. Gr. 8.
VHu. 336 8. (9Mk. 60Pf.)
25) Untersuchungen über die Spannungsxustände
der Bauehtoand, der Magen- und der Darmwand; von
Dr. Georg Kelling io Dresden. (8ond.-Abdr. a. d.
Ztschr. f. BioL XLIV. 2. p. 161. 1902.)
26) Physikalisehe Untersuchungen bei der Amcen-
düng des Magenschlauches; von Dr. Paul Schlippe.
(Deutsches Arch. f. klin. Med. LXXVI. 4 u. 5. p. 450.
1903.)
27) Ueber den Einftuse verschiedener Körperlagen
auf die motorische Funktion des Magens. Nach ver-
suchen von Alexander Ogarkow, mitgetheilt von
J. V. Mering in Halle a. d. S. (Tber. d. Gegeow. N. F.
IV. 5. 1903.)
28) Die Magen- und Darmbewegungen im Röntgen-
bild und ihre Veränderungen durch verschiedene Ein-
flüsse; voD Dr. Felix Lern mel. (Müuchn. med. Wo-
chenschr. L. 38. 1903.)
29) La digesiion des substances albuminoides ; par
le Dr. E d g a r Z u D £. (Revae de Tuni versite de Bruxe&es
Juin— Juillet 1903.)
SO) NouveUes recherches sur la digestiondelaviande
dans Vestomac et dans la premikre portion de Vintestin
grSie chex le chien; par le Dr. E. Z u n z. Braxelles 1903.
Librairie med. de Hoori Lamertin. Gr. 8. 8 pp.
31) Zur Kenntniss der Verdauungs- und Resorptions-
vorgänge im Magen ; von Dr. Felix Reach. (Ztschr.
f. d. ges. Biochemie IV. 3 u. 4. p. 139. 1903.)
32) Ueber den Umfang der Eiweissverdauung im
menschlichen Magen unter normalen und pathologischen
VerhäÜnissen f sowie über den Einfluss der Mischung
der Nahrungstoffe auf ihre Verdaulichkeit; von Dr.
Johannes Müller. (Verband!, d. pbys.-med. Ge-
sellßch. zu Würzburg N. F. XXXV. Würzburg 1903.
A. Stuber's Verl. [C. Kabitzsch].)
33) Fettverdauung im Magen ; von Dr. Z. I n o u y e.
(Arch. f. VerdauuDgskrankh. IX. 3. p. 250. 1903.)
34) Ueber den Einfluss des Wassers, der Eiweiss-
stoffCt Kohlehydraie und Feite auf die Magensaßsekretion
des Mensehen; von Dr. G. Lang. (Deutsches Arch. f.
kün. Med. LXXVIU. 3 u. 4. p. 302. 1903.)
35) Ueber Veränderungen der Magensekretion bei
einseitiger Nierenexstirpation ; von Dr. Karl Ritter
V. Stejskal und Dr. Edgar Axisa. ((3entr.-Bi. f.
innere Med. XXIV. 38. 1903.)
36) Allgemeine Semiotik des Erbrechens; von Dr«
W. Janowskiin Warschau. Jena 1903. Gust Fischer,
Gr. 8. 108 8. (2 Mk. 40 Pf.)
37) Ueber die diagnostische und prognostische Be-
deutung des Bluibrechens ; von Dr. W. Janowski.
(Ztschr. f. klin. Med. XLVI. 1—4. p. 43. 1902.)
38) Valeur semiologique du chimisme gastrique;
par Albert Mathieu et J. Gh. Roux. (Gaz. des
Hop. LXXVI. 66. Juin 9. 1903.)
39) The estimation offree hydrocMorie acid in the
gastric Contents; by C. £. Ham and J. J. R. Macleod.
(Lancet Aug. 1. 1903.)
40) A eonvenient modifieation of tests for hydro-
chloric add in gastric contents; byCharlesSumner
Fischer. (Amer. Journ. of med. Sc. CXXVI. 4; Oot
1903.)
41) Die Sahli'sche Mageninhaltuntersuchung und
ihre Bedeutung für die Diagnose der alimentären Hyper-
sekretion; von Dr. Walter Zweig in Wien und Dr.
Arthur Calvo in Florenz. (Arch. f. Verdauungs-
krankh. IX. 3. p. 263. 1903.)
42) Zur diagnostischen Bedeutung der freien Salz-
säure; von Dr. Plaut in Frankfurt a. M. (Internat
Beitr. z. inneren Med. II. p. 331. 1902. Berlin 1902.
Aug. Hirschwald.)
43) Ueber den Pepsingehalt des menschlichen Magen-
saftes und über neuere Methoden xu seiner quantitaiirsn
10
74
YI. Innere Medidn.
Bestimmung ; von Dr. A. 8 c h i f f. (Mittheil. d. Oesellsch«
f. innere Med. U. 4. 1903.)
44) Die Methodik quantitativer Pepainbestimmung
für diagnostische Zwecke ; von Dr. L e o K r o p f. (Fortschr.
d. Med. XXI. 16. 1903.)
45) Die klinische Pepsinbestimmung nach Mette;
von Dr. OttoKaiserling. (Berl. klin. Wchnschr. XL.
44. 1903.)
46) Ueber die PeUpation des Pylorus; von Prof.
W.P.Obrastzow in ^ew. (Deutsche med. Wchnschr.
XXVIII. 43. 1902.)
47) Ueber Palpation und Auskultation des normal
grossen Pylorus und deren Bedeutung für die sogenannten
Phantomtumoren im Abdomen; von Dr. Paul Cohn-
h e i m in Berlin. (Deutsches Arch. f. klin. Med. LXXVIIL
3 u. 4. p. 291. 1903.)
48) Diagnostische Irrthümer bei 4 Fällen von Magen^
erkrankungen ; von Dr. Bruno Oppler in Breslau.
(Wien. klin. Rundschau XVII. 10. 11. 1903.)
49) Ueb^ das Vorkommen und die Bildung von
ürobilin im menschlichen Magen; von Dr. Arthur
Meine!. rCentr.-Bl. f. innere Med. XXIV. 13. 1903.)
50) üa)er Vorkommen und Entstehuna von Ürobilin
im menschliehen Magen; von Dr. A. Braunstein.
(Ztschr. f. klin. Med. L. 1 u. 2. p. 159. 1903.)
51) Zur Technik der Magenausheberung ; von Dr.
AlfredNeumann. (Wien. klin. Rundschau XVII. 46.
1903.)
52) Das Manometer bei der Gapacitätsbestimmtmg
des Magens; von Dr. N. P. v an 8 p anj e. (Arch. f. Ver-
dauungskrankh. IX. 4. p. 377. 1903.)
53) Ueber die Brauchbarkeit der Perkussiofis-AuS'
kultation in der Diagnostik der Magenerkrankungen;
von Dr. Stefan v. Pesthy. (Ebenda p. 319.)
54) Ein Beitrag xur Bakteriologie der milchsauren
Oährung im Magen t mit besonderer Berücksichtigung
der yflangen'^ Bacillen; von Dr. Georg Sandberg.
(Ztschr. f. klin. Med. LI. 1 u. 2. p. 80. 1903.)
Die bekannten Bücher von Boa 8 (28) und
Riegel (24) erscheinen in neuen Auflagen. Qut
durchgearbeitet, gesichtet, ergänzt, zeigen sie sich
werth der ihnen erwiesenen Qunst.
Die umfangreiche Arbeit von Eelling (25)
eignet sich nicht zu einem kurzen Referate. Sie
fasst das zusammen, was E. seit Jahren über die
„Mechanik des Abdomen" veröffentlicht hat und
(BrgäDzt es durch neue Untersuchungen. Das voran-
gestellte Inhaltverzeichniss lautet: A. Historisches,
B. Methodik, C. die mechanischen Verhältnisse der
Bauchhöhle, D. Untersuchungen an freiliegenden
lebenden und todten Mägen, E. Vitalcapacität beim
Menschen, F. Vagus, Sympathicus, G. druckregu-
lirende Nerven, Druck und Resorption, H. Beein-
flussung des Tonus, reflektorische Erschlaffung,
die Atonie des Magens, negativer Druck. Unter
den Einzelheiten ist Mancherlei auch praktisch
werthvoll.
Schlippe (26) hat die DrußkverhäÜniase im
Oesophagus und Magen mittels des Magenschlauches
untersucht und giebt Folgendes an: „Im Oeso-
phagus haben wir einen mit den Untersuchungen
anderer Autoren übereinstimmenden negativen
Druck von durchschnittlich 3.6 mm Hg gefunden,
während der Druck im Magen beim Sitzen, wobei
die zur Erhaltung dieser Körperlage nothwendige
Anspannung der Bauchmuskulatur einen positiven
intraabdominalen Druck hervorbrachte , positiv
ca. 4 mm Hg betrug. Der Druck im Oesophagus
und Magen steht unter dem Einfluss der Respi-
ration. Im Oesophagus sinkt sowohl bei ruhiger,
wie bei tiefer Respiration der Druck während der
Inspiration und steigt während der Exspiration
und es bestehen nur graduelle Unterschiede der
Schwankungen bei den zwei Arten der Athmung.
Wenn man den oberen Verschluss des Oeeophagos
klaffend erhält, beobachtet man Luftströmungen in
und aus der Speiseröhre, und zwar beträgt das bei
tiefer Athmung beobachtete Athemvoiumen circa
20.3 com. Die Bestimmung dieses Werthes ist von
Bedeutung für die Diagnose von Erkrankungen des
Oesophagus, welche mit einer Veränderung der
Grösse des Lumens einhergehen, also specieli der
Divertikel. Im Magen haben im Gegensatz zum
Oesophagus ruhige und tiefe Athmung einen ver-
schiedenen Einfluss auf die Druckverhäitnisse. Bei
ruhiger Athmung beobachtet man Steigen des
Druckes bei Inspiration, Sinken bei Exspiration.
Bei tiefer Athmung beobachtet man oft den ent-
gegengesetzten Typus, meist aber sehr oomplicirte
Druokschwankungen, wie sie im Oesophagus nie
vorkommen können. Bei einem Versuch, das Auf-
treten und die Verschiedenheiten der Druck-
schwankungen zur Erkenntniss der Begrenzung
und des Verhaltens des Lumens des Oesophagus
zu verwenden, fanden wir, dass der Halstheil des
Oesophagus, vom Ringknorpel bis zum Eintritt in
den Thorax zu rechnen, demnach etwa 2 — 3 cm
lang ist und dass sein Lumen geschlossen ist Wir
sahen ferner, dass der Brusttheil offen steht und
ca. 36 — 67 cm hinter der oberen Zahnreihe am
Hiatus oesophageus durch das Zwerchfell von dem
3 — 4 cm langen abdominalen Endtheil abgeschlos-
sen ist. Die Kardia befindet sich etwa bei 40 cm.
Die Frage nach der Existenz eines Kardialer-
Schlusses können wir dahin beantworten, dass ein
Verschluss wohl vorkommt, aber nicht immer
besteht''
Ogarkow und v. Mering (27) stellten fest,
dass der Magen sich bei Lage auf der rechten Seite
besonders schnell entleert, ebenso bei schnellem
Gehen. Beim Stehen, Liegen auf der linken Seite
und langsamen Gehen verzögert sich die E2nt-
leerung, und zwar in etwa gleicher Weise. Bauch-
und Rückenlage nehmen die Mitte zwischen
schneller und langsamer Entleerung ein.
Lommel (28) hat Hunden Milch mit Wis-
muth gegeben und dann die Magenbewegungen im
Röntgenbilde unter verschiedenen Einflüssen be-
obachtet. Nach 2 Minuten zeigten sich schwache,
oft erst nach 5 — 6 Minuten deutliche rhythmische
Wellenbewegungen an der grossen Curvatur, die
rasch zunahmen und nach dem sich schlauchförmig
gestaltenden Pylorusende liefen. In 9 — 15 Min.
war der Pylorusschlauch deutlich ausgebildet. Dia
Wellenbewegungen waren nach Beginn und Stftrke
wechselnd, im Rhythmus sehr gleichartig: 10 voll*
stAndige Wellen in 120 Sekunden. Warme Um«
VI. Innere Medldn.
75
schlage verkleinerten die Wellen zu Anfang etwas,
eine Eiablase hatte so gnt wie gar keine Ein-
wirkung. Reizmittel : Somatose und Fleischextrakt
yerst&rkten und beschleunigten die Magenthätigkeit
ganz entschieden. Den allergrössten Einfluss hatten
psychische Einwirkungen, sie bewirkten ein voll-
stSndiges Ausbleiben, bez. beträchtliche VerzOge-
nmg aller Bewegungen. — Am Darme glaubt L.
deutlich antiperistaltische Bewegungen gesehen zu
haben.
Znnz (29.30), Reach(31)undMüller(32)
beschäftigen sich mit der Eiweiasverdauung im
Magen. Bis vor Kurzem nahm man an, dass die
Peptone die letzten Spaltungsprodukte seien, die
die Magenfermente aus dem Ei weiss bilden können.
Das ist aber nach neueren Untersuchungen nicht
richtig, auch hier geht die Umwandelung weiter
bis zn krystalllnischen Bndprodukten. Zunz
nntereuchte den Magen- und oberen Dflnndarm-
inhalt bei Hunden zu gewissen Zeiten, nachdem
sie gekochtes Fleisch gefressen hatten, und fand
stets mit überraschender Gieichmässigkeit etwa
90*/i des nicht coagulabelen Stickstoffes in Form
von Albnmosen wieder, ohne dass die Dauer der
Verdauung darauf von merklichem Einflüsse ge-
vesen wära Dieses Verhalten Iflsst sich in
doppelter Weise deuten. Entweder die Bildung
einer VerdauungslOsung von 90^/o Albumosen-
Stickstoff stellt den Orenzwerth für die im Magen
überhaupt erreichbare Verdauungswirkung dar,
oder die Zusammensetzung der im Magen befind-
liehen VerdauungslOsung wird durch die Resorp-
tion der entfernteren Verdauungsprodukte derart
geregelt, dass ihr Stickstoffgehalt den Orenzwerth
TOB etwa 10^/0 des Gesammt-N der Verdauungs-
Ifisang nicht übersteigt Die Weiterbeförderung in
den Darm spielt dabei keine Rolle, es könnte sich
nur um eine Resorption aus dem Magen handeln,
^ die krystallinischen Endprodukte in höherem
laaese anheimfallen, als die nicht krystallinischen
Peptoide und Peptone und diese wieder in höherem
Maaase als die noch weniger diffusibelen Albu-
mooen. Reaoh hat entsprechende Versuche an-
fssfeellt und ist zu dem Ergebnisse gekommen,
to es sich bei diesen 90^/o Albumosenstickstoff
inderThat um die Folge einer „selektiven Resorp-
tion" handelt, nicht um eine beschränkte Ferment-
^knng. Müller fand bei seinen Bestimmungen,
<b8B bei dem Gesunden das Ei weiss bereits im
Ibgen zum allergrössten Theile durch Pepsin-
Verdauung gelöst wird. Es geschieht das in der
Htuptsadie ohne „freie'^ Salzsäure, wenigstens
B^ sehr eiweissreichen Mahlzeiten. Ist Salz-
siuie im Uebermaasse vorhanden (Superacidität
^ Snpersekretion), so läuft die Eiweissauflösung
besonders schnell ab, bei Salzsäuremangel ist sie
^'BnOgert Ei weiss und Stärke, gemeinsam genossen,
t^^gfinstigen das eine die Verdauung des anderen.
Auch für die FeUtpaUung ist dem Magen be-
sonders von V 0 1 h a r d eine grosse Leistungsfähig-
keit zugesprochen worden. Diese Angaben be-
dürfen aber sehr der Bestätigung. I n 0 u y e (33)
stellte bei künstlicher Verdauung und durch Ver-
suche an Katzen fest, dass im Magen nur eine ganz
geringe Spaltung von Neutraifett stattfindet.
Lang (34) prüfte, welchen Einfluss Wasser,
Eiweissstoffe, Kohlehydrate und Fette auf die
Magensaftabecheidung bei dem Menschen ausüben,
und kam zu dem Ergebnisse, dass die Eiweiss-
substanzen die einzigen Erreger der Magensaft-
abscheidung sind. Wasser erregt Wahrscheinlich
nur in krankhaft empfindlichen Mägen eine erheb-
liche Saftabscheidung, Stärke und Fett sind un-
wirksam.
V. Stejskal und Axisa (35) fanden eine
ganz beträchtliche Abnahme der Salzsäure nach
Herausnahme einer Niere.
Ueber die diagnasUaehen Arbeiten ist nicht all-
zuviel zu sagen.
Janowski (36. 37) schildert die Bedeutung
des Erbrechens und die Untersuchung des Er-
brochenen sehr eingehend. Zweig und Galvo(41)
machen darauf aufmerksam, dass die (in unserer
letzten Zusammenstellung besprochene) Sah li 'sehe
Methode nur mit Vorsicht zu verwenden ist. Sie
versagt bei chronischer Gastritis und bei beträcht-
licher motorischer Schwäche des Magens Am
werth vollsten ist sie für die nervöse Dyspepsie und
namentlich für deren Unterscheidung von Atonie
und alimentärer Hypersekretion. Für den prak-
tischen Arzt ist sie zu umständlich. Schiff (43)
warnt vor der ebenfalls von uns bereits bespro-
chenen Methode von Mette zur quantitativen Be-
stimmung des Pepsingehaltes. Sie wird durch
allerlei „behindernde Substanzen^^ ganz unzuver-
lässig und es ist nothwendig, diese Substanzen zu-
nächst dadurch wegzuschaffen, dass man eine
Probe des zu untersuchenden Saftes auf das IGfache
verdünnt Kropf (44) erkennt die Bedenken
S c h i f f 's an, nimmt aber die M e 1 1 e 'scheMethode
trotzdem in Schutz. Für die Fälle, in denen sie
hauptsächlich zur Anwendung kommt, bei beträcht-
licher Subacidität ist sie durchaus brauchbar. Auch
Kaiserling (45) vertheidigt die Methode von
Mette und hält die von Schiff vorgeschlagene
Aenderung für unnöthig.
Nach Obrastzow (46) kann man den Pylorus
ziemlich oft als kleinen Cylinder oder als hasel-
nussgrossen Knoten fühlen. Er verändert unter
dem Finger schnell und oft seine Beschaffenheit,
verschwindet, erscheint wieder, wird hart und
weich u. s. w., dabei fühlt und hört man oft ein
„feinstes Kollern". 0. führt mehrere eigene Be-
obachtungen an.
Cohnheim (47) bestätigt, dass man bei stark
abgemagerten Menschen, namentlich wenn der
Magen tief steht und die Recti sehr schlaff aus-
einander stehen, den Pylorus und seine Bewegun-
gen deutlich fühlen kann. Das „Spritzgeräusch"
76
YI. Innere Medidn»
geht stets von links nach rechts. Von dem Werth
der Pyloruspalpation sagt C. : „diese Erscheinung
ist zwar fQr die Erkennung der Grundkrankheit
ohne Bedeutung, aber für die Lokalisirung der ein-
zelnen Magenpartien sehr gut verwerthhar, ihre
Eenntniss ausserdem zur Vermeidung von Ver-
wechselung mit malignen Tumoren des Magens
und des Colons durchaus nOthig, das dauernde
Hartbleiben eines nicht vergrösserten Pylorus
scheint für eine maligne Erkrankung zu sprechen^S
Oppler (48) hat einmal eine Darm- und Drüsjn-
tuberkulöse für einen Magenkrebs gehalten ; einmal einen
Eardiakrebs für einen Pyiornskrebs ; einmal Gallensteine
mit sekundärer Verengerung des Duodenum für ein Magen-
gesohwür und einmal ein Pylorussarkom für eine gut-
artige Verengerung.
Die Fälle sind recht ^verthvolll
Meinel (49) sah bei einem Tabeskranken mit
gastrischen Krisen einen rosarothen bilirubinhal-
tigen Magensaft und stellte fest, das sich Bilirubin
bilden kann, wenn frische goldgelbe Qalle in einen
Magen mit sehr stark salzsau rehaltigem Safte kommt
und hier längere Zeit verbleibt Wie die Bildung
zu Stande kommt, vermag M. nicht anzugeben, er
meint aber, es handele sich dabei nicht um die be-
kannten Vorgänge: „Es scheint mir nach dem Qe-
sagten, dass noch eine andere Möglichkeit der
Entstehung des Urobilins im Verdauungstractus
existirt, wenn auch nur in seltenen Fällen und
unter pathologischen Verhältnissen*^
Diesem Satze widerspricht Braunstein (50).
Er fand viel Urobilin im galligen Mageninhalte bei
geringer Acidität. Es kommt nur darauf an, dass
die in den Magen eintretende Galle Urobilin, bez.
ürobilinogen enthält und „die Entstehung des
Urobilins im Magen ist desselben enterogenen Ur-
sprunges, wie das im Darme, bez. in der Qalle vor-
kommende Urobilin'^
Neumann (51) empfiehlt zur Gewinnung von
Mageninhalt die Verbindung von Magenschlauch
und Pollitzer'schem Ballon (nach Ewald).
van Spanje (52) beschreibt einen neuen
Apparat zur Bestimmung der Magencapacität und
führt Beispiele für den diagnostischen Werth dieser
Bestimmung an.
V. Pesthy (53) legt grossen Werth auf die
Perkussion- Auskultation, mittels deren man seiner
Erfahrung nach Lage und Grösse des Magens sehr
leicht und ohne jede Belästigung und Gefahr für
den Kranken bestimmen kann. Er giebt folgende
Vorschrift.
«In erster Linie suche ich den tiefen tympanitischen
8chall des Magens zu finden und setze zu diesem Behufe
den Hörapparat unter dem Proc. xiphoideus an, um in
einiger Entfernung von diesem die Friktion auszufuhren.
Wenn ich auf diese Weise noch kein verlässliches Zeichen
bekomme, so schiebe ich den Apparat allmählich weiter
gegen den Nabel zu, bis der tiefe tympanitisohe Schall
des Magens mit Sicherheit zu hören ist Von dieser Stelle
ausgehend übe ich die Friktion in der Richtung einiger
Badii aus und bestimme so die beiläufige Ausdehnung des
Magens. Jetzt setze ich den Apparat in die Mitte der
soeben ermittelten Fläche und bestimme von diesem
Punkte aus die Contouren des Magens mit grosser Ge-
nauigkeit.*^
Die Methode lässt sich sehr gut mit der Auf-
blähung des Magens verbinden. Bei gesundem
Magen steht die grosse Gurvatur nach der Auf-
blähung etwa 2 cm tiefer, ein kleinerer Zwischen-
raum spricht für Hypertrophie, ein grösserer für
Schwäche der Magenmuskulatur. Besonders werth-
voll soll die Methode auch bei vorhandenen Ge-
schwülsten sein.
Sandberg (54) endlich hat die oft beschrie-
benen „langen Bacillen", die besonders bei Milch-
säuregährung im Magen zu finden sind und als
diagnostisch wichtig für den Magenkrebs angesehen
wurden, studirt und hat festgestellt, dass diese
Bacillen eine ganz besondere Widerstandfähigkeit
gegen Milchsäure besitzen. Sie vertragen noch
einen Milchsäuregehalt, bei dem alle übrigen Milch-
säurebildner bereits zu Grunde gegangen sind, und
sie überwuchern schliesslich die meisten übrigen
Mikroorganismen. Die langen Bacillen sind zu-
nächst kurze Stäbchen. Sie wachsen erst zu langen
aus, wenn sie selbst oder andere Bakterien reich-
lich Milchsäure gebildet haben. Kurze und lange
Formen bilden für sich charakteristische Colonien,
zwischen denen sich Uebergangsformen herstellen
lassen. Man kann eine Colonie von Eurzst&bchen
in eine Colonie von langen Formen überführen und
umgekehrt (Fortsetzung folgt)
82. Ueber Syphilis.
Ulcus motte und Syphilis; von Prof. £. Fi d ge r in
Wien. (Wien. klin. Wchnschr. XV. 2. 1902.)
Die Frage, ob durch Nachweis von Ducrey-
Bacillen in einer ülceration Syphilis auszuschliessen
sei, muss nach F. verneint werden, denn das kli-
nisch schon lange feststehende, wenn auch bestrit-
tene Ulcus mixtum, wo neben den Schankerbacillen
zugleich noch das bisher unbekannte Syphilisvirus
übergeimpft wurde und sich neben dem Schanker
selbständig weiter entwickelt, ist als bewiesen an-
zusehen durch Veröffentlichungen von Krefting
(Monatsh. f. prakt DermatoL p. 434. 1896) und
Deutsch (Verh. d. Vereins ungar. Dermatologen
und Urologen 1896). F. berichtet über 7 weitere
Fälle, in denen sämmtlich 4 — 8 Wochen nach dem
Nachweise der Du er ey- Bacillen sekundäre syphi-
litische Erscheinungen auftraten. Wir seien dem-
nach nicht in der Lage, durch Nachweis von
Schankerbacillen sofort Syphilis auszuschliessen,
sondern müssten uns prognostisch und diagnostisch
wenigstens 3 — 4 Wochen abwartend verhalten.
Zum Schlüsse wendet sich F. gegen eine Veröffent-
lichung von S. Federn (Offener Brief an H. Hof-
rath Prof. Kaposi. Wien. med. Presse Nr. 50.
1901) und besonders gegen dessen Annahme von
irgend einem Zusammenhange zwischen der Inten-
sität der Eiterung des Geschwürs und dem Auf-
treten der syphilitischen Allgemeinerkrankung.
Auch bei noch so reichlicher Eiterung entwickele
sich doch bei der Mischinfektion mit Schanker
YL Innere Medicin.
77
UDdSjphilisviruB Bohliesslich das letztere und eine
nachtrfigliche Einimpfung von Schankervirus zur
Eümination des syphilitischen Qiftes würde durch-
aus keinen Erfolg haben, zumal ja auch nur in
I0*/o aller Fftlle von Ulcus moUe eine Drüsen*
erkrankuug überhaupt beobachtet würde.
Reinhard (Strassburg).
Paikoloffü und Therapie der hereditären Syphilis;
TOD Dr. A. B u 8 c h k e. (Berl. Klinik Heft 179. 1903.)
Die üebersicht, die in dem Vortrage über den
EänfliiBS der elterlichen auf die kindliche Syphilis
Qod umgekehrt, Aber die Formen der hereditären
Syphilis, sowie über ihre Behandlung gegeben wird,
ist knrz und klar. Es mussten dabei natürlich
manche Anschauungen vorgebracht werden, die
dorcbaus nicht allgemein anerkannt sind (z. B. dass
das Kind durch mütterliche Syphilis in schlim-
merer Weise inficirt werden soll, als durch v&ter-
liehe). V. Lehmann (Berlin).
DiabeUs bei hereditärer Syphilis; von A. Fonr-
nier und Lemonnier. (Ball, de TAcad. de Med.
p.220. AontU. 1900.)
Sjähr. Mädchen. Der Vater war syphilitisch, die
Mutter gesund, hatte 3mal abortirt, dann dieses Kind
geboren, das im Alter von 6 — 7 Wochen Coryza, Papeln
an der Oeoitoanalgegend und Mundgesohwüre bekommen
hatte, die darch die Therapie abheilten. Im 7. Jahre
erkrankte das Kind an sehr heftigem Diabetes mellitus,
der den anderen Behandlungsarten hartnäckig wider-
stand, der specifiscben Rar sehr bald wich.
Zur Kenntniss der hereditär-syphilitischen Phalan-
gitit der Säuglinge ; von Carl Hoohsinger. (Fest-
K^. zu Ehren von Mo riz Kaposi p. 741. 1900.)
H. sah unter 498 hereditftrsyphilitischen Säug-
lingen 55mal Phalangitis syphilitica «- llVo^
darunter uraren nur llmal die Zehen, nur 2mal
die Zehen allein (ohne die Finger) ergrifiPen. Die
Irkrankang betrifFt nur die Knochen der Phalangen^
m Knorpel oder Weichtheile, ist am stärksten
immer an den Grundphalangen ausgesprochen, die
toeh allein erkrankt sein kOnnen. Stärkeres Er*
kranktsein einer distalen Phalanx bei intakten oder
venig afficirten proximalen Phalangen kommt nicht
vor. Der Knochen ist sowohl der Breite nach auf-
getrieben, als auch verlängert, die Spongiosa dabei
im Böntgenbilde durchscheinender geworden (dif-
fm rarefieirende Osteitis der Phalangealknochen).
Die Röntgenuntersuchung giebt bedeutend sicherere
Besultate als die Palpation. Daher ist die Affek-
tioii iB((glioherweise noch viel häufiger, als H.
durch klinische Untersuchung feststellen konnte.
Die Srkrankiing beginnt in der (proximalen) Enorpel-
hochengrenze der Orundphalanx und dehnt sich
von da aus allmählich über die ganze Phalanx von
Unten nach vorn aus, verstärkt durch die gleiche
Erkrankung, die vom Periost ausgehend von aussen
tt<^ dem Gentrum der Phalanx zu strebt Der
üaterachied von der tuberkulösen Spina ventosa
iMsteht im Röntgenbilde in der gleichmässigen
Anfhellung des Knochens bei Syphilis, während
der taberknlflse Knochen stets, den nekrotischen
Stdlen entsprechend, noch hellere Herde erkennen
lässt. Am Metacarpus und Metatarsus geht die
heredosyphilitische Entzündung von der Epiphysen-
linie am distalen Ende aus. Der Beginn der Er-
krankung an den Qrundphalangen ist so ausnahme-
los, dass Verdickung einer distalen Phalanx ohne
Veränderung der proximalen stets als Tuberkulose
anzusehen ist. Ebenso sind die Haut perforirende
Phalangitiden stets tuberkulös.
Die Finger sind verlängert, erhalten bei allei-
niger Erkrankung der Orundphalanx eine flaschen-
fOrmige, bei Ergriffensein dieser und der anderen
Phalangen eine spielkegelfOrmige Gestalt Das
Leiden tritt oft multipel, aber nicht immer sym-
metrisch auf, heilt zuweilen spontan, im Oegen-
satze zur Tuberkulose. Die Gelenke bleiben stets
frei von Exsudat, nie Lockerung der Gelenkenden
oder Durchbruch in das Gelenk.
Die Phalangitis begleitet meistens das erste
Exanthem, wird nicht mit auf die Welt gebracht
29mal unter 65 Fällen bestand sie im 1. Viertel-
jahre des Lebens. Mit ihr verbunden waren 33mal
Deformitäten der Nase, 19mal Osteochondritis
anderer Epiphysen und Pseudoparalyse, 12mal
Leber- und Milztumor, 41mal Hauterscheinungen.
Selten nur sind Metacarpus (3mal) und Metatarsus
( 1 Omal) mitergriflfen. Häufig besteht an den kranken
Fingern specifische Onychie. Therapie: Queck-
silber-Einreibungen oder Protojoduret Hg inner-
lich. Die Heilung tritt in 6 — 10 Wochen ein;
BQckfälle sind selten.
Die hereditäre Nasensyphilis der Neugeborenen und
Säuglinge; von Carl Hochsinger. (Beitr. z. Der-
matologie u. Syphilis. Festschrift gewidmet Hofrath Dr.
I. Naumann. Leipzig u. Wien 1900. Franz Deutioke.
p. 284.)
Bezüglich des Zeitpunktes der Entstehung fand
H. 38mal die Coryza angeboren, 15mal 1 — 4 Wochen,
12 mal 5 — 7 Wochen post partum entstanden. Sie
ist demnach bei Kindern, die anscheinend syphilis-
frei geboren sind, die erste klinische Aeusserung
dieser Krankheit Sie erscheint bei diesen Kindern
stets früher als das erste Exanthem. Dieses erklärt
sich nach der in seinem Werke über die hereditäre
Syphilis von H. mit Nachdruck vertretenen Ansicht
daraus, dass besonders Organe mit grossen funktio-
nellen Aufgaben und solche, die durch einen ganz
besonders grossen Blutzufluss getroffen werden, vor
Allem zur Erkrankung an heredit&rer Syphilis
neigen, wie H. es von der Haut, den Knochen, den
Eingeweiden bewiesen hat So neigt denn kurz
nach der Geburt die Nase zu Erkrankung, weil sie
noch durch einen zweiten Faktor betroffen wird,
die Reizwirkung, die durch mechanische, chemische
und thermische Einflüsse vom ersten Athemzuge
auf sie ausgeübt wird, im Gegensatze zur Ruhelage
im intrauterinen Leben. Im ersten Stadium der
Coryza syphilitica ist kein Sekret vorhanden, die
untere Nasenmuschel ist diffus angeschwollen und
verlegt die Nase, so dass das erste Symptom die
verstopfte Nase und das schniefende, zischende,
schlürfende Inspirationgeräusch ist Nach meh^^
78
VI. Innere Hedioin.
wöchigem Bestehen kann dieses Stadium sieeum
in das Sekretionsiadium mit eiteriger oder blutig-
eiteriger Absonderung übergehen. Die Athmnng
wird schnüffelnd, zuweilen mit röchelndem Bei-
klang. Dieses Stadium geht unter Antrocknung
des Sekrets innerhalb der Nasenhöhle, sowie an
den Rftndem der Nasenlöcher, durch Oeschwür-
bildung unter diesen Krusten in das üieeration"
Stadium über. Häufig entstehen durch Erosionen
der Nasenschleimhaut schwere Blutungen, selbst
Melaena - Erscheinungen können durch das ver-
schluckte Blut hervorgerufen werden. Die syphi-
litische Coryza ist auf den vorderen Theil der
Nase beschränkt. Ihre anatomische Grundlage
bildet eine tiefgehende, Schleimhaut und Knorpel
umfassende diffuse Entzündung. Auf diese sind
auch die späteren Deformirungen der äusseren
Nase zurückzuführen, die ohne Nekrosen des
Knochens und Knorpels zu Stande kommen, nur
durch Schrumpfung bei der spontanen Abheilung
jener entzündlichen Veränderungen, unbehandelte
Coryza syphilitica führt regelmässig zur Nasen-
deformität, doch niemals stellt diese sich bei den
langwierigsten nichtsyphilitischen Schnupfen ein.
Zum Zustandekommen der syphilitischen Sattel-
nase beim Kinde ist keine Perforation der Scheide-
wand nöthig (H. hat sie nur 6mal unter 300 Fällen
von Coryza gesehen, darunter 3 mal completen Ver-
lust der Scheidewand, 1 mal Perforation des harten
Gaumens). Die knorpelige Scheidewand wird ganz
weich, häutig, die Nase dabei tief zurückdrückbar
und biegsam. Die Kinder mit und ohne Perfora-
tion bieten denselben Anblick dar: Eingesunken-
sein des Nasenrückens und Retraktion. Bei grossem
Septumdefekt kann die Nase bis auf einen kleinen,
die Spitze darstellenden Stumpf fehlen, d. h. bis in
das Niveau der Oberlippe zurückgezogen sein. Die
Vernarbung der Muscheln führt nicht selten zu
Betraktionen der seitlichen Nasen partien, Furchen
an den Nasenflügeln. Da die Coryza angeboren
vorkommen kann, ist das Vorkommen von zu
kleinen Nasen bei neugeborenen syphilitischen
Kindern nicht wunderbar, zurüokführbar auf man-
gelnde Entwickelungsfahigkeit der erkrankten
Knorpel- und Knochenanlagen. Dieselbe Defor-
mität findet sich bei angeborenem Myxödem oder
Cretinismus, dessen Eigenthümlichkeit die Behin-
derung im Wachsthum aller knorpelig angelegten
Skeletpartien ist, während die bindegewebig ange-
legten normal sich weiterbilden (Chondrodystro-
phia congenita). Dabei bleibt die Nase breit mit
grossen Nasenlöchern, erscheint aber durch das
mangelnde Wachsthum der Schädelbasis tief in
das Gesicht zurückgezogen. Diese Kinder haben
ein schnarchendes, nicht, wie die syphilitischen
Kinder, ein schnüffelndes Athemgeräusch. Die
Aehnlichkeit dieser Verhältnisse mit denen der
hereditären Syphilis wird noch vermehrt durch
die mangelnde Behaarung und Nageldeformitäten,
die beiden Erkrankungen eigen sind.
Zu den Ausnahmen gehört die Fortleitung der
syphilitischen Coryza auf Ohr und Kehlkopf. Die
syphilitische Coryza ist stets durch chronischen
Verlauf und mangelnde Neigung zur Spontan-
heilung ausgezeichnet Die Therapie besteht zu-
nächst in allgemeiner Hg-Behandlung. Daneben
sind aber lokale Maassnahmen nicht zu unterlassen.
Säuberung und Einpinselung der Nasenhöhlen mit
rother Präcipitatsalbe. Die Therapie hat einzu-
setzen, sobald die Diagnose gestellt ist. Exantheme
abzuwarten wäre nicht angebracht. Zur Diagnose
der Syphilis dienen, von H. zusammengefasst, fol-
gende Zeichen mit allen Uebergängen in einander :
1) abnorme Kleinheit der knorpeligen Nase; 2) Re-
traktion der Nasenspitze nach hinten und oben;
3) schräge, aufwärts gewendete Stellung der Nasen-
löcher; 4) Eingesunkensein des Nasenrückens (Sat-
telnase); 6) terrassenförmige Abdachung des knor-
peligen Nasenrückens gegenüber dem knöchernen
Nasengrate ; 6) starke Verschrumpfung der knor-
peligen und häutigen Nase.
lieber den EinfUisa der Behandlung syphüiskranker
Mütter auf das Schicksal des Foetus ; von Prof. 0. Rieh 1.
Wien. klin. Wchnschr. XIV. 26. p. 627. 1901.)
R. schlägt, bewogen durch die aus den Sta-
tistiken sich ergebenden Misserfolge äL^r aügememen
Syphilistherapie, einen mehr lokalen Weg ein, von
dem Gedanken geleitet, den schwangeren Uterus
frisch inficirter Mütter mit einem „von gesunden
Organtheilen gedeckten Syphilom^' zu vergleichen.
Wie eine Gnmmigeschwulst durch lokale Hg-
Therapie noch besonders günstig beeinflusst wird,
so möchte es auch mit dem Uterus sein. R. führt
aus diesem Grunde in die Vagina Kugeln aus 1.0 g
Unguent. Hg einer, und 1 — 2 g Butyr. caoao bis
zur Portio ein, wo sie durch einen Tampon be-
festigt werden und schmelzen. Diese Therapie
wird (neben der Allgemeinbehandlung) von der
Aufnahme an bis zum Ende der Gravidität fort-
geführt. Die Erfolge sind beachtenswerth: unter
33 Fällen ereigneten sich 1 Abort, 3 Frühgeburten ;
unter 29 rechtzeitig geborenen Kindern waren 2
todt, 2 syphilitisch. Als Gesammtmorbidität hat
R. 2lVoi Fournier 89o/o, Pick 87— 100%
Neumann 72%.
HSriditi syphüüique de secande gSnSratian; par
Alfr. Fournier et Lemonnier. (Ball, de TAcad. de
Med. XLIX. 14. p. 220. 1903.)
F. kennt selbst nur 2 Fälle, die er für sicher
hält bei ca. 20, die an einem oder dem anderen
Punkte eine Lücke in der Beweisführung bieten.
Noth wendig zur Diagnose einer Heredität der
Syphilis in der 2. Generation ist 1) hereditäre
Syphilis des Patienten, 2) hereditäre Syphilis eines
Theiles der Eltern (des Vaters oder der Mutter),
ohne dass dieser Theil während seines Lebens
Contaktsyphilis erworben hätte, und Freisein des
anderen Theiles der Eltern von erworbener Syphilis,
3) erworbene Syphilis der Grosseltem.
F. meint, dass der Fall von Lemonnier
diesen Anforderungen entspricht.
VI. Innere Hedicin.
79
Der GrossYtter hat eingestandenermaasseD (Aussage
des Vaters der Fat) Syphilis erworben, ist vielfach wegen
mcerationen mit Erfolg antisyphilitisch behandelt worden
Qod fto einer Krankheit gestorben, die ebenfalls ursäch-
lich mit der Syphilis in Zusammenhang gebracht wurde.
Der Vater der Fat kennt die von seinem Vater ihm
vererbte Syphilis, hat aber selbst seiner Aussage nach
keine Syphilis durch Contakt erworben. Er zeigt kleinen
Wachs, krumme Beine, überhöhe Stirn, Beulen am
Scheitelbeine, zahlreiche zerstreute Hautnarben (besonders
im Gesichte), grosser und unregelmässiger als Focken-
narben; Beste alter Keratitis. Seine Frau zeigte keine
Zeichen von Syphilis, war seit Jahren Klientin Lernen-
nier's.
Die beiden Fat, 27 und 24 Jahre alt, litten an ulce-
röeer Syphilis (der eine an Ulceration der Nase, Orchitis
QDd Epididymitis gummosa, der andere an ulceröser
SyphiUs des Unterschenkels) ; sie wurden von verschie-
denen Aerzten behandelt, wussten nichts von einer
Syphihsinfektion oder späteren sekundären Erscheinungen.
üeber die Nachkommenschaft der Hereditärsyphi-
läücben ; von Frof. £. F i n g e r. (Wien. klin. Wchnschr.
im. 17. 19. 1900.)
F. giebt theoretisch zu, dass ebenso wie auf die
erste auch auf die zweite und vielleioht auch wei-
tere Generationen eine Vererbung der Syphilis er-
folgen kann in der Weise, dass drei verschiedene
Aensserungen der elterlichen Syphilis 1) wirk-
liebe rirulente Syphilis, 2) syphilotoxische, dystro-
phische Erfieheinungen , 3) Immunität gegen er^
oeote Syphilis-Infektion sich selbständig und un-
abhängig von einander vererben.
Der erste von F. besprochene Punkt ist die
Füge nach der hereditären Uebertragung der Syphüis
iinkTsuxi Oeneraiianen (Reredit&TBj^hiliSy die ohne
Neuerwerbung der Syphilis sich auf die Enkel
überträgt). Es werden 24 Fälle zusammengestellt,
die diesen Modus der hereditären Enkelsyphilis
dmabieten scheinen. Ein mathematischer Beweis
bon allerdings in keinem einzigen Falle geführt
▼etden, da ja die Syphilisfreiheit des nicht
liereditarsyphilitischen Elterntheils nur durch die
Afismnese festgestellt werden kann. Die (latente)
Syphilis des gesund scheinenden Vaters oder der
Xotter kann daher nie mit Sicherheit ausgeschlos-
Kn veiden. Freilich muss auch die Kritik so weit
getrieben werden, wie F. es thut, indem er sagt,
aU einzige Möglichkeit, die Freiheit von acquirirter
Syphilis in der Ascendenz zu beweisen, sei die
syphilitische Infektion des angeblich luesfreien
fitemtheils nach der Geburt des hereditärsyphili-
tischen Kindes 2. Generation anzusehen«
Während man bei der Frage nach der Here-
ditinyphihs der 2. Generation es mit einem um-
^(^benen Symptomenbilde zu thun hat, ist die
Btog wissenschaftliche Beantwortung der xweiien
f^^ nach dem degenerativen Einflusee der Lues
^ die Nachkommenschaft, noch schwerer. Hier
Ittben wir es mit der Berücksichtigung von Dege-
Qoationzeichen, Missbildungen, mangelhafter Ent-
viekdong zu thun, der Abhängigkeit von der
Syphilis der Eltern nicht bewiesen werden kann,
veil dieselben Affektionen auch ohne Syphilis der
Ascendenz bestehen kOnnen. Noch schwerer ist
naturgemäss die Entscheidung darüber, ob here-
ditäre Syphilis der Eltern zu diesen Degenerationen
der Kinder Veranlassung gegeben hat. Wie bei
der ersten Kategorie, wo es sich um wirklich here-
ditäre Syphilis handelt, so sind auch hier als Be-
weisgründe dafür, dass die Dystrophie von der
hereditären Syphilis der Eltern ererbt sei, folgende
erforderlich : 1) Die hereditäre Syphüis der Eltern
muss zweifellos vorhanden, acquirirte Syphilis in
dieser Generation zweifellos ausgeschlossen sein.
2) Acquirirte Syphüis muss bei den Kindern aus-
geschlossen werden kOnnen. Auch hier wird der
objektive Beweis stets bis zur Unmöglichkeit schwer
sein, während der Beobachter selbst durch genaue
Kenntniss des Falles von der Beweiskraft seiner
Beobachtung überzeugt sein kann.
Was die Gefahr einer Degeneration der Basse
durch die Vererbbarkeit der Syphilis und der mit
ihr in Beziehung gebrachten Dystrophien betrifft,
so wird diese durch Mischung mit gesundem Blute
völlig ausgeglichen. Gefährlicher für das Menschen-
geschlecht ist die zweifellos der Heredosyphilis
anhaftende und scheinbar auch in die 2. Generation
sich vererbende hohe Kindersterblichkeit Unter
33 Kindern von heredosyphilitischen Eltern waren
nur 16 überlebend, 10 Aborte, 3 Frühgeburten,
4 lebensschwache Kinder.
An diese Besprechung der Bedeutung der
grosselterlichen Syphilis für die Enkelgeneration
schliesst F. als dritten Punkt die Frage nach der
Vererbung der Syphüis-Immunität, die in der For-
mulirung des P r o f e t a 'sehen Gesetzes (Immunität
des frei von Lueszeiohen geborenen Kindes gegen
die Ansteckung durch die kranke Mutter) aus-
gesprochen worden ist und, verallgemeinert, über-
haupt als die Möglichkeit eines Immunbleibens der
Kinder syphilitischer Eltern angenommen wurde.
Gegen eine solche Immunität für das ganze
Leben spricht 1) dass auch bei acquirirter Syphilis
die Immunität oft zeitlich begrenzt ist (bewiesen
durch die Reinfektionen), 2) dass sowohl hereditär-
syphilitische Menschen in späterem Alter sich in-
ficiren können (dazu 27 Fälle aus der Literatur),
als auch die gesund geborenen Kinder der Syphi-
litischen sich oft später inficiren (dazu 29 Fälle aus
der Literatur und einige eigene Beobachtungen).
Ist im Beginne des Lebens eine Immunität vor-
handen gewesen (was für die gesund geborenen
Individuen namentlich bei weitem Zurückliegen
der elterlichen Lues oft nicht einmal wahrschein-
lich ist), so ist sie sowohl für die heredosyphi-
litischen, wie für die gesund geborenen Kinder
im Alter von 20 — 30 Jahren, in dem die eigent-
liche Infektiongefahr erst beginnt, schon erloschen.
Diese Verhältnisse beziehen sich in überwie-
gender Mehrzahl auf Syphilis des Vaters. Betreffs
der Uebertragung der Immunität seitens der syphi-
litischen Mutter sind die Angaben bedeutend spär-
licher wegen der grossen Häufigkeit des Kindes-
todes in diesem Falle.
80
VI. Innere Medioin.
Fflr die Frage, ob eine Immunitfttübertragung
auf ein gesund geborenes Kind überhaupt statt-
finde, sind ganz besonders die F&lle von coneep-
tioneller Syphilis der Mutter wichtig, da in ihnen
die günstigste Gelegenheit zur Uebertragung, sei
es des Giftes, sei es des Antitoxins der Lues, ge-
geben sein muss. Nicht zu selten besitzen diese
Kinder aber gar keinen oder nur einen sehr ge-
ringen Schutz und inficiren sich in den ersten
Lebenswochen an ihrer kranken Mutter (4 Fälle,
ein 5. Fall F. 's spricht für eine relative Immunität :
Infektion des Sohnes erst im Alter von 23 Jahren,
Infektion der gleichalterigen und zugleich gesäugten
Neffen aber schon während des Säugens. Die
Vererbung der Syphilis-Immunität ist mehr voraus-
gesetzt als bewiesen. Gegen ihr regelmässiges
Vorkommen sprechen so zahlreiche Fälle, dass die
zu Grunde liegenden Daten dringend der Revision
und der Vermehrung bedürfen.
Ueber einige Erscheinungen der hereditären Syphilis ;
von Prof. F. N e a m a n D. (Wien. kUn. Rondschaa XV. 15.
p. 249. 1901.)
N. weist auf die mangelnden Beweise für das
Vorkommen einer Syphilis hereditaria tarda und
einer Syphilis hereditaria der Enkel hin. Im ersteren
Falle haben sich seinen Untersuchungen nach stets
frühere Syphiliszeichen nachweisen lassen, im letz-
teren sei nie die Freiheit der 2. Generation von
Contaktsyphilis neben ihrer hereditären Syphilis
bewiesen.
Beitrag xur Äetiologie der uleerösen Syphilide der
Frühperiode; von Dr. J. Bukovsk^. (Wien. klin.
Rundschau XIV. 48—52. 1900.)
Unter dem grossen Erankenmateriale B.'s fand
sich der schwere, als maligne Lues zu bezeich-
nende Erankheitverlauf nur 2mal in Form schnell
entstehender und nach der Heilung, die durch
Quecksilber-Injektionen, internen Quecksilber- und
Jodkaliumgebrauch neben Decoct. Zittmannii ge-
lang, schnell recidivirter Ulcerationen. Das Haupt-
contingent der besprochenen Fälle stellen Ulcera-
tionen des papulösen und des tuberösen Syphilid-
typus dar. Während diese Ulcerationen, die den
Ulcerationen der Spätsyphilis sehr ähnlich sind,
in der Frühperiode auftreten, kommen andererseits
maculöse und papulöse Syphilide in späten Jahren
der Lues vor (von derartigen Fällen hat B. 5 be-
obachtet). Es ergiebt sich aus diesen Beobach-
tungen der Satz, dass eine bestimmte Exanthem-
form nicht immer an eine bestimmte Syphilis-
periode gebunden sein muss. Wichtig für die Be-
urtheilung ist nur die Datter der Syphilis, das
Exanthem ist nicht entscheidend. Daher entspricht
nicht die Eintheilung in sekundäre und t^iäre
Formen den Thatsachen, sondern nur die Einthei-
lung in Früh- und SpMperiode, wobei die Form
des Exanthems, das nur ein Symptom darstellt,
ganz belanglos ist. Diese Unterscheidung ist von
Bedeutung für die Infektiosität der Eruptionen,
die nach 3 — 4, in seltenen Fällen freilich erst nach
10 Jahren erloschen sein dürfte. Je früher im
Verlaufe der Erkrankung auftretend, desto infek-
tionsverdächtiger ist ein Syphilid, ganz gleich,
welche Form es darbietet.
Die Frage nach der Ursache früher Ulcerationen
ist nicht von einem allgemeinen Gesichtspunkte
aus zu beantworten (Mischinfektion, allgemeine
Decrepidität , Alkohol, Alter, pathologischer Zu-
stand des Gefässsystems werden angeschuldigt),
sondern mtus durch Untersuchung der Einzel-
efflorescenx in jedem Falle dargelegt tcerden. So
hat es B. in seinen Fällen mit dem besten Etesultate
gethan.
Bei der Untersuchung eines ulcerirten papu-
lösen Syphilids fand er die Veränderungen an
die oberflächlichen Coriumschichten gebunden ; die
subpapillären Gefässe zuerst, dann auch die papil-
lären waren von zelligen Infiltraten umgeben,
die Blutgefässe selbst so gut wie nicht verändert
Inmitten des Infiltrates fanden sich sehr aus-
gedehnte Lymphgefässe , als Folge der Stauung
durch Compression von Seiten des Infiltrates auf-
zufassen. Durch diese Stauung kommt einerseits
das im Präparate sichtbare Oedem zu Stande,
andererseits (als Folge des Lymphmangels) eine
Ernährungstörung des pathologisch veränderten
oberflächlichen Gewebes: es folgt daraus die ober-
flächliche Nekrose.
Bei ulcerirten tuberösen Syphiliden fehlen die
Lymphgefössektasien , dagegen zeigen die Blut-
gefässe starke Veränderungen. Leichte Venen-
erweiterung, starke Verengerung des Arterien-
lumens durch Wucherung der Wand (Mitosen der
Intima) und Infiltrateinlagerung. Der nekrotische
Schorf besteht aus Epidermis und Gutisbestand-
theilen (Gefässreste) nebst reichlichen Blutaus-
tritten, so dass die Abstossung in ziemlich grosser
Tiefe stattgefunden hat. Diese Abstossung wird
wahrscheinlich durch eine massige Blutung be-
dingt, die aus einer veränderten und gerissenen
Arterie erfolgt
Bei maligner ulceröser Lues fand B. in der
noch nicht zerstörten Papel das entzündliche In-
filtrat hauptsächlich in der Umgebung der sub-
papillären und papillären Gefässe, doch erstreckten
sich die eingescheideten Gefässzüge auch bis tief
in das Corium hinab. Die Lymphgefässe sind hier
nicht, die Venen wenig erweitert, die Arterien am
stärksten erkrankt und verengt. Die Ursache der
Gangrän besteht beim weiteren Fortschreiten der
Affektion in dem völligen Verschlusse der Arterien
durch Druck eines in der Tiefe des Corium ent-
wickelten knötchenförmigen Infiltrats.
Untersuchungen über Syphilis nudigna und S^phiUs
gravis ; von Dr. L o o h t e. (Monatsh. f. prakt DermatoL
XXXn. 10-12. 1901.)
Aus dem Erankenmateriale der Abtheilung für
Haut- und Geschlechtskranke von Engel-Rei-
mers hat L. aus den Jahren 1894 — 1898 unter
3270 syphilitischen Männern 17 — 0.52*/«, unter
allen Frauen nur eine mit Syphilis maligna
Tl. Innere Medioin.
81
gefQodeo. Er untersdieiclet dabei nach dem Vor-
gänge Ton Neisser und Haslund zwischen
Loes maligna nnd Lues gravis. Die Luea gravis
kommt in allen Combinationen von schwerer ulce-
rßser Frflhsjpbilis mit Erkrankungen des Central-
nefTensystems, Fieber, Erftfteschwund vor. Mit
einer gewissen Schärfe Iftsst sich von diesen Erank-
htttbildem eine Omppe abscheiden, die sich durch
dasfrQhe Auftreten zahlreicher ülcerationen, Kräfte-
rerfall und meisUna WirkungsloaigkeU der Queck-
sUherthem^ auszeichnet Dabei treten nicht selten
Affektionen des Nervensystems, der vegetativen
Organe und des Skelets auf. (MaJigne Syphilis.)
Dorch diese Scheidung der schweren Frühsyphilis
Ton der malignen Frühsyphilis wird der Begriff der
^oppirenden Syphilis*' überflüssig.
Die maligne Lues zeigt sich meist am Ende
des ersten halben Jahres, so gut wie nie nach Ab-
hof des 1. Jahree. Nach kürzerer oder längerer
Daaer (in 6 Fällen dauerte der Krankenhaus-
•nfenthalt 108, 158, 216, 289 und 598 Tage)
kommt der Process zum Stillstande und es folgen
one lange, syphilisfreie Pause oder mildere Er-
Bcbdnungen. Der Beginn der ülcerationen ist
stets eine Papel, die sich entweder erst in eine
Postd umwandelt, aus deren eiterigem Sekret
ach die das Geschwür bedeckende Borke bildet
Oder die Borke bildet sich ohne Pustelbildung
difekt ans der Papel. Durch schrittweises periphe-
nickes Weiterkriechen kommen austerschalenähn-
lidie Bapiaborken mit darunterliegendem Oe-
aehwüre zu Stande. Oder die Papel wächst zu
niditigen Infiltraten aus, die central nekrotisiren,
eotveder an einer oder an mehreren Stellen, ähn-
lidi dem Carbunkel. Man kann diese Exantheme
neht als tertiär bezeichnen, da ihnen oft gewöhn-
Ü^e sekundäre Formen folgen, man kann sie aber
^ nicht als sekundär bezeichnen, da ihre Form
dagegen spricht. Diese Fälle bUden vielmehr eine
n0M0 ktimsdte Gruppe: „man verwischt die kli-
niacbe Sonderstellung der Erscheinungen, wenn man
dafür diejenigen Bezeichnungen wählt, die auf den
ngnUren Verlauf der Syphilis zu passen pflegen".
Von den gewühnlichen Schädigungen, denen
die Kranken ausgesetzt waren, wirkt AUcoholmiee-
inMefc am meisten erschwerend auf den Verlauf
der Syphilia Die Recidive sind häufig, ulcerüs
(uter 20 Wien 6mal), au Blutungen geneigt. Von
den 17 Kranken mit maligner Lues waren 4 Alko-
^f&et, Leber und Centralnervensystem sind in
^ßkKr Zeit gefährdet; Nierenaffektion dagegen
iitaeltea.
Bne sichere Einwirkung der Tuberkulose auf
den Verlauf der Syphilis ist nicht zu bemerken,
wenn man nicht die grossere Häufigkeit klein-
papnlirer Exantheme als solche betrachten will
^ friacke Malaria (6 mie) kann den Verlauf der
Sypliilis ungünstig beeinflussen ; doch ist dies nicht
die Regel Vor Jahren überstandene Malaria hat
in den von L. beobachteten 6 Fällen keinen nach-
led. Jabifob. Bd. 281. Hft 1.
weisbaren Binfluss auf den Verlauf der Syphilis
gehabt
Von 47 m/r0m(fen^c?<An/i0nin/fotrfen Männern
litten 5 an Lues maligna (davon 4 in Asien infl-
cirt); 12 Fälle verliefen mit schweren Symptomen
(davon 6 aus Afrika, 3 aus Asien, 3 aus V7est-
indien); bei 11 waren keine Sekundärerscheinungen
vorhanden.
Das höhere AÜer hat zweifellos Einfluss auf die
Schwere der Syphilis. Unter 15 Fällen von In-
fektion zwischen 51 und 71 Jahren waren 7 mit
schweren Exanthemformen, 2 mit Oehirnerschei-
nungen (darunter ein Todesfall ^/^ Jahr post in-
fectionem. Befund : Erkrankung der Arteriae verte-
brales und basilares, Erweichungsberd im Pons).
Als weitere Ursachen des schweren Verlaufes
werden aufgeführt und mit Fällen belegt die Ortwi-
diiät, soeialea Elend, fehlende Behandlung in der
Frühperiode.
Keines der schädigenden Momente giebt aber
eine genügende Erklärung für die Entstehung der
malignen Lues ab. Da eine besonders grosse Viru-
lenz des Impfstoffes allein nicht die Ursache sein
kann (es kommen ja durch Infektion von leichten
Fällen maligne zu Stande, während die von diesen
wieder Inflcirten an leichter Syphilis erkranken),
muss die Ursache im Körper des inflcirten Men-
schen liegen. Welcher Art diese zu Grunde liegende
Constitutionanomalie ist, lässt sich nicht sagen.
Weder die so oft ausgesprochene Theorie der rela-
tiven Immunität durch allmähliche Durchseuchung
vermag Aufklärung zu geben, noch die erwähnten,
den Syphilisverlauf erschwerenden Kürperschädi-
gungen. Vielleicht wirken hier, zumal ja eine ver-
schieden grosse Syphilisempfänglichkeit verschie-
dener Rassen zu bestehen scheint, chemische Diffe-
renzen der Oewebesäfte und des Blutes, die uns
bisher noch unbekannt sind, mit.
Beziehungen der Leucoplaeia buccalis »u der Syphilte
und dem Cancer; von Prof. A. Fournier. (Wien,
klin. Rondschaa XIV. 50. 1900.)
Von 324 Fällen von Leucoplacia buccalis be-
trafen 313 Männer. 259 dieser Kranken waren
syphilitisch gewesen, bei 65 war von Syphilis
durch Untersuchung und Anamnese nichts nach-
weisbar. Von 182 Syphilitischen mit Leukoplakie
waren 175 Baucher, von 65 nicht Syphilitischen
waren 64 Raucher. Wie wichtig Rauchen und
Syphilis für die Entstehung der Leukoplakie sind,
zeigt F. an einem Kranken Barth616my's, der
32 Jahre lang ausserordentlich stark rauchte, ohne
Leukoplakie zu bekommen, 2 Jahre nach dann er-
folgter Infektion mit Syphilis aber an einer inten-
siven Form von Leukoplakie erkrankte. Bei ca. ^/g
der Leukoplakiekranken entsteht später Carcinom
der Mundhöhle, vor Allem der Zunge (63mal unter
95 Carcinomen), und zwar bekamen von 254 Syphi-
litikern 72, von 65 Syphilisfreien 25 Carcinom:
diese Zahlen sind sogar noch zu niedrig, da viele
Leukoplakiekranke vom Alter von 30 Jahren an
n
82
VL Innere Medioin.
zur Beobachtung kamen, Caroinom aber meistens
erst von 50 — 60 Jahren zu erwarten ist: alle diese
jungen Individuen sind also noch vom Carcinom
bedroht. Bei dieser Qefahr ist das Rauehveii)ot
dringend an's Herz zu legen, um wenigstens diesen
schädigenden Faktor auszuschalten. Trotzdem sind
von nicht mehr rauchenden Leukoplakiekranken
F. 's noch 12 an Carcinom (1 — 20 Jahre nachher)
erkrankt Quecksilber und Jodkalium wirken nicht
gegen die Leukoplakie. Sie ist unter die para-
syphüüisehen Affektionen zu rechnen. Diese Nach-
erscheinungen machen die Prognose der Syphilis
doppelt ernst, zumal aber die hier besprochene,
die den Syphilitiker mit Krebs bedroht Gegen die
parasyphilitischen Erscheinungen sind wir macht-
los : um so wichtiger sind die Prophylaxe, die Maass-
nahmen gegen die Syphilis.
Ein Beitrag xur Frage der Entstehung einer akuten
Nephritis bei Sekundär- Si^hilis (Nephritis syphilitica
praecox); von Dr. A. Stepler. (Wien. klin. Wchnschr.
Xm. 43. 1900.)
Der Fall betraf einen 20jähr. Mann, der 4 Wochen
nach Entstehung des Primäraffektes, zugleich mit der Er-
scheinung der Roseola an starkem Anasarca (Oedeme,
Ascites, Hydrothorax) und Verminderung der Urinmenge
erkrankte. Eiweissgehalt 1 2^/00. Besserung durch Bett-
ruhe und Milchdiät, Heilung unter milder Einreibungskur.
üeber den Harnbefund vor der Syphilisinfektion ist nichts
bekannt
üeber die Behandlung der Syphilis im Allgemeinen
und über diejenige der Tabes postsyphiliti4:a im Beson-
deren; von Prof. H. Tschiriew. (Dermatol. Ztschr.
Vn. 1. p. 84. 1900.)
Tsch. hält die Inunktionkur ffir die beste
Methode der Syphilisbehandlung. An die völlige
Heilbarkeit der Syphilis glaubt er nicht und em-
pfiehlt daher, um in spftteren Jahren schweren
Nervenleiden vorzubeugen, alle 3 Jahre eine Ein-
reibungskur zu machen. Die Tabes hält er fQr
ausnahmelos von Lues bedingt und unterzieht die
daran Leidenden vor Allem einer specifischen Be-
handlung, um die zu Qrunde liegenden syphili-
tischen Veränderungen des RQokenmarks zu be-
seitigen. Daneben ergreift er Maassnahmen, um
die geschädigten Nervenelemente zu erhalten,
C h a r c 0 1 'sehe Duschen, Oal vanisiren des Rfickens,
Faradisation und Franklinisation des Urogenital-
apparates, alle 10 — 14 Tage Kauterisation des
Rfickgrates, Strychnin (in Pillen) 0.004 tftglich,
Morphin, Atropin sind seine Mittel.
Üeber Syphilis des Kleinhirns. Eine literarische
Skizze; von J. E. Proksch. (Arch. f. Dermatol. u.
Sypb. LVI. 3. p. 397. 1901.)
Or. giebt ein Literatur verzeichniss von 59 Num-
mern. Darunter betreffen 16 klinisch beobachtete
Fälle von solitftrer Syphilis des Gerebellum, 10 Fälle
von Syphilis des Gerebellum mit Sektionbefund,
21 mit anderen Himsymptomen complicirte FAlle.
Bäumer (Berlin).
Zur Casuistik der ViscercUsyphilis ; von H. Q u i n k e
in Kiel. (Deutsches Arch. f. khn. Med. LXXVII. 1 n. 2.
p. 1. 1903.)
Zum Zeichen der Mannigfaltigkeit des Bildes
visceraler Syphilis beschreibt Qu. 10 von ihm be-
obachtete Fälle.
In den ersten 4 war die Syphilis in Mesen-
terium, Retroperitonäalraum und Porta hepatis
lokalisirt An allen diesen Stellen findet man zahl-
reiche Lymphdrüsen, die wahrscheinlich der Aus-
gangspunkt der gefundenen Qummata gewesen
sind. Differentialdiagnostisoh war 2mal Carcinom
vermuthet worden.
Den luetischen Ursprung von Aortenaneurys-
men, die pathologisch -anatomisch in Form einer
Erkrankung der mittleren Arterienhaut gekenn-
zeichnet sind, sah Q u. in 2 Fällen. Ein 3. Fall
von Gefässerkrankung auf luetischer Baais zeigte
nur eine klinisch nachweisbare Arterienerkrankung
ohne Aneurysmenbildung.
In 3 Fällen von Hirnsyphilis war 2mal vor-
wiegend das Acusticus- und Facialisgebiet befallen ;
im 3. Falle war eine lange andauernd subnormaie
Temperatur bemerkenswerth. Es ist schwer zu
unterscheiden, ob man es in den beiden ersten
Fällen mit einer Meningitis zu thun hatte, die die
Stämme der beiden genannten Nerven geschädigt
hatte, oder ob eine Erkrankung der Nervenkerne
vorhanden war. Bei dem 3. Kranken handelte es
sich um eine gummöse Meningitis mit folgender
ausgedehnter Erweichung des Gehirns. Diese Ge-
hirnkrankheit, ganz unabhängig von der syphili-
tischen Natur, bewirkte auch die andauernde Unter-
temperatur als Ausdruck einer Störung der vom
Gehirn ausgehenden Wärmeregulation.
Neumann (Leipzig).
Zwei Fälle von granulösen, miliaren, lieherunden
und punktirten syphilitischen Hautpapeln; von Dr. V.
Dudumi. (Press med. rom&na IX. 11. p. 145. 1903.)
Auf Grund der selbstbeobachteten Fälle und
der einschlägigen Literatur, gelangt D. zu folgen-
den Schlüssen: Die genannten Syphilide sind
nadelstich- bis stecknadelkopfgross, haben eine
dunkelrothe Farbe, eine rundliche Form, sind hart,
rauh anzufühlen und sitzen gewöhnlich an den
Haarfollikeln. An der Spitze sitzen meist kleine,
graue oder weissliche Schüppchen, seltener eine
kleine, braune Kruste. Diese Form ist im Ver-
hältnisse zur gewöhnlichen papulOsen selten und
wird öfters bei Frauen beobachtet. Man kann sie
mit Liehen scrophulosorum , mit Liehen planus,
seltener mit Liehen pilaris verwechseln.
Die Dauer beträgt 2 — 3 Monate bei gewöhn-
licher merkurieller Behandlung und 25 — 35 Tage
bei energischer Medikation, bestehend in intra-
muskulärer Einspritzung von 0.06gDampfcalomel|
2mal wöchentlich.
Nach Verschwinden der kleinen Papeln bleiben
Pigmentflecke zurück, die lange Zeit bestehen
können und endlich verschwinden.
E.Toff(Bi«Ua).
YH Oeburtshülfe, Frauen- und Einderheilkunde.
83
VII. Geburtshaife, Frauen- und Kinderhellkunde.
83. Die Anwendung der sogenannten vege-
ttriichen Diftt in der Praxis des Frauenarstes ;
Ton Dr. A. T h e i 1 h a b e r in Mflnchen. (Mfinchn.
med. Wohnsohr. L. 21. 1903.)
Th. berichtet über 200 kranke Frauen, denen
er in den letzten 3 Jahren die „vegetarische Kost"
empfohlen hat.
Bei Neuralgien der Bauchhaut, des Rückens,
derEreozgegend und der Oberschenkel beobachtete
Th. eine Besserung des Oesammtresultates der
Behandlung, seitdem er diesen Patientinnen syste-
matisch Fleisch und Alkohol entzogen hatte. Einige
gute Erfolge sah er bei Neurosen der Harnblase,
feroer hei nervöser Schlaflosigkeit, nervOsen Eopf-
Bchmerzen, klimakterischen Beschwerden, Pruritus
Tülvaeet perinaei, Pruritus universalis, OalaktorrhOe
und in leichteren FAllen von Dysmenorrhöe. In
3 Fällen von präklimakterischen Blutungen und in
2 Füllen von Blutungen in Folge der sogenannten
Sobinvolutio postpuerperalis hatte Th. mit der
lokalen Therapie entschiedenen Misserfolg, w&hrend
Bach Entziehung aller Reizmittel, des Kaffees, des
Thees, des Bieres und des Fleisches Heilung der
Metrorrhagien eintrat. Bei der grossen Mehrzahl
der an StCningen der Darmthätigkeit, Obstipation,
Datnlenz leidenden Frauen wurde bei Vermeidung
der Blähung verursachenden Speisen durch die
Tegetarische Diät eine Besserung der Darmthätig-
keit erzielt Manchmal wurde die Obstipation völlig
beseitigt, bei Anderen wenigstens wesentlich ge-
bessert; die Flatulenz nahm bei richtiger Auswahl
der Speisen beträchtlich ab, vor Allem aber machten
die Blähungen weit weniger Beschwerden.
Tb. versteht unter vegetarischer Kost eine
Kost, bei der Theile des todten Thierkörpers aus-
geschlossen sind, während die Produkte des leben-
den Thieres, Milch und Eier, nicht gemieden werden.
AIsKnr bei gynäkologischen Erkrankungen empfahl
TL stets eine mindestens 6monatige Anwendung
der Tegetarischen Diät
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
84. Ueber die Besiehnngen der Hysterie an
den weiblichen Sezualorganen ; von G. v. Voss.
(Mon..Sdir. f. Geburtsh. u. Gynäkol. XVIII. 4. p. 550.
1903.)
V. y. bespricht zunächst kurz und anziehend
m verschiedenen Zeiten gehegten Anschauungen
Hher die Beziehungen zwischen den weiblichen
OeDitalorganen und der Hysterie. Diese brauchen
den neurologisch-psychiatrischen Forschungen ge-
Bte keinen essentiellen, unbedingt causalen Cha-
rakter zu haben. Neuere gynäkologische Unter-
sochnngen ergeben, dass Erscheinungen, die man
als Grundlage nervöser Stömngen, bezüglich der
Hjaterie betrachtete, nichts Wesentliches mit den
Keoroeen zu thnn haben, dass vielmehr Symptome,
die man auf Sexualerkrankungen zurückfQhren zu
müssen glaubte, rein nervösen, bez. hysterischen
Ursprungs zu sein scheinen. Doch wird diegegen-
theilige Ansicht, dass die Hysterie eine Reflex-
neurose sei, ausgehend von Störungen im weib-
lichen Genitalapparat, von berufener gynäkologi-
scher Seite aus unbedingt aufrecht erhalten. Diese
Widersprüche veranlassten v. V. zur Prüfung der
Frage an dem Material einer Nervenabtheilung,
und er kommt dabei zu nachstehenden Resultaten :
Hysterie tritt aus dem Latenzzustand nicht
häufiger auf dem Boden weiblicher Genitalerkran-
kungen hervor, als auf dem Boden anderer Organ-
erkrankungen überhaupt. Es giebt zweifellos ner-
vöse Symptomencomplexe, die von Veränderungen
der weiblichen Genitalorgane abhängen und hyste-
rische Symptome vortäuschen können, wie Neuri-
tiden der Beckennerven mit eventueller Fortpflan-
zung auf die Nerven der Beine, Neuralgien im
Plexus und N. ischiadicus, cruralis, Saoralgien,
Rbachialgien u. s. w. Ihre Entstehung ist per
continuitatem zu erklären; mit der Annahme reflek-
torisch ausgelöster Erscheinungen sei man sehr
vorsichtig. Die grösste Mehrzahl der den Gynä-
kologen consultirenden Nervösen gehört nicht in
das Gebiet der typischen Hysterie, sondern zu
der Gruppe mit degenerativ- hysterieformer Ver-
anlagung. Es kann folglich die Diagnose der ner-
vösen Entstehungsweise subjektiver Störungen bei
unbedeutendem oder fehlendem örtlichen Befunde
sich nur höchst selten auf das Vorhandensein von
gröberen Sensibilitätstörungen, typischen Druck*
punkten, Erampfanfällen u. s. w. stützen. Der
Gynäkologe wird sich also meist auf anamnestische
Angaben und das Missverhältniss der subjektiven
Beschwerden zu der Geringfügigkeit des örtlichen
Befundes verlassen müssen. Hereditäre Belastung,
Alkoholismus der Ascendenten u. s. w. und psy-
chische Infektion sind schwerwiegende Indicien
einer nervösen Entstehung. Wo schwerere örtliche
Veränderungen augenscheinlich fehlen, so bei Vir-
gines, sollte man bei nachweisbarer Nervosität auf
die innere Untersuchung per vaginam et rectum
verzichten. Es ist Sache der modernen Gynä-
kologie, festzustellen, welche Affektionen der Geni-
talorgane gewöhnlich ohne Folgen für das Nerven-
system bleiben, ob z. B. für die Retroflexio mobilis
dasselbe gilt wie für die Ovarialerkrankungen.
Die Bedeutung technisch einfacher gynäkologischer
Operationen darf nicht unterschätzt werden, da
selbst die einfache Narkose für das Nervensystem
Prädisponirter verhängnissvoll werden kann. Der
Furor operationis passivus ist ein künstlich ge-
züchtetes Symptom der Hysterie.
Die Behandlung der nervösen Frauen wird
naturgemäss auch in Zukunft Sache des Frauen-
arztes sein, von dessen diagnostischer Geschicklich-
84
Vn. OeburtahtLlfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
keit der Erfolg therapeutischer Maaesnahmen ab-
hängen wird. Dass bei nervösen Beschwerden oft
durch Ablenkung die besten Resultate erzielt wer-
den, erklärt am besten, warum subjektive Be-
schwerden auf nervGser Basis trotz vielfacher
lokaler Eingriffe sich eher verschlimmern als bes-
sern oder aber weshalb nach kurzer Besserung
Becidive eintreten. EurtEamann (Berlin).
85. Zur Behandlung des Abortus ; von 0.
Neb eck y. (Beitr. z. Qeburtsh. u. Oynftkol. VIII.
1. p. 140. 1903.)
Nach geschichtlichem üeberblick über die
mannigfachen Wandlungen in der Abortbehand-
lung bespricht N. eingehend die in der Innsbrucker
Elinik übliche Therapie. Im Grossen und Ganzen
empfiehlt er einen Mittelweg zwischen aktivem
und wartendem Verfahren, nähert sich jedoch eher
dem letzteren, namentlich für den praktischen Arzt
meist einzig rationellen.
Bei drohendem Abort Regelung der Blasen-
und Darmfunktion, Diät, Bettruhe, Opiate, meist
als Suppositorien, in grossen Dosen. Buhe noch
2 — 3 Tage nach Aufhören der Blutungen und
Schmerzen. Eeine Tamponade! Gegen Retroflexio
Aufrichtung und Pessar; gegen habituellen Abort
Entfernung der Ursache. Bei im Oange befindlichem
Abort Abwarten und Erledigenlassen durch die
Naturkräfte, Sorge für Blase und Darm, leichte
Eisblase zur OontraktionbefOrderung ; Entfernung
des ganz oder grOsstentheils in die Scheide ge-
borenen Eies; sonst keine Tamponade; Seeale
meist nur in der Nachgeburtperiode oder nach voll-
endetem Abort Aktives Vorgehen nt4r bei dringenden
Anzeigen: 1) Bei Infektion des üterusinhaltes
unverzügliche Entleerung mit Finger, Curette,
Abortzange, eventuell nach vorheriger Dilatation
und, wenn nOthig, in Narkose. 2) Gleiche Therapie
bei bereits ausserhalb untersuchten, wenn auch
nicht sicher iiificirten Frauen mit im Gange be-
findlichen Aborten mit offenem inneren Mutter-
mund und bei allen Aborten mit Verdacht auf
Crimen. 3) Bei in der Cervix geborenem Ei und
geschlossenem äusseren Muttermund stumpfe, bez.
blutige Erweiterung mit Entfernung des Eies.
Eine Blutung gebietet nicht ohne Weiteres die
Eientfemung. Ist sie stark, dann Tamponade des
Uterus und der Scheide. Wechsel nach 24 Stunden
und eventuell Wiederholung. Bei genügender
Oeffnung digitale Entfernung. Die Abortzange ist
für den wenig Geübten gefährlich.
Bei Beleniion von Eiresten schleunige Ent-
fernung bei inflcirten oder verdächtigen Frauen,
Abwarten bei Ausschluss von Infektion. Decidua-
fetzen sind zu entfernen bei Blutungen, Fieber,
übelriechendem Fluor. Die Entfernung grosser
Eireste erfolgt mit dem Finger, nicht mit der
Curette. Diese ist nur für kleine BrOckel, aber
für Ungeübte gefährlich. Probeaustastung nach
jedem Abort ist unnOthig.
Als Naehbehandlung nach völligem Abort Schei-
denspülung am 1. und 3. Tage; nach Entfernung
von Ei oder Eiresten Uterusspülung, Jodoform-
Stäbchen in den Uterus, am 3. Tage Scheiden-
spülung. Bei inflcirten Frauen die bezeichnete
intrauterine Therapie nebst Chinindosen bis zur
Entfieberung. Stets nach Aborten 8 Tage Bett-
ruhe, Eälteanwendung, Seeale, Diät, Regelung von
Blasen- und Rectumentleerung.
Nach vorstehenden Regeln wurden 100 Frauen
behandelt. 6mal wurde der Abort aufgehalten.
Von den 94 Frauen starb keine, fieberten dauernd
7 «» 7.4^/0, dabei 6mal Eirestretention. 6 dieser
7 Frauen fieberten bereits beim Eintritt 12 Frauen
hatten einmalige leichte Temperatursteigerungen,
davon waren 6 mit Fieber eingeliefert Heilung-
dauer in den afebrilen Fällen 12.5 Tage, in den
dauernd febrilen 33 Tage.
Kurt Eamann (Berlin).
86. Ueber Zerreissung der Ghebärmutter
in der Schwangersohalt ; von Dr. Baisch in
Tübingen. (Beitr. s. Oeburtsh. u. Oynäkol. VII. 2.
p. 249. 1903.)
Eine 36jähr. Bäuerin erkrankte in der 36. Woche
ihrer 5. Schwangerschaft plötzlich unter Erbrechen, Oho-
machtanfall , Leibschmerzen and Blutabgang aus der
Scheide. Ein Trauma oder eine sonstige äussere Ver-
anlassung war nicht vorhergegangen. Bei der Unter-
suchung fanden sich dicht hinter den Bauchdecken Kindes-
theile. Wegen üterusraptur wurde die Laparotomie
vorgenommen, das Ei war in toto aus der üterushöhle in
die freie Bauchhöhle ausgetreten, die Haut des Kindes
war bereits macerirt Entfernung dos Eies, abdominelle
Totalexstirpation des Uterus. Die Frau erlag im CoUaps.
1 Jahr vorher war die Fat wegen Aborts nach vorheriger
Dilatation mit Schröder 'sehen Sonden curettirt worden,
dabei durchdrang eine Sonde den Uterus, die sofort be-
merkte Perforation heilte jedoch reaktionlos und die Ent-
lassung der Fat konnte schon nach 10 Tagen erfolgen.
Ein uiBächlicher Zusammenhang zwischen dieser froheren
Uterusperforation und der Uterusruptur bestand nach
B. sicher.
B. bespricht im Anschluss an diese eigene Be-
obachtung die ähnlichen Beobachtungen Anderer
und stellt 78 Fälle von reiner Schwangerschaft-
ruptur zusammen. Nach ätiologischen Oeeichts-
punkten geordnet, ergab sich B. folgende Binthei-
lung : I. Violente Rupturen : 1) durch ein Trauma,
2) bei arteficiellem Abort II. ^ponUxne Rupturen:
1) bei pathologischer Eiinsertion (Qraviditas inter-
stitialis), 2) bei Uterusmissbildungen (Uterus bioor-
nie, infantilis), 3) bei (angeborener und erworbener]
Dfinnwandigkeit des Uterus, 4) bei Entzflndungen
und Neubildungen (Tuberkulose, Carcinom, Myom
destruirende Placentawucherung) , 5) bei Narbei
des Uterus a) nach früherem Kaiserschnitt, b) nact
früheren Verletzungen des Uterus.
In 27 Fällen von diesen 78 Fällen wurde di(
Laparotomie ausgeführt; 15 Frauen wurden ge
heilt, 10 starben, von 2 fehlt die Angabe dei
Operationerfolges.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
YII. Geburtshülfe, Frauen- und Einderheilkunde.
86
87. Zur laohre von den Zerreissongen dei
0oheideiisewölbes während der Gebort ; von
U Kaufmann in Lodz. (Arch. f. Oynftkol.
llVm. 1. p. 152. 1903.)
Die Zahl der 2^rrei88ungen des Soheiden-
gewQlboB ist viel grOsser, als man meist annimmt.
Viele solche Fälle wurden als Uterusrupturen ver-
öffentlicht, weil durch die Entwickelung der B a n d 1 '-
Kben Theorie die Lehre von der Kolporrhexis in
den Hintergrund gedrängt worden ist. Dem Trauma
als Ursache der Fomixzerreissung ist unzweifelhaft
ein grosses Feld einzuräumen. Fflr die spontanen
fioptnren muss eine Prädisposition der Gewebe
aogenommen werden. Von den anatomisohen Yer-
loderungen sind aber bis jetzt nur diejenigen, die
einer wiederholten Schwangerschaft entsprechen,
fastgestellt Die mechanischen Verhältnisse wer-
den in zufriedenstellender Weise nur durch die
Freund 'sehe Theorie erklärt Die Symptome
der Fomixrupturen sind wesentlich milder, als
die der ütenismpturen ; ihre Prognose ist relativ
gOnstig und besser als die der Qebärmutterzerreis-
ningen. Die Entwickelung des Kindes nach ent-
standener Fomixruptur sollte ausschliesslich auf
viginalem Wege erfolgen. Bei der Behandlung
niiiss der Naht von der Vagina aus und der Drai-
nage der Vorzug vor jeder anderen Methode gegeben
Toden. EurtEamann (Berlin).
88. Ueber vaginalen Kaisersohnitt(Hy stero-
Umüa vaginmlia anterior); von Dr. Max Simon
in Nflmberg. (Münohn. med. Wohnschr. L. 21.
1903.)
S. beriohtet f&ber 3 Fälle von vaginalem Kaiser*
schnitt; die Indikation war je Imal starke Narben*
verengening der Scheide nach Prolapsoperation,
Rigidität bei alter Erstgebärenden mit gleich-
Etttigem Fieber und Eklampsie. Die schon bei
der Operation fiebernde Gebärende starb naoh
3 Tagen an Sepsis; die übrigen 2 Operirten ge-
I
Das Typische der Operation besteht nach S. in
dar queren oder sagittalen Spaltung der vorderen
Sdieidenwand, Zurfickschieben der Blase und dem
aedianen Spalten der vorderen Cervix-Üteruswand.
Das Peritonaeum braucht nicht eröffnet zu werden
and dordi den 10 — 12 cm langen Schnitt kann
wohl jedes nicht f&bermässig grosse Kind mittels
Zange oder Wendung entwickelt werden.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
89. Beitrag anr Therapie der Placenta
Vtaeirla; von Dr. Hammer. (Münchn. med.
Wchnachr. L. 35. 1903.)
Die Therapie der Pkoenta praevia wird be-
herrai^t von der lebenbedrohenden Blutung. Das
Material der Würzburger Klinik und Poliklinik
«Bfaaat 107 Falle von Placenta praevia, darunter
19iiial Placenta praevia centralis, 70mal Placenta
praevtt lateralis xmd ISmal Üefer Sitz der Pla-
centa. Die Oesammtmortalität der Mütter betrug
8 -« 7.47^01 die der Kinder 68 — 54.2^0-
Bei Plaoenta praevia centralis wurde 14mal
naoh Braxton Hicks oombinirt gewendet;
13 Mütter wurden gerettet, 1 starb an Verblutung
in der Nachgeburtperiode ; lebende Kinder wurden
erzielt in 3 Fällen, 11 starben im Verlauf der Ge-
burt. 2mal genügte Sprengung der Blase, Imal
führte die Tamponade zum Ziel.
Die übrigen Formen der Placenta praevia ge-
währten grösseren Spielraum für die Behandlung.
Mit der combinirten Wendung hatte man in Würz-
burg sehr günstige Resultate, wenigstens für die
Mütter; zur Ausführung dieser Operation ist übri-
gens manchmal tiefe Narkose durchaus noth wendig.
In letzter Zeit wurden auch mit dem Metreurynter
sehr gute Erftihrungen gemacht, indem 2mal inner-
halb kurzer Zeit damit lebende Kinder erzielt wur-
den. Es wurde hierbei am Plaoentarande die Blase
gesprengt und der Metreurynter in die Eiblase
selbst eingelegt Die in neuester Zeit empfohlenen
Verfahren, der Bossi'sche Diktator und sogar
der Kaiserschnitt, kommen nadh H. in absehbarer
Zeit für die Praxis nicht in Betracht
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
90. Syncytiolyae und Hämolyae. Ein Bei-
trag xur Physiologie und Pathologie der Schwanger-
eehaft; von R. Schölten und J. Veit (Ztschr.
f. Oeburtsh. u. Gynäkol. XLIX. 2. p. 210. 1903.)
Seh. und V. studirten die cytotoxischen Folgen
der Zottendeportation, d. h. des Vorgangs, durch
den Zotten und Zottentheile in der Richtung des
Blutstroms mitgeechleppt werden, wobei sie eben
noch im Zusammenhang mit den übrigen Zotten
bleiben können, aber auch weiter fortgeführt wer-
den können. Seh. und V. konnten nach ihren
Beobachtungen bestätigen, dass abgerissene Zotten
Wochen lang, ja oft viel länger in Venen Lebens-
vorgänge zeigen können.
Bei ihren experimentellen Untersuchungen
brachten Seh. und V. wiederholt frische Placenta
eines Thieres oder der menschlichen Frau in die
Bauchhöhle eines Thieres oder spritzten eine Auf-
schwemmung der Plaoenta in das subcutane Binde-
gewebe ein ; sie prüften demnächst das Serum des
Versuchsthieres auf sein Verhalten gegenüber einer
Plaoentaaufschwemmung und dem Blute des Thie-
res, bez. des Menschen. Versuohsthiere waren
zunächst die Gans und das Kaninchen.
Die Ergebnisse dieser Experimente und Unter-
suchungen fassen Soh. und V. in Folgendem zu-
sammen :
„Durch Vorbehandlung mit Plaoenta kann das
Serum syncytiolytische Eigenschaften bekommen.
Die hämolytischen Eigenschaften wurden nicht
vermehrt im Vergleich mit nicht vorbehandeltem
Serum.
Das Serum schwangerer Frauen und trächtiger
Kaninchen wirkte experimentell leicht syncytip^
86
YII. Geburtehülfe, Frauen- und Einderheilkunde.
ly tisch auf Plaoentarextrakt, aber keineswegs regel-
mflssig und ebenso wirkte es nicht regelmässig
deutlich hftmolytisch auf Blut.
Das Serum eklamptischer Frauen wirkte weder
syncytiolytisch noch hämolytisch.
Die experimentelle Einverleibung feinvertheil-
ter Placenta in die PeritonäalhOhle erzeugt Albu-
minurie."
In einem gewissen Gegensatz zu diesen Resul-
taten steht eine Reihe klinischer Beobachtungen
Seh. und V.'s, obenan deren Beobachtung Ober
Hämoglobinämie in der Schwangerschaft.
Am Schlüsse ihrer Abhandlung fassen Seh.
und V. ihre Folgerungen in nachstehender Weise
zusammen :
„Das Blut einer Schwangeren zeigt mannig-
fache, zumTheil wechselnde Veränderungen; diese
erklären sich am einfachsten aus dem Vorgang der
Zottendeportation und der Einwirkung der Erythro-
cyten, der Leukocyten und des Chorionepithels
auf einander. Das Studium der Wechselbeziehungen
zwischen den Erythrocyten und dem Chorion-
epithel führt uns auf Qrund der Anwendung der
hämolytischen Untersuchungsmethoden von Ehr-
lich zur Annahme der Bildung eines Syncytio-
lysins als Seitenkette der Erythrocyten und eines
Hämolysins als Seitenkette des Chorionepithels.
Auf diese Weise löst sich Hämoglobin aus den
Erythrocyten und Protoplasma aus dem Syncytium
im Serum. Das in dem Serum des mütterlichen
Blutes gelöste Eiweiss gelangt auf Qrund der
Seitenkettentheorie in das kindliche Blut ; nur die-
jenigen EiweissstofFe, welche aus dem mütterlichen
Serum durch das kindliche Serum präcipitirt wer-
den, gelangen nicht in den fötalen Kreislauf, und
ebenso werden die Stoffe, die aus dem kindlichen
Serum durch das mütterliche präcipitirt werden,
nicht in die paütterlichen Blutbahnen gelangen.
Die Ernährung des Foetus erfolgt also durch
die Aufoahme der im Serum gelösten Eiweissstoffe,
während die Abgabe von Stoffen in Folge der Auf-
lösung der Chorionepithelien im mütterlichen Serum
durch Syncytiolyse erfolgt.
Dass ein Eiweiss, das aus dem fötalen Körper
stammt, vielleicht noch einmal in den fötalen Körper
zurückkehrt, weil es sich im mütterlichen Serum
löst, entspricht dem sparsamen fötalen Haushalt.
Die Anwendung der Seitenkettentheorie auf die
Zottendeportation hat uns nicht nur zu einem
besseren Verständniss gewisser Schwangerschafts-
veränderungen geführt, sondern vor Allem zu einer
besseren Einsicht in die Physiologie der fötalen
Ernährung. Das Eindringen fötaler Elemente in
den mütterlichen Kreislauf sichert den Stoffwechsel
der Frucht
Das Oleichgewicht der Ernährung der Frucht
und des Wohlbefindens der Mutter kann gestört
werden, wenn zu viel Zotten aufgenommen werden ;
dadurch entsteht stärkere Hämolyse — zeitweise
Hämoglobinämie, Albuminurie, Hämoglobinurie —
und schwächere Syncytiolyse — bei Eklampsie
findet man unverändertes Zottensyncytium in der
Lungenarterie. Bei zu geringer Zottenaufhahme
sind die Schwangerschaftsveränderungen gering,
die Ernährung des Foetus ist vielleicht weniger gut
Zur Erklärung dieser Abweichungen vom nor-
malen Stoffwechsel des Foetus und der pathologi-
schen Erscheinungen der Schwangerschaft sind wir
also an das Studium der Anatomie des schwangeren
Uterus gewiesen, der bei mangelhafter Anlage
oder bei Entzündung eine Vermehrung oder Ver-
minderung der Zottenaufnahme bedingt^*
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
91. Die sofortige Entbindung ist die beste
Eklampsiebehandlung; von E. Bumm in Halle
a. d. S. (Münchn. med. Wchnschr. L. 21. 1903.)
B. hat während einer 20jähr. Thätigkeit in
Würzburg, Basel und Halle a. d.S. 112 Eklampsie-
kranke behandelt In den Jahren 1882 — 1895
wurden 47 mit narkotischen Mitteln behandelt;
hiervon starben 15 Frauen «» 30<^/o. In den
Jahren 1895—1900 wurde in 43 Fällen von
Eklampsie neben der üblichen Morphiumbehand-
lung von Schwitzkuren consequenter und aus-
giebiger Gebrauch gemacht und dazu in 9 Fällen
Aderlass und Transfusion angewandt; die Morta-
lität war dieselbe, auch hier starben 13 Frauen
•=• 30®/o. Vom 1. April 1901 an wurden in der
Universität- Frauenklinik in Halle a. d. S. prindpiell
alle eklamptischen Frauen sofort entbunden, d. h.
es wurde bei den in der Anstalt befallenen Schwan-
geren sogleich nach dem ersten oder zweiten An-
fall, bei bereits eklamptisch eingebrachten Frauen,
gleichgültig in welchem Stadium der Oeburt sie
sich befanden, bis längstens in ^/^ Stunde nach
der Einlieferung die Entleerung des Uterus vor-
genommen. In den seit 1. April 1901 beobach-
teten 25 Eklampsiefällen kamen zur Anwendung:
Imal der abdominale Kaiserschnitt, 7mal der vagi«
nale Kaiserschnitt, 7mal die Zange, 6mal die oom-
binirte Wendung und Extraktion, Imal die Extrak-
tion am Fuss, Imal die Perforation des todten
Kindes. Von diesen 25 Frauen sind nur 3 ge-
storben — 12^ Iq.
Diese Beobachtungen der letzten 2 Jahre haben
nun in B. die Ueberzeugung hervorgerufen, dass
überall da, wo die Eklamptischen kurz nach den
ersten Anfällen bei noch gutem Puls und mit in-
takten Lungen zur Behandlung kommen, in der
Regel durch die sofortige Entleerung des Uterus
ein günstiger Ausgang der Krankheit erzielt wird,
und dass durch die allgemeine Durchführung dieses
Grundsatzes die Mortalität der Eklampsie auf den
vierten Theil ihrer früheren Höhe, also auf ca. 5*/^
herabgedrückt werden kann.
In welcher Weise diese aktive Therapie von B.
durchgeführt wird, geht aus den oben angeführten
Operationziffem hervor. Die B o s s i 'sehen Metall*
dilatatoren ersetzt B. durch die dilatirende Wir^
YJL Gtebttttshülfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
87
kimg des Steiseee. Stellen sieh die Krämpfe bereits
in der Oraviditftt oder ganz im Beginn der Geburt
ein, 80 besitzen wir nach B.'8 Ansicht in dem vagi-
nalen Kaiserschnitt Dflhrssen's ein Verfahren,
das nichts zu wünschen übrig lässt
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
92. Zur Prophylaxe und Therapie des
Pnsrperalfleben ; von H. Fehling. (Münchn.
med. Wchnschr. L. 33. 1903.)
In der septischen Abtheilung der Strassburger
Klinik wurden in den letzten lOJahren 377 Frauen
mit infektiösen Wochenbetterkrankungen behan-
delt, von denen 67 -» 1 7.70/0 starben. Die er-
krankten Frauen kamen zum grOssten Theil aus
der Stadt Strassburg oder aus den umgebenden
Qrtachaften. ^4 ^^ Erkrankten war operativ ent-
bonden worden; von den spontan Entbundenen
starben 11%, von den operativ Entbundenen da-
gegen 29%. Unter den Operationen überwiegt
die manuelle PlaoentalOsung mit 47.1<>/o und bei
den nach Operationen Oestorbenen war gerade
iKK Operation bei nicht weniger als 68% voraus-
gegangen. Die schlechteste Prognose der Wochen-
betterkiankungen ergab die Pyftmie, die in 72% der
Me zum Tode führte. Aus dem Gesagten ergiebt
ach die GeßUirlichkeit der Placentalüsung und die
Wichtigkeit, durch richtige Leitung der Nach-
gebartperiode diese Operation möglichst zu ver-
meiden. Vor der Placentalüsung desinficirt F. wie
Hofmeier müglichst ausgiebig Vulva, Schenkel-
gegend, Schamberg, Scheide und Uterus.
Für die MorbiditAt war es fast ohne Einfluss,
ob mit oder ohne Gummihandschuhen untersucht
vorden war. Dagegen empfiehlt F. dringend den
systematischen Gebrauch der Fried rieh 'sehen
Qommihandschuhe bei allen verdächtigen Unter-
sochoiigeo, um die Hände vor jeder Verunreinigung
m bewahren. Hierdurch hat F. die puerperale
Morbidität von 11% auf 8.47<^/o herabgedrückt
F. empfiehlt deshalb dem Arzte, immer 1 — 2 Paar
(^^uumhandsehuhe mü sieh zu führen und sich bei
An tdunutziffsn und verdächtigen Untersuchungen
Arw 2tt bedienen. Dann bleibt der Arzt rein für
9^i»tkülfliäie und andere Eingriffe, Ausnahme-
▼eiae kann der Arzt, wenn er sich einmal für in-
Urt halten muss, auch zur Operation die Gummi-
^uidachuhe gebrauchen.
Bei der Therapie des Puerperalfiebers hat F.
T<Ni der Anwendung des Ung. coUoidale C red 6 's
^^uien Erfolg gesehen. Dagegen wurde, wenn
UKh nur vorübergehend, Erfolg beobachtet bei der
utrarenösen Einspritzung des Argentum colloidale.
^ verwendet eine 2proc. sterile Lösung und spritzt
davon 10 — 20 com mit einer feinen Nadel direkt
u eine Vene der Ellenbogenbeuge. Der Erfolg
^^tttand in Abfall von Temperatur und Puls und
fi&b}^?^ ErMchterung. Einen definitiven Abfall
^Tsnpecatur naoh der Injektion hat F. nur einmal
i^eobiditet Arth. Hoff mann (Darmstadt).
93. üeber Paerperalinfektionen ; von Dr.
E. T 0 f f. (Spitalul. XXIII. 9. p. 409. 1 903.) Auto-
referat.
um eine wirkliche Prophylaxis der puerperalen
Infektionen durchzuführen, sollen die Gebärenden,
so lange es sich um normale Geburten handelt, gar
nicht oder nur einmal zu diagnostischen Zwecken
touchirt werden. Beginn der Geburt, Lage und
Wohlbefinden des Kindes, Fortrücken desselben im
Beckenkanale u. s. w. können durch äussere Unter-
suchung, Palpation und Auskultation festgestellt
werden. Auch bei einer grossen Anzahl patho-
logischer Complikationen ist die leider viel zu
wenig geübte und ausgebildete äussere Unter-
suchung im Stande, wichtige Aufschlüsse zu geben.
Wird gar nicht oder nur ausnahmeweise tou-
chirt, so sind auch die so sehr beliebten Vagina-
waschungen naoh der Geburt überflüssig und oft
schädlich, da Irrigateure, Gummischläuche und
Kanülen, sowie auch die improvisirten Lösungen
sehr häufig den aseptischen Anforderungen nicht
entsprechen.
94. Indikationen der Hysterektomie bei
akuter Paerperalinfektion ; von Prof. Pinard.
(Revue d'Obst^tr. et de Paed. XVL p. 129. Mai
1903.)
P. hat als einer der Ersten diese Frage eifrig
verfolgt und ist zu dem Schlüsse gelangt, dass
eine rationelle Indikation der Hysterektomie bei
akuten puerperalen Infektionen nicht existirt, aus-
genommen gewisse Fälle, z. B. jene, wo es sich
um Retention der Placenta, um Fäulniss eines Ge-
bärmutterfibroms, um ein Uterustrauma (Ruptur
oder Inversion) handelt. Bei reiner Puerperal-
infektion ist die Entfernung der Gebärmutter zweck-
los, da in allen Fällen, wo der Uterus allein die
Quelle der Infektion abgiebt, eine lokale Therapie
zum Ziele führt. E. T 0 f f (Braila).
95. Hysterektomie bei Paerperalinfektion ;
von Dr. Dol6ris. (Gyn6cologie April 1903.)
D. ist im Allgemeinen kein Anhänger dieser
Behandlung. Handelt es sich um lokale Infek-
tionen, so kann durch Curettirung mit nachfolgender
Aseptisirung des Uterusinnern die Infektion mit
Sicherheit aufgehalten werden. Bei Fortpflanzung
auf die umgebenden Lymphgefässe oder Venen
kann durch die Entfernung der Gebärmutter der
Gang der Krankheit nicht aufgehalten werden.
Nur in 2 Fällen von Puerperalinfektion konnte D.
nachweisen, dass eine Hysterektomie die Kranken
vielleicht gerettet hätte. Die Parametrien waren
gesund und die Lokalisirung des Processes aus-
schliesslich parieto-uterin. Die Hysterektomie kann
in jenen schleppenden Infektionfällen versucht wer-
den, die einen remittirenden phlebitischen Typus
haben ; sie wird eine gewagte Operation bleiben,
da wir keine Mittel besitzen, um sicher festzustellen,
dass der Herd rein uterin sei. Die Statistik dieser
Operation ergiebt eine Mortalität von 90 — 95<>/o
88
Vn. Qeburtshülfe, FiraneiH und Einderhoillamde.
und man muss sich trotzdem sagen, dass vielleicht
so manche Operirte auf die Dauer hin auch von
selbst geheilt wAre. E. T o f f (Braila).
96. Ueber die Leistongsf&higkeit der weib-
lichen Miichdrüaen und über die Indikatio-
nen nnd Gontraindikationen sam Stillen ; von
A. SchloBsmann. (Mon.-Schr. f. Oeburtsh. u.
GynÄkoL XVU. 6. p. 1311. 1903.)
Der überzeugend geschriebene Aufsatz enthält
verschiedene, die bisherigen allgemeinen Anschau-
ungen umstossende Thesen, die eine eingehendere
Besprechung rechtfertigen. Schi, kennt eine all-
gemeine GorUraindikaiion g^gen das SUUen über-
haupt nicht, geht aber noch einen Schritt weiter
wie Heubner, dem als einziger berechtigter
Grund zum Verbote des Selbststillens das Vor-
handensein oder die deutliche Veranlagung zur
Tuberkulose bei der Mutter erscheint SchL sah
wiederholt tuberkulöse Mütter ihre Kinder stillen,
ohne dass die eine oder das andere darunter Scha-
den gelitten hätte. Das Kind einer tuberkuUVsen
Mutter ist immer durch die Pflege so gefährdet,
dass die weitere Möglichkeit, mit der Muttermilch
noch einige Tuberkelbacillen zu bekommen, eine
im Verhältnisse sehr geringe ist. Zudem fehlen
sichere Beobachtungen bei Säuglingen dafOr, dass
die primäre Erkrankung an Tuberkulose im Magen-
darmkanale und den zugehörigen Drüsen sitzt
Die an Tuberkulose frühzeitig verstorbenen Kinder
waren alle von den Bronchen aus inficirt und
zudem keine Brustkinder. Die Inhalationtuber-
kulose konnte dabei häufig nicht auf die Mutter,
sondern auf den die Pflege besorgenden tuber-
kulösen Vater zurQckgefQhrt werden. Dagegen
zeigten die Kinder von 4 Müttern, die trotz ihrer
Tuberkuiose gestillt hatten, nicht nur klinisch
keine Zeichen von Tuberkulose, sondern auch bei
Injektion von Tuberkulin keine Reaktion. Für die
tuberkulöse Mutter muss das Stillen jedenfalls nicht
in jedem Falle mit Schädlichkeit verknüpft sein.
Kein Mittel gewährleistet mit solcher Sicherheit
und in so vielen Fällen einen starken Fettansatz,
geradezu eine Mast, als das Stillen und eine Oe-
wichtsyermehrung dürfte jedem Arzte bei der Be-
handlung einer Tuberkulosen als etwas Günstiges
erscheinen. Dazu kommt, dass die tuberkulöse
Frau, so lange sie stillt, geringere Aussichten hat,
rasch erneut zu ooncipiren und dadurch eine Ver-
schlimmerung ihrer Tuberkulose zu erfahren. Die
Tuberkulose oder gar die tuberkulöse Veranlagung
bildet also keine Contraindikation gegen das Selbst-
stillen. So wenig man jeder tuberkulösen Frau
rathen darf, ihr Kind selbst zu nähren, eben so
wenig darf man es von vornherein und ausnahme-
los verbieten. Die objektive Untersuchung der
Frau, der Verlauf der Schwangerschaft und des
Wochenbettes, die Würdigung der äusseren Ver-
hältnisse lassen im einzelnen Falle entscheiden, ob
und wie lange das Stillen zu gestatten ist
Ganz anders steht es um die Verwendung einer
tuberkulösen Frau als Amme, Das ist unter all^
Umständen auszuschliessen. Die probatorische Ver-
wendung der Ii/jektion von O.Ol alten Tuberkulins
steigend auf 0.02 und schliesslich 0.03 bei stillen-
den Frauen, die fieberfrei sind und keine objek-
tiven Symptome von Tuberkulose zeigen, ist zur
weiteren Sicherung der Diagnose, bez. als Hinweis
auf noch genauere Untersuchung der als Ammen
ausgesuchten Wöchnerinnen zu empfehlen. Das
Ausbleiben jeder Reaktion schlieest Tuberkulose
ganz aus. Das Eintreten ist bei objektiv und
anamnestisch nicht tuberkulösen Frauen nicht
gleichbedeutend mit Ausschluss vom Ammendienst,
sondern lehrt nur, auf alle Kleinigkeiten mehr zu
achten, so dass nach längerer Beobachtung und
wiederholten Untersuchungen der Entscheid ge-
troffen werden kann.
Nach Erledigung der 7k4berkulose geht Schi,
zur Mastitis über. Ist eine Mastitis im Gange, so
fahren Kind und Mutter bei dem Wdterstillen
besser. Es muss nur verhindert werden, dass der
Säugling Eiter mit der Milch aufnimmt Das Kri-
terium bildet der Befund von Leukocyten in der
Milch. Ist dieser positiv, dann muss die Milch
2 — 3stündlich abgezogen werden. Mit Aufbinden,
Eiskühlung, Alkoholumschlägen ist zu versuchen,
der Entzündung Einhalt zu thun. Bei Fluktuation
ist breit zu Offnen, eventuell eine GegenOfflrang
anzulegen und zu drainiren. Sobald als mOglich
wird das Abdrücken wieder durch Stillen ersetzt
und so die Drüsenfunktion für das Kind ohne
Nachtheil im Gkinge erhalten.
Im Anschlüsse hieran bespricht Schi, die
Leistungsfähigkeit der weibUehen Brustdrüse und
betont hierbei zunächst, dass man die Frauenbrust
zur Sekretion auch noch geraume Zeit nach der
Entbindung durch häufiges und richtiges Anlagen
und geeignete Ernährung anregen kann. Ferner
ist die Milchmenge ausserordentlich steigerungs-
fähig. Die Milchsekretion stellt sich einerseits
sicher erst später in genügendem Maasse ein, als
die Beobachtungzeit in den Gebäranstalten dauert
Andererseits wird manche Frau erst durch fort-
gesetzten Zuspruch und immer erneute Belehning
dazu gebracht, den Muth nicht sinken zu lassen.
Als Ernährung ist jeder Stillenden gestattet,
was sie verträgt und gewOhnt ist Die sogen,
reizlose Ammenkost verdirbt den Geschmack am
Stillen. Die Appetenz muss im Gange erhalten
werden ; so lange es der Stillenden schmeckt, so
lange gedeiht ihr Kind. Durch Wiedereinst^en
in eine passende Verpflegung kann man selbst bei
Stillenden, die die Milch fast verloren haben, diese
wieder zurückgewinnen. Milchgenuss, bis 3 Liter
täglich, ist sehr zu empfehlen. Alkoholica sind
verpOnt
Ausser der Ernährung sind noch einige emd&ne
Vorsehriften für Stillende von Wichtigkeit Bs
wird pro Tag nur 5 — Omal angelegt, nur bei VriUa-
YIL Oebnrtshülfe, Frauen- und Einderheillamde.
89
geborten Öfter. Nachts fQr Kind und Stillende
eine 8-, besser lOstündige Pause. Immer wird
sor eine Brust gereicht, das Kind nur 10 Minuten
trinken gelassen. Die Stillende soll sich ferner
in freier Luft bewegen und die gewohnte Arbeit
T6nichten.
Die Meinung, dass das zu stillende Kind und
das Ammenkind in gleichem Alter stehen sollen,
ist irrig; im Allgemeinen wird man ja mit Yor-
tkeil eine Amme nehmen», deren Kind 6 Wochen
und Slter ist, weil man da eine gewisse OewAhr fQr
die Milchsekretion hat. Sicherer geht man aber
noch, wenn man eine Amme nimmt, die schon
Tiele Monate gestillt hat. Der Unterschied in der
Milchsusammensetzung ist belanglos.
Gleich irrige Vorstellungen bestehen Aber die
Frage, unter welchen ümst&nden eine Asnderung
m der Ernährung mit Fhntenmileh einzuleiten ist
Wenn ein Brustkind schlechten Stuhl hat, aber
dabei gedeiht, so lasse man es an der Brust, denn
es kommt in erster Linie auf das Kind und erst in
zweiter auf den Stuhl an. Auch die chemische
üntersochung der Milch bildet keine Indikation
nun Absetzen. Der Eintritt der Menses ist kein
Qnmd zum Abstillen. Der sehr lesenswerthe Auf-
satz sehliesst mit der Warnung vor der Irrlehre,
als gäbe es irgend eine künstliche Ernfthrungsart,
die der natflrlichen auch nur ann&hemd gleich-
wertfaigseL Kurt Kamann (Berlin).
97. Beitmg sum Stadium des Plaoento-
siftei in «einen Besiehongen rar Milohaekre-
tt» ; Ton Dr. O. F i e u X. (Bull. m6d. Nr. 66.1 903.
- Revue prat d'Obst et de Paed. Nr. 174. 175.
1903.)
Entgegen den Angaben Bouchacourt's,
dass Plaoentaextrakt die Milchsekretion vermehre,
iat F. gefunden, dass die Einnahme von Placenta
anf die Milchabsonderung der Frau entweder gar
keinen, oder nur einen unbedeutenden Einfluss aus-
übe. Statt mit Ziegenplacenta zu experimentiren,
veodete F. das Olycerinextrakt der menschlichen
Placenta an, und zwar in erheblich grosseren Dosen,
idmlich 100 g Extrakt, entsprechend 25 g frischer
Plsoentasubstanz. E. T o f f (Braila).
98. Oonsequenoes pratiquea de raaage du
M vifant; par le Dr. Raphaöl Baimondi.
(AidL de M6d. des Enf. VL p. 612. Oct. 1903.)
R. tritt warm fOr die Anwendung der „leben-
<icB'', nicht gekochten und nicht sterilisirten Kuh-
>üUi zur künstlichen Emfthrung der SAuglinge
^ Das Melken findet unter streng aseptischen
Isatden statt, and die Kühe werden vorher tuber-
knüniairt Auf diese Weise wird der Milch die
nAroide und autodigestive Kraft erhalten und die
Fermente werden nicht zerstört. Man findet bei den
<lenit genfthrten Sandern viel weniger gastrische
Sttnmgen, Dyspepsien, Scorbut und Rhachitis als
bä den mit sterilisirter Milch ernährten. Nichts-
MeUahrbb. Bd. 281. HÜ 1.
destoweniger kann die sterilisirte Milch, schon
wegen der Schwierigkeit des Erhaltens tadelloser,
lebender Milch, nicht immer und überall durch
frische, nicht gekochte Milch ersetzt werden.
KT off (Braila).
99. Ueber den Binfluss der Erwärmung
auf die Gerinnung der Kohmiloh; von Dr.
Silberschmidt. (Deutsche med. Wchnschr.
ZXIX. 27. 28. 1903.)
Aus den Untersuchungen S.'s geht Folgendes
hervor : Für einige s&urebildende Bakterien (Bact.
coli, Streptococcus pyogenes, Proteus) unterliegt
die Fähigkeit, die Milch zur Qehnnung zu bringen,
gewissen Schwankungen. Die Schnelligkeit der
Gerinnung wird beeinfiusst durch die Dauer der
Erwärmung und die HOhe der verwendeten Tempe-
ratur. Je grosser beide sind, um so später tritt
ceteris paribus die Gerinnung ein. Für die Be-
handlung der als Nährboden dienenden Milch
empfiehlt sich am Meisten 30 Minuten langes Er-
hitzen im Autoklaven auf 110 — 115^ Die Er-
hitzung Qbt einen grossen Einfluss auf die Lab-
gerinnung aus. Diese tritt um so später ein (bei
gleicher Dauer der Erwärmung), je hoher die an-
gewendete Temperatur ist. Milch, die nur ganz
kurze Zeit auf 110^ erhitzt wurde, gerinnt schneller
als solche, die 1 Stunde lang auf 100^ erhitzt
wurde. Es ist also nicht nur die Temperatur,
sondern auch die Dauer der Einwirkung von Ein-
fluss. Rohe Kuhmilch liefert bei Labzusatz einen
groben Klumpen ; ähnlich verhält sich Milch, die
auf 60^ erhitzt wurde. Bei 80<^ bilden sich Flocken,
die bei 100^ und 10 Minuten Dauer noch feiner
werden. Wird die Erwärmung länger fortgesetzt,
so gerinnt die Milch sehr fein, schleimig. Bei sehr
starker Erhitzung (120<^), auch wenn sie nur kurze
Zeit anhält (3 — 5 Minuten), gerinnt die Milch nicht
mehr. Es scheint, dass die Milch umsomehr Säure
bindet, je länger und höher sie erhitzt wurde. Im
Magen genügt Lab zur Gerinnung für die rohe
oder kurze Zeit erhitzte Milch, während die lange
Zeit erhitzte Milch erst nach Einwirkung der Säure
gerinnt Als bestes Verfahren fQr die Praxis scheint
sich zu empfehlen kurzes Kochen oder Erhitzen im
Soxhletapparat (10 — 12 Min.), kühles Aufbewahren
und rascher Verbrauch. Brückner (Dresden).
1 00. Zur Kenntnis! der nioht tranmatisohen
Oesophagnaperforationen im Kindesalter; von
Dr. C. Zuppinger. (Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F.
Vn. 4. p. 444. 1903.)
Ein 3*/|jähr. Mädchen mit Gangrän der Mundhöhle
starb unter Erscheinungen, die den Verdacht auf eine
Meningitis rege machten. Die Sektton ergab neben der
Gangrän am Zahnfleische des Oberkiefers ein linkseitig
gelegenes Geschwür der Speiseröhre mit Gangrän des um-
liegenden Bindegewebes, etwa 4 cm unterhalb des Kehl-
kopfeinganges.
Im Anschlüsse hieran bespricht Z. die Per-
forationen des Oesophagus soweit sie nicht auf
Traumen beruhen. Die primären Perforationen ent-
12
90
Vn. Geburtshülfe, Frauen- und Einderheilkunde.
stehen aus Druckgangrftn bei Anwesenheit von
Fremdkörpern, aus Verätzungen, aus peptischen
Geschwüren. Eine eigene Beobachtung der letzt-
erwähnten sehr seltenen Erkrankung wird mit-
getbeilt An die primären Perforationen reihen
sich an die Rupturen der Speiseröhre, von denen 2
(nicht genau beschriebene) bekannt sind. Es han-
delte sich in beiden Fällen wohl um präagonale
Oesophagomalacie. Häufiger sind die sekundären
Perforatiouen. Sie kommen namentlich bei tuber-
kulösen Kindern vor in Folge des Durchbruches
von peri- und retroOsophagealen Abscessen, ver-
kästen Bronchialdrüsen und gangränOsen Herden
in der Lunge. Z. stellt entsprechende Beobach-
tungen aus der Literatur zusammen und theilt
4 eigene mit. Am Schlüsse bespricht er Symptom-
atologie, Prognose und Therapie. Letztere kann
nur bei Abscessen in Betracht kommen und somit
nur eine chirurgische sein.
Brückner (Dresden).
101. Ueber dieFuoktionen des kindlichen
Magens bei Verdauungskrankheiten; von Dr.
Th. von Hecker in Petersburg. (Jahrb. f.
Kinderhkde. 3. F. VL 5 u. 6. p. 657. 1902.)
Die vorliegenden Angaben über die Funktionen
des Magens bei Kindern beziehen sich fast aus-
schliesslich auf das sekretorische Verhalten bei
Säuglingen, v. H. stellte nun an 54 kranken Kin-
dern im Alter von 2^/2 Monaten bis zu 4 Jahren
Untersuchungen an. Es wurde 119mal eine quali-
tative und quantitative Analyse des Magensaftes
vorgenommen. 86mal wurde die Resorption und
72mal die Motilität untersucht. Die Kinder litten
an Dyspepsie, akuter Qastroenteritis, akuter Ente-
ritis, akuter Colitis und an chronischen Magendarm-
störungen. Zur qualitativen Analyse wurden die
bekannten, allgemein üblichen Reaktionen benutzt,
zur quantitativen Analyse die Methode von Hayem
und Winter, bei der bestimmt werden: 1) der
Qesammtchlorgehalt des Magens (T) ; 2) die Chlo-
ride (F); 3) das Chlor in Form von an organische
Verbindungen und Ammoniak gebundener Salz-
säure (C) ; 4) das Chlor in Form von freier Salz-
säure (H), die Gesammtacidität (A) und der Werth
A H
a «■ — - — . Zur Bestimmung der Resorption-
C
fähigkeit diente die Methode von Penzoldt und
Faber (mittels Jodkalium), zur Prüfung der moto-
rischen Fähigkeit die Salolprobe nach Ewald und
Sievers. Das Qesammtergebniss der umfang-
reichen Untersuchungen, deren Einzelheiten tabel-
larisch geordnet mitgetheilt werden, ist Folgendes :
„1) Die Methode von Penzoldt und Faber, das
Resorption svermOgen des Magens mittelst der Jod-
kaliprobe zu prüfen, leistet ganz gute Dienste bei
der Diagnostik der Schwere der einzelnen Magen-
darmkrankheiten, während der Salolmethode von
Ewald und Sievers kein praktischer, dia-
gnostischer Werth beizumessen ist 2) Die Resorp-
tion seitens des kindlichen Magens erfolgt bei
Kindern bis zum 4. Jahre schneller als nach dem
4. Lebensjahre. Aeltere Kinder nähern sich in dieser
Beziehung den Erwachsenen. 3) Am stärksten in
Mitleidenschaft gezogen ist das Resorptions vermögen
des kindlichen Magens bei akuter Oastroenteritis,
an zweiter Stelle stehen die Dyspepsien. Wenn
auch in geringerem Grade, leidet das Resorptions-
vermOgen gleichfalls bei akuter Enteritis und akuter
Colitis. Beim Schwinden der akuten Krankheits-
erscheinungen kommt es gewöhnlich bald zur Besse-
rung der Resorption. Was nun die chronischen
Erkrankungen des Magendarmtraotus anbetrifft, so
wird auch je nach der allgemeinen Schwere der
Erkrankung gleichzeitig eine Beeinträchtigung der
Resorption in mehr oder weniger starkem Grade
beobachtet In leichter verlaufenden Fällen hält
sie sich noch in den normalen Grenzen. 4) Im
Kindesalter wird bei allen Erkrankungen des Magen-
darmtraotus auch der Magen gleichzeitig in Mit-
leidenschaft gezogen; am wenigsten bei akuten
Dyspepsien und schnell ablaufenden Enteritiden;
verbältnissmässig am stärksten bei akuter Gastro-
enteritis und den chronischen Erkrankungen des
Intestinaltractus, während man bei akuter Colitis
Folgendes beobachtet : der Chemismus der Magen-
verdauung liegt schwer danieder bei gleichzeitig
befriedigendem Zustande der Resorptionsverhält-
nisse des Magens. 5) Die Schwere einer gestörten
Magenverdauung in chemischer Beziehung kenn-
zeichnet sich durch das Fehlen von freier HCl,
durch das Vorhandensein organischer Säuren,
schwach sauere, ja sogar neutrale Reaktion des
Mageninhaltes, welcher makroskopisch eine wenig
veränderte Probemahizeit darstellt, geringe Werthe
fürT undC und einen relativ grossen Werth fQr a.
6) Ist Milch als Probemahlzeit gegeben, so werden
durch die klassische acidimetrische Titrirmethode
zu grosse Werthe erhalten.^^
Brückner (Dresden).
102. ZurKenntniasderMagensaftsekretion
der Säuglinge; von Dr. Adolph H. Meyer in
Kopenhagen. (Arch. f. Kinderhkde. XXXV. 1 u. 2.
p. 79. 1902.)
M. berichtet nach einer geschichtlichen Ein-
leitung über die Ergebnisse von Untersuchungen,
die er an 17 gesunden, 12 akut und 18 subakut,
bez. chronisch magendarmkranken Säuglingen in
Bezug auf die Sekretion des Magensaftes ange-
stellt hat. Als Probemahlzeit diente meist Qersten-
schleim, in einigen Fällen Wasser, Kochsalzlösung,
iVi»</^Mehlsuppe, Milchgemisch. Es gelang nach
keiner Richtung hin, consianie Unterschiede bei
künstlich genährten gesunden und magendarm-
kranken Säuglingen aufzufinden. Die Art der
Probemahlzeit scheint keinen Einfluss auf die Zu-
sammensetzung des Magensaftes zu einem be-
stimmten Zeitpunkte, etwa im Verlaufe der ersten
Stunde nach Einnahme der Mahlzeit, zu haben«
1
Vlll. Chiruii^e, Augen- und Ohrenheilkunde.
91
Die Aciditat und die Pepsinmenge waren bei den
Säuglingen stets niedriger als bei älteren Kindern
oder Erwachsenen. Bei einzelnen Cholerinekranken
bestand, unabhängig vom Fieber, Subacidität oder
faai Anacidität. Bei einer gewissen Art von chro-
nisdiem Katarrh, der durch „explosives^* Er-
brechen, verzögerte Magen verdauung und Ver-
stopfung (? spastische Pylorusstenose) ausgezeichnet
ist, kann Hyperacidit&t auftreten. Irgend eine
Norm des Säure- oder Pepsingehaltes kann man
Dicht aufstellen. Es ergiebt somit die Untersuchung
des Mageninhaltes keine Anhaltepunkte fflr die
Diagnose, Prognose oder Therapie der Oastro-
intestinalkatarrhe beim Säuglinge. Die verschie-
denen Werthe, die bei normaler Verdauung ge-
fanden werden, deuten darauf hin, dass der Magen
auch für den Säugling nicht einfach die Bedeutung
eines Aufnahmebehälters besitzt
BrQckner (Dresden).
103. Zar KenntniM der ohronitohen Br-
nähnmgsstörongen der Säuglinge; von Dr.
K Stein itz. (Jahrb. f. Einderhkde. 3. F. VII.
6. p. 689. 1903.)
Im 1. Theile der ausführlichen Arbeit beschäf-
tigt sich S t mit den Einwänden, die Pfaundler
gegen die Auffassung der Breslauer Schule, über
^ Wesen der chronischen ErnährungstOrungen
der Säuglinge erhoben hat Er weist Pfaundler
einige üngenauigkeiten nach, sucht seine Einwände
n widerlegen und lehnt seine Deutung der ver-
mehrten Ammoniakabscheidung ab. Er sieht wie
Kine Breslauer Vorgänger die erhöhte Ammoniak-
abscheidung als Folge einer Acidose an. Auf Orund
eigener Versuche kommt er zu der schon von
Keller vermutheten Ansicht, dass die „Säuerung*^
nicht sowohl durch vermehrte Aufnahme und Cir-
kulation abnormer Säuren als vielmehr durch ver-
ringerte Alkaliresorption im Darme bedingt ist.
Brückner (Dresden).
104. Unterauohangen über die Aoiditit
und den SBuokergehalt von Säaglingsstühleii ;
von Dr. Leo Langstein. (Jahrb. f. Einderhkde.
3. F. VL 3. p. 350. 1902.)
Die Aciditat derMuttermilohstühle untersuchte
L. wie Rabner und HellstrOm (Titration mit
n
10
Natronlauge, FOrster 'scher Indikator) und
fand 2.1 — 3.7. Die hohen Werthe Blau berg 's
erklären sich wahrscheinlich aus der abweichenden
üntersuchungsmethode. Quantitativ festzustellende
Zuckermengen konnte L. im Stuhle von 8 natür-
lich und 1 künstlich genährten Säuglinge durch
Titration mit Feh ling 'scher LOsung nicht er-
mitteln. Die Oährungsprobe nach Schmidt und
Strassburger war für die Beurtheilung der
Eohlehydratausnutzung nicht "zu verwerthen. Es
fanden sich unerklärliche Schwankungen. Das-
selbe berichtete Callomon.
Brückner (Dresden).
105. Farbenanalytisolie Untersachungen
der Kinderftteoes ; von Dr. F. Schilling.
(Fortschr. d. Med. XX. 34. p. 1135. 1902.)
Soh. empfiehlt zur Färbung der Stahlpräparate
Pappenheim 's Triacid (Methylenblau, Orange und
Säurefachsin), Jod and Iproc. Ueberosmiumsäare.
Brückner (Dresden).
Vlll. Chirurgie, Augen- und Ohrenhelllcunde.
106. Erfolge der aseptisohen Wondbehand-
luig; von Dr. G. Neu her. (Arch. f. klin. Chir.
LXXI. 3. p. 675. 1903.)
ZurQckblickend bespricht N. zunflchst, wie die
tteptische Wundbehandlung im Anschluss und als
Absdiloss der Arbeiten über den antiseptischen
DanerTerband entstanden ist. Die aseptische Wund-
li'äkuidlang ist nicht im bakteriologischen Labora-
toriaiD, sondern auf Grund sorgsamster Beobach-
tung und allmählich fortschreitender Prüfung im
Operation- und Krankenzimmer entstanden, als ein
Produkt unserer doch im Wesentlichen praktischen
Wissenschaft
Dasa N. seine Verdienste um die aseptische
Wondbehandlong besonders hervorhebt, ist sein
^tes Becht N. hat hier ausserordentlich grosse
Verdienste und ist vielfach bahnbrechend vor-
gegangen ; dass er von allen Seiten die gebührende
Anerkennung gefunden habe, wird Niemand be-
haopten kOnnen. Den Schluss der lesenswerthen
Arbeit bilden geschichtliehe Bemerkungen über die
verrenkte Naht. P. W a g n e r (Leipzig).
107. Ueber Laohgaamischnarkosen ; von
Prof. Krön ig. (Münchn. med. Wchnschr. L. 42.
1903.)
Die Erfahrungen, die Menge und der Vf. auf
Grund von ca. 1000 Narkosen mit dem Braun'-
schen Mischnarkosenapparate gemacht haben, er-
gaben, dass man dabei meistens in der Lage ist,
der Athmungsluft im Beginne der Narkose Chloro-
formfttherdampf in solcher Concentration zuzu-
setzen, dass eine tiefe Narkose erzielt wird, ohne
dass die schädlichen Wirkungen der Aetherdämpfe
auf das Athmungsorgan oder die schädlichen Wir-
kungen des Chloroforms auf das Herz hervortreten.
Den einzigen Nachtheil der Braun 'sehen Misch-
narkose bildet das häufig sehr langsame Eintreten
des Toleranzstadium. Vf. hat deshalb das Lachgas
verwendet, um möglichst schnell das Toleranz-
stadium zu erreichen. Er hat einen Apparat con-
struirt, der eine Oombination des in Amerika
meistens gebräuchlichen Stickoxydulapparates, des
sogen. B e n n e t 's Inhalors, mit dem Braun 'sehen
Apparate darstellt Die Methode besteht dann in
92
Vm. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
Einleitung der Narkose mittels Lachgas und Fort-
setzung mittels des Braun 'sehen Oemisches. Die
technischen Einzelheiten des Apparates sind in der
mit Abbildungen versehenen Arbeit nachzulesen.
P. Wagner (Leipzig).
108. Oeiophagotomia externa cer?ioalis
bei Fremdkörpern im Oesophagoe; von Dr.
Balacescu und Dr. Con. (Revista de Chir.
Nr. 8 u. 9. p. 337. 1908.)
B. und C. geben in der ausführlichen Arbeit
eine historische Uebersicht Ober die seit 1738 durch
ftussere Oesophagotomie Operirten (320), über die
verschiedenen Operationmethoden und fügen einen
Fall eigener Beobachtung hinzu, betreffend einen
Mann, der, ohne es zu wissen, ein Oebiss mit
5 Zfthnen verschluckt hatte, das in der oberen
Oesophagusenge, hinter dem Larynx, stecken ge-
blieben war.
Bezüglich der operativen Technik empfehlen B. n. G.
ton^e Schnitte, weil das Anfünden der Schlundröhre hier-
durch aosserordentlich erleichtert wird. Die oervikale
Oesophagotomie soll immer links ausgeführt werden,
selbst wenn der Fremdkörper an der rechten Seite der
Trachea hervorragt, da die Schluodröhre nach links
etwas die Luftröhre überragt, indem sie mit ihr einen
Winkel bildet, in dessen Tiefe sich der linke Recurrens
befindet, der selbstverständlich nicht dnrchschnitten
werden darf. Der Hautschoitt soll schief, längs des vor-
deren Randes des Sternocleidomastoideus, vom Storno-
clavikulargelenke bis zum oberen Rande des Thyiooid-
knorpels geführt werden. Nach Durchschneidung und
üoterbinduDg der Vena jugularis externa wird der Sterno-
cleidomastoideus nach aussen gezogen, wodurch die mitt-
lere Halsaponeurose und der Musculus omohyoideusbloss-
gelegt werden. Letzterer wird entweder präparirt und
nach oben-innen gezogen oder mit der mittleren Apo-
neurose durchschuitten. Das Oefässnervenbündel des
Halses wird auf diese Weise blossgelegt, die Arterie vor-
sichtig mit der Hohlsonde freigemacht und zusammen
mit dem Eopfnicker nach aussen gezogen. Das Freilegen
der Trachea ist nun von haupteächUcher Wichtigkeit.
Hierfür wird mit der Hohlsonde der äussere Rand der
M. subhyoidei abgelöst, der linke Schilddrüsenlappen be-
weglich gemacht und nach oben-innen gedrängt, worauf
die Ringe der Luftröhre erscheinen. Um besseres Licht
zu haben, kann sowohl die untere, als auch die obere
Schilddrüsenarterie durchschnitten werden. Das Auf-
finden und Eröffnen des Oesophagus bUdet dann keine
Schwierigkeit, wohl aber die Extraktion des Fremd-
körpers, falls dieser tief gelegen ist. Bei frischen Ein-
keilungen, wenn keine Verletzung der Schlundröhre
oder der Wundränder durch die Extraktion stattgefunden
hat, wird genäht, immer aber im unteren Winkel der
Hautwunde ein Gazestreifen zur Drainirung eingelegt.
Die Heilung der Oesophaguswunde erfolgt gewöhnlich
nicht per primam, vielmehr bleibt eine kleine Fistel zu-
rück, die sich in 2—3 Wochen von selbst schliesst. Kräf-
tige Patienten sollen in den ersten Tagen nach der Ope-
ration absolute Diät einhalten und ihre Nahrung durch
Klysmen erhalten, während Kinder und Greise, für die
ein längeres Fasten von Nachtheil sein könnte, von Anfang
an Flüssigkeiten geniessen können. Man macht dann
einen Ck>mpressivverband und übt ausserdem mit der
Hand einen Druck auf die Operationgegend bei jeder
Schluckbewegung aus. £. T o f f (Braila).
109. Inyagination der vorderen Magen-
wand in den Oesophagus ; von Prof. Enderlen.
(Deutsche Ztschr. f. Chir. LXIX. 1. p. 60. 1903.)
E. beschreibt eine Invagination der vorderen Mageo-
wand in den Oesophagus, die bei einem filteren Manne
gelegentlich einer Situsdemonstration gefunden wurde,
irgendwelche klinische Daten fehlen, doch Ifisst sich ans
der schweren Löslichkeit der Invagination, dem Vor- |
handensein einer deutlichen Schnürfurche am üagen, ;
stärkerer Gefässinjektion unterhalb der Invagination auf '
eine Entstehung während des Lebens trotz Fehlens von
Adhäsionen schliessen. £. sieht eine gleichzeitig be-
stehende flaschenförmige, bis zur Bifnrkation hinauf sich
erstreckende Dilatation des unteren OesophagusabschnitteB
als begünstigendes Moment für die Entstehung der In-
vagination an. Die Dilatation des Oesophagus selbst ist
nach £. als idiopathische aufzufassen, da eine organische
Stenose an der Kardia fehlte. F. K r u m m (Karlsruhe).
110. Zur Therapie der Gastroptose; von
Dr. C 0 8 1 e. ( Arch. f. klin. Chir. LXXL 3. p. 664.
1903.)
WAhrend man in früheren Zeiten iieOctsiropUM
duroh Bandagen zu heben und ihre schfidlichen
Folgen duroh Medikamente zu beseitigen suchte,
haben seit Anfang der 90er Jahre die Chirurgen,
gestützt auf die Erfolge der Nephropexie bei Nephro-
ptose, es versucht, auch diese Art der Enteroptose
durch operative Eingriffe zu beseitigen. C. glaubt,
dass die Operation einer Enteroptose in den Fällen
sehr wohl berechtigt ist, in denen die Beschwerden
sich deutlich in einem Organ, wie dem Magen,
lokalisiren, wenn sie einen ganz bestimmten Cha-
rakter tragen und die Funktionstürung so stark
wird, dass sie einen das Leben gefährdenden und
bedrohenden Charakter annimmt. Sind hier die
internen Mittel erschöpft und wirkungslos ge-
blieben, dann kann der Chirurg, aber nur dann,
mit der Aussicht auf Erfolg eingreifen, voraus-
gesetzt, dass er in seiner Indikationstellung der
Operation vorsichtig ist.
C. berichtet über 2 eigene erfolgreiche Ope-
rationen. In dem einen Falle fixirteer die kleine
Curvatur an das Peritonaeum parietale, in dem
anderen Falle verkürzte er die Auf hängebänder des
Magens nach der Methode von Bier.
P. Wagner (Leipzig).
111. Die Chirurgie des Magenkrebses sn
der Krönlein'sohen Klinik in den Jahren 1881 —
1902; von Dr. Schünholzer. (Beitr. z. klin.
Chir. XXXIX. 1. 2. p. 162. 442. 1903.)
Auf Qrund des Materiales der Züridier chir-
urgischen Klinik sucht Seh. folgende Fragen zn
beantworten: l)Ist nach den heutigen Erfahrungen
einem Magenkrebskranken ein operatives Verfahren
anzurathen? 2) Ist die Probelaparotomie als früh-
diagnostisches Mittel bei Verdacht auf Magenkrebs
berechtigt? 3) Besitzt die Gastrektomie nur den
Werth einer Palliativoperation oder ist der Magen-
krebs durch diese Operation wirklich heilbar!
4) Vermag die Qastroenterostomie das Leben an
verlängern oder zum Mindesten geniessbarer, er
träglicher zu gestalten? Das Oesammtmaterial dei
K r 0 n 1 e i n 'sehen Klinik betrug von 1881 — 1 90S
264 Fälle von Magenkrebs, darunter 67
Vni. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
93
l
c^mie Kranke, 73 Probelaparotomien, 74 Qaetro-
enteroitonmny 50 Hagen- Pylorusreeekiionen.
Das Facit der beiden ersten Gruppen ist fol-
gendes: 53 nicht operirte Kranke — weil in-
operabel — mit einer mittleren Lebensdauer von
73 Tagen; 14 Kranke, die operabel erschienen,
aber die vorgeschlagene Operation ablehnten, mit
einer Lebensdauer von 200 Tagen zwischen dem
Tage der Untersuchung durch den Chirurgen bis
zom Tode; 73 Probelaparotomirte , von denen 7
innerhalb der 11 ersten Tage nach dem Eingriffe
starben (9.5% Mortalität) und 63 noch um 105 Tage
im Mittel die Operation überlebten.
Die Indücaiionen zur Oaetroenterosiomie fasst
E r G n 1 e i n folgendermaassen zusammen : Sie ist
angezeigt : 1) bei unexstirpirbaren Pyloruscarcino-
men, die wirkliche Stenosenerscheinungen machen;
2) in denjenigen Fällen, in denen auch ohne
ausgesprochene Pylorusstenose die Stagnation-
endieinungen in dem Krankheitbilde deutlich in
den Vordergrund treten. Yen den 74 Gastro-
enterostomirten starben 18 >» 24.3®/o in Folge
der Operation, und zwar nach 2 — 23 Tagen.
51 Operirte überlebten den Eingriff im Mittel um
192 Tage oder um 6V9 Monate. In je 17 Fällen
batte die Operation „sehr schönen", bez. „schönen**
Erfolg. Die Gastroenterostomie bei Magencarcinom
ist dann eine segensreiche Operatioq, wenn sie bei
onexstirpirbarenPyloruskrebsen gemacht wird, die
noch keine allzu grosse Ausbreitung genommen
liabett, und die in der Art des Wachsthums, in
Zahl nnd Lokalisation der Metastasen, sowie in
der Ausdehnung der Verwachsungen mit der üm-
gebong keinen speciell malignen Charakter auf-
weisen. Magenresektionen wegen Oarcinom wur-
den 1881—1895 15mal, 1895—1902 35mal vor-
genommen. Yen den 50 Gastrektomirten starben
14—28% an der Operation. 24 Operirte starben
Bach der operativen Heilung, und zwar 22 an
Bdddiv, 1 an Pneumonie, 1 an HerzcoUaps. Es
leben noch 12 Operirta Die 22 Gastrektomirten,
die einem Recidive ihres Leidens erlagen, lebten
nach der Operation im Mittel 532 Tage. Von den
12 noch am Lieben befindlichen Operirten können
2, die vor 8 , bez. 4 Jahren operirt wurden, als
^nmidgeheüt betrachtet werden.
ScL stellt folgende Schlusssätze auf: 1) Das
Ibgencarcinom, mit oder ohne Probelaparotomie,
säi selbst überlassen, fQhrt durchschnittlich nach
etwa 1 Jahre nach Auftreten der ersten wahr-
genommenen Symptome zum Tode. 2) Die Gastro-
enterostomie verl&igert das Leben im Mittel um
3^1 Monate. 3) Die Gastrektomie, sofern ihr ein
Beddiv folgt, verlängert es durchschnittlich um
IJahr.
Als diagnostisches Hfllfsmittel zur Frflhdiagnose
^ Magenkrebses empfiehlt Seh. in allen ver-
^^cshtigen nUlen die Yomahme der Probelaparo-
tonue, P. W a g n e r (Leipzig).
112. Die Besiütate der operatiyen Behand-
lung des Magenoaroinoms ; von Dr. Ringel.
(Beitr. z. klin. Chir. XXXVIIL 2. p. 585. 1903.)
In den chirurgischen Abtheilungen des Eppen-
dorfer Krankenhauses wurden seit 1889 144 Kranke
wegen Magencarcinom operirt, und zwar wurden
bei 63 Kranken Magenresektionen, bei 81 Gastro-
enterostomien ausgeffihrt. Bei einem Kranken wur-
den innerhalb 2 Jahren 2 Magenresektumen vor-
genommen, mithin wurde an 63 Kr. 64mal diese
Operation gemacht 38 Kranke «■ 59.4<)/o starben
im Anschluss an die Resektion. Diese hohe Mor-
talität findet ihre Erklärung darin, dass die Indi-
kationgrenzen zur Magenresektion bei Carcinom
sehr weit gefasst wurden. 8 Kranke leben noch,
darunter eine 70jähr. Frau, die vor 5 Jahren 3 Mon.
operirt wurde und vollkommen gesund ist Die
ausschliesslich palliative Gastroenterostomie wurde
an 81 Kranken 82mal vorgenommen. 51 Kranke
«» 62.2<^/o starben im Anschluss an die Operation.
Ein dringender Verdacht auf Magencarcinom
erlegt die Pflicht zur Operation, mindestens zur
Probelaparotomie auf. P. Wagner (Leipzig).
113. Zur operativen Behandlung des Magen-
oaroinoms; von Dr. Casp ersehn. (Deutsche
Ztschr. f. Chir. LXVH. p. 500. 1903.)
In den Jahren 1890—1900 hat 0. Gelegenheit
gehabt, 54 Magenkrebse zu behandeln. Von diesen
Kranken wurden 16 als vollständig aussichtlos nur
intern behandelt und starben in kflrzester Zeit In
weiteren 16 Fällen wurde die Probelaparotomie
gemacht, 2mal die Oastroenterostomie, in 20 Fällen
die Besektion des Pylorus. 11 Kranke starben im
Anschluss an die Operation, 9 wurden geheilt ent-
lassen. 4 sind dauernd geheilt geblieben (4^1 bis
71/2 Jahre).
C. hat die Indikationen zum chirurgischen Ein-
griffe möglichst weit und vor Allem weit nach der
Seite des Versuchs radikaler Heilung durch Resek-
tion gesteckt Er hat in allen 20 Fällen die sogen,
erste B i 1 1 r 0 1 h 'sehe Methode angewandt
Die Fälle, in denen die Gastroenterostomie an-
gezeigt sein kann — Fälle von inoperablem Car-
cinom mit schwerster motorischer Insufficienz und
Stenose bei im üebrigen noch relativ günstigem
Allgemeinzustand — , sind doch recht selten.
P. Wagner (Leipzig).
114. Beiträge lor Magenohirorgie ; von Dr.
Bardescu. (Spitalul. XXIIL 6. p. 191. 1903.)
B. bespricht die Anzeigen und Erfolge der
Oastroenterostomie und der Gastropylorekiomie, Be-
züglich der ersteren berichtet er über eine Kranke,
die vor 8 Jahren von Leonte operirt wurde und
sich seither des besten Wohlseins erfreute.
Es handelte sich am einen wahrscheinlioh benignen
Tumor des Pyloms, der sich auch auf die kleine Magen-
carvatur erstreckt hatte. Die Entfernung geschah durch
eine einfache Oastroenterostomia anterior, indem die
Dünndarmschlinge über das Colon und Epiploon geführt
wurde. Die Untersuchung des Mageninhsdtes nach einer
94
VIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
Probemahl zeit^ die unlängst vorgenommen wurde, ergab
fM>rma/e Verhältnisse, so dass angenommen werden mass,
dass entweder der früher erkrankte Pylorus zur Norm
zurückgekehrt oder der künstliche Pylorus schliessung-
fähig geworden ist.
In einem anderen Falle handelte es sich um
eine Magenresektion wegen Pyloruskrebs und B.
giebt dieser den Vorzug vor den palliativen Ope-
rationen. Es wird zunächst eine Oastroenterostomia
posterior an einer vom Neoplasma entfernten Stelle
ausgeführt, dieses dann entfernt, falls die Ver-
wachsungen und der Zustand der Lymphgefasse
dieses vortheilhaft erscheinen lassen, und dann
werden Magen und Darm separat geschlossen. Nur
bei inoperablen Carcinomen beschränkte man sich
auf die Anlegung einer Magendarmfistel.
E. Toff (Braila).
115. üeber die mit der Qaetroenteroato-
mia poBtorior in der Tübinger Klinik gemach-
ten Erfahrungen ; von Dr. T r e n d e 1. (Beitr. z.
klin. Chir. XXXIX. 1. p. 113. 1903.)
Während die vordere Gastroenterostomie mit
gleichzeitiger Enteroanastomose ein sicheres Ver-
fahren zur Vermeidung der Regurgitation darstellt,
das allerdings auch manche Nachtheile hat, er-
folgte in den letzten Jahren eine Reihe von
Veröffentlichungen zu Gunsten der hinteren Oaetro-
enterostomie nach von Hacker. Besonders die
Heidelberger Klinik ist wiederholt und in entschie-
dener Weise fQr die hintere Magendarmvereinigung
eingetreten.
Die hintere Qastroenterostomie mit zuführender
kurzer Schlinge wurde in der C z e r n y 'sehen Klinik
215mal, von Steinthal 26mal und in der von
Bruns 'sehen Klinik 28mal, insgesammt 269mal
angewandt Vom Murphy- Knopf wurde 2 1 9mal
Gebrauch gemacht. Nur in 3 Fällen versagte der
Knopf, in einem 4. Falle fiel er in den Magen und
war möglicherweise die Ursache einer tOdtlichen
Nachblutung. In allen übrigen Fällen erfolgte
durch ihn eine sichere Magendarmanastomose.
Von den 269 Operirten starben im Verlaufe der
nächsten 4 Wochen 49 — 1 8.2^/0. In keinem
einzigen sämmtlicher Fälle war das Eintreten eines
reinen Magenileus festzustellen. „Unter den relativ
einfachen Operationsverhältnissen, die ein schnelles
und aseptisches Operiren möglich machen, bietet
demnach die hintere Qasiroenierosiomie mit zu-
führender kurzer Schlinge und gut construirtem
Murphyknopf die beste Gewähr für eine siebter funh-
tionirende Magendarmanastomose,"
P. Wagner (Leipzig).
116. Znr Technik der Magendarmopera-
tionen. Der „GaBtrophor*^, ein Aasistenten-
sparer bei Magendarmoperationen; von Prof.
A. Narath. (Arch. f. klin. Chir. LXXI. 4. p.901.
1903.)
N. beschreibt ein Instrument, das bei verschie-
denen Magen - Darmoperationen den Assistenten,
der den Magen zu fixiren hat, in sehr vollkom-
mener Weise zu ersetzen im Stande ist Der
„Qastrophor** eignet sich für die verschiedenen
Formen der Gastroenterostomie, für die Pyloras-
resektion, sowie fQr einige Darmoperationen. Die
weiteren Einzelheiten sind in der mit Abbildungen
versehenen Originalarbeit nachzulesen. Die Vor-
theile des Instrumentes für die Oastroenterostooaia
retrocolica posterior, für die es ursprünglich oon-
struirt worden ist, fasst N. in folgenden Sätzen
zusammen: „1) Es ist der Assistent, der den Magen
hält, vollständig entbehrlich geworden und damit
gleichzeitig die Infektionsquelle, die er abgeben
könnte, beseitigt. 2) Es kommt kein Mageninhalt
in die Bauchhöhle, auch wenn der Kranke bricht,
presst oder hustet; also wieder geringere Infek-
tionsgefahr. 3) Es blutet nicht aus den Magen-
gefässen, wenn genügender Druck angewendet
wurde. 4) Die Operation ist ieichter auszuführen,
da das Operationsfeld besser zugänglich ist Man
näht beinahe wie auf einem Nadelkissen. 5) Der
Operateur ist frei in seinen Bewegungen und wird
nicht vom Assistenten bei seinen Manipulationen
behindert. 6) Die Operation ist in etwas kürzerer
Zeit auszuführen. 7) Der Knopf kann nicht in
den Magen fallen." P. Wagner (Leipzig).
117. Die Pathogenese der suboutanenBiip-
tiirendesMagen*Darmtractii8; von Dr. Sauer-
bruch. (Mittheil. a. d. Orenzgeb. d. Med. u. Chir.
XII. 1. p. 93. 1903.)
In dieser ausführlichen Arbeit schliesst sich S.
der Eintheilung von Moty-Petryan und unter-
scheidet zwischen Quetschung, bez. Zerqueisehung,
Berstung und Abriss durch Zug.
Die günstigsten Bedingungen ffSireineQueiaekung
sind: 1) Stoss gegen die Wirbelsäule, die Becken-
schaufeln, oder eine funktionell gleichartige Unter-
lage; 2) Stossrichtung, die die Wirbelsaule oder
das Becken trifft; 3) nicht zu gefüllter Darm;
4) circumscripte Einwirkung der Gewalt. Die
Quetschungen des Magens müssen danach sehr
seltene Verletzungen sein; h(k}hstens kann der
Pylorustheil gequetscht werden und solche Falle
sind in der That beobachtet worden.
Für die Bersiung des Darmes sind die Vor-
bedingungen: 1) Starke Füllung des Darmes;
2) Abschluss der Darmschlinge nach beiden Seiten
a) durch Knickung an zwei Stellen; b) durch
Knickung an einer Stelle und Verschluss durch
das Trauma an einer zweiten Stelle ; 0) durch dop-
pelt wirkende Gewalt ; 3) Contusion des Abdomenf
in der Gegend der aufgetriebenen Schlingen. Di
diese Bedingungen beim Darme selten zutreffen
sind Berstungsrupturen hier ebenfalls selten. Füi
den Magen ist die Hauptsache die starke Füllung
zu der bei den traumatischen Berstungen noch eil
stArkeres, bei den Spontanrupturen nur ein kleine
auslösendes Moment hinzukommen muss.
Die Bedingungen für den Abriss dureh Zii>
sind: 1) Schlaffe und dünne Bauchdecken ; 2) ein
Vni. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
96
schiefe Stossrichtung von unten nach oben im
Winkel zur Wirbelsäule; 3) Stoss, bez. Zug an
einer entweder physiologisch oder durch besondere
Verhiltnisse fizirten Daroaschlinge.
In diese 3 Gruppen werden sich die meisten
fUJe von Darmrupiuren , die in der Praxis zur
Beobachtung kommen, unterbringen lassen. Die
3 Typen können sich auch miteinander verbinden.
Die gewöhnlichsten Todesursachen bei Darm-
rupturen sind Blutungen und Shock; es kann
ecBtere so reichlich sein, dass in wenigen Minuten
der Tod eintritt. Abgesehen von diesem akutesten
Verlauf der Bauchcontusionen kommt als Folge
der Verletzung namentlich die Peritonitis in Frage;
sekondAre Erscheinungen werden durch Adhäsionen
und Darmstenosen hervorgerufen.
Eine Behandlung hat wohl immer nur dann
Aussicht auf Erfolg, wenn frühzeitig genug ein
chimrgischer Eingriff gemacht wird.
P. Wagner (Leipzig).
118. Abdominale Qaetcohwande doroh
Hofiohlag. Darmperforation; von L. Stro-
fflinger. (Presa med. romäna IX. 6 — 7. p. 87.
1903.)
Der Kr. hatte einen Hufschlag auf die vordere
Thonx^che, in der Hohe der 9. bis 10. Rippe, einige
Gentimeter Ton der Medianlinie entfernt, erhalten. Es
nr dort eine 2 Francs grosse, oberflächliche Ekchymose,
loost aber keine Verletzung sichtbar. Er war bewnsstlos
offlgestärzt, erholte sich aber rasch. Obwohl in den
eisten 2 Tagea keine beunruhigenden Symptome auf-
getreten waren, wurde auf Grund der erhöhten Temperatur
Qod der ausserordentlichen Empfindlichkeit der Bauch-
decken eine Darmverletzung vermuthet und die Laparo-
tomie aosgeführt. Es ergoss sich in reichlicher Menge
eu« düone, trübe Flüssigkeit und man fand am Anfangs-
tbeüe des Dünndarmes zwei kleine, mit Pseudomembranen
bedeckte Platzwunden der Darm wand. Da die Nachbar-
M» ekchymoairt and brüchig waren, wurden die Wun-
dai nicht genäht, sondern nur eine Drainirung nach
Mikulicz gemacht und die Höhle mit Jodoformgaze
tiucefüllt, nachdem vorher die freie Flüssigkeit auf-
gesaugt und die Bauchhöhle mit sterilem Serum ge-
viBcfaen war. In der Folge wurden tägliche subcutane
iiQspritzongen von je 2 Liter künstÜchon Serums ge-
macht Verbandwechsel nach 7 Tagen und des weiteren
jeden 2. Tag. Heilung nach 1 Monat. E. T o f f (Braila).
119. Heber Diagnoae und Behandlung der
nheukaneB Oontuaionarupturen des Darms;
TOD ö. W. Törnquist (Nord. med. Ark. 1. Afd.
3.P.IL I.Nr. 2. 1902.)
T. veröffentlicht aus der Chirurg. Klinik in
^ABd 3 Fälle von subcutaner Contusionruptur des
Atfms (2mal Jeganum, Iroal unteres Ileum be-
Meod). Ein Pat, der 1 1 Stunden nach dem Trauma
operirt wurde, ist einer progredienten eiterigen
Peritonitis erlegen, die beiden anderen 6, bez.
6 Stunden nach dem Trauma Operirten sind ge-
Aesen. Bei der Diagnosestellung legt T., wie nun*
oehr wobl allgemein anerkannt, das Hauptgewicht
aaf den initialen heftigen Schmerz, auf den schweren
Shock, der jedoch kein obligater Begleiter der
Dumniptur zu sein braucht, auf die Spannung
der Bauebdecken, das zunehmende Erbrechen, Er-
höhung der Pulsfrequenz während der ersten Stun-
den, auf einen sich ausbildenden Dämpfungsbezirk
und auf die Verschlechterung des allgemeinen
Erankheitbildes. T. tritt für baldige Probelaparo-
tomie in zweifelhaften Fällen ein. Vor Opiaten
wird gewarnt ; SpQlungen der Bauchhöhle hält er
ffir gefährlich, mechanische Reinigung und aus-
giebige Tamponade für das Beste ; subcutane Eoch-
salzinfusionen werden empfohlen.
F. Krumm (Karlsruhe).
120. Spontane Buptur der Scheide mit
oolossalem DarmTorfall ; von R o m m e 1. (Deut-
sche Ztschr. f. Chir. LXIV. 1—3. p. 121. 1902.)
38jähr., bisher nie anterleibskranke Frau. Nach
Heben eines schweren Kessels Schmerzen, einige Standen
später ein sich rasch vergrössernder Darmprolaps vor
dem Scheideneingange. Bei der Aufnahme: vor der
Scheide ein über mannskopfgrosses Convolut von Dann-
schlingen mit blaurother Verfärbung; eine davon auf
oa. 30 cm Länge vom Mesenteriam abgetrennt und blau-
schwarz verfärbt. Die Abtrennung war wahrscheinlich
dadurch zu Stande gekommen, dass die Frau in ihrer
Angst fortwährend an den Därmen herom gezerrt hatte.
An den Endpunkten der abgetrennten Schlinge ringförmige
Einschnürunffen am Darme (Einklemmung an der Vaginal-
rissstelle). Keposition des Darmes in Narkose sehr
schwierig und nur unvollkommen möglich, ein Scheidoii-
riss war nicht deutlich zu fühlen; am Tage darauf Tod im
Collaps. Bei der Sektion: beginnende Peritonitis im
Becken; das vom Mesenterium abgetrennte Darmstück
gangränös, die Vorderwand des sehr weiten Douglas'schon
Raumes in die Scheide vorgewölbt, Ruptur der hinteren
Vaginalwand an der tiefsten Stelle des Douglas'schen
Raumes in Form eines runden Loches. Wahrscheinliche
Ursache: grosse Schlaffheit und Biüchigkeit der Gewebe
in Folge früherer Geburten. Mohr (Bielefeld).
121. Perforirende Bauohwunde; Verletaung
der Vena meaenterloa; reioliliohe abdominale
Blutung; Laparotomie; Heilung; von Dr. H.
Botescu. (SpitaluL XXIIL 1. p. 4. 1903.)
«
Es handelte sich um einen Messerstich, den sich ein
36jähr. Mann, in selbstmörderischer Absicht, mit einem
Tischmesser, in die epigastrische Gegend, zwischen Nabel
und Processus xiphoideus beigebracht hatte. Das Messer
war zwischen die Darraschlingen gedrungen, ohne sie zu
vorletzen, und hatte an der hinteren Abdominalwand die
Vena mesenterica major eröffnet. Obwohl die Laparotomie
erst 5Vt Stunden nach stattgehabter Verletzung vor-
genommen wurde, konnte doch nach Unterbindung dos
blutenden Gefässes und Reinigung der Bauchhöhle von
Blut und Blutgerinnseln, ein vollständiger Erfolg, d. h.
prima intentio, erzielt werden. E. To f f (Braila).
122. Die AeUologie des Traohoma; von Dr.
Leopold Müller. (Arch. f. OphthalmoL LVIL
1. p. 138. 1903.)
M. findet seine in einer früheren Arbeit (Arch.
f. Augenhkde. XL. p. 13. 1899) über den Trachom-
bacillus niedergelegten Untersuchungsergebnisse
bestätigt und vervollständigt durch weitere Unter-
suchungen von 352 Kranken in Kairo, die mit
primären, secernirenden Bindehautleiden in Be-
handlung kamen, ebenso durch die Beobachtungen
bei einer kleinen Trachomepidemie im Qrazer Irren-
96
yni. Gliirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
hause und die Befunde, die er über die Bakterien
des Thränensackes von Kranken aus der Fuchs'-
sehen Klinik festgestellt hat Ebenso müssen naoh
M. auch die von Qramakowski und zur Ned-
den gefundenen Bakterien trotz dergegentheiligen
Auffassung dieser Autoren bei richtiger Deutung
als specifische Trachombacillen angesehen werden.
Auch Axenfeld's ablehnende Beurtheilung seiner
(M.'8) früheren Mittheilungen dürfte bei der Fülle
des jetzigen Beweisstoffes einer rückhaltlosen Zu-
stimmung Platz zu machen haben. Als fest-
stehende Merkmale des M ül 1er 'sehen Trachom-
bacillus haben zu gelten: „Abgerundete Enden
der Stäbchen. Negatives Verhalten gegen die
Gram 'sehe Färbung. Ausschliessliches Wachs-
thum auf hämoglobinhaltigen Nährböden bei Blut-
temperatur und Zutritt von Sauerstoff. Glasiges,
auch noch bei 80facher VergrOsserung anscheinend
völlig strukturloses Aussehen des Randes der
Colonien. Unbeweglichkeit der Stäbchen. Alle
anderen Merkmale sind mehr weniger variabel."
Besondere Aufmerksamkeit erfordert die richtige
Beurtheilung des Bacillus im Culturverfahren. Die
Einzelheiten sind ausführlich beschrieben, ebenso
die auffallenden morphologischen, culturellen und
klinischen Unterschiede zwischen ihm und dem
Koch-Weeks 'sehen Bacillus. Die Verschieden-
heit tritt übrigens auch an den beigefügten Ab-
bildungen deutlich hervor. Beachtung verdienen
besonders auch die Beobachtungen M.'s an exstir-
pirten Thränensäcken. Sie „wimmelten" nicht von
Bakterien aller Art. Vielmehr fand er z. B. unter
31 Fällen 13mal nur eine Art, 14mal nur zwei
Arten Keime vor. Der „regelmässige" Gast des
Sackes, derPneumococcus, war unter den 31 Fällen
nur 1 3mal anzutreffen. Dagegen Hessen sich 1 6mal
Trachombacillen nachweisen, meist in Gesellschaft
anderer Bakterien. Von diesen 16 Kranken hatten
8 schweres, 2 leichtes Trachom; 5 hatten zwar
kein frisches Trachom, doch stammten sie theils
aus verseuchten Gegenden, oder hatten Trachom,
nachweisbar durchgemacht Nur für einen Fall,
cystische Erweiterung des Sackes, vorher Ver-
letzung des Oberkieferknochens, fehlte die Er-
klärung wegen der Herkunft der Trachombacillen.
Unter den 15 Kranken ohne Trachombacillus waren
nur 2 mit alten Trachomnarben. Die Verände-
rungen der Sackwand bei positivem Bacillenbefund
möchte M. als wahre Thränensackgranulose deuten.
Vorläufig lässt sich noch nicht feststellen, ob der
Bacillus in das Gewebe (sowohl des Sackes, wie
der Bindehaut) eindringt, weil er bei längerer Be-
handlung mit Alkohol seine Färbbarkeit verliert.
Solange wir keine genaueren Untersuchungsmittel
haben, müssen wir uns vorstellen, dass der Bacillus
auf der Oberfläche der Schleimhaut wuchert und
Stoffe bildet, die zur Bildung von „Follikeln" und
Entzündung des Gewebes führen. Er ist auf
Symbiose mit anderen Bakterien angewiesen und
entwickelt sich deshalb mit Vorliebe bei Personen
in schlechten hygieinischen Verhältnissen und bei
Thränensackveränderungen.
Bergemann (Husum).
123. Augenspiegelbefünde bei Animie;
von Prof. El sehnig. (Wien. med. Wchnschr.
LEI. 3. 4. 1903.)
E. bespricht seine Augenspiegelbefunde bei den
verschiedenen Arten von Anämie. Sowohl seine
klinischen Beobachtungen, als auch ihre patho-
genetische Deutung weichen in mancher Beziehung
von den Anschauungen Anderer ab. Er geht näher
ein auf die akute, posthämorrhagische Anämie, die
chronische Anämie aus bekannter oder unbekannter
Ursache, die Anämie durch Duodenalparasiten, die
pemiciöse Anämie und die Leukämia Bei allen
diesen Formen bilden mehr oder weniger hervor-
stechende Netzhaut und Sehnervenveränderungen
die Regel. Dagegen fand E. bei reiner Chlorose
niemals schwerere Netzhautveränderungen oder
Neuritis optici. E. wünscht der Ophthalmoskopie
weitere Berücksichtigung bei der Diagnostik von
Anämien, die zuweilen trotz genauester Blutunter-
suchungen nicht sicher klassificirt werden können.
Bergemann (Husum).
124. Ein neues OperationsTerfahren nur
Heilung der Netshautabheba&g ; von Dr; Leo-
pold Müller. (Münchn. med. Wchnschr. Im 23.
1903.)
Das neue Verfahren, das M. an 7 Kranken mit
Erfolg ausgeführt hat, zerfällt in 3 Abschnitte:
1) temporäre Resektion des äusseren Orbitalrandes
nach KrOnlein; 2) Freilegung des Augapfels;
3) Hauptoperation am Augapfel. Es wird mit
Schonung der Aderhaut und Netzhaut ein 8 — 10 mm
breites und 20 mm langes Stück Sklera zwischen
dem Ansatz des Bectus externus und den Vortex*
venen ausgeschnitten, die subretinale Flüssigkeit
durch Einstich soweit abgelassen, als es die Ver-
kleinerung der Bulbuskapsel erfordert und durch
Nähte werden die Sklerawunden geschlossen.
Ebenso wie die bisherigen medikamentösen und
operativen Behandlungsarten hält M. auch die ver-
schiedenen Abhebungstheorien für unzulAnglich.
Er nimmt an, dass die primäre Netzhautabhebung
verursacht wird durch eine aktive Abdrängung der
Netzhaut von der Aderhaut Die Ursache der
Abdrängung kann sein: 1) ein entzündliches Ex-
sudat bei Chorioideitis ; 2) eine Blutung ; 3) ein
Transsudat, veranlasst durch a) Blutstauung in der
Aderhaut, b) Compression der Aderhautgeftsae,
c) eine Erkrankung des Blutes.
Bergemann (Husum).
125. Traitement des haemorrhagies rioldi-
▼antes du Titrd par les ii^eotions hypodermi*
ques de sörum gölatinö; par C. Fromaget
(Ann. d'Oculist CXXX. p. 165. Sept 1903.)
Fr. hat bei 4 Kranken mit reoidivirenden Qlas-
kürperblutungen, die durch keine der üblioheu Be-
handlungsarten geheilt werden konnten, mit bestem
IX. Medioin im AUgemeineB.
97
Bifolg Oelatineseram unter die Haut eingespritzt.
Zwei Krankengeschichten sind genauer mitgetheilt.
In beiden Fällen wurde eine 2proc. Lösung ver-
wendet, die bei dem einen Kranken 2mal, bei dem
anderen 6mal mit Stftgigen Pausen unter die Haut
des Abdomens gespritzt wurde. Die Heilung hat
ein angehalten seit 4, bez. S^j Jahren.
Bergemann (Husum).
126. 8nr le traitement d'argenoe de Tam-
blyopie par partes de sang ; par T e r s o n. (Gaz.
des HGp. Nr. 104. p. 1034. 1903.)
T. empfiehlt bei plötzlicher Erblindung durch
starke Blutverluste sofortige Einspritzungen grosser
Mengen von physiologischer Kochsalzlösung.
Bergemann (Husum).
127. Ueber Contiiaioii des Augapfels» mit
besonderer Büokaioht auf die imiridia ond
Aphakia traamatioa; von Dr. Fej6r. (Arch. f.
iQgenhkde. XLYÜI. 3. p. 267. 1903.)
F. beobachtete eine Quetschung des Augapfels,
die ohne nachweisbaren Riss der Augenhäute zu
roUstftndiger Losreissung der Regenbogenhaut und
linse geführt hatte ; beide waren in den hinteren
Glaskörper verdrAngt. Nach reichlich 1 Jahre war
die Linse durch Resorption verschwunden, ebenso
die Iris bis auf gelinge Pigmentreste. Sehschärfe
mit Correktion (-|- 19.0) = Vso- Zur Erklärung
der Mechanik dieser Verletzungen verwerthet F.
im Wesentlichen die in der Literatur niedergelegten
Annahmen. Die bei seinem Kranken beobachtete
Erscheinung, dass der ganze Hintergrund ohne
Spiegel und Linse deutlich zu übersehen war,
möchte er so auffassen, „dass bei Mangel der Iris
nicht nur viel Licht in das Auge gelangt, sondern
daraus auch viel reflektirt wird, und man kann
— in Folge der Aphakie, d. h. der hohen Weit-
sichtigkeit des Auges — dieexoessivdivergirenden
Strahlen in einer gewissen Entfernung zu einem
scharfen Bilde vereinigen/'
Bergemann (Husum).
128. üeberAugenmaskalTerletaiingeii; von
Dr. F e j 6 r. (Arch. f. Augenhkde. XLVIII. 3. p. 264.
1903.)
F. berichtet im ZasammenhaDg mit einem kurzen
üteratnraasznge über eine unmittelbare Augen muskel-
verletznng durch einen Kindersäbel. Nach Lage der
Wunde und Doppelbilder schienen Reci intern, und
Obliq. sop. nahe ihrem peripherischen Ende getro£fen zu
sein. 8 Tage nach Yerh eilung der Wunde verschwanden
ohne besondere Eingriffe auch die Doppelbilder. F. em-
pfiehlt in ähnlichen Fällen die abwartende Behandlung,
die operative jedenfalls erst dann, wenn nach völliger
Heilung der Wunde noch Zeichen der Ablenkung be-
stehen sollten. Bergemann (Husum).
IX. Medicin im Allgemeinen.
129. Ueber die Verwerthbarkeit der
Bdntgenstraliieii ffir medioiniaoh-oliirQrgiaohe
Zweeke; von Dr. Paul Wagner in Leipzig.
(Vgl Jahrbh. CCLXIVL p. 87.)
Von den zahlreichen Böntgenarb&iien, die im
Laufe der letzten Monate erschienen sind, bieten
diqenigen ,;radioÜierap€Ut%8ehen'^ Inhaltes das
grtete Interesse. Ganz besonders ist es die hei-
fewfe Wirkung der SorUgensirahlen auf bösartige
^^nAädungen, die immer und immer wieder zu
Moea Y^suchen und Untersuchungen anregt.
Wirkliche, auf längere Zeit hinaus sichergestellte
HeÜQngen scheinen aber bis jetzt doch noch ausser-
<atieDilich selten zu sein.
D^ VL Band der „Fbrteehritie auf dem Gebiete
^Rontgeneirahlenf* e^^hält u. A. folgende Arbeiten :
Bei^ragß xmr EmmHiniee der akuten Knochen-
^^f^ifUe; von Dr. A. Exner. Sudek hat vor
Innern in einer zusammenfassenden Besprechung
«ine bisherigen Erfahrungen über akute Enochen-
*^hie mitgetheilt Er nimmt mit Kienböck
^ Dräsche der nach Traumen und entzOndlichen
Prooessen auftretenden akuten Knochenatrophie
tnphiache Slßningen an und betont abermals die
Bcfaveren FunktionstOrungen , die in Begleitung
öer Atrophie auftreten. Da die Knochenerkran-
kong häufig übersehen wird, kommt es vor, dass
te Kranken üebertreibung oder gar Simulation
^wgeworfsn wird« Vor diesem Irrthume kann
ain ttoh durch radiologische Untersuchung be-
Med. Jahibb. Bd. 281. Hit 1.
wahren. B. hat namentlich bei Frakturen und
verschiedenen Entzündungen verhältnissmfissig
häufig akute Knochenatrophie beobachten kOnnen.
Er theilt eine Reihe von radiologischen und mikro-
skopischen Befunden mit
SpaUhand und SpaUftses; von Dr. K. Vogel.
Beschreibung eines typischen Falles bei einem
64jähr. Kranken. Die Abnormität war nicht sehr
stsrk, so dass Pat trotz seiner verkrüppelten Hand
einen vollen Tagelohn verdienen konnte.
Stereoskope für grosee Bilder; von Dr. B. Walter.
Böntgeniet^nik und fahrlässige Körperverletzung;
von Dr. B. Schürmayer. Genaue Darstellung
des genugsam bekannten Falles.
üsber die üniersudmng von xwei Fällen von
epigastrisehen Doppelmissbildungen mittels Badio-
skopie; von Dr. H. Uellendall. H. konnte einen
12jähr. lebenden Epigastrius radioskopisch genau
untersuchen und im Vergleiche hierzu auch ein
aus alter Zeit stammendes Präparat von einem an-
scheinend völlig ausgetragenen Epigastrius, der im
Wesentlichen dem beobachteten Lebenden gleich-
artig war.
Beitrag xur Theorie und Praxis der Böntgen-
strahlen-Therapie; von Dr. H. S t r e b e 1. Das wich-
tigste Problem der Röntgentherapie ist die sichere
Beherrschung der durch die specifisohen Strahlen
erzeugten Dermatitis. Das Plus oder Minus in
dieser Richtung aber hängt ab von einer richtigen
Dosirungsmethode. Kienböck gebührt das Ver-
13
98
IX. Medicm im Allgemeiiiea.
dienst, hierüber Klarheit geschaffen zu haben, dass
die Wirkung der Strahlen mit der absorbirten
Menge parallel geht. Sehr günstige Erfolge hat
Str. mit der Röntgentherapie erzielt bei Hyper-
trichosis, Alopecia areata, Akne; Canoroiden, lupO-
sen Ulcerationen.
In tüeloherWeise kann hei eiterigen Erkrankungen
der oberen nasalen Nebenräume das Röntgenbild des
Oesichtschädels den Operationplan, diese Hohlräume
durch äussere Eingriffe freizulegen, modificiren?
von Dr. E. Win ekler. Die Erfahrungen, die
durch das Studium der anatomischen Varietftten
der nasalen Nebenhöhlen gewonnen sind, Uessen
sich bisher praktisch an den Stirnhöhlen nicht ver-
werthen und nützten nichts, um im Einzelfalle
einen den thatsftchlichen Verhältnissen entspre-
chenden Operationplan aufzustellen. Mit Hülfe
von Röntgenaufnahmen können aber nunmehr auch
für den einzelnen Krankheitfall die anatomischen
Kenntnisse nutzbar gemacht werden. Indem sie
bei dem Studium des Röntgenbildes verwerthet
werden, lassen sich in dem einzelnen Falle wich-
tige Beziehungen zwischen Stirnhöhle und Sieb-
bein ermitteln, insbesondere lässt sich die Be-
schaffenheit der Nasenwurzel feststellen. In diesem
Falle kann das Röntgenbild bei der Wahl der
Operation methode für den vorliegenden Fall von
beachtenswerthem Einflüsse sein.
Ein AufnahmestufU für Kopfröntgogramme;
von Dr. F. Sjögren.
Ein Fall einer seltenen Missbildung der Hand;
von Dr. M. S a 1 0 m 0 n. Es handelte sich um eine
Spaltung des Mittelfingers und eine Syndaktylie
2. Grades, Verschmelzung des gespaltenen Mittel-
fingers mit den benachbarten Fingern durch An-
einanderlegung der Skelettheile bei selbständiger
Entwickelung der Knochen und Qelenke.
Gasuisiiseher Beitrag zur Diagnose der Knochen-
Sarkome mittels Böntgensirahlen ; von Dr. D i e t z e r.
Die' durch die Röntgenuntersuchung auf f^peri-
ostales Osteoidsarkom" gestellte Diagnose wurde
durch die mikroskopische Untersuchung des Tumor
bestätigt, die ihn als ein osteoides Riesenzellen-
sarkom erwies.
Die Untersuchung der Brustorgane mit Böntgen-
sirahlen in verschiedenen Durchleuchiungsrichtungen ;
von Dr. EL Rieder.
Beitrag xur Osteoarthritis deformans; von Dr.
A. Köhler. Alle verunstalteten Knochen von an
Arthritis deformans Leidenden zeigen samt und
sonders derartige Formen, dass die Vorbildung
lediglich die Folge eines groben mechanischen
Druckes, bez. Zuges auf nachgiebige Knochen-
massen darstellt. Die Deformation geht nach un-
verkennbarer Gesetzmässigkeit vor sich, nach den
bekannten Gesetzen der Mechanik.
Die forensische Beurtheilung der sogenannten
Böntgenverbrennungen ; von Dr. G. Holzknecht.
Bei der zu therapeutischen und zu diagnostischen
Zwecken vorgenommenen Bestrahlung des mensch-
lichen Körpers mit Röntgenlicht kann specielle
Sachunkenntniss im ersteren Falle sehr leicht, im
letzteren weniger leicht zu mehr oder minder
schweren, theils langdauernden, theils irreparable
Schädigungen führen. Wir haben hier 3 Möglich-
keiten zu unterscheiden: 1) Die Schädigung im
Bereiche der absichtlich bestrahlten Haut durch
absolute Ueberdosirung. 2) Schädigung an einer
unabsichtlich bestrahlten Stelle (am häufigsten in
der Umgebung des absichtlich bestrahlten Gebietes)
durch ungenügenden Schutz der nicht zu bestrah-
lenden Haut. 3) Schädigung des Betroffenen durch
Entstehen einer sekundären Allgemeinerkrankung
in Folge allzu ausgedehnter gleichzeitiger Böntgen-
reaktionen.
Die multiplen Ekehondrosen der Traehea ; von Dr.
M. Moltrecht Die Ekehondrosen der Trachea
sind stets multipel auftretende, aus echtem Knorpel-,
bez. Knochengewebe bestehende Geschwfilste, die
vom Trachealepithel überzogen werden und meist
mit den Knorpelringen im Zusammenhange stehen.
Sie machen fast nie Beschwerden und bilden daher
meist einen zufälligen Befund. Nur 2 Er. sind
' klinisch beobachtet und operativ in Angriff genom-
men worden. Die Neubildungen entstehen ohne
bekannte Ursache an den Stellen der Trachea-
wand, die normalerweise elastische Fasern besitzen,
d. h. im Perichondrium, in den Ligg. annularia, in
Bindegewebezügen, die von diesen beiden Stell»
zur Schleimhaut führen , sowie in der mittleren
Schicht der Submucosa. Der grösste Theil der
Tumoren steht mit dem Perichondrium in Verbin-
dung und ist aus diesem entstanden ; ein anderer
Theil entsteht wahrscheinlich auf metaplastischem
Wege aus dem Bindegewebe der genannten Faser-
stränge. An den erwähnten Stellen legt sieh zuerst
ein elastische Fasern enthaltender Knorpel an, der
verkalken und zu Knochen werden kann. Letz-
terer enthält ebenfalls oft elastische Fasern. Der
häutige Theil der Luftröhre und der ausserhalb
der Knorpelringe liegende Abschnitt der Traohea-
wand bleiben frei von Geschwülsten. DieTamoren
kommen etwa gleich häufig beim männlichen, wie
beim weiblichen Geschlecht vor und sind nicht vor
dem 23. Lebensjahre beobachtet worden.
Congenitale Difformitäi an der oberen Bxireimii&t;
von Dr. K Kiwull. Mangelhafte Entwickelong
des rechten Humerus und feste knöcherne Ver-
wachsung mit dem Vorderarme. An Stelle von
Radius und Ulna eine Knochenplatte ; rechte Hand-
wurzel und ELand normal gebildet, aber za klein,
Beitrag xur KnoehensyphiUs im Röntgenbilde;
von Dr. v. Niessen.
Zur Technik des FremdkcrpemachweiseB itn Aug^
apfel; von Dr. A. Köhler.
Ein Fall von Luxatio carpi ad volam; von Dr.
E. Marshall.
lieber eine radiographisch nackweMore Fera»
derung der proximalen Knochenfragmente bei Fhib
turen; von Dr. Wertheim Salomonsen. Y^c
IX. Medioin im AIlgemeineiL
99
ninderte Transparenz an den proximalen Frag-
menten. Vielleicht handelt es aioh um einen
Abschlnss der arteriellen Blutversorgung des proxi-
malen Fragmentes (Lision der Art nutritia). In
Folge dessen stellt sich eine venOseHyper&mie ein,
die während der ersten 2^it wenigstens mit einer
Kalkablagerang einhergeht.
Die Frakturen am unteren Humerusende m
BofägenbUde; von Dr. Wen dt. Auf mehreren
Tafein giebt W. ausgezeichnete Abbildungen von
den Terschiedenen Frakturen, die am unteren
Homemsende beobachtet werden. Wenn wir seit
Anwendung des Röntgen Verfahrens gelernt haben,
dass eine ideale Heilung von Frakturen in anato-
mischer Beziehung (ideale Beseitigung jeder Defor-
mität) recht selten vorkommt, so haben wir auch
andererseits erfahren, dass es eine Beihe gering-
fügiger Deformitäten giebt, die das funktionelle
fiesnitat durchaus nicht beeintrUchtigen und die
namentlich auch bei den vorliegenden Frakturen
nicht ohne Weiteres ein operatives Eingreifen ge-
BeobaMungen an Eontgenbüdem von Sdiuss-
vtrktxungen aus der Zeit der chinesischen Wirren
(1900); Ton Dr. E. Haga.
^ivwphyfna geheilt durch Röntgenstrahlen und
^Mdu beseitigt durehültraviolettstrahlen ; von Dr.
H. StrebeL Bei dem Er. mit charakteristischen
Knollenwucherungen der Nase erzeugte Str. eine
Röntgendermatitis 3. Orades, die die knolligen Auf-
träbongen und Entstellungen der Nase völlig zum
Verschwinden brachte und die Conturen der Nase
vieder gerade richteta
Iaus — Arteriosklerose f von Dr. A. Köhler.
All das Typische in den BGntgenbefunden luetisch
ffkrankter Knochen werden hingestellt: m&ssige
Kifimmongen und leichte Knickungen der Knochen
in Ganzen, ossificirende und rareficirende Peri-
Mtitis gleichzeitig nebeneinander, Hyperostose,
Sklerose, Osteoporose und Rarefikation an ein und
demselben Knochen. Diese Erscheinungen fanden
tth auch auf den Radiogrammen in mehreren von
K. beobachteten Fällen. Besonders bemerkens-
verth war ein Fall, in dem sich Lues nicht nach-
weisen Hess; das Röntgenbild zeigte neben ausser-
^^identiich starker Qefässverkalkung eigenartige
■ymmetrische Knochenverftnderungen , die am
meisten an Lues erinnerten.
Sodiographisehe Verdauungsstudien; von Dr. 0.
Irans.
V(her einen röntgenographisch lokalisirien Faü
^ Hirntumor; von Dr. 0. Fittig. Bei einem
^jShr. Knaben mit noch dfinnen Schädelknochen
>6>gte die Radiographie einen rechts von der Pro-
taberantia ocoipital. liegenden Schatten. Die Ope-
Tatioa, sowie die Autopsie ergaben, dass es sich
mn an in der rechten Hemisphäre gelegenes Oliom
luadelte, von dem ein Theil verkalkt war. Dieser
Theil hatte bei den Röntgenaufnahmen den Schat-
^▼enirsaoht
Vereinfaehtes Verfahren xur Stereoskopie von Rönt-
genbildem; von Dr. K. Bart hold y. (Centr.-Bl. f.Chir
XXIX. 49. 1902.)
Der voD B. construirte Apparat besteht ans einem
grossen Stereoskop, das an Stelle des verkleinerten Dia-
positivs die Origioalplatte direkt aufnimmt, in dem aber
statt der üblichen Stereoskopgläser, die prismatische
Linsenanssohnitte darstellen, einfache Prismen benutzt
werden. Die grossen Vortheile des Apparates sind fol-
gende: Man kann photographisohe Kenntnisse und Appa-
rate entbehren ; man spart die ganzen zeitraubenden und
umständlichen Manipulationen zur Herstellung des ver-
kleinerten Bildes. Das Bild ist sehr schnell zur Betrach-
tung fertig, da mit dem Trocknen der Platte die ganze
Arbeit vollendet ist, in ganz dringenden Fällen kann man
sogar die feuchte Platte besehen, sieht also das Bild
bereits Vt Stunde nach der Aufnahme stereoskopisch.
Some prineiples involved in the therapeutic appli-
eations of radioactivity ; by W. R o 1 1 i n g s. (Boston
med. and snrg. Jonrn. Nov. 12. 1903.)
D<u RörUgeninstrumeniarium für den Praktiker;
von Dr. H. Kraft (Münchn. med. Wchnschr. L. 46.
1903.)
Quelques appareils aeeessoires de la radiographie
stireoscopique; par le Dr. £. Henrard. (Presse med.
beige LV. 9. 1903.)
Erfahrungen über Unterbrecher im Röntgeninstru-
mentarium; von Dr. A. Köhler. (Münchn. med. Wo-
chenschr. L. 46. 1903.)
Nach den Erfahrungen K.*s ist der rotirende Qneck-
silberunterbrecher mit Oleitoontakten (Hirschmann)
der beste Unterbrecher, der znr Zeit ezistirt Den grössten
Vortheil findet K. darin, dass es mit Hülfe dieses Unter-
brechers möglich ist, Thorazanfnahmen selbst starker
Erwachsener bei angehaltenem Athem, also in wenigen
Sekunden zu machen, und zwar ohne Verstärknogschirm
und ohne nachträgliche Plattenverstärkung.
Eine billige Compressionsblende; von Dr. Faul-
haber. (Münchn. med. Wchnschr. ll 46. 1903.)
SchtUxnuuMsregeln gegen RbntgenstrahUn und ihre
Dosirung; von Dr. M. Levy-Dorn. (Deutsche med.
Wchnschr. XXIX. 49. 1903.)
Eine neue, einfache Dosirungsmethode in der RadiO'
therapie (Das Chronoradiometer) ; von Dr. Q. Holz-
knecht. (Wien. klin. Bandschau XVI. 35. 1902.)
On the dosage in the radiotherapy ; by G. H o p k i n s.
(Philad. med. Joum. Sept. 27. 1902.)
Zur leehnik der Röntgenapparate ; von F. Des-
sau er. (Sitz.-Ber. d. physik.-med. Oesellsch. zuWürzb.
2. 1902.)
Einiges über das Röntgenisiren mit kleinen Instru-
mentarien; von Dr. 0. Eckstein. (Prag. med. Wo-
chenschr. XXVm. 17. 1903.)
Eine Blende tüu Röntgenaufnahmen ; von Dr. W i e s -
ner. (Wien. klin. Rundschau XVII. 7. 1903.)
üeber einen Fortsehritt in der Technik der Röntgen-
durchleuchtung ; von Dr. B. Wiesner u. F. Dessauer.
(Münchn. med. Wchnschr. L. 32. 1903.)
Erzielung einer aussergewöhnlichen Bildhelligkeit
unter möglichster Unterdrückung der Sekundärstrahlen-
bildung.
Tßchnisehes in der specieU therapeutischen Verwen-
dung der X-Strahlen; von Dr. B. Schürmayer.
München 1903. Seitz ä Schauer. 8. 31 S. (1 Mk.)
Some peetdiariiies of ihe X-ray image; by W.
Gotton. (Edinb. med. Joum. July 1903.)
La radioscopia del faseio-vascolare in condixioni
fUiohgiche e patologiche; pel Dr. G. Arcarisi. (Eif.
med. XIX. 33. 1903.)
The X-ray; by Milton Franklin. (New York
med. Record Oct. 25. 1902.)
Notes onX-light; by W. Rollins. (Boston med.
and surg. Joum. April 2. 1903.)
Radio-prawis ; by Dr. H. G. P i f f a r d. (New York
med. Beoord Maroh 7. 1903.)
100
IX. Uedidn im Allgemeinen.
The present stctius ofradiotherapy and radiography ;
by M. F. Coomes. (Amer. Pract. and News Oot. 15.
1902.)
Joys and sorrows of an X-ray toorker; by Dr.
H. Hülst. (Physic. and Surg. XXIV. 11. 1902.)
A discussüm on radiography X-ray trea^nent, the
high'frequency method and ligM treabnent; by DDr.
Freund, Sequeira, Dore, Mac Leod, Hall-
Edwards, Abraham, Williams, Taylor, Per-
net, Walker, Wild, Lanoashire. (Brit med.
Journ. Oct. 25. 1902.)
Ueber Methoden der Deuttmg und Reproduktion von
Radiogrammen; von Dr. R. Kienböck. (Wien. klin.
Rundschau XVI. 43. 1902.)
Ueber die Bedeutung der Röntgenuntereuchung fiMr
die praktische Chirurgie; von Dr. F. F r a e n k e 1. (Mün-
chener med. Wchnschr. L. 13. 1903.)
The WS« of the X-ray in surgery; by E. A. Cod-
man. (Johns Hopkins Hoap. Bull. XIV. Maroh 1903.)
X-raye in swgery ; by A. F. M * C o r m a c k. (Amer.
Pract. and News XXXIV. 6. 1902.)
Report ofihe X-ray departmerU; by W. M. Brick-
ner and E. Eising. (Mt. Sinai Hosp. Rep. III. p. 556.
1903.)
The use of the X-ray s in the ireatment of diseases
of the skirij certain forms of eaneer, of the glandulär
System and ofother diseases and as a means ofrelieving
pain; by F. W. Williams. (Med. News Oct. 3. 1903.)
Some observations on X-ray therapeuties in shin
diseases ; by F. S. 6 u r n s. (Boston med. and surg. Journ.
Oct. 29. 1903.)
2kir radiographisehen Anatomie und Klinik des
traumatischen intramuskulären Osteoms; von Dr. R.
Kienböck. (Wien. klin. Rundschau XVII. 47—49.
1903.)
Zur radiographischen AneUomie und Klinik der
chondralen Dysplasie der Knochen mit muUiplen earti-
laginären Exostosen; von Dr. R. Kienböok. (Wien,
med. WoTinschr. LIII. 47 flg. 1903.)
Ueber Wachsthum und Architektur der unteren
Femurepiphyse und oberen Tibiaepiphyse, Ein Beitrag
xur Röntgendiagnostik; von Dr. K. Ludloff. (Beitr.
z. klin. Chir. XXXVIII. 1. p. 64. 1903.)
Eingehende radiographische Untersuchungen,
die die Vorarbeit bilden sollen, um einerseits das
Thema der primären Lokalisation der Knochen-
und Oelenktuberkulose , speciell des Knies, mit
Hülfe der Röntgenphotographie an einem grösseren
üntersuchungsmateriale, wie es sonst mit anderen
Methoden möglich ist, bearbeiten zu könhen, anderer-
seits die Auffassung vom Oenu valgum und anderen
Knochendeformitäten zu berichtigen.
Zur Diagnostik der Knöchern und Oelenktuberkulose ;
von Dr. K. Ludloff. (Aroh. f. klin. Chir. LXXL 3.
p. 613. 1903.)
Bei der Behandlung der Knochen- und Oelenk-
tuberkulose ist noch immer keine Einigung erzielt
worden, unter welchen Bedingungen die Resektion
oder die Jodoforminjektion oder die Bier 'sehe
Stauung angewendet werden solL Wenn das haupt-
sächlich noch an dem ergänzungsbedürftigen Aus-
bau der Diagnostik liegt, so ist das Röntgenbild
auch auf diesem Gebiete noch zu einer grösseren
Rolle berufen, besonders in den Fällen von be-
ginnender Tuberkulose, in deren Behandlung wir
es als erstrebenswerthes Ideal hinstellen müssen,
den Knochenherd so früh nachzuweisen, dass wir
ihn noch vor dem Durchbruch in das Gelenk eztra-
capsulär unschädlich machen können. Gerade die
Gelenktuberkulose im 1. Deeennium müsste in
diesem Sinne durchforscht werden. L. hat früh«
nachweisen können, dass am normalen Knie bia
zum 15. Jahre hauptsächlich zwei hierauf bezüg-
liche Erscheinungen im Röntgenbild in Betracht
kommen: 1) Bei Durchstrahlung von vorn nadi
hinten das Auftreten von Protuberanzen an der
Knochen-Knorpelgrenze des Condylus medialis im
Alter von 2 — 4 Jahren, und von ebensolchen an
der Knochenknorpelgrenze des Condylus lateralis
im Alter von 4 — 6 Jahren. 2) Bei seitlicher Durch-
Strahlung das Auftreten eines durchscheinenden
„Epiphysenfleckee^' im vorderen Theile der Con-
dylen im Alter von 1 — 15 Jahren, so lange die
Epiphysenfugen noch vorhanden sind.
Bei tuberkulöeen Knien von Kindern im Alter
von 3 — 7 Jahren fand L. folgende charakteristische
Merkmale: 1) Verminderung, bez. Vernichtung
der Protuberanzen an der Knochenknorpelgrenze,
besonders des OondyL int, bis zum 5. Jahre, Auf-
treten von Rauhigkeiten an der Knochenknorpel-
grenze im 7. Lebensjahre. 2) Zapfenförmige
Knochenneubildung an der Unterfläche der Con-
dylen. 3) Vergrösserung der knöchernen oder ver-
knöcherten Theile der Condylen, der Patella, der
Tibia und des Fibulakopfes. Diese Theile erscheinen
geradezu wie aufgeblasen. 4) Vergrösserung des
Epiphysenfleckes und grössere Durchlässigkeit für
Röntgenstrahlen.
Wie diese beschriebenen Veränderungen im
Röntgenbilde zu Stande kommen, leh^t das Radio-
gramm eines Präparates von einer Kniegelenk-
resektion bei einem 4jähr. Kinde. Central an der
Knochenknorpelgrenze des Condyl. med. sitzt ein
etwa bohnengrosser Herd; dieser entspricht der
Stelle des Epiphysenfleckes. In diesem Herde sind
sämmtliche Bälkchen gleichsam ausradirt Aber
an diesem Epiphysenfleck können wir nicht nur
die degeneratixren Vorgänge am Knochen bei aus-
gesprochener und beginnender Tuberkulose stu-
diren, sondern auch die regeneraiiven Vorgänge bd
der ausheilenden Tuberkulose. Zu berücksichtigen
ist hierbei, dass d&r EpiphysenfUck die Eintrittstelle
für die zahlreichen Vasa nutritia in den Knochen
ist und däss er gerade an der üeberschlagstelle
der Synovia liegt, da, wo der tuberkulöse Pannus
sich auf den Gelenkknorpel hinüberschiebt
La radiographie est nSeessaire dans les affeetitms
osseuses chroniques; par le Dr. 0. Lambret. (Echo
med. du Nord VI. 48. 1902.)
Ueber Knochenverwnderungen bei akutem Oelenk-
rheumatismus im Röntgenbilde; von Dr. E. Haim.
(Ztschr. f. Heilkde. XXIV. 8. 1903.)
Beim akuten Oelenkrheumaiismiu findet man
schon in den ersten Tagen nach Beginn des Pro-
cesses im Röntgenbilde diffuse Aufhellung der
Knochenschatten, sowie Verwischung der Struktor-
und Contourzeichnung der spongiösen Gelonkenden,
Diese Veränderungen kann man als Ausdruck dafüi
auffassen, dass schon in den ersten Tagen der en^
zündliche Process auf die knöchernen Oelenkendeo
DL Medicin im AUgememen.
101
übergreift, dtss eine akute Erweichung, Hyperämie
und Schwellung der Oelenkenden stattfindet, die
man als OitiUs der Epiphysen bezeichnen kann.
Nach Ausheilung der Entzündung gehen auch diese
Veränderungen zurück. Es bleibt nur eine ge-
ringe stabile Atrophie der knOchernen Oelenkenden
Qbrig, die sich im ROntgeubilde durch eine leichte
AofhelluDg, sowie durch eine scharfe, grobmaschige,
nur apftrliohe Strukturzeichnung kundgiebt
Congmüal anonuüies of the phalanges, icüh repcrt
ef eases studied by ahiagrapky ; by F. B. L u o d . ( Boston
med. and sarg. Jouru. Dec. 1 1 flg. 1902.)
Tke modern ireatment offraeturea ofihe lower end
ofthe radius, as tndicated by the Roentgen rays; by Dr.
C. Beck. (Med. News Sept 20. 1902.)
B. hebt nochmals ganz besonders hervor, dass
gerade bei diesen Frakturen das genaue Redresse-
ment und die genaue Anpassung der Frakturenden
noterderControle des Röntgenbildes zu geschehen
bat, die auch dann im Verbände öfters vorgenommen
Verden soll.
Fraetures of the extremüies. Being a report of a
Mrd senes of 500 eonseetdive eases, verified by radio-
grs^; by G. Ross and M. Wilbert (Pbilad. med.
JoaiD. Oct 4. 1902.)
TJtbar das Röntgenbiid der Handwurzel in Einsieht
auf die Luxaiionssteliungen des Eandgelenkes ; von Dr.
B. Volf f. (Mon.-Schr. f. ünfallhkde. X. 7. 1903.)
Zur ComiütikderMitielftusknoehenbrüehe; von Dr.
Tobold. (DeuUche mil-ärzü. Ztscbr. XXXII. 9. 1903.)
Durch UntersuchuDgen von Fussgeschwülsten
mittek Röntgenstrahlen hat Stech ow, der Be-
gronder der militärftrztlichen ROntgenstation, zuerst
den sicheren Nachweis erbracht, dass die Fuss-
geecbwUlste zum Theil weiter nichts sind, als die
bis dahin verkannten Brüche der Mittelfussknochen
oder Erkrankungen ihrer Knochenhaut
Der vorliegenden Arbeit liegen 1500 mit Bönt-
9^Nirtihlen uniersttehte Fuasgeschwväste zu Grunde.
Duonter fanden sich insgesammt ßl.S^J^ krank-
Wte Veränderungen an den Mittelfusskuochen,
nad swar frische Brüche und Einbrüche in 49.7<>/o,
Klochenhautentzündungen in 11.9%, alte Brüche
ia 5.7*/o der Fälle. In 32.70/o der Fälle war nichts
m sehen. Von den Mütelfussknoehenbriiehen war
fo linke Fuss häufiger befallen als der rechte;
f^T am häufigsten war der 2. linke Mittelfuss-
bochen betroffen. Der Bruch fand sich meist in
der vorderen Hälfte der Mittelfussknochen , mit-
^ dicht an den Köpfchen. Meist handelte es
^ Qffl Qaerbrüche, weniger häufig um Schräg-
^■"tche, noch seltener um Splitterbrüche.
In fast der Hälfte der Fälle von Fussgeschwulst
^^^ude das Marschiien als Entstehungsursache des
I^idens angeschuldigt; vorwiegend waren Mann-
schaften des 1. Diensljahres betroffen.
Die Behandlung bestand in Bettruhe, Hoch-
Isganing des Fusses nach Anlegung eines festen,
du Fnssgelenk nihig stellenden Stärke- oder Oips-
Tohandes auf die Dauer von ca. 14 Tagen. Jeder
Mittdfoaaknochenbruch bedeutet durchschnittlich
änen Ausfall von 32 Diensttagen.
Zwei seltene Fälle von isolirter Tibiaeerktxung auf
Onmd von R&ntgen<»ufhahfnen ; von Dr. 0 ol d a m m e r.
(Deutsche mil.-ärstl. Ztsohr. XXXII. 9. 1903.)
2 seltene Fälle von isolirter Infraktion der Tibia.
Beitrag xur Untersuchung auf Fremdkörper mit
Röntgenstrahlen; von Dr. Levy-Dorn und Dr. M. Ja-
cob s o h n. (Berl. klin. Wobnsohr. XL. 34. 1903.)
The use of the X-ray in the exaet localixation of a
foreign body; by L. D. W eiss. (New York med. Journ.
June 20. 1903. — Pbilad. med. Journ. June 20. 1903.)
Röntgenbefund nach Jodipininjektionen ; von Dr.
M. Landow. (Münohn. med. Wchnsohr. L. 38. 1903.)
Bei einem öOjähr. Er., der vor einigen Monaten eine
Anzahl von Jodipininjektionen in den rechten Oberarm
erhalten hatte, ergab die Radiographie im Bereiche der
Weichtheile eine Unmasse von dunklen, zum Theil mit
einander zusammenhängenden Flecken. Was man also
nach den Sehrwald 'sehen Untersuchungen als wahr-
scheinlich annehmen durfte, dass nämlich aas Jedipin als
eine chemische Verbindung des Chloijods mittels der
BÖntgenstrahlen im Körper nachweisbar ist, konnte im
vorliegenden Falle in ausgezeichneter Weise bestätigt
werden.
Röntgeneerfakren und interne Iherapie; von Dr.
de la Camp. (Ther. d. Gegenw. Juni 1903.)
Ihe Roentgen rays in medicine: by Dr. C. Beck.
(Twentieth Century pract. XXI. 1903.)
On the use of the Roentgen rays in the diagnosis of
pulmonary disease ; by H a 1 1 s D a 1 1 y. (Lancet June 27.
1903.)
D. ist der Ansicht, dass die Radiographie ein
wichtiges Hfilfsmittel bei der Frühdiagnose der
Lungentuberkulose bildet. Namentlich die auf
dem Fluoreecenzschirme nachweisbare einseitige
Beeinträchtigung der Zwerchfellsbewegung giebt
einen frühzeitigen diagnostischen Anhaltepunkt
Roentgen rays in the diagnosis of lung "disease ;
by D. Lawson and H. Crombie. (Lancet July 25.
1903.)
Eocamen du coeur ä la radioseopie au point de vue
de Vaptitude au serviee milüaire; par le DDr. F. An-
ton y et £. Loison. (Arch. de Med. et de Pharm, mil.
XUI. 10. 1903.)
Die Vff. empfehlen den Militärärzten, bei Gestellungs-
pflichtigen die Herzgrenzen mittels Radiographie zu be-
stimmen, die sehr sichere Ergebnisse giebt.
Sternumf Brustaorta und WirbelsäiUe im Röntgen'
bilde ; von Dr. M. L e v y - D o r n. (Deutsche med. Wo-
chenschr. XXVIII. 34. 1902.) r
Mittheilung von zwei Röntgenbildern in den
beiden schrftgen Durchleuchtungsrichtungen. In
dem einen Falle sieht man besonders deutlich die
Brustaorta und das Stemum, in dem anderen die
Brustwirbelsäule in ihren einzelnen Segmenten.
Die Magen' und Darmbewegungen im Röntgenbilde
und ihre Veränderung durch verschiedene Evnflüsse;
von Dr. F. Lommel. (Münchn. med. Wchnsohr. L. 38.
1903.)
Radiotherapy in enteritis and Colitis ; by 8 i n c 1 a i r
Tousey. (New York med. Journ. July 11. 1903. —
Fhilad. med. Journ. July 11. 1903.)
An additional case oftumor ofthe brain, localixed
clindecUly and by the Roentgen rays; by DDr. Ch.
Mills, G. £. Pfahler, J. B. Deaver. (Philad. med.
Journ. 8ept. 27. 1902.)
Der Fall betraf ein 21jähr. Mädchen, das einen
3 Zoll grossen Schatten direkt über der Roland'schen
Furche zeigte. Erst bei dem 2. Eingriffe konnte der
eiförmige abgekapselte Tumor (Spindelzeilensarkom) ez-
stirpirt werden.
X'light in anthropometrical signalment; by W.
R 0 1] i n s. (Boston med. and surg. Journ. May 7. 1903.)
102
IX. Medicin im Allgemeinen.
The medicolegai value of the Roentgen rays; by
C. Beok. (New Tork med. Reoord Aag. 0. 1902.)
2kir radiograpkischen Anatomie und Klinik der
syphilitischen Knochenerkrankungen an Extremitäten ;
von Dr. R. Kienböck. (Ztschr. f. Heilkde. XXIII. 6.
1902.)
Auf Grund zahlreicher Abbildungen bespricht
E. den grossen Werth der Röntgenuntersuchungen
bei den verschiedenen Formen der Enochenerkran-
kuDg, und zwar ganz besonders bei denen syphi-
litischer Natur. Bei der hereditären Syphilis han-
delt es sich meist um eine ausgebreitete schwere
Skeleterkrankung, die sich in der Hauptsache als
eine rareficirende Osteomyelitis charakterisirt Ein
ganz besonders auffallendes Röntgenbild ergaben
die gummösen Enochenaffektionen mit ihren osteo-
plastischen und rareficirenden Vorgängen.
Zur radiographischen Anatomie und Klinik der
tuberkulösen Erkrankung der Fingerknoehen : Spina
ventosa, namentlich der nicht naeh aussen per forirenden
Form, nebst Differentialdiagnose gegen Syphilis; von
Dr. R. Kienböck. (Ztschr. f. Heilkde. XXUI, 6. 1902.)
Eingehende, durch zahlreiche Abbildungen
illustrirte Beschreibung von 4 Fällen von Spina
ventosa, und zwar von einem Falle, der den ersten
Beginn einer tuberkulösen Enochenerkrankung
darstellt, und 3 verschieden weit fortgeschrittenen
Fällen. Die radiologische Anatomie allein vermag
keine sichere Differentialdiagnose zwischen Eno-
chensyphilis und Enochentuberkulose zu bieten.
Ueber Knoehenveränderungen bei gonorrhoischer
Arthritis und akute Khochenatrophie überhaupt. Mit
Röntgenuntersuchttngen ; von Dr. R. K i e n b ö c k. (Wien,
klin. Wchnschr. XVI. 3. 4. 1903.)
Bei Verletzungen und Entzündungen an Glie-
dern, besonders mit heftigen Schmerzen und
Immobilisation im Verbände, und zwar sowohl bei
Erkrankungen der Knochen, als auch der Weich-
theile, kann eine Veränderung am Skelet auftreten,
die gewöhnlich „Inaktivitätatrophie" des Enochens
genannt wird, besser aber einfach als „akute Kno-
ehenairophie^' zu bezeichnen ist Diese Erscheinung
tritt speciell auch bei schwerer gonorrhoischrmeta-
statiBcher Arthritis auf. Die Veränderung kann
am Lebenden (unblutig) fast nur durch Röntgen-
untersuchung nachgewiesen werden. Das Auftreten
der Veränderung ist zuerst an den Spongiosen zu
sehen, im Radiogramm ist sie durch Aufhellung
des Schattens mit Verschwommenheit derOontour-
und Strukturstriche zu erkennen. Diese Erschei-
nung tritt in einer dem primären Läsion herde
nahen Spongiosa zunächst nicht gleichmässig, son-
dern herdweise unregelmässig: fleckig, scheckig
auf. Dann erst wird die verschwommene Auf-
hellung des Enochenschattens diffus und das
Strukturbild verschwindet fast vOllig. Aus dem
radiologischen Befunde ergiebt sich schon, dass es
sich im Enochen um bedeutende Resorption der
KaUcsalxe handelt.
Ein neues Material Mim Schutze der gesunden
Haut gegen Rönigenlicht und über radiologische Schutz-
nuxassnahmen im Allgemeinen; von DDr. G. Holz-
kneoht u. R. Grün fei d. (Münchn. med. Wchnschr.
L. 28. 1903.)
Das wesentlichste Ergebniss der Untersuchungen
H.*8 und Gr.'s besteht darin, dass Eleibleeh von 25 mm
Stärke das dünnste, praktisch mit Sicherheit zareicbende
Material für die nicht zu bestrahlende Haat darstellt
Das Bleiblech wird beiderseitig mit dünnen Eaatsohok-
lamellen bezogen.
The prindples of protection against Roentgen-ligJU
dermaiitis ; by C. B e c k. (New York med. Reoord Jan. 31.
1903.)
Schutzvorkehrungen für Patienten, Aerzte md
Fabrikantengegen Schädigungen durch Röntgenstrahlen;
von Dr. Albers -Schönberg. (Centr.-Bl. f. Chir.
XXX. 24. 1903.)
Fieberhafte Allgemeinerkrankung mit Exanthem hei
RÖntgendermcUitis ; von Dr. G. Holssknecht. (Arob.
f. Dermatol. u. Syph. LXVL 1 u. 2. 1903.)
Man beobachtet bisweilen auf der HOhe inten-
siver oder ausgebreiteter ROntgenreaktionen einen
toxAmischen Symptomencomplex, bestehend sqb
hohem Fieber mit auffallend geringen febrilen All-
gemeinerscheinungen mit oder ohne Exanthem:
kleinfleckige papulOse Dermatitis. Wenn auch diese
F&lle, von denen H. einige mittheilt, eine sehr
günstige Prognose geben, so sind immerhin gleich-
zeitige Reaktionen an grossen oder zahlreichen
Stellen des EOrpers zu vermeiden.
Näheres über Entstehung, Vorkommen und Ver-
halten der Röntgenverbrennungen; von Dr. B. Schür-
rn a y e r. (Deutsche Praxis XI. 20. 1902.)
Soh. theilt zunftohst kurz 30 Beobachtungen
von Rcmtgenverbrennungen mit, darunter mehrere
noch nicht veröffentlichte eigene Beobachtungen.
Von besonderem Interesse ist der eine Fall ScIl'b
(Haarwuchs bei einer ca. 30jähr. Blondine), der zu
einer Denunciation seitens des Vaters derEranken
bei der Staatsanwaltschaft geführt hat
„Das Charakteristische aller dieser „Verbreih
nungen*' ist das, dass sie so oft ohne irgend
welche Vorboten, ganz plötzlich, wie aus heiterem
Himmel auftraten, wiederum aber erst nach einer
mehr oder minder langen Incubationazeit sich
zeigten.^* Ganz typisch für die meisten dieser
pathologischen Erscheinungen ist und bleibt die
langsame Heilung, auch bei zweckentsprechender
Behandlung und ängstlicher Abhaltung jeder wei-
teren Reizung. „Für die Beurtheilung der Röntgen-
schädigungen gilt heute der Gesichtspunkt, dass
es sich um aussergewOhnliche Vorkommnisse han-
delt, deren Eintritt abzuhalten nicht ohne Weiteres
im Bereiche der Macht des gewissenhaft Alles oon-
trolirenden ROntgentherapeuten liegt^*
A case ofX-ray dermatosis; by L. H. Prince.
(Philad. med. Joom. Aüg. 9. 1902.)
Die RöntgenO'therapeutische Vorreaktion ; von Dr.
G. Holzknecht. (Arch. f. Dermatol u. Syph. LXVL
1 u. 2. 1903.)
„Die Vorreaktion, die gelegentlich 1 Stunde
nach Bestrahlung mit ROntgenrOhren auftritt, die
einen starken violetten Beleg besitzen, modificirt
die später auftretende echte ROntgenreaktion im
Sinne der Verstärkung des Prooesses in den ober-
flächlichsten Schichten und wird vermuthlich duroh
eine von den Röntgenstrahlen vOllig verschiedene)
ihrem Wesen nach bis jetzt unbekannte Strahlung
erzeugt."
IX. Medidn im AllgemeiiLBn.
103
Tke pathohgy of tke itssue ehanges indueed hy the
l-raif: preHrnmary repori; by A. 6. Ellis. (Amer.
Jotin. of med. So. CXXV. 1. 1903.)
E. giebt zunächst eine Zusammenstellung der
bisherigen Untersuchungen Ober die Bönigenver-
ändarungm der Oewehe und berichtet dann über
eigene mikroskopische Untersuchungen in 4 Fällen :
bei einem Mammacaroinom, einem Lymphangiom
der Orbita und zwei Hautoancroiden. Es fanden
sich Nekrose verschiedenen Grades desParenchyms
imdStromas, Vermehrung des elastischen Oewebee,
homogene Ablagerungen in den Blutgefässen, die
theüweise bis zur Obliteration geführt hatten. Eine
kleinzellige Infiltration fand sich nicht Die End-
artarütis obliterans und Nekrose treten wahrschein-
lich gleichzeitig auf. Die Hautkrebse räth K zu-
nScfast auszuschaben, weil dann die Röntgenstrahlen
Btfrker nekrotisirend wirken.
Tke pathologietU ehanges in the skin produeed by
tke rays from a Finaen lamp; by J. M. H. M ao Le o d.
(Brit med. Joam. Oct 25. 1002.)
Shoehensarkome im Röntgenbild; von Dr. Les-
BiDg. (Berl. klin. Wchnschr. XL. 41. 1903.)
L berichtet aus der Eon ig 'sehen Klinik
Aber 2 Fälle von Knoehenaarkom (scharf ab-
gegienstes Riesenzellensarkom und diffuses Rund-
lelleDsarkom) , bei denen die Röntgenbilder den
Charakter der Oeschwulst deutlich wiedergaben.
L glaubt, dass, wenn Anamnese und sonstiger
objektiver Befund auf Sarkom hinweisen, uns das
BSotgenbild in den meisten Fällen vor einer Probe-
iikcisioD werthvoUen objektiven Aufschluss über
die Art der Ausbreitung und des Wachsthums der
voriiegenden Geschwulst geben kann; vor Allem
kum es uns sagen, ob wir es mit einem Tumor zu
thim haben, der durch eine Schale scharf gegen
Niae Umgebung abgegrenzt und somit als relativ
pitartig anzusehen ist
üd)er den Einfluss der Röntgenstrahlen auf epi-
Miak Qewebe, insbesondere auf das Careinam; von
Br. 6. Perthes. (Centr.-BL f. Chir. XXX. 36; Beil.
lÄÄ) *
P. hat das Verschwinden der gewöhnlichen
Wimn unter dem Einflüsse der Röntgenstrahlen
MMchtet Bei passend gewählter Stärke be-
nokt man etwa 10 Tage nach der Bestrahlung
AUachnng und Verhärtung der Warza 20 bis
25 Tage nach der Bestrahlung stösst sich eine
verhornte Schuppe ab ; die darunter gelegene Epi-
teiaia nimmt rasch normale Beschaffenheit an.
Ke an excidirten Warzen etwa 10 Tage nach der
terahlnng wahrnehmbaren mikroskopischen Ver-
bdeningen entsprechen den Veränderungen nor-
■iler Haut nach Bestrahlung und betreffen ganz
^wiegend das Epithel
In 3 EUlen von Hautoardnomen des Gesichts
beobachtete P. nach Bestrahlung die Verwandlung
te Ulcus rodens in eine granulirende Fläche und
Vemaibang. Ein ausgedehntes, nach Operation
leokÜTiites Hautcarcinom ist geheilt, bei den bei-
te anderen Kranken wurde das Verschwinden des
<^mnQaen Gewebes durch mikroskopische Unter-
suchung nach Probeexcisionen in verschiedenen
Stadien nachgewiesen. In 6 Fällen von Mamma-
carcinom mit Hautmetastasen wurde nach Bestrah-
lung rasche Verkleinerung und völliger Schwund
der subcutanen metastatischen Knötchen beobachtet
bei nur geringen Reaktionerscheinungen an der
Haut selbst. Mikroskopisch erscheinen vom 1 0. Tage
nach der Bestrahlung die Epithelzellen des Krebs-
kOrpers wie aufgequollen, ihre Kerne ^ben sich
weniger distinkt Die Zahl der Epithelzellen der
Krebszapfen verringert sich, Bindegewebezellen
und Leukocyten dringen in die Krebszapfen zwi-
schen den degenerirten Epithelzellen ein. An den
in der Mamma selbst gelegenen Krebsgeschwülsten
wurde zwar keine Heilung, wohl aber klinisch
Verkleinerung der Geschwülste und mikroskopisch
Schwund des Carcinomgewebes beobachtet
Aehnlich wie auf das Wachsthum epithelialer
Geschwülste wirken Röntgenstrahlen hemmend auf
die Epithelregeneration. Die Epithelialisirung von
Hautwunden erfolgte bei Wunden des Menschen
und des Kaninchens in bestrahlten Gebieten be-
deutend langsamer als in nicht bestrahlten, auch
bei Verwendung geringer Strahlungsintensität, die
in der Haut nur geringe Böthung als Reaktion
hervorrief.
Die Bestrahlungen wurden meistens in einer
oder wenigen Sitzungen rasch hinter einander aus-
geführt und dann der nach Ablauf des Latenz-
stadium von 7 — 14 Tagen auftretende Erfolg ab-
gewartet Die Gesammtdauer der Bestrahlungen
in dem einzelnen Falle betrug 30 — 60 Minuten
bei 10 cm Röhrenabstand, 2 Ampdre Stromstärke,
50cm Funkeninduktor, 1300 Unterbrechungen.
Auch wurde zur Dosirung das Holzknecht '-
sehe Ohronoradiometer verwandt Die Wirkung
der Röntgenstrahlen entspricht der absorbirten
Strahlenmenge. Die leicht absorbirbaren Strahlen
weicher Röhren haben daher eine stärkere Wir-
kung an der Oberfläche, die Wirkung der von
harten Röhren ausgesandten Strahlen von grösserer
Durchdringungsfähigkeit ist gleichmässiger über
die verschiedenen Schichten vertheilt und dringt
in grössere Tiefe.
üeber einen mit Röntgenstrahlen erfolgreich be-
handeUen Fall von Brustdrüsenkrebs ; von Prof. v. M i k a -
lioz u. Dr. 0. Fittig. (Beitr. z. klin. Chir, XXXVII. 3.
p. 676. 1903.)
In der neuesten Zeit sind mehrere gute Erfolge
der Behandlung des Krebses mü Röntgenstrahlen
bekannt geworden und auf Grund derselben, be-
sonders aber nach ihren eigenen Beobachtungen
sind V. M. und F. zu der Ueberzeugung gelangt,
dass die Röntgenstrahlen eine gewisse ekktive Wir-
kung auf d€u Carcinamgewebe besitzen, so dass
unter ihrem Einflüsse die specifischen Carcinom-
zellen viel rascher und energischer angegriffen
werden als die umgebenden Gewebe. Aus der
bisherigen Literatur ist ersichtlich, dass eine Reihe
von Hautcareinomen, wohl meist von der Form des
Ulcus rodens, durch die Behandlung mit Röntgen-
104
IX* Medicin im AUgmneinen«
strahlen zur wenigstens vorl&ttfigen Heilung ge-
bracht ist. Im Gegensätze hierzu sind nur recht
wenige Versuche bei Brustkrebsen bis jetzt an-
gestellt worden und die Resultate sind nicht allzu
auBsicbtreich. In den besten Fällen hat man nur
einen unbedeutenden Rückgang des Tumor be-
obachten können.
V. M. und F. haben nun bei einem 52jfthr. Er.
mit gftnseeigrossem, 1 cm tief exuhaririem Mamma"
earcinom (die beiderseits inficirten AchseldrQsen
waren vorher operativ entfernt worden, die Diar
gnose war durch Untersuchung der DrQsen und
eines excidirten Tumorstückchens gesichert worden)
nach 6 Sitzungen von 10 — 15 Minuten Exposition-
zeit ohne Reaktionerscheinungen höheren Orades
eine BuekbUdung und Heilung des Garemoms mit
vorzüglicher Narbe erzielt Auch in den mikro-
skopischen Pr¶ten des 4 Wochen nach Beginn
der Bestrahlung von der Stelle excidirten Stückes,
an der ursprünglich der Tumor am dicksten
war, Hessen sich keine Spuren von Caroinom-
gewebe mehr finden mit Ausnahme vielleicht
einiger alveolenähnlicher, aber jedenfalls lumen-
loser Zellen- oder mehr Kerncomplexe, die eher
als Riesenzellen aufzufassen waren. Nach der
Meinung v. M.'s und F.'s ist die gute Wirkung der
Röntgenstrahlen dadurch ermöglicht worden, dass
der Krebs in seiner ganzen Ausdehnung unbedeckt
zu Tage lag, denn die intakte Haut bildet ent-
schieden ein Hinderniss der Wirkung. Deshalb
erscheint auch der Vorschlag Beck 's, alle in-
operablen Tumoren, die der Bestrahlung ausgesetzt
werden sollen, vorher erst so ausgiebig wie mög-
lich mit dem Messer zu entfernen, sehr beaohtens-
werth.
Die Röntgenstrahlen werden fernerhin dann
um so wirksamer sein, je langsamer wachsende
Carcinome ihnen ausgesetzt werden.
Mit seltenen Ausnahmen dürfen nur 2 Formen
von Carcinomen zu weiteren Versuchen heran-
gezogen werden: die langsam ujaohsenden ober-
fläcklichen Oardname und die inoperablen Tumoren.
„Daraus ergiebt sich, dass, so bedeutungsvoll das
Verhalten des Carcinoma gegenüber den Röntgen-
strahlen ist, so viel Hoffnungen man für die Zu-
kunft auf ihre Wirkung bauen mag, vorläufig die
praktische Verwerthung derselben noch eine ge-
ringe ist. Mit Ausnahme der oberflächlich liegenden
und langsam uKushsenden Tumoren wird nach wie
vor die Ausrottung mit dem Messer das souveräne
Mittel bei der Bekämpfung des Krebses bleiben.'^
üeber einen mit Röntgenstrahlen dauernd geheilten
Fall von Brustdrüsenkrebs ; von Dr. K r o o f e 1 d. (Münchn.
med. WchnBohr. L. 39. 1903.)
K r. belichtet über eine Frau mit inoperablem Oar-
dnom der linken Mamma mit lentikulären Metastasen in
der Haat. Der Tomor zog sich vom linken Sternalrande
bis in die Achselhöhle and war dort mit den Drüsen zu
einem derben Knollen verwachseD. Die Oberflfiche des
Tumor war zerfallen. An der untersten Peripherie sassen
10 — 12 haselnossgrosse Tomoren, am Bücken der ent-
sprechenden Seite 5 derbe Knoten von derselben Grosse.
unterhalb des oben geschilderten Knollens in der Achsel-
höhle zeigte sich ein taabeoeigrosser, kraterförmic ver-
tiefter Defekt mit nekrotischen Baadern und zer&UeDem
Grande, mit janchigem Sekret erfüllt. Die Drüsen der
8apra- und Infraclavikolarpartie waren su derben Packeteo
ausgewachsen. Lancinirende Schmerzen.
Solaminis causa Röntgenbehandlung im Schiff*-
sohen Institute. Schon nach der 3. Bestrahlung Naoh-
lass der lancinirenden Schmereen. Nach 4 Monaten stii
man mit Ausnahme einiger weniger oberflächlich exco-
riirter Partien eine glatte, von leicht erweiterten CapillareD
durchzogene Narbe. Die flaatmetastasen waren ge-
schwunden. Die Untersuchung von Gewebestückchen
aus der erkrankten Partie ergab, dass sich das Krebe^
gewebe in Narbengewebe lungewandelt hatte, in dem
noch kleine Krebsreste sassen.
Zur Röntgenbehandlung von Tumoren; von Dr. A.
Einer. (Wien. klin. Wchnschr. XVI. 25. 1903.)
E. berichtet aus der Gussenbauer'schen
Klinik Ober 3 inoperable Mammo/eareinome und ein
Melanosarkom mit zahlreichen Metastasen, die mit
Röntgenstrahlen behandelt wurden. In den beiden
ersten F&llen von Mammacarcinom wurde nur der
Erfolg erzielt, dass die früher sehr starke Jauchusg
zum Aufhören gebracht wurde. In dem 3. Falls
wurde lokal eine scheinbare Heilung erzielt: der
faustgrosse Tumor verschwand innerhalb von
3 Monaten. In dem Falle von Melanosarkom hatte
die Bestrahlung der Melanosarkomknoten wiede^
holt das Versohwinden der Knoten sur Folge.
üeber einen mit Röntgenstrahlen erfolgreixk 6e-
handelten Fall von Schädelsarkom; von Dr. Ali Kro-
gius. (Arch. f. klin. Chir. LXXI. 1. p. 97. 1903.)
Kr. beobachtete einen 40jähr. Kr. mit einem oifenbu
vom Periost ausgehenden Rundxeüensarkom des hinteras
Schädels, das auch die oberflächlichen Knochenschichtes
infiltrirt und durch Dissemination sekundärer Knollen
bereits das Periost eines grossen Theiles des Schädel-
daches in Mitleidenschaft gezogen hatte. Von einer Ope-
ration konnte unter diesen Umständen keine EÜde sein.
Kr. entschloss sich zu einer Röntgenbehandlung, die
mehrere Monate lang energisch durchgeführt wurde,
, unter dem Einflüsse der Bestrahlung mit dem Röntgen-
lichte schmolzen sowohl die kleinen, als auch der faost
grosse Tumor zusammen wie Söhnee vor der Sonne, b«
nach etwa 2 Monaten keine Spur von ihnen mehr zu ent
decken war.*^ Auch 4 Monate nach dem Schlusee dei
Röntgenbehandlung war kein Itecidiv nachzuweisen ; an
den kahl gewordenen Partien der Kopfhaut hatte sie!
wieder dichter Haarwuchs eingestellt
Some cases treated by the x-ray; by W. J. Mo r toi
(New York med. Record LXIV. July 25. 1903.)
Die Fälle, die durch die Radiotherapie zui
grOssten Theile sehr günstig beeinflusst wurdei
betrafen Oesichtscancroide, Fibrome, Lupus, S|
kosis, Psoriasis, Akne, Alopecia areata, Carbunke
Keloide.
The eure of Cancer by the use oftheohray; by H. H
van Allen. (Boston med. a. surg. Joum. G^LVII
June 25. 1903.)
The restdtsoftreaimentoflaryngealeancerbymess
ofthex-rays; by Dr. Bryson Delavan. (New Y4
med. Record LXII. Oct. 18. 1902.) "
In einem Falle von inopercUflem Larynxoaremi
hatte die Behandlung mit Röntgenstrahlen einen tj
schieden günstigen Emfluss. Leider starb der Kr. w|
rend der Behandlung an Morbus Brightii. i
The present Status of the anray treatmeni ofmä
gnwnt tumors; by W. B. Coley. (New York m
Record LXIÜ. March 21. 1903.)
IX. Medicin im AllgemeineiL
106
G. berichtet über eine grossere Anzahl von
SaHumuH und Oardnomm, meist inoperabler Art,
die mit X-Strahlen behandelt worden sind. Es
Qoteriiegt keinem Zweifel, dass die X-Strahlen
eine „inhibitory action^ auf alle Arten von malignen
Tamoren aosQben. Am meisten scheinen ober-
flkhliche Epitheliome und primäre LymphdrQsen-
sirkome beeinfluast zu werden. In vielen Fällen
Ton Carcinomrecidiv ist ein vollständiges Ver-
scbwinden der Tumoren beobachtet worden. Je-
doch iat noch in keinem Falle genügend lange Zeit
rerfloesen, um von einer wirklichen Heilung spre-
chen za dürfen. Jedenfalls ist die Anwendung von
X'Strahlen nur bei der Behandkmg van inoperabien
Gonmomm angeseigt; keineswegs aber dürfen
primäre operable Geschwülste mit X-Strahlen be-
handelt werden.
The mflumee of the Boenigen roy upon the different
tandiesofsareoma ; by Dr. W i 1 1 i a m B. C o 1 e y. (New
York med. Record LXII. Sept. 20. 1902.)
C. berichtet über 14 Fälle verschiedener Saar-
\am, in denen die Röntgenbehandlung von ent-
Khieden günstigem Einflüsse war. Auch in sehr
weit vorgeschrittenen inoperablen Fällen kam es
einige Male zum vollständigen Verschwinden der
Tumoren. Fast in allen Fällen trat eine Verminde-
Tong der heftigen Schmerzen ein. G. spricht die
Hofttang aus, dass man mit verbesserten Appa-
ntoi zukünftig wohl auch dauernde Erfolge er-
zieleD wird.
i caae of muUiple melanotie sarcoma toMuccess-
fidlg inated by x^ays; by J. P. M a r 8 h. (Amer. Joam.
QfiMd.6c.CXXV. 2. 1903.)
52jähr. Mann mit primärem Melanoaarkom am
Rftckeo; nach mehrmaligen, zumTheil ungenügen-
den operativen Eingriffen rasches Auftreten von
Matistaaen. AufoM^c^Tte^ trotzdem rasches Wachs-
tkom der Tumoren.
M. hat nach jeder Bestrahlung genaue Blut-
dUimgen vorgenommen und stets eine Abnahme
derLeokoi^ten gefunden. Nach M.'s Meinung sind
^ die Fälle mit Leukocytenabnahme ungeeignet
für die Badiotherapie.
X-rayg in the ireatment ofeaneer and oiher mali-
ptmUiaeam»; by E. H. Ornbbe. (New York med.
BeeoidLXlLNov. 1.1902.)
Nndi den Erfahrungen Or.'s bewirken die
I-8tiahlen in allen Fällen von primärem Krebs
ud Taberknloee „retrogressive Veränderungen'^
Den Banptwerth sieht 0 r. in der poatoperativen
Behandlung mit X-Strahlen zur Vermeidung von
Baddiven. Einige sehr charakteristische Beispiele
wdflD mitgetheilt.
Die Behandkmg des Oaremome mit Rihägenstrahlen
miFfmenUefU; von Dr. H. Mohr. (Med. Woohe 47.
«.1902.)
M- giebt einen kurzen Ueberbliok über die
^Uiode der Badiotherapie und Behandlung mit
Kaienlicht bei Garcinomen und über die bisher
neltan Besultate. „So sehr man auch jede neuere
<Mte|Mr«(m Meüwde der Krebsbehandlung mit
ttua gewisaen Misatrauen betrachten wird, so
Med. Jabxbb. Bd. 281. Hft 1.
wenig die bisherigen Erfahrungen ein abaohlieeaen-
des Urtheil erlauben, so verdient diese Behand*
lungsmethode doch nach den bisherigen Erfolgen
grossere Beachtung, als ihr — wenigstens in
Deutschland — bisher zu Theil geworden iat"
X-ray treaitnent of eaneer of the täerua; method
and restuts; by Sinclair Tousey. (Med. News
LXXXIU. Nov. 14. 1903.)
T. hat eine Anzahl von inoperablen Utenu-
eardnomen symptomatisch mit Röntgenstrahlen be-
handelt und dadurch ein Aufhören der Schmerzen
und ein Nachlassen der stinkenden Absonderung
erzielt.
The uae of the Boenigen rays in skin eaneer ato.,
fcüh report of a ease; by J. F. Rioehart (Amer.
Jouro. of med. Sc. CXXIV. 1. 1002.)
Mittheilang eines Falles von reoidivirtem Canoroid
des unteren Aogenlides, das mittels Röntgenstrahlen aa-
soheinend aar Heilang gebracht wurde.
Primary and reeurreni mammary eareinama treated
by ihe x^ay; by W. J. Morton. (New York med.
Becord LXIU. May 30. 1903.)
Ausführliche Mittheilung von 11 Fällen von
primärem und reoidivirtem Brustkrebs, in denen
durch lange Zeit fortgesetzte Behandlung mit
Röntgenstrahlen zum Theil anscheinend vollkom-
mene Heilung, zum Theil weitgehende Besserung
erzielt wurde.
The euraiiüe powere of ihe x^aye upon Jupue and
nuUignani growlhs, toiih report of easea; by Th. J.
Bachana n. (Philad. med. Joam. April 25. 1903.)
B. theilt eine Reihe von Lupus- und ^nthelionh
fällen mit, in denen durch Eöntgenbesirahiungen
weitgehende Besserungen oder Heilungen erzielt
worden sind. Auch bei tiefliegenden Carcinomen
kann das Wacbsthum durch Röntgenstrahlen ver-
langsamt und die Schmerzhaftigkeit vermindert
werden. Wirkliche Heilungen sind hier aber wohl
noch nicht beobachtet worden.
The present status of radiolherapy in outaneous
diseases amd eaneer; by Ch. Warrenne Allen. (New
Tork med. Record LXII. Nov. 15. 1902.)
A. hat 50 Krebsbranke mitteis BönigenB^ahlm
behandelt ; die Erfolge waren jedenfalls ermuthigend.
SSmal handelte ea sich um Ulcus rodens, lOmal
um Mammaoaroinom , Imal um Bectumcarcinom
u. s. w. 26 Kranke wurden als „klinisch geheilt"
entlassen.
The therapeuiie uses of the x-ray, tpith rmort of
eases; by J. T. Dann. (Amer. pract a. News aXXV.
Oot 1. 1902.)
Die von D. mitgetheilten 23 Fälle betreifen
Enthaarungen, Epitheliome, Garcinome, Sarkome,
Lupus, tuberkulöse Drüsen, Hyperhidrosis, Pseudo-
leukämie, AngionL Von besonderem Interesse sind
die anscheinenden Besserungen und Heilungen bei
Carcinomen, die aber, ebenso wie fast alle bisher
in dieser Richtung mitgetheilten Beobachtungen,
nicht genflgend lange ausgedehnt sind.
Further observations upon ihe ireatment ofrodent
uleer by the x-rays; by Dr. J. H. Seqaeira. (Brit
med. Joam. June 0. 1903.)
S. hat nahe an 100 Kranke mit Uleua rodens
mit Röntgenstrahlen behandelt Er wählt für die
14
106
IX. Medioin im Allgemeinen.
Badioiherapie nur solche Fälle aus, in denen die
operative Behandlung aus irgend einem Orunde
nicht angebracht ist
Was die endguUige Heilung anlangt, so konnte
S. solche bis zu 2 Jahren 8 Monaten feststellen ;
eine ganze Anzahl von Kranken ist bisher 1 Jahr
lang gesund geblieben. Aber in fast der Hälfte
aller Fälle traten leichte Recidive ein, kleine Knöt-
chen an den Rändern, die durch wiederholte An-
wendung der Röntgenstrahlen leicht beseitigt
wurden.
Ueber einen mit Röntgenstrahlen behandelten Fall
von Rhmosklerom; von Dr. 0. Fittig. (Beitr. z. klin.
Chir. XXXIX. 1. p. 166. 1903.)
In der v. Mikulicz 'sehen Klinik wurde bei
einer 25jähr. Kranken, die an Sklerom, mit aus-
gedehnter Betheiligung der äusseren Nase litt, ein
gutes kosmetisches Resultat durch Röntgenstrahlen
erzielt Aus diesem Orunde verdient die Methode
zunächst den Werth eines palliativen Mittels in
solchen Fällen von Sklerom, in denen die äussere
Nase in Mitleidenschaft gezogen ist Da sich aber
in diesem Falle die Skleromknoten unter der Ein-
wirkung der Röntgenstrahlen rasch und vollständig
znrfickbildeten, so muss man der Radiotherapie hier
eine grössere, principielle Bedeutung beimessen.
Die Radiotherapie der Haaäkrankheiten ; von Dr.
H.E.Sohmidt (Ztschr. f. diät u. physik. Ther. VII.
4 1903.)
Nach den Erfahrungen, die Schm. Aber die
Badiotherapie der HatUkrankheiten inder Lesser'-
schen Klinik gesammelt bat, lässt sich angesichts
der bisher erzielten Erfolge so viel sagen, dass
sowohl die Finsen-, wie die Bäntgentherapie, die
allerdings wegen ihrer Gefährlichkeit viel Debung
und Vorsicht erfordert, einen grossen Fortschritt
in der Behandlung verschiedener Hautkrankheiten
bedeutet, da beide Methoden gerade bei solchen
Affektionen ausgezeichnete Resultate geben, bei
denen durch andere therapeutische Maassnahmen
nur schwer ein Erfolg zu erreichen ist Wege^
der Möglichkeit der Dosimng werden sich die
Röntgenstrahlen bei weiterer Ausbildung der Tech-
nik in Zukunft jedenfalls ein noch grösseres Be-
handlungsgebiet erobern.
XJeher die Behandlung von HatUkrankheiten mit
Röntgenstrahlen und coneentrirtem Lieht; von Dr. W,
Scholz. (Deatsche med. Wchnsohr. XXIX. 33. 34.
1903.)
Die Wirkung der Röntgenstrahlen auf die Haut
findet nicht nur an der Eintrittstelle, sondern (aller-
dings in erheblich geringerem Qrade) auch an der
Austrittstelle der Strahlen statt Biniech macht
sich die Wirkung der Röntgenstrahlen selbst bei
intensivster Bestrahlung stets erst nach mehreren
Tagen geltend und erreicht ihren Höhepunkt in
der Regel erst nach einigen Wochen. Die Röntgen-
strahlen beeinflussen vornehmlich oder ausschliess-
lich die xeUigen Elemente der Haut, die primär
getroffen werden und einer langsamen Degeneration
verfallen. In erster Linie macht sich die Degene-
ration an den EpUhelxelkn geltend^ und zwar nicht
nur an den normalen, sondern auch an^xi^Aofa^^ücAai
ZeUenahhäufungen, wie beim Lupus und Ooaremom.
Auch hier reicht die Wirkung der Röntgenstrahlen,
ähnlich wie dies bei der normalen Haut an den
Haarbälgen der Fall ist, so weit in die Tiefe, wie
die epitheliale Wucherung geht Durch diesen ESn-
fluBS auf die Zellen lassen sich die mannigfachen
iherapeuHachen Verwendungen der Rönigenetrahlm
gut erklären. Das Verfahren eignet sich nament-
lich ffir ciberfloichlieke HatUcareinome und Lupus-
knoten. Bei schwerem, tiefgehendem, besonders
ulcerösem Lupus hat Seh. das Röntgenverfahren
mit chirurgischen Behandlungsmethoden und mit
ätzenden Salben, speciellPy rogallussalbe verbunden.
Eine seltene Form von Akne, durch Röntgenstrahlem
geheilt; von Prof. £. Schiff. (Wien. med. Wchnschr.
Im. 38. 1903.)
Ein Fall von Acne foüieularis necroticans der Ober-
lippe, in dem nach 20 Röntgeobestrablangen voilkom-
mene Heilung eingetreten war.
Die Behandlung der Acne vulgaris mittelst Röntgen-
strahlen; von Dr. L. Török u. Dr. M. Schei n. (Wien,
klin. Randschan XVII. 37. 1903.)
T. und Seh. haben in hartnäckigen Fällen von
Ae^ie vulgaris, wenn die gewöhnliche lokale Be-
handlung im Stiche liess, Röfägenstrahlen ange-
wendet Ihre Wirkung war ausserordentlich günstig.
An den behandelten Stellen hörte nach Eintritt der
Reaktion die Bildung neuer Akneknoten auf; die
alten Knoten wurden entweder resorbirt, oder es
bildete sich über ihnen, falls sie bereits vereitert
waren, eine trockene Borke, nach deren Ablösung
die normale Haut, oder falls die Eiterung des Akne>
knotens tiefer gegangen war, eine glatte Narbe zu
Tage trat Die Radiographie zeigt hier auoh eine
sehr lange Dauer der Nachwirkung; die X-Strahlen
setzen die Sekretion der Talgdrüsen herab.
Gase of splenomedullary leukaemia suceessfuUg
treated Inf the tMC of ths Roentgen rag; by N. Senn.
(New York med. Record LXIV. Aug. 22. 1903.)
S. hat bereits früher 2 Kranke mit Pseudth
leukämie mit heBtemErfolgemitt/els Röntgensirahlen
behandelt; die Kranken waren nach m^reren
Monaten noch vollkommen gesund.
Jetzt berichtet S. über eine 29jähr. Kranke mit
typischer lienakr und medullärer Leukämie, bei der
er noch einen letzten therapeutischen Versuch mit
Röntgenstrahlen unternahm.
Die enorm geschwollene Milz, das untere £ode des
Stemom, sowie die Epiphysenenden der langen Röhren-
knochen worden täglich 10^20 Minnten lang den Rönt-
genstrahlen ausgesetzt. Die erste Besserung zeigte sich
in einem allmählichen Verschwinden der Myelocyten und
eosinophylen Blatzellen, sowie in einer normalen Oe-
staltang der rothen Blutkörperchen. Nach 5 Monataa
waren die Leber- und Milzschwellnng fast vollkommeo
zurückgegangen. Die Menstruation fand nach Ijfihiigem
Wegbleiben wieder regelmässig statt; Blatbefund normal
Die Kr. war nur noch etwas anämisch.
The uses of x-rays in Ophthalmie surgery; by Dr
M. S. M ay 0 u. (Lancet Febr. 28. 1903.)
Nachdem M. Lupus und Uhus rodens der Auget^
lider mit X-Strahlen behandelt hatte, ohne eiiiei
ungünstigen Einfluss auf den Augapfel su benaerkes
behandelte er auch TVaehom mitt^ BöntgensimUen
Spalteholz. — Waldvogel. — Valenti.
107
Die Beenltate der Radiotherapie im Vergleiche mit
denen der Copr. salf.- und Jequirity-BehandluDg
lieisen erkennen, dass die OewebezerstOruDg ge-
linger ond die Yernarbung zarter war ; ausserdem
war die Behandlung mit R^Jntgenstrahlen weniger
schmerzhaft
Tuberculosis of ihe oonjunetiva enred by x-rays; by
SbStephejiBOD. (Brit med. Journ. Jane 6. 1903.)
St hzt ein 4jahr. Kind mit tuberkulöser Chnjunctp-
n/ü piagDose daroh Mikroskop undThierexperiment be-
stätigt) mittels Böntgenstrahlen behandelt. Im 1. Monate
winde 9mal je 10 Minuten lang bestrahlt; dann 6 Wochen
Paose wegen Varicellen ; später noch 4 Sitzungen. Voll-
kommene glatte Heilung ohne Narben.
Beiträge zur Radiotherapie; von Dr. L. Fr e and.
(Wien. kUn. Wcbnschr. Uli. 18. 1903.)
TherapeuHos ofa^ra/ys; by J. B. E i n n a i r d. (Amer.
piacL a Newa XXXIV. 6. 1902.)
Oaaes iUustrating the iherapeutic imbs oftheRoent-
genn^s; by 8. B. Childs. (Med. News LXXXIII.
Jan. 24. 1903.)
Tke Roentgen ray and uüraviolet light in the treat-
meni ofmalignant diseases of the täeruSy with report of
wuioperabie ease; by M. A. Oleares. (New York
mei Reoord LXII. Dec. 13. 1902.)
Tke limitations of the x-ray in the trealment of
maügnant tumors; by W. B. Colley. (Med. News
LUim. Jan. 31. 1903.)
On the praeüeal resuUs of aetinotherapy ; by W. 8.
GottheiL (Philad. med. Joom. Jan. 10. 1903.)
The treatment of earoinomatous growths by Boent'
gen rays; by G. Hopkins. (Philad. med. Joom.
April 5. 1902.)
The Roentgen-trealmeni of tnalignant disease; by
Dr. C h. L. L e 0 n a r d. (Philad. med. Joam. Febr. 14. 1903.)
The x^wys in the trealment oflupus, rodent ttleer,
and other skin diseases; by Dr. M. Morris and Dr. £.
D 0 r e. (Brit med. Joam. Jane 6. 1903.)
IVealment of malignanl growths with the x-rays;
by W. 8. New com et (Phüad. med. Joum. Jan. 10.
1903.)
Ä note an the histology of x^rayed hipus vulgaris;
by G. P e r n e t (Brit med. Journ. Oct 25. 1902.)
X-ray therapy, With report ofc<isesofepithelioma,
reeurrenl Carcinoma of the breast, Carcinoma of the
utertu, Carcinoma of the esophagtu, tuberculosis ofthe
skin and Psoriasis ; by G. £. Pfahler. (Philad. med.
Journ. Deo. 13. 1902.)
Roentgen rays in the treatment of diseases of the
skin; by Dr. W. A. Pusey. (I^nsact of the Amer.
dermatoi. Assoo. 1902.)
Methode of Roentgen ray treatment of malignant
diseases of the uterus, rectum and bladder, loiih des-
criptions of tubes; by M. A. Cleaves. (Philad. med.
Journ. April 18. 1903.)
X-ray tube-shields and specula for treatin^ Cancer
ofthereetum andother cavities; byJ.RPennington.
(Philad. med. Journ. Deo. 12. 1902.)
Short note on the eure of traehoma by x-ray tube
exposure and by high-frequency brush diseharges; by
8. Stephenson and Dr. Walsh. (Lanoet Jan. 24.
1903.)
C. BOcheranzeigen.
1. Handbaoh der Anatomie des Menaohen.
Ki einem Synonymenregister auf Grundlage
der neuen Baseler anatomischen Nomenelatur.
Dnter Mitwirkung von W. H i b und W. W a 1 d -
eyer und unter Verweisung auf den Hand-
atlas der Anatomie von W. Spalteholz
bearbeitet von W. E r a u s e in Berlin. Leipzig
1903. S. HirzeL Or. 8. 680 S. (16 Mk.)
Dem ausgeseichneten Spalteholz 'sehen Gbind-
fttba der Anatomie, deasen letzte Lieferung wir
ffit kfirzUch in diesen Jahrbüchern besprochen
Uiea(CCLXXX. p. 101), hat die Verlagsbuchhand-
losg nun ein Handbuch der Anatomie des Men-
>äMi hinsugesellt Abbildungen sind nicht in
te TlBa:t gedruckt, sondern es sind die Figuren
te Spalteholz 'sehen Atlas am Rande der
Dnickaeiten dtirt worden. Auf diese Weise be-
■ito wir in dem „Krause-Spalteholz'* ein
Hudbnoh der Anatomie mit mustergflltigen far-
^^sä Abbildungen. Das zu dem Krause 'sehen
Buche gehörige Synonymenregister soll im Frfih-
jahr 1904 erscheinen.
Ke Ausstattung des Buches ist des Hirzel'-
BduaYerlageB wtbrdig; ganz besonders mochten
^ den anagegBeicbneten Druck hervorheben.
P. Wagner (Leipzig).
2. Die Aoetonkörper ; von Dr. B. Wald-
vogel. Stuttgart 1903. Ferd. Bnke. Or. 8.
VI u. 274 S. mit 1 Abbild. (9 Mk.)
Die in neuerer Zeit besonders betonte Bedeu-
tung der AcetonkOrper (Aceton, AoetessigsAure und
^-Ozybuttersäure) lässt die monographische Be-
handlung durch W. vom dreifachen Standpunkte der
reinen und der physiologischen Chemie, sowie der
Sto£fwechselpathologie sehr willkommen erschei-
nen, besonders da nun durch den Nachweis der
wahrscheinlichen Abstammung der AcetonkOrper
im Stoffwechsel aus dem Fett, an dem auch W.
betheiligt ist, etwas mehr Licht in die einschUgige
Stoffwechselpathologie gekommen ist als zur Zeit,
da die erste Monographie über die Acetonurie durch
J a k s c h entstand. Alle einschlägigen Capitel sind
kritisch gesichtet und behandelt, mit besonderer
Ausführlichkeit das 11. Capitel: die Formen der
Acetonkürperausscheidung. W. S t r a u b (Leipzig).
8. Aromatioi e nervini nell*alimentaiione ;
per il Dott Adriane Yalenti. Milane
1904. Dlrico HoeplL 16. XV e 338 pp.
(3 Lire.)
Bine monographische Behandlung eines kleinen
Qebietes der Pharmakologie, jenes Qrenzgebietee,
108 Heubner, Lehrbuch. — Eulenburg, Kolle und Weintraud, Lehrbaoh.
das oeben dem individuellen auch den socialen
Organismus zum Gegenstände hat. Der Titel ist
etwas unglOoküch gewählt, wenigstens ffir unsere
deutschen Begriffe, nach denen vielleicht „Genuss-
mittel'' deutlicher wäre. Indessen es soll wohl
einem dem Leserkreise geläufigen Schulbegriffe
Rechnung getragen werden. Behandelt werden
Gewürze, Alkohol, XanthinkOrper, Tabak. Am um-
fangreichsten ist natürlich das Capitel Alkohol, in
dem sich V. als vollkommen unterrichtet erweist.
Bei dem Capitel Gewürze würde man etwas mehr
Physiologie (Pawlow's Forschungen über spe-
ciflsche Sekretionreize) ertragen kOnnen, das
C&pitel Tabak hätte eine etwas eingehendere Be-
rücksichtigung der neueren Tabakrauohohemie
(Habermann 's Arbeiten) nach der Meinung des
Bef, erfordert. Die reichliche Berücksichtigung
des socialen und merkantilen Gebietes muss für
das Buch weiteres Interesse über die Fachkreise
hinaus erwecken, der feuilletonistische Stil er-
leichtert die Lektüre. W. S t r a u b (Leipzig).
4. Lehrbaoh der Einderheilkande ; von 0.
Heubner. I. Band. Leipzig 1903. Joh.
Ambr. Barth. Gr. 8. VIII u. 716 S. (17 Mk.)
Seit etwa 14 Jahren hat sich H. mit dem Ge-
danken beschäftigt, ein Lehrbuch der Kinderheil-
kunde zu schreiben, immer hat er, so weit es
seine Zeit erlaubte, daran gearbeitet, immer neuen
Stoff zusammengetragen, geändert, ergänzt und
nun liegt der erste und wichtigste Theil vor uns
als „Festschrift zur Eröffnung der neuen Univer-
sitäts-Klinik und Poliklinik für Kinderkrankheiten
im künigl. Charit6-Krankenhause zu Berlin" und
als Bekenntniss : „wie ich bisher gelehrt habe und
wie ich in den neuen schönen Räumen, die am
heutigen Tage eingeweiht werden, zu lehren ge-
denke*^ Ein solches Buch soll man mit besonderem
Danke entgegennehmen. Alles das, was H. in
mühdamer Arbeit, in rastlosem Streben erworben
und erkämpft hat, stellt er uns zur Verfügung,
legt er uns in einer Form vor, in der wir es uns
leicht und mit Behagen zu Nutze machen kOnnen.
Das Buch wird Vielen ein guter Rathgeber werden
und es wird in späteren Zeiten seinen Werth be-
halten als der beste Beleg dafür, wie es am An-
fange des 20. Jahrhunderts mit der Kinderheil-
kunde beschaffen war.
Der schön ausgestattete vorliegende Band ent-
hält nach einer sehr werthvollen anatomiseh-phy-
siologisehen Einleitung die Krankheiten der Neu-
geborenen, die akuten und die chronischen Infeh-
tionskrankheHen und die Wachsthumskrankheiien :
BhaohitiB und Barlow'sohe Krankheit D i p p e.
6. LebrbQoh derklinisohenUntersaohanga-
methoden und ihrer Anwendung auf
die speoieUe ärstliohe Diagnostik ; heraus-
gegeben von Prof. A. Bulenburg inBerlin,
Prof. W. Kolle inBerlin n. Prof. W. Wein-
trau d in Wiesbaden. L Band. 1 . u. 2. EUilfta.
Leipzig u. Wien 1904. Urban u. Schwarzen-
berg. Gr. 8. XIX u. 707 ^. (Je 9 Mk.)
Bei manchen neuen Büchern bekommt man
ordentlich Angst vor den „Fortschritten der medi-
cinischen Wissenschaft'^ Die klinischen Unter-
suchungsmethoden liessen sich früher auf einem
ziemlich kleinen Räume ganz genügend erürtero
und jetzt kann ein umfangreiches zweibändiges
Werk nur das AUemothwendigste und für die
Praxis Wichtigste in bescheidener Ausführlichkeit
abhandeln. Früher konnte ein tüchtiger Kliniker
das ganze Gebiet allein beherrschen, jetzt ist es
für Einen unübersehbar geworden und es erscheint
„unbedingt nothwendig, für jedes Speoialgebiet
einen Bearbeiter zu gewinnen, der in diesem Er-
fahrung besitzt und selbst fortdauernd thätig ist".
Eine kurze Uebersicht über den Inhalt dieses
neuesten Lehrbuches der klinischen Dntersuchungs-
methoden mag das Gesagte erläutern.
Der f. Theil, ehemieehe Diagnostik, beginnt mit
der chemischen Untersuchung der Faeces von
A. Kowarsky und enthält von demselben Ye^
fasser Capitel über die chemische Untersuchung
des ausgeheberten Mageninhaltes und des Hamea
Zuelzer bespricht die wichtigsten Punkte der
Semiologie des Kothes, der Magensaftuntersuchung
und des Harnes. Ferd. Blumenthal be-
schreibt die quantitative chemische Untersuchung
des Harnes, E. Grawitz die chemische Unter-
suchung des Blutes. II. Theü, Mikroskqpisehe Dia-
gnostik. v. Hansemann giebt eine Einleitung
und schildert die mikroskopische Untersuchung
der Faeces, des Erbrochenen, des Auswurfes,
des Nasensekretes, des Conjunctivalsekretes, des
Genitalsekretes, des Brustdrüsensekretes, der Punk-
tionflüssigkeiten, excidirter Stücke. Die mikro-
skopische Untersuchung des Harnes hat M. Elop-
stock übernommen, die des Blutes wieder
E. Grawitz. lU. Theil. Bakteriologische Dia-
gnostik. E. Friedberger beschreibt die Metho-
den der bakteriol. Diagnostik und die bakteriol.
Untersuchung der Ergüsse der grossen KOrper-
hOhlen. Die bakteriol. Untersuchung der Faeces
und des Blutes schildert W. Kolle, die des
Harnes, des HarnrOhrensekretes und der Haut
W. Scholtz, die des Sputum CzaplewskL
Der IV. Theil, physikaUsehe Diagnostik, beginnt mit
2 Gapiteln von W. Cowl: Diagnostik nnd Unts^
suchungsmethoden mittels Röntgenstrahlen nnd
die äussere instrumenteile Untersuchungsmethode
Dann (wir sind mittlerweile auf Seite 631 an-
gelangt) kommt zu guterletzt auch noch ein nicht
zu umfangreiches Capitel: Perkussion und Ana
kultation von Herm. Vierordt — Der 2. Ban^
soll die Untersuchung der einzelnen Organe nnf
Organsysteme bringen.
Es wird Vielen angenehm sein, neben alten
Bekanntem, Bewährtem auch das Neueste, Aller
neueste bequem zur Hand zu haben, der Eine win
V. Leyden. — Biroher-Benner. — Goldsoheider. — Rosenbach.
109
sieb gelegentlich hier, der Andere dort aus dem
Bndie Bath erholen, aber ffir AngeÜiche Oemfither
sei es besonders gesagt, Allee, was in diesem
Buche steht, Inraucht der Praktiker Oott Lob nicht
znviasQU Dippe.
6. Handbaoh der Ern&hrangstherapie and
Di&tetik ; herausgegeben von E. v. L e y d e n.
2. umgearbeitete Auflage, herausgegeben von
Oeorg Elemperer. I. Band. liCipzig
1903. Oeorg Thieme. Or. 8. X u. 502 S.
(11 Hk.)
Das Buch hat nicht die Verbreitung gefunden,
die man ihm bei seinem ersten Erscheinen glaubte
Toraaasagen zu dürfen. Es war wohl etwas gar
sa amfangreich und schwerfällig geworden, es
ennicfas ihm auch ziemlich schnell allerlei Con-
canenz nnd so hat die 2. Auflage 6 Jahre auf sich
urten lassen. Der neue Herausgeber hat tüchtig
gekürzt Alles, was zur Krankenpflege, zur phy-
siUifldien und medikamentösen Behandlung ge-
liöit, ist fortgelassen, nur Brn&hrung und Di&t im
eageren Sinne sind übrig geblieben. Auch die
Zahl der Mitarbeiter ist eingeschränkt worden
derart, dass jetzt je eine Organgruppe nur von
äaem Verfasser bearbeitet ist Neu hinzugekom-
■en Bind Abschnitte über DiAtetik bei Herzkrank-
heiten (Fr.Eraus), im Oreisenalter(R.RenverB),
bei Hautkrankheiten (0. Lassar), bei Nieren-
kiankhttten (F. Klemperer). Die Yerftnderun-
gea, die K 1. getroffen hat, sind wohl Verbesserun-
gea und um so mehr gilt ?on der neuen Aus-
gabe das 0ute, das wir von der 1. sagen konnten
(Jahrbh. CCLVIU. p. 1 06). Dippe.
7. Knrae Gtrandsüge der Sm&hrangs-Tberapie
anfOrand derBnergie-SpannangderKah-
mng; von M. Bircher- Benner. Berlin
1903. O. Salle. 8. 60 S. (1 Mk.)
K-B. geht davon aus, dass ein Nährmittel um
» mehr biologische Arbeit leisten könne, je weniger
^edndemngen seine ursprünglichen Moleküle er-
fisbren haben , weil eine jede Yerftnderung von
eia^Q Sinken der chemischen Energie begleitet sei.
Ue Nahrungsmittel sollen daher am besten roh
gnosaen werden ; die Veränderung der Ausnutz-
Meit durch die Zubereitung lAsst er ganz unbe-
rikckaiehtigt Daraus, dass organische Moleküle
Bsr im Pflanzenreiche neu gebildet werden und
den der Durchgang des Stoffes von der Pflanze
daidi das Thier mit Energieverlusten verbunden
ist, wild der sonderbare Schlnss gezogen, dass
flan auch das etnxdne thierische Molekül einen
geringeren Energieinhalt habe als das pflanzliche
Molekül, und dass Fleischnahrung daher minder-
verthig seL Im Einzelnen geht B.-B. vielfach mit
Ha ig zusammen, besonders in der Anschauung,
<lsaa viele Krankheiten auf verminderter Ausschei-
teig vim Hamstoie beruhen.
Woltemas (Solingen).
8. Diagnostik der Krankheiten des Nerrea-
systems. Eine Anleitung xur üfUerm^ung
Nervenkranker; von Prof. A. Ooldscheider.
3. Aufl. Berlin 1903. Fisoher's med. Bochh.
(H. Kornfeld). 8. YII n. 268 S. mit 63 Dlnstr.
(8Mk.)
O.'s in 3. Auflage erschienene Diagnostik der
Nervenkrankheiten giebt eine brauchbare Anleitung
zur methodischen Beobachtung aller krankhaften
Veränderungen und zur systematischen Unter-
suchung der Kranken. Zur Einführung in die
neurologischen üntersuchungsmethoden kann das
Buch Klinicisten empfohlen werden, da es weniger
Kenntnisse voraussetzt, als die meisten anderen
der vorhandenen, zum Theil vortrefflichen Werke
über die Diagnostik der Nervenkrankheiten. Ob
die Berücksichtigung der speciellen Diagnostik in
einem Lehrbuche für Krankenuntersuchung vor-
theilhaft oder gar erforderlich war, kann man be-
zweifeln. Die letzten 80 Seiten des Werkes sind
in ihrer lapidaren Fassung für Anflinger unbrauch-
bar und sollten daher besser fortfallen, zumal
wichtige Einzelheiten, wie die Muskelphysiologie
u. s. w., zweckmässiger in dem ereten Abschnitt
des Buches eingehendere Besprechung Anden. Die
5 Hauptcapitel des Werkes — die specielle Sym-
ptomatologie soll nur als „Anhangt' betrachtet
werden — lassen nichts Wesentliches vermissen,
wenngleich die Bearbeitung nidit überall gleich-
massig ist, einzelne Abschnitte vielmehr mit beson-
derer Ausführlichkeit und Vorliebe behandelt sind.
Sehr anschaulich und besonders gelungen ist das
Capitel über die Sprache und Schrift
R. Pfeiffer (Oassel).
9. Nerröse Zustände und ihre psydiisohe
Behandlang; von Prof. 0. Bosenbäch.
2. Aufl. Berlin 1903. Fischer's med. Buchh.
(H. Kornfeld).« 8. IX u. 214 S. (6 Mk.)
Die Zusammenstellung von Einzelvorträgen,
die schon an anderen Orten und zu verschiedenen
Zeiten verüffentlicht sind, ist in der 2. Auflage um
das Doppelte vergrüssert worden. Hinzugekommen
sind die Aufsätze: üeber Nervosität und ihre Be-
handlung ; üeber die diagnostische Bedeutung und
Behandlung funktioneller Myopathien ; üeber myo-
gene PseudoStenokardie ; üeber cerebrales Asthma
und Albdrücken ; üeber psychische Therapie mit
besonderer Berücksichtigung der Herzkrankheiten ;
Zur Pathogenese und Therapie der sogen. Fissura
ani; Die Emotiondyspepsie; Die Magensonde als
Mittel lokaler und psychischer Therapie und Kri-
tische Bemerkungen zur Lehre von der Hypnose.
Die hier aneinander gereihten Arbeiten R.'s haben
den gemeinsamen Zweck, die Nothwendigkeit der
von R. begründeten funkiumetten Diagnostik immer
von Neuem zu betonen und die Wichtigkeit der
erxiehliehen Therapie vor Augen zu führen. Der
Reichthum an originellen, zum Theil reaktionären
Ideen nnd ihre energische Vertretung machen daa
110 Adler. — Laurent. — Hirschfeld. — Oobn und Rfibenoamp. — Oraefe-Saemisch. — Haab.
Lesen interessant, wenngleich diese Eigenart
naturgemäss nicht selten zum Widerspruche reizen
muss. Das Stadium der R'schen Arbeiten böte
zweifellos noch gr(}88eren Oenuss, wenn sich der
geschfttzte Autor zu grosserer Kürze der Darstel-
lung und stellenweise auch zu klarerer Fassung
verstehen wollte. R Pfeiffer (Cassel).
10. Die maDgelhafte Gesohleohtsempflndung
des Weibes ; von Dr. 0. Ä d 1 e r. Berlin 1 904.
Fischer's med. Buchh. (H. Kornfeld). Gr. 8.
207 S. (5 Mk.)
A. glaubt, dass geschlechtliche ünempfindlich-
keit bei Weibern, besonders bei Ehefrauen, sehr
oft vorkomme (bis zu 40^/o)- Meist handle es
sich um Zustände nicht organischer StOrung. Eine
grosse Rolle spielt die Onanie, denn durch sie wer-
den Gewohnheiten gebildet, besondere erogene
Zonen, an deren Reizung sp&ter die Erregung ge-
knüpft ist, und die vielfach beim natürlichen Ver-
kehre nur ungenügend erregt werden. Noch wich-
tiger sind Hemmungen: Abneigung gegen den
Mann, Schmerzen, zu kurze Thfttigkeit des Mannes.
Bei kühlen Naturen muss die Erregbarkeit erst
erweckt werden und das braucht Zeit; nimmt der
Mann darauf keine Rücksicht oder kann er es
wegen eigener Nervosität nicht, so bleibt zuweilen
die Frau dauernd unempfindlich, obwohl ihrChefühl
nur schläft Bemerkenswerth sind in A.'s Buche
einige ausführliche Bekenntnisse von Patientinnen.
Möbius.
11. Sadismaa and Maaoohismaa ; von Dr.
E. Laurent Autor, deutsche Ausgabe von
Dolorosa. Berlin 1904. H. Barsdorf. 8.
272 S. (5Mk.)
Man versorgt uns recht reichlich mit Schriften
über Sadismus u. s. w., und es ist wohl fraglich,
ob eine Uebersetzung des L.'8chen Buches nOthig
war. Immerhin schreibt der Franzose gut, und
sachlich ist gegen seine Darstellung nichts einzu-
wenden. Eigenthümlich ist, dass er oft auf Schil-
derungen von Romanciers zurückgreift Neues
erfahren wir freilich nicht Möbius.
12. Jahrbuch fär seznelle Zwisohenatnfen ;
herausgeg. von Dr. M. Hirschfeld. V. Jahrg.
2. Band. Leipzig 1903. M. Spohr. Gr. 8.
654 S. (10 Mk.)
Das Hauptstück im 2. Bande des V. Jahrg. ist
ein Aufsatz von Dr. v. Römer „über die andro-
gynischeldee des Lebens^', d.h. über die religiösen
Bildungen, bei denen offen oder versteckt beide
Ctoschlechter vereinigt sind. Die sorgfältige Arbeit
enthält 87 Abbildungen. Dann folgen kleinere
Mittheilungen, Bibliographie, Nachrufe u. s. w.
Interessant sind wieder die „Zeitungsausschnitte",
aus denen man sieht, wie viel merkwürdige
Geschichten in kurzer Zeit vorkommen.
Möbius.
13. Wie sollen Büoher und Zeitungen ge-
drnokt werden P von Prof. H. Gohn und
Dr. phil. B. Rübencamp. Braonschweig
1903. Friedr. Vieweg & Sohn. 8. 112 &
u. 10 Druckprobentafeln. (2 Mk. 80 Pf.)
0. vertritt von Neuem energisch seine Forde-
rungen nach genügend grossen Lettern. „Die Höhe
des kleinsten w darf nicht unter 1.6 mm, der
Durchschuss nicht unter 2.5 mm, die geringste
Dicke des Grundstrichs nicht unter 0.25 mm, die
grösste Zeilenlänge nur 100 mm und die grtate
Zahl der Buchstaben auf einer Zeile nur 60 be-
tragen.^' Ferner vertheidigt G. die Antiqua und
verlangt mit Recht tiefschwarze Buchstaben. Dae
Capitel über „Papier und Schwärze vom tech-
nischen Standpunkte*' allein ist von dem Techniker
Rubencamp.
C.'s Bestrebungen haben schon vid Gutes be-
wirkt, auch da, wo man mit ihm nicht an's Ende
gehen will, und es ist sehr zu wünschen, dass die
Sparsamkeit mehr und mehr unterliege. Freilich
sind wir allzumal Sünder, wenn auch nicht alle eben
so viel Schuld haben, wie die augenmörderischen
englischen Journale (Lancet und Brit med. Journal !).
Es scheint, dass jetzt die Augenärzte dieEurz-
sichtigkeit als Fatum ansehen. Man sollte aber
doch auch daran denken, dass ein Auge, das durch
Anstrengung kurzsichtig wird, schon entartet ist
Wären die Kinder besser beschaffen, so würden sie
nicht so leicht kurzsichtig, aber die Zahl der Brillea
zeigt, dass das ganze Geschlecht kümmerlich ist
Weniger deutsches Trinken wird nöthig sein, wenn
die Augen härter werden sollen. Möbius.
14. l)Handbaoh dergesammtenAugenhefl-
knnde; von Graefe-Saemisch. 2.Aufl.
Herausgegeben von Theodor Saemisoh.
50.— 66. Lief. Leipzig 1903. Wilh. Engel-
mann. Gr. 8. (Je 2 Mk.)
2) Atlas nnd Qrandrisa der Ophthalmoskopie
und ophthalmoskopisohen Diagnostik; von
Prof. Haab in Zürich. 4. verbesserte Aufl.
München 1904. J. F. Lehmann's VerL Gr. 8.
XI u. 92 S. (10 Mk.)
l)Yon dem Handbuche der gesammten Angen-
heilkunde sind in der letzten Zeit 3 Abschnitte
erschienen: 1) die Oirkulation- undErnähmngsver-
hältnisse des Auges von Prof. T h. L e b e r in Heidel-
berg; 2) die üntersuchungsmethoden des Auges
von Dr. Edm. Landolt in Paris und 3) die Br-
krankungen des Auges in ihren Beziehungen zu
Erkrankungen der Naae und deren Nebenhöhlen,
sowie zu Erkrankungen desGehörorganea von Prof.
Ose. Eversbusch in München. Während die
beiden ersten grösseren Abhandlungen von Leber
und Landolt wohl ausschliesslich für das Stu-
dium der Augenärzte dienen, wird die Abhandlung
von Eversbusch auch für die Specialilrzte flti
Nasen- und Ohrenkrankheiten und für viele andere
Aerzte von grossem Nutzen sein.
Soheoh. — Eafemann. — Ziegenspeok. — Dessauer u. Wiesner» — Beim. 111
2) Weite Verbreitung hat gefunden und wird
KoffantÜch noch immer mehr finden der Haab'sohe
Atias, der nach einigen Jahren bereits in 4. ver-
besMTter Auflage vorliegt Der Inhalt, Bilder
sowohl wie Text, ist ▼orzQglioh, der Preis im Ver-
hältnisse dazu auffallend gering.
Lamhofer (Leipzig).
15. Die Krankheiten des Kehlkopfes und
der Luftröhre. MU Einsehluss der Lauyngo-
skopie und loktU-Uwrapeutisehen Technik. Für
prakt Aerzte und Studirende; von Prof.P«hi-
lippScheohin München. 2. Aufl. Leipzig
u. Wien 1903. Franz Deuticke. 8. 147 S.
(7 HL)
Die 2. Auflage von Soli. 's Kehlkopf krankheiten
ist gegenüber der 1. Aufl. bedeutend erweitert, ganz
besonders besieht sich dieses auf die Capitel über
Luyngitis exsudativa, Laryngitis ulcerosa und die
Yerengerungen der Luftrühre, ferner auf Vermeh-
rong und Verbesserung der Abbildungen. Völlig
neu sind die so ausserordentlich wichtigen Oapitel
über Sümmstürungen in Folge Mutirens und über
die Erkrankungen der Stimme bei Sfingern und
Berofsrednem. Es würde zu weit führen, auf
finzelheiten näher einzugehen, jedenfalls kann das
«»gezeichnete Buch Jedem aufs Wärmste em-
pfohlen werden. Robert Oeorgi (Leipzig).
16. Bhino-pharsrngologisohe Operattona-
lehre. Mü Eintchiuss der Elektrolyse. Für
Aerzte und Studirende; von Dr. R. Eafe-
mann in Königsberg. 2. vermehrte u. neu-
bearbeitete Aufl. Halle a. d. S. 1903. Carl
Marhold. Qt.8. XI u. 202 S. mit 140 Abbil-
dungen im Text (5 Mk.)
Die 2. Auflage der Operationlehre ist der ersten
nsch gefolgt Die Abbildungen sind fast um das
Doppelte vermehrt, was für das bessere Verständ-
aiss der Operationen von grossem Nutzen sein
vird. Dabei bleibt das Buch ein handlicher Leit-
Men und Qberschreitet nicht die gesteckten Qren-
>eii eines solchen. Robert Oeorgi (Leipzig).
17. Bor Aetiologie desFrolapsna uteri; von
Dr.R.Ziegenspeck inMünchen. München
1903. Verlag d. „AerztL Rundschau'^ (Otto
Omelin). 8. 19 S. mit 16 Abbildungen.
(IMk.)
Z. betrachtet auf Orund seiner anatomischen
Dstersudiungen und Leichenezperimente die ge-
■Hsate Muskulatur des Beckenbodens und Dammes
physiologisch als einen einzigen Muskel und die
Bediagungen zum Entstehen eines Prolapsus uteri
sis dsnn für gegeben, wenn die Portio vaginalis in
dsr Oebong im Levator ani, bez. in dem Becken-
boden sidi befindet Die Auffassung, dass Damm-
verietzungen das Entstehen des Vorfalles begün-
Btisen sollen, bestreitet Z. ; seiner Ansicht nach
fanin das Sepiom recto- vaginale bis in das Scheiden-
gewISbe hinauf durchtrennt sein und die Portio
vaginalis ruht eben so sicher auf der Hinterwand
des Rectum, wenn nur die Oeffnung im Levator
nicht schlussunffthig geworden ist oder die Be-
festigungen der Vagina an diesem Muskel nicht
gelitten haben.
Der Erfolg der Therapie spricht nach Z. eben-
falls für diese Auffassung. Anfangs operirte Z.
nach A. Martin und excidirte Streifen aus der
Seiten wand der Vagina, um durch eingelegte Nähte
den Muskel verkürzen und wieder anspannen zu
können. SpAter wandte er sich der Methode
Frank's zu, die in einem Bogenschnitt entlang des
hinteren Dmfanges des Ostium vaginae und stumpfer
Ablösung der hinteren Scheidenwand von der
Vorderwand des Rectum mit nachfolgender Ver-
nähung der abgelösten Vaginalwand zu einem
Wulste mittels versenkter Catgutnähte besteht, die
von beiden Seiten her die Basis der Vaginalwund-
fläche vereinigen. Ebenso wie F r i t s c h vereinigt
Z. dabei methodisch auch die Ränder des M. levator
ani mittels einiger Nähte, um damit die Oeffnung
zu verengern und den Muskel zu straffen.
Zu Z.'s Beobachtung kamen seit 1888 unter
4000 Fällen gynäkologischer Erkrankung 77 Pro-
lapse; davon operirte Z. 29 und erlebte gar keine
oder nur vorübergehende Misserfolge.
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
18. Leitfaden des Böntgenverfahrens. Unter
Blitarbeit verschiedener Autoren herausgeg.
von Ingenieur F. Dessauer und Dr. med.
B. Wiesner in Aschaffenburg. Berlin
1903. Vogel de Ereienbrink. Or. 8. 303 S.
mit 69 Abbildungen. (7 Mk. 80 Pf.)
Dieser Leüfaden des Rantgenverfahrens beginnt
mit einem physihüischen Theüe, in dem D. die
physikalischen Grundlagen des Röntgenverfahrens
bespricht Daran schliesst sich ein technischer Theil:
Technische Winke zur Ausübung des Röntgenver-
fahrens ; über das Blendenverfahren ; über Ortho-
diagraphie ; über Stereoskopie im Röntgen verfahren ;
über transportable Röntgenapparate. Der medi-
einisehe Theil enthält folgende Abschnitte: Das
Röntgenverfahren in der inneren Medioin von
0. Holzknecht; die radiographische Aufnahme-
technik der Extremitäten von K. Mobilia; das
Röntgen verfahren in der Chirurgie von Hoffa;
die Radiotherapie von Strebel; das photogra-
phische Verfahren von Dessauer. Der Leit-
faden soll einen Deberblick über das Gebiet des
Erreichten geben und dabei überall das Wesent-
liche, Feststehende bringen, das Zweifelhafte, Strit-
tige, wie es sich für einen Leitfaden geziemt, bei
Seite lassen. P. Wagner (Leipzig).
19. Lehrbach der Hygiene; von Prof. Dr.
Ludwig Heim in Erlangen. Stuttgart 1903.
Ferd. Enke. Or. 8. 363 S. mit 43 Abbil-
dungen. (8 Mk.)
Das vorliegende Lehrbuch der Hygieine giebt
eine Zusammenstellung der gegenwärtigen Lehren
112
Wehmer. — Berninger. — Lachs. — Frieboes ttnd Kobert
dieser Wissenschaft mit Hervorhebung des prak*
tisch SU ▼erwerthenden und mit BerfioksiditiguBg
der hygieioisohen Gesetzgebung. Die Grund-
begrifife aus der Physik, Chemie, Physiologie und
Bakteriologie werden als bekannt vorausgesetzt,
die hygieinisohen und bakteriologischen Unter-
suchungsmethoden nur kun gestreift; nur durch
diese Beschränkung war es möglich, den viel-
seitigen Stoff in so knappem Rahmen zu behandeln.
FQr Denjenigen, der sich eingehender mit Special*
fragen beschäftigen will, sind bei allen Abschnitten
Hinweise auf die Literatur gegeben. Neben der
KQrze, die es Manchem empfehlen wird, ist die
mustergültige Klarheit der Darstellung ein grosser
Vorzug des Buches. Woltemas (Solingen).
20. Bnoyklopädiaolies Handbuch derSobul-
hygiene. Onter Mitarbeit zahlreicher Fach-
männer herausgeg. von RWehmer. 1. Ab-
theilung. Leipzig u. Wien 1903. A.Pichler'8
Witwe & Sohn. Gr. 8. 400 S. mit 134 Ab-
bildungen. (10 Mk.)
Die Herausgabe einer Encyklopädie muss gerade
für das Gebiet derSchulhygieine als ein sehr glück-
licher Griff bezeichnet werden; es sind an ihr
Aerzte, Pädagogen, Techniker und Verwaltungs-
beamte in gleicher Weise betheiligt, sie verlangt
also Kenntnisse, die kaum Jemand gleichmässig
beherrschen kann, während es doch für Jeden er-
wUnscht ist, sich auch über ferner liegende Einzel-
fragen schnell und zuverlässig zu unterrichten. Die
Möglichkeit hierzu wird durch das vorliegende
Werk in vorzüglicher Weise geboten. Von den in
der 1. Abtheilung bdkandelten Stichworten seien
hier nur die über Baumaterialien, Blindenanstalten,
Erwerbsthätigkeit der Kinder, Ferien und Ferien-
colonien, Fürsorgeerziehung, GerStetumen, Hand-
arbeitunterricht, Hülfschulen, Idiotie und Idioten-
anstalten, Internate und Kindergärten erwähnt,
femer die zum Theil sehr eingehenden und durch
gut gewählte Abbildungen erläuterten Artikel über
das Schulwesen von Belgien, China, Dänemark,
Frankreich, Griechenland, Grossfaritannien, Italien,
Japan und verschiedenen deutschen Bundesstaaten.
Die 2. Abtheilung soll noch in diesem Jahre er-
scheinen. Das Buch verdient eine weite Verbrei-
tung und wird sie bei seinen grossen Vorzügen
auch wohl finden. Woltemas (Solingen).
21. Ziele und Aufgaben der modernen Sohul-
und Volkshygiene. Winke und RathaMäge
für Lehrer, SchulärxteundEUem;YonJ, Ber-
ninger. Wiesbaden 1903. O.Nemnich. 8.
00 S. (2Mk.)
B. ist Lehrer, das Buch ist die Erweiterung eines
Vortrages, den er bei einer LehreroonfiM^nz ge-
halten hat Bs ist wünschenswerih, sogsr noth-
wendig, dass sich die Lehrer mit derSchulhygieine
beschäftigen, das Buch B.'s wird ihnen dabei als
Anregung und Einführung nützlich sein.
Woltemas (Solingen).
22. Die G^nAkölogie des Galen. Eim ge-
$ekiekUiek-gynäkoiogi8cheSludie; von Johann
Lachs. [ Abhandl. zur Geschichte der Hedicin,
herausgeg. von Magnus, Neuburger n.
Sud ho ff. Heft 4.] Breslau 1903. J.ü.
Eern's Verlag (Max Müller). 8. 87 S. (4Hk.)
Mit grosser Gründlichkeit, Umsicht und Urtheils-
fähigkeit hat L. das weite Qehiei der G a 1 e n i sehen
Schriften einer erneuten Durchsicht unterzogen,
um über seine Bedeutung in der Gynäkologie klarer
zu werden, als es das abfällige Drtheil Klein*
Wächter 's zulässt Der „grosse^^ Galen ist
trotz aller seiner Fehler und Schwächen doch auoh
auf dem Gebiete der Anatomie, Physiologie, Patho-
logie und Therapie der weiblichen Geschlechtsorgane
ein nicht zu verachtender Autor, der sich zwar mehr
als gut auf die Untersuchungsergebnisse der Heb-
ammen Verliese und auch in vielen anderen Dingen
kein selbständiges Urtheil abgeben kann, aber doch
auf allen Gebieten einzelne Fortschritte aufzuweisen
hat, wie in beständigem Vergleiche mit seinen Vo^
gäogem, namentlich mit Hippokrates, Cel*
BUS und S 0 r a n u s eingehend dargel^ wird. Die
tüchtige Leistung des jugendlichen Historikers Te^
dient warme Anerkennung. S u d h o f f (Hoohdahl)i
23. Qalen's Schrift nUeber die aiftefs^
dünnende Diät**. Uebersetzt u. mit Ein-
leitung U.Sachregister versehen von W.Frie-
boes u. F. W. Kobert [Abhandl. zur Ge-
schichte der Medicin, herausgeg. von Hagnas,
Neuburger u. Sudhoff. Heft5.] Breslao
1903. J. U. Kern's Verlag (Max Müller). &
62 S. (3Mk.)
Unter vorzüglichster Leitung und Mithülfe tsl
diese Arbeit entstanden: Prof. E. EalbfleiBok
in Rostock, dem wir schon Manches aus der griechi-
schen Medicin verdanken, hat als philologischer Bei«
rath die Uebersetzung überwacht und unsere best«
pharmakologisch-historische Kraft, Prof. Rndol!
Kobert, hat in allen medicinischen und natoff
wissenschaftlichen Fragen seinen Rath nidit ver
sagt; die historische wie die medioinische Ein
leitung, die Uebersetzung wie das commentirl
Namen- und Sachregister sind denn auoh alle vel
gleicher Yortreffliohkeit, so dass das Ganze eil
hochwillkommene Gabe bildet, die bei dem heutiga
reichen Interesse der wissenschaftlichen Mediei
für alle diätetischen Fragen sehr zur rechten 24
kommt S u d h 0 f f (HochdahlX :
Für dio Rodairtion venmtwortUoh : Dr. P. J. MOklw in LeIfBlf . — Verlag ron S. HInel in LpI^k.
Drack von Waltor Wl(«adl in Leipclg.
Jaßr6ucßet
der
m unb au0fönbifc$en %tfammttn (Ulebicim
B(L28L
1904.
Heft 2.
A. Originalabhandlungen und Uebersichten.
Die neurogene und myogene Theorie der Herzthätigkeit und
die Funktion der inneren Herznerven.
Antrittvorlesung, gehalten am 9. December 1903 von
Professor F. B. Hof mann
in Leipzig.
Sat Remak (Froriep's neue Notizen der
Sator-n. Heilkde. Nr. 137. p. 65. 1838) die Anwesen-
bät Ton Ganglienzellen im Herzen nachgewiesen
istle, war Jahrzehnte lang ziemlich allgemein die
Amidit Terbreitet, dass in diesen Oanglienzellen
— oder wenigstens in einem Theile derselben — das
GeDtnim für die automatischen Bewegungen des
Henens zu suchen sei. Man nahm also an, im Her-
uo befinde sich ein motorisches Centrum, bestehend
■OB Ganglienzellen, das in automatischer Thätig-
hit dem Herzmuskel Erregungsimpulse zusende,
etva Bo, wie das Athemcentrum rhythmisch die
Atiieoimnskeln in Thätigkeit setzt. Diese An-
Bskae schien auch auszureichen zur Erklärung
euer Reihe anderer, sehr merkwürdiger That-
Acben, die später gefunden wurden, nämlich der
Wiikang der regulatorischen Herznerven. Als die
^er Weber nachwiesen, dass der gereizte
Nemis Yagus das schlagende Herz zum Stillstand
^*isgt, also einen sich zusammenziehenden Muskel
^iBmtj war diese Thatsache im Gebiete der peri-
pherischen Nervmuskelphysiologie etwas üner-
Urtes. Man musste sich daher bei der Erklärung
^i^nihigen, dass diese Hemmungsnervenfasern des
Tagos ja gar nicht zum Herzmuskel selbst, sondern
za dem nervösen motorischen Centrnm des Her-
Koa hmziehen. Im Gentralnervensystem nämlich
^Ufflte man FäUe, und ihre Zahl vermehrte sich
immer mehr, in denen ähnliche Hemmungen nach-
gevieieD waren. Man brauchte ja wieder nur die
Med. JahTbb. Bd. 281. Hft. 2.
Abhängigkeit des Athemcentrum vom Willen zu
vergleichen, um eine sehr weitgehende Analogie
mit der Beeinflussung des Herzens durch die regu-
latorischen Herznerven herzustellen. Das Athem-
centrum arbeitet, wenn es unbeachtet sich selbst
überlassen bleibt, ganz gleichmässig. Man ist aber
im Stande, durch den Willenseinfiuss seine Thätig-
keit vorübergehend ganz aufzuheben, oder die
Athembewegungen seltener oder häufiger folgen
zu lassen, sie zu verstärken oder abzuschwächen.
Dies aber waren auch jene Wirkungen der regula-
torischen Herznerven, die man zunächst kennen
lernte. Ein Theil dieser Nerven vermag den Herz-
schlag vorübergehend ganz aufzuheben, oder ihn
wenigstens seltener zu machen und ihn abzu-
schwächen. Man vereinigt die so wirkenden Herz-
nerven unter dem Namen „Hemmungsnerven des
Herzens^^ Sie verlaufen bei allen Thieren im
Nervus vagus zum Herzen hin. Daneben aber
giebt es Nervenfasern, die gerade die entgegen-
gesetzte Wirkung haben, wie die Hemmungsnerven,
die also den Herzschlag zu beschleunigen und zu
verstärken vermögen. Man bezeichnet sie gewöhn-
lich nadi der erstgenannten Wirkung einseitig als
Beschleunigungsnerven oder Aoceleratoren; es wäre
aber zweckmässig, ihnen auch einen unverbind-
lichen Gesammtnamen zu geben, sie vielleicht im
Gegensatze zu den Hemmungsnerven als Forderunga-
nerven zu bezeichnen. Sie verlaufen zum Theil
mit den Hemmungsnerven gemischt ebenfalls im
15
114
Hof mann, Die neurogene und myogene Theorie der Herzth&tigkeit
Nervus yagus, bei vielen Thieren (insbesondere den
Sftugethieren) aber ausserdem noch als gesonderte
Nervenbündel vom Sympathicus zum Herzen.
FQr die genannten Wirkungen sowohl der
Hemmungs-, als auch der Förderungsnerven haben
wir nun, wie gesagt, Analogien im Gentrainerven-
System, und damit war nach der eben dargelegten
Auffassung wenigstens ein Schein von ErklArung
gegeben. Kurz, die eben vorgetragene Ansicht war
so plausibel, sie fQhrte die Physiologie des Herzens
anscheinend in so ungezwungener Weise auf die
Physiologie der nervGsen Centren zurück, dass
man sich nicht wundem kann, wenn sie auch ohne
Beweis Jahrzehnte lang in allgemeiner Geltung
blieb. Neue Thatsachen, die bekannt wurden,
gaben Anlass zu reicherer Oliederung und Aus-
schmückung der Theorie, veranlassten gelegentlich
auch den Sturz von Detailhypothesen, im Ganzen
aber blieb die besprochene Örundansicht, die man
gemeiniglich die neurogene Theorie der HerxihäHsh
keit nennt, doch bestehen und z&hlt auch heute
noch viele Anhänger. Indessen ist ihre Herrschaft
heute nicht mehr unbestritten. Anfang der 80er
Jahre tauchte zuerst begründeter Widerspruch auf,
der an das Studium der Erregungsleitung im Her-
zen anknüpfte und zur Aufstellung einer neuen
Theorie ^) führte, die die Quelle der Automatic des
Herzens nicht in seinen nervösen Elementen, son-
dern im Herzmuskel selbst sah, und daher als
myogene Theorie der Herxthätigkeit bezeichnet wird.
Dieser anfangs ganz unbeachtete Yorstoss er-
folgte von einem englischen Forscher, W. Oas-
kell. Erst 10 Jahre später begann auch in
Deutschland stärkerer Widerspruch gegen die
neurogene Lehre der Herzthätigkeit laut zu wer-
den: Krehl, His und Romberg und vor Allem
Engelmann (vgl. zur Ergänzung meiner Daten
besonders seine historische Darstellung im Arch.
f. PhysioL LVI. p. 149 flg. 1894) nahmen den
Kampf gegen die Schulmeinung auf. Andere folgten
nach, und heute dürfte wohl unter den meisten
Physiologen, die ihr Urtheil auf eigene Unter-
suchungen stützen können, die neurogene Iiehre
so ziemlich als abgethan gelten. In den Lehr-
büchern giebt es freilich (ausser Oas kell 's Be-
schreibung in Schäfer 's englischem Handbuche
der Physiologie) kaum noch eine zusammenfassende
Darstellung der myogenen Lehre, die sich an Klar-
heit und Uebersichtlichkeit nur halbwegs mit den
Darlegungen der älteren neurogenen Theorie messen
könnte, wie man sie allenthalben finden kann. Der
Qrund hierfür liegt zumTheil in der Lückenhaftig-
keit des Beobachtungsmateriales , das gerade an
wichtigen Punkten oft völlig fehlt Wenn ich da-
her im Folgenden versuchen will, einen kritischen
üeberblick über die vorliegenden Thatsachen zu
geben, so bin auch ich mir dessen wohl bewusst,
dass vorläufig manche Detailfrage noch unbeant-
wortet bleiben wird. Aber ein abgerundetes und
im grossen Ganzen befriedigendes Bild der Sach-
lage kann man doch heute schon bieten.
Ehe ich aber auf diese zusammenfassende Dar-
stellung eingehen kann, ist es nothwendig, einige
kurze Bemerkungen über Bau und Vertheiluog der
inneren Herznerven vorauszuschicken. Dabei ist
auch zu motiviren, warum zu den meisten der
principiell entscheidenden Versuche das Herz von
kaltblütigen Thieren, insbesondere das des Frosches,
herangezogen wurde. Die anatomischen Verhält-
nisse sind nämlich beim Froschherzen relativ ein-
fach. Das Herz des Frosches ist in drei auf-
einander folgende Abschnitte gegliedert: zuerst
kommt der Venensinus, in den die grossen Venen
einmünden, dann folgen als zweite Abtheilung die
Vorhöfe und zuletzt die (einfache) Herzkammer.
Zum Herzen verläuft nun auf beiden Seiten ein
Zweig vom Nervus vagus, der sowohl alle Hem-
mungs-, als auch alle Förderungsnerven enthält
Diese beiden Vaguszweige treten dicht neben
einander in den Sinus ein, anastomosiren dort mit
einander und verlaufen dann wieder getrennt in
der Scheidewand zwischen den beiden Vorhöfen
als sogenannte Scheidewand- oder Septalnerven
weiter bis zum Ventrikel Von ihrer Eintrittstelle
in den Sinus an geben sie fortwährend schwache
Seitenzweige an die Muskulatur des Sinus und dann
der Vorhöfe ab und verzweigen sich schliesslidi
in der Ventrikelmuskulatur. Ausser den Scheide-
wandnerven giebt es keine grösseren Nerven-
stämmchen, die geschlossen vom Sinus bis zum
Ventrikel ziehen. Die Aufzweigung des Vagus
im Froschherzen erfolgt also nach dem denk-
bar einfachsten Schema: Der Vagus zieht im
Herzen unter fortwährender Abgabe kleiner Aest-
chen als geschlossenes Stämmchen vom Sinus bis
zum Ventrikel und splittert sich in der Kamme^
muskulatur schliesslich vollständig auf. Die Aeet-
chen des Vagus bilden in der Muskulatur ein
ausserordentlich dichtes Oeflecht von Nervenfasern.
Es wird vielfach behauptet, es sei dies ein wirk-
liches Nervennetz, in dem eine Nervenfaser mit
der anderen in Verbindung stehe. Doch hat wirk-
lich unzweifelhafte Anastomosen noch Niemand
gesehen ^).
^) Bigentlioh ist es die Wiederaufnahme einer älteren
Theorie, die gewöhnlich Halle r zugeschrieben wird
(vgl. Langender ff, Ergebn. d. Physiologie. 1. Jahrg.
IL Bd. p. 317flg.).
1) Vgl. zu dem Obigen meioe DarstellaDg dei
Histologie und Topographie des intrakardialen Nerven-
systems beim Frosch in His' Archiv für Anatomie
1902. p. 54. Etwas wirklich Neues ist seither nichl
hinzugekommen. Insbesondere steht die Anastomoseo«
frage heute noch genau so wie damals. Ich finde mi<
Ran vier, dass bei vollständiger Nervenflrbung keizM
freien Endigungen zu sehen sind. Folglich laufen di<
markiosen Nervenzweigohen eines jeden Neurons ent*
weder schlingenformig in sich selbst zurück, oder dii
Zweigchen der verschiedenen Neurone anastomosirai
unter einander, bilden also ein wahres Netz. Die ^t
Scheidung ist auf histologischem Wege schwerlich zi
erbringen.
Hof mann, Die neurogene und myogene Theorie der Herzthätigkeit
115
Wenn man nun mikroskopisch dem Ursprungs-
ort der lotsten Nervenfasern im Herzen nachgeht,
Bo findet man, dass sich das Nervengeflecht oder
Netz in der Muskulatur wenigstens zu einem Theile
bildet aus den Forts&tzen von Cktnglienzellen, die
im Herzen liegen. Im Froschherzen sitzen diese
Ganglienzellen den Yagusstftmmchen und ihren
grosseren intrakardialen Verästelungen seitlich
an. Dort, wo dieser Belag von Ganglienzellen
etwas reichlicher ist, hat man ihnen früher
besondere Namen gegeben ^). Wir reichen völlig
aus, wenn wir von den Oanglien im Sinus, in
den Vorhöfen, an der Atrioventrikulargrenze und
im obersten Theile des Ventrikels reden, deren
KerTenfortsätse sich demnach in der Muskulatur
des Sinus, der Vorhöfe und des Ventrikels ver-
theilen.
An diesen Oanglienzellen endigen nun in Form
von Endkörben weitverzweigte Nervenfasern, die
Tom Nervus vagus herkommen, also dem Gehirn
entstammen. Die ganze Anordnung entspricht
dorchaus dem allgemeinen Schema, das zuerst
Oaskeil (Journ. of Physiol. Vn. p. 1) und dann
insbesondere Langley für den Sympathicus ent-
vorfen hat^). Die Nervenfasern, die aus dem
Him oder Rückenmark heraus und in das sym-
pathische Nervensystem hereintreten, endigen nach
Langley im Sympathicus alle an Ganglienzellen.
Langley bezeichnet sie deshalb als präganglio-
Bire Nervenfasern. Erst die Nervenfortsätze der
Bympathischen Ganglienzellen selbst, die post-
ganglionären Fasern, ziehen dann direkt zu ihrer
Endignng in dem betreffenden Eingeweide hin.
Die Leitungsbahnen des Sympathicus sind also
nach Langley alle durch Einschaltung eines
Ganglions in zwei auf einander folgende Abschnitte
gegliedert: den präganglionären und den post-
ganglionären Theil.
Nach physiologischen Daten, auf die ich später
zurQekkommen werde, ist es nun durchaus wahr-
scheinlich, dass im Herzen selbst nur die Hem-
orangsfasem an Ganglienzellen endigen, nicht aber
die FOrderungsnerven, die sogenannten Accelera-
tofeo. Bei diesen erfolgt nämlich die ümschaltung
ans den prä- in die postganglionären Fasern schon
anaerhalb dee Herzens im Ganglion stellatum, was
xoeret von Gas kell (Journ. of Physiol VII.
p. 12 flg. 1886) aus anatomischen Untersuchungen
abgeleitet wurde. Nach dem Gesagten würden
•ich also anatomisch die Nerven im Herzen dar-
•telien als die direkte Endansbreitung der Acce-
lenmsfasern und als indirekte der Hemmungsfasern,
1) So naoDte man die AnhänfuDg von Ganglienzellen
in&äniu das ,Remak'8che Oanghon*^ und dachte sich
BpecieU in dieisem das motorische Ceotrnm des Herzeos
lokalisirt (siehe weiter unten I).
*) Eine zusammenfassende Uebersicht über den Sym-
pathicus hat Langley selbst gegeben in den Ergeb-
niaBen der Physiologie 2. Jahrg. II. Bd. p. BIS flg.
letztere n&mlich unter Einschaltung von Ganglien-
zellen.
Der Vollständigkeit halber mussich noch hinzu-
fügen, dass ganz neuerdings Bethe (Allgemeine
Anatomie und Physiologie des Nervensystems.
Leipzig. Georg Thieme) die kleinen Zellen an den
marklosen Nerven verz weigungen , die man seit
Langem kennt und allgemein für Bindegewebe-
zellen hält, als Ganglienzellen angesprochen hat,
obwohl sie sich nach Grösse und Form und durch
das Fehlen von Nissl- Körpern durchaus von den
sicheren Ganglienzellen unterscheiden und eben
wie Bindegewebezellen aussehen. Ich komme
darauf später noch zurück.
Die Anordnung der Nerven im Herzen der
höheren Thiere ist verhältnissmässig viel ver-
wickelter insofern, als vielfach mehrere Nervenäste
vom Vagus und Sympathicus zum Herzen hinziehen
und dort ein reiches Geflecht mit vielen Ganglien
(über ihren feineren Bau vgl. A. S. Dogiel, Arch.
f. mikroskop. Anat LIII. p. 237) bilden, von
denen allenthalben Aeste zur Muskulatur abgehen.
Diese Plexusbildung ist z. B. schon beim Schild-
krötenherzen vorhanden, dessen Nerven also lange
nicht mehr so übersichtlich angeordnet sind wie
die beim Froschherzen.
Während wir nun also unser einfaches Schema
von letzterem — ich wiederhole nochmals : es sind
2 einfache, mit Ganglienzellen belegte Nerven-
stämmchen, die neben einander mitten durch das
Herz von oben nach unten hindurchziehen und
dabei fortwährend nach allen Seiten Aestchen ab-
geben — immer vor Augen behalten, können wir
uns einmal die conkrete Frage stellen, wo liegen
denn nun eigentlich die Ganglienzellen, die das
motorische Centrum des Herzens darstellen sollen?
Wenn oum — nach einem alten Versuche von
Stannius — das schlagende Herz in der Höhe
des Vorhofes fest unterbindet oder ganz durch-
schneidet, so steht der abgetrennte Ventrikel still,
während der Sinus gleichmässig weiter schlägt.
Der Grund hierfür liegt, wie jetzt wohl allgemein
anerkannt wird, darin, dass die motorische Er-
regung im Herzen an der Einmündungstelle der
grossen Venen, beim Frosch also im Venensinus
beginnt Vom Sinus geht dann die Erregung auf
den Vorhof über und erst von diesem auf die Herz-
kammer, die zuletzt schlägt. Es scheint demnach,
dass die Ganglienzellen im Sinus das eigentliche
automatisch thätige Gentrum des Herzens dar-
stellen, und dass von ihnen aus den VorhÖfen und
der Herzkammer die Erregung erst zugeleitet wird.
Nach der neurogenen Theorie müsste das natürlich
auf dem Wege von Nerven geschehen. Ist das
richtig, so muss der Ventrikel auch still stehen,
wenn man bloss diese Verbindungsnerven durch-
schneidet. Führt man den Versuch aus, d. h. durch-
schneidet man die Scheidewandnerven, an denen
ja die Hauptmasse der Cktnglienzellen anliegt, so
schlägt das Herz ganz unbeirrt weiter. Durch-
116
Hofmanu, Die neurogene und myogene Theorie der Herzthfttigkeit
schneidet man umgekehrt den ganzen übrigen Vor-
hof und Iftsst die Soheidewandnerven allein übrig,
80 steht der Ventrikel still, während der Sinus
weiter schlägt, wie beim S tan nius 'sehen Ver-
such (F. B. H 0 f m a n n , Arch. f. Physiol. LX. p. 142.
1895). Die grossen Nervenstämmchen im Herzen
sind also gar nicht im Stande, die motorische Er-
regung weiter zu leiten, die Erregung geht über-
haupt nicht den angenommenen direkten Weg von
Ganglion zu Ganglion, sondern sie macht anschei-
nend einen Umweg über die Muskulatur. Ist nun
etwa die Erregungsleitung hier an eine bestimmte
Stelle gebunden? Die Antwort lautet kurz und
bündig: Nein. Es genOgt, irgend welche Ver-
bindungsbrücke zwischen Sinus und VentrilEel
stehen zu lassen, gleichgültig, ob sie rechts oder
links, Yorn oder hinten liegt. Wenn sie nur einen
halbwegs breiten Streifen Muskulatur enthält, dann
leitet sie auch die Erregung über. Kurz und gut :
die Nervenstämmchen leiten die motorische Er-
regung gar nicht, diese läuft yielmehr auf diffus
in der Muskulatur yerbreiteten Wegen. Am Frosch-
herzen, wo die Scheidewandnerven allein die ner-
vöse Verbindung zwischen Sinus und Ventrikel
darstellen, ist diese Folgerung klar und bestimmt.
Am Schildkrötenherzen, wo Gas kell (Journ. of
Physiol. IV. p. 61. 1883) zuerst derartige theil-
weise Durchschneidungen mit ganz dem gleichen
Erfolge ausgeführt hat, sind zwar die anatomischen
Verhältnisse verwickelter, da es hier einen Nerven-
plexus mit mehreren davon abgehenden Nerven-
stämmchen giebt Aber die üebereinstimmung
der Versuche ist so gross, dasa es kleinliche Mäkelei
wäre, die Zulässigkeit derselben Folgerung wie
oben in Frage zu stellen.
Die Leitung der Erregung innerhalb der Vor-
hofswand könnte nun aufzweierlei Wegen erfolgen.
Entweder geht die Erregung von einer Muskelzelle
direkt auf die andere über — sogenannte intra-
muskuläre Leitung — oder aber es erfolgt die
Leitung unter Vermittelung eines wirklichen Ner-
vennetzes, das die Muskulatur überall gleichmässig
durchzieht — wenn ein solches überhaupt existirt.
Man sieht nun auch gleich, wie sich die neurogene
Lehre noch halten lässt. Geht die Erregung von
den Ganglienzellen des Sinus aus, so muss man
annehmen, sie pflanze sich weiterhin durch das
Nervennetz fort über den Vorhof zum Ventrikel,
übertrage sich an jeder Stelle von den Nerven auf
die Muskeln, die also successive nach einander von
den ihnen anliegenden Nerven in Erregung versetzt
werden. Das eigentlich Erregungleitende wäre
dann das Nervennetz, das von den Fortsätzen der
Ganglienzellen in der Muskulatur gebildet wird.
Die Ganglienzellen des Sinus bleiben dann immer
noch die Stelle, von der die rhythmischen Er-
regungen ausgehen. Gegen diese Ansicht ist nun
freilich in's Treffen geführt worden der auf mannig-
fache Art gelungene Nachweis, dass das Herz oder
Theile desselben auch ohne Anwesenheit von
Ganglienzellen weiter pulsiren kann*). Soweit
sich diese Nachweise auf das ausgewachsene Hen
beziehen — das embryonale könnte sich hierin
sehr wohl anders verhalten als das erwachsene — ,
sind sie aber mit der vorhin angegebenen Modi-
fikation der neurogenen Theorie nicht schleohtwQg
unvereinbar*). Wir brauchten nämlich bloss anza-
nehmen, die Ganglienzellen theilten die Fähigkeit
der Automatic mit ihren Fortsätzen, was ja nicht
so ganz unmöglich wäre'). Man könnte dann noch
immer sagen, die automatische Erregung gehe
von den Nerven aus. Die Ghinglienzellen könn-
ten ausserdem vielleicht auch als Angriffspunkt
der regulatorischen Herznerven dienen, indem
z. B. durch erstere die von den Ganglienzellen
ausgehenden Erregungen ihrer Zahl nach geregelt
würden.
Für die verstärkenden und absohwäohenden Herz-
nerven kann diese Annahme freilich nicht gelten. Hsn
kann, wie ich 1898 im Arch. f. Physiol. LXXII. p. 429
ausgeführt habe, nicht sagen, die Herzschläge werden
schwächer, weil dem Herzmuskel von seinem motorischen
Gentram schwächere Erregungen zufliessen, und sie
werden stärker, wenn die motorische Erregung stärker
wird. Der Herzmuskel besitzt nämlich die merkwürdige
Eigenschaft, auf starke und schwache Beize, sofern sie
nur überhaupt wirksam sind, mit gleichgrossen Contrak-
tionen zu reagiren. Eine Veränderung der Stärke der
Herzschläge kann nur durch eine Aendenmg des Zu-
Standes der Muskulatur herbeigeführt werden. Also die
abschwächenden und verstärkenden Herznerven müssten
neben den motorischen Nervenzellen vorbei direkt znr
Muskulatur hinziehen, und es müsste neben dem etgent-
lieh motorischen Nervennetz noch eines der verstärkenden
und eines der abschwächenden Nervenfasern angenommen
^) Der Bulbus aortae des Froschherzens (Engel-
mann, Arch. f. Physiol. XXIX. p. 425. 1882) ; der Säige-
thierventrikel nach Abtrennung so gut wie aller ganglien-
haltigen Theile (Krehl und Komberg, Schmiede-
ber g's Arch. XaX. p. 49. 1892); das embryonale Hen
in den ersten Tagen (His jun., Arbeiten aus der Leipziger
med. Klinik 1893); ganglienzellenfreie Stücke von den
oberen Hohlvenen des Froschherzens (Engolmano,
Arch. f. Physiol. LXV. p. 120. 1897); das Froschhen
nach Wegschneidung der Yorhofsoheidewand und der
Bemak 'sehen Ganglien (Hofmann, Arch. f. PhysioL
LX. p. 142. 1895).
*) Den meisten Anhängern der alten neurogenen
Lehre erschien dieser Nachweis freiUch vernichtende Ins-
besondere ist meine Angabe, dass man die ganze Scheide-
wand sammt ihren Oanglien und auch das Bemak*sche
Oanglion im Sinus herausschneiden kann, ohne dass das
Herz stillsteht, mehrfach bezweifelt worden, zuletzt von
Langendorff in den Ergebnissen der Physiologie
1. Jahrg. Bd. ü. p. 330 oben. Indessen ist das Experi-
ment richtig und leicht zu bestätigen. Ich besitze ein€
ganze Beihe von Präparaten, an denen die genannten
Ganglien alle entfernt waren, während das Herz ruhi^
weiter schlug, und ich habe den Versuch auf der Natnr«
forscherversammlung in Karlsbad den Anwesenden de-
monstriren können.
^ Dieser Meinung scheint auch Eronecker zu
sein, der (Ztschr. f. Biol. XXXTV. p. 600. 1896) dem
hypothetischen intramuskulären Nervennetz ebenfiüh
„den Charakter von nervösen Gentralor^anen*^ (also wob!
die Fähigkeit zur Automatic?) zuschreibt Eine genaw
Erörterung^ findet die Frage bei Engelmann (Arch. f
Physiol. LXV. p. 535).
Hof mann, Die neurogene und myogene Theorie der Herzthfttigkeit
117
werdeo <). Anatomisch hat das gar keine Schwierigkeiten.
Nenren/asern sind im Herzmuskel in so reichlicher Zahl
Torfaaoden, dass man anatomisch selbst gegen Hypo-
tiieflen, die eine Versorgung jeder MuskelzeUe mit 6 ver-
schiedenen Nervenfasern verlangen würde, keine Ein-
vwdiiDgen erheben könnte.
Aooh sonst könnte die vorgetragene Ansicht
mit kleinen Modifikationen, auf die hier nicht näher
einzugehen ist, durchaus klar und Qberaichtlioh
gestaltet werden. Wem sie trotzdem nicht recht
plaosibel erscheint, der mag bedenken, dass es sich
um den letzten Versuch handelt, die neurogene
Lehre noch zu halten.
PrOfen liesse sich die Richtigkeit dieser An-
nahme, wenn man im Stande wftre, die Forts&tze
der Ganglienzellen im Herzen, die direkt zur Musku-
ktor hinziehen, isolirt fOr sich zu reizen. Hat
BftmJich dieses letzte Neuron eine motorische Funk-
tion, 80 muss durch seine Reizung das stillstehende
Ben zam Schlagen gebracht werden. Geschieht
das nicht, dann bleibt bloss die Annahme fibrig,
dafis die Nervenzellen des Herzens in den Verlauf
der regulatorischen Herznerven so eingeschaltet
sind, wie das Langley fQr alle sympathischen
Herrenfasem annimmt Ist dem aber so, dann
BiuB Beizung der postganglionftren Fasern den-
adben Hemmungseffekt geben, wie die Reizung
vor dem Ganglion. Das lässt sich nun auf zweierlei
Weise prüfen : durch Vergiftung mit Nicotin und
durch Degenerationversucha
Langley hat nämlich zusammen mit Dick in-
8on (Proc. Roy. Soa XLVL p. 423. 1889 ; XLVIL
p. 379. 1890. — Joum. of PhysioL XL p. 609)
Bachgewiesen, dass durch schwache Vergiftung
mit Nicotin zuerst die Bndigungen der präganglio-
Biien Nerven fasern an den S3rmpathischen Oanglien-
zeDen gelähmt werden. Reizung der präganglio-
liren Fasern kann also dann keinen Erfolg mehr
geben, weil die Leitung an den Endigungen der-
selben unterbrochen ist Reizung der postganglio-
B^ren Fasern dagegen hat noch immer den früheren
&fo]g. Nun giebt nach schwacher Nicotinvergif-
toDg Reizung des Vagus bloss noch eine Verstär-
hmg nnd Beschleunigung des Herzschlags , also
bfa» one Wirkung der Förderungsnerven, während
die Wirkung der Hemmungsfasern in Wegfall ge-
kommen ist Langley (Joum. of PhysioL XI.
p.277. 1890) schloss daraus, dass die hemmenden
^«guafasem erst im Herzen an Ganglienzellen
endigen und dass diese Endigungen eben durch
das Nicotin gelähmt wfirden. In den Verlauf der
iooeleransfaaem dagegen seien die Qanglienzellen
sebcm ausserhalb des Herzens eingeschaltet Zu
teiaelben Schluss gelangte kürzlich H. E. H e r i n g
(Arch. f. PhysioL XCIX. p. 245. 1903) nach Be-
^ AuBerdem zwänge zu einer solchen Annahme die
!«> In gelmann (1902) und mir (1898) nachgewiesene
UnablUüaigigkeit der motorischen Erregnngsleitong im
Heoea von der ForÜeitong der Hemmungserregung (vgl.
meine Ansfohrongen in den Verhandlangen der Karls-
^er KatarforacherversammL p. 584. 1902).
obachtungen am absterbenden Säugethierherzen,
bei dem die Acoeleranswirkung bedeutend länger
bestehen bleibt (bis zu 53 Stunden nach dem Tode
des Thieres) als die Wirkung der Hemmungsfasem
(nur 6 Stunden nach dem Tode).
Das spricht nun zwar durchaus dafür, dass die
Hemmungsfasern nach Art der präganglionären
Fasern des Sympathicus an Qanglienzellen endigen,
was auch mit den bisher ausgeführten Degeneration-
versuchen (siehe deren kritische Besprechung bei
F. Hofmann, His' Arch. p. 81. 1902) und den
Schlussfolgerungen von Oaskeil (Journ. of Phy-
sioL VII. 12 u. 28) übereinstimmt, sagt uns aber
nichts über die Funktion dieser Oanglienzellen.
Es fragt sich demnach noch: l)Ist man im Stande,
die postganglionären Fasern im Herzen zu reizen?
2) Bekommt man dann motorische oder Hemmungs-
effekte? Langley hat (am eben citirten Orte)
die erste Frage bejaht Wenn nämlich nach Nicotin-
vergiftung Reizung des Vagusstammes erfolglos ist
oder bloss Beschleunigung giebt, so ergiebt direkte
Reizung des Venensinus und der in ihm enthaltenen
postganglionären Hemmungsfasem immer noch
Stillstand des Herzens, also einen Hemmungs-
effekt. Aber der Versuch ist so nicht eindeutig,
weil man ja mit den Vagusendigungen zugleich
auch die Muskulatur mitreizt, in der nach der
myogenen Theorie die motorische Erregung ihren
Ursprung nimmt Wird nicht vielleicht diese selbst
durch starke direkte Reizung zum Stillstand ge-
bracht? Der Einwand ist nicht aus der Luft ge-
griffen, wie aus anderen Experimenten hervor-
geht
Wenn man am Froschherzen den Ventrikel vom
Sinns abschneidet (8 tannius'scher Versuch), so steht
der Ventrikel zunächst verschieden lange Zeit still, be-
ginnt aber dann wieder zu schlagen, wobei die Erregung
von der Üobergangsmuskulatur zwischen Vorhof und
Ventrikel ausgeht (Näheres weiter unten!). Nun habe
ich mehrfach gesehen, dass man an einem so schlagenden
Ventrikel durch direkte elektrische Beizung der Atrio-
veninkulargrenze Stillstand erzielen kann, durch Reizung
der Scheidewandnerven allein etwas weiter oben dagegen
nicht. Ich kann diesen Stillstand also nur auf eine direkte
Beeinflussung der automatisch thätigen Muskulatur durch
den elektrischen Strom beziehen, nicht auf eine indirekte
Wirkung auf dem Wege der mitgereizten Scheidewand-
nerven. Besonders interessant ist der Versuch bei Rei-
zung mit einzelnen Induktionströmen. Lässt man näm-
lich einen solchen während der refraktären Phase ein-
wirken, so erfolgt keine Eztracontraktion, wohl aber eine
Verspätung der darauf folgenden Gontraktion. Ja einmal
habe ich die Reihe spontaner Gontraktionen , die man
durch einmalige starke Reizung der Atrioventrikular-
grenze erhält, durch einen einzigen starken Induktion-
stroih jedesmal mitten in ihrem Ablauf coupiren können I
Es ist also jedenfalls nothwendig, die Vagus-
fasem isoliert fQr sich, nicht zugleich mit der
Herzmuskulatur zu reizen. Das ist nun in der
That möglich. Es lAsst sich nämlich histologisch
beobachten, dass die Fortsätze der Nervenzellen,
die zur Muskulatur hinziehen, zuvor oft mehrere
Millimeter im Scheidewandnerven weiter verlaufen,
ehe sie aus ihm austreten. Wenn man also die
118
Hof mann , Die neurogene und myogene Theorie der Herzthätigkeit.
iTAn mAflrlinhflt vrtkxt tmten rAi«t. an Prommiinir «nr winfArionhAn TAitii
Scheidewandnerven möglichst weit unten reizt, so
wird man voraussichtlich eine Anzahl dieser post-
ganglionären Fasern mittrefPen, und nun wird es
sich ja zeigen, ob man eine motorische Wirkung
oder eine regulatorische, ähnlich wie bei Reizung
höher oben bekommt. Diese Experimente habe
ich schon im Jahre 1894 ausgeführt. Nach pas-
sender Vergiftung mit Nicotin (oder Curare) be-
kommt man bei Reizung des Vagusstammes Ver-
stärkung der Herzschläge, bei Reizung der Scheide-
wandnerven dagegen eine unter Umständen sehr
erhebliche Abschwächung der Herzschläge, dagegen
keine Spur von motorischer Wirkung I Noch mög-
lichen Einwänden gegen Qber könnte nun noch ein
weiterer Beweis entgegengestellt werden. Durch-
schneidet man beide Vagi und überlässt man sie
der Degeneration, so entarten alle Nervenfasern bis
zur nächsten eingeschalteten Nervenzelle, demnach
in unserem Falle die Acceleransfasern vollständig,
die Hemmungsfasern zwar bis in's Herz hinein,
aber nur bis zu ihrer Endigung an den Nerven-
zellen. Die Nervenzellen selbst und ihre Fortsätze
in die Muskulatur hinein müssen erhalten bleiben.
Wenn man daher bei Reizung der Scheidewand-
nerven hier überhaupt einen Effekt bekommt, so
kann er nuf auf Reizung des letzten Neurons be-
zogen werden. Ich habe diesen schwierigen Ver-
such zwar bisher nur einmal, aber mit dem Erfolge
ausführen können, dass Reizung des Vagus nichts
mehr gab, Reizung der Scheidewandnerven am
untersten Ende dagegen noch immer Abschwächung
der Contraktionen. Auch dieser Versuch stimmte
also mit den Nicotin versuchen darin überein, dass
offenbar Reizung der postganglionären Fasern einen
Hemmungseffekt gab. Ich muss hinzufügen, dass
auch bei zahlreichen sonstigen Versuchen, in denen
die Scheidewandnerven gereizt wurden und sicher
auch die postganglionären Fasern getroffen wur-
den, ich nie einen motorischen Effekt gesehen habe,
wenn nicht etwa die Elektroden den Ventrikel
berührten und Stromschleifen direkt zur Musku-
latur gingen. Alle diese ThcUsachen stimmen zur
Oaskell'Langley'schenSympatkieustheorie; für
eine motorische Thätigkeit der Oanglienxelien des
Herzens und ihrer Fortsätze in die Muskutatur hinein
bleibt auch kein Schatten eines Beweises, wohl aber
lässt sich der Charakter der letzteren als regula-
torischer Nervenfasern sicher feststellen.
Bleibt nun noch übrig die Annahme von Bet he,
dass es ein echtes intramuskuläres Nervennetz gebe,
in welches weitere kleine Nervenzellen eingeschaltet
seien, die ich bei meinen Reizungen natürlich nicht
hätte treffen können, weil sie in der Muskulatur
versteckt liegen. Aber ich muss offen gestehen,
dass ich nicht verstanden habe, wie sich Bet he
die motorische Funktion dieser vermeintlichen
Ganglienzellen vorstellt. Meint er, dass die Hem-
mungsfasern ganz continuirlich in dieselben über-
gehen und dass an diesen Zellen die Funktion plötz-
lich eine sprunghafte Veränderung zeigt von der
Hemmung zur motorischen Leitung? Oder sollen
wir annehmen, was aber aus der Bet he 'sehen
Darstellung gar nicht hervorgeht, dass diese
„Cktnglienzellen** mit ihren Fortsätzen ein geson-
dertes Leitungsnetz bilden? Aber selbst wenn
man eine von diesen Ansichten aooeptiren wollte,
lässt sich die neurogene Theorie nicht retten.
Denn es giebt noch eine andere Thatsache, die
die Annahme einer nervösen Leitung der moto>
riechen Erregung im Herzen nach unseren bi8>
herigen Kenntnissen unmöglich macht Die Hem-
mungsnerven haben nämlich unter bestimmten
Umständen noch eine Wirkung, die ich bisher
gar nicht erwähnt habe: sie vermögen, wie
zuerst Oaskeil (Jonm. of PhysioL IV. p. 99.
1883) gezeigt hat, die Fortleitung der Erregmag
vom Sinus zum Ventrikel an bestimmten Stellen
zeitweilig zu unterbrechen. Das geschieht am
ganz normalen Herzen nicht, wohl aber dann und
an jenen Stellen, die man durch vorherige Ein*
griffe (z. B. durch leichtes Quetschen) etwas ge-
schädigt hat Reizt man nach der Quetschung den
Vagus, so geht die Erregung während der Dauer
der Hemmungswirkung nur noch vom Sinus bis
zu der gequetschten Stelle und über diese nicht
mehr hinaus. Was müsste nun geschehen sein,
wenn die Erregungsleitung durch ein Nervennets
erfolgte? Es müsste unter dem Einflüsse der
Hemmungsnerven die Leitfähigkeit des oontinuir-
lichen Nervennetzes just an den geschädigten
Stellen temporär vernichtet worden sein. Wenn
man nun nicht etwa ganz mysteriöse, noch un-
bekannte Vorgänge annehmen will, so könnte das
doch nur so erfolgen, dass Hemmungsftwem an
den marklosen Nerven des Herzens endigten und
sie in ihrer Leitfähigkeit beeinflussten. Nerven-
fasern nun, die an anderen endigen, kennen wir
überhaupt nicht Und nun gar solche nicht wie
hier, wo verlangt wird, dass sie an allenden vi^en
Fasern des motorischen Netzes und an jeder
Stelle desselben endigen! Denn thäten sie das
nicht, so könnte die motorische Erregung doch
noch irgendwo durchschlüpfen. Man mag das
drehen und wenden wie man wiU, diese Annahme
ist die pure Unmöglichkeit Ich resumire : es ist
nach dem Oesagten im Augenblicke unmöglich, an
der neurogenen Theorie in irgend welcher Form
festzuhalten, es bleibt einem nach kritische Wür-
digung der Thatsachen heute gar nichts anderes
übrig, als sich der myogenen Theorie von Qas-
kell und Engelmann anzuschlieesen. Audi
sie hat ihre Bedenklichkeiten und ich habe diese
schon 2mal mit allem Nachdrucke hervorgehoben
(Arch. f. Physiol. LXXII. p. 457. 1898 und Yer-
handl. d. Naturf.-Vers. zu Karlsbad p. 584. 1902>
Denn es ist doch wünschenswerth, dass nian sidi
darüber Rechenschaft giebt und nicht etwa eii
schlechtes Neues an Stelle eines schlechteren Alten
setzt So liegt die Sache nun nicht Vor sol<^ei3
Unmöglichkeiten wie die neurogene Theorie steht
Hofmänn, Die neurogene und myogene Theorie der Herzthätigkeii
119
die mjögene nie ^j und es bleibt une also im Augen-
blicke gar nidits anderes übrig als ihr den Vorzug
einsurftumen, wenn man auch die Bedenken, die
gegen sie erstehen, voll würdigt Der Qrund,
weehaib man sioh auf vielen Seiten gegen diese
Theohe strftubt, liegt in der Gewohnheit, die Er-
legungen derSkeletmuskulatar vom Centralnerven-
^yeteme ausgehen zu sehen. Dieser Analogie-
ttblaes ist es hauptsftchlioh , der die neurogene
Theorie so lange hftlt Es ist beseiohnend für
dieses psychologische Moment, dass jener deutsche
Physiologe, der die automatische Flimmerbewegung
am eingehendsten studirt hat, die sicher ganz ohne
BeCheiligung von Ganglien und Nerven erfolgen
kann, sich auch am entschiedensten für die myogene
Theorie ausgesprochen hat
Diese von Gaskell (hauptsAchlich Joum. of
Physiol. IV. p. 49) und Bngelmann (in erster
Linie Aieh. f. PhysioL LVL p. 149 ; LIX. p. 309 ;
LUL p. 543 ; LXV. p. 109) ausgebaute myogene
Theorie nimmt nun, wie ihr Name sagt, an, dtus
äi automaiigehe Erregung des Eerxens in den
UiMifamm selbst ihren Ursprung nimmt. Die
Moskei&sem des Herzens besitzen die Fähigkeit
der Aatomatie in verschiedenem Grade, am besten
ist sie wohl immer in den Muskelfasern entwickelt,
üe an der Einmündungstelle der grossen Venen
ia das flerz liegen. Das ist also beim Frosch-
haien der Venensinus. Beim Sängethierherzen
iat die Einmündungstelle der grossen Venen in
die VorhOfe von letzteren zwar nicht deutlich ab-
gegrenzt, aber auch hier beginnt die Herzcontrak-
tion nachweislich zuerst an der Einmündungstelle
der Venen. Jene Stelle, die am raschesten sohlAgt,
kommt den anderen langsamer schlagenden zuvor
od bestimmt in Folge dessen den Rhythmus des
gauen Herzens. Denn von dieser Stelle aus pflanzt
ach innerhalb der allseitig zusammenh&ngenden
Msskobiur die Erregung nach allen Richtungen
^ Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Er-
i^gong ist innerhalb der einzelnen Herzabtheilun-
gBs üemlich gross — wenn auch lange nicht so
gniB wie im markhaltigen Nerven. Beim üeber-
gttSe von einer Herzabtheilung auf die andere,
^ vom Sinus auf den Vorhof, vom Vorhof auf
den Ventrikel erfolgt dagegen immer eine Ver-
i^^Serong der Leitung, die dadurch herbeigeführt
^, dass die Verbindungsmuskulatur zwischen
teen Herzabtheilungen histologisch und physio-
l<9Kh einen mehr embryonalen Charakter be-
*^ hat und insbesondere auch die Erregung
^ttgssmer leitet als die anschliessende Muskulatur
*) Aach auf die von mir betonten Bedenken findet
sich immer noch eine ziemlich wahrscheinlich klingende
^stwort (siehe die Bemerkungen an der eben citirten
StaUe im Archiv für Physiologie und die folgenden Dar-
^pagen in dieser Abhandlnog). Die Einwände von
Lingendorff (Ergebnisse d. PhysioL 11. 1. 1902) und
Bethe (AUg. Anat xl Physiol. d. Nervensystems 1903)
^sdoi ach zum Theii mit den meinigen aas dem Jahre
Ittfi, and aber auch sonst nioht daro&hlagend.
beispielsweise des Vorhofes oder des Ventrikels.
Die regelmAssige Aufeinanderfolge des Schlages
der einzelnen Herzabtheilungen kommt also nach
dieser Theorie einfadi dadurch zu Stande, dass
die Erregung von dem rascher schlagenden Herz'»
theile, dem Sinus, ausgeht, fiber eine einheitliche
Herzabtheilung, als welche z. B. die gemeinschaft-
liche Muskelmasse der Vorhöfe zu betrachten ist,
sich rasch ausbreitet, so dass diese sich ziemlich
gleichzeitig um ihren Inhalt contrahirt. Dann ent-
steht in Folge der langsameren Fortpflanzung der
Erregung durch die Muskelbrücke von den Vor-
hOfen zur Kammer eine kleine Pause und dann
erfolgt eine wieder fast gleichzeitige Contraktion
der Muskulatur des oder der Venkikel. Die Muskel-
brücke zwischen Vorhof und Kammer ist bei nie-
deren Thieren sehr leicht nachweisbar, bei den
Säugethieren begegnete der Nachweis Schwierig-
keiten, doch darf jetzt nach noch nicht pul^licirten
Untersuchungen von Hetzer die zuvor schon von
His jun. angegebene Verbindung als ganz sicher
nachgewiesen gelten.
Dass im absterbenden Säagethierventrikel die £r-
regang nicht immer, wie man nach der Theorie er-
warten sollte, an der Vorhofegrenze beginnt und nach
der Spitze zu fortschreitet (vgl. Schlüter, Arch. f.
Physiol. LXXXIX. p. 87), kann daher rühren, dass die
Maskelbrücke znnächst zu den inneren Moskelbündela
hinführt, die erst im Herzwirbel an die äassere Ober-
fläche treten. Hat nun insbesondere am absterbenden
Herzen die Leitung darch die qaeren Verbindungen der
Ventrikelmuskulatur gelitten, so kann die Leitung in den
geschützteren inneren Lagen der Muskulatar nach der
Spitze za rascher erfolgen und so die Spitze vor der
Basis schlagen.
Nicht immer ist der Sinus (die Einmündung-
stelle der Venen) der am schnellsten schlagende
Theil des Herzens. Wenn man z. B. künstlich
die Kammer in rascherem Tempo rei2t, als der
Sinus schlägt, dann gehen die Brregungswellen
den umgekehrten Weg wie gewöhnlich, die Kam-
mer schlägt vor dem Vorhofe. Auch ist die Auto-
matic nicht bloss der Sinusmuskulatur eigen (für
Sinus ist beim Säugethiere immer zu setzen : Ein-
mündungstelle der grossen Venen in die Vorhöfe),
sondern auch andere Stellen besitzen sie, wenn
auch meist in geringerem Orade, so insbesondere
beim Froschherzen die Verbindungsmuskulatur
zwischen Vorhof und Kammer (His' „Atrioventri-
kulartrichter^*) und der Bulbus aortae (vielleicht
auch die Vorhofsmuskulatur), beim Sängethier-
herzen die Kammermuskulatur u. s. w. Daher
kommt es, dass beim Froschherzen der vom Sinus
abgetrennte Ventrikel nach verschieden langer Zeit
wieder zu schlagen beginnt, wobei entweder der
Ventrikel vor dem Vorhofe, seltener der Vorhof
vor dem Ventrikel, manchmal beide synchron
schlagen (vgL Engelmann in seinem Archiv
p. 505. 1903). Bei anderen Thieren ist der Still-
stand des abgetrennten Ventrikels verhältnissmässig
viel kürzer, so beim Hecht und bei der Schildkröte.
Bei Säugethieren tritt nach Abtrennung des Ven-
120
Hof mann, Die neurogene and myogene Theorie der Herzthätigkeit
trikels überhaupt kein längerer Stillstand auf, son-
dern der Ventrikel verfällt sofort in seinen eigenen
spontanen Rhythmus.
Dass der beim Froschherzen nach AbtrennuDff des
Sinus meist (nioht immer I) auftretende yentnkeTstUl-
stand nicht auf einer Reizung von Hemmungsnerven be-
ruht, dafür liegen aasreichende Beweise vor (vpl. Hof-
m an n , Arch. f. Physiol. LX. p. 155. 1895 und die soeben
oitirte Abhandlung von Engelmann 1903). Ueber den
eigentlichen Omnd dieses Stillstandes liefert vielleicht
folgende Erscheinung Aufklärung. Wenn man in die
Reihe der spontanen Contraktionen des Vorhofes und des
Ventrikels, die nach Wegschneiden des Sinus auftreten,
durch Reizung mit einem einzelnen Induktionstrome
eine Extracontraktion einschaltet, so folgt die nächste
spontane Contraktion etwas verspätet. Schaltet man eine
Reihe von 5 — 7 Extracontraktionen hinter einander ein,
so wird die Verspätung sehr deutlich. Der künstliche
Rhythmus unterdrückt gewissermaassen die spontane
Schlagfolge und die Spontaneität mnss sich danach erst
allmählich wieder erholen. Sollte am Ende die Auto-
matie des Atrioventrikulartrichters , die am intakten
Herzen durch die zeitlebens andauernde Zuleitung der
Erregungen vom Sinus her in ähnlicher Weise zurück-
gedrängt ist, sich nach dem Wegfalle dieser Erregungen
auch erst allmählich zur vollen Höhe erheben ? Ehe man
diese vorläufige Vermuthung mit einiger Zuversicht ver-
treten kann, wird man sich freilich erst überzeugen
müssen, ob nicht die eben beschriebene Beobachtung
mit der oben angeführten Unterdrückung der spontanen
Schlagfolse durch direkte Reizung der automatisch thä-
tigen Stelle zusammenfällt.
Die Herznerven, auch ihre aüer feinsten Ver-
zweigungen im Muskel haben nach dieser Theorie
lediglieh eine regulodorische Funktion, In Folge
einer direkten Einwirkung auf die Muskulatur ver-
mögen sie die Entwickelung der inneren Vor-
gänge, die schliesslich zur automatischen Con-
traktion führen, zu verzögern oder zu beschleunigen.
Engelmann (vgL besonders sein Archiv p. 31 5.
1900) bezeichnet diese die Schlagfrequenz herab-
setzende, bez. beschleunigende Wirkung der Herz-
nerven als negativ, bez. positiv chronotrope Wir-
kung. Weiterhin bringen die Herznerven unter
umständen eine solche Veränderung in den ein-
zelnen Muskelzellen hervor, dass diese auf den
natürlichen oder künstlichen Reiz entweder mit
schwächeren oder mit stärkeren Contraktionen ant-
worten als vorher (negativ oder positiv inotrope
Wirkung nach Engelmann).
Dies ist aber nur ein Theil der Nerveneinwir-
kungen auf das Herz. So können die Hemmungs-
nerven ausser ihrem negativ chronotropen und
inotropen Einflüsse auch noch bewirken, dass die
motorische Erregung über eine etwas geschädigte
Stelle eine Zeit lang nicht hinweggehen kann
(negativ dromotrope Wirkung nach Engelmann).
Auch das muss auf eine direkte Beeinflussung der
Muskelfasern seitens der Hemmungsnerven zurück-
geführt werden. Es ist wohl nicht anders zu er-
klären, als dass alle einzelnen geschädigten Muskel-
zellen während der Hemmungswirkung die zu-
fliessende Erregung nicht aufzunehmen vermögen,
dass also ihr sogenanntes Refraktärstadium ver-
längert ist Diese Erklärung stimmt mit anderen
Beobachtungen, über die ich hier hinw^ehen
muss, überein, und führt die sogenannte leitungs-
hemmende Wirkung der Herznerven auf eine Ve^
änderung der Muskelreizbarkeit zurück. Eine
solche Veränderung der Muskelreizbarkeit während
der Vagusreizung soll nach Engelmann (sein
Archiv 1902. Suppl. p. 1) auch ganz unabhängig
von einer etwaigen Wirkung auf die Contraktion-
stärke erfolgen können (baihmotropeWiTkuag). Die
negativ dromotrope Vaguswirkung kann sich aber
auch in einer Verzögerung der Leitung äussern, so
dass z. B. das Intervall zwischen der Vorhofs- und der
Ventrikelcontraktion grösser wird (Engelmann,
Gas kell). Innerhalb einer intakten Herzabthei-
luDg (z. B. im unverletzten Ventrikel) lässt sich
eine solche Leitungsverzögerung bei Vagusreizung
nioht nachweisen (F. B. Hof mann, ArcL f. Phy-
sioL LXXXIV. p. 136. 1901).
Werden nun alle diese einzelnen Wirkungen
auf den Herzmuskel von besonderen Nervenarten
ausgeübt? Engelmann scheint dieser Annahme
zuzuneigen (vgl. die Bemerkung in seinem Archiv
1903. p. 112, aber auch die entgegenstehenden
kritischen Erwägungen ebenda p. 340. 1900), und
anatomisch wäre, wie ich schon einmal bemerkt
habe, nichts dagegen einzuwenden. Dennoch lässt
sich vielleicht die alte Meinung von Gas kell
(Journ. of Physiol. IV. p. 103. 1S83) auch heute
noch aufrecht erhalten, dass es nur zweierlei Arten
von Herznerven giebt, die man gewöhnlich als
Hemmungsnerven und als Acceleratoren unter-
scheidet Die Hemmungsfasern verzögern die Ent-
wickelung der inneren Herzreize in jenen Muskel-
fasern, in denen die motorische Erregung des
Herzens ihren Ursprung nimmt Für gewöhnlich
wird sich also diese ihre Wirkung an der Sinns-
muskulatur äussern. Man kann sich dann auch
so ausdrücken, die Nervenfasern, die die Frequenz
der Herzschläge ändern, endigen in der Sinos-
muskulatur. Aber es ist dieselbe Art von Hem-
mungsfasem, die zum Ventrikel hinzieht Diese
können unter gewöhnlichen umständen die Fre-
quenz der Ventrikelcontraktionen nicht ändern,
weil die ja vom Sinus abhängt, sie vermindern blos
die Stärke der Contraktionen. Sehr wichtig für die
Beurtheilung der Sachlage ist die sogenannte Lei-
tungshemmung. Diese ist nämlich am ganz unver-
sehrten Herzen gar nicht da. Quetscht man aber
eine Stelle oder macht man durch Einschnitt eine
enge Muskelbrücke, so ist sie auf einmal da bei
Beizung derselben Nerven wie vorher. Es mnss
also doch wohl eine Wirkung derselben Nerven-
fasern sein, die nur je nach den Umständen ver^
schieden sich äussert.
Ja, der (übrigens noch nicht genügend unter-
suchte) Einfluss der äusseren Umstände geht nodi
weiter. So zeigt am ganz normalen blutdnroh«
strömten Froschherzen der Vagus keinerlei inotrope
Wirkung auf den Ventrikel (Muskens, Amer
Journ. of PhysioL I. p. 497). Er äussert m
Hof mann, Die neurogene und myogene Theorie der Herzthätigkeii
121
aber sofort, wenn man das Herz yerbluten Usst
(Ha 8 kons) oder (bei kflnstlicher DurchstrOmung)
das Blut im Herzen stagniren Iftsat In der
Kälte fällt ebenfalls die inotrope Wirkung auf
dra Ventrikel gewöhnlich zuerst aus (Stewart,
Joarn. of Physiol. Xu. p. XXU), bei Eskulenten
ist sie schwächer als bei Temporarien, bei man-
eben Thieren (Hecht, Schildkröte, Ringelnatter)
hat man eine inotrope Wirkung auf den Yen-
triiel bis jetzt noch gar nicht nachweisen kOn-
Den^). umgekehrt ist es z. B. im Hochsommer
(wegen der hohen Temperatur?) oft unmöglich,
dasFroschh^rz durch Vagusreizung zum Stillstande
SU bringen, es fehlt also dann die chronotrope Wir-
kung der Hemmungsnerven. Angesichts dieser
Abhängigkeit der Nerven Wirkung von den äusseren
CfflstJInden (vgL besonders das allmähliche Zum-
Torscheinkommen der inotropen Wirkung nach der
Verblatung, das Dazukommen der dromotropen
Wirknng bei noch weiterer Schädigung) drängt
sich einem unwillkürlich die Yermuthung auf, ob
nicht die Hemmungsnerven eine ganz bestimmte
mkeiäiehe Wirkung auf die Muskulatur besitzen,
die sich aber je nach den Umständen, insbesondere
nach dem jeioeüigen Zustande der Muskuktitir in
Terschiedener Weise äussert. Gas kell (Journ.
of PhysioL YIL p. 46.) nimmt aus gewissen
GrOnden an, dass diese Wirkung der Hemmungs-
lerren in einer Förderung jenes Stoffwechsel-
Torgangee besteht, den wir als „Assimilation",
die Engländer als „Anabolism" bezeichnen , und
er nennt deshalb die Hemmungsfasem auch „ana-
Mb*' Nerven. In der That glaube ich, dass sich
108 ähnlichen Annahmen unter Zugrundelegung
gewisser neuerer Ideen über den Stoffwechsel eine
TQÜständige Theorie der Hemmungsnerven ent-
vickeln lieese, deren Andeutung aber hier unter-
bleiben muss, da sie ohne die genaue Darlegung
da thatsächlichen Unterlagen doch gar zu hypo-
thetisdi aussäen würde.
Die Nervenfasern des Accelerans haben in jedem
Stocke die entgegengesetzte Wirkung wiedieHem-
Dongsnerven : sie beschleunigen die Entwickelung
der inneren Herzreize, sie verstärken die Contrak-
tuaen, sie vermögen die verlorengegangene Leit-
ßhigkeit einer Stelle wieder herzustellen oder die
Leitongsgeschwindigkeit zu vergrössem. Auch
da finfiuss dieser Nerven wird je nach ihrem
') Auf das Fehlen der inotropen Wirkung des Yagos
m den Yentrikel bei diesen Thieren, während durch
alogische Untersuchung auch hier reichste Nerven-
S^Asehte nachzuweisen sind (ich habe mich davon in-
Kvjscheo an Q 0 1 g i - Präparaten vom Ventrikel der Schild-
iroie überzeugt), gründete sich mein Haupteinwand gegen
die myogene Theorie (Yerhandl. d. Naturf. -Vers, zu
Kulsbad p. 585. 1902). Man sieht aus dem obigen Text,
ia welchem Zusammenhange ich jetzt die Aufklärung
^littes dunklen Punktes suche. Beachtenswerth ist jeden-
falls, dass sich bei denselben Thieren auch die Bedingun-
gen füi das Auftreten der B o w d i t o h 'sehen Treppe noch
Bi<^t haben herstellen lassen (Walther, Arch. f. Phy-
äoL LXIVUL p. 630).
Mel Jahibb. Bd. 281. Hft. 2.
EndigUDgsorte (Sinus oder Yentrikel) und je nach
dem Zustande der Muskulatur sich verschieden
äussern können. G a s k e 1 1 meint, dass die Aocele-
ratoren die Zersetzungsvorgänge des Stoffwechsels
(H e r i n g ' s „ Dissi milation^^ , „Eatabolism^^ der
englischen Autoren) fördern, und er bezeichnet sie
danach als „katabole" Nerven.
Wir toürden nach dem Gesagten also blos
xweurl&i Arten von Barxnervenfaeeim annehmen:
Hemmunge- und Förderunganerven („anabole^^ und
„katabole** Nervenfasern nach G a s k e 1 1), aUerdinga
für jede Muekelxelle je eine. Analogien zu einer
solchen Doppelversorgung jeder einzelnen Muskel-
zelle besitzen wir an den Muskeln der Krebsscheere,
wo nach den Untersuchungen von Biedermann
ebenfalls zu jeder Muskelzelle je eine motorische
und eine Hemmungsnervenfaser hinzieht Diese
Annahme vereinfacht die Sache bedeutend. Solange
demnach nicht eine ganz zwingende Nothwendig-
keit vorliegt, für jede Einzelwirkung der Herz-
nerven eine besondere Art von Nervenfasern zu
verlangen, werden wir bei dieser einfacheren An-
nahme stehen bleiben.
Was sollen denn nun aber die Ganglienzellen
im Herzen? Auch auf diese Frage muss und kann
die Antwort erfolgen. Bs lässt sich nämlich leicht
nachweisen, dass die Hemmungsnerven im Herzen
zu einer Einheit verknüpft sind, derart, dass, extrem
gesprochen, von einer oder von einigen wenigen
Yagusfasem aus immer ein ganzer Herztheil be-
einfiusst wird (vgL meine Ausführungen auf der
Karlsbader Naturforscherversammlung, Yerhandl.
p. 584 flg.). Diese Yerbindung zu einer Einheit
könnte auf verschiedene Weise erfolgen : entweder
existirt in der Muskulatur wirklich ein echtes zu-
sammenhängendes Nervennetz, einerseits von den
Hemmungsfasem, andererseits von den Förderungs-
nerven, und jede Faser des Yagus geht in dieses
Netz über, oder die Yerknüpfung erfolgt unter
Yermittelung von Ganglienzellen, und zwar, wie
nach den Befunden von A. S. Dogiel (Arch. f.
mikroskop. Anai LIII. p. 237), wenigstens für
die Säugethiere zu vermuthen ist, durch ihre Den-
driten, bez. durch die Dendriten eigener Schalt-
zellen (bezüglich des Froschherzens siehe ferner die
Bemerkungen bei F. B. Hofmann, His' Archiv
p. 92. 1902). Einerlei nach welchem Modus die Yer-
knüpfung zu einer Einheit erfolgt, so bedeutet das,
wie ich ebenfalls schon auf der Karlsbader Natur-
forscherversammlung auseinandergesetzt habe, eine
Entlastung des Centralnervensystems, indem die
niederen Coordinationcentren für die Eingeweide
aus demselben heraus in das sympathische Nerven-
system verlegt sind. Ich entferne mich mit dieser
Annahme allerdings von der L a n g 1 e y 'sehen Auf-
fassung des Sympathicus ^) , aber ich bin in der
^) So scheint es wenigstens, da Langley die
Zasatnmenfassang der einzelnen piägaoglionären Fasein
zu einer funktionellen Einheit im Sympathioos nirgends
betont und andererseits ausdnicklich gegen die Existenz
16
122
Hof mann, Die neurogene und myogene Theorie der Herzthätigkeit.
glücklichen LagO) schon jetzt einen direkten Be-
weis für die Richtigkeit dieser Auffassung aus der
Literatur beibringen zu können.
Wie dieser Nachweis geführt werden kann, ergiebt
sich aus folgender Ueberlegung: Denken wir uns, es
führen zu einem sympathischen Ganglion mehrere ge-
sonderte Bündel von präganglionären Fasern einer Funk-
tion, und es treten aus dem Ganglion wiederum mehrere
gesonderte Bändel von postganglionären Fasern derselben
Funktion heraus. 8ind nun sämmtliche funktionell zu-
sammengehörige Zellen des Ganglions in demselben zu
einer Einheit verknüpft, dann muss Folgendes nach-
zuweisen sein : Reizung auch nur eines einzigen Bündels
vor dem Ganglion muss eine Wirkung auf das ganze von
dem Ganglion versorgte Organ entfalten, weil e^n die Er-
regung jeder einzelnen präganglionären Faser im Ganglion
zu (lüm zugehörigen Zellen gelangt. Reizung eines ein-
zelnen Bündels postganglionärer Fasern muss aber nur
einen Theil des Organes beeinflussen, wenn nicht etwa,
was auch der Fall sein könnte, im Organe selbst wieder
eine neae Verknüpfung etwa durch ein aUseitig zusammen-
hängendes Nervennetz vorhanden ist.
Einen solchen Fall, wie er eben beschrieben wurde,
giebt es nun im Verlaufe der pupUlenerweitemden Nerven-
fasern. Diese treten in den Rami oommunicantes vom
1. und 2. Thorakalsegmente des Rückenmarkes zum
Grenzstrange des Sympathicus, und laufen dann vereint
im Halssympathicus zum obersten Gervikalganglion. Dort
findet die Umschaltung in den Ganglienzellen, also wie
ich meine, die Verknüpfung zu einer Einheit, statt. In's
Auge treten aber die postganglionären Fasern wieder in
einzelne Bündel gesondert in den Nervi ciliares longi ein.
Wir haben also in den Rami communicantes zum Sym-
pathicus gesonderte präganglionäre, in den Nervi ciliares
longi gesonderte postganglionäre Bündel. Nun weiss man
seit Langem, dass Reizung jedes einzelnen Ramus com-
municans Erweiterung der ganxen Pupille giebt, also
Wirkung auf den ganxen Dilatator. Bei Reizung eines
einzelnen langen Qliamerven dagegen erfolgt, wie nach
Jegorow zuletzt besonders Braunstein in seiner
Monographie über die Pupilleninnervation (1894 bei
Bergmann in Wiesbaden) gezeigt hat, nur eine Zu-
sammenziehung des Dilatators an einer beschränkten
Stelle, so dass die Pupille einseitig verzogen wird. Ja,
auch das Gegenexperiment versagt nicht. Sind einige
lange Ciliarnerven zuerst zum Zwecke der Reizung durch-
schnitten worden, und reizt man nachher den Hals-
sympathicus, so erweitert sich der übrige Theil der Pupille
mit Ausnahme der Steile, die vorhin bei Reizung des
durchschnittenen Giliamerven sich erweitert hatte.
Braunstein hat aus diesen Experimenten keine weiteren
Schlüsse gezogen, aber seine Experimente bestätigen das,
was ich oben voraossetzte. Dass ein Versuchsfehler vor-
liegt, kann man kaum glauben *). Braunstein hat die
von Commissurenfasem und gegen die Annahme sich
wendet, dass in die Bahn der sympathischen Nervenfasern
mehr als eine einzige Ganglienzelle eingeschaltet ist
Langley vermag daher auch die Befunde von A. Do-
giel, Smirnow und Huber, die unzweifelhafte Ck>m-
missuren Zellen in den Sympathiousganglien gefunden
haben, nicht mit seinen Schlüssen in Einklang zu bringen
(Ergebn. d. Physiologie. 2. Jahrg. U. Bd. p. 857).
1) Der wahrscheinlichste Fehler bei diesen Versuchen
wäre der, dass man bei Applikation der Elektroden an
einen Ciliarnerven unbeabsichtigt auch die benachbarten
Nerven durch Stromschleifen mitreizte. Dann würde
Pupille bei seinen Versuchen photographirt und giebt die
Bilder, die in der That das zeigen, was er sagt, in seiner
Monographie wieder. Ueberdies wurden die Angaben tos
Braunstein über partielle Pupillenerweiterang bei
Reizung eines einzelnen langen Giliamerven ganz neaer-
dings von Piltz (Neurol. Oentr.-Bl. p. 716 flg. 1903)
volfiiaf bestätigt
Ganz das Gleiche wie von den pupillenerweitemden
gilt übrigens offenbar auch von den pupillenverengemdeD
Nerven, die präganglionär im Stamme des Oculomotoriiis
verlaufen, bis sie im Ganglion ciliare an Ganglienzellea
endigen. Die postganglionären Fasern verlaufen in ge-
trennten Bündeln als Nervi ciliares breves zum Sphincter
iridis. Hier haben nun schon Hensen und Völckers
(Experimental - Untersuchungen über den Mechanismos
der Accommodation. Kiel 1 868), später Langendorff
(Arch. f. Physiol. LVI. p. 525. 1894), ganz zuletzt Pilt«
(am eben citirten Orte) nachgewiesen, dass auf Reizung
nur eines Zweiges der karzen Ciliarnerven der Sphincter
iridis sich nur an einer Stelle contrahirt.
Durch die citirten Experimente wird also wohl
in der That der Nachweis erbracht, dass im Ganglion
cervicale supremum des Sympathicus die Ver-
knüpfung aller pr&ganglionären pupillenerweitem-
den Fasern zu einer Einheit erfolgt, dass also in
diesem Oanglion neben anderen wirklich ein
OoordincUiancenirufn niederster Art für die Papülo-
dilatatoren enthalten ist, fthnlich wie wir es wohl
auch für die Hemmungsfasern im Herzen annehmen
müssen. So nahe es nun auch liegen mag, diese
an 2 verschiedenen Objekten übereinstimmend ge-
fundenen Thatsachen auf den ganzen Sympathicos
zu verallgemeinern, so wird man doch gut thon,
in jedem Falle auch die besondere Bestätigung
dafür zu verlangen. Immerhin darf man wohl jetzt
schon der Hoffnung Ausdruck geben, dass es auf
diesem Wege voraussichtlich gelingen vird, in das
Dunkel des sympathischen Nervensystems noch
etwas weiter einzudringen, und daraus vielleicht
sogar Analogieschlüsse auf das Verhalten der
Centren in Rückenmark und Gehirn abzuleiten.
So wäre es möglich, dass die myogene Theorie,
sobald sie consoquent weiter ausgebaut wird,
gerade auch für das Verständniss des Central'
nervensystems schliesslich mehr leistet, als die
eingangs dargelegte, anscheinend so sehr viel mehi
versprechende neurogene Lehre.
Nachschrift bei der Correkiur. Ah
dieser Aufsatz schon an die Redaktion abgegangei
war, erhielt ich von Herrn Oeheimrath Engel
mann eine Abhandlung aus der „Deutschen Kl
nik^' über dasselbe Thema, auf welche zur Ergfli
zung meiner nothwendigerweise kurz gehaltene
Ausführungen noch besonders hingewiesen w0^
den solL
man natürlich wieder Erweiterung der gesammten Pam
bekommen, wie dies auch Fr. Franck (Oaz. desBI
p. 748. 1878, oitirt naoh Braunstein) angegeben ham
Zaudy, Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes. 123
Bericht über neuere Arbeiten aus dem Gebiete der Physiologie
und Pathologie des Blutes.^)
Von
Dr. Zaudy
in Dflaaeldorf.
IIL Pathologie des Blutes.
a) Morphologie.
66) Schmidt, P., Experimentelle Beiträge zur
Pathologie des Blutes. Jena 1902. GostaT Fischer. 428.
mit 4 lithogr. Tafeln.
67) Reitter, K., Ein Beitrag zum Vorkommen
der «panktirten Eiythrocyten*. Wien. klin. Wchnsohr.
XV. 47. 1902.
68) Wolff, A., Les mouvements amoeboides des
lymphocytes et lenr inflaence sar la pathologie generale.
AidL de Med. ezperim. XIV. 6. p. 764. 1902.
Seine Forsohungen über die bcuophüe Köme^
hag der Ekythroeyten hat Schmidt (66) in einer
mit sahlreichen guten Abbildungen versehenen
finzelschrift veröffentlicht Nach Sohm. sind die
basophilen KOmer der rothen Blutkörperchen keine
tifllig einheitlichen Gebilde. Die Mehrzahl ent-
sdmmt aber dem Kerne und entsteht ganz be-
flofiders während des Theilungsvorganges ; des-
v^gen sind die Körner eine Regenerationerschei-
mmg oder die Produkte einer Degeneration des
Kernes. Vorlftufig besteht keine Veranlassung,
degenerative Ausscheidungen des Protoplasma als
TorherracheodeEntstehungsursache der basophilen
Kfimer anzunehmen. Die Intaktheit des Kernes bei
^diseitig vorhandenen Körnchen wird dadurch
erkürt, dass die Ablösung der Granula hauptsäch-
lich wfthrend dee Theilungsvorganges vor sich
geht, nach welchem die Theilungstücke wieder
ibie frühere Beschaffenheit annehmen. Eine spe-
eütache Funktion haben die basophilen Körner
eäiwerlicfa; sie sowohl, wie polychromatophile
and kernhaltige Erythrocyten gehören genetisch
durchaus zusammen. Der Hauptunterschied zwi-
Bchen physiologischer und pathologischer Blut-
Udnng liegt in der Zeitdauer des Vorganges, der
ii letzterem Falle durch allzu lebhafte Theilung
der Stammzellen im Knochenmarke überstürzt
▼irl Die letztere Art der Blutneubildung erfolgt
etossweise auf entsprechende Beize ; das Knochen-
nirk ist also einer Drüse vergleichbar, deren ThA-
tigkeit unter dem Einflüsse von Nerven steht.
KeBlntneubüdung geschieht nicht immer oonform
Bit der Stärke der Blutzerstörung. Die Zahl der
liesophil gekörnten Blutkörperchen scheint sich
nach Einspritzung grösserer Mengen Wein- oder
Salzsäure bedeutend zu vermindern unter gleich-
zetiger Vermehrung der metachromatischen Blut-
kfiiperchen. Unentschieden ist es, ob die Körnchen
9 SchloBs; vgl. Jahrbb. CCLXXXI. p. 17.
nur aufgelöst werden unter Erhaltung der Blut-
körperchen oder ob die letzteren mit ihnen zu
Grunde gehen.
Beitter (67) konnte in allen 20 von ihm
untersuchten Fällen von schwerer Lungentuber-
kulose die „putMirten Bhythroeyten" nachweisen,
und zwar in jedem Präparate. In zahlreichen Prä-
paraten von normalem gesunden Blute fanden sich
ebenfalls die Körnchen. Es wird also vermuthlich
erst mit dem reichlichen und häufigen Auftreten
der so veränderten Blutkörperchen die Grenze des
Physiologischen überschritten werden.
Die Arbeit von Wolf f (68) über die amöboiden
Bewegungen derLymphoeyten schliesst sich an eine
frühere desselben Verfassers und an eine solche von
Hirschfeld an (vgl Jahrbb. CCLXXVI. p.l31).
Man konnte damals den Einwand erheben, dass
der D e e t j e n 'sehe Agar-Nährboden, auf welchem
Hirsohfeld die Bewegungen derLymphoeyten
bei lymphatischer Leukämie beobachtet hatte, zwar
isotonisch für die anderen Leukocyten, aber nicht
für diese Lymphocyten gewesen wäre, dass es sich
also bei den Bewegungen um abnorme Erschei-
nungen gehandelt hätta Mittels der vitalen Blut-
f&rbung liess sich zeigen, dass davon keine Bede
war, dass also nicht mehr Leuko- und Lympho-
cyten als sonst bei dieser Versuchsanordnung
zum Absterben gebracht wurden. W. hat jetzt
auch bei den Lymphocyten des normalen mensch-
lichen Blutes Bewegungen festgestellt Die Be-
wegungsfähigkeit der Myelocyten fand Jelly und
da er sie auch bei den IZellen der Lymphdrüsen
beobachtete, so fehlte nur noch dieser Befund für
die Myelocyten des Knochenmarkes. W. glaubt,
auch das nunmehr gesehen zu haben. So wird
sich allmählich durch die Beobachtung bewahr-
heiten, dass jede Körperzelle bis zu einem gewissen
Grade der amöboiden Bewegung fähig ist.
b) Verhalten des Blutes bei Erkrankungen des
übrigen Körpers.
69) Ogston, A., The freezing-point of the blood
and seoretions as an aid to prognosis. Lanoet Nov. 9.
1901.
70) Carrara, M., Untersaohoogen über den osmo-
tischen Druck und die speoiflsche elektrische Leitfähig-
keit des Blutes bei der gerieb tsärztliohen Diagnose des
Ertrinkangstodes u. bei der Fäulniss. Vjhrschr. t gerichtl.
Med. XXIV. 2. p. 236. 1902.
71) Neisser, £., n. U. Friedemann, Ueber
Amboceptoroidbildung in einem menschlichen Semm.
Berl. klin. Wchnschr. XXXIX. 29. 1902.
L_ .
124 Zaudy, Neuere Arbeiten aus dem Oebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes.
72) Brandenburg, üeber Alkalesoenz u. Alkali-
spaDDUog des Blutes in Krankheiten. Dentsche med.
Wchnsohr. XXVIII. 5. 1902.
73) Zaudy, C, Beiträge zur Lehre von derLipämie
u. vom Goma cQabetioum, nebst Angabe einer einfachen
Methode zur Feststellung abnorm hoben Fettgehaltes im
Blute. Deutsches Aroh. f. klin. Med. LXX. 3 u. 4. p.301.
1901.
74) G b i r i 0 0 , £., II corpuscolo sanguigno e la fibra
collogena, studiati nelle loro proprietä biochimiche in
rapporto ad alcune dermosifilopatie (orticaria, rupia etc.).
Rif. med. XVm. 178. 179. 180. p. 326. 1902.
75) Locke, £. A., The olinical value of the jodine
reaction in the leucocytes of the blood. Boston med. and
surg. Joum. CXLVII. 11. p. 289. Sept. 11. 1902.
76) Locke, £. A., A report of the blood examina-
tion in ten cases of severe burns of the skin. Boston
med. and surg. Joum. CXLVIL 18. p. 480. Oct 30.
1902.
77) Kirikow, N. N., u. K. J. Eorobkow, Ueber
die Leukocytose bei der Hanot*sohen Krankheit (hyper-
trophischen ikterischen Lebercirrhose). Petersb. med.
Wchnsohr. XXVII. 29. 30. 1902.
78) Weiss, A., Zur Frage der Verwerthbarkeit der
Leukooytenbestimmung bei Erkrankungen des weiblichen
Genitaltraktes. Wien. klin. Wchnschr. XYI. 3. 1903.
79)BIassberg, M., Ueber d. Verhalten d. weissen
Blutkörperchen bei Eiterungen im Organismus. Wien,
klin. Wchnschr. XV. 47. 1902.
80) Wassermann, M., Ueber das Verhalten der
weissen Blutkörperchen bei einigen chirurgischen Er-
krankungen, insbesondere bei Appendicitis. Münchn.med.
Wchnschr. XLIX. 17. 18. 1902.
81) Da Costa, J. C, The clinical value of blood
examinations in appendicitis. Amer. Journ. of med. Sc.
CXXII. 6. p. 645. 1901.
82) Dominici, M., Globuies rouges et infection.
Arch. de Med. experim. XIV. 6. p. 681. 1902.
83) Talma, 8., Intraglobulare Methämoglobinämie
beim Menschen. Berl. klin. Wchnschr. XXXIX. 37.
1902.
Ogston (69) betrachtet die OefrierpunkiS'
hesiimmung des Blutes und der Sekrete, hinsiehüich
ihres Werthes für die Progru)senstMung unter An-
führung von 12 Krankheitfällen.
Die Untersuchungen von Carrara (70) über
den osmotischen Druck und die specifisehe elek-
trische Leüßhigkeit des Blutes bei der gerichisärxi-
liehen Diagnose des Ertrinkungstodes und hei der
Fäulniss sind an Hunden angestellt. Zu diesem
Zwecke wurde der Blutgefrierpunkt bei normalen
Hunden, dann bei in Süsswasser ertränkten, hierauf
bei auf eine andere Weise getOdteten und endlich
bei einem in Meerwasser ertränkten Hunde be-
stimmt, und zwar stets in dem Blute der rechten
und in dem der linken Herzhälfte. Ausserdem
wurden nebenher Hämoglobingehalt, Trockenrück-
stand, Aschenmenge u. s. w. festgestellt. C. arbeitete
mit dem Beckmann 'sehen Apparate. Die wei-
tere Technik kann hier nicht beschrieben werden.
C. fand : Beim Ertrinken findet ein Eindringen der
Ertrinkungsflüssigkeit in das Blut statt, das, weil
es durch den Lungenkreislauf hindurch erfolgt,
bei dem in der linken Herzhälfte enthaltenen Blute
eine stärkere Verdünnung hervorruft als bei dem
in der rechten Herzhälfte enthaltenen. Diese Ver-
dünnung wird beim frischen Leichnam durch
den im Blute der beiden Herzhälften vergleichs-
weise ermittelten osmotischen Druck mit grösserer
Sicherheit offenbart als durch alle anderen quan-
titativen Bestimmungen der Blutbestandtheile. Bei
einem unter Wasser gehaltenen Leichname findet
kein Eindringen der Flüssigkeit in das Blut statt
Ist der Tod nicht durch Ertrinken hervorgerufen
und sind bis zur Vornahme der Untersuchung
schon einige Tage verflossen, so bestehen ganz
geringe unterschiede zwischen dem osmotischen
Drucke des Blutes in den beiden Herzhälften.
Die kryoskopische Untersuchung des osmotischen
Druckes hat den Vorzug, dass sich mit Sicherheit
angeben lässt, ob die in das Blut eingedrungene
Flüssigkeit eine grössere oder geringere Molekular-
concentration als dieses hat und besonders, ob
es sich um Süss- oder um Meerwasser handelt
Die Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit ge-
schah mit dem Eohlrausch'schen Apparate;
es würde zu weit führen, auch über diesen Theil
der Arbeit genauer zu berichten ; nur sei hervor-
gehoben, dass mit wachsender Fäulniss auch der
osmotische Druck und die elektrische Leitfähig-
keit zunahmen. Es wäre möglich, dass um-
fassende Versuchsreihen auf diesem Qebiete zu
praktisch, d. h. forensisch brauchbaren Schlüsse
führten.
Rein theoretisch ist dagegen der Aufsatz von
Neisser und Friedemann (7) über Ambo-
ceptoroidbüdung in einem menschlichen Serum. N.
hatte früher die Beobachtung gemacht, dass in-
aktivirtes Serum von Urämischen die Eigenschaft
besitzt, die hämolytische Fähigkeit des nicht in-
aktivirten Serum auf Eaninchenblut aufzuheben.
N. und F. unterzogen bei einem anderen Urftmie-
serum diese Hemmungserscheinungen einer noch-
maligen Prüfung. Das bei 51® inaktivirte Semm
beeinflusste selbst in grossen Mengen die H&mo-
lyse in keiner Weise, während das Inaktivaerom
bei 56® eine starke Hemmungswirkung entfalteta
Die Annahme eines Anticomplements im frischen
Serum ist im höchsten Orade un wahrscheinl ich,
Der hemmende Körper entsteht also erst daroh
das Erhitzen auf 56®. Man muss ein Ambocepto-
roid im inaktivirten Urämieserum annehmen.
Der Vortrag von Brandenburg (72) übei
Alkalescenz und Älkalispannung des ^uies tt
Krankheiten liegt zeitlich vor einer Arbeit des
selben Verfassers über dieselbe Frage (vgl. Jahrbb
CCLXXVL p. 226). Eine Besprechung erübrig
sich also.
Die von Zaudy (73) gelieferten BeUräge zu
Lehre von der Lipämie haben in dem AbschDitt
Diabetes mellitus bereits eine kurze Besprechunj
gefunden (vgl. Jahrbb. CCLXXIV. p. 133. 137
Einiges auf die Pathologie des Blutes Bezüglich
muss jedoch hier angeführt werden. Theoretiac
sowohl wie nach den bei Lipämiefällen gemachte
Erfahrungen können zur Entstehung einer Lipänni
in Betracht kommen eine dauernde Steigerung df
Fettzufuhr, eine Nichtverbrennung des in normaU
Zaudy, Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes. 125
Menge eingenommenen Fettes, ein gesteigerter Zer-
fall Ton Körperfett, vielleicht auch eine abnorm
gtarke fettige Degeneration von EOrperzellen. Bei
der Znokerkrankbeit treffen wahrscheinlich alle
genannten M(5glichkeiten zur Erzeugung einer Lip-
ämie zusammen. Die zur Fesisieüung eines abnorm
hohen Fietiffehaliea im BluU von Z. schon firüher
(Centr.-BI. f. Stoffw.- u. Verdauungskrankh. L 16)
angegebene einfache Methode besteht in der Her-
steUung eines ,,hftngenden Bluttropfens^S Während
bei fettarmem Blute das sich auf dem Deckglase
abecheidende Serum völlig wasserklar ist, wird es
bei erhöhtem Fettgehalte innerhalb einiger Minuten
Dder höchstens Stunden trübe und sieht blAulich-
weiss, grauweiss oder sogar rein milchweiss aus.
Man darf aber nur dann Fett annehmen, wenn bei
der Untersuchung innerhalb der ersten Stunden
nach der Blutentnahme das ganze Serum des hfln-
genden Tropfens die abnorme Färbung zeigt und
die mikroskopische Betrachtung die Anwesenheit
einer entsprechenden Fibrinmenge ausschliessen
Itot Die Gewinnung der Präparate, die sich
Monate lang unverändert halten, ist fflr den Kran-
ken kaum belästigend, kann daher sooftwienöthig
viederholt werden. Die Abbildung eines solchen
fetthaltigen Bluttropfens ist beigeffigt.
Chirico (74) bringt Forschungen über die
hiodiemiaehen Eigenschaften der Bluikörper u, s. w.
m ihren Beziehungen zu Hautkrankheiten (Urticaria,
Ropia u. s. w.). 5 KrankheitfäUe werden genau
abgehandelt und verglichen.
Um über den klinisehen Werih der Jodreaktion
m denLeukoeyien du ^t«^ Aufschluss zu erhalten,
kat Locke (75) sehr zahlreiche Kranke und Krank-
heiten darauf hin geprüft. Er unterscheidet die
itttra- und die extracelluläre Reaktion; die letz-
tere findet sich stets und L. ist geneigt, die dabei
bnon geftrbten Plasmahäufchen für die Blutplätt-
chen zu halten; klinisch ist auf sie kein Werth
ro legen. Anders mit der intracellularen Jodo-
pkilie. Sie fand sich positiv bei allen schwereren
aeptiflchen Zuständen, wie Septikämie, Abscessen,
kkaler Sepsis, Appendioitis mit Abscessbildung
oder Peritonitis, bei allgemeiner Peritonitis, £m-
pjem, Pneumonie, Pyonephrose, Salpingitis mit
kotiger Entzündung oder Abscessbildung, Ton-
ällitis, Arthritis gonorrhoica, Gangrän bei Darm-
▼erschluss oder Hernia incarcerata. Das Fehlen
der Reaktion spricht also gegen alle diese Erkran-
kongen, während ein schnelles Schwinden der bis
dahin wahrnehmbaren Reaktion, z. B. bei Pneu-
iBonie, das Anzeichen einer völligen Seconvalescenzi
ist und den Ausschluss von Empyembildung und
Abeoees gestattet. Die Methode hat ihren Werth,
venn man in den Rückschlüssen nicht zu weit
geht und andererseits auch alle anderen üblichen
Verfahren mit in Anwendung zieht.
Locke (76) berichtet über den Nuibefund in
10 FSBen von schwerer Bcadverhrennimg. Das Blut
vu besonders dunkel und purpurn. In schweren,
aber nicht tödtlichen Fällen wächst innerhalb
einiger Stunden die Zahl der Erythrocyten um
1 — 2000000 imCubikmillimeter, in tödtlichen um
2 — 4000000. Auch die Leukocyten wachsen
schnell an Zahl, in tödtlichen Fällen über 50000
imCubikmillimeter, sonst 30 — 40000; die mor-
phologischen Veränderungen in den Erythrocyten
sind gering. Es findet eine beträchtliche Zerstö-
rung von Leukocyten statt, Myelocyten können
sich in geringer Zahl finden. Die Blutplättchen
nehmen unverkennbar zu. Die Literatur ist berück-
sichtigt
Ihre Beobachtungen bezüglich der Leukocytose
in 6 Fällen vonEanoVseher hypertrophischer Leber-
drrhoso fassen Kirikow und Korobkow (77)
etwa dahin zusammen : Hyperleukocytose nur in
1 Falle, complicirt durch Phthise; Leukocyten
hier durchschnittlich 9600. In 5 Fällen Hypo-
leukocytose mit den Mittelwerthen 6860, 3970,
1590, 2410, 6290; die letzte Zahl betraf einen
schon in der Kindheit erkrankten Halberwachsenen,
deutliche Yerdauungsleukocytose fand sich nicht
Beständiger war (in 3 Fällen) eine massige Leuko-
cytenzunahme nach Spermin - Injektionen. Der
Leukocytengehalt geht nicht parallel dem Gehalte
an Erythrocyten oder Hämoglobin, die gewöhn-
lich herabgesetzte Werthe zeigen ; Mittelzahlen in
4 Fällen: 3412000, 60»/o Hb., 4760000, 80«/o Hb.,
3314000, 70«/o Hb., 3857000, eO^U Hb.
Nach Weiss (78) bildet die Bestimmung der
Leukoeytenwerthe bei den Erkrankungen des umb-
liehen OenitaUrakies ein wesentliches dififerential-
diagnostisches Hülfsmittel, indem constante Leuko-
cytose mit Werthen über 16000 auf einen Eiter-
process hinweist Besteht dieser längere Zeit, so
sinken die Werthe allmählich ab, erhalten sich
jedoch auf einer beachtenswerthen Höhe. Bei sehr
langem Bestände fehlt unter Umständen Leuko-
cytose. Ein negativer Befund bei kurzem Be-
stände der Krankheit schliesst einen Eiterherd
gänzlich aus.
Blassberg (79) hält die Leukocgtose für eine
gewöhnliche Begleiterscheinung der Eiierungen im
Körper, besonders bei Eiterungen in der Bauch-
höhle oder in ihrer Nähe. Die Leukocytenzahl
nimmt schon mit dem Stillstande des eiterigen
Processes ab. Leukocytose und Fieberhöhe gehen
einander nicht parallel. Die Neigung der Leuko-
cytenzahl zu steigen oder zu fallen, ist wichtiger
als ihre absolute Höhe. Da Ausnahmen vorkom-
men, so ist die Verwerthung der Leukocytenzahlen
nur mit Vorsicht zu handhaben.
Wassermann (80) hat diese Verhältnisse
bei einigen chirurgischen Erkrankungen, insbeson-
dere bei Appendicitis, untersucht Gerade bei dieser
scheint die Leukoeytenzähtung von grosser Bedeu-
tung zusein, da in einer Anzahl von Fällen, in denen
lediglich auf Grund eines hohen Leukocyten werthes
operirt wurde, unvermuthet weit ausgebreitete
eiterige Processe in der Ileocökalgegend nach-
126 Zaudy, Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes.
gewiesen wurden. Das Fehlen einer Leukocytose
ist für die Diagnose nicht in gleichem Maasse zu-
verlässig. Es handelt sich hauptsftchlich um poly-
nuoleäre neutrophile Leukocyten. Die Leuko-
cytosenhOhe hing nicht ab von der Bakterienart
(u. A. Pyocyaneus, Proteus, Ana&robien). Andere
chirurgische Leiden, auch z. B. paranephritischer
Absoess, zeigten weitaus geringere Leukocytose
als die Appendicitis. Allgemeininfektionen mit
den gewöhnlichen Eitererregem wiesen dagegen
gleichfalls hohe Leukocytenwerthe auf.
Auf seine Erfahrungen in 118 Fällen vonJppen-
dicüis gründet Da Costa (81) seine Ansicht über
den Werth der BhUuniersuchung. Für die Diagnose
Eiter lassen sich nur Leukocytenzablen von 20000
und darüber verwerthen. Das Fehlen von Leuko-
cytose bei Sepsis giebt eher eine ungünstige Pro-
gnose. Bei einem grossen abgekapselten Eiterherd
braucht die Leukocytenzahl nicht im mindesten zu
wachsen. Auch nach der Operation hat die Blut-
untersuohung ihren Werth zur Entdeckung von
Eiterretentionen oder anderen Gomplikationen. Der
Werth der Leukocytenz&hlung ist leider gerade da
ein geringer, wo die DifPerentialdiagnose Schwie-
rigkeiten macht; denn die der Appendicitis in
ihren Erscheinungen ähnlichen Krankheiten machen
auch ganz ähnliche Blutveränderungen.
Eine grössere Arbeit von D o m i n i c i (82) über
roüie Bltäkörperehm und Infektion lässt sich wegen
der mannigfachen Ergebnisse hier nur in ihrer An-
lage wiedergeben. Bei Kaninchen und Menschen
wurden untersucht: die Diapedese und die Zer-
störung der rothen Blutkörperchen; das Eintreten
der kernhaltigen Rothen in den Kreislauf; die
Hypergenese der kernhaltigen Rothen im Knochen-
mark und in der Milz; die parallelen Vorgänge
bei den hämoglobiniferen und leukocytären Blut-
elementen.
Talma (83) berichtet über 3 interessante Fälle
von iniragkbuUarer Meihämoglokinämie beim Men-
schen. Es handelte sich nicht um Toxikosen, son-
dern die veranlassende Schädlichkeit schien jedes
Mal in den Därmen gebildet zu sein. Während
das im Serum gelöste Methämoglobin nicht nur die
Nieren, sondern fast alle Organe krank macht,
scheint die in den Blutkörperchen selbst vor sich
gehende Umsetzung eines Theiles des Ozyhämo-
globins zu Methämoglobin keinen erheblichen nach-
theiligen Einfluss auf den Körper auszuüben. Im
1. Falle von intraglobularer Methämoglobinbildung
ohne Lösung von Blutfarbstoff im Serum dauerte
die Krankheit wahrscheinlich länger als 1 Jahr.
Auch im 2. Falle bestand die Erscheinung lange ;
hier konnte der Uebergang in Heilung beobachtet
werden. Der 3. Fall dauerte ebenfalls viele Monate.
Bei diesem wurden Methäpoglobinbildner im Drin
nachgewiesen; es kann im Urin ein oxydirender
Körper vorkommen, der beim Kochen mit Isatin-
Salzsäure die Indigorothbildung hindern und nach
}Iinzufügung einer starken Säure, bei Zimmer-
temperatur, Indigoblau entstehen lassen kann. Der
Urin bekam nach 24 Stunden, vielleicht durch
Bakterienwirkung, die Eigenschaf t, fast augenblick-
lich Methämoglobin aus Oxyhämoglobin zu bilden.
e) Anämien vereehiedener Art und Vreaehe.
84) 8 0 0 tt , J. A., A report of oases of anaemia, with
observationB upon their Symptoms and morphoiogy of
the blood. Amer. Joam. of med. So. CXXY. 3. p. 397.
1003.
85) Triplett, J. S., Report of a oase of grave
anaemia. Med. News LXXXI. 5. p. 213. Aug. 2. 1902.
86) Emile- Weil, P., et A. Clero, La Spleno-
megalie chronique avec anemie et reaotion myeloide
da sang. Semaine med. XXII. 46. p. 373. Nov. 12.
1902.
87) Field, C. W., A oase of Banti^s disease, with
difi^se produotive nephritis. Amer. Joam. of med. Sc
CXXV. 3. p. 405. 1903.
88) Hawkins, H.P., a.G.G.8eligmann, A oase
of acate splenio aoaemia terminatiDg fatally with genend
baoterial infectioD. Lancet March 21. 1903.
89) 8 e D a 1 0 r , H., Ueber Pseadoleakämie (HodglM-
Bohe u. Bant^sohe E^rankheit). Deutsche Klinik 1902.
Sond.-Abdr.
Scott (84) berichtet über Fälle von Anämien
verschiedener Art mit Angabe ihrer Wraeheinungen
und der Morphologie des Blutes.
1) Sekundäre Anämie nach wiederholter Metrorrhagie.
Bothe 910000, Weisse 5300, Hb. 17V*. In 2 Wochen
stieg die Zahl der Rothen auf 3392000, Hb. auf 62*/«.
2) Schwere sekundäre Anämie ohne bekannte Ursache.
54jähr. Mann. Schnelle Wiederherstellang, dann aber
Rückfall and Tod. 3) Sekundäre Anämie bei Magenkrebs.
56j8hr. Fraa. Rothe 1000000, Weisse 18000, Hb. 20*/o.
90^/o der Leakocyten polynucleär ; aaf 50000 Leakoc3rten
kamen 125 kernhaltige Biothe. 4) Chlorose mit häufigen
Rückfällen and hartnäckigen Herzerscheinungen. 5) AkuU
progressive, pemiciöse Anämie. 32jähr. Fraa. Etothe
268000, Weisse 5900, Hb. 3o/o. Tod. Sektion. 6) Akute
lymphatische Leukämie. 65jflhr. Mann. Dauer oiroa
11 Tage. Rothe 2731250, Weisse 155500, Hb. 60*/«.
Weisse stiegen bis 283000.
Der von Triplett (85) beschriebene Vau vom
aehwerer' Anämie betrifft eine 51 jähr. Frau mit
chronischer Malariakachexie, bringt jedoch Bonat
nichts Bemerkenswerthes.
In einem Aufsatze ,,diechronieehe Splenomegalie
mit Anämie und mydoider Beaktion des Hautest*
stellen Emile-Weil undClerc(86) das Krank-
heitbild zusammen auf Qrund der neueren Lät^
ratur, soweit diese genaue hämatologische Angaben
enthält
Field (87) beobachtete einen Faü von BasM^
scher Krankheit mit diffuser produktiver N^^krük
bei einer 32jähr. Frau. F. entscheidet sich füi
diese Diagnose 1) wegen der sehr starken HU»
▼ergrösserung (Gewicht 1470 g), 2) wegen dei
cirrhotischen Processes in der Leber, 3) wegen doi
Thatsache, dass die MilzvergrOsserung die Folg^
einer allgemeinen Hyperplasie, besonders aber d«
Bindegewebes war. Rothe Blutkörperchen 2 90800Q
weisse 3300, Hämoglobin 450/o. Differentialdi%
gnostisch kamen noch in Betracht: Leberoirrhoai
mit sekundärer MilzvergrOsserung, Anaemia apl|
nica, primäre Splenomegalie (BoTaird).
Zaudy, Neaere Arbeiten aus dem Gebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes. 127
H a w k i n 8 und Seligmann (88) yeranschau-
lichen das Wesentliche ihres Falles von akuter
iiMKiMta splmnea durch Cunren Ober den Verlauf
der Temperatur und der Blntverhältnisse, sowie
darch eine gute photographisohe Wiedergabe des
ägenthQmlich veribiderten Coecum.
Bei dem 37jShr. Manne besserten sich in der ersten
Zeit des Krankenhaasaafenthaltes der Blatbefnnd und
ds8 Allgemeinbefinden. Nach etwa 14 Tagen stellten
sich Dorchfölle mit Fieber für etwa 12 Tage ein, nach
weiteren 2 Wochen normaler Temperatur folgte dann
wieder Fieber mit Diarrhöe und unter allmählichen termi-
nalen Erscheinungen der Tod. Einer der auffälligsten
SMonbefunde war die Beschaflfenheit der Gökal- und
angrenzenden Colon-Schleimhaut: durch die eigenartig
wulstige Schwellung hatte sie eine gewisse Aehnlichkeit
mit Gehirnwindungen bekommen ; das Gewebe war aber
so fest, dass es sich wie eine Neubildung anfühlte. Im
GdoD transversum und descendens fanden sich 2 Stellen
mit croupöser Entzündung. Mikroskopisch bot das Coe-
eum das Bild von Blutung, entzündüohen Exsudationen,
Nekrose und Bakterieneinwanderung. Da auch herd-
iönnige Nekrosen in Leber und Milz nachgewiesen wur-
den and ausserdem Perikarditis, Pleuritis und akute
Endokarditis bestanden, so hatte es sich um eine allge-
meine Infektion gehandelt Die Krankheit begann naoh
einer Pneumonie.
Die y^Deutsche Klinik*' bringt die Bearbeitung
da R)dgkm*8chen und Banii'schen KrankheU unter
der Bezeichnung Pseudoleukämie aus der Feder von
Senator (89). Hier ist kritisch gesichtet, was
flbsr die Natur, den Verlauf und die Behandlung
dieser in vieler Beziehung nodi so räthselhaften
Krankheiten bekannt geworden ist, während man
bei den anderen Veröffentlichungen mehr oder
weniger auf das Studium der mitgetheilten Kranken-
geschichten angewiesen bleibt, sich also ein ürtheil
nur schwer bilden kann, zumal die betreffenden
Arhäten sich auf zahlreiche Länder vertheilen und
darchaus nicht immer und jedem zugänglich sind.
ti)
Anämie,
90) R e c k z e h , P., Üeber pernioiöse Anämien. Berl.
kiin. Wchnachr. XXXIX. 29. 1902.
91) Hunter, W., Further investigations regarding
tke infectiTe nature and etiology of pernicious anaemia
(25 eases). Lancet Jan. 31, Febr. 7. 1903.
92) Wart hin, A. 8., The pathology of pernicious
mtemia, with special reference to changes occurring in
die haeniolymph nodes (eight antopsy cases). Amer.
JoQin. of med. Sc. CXXIY. 4. p. 674. 1902.
93) Edwards, A. EL, Report of a case of severe,
pnlAbly pernicious anaemia, with marked general and
osnnaiy alheroma, inwhich many evidenoes of aneurism
*ne preseot without anatomical explanation for them.
iaer. Joum. of med. Sc. CXXIV. 4. p. 669. 1902.
94) Bard, L., L'anemie pemicieuse botriocepha-
li^. Semaine med. XXII. 30. p. 241. JuUlet 23. 1902.
95) Rosenqvist, E., Deber den EiweiBSStoff-
«eefaael bei der pemiciosen Anämie mit specieller Be-
röcksiehtigung der Botriocephalus - Anämie. Ztschr. f.
UiB. Med. XLIX. 1. 2. 3. 4. p. 193. 1903.
9(9 KormÖozi, K, üeber die Behandlung der
^BSMiiis perniciosa. Ungar, med. Presse VIII. 9. 10.
1903.
Beck seh (90) YerSffentücht 5 Fälle von per-
Anämie mit allen Einzelheiten, die einen
iitruc zu den Tiel erörterten Fragen Qber Ursache
und Dififerentialdiagnose dieses Leidens darstellen
sollen. Einzelnes daraus hier anzuffihren, ist nicht
angängig.
Anschliessend an seine frühere Mittheilung
(vgl. Jahrbb. CCLXXVL p. 232) bringt H u n t er (9 1)
jetzt ausführliche Untersuchungen über die infek-
tiöse Natur und die üreaehe der pemieiöaen Anämie
(„Addison 's idiopathischer Anämie*'), unter Be-
tonung der Nicht- Identität mit der Biermer'-
schen progressiven pemiciosen Anämie. H. ver-
fügt über 25 Fälle. Die Ausführungen, die im
Wesentlichen von den gleichen Gesichtspunkten
wie die erste Arbeit ausgehen, sind interessant zu
lesen, hinsichtlich ihres Werthes aber schwer zu
beurtheilen.
Wertheim (92) behandelt die Pathologie der
pemieioBen Anämie, insbesondere die Verände-
rungen in den Blutlymphdrüsen, auf Orund von
8 Autopsien. Er kommt zu folgenden Schluss-
folgerungen : Die perniciüse Anämie ist eine hämo-
lytische Krankheit, verursacht durch ein unbe-
kanntes Oift, das in seiner Wirkung auf das Blut
etwa dem Toluylendiamin gleicht. Dieses Gift
reizt die Phagocyten der tfilz, der Lymphdrüsen
und des Knochenmarkes zu gesteigerter Hämolysis,
die sich nur in ihrer Stärke von der normalen und
der bei Sepsis, Typhus u. s. w. auftretenden Hämo-
lyse unterscheidet Vielleicht erzeugt auch die
Hämoglobin-Zerstörung wiederum ein Gift. In der
Mehrzahl der Fälle ist die Milz der Hauptsitz der
BlutzerstOrung. Das in Leber und Nieren sich
findende Hämosiderin ist als Hämoglobin-Derivat
und gleichsam als Exkret dorthin geschafft, nicht
aber dort entstanden. Die regelmässig in den
Blutlymphdrüsen gefundenen Veränderungen waren
Erweiterung der Blutsinus und Zeichen gesteiger-
ter Hämolyse, d. h. es fand sich eine abnorm hohe
Zahl von Phagocyten mit rothen Blutkörperchen
und Blutpigment in ihnen. In einzelnen Fällen
waren die Blutl3rmphdrüsen an Zahl und GrOsse
gewachsen. Die lymphoiden und megaloblastischen
Veränderungen im Knochenmarke sind als Aus-
gleicherscheinung anzusehen und haben eine ver-
mehrte Bildung rother Blutkörperchen zum Zweck.
Die mit Abbildungen versehene Arbeit ist sehr
ausführlich gehalten.
Der von Edwards (93) geschilderte, bei einem
31 jähr. Manne beobachtete Fall von schwerer, wahr-
echeinlich pemieiöeer Anämie bot eine ausgeprägte
Aiheromatose , insbesondere der Coronargefässe,
zeichnete sich aber vor Allem dadurch aus, dass
mit grosser Bestimmtheit ein Aneurysma abdomi-
nale angenommen wurde (und anscheinend auf
Grund der Erscheinungen auch angenommen wer-
den konnte), während die Sektion durchaus keinen
Anhaltepunkt dafür ergab. Der Tod erfolgte plötz-
lich, so dass man sogar eine Ruptur des Aneurysma
vermuthet hatte. Am meisten getäuscht hatte die
ausgedehnte Pulsation, für die eine ausreichende
Erklärung fehlt.
128 Zaudy, Neuere Arbeiten aus dem Qebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes.
Bard (94) hat 2 Fälle von pemiotönr Botrio-
cephalua-Anämie zur Verfügung. In dem 1. Falle
enthielt das Blut 1100000 Rothe, 7000 Weisse
und 30^/o Hämoglobin; nach der Kur mit Extr.
Filicis erhoben sich die Rothen auf 2800000,
Hämoglobin auf 45^/o. Der 2. Fall ist weniger
beweisend. Hier war angeblich 1 Jahr zuvor ein
Wurm abgegangen ; im Krankenhause wurde aber
selbst nach einer entsprechenden Kur kein Beweis
für die Anwesenheit eines derartigen Parasiten
gefunden. Trotzdem glaubt B. die Krankheit, die
mit dem Tode endete, einem Botriooephalus zu-
schieben zu dürfen.
In der Festschrift für Runeberg hat Rosen-
qvist (95) seine Erfahrungen über den Eiweiss-
Stoffwechsel bei (kr perniciösen Anämie, müspecieUer
Berücksichtigung der Botriocephcüus-Anämie, nieder-
gelegt Die ausserordentlich gründliche und fleis-
sige Arbeit (125 S. stark) enthält eine Fülle von
Thatsachen, die sich auf zahlreiche eingehende
Untersuchungen stützen (siehe auch die frühere
Hittheilung R.'s, Jahrbb. CCLXXVL p. 231). R.
hat Stoff weohselversuche in 21 Fällen von Botrio-
cephalus- Anämie und in 3 Fällen von kryptogene-
tischer pemiciGser Anämie angestellt. Vor der
Wurmabtreibung findet in der grOssten Hehrzahl
der Fälle zeitweise ein deutlich gesteigerter Eiweiss-
zerfall statt, während nachher ein starker Eiweiss-
ansatz Platz greift Trotzdem ist gelegentlich die
N- Bilanz auch bei Anwesenheit des Wurmes positiv ;
der Eiweisszerfall ist also wahrscheinlich stets nur
ein periodischer. Dieser periodische Wechsel zwi-
schen Zerfall und Ansatz findet sich ebenso bei
der perniciOsen Anämie, die demnach ebenfalls als
eine durch Oifte hervorgerufene Blutkrankheit an-
zusehen wära Im Uebrigen wurden auch Ver-
hältnisse beobachtet, die auf das Bestehen von
Immunitäterscheinungen dem die Krankheit erzeu-
genden Oifte gegenüber hindeuten. Auch in Bezug
auf den Purin - Stoffwechsel, dessen Einzelheiten
R. mittheilt, herrscht zwischen den genannten
Anämiearten völlige üebereinstimmung. 111 Num-
mern Literaturl
Körmöczi's (96) Aufsatz über die Behand-
lung der Anaemia perniciosa bringt nichts von
besonderer Bedeutung.
e) Leukämie.
97) Sohupffer, F., Sulla emigrazione degli ele-
meoti del sangue nei trasadati et essadati dei leuoemioi.
Rif. med. XIX. 15. 16. p. 893. 1903.
98) Wolf f, A., Ueber die Bedeutung der Lymphoid-
zelle bei der Dormaleo Blutbildung u. bei der Leukämie.
Ztschr. f. klin. Med. XLV. 5 u. 6. p. 385. 1902.
99) Hirschfeld, H., u. £. Tobias, Zur Kennt-
niss der myelogenen Leukämie. DeiHsche med. Wo-
chenschr. XXVni. 6. p. 92. 1902.
100) Strauss, H., Sarkomatose u. lymphatisohe
Leukämie. Charite-Ann. XXIU. p. 343. 1898.
101) Einhorn, M., Notes on a few cases of Hodg-
kin's disease and lymphatio leuoaemia. New York med.
Becord LXn. 2. p. 41. July 1'2. 1902.
102) Tür k, W., Akute lymphoide Leukämie mit
einem grösstentbeils lymphosarkomatösen anatomischen
Befunde. MittheiL d. Oesellsch. f. innere Med. in Wien
n. 9. p. 88. 1903.
103) Stewart, D. D., A case of acute leuoaemia
presenting some interesting features. Amer. Joum. of the
med. Sc. CXXH. 6. p. 576. 1901.
104) Beed, D. M., Acute lymphatic leuoaemia
without enlargement of the lymph glands. Amer. Joum.
of the med. So. CXXIV. 4. p. 653. 1902.
105) Hitsohmann, E., u. H. Lehndorf f, Ein
Fall leukämieartiger Erkrankung mit schwerer megalo-
blastischer Anämie u. eigenthümliohem Exanthem. Ztschr.
f. Heilkde. XXIV. 5. 1903.
106) Weinberger, M., Chlorom. Mittheil. d. Oe-
sellsch. f. innere Med. in Wien n. 5. p. 42. 1903.
Die Untersuchungen von Schupffer (97) be-
ziehen sich auf die Auswanderung der Bluielemenie
in 7¥anS' und Exsudaten bei Leukämischen. Die
Beobachtungen wurden an einem 23jfthr. Kranken
mit lienaler Leukämie angestellt, bei dem das Ver-
hftltniss der Weissen zu den Rothen wie 1:15 war.
Von den langen Ausführungen hat folgende Tabelle
wohl das meiste Interesse ; in ihr sind procentual
die Zahlen der einzelnen BlutkOrperarten, die so-
wohl im Blute, wie in der pleuritischen Flüssigkeit
sich fonden, aufgeführt
m«* 2. Probe- 3. Probe-
^^^* Punktion Punktion
Polynuoieäre neutrophile
und Uebergangsformen 61.52 49.74 59.71
Myelocyten 13.36 8.14 10.44
Mastzellen 13.91 18.13 14.67
Mononuoleäre eosinophile 0.95 1.30 1.01
Polynucleäre eosinophile 2.50 3.26 2.12
Grosse Lymphocyten . . 5.34 2.06 5.47
Kleine Lymphocyten . . 2.42 1.08 3.74
Kernhaltige Rothe auf
100 Leukocyten . . . 3.48 0.76 0.41
Diese Befunde und andere Beobachtungen hier
zu besprechen, würde zu weit führen. Seh. hat
die Literatur gebührend berücksichtigt
üeber die Bedeutung der Lymphoidxeüe bei der
normalen BltUbildung und bei der Leukämie äussert
sich Wolff (98) folgendermaassen. Die grund-
sätzliche Scheidung zwischen Lymphocyten und
Oranulocyten ist nicht bestätigt worden. Eine
Zelle, die einem Lymphocyten morphologisch
gleicht, aber noch die Möglichkeit der Differen-
zirung besitzt, wird als indifferente Lymphoidzelle
bezeichnet Die letztere ist im Enochenmarke meist
von einem Lymphocyten morphologisch zu trennen.
Die einzelnen blutbildenden Organe haben unter
sich Arbeittheilung, aber in allen finden sich in-
differente Lymphoidzellen, die vioariirend eintreten
können. Gelegentlich wird bei nicht leukämischen
Erkrankungen (Blei- Anämie u. s. w.) myeloide Funk-
tion der Milz beobachtet W. glaubt, dass die von
ihm mitgetheilten Fälle für das Vorkommen von
Uebergängen zwischen lymphatischer und myeloider
Leukämie verwerthet werden können. Die in den
FäUen einen grossen Theil der Leukocyten aus-
machenden „grossen Lymphocyten** zeigten in
wesentlichen Punkten Abweichungen von dem
Verhalten normaler Lymphocyten. W. stellt da-
nach nur eine Leukämieform, die Lymphoidzellen-
Zaudy, Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes. 129
lealämie, auf, aus der die rein lymphatische und
die rein myeloide Form sich entwickeln kennen.
Die Leukämie ist keine Tumorbildung mit Meta-
stasen, sondern ihr Wesen besteht in einer Meta-
plasie der blutbildenden Organe aus unbekannter
Ursache.
Hirschfeld und Tobias (99)theilen2sehr
genau klinisch und pathologisch-anatomisch unter-
suchte Fälle von myelogener Leukämie mit. Es
handelte sich um 2 Männer im Alter von 19 und
31 Jahren. In dem letzteren zur Sektion ge-
kommenen Falle bestand ausserdem eine Miliar-
tuberkulose der Lungen, Pleuren und der Leber;
aoch Milz und Lymphdrüsen waren nicht frei
da?on. Alles Weitere ist in der Arbeit selbst ein-
zusehen.
Strauss (100) schildertdie klinischen Ei nzel-
häten eines ebenso seltenen, wie theoretisch inter-
essanten Falles von Sarkomaiose und lymphatischer
Leukämie, während die zugehörigen anatomischen
Präparate bereits vorher von V i r c h o w (Berl. klin.
Wchnschr. XXXV. 27. 1898) besprochen waren.
Der Kranke war 72 Jahre alt. Von den Leuko-
cyten, deren Gesammtzahl zwischen 32000 und
65000 schwankte, waren 90^/o mononucleäre
Zellen und unter diesen überwogen bei Weitem die
Uänen Lymphocyten. Zeichen von perniciOser
iüämie fehlten.
Einhorn (101) bespricht 4 Fälle von Hodg-
hg^uher Krankheit und 2 Fälle von lymphatischer
Laikämie im Zusammenhange, ohne dass besonders
erwähnenswerthe Thatsachen dabei sich heraus-
stellten.
Akute lymphoide Leukämie mit einem grössten-
^eüa lymphosarkamaiösen anatomischen Befunde
beschreibt Tür k (102).
Der 41jähr. Er. verlegte den Beginn seines Leidens
m den December 1902. Damals traten Schmerzen ent^
lug der rechten Tibia auf. Im April 1903 nahmen diese
Schmerzen sehr zu, besonders rechts; es folgten £r-
sehwening der Harnentleerung, Doppeltsehen, profase
S^veisse ohne Fieber; von Beginn an Appetitlosigkeit
iDd Abmagerung. Am 7. Mai in's Krankenhans, wo
ffiaa niDichst an Lues dachte und objektiv an den
ifiiiereo Organen nur eine massige Milz vergrösser ang
feststellte. Als sich aber herausstellte, dass die Knochen-
Kfameneo sich nicht auf die Tibia beschränkten, unter-
ss^ta man das Blut, zumal Milz und Leber innerhalb
3 Xigeo rapid gewachsen waren. Rotbe 6680000 (I),
^äne 65800, Hb. 90— 95Vo- Von den Leukocyten sind
^ 55*/« sehr grosse Lymphocyten mit ungewöhnlich
s^em Fettgehalte. Recht zahlreiche Normoblasten.
Am 12. Mai Rothe 6976000, Weisse 121800, davon 70*/;
»BieKD-Lymphocyten*^. Am 13. Mai Tod. Sektion:
Lysphosarkom in Magen, Darm, Nieren, Blase, Prostata,
Beckeogewebe, Pankreas, Herz, Pleura. Milz, Enochen-
Bttk und die nur ganz wenig hyperplastischen Drüsen
botes das Bild der akuten Leukämie.
Der von Stewart (103) genau beschriebene Fall
9(m akuter Leukcunie betraf eine 28jähr. Frau, die nach
4wöchigeni Erankenbausaufenthalte starb. Die ersten
Blutuntersuchungen bei der seit 2—3 Monaten an schein-
barem 8corbut Leidenden zeigten eine Verminderung der
Leukocyten. Die Kr. bot dann Erscheinungen von Typhus
(der gerade dort herrschte), auch dieWidaTsche Reak-
tion war^positiv (wurde aber nur Imal, mit getrocknetem
Blute, ausgeführt). Eine erst wieder 4 Tage vor dem Tode
angestellte Blutzählung ergab Rothe 1280000, Weisse
89600, Hb. 25Vo. Nach weiteren 2Tagen Weisse 102000.
Der Tod erfolgte im Anschlüsse an Darmblutungen. Die
Sektion bot das Bild einer schweren akuten Infektion.
Die Darmgeschwüre, von denen eines eine Ge-
ßtesarrosion und dadurch den Tod verursacht hatte,
Sassen nur im Dickdarme. Bei der Aufnahme war
also die Leukllmie höchstens in ihren Anfängen,
sie begann sehr akut mit Temperatursteigerungen,
die an Typhus erinnerten und vielleicht wirklich
in einer typhGsen Infektion ihren Grund hatten.
In dem von Reed (104) besprochenen Falle von
akuter lymphatischer Leukämie ohne VergrÖsserung der
Lymphdrüsen handelte es sich um einen 47jähr. Mann,
der von seiner Krankheit eist 6 Monate vor dem Tode
durch schweres Nasenbluten etwas merkte; erst 3Vs Wo-
chen vor dem Tode sah ihn ein Arzt Die in ihren Er-
gebnissen sehr ausfuhrlich geschilderte Sektion zeigte
vor Allem, dass es sich um eine Lymphocytose handelte,
die von einer Proliferation der lymphociden Zellen im
Knochenmarke ausging, und dass der Tod eingetreten war,
bevor andere Organe m Mitleidenschaft gezogen wurden.
R meint daher, dass überhaupt alle Veränderungen bei
akuter Leukämie ausser denen des Knochenmarks sekun-
därer Natur seien.
Hitschmann und Lehndorff (105) be-
zeichnen ihre Beobachtung als einen Fall leukämie-
artiger Erkrankung mit schwerer megaJlohlaetiseher
Anämie und eigenthümlichem Exanthem.
Die 34jähr. Kr. hatte vorn auf dem Thorax zwischen
frischen Hautblutungen sehr zahlreiche blassrothe bis
hellbraune, im Hautniveau hegende, nicht soharf be-
grenzte Flecke, alle hnsengross, auf Fingerdruck nicht
vollständig erblassend. Die rasch fortschreitende Anämie
führte innerhalb 3 Wochen zu einer Verminderung der
Zahl derRothen von 2100000 auf 724000. Roth zu Weiss
änderte sich von 200: 1 auf 21 : 1 und betrug agonal 5 : 1,
die Weissen waren aber nur bis auf 35000 vormehrt; von
diesen zeigten die Mononuclearen eine Höhe bis 96Voi von
denen wieder bis 76.6^0 grosse ungranulirte Zellen waren.
Dabei viele sehr grosse basophile ungranulirte Zellen,
wie sonst nur im Knochenmarke sichtbar. Kernhaltige
Rothe in enormer Zahl, ganz besonders die Megalo-
blasten.
Weinberger (106) beschreibt einen Fall von
Chlorom bei einem 15jähr. Knaben, wo wegen des fehlen-
den Exophthalmus und des Fehlens der Schwellung in
Occipital- und Temporalgegend nicht Chlorom, sondern
akute Leukämie diagnosticirt wurde. Rothe 4500000,
Weisse 13000, Hb. 45%. Wegen auffälliger Vermehrung
der grossen Lymphocyten und wegen des Auftretens von
primären Albumosen (Ben ce Jones) im Harn nahm
man eine Hyperplasie der lymphatischen Apparate an.
Die Leukocyten schnellten plötzlich auf 72000 hinauf, so
dass Weiss zu Roth ■■ 1 : 44 wurde. Die Sektion ergab
lymphatische Leukämie und zahlreiche leukämische
Lymphome (Chlorome). Der Fall soll noch ausfühHich
veröffenUicht werden.
Med. Jahrbb. Bd. 281. Hft; 2.
17
130
Blau, Bericht Aber die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.^)
Von
Sanitätsrath Dr. Louis Blau
in Berlin.
13) Erkrankungen des Gehörorgans
hei Oiehi.
E. Barth*) berichtet über folgende Beobachtung.
Bei einem 63jähr. Manne war wegen eiteriger Mastoiditis,
die sich an eine nachSchnapfen entstandene akute Mittei-
ohreiterang angeschlossen hatte, die einfache Anfmeisse-
luDg des Warzenfortsatzes gemacht worden. Am Tage
nach der Operation stellte sich unter hohem Fieber (39.^)
eine überaus empfindUche Röthung und Infiltration der
die Wunde umgebenden Weichtheiie ein, deren Zu-
sammenhang mit einer gleichzeitig erschienenen typisch
gichtischen Schwellaog des Metatarsophalangealgelenkes
der grossen Zehe daraus hervorging, dass beide voll-
kommen parallel verhefen und unter Behandlung mit
Sidonai (4 g pro die) nach wenigen Tagen miteinander
verschwanden. In der Folge liess sich noch die Combi-
nation zweier leichterer Gichtanfälle mit entzündlicher
Infiltration in der Umgebung der Wunde beobachten. Die
gichtische Diathese äusserte femer auf den Wundverlauf
noch dahin einen Einfloss, dass die Granulation bildung
sehr träge war und Monate lang trotz örtbcher Reizung
mit Argentum nitricum, Camphorwein, Jodoform sogar
vollständig aufhörte. Auch war nach erfolgter Heilung
das Gehör nicht so gut wie sonst bei einfachen Aufmeisse-
lungen, vielleicht auf Grund gichtischer Veränderungen
in der Paukenhöhle.
14) Erkrankungen des Gehörorgans
bei Hämophilie.
Bei einem 2>/b Monate alten, aus einer Bluterfamilie
stammenden Knaben, dem wegen akuter Otitis media
die Trommelfellparacentese gemacht worden war, sah
T 0 m k a *) 8 Tage später eine Blutung aus dem Ohre auf-
treten, die ununterbrochen trotz Tamponade mit einfacher
und in Alaunpulver getauchter stenler Gaze und inner-
licher Darreichung von Seeale cornutum 8 Tage lang an-
dauerte. Eine Ursache für die Blutung liess sich weder
im Gehörgange, noch am Trommelfelle feststellen, durch
die Tuba fand kein Blutabfluss statt. 4 Tage nach dem
Aufhören der Blutung war das Trommelfell geschlossen
und die Otorrhöe gebeilt. Ferner berichtet To m k a über
einen noch nicht veröffentÜchten Fall von Hang, in dem
der Einfluss der Hämophilie auf das Ohr zu 3 verschie-
deneu Malen beobachtet werden konnte, an einer stunden-
langen Blutung nach der Extraktion eines Paukenhöhlen-
polypen, die einfacher Tamponade und der Anwendung
des Galvanokauter widerstand und erst durch Tamponade
mit einem in Liquor ferri getauchten Wattepfropfe ge-
stillt wurde, an einer hartnäckigen Blutung aus dem
Krater eines am Tage vorher incidirten Qehörgang-
furunkels und an der Bildung rechts eines Hämato-
tympanum, links von sehr ziüilreichen punktförmigen
Trommelfellekchymosen nach einem starken Niessen.
16) Erkrankungen des Gehörorgans
bei Hysterie. Das vielgestaltige Bild, das der
Hysterie eigen ist, mit allen seinen Quellen zu Irr-
thOmern und Täuschungen finden wir auch bei den
auf Hysterie beruhenden Störungen des OehOrorgans
0 Fortsetzung; vgL Jahrbb. CCLXXXL p. 28.
<) Ztschr. f. Ohrenhkde. XXXVIIL 4. p. 328. 1901.
a) Arch. f. Ohrenhkde. LI. 2 u. 3. p. 187. 1901.
wieder. Diese werden von V o s s ^) in einer aos-
/ührlichen Arbeit besprochen und zur Erläuterung
25 eigene und 14 bereits verOfifentlichte fremde
Beobachtungen beigegeben. Voss hebt hervor,
wie geneigt die Hysterischen sind^ Beschwerden
zu erfinden oder vorhandene zu Obertreiben, und
in welcher raffinirten Weise sie auch oft objektive
Verftnderungen, z. B. Ausfluss oder Blutungen auB
dem Ohre, Temperatursteigerungen u. s. w., kflnst-
lieh hervorbringen. Er Iftsst es zweifelhaft, ob die
beschriebenen spontanen, bez. vicariirenden Oh^
blutungen bei gesundem Ohre zum grössten Theile
wenigstens nicht vielleicht Kunstprodukte waren.
Ferner wird die unbezwingbare Sucht erwähnt,
mit der viele Hysterische den Arzt zu operativen
Eingriffen, selbst der schwersten Art, zu ve^
anlassen suchen. Die hysterischen Störungen am
Gehörorgane treten als Anftsthesien und Hype^
ftsthesien der sensiblen Nerven, sowie des Acusticui
auf und ausserdem manchmal als Angioneurosen,
so dass z. B. durch ROthung des Trommelfells von
den leichteren bis zu den höchsten Graden, Schwel-
lung desselben. Verschwinden der Umrisse dei
HammergriflFes das Bild einer akuten Otitis media
vorgetäuscht werden kann. Die funktionellen Neu-
rosen treten seltener bei vollkommen gesunden
Ohre auf, desgleichen bestehen die einzelnen Formen
nur selten rein fOr sich, sondern meist sind Combi-
nationen vorhanden, wie Hyperästhesie der Haul
des GehOrganges mit Anästhesie der Muschel und
halbseitiger Anästhesie des ganzen KOrpers. Di(
Veranlassung zum Erscheinen der hysterischei
Störung hatte oft eine, manchmal nur geringfügige
Verletzung, ein psychischer Eindruck u. dgL ab
gegeben. Von besonders praktischer Wichtigker
ist die Hyperästhesie der Haut des Warzenforfc
Satzes, da sie zu Verwechselung mit Mastoiditi)
und daher zu unnOthigen Operationen Veranlassunj
geben kann. Als diagnostisch wichtig bezeichne
Voss, dass die hysterische Hyperästhesie sid
nicht auf den Warzenfortsatz beschränkt, sonden
über dessen Grenzen hinausgreift, nach unte
manchmal bis zur Mamma oder bis zur vorderQ
oder hinteren Mittellinie des Halses, und das
stärkerer Druck zuweilen weniger empfindlich ü
als oberflächliche Berührung. Wenn sohmerahafi
Druckpunkte vorhanden sind, entsprechen dies
niemals dem Antrum oder der Spitze des Warzei
fortsatzes, sondern entweder kleinen Knötchen ai
1) Ztsohr. f. Ohrenhkde. XL. 1. p. 1. 1901.
Blau, Bericht Aber die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
131
dessen convexer Fläche oder dem weit nach hinten
vom Antrum gelegenen Austrittspunkte dee N.
occipitalis aus der Nackenmnskulatur. Therapeu-
tisch legt Voss das Hauptgewicht darauf, dass,
sobald die vorliegende Störung als eine hysterische
erkannt wird (wozu unter ümst&nden auch eine
Nachfrage bei den frfiheren Aerzten nothwendig
Verden kann), von jeder lokalen Behandlung Ab-
stand genommen und letztere einzig in die Hände
des Nervenarztes gelegt werden muss. Je mehr
wir solche Kranke lokal behandeln, sagt Voss,
um so mehr steigt ihre Sucht, auch uns wiederum
auf unserem eigenen Gebiete zu imponiren. Wir
Süchten die Simulation, indem wir uns auf die Be-
handlung einlassen. Schon die öftere Specialunter-
rochung Ifisst den Gedanken, dass das Organ ge-
Bood sei, nicht aufkommen, bez. befestigt die Vor-
stetlnng von seinem Erkranktsein. Gewarnt wird
vor unnöthigen Operationen in Ohr, Nase und
Nasenrachenraum, die oben geschilderte angio-
aenrotische RGtbung und Schwellung des Trommel-
fells darf nicht zur Paracentese verleiten, und des-
^chen ist die Aufmeisselung des Warzenfort-
nties zur Beseitigung der hysterischen Mastalgie
ahBolat ooDtraindicirt. Wird durch eine gleich-
»tige Ohrerkrankung eine Operation unbedingt
erforderlich, so soll sie ohne lange Vorreden und
&k]ftningen dem Kranken gegenüber vorgenommen
werden. Nach vollfQhrter Radikaloperation hält
Voss die flbliche Nachbehandlung mit lange fort-
gesetzter Tamponade bei Kindern, nervGsen und
bjsterischen Kranken fttr ungeeignet, vielmehr
empfiehlt er hier, vom 5. Tage ab die Tamponade
fertzulassen und sie durch einen einfachen Ooclusiv-
verfaand, neben vorsichtiger trockener Reinigung
der Wandhöhle, bez. Ausspülungen bei fOtider
Sekretton, zu ersetzen.
Als Ursache der Hyperästhesie oder Neuralgie
dee Warzenfortsatzes wird auch von Lannois
snd Ghavanne^) und von Gell6*) Hysterie be-
trübtet. Die Erstgenannten beschreiben 2 Gruppen
▼OD nilen, die eine, in der, mit oder ohne gleich-
zeitige Paukenhöhleneiterung, die Symptome in
heftigen Schmerzen und sehr starker Bmpfindlich-
Ut der Warzengegend bei Berührung bestanden,
vihrend in der zweiten sich dazu noch Cerebral-
Qsdieinungen, Kopfschmerzen, Schwindel, Schlaf-
kwigkeit, Delirien, verschiedenartige psychische
8t0niDgen, gesellten. G e 1 1 6 empfiehlt vor Allem
one psychische Behandlung und warnt vor ope-
näfen Angriffen, doch sei die Suggestion mit
einer Soheinoperation zu versuchen. Lannois
sadChavanne haben bei ihren Kranken, wo sie
anfmeisselteD, zwar ebenfalls immer normale Ver-
hfitusse gefanden und keine Besserung dadurch
errodit, aber sie rathen sehr richtig bei zweifel-
hafter Diagnose doch zu einem aktiven Vorgehen,
da es besser sei, lOmal den Warzenfortsatz un-
nöthig zu eröffnen als Imal in ihm Eiter unauf-
gedeckt zu lassen.
Fälle von hysterischer Taubheit sind ausser
von Voss noch von TreiteH), Hammer-
schlag*), Chavanne'), Moll«)undEBarth»)
beschrieben worden. Tr eitel legt bei der Dia-
gnose das Hauptgewicht auf den Nachweis von
allgemeinen die Hysterie kennzeichnenden Sym-
ptomen, dagegen glaubt er nicht, dass man aus
den Ergebnissen der qualitativen Hörprüfung ver-
werthbare Schlüsse werde ziehen können, nur die
auffallenden spontanen Schwankungen des Gehörs
in beträchtlichem umfange seien für Hysterie von
entscheidender Bedeutung. Hammerschlag
bezeichnet als charakteristisches Symptom der rein
hysterischen Hypftsthesie des Hörnerven, also der-
jenigen Form, die unabhängig von organischen
Veränderungen des Ohres gleichsam eine Theil-
erscbeinung der hysterischen Hemianästhesie, bez.
Hemihypästhesie ist und bei der in geringerem
Grade auch immer das Gehör der entgegengesetzten
Seite sich betroffen zeigt, eine leichte Ermüdbarkeit
des Acusticus für continuirliche und in ihrer In-
tensität abnehmende Schallreize, speciell für Stimm-
gabeltöne. In Folge dessen beobachtet man z. B.
auf der weniger erkrankten Seite oder bei leichteren
Graden für die Stimmgabel eine merkbare Ver-
kürzung der Knochenleitung, während die bedeu-
tend schwächer tönende Uhr vom Knochen noch
gut gehört wird, oder die Luftleitung für Stimm-
gabeltöne ist stark verkürzt, Flüstersprache wird
aber noch auf 5 — 6 m verstanden, oder es besteht
desgleichen ein gutes Gehör für die Sprache neben
einer sehr starken Verkürzung der Knochenleitung
für Stimmgabeln. Absolute hysterische Taubheit
ist übrigens unverhältnissmässig viel seltener als
hysterische Schwerhörigkeit zu beobachten. Der
Nutzen der suggestiven Behandlung bewährte sich
Hammerschlag in mehreren Fällen, ebenso
Ghavanne bei einem Kranken, bei dem die seit
5 Jahren bestehende hysterische Taubheit mit
Jackson'scher Epilepsie complicirt war. In der
Beobachtung von Barth war die Taubheit Theil-
erscheinung einer traufnatüeken Neurose.
Der 21 Jahre alte kräftige und* gesund aussehende
Mann hatte einen Kopfsprung in das Wasser gemacht,
einige Standen danach sollte etwas Blut aus dem linken
Ohre geflossen sein, am folgenden Tage zeigte sich Schwer-
hörigkeit, dann absolute Taubheit des linken, femer
Schwerhörigkeit des rechten Ohres, sowie linkseitige ab-
solute totale sensitiv-sensorielle Hemianästhesie. Durch
die Untersuchung Hess sich nichts ausser einer starken
Druckempfindlichkeit der Spitze des linken Warzenfort-
satzes nachweisen, das linke Ohr war vollkommen taub.
0 Ann. des mal de l'oreille etc. XXVH. 7. 1901.
^ Arch. intenat de Laryngol. etc. XV. 1. 1902.
>) Neurol. Centr.-Bl. XXI. 15. 1901.
*) Mon.-Sohr. f. Ohrenhkde. u. s. w. XXXV. 9. p. 388.
1901.
>) Ann. des mal. de Toreille etc. XXVIII. 7. 1902.
*) Niederl. Oes. f. Hals-, Nasen- u. Ohrenhkde. s.
Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. XXXVI. 11. p. 490. 1902.
») Ztschr. f. Ohrenhkde. XLL 2. p. 138. 1902.
132
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
vom reohten warden nur noch in den Gehörgang ud-
mittelbar hineiDgescbriene Worte gehört, die Knochen-
leitung war auch hier aufgehoben. Trotzdem aber ergab
sioh, wie schon in einem früher von Barth beobachteten
ähnlichen Falle, ein Erhaltenaein des nnbewnssten musi-
kalischen Tongehörs, indem der Er. bei Ausschluss des
rechten Ohres ein Lied immer mit demjenigen Tone an-
stimmte, der auf dem Ciavier angeschlagen wurde. Die
Behandlung mit Luftdusche, Soggestion, Hypnose hatte
keinen Erfolg, nach einigen Monaten machte sich im
Oegentheile noch eine Hypästhesie der rechten Gon-
junctiva und Cornea und eine Verschlechterung des Seh-
vermögens auf dem rechten Auge bemerkbar.
16) Erkrankungen des Oehörorgana
hei Syphilis, Die bei Syphilitischen zu be-
obachtenden Mittelohreiterungen gehen nach Jan-
sen^) gewöhnlich von specifischen Erkrankungen
des Nasenraehenraumes aus, sind aber selbst nur
zu einem geringen Procentsatze specifischer Natur.
Letzteren Falles sind sie häufig mit ausgedehnter
Sequesterbildung (Warzenfortsatz, Schuppe, Oe-
hOrgangswände bis weit in die Tuba) und starker
granulöser Wulstung der Schleimhaut verbunden,
so dass dieser Befund bei Fehlen von tuberkulösen
Erscheinungen und von Tuberkelbacillen den Ver-
dacht auf Syphilis hinzulenken geeignet ist. Wo-
fern bereits Sequesterbildung und Eiterung im
Warzenfortsatze bestehen, kann die specifische Be-
handlung natürlich nicht mehr Heilung schaffen,
sondern es muss auf chirurgischem Wege einge-
schritten werden.
Manasse*) beschreibt den Sektioobefund bei einem
35jähr. syphilitischen Manne, der während des Lebens
beiderseits an „nervöser^ Schwerhörigkeit (nicht voll-
ständiger Taubheit) gelitten hatte. Makroskopisch ver-
hielten sich die Gehörorgane vollkommen normal. Durch
die mikroskopische Untersuchung wurden als wesent-
liche Veränderungen nachgewiesen: 1) eine Bindegewebe-
neubildung in den beiden Schneckentreppen und in den
perilymphatischen Räumen des Vestibularapparates, die
vom inneren Periost ihren Ausgang nahm und sich in
Form eines feineren oder stärkeren, aus ungemein feinen
Fasern bestehenden Maschenwerkes nach den gegenüber-
liegenden Partien erstreckte ; 2) eine Durchsetzung beider
Hörnervon von rundlichen, länglichen oder auch spindel-
förmigen Zellen, die meist längsgestellt zwischen den
Nervenfasern oder rings um die Oefässe lagen, an ein-
zelnen Stellen aber sich zu rundlichen oder ovalen circnm-
scripten Haufen (Lymphomen) gruppirten. Manasse
fasst diese beiden Veränderungen als (tertiär-) syphili-
tischer Natur auf, da ja periostitische Erkrankungen (die
Bindegewebeneubildung in Schnecke und Labyrinth wird
als Ausdruck einer Periostitis chronica interna betrachtet)
fast an allen Knochen desSkelets gerade zu den charakte-
ristischen Erscheinungen der constitutionellen Syphilis
gehören und da ferner auch Ansammlungen von circum-
scripten Lymphomen bei ihr sehr häufig sind. Angesichts
der Thatsache, dass sämmtliche umliegenden Theile, also
Mittelohr, Knochen, Meningen, ganz intakt und insbeson-
dere frei von entzündlichen und luetischen Veränderungen
waren, werden die im inneren Ohre erhobenen Befunde
als primäre, nicht fortgeleitete, angesprochen.
17) Allgemeine Symptomatologie der
Ohrenkrankheiten. AtUophonie ist you Knappt)
an sich selbst beobachtet worden, nachdem er an
mehrtägiger leichter Pharyngitis gelitten hatte und
zugleich in Folge einer akuten Sommerdiarrhöe
etwas magerer geworden war. Die Autophonie
trat zuerst nur auf dem einen oder anderen, sp&ter
auf beiden Ohren auf, anfangs in kurzen Anfällen,
die sich durch den negativen Valsalva 'sehen
Versuch oder durch BOcken abschneiden Hessen,
weiterhin in stundenlangen Anfftllen, während derer
die Beschwerden nur noch verschwanden, so lange
der Kopf beim BQcken nach unten gehalten wurde.
In der Horizontallage hörte die Autophonie r^el*
massig auf, Nachts fehlte sie, war am Morgen noch
milde, steigerte sich aber am Nachmittage und be-
sonders am Abend, wenn Knapp ermüdet war,
zu höchst peinlicher Stärke. Die Symptome be-
standen in dem GtefQhl des Einströmens der Luft
in die Paukenhöhle bei jeder Inspiration mit deut-
licher Empfindung des Anschlagens der Luft gegoi
das Trommelfell und die Paukenhöhlenwände, in
OefQhl von Vollsein der Ohren, Verstärkung der
eigenen Stimme und der Stimmen Anderer, welche
letztere aber zugleich gedämpft und nicht so deut-
lich und bestimmt erschienen. Dabei war das
Trommelfell normal und das Hörvermögen nioht
verschlechtert. Die Heilung erfolgte nach meh-
reren Wochen spontan mit Eintritt kühler Witte-
rung und Hebung der Kräfte. Erklärt wird die
Autophonie aus der congestiven Pharynfi^itia, die,
unterstützt durch die Abmagerung, ein Offenstehen
der Ohrtrompeten verursachte.
Diplacusis. Abgesehen von den Fällen von
Doppelthören mit beiden Ohren, die durch Laby-
rintherkrankungen erzeugt werden und durch Ver-
änderungen der Spannung der Saiten der Membrana
basilaris nach der v. Helmholtz 'sehen Theorie
leicht erklärt werden können, giebt es noch ^ne
zweite und wohl lOmal häufigere Form der Dipla-
cusis binauralis, bei der als erkennbare Ursache
nur eine Mittelohrerkrankung voi liegt und deren
Deutung eine weit schwierigere ist Alt^) ver-
sucht die Erklärung in folgender Weise. Weni
durch eine stärkere Anspannung der GehörknOchel
chen kette, eine Belastung der Membran des rund«[
Fensters durch Exsudat und Aehnliches der Dnicl
im inneren Ohre gesteigert wird, so vermag eia<
solche, selbst nur geringe Druckerhöhung die fll
die Perception der tiefen Töne bestimmten Fas^i
der Basilarmembran derart zu belasten, dass tief
Töne nicht mehr gehört werden. Die Folge davoi
ist die Veränderung des Charakters eines jed«
Klanges, der dem Ohre zugeführt wird, insofer
>) DeatBche Klinik am Eiogaoge d. 20. Jahrh. VIII.
p. 272. 1901.
s) Ztsohr. f. Ohrenhkde. XXXIX. 1. p. 7. 1901.
>) Ztfichr. f. Ohrenhkde. XU. 2. p. 105. 1902.
«) MoD.-Schr. f. Ohrenhkde. XXXV. 2. p. 57 u. 58. 1 901
— Ebenda XXXVI. 6. p. 197. 1902. Alt berichtet übe
7 eigene BeobacbtaDgeD von StörungeD des mosikaliachc
Gehörs und giebt eine üebersicht der von Anderen Tei
öfFentlichten, hierher gehörigen Fälle. Die Mittheilangc
des Bef. im Arch. f. Ohrenhkde. XV. 4. p. 233. 1880 m
Ebenda XIX. 4. p. 2^0. 1883 sind hierbei überBeh«
worden.
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
133
der QmDdton aus ihm ganz oder fast ganz ver-
schwindet, wfihrend die ObertOne relativ besser
percipirt werden. Der Betroffene hOrt demnach
mit seinem kranken Ohre an Stelle des starken
Onindtones mit den schwachen Obertönen nur den
Aocord der Übertöne, der je nach seinen Intervallen
conaonant oder dissonant ist. Ferner können auch
unter den ObertOnen selbst die höheren über die
tieferen überwiegen und ganz bestimmte Töne so
stark hervortreten, dass der Kranke sie allein zu
hOren glaubt. Nach dem Gesagten müssten die
Kranken mit Falschhören bei Mittelohrleiden stets
höher hören, und dieses war in der That bei der
Mehrzahl der Fall. Ein Tieferhören, wie es sich
weit seltener findet, kann dnrch einen Irrthum in
der Tonhöhe eines leise anklingenden Obertonee
~ kommt selbst bei geübten Musikern vor — oder
dadurch hervorgerufen werden, dass eine vorüber-
gehende Druckschwankung im Labyrinth eine An-
spannung des Saitenapparates hervorbringt. Alt
bemerkt, dass die unter den genannten Umstünden
auftretende Diplacusis, die nur bei gesonderter
Untersuchung jedes einzelnen Gehörorgans nach-
weisbar ist, sich für gewöhnlich nicht als Falsch-
bfiren kundgeben werde. Zu solchem komme es
vielmehr nur dann, 1) wenn das andere Ohr für
den Hörakt von früher her wenig geeignet war,
2) wenn bei besonders sensiblen Musikern die Stö-
rung der Klangfarbe Doppelthören erzeugt, 3) wenn
mit der Mitt^lohr- noch eine Labyrintherkrankung
verbunden ist. Bei chronischen Mittelohrleiden
wird Falsehhören deswegen selten beobachtet, weil
hier meist schon ein Ausgleich der Druckstörnng
im Labyrinth zu Stande gekommen ist. Die Dipla-
cusis monauralis, bei der Töne im kranken Ohre
klöppelt oder mehrfach percipirt werden, sieht A 1 1
fOr eine musikalische Hörstörung bei Neurasthe-
fiikem im Sinne eines nervösen Symptomes an, da
66 stets bei nervösen Leuten gelegentlich einer
Ohrakrankune beobachtet wurde und in wenigen
Tbgen oder Wochen spontan heilte. A. Barth ^)
i>t der Ansidit, dass bei der Diplacusis binauralis
von beiden Ohren eigentlich immer der gleiche
Ton gehört werde, dieser erscheine nur auf der
^ken Seite in Folge von Veränderung seiner
Klangfarbe auch in seiner Tonhöhe verändert, und
xwar nach Barth meist tiefer, seltener höher als
&uf der gesunden. Die Diplacusis beruht zu Folge
<^itter Auffassang mithin auf nichts weiter als auf
silier Verwechselung seitens des Kranken zwischen
Klangfarbe und Tonhöhe, eine Täuschung, der
gerade Musiker, die den ihnen bekannten normalen
T(m fest im Ohre haben, besonders leicht verfallen.
^ erwähnte Veränderung in der Klangfarbe wird
bei den nach Barth Diplacusis allein bedingenden
Mittelohrerkrankungen durch Störungen in der
Ueberleitung der Töne bis zum inneren Ohre (be-
wnders im Trommelfell und der Gehörknöchelchen-
kette gelegene) hervorgerufen, und Doppelthören
würde hier bei Weitem häufiger sein, wenn nicht
ein grosser Theil der Kranken den Ton in richtiger
Weise nur als dumpfen bezeichnete, anstatt ihm
wegen seines Klangunterschiedes in Höhe oder
Tiefe einen veränderten Platz in der Tonleiter an-
zuweisen. Berthold ^) erklärt im Anschluss an
eine eigene Beobachtung die bei seinem Kranken
im Verlaufe einer akuten eiterigen Otitis media
aufgetretene Diplacusis monauralis durch eine con-
sekutive Verstimmung von Corti'schen Fasern in
der Schnecke (auf Grund einer exsudativen Trü-
bung der Labyrinthfiüssigkeit oder einer leichten
Schwellung der Basilarmembran), wodurch bewirkt
wird, dass bei Zuleitung eines Tones nicht nur die
ihm entsprechende Corti'sche Faser, sondern noch
eine zweite, durch pathologische Veränderung in
gleiche Stimmung versetzte, mitschwingt Die
Fortleitung zum Gehirn müssen wir uns dann aber
nach den neuesten Untersuchungen (Held) in der
Weise denken, dass nicht, wie v. Helmholtz
angenommen hatte, mit jedem Corti'schen Fäserchen
eine einzelne Nervenfaser in Verbindung steht,
sondern dass eine für jeden Ton verschiedene Com-
bination von Nervenverzweigungen, von denen jede
einzelne an sich mit mehreren, verschieden langen
Corti'schen Saiten der Basilarmembran zusammen-
hängt, die gleiche Funktion übernimmt.
üeber den Schwindel verbreitet sich Panse>)
in sehr ausführlicher Weise. Das Verhalten unseres
Körpers im Räume beurtheilen wir nach den Ein-
drücken von 3 verschiedenen Sinnesbahnen, näm-
lich der Augen, des Gleichgewichtorgans im Laby-
rinth des Ohres und des k inästhetischen GefOhls,
d. h. der Haut-, Muskel-, Gelenk- und auch wohl
Eingeweide-Empfindungen. Auf diesen 3 Bahnen
verlaufen die centripetalen Erregungen, die uns
unbewusst zur Erhaltung des Körpergleichgewichts
dienen. Auf jeder dieser 3 Bahnen und an jeder
Stelle derselben können krankhafte Reize angreifen,
die, wenn sie stark genug sind, zu Täuschungen
über unsere Lage im Räume, also zu Schwindel,
führen. Pause bespricht eingehend den vom
Auge, vom Labyrinth, sowie von einer Störung des
Muskelgefühls ausgehenden Schwindel, unter Bei-
bringung der zugehörigen physiologischen und
pathologischen Beobachtungen und der ünter-
suchungsergebnisse über den anatomischen Verlauf
der in Betracht kommenden Sinnesbahnen. Aus
letzteren geht hervor, dass die 3 genannten Sinnes-
bahnen einestheils sämmtlich mit dem Kleinhirn
und anderentheils in diesem mit einander in Ver-
bindung stehen, insofern daselbst (im Wurme) der
Deiters'sche Kern des Nerv, vestibularis Verbin-
dungsfasern zu den Augenmuskelkernen und zu
den Vorderhörnem des Rückenmarkes absendet
») Arch. f. Ohrenhkde. LVH. 1 u. 2. p. 52. 1902.
>) Arch. f. Ohrenhkde. LV. 1 n. 2. p. 17. 1902.
*) Naturforsch er- Versam ml. 1901 s. Arch. f. Ohren-
hkde. LTV. 3 u. 4. p. 282. 1902. — Ztschr. f. Ohrenhkde,
XLI. 1. p. 1. 1902.
134
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
Das Kleinhirn kann demnach als Centrum des
Gleichgewichtes betrachtet werden, es vereinigt
die ihm zufliessenden Eindrücke zu einer sub-
cortikalen Vorstellung von unserem Yerhftltniss
zum Räume. Das grosse Oehim ist zur Erhaltung
des Oleichgewichtes nicht nothwendig, wie sich
daraus ergiebt, dass Thiere nach seiner Entfernung
und ebenso Epileptiker gehen und stehen können
und dass bei ruhendem Orosshirn, im Schlafe,
Schwindel auftreten kann. Dem Orosshirn werden
auf dem Wege der vorderen Eleinhirnstiele zum
rothen Kern und den Parietalwindungen fertige
Vorstellungen vom Kleinhirn übermittelt und ihm
durch den Fasciculus cerebralis des mittleren Schen-
kels ein Einfluss auf das Kleinhirn ermöglicht.
Ausserdem kOnnen die in der Schleife und cen-
tralen Haubenbahn zu den sensitiv-motorischen
Oegenden verlaufenden Empfindungen das Oross-
hirn unterrichten, das auf den Pyramiden bahnen
durch bewusste Bewegungen bis zu einem gewissen
Orade das Kleinhirn ersetzen kann. Durch Stö-
rungen im Oebiete der vorderen Kleinhirn Schenkel
würden die vom Kleinhirn gebildeten Vorstellungen
niederer Ordnung (Hitzig) über unsere Lage dem
Orosshirn falsch übermittelt werden und dadurch
würde Schwindel zum Bewusstsein kommen, durch
Schädigung des cerebralen Bündels des mittleren
Kleinhirnschenkels der Einfluss des Orosshirns auf
das Kleinhirn (willkürliche Lageftnderung) gestört
werden und der Erfolg dieser Störung wohl auch -
als Schwindel empfunden werden, durch Beeinflus-
sung der Schleifenhahn bis zu den sensitiv-moto-
rischen Zonen wird die willkürliche Verwerthung
der centripetalen Lageempfindungen verhindert und
Schwindel bei dem Versuche willkürlicher Lage-
veränderungen eintreten. Eine Schädigung der
sensitiven Schleifcnbahnen bis zu der Orosshirn-
rinde wird bei ihrer Nachbarschaft zu den Pyra-
roidenbahnen zugleich zu motorischen Symptomen
führen. Bei der weiten Ausdehnung der sensitiv-
motorischen Gegenden wird eine Schädigung von
dem Umfange, dass durch sie Täuschungen über
Raumvorstellungen entstehen, ausserdem auch all-
gemeine Hirnsymptome, besonders Bewusstsein-
störungen, verursachen. Durch alle diese Störungen
würde aber die unbewusste cerebellare Erhaltung
des Gleichgewichtes nicht verhindert werden. Um-
gekehrt können Zustände, die zu allgemeiner Hirn-
congestion und plötzlicher allgemeiner Drucksteige-
rung innerhalb der Schädelkapsel führen, auch bei
anderweitigem Sitze des ursprünglichen Leidens
zur Mitbetheiligung des Kleinhirns oder der sensitiv-
motorischen Gegend und zu Schwindel Veranlas-
sung geben. Falsche Eindrücke, die auf einer der
3 Nervenbahnen dem Kleinhirn zufliessen, schaffen,
wenn sie so stark sind, dass sie nicht von den
beiden anderen verbessert werden, eine falsche
Vorstellung und dieser Vorstellung entsprechend
wird der Körper gestellt und werden die Augen
gerichtet. Entsteht z. B. durch Druck auf eine
Fistel im linken äusseren Bogengänge die Vor-
stellung, als drehte sich der Baum nach rechts
(der Körper nach links), so tritt horizontaler
Nystagmus mit Zucken nach rechts, langsamen
Bewegungen nach links ein, femer wird der Körper
unbewusst nach rechts geworfen, indessen sind
diese Bewegungen keineswegs uncoordinirt atak-
tisch, sondern sie entsprechen folgerichtig dem
falschen Standpunkte. Erst dadurch, dass der
Körper in eine der falschen Vorstellung gemässe
Lage gebracht und diese sofort vom Orosshirn als
falsch erkannt und zu verbessern gesucht wird,
entsteht das Schwanken der Tninkenen, die so-
genannte Kleinhimataxie. Sind die dem Klein-
hirn zugeleiteten Reize nicht stark genug, um
Schwindel oder dessen objektive Zeichen, Taumeln
und Nystagmus, hervorzurufen, so können sie in
verschiedener Weise künstlich gesteigert werden,
nämlich : auf derselben Bahn, durch Drehung bei
leichtem Vestibularschwindel, durch äusserste Blick-
richtung bei Augenschwindel, durch Stehen auf
einem Beine bei kinästhetischem Schwindel ; durch
Hinzufügen eines Reizes auf einer anderen Bahn,
z. B. bei Vestibularschwindel Ausrichten, Stehen
mit geschlossenen Füssen, äusserste Blickriohtang;
endlich durch Ausschalten der verbessernden an-
deren Bahnen, indem man z. B. bei Tabes oder
Vestibularschwindel die Augen schliessen Iftsat
Diese Versuche können unter Umständen auch zur
Diagnose führen. Wird eine der 3 Bahnen ohne
Vermehrung des Schwindels ausgeschaltet, so ist
sie nutzlos, gelähmt, wird der Schwindel dadurch
besser, so ist sie der Sitz des Leidens, wird er
stärker, so ist sie zum Ersatz nothwendig und
brauchbar, also nur wenig geschädigt Verstärkung
des Reizes fördert die Ortsdiagnose nicht. Im
Uebrigen sind, um den Sitz der Krankheitursaohe
zu finden, die mit dem Schwindel nicht direkt ao-
sammenhängenden Nebenerscheinungen zu prüfen:
für die Augen das Auftreten von Doppelbildern,
für die Ohren Sausen und Schwerhörigkeit, für
das Rückenmark Lähmung oder Erhöhung der
Reflexe, Berührungsempfindlichkeit, Tastverm^lgeD,
Drucksinn, Schmerzempfindlichkeit, Lokalisation-
vermögen, Temperatursinn, Kraftsinn, Bewusstsein
von der Lage der Olieder und stereognostische
Perception.
NeuroBen, die neben einem Ohrenleiden Tor*
banden sind, können, wie durch lOBeobachtungeu
von Müller^) bewiesen wird, durch operative
Behandlung des letzteren eine Aenderung in ihrem
Charakter, bez. eine günstige Beeinflussung er-
fahren. Es handelte sich 2mal umEpilepsie, Imal
um Chorea und Epilepsie, Imal um Hystero- Epi-
lepsie, 4mal um Hysterie, Imal um menstmales
Irresein und Imal um multiple Oehirn- und Rücken-
marksklerose. Das begleitende Ohrenleiden wai
9mal eine chronische Mittelohreiterung, Imal eine
•) Aroh. f. Ohrenhkde. LIV. 3 u. 4. p. 223. 1902.
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
135
Neuralgie dee Warzenforteatses, dementsprechend
beetand der Eingriff in den ersteren Fällen in der
Hadikalopeiation , in dem letztgenannten in der
Ausmeisaelung eines keilförmigen KnochenstQckes,
wobei der Sinus (mit starker Blutung) verletzt
wurde. Wichtig ist, dass sich s&mmtliche Kranke
Doch im jugendlichen Lebensalter befanden und
da88 die Neurose höchstens seit 4 Jahren bestand«
Der Brfolg war in den beiden Fällen von Chorea
mit Epilepsie und von menstrualem Irresein, sowie
in 2Jr&llen von Hysterie Heilung im unmittelbaren
Anschlüsse an den Eingriff, in den übrigen eine
mehr oder weniger bedeutende Besserung der ner-
TQaen Störungen, die bis zum Ende der Beobach-
tung anhielt oder später wieder dem ursprQnglichen
Verhalten Platz machte. Selbst der Kranke mit
moldpler Sklerose konnte eine Zeit laDg sicherer
gehen und stehen. Den Orund der Einwirkung
der operativen Ohrbehandlung auf die Neurose
sieht Müller nicht in der Heilung des Ohren-
leidens, da hier von Reflexneurosen überhaupt
nicht die Bede sein konnte, sondern in der Ope-
ration mit ihren unmittelbaren Folgen selbst, und
ivar kommen dabei in Betracht die Narkose mit
ihrem gewaltigen Einflüsse auf die motorischen
Gentren und der Operationshock, sowie ferner der
Blotverlust und der Einfluss der Nachbehandlung;
die letzteren beiden, indem sie direkt oder durch
die permanente Drainage der (bis auf einen Fall
itets eröffneten) Schädelhöhle eine veränderte Blut-
versorgung der benachbarten und auch entfernteren
Himabsohnitte und daher Aenderung in ihrer Er-
Bihning herbeiführen. Das Vorhandensein einer
Ifeurose bei gleichzeitiger Hittelohreiterung ver-
bietet also eine operative Behandlung der letzteren
nicht, sondern kann im Oegentheile den Ausschlag
u deren Gunsten geben, wobei die Freilegung
dee Schädelinnem anzustreben ist
Qb^umaieiBt vonQrunert^) inSchwartze's
Klinik in 2 Fällen von intracranieller Fplgeerkran-
knng der eiterigen Otitis media beobachtet worden.
In dem 1. Falle hatten sich zu einer ohronischen
ÜHtelohieiteniDg Hirnsymptome gesellt, die auf eioen
St^hlifBolappeDabseess bezogen wurden, die Operation
«^ aber nichts weiter als einen reichlichen Ausfluss
Uüer Lässigkeit nach Spaltung der Dara-mater, worauf
sofortige Benerang erfolgte. Das 2. Mal bestand ein
^üschengrosser abgekapselter Extraduralabscess der hin-
ten Schädelgrabe nach akuter Otitis media sapporativa,
to entleert Tinirde. Bei beiden Kranken hatte die Unter-
saehajig znr Zeit der Aufnahme einen zuckerfreien Urin
osebeo, wenige Tage später trat Zucker in ihm auf, im
1. Fille ausserdem Polyohe ond die Zuckeraossoheidang
kmte hier durch Entziehung der Kohlehydrate nicht
ftBgBfichrinkt werden. Bald nach der Operation (and
<te ist neben dem anfiinglich negativen Befunde eine
>veite Bedingung, um die Abhängigkeit der Glykosurie
VW der otogenen Hirnerkrankung annehmen zu können)
vir der Zucka'gehalt des Urins verschwunden, und er
zteUte äch anch in der Folge bei amylaoeenreicher
Nahrung und selbst bei Hinzufügung von 100— 200 g
Traubenzucker zu dieser nicht wieder ein. Zar Erklä-
rung des Auftretens der Glykosurie könnte man in der
1. Beobachtung eine mit dem Hydrocephalas ext verbun-
dene starke Flüssigkeitansammlang in den Ventrikeln,
speciell im 4. Ventrikel und eine daher rührende Druck-
steigerung hierselbst annehmen, während in der zweiten
vielleicht ein gewisser, von der Eiteraosammlung aus-
gehender toxischer Einfluss (auch bei uncomplicirter akuter
eitenger Otitis media kommen hin und wieder vorüber-
gehende Zuckerausscheidungen vor) die Ursache bildete.
18) Allgemeine Therapie der Ohren-
krankheiten, Auf die ausserordentliche Hftu-
figkeit dieser, besonders im frühesten Kindesalter
und als Complikation der akuten Infektionkrank-
heiten, auf ihre Bedeutung fflr die Entwickelung
des Kindes und Oberhaupt fOr Oesundheit, Fort-
kommen und sogar Leben, sowie auf die Wichtig-
keit ihrer rechtzeitigen und sachgemässen Behand-
lung wird von Jacobson^) hingewiesen.
Ein sehr aasgedehntes Emphysem nach Bougtrung
der Ohrtrompete (von anderer beite), das nach aufwärts
bis zur Kopthaargrenze, nach abwärts über die ganze
vordere Thoraxwand bis unterhalb der 6. Rippe, seitlich
am Halse bis zum M. cucuUaris, an der Brust bis zur
Axillarlinie reichte, ist von Max*) beobachtet worden.
Die Augen konnten nur bis aaf einen schmalen Spalt ge-
öffnet werden, Uvula und Oaumenbögen waren so ge-
schwollen, dass sie gleichfalls nur einen schmalen Spalt
zwischen sich freiliessen, als sonstige Symptome zeigten
sich Mattigkeit, Athemnoth, trockene Zunge, grosses
Durstgefühl und Hitze (Temperatur 38.2»), Heiserkeit
und starke Schlackbeschwerden. Nach 4 Tagen waren
diese subjektiven Störungen vollkommen wieder ver-
schwunden, ebenso nach weiteren 2 Tagen das Emphysem
bis auf nur noch ganz geringe Spuren.
Zur lokalen Anästhesirung bei Operationen an
OehOrgang und Trommelfell hat Haug*) das
Cocain höchst unsicher gefunden, am wirksamsten
noch in der von B o n a i n (Acid. carbol. pur. liquef.
2.0, Menthol, pur., Cocain, hydrochlor. ana 0.5)
und mehr noch in der von Gray (Cocain, mur. 0.5,
Ol. anilin., Alcohol. absei, ana 5.0) angegebenen
Mischung, doch haben diese den Nachtheil, dass
sie, besonders die Bonain'sche Mischung, Ver-
ätzungen des Trommelfelles und der QehOrgangs-
wände mit nachfolgender Entzündung und Eite-
rung hervorrufen kOnnen und dass nach ihrer An-
wendung eine Verfärbung der Theile auftritt,
die den Eingriff erschwert. Anhangweise be-
merkt Haug, dass Gray neuerdings eine wei-
tere Modifikation vorgeschlagen hat, die an Sicher-
heit der Wirkung den anderen etwas überlegen zu
sein scheint ; sie besteht darin, dass man von zwei
Stammlösungen (L 20% Cocain, mur. in absolutem
Alkohol, U. 15—200/0 Eucain in AniUnOl) je
20 Tropfen vor jedesmaligem Gebrauche mit ein-
ander vermischt. Haug ist aus den genannten
Gründen von der lokalen Anästhesiniog bei Gehör-
gang- und Trommelfelloperationen abgekommen
und wendet sie insbesondere bei der Paracentese
>) Arch. f. Ohreohkde. LV. 3 u. 4. p. 156. 1902.
Vgl a. Frey, Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. XXXVI. 10.
|k. 447. 1902 und spiter unter ,,GehimabBoess^.
») Krankenpflege L 7. 9. p. 596. 777. 1901—1902.
*) Oesterr. otol. Ges. s. Mon.-Sohr. f. Ohrenhkde.
XXXV. 5. p. 235. 1901.
•) Aroh. f. Ohrenhkde. LV. 1 u. 2. p. 49. 1902.
136
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
nicht mehr an. In der Paukenhöhle wirkt das
Cocain sicherer. Hier kann die 0 r a y 'sehe oder
folgende vonHaug zusammengestellte Mischung
(Cocain, mur. 1.5 — 3.0, Aq. dest, Oljoerin. ana
10.0, Steril. Adde Alcohol. 10.0) in Gebrauch ge*
zogen werden, ebenso wie sich hier das Acoin in
2proc. wässeriger Lösung und Einblasungen von
Orthoformpulver zum Versuche empfehlen. Bei
letzteren freilich ist unangenehm, dass man kein
freies Gesichtsfeld hat und sich dieses erst wieder
schaffen muss. Die Infiitrationmethoden sind fOr
den Qehörgang unbrauchbar, können dagegen bei
Operationen an der Ohrmuschel und in der Regio
mastoidea ^) sich nützlich erweisen. M o u r e und
Brindel'j und ebenso V ach er*) empfehlen
das Adrenalin als Anftstheticum bei der Trommel-
fellparacentese und bei Operationen in der Pauken-
höhle (Extraktion der Qehörknöchelchen, von Poly-
pen u. s. w.), wo es zugleich als blutstillendes
Mittel gute Dienste leistet. Erstere haben besonders
eine Mischung von 10 g einer Adrenalinlösung
1 :5000 mit 5 g einer lOproc. Cocainlösung wirk-
sam gefunden. V ach er verwendet ein von
Du f cur in Orleans hergestelltes und als Pulver
oder flüssiges Extrakt in den Handel gebrachtes
Pr¶t und löst 2 — 3 cg Cocain in 2 — 3 Tropfen
dieses Extraktes auf. Nach Eingiessen der Mischung
soll dieParacentese 6 Minuten später fast schmerz-
los gemacht werden können. Mc Auliffe^)
ist der Ansicht, dass, weil die äussere Trommel-
fellschicht keine Empfindung besitzt, vielmehr
letztere allein den tieferen Schichten zukommt,
man die Applikation der anästhesirenden Mittel
bei der Paracentese vom Qehörgange aus Ober-
haupt aufgeben sollte. Anstatt dessen empfiehlt
er die Einspritzung von Cocainlösungen in die
Tuba, wobei es zur Anästhesirung des Trommel-
felles wahrscheinlich ausreicht, wenn auch nur
die Tubenschleimhaut von dem Medikamente ge-
troffen wird. Den Schnitt in das Trommelfell soll
man mit einem möglichst dünnen und scharfen
Messer und unter möglichst geringer Druckanwen-
dung machen. R e i k ') hat experimentell nach-
gewiesen, dass von den sensiblen Nerven des
Trommelfelles Reflexeinwirkungen auf den Qe-
lässapparat ausgelöst werden können, die sich in
einem Sinken des Blutdruckes mit Verminderung,
seltener Steigerung der Pulsfrequenz kundgeben.
Aus dieser Beobachtung werden die Ohnmacht-
anfälle bei Verletzung des Trommelfelles, bei der
>) Vgl. Alexander, Wien. klin. Wchosohr. XIV.
33. p. 782. 1901. — Aroh. f. Ohrenhkde. LVII. 1 u. 2.
p. 91. 1902. — Alt, MoD.-Schr. f. OhreDhkde. u. s. w.
XXXV. 5. p. 230. 1901 und weiter unten „Operative
Frülegung der Mittelohrräome^.
s) Revae de Laryngol. etc. XXll. 52. 1901.
>) Ann. des mal. de Foreille etc. XXVlll. 3. 1902.
*) Transact of the Amer. otoL 8oo. XXXV. p. 94.
1902.
*) Transact of the Amer. otol. Soc. XXXV. p. 114
1902.
Paracentese, bei Ausspülungen des Oehörganges
erklärt ; um derartige Störungen zu verhüten, wird
bei allen Operationen am Trommelfelle zur lokalen
oder allgemeinen Anästhesirung geratben.
Um bei der Behandlung der Kranken Infek-
tionen möglichsi hffUanzuhalten , empfiehlt Kör-
ner^) folgende, in seiner Klinik getroffenen Vor-
kehrungen.
Die poliklinischen Räume müssen von den klinischen
vollständig getrennt sein und in ersteren dürfen keine
grösseren Operationen (auch nicht die Entfernung der
Rachenmandel) vorgenommen werden. Vor jeder Ope-
ration am Schläfenbeine ist auch beim weiblichen Oe-
schlechte der ganze Kopf kurz zu scheeren. Alle Ver-
bandwechsel nach den grösseren Operationen werden,
wenn nicht im Bette, in einem besonders dafür eingerich-
teten Verbandzimmer gemacht Nach Abnahme des
alten Verbandes und Reinigung der Umgebangder Wunde
mit Benzin und Watte wird der Kopf des Kranken in ein
steriles Tnch gehüllt, das nur die Wunde und die Ohr-
muschel unbedeckt lässt. Man benutzt hierzu quadra-
tische Tücher mit einem Loche in der Mitte und zwei
Bändern an der einen Ecke. Das Loch wird über Ohr
und Wunde gebracht, die Ecke mit den Bändern über
den Kopf hinaus bis unter das andere Ohr geführt und
die Bänder um das Tuch und um den Hals des Kraukeo
geschlungen. Der eine Zipfel des Tuches hängt dann
noch über die Schulter herab und wird zum Anfassen
und Richten des am Kopfe des Arztes befestigten Reflek-
tors benutzt. Sämmthche in Klinik und Poliklinik ver-
wendeten Instrumente (mit einziger Ausnahme der
Tubenbougies) müssen auskoch bar, die Tupfer und Ver-
bandstoffe frisch sterihsirt sein, und weder die Wanden,
noch irgend etwas, das mit ihnen in Berührung kommt,
dürfen mit den Fingern berührt werden. Um auch mög-
lichst reine Luft in der Polikhaik zu haben, wird zu
Fernhalten stark infektiöser Kranker, z. B. mit Erysipel
behafteter, die schon vom Wartezimmer aus der geeig-
neten Behandlung zu überweisen sind, and zu auf-
saugenden Verbänden bei Ohreiterangen mit sofortiger
Unschädlichmachung der abgenommenen Verbandstücke
gerathen. Die bekannten schwarzen Ohrklappen, die
immer wieder ungereinigt zur Fixirung von Oaze oder
Watte auf dem Ohre benutzt werden, sind zu verbieten.
Bei profusen Eiterungen und Oehörgangsfurunkeln sind
die Haare in der Umgebung des Ohres kurz abzuschnei-
den, da durch sie leicht infektiöse Stoffe in das Ohr ge-
langen. Zu seinem eigenen Schutze gegen die Infektion,
z. B. durch Larynzphthisiker, kann der Arztsich 15 om
grosse quadratische Lappen vor Nase und Mund hängen,
die an den beiden Ecken des einen Randes je ein 15 cm
langes Band mit einer kleinen Bleikugel tragen and
mittels dieses an den Ohren befestigt werden.
Zur Bekämpfung des Schwindels, besonders
wenn er durch Bewegungen des Kopfes oder Kör-
pers hervorgerufen wird, hat Urbantschitsch^
folgende Behandiungsweise nützlich gefunden. Er
Iftsst den Kranken mit seinem Kopfe mehrmals
tftglich Kreisbewegungen nach rechts und dann
nach links machen, anfangs nur 3 — 5mal, später
bis 20- oder 30mal. Das Kopfkreisen wird am
Beginne der Uebung sitzend, wohl auch im Bette,
vorgenommen, in der Folge stehend, wobei die
Hände aber eine sichere Stütze haben müssen, am
ein Hinfallen zu verhüten. Sobald sich deutliohee
Sohwindelgefühl einstellt, ist mit den Kopfbe^
>) Ztschr. t Ohrenhkde. XLH. 1. p. 2. 1902.
s) Wien. klin. Wohnsohr. XIV. 7. p. 159. 1901.
Blan, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
137
guDgen aufzuhören, um nach Verschwinden jenes
▼ieder mit ihnen zu beginnen. Tritt der Schwindel
bei bestimmten Eopfbewegungen besonders leicht
und stark auf, so sind femer diese Kopfbewegun-
geo anB2ufQhren, und zwar soll der Kranke bei
Erscheinen von Schwindel in derjenigen Stellung,
die den Schwindel herrorrief, so lange verharren,
bis das SchwindelgefQhl verschwunden ist, und
dann die gleichen Kopfbewegungen neuerdings
Tomehmen. Hit fortschreitender Besserung wer-
den zum Auslosen des Schwindels immer mehr
Kopftwwegnngen erforderlich. Der Erfolg war bei
einer grosseren Anzahl von Kranken wesentliche
fieaienug oder selbst dauernde Heilung, letztere
namentlich, wenn die Kranken auch weiterhin mit
den Eopfbewegungen fortfuhren. Ein derartig
gfinstig beeinflusster Fall von Schwindel nach Er-
GJhong des cariösen horizontalen Bogenganges
dnrch den scharfen LOfTel wird ausführlich be-
schrieben.
Von nmen Ing^rumenien sind an dieser Stelle
in erwähnen :
Inptm xur Exeiaion eines Tk^ornmelfellstüekes von
Herifeld>), bestehend aas einem kreisförmigen, dem
HenrteloQp 'sehen ähnlichen, Messer, das von einem
iB Griffe befindlichen Uhrwerke aus durch Bäderiiber-
tngODg in Bewegung gesetzt wird. Ein vom mit einer
HffpQDe versehenes Stäbchen, das sich nicht mitbewegt,
&nt zur Fizirong des zu excidirenden Stückes. Der
finpiff wird in Bromäthemarkose aasgeführt; mit der
öaereo Paokenhöhlenwand verwachsene Trommelfelle
and für ihn nicht geeignet. Herzfeld hat hiernach
iBdirfKh eine wesentliche Besserung der Ohrgeräosche,
<iigegeo nie eine Hörverbesserung gesehen.
Transportabler Hörapparat, für Höräbnngen a.s. w.,
TOD Labor de*). Er besteht aus zwei Resonatoren aus
KijstallglaB oder Kupfer, die durch einen um den Kopf
S^legten Metallring vor den Ohren festgehalten werden,
m Leitnngschlänchen mit metallischer Umhüllung und
äaem mit diesen verbundenen Schallf&nger. Durch Ein*
(ögen eines Yerbindungstückes aus Kautschuk zwischen
I^toogschlauch und Schallfänger, das mittels einer
Kboffleterschraube zusammengedrückt werden kann,
ist ausserdem die Möglichkeit gegeben, den zugeführten
Schall beliebig abzuschwächen, bez. nur in das eine oder
d» aodere Ohr gelangen zu lassen.
l%)Lehtn8ver Sicherung und Militär'
^itmtpf lieht Ohrenkranker. In Bezug auf
Mere stellt Burger') folgende G^unds&tze auf.
& liegt im Interesse der Lebensversicherungs-
gnellsehaften, dass mehr, als es bis jetzt geschieht,
ds Zflstand der Ohren der Versicherungscandi-
^sten berücksichtigt wird. Bei akuten Entzün-
dongen des äusseren und des mittleren Ohres wird
■tt erst den Ausgang der Krankheit abwarten,
beror man die Versicherung abschliesst Auch in
^uigea besonders schweren Fällen von chronischer
Otitis externa, wenn diese sich tief in den Oehör-
gug hineinerstreckt und ihn stark verengt oder
veas mcä Oranulationen oder Geschwüre an den
0 MML-Schr. f. Ohrenhkde. u. s. w. XXXV. 6. p. 261.
1901. ^
*) BnlL de TAcad. de Med. de Paris 3. 8. XLV. 25.
h m. 1901.
•) Haug's klin. Vortr. V. 4 p. 275. 190K
Med. Jahitb. Bd. 281. Hft. 2.
OehOrgangwandungen oder auf dem Trommelfelle
vorfinden, ist es rathsam, die Versicherung vor-
läufig zurückzustellen. Maligne Tumoren des Ge-
hörorgans, sowie die lupGsen und tuberkulüsen
Erkrankungen des Ohres bilden einen Grund zur
Zurückweisung, mit Ausnahme etwa der Fälle
von maligner circumsoripter Geschwulst der Ohr-
muschel, wenn der Tumor vollständig mit einem
Theile der Muschel exoidirt worden ist und sich
in Zeit von 3 Jahren kein Recidiv eingestellt hat
Leute mit den verschiedenen Formen von Otitis
media chronica Simplex s. catarrhalis können ohne
Bedenken angenommen werden. Kranke mit Otitis
media chronica suppurativa sollen dann unbedingt
zurückgewiesen werden, wenn mit Sicherheit oder
Wahrscheinlichkeit eine Entzündung im Kuppel-
raum oder Warzenfortsatz, Tuberkulose oder Chole-
steatom, eine Betheiligung des Knochens oder
Facialislähmung festgestellt wird oder wenn die
Otitis von Schwindel oder halbseitigem Kopf-
schmerz begleitet ist oder eine erhebliche Ver-
engerung des Gehörganges den freien Sekretabfiuss
hemmt Dagegen zwingen die anderen Fälle chro-
nischer eiteriger Mittelohrentzündung nach Bur-
ger keineswegs immer zur Zurückweisung, viel-
mehr soll über die Möglichkeit der Annahme unter
erschwerenden Bedingungen in jedem Falle für
sich, nach einer Untersuchung durch einen sach-
verständigen Arzt, entschieden werden. Folge-
zustände gänzlich geheilter Ohreiterungen (Narben,
Verkalkungen, Adhäsionen, auch die Facialis^
lähmung, wenn die Eiterung beseitigt ist) gestatten
unbedenklich die Zulassung. Nur die persistente
Trommelfellperforation begründet eine geringe
Prämienerhöhung. Durch die Radikaloperation von
chronischen Eiterungen Geheilte können, unge-
achtet grösserer Knochendefekte oder retroauri-
kulärer OefPnungen in Folge der Operation, unter
Prämienerhöhung angenommen werden. Gru-
nert^) hält sogar die letztere, wofern die Eiterung
wirklich geheilt und die ganze Operationhöhle
epidermisirt ist, für unberechtigt Doppelseitige
sehr bedeutende Taubheit und schwere Formen
von Ohrschwindel endlich bedingen eine erschwerte
Aufnahme. In ähnlicher Weise spricht sich H a m -
mond>) über das Verhältniss zwischen Lebens-
versicherung und Ohrenleiden aus. Er betont,
dass wir nicht nur das Interesse der Gesellschaft,
sondern auch das der Aufnahmesuchenden zu
wahren haben, und dass daher alle diejenigen mit
heilbarer Krankheit nur zeitweilig zurückgestellt
werden sollten. Die Zahl der Ohrerkrankungen,
die der Behandlung zugänglich sind, hat sich aber
mit den Fortschritten der Otiatrie, besonders auf
operativem Gebiete (Radikaloperation), immer mehr
vergrössert Von vornherein sollten, von den
1) Referat über B u r g e r *8 Arbeit im Arch. f. Ohren-
hkde. LV. 1 u. 2. p. 137. 1902.
*) Boston med. and surg. Joum. CXLVI. 20. p. 511.
May 15. 1902.
18
138
Blau, Berioht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunda
malignen Tumoren abgesehen, eigentlich nur
solche Kranke unbedingt abgewiesen werden, deren
Ohrenleiden mit schweren Constitutlonanomalien
in Verbindung steht
E. Barth i) hebt fQr die MüitärdtmatpfliM
hervor, dass eine chronische Mittelohreiterung mit
einer Perforation, die lediglich die Pars tensa
betrifft, erst dann als im Sinne des Dienstunbrauch-
barkeitverfahrens „schwer heilbar*' zu betrachten
ist, wenn auch nach Beseitigung pathologischer
Zustände in der Nase und im Nasenrachenraum
die Eiterung bei fortgesetzter üblicher Behandlung
vom OehGrgange aus nicht verschwindet Der
Defekt im Trommelfelle an und für sich schliesst
die Tauglichkeit nicht aus, maassgebend sind viel-
mehr die Schwere der pathologischen Verände-
rungen im Mittelohr und der Orad derHörstGrung.
Bei einem grossen Defekt (von der Hälfte des
Trommelfells und mehr) kann die Eiterung aus-
heilen und das Gehör 6 m für Flüstersprache und
darüber erreichen, während eine Eiterung mit
kleiner Trommelfellperforation sich wegen Bethei-
ligung der Nebenräume als ein „schwer heilbarer
Zustand** herausstellen kann. Leute mit chron. Er-
krankung der Schleimhaut oder gar des Knochens
in Kuppelraum, Antrum und Warzenzellen sind
von vornherein als untauglich für den Militärdienst
zu betrachten. Die Radikaloperation mit ihrer
viele Monate dauernden Nachbehandlung und der
immer Dienstunbrauchbarkeit bedingenden OehOr-
einbusse wird in den Militärlazarethen nur bei
einer Indicatio vitalis zur Anwendung kommen.
Selbstverständlich genügt die funktionelle Prüfung
des OehOrs allein für die Untersuchung der Rekru-
ten bei der Einstellung nicht, weil trotz einer aus^
reichenden Hörfähigkeit für Flüsterstimme (6 m
und mehr) erhebliche Krankheiten des Ohres be-
stehen können, die zweckmässig die baldige Ent-
lassung empfehlen. Ferner müssen alle Mannschaf-
ten mit ausgeheilten MittelohreiteruDgen (trockenen
Trommelfellperforationen) dem Truppenarzte be-
kannt sein, um sie durch geeignete Vorsichtmaass-
regeln — Schutz der Perforation gegen Verunrei-
nigung beim Baden und Schwimmen und wohl
auch gegen aussergewöhnlich ungünstige Witte-
rungseinflüsse — vor Rückfällen bewahren zu
können. BiehP) spricht sich ebenfalls dagegen
aus, dass trockene bleibende Perforationen des
Trommelfells in jedem Falle die Tauglichkeit zum
Waffendienste aussohliessen.
R Äeusseres Ohr,
1) Bildungs fehler des äusseren Ohres.
Um bei MisMldungen der Ohrmuschel ') dieser eine
möglichst normale Gestalt zu verleihen, empfehlen
A 1 1 ^) und Broeckaert*) subcutane Einspritzun-
gen von sterilisirtem, aber wieder vollständig ab-
gekühltem weissem Vaselin (Ung. paraffini). Letz-
tere erweisen sich nach Alt desgleichen bei ab-
stehenden Ohren und bei Ohrmuscheln, deren
oberster Theil nach vorn herabgesunken ist, als
nützlich; die Ohrmuschel erhält durch die Paraffin-
injektion die ihr mangelnde Stütze, wird gerade
gestreckt und kann nunmehr in dieser Stellung
verharren.
Fälle von angeborenem Verschluss des äus&eren
Oehörganges sind von Kaufmann*) [2 F&lle],
Siebenmann und Oppikofer^), Kayser'),
Haug^), Harrower^), Reik*) und Jürgens*)
[3 Fälle] beschrieben worden. Die Atresie war
5mal doppelseitig, 6mal einseitig, und zwar hier
4mal rechts und Imal links. Daneben war lOmal
eine mehr oder weniger starke Missbildung der
Ohrmuschel vorhanden, Imal fehlte sie voll-
ständig, 4mal erschien die Ohrmuschel normal,
darunter Imal aber in ihrer Lage verrückt, an
der Wange dicht oberhalb des Unterkieferwinkels
(Harro wer).
Ein überzähliges Ohr von etwa einem Drittel der
normalen Orösse and vor der fast normalen Ohrmuschel
gelegen, wurde von Reik beobachtet; der Oehörgang-
verschloBS war doppelseitig, auf der anderen Seite sassen
vor der verkrüppelten Muschel zwei kleine warzenfihn-
liohe Gebilde, wahrscheinlich rudimentäre Ohrmusohelo.
An Stelle des äusseren Oehörganges fand sich bei 6 der
betroffenen Ohren ein flaches Orübchen oder ein nur
wenige Millimeter in die Tiefe reichender Schlitz. Bei
weiteren 6 fehlte auch diese Andeutung einer Oe£fhang
in der Ohrgegend. In dem von Siebenmaon und
Oppikofer beobachteten Falle endete der Gehörgang
auf beiden Seiten in 6 mm Tiefe trichterförmig, während
sein Anfangstheil sich, auch in Bezug auf die LiohtUDg,
normal verhielt. Das Os tympanicum liees sich bei tiefer
Palpation unter und hinter dem Meatus cartilagineus
nachweisen. Zwischen dem Grunde des Oehörgang-
trichters und den tieferen Gebilden bestand keine feste
Adhärenz, eben so wenig aber ein freier Raum, vielmehr
drang nach der Probeincision die Sonde durch lockeres
Bindegewebe bis in Trommelfelltiefe und stiess dort an!
vermehrten Widerstand. Das Gehör war, wie wir spfitei
noch sehen werden, ein verhältnissmässig gutes. In dem
nur nach dem Tode untersuchten Falle von Hauf faod
sich an Stelle der Gehörganglichtung eine dünne kaoal-
förroige OefiFnung, die in einer Tiefe von 5 mm auf einen
soliden, knorplig - membranösen Widerlager scheinbai
blind endigte. Doch durchsetzte sie dieses in einen
haarfeinen Spalt und hing auf solche Weise mit eine
dreieckigen, durch ein abnorm kleines und desgleichei
^) Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u. s. w. XXXV. 9. p. 386
1) Deutsche milii-ärztl. Ztsohr. XXXI. 9. 10. p. 457.
605.1902.
•) Naturf..Ver8. 1902 s. Arch. f. Ohrenhkde. LVII.
1 u. 2. p. 128. 1902.
*) Vgl. über solche auch Reik, Bull, of the Johns
Hopkins Hosp. XI. 117. p. 319. 1900.
1901.
s) Revne de Laryngol. etc. XXm. 27. 1902.
•) Ztsohr. f. Ohrenhkde. XXXIX. 3. p. 210. 1901
4) Ztschr. f. Ohrenhkde. XL. 2 u. 3. p. 255. 1901.
*) Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u. s. w. XXXV. 3. p. 121
1901.
^ Münohn. laryng.-otol. Gesellsch. s. Mon.-8ohr. i
Ohrenhkde. u. s. w. XXXV. 3. p. 132. 1901.
^ Transact. of the Amer. otol. Soc. XXXIV. p. 54«
1901.
•) Ibid. p. 545.
•) Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u. s. w. XXXVI. 7. p. 26^
1902. ^
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
139
imgefalu- dreieokiges Trommellfell abgeschlosseneu knö-
cheraeD Oehörgangbucht zusammen. Eine Shrapnell'sche
Membnui fohlte, ebenso sam grössten Tb eile ein Annulns
tympinicns. Die Pankenböhle war verkümmert, sämmt-
Iiche Gehörknöchelchen waren abnorm entwickelt. Der
Hammer inserirte am Trommelfell and zeigte sich mit
dem fonnlosen Ambos gelenkig verbanden. Der Steig-
bügel 8188, ohne Ug. annalare, im verkümmerten ovalen
Fenster fest hatte aber mit dem Ambos keine Verbin-
doog. Die Tuba fand sich darch einen soliden Knochen
ersetzt, vom M. stapedios liess sich nichts nachweisen, der
N. fadaiis war sehr dünn, dagegen erwies sich das innere
Ohr als vollkommen normal Eine anatomische Unter-
sochnng nach dem Tode ist femer von Kaufmann in
seineD zwei Fällen von doppelseitiger angeborener Oehör-
gapgatresie vorgenommen worden. Gemeinsam war ihnen
beiden die sehr starke Verbildnng der Ohrmuscheln, das
Fehlen von äusserem Gehörgang, Os tympanicum und
Trommelfell und andererseits die normale Beschaffenheit
dee inneren Ohres. Die Paukenhöhlen waren in dem
eisten Falle erhalten, aber angefüllt mit Knochenbalken
md Bindegewebezügen, die von den Wänden her ent-
sprangen und das Lumen vielfach theilten. Ein Antrum
Dastoideum fehlte hier in den fast normal geformten
Warzentheilen , die Tubae Eustachü erstreckten sich
veoiger weit als in der Norm gegen die Paukenhöhlen.
Hammer und Ambos waren beiderseits verbildet, artiku-
Ürten links aber normal, während sie rechts ein einziges
Knochenstück darstellten. Der im ovalen Fenster normal
utiknhrende, sonst aber desgleichen verbildete Steig-
bög^l war rechts nach der Paukenhöhle hin durch Binde-
gewebezuge total verdeckt. M. tensor tympani, stape-
fias Tuduiorda tympani waren erhalten. In dem zweiten
Me wurde an Stelle der Paukenhöhlen bis auf den der
hba benachbarten Abschnitt eine compakte, wenig Spon-
pon enthaltende Knochenmasse gefunden. Kaufmann
aucfat darauf aufmerksam, dass nach V i r c h o w es sich
iomien wie den beschriebenen nicht um einfache Hem-
mongsbüdungen, sondern um Folgen uns vorläufig nicht
bekannter aktiver oder irritativer Vorgänge handelt. Die
Zät der Entwickelung der Missbildung lag wahrschein-
Üeb xwischen dem eiiten und zweiten Embryonalmonat,
doch waren die Knochenneubildungen und Bindegewobe-
nge in den Paukenhöhlen des ersten Falles später, viel-
läcfat sogar erst postembryonal, entstanden. Hervor-
nheben ist noch, dass in zwei der mitgetheilten Beob-
iehtongen (Kayser, Jürgens Falll) eine Asymmetrie
^ betroffenen Gesichtshälfte vorhanden war und der
^'anenfortsatz fehlte. Das Gehör war in den daraufhin
ooterBuchten Fällen je nach der Schwere der Verän-
derungen mehr oder weniger stark herabgesetzt, 2mal
*inl über absolute Taubheit berichtet. Relativ gut war
daa Hörvermögen in dem oben erwähnten, von Sieben-
m an n und Oppikofer mitgetheilten Falle. Das 8 Jahre
ilte Mädchen verstand Flüstersprache beiderseits auf
15 cm Entfernung. Durch die genaue funktionelle Prü-
^g ergab sich bei ihm, dass die untere Tongrenze bedeu-
^od nach aufwärts geruckt war, und zwar bis in die
untere Hälfte der grossen Oktave, dass die obere Ton-
|r«02e sich normal verhielt, dass Tonlücken sich nicht
▼ariden, und dass die Knochenleitung verlängert war,
•owohl verglichen mit der normalen Knochenleitung, als
ant der Luftleitung. Diese Befunde sprachen, wie in den
»eilten Fällen, für ein reines Schidlleitungshindemiss
•hne Mitbetheiligung des Labyrinthes.
2) Verletzungen des äusseren Ohres,
Diese werden von Kirchner') im Zusammen-
^ge besprochen. Bemerkenswerth ist daa Zu-
rückbleiben Ton Neuralgien nach schwereren Ver-
letsoDgen dee Trommelfells, besonders mit gleich-
zeitiger Verletzung des knOohemen Qehörganges,
so in einem kurz erwähnten eigenen Falle einer
hartnäckigen Neuralgie des N. auriculo-temporalis
nach Fraktur der vorderen knOchemen OehOrgang-
wand und Trommelfellruptur durch den Stoss eines
Pferdekopfes gegen das Kinn. Bei einem weiten
und gerade gestreckten Oehörgange kann die Ge-
neigtheit des Trommelfells zur Ruptur bei Deto-
nationen 80 gross werden, dass die Betroffenen
(Militftrpersonen, Jäger, Sprengarbeiter) zum Auf-
geben ihrer Beschäftigung gezwungen sind. Dieses
traf z. B. in einer Beobachtung Kirchner 's für
einen Artillerie-Officier zu, dessen Trommelfell bei
jeder Schiessübung, wenn der Oehörgang nicht mit
Watte verstopft war, unter starkem Schmerz und
geringer Blutung einriss. Die durch das Werfen
mit einem Schneeballe erzeugten Trommelfell-
rupturen pflegen durch den eingedrungenen Schnee
intensive Entzündungen des Oehörganges und der
Paukenhohle mit sehr beträchtlicher Schädigung
des HOrvermOgens zur Folge zu haben. Thera-
peutisch tritt auch Kirchner bei allen diesen
Verletzungen, so lange es nicht zur Eiterung ge-
kommen ist, für unbedingtes Vermeiden jeder Aus-
spülung (um sich etwa ein klares Trommelfellbild
zu schaffen) ein ; femer verlangt er, dass selbst in
den leichtesten Fällen von Trommelfellruptur der
Verletzte sich von seiner Beschäftigung fernhalte
und unter ärztlicher Beobachtung bleibe.
Die in der Literatur veröffentlichten Fälle von
tnxutnaHseher Oehörgangairesie (nach unvollkom-
mener Abreissung der Ohrmuschel, Schussver-
letzungen, schlecht verheilter Fraktur des GehOr-
ganges) sind von Rudolphy^) zusammengestellt
worden, und ihnen wird eine eigene Beobachtung
hinzugefügt, bei der es sich bei einem Soldaten
um eine doppelseitige Oehörgangverletzung durch
Pferdebufschlag gegen das Kinn gehandelt hat.
Am Kiefer war von dem zuerst behandelnden Arzte
eine mit Hautwunde complicirte Fraktur zwischen dem
linken Eckzahn und Schneidezahn und ein Querbruch
zwischen dem 3. und 4. Backzahn links nachgewiesen
worden. Rechts zeigte sich an der unteren Gehörgangs-
wand 3 — 4 mm vor dem nicht perforirten Trommelfell
eine flache wulstförmige Hauterhebung, aus der etwas
Blut floss. Links bestand starker Drucksohmerz vor dem
Ohre, der Oehörgang war durch eine blutende Masse ver-
stopft, doch Hessen sich mit der Sonde, die über das
Hindemiss hinweg in die Tiefe geführt werden konnte,
keine Knochentheile fühlen. Später sah man hier die
eingestossene Stelle als Stufe hervorspringen, dann trat
Vemarbung ein, aber die Narbe erhob sich wulstförmig,
liess anfangs noch eine Oefhung hinten oben frei, letztere
wurde immer enger, und schliesslich war der Gehörgang
in l^scni Tiefe durch eine Knochen-, bez. Knorpel-
wuoherung von unten her vollständig verschlossen. Der
Verschluss war trichterförmig eingezogen, weich und mit
glatter Epidermis überzogen, das Hörvermögen war in
Luftleitung nahezu ganz aufgehoben.
Rudolphy bemerkt, dass man bei der
Behandlung frischer OehOrgangfrakturen immer
auf die Verhütung späterer Stenosirung bedacht
*) Würzb. Abhandl. a. d. Gesammtgeb. d. prakt. Med.
X. 1. p. 241. 1001.
1) Ztschr. f. Ohrenhkde. XLU. 1. p. 20. 1902.
140
Blau, Bericht Ober die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
1
sein mflsse, und empfiehlt zu diesem Zwecke die
Reposition der eingekeilten Fragmente durch feste
Tamponade, am besten durch Einschieben mehrerer
festgedrehter Wattebäusche nebeneinander. Natür-
lich darf hiermit erst nach Aufhören der Blutung,
wenn eine klare Diagnose mOglich ist, angefangen
werden.
Trockene Oangrän des hinteren unteren und
eines Theiles des hinteren oberen Trommelfell^
Segmentes nach einer durch Schlag entstandenen
J^ommelfeUruptur und, nachdem diese selbst ge»
heilt war, hat Mouselles^) gesehen. Die be-
troffenen Partien zeigten zuerst eine blassere Farbe
als das Qbrige Trommelfell, dann eine schmutzig-
graue Färbung, von einem rothen Streifen umgeben,
und stiessen sich in der Folge ab, um eine nieren-
förmige Perforation zu hinterlassen, die ihrerseits
sich späterhin wieder zu verkleinem schien.
Eine Sekussverletxung des äusseren Ohres, bei der
das unterhalb des äosseren Randes des Os zygomaticom
eingetretene und hinter der Spitze des Warzen fortsatzes
ausgetretene Oesohoss auf seinem Wege das Kiefergelenk
von aussen gestreift (Kaubesch werden), ferner die vordere,
untere und hintere Wand des häutigen Gehörganges an
seiner Orenze zwischen äusserem und mittlerem Drittel
zerrissen (später fast vollständige Atresie an dieser Stelle)
und zuletzt nooh den N. facialis nach seinem Austritte
aus dem For. stylomastoideum, kurz bevor er die Aeste
für das Gesicht abgiebt, durchbohrt hatte (Lähmung
sämmtlicher Gesichtsmnskeln bei Intaktsein der Gaumen-
muskulatur, der Speichelabsonderung, des Gesohmackes
und der Tastempfindung der Zunge), wird von P. Rein-
hard *) beschrieben. Ausserdem war auf der betroffenen
Seite noch totale nervöse Taubheit vorhanden, die auf
eine indirekt, ohne Fraktur des Schädels, duroh Blut-
eztravasate entstandene Labyrintherschütterung zurück-
geführt wird. f
Fälle von Verbrennung oder Verbrühung des
Ohres werden von TreiteP), Trautmann^),
Heine*) und Schwabach*) berichtet Ur-
sache war das Hineingelangen von flüssigem Eisen,
heissemLettemmetall, überhitztem Dampf, heissem
Theer in das Ohr, bei dem von Schwabach be-
obachteten Kranken lag eine Verbrennung durch
den elektrischen Funken in Folge von Eurzschluss
vor. Tr eitel erwähnt als charakteristisch, dass
in diesen Fällen die Hitze Nekrose des Trommel-
fells hervorruft, so dass letzteres total bis auf den
Limbus cartilagineus verloren gehen kann. Doch
tritt nicht selten schnelle Regeneration ein, wäh-
rend in anderen Fällen freilich durch die sich fast
stets einstellende Eiterung noch weitere Compli-
kationen, insbesondere Erkrankung des Warzen-
fortsatzes, herbeigefQhrt werden. In dem Falle
von Trautmann war die hintere Gehörgangs-
wand in ihrem oberen Drittel cariös zerstört und
hatte sich ferner eine cholesteatomatöse Auflage-
>) Aroh. ital. di Otol. etc. XL 2. 1901.
*) Arch. f. Ohrenhkde. LH. 1 u. 2. p. 59. 1901.
') BerL otol. Ges. s. Arch. f. Ohrenhkde. LV. 1 u. 2.
p. 94. 1902.
4) Ebenda p. 94.
•) Ebenda p. 95.
•) Ebenda p. 95.
rung auf der inneren Paukeuhöhlenwand gebildet,
in demjenigen von Heine musste ein zum Theil
im GehOrgange, zum Theil in der Paukenhöhle zu-
rückgebliebenes Metallstück durch Ablösung der
Ohrmuschel und theil weise Freilegung des Kuppel-
raumes herausbefördert werden. Das Gehör seigt
sich in den ersten Tagen nach der Verletzung atets
herabgesetzt, selbst bis zu vollkommener Spracfa-
taubheit; sein späteres Verhalten hängt von den i
Zerstörungen ab, die am Trommelfell und an den 1
Gebilden der Paukenhöhle erzeugt worden sind.
In einem Falle von Änätxung des Ohres durch eine |
Säure, über den Jürgens >) Mittheilung macht, wurden
Verschorfung der Wände des äusseren Gehörganges,
totaler Defekt des Trommelfells und der Gehörknöchel-
chen, fast vollständiger Verlust der Schleimhautansklei-
dnng der Paukenhöhle und Blossliegen des kreideweisseo
Knochens, totale Taubheit gefunden und stellten sich
femer Blutungen aus dem Bulbus ven. jugularis ein, die
duroh Tamponade gestillt werden konnten. Die knöcherne
Scheidewand zwischen Paukenhöhle und Bulbus hatte
schon früher gefehlt oder war erst durch das Aetzmittel
zerstört worden, worauf dieses seine Einwirkung auf den
Bulbus entfalten konnte.
In Bezug auf die Beuriheäung der Ohrverletxun'
gen vor Oerieht oder Entschädigungsanspnidten
gegenüber bemerkt Kirchner*), dass Verletzun-
gen der Ohrmuschel und des Gehörganges nur dann
einen wesentlichen Nachtheil für das HörvermOgen
zu bedingen pflegen, wenn sie Adhäsionen, Stenose
oder Atresie, die die Schallfortpflanzung zum
Trommelfelle hindern, zur Folge haben. Bt>enso
pflegen einfache indirekte Trommelfellrupturen
ohne Schaden für das Gehör zu heilen, während
direkte und complicirte Trommelfellverletzungen,
mit gleichzeitiger Verletzung der Gehörknöchel-
chen, der Paukenhöhlen wände u. s. w., gewöhnlich
eine heftige Entzündung und Eiterung nach sich
ziehen und einen Nachtheil für das Gehör hinter-
lassen. Die Labyrinthverletzungen sind, wie hier
gleich vorweg genommen werden mag, fast st^a
von sehr ungünstiger Prognose und bedingen in
der Regel eine sehr starke und bleibende Schädi-
gung. Der Grad der letzteren lässt sich in oom-
plicirteren Fällen oft erst nach längerer Zeit, selbst
erst nach Jahren, abschätzen. Für die Beurthei-
lung der erlittenen Einschränkung der Erwerbe-
fähigkeit müssen immer die Verhältnisse des be-
sonderen Falles in Betracht gezogen werden. Bine
einseitige Herabsetzung des Gehörs, so daaa laute
Sprache kaum in unmittelbarer Nähe des Ohres
oder höchstens bis auf 1 m weit verstanden wird,
entspricht nach Kirchner im Allgemeinen einer
Erwerbsbeschränkung von lO^^/o, doppelseitige
Schwerhörigkeit gleichen Grades einer solchen von
25 — 30<^/o. Gleichzeitige Labyrinth- und Gehirn-
erscheinungen , Kopfschmerzen, subjektive Ohr-
geräusche, Schwindel u. s. w., können selbst b«
weniger beeinträchtigtem Gehör den Verletzten
vollständig arbeitunfähig machen und daher mne
1) Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. XXXVI. 4. p. 126. 1902.
s) Würzb. Abhandl. u. s. w. X. 1. p. 265. 1901.
Blau, Bericht über die nea^ren Leistangen in der Ohrenheilkunde.
141
Srirerbfibeschränkung von lOO^/o bedingen. Das
Torberige Bestehen von Trommelfellverftnderungen
in Fillen traumatischer Ruptur als die Strafbarkeit
oder die EntsohAdigungsansprüche herabsetzend su
betrachten, erklärt Kirchner^) für unbillig, da
trotz vorhandener Atrophie, Narben oder Ver-
kalkungen des Trommelfells der Verletzte früher
normal gehört haben und frei von Beschwerden ge-
wesen sein kann. In guter Debereinstimmung mit
dieaen Aasführungen sprechen sich auch ROpke>),
F. Reinhard«), Pollak«) und Kürner*) aus.
Reinhard dringt auf möglichst frühzeitige Be-
obachtung und Behandlung der Unfallverletzungen
am Ohre, um in der Lage zu sein, überhaupt fest-
stellen zu können, ob und inwieweit der Unfall
Folgen für das Ohr des Betroffenen gehabt hat.
DuB zu diesem Zwecke es aber vor Allem noth-
wendig sein wird, für eine bessere und allgemeine
Anabildang der praktischen Aerzte in der Erken-
nung und Behandlung der Erkrankungen des Ohres
zu aorgen, wird von Körner auseinandergesetzt
mid desgleichen hervorgehoben, welcher Nutzen
dem Kranken sowohl wie den Kassen oft durch
TQchtzeitiges sachgemfisses Eingreifen (z. B. Para-
centese bei akuter Otitis med. supp.), bez. Ver-
meiden schädlicher Maassnahmen (Ausspritzen bei
friachen Ohrverletzungen) gestiftet werden könnte.
Die Nothwendigkeit des Individualisirens bei Be-
meeaung der ünfallrente wird allseitig betont.
Nach Röpke tritt eine Beschränkung der abstrakten
Erwerbslähigkeit beim Durchschnittarbeiter ein,
venn er bei normalem Hörvermögen des einen
Ohres mit dem anderen nicht mehr Flüstersprache
ia 4m Entfernung zu hören im Stande ist Bei
einaeitiger starker Schwerhörigkeit soll man ihm
ZQ Folge lO^/o der Vollrente zubilligen, bei ein-
seitiger Taubheit mindestens 20%, bei doppel-
seitiger Schwerhörigkeit soll man die Werthe für
jedea Ohr einzeln bestimmen und alsdann die bei-
den gefundenen Zahlen addiren. Für in der Be-
ichältigung störenden Schwindel berechnet Röpke
nun Mindesten 10<^/o, dasselbe für subjektive Oe-
rioache, die die Nachtruhe beeinträchtigen oder
bei der Arbeit unerträglich werden , und ebenso
& die Entstellung durch Verlust der Ohrmuschel.
3) Fremdkörper im Ohre. Von den
Cttoiatiachen Mittheilungen sind folgende beson-
dera bemerkenswerth.
In 2 F&llen von Baudelier*) und Lannoia^)
kaadelte ea sich um Reflexersehevmmgen, nnd zwar um
^/iriarigy bez. «eAu'0rei^a(ert0(mitl^ider8eitigerTaab-
W| meniDgitiseheD Symptomen, Krumpfen, Paraplegie),
die durch eine Perle und ein Nadelatück im Oehörgange
IttTorgemfen worden waren und mit Entfernung dieser
0 Würzb. AbhandL u. s. w. X. 1. p. 257. 1901.
^ üeatsche otol. Ges. 1902 a. Aroh. f. Ohrenhkde.
LVLl IL 2. p. 97. 1902.
^ Ebenda p. 100.
^Wien. med. Wcbnaohr. LI. 1. 1901.
^ Monchn. med. Wchnaohr. XliX. 31. 1902.
•) Münchn. med. Wchnaohr. XLVIII. 21. 1901.
^) Bevne de Laryngol. etc. XXTT. 22. 1901.
vollständig verschwanden. 0 u y e >) berichtet über einen
linsenförmigen Olasknopf im Ohre, der bei bestimmter
Lage den Anschein eines voUkommen freien Qekörganges
erweckte, da er das (vergröaserte) Trommelfellbüd deut-
lich zu sehen erlaubte. Siebenmann*) musate bei
einem in die Tiefe des Gehörganges geschobenen Papier-
pfropfe, dessen Entfernung mit Spritze, stumpfem und
scharfem Häkchen nicht gelang, die Ohmvusehü und den
knorpeligen Oehörgang operativ ablösen, worauf die ersten
Auaspritzangen aogleich zum Ziele fahrten. Lateralwärts
hatte aich ein Granulation wall gebildet, der oberflächlich
mit der Curette abgetragen wurde ; um die apätere Bil-
dung einer Narbenatenose zu verhtiten, wurde ferner eine
3 mm dicke Schicht der hinteren knöchernen Gehöreangs-
wand abgemeiaaelt und der häutige Gehörgang der Länge
naoh gespalten. Richter*) theilt eine Beobachtung mit,
wo eine vor ca. 24 Jahren in das Ohr gesteckte Knochenr
perle aich unter chronischer Mittelohreiterung (totaler
Defekt des Trommelfells und der Gehörknöchelchen) einen
Weg durch den Knochen der oberen und hinteren Oehör-
gangswand bis in das Äntrum mast. gebahnt hatte. Von
der oberen Decke des äuaaeren Gehörganges von dem
Paukenhöhlenanfange aua zog sich ein der Weite der
Perle ungefähr entsprechender und mit einer achleim-
hautähnlichen Auakleidung versehener Kanal achräg nach
hinten und oben und etwas seitlich ungefähr 2 cm tief in
die Warzenfortaatz- Felsenbeingrenze hinein. In der
obersten Auaaackung dieses Ganges, wahrscheinlich dem
Antrum, lag die Knochenperle. Haug^) theilt folgende
Beobachtung von Wanderung eines Fremdkörpers durch
den Paukenhöhlenboden mit. Der wegen chronischer
Mittelohreiterung radikal operirte Kr. hatte sich einen
kleinen Wattepfropf tief in das Ohr gesteckt, unter etwas
Schmerz und Blutung, und konnte ihn später nicht wie-
der entfernen. Es stellten sich starke Schmerzen in und
hinter dem Ohre, sowie im Halse ein, apärliche jauchige
Sekretion, lebhafte Röthung und Schwellung der TheUe
im Ohre und der retroaunkulären Narbe, ferner Seh lack-
besch werden, ündurchgängigkeit der Tuba, septisches
Fieber mit Schüttelfrösten, und am 7. Tage zeigte sich
im peritonsillären Gewebe, dicht neben der Tonsille, eine
gut nusserosse, dunkel bläulichrothe, sehr schmerzhafte
Geschwulst, die incidirt wurde. Mit dem Eiter kam hier-
selbst der Wattepfropf zum Vorschein, worauf alle Stö-
rungen schnell verschwanden. Der Weg des Fremd-
körpers war von dem verletzten Recesaus hypotympanicus
aus durch die Fissura Glaseri und längs dos peritubaren
Gewebes zwischen Tuba und M. tensor tympani bis zum
peritonsillären Gewebe gegangen. Endlich beschreibt
Tansley*) einen Fall von Fremdkörper der Tuba Eusta-
chii (abgebrochenes Metallsondenstück von */4 Zoll Länge).
Der Fremdkörper war von einer früheren elekti-olytischen
Behandlung her der Kr. unbewusst in der Tuba zurück-
geblieben und hatte Ohrschmerzen und eine Hyperämie
des Trommelfells, besonders im hinteren oberen Qua-
dranten, bewirkt Tan sie y entdeckte ihn zufällig beim
Auswischen des Schleimes aus der Tubenmündung und
entfernte ihn mittels einer durch die Nase eingebrachten
dünnen Polypenzange.
Durch vorhergegangene ungeaehiekte Extraktum-
versuche war der Fremdkörper (Bohne, Erbse,
Lupine , abgebrochenes Zündhölzchen , Koralle,
Kirschkern, Steinchen) in den Fällen von Oru-
>) Niederl. Ges. u. s. w. s. Mon.-Sohr. f. Ohrenhkde.
XXXVI. 11. p. 494. 1902.
*) Vgl. Siebenmann u. Oppikofer, Ztschr. f.
Ohrenhkde. L. 2 u. 3. p. 258. 1901.
») Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u. s. w, XXXV. 3. p. 128.
1901.
4) Arch. f. Ohrenhkde. LVH. 1 u. 2. p. 45. 1902.
^) Transact. ot the Amer. otol. Soc. XXXV. p. 107,
1902.
142
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
nert^), OomperzS) (2 Falle) und Hölscher')
(4 Fälle) vom QehOrgange aus in die Paukenhöhle
gestossen worden. Dabei waren die Oehörgangs-
wände gequetscht oder zerrissen, das Trommelfell
perforirt oder ganz zerstOrt, die Gehörknöchelchen
beschädigt, die innere Paukenhöhlen wand von ihrer
Schleimhaut entblOsst worden, unter starken
Schmerzen, Blutung, Ohnmacht des Kranken, mit
nachfolgender Entzündung und Eiterung, Fieber,
meningitischen Symptomen, ja in der einen Be-
obachtung Holscher 's war dem Arzte bei seinen
Bemühungen sogar noch die Oese des benutzten
Häkchens im Ohre abgebrochen. Orunert war
bei seinem Kranken gezwungen, da sich Fieber und
die Zeichen einer Betheiligung des Warzenfort-
satzes einstellten, die Radikaloperation zu machen.
Holscher lOste in seinen Fällen die Ohrmuschel
und den häutigen GehOrgang ab, musste dann aber
noch die hintere Knochenumrandung der Pauken-
höhle fortmeisseln, um den Fremdkörper extrahiren
zu können. Zum Schluss der Operation spaltete
er die hintere häutige QehOrgangswand T-fOrmig
und vernähte die Zipfel nach oben und unten.
Der Ausgang war in allen den erwähnten Fällen
günstig, freilich oft unter beträchtlicher Herab-
setzung des HOrvermOgens. Angesichts dieser
traurigen Erfahrungen muss immer wieder aufs
Neue^j die dringende Warnung ausgesprochen wer-
den, dass sich der in der Untersuchung und Be-
handlung des Ohres nicht geübte Arzt eines jeden
instrumenteilen Eingreifens bei Fremdkörpern ent-
halten und sich zu ihrer Entfernung auf Aus-
spritzungen beschränken soll, die in den meisten
Fällen genügen werden. Denn der Fremdkörper
an sich schadet fast ausnahmelos dem Ohre nichts,
es ist also bei Unwirksambleiben der Ausspritzungen
immer Zeit, einen specialistisch gebildeten Arzt
aufzusuchen. Schaden und Gefahr werden fast
ausschliesslich nur durch ungeeignete Extraktion-
versuche hervorgebracht, diese aber freilich kOnnen
die schwersten Zerstörungen, ja selbst den Tod des
Kranken nach sich ziehen.
i)Othämatom, Biehl') beschreibt ein bei
einem Soldaten doppelseitig aufgetretenes (auf der
einen Seite während des Spitalaufenthaltes) spon-
tanes Othämatom, dessen Entstehung er auf degene-
rative Vorgänge im Knorpel in Folge einer voraus-
gegangenen Erfrierung zurückführt. Auch in 4
von Kirchner^) beobachteten Fällen waren die
mechanischen Ursachen , die das ohne akute Er-
scheinungen aufgetretene Othämatom hervorgerufen
hatten, zum Mindesten sehr geringfügig gewesen
und daher von den Kranken unbemerkt geblieben.
Kirchner ist der Ansicht, dass unter derartigen
Umständen pathologische Veränderungen des Knor-
pels als prädisponirend angenommen werden müs-
sen, die endgültige Ursache dann aber doch immer
ein, wenngleich nur ganz unbedeutender, traumar
tischer Insult abgiebt. Zur Behandlung empfiehlt
er in frischen leichteren Fällen Massage, bei länge-
rem Bestände und bei Ausdehnung derGeschwukt
über den ganzen oberen Theil der Muschel bis in
den GehOrgang hinein Incision, Entfernung der
zähen coagulirten Massen, Auskratzung der Wände
der WundbOble mit dem scharfen LOffel und einen
entsprechenden Verband.
6) Periehondritis der Ohrmuschel
In 3 Fällen von solcher nach der Radikaloperation
hat Alt^) durch subcutane Paraffin injektionen
— wenige Cubikcentimeter Ung. paraffini Imal
wOchentiich an verschiedenen Stellen der vorderen
Ohrmuschelfläche — sehr gute Resultate ersielt
Die Muschel wurde so lang und breit wie auf der
anderen Seite und die Einkrämpelung der Helix
wurde ausgeglichen. Als Reaktion zeigte sich ein
leichtes entzündliches Oedem, das keine wesent-
lichen Schmerzen verursachte und nSoh wenigen
Tagen zurückging.
6) Furunkel des äusseren Oehör-
ganges. Die bekannte Thatsache, dass durch
solche eine Periostitis des Warzenfortsatzes vor-
getäuscht werden kann, indem sich in der Warzoi-
gegend OdematOse Schwellung und Druckempfind-
lichkeit entwickeln, wird durch 2 Beobachtangon
von ConnaP) und Vues>) bestätigt Zur Stel-
lung der Diagnose ist vor Allem eine sorgfältige
Untersuchung des GehOrganges mit Spiegel und
Sonde noth wendig ; die Inspektion wird hier meist
eine circumscripte Schwellung, die Abtastung mit
der Sonde eine gegen Berührung besonders stark
empfindliche Stelle erkennen lassen, und nach der
Incision daselbst und Entleerung des Eiters werden
die scheinbaren Anzeichen einer Wai^zenfortsatz-
erkrankung in kürzester Zeit verschwinden. Th^a-
peutisch empfiehlt Grosskopf^) bei erweichten,
Fluktuation zeigenden Furunkeln die ausgiebige
Incision in der Bromäthylnarkose, bei beginnenden
Furunkeln oder solchen, die spontan oder künst-
lich schon eröffnet sind, die Tamponbehandlung
nach B res gen, d. i. die Einführung niehi
drückender Tampons aus Watte (wenn der Gehör-
gang stark verengt ist) oder Gaze mit Hülfe einei
Sonde*), und zwar zu Anfang 2mal am Tage, sp&tei
täglich, nach AufhOren der akuten Entzündung»
») Arch. f. Ohrenhkde. LIV. 1 u. 2. p. 67. 1902.
s) Oesterr. otol. Ges. s. Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u. 8. w.
XXXV. 10. p. 449. 1901.
») [1] Münohn. med. Wchnschr. XLVIII.42. 1901.—
[2] Bresgen's zwangl. Abbandl. VI. 3. 1902.
4) Vgl. a.Höl8cher[2].
•) Oesterr. otol. Oes. s. Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u. s. w.
XXXVI. 10. p. 442. 1902.
•) Würzburger Abhandl. I. 10. p. 244. 1901.
<) Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. n. s. w. XXXV. 9. p. 387
1901.
s) Brit med. Jonm. May 25. p. 1264. 1901.
») Policlin. XI. 4. p. 77. 1902.
*) Vgl. Hang 's klin. Vortr. IV. 6. p. 416. 1901.
*) Die Watte, bez. Gaze wird über eine glatte, TaD
abgerundete, sonst kantige Sonde gewickelt und letster
nach der Einführung wieder zurückgezogen.
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
143
endieiniiDgen alle 2 oder 3 Tage. Zur Trftnkung
des Tampons bevorzugt Qrosskopfdie folgende
Mischnng: Liq. alum. aoet 2.0, Lanolin., Ol.Olivar.
UM 9.0. Die Tamponbehandlung nach L a m a n n ,
bei der der Tampon einen steten Druck auf den
Fnrankel ausüben soll, erkl&rt Qrosskopf wegen
der dabei auftretenden sehr heftigen Schmerzen
/Qr ungeeignet, während Lamann^) in Erwide-
roog dieser Kritik aufs Neue für die grossen Vor-
theile seiner Methode, yorausgesetzt, dass sie richtig
ao^f^führt wird, eintritt Hang*) hat Orthoform*
einhlasungen oft als sehr günstig wirkend und
schmerzstillend gefunden, wenn entweder durch
einok QDgenügenden Spontandurchbruch oder durch
eine Incision des Furunkels dieResorptionffthigkeit
Torbessert worden war.
1) Diffuse Entzündung des äusseren
Qthörganges. Diese wird zusammenfassend
▼on GrosskopfS) und Reissmann^) be-
sprochen. R Müller^) beschreibt eine in den
Tropen Torkommende, zur Ossifikation neigende
diffnae Otitis externa. Sie entwickelt sich schlei-
chad, die Kranken klagen über Völle der Ohren,
Sanaen und Schwerhörigkeit, dann bekommen sie
aoch Schmerzen, und bei der Untersuchung findet
■in, dass der OehOrgang, meist auf beiden Seiten,
seiner ganzen Ausdehnung nach total verschwollen
ist Die Paukenhöhle wird nicht mit ergriffen.
Wihrend in den leichten Fällen die Entzündung
ohne Folgen wieder zurückzugehen scheint, führt
äe in den schwereren zu Knochenneubildung in
Form ron Exostosen und Hyperostose, von denen
die ersteren (stets nur eine) ausschliesslich im Be-
gehe des Os tympanicum, also an der vorderen,
uiteren oder hinteren Oehörgangswand , letztere
u der vorderen und unteren Oehürgangswand
sitien. In den schwersten Fällen kommt dazu
loch eine Betheiligung des Labyrinthes, die sich
dnrch das Zurückbleiben von mehr oder weniger
betrikshtlicher Schwerhörigkeit und von subjektiven
Vertuschen und bei der Hörprüfung durch eine
Herabsetzung der Perceptiondauer vom Knochen
aoa fflr alle Stimmgabeltöne, am stärksten für die
^ohenTöne, bez. einen gänzlichen Ausfall dieser
in Lofb- und Knochenleitung kundgiebt Mit der
Bfickkehr in die Heimath scheinen die genannten
Beaehwerden in kürzerer oder längerer Zeit von
selbst zn verschwinden. M ül 1er ist der Ansicht,
<ba8 die bei den Tropenbewohnem relativ oft be-
oUchteten Exostosen des äusseren Oehörganges
Tidleicht auf diese Otitis externa ossificans zurück-
nführ«! sind, wobei es sich dann (wenigstens ur-
■pr^Uch) nicht um eine Bässen-, sondern um
öneÄopeneigenthümlichkeit handeln würde. Das
Oleiche gilt von den häufigeren Exostosen bei den
(viel in den Tropen verweilenden) Engländern.
Da schon früher vorhandene Exostosen wahrschein-
lich ein prädisponirendes Moment für die Erkran-
kung abgeben, würden solche oder starke Hyper-
ostose der OehörgangswanduDgen militärisch die
Tropendienstfähigkeit aufheben.
8) Croupöse Entzündung des äusse"
ren Oehörganges. In 3 Fällen, die Hei-
man 1) mittheilt, und ebenso in einem vierten von
Ruprecht*) beobachteten wurde die durch Qu-
ranowski bereits ausgesprochene Vermuthung
bestätigt gefunden, dass der Bacillus pyocyaneus
den Erreger der selbständigen Otitis externa crou-
posa darstellt. Entscheidend hierfür war besonders
das Ergebniss der Züchtungsversuche mit den
Croupmembranen, bei denen ohne Ausnahme Rein-
culturen des Bac. pyocyaneus aufgingen, während
man bei der mikroskopischen Untersuchung aller-
dings glauben konnte, es mit Kokken und Diplo-
kokken zu thun zu haben. Hinsichtlich der Ent-
stehung der croupösen Oehörgangentzündung nimmt
Helman mit Davidsohn an, dass die Flüssig-
keit, aus der die Membranen sich bilden, nicht ein
Exsudat der „croupös entzündeten Cutis" ist, son-
dern dass sie ihren Ursprung aus der vorher stets
im Oehörgange beobachteten Blutblase genommen
bat und ihre Gerinnung dann die Folge der Gegen-
wart der speciflschen Mikroorganismen ist Im
Gegensätze hierzu hält Ruprecht an der älteren
Ansicht von Gruber und Steinhoff fest, die
die croupöse Gehörgangentzündung in gleicher
Weise wie den Schleimhautcroup entstehen lassen.
9) Pruritus im äusseren Oehörgange,
Neben den bekannten Ursachen dieses werden von
Sugar*) besonders Reflexeinwirkungen von den
weiblichen Genitalien aus und die Gegenwart des
Pediculus pubis an den feinen Haarschäften des
Gehörganges hervorgehoben. Zur Behandlung em-
pfiehlt er auf Grund eigener Erfahrung: eine von
Kirchner angegebene Ekzemsalbe (Zinc. oxyd.,
Amyl. trit ana 12.50, Acid. salicyl. 0.5, Vaselin.
alb. 25.0, Sulfur. praec., Ol. Rusci ana 5.0), Subli-
matgelatine nach Pick^), Einlagen von lOproc.
Carbolglycerin , die Grub er 'sehen Gelatinestäb-
chen mit narkotischem Zusatz, Mentholvaselin
(1 : 20), Borvaselin (1 : 20), Höllensteinsalbe (Iproc.)
auf Mull gestrichen, um ein feines Gummidrain-
rohr gewickelt und in den Gehörgang eingeführt,
wo das Rohr lange liegen bleibt, Pinselungen
\m.
>) Mon.-8chr. t Ohrenhkde. u. s. w. XXXYL 6. p. 229.
«) Arch. f. Ohrenhkde. LV. 1 u. 2. p. 53. 1902.
*) Hang's klin. Vortr. IV. 6. p. 422. 1901.
<) Wioi. med. Wohnsohr. LH. 8. p. 359. 1902.
•) Ztschr. f. Ohrenhkde. XT.IT. 1. p. 11. 1902.
«) Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u. 8. w. XXXV. 3. p. 101.
1901.
s) Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u. s. w. XXXVI. 12.
p. 512. 1902.
s) Wien. klio. Randsohaa XVI. 50. 1902.
4) Rp. OelatiD. alb. 30.0, Aq. dest q. s. Macera per
aliquot horas, deiode liquefac in balneo aqoae et evapora
ad pondus 75.0. Adde Glycerio. 25.0, Hydrarg. biohlor.
corr. antea in paoxilio aqaae solat. 0.05, effaode in forma
disci. D. S. Im Wasserbade zu erwärmen und zu ver-
flüssigen und dann dünn aufzatragen.
144
Blau, Bericht Aber die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
mit Menthol- oder Tfaymolspiritus, Theerspiritus
(1:10) mit Zusatz von etwas Pyrogallol, Naphtha-
lansalbe, HOllensteinpinselungen (4 — 10-, selbst
20proc.), Brom innerlich, hydriatisohe Proceduren.
10) Herpes des äusseren Ohres. Chaa-
veau^) beobachtete neben Herpes labialis und solchem
der Räch enscbleim baut zwei Bläschen am Trommelfell,
die er desgleichen als eine Herpeseruption aaffasst Sie
Sassen in der hinteren Trommelfellhälfte über einander,
das eine war hell durchscheinend, das andere leicht röth-
lioh gefärbt, letzteres platzte mit Absonderung einer
blutig-serösen Flüssigkeit. Nach 4 Tagen war Heilung
eingetreten.
11) Lupus des äusseren Ohres. Bei
diesem wird von Lichtwitz*) die von Hol-
länder in Moskau eingeführte Behandlung mit
trockener heisser Luft empfohlen, die den Vortheil
bietet, dass sie nur wenig schmerzhaft ist und
daher weder lokale, noch allgemeine Narkose er-
fordert, und dass sie ferner schnell und ohne ent-
stellende Narben zur Heilung führt. Um eine ge-
nügende Verschorfung zu erzielen, braucht man
nicht über 120 — 130^ hinauszugehen, vielmehr
scheinen meist sogar schon Temperaturen um 80^
ausreichend zu sein. Der Apparat Holländer 's
ist durch Lichtwitz in der Weise verändert
worden, dass die ausströmende heisse Luft den
kranken Theilen beliebig genähert werden kann.
12) Oangrän der Ohrmuschel. Von
Bohrer^) wird folgende Beobachtung mitge-
theilt
Bei einem 22 Jahre alten Manne stellte sich nach
starker Eörperanstrengung und im Oefolge von Erkältung
und Katarrh neben gleichzeitiger Hämoglobinurie eine
blaue bis violette Verfärbung beider Ohrmuscheln, ähn-
lich wie bei Erfrierung, ein und entwickelte sich später
am linken Helixrand in der Gegend des Darwin^schen
Höckers eine oberflächliche Gangrän von etwa 1 cm Länge,
die von der Fossa navicularis bis zum hinteren Um-
krämpungsrande reichte. Die betroffene Stelle war dunkel-
schwarz-violett, von ihr aus zogen sich noch einzelne
punktförmige Ausläufer nach oben hin. unter ent-
sprechender Behandlung des Grundleidens trat Heilung
ohne sichtbare Narbenbildung ein.
Bohrer empfiehlt, bei Livor und Cyanose der
Ohrmuscheln stets auch an Hämoglobinurie als
mögliche Ursache zu denken und den Urin auf
Blutfarbstoff zu untersuchen. Er bemerkt, dass
ein dem seinigen ähnlicher Fall von Oangrän bei
Hämoglobinurie nur noch von W i 1 k s ^) beschrieben
worden ist. Die beginnende, bez. drohende Oangrän
an Ohrmuscheln, Nasenspitze und Zehen heilte
hier ohne Folgen, dagegen stiessen sich die End-
glieder von sämmtlichen Fingern spontan ab.
13) Erworbener Verschluss des äus'
seren Oehörganges, Die von Rudolphy^)
und P. Reinhard^) beobachteten Fälle von trau-
matischer OehOrgangatresie, in denen es nicht zur
>) Ann. des mal. de roreille etc. XXVII. 2. 1901.
*) Arch. internat. de Laryngol. etc. XY. 1. 1902.
3) Ztsohr. f. Ohrenhkde. XXXIX. 2. p. 165. 1901.
4) Med. Times and Gaz. II. p. 207. 1879.
fi) Ztschr. f. Ohrenhkde. XLII. 1. p. 20. 1902.
•) Arch. f. Ohrenhkde. LII. 1 u. 2. p. 59. 1901.
Operation kam, sind bereits an früherer Stelle
(S. 1 39. 140) mitgetheilt worden. Sohwidopi)
ist in einem Falle operativ in ähnlicher Weise wie
Schwartze, aber von ihm vollständig unabhängig,
gegen die Atresie vorgegangen.
Dem Kranken war durch einen niedergehenden Fahr-
stuhl die Ohrmuschel bis auf eine schmale Brücke vom
Kopfe abgerissen worden und bei der Heilung hatte sich
ein totaler (bmdegewebiger) Verschluss des Ohreinganges
gebildet. Schwidop löste die Ohrmuschel und die
hintere Wand des häutigen Gehörganges ab, wobei die
letztere einriss und sich 2— 3ccm einer halbflüssigeii,
schmierigen, geruchlosen Masse (Stagnationprodukte)
entleerten. Darauf wurde der Gehörgang mit einem
Tenotom von unten her horizontal bis an die Narbe ge-
spalten und auf letztere ein Kreuzschnitt in der Weise
gesetzt, dass der eine Schnitt in den horizontalen Längs-
schnitt des Gehörganges, der andere senkrecht darauf fiel.
Der Horizontalschnitt wurde bis tief in die Ohrmuschel
hinein fortgesetzt. Die in solcher Weise geviertheilte
Narbe hatte eine Tiefendimension von etwa 6 mm. um
einer späteren Wiederverengerung vorzubeugen, trog
Schwidop von der hinteren Gehörgangswand schicht-
weise so viel Knochensubstanz mit dem Meissel ab, daas
der Ohreingang um ungefähr 4 mm weiter wurde und der
Gehörgang sich nach innen zu bis zur Norm trichtere
förmig verengte. Doch bemerkt er, dass es besser sein
wird, auch von den anderen Gehörgangswänden überall
da, wo der häutige Gehörgang von seiner knöcheraen
Unterlage abgehoben wird, die Corticalis in feiner Schicht
abzutragen, da sich hierdurch nachher eine viel festere
Verbindung des Gehörganges mit dem Knochen erreichen
lässt. Darauf wurden die Narbe ezcidirt, auf den Hori-
zontalschnitt des Gehörganges dicht an der Muschel ein
Querschnitt gesetzt und die beiden Gehörganglappen nach
oben und unten wie bei der Totalauf meisselung vernäht,
die beiden Muschellappen durch Tamponade an die
Knochen wunde angedrückt Die Operationwunde hinter
dem Ohre wurde bis auf den unteren Wundwinkel ge-
näht und der neugeschaffene Ohreingang mit sterilem
Mull stark tamponirt. Am 5. Tage beim ersten Verband-
wechsel konnten die Nähte der Gehörganglappen entfernt
werden, am 7. Tage war die Wunde hinter dem Ohre ge-
schlossen und nach 2 Monaten die Ueberhäutung des
ganzen Gehörganges vollendet Sein Lumen maass jetzt
10mm im Durchmesser, die früher vorhandenen Bo-
schwerden (Völle und Druck im Ohre, permanentes tiefes
Sausen) waren vollständig verschwunden und das stark
herabgesetzte Gehör ein bedeutend besseres (4 m für
Flüster werte) geworden. Allein die Beobachtung zeigte,
dass ein Fortlassen des Tampons auch nur für wenige
Stunden eine sofortige Wiederverengerung des Ohrein-
ganges (bis auf 4mm) zur Folge hatte, und Schwidop
entschloss sich daher, dem Kranken eine unausgesetzt
zu tragende Prothese einzulegen. Diese wurde dadurch
gewonnen, dass nach einem Gipsabguss des Gehörganges
ein Stück aus gaumenrothem Kautschuk gebildet wurde,
das die Ohrmuschel mit allen Nischen und Falten bis
zum Rande der Anthelix und bis zur Höhe der Fossa
intercruralis ausfüllte und sich 1 cm weit in den Qehör-
gang fortsetzte. Das Ganze wurde sodann vulkanisirt
und bis auf eine 1 mm dicke Wandung ausgehöhlt. Der
Durchmesser des im Gehörgange hegenden Ansatzes be-
trug einschliesslich der Wandungen 6 mm bei 4 nun Innen-
liohtung. Nachdem diese Prothese 1 >/, Jahre lang Tttg
und Nacht getragen worden war, konnte sie ohne Wieder*
auftreten einer Verengerung fortgelassen werden, und
4 Jahre später wurde das Andauern des guten Resultates
constatirt, insofern der Ohreingang ein Imismndes liooh
von 6 mm Durchmesser darsteUte bei einer Hörweite rou
6 m für FlüBtersprache.
V Aroh. f. Ohrenhkde. LIII. p. 81. 1901.
Blan, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunda
145
14) Neubildungen des Oehörorgans.
Fibram. Alexander i) beschreibt ein yom unten
am Ohreiogang dicht hinter dem Tragus inserirendes und
du Lumen fast ganz verlegendes, ziemlich dünngestieltes,
weiches, papiUomatöses Fibrom, ferner ein bohnengrosses
Narbenkdoid am Uebergange der HeUz in die Fossa sca-
phoidea und ein beiderseitiges Keloid des Lobulus, das
im ADschluss an eine Eiterung in den Ohrringlöchem ent-
standen war« Wie auch in den folgenden Beobachtungen
von Alexander wird das Resultat der mikroskopischen
Untersuchung sehr genau angegeben. Das Ohrringstechen
nnd die daran sich schliessende Eiterung hatten desgleichen
bei den Kranken von Singer') und von Sokalski*)
die Ursache zur Entstehung der Fibrome beider Ohr-
lippchen gebadet, dagegen fehlte diese Aetiologie in dem
TonChauveau^) mitgetheilten Falle (Fibrom des rech-
ten Lobulus mit eingestreuten Koorpelherden), da letztere
Knnke keine Ohrhnglöcher besass.
Ckondr&m des Süsseren Qehörganges (G o m p e r z •) :
höckeriger, von verschiebbarer rosenrother Haut über-
xogeaer Tumor bei einer 7^ähr. Frau, der sich von der
Koppe des Tragus aus etwa 3 cm in die Tiefe erstreckte
Qod den Gehörgang zu einer halbmondförmigen Spalte
Terengerte. Bei schlechter Witterung Schmerzen in der
G«ichwulst, die femer in jedem Winter anschwoll, um
spater wieder auf ihre ursprungliche Grösse zurückzu-
^en.
Angioma eavemosum der Ohrmuschel (Alexan-
der<), da, wo die beiden Grura furcata zusammenlaufen,
TOB gut Erbsengrösse, breitgestielt aufsitzend, blauroth
rad höckerig, ein wenig nässend, leicht blutend und das
HaotDiveau um reichlich 5 mm überragend.
Oifsie der Paukenhöhle (PiokT). Bei dem 8 Jahre
ihn, mit chronischer Mittelohreiterung und totalem
De£ekt von Trommelfell, Hammer, Ambos und äusserer
itticnswand behafteten Knaben zeigte sich der Gehör-
ging yom äusseren Rande seines knöchernen Theiles an
^roo einer etwa bohnengrossen, weichen, blaurothen Ge-
schwulst erfüllt, die, dem hinteren unteren Abschnitt der
lykeoböhle breit aufsitzend, sich innerhalb dieser nach
luBten oben bis zum Aditus ad antrum, nach vorn bis
9Bgen den Tubeneingang erstreckte, nach oben bis etwa
m halben Höhe der Paukenhöhle reichte und an ihrer
ObedÜche mehrere grobe Höcker aufwies. Pulsationen
«kr Anschwellung bei Druck auf die grossen Halsgefässe
^aien nicht zu erkennen, so dass es sich nicht etwa um
aneo freiliegenden Bulbus ven. juguiaris handeln konnte,
unter Behandlung mit Borspiritus verkleinerte sich die
Geschwulst in 6 Wochen bis zu einer nur noch halb-
^riisengrossen Erhabenheit im hinteren unteren Theile
der ^okenhöble; die Punktion entleerte jetzt eine ge-
OBge Menge einer leicht getrübten gelbbraunen serösen
Fluiigkeit, die mikroskopisch reichlich Cholestearintafeln,
Bitfettkömchen angefüllte Zellen, rothe Blutkörperchen,
krane Eiterzellen zeigte. Die Entstehung der Cyste denkt
sich P ic k entweder durch Verwachsungen von Trommel-
^^Hresten mit den Paukenhöhlenwändeo oder noch eher
US einer Ausstülpung des Bulbus juguiaris in den Gehör-
Sg und die Paukenhöhle durch eine cariöse Knochen-
ie.
Atherom. Von Alezander*) werden 2 Fälle be-
Khrieben, ein fast gänseeigrosses Atherom des Lobulus
») Ztschr. f. Ohrenhkde. XXXVHI. 4. p. 286. 1901.
*) Oesterr. otoL Ges. s. Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u. s. w.
XXXV. 2. p. 73. 1901.
*) Ret Arch. f. Ohrenhkde. LVI. 1 u. 2. p. 145. 1902.
«) Ann. des mal. de Foreille etc. XXVII. 2. 1901.
^) Oesterr. otol. Ges. s. Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u. s. w.
XXXV. 10. p. 447. 1901.
•) Ztschr. f. Ohrenhkde. XXXVm. 4. p. 292. 1901.
») Mon..8chr. f. Ohrenhkde. XXXVI. 4. p. 125. 1902.
- Dasselbe Wien. klin. Rundschau XVI. 32. p. 630. 1902.
•) Ztsefar. f. Ohienhkde. XXXVIÜ. 4. p. 317. 1901.
Med. Jahitb. Bd. 281. Hft. 2.
und ein solches des äusseren Gehörganges, das an seinem
Eingange von der oberen Wand ausging und fast Ins auf
den Boden reichte.
HiherkulÖse OranuUüvmgeeehwtUst des Ohrläpp-
chens (Alex ander 1), vgl. auch oben: Erkrankungen
des Gehörorgans bei Tuberkulose p. 47.
Exoetosen des äusseren Oehlörganges, Erfolgreiche
Ezostosenoperationen werden von Trautmann'), Sie-
benmann und Oppikofer'), Kayser«) undGau-
derer*) mitgetheilt In dem Falle von Trautmann
handelte es sich um eine der vorderen Gehörgangswand
breitbasig aufsitzende, aus drei zusammenhängenden
kugeligen Theilen bestehende Geschwulst, die hinter dem
vorderen Drittel des Gehörganges ihren Anfang nahm,
bis dicht an das Trommelfell reichte und das Lumen fast
vollständig verlegte. Die Ohrmuschel wurde abgelöst
und vorgoklappt, der membranöse Gehörgang von der
hinteren und oberen Wand absehebelt und in seiner
Längsachse gespalten und darauf durch die Gehörgangs-
wunde hindurch die poröse Exostose durch einen ein-
zigen Meisselschlag gegen ihre Basis abgetragen. Dann
wurde der membranöse Gehörgang durch 3 feine Gatgut-
nähte verschlossen, die Haut über ihm durch 14 Nähte,
der äussere Gehörgang mit Jodoformgaze tamponirt
Täglicher Verbandwechsel. Der Gehörgang blieb vom
6. Tage an trocken, die Heilung der Wunde hinter dem
Ohre wurde durch eine Eiterung in ihrem unteren Winkel
verzögert Entlassung mit normalem Hörvermögen. Bei
den Kranken von Siebenmann und von Gauderer
gingen die ebenfalls den knöchernen Gehörgang der gan-
zen Länge nach und in seinem Lumen fast vollständig
ausfüllenden Exostosen von der hinteren, bez. hinteren
unteren Wand aus. Die Entfernung ^schah nach Ab-
lösung der Ohrmuschel und des häutigen Gehörganees,
von Siebenmann durch einen einzigen MeisselsohUg,
von Gauderer durch Abmeisseln des sehr harten Kno-
chens in kleinen dünnen Lamellen, worauf er den häu-
tigen Gehörgang spaltete und an die Wandungen des
neugebildeten knöchernen Kanals antamponirte. Die Hei-
lung wurde hier verzögert, weil der häutige Gehörgang
an den Knochen nicht per primam anheilte, sondern sich
mehrfach Granulationen bildeten, und weil ferner in
Folge einer Verletzung des Trommelfelles bei der Ope-
ration sich eine eiterige Mittelohrentzündung entwickelte,
die zu ihrer Beseitigung längere Zeit erforderte. Ferner
hatte sich eine leichte und schnell vorübergehende
Facialislähmung eingestellt, die G au d e r e r auf die Er-
schütterung beim Abmeisseln zurückführt. Kayser
konnte eine grosse kugelige Exostose aus spongiöser
Substanz an der hinteren Wand des Gehörgangeinganges
direkt ohne Ablösung der Ohrmuschel entfernen, üeber
die von R. Müller*) beobachtete, in den Tropen vor-
kommende und zur Exostosenbildung führende difTuse
Entzündung des äusseren Gehörganges haben wir bereits
an früherer Stelle (p. 143) gesprochen und daselbst er-
wähnt, dass aus ihr die relative Häufigkeit der Exostosen
bei den Tropenbewohnern und bei den sich viel in den
Tropen aufhaltenden Engländern erklärt wird. EndUch
wird von Singer^) ein Fall von Osteophgtenbüdung am
Trommelfelle beschrieben, bei einem 16jähr. Mädchen,
das neben starker Schwerhörigkeit an fortdauerndem
Ohrenstechen litt An Stelle des Hammergriffes sah
man hier einen halbkreisförmigen, weissen, stark nach
aussen vorspringenden, mit ganz kleinen zackigen Auf-
lagerungen versehenen Bogen, der die vordere Falte und
>) Ztschr. f. Ohrenhkde. XXXVIIL 4. p. 289. 1901.
>) Arch. f. Ohrenhkde. LI. 2 u. 3. p. 193. 1901.
•) Ztschr. f. Ohrenhkde. XL. 2 u. 3. p. 257. 1901.
*) Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u. s. w. XXXV. 3. p. 122.
1901.
*) Petersb. med. Wchnschr. XXVI. 1. 1902.
•) Ztschr. f. Ohrenhkde. XLII. 1. p. 11. 1902.
7) Oesterr. otol. Ges. s. Mon.-Schr. f. Ohrenhkde.
u. s. w. XXXV. 2. p. 72. 1901.
19
146
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
den kurzen Fortsatz in sich zu fassen schien. Er reichte
vorn bis in die Mitte der Peripherie des Trommelfelles
nnd sah wie eine Auflagernng von EpidermisschoUen
oder eine üeberknorpelnng des Hammergriffes und der
vorderen Falte aus. Doch erwies er sich bei der Sonden-
antersachnog als knochenhart, so dass es sich wohl um
eine knöcherne Neubildung, eine flache Osteophyten-
bildnng handelte.
Endotheliom der Ohrmuschel, 3 Fälle von A 1 e x a n -
d e r >), davon 2 klinisch beobachtet Die Oeschwulst be-
schränkte sich auf die Fossa scaphoidea und die Anthelix
oder nahm einen grösseren Theil der Ohrmuschel, bis zu
drei Vierteln derselben, ein und reichte das eine Mal bis
an das Occiput und oben bis weit in die Schuppe hinein.
Ihre Oberfläche war exnlcerirt, die benachbarten Lymph-
drüsen nicht vergrössert, Schmerzen hatten niemals be-
standen. Die beiden Kranken, bei denen nur die Ohr-
muschel ergriffen war, wurden operirt, mit Excision der
Geschwulst im Gesunden und hatten nach 1^4 Jahren
noch kein Recidiv aufzuweisen. Als Ausgangspunkt der
Neubildung werden die Endothelien der Lymphgefässe
angenommen.
Sarkom des Schläfenbeins (E i p p *) bei einem 5jähr.
Knaben. Da zu Anfang eine einfache Mittelohreiterung
mit Polypenbildung im Gehörgange und Betheiligung des
Warzen fortsatzes vorzuliegen schien, wurde die Total-
aufmeisselung gemacht und dabei der Knochen überall
ungewöhnlich weich und die Hohlräume angefüllt mit
Granulationmassen von grosser Mächtigkeit und grün-
licher Färbung gefunden. Trotz wiederholter Ausscha-
bung wuchsen die Granulationen von allen Seiten üppig
wieder nach und hinter dem Ohre bildete sich ein um-
fangreicher Tumor, der, als er nach dem Tode entfernt
wurde, ein Gewicht von 6 Pfd. 8 Unzen und einen Umfang
von 25 Zoll hatte. In der letzten Zeit des Lebens wurden
starke Kopf- und Ohrschmerzen, Facialislähmung, beider-
seitige Neuritis optici und schnelle Gewichtsabnahme
beobachtet. Keine Sektion.
Careinam der Ohrmusehel. In den 3 von Alexan-
der*) mitgetheilten Fällen war die Neubildung (Platten-
epithelcarcinom) 2mal vom hinteren Helixrande, Imal
von der Hinterfläche des Ohrläppchens ausgegangen und
hatte sich über einen mehr oder weniger grossen Theil
der Muschel ausgebreitet. Die benachbarten Lymph-
drüsen waren nur Imal geschwollen, Exulceration des
Tumor war regelmässig eingetreten und diese erstreckte
sich in 2 Fällen, obwohl gerade hier die Oberfläohen-
ausdehnung eine verhältnissmässig geringe war, auch
schon auf den Knorpel. Die erkrankte Ohrmuschel wurde
bis in das Gesunde hinein abgetragen, worauf 2 der Ope-
rirten noch nach l'/si bez. 2i/s Jahren recidivfrei waren,
während der dritte 1 Jahr später, wohl aus anderer
Ursache, gestorben war. OylinderepÜkeicarcinom des
äusseren Oehörganges, 2 Fälle von Alexander 4), das
eine Mal wahrscheinlich von den Talgdrüsen, das andere
Mal von den Ohrenschmalzdrüsen ausgegangen. Die
Geschwulst hatte beide Male auf die Warzengegend über-
gegriffen. Nach vollständiger Exstirpation einschliesslich
eines Theiles der Parotis blieb die eine Kranke bis zu
ihrem 4 Jahre später erfolgten Tode recidivfrei, der
andere Kranke erlag nach >/4 Jahren einem Rückfalle.
Plattenepithelcarcinom der Paukenhöhle, In der von
Alexander*) mitgetheilten Beobachtung war die Ge-
schwulst auf die Mittelohrräume beschränkt geblieben
und konnte daher radikal entfernt werden, die Heilung
ging glatt von statten, über den weiteren Verlauf wird
1) Ztschr. f. Ohrenhkde. XXXYIII. 4. p. 294. 1901.
*) Transact. of the Amer. otol. soo. XXXV. p. 63.
1902.
») Ztschr. f. Ohrenhkde. XXXVIII. 4. p. 304. 1901.
*) Ztschr. f. Ohrenhkde. XXXVIII. 4. p. 311. 1901.
>) Oesterr. otol. Ges. s. Mon.-Sohr. f. Ohrenhkde.
u, s. w. XXXVI. 4. p. 133, 1902.
nichts berichtet. Bei dem Kranken Sturm's*) wurde
(in der Rostocker Klinik) desgleichen die Radikalope-
ration gemacht, doch stellte sich bald ein Recidiv ein
und, wie die Sektion zeigte, hatte der Tumor schliesslich
das Felsenbein fast völlig durch wuchert nnd auf die
mittlere und hintere Schädelgmbe, das Labyrinth und
die Kiefergelenkshöhle übergegriffen. Der Sinus trans-
versus war in seinem horizontalen Theile von einem
grauen, erweichten Thrombus ausgefüllt, in seinem ver-
tikalen ganz in die Neubildung aufgegangen. Sturm
erklärt die Entstehung von primären Plattenepithelkrebeen
in der Tiefe der normal kein Plattenepithel enthaltenden
Mittelohrräume dadurch, dass — analog den Fistelcarci-
nomen der Extremitätenknochen (v. V o 1 k m a n n) — auch
hier durch eine Knochenfistel in der hinteren oberen Ge-
hörgangswand oder in sonstiger Weise Epidermis in dii
eiternde Mittelohr einwandert und dann später die Grund-
lage für die Entwickelnng des Carcinoms abgiebt.
C. Mittlerea Ohr.
l)Bildung8 fehler des mittleren Ohres,
Die beiden von Kaufmann*) und von Hang')
untersuchten Fälle, in denen die Missbildung der Pau-
kenhöhle und der Gehörknöchelchen mit angeborener
Atresie des äusseren Gehörganges verbunden war, sind von
uns schon früher (p. 138. 139) besprochen worden. Ham-
merschlag 4) schildert den Befund bei einem crotinoid
entarteten Mädchen, dessen eines Mittelohr normal war,
während auf der anderen Seite Verkleinerung der Pauken-
höhle, des Atticus tympanicus und des Antrum mastoi-
deum in allen Dimensionen und ausserdem (bei normalem
Hammer und Ambos) eine Missbildung des Steigbügels
bestand, insofern seine Schenkel sich erst vom inneren
Drittel an differenzirten , aber auch hier durch ein
dünnes Knochenblatt vereinigt waren, und femer die
Fussplatte sich auf etwa den dritten Theil ihrer normalen
Grösse reducirt zeigte. Dementsprechend war des-
gleichen das ovale Fenster in allen Durchmessern ver-
kleinert. Der Steigbügel war mit dem Ambon straff
bindegewebig verbunden.
2) Verletxungeti des mittleren Ohres.
Von Merkens^) wird darauf aufmerksam ge-
macht, wie gefährlich es ist, wenn sich za einer
schon bestehenden Mittelohreiterung eine iSeifcodirf-
fraktur gesellt oder wenn sich im Anschlasse an
eine solche eine Mittelohreiterung entwickelt, in-
dem unter diesen umständen sehr leicht eine In-
fektion der Hirnhäute und auf Qrund dessen eine
tödtliche Meningitis zu Stande kommt M e r k e n 8
berichtet über 3 hierhärgehOrige Fälle.
In dem 1. Falle war eine alte Otitis media supp. Tor-
handen, die, nachdem die Kr. eine Basisfraktur erlitteo
hatte, an Stärke zunahm. 27t Monate später trat die
schnell tödtlich endende Meningitis auf, deren Zusammen-
hang mit der Verletzung (Fraktur des Hinterhauptbeines)
nur ein indirekter war, indem nicht sie, sondern die
durch das erlittene Trauma neu angefachte Otitis die Ent-
zündung der Hirnhäute veranlasst hatte. In dem 2. Falle
war die Ohreiterung erst nach der Verletzung (Schädel-
basisfraktur mit Eröffnung der Paukenhöhle) aufgetteteti
und daran hatte sich schnell die Meningitis angeschloeseo.
Die 3. Beobachtung nahm einen guten Ausgang. Nacfa
Sturz von einem Wagen zeigten sich ausser den Sym-
ptomen der Commotio cerebri starke Blutung ans dena
1) Ztschr. f. Ohrenhkde. XL. 2 u. 3. p. 276. 1901.
>) Ztschr. f. Ohrenhkde. XXXTX. 3. p. 210. 1901.
s) Münchn. laryngol.-otol. Ges. s. Mon.-Sohr. t,
Ohrenhkde. u. s. w. XXXV. 3. p. 132. 1901.
4) Arch. f. Ohrenhkde. LV. 1 u. 2. p. 84. 1902.
») Deutsche Ztschr. f. Chir. LIX. 1 u. 2. p. 70. 1901
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
147
OhiBf irifiche Trommeifellraptar , Druckempfindlich keit
nnd Sogillation hinter dem Ohre und 14 Tage später
Heber, Ohreiterang, sowie sehr heftige Schmerzen im
Winenfortsatze. . Bei der Aufmeisseiung wurde eine
Fissur, die vom hinteren TheUe des Scheitelbeines in den
Warzenfortsatz hinein verlief und gegen die Dura hin
ein zweimarkstückgroeses EjQOchenstück vollständig ge-
lockert hatte, und femer Eiter im Antrum und in den
Gdlnlae mastoideae gefunden. Aehnlich dem letzteren
ist der Fall von P. Reinhard >), insofern auch in ihm
durch rechtzeitiges operatives Eingreifen der Entwicke-
luog einer Meningitis wahrscheinlich vorgebeugt wurde.
Das 5 Jahre alte Kind war mit einer chronischen Schar-
lacheiterung behaftet, durch Sturz aus dem Fenster erlitt
es einen Schädelbruch mit Gehirnerschütterung und Blu-
timg ans dem Ohre, und bei der Untersuchung 10 Tage
später wurden neben Apathie, Lähmung des N. oüiaris und
M. eztemus des Auges der betroffenen Seite, Pnpillen-
ttarre und Aphasie eine sehr reichliche stinkende Ohr-
eiterang mit Senkung der hinteren oberen Oehörgangs-
vasd und subperiosUlem Absoess in der Warzengegend
Daehgewiesen. Am folgenden Tage stieg die bisher wenig
erhöhte Temperatur auf 40.4^. Die Totalaufmeisselung
ergab eine von vorn nach hinten verlaufende Fissur in
der Schuppe oberhalb und parallel der Fissura petroso-
iqnaoMMa, femer von dieser abgehend eine 2. Fissur senk-
recht nach unten in das Planum mastoideum und von
letzterer eine dritte sich gegen das Tegmen antri et tym-
paoi erstreckend. Die Corticalis des Warzenfortsatzes,
sowie die obere und hintere Oehörgangswand waren
aekrotisch, alle Wände des Antrum und der Paukenhöhle
eniös, ebenso der ankylosirte Hammer und Ambos. Nach
im operativen Entfemung alles Kranken verloren sich
neh in diesem Falle die vorhandenen Störungen und die
(Uraterang heilte mit Besserung des Hörvermögens.
HaagS) beschreibt eine Fraktur des WarxenfortscUxes
daieh Schlag mit einem Brette gegen die Hinterohrgegend.
i Wochen später wurde eine schwere eiterige MitteTohr-
eotzünduDg mit Mastoiditis gefunden und bei der Ope-
latioB zeigte sich der ganze Warzentheil (ohne Spur von
Ciriea) in Form von 2 grossen nekrotischen Knochen-
fitöcken sequestrirt, von denen das eine fast die ganze
itssereKnochenlameUe. das zweite sein übriges Enochen-
geräst umfasste. Die Sequester lagen in einer richtigen
lade. Die Entstehung der Eiterung mit ihren Folgen
viid auf von anderer Seite gemachte Ausspritzungen zu-
räckgeführt, wodurch die Infektion (bei wahrscheinlich
Torhandener Fissur des Gehörganges und Trommelfells)
in die Mittelohrräume getragen wurde.
3) Otitis media catarrhalis*). Ueber
die Biniheäung der Mütelokrentxündungen äussert
BicfaBeiold^) dahin, dass man am besten nach
dem klinischen Bilde folgende 3 Formen: den
Tabenkatarrh , die nicht perforative Otitis media
acuta Simplex und die Otitis media acuta perfora-
tiTa unterscheidet Der einfache Tubenkatarrh,
glacfagültig ob frisch oder schon lAnger bestehend,
viid charakterisirt durch das pathognomonische
Trommelfellbild, die sofortige Wiederkehr eines
Bshezu oder vollkommen normalen HörvermOgens,
veui der Tubenverschluse durch die Luftdusche
>Q%ehoben wird, durch das anfangs rein serOse,
erst spater allmählich viscid werdende, aber immer
0 Mon.-8chr. f. Ohrenhkde. u. s. w. XXXV. 9. p. 401.
1901.
^ Münchn. laryngoL-otol. Ges. s. Mon.-Schr. f. Ohren-
hkde. u. s. w. XXXVL 7. p. 290. 1902.
^ Vgl a. Jansen, Deutsche Klinik am Eingange d.
20. Jahrb. Vm. p. 228. 1901.
*) Ztschr. f. Ohrenhkde. XU. 3. p. 199. 1902.
durchsichtig bleibende Sekret und durch das Fehlen
von pathogenen Mikroorganismen. Für die Unter-
scheidung der beiden anderen Formen kommen die
Art der ursftohlichen pathogenen Mikroben, die
Aetiologie des Leidens, die Beschaffenheit des
Sekretes und die Ausbreitung der Entzündung über
die verschiedenen R&ume des Mittelohres nicht in
Betracht, yielmehr zeichnen sich die schweren
Formen gegenüber den leichten vorwiegend durch
die besonders starke Reichlichkeit des Sekretes
aus, so dass dieses in Folge seiner raschen, die ab-
geschloBsenen Bäume des Mittelohres vollständig
ausfüllenden Ansammlung bald zum spontanen
Durchbruche an irgend einer Stelle führt Nur bei
dünnen Narben oder atrophischen Stellen im
Trommelfelle können auch geringere Mengen einen
Durchbruch veranlassen, doch gehüren diese Fälle,
da in ihnen der Ausfluss ganz kurzdauernd ist,
der Otitis media simplex an. Andererseits kann
bei den schweren Formen der Durchbruch durch
das Trommelfell ausbleiben, wenn sich der Eiter
an einer anderen Stelle seinen Weg nach aussen,
bez. nach innen in die Schädelhohle bahnt
Ueber die pcUhologiaehe Anatomie der sogen,
Paukenhöhlensklerose stellt Eatz^) folgende An-
sichten auf. Die im Knochen sich abspielenden
krankhaften Vorgänge, die theils zur Spongiosirung,
theils zur Neubildung von Enochensubstanz führen,
sind nicht, wie Siebenmann behauptet hat, auf
die Labyrinthkapsel beschränkt, sondern künnen
sich, nach Maassgabe einer Beobachtung von Eatz,
eben so gut ausserdem auch noch auf Hammer und
Ambos, die laterale Atticuswand und sogar die
Wände des knOchemen äusseren Oehürganges er-
strecken. Die Verbindung zwischen Steigbügel
und Vorhof war in diesem Falle fast ganz intakt
geblieben, dagegen zeigte das Hammer -Ambos-
gelenk partielle knOcherne Ankylose, und ferner
war, als sicheres Zeichen früherer Mittelohrentzün-
dung, im Atticus der Paukenhöhle reichliches
faseriges Bindegewebe vorhanden, das mit der
mukös-periostalen Auskleidung fest verwachsen oder
verschmolzen war. Eatz sieht sich überhaupt
veranlasst, alle diese der sogen. Sklerose zu Orunde
liegenden pathologischen Veränderungen als ent-
zündlichen Ursprunges aufzufassen, als Folge einer
Periostitis der Paukenhöhle, die weiterhin zu Ver-
änderungen im Knochen analog der von Volk-
mann beschriebenen vaskulären Ostitis führt
Eine Prädisposition zur Sklerose wird nach Katz
durch bestimmte constitutionelle, bez. dyskratische
Leiden gegeben, zu denen hauptsächlich die rheu-
matisch-gichtische (als wichtigste), die scrofulöse,
die syphilitische Anlage, unbekannte Altersverände-
rungen und die neuroparalytische oder tropho-
neurotische Anlage zu rechnen sind. Den un-
mittelbaren Anlass zur Knochenerkrankung kann
auf dieser Basis unter Umständen schon ein
0 Arch. f. Ohrenhkde. LIIL p. 68. 1901.
148
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
gewöhnlicher chronischer Rachenkatarrh oder eine
einfache katarrhalische Mittelohrentzfindung ab-
geben. FemerberuhtnachEatz die unzweifelhafte
Erblichkeit der Sklerose nicht auf einer Vererbung
einer anatomischen Abnormität des Schläfenbeins,
sondern auf einer solchen der genannten constitutio-
neUen Anlagen. Auch Habermann i) hat durch
eine neue Beobachtung (kleine Erkrankungsherde
im Knochen der Fensternischen, Verdickung der
PaukenhOhlenschleimhaut und reichliche Durch-
setzung mit Spindelzellen, Ausfüllung der Enochen-
zellen an der unteren inneren Wand der Pauken-
höhle mit Bindegewebe, ähnliche Veränderungen
im äusseren Theile des Euppelraumes) seine schon
seit Langem gehegte Anschauung bestätigt gefun-
den, dass die Enochenerkrankung bei der Sklerose
von einer Entzündung im Mittelohre ausgeht. Das
Uebergreifen von der Schleimhaut auf den Knochen
geschieht längs grösserer Oefässkanäle und des-
gleichen findet die weitere Verbreitung im Enochen
längs der Qefässe und femer durch Vermittelung
der Markräume statt. Scheibe*) berichtet über
2 Beobachtungen, die (in üebereinstimmung mit
Habermann und Eatz*) darthun, dass die
gleiche Enochenerkrankung wie bei der Sklerose
auch in Folge von chronischen eiterigen Mittelohr-
entzündungen und femer (S c h e i b e) in Folge von
Otitis intema Platz greifen kann. Hammer-
schlagt) beschreibt eine Ankylose des Hammer-
Ambosgelenkes durch eine die beiden Oelenk-
flächen verbindende Enochenbrücke mit deutlichen
Havers'schen Eanälen. Die Mittelohrschleimhaut
war sonst allenthalben normal, eine Verändemng
am Ambos - Steigbügel- oder Steigbügel -Vorhof-
gelenke nicht vorhanden. Man musste also an-
nehmen, dass hier entweder eine isolirte Erkran-
kung des betroffenen Gelenkes bestanden, oder dass
die Mittelohrentzündung nur in ihm Residuen
hinterlassen hatta S o n n t a g >) hat neben totaler
Hammer- Ambosankylose eine fast vollständige
Verödung der Paukenhöhle durch Knoehenneubüdung
gesehen. Vom Hammer -Amboskörper zog nach
der medialen Paukenhöblenwand eine breite, von
einer punktförmigen Oeffnung durchbohrte Eno-
chenbrücke hinüber, desgleichen zu der letzteren
und dem Hammerhalse ein breites Enochenband
von der vorderen Wand (Tubengegend) und dem
vorderen Theile der medialen Paukenhöhlenwand.
Dieses Enochenband ging abwärts in eine Enochen-
masse über, die bis auf eine kleine Lücke die ganze
untere Hälfte der Paukenhöhle einnahm, so dass
vom Hammergriffe, langen Ambosschenkel, Steig-
bügel, Promontorium und den Fenstem nichts mehr
zu erkennen war und nur der Hammerkopf und
Amboskörper aus der Enoohenmasse unverändert
hervorragten. Die die Enochenmasse überziehende
Schleimhaut war unverändert, Eiter liess sich in
dem nur spaltförmigen Lumen der Paukenhöhle
nicht nachweisen. An Stelle des Trommelfells
fand sich eine in ihrem vorderen unteren Quadranten
von einem kleinen Loche durchbohrte Knochen-
platte. Die übrigen lufthaltigen Mittelohrräume,
sowie das innere Ohr verhielten sich normaL
Sonntag sieht diese Veränderungen als Folge
einer Mittelohrentzündung, durch Umwandlung
von fibrösem Gewebe in Enochen entstanden, an,
da gegen eine angeborene Anomalie die normale
Beschaffenheit des Oehörganges und der Ohr-
muschel sprach.
2 Fälle von Tubenabschluss in Folge der Ober-
kieferresektion werden von Alexander^) berichtet
4, bez. 2 Wochen nach der Operation stellten sidi
auf der betroffenen Seite Schwerhörigkeit, Gefühl
von Vollsein des Ohres, Sausen und knackende Ge-
räusche ein, und die Untersuchung ergab sdir
starke Einziehung des Trommelfells und Ansamm-
lung reichlicher seröser Flüssigkeit in der Tuba.
Nach der Luftdusche waren die Einziehung ver-
schwunden, desgleichen die subjektiven Beechw«--
den , und das Gehör zeigte sich wesentlich ge-
bessert, doch konnte ein Dauererfolg nicht erzielt
werden. Erklärt wird die Tubenerkrankung durdi
die in Folge der Operation herbeigeführte Aende*
rung der mechanischen Insertionverhältnisse des
M. tensor veli palatini sive dilatator tubae. Vor-
gebeugt könnte ihr werden, wenn man in derartigen
Fällen da, wo es angeht, bei der Operation den
hinteren Theil des harten Gaumens, zum Wenigsten
in der Form einer schmalen Enochenspange, stehen
Hesse. Alt*) hat bei einer Eranken mit „tifpiaeher
Otoskkrose" durch exne intereurrenie schwere eüerige
Mütelohrentxündung eine bedeutende Besserung dee
Hörvermögens eintreten sehen. R e i k >) weist unter
Mittheilung einer eigenen Beobachtung darauf hin,
dass der sogen, rheumatischen FaeiaUslähfnung sehr
häufig eine Otitis media zu Grunde liegt, indem die
Entzündung auf den Nerven übergreift oder letz-
terer bei Dehiscenz seines knöchernen Eanals diurdi
den Druck des in der Paukenhöhle angesammeltea
Exsudates geschädigt wird. Man soll daher ia
Fällen von Lähmung des Gesichtsnerven stets auch
das Ohr untersuchen. Die beste therapeatischs
Maassnahme ist baldige Paracentese.
Behandlung der chronischen Oliiis media eakarrhor
lis^). In Fällen von Paukenhöhlensklerose und
besonders in solchen mit raschem Fortsohreitea
1) Verhandl. d. deutsohen otol. Oes. X. p. 182. 1901.
2) Verhandl. d. deutschen otol. Ges. X. p. 175. 1901.
«) Vgl. a. Naturf .- Vers. 1902 ref. Arch. f. Ohrenhkde.
LVII. 1 u. 2. p. 118. 1902.
*) Arch. f. Ohrenhkde. LV. 1 n. 2. p. 82. 1902.
B) Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. o. s. w. XXXVL 11.
p. 476. 1902.
») Wien. klin. Wohnsohr. XIV. 27. 1901.
>) Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u. s. w. XXXV. 2. p. 0(|
1901.
«) Johns Hopkins Hosp. Ball. Aphl 1902.
*) Ueber die Behandlung des akuten Mittelohrkatarri^
vgl. Jansen, Dentsche KUnik am Eingange d. 20. JakrK
VUL p. 233. 1901.
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
149
empfiehlt Siebenmann ^) die Jahre lang oon-
sequent durohgeffihrte innerliche Verabreichung
dee Phosphors: Emulsio Easeowitz phoeph. O.Ol
iQf 100.0, 2mal tftglich 1 EsalOffel. Die Krank-
hdt soll dadurch zum Stillstand gebracht werden
k/tanos, manchmal würden sogar die subjektiven
Oerftusche und die Schwerhürigkeit gebessert.
Bmumomassage. Bei seinen sehr ausgedehn-
ten experimentellen Untersuchungen über diese ist
Hegener*) zu folgenden Resultaten gekommen,
die denjenigen Ostmann 's zum Theil wider-
sprechen, von Letzterem *) auch scharf bekämpft,
TOD Hegen er*) aber aufrecht erhalten werden.
Die bis jetzt gebräuchlichen Massageapparate er-
imchen in Folge der Verschiedenheit der Cylinder-
querachnitte bei den gleichen Hubhühen wesentlich
rerschiedene Hüben der Druckschwankungen, und
es wäre daher, um hierin eine Einheitlichkeit zu
eruelen, vortheilbaft, wenn für sämmtliche Massage-
apparate gewiaae Normalmaasse aufgestellt würden.
Als solche wären zu nennen : Cylinderdurchmesser
20 mm, Hub verstellbar zwischen 2 bis 20 mm,
Bohe des todten Raumes zwischen Kolben und
Gylinderboden bei höchstem Hube 3 mm, Schlauch-
lange 1 m bei einem Innendurchmesser von 4 mm
und einer Wandstärke von 2 bis 2.6 mm, Volumen
dsB Ansatzstückes oder des Siegle 'sehen Trieb-
tos gleich 5 ccm. Ist der Hub feetbegrenzt, so
»11 er 14 mm betragen und die Regulirung der
fliehe der Druckschwankungen durch einen in den
Hohlraum eingeschalteten Cy linder erfolgen, dessen
Tolamen zwischen 0 bis 50 ccm verstellbar ist.
Auf das Trommelfell einwirkende Druckschwan-
bmgen von plus-minus 120 mm Hg werden von
ibm, wenn es nicht pathologisch verändert ist,
»wie von der Kette der OehürknOchelchen ohne
Schaden ertragen. Dagegen ist bei höheren posi-
tiven Sdiwankungen die Druckwirkung auf die
Labyrinthflüssigkeit eine beträchtliche ; um dieses
sa Tenneiden, schlägt Hegen er die Anwendung
?<Hi Oberhaupt nur negativen Schwankungen vor,
^e solche sich mit Hülfe einer von ihm erdachten
Modifikation des Apparates (Rückschlagventil) er-
nten lassen. Die Luftdruckschwankungen bei der
Paeumomassage setzen sich bis in die Mittelohr-
läome fort und künnen sich bei nicht zu schnel-
leoi Fhasenwechsel auch in weit abliegenden und
kleinen Zellen bemerkbar machen. Hierin liegt
ebenfaUs ein nicht unbedeutender therapeutischer
Faktor, der bei anderen Verfahren zur Mobilisirung
der OehürknCchelchenkette (Drucksonde) ausfällt.
Da bei nur negativen Druckschwankungen die Oe-
Uhr f&r das Oehürorgan nur in dem (relativ sel-
teaen) Entstehen von kleinen Blutergüssen in das
>) iDtenai med. Ck)ngr. 1900 s. Arch. f. Ohrenhkde.
LVL 1 IL 2. p. 154. 1902.
^ HabilitatioDSSchrift. Wieabaden 1901. J. F. Berg-
mann.— Ztsohr. 1 Ohrenhkde. XXXIX. 4. p.299. 1901.
') Vgl Arch. f. Ohrenhkde. LV. 1 u. 2. p. 96. 1902.
*) Ztachi. f. Ohrenhkde. XU. 3. p. 233. 1902.
Trommelfell und in die Paukenhöhlenschleimhaut
liegt, so wird man, unter fortwährendem Beobach-
ten des Trommelfells während der Massage, ohne
Bedenken in geeigneten F&llen stärkere Druck-
schwankungen einwirken lassen können. Diese
sind unter umständen zu einer therapeutischen
Wirkung nothwendig, z. B. wenn man einen retra-
hirten M. tensor tympani mobilisiren oder Binde-
gewebestränge dehnen oder energische intratympa-
nale Druckschwankungen erreichen wiU. Natür-
lich darf die Anwendung derartig stark wirkender
Mittel nur einem mit den Krankheiten des OehOr-
organs. vollkommen vertrauten Arzte gestattet wer-
den. Schwabach ^) bezeichnet die Pneumo-
massage als ein beachtenswerthes Unterstützungs-
mittel bei der Behandlung gewisser Formen von
Mittelohrerkrankungen oder deren Folgen, das
namentlich dann angewendet zu werden verdient,
wenn die sonst üblichen Behandlungsmethoden
sich als unwirksam erwiesen haben. Am wenig-
sten leistete sie ihm bei der sogen. Sklerose, inso-
fern hier eine dauernde Besserung des Oehörs oder
eine dauernde Beseitigung der subjektiven (Ge-
räusche nur bei einem geringen Theile der beob-
achteten Kranken eintrat Jedoch konnte auch schon
ein vorübergehendes Aufboren der subjektiven Ohr-
geräusche als sehr wohlthätig empfunden werden,
indem es die Kranken während der Zeit der Be-
handlung in den Stand setzte, ungestört ihrer
Beschäftigung nachzugehen. "Eb wird daher ein
Versuch mit der an sich unschädlichen Massage
auch in Fällen von Sklerose, mit oder ohne Bethei-
ligung des Labyrinths, empfohlen, wobei bemerkt
wird, dass man weder aus einer schnell eintreten-
den Besserung auf ein dauernd günstiges, noch
aus der in den ersten Sitzungen sich ergebenden
geringen Besserung auf ein ungünstiges Resultat
schliessen darf. Bei Weitem günstiger als in den
Sklerosefällen stellten sich die Ergebnisse der
Massagebehandlung in solchen von chronischem
einfachem hypertrophischem Mittelohrkatarrh mit
Trübungen und Einziehungen des Trommelfells,
von subakutem Mittelohrkatarrh, von abgelaufener
akuter einfacher und eiteriger Mittelohrentzündung,
besonders nach Inüuenza, und von Residuen chro-
nischer Mittelohreiterung. Desgleichen kann ein
Versuch mit der Massage bei solchen Kranken als
berechtigt angesehen werden, bei denen sich eine
sichere Diagnose bezQglich des Sitzes im schall-
leitenden oder sohallempfindenden Apparate nicht
stellen läset, während dagegen die Massage sich
bei selbständigen, bez. primären Erkrankungen des
percipirenden Apparates als gänzlich wirkungslos
erweist. In einigen Fällen von einfachem chro-
nischem und subakutem Mittelohrkatarrh und von
abgelaufener Mittelohrentzündung, in denen Luft-
einblasungen und Massage allein keinen Nutzen
gebracht hatten, konnte durch die combinirte An-
>) Ztschr. f. Ohrenhkde. XXXIX. 2. p. 97. 1901,
150
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
Wendung beider eine Besserung erzielt werden.
TreiteH) erwartet von der Massage und beson-
ders der verstärkten Aspiration Nutzen bei den
Folgezust&nden chronischer Mittelohrkatarrhe und
-Eiterungen mit (nicht zu ausgedehnter) Fixation
des Trommelfells und der Gehörknöchelchen, femer
wird sie wie jede Therapie mit Luftdruck von
innen oder von aussen in den Anfangstadien der
Sklerose Erfolge aufzuweisen haben. Bei vor-
geschrittener Sklerose bleibt eine Wirkung aus
oder ist nur kurz dauernd, doch kann allerdings
eine dem Kranken sehr werthvoUe zeitweise sub-
jektive Erleichterung und Abnahme des Süusens
auch hier erreicht werden. Bei den forcirteren
Verfahren der Luftverdünnung im OehOrgang wird
grüsste Vorsicht angerathen, insbesondere sind sie
bei subjektiven Oeräuschen neben fast normalem
OehOrorgan am besten ganz zu unterlassen. Die
Wirkung der Massage bei der Otalgia nervosa oder
bei nervOser Schwerhörigkeit wird für eine sug-
gestive erklärt Ein dem Masseur du tympan
Delstanche's ähnlicher Apparat zur Luftver-
dünnung im äusseren GehOrgange, der die Mög-
lichkeit genauer Bestimmung und Abstufung der
Luftverdünnung bietet und dem Kranken ohne
Schaden zur Selbstbehandlung soll überlassen wer-
den kOnnen, ist von Dollmann') angegeben
worden. Musehold*) empfiehlt, die mecha-
nische Zug- und Druckwirkung bei der Massage
durch wirklich periodische Luftwellen zu ersetzen,
die er vermittelst einer stroboskopischen Scheibe
hervorbringt und durch einen Gummischlauch von
ihr in das Ohr gelangen lässt Die Indikationen
sind die gleichen wie bei der gewöhnlichen Mas-
sage ; nicht selten trat eine Besserung des GehOrs
und der subjektiven Geräusche ein, wo jene und
die Luftdusche im Stiche gelassen hatten. Die
Dauer der Sitzungen betrug 2 — 3 Minuten, zur
Einwirkung gelangten meist die ersten TOne der
ersten Oktave (c* — g*), doch wurden auch tiefere
und höhere TOne mit Nutzen versucht.
Die federnde Drucksande Lucae's wird von
Jacobson*) auch neuerdings wieder in der be-
kannten Anwendungsweise zur Behandlung der
Schwerhörigkeit und der sonstigen Belästigungen
des Kranken bei den trockenen chronischen Mittel-
ohrkatarrhen empfohlen. Lucae^) erklärt die
DrucksondenbehandluDg für besonders in solchen
Fällen geeignet, in denen noch sämmtliche musi-
kalischen TOne oder bei schlechtem GehOr für die
tieferen TOne doch die höheren und höchsten musi-
kalischen TOne noch verhältnissmässig recht gut
gehOrt werden. Vornehmlich bei den Kranken mit
») Ther. d. Gegenw. XLII. 4. p. 155. 1901.
s) MüDcho. laryog.-otol. Oesellsch. s. Mon.-Schr. f.
Ohrenhkde. u. 8. w. XXXV. 8. p. 366. 1901.
•) Berl. otol. Oesellsch. s. Arch. f. Ohrenhkde. LVIU.
1 n. 2. p. 143. 1903.
<) Haug*s klin. Vortr. IV. 5. p. 395. 1901.
») Münchn. med. Wohnschr. XLIX. 12. p.483. 1902.
überhaupt noch gut erhaltenem TongehOr, aber
auch nicht selten bei den anderen erwähnten, tritt
schon nach einmaliger Anwendung der Drucksonde
eine auffallende HOrverbesserung ein und diese
pflegt bei längerer Behandlung sehr oft Jahre hin-
durch anzudauern. Dagegen müssen als pro-
gnostisch ungünstig, bez. unheilbar diejenigen füle
bezeichnet werden, in denen bei gutem GehOr für
die tiefen TOne die hohen schlecht oder gar nicht
oder in denen sämmtliche musikalischen TOne
schlecht oder gar nicht gehOrt werden. H e ge-
ner <), der auf Grund eigener Versuche die Be-
wegungen der Gehörknöchelchen unter Einwirkung
der Drucksonde genau beschreibt, mahnt zur Vor-
sicht bei der Anwendung grosser Drucket&rken,
weil unter diesen Umständen ein Einreissen der
Kapsel des Hammer-Ambosgelenkes, sowie wegen
der energischen Einwärtsbewegung des Steigbügels
eine Schädigung des Labyrinthinhalts möglich ist
KOnig*) taucht, um die Behandlung möglichst
schmerzlos zu machen, die Pelotte der Drucksonde
vor der Applikation in flüssiges erwärmtes Paraffin.
Die Elektrolyse kann sich nach Urban-
tschitsch*) sowohl bei chronischen Mittelohr-
katarrhen (Sklerose) als bei Folgezuständen chro-
nischer Mittelohreiterung als nützlich erweisen.
Er verwendet mit feuchter Watte umwickelte,
kleine schraubenförmige Rheophorenstifte, die in
den GehOrgang bis an das Trommelfell oder bei
Perforation des hinteren oberen Quadranten durch
die Lücke hindurch bis an das ovale Fenster vor-
geschoben werden. Bei beiderseitiger Erkrankung
kommt entweder der Anodenstift in das eine, der
Kathodenstift in das andere Ohr, oder es wird
jedes Ohr für sich behandelt, wobei der Kathcdem-
Btift in das Ohr gesteckt und die andere, breite
Plattenelektrode mit der Hand der anderen KOrper-
seite verbunden wird. Die Stifte werden im Ge-
hOrgang durch trockene Watte festgehalten , die
zugleich jenen gegen Anätzung schützt. Die Strom-
stärke darf nur eine ganz geringe sein, gewöhnlich
*/io — */io M.-A. oder noch weniger, um nic^
Schmerz oder Schwindel zu erzeugen, und ebenso
müssen in Rücksicht auf letzteren rasche Strom-
schwankungen vermieden werden. Ein etgens
construirter, automatisch wirkender Rheostat dient
zum allmählichen Ein- und Ausschleichen. Die
einzelne Sitzung dauert 5 — 15 Minuten, bei doppel-
seitiger Erkrankung 5 — 10 Minuten für jedes Ohr,
mit einmaliger oder wiederholter Stroman wendun^ ;
die Sitzungen werden täglich oder wenigstens 3 mal
in der Woche wiederholt. Die Besserung betrifft
entweder das GehOr und die subjektiven Geräusche
gleichzeitig oder nur eines davon, sie zeigt sich
schon nach den ersten Sitzungen oder erst nach
1) Ztschr. f. Ohrenhkde. XXXIX. 4. p. 346. 1901.
*) Arch. internat. de Laryng. etc. XIV. 5. 1901.
») Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u. s. w. XXXVI. 11
p. 457. 1902.
Blau, Bericht Aber die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
161
iSngerer, selbst Monate fortgesetzter Behandlung.
Bei direkter Einwirkung auf die Paukenhöhle kann
in dieser Eiterung auftreten, und zwar mitunter
Ton siemlicher HartnSckigkeit Man soll daher
stets genau auf die Beschaffenheit der Contakt-
stelle achten und, wenn sich letztere, zumal noch
im sSchsten Tage, starker geröthet und geschwollen
leigt, sie bis auf Weiteres nicht der Einwirkung
der Elektrode aussetzen, vielmehr die Elektrode
nur bis an daa Trommelfell heranfQhren. Des*
gleichen soll man nach Ablauf der Reizung den
Strom zuerst auf die betroffene Stelle nicht lange
einwirken lassen.
Auch noch zu anderem Zwecke wird die ElMrO'
^ bei chronischen Mittelohrkatarrhen verwerthet.
Dämlich behufs Beseitigung von SiriktuTm der Tuba
Btuladin^), Kenefick, der dieses Verfahren
neuerdings wieder empfiehlt, benutzt Oolddraht-
boagies Ton 1 — 2 mm Durchmesser und mitoliven-
fSrmiger Spitze, die durch den Katheter eingeführt
werden und dessen inneres Ende l'/« Zoll Qber-
ngen sollen ; die positive Elektrode wird von dem
Xnnken in der Hand gehalten. Als Stromstärke
kann man bei gewöhnlich 30 — 35 Volts eine solche
^ iVa — 3, 4 oder sogar 5 M.-A. verwenden,
dflck verzichte man auf Benutzung des Strassen*
itromes, wegen der Qefahr von Eurzschluss durch
ii der Nähe befindliche Kronleuchter und der-
gieii^en oder von plötzlichen Stromschwankungen.
Meist innerhalb des Bruchtheils einer Minute oder
naeh etwas längerer Dauer, je nach der Ausdeh-
ooDg der Striktur, dringt die Bougie hindurch und
ist in dem jenseits von ihr gelegenen Räume frei
beweglich zu fühlen. Womöglich soll man schon
iB der ersten Sitzung suchen, in die Pauken*
Mile lu gelangen; Wiederholungen sind erst nach
5—6 Tagen gestattet. Was die Erfolge dieser Art
der Behandlung angeht, so ist es sicher, dass
Striktoren auf dem genannten Wege behoben wer-
den können, indessen wird dadurch nach des Be-
fvmim Ansicht nur in seltenen Fällen ein Nutzen
iA Bezog auf das Qeh6t und die subjektiven Oe-
liosche geschaffen werden, weil eben die vorhan-
denen Störungen meist nicht von der Tubenveren-
^Gnng, sondern von pathologischen Vorgängen in
der Paukenhöhle, insbesondere an den Oelenk-
verhindnngen derOehörknöchelchen, abhängig sind.
Die Strikturen selbst können, wie aus mehrfachen
Xittheilungen hervorgeht, recidiviren, femer ist
die Verfahren nicht gefahrlos, da trotz aller Vor-
>>^ wiederholt danach eiterige Mittelohrentzfin-
dong, sdbst mit Betheiligung des Warzenfortsatzes,
teobsditet worden ist Dass unter umständen die
^) Vd^ Kenefick, Ztsohr. f. Ohrenhkde. XL. 4.
F 350. 1902. — Diskussion über diesen Vortrag in d. otoL
SektioD d. New Yorker med. Akademie s. Ztsolu'. f. Ohren-
kkde. XXXIX. 4. p. 390. 1901. — Harris, New York
meiJonro. Aag.3.1901. — Lintvart, Columbos med.
wu. Jiily 1901. — Tanaley, Xransaot of the Ämer.
«toL 8oG. XXXV. p. 107. 1902.
Bougie in der Tube abbrechen kann, mag nur
nebenbei erwähnt werden.
Die weniger eingreifenden Verfahren, um in
Fällen von chronischem Paukenhöhlenkatarrh die
Schallleitung zum Labyrinth zu erleichtem, so die
Anlegung einer Oeffhung im TrommelfeUe, die Teno-
tomie des M. tensor tympani, auch mit der von
0 r u n e r t vorgeschlagenen Luxaiion des Bammer-
griffes nach aussen, die Mobilisaiion des Steigbügels,
erklärt Oradenigo^) in ihrer Wirkung für un-
genfigend. Dagegen hat er von der operativen
BMfemung des Trommelfelles, Hammers ^ Ämhos
und möglicher Weise auch des Steigbügels gute
Resultate gesehen, die besten freilich bei den
Folgezuständen chronischer Mittelohreiterungen,
aber auch bei den chronischen Katarrhen, und
zwar, was er als auffallend hervorhebt, bessere
bei der Sklerose als bei der chronischen katar-
rhalischen Mittelohrentzfindung, weil nämlich bei
jener das Trommelfell meist atrophisch ist und
daher nach seiner Excision wenig Neigung zur
Bildung einer narbigen Neomembran besteht.
Vorausbedingung zu einem guten Ergebnisse ist
relatives Intaktsein des Labyrinths, denn die nach
der Operation eintretende Reaktion beschleunigt
die Veränderungen im inneren Ohre und be-
wirkt eine Zunahme der Taubheit Femer unter-
lässt Qradenigo jeden Eingriff, wenn die Taub-
heit, wenigstens an einem Ohre, nicht sehr bedeu-
tend ist und durch eine geeignete conservative
Behandlung beeinflusst werden kann. Das von
Oradenigo gefibte Operation verfahren wird ge-
nau beschrieben, grossen Werth für ein gutes
funktionelles Resultat legt er auf die möglichste
Vermeidung einer reaktiven eiterigen Entzündung
in der Paukenhöhle durch eine zweckmässige Nach-
behandlung : Einführen eines dünnen Streifens ste-
rilisirter Oaze in die gereinigte und getrocknete
Paukenhöhle, Vermeidung von Ausspülungen, Er-
neuerung des Oazestreifens das erste Mal nach 36
oder 48 Stunden, später der mehr oberflächlichen
Oazeschichten, so oft sie durchnässt sind, der tie-
feren 2mal täglich, bei fehlender Sekretion Er-
setzung des Oazestreifens gegen Ende der 1. Woche
durch ein nur den Ohreingang verschliessendes
Oaze- oder^attepfröpfchen, Bekämpfung der Ora-
nulationbildung in der Paukenhöhle. Burnett*)
bringt weitere Fälle zum Beweise für die von
ihm festgestellte Thatsache, dass bei trockenen
chronischen Mittelohrkatarrhen mit progressiver
Schwerhörigkeit und Einziehung des Trommelfelles
durch die alleinige Extraktion des Ämbos das vor-
handene Sausen und der Schwindel beseitigt wer-
den können *), während die Schwerhörigkeit zwar
>) Aroh. f. Ohrenhkde. XUV. 1 u. 2. p. 1. 1901. —
Ebenda XLIV. 3 u. 4. p. 249. 1902. — Ebenda LV. 1 u. 2.
p. 1. 1902.
«) Phüad. med. Journ. Vm. 7. p.271. Aug. 17. 1901.
') Vgl. a. Oradenigo, Aroh. f. Ohrenhkde. LIV.
1 u. 2. p. 5. Anmerk. 1901.
162
Blau, Bericht Aber die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
kaum gebessert, aber ihrem Fortschreiten Einhalt
gethan wird. Auch auf dem anderen, nicht ope-
rirten Ohre zeigt sich in Bezug auf das Gehör diese
prophylaktische Wirkung der Operation. Jack ^)
berichtet ganz kurz Aber einen Fall von doppel-
seitiger Extraktion des Steigbügels mit gutem Er-
folge für das HOrvermögen.
Eine erfolgreiche Operation am runden Fenster
ist von Lucae') ausgeführt worden.
Die 41jähr. Kr. litt an beiderseitiger progressiver
Schwerhörigkeit und an besonders rechts sehr starken
subjektiven Geräuschen. Die Exoision des Trommelfelles,
Hammers und Ambos schaffte keinen Natzen, wohl aber
wurde bei ihr bemerkt, dass der Eingang zum runden
Fenster durch zwei halbkugelige, sich in der Mitte be-
rührende Exostosen vollständig geschlossen war. Lucae
entfernte daher diese 11 Tage später mit einer stecknadel-
kopfgrossen, elektromagnetisch betriebenen Fraise. Als
Folge der Operation zeigten sich kurz anhaltende, ziem-
lich starke Schmerzen und eine 5tägige sehr grosse
Empfindlichkeit gegen jedes lautere Geräusch. Dafür
aber waren die subjektiven Geräusche vollständig ver-
schwunden und das Gehör erfuhr eine sehr bedeutende
Besserung (von 0.8 bis auf 3.5 m für Flüstern). Durch
eine 1 Jahr später yorgenommene Nachuntersuchung
konnte das Andauern des guten Operationergebnisses bis
auf eine durch Neubildung des Trommelfelles bedingte
massige Abnahme des Gehörs bestätigt werden.
Zum Schlüsse mag noch kurz eine Arbeit von
Outzmann') erwähnt werden, in der sich dieser
mit der Sprache der Sehwerhörigen und mit den
Mitteln, den sich in ihr einstellenden Veränderun-
gen wieder abzuhelfen, beschäftigt. Dabei werden
auch das Ahlesenkmen des Gesprochenen vom Munde
berührt, das bekanntlich vollständig Ertaubten
viel leichter als Kranken mit noch erheblichen
HOrreeten gelingt, und ferner die Höriibungen nach
Urbantschitsch, deren Yortheil Outzmann
hauptsächlich in der durch sie erreichbaren Sprach-
besserung sucht
4) Otitis media suppurativa. Hinsicht-
lich der die akute genuine Mittelohrentzündung
erzeugenden Mikroorganismen äussert sich Hass-
lauer') dahin, dass von allen Untersuchern über-
einstimmend am häufigsten der Diplococcus pneu-
moniae, dann der Streptococcus pyogenes und an
dritter Stelle der Staphylocooous gefunden worden
ist Den Befund von Staphylokokken stets als
das Zeichen einer sekundären Infektion zu be-
trachten, wie es zahlreiche Dntersucher wollen,
geht nach Hasslauer nicht an, angesichts des
Nachweises von solchen in Beincultur in ziemlich
vielen Fällen, in denen das Sekret sowohl direkt
nach der Paracentese, als auch nach spontaner
Perforation entnommen wurde. Die sekundären
akuten eiterigen Otitiden verdanken zum grOssten
Theile den gleichen pathogenen Mikroorganismen
wie die primären ihre Entstehung, mit Ausnahme
derjenigen bei Scharlach und der Frühformen bei
1902.
>) Transact of the Amer. otoL Soo. XXXY. p. 99.
s) Aroh. f. Ohrenhkde. UV. 3 u. 4. p. 271. 1902.
3) Deutsche med. Wchnsohr. XXVIU. 18. 19. 1902.
*) Haug's klin. Vortr. V. S. p. 177. 1901.
Influenza, insofern bei ersteren vorwiegend der
Streptococcus, bei letzteren der Influenzabacillus
wirksam ist. Die alle anderen AUgemeiDerkran-
kungen begleitenden Mittelohrentzündungen sind
keine specifischen, sondern müssen in der Weise
erklärt werden, dass durch das Allgemeinleiden
die Mittelohrschleimhaut für die Einwirkung der in
der Paukenhöhle anwesenden pathogenen Mikroben
vorbereitet worden ist Auch der bei der Diph-
therieotitis häufige Befund von DiphtheriebaciÜen
lässt sich durch direkte Fortleitung vom Rachen
her fast durchweg erklären. Die CompUkationen
der akuten Otitis media, insbesondere die Mastoi-
ditis, zeigen, wenn sie zur Operation gelangen, am
häufigsten den Streptococcus als Erreger, und zwar
deswegen, weil kein anderer der im Mittelohr-
sekrete vorhandenen Keime so wie dieser die
Eigenschaft besitzt, den Knochen zum Einschmel-
zen zu bringen. Bei seinen eigenen Untersuchungen
hat Hasslauer unter 82 Fällen 66mal mikro-
skopisch den Diplococcus gefunden, 34Dial allein,
31 mal in Gesellschaft von anderen Mikroben. Dias
Culturverfahren, bez. der Thierversuch, bestfttigte
indessen nur 20mal die mikroskopische Diagnose,
ein Missverhältniss, das dadurch erklärt wird, dass
der Diplococcus die meisten Schwierigkeiten bei
der Züchtung auf den üblichen Nährböden bietet
und ferner sich in einem stark abgeschwächten
Zustande befindet, daher er bei der Einimpfung
möglicher Weise unwirksam bleibt, bei der ZOch-
tung von den gleichzeitig anwesenden Staphylo-
kokken u. s. w. überwuchert wird. Die schon von
anderen Untersuchem festgestellte Eigenschaft des
Diplococcus, Kettenformen zu bilden, und seine
abgeschwächte Virulenz hat Hasslauer beatA-
tigen können. In der normalen Piauhenhöhie hat
Hasslauer unter 44 verwerthbaren Fällen und
bei gleicher Untersuchungzeit nach dem Tode
23mal pathogene Keime, wenn auch in geringer
Anzahl, nachgewiesen, während 21 mal solche fehl-
ten. Es funktionirt mithin die Tuba Eustachii nicht
so vollkommen, um den Debertritt von Keimen gans
zu verhüten, andererseits aber genügt das Vor-
handensein pathogener Mikroben in der Pauken*
höhle an sich noch nicht, um eine MittelohientsOn-
dung hervorzubringen, sondern es müssen au die*
sem Zwecke noch andere begünstigende Momente,
Allgemeinerkrankungen, rheumatische oder trau-
matische Einflüsse u. s. w., die die Widerstand»»
kraft der Schleimhaut vermindern, hinzutreten. In
ähnlicher Weise äussert sich auch Citellit|^
der bei Hunden und Kaninchen die PaukenhMle
meistens frei von entwickelungsffthigen pathogenen
Keimen gefunden hat, solche aber doch in einem
geringen Theile der Fälle nachzuweisen vennoehta
Schilling*) beobachtete bei dnem 24jUmgeni
I) Ref. Ztsohr. f. Ohrenhkde. XXXIX. 2. p. 181
1901.
•) Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u. s. w. XXXVL lO
p. 413. 1902.
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
163
sonst gesunden Mädchen eine doppelseitige akute
Otitis media, die sich ausser durch ihren stQr*
mischen Beginn und Verlauf und 0ie offenbare
Antheiinahme des Labyrinths dadurch auszeich-
nete, dass sich aus den ParacenteseOffnungen
dicke, weissliche, sich abstossende und wieder er-
neaernde, fibrinhaltige Membranen hervordrängten.
Die bakteriologische Untersuchung von Proben
dieser ergab die Anwesenheit von Pseudodiph-
ikmebaeiüen, während die damit geimpften Meer-
schweinchen (die gegen die genannten Bacillen
immun sind) an einer Diplokokken-Infektion zu
Grunde gingen. Schilling ist geneigt, die
Membranbiidung in dem beschriebenen Falle mit
de& Peeudodiphtheriebacillen in Verbindung zu
bringen. Denoh und Gunningham^) heben
die Tendenz des Streipiocoecus hervor, achneUe und
wagedehinte Zerstörungen im Knochen des Warxen-
ikeäs kerbeixufukren. Daraus wird die praktische
Folgerung gezogen, dass, wenn in Fällen von akuter
Otitis media und frischer Mastoiditis im Pauken-
hOhleueiter der Diplococcus nachgewiesen wird,
mao hoffen kann, durch Erweiterung der Perfora-
tion und Eisapplikation auf den Warzenfortsatz
die Entzündung in letzterem zum Rückgange zu
Ivingen, dagegen soll man bei Befund von Strepto-
kokken, wenn nach Erzielung freien Eiterabflusses
ns der Paukenhöhle die Zeichen der Mastoiditis
nicht in 36 bis spätestens 48 Stunden verschwun-
den sind, sofort zur Aufmeisselung schreiten und
insbesondere auch keine Eisüberschläge anwenden,
da diese leicht die Entzündungserscheinungen am
Proa mastoideas verdecken könnten.
Die Otüis media suppurativa der Säuglinge ist
auch nach Schengelidze') sehr häufig, sie
vuide von ihm bei lO.b^jq der untersuchten
dOLddien von Kindern bis zu 1 Jahre angetroffen,
ifl der fiegel war die Entzündung doppelseitig,
one Perforation des Trommelfelles war nur in
^Vi ^^ Fälle vorhanden, am häufigsten waren
die Kinder an Pneumonie und dann an Katarrhen
des Yerdauungskanales erkrankt gewesen. Die in
der Ptakenhöhle gefundenen pathogenen Mikro-
organismen waren die gleidien bei den serösen
Qiul eiterigen Entzündungen und stimmten voll-
kommen mit denjenigen überein, die ständig in
^ Nasenrachenräume enthalten sind. Meist
handelte es sich um den Diplococcus pneumoniae,
ood zwar oft in Oesellschaft des Staphylococcus
pyogenes albus; Streptokokken waren nur bei
schweren Formen einer eiterigen Otitis und bei
Ped^tion des Trommelfelles vorhanden. Im
üebrigen fanden sich die gleichen Mikroben mit
Ausnahme der Streptokokken auch durchgängig
bei normaler BeschaiGfenheit der Schleimhaut der
PtakenhOhla Die Häufigkeit der Otitis media sup-
purativa bei Säuglingen lässt sich aus den diesen
zukommenden Eigenthümlichkeiten im anatomi-
schen und histologischen Bau der Tuba Eustachi!
und der Paukenhöhle erklären. Als solche führt
Schengelidze in Uebereinstimmung mit frü-
heren Angaben auf Orund seiner eigenen Unter-
suchungen an: die geringere Länge, grössere
Durchgängigkeit und horizontale Lage der Tuba
der Säuglinge, das schwache Hineinragen ihres
Ostium pharyngeum in den Nasenrachenraum und
seine geringere Entfernung vom hinteren Ende des
Palatum durum, den grösseren Winkel zwischen
unterem Nasengange und Tubenaxe, die zartere
und lockere Struktur der Paukenhöhlenschleimhaut
durch das fast gänzliche Fehlen von Bindegewebe-
fasem in ihr und die reichliche Zellenanhäufung.
Alle diese Umstände bewirken, dass auf der einen
Seite Nasenrachenschleim ^), Sputa und Erbrochenes
leicht durch die Tuben in die Paukenhöhlen ge-
langen können, während andererseits die Pauken-
höhlenschleimhaut weit weniger widerstandfähig
ist. Auf die Eigenthümliehkeüs^i im klinischen
Verlaufe der Okrerkrankungen im KindestUter wird
von B. Baginsky*) von Neuem die Aufmerksam-
keit der Aerzte gelenkt Was besonders die Otitis
media betrifft, so schildert er neben dem gewöhn-
lichen Krankheitbilde ein anderes, meist bei älteren
Kindern sich zeigendes, wo die Otitis plötzlich
und ohne nachweisbare Ursache, auf einem oder
beiden Ohren, mit allgemeinen Störungen, Kopf-
schmerzen, Mattigkeit, mehr oder weniger starken
Schmerzen in dem betroffenen Ohre und Fieber
bis zu 39.6^ beginnt, die Schmerzen vom Ohre
nach den Zähnen, dem Warzenfortsatze oder der
Schläfengegend ausstrahlen und ausserdem (dieses
namentlich wieder bei jüngeren Kindern und
Säuglingen) reflektorisch von der Paukenhöhle
Nackenstarre, Opisthotonus, Spasmus nutans aus-
gelöst werden. Das Sensorium bleibt dabei voll-
ständig frei, mit Entleerung des Paukenhöhlen-
eiters verlieren sich alle die genannten allgemeinen
und nervösen Störungen. Ein anderes Krankheit-
bild ist das einer scheinbaren Meningitis mit Con-
vulsionen, Stuhlverstopfung, Erbrechen, Arrhythmie
des Pulses, Benommenheit des Sensorium, Nacken-
starre, ziemlich starkem, auch zeitweilig inter-
mittirendem Fieber u. s. w. Von äusserster Wich-
tigkeit ist es in solchen Fällen, an die Möglichkeit
einer Otitis zu denken und das Ohr zu unter-
suchen, da die Trommelfeilparacentese, ebenso wie
der spontane Eiterdurchbruch, sofort die bedroh-
lichen Himerscheinungen verschwinden macht.
Die Ursache dieser liegt wahrscheinlich in der
Resorption von Eitermassen und deren Produkten
(Toxalbuminen) in die Blutbahn unter gerade
günstigen Bedingungen, wobei die Beschaffenheit
1902.
i) Tnuuuct of the Amer. otoL ßoc. XXXY. p. 101.
*) AicL f. Kinderhkde. XXXL 3 a. 4. p. 178. 1901.
Mel Jahibb. Bd. 281. Hft 2.
1) Adenoide Vegetationen im Nasenraohenranme
waren in 4i.9*/o der Fälle von eiteriger Otitis media
nachzuweisen.
>) Berl. klin. Wchnschr. XXXIX. 6. Id02.
20
154
Blau, Bericht über die neueren Lieistungen in der Ohrenheilkunde.
des Eiters in der Paukenhohle, sein Gehalt an
pathogenen Bakterien, die Nähe des Gehirns, die
Resorption Verhältnisse in den verschiedenen Fällen
und ausserdem die geringe Widerstandsfähigkeit
des kindlichen Körpers eine Rolle spielen.
Von sonstigen die Symptomatoloffie ^) der eite-
rigen Mittelohrentzündung behandelnden Arbeiten
sind noch die folgenden hervorzuheben. Jür-
gen s >) bezeichnet den BkodangehaU des Parotis-
Speichels der gleichen Seite als für das Bestehen
bestimmter Formen vop Mittelohrerkrankung dia-
gnostisch verwerthbar, insofern ein solcher bei
chronischer (wenigstens in der Regel) und bei
schweren Formen akuter und subakuter Otitis
media suppurativa vermisst werde, dagegen sich
bei akuten und subakuten Otitiden mit leichtem
Verlaufe, sowie bei PaukenhOhlenkatarrhen vor-
finde. Aus der Zu- oder Abnahme des Rhodan-
gehaltes soll sich die Besserung oder Verschlech-
terung einer der genannten Ohrerkrankungen er-
kennen lassen. M u c k 3) bestreitet die Stichhaltig-
keit der Angaben von Jürgens, da er unter
40 Fällen von beiderseitiger chronischer Mittelohr-
eiterung nur 5mal, bei 40 beiderseitigen akuten
und subakuten Mittelohreiterungen, sowie bei 40
einseitigen akuten und chronischen Mittelohreite-
rungen aber kein einziges Mal einen Rhodanmangel
zu constatiren in der Lage war. Alexander
und Reko*) haben den Mundspeichel in der bei
Weitem grössten Zahl der Fälle von chronischer
und akuter Mittelohreiterung, aber auch von akutem
Mittelohrkatarrh rhodanfrei gefunden und legen
dieser Reaktion daher einen gewissen diagnosti-
schen Werth bei, dahin gehend, dass bei vorhan-
dener Ohrerkrankung Rhodanmangel oder Spuren
von Rhodan für ein Mittelohrleiden sprechen. Sie
haben femer beobachtet, dass unmittelbar nach
der Radikaloperation Rhodanmangel im Speichel
auftritt, letzterer indessen bei gutem Verlaufe meist
in der 4. Woche zur Norm zurückkehrt. Eine ein-
seitige Beeinträchtigung der PaukenhGhlennerven
erstreckt sich nach Alexander und Reko auf
beide Parotiden ; das Wiedererscheinen des Rho-
dan hängt von einer Erholung des Paukenhöhlen-
geflechtes oder von einem vicariirenden Eintreten
der normalen Seite ab. Bei beiderseitiger Zerstörung
jenes kann der Rhodanmangel dauernd bleiben.
Eine ptdsirende T^ommelfeünarbe ist von Gross-
mann^) gesehen worden. Die Pulsationen waren
die Folge einer Compression der Carotis der glei-
chen Seite durch eine Struma mit consekutiver
Hypertrophie und Dilatation des linken Ventrikels
und einer dadurch bedingten capillären Hyperamie
und Stauung in den Gefässen der Schleimhaut der
Paukenhöhle. Durch den Ohrbefund wurde die
Aufmerksamkeit erst auf die Erkrankung des 6e-
fässsystems hingelenkt.
Lymphdrüsensehweüungen auf dem Proe, niastoi-
deus oder an seiner Spitze können nach Jürgens^)
durch Erzeugung von Druckempfindlichkeit und
Fieber eine Mastoiditis vortäuschen und sogar irr-
thümlich zur Aufmeisselung Veranlassung geben, y
Man untersuche in solchen Fällen, ob in der Um-
gebung des Warzenfortsatzes nicht noch andere
geschwollene und schmerzhafte Drüsenpackete vor-
handen sind, um bei positivem Befunde sich mehr
abwartend zu verhalten. Ferner kann, wenn die
Erscheinungen der Otitis media geringfügige sind,
der Anschein einer primären Drüsenentzündung
mit Schmerzen, Schwellung und starkem Fieber,
letzteres manchmal mit pyämischem Charakter, eit-
stehen und, wenn weiterhin die Ohrsymptome wieder
zunehmen, der Eindruck erweckt werden, als ob die
Paukenhöhle von den Drüsen aus inficirt worden wäre.
Schlaf auckt ohne sonstige Störungen ist von Har-
lan d*) bei einem ISjähr. KnabeD mit chronischer fötider
Mittelohreitenmg beobachtet worden, sobald durch eine
ADsammlung von Cerumen im äusseren Gehörgange der
Eiterabfluss behindert wurde. Sie wird auf eine um-
schriebene leichte Meningealreizung durch Resorption
des Eiters oder vielleicht auch einen erhöhten Druck im>
Labyrinthe zurückgeführt.
Einen Fall von akuter Otitis med. supp., der
durch ein himtUreiendes Oesiehierysipel günstig
beeinflusst wurde, hat Sendziak') beechrieben.
Vorher hatten sich die Schmerzen, besonders im
Warzenfortsatz und in der gleichseitigen Eopfhälfte, immer
mehr gesteigert, der Schlaf war unruhig, die Eiterung
sehr reichlich, das Gehör vollständig aufgehoben ge-
wesen, nach dem Erysipel gingen alle diese Ersoheinungea
sehr schnell zurück und es erfolgte gänzliche Genesung.
Die Caries der Oehörknöchelchen entsteht nach
den von Qörke*) mitgetheilten Untersuchungpoi
(800 Sektionen) am häufigsten allerdings in der
Weise, dass sich eine Periostitis durch dieHavers^-
schen Kanäle nach innen bis auf das Endost and
das Mark fortpflanzt, oder dass unter ihrem Bin-
fluss eine von der Peripherie nach dem Centrum
zu immer weiter fortschreitende Einschmelzong
des Knochens eintritt. Es kann aber anoh umge*
kehrt bei einer frischen Otitis media das Mark pri-
mär ergriffen werden, die Entzündung geht von
der Schleimhaut auf dem Wege der Lymphbabn
direkt auf das Mark unter Ueberspringung des
Periosts über, es können sich Verflüssigung de«
Markes, Nekrose desselben und centrale Absoeeac
bilden, während das intakt gebliebene Periost durek
gesunde compakte oder sogar sklerosirte Knochen-
t) Vgl. über diese auch Jansen, Deutsche Klinik
am Eing. d. 20. Jahrh. VIII. p. 193. 23Ö. 1901.
«) Mon.-Schr. f. Ohrenhhde. u. s. w. XXXV. 8. p.337.
1901. — Ebenda XXXVI. 2. p. 61. 1902.
>) Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u. s. w. XXXV. 11. p. 464
1901.
«) Wien. klin. Wohnsohr. XV. 42. 1902.
») Bell. klin. Wchnsohr. XXXVUI. 24. 1901.
») Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u. s. w. XXXVI. 2. p. 52
1902.
*) Proceed. of the Philad. County med. Soc. XYTX, g
p. 383. 1901.
•) Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u« s. w. XXXY. X^
p. 498. 1901.
4) VerhandL d. Deutschen otol. Ges. X. p. 183, 1901
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
155
masse von den medullären Herden getrennt wird,
oder es brechen die letzteren sekundär an die
Oberfläche durch und führen zu Fistelbildung.
Spontanheilung der entzündlichen Vorgänge an
den Gehörknöchelchen wurde vielfach beobachtet
Man findet dann entweder einen von gesunder, oft
nur etwas verdickter Schleimhaut überzogenen
glatten Knochendefekt, oder dieser ist durch rich-
tiges Narbengewebe ausgefüllt worden, oder es hat
bei der Heilung reichliche Neubildung von Knochen-
gewebe stattgefunden, mit Entwickelung hyper-
ostotischer Verdickungen, von Exostosen, bez. bei
gleichartigen Veränderungen an der benachbarten
Pftukenhöhlenwand mit knöcherner Fizirung der
Gehörknöchelchen (namentlich des Hammerkopfes
mit dem Tegmen tympani). Desgleichen können
die medullären Herde, wenn es noch nicht zur
Seqneeterbildung gekommen oder wenn der Se-
qaeeter ausgeetossen worden ist, unter Neubildung
von Narben- oder Knochengewebe und mit Ver-
Mong des Markraumes heilen. Am häufigsten
betroffen zeigte sich, übereinstimmend mit den Er-
gebnissen Anderer, der lange Ambosschenkel, der
Hammerkopf häufiger als der Hammergriff, der
Ambos viel häufiger als der Hammer. Aber es
vDiden auch Theile, deren Erkrankung als selten
ugeeehen wird, oft und manchmal sogar allein
iffidrt gefunden, so der Hammerhals und die
OelenkflSchen der Oehörknöchelchen, während in
loderen Fällen allerdings die Qelenkfläche des
Ambos am längsten Widerstand geleistet hatte.
Aoch isolirte Erkrankung des Amboskörpers ohne
Betheiligung der Schenkel wurde wiederholt ge-
sellen. Die Diagnose der Oehörknöchelchencaries
«18 dem otoskopischen Bilde allein zu stellen, geht
ttch Oörke nicht an. Am constantesten ist noch
der Zueammenhang von Perforation der Membrana
Shnpnelli, gleichgültig an welcher Stelle, mit Ver-
inderongen am Hammerkopfe und einer Perfora-
tion hinten oben mit Amboscaries. Doch können
die gleichen Veränderungen an den Oehörknöchel-
dien eben so gut ohne Perforation an diesen Stel-
len vorhanden sein und umgekehrt lässt sich bei
P^iMen, selbst randständigen Defekten und ohro-
niachafiterung an den Oehörknöchelchen mitunter
>nr eine massige Periostverdickung nachweisen.
(^68 des Ambos kann bei tuberkulösen Kindern
ngar ohne jede Perforation vorkommen. Constant
W dagegen eine Caries der Oehörknöchelchen
^banden, wenn der Knochen an einer anderen
Stelle (Tarnen, äussere Atticuswand, hintere Oe-
^^^^fg&ngswand u. s. w.) cariös war, so dass, wenn
ea überhaupt zu einer Betheiligung des Knochens
loomt, die Oehörknöchelchen als die am wenigsten
^deratandfähigen Oebilde zuerst ergriffen zu wer-
^ 8(^einen.
In einem Falle von seit 35 Jahren bestehender, im
^ Lebensjahre nach Ohreiterung mit Sequesteransstossung
^^^Mßaet Facialislähmung wurde von Buhe«) bei
»J Arch. f. Ohrenhkde. LVH. 1 u. 2. p. 101. 1902.
der Sektion des Schläfenbeins folgender Befund erhoben.
Der äussere Oehörgang war nach innen trichterförmig
verengt und gegen das Mittelohr durch ein kleines
Trommelfell vollständig abgeschlossen. Die Paukenhöhle
zeigte sich mit spongiöser Enochenmasse und fibrösem
Gewebe erfüllt, so dass in ihr nur zwei kleine, breiige
Massen enthaltende Hohlräume zu erkennen waren, der
eine an der Mündung der Tuba Eustaohii, der andere um
die Gegend des runden Fensters. Gehörknöchelchen
fehlten vollständig. Der Facialis Hess sich nur schwer
aus dem ihn einhüllenden Knochen und Bindegewebe
freilegen, ein ganz dünner Strang von ihm verlief unge-
fähr an normaler Stelle über dem Promontorium, dagegen
nahm der Haupttheii einige Millimeter unterhalb des
Ganglion geniouH die Richtung auer durch die Pauken-
höhle und endete in der lateralen Paukenhöhlenwand
nach vom und oben vom Trommelfell blind im Knochen.
Am Foramen stylomastoideum war der Facialis wieder
als fester Strang erkennbar und in den Knochen hinein
gut zu verfolgen. Zur Erklärung wird angenommen,
dass die seiner Zeit ausgestossenen Knochenstüokchen
eine fast yollkommene Zerreissung des Facialis und zu-
fleich eine Dislokation seines Haupttheiles herbeigeführt
atten.
Ueber die Veränderungen des Augenhiniergrun-
des bei den intracraniellen Folgeerkrankungen der
eiterigen Mittelohrentzflndung giebt Hansen A)
die in Schwartze's Klinik an im Ganzen
100 Kranken gesammelten Erfahrungen wieder.
Als Material dienten 11 Fälle von unoomplicirtem
Extraduralabscess , 30 von eiteriger Meningitis
(14 unoomplicirt , 16 complicirt), 4 von tuber-
kulöser Meningitis, 1 von chronischem Ventrikel-
hydrops, 9 von Hyperämie der Meningen und
HimOdem, bez. Meningitis serosa, 29 Ton Sinne-
thrombose (8 unoomplicirt, 21 complicirt), 19 von
Oehirnabscess (12 im Cerebrum, 7 im Cerebellum),
1 von Oehimtumor. Veränderungen des Augen-
hintergrundes können bei allen den genannten oti-
tischen Complikationen vorkommen. Sie waren
am seltensten (IS^fo) beim Extraduralabscess, ins-
besondere bei dem uncomplicirten perisinuösen,
häufiger bei dem tiefsitzenden. Am häufigsten
(87.5^/e) wurden sie in denjenigen Fällen von
Cerebralerscheinungen neben Otitis media supp.
beobachtet, in denen man als Ursache eine Hyper-
ämie der Meningen und Hirnödem, bez. eine Menin-
gitis serosa anzunehmen pflegt Im Widerspruch
mit anderen Angaben ^) zeigten sich Papillenverän-
derungen ferner auch oft (60^/o) bei der eiterigen
Meningitis, und zwar mehr noch bei der uncom-
plicirten (57^/o) als bei der oomplicirten Form
(43<^/o). Der Oehirnabscess war von solchen in
42<^/o der Falle (Orosshirnabscess 60%, Kleinhirn-
abscees 29%), die Sinusthrombose in 44.8% der
Fälle (uncomplicirte Form 37.5%, complicirte
47.6%) begleitet. Von den einzelnen in Betracht
kommenden ophthalmoskopischen Veränderungen
wurden am häufigsten (23.7%) die Neuritis optici
angetroffen, nicht ganz so oft (19.6%) die leichten
Oefässveränderungen der Papille und nur ganz
vereinzelt (3.1*/o) eine wirkliche Stauungspapille.
1) Arch. f. Ohrenhkde. Un. p. 196. 1901.
s) Siehe später auch Körner.
156
Blau, Berioht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
Die leichten Papillenveränderungen und die Neu-
ritis optici kamen, abgesehen vom Hirnabscess,
bei den verschiedenen otitischen intracraniellen
Complikationen in fast gleicher Häufigkeit vor.
Beim Grosshirnabscess war die Neuritis optici
doppelt so oft, beim Eleinhirnabscess ausschliess-
lich vorhanden. In praktischer Hinsicht kommt
den leichten Papillenveränderungen dieselbe Be-
deutung wie den schwereren zu. Bei 80Vo ^^^
mit Veränderungen des Augenhintergrundes be-
hafteten Kranken waren beide Augen betroffen,
bei 44.5^/0 auf beiden Seiten gleich, bei 26.5<^/o
auf der ohrkranken, bei 9% auf der ohrgesunden
Seite stärker. Bei 20^/o zeigte nur ein Auge, und
zwar immer das der ohrkranken Seite, abnormen
Befund, ein alleiniges Betroffensein des Auges der
gesunden Seite (wie andere Untersucher erwähnen)
wurde nicht beobachtet Die Papillenveränderun-
gen können sich schnell, innerhalb 24 Stunden bis
wenigen Tagen, zu voller Höhe entwickeln, wäh-
rend ihre Rückbildung eine langsamere zu sein
und im Allgemeinen dem Heilungsverlaufe der
ursächlichen intracraniellen Erkrankung zu ent-
sprechen pflegt Eine Beeinträchtigung der Funk-
tion der Augen wurde niemals beobachtet. Das
Auftreten von Veränderungen des Augenhinter-
grundes, gleichgültig welchen Grades, bei einer
akuten oder chronischen Otitis med. supp. beweist
nach Hansen immer das Vorliegen einer intra-
craniellen Complikation, sagt aber nicht um welche
der verschiedenen hier vorkommenden Erkrankungs-
formen es sich handelt und giebt eben so wenig
einen prognostischen Maassstab für deren leich-
teren oder schwereren Charakter ab. Nur die
Stauungspapille wird weniger an eine entzünd-
liche intracranielle Erkrankung, sondern an Hirn-
tumor oder Hydrocephalus chronicus denken lassen.
Andererseits wird durch das Fehlen von Papillen-
veränderungen das Vorhandensein einer intracra-
niellen Complikation natürlich in keiner Weise
ausgeschlossen. Es soll daher in jedem Falle von
Ohreiterung der Augenhintergrund untersucht und
diese Untersuchung je nach Noth wendigkeit wieder-
holt werden und es ist ferner bei Feststellung oph-
thalmoskopischer Veränderungen die sofortige Auf-
meisselung des Warzenfortsatzes geboten, an die
sich unter Umständen, je nach dem Operation-
ergebniss, den Symptomen und dem Verlaufe, dann
die weiter erforderlichen chirurgischen Eingriffe
anzuschliessen haben. In Bezug auf die Erklä-
rung der Veränderungen am Augenhintergrunde
ist Hansen der Ansicht dass diese in einzelnen
Fällen sicher von Stromhindernissen in den grossen
Blutleitem des Schädels auf Grund des erhöhten
intracraniellen Druckes abhängen, in anderen da-
gegen solche eben so sicher nicht verantwortlich
zu machen sind, sondern eher entzündliche Vor-
gänge eine Rolle spielen, dass wahrscheinlich aber
es sich immer um die Combination der beiden
genannten Ursachen handelt, von denen bald die
eine, bald die andere mehr in Wirksamkeit tritt
Körner 1) resumirt aus der Beobachtung von
34 Fällen, dass Veränderungen an den Sehnerven-
Papillen bei den otitischen intracraniellen Compli-
kationen viel häufiger vermisst als gefunden wer-
den und dass sie nur dann etwas häufiger einzu-
treten scheinen, wenn eine Combination mehrerer
Erkrankungen in der Schädelhöhle vorliegt Die
12 uncomplicirten Fälle von Extraduralabscess
zeigten 9mal einen gesunden, 3mal *j einen verän-
derten Augenhintergrund, in den 4 uncomplicirten
Fällen von eiteriger Meningitis, in 4 eben solchen
von Sinusthrombose und in 1 von Sohläfenlappen-
abscess war der Augenhintergrund durchweg nor-
mal* 6 complicirte Fälle von Sinusphlebitis zeig-
ten 2mal, 11 complicirte Fälle von Extradoral-
absoess 4mal, 2 complicirte Fälle von Gehimabsoess
Imal, 6 complicirte Fälle von Meningitis 4mal oph-
thalmoskopische Veränderungen. Die Sehnerven-
erkrankung war stets auf beiden Seiten vorhanden,
beiderseits gleich 2 mal, auf der kranken Seite stärker
Smal, auf der gesunden 4mal. Eine diagnostisohe
Bedeutung für die Art der intracraniellen Erkran-
kung oder irgend eine prognostische Bedeutung
für letztere besitzen auch nach Körner die
Papillenveränderungen nicht ; sie können nach der
Entfernung des Eiters aus der Schädelhöhle noch
zunehmen oder sogar sich jetzt erst einstellen,
ohne dass dadurch allein die Prognose verechleeh-
tert wird.
Folgeerkrankungen der OUtis media auppwratkau
a) Eadradurcdabseese >). Ueber die in 88 wei-
teren Fällen ^) von echtem, uncomplicirtem Extra-
duralabscesse in Seh war tze's Klinik gemachten
Erfahrungen wird von Braunstein (4) berichtet
Es wurden hierbei mithin nur solche Fälle in Be-
tracht gezogen, in denen die Eiteransammlung
zwischen Dura-mater und Schläfen-, bez. Felsen-
bein für sich gänzlich abgeschlossen war und
weder mit dem intraduralen Räume, noch mit
>) Deutsches Arch. f. klin. Med. LXXIIL p. 570. 1902.
^ Ob hier nicht trotzdem eine leichte, spontan ge-
heilte Complikation innerhalb des Sackes der Dura matei
bestanden hat, wird zweifelhaft gelassen.
*) Literatur: 1) Körner, Die otitischen Erkran-
kungen des Hirns, der Hirnhäute n. der Blutleiter. 3. Anft
Wiesbaden 1902. J.F.Bergmann, p. 22. — 2) Schenke.
Arch. f. Ohrenhkde. LIII. p.l52. 1901. — 3) Gruneit
Ebenda LY. 3 u. 4. p. 163. 1902. — 4) Braunstein
Ebenda LV. 3 a. 4. p. 168. 1902. — 5) Schulze, Ebendi
LVII. 1 u. 2. p. 67. 1902. — 6) Witte u. Sturm
Ztschr. f. Ohrenhkde. XXXIX. 1. p. 62. 68. 1901. -
7)8tarmu. Suckstorff, Ebenda XLI. 2. p.lll.l2C
1902. — 8) ürbantsohitsoh, Oesterr. otol. Oes. 1
Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u.s.w. XXXV. 5. p.229. 1901
— 9) Frey, Ebenda XXXV. 10. p. 452. 1901. -
10) Heiman, Haug's klin. Vortr. V. 2. p. 82. 141fl|
1901. — 11) Laurens, Ann. des Mal. de TOreille elc
XXVm.2. 1902. — 12) Mag et, Ibidem XXVÜI.d
1902. — 13) Rand all, Univ. of Pennsylv. med. Bnl
XIV. 2. p. 36. 1901.
*) Vgl. G r u n e r t , Arch. f. Ohrenhkde. XUIL 2 0.2
p. 81. 1897.
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
157
den Mittelohrrftumen oder mit letzteren höchstens
durch eine feine Fistel communicirte. Die be-
obachteten Extradnralabscesse waren 43 chronische
and 45 aknte. Braunstein bestätigt die be-
deutend grossere Disposition der akuten Mittelohr-
entzündang zur Bildung eines Extraduralabscesses
gegenüber der chronischen (in den 10 Jahren von
1891—1901 wurde die genannte Complikation
unter den akuten Fällen von Otitis media sup-
purativa und Mastoiditis bei 1.8^/o, unter den
chronischen bei nur 1^^/^ gefunden), ferner erwähnt
er das häufigere Vorkommen beim männlichen
Oeeohlecht (76 gegen 24%) und im Allgemeinen
im 2.Decennium ^), das gleich häufige Vorkommen
auf der rechten und linken Seite und das vorzugs-
weise Betroffenwerden der hinteren Schädelgrube.
Der Eztraduralabscess hatte in letzterer 63mal,
in der mittleren Schädelgrube 22mal, in beiden
Schfidelgruben gleichzeitig 3mal seinen Sitz. In
einer grösseren Zahl von Fällen war bei Befallen-
tein der hinteren Schädelgrube der Sulcus sigmoi-
deus frei geblieben, Imal war doppelte Abscess-
büdoiig, nämlich zugleich ein perisinuOser und
ein tiefer Abscess, an der hinteren Seite der Felsen-
beiopyramide vorhanden. Bei den chronischen
Formen des Elztradnralabscesses liess sich meist
tcbon otoskopisch ein schweres Ohrleiden mit tief-
greifender, bis an die Dura reichender Erkrankung
des Schläfenbein knochens feststellen und war fast
stets eine Wegleitung, besonders häufig durch
Futelgangef oder durch mit eiterig infiltrirter
Schleimhaut ausgekleidete kleine pneumatische
Zdlen, durch grau gefärbte von einer Zelle zur
anderen reichende Granulationen oder durch cariOse
Defekte am Tegmen tympani und antri nachzuwei-
sen. Dagegen war bei den akuten Formen in mehr
als einem Drittel der Fälle die Ohreiterung zur
Zdt entweder schon abgelaufen oder eine solche
hatte (5mal) überhaupt nicht bestanden. Wohl
te erschien die Warzengegend fast ausnahmelos
gttdiwollen, geröthet und druckempfindlich, die
Operation ergab cariöse Zerstörungen und Um-
vandlung des Antrum, sowie der anderen Zellen*
linme in mit Eiter und Granulationen erfüllte
BiUilen, femer die oben genannten Wegleitungen
in gleicher Häufigkeit, ohne Vorwiegen der Fisteln.
In ßezng auf die pathologische Anatomie des
Bstradoralabsoesses bringt Braunstein gegen-
fiöer den von G r u n e r t (1. c.) gemachten Angaben
nichts Neues, erwähnt sei nur, dass bei fast der
HaJfie der Kranken zur Zeit der Operation der
Absoess sich schon theilweise spontan durch die
Kttdohrräume oder durch Fisteln in der Schläfen-
beinachuppe (meist hinter dem Planum mastoideum
oder in der Nähe der Spina supra meatum gelegen),
laal durdi die Sutora mastoidea-oocipitalis, ent-
leert hatte. Ans einer Betrachtung der beobach-
*) Im Einselneii waren die akuten Fälle im 5., die
im 2. Deoenniom am häufigsten.
teten Symptome wird gefolgert, dass kein einziges
dieser als charakteristisch für den Eztradural-
abscess angesehen werden kann. Die lokalen Ver-
änderungen in der Umgebung des Ohres sind meist
von dem ursächlichen Ohrleiden abhängig, doch
ist allerdings bei Vorhandensein von Oedemen
oder Absoessen hinter dem Warzenfortsatze in der
Gegend des Emissarium mastoideum oder der
Sotura mastoideo - occipitalis der Verdacht auf
einen Abscess in der hinteren Schädelgrube, bei
den gleichen Veränderungen in der Nähe der Spina
supra meatum, an der Linea temporalis oder im
knöchernen GehOrgange auf einen Abscess der
mittleren Schädelgrube gerechtfertigt. Freilich
wird von Braunstein über 2 Fälle berichtet, in
denen Oedem und Druckempfindlichkeit hinter dem
Proc. mastoideus bestanden, während der Eztra-
duralabscess in der mittleren Schädelgrube seinen
Sitz hatte. Sehr reichlicher Biterabfluss aus dem
Ohre, dessen Menge zu den Mittelohrräumen ausser
Verhältniss steht, kann eben so gut wie von einem
Eztraduralabsoesse von einem durchgebrochenen
Schläfenlappenabscesse herstammen. Starke Kopf-
schmerzen, die manchmal genau lokalisirt sind,
können das einzige Symptom eines Eztradural-
absoesses bilden, sie müssen aber, um diagnosti-
sche Bedeutung zu gewinnen, nicht in anderer
Weise erklärt werden können, mithin zu den
geringfügigen pathologischen Veränderungen des
Ohres in Widerspruch stehen. Kopfschmerzen
waren bei Kindern häufiger als bei Erwachsenen,
besonders in chronischen Fällen. Die gleichseitig
vorhandene Facialislähmung ist gewöhnlich durch
die Ohrerkrankung hervorgerufen und entzünd-
licher Natur, sehr selten, wenn überhaupt jemals,
verdankt sie einem Drucke des Absoesses auf den
Nerven ihren Ursprung. Bei gekreuzter Facialis-
lähmung (1 eigene Beobachtung) liegt eine intra-
cranielle Ursache vor, doch kommt dann auch
der Gehimabsoess in Frage. Veränderungen des
Augenhintergrundes sind sehr selten und be-
weisen, wo sie vorhanden sind, das Bestehen einer
intraoraniellen Complikation, geben aber über deren
Natur keinen Aufschluss. Die desgleichen sehr
seltenen Störungen in den motorischen Augen-
nerven können durch einen gesteigerten Him-
druck, aber auch vom Labyrinth aus reflektorisch
ausgelöst sein. Nackensteifigkeit wurde 3mal bei
Eztraduralabscessen der hinteren Schädelgrube,
ohne Arachnitis, beobachtet. Des Weiteren be-
spricht Braunstein eine Reihe von Erschei-
nungen, die den Eztraduralabscess zwar begleiten
können, aber in keinerlei Weise von ihm abhängig
sind. Dahin gehören der Schwindel, die gastri-
schen Störungen und das Fieber. Der beobach-
tete Schwindel hat seinen Grund in einer labyrin-
thären Erkrankung, nicht etwa in einer durch den
Druck des Absoesses bewirkten cerebellaren Ataxie.
Erbrechen und üebelkeit sind meist Folge des
Schwindels, manchmal des Abflusses von übel^
158
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
riechendem PaukenhOhleneiter in den Rachen, und
bilden ihrerseits wieder die Ursache für die Stuhl-
verstopfung und die Mattigkeit Fieber war nur
in einem Drittel der Ffllle vorhanden und stand
hier immer in Abhängigkeit von der Entzündung
im Ohre und in seiner Umgebung mit Ausnahme
eines einzigen Kranken, bei dem es eine beginnende
Pyämie, durch Resorption pyogener Stoffe durch
die erweichte Sinuswand von einem unter hohem
Drucke stehenden perisinuOsen Abscesse aus, an-
zeigte. Hohes Fieber, das zu einer Otitis bei auf-
fälligem Missverhältnisse der subjektiven Beschwer-
den und des objektiven Befundes hinzutritt, deutet
auf allgemeine oder umschriebene Meningitis,
Sinusphlebitis oder einen perisinuOsen Abscess
hin; die allgemeine Meningitis wird sich durch
ein negatives Brgebniss der Lumbalpunktion aus-
sohliessen lassen, die anderen genannten Krank-
heitformen, zwischen denen eine sichere Unter-
scheidung meist nicht möglich ist, fordern zu-
einem operativen Eingreifen auf. Vor der Opera-
tion ist das Erkennen eines uncomplicirten Ebctra-
duralabscesses unmöglich, im günstigsten Falle
lässt sich auf das Vorliegen einer intraoraniellen
Complikation überhaupt schliessen, die sichere
Diagnose wird erst durch die Operation, durch
Verfolgen der sich dabei zeigenden Wegleitungen
gewonnen. Es soll daher, wenn Verdacht auf eine
Eiteransammlung innerhalb der Schädelhöhle be-
steht, auch wenn das Ohrleiden selbst nicht dazu
auffordert, die Aufmeisselung gemacht und die
hintere und mittlere Schädelgrube freigelegt wer-
den. Findet sich an beiden Orten kein Eiter, so
ist zunächst an einen tiefen Extraduralabscess zu
denken und dieser beim Fehlen jeder Wegleitung
am besten nach v. Bergmannes Methode auf-
zusuchen. Der Knochen muss so weit entfernt
werden, bis die Dura ihr normales Aussehen zeigt.
An der freigelegten Dura ist nach etwaigen Fisteln
zu suchen, doch dürfen wegen der Infektiongefahr
für die weichen Hirnhäute die auf ihr befindlichen
Granulationen und Auflagerungen, selbst wenn sie
missfarben sind, nicht abgeschabt oder abgekratzt
werden. Der Ausgang war in den von Braun-
stein gesammelten Fällen in 76®/o der chro-
nischen, 89<^/o der akuten Formen in Heilung.
7 Kranke starben, und zwar immer unabhängig
von der Operation, 1 an Meningitis tuberculosa,
1 an Lungenphthise, 1 an Pyämie, 4 an eiteriger
Meningitis, letztere je Imal durch einen nicht
diagnosticirten gleichzeitigen tiefen Extradural-
abscess und durch einen perforirten Kleinhirn-
abscess veranlasst
Die sonstigen Mittheilungen über den ober-
flächlichen Eoctraduralabscess enthalten noch fol-
gende bemerkenswerthe Angaben.
Id einem von Witte und Stnrm (6, p. 73) aas
Kör Der 's Elioik veröffentlichteD Falle quoll bei der
UntersuchuDg des Grundes der Abscesshöhle plötzlich
Blat in einem etwa 6 cm hoben and Vscm dicken, nicht
rhythmisch spritzenden, sehr dunkel gefärbten Strahle
hervor. Es zeigte sich, dass dieOrannlationen, ansdeneo
die durch Tamponade übrigens leicht zu stillende Bh-
tnng herkam, den Sinns aasfüllten nnd dass dessen
äussere Wand vollständig zerstört war. In 2 weiteren,
derselben Klinik entstammenden Beobaohtnngen, über
die Witte und Sturm (6, p. 68) und Sturm uod
Sack stör ff (7, p. 113) berichten, nahm das eine Mal
die schon früher vorhandene Neuritis optici nach der
Entleerung des Extradaralabscesses noch zu und bestaod
femer noch 5 Tage lang irreguläres Fieber, während bei
der 2. Kranken sich erst 13 Tage nach der Operation eine
beiderseitige stark ausgebildete Stauungspapille und eine
Abducenslähmung auf der ohrkranken Seite entwickelten.
Von einem weiteren chirurgischen Eingriffe wurde in
Anbetracht der raschen Besserung des Allgemeinbefiodeos
abgesehen und es erfolgte auch ohne einen solchen Ge-
nesung. In einem Falle von Laurens (11) wurden
stark entwickelte meningitische Erscheinungen durch die
Entleerung einer Eiteransammlnng über dem Tegmen
tympani beseitigt. Endlich beobachtete 6 runer t (3)
bei einem Kranken mit perisinnösem Abscesse das Auf-
treten von Glykosurie, die am 3. Tage nach der Eiter-
entleerung wieder verschwunden war. Ueber diesen
Fall und den Zusammenhang von Olykosurie mit Ohi-
erkrankungen ist an früherer Stelle (p. 135) gesprooheo
worden.
Fälle von tiefem Exiraduralabacess werden von
Frey (9) und von Schenke (2) beschrieben.
Bei dem Kranken Frey*s waren 3 Wochen nach
der wegen akuter Mastoiditis vorgenommenen Aufmeisse-
lung Schwäche, hohes Fieber, leichte Aphasie, starker
Schwindel und Pulsverlangsamung aufgetreten. Bei
einer neuerlichen Operation wurde die Dura der mittlerea
Schädelgrabe an ihrer Anssenseite mit Granulatiooen be-
setzt gefunden, doch liess sich weder hier, noch im
Schläfenlappen oder Kleinhirn Eiter nachweisen. Das
Krankheitbild, zu dem sich noch gekreuzte Facialis-
lähmnn^ gesellte, erfuhr erst einen plötzlichen Um-
schwung zum Besseren, als sich reichlicher Eiter ans
der Wunde entleerte, der seinen Ursprung aus einem
ausserordentlich tief liegenden Extraduralabscesse der
mittleren Schädelgrube genommen hatte. Unter fort-
währender Drainage dieses Absoesses erfolgte in relativ
kurzer Zeit Genesung. Schenke sieht den von ihm
aus Leutert's Onik mitgetheilten Fall von tiefem
Extraduralabscesse der hinteren Schädelgrube nach link-
seitiger chronischer Otitis media supp. als vom Saociis
endolymphaticus ausgegangen an. Die Symptome, die
bei der Aufnahme bestanden, Schmerzen in Stirn und
Mittelkopt Druckern pfindliohkeit im Nacken, grosse Un-
ruhe, Somnolenz, drei Schüttelfröste in 24 Standen, Pols-
verlangsam ang, ferner Schwindelgefühl, Taumeln naoh
links beim Gehen, vollständige Taubheit, wurden auf eine
Labyrintherkrankung und, da die Lumbalpunktion negativ
ausfiel, auf eine von jener inducirte Sinnsthrombose and
einen intraoraniellen drucksteigernden Abscess bezogen.
Bei der Operation wurde die Dura der mittleren Sohädel-
grube gesund gefunden, dagegen zeigte sich bei £r-
Öffnung der hinteren Schädelgrabe, dass median v^ona
Sinus ein Eiterherd vorhanden war, der sich jetzt ent-
leerte und durch seinen Druck den sonst normalen Stniu
comprimirt hatte. Zur vollständigen Aufdeckung diese«
Eiterherdes und zur Ermittelung seiner Ursache wardec
noch mehrfache weitere Eingriffe vorgenommen, die
meisselung des Knochens median vom Sinus bis
dem Labyrinthe, dann die Fortnahme des hinteren
tikalen Bogenganges und des nach innen von ihm
legenen Knochens bis tief in die Pyramide,
wurde kein Knoohenherd entdeckt, der Bogeng^sij
(der auf seine Verletzung durch einige Zeit anhaltiezi
den Schwindel reagirte) war gesund, dagegen die Dcar«
mater weithin medianwärts graugrünlich verfärbt cix^
erweicht. In der Folge machten sich noch 2mal ix
mitten sonst guter Erholung Oerebralsymptome , Ko^t
Blau , Berioht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
159
schmerzen, BreohneigaDg, leichter Schwindel, bei dem
2.ioM6 TemperatorerhöhoDg bis auf 39.6*, bemerkbar,
die auf eine Hyperämie der Meningen und Vermehrung
dee Liquor, bez. Meningitis serosa bezogen wurden und
du L Mftl nach einer starken Blutung bei der Auf-
sacboog des yermutheten Kleinhirn abscesses, das 2. Mal
oach der Lofflbalpunktion verschwanden. Der Ausgang
wir io Heilang (Nachbeobachtung 2 Jahre), auch die
Ohreiterung einschliesslich derjenigen aus dem ovalen
f eoster versiegte.
Im Anschluss hieran möge sogleich noch einer
Arbeit von S c h u 1 z e (5) gedacht werden, die der
Schwartze'sohen Klinik entstammt und sich
mit dem Empyem des Saeeua ei^dolymphaiieua be-
schiftigt
Der zu Grande liegende Fall betraf einen Mann mit
rechtseitiger chron. Mittelohreiterung, bei dem ein Ohr-
pelyp extnhirt und später die Totiuaufmeisseluog vor-
genommen worden war. Danach befand er sich 2Vi Mon.
lang vollkommen wohl und auch der WundverUuf war
ein gnter, nur dass sich an einer schwarz verfärbton und
ruhen Stelle des horizontalen Bogenganges der Knochen
nicht mit Granulationen bedeckte. Dann stellten sich
bei sabnormaler Körpertemperatur plötzUch starke Kopf*
sohmerzeo. Schwindel und Erbrechen ein, diese Störungen
verloren äoh nach 4 Tagen wieder, um 14 Tage später
TOQ Neoem aufzutreten. Eine rapid verlaufende Menin-
gitis machte dem Leben ein Ende. Die Sektion ergab
tosaer letzterer einen umfangreichen Kleinhirnabscess
Qod ferner einen an der hinteren Wand der Pyramide
ein in der Gegend der Mündung des Aquaeductus vesti-
Mi der Innenfläche der verdickten Dura aufsitzenden,
£lben, kirschengrossen und prall mit Eiter gefüllten
oKt, der sich aber bei näherer Betrachtung als unter der
Dun gelegen herausstellte und deswegen, sowie wegen
SBner Lage und seiner Auskleidung mit Plattenepimel
als ein Empyem des Saccus endolymphaticus aufgefasst
Verden mosste. Der Knochen in der Umgebung war
TöOig gesund, die Bogengangnekrose nur oberflächlich,
nelmehr mnsste die Infektion des Labyrinths als durch
^ ovale Fenster entstanden angenommen werden, indem
^ der Polypenentfemung oder bei der Badikaloperation
der Steigbäeel mit extrahirt worden war. Die Meningitis
var durch fiuptur des Empyems zu Stande gekommen.
Schulze sieht die in diesem Falle beobachte-
^ C^ebralsymptome (Kopfschmerzen, Erbrechen,
^Windel), die 2^/] Mon. nach der Aufmeisselung
iKdi som ersten Male bemerkbar gemacht hatten,
^ Ton dem Kleinhirnabscess abhängig an und
aeint, dass sowohl die Labyrintherkrankung als
<b Impyem des Saccus endolymphaticus hier
^^|ll*ttsdig latent verlaufen wftren. Insbesondere
Verspricht er dem von Jansen^) für letzteres
*<i%e8tellten Krankheitbilde (hohes Fieber, trockene
^^^ Zange, starke Kopfschmerzen, Schwindel,
Richte Benommenheit, Unruhe), da in seinem Falle
^ ebenso in einem solchen von Muck*) Fieber
dorchveg fehlte und das Sensorium frei geblieben
^* Sb lässt sich mithin ans den Symptomen ein
HBpyem des Saccus endolymphaticus nicht dia-
S'^^Micirea, doch würde an die Möglichkeit eines
^f^f^^eti zu denken sein, wenn (wie auch in
Schulze's Beobachtung) bei vermutheter oder
i^*digewiesener Labyrintheiterung das Gehör relativ
^oüg beetntrfiohtigt, mithin der Vestibularapparat
*) ArcL l Ohrenhkde. XXXV. 3 u. 4. p. 296. 1893.
') Zteehr. f. Ohrenhkde. XXXV. 3. p. 218. 1899.
vorzugsweise und gegen die Schnecke abgegrenzt
betroffen ist. Es würde unter diesen Umständen
auch operativ der Saccus endolymphaticus in Be-
tracht gezogen werden müssen, da anderenfalls
eine Eiteransammlung in ihm nothwendig zu wei-
teren intracraniellen Folgezustflnden (Kleinhirn-
abscess, Meningitis, tiefer, bez. perisinuöser Eztra-
duralabscess) führt
b) Qehwnabeoeee.^) Die von Müller') auf-
gestellte Behauptung, dass die VereehiedenheUen
im kUnieehen Biide des otitischen Himabscesses
davon abhängen, ob er sich zuerst im parenchyma-
töeen oder im interstitiellen Gewebe entwickelt,
hält Frey sing (2, p. 271) für nicht zutreffend.
Vielmehr ist er geneigt, die Stärke der Virulenz
der eingewanderten Bakterien, bez. die geringere
oder grössere Widerstandskraft des Körpers oder
Organs hierfür verantwortlich zu machen, insofern
es bei hoher Virulenz schnell zu ausgedehnter
jauchiger Nekrose kommt und schwere Allgemein-
erscheinungen schon eintreten, bevor sich noch
eine den Abscess umgebende Kapsel entwickeln
*)Literahtr: 1) Körner, Die otitisohen Erkran-
kungen des Hirns, der Hirnhäute und der Blutleiter.
3., vollständig umgearb. u. vermehrte Auflage, p. 132.
Wiesbaden 1902. J. F. Bergmann. — 2) Preysing,
Arch. f. Ohrenhkde. LI. 4. p. 262. 1901. — 3) Sohenke,
Ebenda Llll. p. 158. 165. 1901. — 4)Grunert u.
Sohulze, Ebenda LIV. 1 u. 2. p. 71. 87. 104. 106. 114.
1901. — 5) Pause, Ebenda LVL 3 u. 4. p. 278. 1902.
— 6) Schulze, Ebenda LYU. 1 u. 2. p. 67. 1902. —
7)Mana8se, Ztschr. f. Ohrenhkde. XXX Vlll. 4. p. 336.
1901. — 8) Siebenmann u. Oppikofer, Ebenda XL.
2 u. 3. p. 229. 245. 1901. — 9) Poper, Ref. Ebenda X LI.
2. p. 169. 1902. — 10) Voss, Ebenda XLL 3. p. 223.
1902. — 11) Knapp, Ebenda XLU. 1. p. 65. 1902. —
12) Hammerschlag, Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u.s.w.
XXXV. 1. p. 1. 1901. — 13) Alt, Ebenda XXXV. 2.
p. 59. 1901. — 14) Kayser, Ebenda XXXV. 3. p. 125.
1901. — 15) Frey, Oesterr. otol.Qes. s. Ebenda XXXV.
10. p. 444. 445. 1901. — 16) Frey, Oesterr. otol. Ges.
8. Ebenda XXXVI. 10. p. 447. 1902. — 17} Meyjes,
Niederl. Ges. f. Hals-, Nasen- u. Ohrenhkde. s. Ebenda
XXX VL 11. p. 486. 1902. — 18) Sikkel, Niederl. Ges.
U.S.W. s. Ebenda XXXVL 11. p.487. 1902. — 19) Hei -
man, Haug's kUn. Vortr. V. 2. p. 94 u. 141 flg. 1901.
— 20)Merkens, Deutsche Ztschr. f. Chir. LIX. 1 u. 2.
p. 74. 1901. — 21) Merken s, Ebenda LX. 5 u. 6. p. 417.
1901. ~ 22) D e n k e r , Deutsche med. Wchnschr. XXVII.
2. 1901. — 23) 8 1 e n g e r , Berl. klin. Wchnschr. XXX VIU.
11. 1901. — 24)Hölscher, Münohn. med. Wchnschr.
XLVm. 40. 1901. — 25) Piffl, Wien. klin. Wchnschr.
XIV. 16. 190L — 26) Brooa et Laurens, Ann. des
Mal. de TOreille etc. XX VIU. 1. 1902. — 27)Caboohe,
Ibid. XX Vm. 4. 1902. — 28) Bourgeois, Gaz. des
Hop. LXXV. 105. p. 1037. 1902. — 29) D e 1 s a u x , Presse
oto-laryng. Beige L 7. 1902. — 30) Gillot, Ibid. L 9.
1902. — 31) D e n 0 h , Transaot. of the Amer. otol. See.
XXXIV. p. 535. 1901. — 32) Jak ins, Lancet March 3.
1901. — 33) Ballanoe, Ibid. May 25. 1901.— 34)Bar-
ker, Brit med. Joum. April 19. 1902. — 35) Water-
house, Edinb. med. Joum. N. 8. X. 3. p. 229. 1901. —
36) Roosa, Post-Graduate XVI. 4. p. 360. 1901. —
37) Koller, New York med. Record LIX. 3. p. 87.
Jan. 19. 1901. — 38) May , Ibid. LX. 8. p. 290. Aug. 24
1901. — 39)McKernon, Ann. of otol. etc. XI. p. 178.
May 1902.
>) Aroh. f. Ohrenhkde. L. 1 u. 2. p. 13. 1900.
160
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
kann, dagegen bei sohwacher Virulenz die Eiter-
bildung vor der Nekrose überwiegt und genügend
Zeit zur Oranulationgewebebildung , mithin zur
Einkapselung gegeben ist Es handelt sich dem-
nach um einen Vorgang in verschiedenen Stadien
und verschiedener Intensit&t, nicht aber mit ver-
schiedener Lokalisation. Demnach thäte man auch
besser, anstatt von parenchymatösen und inter-
stitiellen Abscessen von akuten Absoessen oder
frischen gangränösen Herden und von chronischen
oder abgekapselten Abscessen zu sprechen. Die
Symptomatologie und Diagnose des otitischen Hirn-
abscesses findet bei Körner (1, p. 147), Ham-
merschlag (12) und Heiman (19) eingehende
Erörterung, ausserdem ist auf die diagnostischen
und differential- diagnostischen Hinweise, die Mer-
ken s (20) beibringt, aufmerksam zu machen.
Körner bemerkt, dass wir das Bild des uncom-
plioirten Hirnabscessee eigentlich gar nicht kennen,
da z. B. die Femwirkungen, desgleichen manche
als Druckerscheinungen betrachtete allgemeine
Hirnsymptome oder auch das Fieber vielleicht von
einer durch den Abscess hervorgerufenen leichten
und nach seiner Entleerung heilbaren Encephalitis
abhängen. Ferner können wir die Zeichen einer
complicirenden serösen oder einer leichten, der
spontanen Heilung fähigen serös- eiterigen Menin-
gitis noch nicht hinreichend von den Symptomen
des Abscesses abtrennen, und es mögen z. B. auf
jene die beobachtete Nackenstarre, der ab und zu
erhobene Befund von Leukocyten in der Lumbal-
flQssigkeit und der Hydrops ventriculorum bei
Kleinhirnabscessen zu beziehen sein. Hammer-
schlag folgert aus einer Zusammenstellung von
195 Fällen von operirtem Orosshirnabscess, dass
dieser vornehmlich in das 2. bis 3. Decennium
fällt, von da an Häufigkeit gradweise abnimmt und
nach dem 50. Lebensjahre bereits zu den Selten-
heiten gehört, dass etwa 70*/o der Kranken männ-
lichen Geschlechts sind und etwa 25<^/o den Ab-
scess nach einer akuten Mittelohreiterung erworben
haben. Die Temperatur war beim uncomplicirten
otitischen Orosshirnabscess in ötwas mehr als der
Hälfte der Fälle erhöht, Schüttelfrost aber nur sehr
selten (6mal) aufgetreten. Kopfschmerzen, meist
allgemeine, waren in 103 Fällen vorhanden, auf
die Seite des Abscesses lokalisirt zeigten sie sich
28mal, 14mal bestand Druckschmerzhaftigkeit in
der Schläfengegend der erkrankten Seite. Dagegen
wurde nur 3mal lokaler Schmerz an einer dem
Sitze des Abscesses nicht entsprechenden Stelle
beobachtet (vgl. hierzu auch den Fall von Del-
saux (29) mit Kopfschmerzen constant auf der
entgegengesetzten Seite). Störungen des Sensorium
und der Psyche fanden Bichl05mal, Nackensteifig-
keit 12mal, allgemeine Krämpfe lOmal, Puls ver-
langsamung 73mal, Veränderungen des Augen-
hintergrundes 60mal, Aphasie unter 96 Abscessen
des linken Schläfenlappens 53mal, Hemianopsie
6mal, gekreuzte Lähmungen oder halbseitige
Krämpfe 70, bez. 7mal. Merkens (20, p. 77)
meint, dass die gekreuzten Lähmungen stets auf
die innere Kapsel bezogen werden müssen, dagegen
die Krämpfe der entgegengesetzten Seite (nach
dem Jackson 'sehen Typus) auf eine Reizung der
Rindencentren in Folge von seröser oder eiteriger
Meningitis. Vollständig symptomioser Verlauf bis
zur operativen Entleerung des (Schläfenlappen-)
Abscesses wird von Preysing (2, Fall 1) und
Manasse (7, Fall 1), bis zu dem plötzlich durch
Athmunglähmung erfolgten Tode von Frey (15,
p. 445) beschrieben. Die beim otitischen Schläfen-
lappenabscess der linken Seite auftretenden Sprach-
störungen werden von Merkens (21) unter Zu-
grundelegung von 24 aus der Literatur gesammelten
Beobachtungen und einer eigenen [vgl. a. Mer-
kens (20, p. 86)] besprochen und an der Hand
eines Schema genau erläutert Die Wortstumm-
heit, d. i. die Störung der Lautsprache in der Ex-
pression, war 8mal begleitet von Worttaubheit
(Störung der Lautsprache in der Perception), 2mal
von einer Störung beim Nachsprechen, 7mal von
einer Schreib-, 9mal von einer Lesestörung und
4mal von angedeuteter Seelenblindleit (optische
Aphasie). Der Paraphasie wird keine grosse und
besonders keine lokaldiagnostische Bedeutung bei-
gelegt. Die beim Schläfenlappenabscess beobach-
teten Sprachstörungen beruhen nur ausnahmeweise
auf einer Beeinträchtigung der Sprachcentren selbst,
sondern in der Regel auf einer solchen von Lei-
tungsbahnen. Von letzteren kommen in erster
Linie diejenigen in Betracht, die das Klangbild-
centrum mit dem Begriffcentrum verbinden, seltener
diejenigen zwischen Klangbild- und Schriftbild-
centrum. Störungen der motorischen Sprachfunk-
tion sind beim Schläfenlappenabscess noch nie mit
Sicherheit beobachtet worden, wohl aber solche,
die in das Gebiet der optischen Sphäre fallen.
Wenn Störungen der Schriftsprache unabhängig
von der Lautsprache vorhanden sind und noch
mehr bei Andeutungen von Seelenblindheit, ist
man berechtigt, einen mehr occipitalwärts sich
erstreckenden Entzündungsherd anzunehmen. Aus
den sonstigen in der neuesten Literatur nieder-
gelegten Beobachtungen von Aphasie beim otiti-
schen Schläfenlappenabscess [Preysing (2, p. 268.
275. 293), Schenke (3, p.l60), Siebenmann
und Oppikofer (8, p. 233. 235), Hammer-
schlag (12, p. 5flg.), Kayser (14, p. 126),
Stenger (23), Piffl (25)] ist diejenige von
Preysing besonders hervorzuheben, in der der
Wortausfall sich anfangs allein auf sämmtliche
topographischen Namen (Länder, Städte, Strassen)
erstreckte und die Aphasie erst nach der Ent-
leerung des Abscesses in Erscheinung trat Der
Zustand des Sensorium vor der Operation, insofern
er etwa eine genauere Prüfung nicht ermöglichtei
trug in diesem Falle nicht, wie in verschiedenen
anderen, die Schuld hieran, vielmehr muss eine
durch die Entleerung des Abscesses veranlasste
Blau, Berioht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunda
161
ErnShniDgstörung (starke Hyperftmie, Oedem, Ver-
lagerung) zur Erklftrung herangezogen werden.
FQr einige Tage trat dann noch in Folge einer
Sekretverhaltung eine weitere Amnesie für einzelne
Namen Ton Gebrauchgegenständen und einmal auch
für einen Tag eine leichte paraphatische Störung
hinzu. Erst nach über 14 Tagen stellte sich die
Fähigkeit wieder ein, Orte und Strassen zu be-
nennen.
SiebenmaDD und Oppikofer sprechen in ihrem
?aIlo TOD einer motorischen and optischeo Aphasie, die
mit Agraphie, aber nicht mit Aiexie, verbunden war.
Ziemlich starke Olykosurie ist von Frey (16) bei einem
openiteo rechtseitigen Kleinhimabscess beobachtet wor-
deo. Sie hielt mehrere Tage an und danerte als alinien-
tire Glykosarie noch einige Zeit weiter fort, sowie sie
sich auch später durch hohe Dosen von Lävuiose oder
Dextrose vorübergehend erzengen liess. Brooa und
Laareos (26) beschreiben einen Fall, in dem sämmt-
iviiit Symfiome eines Oehimtibscesses wahrscheinlich
iureh eine Meningitis serosa erzeugt w urdon . Es bestan-
den neben Cholesteatom des linken Warzenfortsatzes
mSssiges Fieber, lokalisirter Kopfschmerz, leichte Aphasie,
8töniDgeD des Sensorium, Schwäche in den linken Ez-
tremititeD, Polsverlangsamung, Sehstörnngen, die Punk-
tioo des Schläfenlappens und Kleinhirns führte aber zu
keiner Eiteren tleeroDg nnd derSLr. genas auch ohne dieses
vieder vollständig.
Spontandurehbrueh eines Kleinhimabscesses in den
v^fwten WarxenforisaU mit reichlichem Eiterabfluss
te R 0 0 8 a (36) gesehen. Der Tod erfolgte an Meningitis.
Isapp (11) berichtet über einen Fall von Kleinhirn-
iiiens im linken Floecuhcs. Obgleich die hintere Felsen-
tefifliche bis auf fast 0.5 cm von der Oeffnang des inneren
Gebörganges entfernt wnrde, gelang es bei wiederholten
PuktioDen nicht, den Abscess aufzufinden, weil er un-
gsvöholich tief und an unzugänglicher Stelle gelegen
nr. Auch hier führte eine eiterige Meningitis den tödt-
licken Ausgang herbei. Mehrfache Abseessbildung wird
ffl folgenden Fällen beschrieben: Oranertu. Schal ze
(i p. 104): Neben der durch die Operation entleerten
Ibfloesshöhle im Schläfenlappen fand sich ein zweiter,
UMTöffnet gebliebener Abscess, der fast den ganzen
l^netftllappen einnahm. M e r k e n s (20, p. 53) : Kinder-
bostgrosser Erweichungsherd im rechten Schläfenlappen,
in loatomischem Zusammenhang mit einer akuten Otitis
ned. sopp. ; hinter ihm, nach dem Occipitallappen zu, ein
Sit iwhoeoCTosser subcortikaler Abscess mit deutlicher
embno. P o p e r (9) : Im Schläfenlappen, dessen ganzen
<Aenn Theil einnehmend , zwei grosse über einander
%eode Abscesse, die nicht nur die weisse, sondern auch
die grioe Substanz zerstört und trotzdem keine Herd-
tjnptome hervorgerufen hatten. Gillot (30): Nuss-
gnier Abscess in der weissen Substanz der rechten
Ilembirahälfte und ihm benachbart ein zweiter kleinerer
is der grauen Substanz.
Bei der operativen Behandlung des Orosshim-
»bsoessea empfiehlt Frey sing (2, p. 276) aus-
Bihmelos, die Probepunktion in der von ihm ange-
Kebenen Weiset) vom Tegmen tympani et antri
tos vorzunehmen und, da in F&llen von Abscess
iteks auf ihn hinweisende Veränderungen an der
Don vorhanden sind, letztere in weiter Ausdeh-
vmg vom tabalen Ende der Paukenhöhle bis zur
Pyramidenkante und nach innen bis zur inneren
Fankonhöhlen- und Antrumwand freizulegen und,
veui nöthig, mit dem Kehlkopfspiegel abzusuchen.
>) Vgl. Ztsohr. f. Ohrenhkde. XXXVH. 2 u. 3. p. 213.
Med. Jahrbb. Bd. 281. Hft. 2.
Findet sich eine auch nur kleine missfarbige Stelle
der Dura, so giebt sie beim Vorhandensein ver-
dächtiger cerebraler Erscheinungen genügend An-
lass zur Spaltung und Probepunktion. Vielleicht
sind gerade bei den chronisch und mehr latent
verlaufenden Formen des Hirnabscesses die Dura-
veränderungen stärker ausgesprochen, während sie
bei den akuten Formen mit ausgeprägten Sym-
ptomen geringer sind. Auch zur Nachbehand-
lung gentigt nach P r e y s i n g meist die im Tegmen
angelegte Oeffnung, doch kann man, wenn man
glaubt, hiermit nicht auszukommen, später noch
eine Gegenöffnung von der Schuppe aus machen.
Hammerschlag (12, p. 13) hat in den von
ihm zusammengestellten Fällen gefunden, dass von
106 Kranken, die nur von der Schuppe aus operirt
wurden, 37.7<^/o) von 64 nur vom Warzenfortsatz
aus operirten 48.4% genasen. Dagegen war das
Heilungsprooent in denjenigen Fällen, in denen
sowohl am Tegmen, als an der Schuppe eine Oeff-
nung angelegt wurde, das grösste, von 10 in dieser
Weise operirten Kranken genasen 8 gleich 80%.
Desgleichen spricht sich jetzt Eörner(l, p. 197)
dahin aus, dass die doppelte Eröffnung derOehim-
absoesse vom kranken Schläfenbein und zugleich
von der äusseren Schädelwand die besten Aus-
sichten fQr die Heilung bietet, da sie den Vortheil
der sicheren Auffindung des Absceeses vom pri-
mären Krankheitherde mit dem der grösseren Ueber-
sichtlichkeit und der bequemeren Zugänglichkeit
der Höhle bei der Nachbehandlung vereinigt. Die
Resultate stellten sich in den von Körner (1, p. 189)
gesammelten 212 Fällen von operirtem Orosshirn-
abscess und 55 Fällen von operirtem Kleinhim-
abscess für die verschiedenen Operation methoden
— oombinirte Eröffnung vom kranken Schläfen-
bein und von aussen, Eröffnung nur vom kranken
Schläfenbein, Eröffnung nur von aussen — beim
Grosshirnabscess auf 84.6<>/t, 58.8% und 41.4%
Heilungen, beim Kleinhimabscess auf 66.6%,
56.5% und 40.9% Heilungen.
Von den in obiger LUeratur enthaltenen 32
operirten Kranken gehörten 19 dem männlichen,
13 dem weiblichen Oeschlechte an, 6 standen im
Alter von 6 — 10, 6 zwischen 11 und 20, 10 zwi-
schen 21 und 30, 8 zwischen 31 und 40, 2 zwi-
schen 51 und 60 Jahren, die ursächliche Ohreite-
rung war 5mal akut, 27mal chronisch, 13mal
rechtseitig, 19mal linkseitig gewesen, 25mal hatte
der Abscess im Qrosshirn (23mal Schläfenlappen,
Imal Schläfen- und Hinterhauptlappen, Imal
ELinterhauptlappen), 7mal im Kleinhirn seinen Sitz.
Von den operirten Grossbimabscessen sind 17 ge-
heilt, 8 Kranke gestorben, von den Kleinhirn-
abscessen 4 geheilt, 3 Kranke gestorben. Todes-
ursache war 7mal Meningitis, die schon vor der
Operation bestanden oder sich erst später in Folge
fortschreitender Hirnerweichung entwickelt hatte,
Imal Meningitis und Pneumonie, Imal fortschrei-
tende Erweichung ohne Meningitis, Imal ein
21
162
Blau, Berioht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
zweiter, uneröffnet gebliebener Abscess, Imal wur-
den sonstige intracranielle Yerftndeningen nicht
gefunden, der Tod erfolgte bald nach der Opera-
tion, letztere war offenbar zu spftt gekommen.
A.U8 den Symptomen dieser Fälle ist des Weiteren
hervorzaheben , dass in demjenigen von Manasse
(7, F. 1) der bis dahin latent verlaufene Schläfen läppen-
abscess bei der Operation dadarch entdeckt wurde, dass
eine Fistel durch den Knochen der Schuppe nach hinten
und oben vom Gehörgange in die Dura und in die Sub-
stanz des Schläfenlappens hineinführte. Ebenso war in
der Beobachtung von Sieben mann u. Oppikofer (8)
der Abscess schon vor der Eröffnung fistulös in den Oe-
hörgang und nach aussen dicht über der Wurzel des
Jochfortsatzes durchgebrochen. Complikation des Ge-
hirnabscesses mit Thrombose des Sinus transversus ist
von Frey sing (2, p. 263. 285) 2mal und von Kol-
ler (37) gesehen worden. Die Eröffnung und Ausräu-
mung des Sinus wurde mit der Entleerung des Him-
abscesses verbunden, bei den Kranken Preysing's mit
dem Ausgange in Genesung, beider Kranken K olleres
mit tödtliohem Ausgange, indem zwar die Symptome der
Pyämie verschwanden, der Abscess aber noch nachträg-
lich durch Perforation in den Seiten Ventrikel zu Menin-
gitis führte. ' M e r k e n 8 (20, p. 89) beobachtete in einem
tödtlich ausgegangenen Falle in den letzten Lebensstun-
den eine starke Blutung aus der Operationwunde und
bemerkt, dass zu dieser wahrscheinlich die sich ent-
wickelnde Meningitis durch Störung der Athmung und
der Herzthätigkeit die Veranlassung gegeben hatte.
Ebenso spiele die Meningoencephalitis in der Aetiologie
des Spätprolapsus und des akuten Oedems nach Hirn-
abscessoperationen eine wichtige Rolle. G r u n e r t und
Schulze (4, p. 71) berichten über einen Fall, in dem
nach der Eröffnung eines Kleinhimabscesses starke Kopf-
schmerzen und fast unstillbares Erbrechen lange Zeit fort-
bestanden und die Prognose höchst ungünstig gestalteten.
Gegen das Erbrechen nützten systematische, mehrmals
am Tage je nach Bedürfniss wiederholte Magenausspü-
lungen mit physiologischer Kochsalzlösung. Dazwischen
konnte dem Magen etwas leicht resorbirbare Nahrung
(Ei, Bouillon, Cacao) zugeführt werden. Die sich an die
Würg- und Breohakte anschliessenden, nicht selten
recht bedrohlichen Collapszustände machten wiederholt
Aetherein spritzungen und subcutane Kochsalzinfusionen
nothwendig.
Bndlich wäre noch dreier von Voss (10) mit-
getheilter Fälle zu gedenken, in denen es sich nicht
um einen Oehirnabscess, sondern um eine akute
hämorrhagische Eneephaliiia im Anschlüsse an eine
akute oder chronische eiterige Mittelohrentzündung
gehandelt hat
Die Symptome bestanden in Kopfschmerzen, hohem
Fieber oder nur geringer vorübergehender Temperatur-
Steigerung, Aphasie, Benommenheit, Pulsverlangsam ung,
Imal Trismus, Imal Facialislähmung auf der ohrkranken
und Abducenslähmung auf der gesunden Seite, Druck-
empfindlichkeit des Warzentheils nach hinten und oben
vom äusseren Gehörgange. Bei der Operation wurde bei
dem ersten Kranken die Dura normid, die Hirnoberfläche
dunkelblauroth gefunden, die Punktion entleerte keinen
Eiter, wohl aber bluteten die Stichwunden sehr stark.
In dem 2. Falle war die Dura sehr dünn und zart, blau
durchscheinend, die Hirnoberfläche blaugrau, mit scharfer
Grenze in die normal gefärbte Himsubstanz übergehend,
bei den Punktionen zeigte sich einmal auf der sonst rein
blutigen Messerklinge ein linsengrosser gelber Eiterfleck.
Beide Fälle endeten in Genesung, der erste schnell, der
zweite langsamer und mit sehr zögerndem Schwinden
der Aphasie. Hier hatte sich auch noch ein umfang-
reicher HirnproUpsus gebildet, der mit dem Thermo-
kauter abgetragen wurde (sehr starke Nachblutung,
wobei in seinem Centrum eine erbsengrosse, glattwaodige,
mit geruchlosem, rahmigem Eiter gefüllte Höhle ge-
funden wurde. Der 3. Fall, in dem es nicht zur Opera-
tion gekommen war, verlief tödtlich; die Sektion ergab
zahlreiche Verwachsungen der Dura mit der Pia, Oedem
der letzteren über dem Parietallappen, gelbe Erweichung
der Hirnrinde an der Unterfläche des Schläfenlappens in
Markstückgrösse. Voss betrachtet die drei von ihm
erhobenen klinischen und anatomischen Befunde alt
Stadien desselben Krankheitvorganges, er maoht darauf
aufmerksam, dass die hämorrhagische Encephalitis mit-
hin keineswegs immer den nicht eiterigen Charakter be-
wahrt, und empfiehlt, entgegen Oppenheim, ein opera-
tives Einschreiten, wofern sich das Hirnleiden nach einer
eiterigen Otitis media entwickelt hat
o) Sinusthrombose und Pyämie^). Die von
Leutert bereits in seiner ersten hierher ge-
>) Literatur: 1) Piffl, Arch. f. Ohrenhkde. LL
2 u. 3. p. 167. 1901. — 2) Piffl, Ebenda LL 4. p. 241.
245. 1901. — 3) Hölscher, Ebenda LH. 1 u. 2. p. 110.
123. 126. 1901. — 4) Schenke, Ebenda LllL p. 117.
122. 129. 131. 133. 135. 138. 144. 147. 173. 1901. -
5)Grunert,EbendaLIILp.286. 1901. —6) Schulze,
Ebenda Lin. p. 297. 1901. — 7)6runertu. Schulze,
Ebenda LIV. 1 u. 2. p. 68. 82. 97. 100. 104. 108. 114
1901. — 8) Stenger, Ebenda LIV. 3 u. 4. p. 216.
1902. — 9} Zaufal, Ebenda LV. 1 u. 2. p. 30. 1902. —
10) Streit, Ebenda LVL 3 u. 4. p. 178. 188 flg. 1902.
— 11) Leutert, Ebenda LVL 3 u. 4. p. 21ö. 1902.
— 12) Grunert, Ebenda LVIL 1 u. 2. p. 23. 1902.
— 13) Piffl, Grunert, Kümmel, Alexander,
Schwartze, Natnrf .- Vers. 1902 s. Ebenda LYII. 1 o. 2.
p. 120. 121. 1902. — 14) Witte u. Sturm, Ztschr.
f.Ohrenhkde. XJXIX.l. p.57.59. 190L — 15) Eulen-
stein, EbendaXL. 1. p.44. 1901. — 16) Mann, Ebenda
XL. 3 u. 4. p. 354.1902. — 17) Sturm u. Suckstorff,
Ebenda XLI. 2. p. 116. 124. 1902. — 18) Alt, Oesterr.
otol. Ges. 8. Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u. s. w. XXXV. 2.
p. 76. 1901. — 19) Berens, New Yorker otol. Oes. s.
Ebenda XXXV. 6. p. 264. 1901. — 20) Politaer,
Oesterr. otol. Ges. s. Ebenda XXXV. 10. p.443. 1901.—
21) Alt, Panzer, Alexander, Politzer, Ebenda
XXX VL 4. p.l40. 1902. — 22) Alt, Ebenda XXX VLa
p.327. 1902. — 23) Alexander, Biehl, Alt, Hain-
merschlag. Ebenda XXX VL 8. p. 330. 1902. —
24) Körner, Die otitischen Erkrankungen des Hima,
der Hirnhäute u. der Blutleiter. 3. Aufl. Wiesbaden 1902*
J. F. Bergmann, p. 79. — 25) H ö 1 s c h e r , Die otit. Sioos«
thrombose u. ihre operative Behandlung. Sond.-Abdr. a.
Bresgen's zwangl. Abhandl. VI. 6. 7. 8. Halle a. d. &
1902. Carl Marhold. — 26) Heiman, Haue's klin.
Vortr. V. 2. p. 119. 141. 1901. — 27) Herzfeld (Vor-
trag u. Diskussion), Verhandl. d. Berl. otol. Ges. Jahi^.
1901/2. Leipzig 1903. Georg Thieme. p. 24. — 28) Mer-
ke n s , Deutsche Ztschr. f. Chir. LIX. 1 u. 2. p. 91. 1901. —
29)Schmiegelow, Nord. med. ark. (Kirurg.) XXXV.
6. p. 1. 1902. — 30) Alt, Wien. klin. Wchnschr. XIV.
11. 1901. — 31) Alt, Wien. med. Presse XLIIL 24.
1902. — 32) Hölscher, Wien. klin. Rundschau XVL
28. 1902. — 33) Hölscher, Münchn. med. Wchnschr.
XLVIII. 35. 1901. — 34) Bloch, Friedrich, ftag.
med. Wchnschr. XXVL 20. 21. 1901. — 35) Witt-
maack, Allg. med. Centr.-Ztg. LXXL 58. p. 683. 1902,
— 36) Lermoyez, Ann. des Mal. de TOreiUe eta
XXVUL 1. 1902. - 37) Lombard , Ibid. XXVUI. 9.
1902. — 38) Schmieg elow, Revue de LaryngoL eto
XXIII. 17. 18. 19. 1902. — 39)Triboulet, Gas. d«i
Hop. LXXV. 136. 1902. — 40) Gruenins, Tranaact
of the Amer. otol. Soc. XXXIV. p. 600. 1901. —
41) Knapp, Ibid. XXXIV. p. 517. 1901. — 42) Orne«
ning, Ibid. XXXV. p. 75. 1902. — 43) Lovell, Ilä^
XXXV. p.84. 1902. — 44) Waterhonse, Sdinb.med
Journ. N. S. X. 3. p. 233. 1901. — 45) Lodge, Brit
Blau, Bericht Aber die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
163
hörigen Arbeit ^) vertretene und in der Folge un-
Terftndert festgehaltene Ansicht, dass aUen Fällen
Ton otogener Pyämie eine Sinusthrombose (bez. eine
solche des Bulbus venae jugularis) zu Örunde liegt,
hat in den letzten Jahren immer allgemeinere Zu-
stimmung gefunden, besonders seitdem Körner
(24, p. 95) selbst zugegeben hat, dass die von ihm
ÜB „Osteophlebitispyämie*^ bezeichnete Form weit
seltener vorkommt, als er früher glaubte und dass
f^ sie ein Beweis aus den Sektionbefunden bisher
nicht erbracht werden kann. Das von Körner
als charakteristisch für die Osteophlebitispyämie
hingestellte klinische Bild (Vorkommen vornehm-
lich im jugendlichen Lebensalter und nach akuten
Mittelohreiteningen, Sitz der Metastasen in den
Gelenken, Schleimbeuteln und Muskeln, sehr selten
in den Lungen, auffallend günstige Prognose) kann
nach Leutert sowohl durch wandständige als,
wenngleich viel weniger oft, durch obturirende
Sinnsthromben erzeugt werden, von denen die
ersteren mitunter auch bei chronischen, die letz-
teren mitunter bei akuten Mittelohreiterungen vor-
bmmen. In jedem Falle aber ist nach den heute
siigemein geltenden Anschauungen das Fehlen
einer Sinusthrombose bei otogener Pyämie ein so
nauhmeweises, dass es für unser therapeutisches
Biadeln nicht in Betracht gezogen werden darf,
wir Verden, sobald sich pyämische Symptome oder
te bwachsenen selbst nur andauerndes hohes
Fieber, mit oder ohne Gerebralsymptome, das auf
eine andere Ursache nicht zurückgeführt werden
hnn, tu einer eiterigen Mittelohrentzündung hinzu-
geeeüen, den Sinus freizulegen haben, um je nach
dem Befände an ihm uns zunächst noch abwartend
n Terhalten oder sofort zu seiner operativen Er-
Übnng zu schreiten.
Die Symptomatologie der otogenen Sinusthrom-
kee wird eingehend von Körner (24), Höl-
scher (25), Hei man (26) und Herzfeld (27)
l^csprochen. Letzterer macht darauf aufmerksam,
da» sich die Begriffe „Sinusthrombose*^ und „Py-
ämie^ keineswegs decken, im Oegentheil braucht
die lokalisirte Sinusthrombose, so lange es nicht
imn Zerfalle des Thrombus gekommen ist oder
wenn ein vollständiger Abschluss nach beiden Seiten
hin besteht, gar keine Erscheinungen und nicht
einmal erhöhte Temperatur zu machen. Solche
nUe gänzlich sympiomloaen Verlaufes werden von
Streit (10, p. 178) und von Hol seh er (33) be-
nchtet Herzfeld betont femer, dass der Puüs
licht immer die in den Lehrbüchern angegebene
Uetne, fadenförmige und sehr frequente Beschaffen-
heit hat, sondern dass in Folge der durch die
Thrombose hervorgerufenen Stauung gelegentlich,
veno etwa die andere Jugularis die Funktion der-
iMl Journ. p. 646. Sept. 8. 1900. — 46) Koller, New
Yöfk med. fiecord LIX. 3. p. 87. Jan. 19. 1901. —
47) Cott, Amer. Med. HI. 16. p. 644. April 19. 1902.
0 Arch. f. Ohrenhkde. XLI. 3 u. 4. p. 217. 1896.
^gL a. auB der ohen angefahrten Literatur Nr. 11.
jenigen der erkrankten Seite nicht mit zu über-
nehmen im Stande ist oder wenn die sonstigen
Warzenfortsatz- oder Hinterhauptvenen nicht ge-
nügend entwickelt oder gleichfalls verstopft sind,
ein erhöhter Hirndruck und damit eine Puls-
verlangsamung eintreten kann. Eulenstein(15)
bespricht auf Grund der 7 bisher veröffentlichten
Fälle und einer neuen eigenen Beobachtung ^) die
otogene Sepiikämie oder nach ihm besser Tbacinämie,
bei der die Aufnahme der Toxine in das Blut un-
abhängig von jeder Thrombose statthat und der
Tod erfolgt, bevor sich noch von dem primären
Erankheitherde eine thrombophlebitische Pyämie
entwickeln konnte. In den erwähnten Fällen hatte
sich die Toxinämie 6mal an eine akute, 2mal an
eine chronische Mittelohreiterung angeschlossen,
bei Kranken im Alter von 7 — 43 Jahren und gleich
oft bei Männern und Weibern, sowie bei Sitz der
Otitis auf der rechten und linken Seite. 2mal
zeigten sich ausgedehnte sulzige Infiltrationen in
der Umgebung des Ohres, die von Körner als
charakteristisch für eine septische Erkrankung be-
trachtet werden. Das Fieber war 4mal continuir-
lich hoch, 4mal remittirend, nur 2mal mit Frösten.
Albuminurie wurde 2mal, Ikterus 3mal beobachtet.
Metastasen waren nur 2mal in den beiden Fällen
A. Fränkel's von Dermatomyositis vorhanden.
Die Dauer der Erkrankung vom ersten Erscheinen
des Fiebers an betrug meist nur wenige Tage, aus-
nahmeweise bis zu 3 Wochen, die eigentlichen Ver-
giftungsymptome (Unruhe, Delirien, jagender kaum
fühlbarer Puls, Cyanose des Gesichts, Kühle der
Glieder, weite Pupillen, frequente, aber aussetzende
geräuschvolle Athmung , zuweilen Schweissaus-
bruoh, auch wohl Erbrechen, zunehmende Be-
nommenheit, trockene Zunge und Lippen) traten in
der Regel plötzlich auf und führten in wenigen
Stunden zu dem im tiefsten Koma erfolgenden
Tode, der bisher (auch bei den operirten Kranken)
den einzigen Ausgang bildete. Bei der Sektion
wurde nur 2mal eine Entzündung der Sinuswand
gefunden, das eine Mal mit flachem, der Innenwand
aufsitzendem und an seiner äussersten Spitze gelb
verfärbtem wandständigem Thrombus, dias andere
Mal (Eulenstein) war die innere Sinus wand
an umschriebener Stelle höckerig und sprang in
das Lumen etwas vor (eben beginnende wand-
ständige Thrombose). Die Infektion des Körpers
geschieht entweder durch Aufnahme der Eiter-
>) Ein weiterer Fall von Septikämie nach akuter
Mittelohreitemng, der unter dem Bilde der Dermato-
myositis verlief, ist von Sohwabach (27, p. 30) mit-
getheilt worden. Bei der Sektion wurden am rechten
Vorderarme und linken Oberschenkel trübe ödematöse
Infiltration des Unterhautzeilengewebes und in der
Muskulatur oiroumsoripte gelbe Flecke von schlaffer
Consistenz gefanden, die nnregelmässig in die Tiefe ein-
drangen und gegen ihre normal rothe Umgebung ziemlich
scharf abgesetzt waren. Bei der mikroskopischen Unter-
suchung dieser Flecke wurden Streptokokken nach-
gewiesen. Weder im Sinus, noch im Bulbus venae jugu-
laris bestand Thrombose.
164
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
kokken durch die erkrankte Sinuswand, wobei sich
die Toxine wohl zum grOssten Theile erst im Blute
selbst bilden, oder durch direkte Aufnahme der
Eiterkokken in die Schläfenbeinvenen ohne Ver-
mittelung des Sinus und insbesondere ohne thrombo-
phlebitische Erkrankungen in den Hirnsinus und
der Vena jugularis. Diejenigen Fälle von Septik-
ämie, in denen das septische Material erst sekundär
von einem zerfallenen Thrombus aus in den Kreis-
lauf verschleppt wird, müssen von den eben be-
schriebenen streng getrennt werden.
Bemerkenswerth wegen der sehr grossen Fer-
breüung der Thrombose, sowie auch in anderer
Hinsicht ist eine Beobachtung, die Hölscher
(3, p. 110) veröffentlicht hat
Bei der ersten Operation war der Sitz der Thrombose
ganz unten im Sinus sigmoideus unterhalb vom Emis-
sarium mastoideum gefunden worden, der angrenzende
Knochen war glatt, und es wurde daher vermuthet, dass
die Infektion von einem an der Aussenfläche der Schädel-
basis vorhandenen subperiostealen Abscess durch eine
kleine Lücke in der Naht übergegriffen hatte. In der
Folge entwickelte sich dann im oberen Theile des Sinus
transversus oberhalb der gespaltenen und ausgeräumten
Stelle und wahrscheinlich von einer hier schon vor der
ersten Operation vorhandenen (rückläufigen) Metastase aus
eine neue Thrombose, und diese erstreckte sich his zum
Gonfluens sinuum und weiter nach rückwärts in den Sinus
longitudinalis sup. und die Venen der Convexität, sowie
andererseits in die Vena magna Galeni, den Sinus tentorii,
die zum Foramen magnum hinabführenden Venen, in die
Sinus petrosi und den Anfangstheil des einen Sinus caver-
nosus. Der Sinus transversus der gesunden Seite war
ebenfalls noch 1 cm weit vom Gonfluens thrombosirt, doch
sprach die frische Beschaffenheit dieses Thrombus, be-
sonders gegenüber dem eiterig zerfallenen Inhalte der in
ihn einmündenden Gefässe, dafür, dass die Thrombose
hierselbst nicht durch direktes Uebergreifen vom Quer-
blutleiter der kranken Seite, sondern sekundär von den
einmündenden Qefässen aus entstanden war, die ihrerseits
von ihren Anastomosen mit den Blutleitem der anderen
Seite oder in Folge einer durch die eiterige Meningitis
hervorgerufenen Phlebitis thrombosirt waren. Ausser-
dem bestand noch ein grosser Abscess im Hinterhaupt-
lappon, dessen Ursprung wohl auf einen infektiösen Em-
bolus ausderthrombosirten Art. profunda zurückzuführen
war und der median in der Gegend der Vierhügel durch-
gebrochen war, und, wie schon erwähnt, eine aus-
gedehnte eiterige Meningitis.
Spontanheilung einer Thrombose durch Oblite"
raiion des Sinus wird von Streit (10, p. 212),
Holscher (25, p. 15, 33 u.32) und Oruening
(42, p. 7S) beschrieben.
In der Beobachtung S t r e i t 's wiesen keinerlei Sym-
ptome auf eine Sinuserkrankung hin, die Aufmeisselung
wurde der bestehenden Mastoiditis wegen vorgenommen,
und dabei gelangte in etwa l'/icm Tiefe die gekrümmte
Sonde in eine Höhle, deren Innenwand der mit alten und
frischen Granulationen bedeckte obliterirte Sinus bildete.
Ebenso fehlten in dem ersten der von Hölscher mit-
getheilten Fälle jegliche Erscheinungen, die eine Sinus-
thrombose hätten vermuthen lassen können, während in
dem zweiten zwar Schüttelfröste vorangegangen waren
und eine Schwellung in der Gegend des Emissarium
mastoideum bestand, weiterhin aber neben den massigen
örtiichen Beschwerden nur noch Kopfschmerzen und eine
leichte abendliche Temperatursteigerung zu constatiren
waren. Die Aufmeisselung führte auf einen perisinuösen
Abscess, ein eigentlicher Sinus sigmoideus war beide Male
nicht mehr vorhanden, sondern es wurde an seiner Stelle
ein Granulation wulst gefunden, der nach hinten un-
mittelbar in den normalen und deshalb uneröfFnet ge-
lassenen Sinus transversus überging. In dem 3. Falle
Hölscher's war der Tod durch Kleinhirnabscess ein*
getreten, Zeichen von Sinusthrombose bestanden nicht,
bei der Operation war ein Sinus nicht zu finden gewesen.
Die Sektion zeigte auf der erkrankten linken Seite den
Sinus transversus vom Gonfluens bis zum Sinns sigmoi-
deus auf Kleinfingerdicke erweitert, von da an war das
Lumen vollständig durch einen derben schwartigen, mit
der Wand fest verwachsenen Thrombus ausgefüllt, doch
liess sich eine feine Sonde durch das Gewebe bis zur
Durchtrittstelle am Foramen jugulare hindurchschieben.
Der rechte Sinus transversus war etwa gänsefederkiel-
dick und gleichmässig bis zum Foramen jugulare zu ver-
folgen. Femer zog auf dieser Seite vom Gonfluens sinttum
an am Foramen occipitale vorbei bis zum Foramen jugu-
lare ein abnorm ausgebildeter und tief in den Knochen
eingegrabener accessorischer Sinus occipitalis, der fast
kleinfingerdick und von flüssigem Blute erfüllt war. End-
lich zeigte sich in dem Falle G r u o n i n g 's bei der Ope-
ration neben Nekrose der Wandungen des Sulcus 8igox>i-
deus und einem perisinuösen Abscess der peripherische
Abschnitt des Sinus sigmoideus in einen dünnen harten
soliden Strang umgewandelt, während der Sinns trans-
versus bluthaltig und in der Vena jugularis oben am
Foramen jugulare ein fester Thrombus vorhanden war.
Kurz erwähnt sei noch ein tödtlich ausgegangener
Fall von Thrombose beider Sinus eavemosi, sowie des
Sinus petrosus suporior, occipitalis und des Plexus ban-
laris neben normalem Sinus transversus im Anschlüsse
an chronische Otitis media purulenta, über den Lom-
bard (37) berichtet, und ferner ein von Lovell (43) be-
obachteter, desgleichen letaler Fall von eiteriger Throm-
bose des Sinus longitudinalis.
Behandlung. Ffir die Sinusoperatüm empfiehlt
Hölscher (3, p. 123 u. 25, p. 37) das folgende
Verfahren, das die Yortheile einer radikalen Be-
seitigung alles Erkrankten, der Schaffung einer
zuverlässig aseptischen Sinuswunde und der Fern-
haltung jeder Infektionmöglichkeit von ihr bietet
Der Sinus wird soweit freigelegt, dass man mit
Sicherheit über das Ende des Thrombus hinauskommt, in
der Regel etwa 2 cm weit über das Knie hinaus. Als-
dann wird im zuverlässig Gesunden nach vorsichtiger
Reinigung mit feuchtem Sublimattupfer, aber ohne jedes
Drücken und Streichen, ein Längsschnitt in den Bmus
gemacht Die Blutung wird durch Compression des Sinus
mit einem sterilen Tupfer, der oberhalb der Incision auf
die Wand aufgedrückt wird, gestillt Darauf wird dei
Schnitt nach abwärts über die thrombosirte Stelle ge-
führt, der Thrombus vollständig entfernt und die er-
krankte Sinuswand abgetragen. Der comprimirendc
Tampon oben wird abgehoben und durch einen frisches
Jodoformgazetampon ersetzt, der die Blutung dorcl
Zusammendrücken der Sinuswände stillt Ueber ihi
werden Jodoformgazestreifen gelegt, die den gesundei
Sinustheil weit auseinanderhalten und bedecken. Dei
erkrankte Sinusabschnitt wird für sich tamponirt Bü
zu der Stelle des Thrombus wird der Hautsohnitt übei
den Tampons mit Nähten geschlossen und mit Airolpastü
überstnchen. Nach einigen Tagen kann dann der Ver
band des vorderen Theiles der Operation wunde (Ohx
Warzen fortsatz und erkrankter Sinustheil) für sich ge
wechselt werden, während die hinteren Tampons bis so:
völligen Ausheilung der Sinuswunde, also etwa 8 bä
10 Tage, liegen bleiben.
Stenger (8, p. 221) betrachtet jede Art ro]
Tamponade des Sinus, selbst die im anscheineai
gesunden Theile ausgeführte, für nicht ungefähr
lieh wegen der überaus grossen Gefahr der nnecha
nischen Losreissung von Thrombentheilchen. Dahe
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
165
vird auch von ihm, sowie von Hölsoher (L c),
Knapp (41, p. 526), Trautmann (27, p. 73)
und Mann (1 6) ganz besonders das W h i t i n g'sche
Verfahren zur Blutleermaohung des Sinus ver-
worfen. Alexander (23) empfiehlt bei eiteriger
Sinasthrombose mit complicirender Pachymenin-
gitia externa und interna die Resektion des Sinus
und der angrenzenden Dura-mater, soweit letztere
erkrankt ist, ein Vorschlag, der (in der anschliessen-
den Diskuasion) von Biehl, Alt und Hammer-
Bchlag energisch bekämpft wurde. Mann (16)
berichtet Aber eine Beobachtung, die Ober die BhU'
hopegung m der Vena jugtdaria, den Sinusptds und
ober die Bedingungen zum Zustandekommen einer
iMfiaspiration in den eröffneten Sinus werthvoUe
Aafsdüüsse liefert.
Bei einer, mit linkseitigem grossen Trommolfelldefekt
behafteten EraDken konnte er sehen, dass der als eine
etwa 3 mm im Durchmesser haltende Halbkugel von
Rätter Oberfläche in die Paukenhöhle hineinragende
Bnlbos jagnlaris bei einer bestimmten Kopfhaltung deut-
liche PoJsationeo zeigte, indem er kurz vor der Yentrikel-
systole sehr rasch zusammensank und sich entsprechend
der Systole und darüber hinaus viel langsamer und deut-
lich rackweise wieder füllte. Die dazu noth wendige Kopf-
ytoDg wurde durch Drehung des Kopfes nach rechts
UD eine genau senkrechte Achse, so dass der linke Warzen-
foftsatz senkrecht über dem Stemoclavikulargelenke stand,
«reicht; derStemocleidomastoideus bildet dann eine feste
Imkelsiale, hinter der die Vena jugularis interna weit
fllb gebalten wird, so dass sich die ansaugende Kraft des
Herzens (Vorhofdiastole) bis in den Bulbus hinein er-
strecken kann. Daraus erklärt sich die hftufig constatirte
Ibatsache, dass der bei der Operation — im Liegen —
Foklofie Sinus beim Verbandwechsel — im Sitzen —
4eatlicbe Pulsationen zeigt.
Femer betrachtet Mann die Ausführung der
ttgi^benen Sternocleidostellung nach freigelegtem
Sinns als wichtiges diagnostisches Hfllfsmittel, um
n entscheiden, ob der im Sinus vorhandene Throm-
bas obtnrirend ist, bez. ob bei intakt gefundenem
Sinns der Bulbus oder die Vena jugularis von einem
oteorirenden Thrombus verschlossen ist Des-
gleichen erklärt er aus dem Klaffen der Jugularis
uid der Ansaugung des Herzens das meist im
Sitsea beobachtete Zustandekommen von Luft-
embolien bei Sinnsverletzung.
üeber die Indikation der Jtdguiariaunterbmdung
•iod auch jetzt noch die Ansichten getheilt. L e u -
tert[vgl.Schenke(4,p. 191)]undQrunert(5)
ospfehlen die regelmässige Unterbindung der Vene
Aodi vor der SinuserOffhung, ersterer, weil man,
Bag es sich um eine akute oder chronische Eite-
nmg, einen wandständigen oder obturirenden, ja
idbst um einen zur Zeit der Operation central-
vSrts durch gutartige Thrombenmassen fest ab-
geeehlosaenen Thrombus handeln, nie wissen kOane,
ob, bes. wann eine Erweichung nach unten, statthat
üod Metasfaaen eintreten. Ein Uebergreifen der
Thromboee auf den Sin. petrosus inferior fürchtet
Schenke von der Unterbindung nicht, wohl aber
kalt er es fQr möglich, dass durch sie Thromben-
tkeile in der thrombosirten Jugularis abgelöst und
i& die Lunge getrieben werden könnten ; doch er-
wecke das Aussehen der Vene (VerßLrbung, Ver-
kleinerung des Lumen) in solchen Fällen meist
den Verdacht anfThrombosirung, man könne durch
mehrfache Punktion die Ausdehnung der Throm-
bose nach abwärts feststellen und dann unterhalb
dieser Stelle .unterbinden. Orunert hält die
Unterbindung der Jugularis für geboten nicht in
dem Zanfal'schen Sinne, um den Hauptweg, auf
dem die Metastasirnng erfolgen könnte, auszuschal-
ten, sondern um die Hauptgefahr der Sinustampo-
nade, das Losreissen von Thrombusstücken, zu be-
seitigen, demnach als Voroperation des Eingriffes
am Sinus selbst. Hierauf bemerkt Zaufal (9),
dass er von Anfang an die Jugularisunterbindung
auch in dem von Orunert angegebenen Sinne
vorgeschlagen hat, als Vorbeugungsmaassregel,
damit bei der Eröffnung und Ausräumung des Sinus,
ja schon durch die Erschütterungen beim Auf-
meisseln nicht Thrombustheile in die Blutbahn
geschleudert werden. Daher soll, wo schon vor
der Operation die Diagnose „septische Sinusthrom-
bose** gemacht wird, immer die Jugularis unter-
bunden werden , bevor noch der Sinus blossgelegt
und ausgeräumt wird. Trifft man erst während
der Blosslegung des Sinus auf eine septische Sinus-
thrombose, so soll man, sobald man einen sicheren
Anhalt für die Diagnose hat, ungesäumt die Jugu-
laris unterbinden und dann erst die weitere Bloss-
legung und Ausräumung des Sinus vornehmen.
Desgleichen treten für die principielle Jugularis-
unterbindung Waterhouse (44), Cott (47) und
Lermoyez (36) ein. Dagegen wollen Andere
die Jugularisunterbindung nur für bestimmte, mehr
oder weniger weit gegriffene Bedingungen vor-
behalten wissen. Hölscher (25, p. 42) empfiehlt
die Ligatur bei nachweisbarer Erkrankung (Throm-
bose oder Phlebitis) der Jugularis, sowie bei aus-
gesprochener Pyämie oder Sepsis schon vor der
Aufmeisselung des Warzen fortsatzes, bei während
der Operation gefundener, tief hinabreichender,
zerfallener Thrombose im Sinus, auch wenn noch
keine py&mischen Erscheinungen bestanden haben,
vor der Eröffnung des Sinus, dagegen könne man,
tvenn bei Fehlen von Pyämie eine deutlich nach
unten abgegrenzte, am unteren Ende noch nicht
zerfallene Thrombose vorhanden ist, zunächst
noch abwarten. Die von Linser ausgespro-
chene Befürchtung, dass in Folge der häufigen un-
gleichmässigen Entwickelung der beiden Jugular-
venen die einseitige Unterbindung unter Umständen
durch eine Stauung im Qehirn gefährlich werden
könnte, theilt H ö 1 s c h e r (3, p. 126 und 25, p. 40)
nicht, da bei obturirender Thrombose der eine
Sinus doch schon aus dem Kreislauf ausgeschaltet
sei, die Unterbindung also nur noch einen tieferen
Verschluss unter einen schon bestehenden höheren
setze ^). T r a u t m a n n (27, p. 28) beschränkt die
0 In einer vor Kurzem aus Seh wart ze 's Klinik
erschienenen Arbeit (vgl. Arch. f.Ohrenhkde. LIX. 3u.4,
166
Blau, Bericht Aber die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
Ligatur der Jugularis auf diejenigen Fälle, in
welchen durch ausgedehnte Eröffnung des Sinus
der Erankheitherd , der inficirte, bez. zerfallene
Thrombus, sich nicht beseitigen Iflsst; dann solle
man die Vene unterbinden und sich von unten her
einen Weg dorthin schaffen. Eörner^24, p. 123flg.)
macht, wenn die ursächliche Schläfen beinerkran-
kuDg beseitigt und ein etwa vorhandener peri-
sinuöser Abscess eröffnet ist, die weiteren Eingriffe
▼or Allem von dem Befunde am aufgedeckten Sinus
unter Berücksichtigung des Allgemeinzustandes
des Kranken abhängig. Ist der aufgedeckte Sinus
unverändert, so kommt ein weiterer Eingriff, näm-
lich die Unterbindung der Jugularis mit nach-
folgender Inoision des Sinus, nur bei vorhandener
Pyämie oder Sepsis in Betracht. Granulationen
am Sinus haben für sich keine Bedeutung. Ist ein
Thrombus im Sinus nachweisbar, so muss er bei
nicht fiebernden Kranken durch eine ausgiebige
Incision freigelegt und, wenn er erweicht ist, aus-
geräumt werden, bei fiebernden Kranken dagegen,
auch wenn das Fieber nicht die pyämische Gurve
zeigt, ist die Jugularisunterbindung und danach
die Eröffnung und Ausräumung des thrombosirten
Sinus am Platze. Ist die Jugularis nachweisbar
erkrankt oder besteht ohne nach weisbare Jugularis-
erkrankung bei Sinusthrombose pyämisches oder
septisches Fieber, so soll die Jugularis unterbunden
und der Sinus ausgeräumt werden. In ähnlichem
Sinne wie die Genannten sprechen sich Knapp
(41, p. 528), Herzfeld (27), Alt (21, p. 140
u. 31), Alexander (21, p. 141) und Politzer
(21, p. 142) aus, indem sie die Indikation zur
Unterbindung der Jugularis an bestimmte Voraus-
setzungen, namentlich das Bestehen von Pyämie
oder Septikämie, zumal wenn der freigelegte Sinus
bluthaltig gefunden wird oder das untere Ende des
obturirenden oder wandständigen Thrombus nicht
erreicht werden kann, und an Erkrankung der Vene
selbst, knüpfen. Alezander (23) empfiehlt für
diejenigen Fälle, in denen im oberen Jugularis-
abschnitt kein strömendes Blut mehr vorhanden ist,
sei es, dass sich die Thrombose vom Sinus trans-
versus aus zumindest auf den Bulbus jugularis fort-
gesetzt hat oder von vornherein in dem letzteren
entstanden ist oder die Jugularvene selbst throm-
bosirt ist, nach Eröffnung dieser nur den distalen
Theil zu unterbinden, das obere Schnittende aber
offen zu halten und in den oberen Winkel der Hals-
wunde einzunähen, so dass das obere Stück der
p. 216. 1903) fährt Sohalze ans, dass die Befarchtung
einer durch die Jagnlarisanterbindung bedingten Gefahr
für das Leben, in Folge schwerer Cirkulationstörungen im
Gobiro, bei sehr bedentenden Asymmetrien beider Sinns
und Venae jngolares doch einigermaassen begründet ist.
Es wird dieses gegen die Ansführang der Operation zwar
prinoipiell nicht sprechen, wohl aber den Entschlass zu
ihr z. ß. schwieriger gestalten, wenn bekannt ist, dass
schon durch frühere Operationen ein Abschluss oder eine
völlige Ausschaltung des Hauptabflussrohres auf der
anderen Seite zu Stande gekommen ist.
Jugularis als natürliches Drainrohr für den am
Ohre gelegenen Eiterherd im Bulbus venae jogo-
laris, ja selbst im Sinus trans versus benützt wiri
Unter bestimmten Bedingungen wird vonOra-
nert (5 u. 12) bei Thrombose im Bulbus wm
jugularis die operaJtwe FreiUgung und Eröffmmg
dieses und somit die direkte Entfernung seines
krankhaften Inhaltes empfohlen. Für gewöhnhch
genügt die Sinusoperation in Verbindung mit der
Jugularisunterbindung allein, um auch da, wo die
infektiöse Sinusthrombose mit einer Bulbusthrom-
bose oomplicirt ist, Heilung zu bringen. Er-
folgt hiernach — allerdings relativ selten — ein
sofortiges Aufhören des Fiebers, so soll man aooh
dann nicht an den Thrombus im Bulbus rühren,
wenn durch das Hervorquellen von Eiter aus dem
Bulbus der Beweis eines eiterigen Zerfalles des in
ihm befindlichen Thrombus erbracht wird, vieMehr
wird gerathen, hier den von unten hervorquellenden
Eiter durch einen bis an den Bulbus heran locker
eingeführten Oazestreifen aufzusaugen oder dnich
vorsichtige Irrigationen mit ganz geringem Drucke
der Spülflüssigkeit abzuspülen. Aber auch dann,
wenn das Fieber nach der Sinusoperation und
Jugularisunterbindung nicht sofort aufhört und aU
Ursache für sein Fortbestehen per ezclusionem die
andauernde Resorption infektiösen Materiales vom
Bulbus aus angesehen werden muss, kann man
vorerst noch ezspektativ verfahren, vorausgesetzt,
dass das Fieber keine bedrohliche Höhe annimmt,
die Schüttelfröste nicht Schlag auf SchLig sich
folgen und das Allgemeinbefinden ein beß*iedigendea
ist. In diesem Falle kann man versuchen, der
Bulbusthrombose noch Herr zu werden, indem man
den nach oben hervorquellenden Eiter bei dem
täglichen Verbandwechsel abtupft oder vorsichtig
abspült, unter gleichzeitigem Druck auf die seit-
liche Halsgegend bis an die Schädelbasis hinauf,
oder den Bulbus mittels eines Ohrkatheters mit
flacher Schnabelkrümmung oder einer entsprechend
gekrümmten Kanüle direkt ausspült und nadiher,
um ein Verkleben derOeffnung im centralen Sinns*
ende zu verhindern, einen lockeren Streifen von
Jodoformgaze einlegt Auch kann man mit einem
entsprechend gekrümmten scharfen Löffel in das
centrale Sinusende eingehen, allerdings nur mit
grösster Vorsicht, weil sonst ein Durchstossen der
erweichten Sinuswand möglich ist. Ein zweiter
Weg zur Inangriffnahme des infektiösen Bulbus-
inhaltes ist von der Jugularvene aus oberhalb dm
Ligaturstelle gegeben, indem man nach Spaltan|
der Vene möglichst weit nach oben und Exctsioi
ihrer äusseren Wand von unten her den Bulboi
mittels eingeführter ELanüle ausspült Um sid
diese Möglichkeit offen zu halten, soll man nad
Unterbindung der Vena jugularis die Halswund*
nie primär schliessen ; die Jugularis wird znnächs
nicht eröffnet, wenn sie oberhalb der Ligaturstdl
sich normal bluthaltig zeigt, sie wird gespaltei
wenn von vornherein ein thrombotischer Inhalt i
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
167
ihr gefunden wird oder die Thrombose sich nach-
trflglich auf sie ausbreitet Endlich können zur
Entleerung des Bulbusinhaltes Durchspülungen des
Bulbus von oben her (vom eröffneten Sinus sig-
moideufi) oder von unten her (von der eröffneten
Vena jugularis interna) gemacht werden* Erst,
wenn diese Maassnahmen im Stiche lassen oder
venn der schwere Allgemeinzustand des Kranken
ein exspektatives Verhalten überhaupt verbietet,
soll sur operativen FreileguDg und Eröffnung des
Bulbus venae jugularis geschritten werden. Die
Operationtechnik wird von Orunertin folgender
Weiae beschrieben.
Nachdem der retroanriknUre Weichtheilsohnitt mit
der zwecks Unterbindung der Jugularis aogelegteo Hals-
wunde yerbnoden und die Spitze des Warzenfortsatzes
ToUstiDdig abgemeisselt worden ist, geht man stumpf
piiparirend an der Schädelbasis in die Tiefe, bis man an
die laterale Knochenumrandung des Foramen jugulare
gdaogt Dann bleibt nur noch üorig, die Knochen brücke,
die zwischen dem möglichst weit nach unten bereits von
aosseo freigelegten Sin. sigmoideus und dem For. jugulare
aocli steht, mit der Lü er 'sehen Zange zu entfernen,
voiaof der Bulbus venae Jngularis besonders auch mit
aeioeai Dache dem Messer direkt zugängig ist und der
locisionschDitt des Sinus von seinem unteren Ende aus
bis iD den Baibus und die Vena jugularis verlängert wer-
dn kann. Uoter Umständen kaon es noth wendig werden,
^ das tief gelegene Operationfeld verdeckenden Proo.
tnDsrersns des ersten Halswirbels nach Ablösung der
a ihn iüserirenden Muskeln zu reseoiren. Da hierbei
vd auch sonst eine Verietzung der Art vertebralis
in^h ist, schlägt 0 r u n e r t vor, bei besonders ungün-
it}^ anatomischen Verhältnissen die Freilegung des
BalboB venae jugularis, statt von aussen, durch Fort-
oahme des Kuppeldaches der Bulbusgrube zu machen,
indem man von der Totalanfmeisselungshöhle ans die
pnze nntere, bez. auch die vordere, knöcherne Gehör-
gttgswaod, den unteren Theil des Marge tympanicus und
den Paokenhöhlenboden bis znr Labyrinthwand entfernt
Diese Operation ist von ihm — desgleiohen
T<m Piff 1 (13) — bisher nur an der Leiche aus-
gef^rt worden. Von den 6 in der erstbesohrie-
benen Weise mit Freilegung und Eröffnung des
Bnlbos jugularis von 0 r u n e r t behandelten Kran-
bn worden 3 geheilt, 2 gingen zu Grunde, der
Öse an Pjftmie, die von einem wandstftndigen
Ibrofflbus an der Uebergangstelle des Sin. trans-
vernis in den Sin. petrosus unterhalten wurde, der
tveite an Meningitis (spinalis) durch gleichzeitige
Ubyrintherkrankung. Stenger(8) erklftrt sich
dahin, dass, wenn nach freigelegtem Sinus und
AoaBchluss einer obturirenden Thrombose in ihm
die Symptome der Pyämie andauern, man einen
wiadständigen Sinusthrombus nur bei wirklichem
Hidiwds eines solchen annehmen darf, wfthrend
noit der Sitz der Thrombose in erster Linie im
Bidbtts venae jugularis gesucht werden muss. Für
dl« Zustandekommen dieser beiden Thrombose-
formai sind die anatomischen Verhältnisse des
Sinus und des Bulbus jugularis von Wichtigkeit.
Ol, wo der Sinus möglichst gerade ohne Bildung
flinea eigentlichen Bulbus zur Jugularis umbiegt,
ist Gdegenheit am ehesten zum Entstehen einer
vandstSndigen Thrombose im Sinus gegeben, da-
gegen hat stärkere Knickung des Sinus und aus-
giebigere Bildung eines Bulbus leichter das Ent-
stehen einer Thrombose primär im Bulbus jugularis
zur Folga Letzterer kann in extremen Fällen
derart entwickelt sein, dass er, bis über das ovale
Fenster hinaufragend, fast die ganze Pyramide ein-
nimmt, mit papierdünner Begrenzung nach der
SohädelhOhle und Dehiscenzen oberhalb der Mün-
dung des Aquaeductus vestibuli. Je stärker ent-
wickelt der Bulbus jugularis ist, um so dünner ist
die trennende Wand zwischen ihm und der Pauken-
höhle, ferner zeigten die Fälle von stark ausgebil-
detem Bulbus desgleichen eine starke Vorlagerung
des Sinus sigmoideus. Wo als Sitz der Thrombose
der Bulbus venae jugularis angenommen werden
muss, empfiehlt auch S t e n g e r die operative Frei-
leguDg, Eröffnung und Drainage, bez. Tamponade
des Bulbus. Sein Operation verfahren gleicht dem
von Orunert beschriebenen. Die Unterbindung
der Jugularis hält er nicht fQr unbedingt noth-
wendig, im Oegen theil meint er, dass sie durch
rechtzeitige und ausgiebige Freilegung des Bulbus
in vielen Fällen sich wird umgehen lassen.
Im Anschluss an 3 Fälle otogener Pyämie, die
ohne Operation am Sinus und der Vena jugularis
zur Heilung gelangten^), bespricht Schulze (6)
die in Schwartze's Klinik übliche Allgemein"
hehandiung derartiger Kranker. Wie Orunert
und Schulze in einer neueren Arbeit ^j berichten,
hält Schwartze ein exspektatives Verfahren,
natürlich mit Ausschaltung des ursächlichen Krank-
heitberdes im Ohre, dann für berechtigt, wenn das
gute ungestörte Allgemeinbefinden im Verein mit
einem nur massig hohen Fieber (um 38* herum)
für einen wenig virulenten Thrombus spricht
Dieses abwartende Verhalten hat erst dann einer
operativen Beseitigung des Thrombus aus dem er-
krankten Sinus Platz zu machen, wenn hohes Fieber,
Schüttelfröste oder andere Zeichen schwerer All-
gemeininfektion des Körpers die drohende Lebens-
gefahr kennzeichnen. Vor Allem kommt es bei
der inneren Behandlung der otogenen Pyämie
darauf an, durch reichliche Zufuhr von leicht ver-
daulichen und dabei concentrirten Nährstoffen
(Milch, Eier u. A.), sowie durch Verabreichung
grösserer Dosen von Alkohol (Cognac, schwere
Weine) den Körper bei Kräften zu erhalten und die
in grosser Menge verbrauchten Galerien ihm wieder
zu ersetzen. Nöthigenfalls hätte die Ernährung
durch das Rectum und die Flüssigkeitzufuhr durch
subcutane Kochsalzinfusionen stattzufinden, welche
letztere ausserdem eine gewisse Durchspülung des
Körpers und damit eine erleichterte Ausscheidung
der Toxine ermöglichen. Oegen das Fieber einzu-
schreiten, wird nur bei andauernden und oft sich
>) Aehnliche Beobachtungen werden von Mer-
kens (28), Schmiegelow (29, p. 5. 8. 11), Jacob-
son (27, p. 31), Blau (27, p. 34) und Luc ae (27, p.34)
mitgetbeilt
«) Arch. f. Ohrenhkde. LVU. 3 u. 4. p. 236. 1903.
168
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
wiederholenden sehr hohen Temperatursteigerungen
(Qber 39^) gerathen; man gebe dann Chinin su
0.5 g pro dosi innerlich oder subcutan in einer
Losung Yon 0.5 auf 17.0 (Auf recht), während
die modernen Antipyretica — und ebenso dieNar-
kotica — wegen ihrer gefahrlichen Einwirkung
auf die Herzthätigkeit im Allgemeinen oontra-
indicirt sind. Von Streit (10, p. 190. 192) wer-
den gute Erfolge mit dem Pyramiden in Dosen von
i/i g mitgetheilt Die nicht selten, besonders im
AnschluBS an heftige Schüttelfröste sich einstellen-
den GoUapserscheinungen sind mit den üblichen
Analepticis (Alkohol !) zu bekämpfen, bei Herzstill-
stand und AufhOren des Pulsschiages ist in erster
Linie die möglichst frühzeitige und lange fortzu-
setzende künstliche Athmung geboten, im Verein
natürlich mit sämmtlichen anderen zur Verfügung
stehenden Reizmitteln. In den mit deutlicher
Herzaffektion und consekutiven Stauungserschei-
nungen einhergehenden Fällen, aber auch sonst bei
sehr kleinem und schnellem, unregelmässigem und
oft aussetzendem Pulse ist Digitalis am Platze.
Die profuse Seh weissbildung wird am besten durch
eine vorsichtige hydriatische Behandlung (kühle
Waschungen und Abreibungen u. s. w.), die starken
Diarrhöen werden durch Tannalbin (keine Opiate !)
bekämpft Als bestes Mittel gegen andauerndes
Erbrechen wird die Magenausspülung mit physio-
logischer Kochsalzlösung empfohlen. Sehr wichtig
ist es, den Kranken nicht zu früh aus dem Bette
aufstehen zu lassen, wenn man Qrqnd zur Annahme
einer Thrombose zu haben glaubt, weil durch die
körperlichen Bewegungen sich Thrombentheilchen
loslösen und von Neuem in den Kreislauf ver-
schleppt werden können.
Was endlich die in obiger Literatur nieder-
gelegten 56 easuiaiischm Müiheüungen van ope-
rirter Sinutikrombose betrifft, so handelte es sich
40mal um männliche, 14mal um weibliche Kranke,
im Alter 12mal bis zu 10 Jahren, 22mal von
11—20 Jahren, llmal von 21—30 Jahren, 2mal
von 31 — 40 Jahren, 3mal von 41 — 50 Jahren,
Imal von 63 Jahren. Die Thrombose hatte sich
26mal an eine akute, 29mal an eine chronische
Mittelohreiterung angeschlossen, Imal war sie
traumatischen Ursprungs, sie hatte ihren Sitz 29mal
auf der rechten, 25mal auf der linken Seite. Be-
troffen zeigte sich 26mal der Sinus sigmoideus
allein, 2mal in Verbindung mit anderen Hirnsinus,
6mal zugleich mit dem Bulbus und 6mal ausser-
dem mit der Vena jugularis, 12mal wurde der
, freigelegte Sinus sigmoideus bei der Punktion blut-
haltig gefunden und es musste daher eine wand-
ständige Thrombose in ihm oder im Bulbus venae
jugularis angenommen werden, 3mal lag nach-
gewiesen eine primäre Thrombose des letzteren
vor, Imal war die primäre Bulbusthrombose mit
einer solchen des Sinus petrosus inferior und beider
Sinus cavemosi vergesellschaftet Von sonstigen
cerebralen Gomplikationen fand sich, wenn man
von den sehr häufigen perisinuöeen Absoessen ab-
sieht, 2mal ein Hirnabscess, das eine Mal sekun-
därer Natur, und 2mal ein mit der medialen Sioua-
wand Zusammenbau genderGehimerweicbungsheri
Die Restätate der Operation stellten sich derart,
dass 41 Kr. = 73.2^/o geheilt wurden, w&hreod
15 8= 26.8% zu Grunde gingen. Mit Unter-
bindung der Jugularis waren behandelt worden
40 Kr. mit 31 => 77.5% Heilungen, ohne Unte^
bindung 16 mit 10 — 62.5% Heilungen. Todes-
ursache war in den lethalen Fällen 6mal Pyftmie,
besonders durch die Lungenmetastasen, 7malMenin-
gitis, davon 3mal unabhängig von der Sinusthrom-
bose (2mal durch Labyrintheiterung, Imal dordi
Perforation eines Hirnabscesses), ImalPyämie und
Meningitis. Hervorgehoben sei noch, dass Imil
(S c h e n k e [4, p. 133J) die Vena jugularis intemi
fehlte, Imal (Schenke [4, p. 148]) beim Ve^
bandwechsel Luftaspiration in den Sinus, indessen
ohne schädliche Folgen, eintrat
d) Meningüü i). Zeroni (18) betrachtet ftlr
diejenigen Fälle von Meningitis, in denen der
Uebergang auf die weichen Hirnhäute durch eine
vorhandene Pachymeningitis oder eine sonstige
intracranielle Complikation der Ohreiterung, dordi
eine Fortleitung durch das Labyrinth, den Canilti
facialis oder caroticus nicht erklärt werden kann,
die Blut- und Lymphgefässe als Vermittler der
Infektion, und zwar spielen nach ihm hierbei die
mit Leukocyten und Bakterien vollgepfropften 6^
fasse des entzündeten Knochens in der Nachbar-
schaft der Dura oder auch entfernter von ihr eine
Hauptrolle, wozu aber als zweite wichtige Bedin-
gung meist noch eine Eiterstauung in den Bixt
men des Ohres, seltener ein traumatischer Anläse,
1) lAtm-atur: 1) Piffl, Arch. f. Ohrenhkde. IX
2 u. 3. p. 170. 172. 174. 1901. — 2) Piffl, Ebeodi
LI. 4. p.241. 1901. — 3) Schenke, Ebenda UIL p. 15a
192. 1901. — 4) Braunstein, Ebenda LI V. 1 n. 2
p. 7. 1901. — 5) Grunert q. Schulze, Ebenda LI7.
1 u. 2. p. 75. 92. 118. 1901. — 6) Grunert, Ebendi
LV. 3 n. 4. p. 160. 1902. — 7)Brieger, Deutsche otol
Ges. 1902. 8. Ebenda LVL 1 u. 2. p. 112. 1902. -
8) Streit, Ebenda LVL 3 u. 4. p. 181. 210. 1902. -
9) Panse, Ebenda LVL 3 n. 4. p. 275. 280. 282. 285
1902. — 10) Leutert u. 8. w., Naturf.-Ver8. 1902 s
Ebenda LVII. 1 u. 2. p. 131. 1902. — 11) Schulie
Ebenda LVIII. 1 u. 2. p. 1. 1903. — 12) Siebenmani
n. Oppikofer, Ztsohr. f. Ohrenhkde. XL. 2 u. 3. p. 231
251. 1901. — 13) Hilgermann, Ebenda XL. 4. p.31]
1902. — 14) Braat u. 8. w., Niederl. Ges. f. Hab-
Nasen- n. Ohrenhkde. 8. Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. a.ai
XXXVI. 11. p. 482. 1902. — 15) Körner, Die otitische
Erkrankungen des Hirns, der Hirnhänte u. der Bio!
leiter. 3. Aufl. Wiesbaden 1902. J. F. Bergmann, p.4
— 16)Heiman,Haug'8klin.Vortr.V.2.p.88.141fl|
190L — 17)Merken8, Deutsche Ztschr.f. Chir. LU
1 n. 2. p. 70. 93. 1901. ~ 18) Zeroni, Aerztl. Mitthe
ans u. für Baden LVL 10. 11. 1902. — 19) Hegenei
Münohn. med. Wchnsohr. XLVIIL 16. 1901. ~ 20) Brot
et Laurens, Ann. des mal. de ToreiUe etc. XXVIIL
1902. — 21) Lecene, Revue de Chir. XXIL 1. 190
— 22)8tanculeanuetNattan-Larrier, Progr
med. XXX. 36. p. 145. 1901. — 23) Waterhous
Edinb. med. Joom. N. S. X. 3. p. 227. 235. 1901.
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
169
hinzukommen muss. Mitunter kann sogar ohne
Enochenerkrankung die Eiterretention in der Pau-
kenhöhle allein die Schuld am Zustandekommen
der intracraniellen Infektion tragen. Die Beobach-
tongen, in denen nach der Aufmeisselung des
Wanenfortsatzes ohne jedes Versehen des Ope-
rirenden eine eiterige Meningitis eintrat, lassen
sfeh Fielieicht in der Weise erkl&ren, dass den in
dem kranken Schläfenbeine bereits gegenwärtigen
Bakterien durch die Operation die Möglichkeit zu
leichterer OrtsverftnderuDg gegeben wurde, sei
68 dnrch Schaffung neuer Wege oder durch die
TerSnderten Cirkulation Verhältnisse oder auch durch
die Meiseelerschütterung. Meningitis, nicht durch
direkte Fortpflanzung vom Ohre aus, sondern auf
hämatogenem Wege entstanden, wird desgleichen
TonPif fl (1, p. 170. 172) bei 2 von ihm beobach-
ten Kranken angenommen. Besonders charak-
teristisch trat diese Entstehungsart in dem I.Falle
herTor, wo die am stärksten an der Convexität des
Gehirns entwickelte und binnen 28 Stunden zum
Tode führende Meningitis im Anschlüsse an eine
in Heilang begriffene akute Mittelohrentzündung
ach einstellte, femer gleichzeitig die Lungen in-
ficirt wurden und die bakteriologische Untersuchung
ie nämlichen pathogenen Mikroorganismen (Diplo-
kokken) im serös-schleimigen Inhalte des Gavum
tjmpani, im Eiter der Meningen und in den lobular-
pneomonischen Herden nachwies. Siebenmann
ondOppikofer (12, p. 251) konnten in einem
Me, in dem bei nur geringen Veränderungen der
Keniogen an der Hirnbasis die eiterige Meningitis
lieh über der Convexität der Grosshirnhemisphäre
BBd an der Oberseite des Kleinhirns am stärksten
Ufigeprägt zeigte, die schon von Cohn^) hervor-
gehobene nur scheinbare Discontinuität der Ent-
zlladnng bestätigen, insofern nämlich aus der
vihrend des Lebens bei der Punktion des Klein-
hiraa ans der hinteren Sohädelgrube sich reichlich
ntleerenden klaren Cerebrospinalflüssigkeit der-
wlbe Pneumococcus und Staphylococcus aureus
ehalten wurden, die sich nach dem Tode auf der
luieiifieite der Pia des Temporallappens vorfanden.
Ah ein noch nicht genug beachtetes Zwischenglied
zwischen eiteriger Entzündung der Paukenhöhle
nndMeaingitis wird von Hilgermann (13) eine
Afaanknng des Oanglion Oasseri bezeichnet. Die
Otitis media kann auf letzteres entweder durch
^ennittelung der die Felsenbeinpyramide oft bis
SV Spitze durchziehenden pneumatischen Räume
fti^crgreifen oder es schliesst sich an sie vorerst
tttö Phlebitis des Sinus caroticus und cavernosus
ta nnd dann werden das dem Sinus cavernosus
nm Theil dicht anliegende Ganglion Oasseri, oder
hl anderen Fällen wohl zunächst die Wurzel des
Men Trigeminiisastes , und das es umhüllende
lockere Bindegewebe infioirt Für beide Arten der
^ Ztachr. f. Ohrenhkde. XXXYIII. 1 u. 2. p. 106.
Med. Jährbb. Bd. 281. Hft. 2.
Deberleitung bringt Hilgermann Beispiele aus
^ der Klinik K ü m m e 1 's in Breslau bei. Doch be-
merkt er, dass die ätiologische Beziehung der
Eiteransammlung im Cavum Meckelii zur Menin-
gitis noch keineswegs sichergestellt sei, da mög-
licherweise sich der in jenem gefundene Eiter
auch nur passiv aus dem Subduralraume an-
gesammelt haben konnte. Desgleichen müssten
weitere Beobachtungen darthun, ob nicht auch
Labyrintherkrankungen eine Rolle bei der üeber-
leitung auf das Ganglion Oasseri spielen. Sym-
ptome der Erkrankung des letzteren sind in den
bisherigen Fällen nicht beobachtet worden ; sollte
die Diagnose schon einmal während des Lebens
mit Sicherheit gestellt werden können, so wäre
der Versuch gerechtfertigt, das Gavum Meckelii
operativ nach dem von F. Krause für die Exstir-
pation des Ganglion Gasseri angegebenen Verfahren
freizulegen.
In einem von Panse (9, p. 283) nach dem Tode
nntersaohten Falle zeigte sich das beroerkenswerthe £r-
gebniss, dass die vom vereiterten Labyrinth der einen
8eite aus entstandene Meningitis sich eekundär auch auf
das andere Ohr aasgebreitet hatte.
Deber die Symptomatologie und Diagnose der
diffusen eiterigen Meningitis vgl. Merkens
(17, p. 75), Körner (16) und Hei man (16).
Was insbesondere den diagnostischen Werth der
Lumbalpunktion betrifft, so ist dieser nach den
von Braunstein (4) veröffentlichten Erfahrun-
gen der Sc hwartze 'sehen Klinik ein ganz her-
vorragender, und zwar sowohl, um das Vorhanden-
sein einer eiterigen Meningitis diagnosticiren als
auch ausschliessen zu können. Der bestimmt nach-
gewiesene negative Befund, also eine normale Be-
schaffenheit der Cerebrospinalflüssigkeit, schliesst
Braunstein zu Folge bei Otitis mit intracra-
niellen Complikationen das Bestehen einer Menin-
gitis purulenta sicher aus, vorausgesetzt, dass
durch die Menge der gewonnenen Flüssigkeit
deren Herkunft aus der Schädelhöhle bewiesen
ist. Weniger eindeutig ist, wie spätere Beobach-
tungen Schwartze's (vgl. Grunert und
Schulze [5, p. 71], Grunert [6, p. 160],
Schulze [11, p. 16]) gezeigt haben, ein positiver
Befund. Schulze spricht sich hinsichtlich der
Bedeutung eines solchen dahin aus, dass eine
Trübung des Liquor, wodurch sie auch immer be-
dingt sein mag, in jedem Falle verdächtig ist, dass
die nachgewiesene Vermehrung der Leukocyten
geeignet ist, die Prognose ernstlich zu trüben und
den Verdacht einer eiterigen Meningitis aufkom-
men zu lassen, ohne für letztere aber in allen
Fällen beweisend zu sein, und dass erst der (wegen
ihrer mangelhaften Färbbarkeit manchmal schwie-
rige) Nachweis von Bakterien im Liquor die Dia-
gnose Meningitis purulenta diffusa sichert Die
opalisirende Trübung der CerebrospinalflQssigkeit
endlich gestattet nach Braunstein mit grosser
Wahrscheinlichkeit den Schluss auf Meningitis
tuberculosa, auch wenn bei der mikroskopischen
22
170
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
Untersuchung zunächst keine Tuberkelbacillen im
Liquor gefunden werden. Die Technik der Lumbal-
punktion und die Untersuchung der entleerten
Flüssigkeit, desgleichen die während und un-
mittelbar nach der Punktion zuweilen auftreten-
den unangenehmen Erscheinungen werden von
Braunstein genau beschrieben, ebenso wie er
die gegen ihre diagnostische Bedeutung erhobenen
Einwände einer eingehenden kritischen Bespre-
chung unterwirft Obgleich auch inSchwartze's
Klinik 2 Todesfälle bald nach der Punktion vor-
gekommen sind, bezweifelt er doch deren Zu-
sammenhang mit dem genannten Eingriffe und
meint, dass bei richtiger Technik die Gefahr der
Lumbalpunktion sich in dem Orade wird ver-
ringern lassen, dass ihr Werth als diagnostisches
Hülfsmittel dadurch nicht aufgehoben wird. Ze-
roni (18) hält den Befund zweifelloser Leuko-
cytenvermehrung in der Punktionflüssigkeit zur
Annahme einer eiterigen Meningitis schon für aus-
reichend, auch wenn Bakterien in ihr nicht nach-
gewiesen werden. Dagegen lasse sich ein nega-
tives Ergebniss nicht mit der gleichen Sicherheit
verwerthen, weil, wenn auch sehr selten, Fälle be-
obachtet worden sind, in denen bei ausgespro-
chener, durch die Sektion später festgestellter
Meningitis kurze Zeit vor dem Tode noch normaler
Liquor im Spinalkanale vorhanden war. Ziemlich
absprechend über den diagnostischen Werth der
Lumbalpunktion äussert sich Körner (15, p. 51).
Er glaubt, dass dieser sehr eingeschränkt werden
müsse, da eine stark eiterig getrübte, bakterien-
haltige Flüssigkeit auch bei Beschränkung der
Meningitis auf einen Theil des Wirbeikanals er-
halten werden könne, eine leicht getrübte Flüssig-
keit mit Bakterien sowohl für diffuse, als circum-
scripte Meningitis spreche, einige Male aber auch
bei Oehimabscess ohne Meningitis erhalten worden
wäre, endlich ein negatives Untersuchungsergebniss
auch bei circumscripter eiteriger Meningitis mög-
lich sei und desgleichen selbst bei diffuser, wenn
man nur wenig Flüssigkeit entnimmt oder die
Communikation zwischen den basalen und spinalen
Subarachnoidalräumen unterbrochen ist. Hingegen
betrachtet er die Gefährlichkeit der Operation als
eine nicht geringe, in Folge der durch das Ab-
lassen von Hirnwasser verursachten Raumverschie-
bungen könnten eiterabkapselnde Verklebungen der
Hirnhäute gelöst werden, Orosshirnabscesse nach
den Meningen oder in den Seitenventrikel durch-
brechen, bei Kleinhirnabscessen plötzlicher Tod
eintreten. Ganz besonders aber sei ob bedenklich,
durch Abzapfen von Hirnwasser Raum Verschie-
bungen im kranken Schädelinnem direkt vor einer
Operation herbeizuführen, die, wie die Aufmeisse-
lung sklerotischer Schläfenbeine, schon an und für
sich als grober Insult die Weiterverbreitung von
intracraniellen Eiterungen besorgen kann.
Therapeuiüch betrachtet M e r k e n s (1 7, p. 104)
die diffuse eiterige Meningitis im grossen Ganzen
auch jetzt noch als eine Krankheit, die sich in
ihrem Verlaufe durch eine Operation nicht beein-
flussen lässt und sicher zum Tode führt Doch ist
bei beginnender Meningitis gegen die Eröffnung eines
Eiterherdes, der, vom Ohre aus inducirt, dem Gehirn
und seinen Häuten stets neue Toxine und Bak-
terien zuführt, nichts einzuwenden. Zeroni (18)
ist ebenfalls überzeugt, dass die vollentwickelte
diffuse eiterige Meningitis auf operativem Wege
nicht mehr beeinflusst werden kann, doch giebt es
nach ihm ein Stadium, in dem die klinischen Sym-
ptome der Meningitis vollständig ausgebildet s^
können, in dem die Lumbalpunktion bereits die
deutlichsten Zeichen der eiterigen Meningitis er-
giebt, wo aber trotzdem durch zweckentsprechende
Operation ein Rückgang imd Heilung noch möghch
ist, während bei Unterlassung der Operation die
Krankheit in unaufhaltsamem Fortschreiten zum
Tode führt Nur soll man bei der zur Heilung
nothwendigen Entfernung des Infektionherdes im
Auge behalten, dass man einmal keinerlei EÜter-
ansammlung, sei es im Ohre, sei es in der Schädel-
höhle, zurücklassen darf, andererseits aber sich
vor der Freilegung noch nicht inficirter Theile
hüten muss, um in diese nicht etwa die Krankheit
erst hineinzutragen. In einer von Zeroni mit-
getheilten Beobachtung von chronischer doppel-
seitiger Mittelohreiterung wurde ein erster Anfall
klinisch ausgebildeter und durch die Lumbalpunk-
tion bestätigter Meningitis durch die Totalauf meisse-
lung des einen Ohres behoben, ein zweiter Anfall,
der in gleicher Stärke etwa 1 Monat später eintrat,
durch die Eröffnung eines Kleinhirnabsoeeses, ver-
bunden mit der Totalaufmeisselung des anderen
Ohres. Der Ausgang war in völlige Heilung. Nach
Körner (15, p. 57) lassen sich sichere Lidika-
tionen für die operative Behandlung der eiterigen
Meningitis gegenwärtig noch nicht aufstellen. Nur
soviel lasse sich sagen, dass es an der Zeit ist,
Kranke mit vermutheter oder sicher nachgewiesener
otitischer Meningitis nicht mehr als unheilbar ohne
Weiteres ihrem Schicksal zu überlassen. Selbst
in den hoffnungslosesten Fällen kann die Beseiti-
gung des primären Eiterherdes in Ohr und Schläfen-
bein und ebenso die Lumbalpunktion die Besohwer-
den des Kranken für einige Zeit lindem ; im Be-
ginne der Krankheit aber oder bei noch zweifelhaflei
Diagnose wäre es geradezu ein Fehler, den primftrei!
Eiterherd (besonders auch im Labyrinth!) unbe-
rührt zu lassen. Wenn sich hiemach die Dam-
mater unverändert zeigt, so hält esKörner füi
fraglich, ob man berechtigt sei, sie bei eicher-
gestellter Meningitis zu incidiren. Dagegen mofi«
sie breit eröffnet werden, wenn sie gangränös is'
oder ihre pralle Spannung und das Fehlen dei
Pulsationen einen dahinterliegenden Eiterherd v^er
muthen lassen. Die Lumbalpunktion kann mit einige
Aussicht auf Erfolg gemacht werden, man darf fae
ihr aber nie so viel Flüssigkeit auf einmal ab
zapfen, dass starke, Yerklebtingen lösende Raum
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
171
Terscfaiebungen in der Schädelhöhle entstehen
können.
Hindchtüoh der Oenese der Meningitis serosa <)
ist Merken 8 (17, p. 93 flg.) der Ansicht, dass sie
gleichsam als oollaterales entzündliches Oedem
durch Tozinwirkung von der Mittelohreiterung aus
zustande kommt Des Weiteren greift die toxische
Entzündung aber auch auf das Oehim selbst über
(toxische Encephalitis), und zwar entweder di£fns
oder selten allein auf die dem Eiterherde am
nSchsten benachbarten Hirntheile, den Schläfen-
kppen oder das Kleinhirn. Letzteres z. B. in einem
Ton Merken 8 mitgetheilten Falle, in dem sich
neben den allgemeinen Drucksymptomen die Zei-
chen einer Erkrankung des linken Schlftfenlappens,
Ptfese der rechten Hand und aphatische Störun-
gen, bemerkbar gemacht hatten. In Folge der
Vermehrung des intrakrantellen Druckes durch
den Hydrocephalus internus oder die üdematöse
Volnmenznnahme des Gehirns kann unter umstän-
den die Ansammlung seröser Flüssigkeit in den
Arachnoidealräumen verhindert werden und an den
Meningen lediglich eine Hyperämie als makro-
skopischer Ausdruck der Entzündung zur Erschei-
BQog gelangen. Brieger (7) meint, dass die
liqaorvermehrung , die dem Erankheitbilde der
Meningitis serosa zu Grunde liegt, hauptsächlich
dnrdi Labyrintheiterungen hervorgerufen wird,
und zwar nimmt auch er als Ursache für die er-
liöhte Liquorproduktion eine Einwirkung aus der
Perilymphe in den Liquor gelangender toxischer
Stoffe an. Bei der Behandlung der Meningitis
serosa räth Merkens (17, p. 104) im Auge zu
behalten, dass diese der spontanen Rückbildung
fihig ist, während sie andererseits durch die Ope-
ntion insofern eine Verschlimmerung erfahren
bnn, als die seröse Entzündung, die den Boden
flirdasWadisthum von Keimen vorbereitet hat, in
eine eiterige übergeführt wird. Daher soll man
vorläufig nur dafür sorgen, dass der Biter, dem die
Toxine entstammen, sich entleert oder zum Min-
desten freien Abfluss hat In diagnostisch un-
sicheren Fällen von cerebraler Complikation einer
Otitis soll man schrittweise vorgehen, zuerst die
I^UBoentese des Trommelfells und die Aufmeisse-
Inng des Warzenfortsatzes machen, dabei nach
Wegleitungen für tiefer liegende Eiterungen suchen,
venn solche fehlen, zunächst abwarten, bei ein-
tretender Verschlimmerung aber die Dura, bez. den
Sinns freilegen, wenn dann noch immer kein Eiter
nid keine Anhaltepunkte zur Erklärung der Sym-
ptome, auch an der Innenseite der Dura nicht, ge-
funden werden, soll man die Punktion oder Incision
desOehimsund schliesslich die Punktion des Seiten-
▼entrikeU vornehmen. Brieger (7) hält, wenn
nicht aus diagnostischen Bücksichten probatorisch
') Zar Camistik der MeniDgitis serosa vgl. Körner
<15, p. 58), Hegener (19), Braat (14), Broca and
eine direkte Eröffnung des Arachnoidealraumes in
der Nachbarschaft des primären Eiterherdes ge-
macht wird, die Lumbalpunktion für das beste
Mittel zum Zwecke der Druckentlastung. Die
wichtigste Aufgabe der Therapie bleibt aber auch
nach ihm immer die Ausschaltung des primären
Herdes, der zur Entwickelung der Erscheinungen
der Meningitis serosa geführt hat. Broca und
Laurens (20) ziehen der Lumbalpunktion die-
jenige des Seitenventrikels vor, weil das Foramen
Monroi entzündlich verlegt sein und daher bei
ersterer die Wirkung auf den Ventrikelinhalt aus-
bleiben kann. Nach Zeroni (18) endlich geht
die Meningitis serosa meist von selbst zurück, so-
bald der Infektionherd entfernt ist Die Lumbal-
punktion hat sicher einen therapeutischen Werth,
falls sie öfter wiederholt wird und zur Druck-
entlastung im Endocranium führt. Tritt nach ihr
keine Besserung ein, so muss man an abgeschlos-
senen Ventrikelhydrops denken und die Ventrikel-
punktion vornehmen. Doch genügt unter diesen
umständen oft schon die Eröffnung der Schädel-
höhle allein, indem sie durch Schaffung einer Raum-
vergrösserung die Compression der Verbindungs-
wege von den Ventrikeln zum Spinalkanale auf-
hebt.
e) EkUungen aus der Garoiis und dem Bulbus
venae jugularis.
In den von Zeroni^), Heermann*), Heine*) und
JürgeDS^) mitgetheilten Fällen war die Blatong ans
der Carotis zu Stande gekommeD, und zwar 2mal wäh-
rend einer chronisohen, durch Taberkulose (Zoroni),
bez. Cholesteatom (Heine) verarsachten Mittelohreite-
roDg, 3mal während einer solchen akuten Charakters,
deren Ursache Imal (Heer mann) Scharlach, 2raal
(Jürgens) eine Verätzung des Ohres war. Von den
letzteren beiden Fällen abgesehen, in denen die Zerstörung
sich diffus über die Arterienwfinde ausgebreitet hatte,
war der Ort der Perforation der Carotis wie in den
früheren BeobachtuDgen ausnahmelos die oonvexe Um-
biegungstelle von ihrem vertikalen in den horizontalen
Verlauf. Bei den Kranken von Zeroni und von Heine
war die Blutung erst nach der Totalaufmeisselung des
Ohres eingetreten, durch Tamponade von der retroauriku-
lären Wunde ans gelang es^ sie zu stillen, und Zeroni
empfiehlt daherin derartigen Fällen, zunächst provisorisch
den Gehörgang zu tamponiren, dann die Carotis zu unter-
binden und hierauf sofort die Totalaufmeisselung zu
machen. Die bessere Wirkung der Tamponade nach
letzterer erklärt er daraus, dass der Tampon jetzt direkt
an die blutende Stelle herangebracht werden und bei
grösserem Enochendefekt die Arterie ausserdem gegen
die noch stehenden Knochenwände comprimiren kann.
Der Kr. Z e r o n i 's erlag nach der 2. Blutung schnell der
Erschöpfung durch sein Lungenleiden. Dass aber die
Tamponade, selbst wenn sie nach geschehener Aufmeisse-
lung die Blutung dauernd zum Aufhören au bringen im
Stande ist, an und für sich Gefahren mit sich führt, be-
weisen die beiden Fälle von Heine und Heermann,
in denen sich im Anschlüsse an jene und durch sie eine
Veijauchune der Wunde und Sepsis, bez. eine eiterige
Thrombose der Carotis mit Meningitis entwickelten. Die
Lanrens (20) (Erschebungen
ScUifenlappen), Lecdne (21)..
eines Absoesses im
1902.
«) Arch. f. Ohrenhkde. LI. 2 u. 3. p. 97. 1901.
«) Arch. f. Ohrenhkde. LV. 1 u. 2. p. 86. 1902.
3) Verhandl. d. BerL otol. Ges. I. p: 2. 1903.
*) Mon.-Sohr. f. Ohrenhkde. n. s. w. XXXVI. 1. p. 3.
172
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
beiden Er. von Jürgens gingen unabhängig von der
Blutung an einer durch die Mittelohreiterung veranlassten
Meningitis zn Grunde.
In einer weiteren Beobachtung, über die Jürgens')
berichtet, war der Btdbus venae jugtUaris Ausgaogsort
der Blutung. Ihre Ursache lag auch hier in einer Ver-
ätzung des Ohres, wahrscheinlich durch eine Säure, durch
die der Boden der Paukenhöhle zerstört und ausserdem
Nekrose der Labyrintbwand herbeigeführt worden war.
Die Blutung wiederholte sich 3mal, stand aber immer
leicht auf Tamponade und verursachte niemals die bei
Carotisblutungen eintretenden beunruhigenden Erschei*
nungen der akuten Anämie.
f ) Beiropharyngealabseess. Kien'; beschreibt
4 Fftlle im Anschlüsse 3 mal an eine akute oder
subakute, Imal an eine chronische Mittelohreite-
rung. Der Eiter kann vom Ohre aus das retro-
pharyngeale Bindegewebe einmal auf indirektem
Wege erreichen, indem er aus der Paukenhöhle
oder dem Antrum in die mittlere oder hintere
Schädelgrube durchbricht und dann von hierdurch
das Foramen ovale, rotundum oder jugulare nach
abwärts gelangt, oder die Fortpflanzung ist eine
direkte und kommt vermittels eines Durchbruches
des Bodens des Antrum oder der vorderen Wand
des Oehörganges, oder der Paukenhöhle zu Stande.
Die gewöhnlichen Symptome des Retropharyngeal-
abscesses, starke Halsschmerzen, Eieferklemme und
Schlingbeschwerden, fehlten 2mal lange Zeit gänz-
lich, so dass als einzige beunruhigende Erscheinung
hohes Fieber bestand und dieses sogar einmal an
eine Sinusthrombose (mit Freilegung und Spaltung
des Sinus) denken Hess. In einem der Fälle com-
municirte der Retropharyngealabscess breit mit
einem tiefen Senkungsabscess an der Seitenfläche
des Halses, in einem anderen complicirte er sich
mit einer gangränescirenden Pneumonie, die viel-
leicht in einer Perforation des Abscesses in den
Larynz und der Aspiration der jauchigen und
faulen Sekrete ihre Ursache hatte. Doch war auch
hier, wie in den übrigen Fällen, der schliessliche
Ausgang in Genesung. Therapeutisch empfiehlt
Kien, wenn schon eine Fistel im Rachen besteht,
der Abscess nicht zu gross ist und man ihn ohne
die Gefahr einer starken Senkung oder Retention
von der Mastoidoperationwunde aus beherrschen
kann, zwischen letzterer und dem Retropharyngeal-
abscess eine breite Verbindung anzulegen und auf
diesem Wege die Nachbehandlung vorzunehmen.
Treffen obige Bedingungen nicht zu, so soll die In-
cision von innen oder nach König noch besser,
besonders bei tief nach abwärts reichenden Ab-
Bcessen, die Eröffnung von der Aussenseite des
Halses aus gemacht werden.
g) Cholesteaiofn des Sehläfenbema. In einer
historischen Notiz führt Schwartze') aus, dass,
wie auf so vielen Gebieten unseres medicinischen
Wissens, wir auch über das Cholesteatom des
1902.
1) Mon.-Sohr. f. Ohrenhkde. n. s. w. XXXVI. 4. p. 126.
>) Ztsohr. f. Ohrenhkde. XXXIX. 1. p. 13. 1901.
«) Aroh. f. Ohrenhkde. LIV. 1 u. 2. p. 139. 1901.
Schläfenbeins Virchow die ersten, ganz zweifel-
losen Beobachtungen am Lebenden und an der
Leiche verdanken. Das Wachsthum des Chole-
steatoms erfolgt nach Ephraim^) nicht, wie
ziemlich allgemein angenommen wird, durch Druck-
usur des Knochens, sondern in der von Kirchner
behaupteten Weise, dass nämlich die choleateatomi^
tosen Massen gleichsam aktiv in die Knochen-
Substanz eindringen, die Gef&sse erfüllen und so
die Zerstörung des Knochens bewirken. Zum Be-
weise hierfür berichtet er über eine eigene Be-
obachtung bei einem 22 Jahre alten Manne, bei
dem sich die Capacität der durch die Operation
im Warzenfortsatze aufgedeckten und von aklero-
tischem Knochen begrenzten Höhle unter regel-
mässiger Neubildung weissgelblicher Lamellen in
Zeit von 2 1/4 Jahren noch nachträglich von 6 '/40cm
auf 8^/4 com weiter vergrösserte. Allerdinga schien
mit der Zeit die Neigung zur Epithelneubildong
und desgleichen der Knochenschwund allmfthlich
geringer zu werden. Katz^j hat in seinen FftUen
ein Eindringen von Cholesteatomelementen in die
Havers^schen Kanäle niemals sehen können. Die
in das Mittelohr hineingewachsene Epidermis über-
zog die chronisch entzündete oder ulcerirte, bez.
epithelber^ubte Schleimhaut, welcher Zustand dann
zu einer chronischen Dermatitis mit starker Pro-
liferation von Epidermisschollen führte. In dem
unter der Matrix liegenden Knochen waren vide,
zum Theil weite und mit einem neugebildeten
dichten faserigen Bindegewebe angefüllte Rfiume
vorhanden, welches letztere an manchen Stellen
eine grosse Aehnlichkeit mit den zwiebelartig ge*
schichteten Epidermislamellen des Cholesteatonu
aufwies. Daher rührt nach Katz denn wohl der
Irrthum von einem Eindringen des Cholesteatoms
in den Knochen.
Hang*) theilt eine Beobachtung bei einem 8Vs Jahre
alten Knaben mit, bei dem das Cholesteatom nach Durch-
bruch in die Schädelhöhle einmal das Öehim oberfläek-
lieh arrodirt und ausserdem sich einen Weg durch die
Oehirnsubstanx hindurch zwischen Schläfen- und Hinter-
hanptlappen bis in den Seitenvenirikel gebahnt hatte.
Die Cholesteatom massen waren daselbst breiig zerfallen,
stellenweise mit Blutungen vermischt und von erweichter
Hirnsubstanz umgeben.
In Bezug auf die Behandlung desCholeBteatoma
führt Jansen^) aus, dass eine Heilung ohne
Operation nur bei Sitz jenes in Höhlen mit groeaet
Oeifnung, z. B. dem Kuppelraum bei Fehlen seiner
lateralen Wand, dem Antrum und Warzenfortsati
bei Fehlen der hinteren oberen Wand dea Oehör-
ganges, möglich ist, wAhrend das Cholesteatom in
nahezu geschlossenen Höhlen trotz Ausspülungen^
Einträufelung von Alkohol, Boreftureeinblasang^en
u. s. w. nicht zur dauernden Heilung gelangt, viel-
mehr wächst, den Knochen zum Schwinden bringt
«) Arch. f. Ohrenhkde. UV. 3 u. 4. p. 244. 1902.
«) Verhandl. d. Berl. otol. Ges. I. p. 23. 1903.
•) Arch. f. Ohrenhkde. LV. 1 u. 2. p. 26. 1902.
4) Deutsche Klinik am Eingange d. 20. Jahrh. Vm
28 u. 29. p. 263. 1901.
Blaa, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
173
Qsd, oft ohne beunruhigende Symptome, die gefähr-
lichsten FoIgezustAnde einleiten kann. In diesen
mien ist ein operatives Eingreifen durch sorg-
fältiges Freilegen der ganzen HGhle geboten, bei
Beschränkung auf den Euppelraum (selten) durch
die Stacke 'sehe Operation mit Extraktion der
Gehörknöchelchen, bei Betheiligung des Antrum,
beL des Warzenfortsatzes durch die Totalaufmeis-
Bdnsg. Die Erhaltung der Cholesteatommatrix
ist zuüssig, doch erachtet Jansen deren Ent-
fernung und den Ersatz durch Transplantationen
nach Thierse h schon deshalb für besser, weil
häufig der Knochen unter der Matrix krank ist
und einen Reiz auf letztere zum Wuchern ausübt.
Dadurch, dasa die hintere GehOrgangswand zur
Uppenbildung und Bedeckung eines Theiles der
looehenwnnde verwendet wird, ist eine breite
Verbindung zwischen OehOrgang und Warzenfort-
satzhdhle hergestellt und die Möglichkeit gegeben,
selbst sehr grosse Höhlen vom Oehörgange aus gut
m übersehen, so dass nach Jansen die Wunde
hinter dem Ohre primär geschlossen werden soll.
Da, VC ein starker Fötor oder reichliche Eiterung
bttteht oder sich fortgesetzt grosse Mengen von
Cholesteatommassen abstossen, ist die Operation
asch bei sonst beschwei-defreiem Verlaufe unbe-
dingt nothwendig.
Behandlung der Otitis media suppurativa.
Bei der Behandlung der akuten Otitis media ^)
ist die Indikation zur Paraeentese des Trommelfeüs
ia den letzten Jahren O^enstand lebhaftester Er-
Drternng geworden. Z a u f a 1 ( 1 0) und sein Assistent
Piffl (1, p. 88. 96; 2, p. 112; 5 u. 9) wieder-
holen als das Besultat nunmehr 12j&hriger Erfah-
lang, dass die genuine akute Otitis media bei sonst
gesunden Menschen, wenn in Buhe gelassen, einen
cyUachen Verlauf nimmt, mit Abfall aller Ersohei-
Bungen am 7. oder 8. Tage, dass von einer etwaigen
Sekretverhaltung bei ihr nichts zu fürchten und
die Trommelfellparacentese nicht allein überflüssig
ist, sondern sogar die Heilung erschwert, bez. ver-
i^^ert Man soll daher bei diesen A)rmen, zu
0 Vgl. über diese 1) Bezold, Körner u. s. w.,
lÄeatBche otol. Ges, 1902 s. Arch. f. Ohrenhkde. LVI.
W 2. p. 84. 1902. — la) Körner, MüDchn. med.
Vd»8cbr. XLIX. 31. 1902. — 2) Grunert u. s. w.,
Ishnt-Vere, 1902 s. Aroh. f. Ohrenhkde. LVII. 1 u. 2.
P- 110. 1902. — 3) Siebenmann u. Oppikofer,
2techr. f. Ohrenhkde. XL. 2u. 3. p. 213. 1901. — 4) He-
rold, Ebenda XU. 3. p. 199. 1902. — 5) Piffl, Ver-
hsBdl. d. Deutschen otoL Ges. XL p. 39. 1902. — 6) F i n k ,
BieBehandluDg der Ohreiterangen durch den praktieohen
Im. Berlin-Südende u. Leipzig 1901. Vogel u. Ereien-
hnoL— 7) Jansen, Deutsche Klinik am Eingänge d.
aX Jahrh. VHX 28. 29. p. 206. 217. 1901. — 8) Gru-
nert, Münchn. med. Wchnschr. XLIX. 43. 1902. —
S) Piffl, EbendaXLIX.50.1902. — 10) Zaufal, Prag,
awd. Wchnschr. XXVn. 47. 1902. — 11) Moure, Ann.
deiiaaL de l'oreüle etc. XXVIÜ. 7. 1902. — 12) Theo -
bald, Transact of the Amer. otol. Soo. XXXV. p. 43.
1902. — üeber die Behandlung der chron, Mütdohr-
eHenmg vgL Jansen (7, p. 250), Fink (6, p. 13), Mo
lernon, Fost-Graduate XVL 11. p. 1011. 1901.
denen insbesondere auch die durch Hyperplasie
der Rachenmandel bedingten Mittelohrentzündun-
gen gehören, sich auf heisse Einpackungen mit
essigsaurer Thonerde (Burow 'sehe Lösung), inner-
liche Anwendung von Salicylpräparaten, Einpin-
selungen mit Jodtinktur, Einträufelung vonCocain-
lösungen, Massage der Umgebung des Ohres be-
schränken, um eine Verminderung der Sekretion,
sowie eine erleichterte Resorption der bereits
erfolgten Exsudatausscheidung zu erzielen, ohne
dass es zum Durohbruche des Trommelfells kommt
Nur fflr die akuten Otitiden kleiner Kinder mit
schwer beeinträchtigtem Allgemeinbefinden wird
der bei ihnen vorliegenden aussergewOhnlichen
anatomischen Verhältnisse wegen allenfalls die
Berechtigung zur Paraeentese zugestanden. Ueber-
flüssig dagegen sei letztere auch meist bei den
sekundären akuten Mittelohrentzflndungen , da,
wenn diese nicht in der Ablieben Zeit abheilen,
der Grund gewöhnlich in einer Erkrankung der
Zellen des Warzenfortsatzes liegt. Man mag daher,
wenn sie am 7. oder 8. Tage keinen Abfall der
Erscheinungen zeigen oder überhaupt erst später
zur Beobachtung gelangen, einen Versuch mit der
Paraeentese machen, soll aber, wenn bereits deut-
liche Symptome einer Complikation vorhanden
sind, mit der Paraeentese keine unnöthige Zeit
verlieren, sondern ungesäumt zur Aufmeisselung
des Warzenfortsatzes schreiten. In gleicher Weise
erklären Siebenmann und Oppikofer (3),
dass nach den Erfahrungen in des Ersteren Klinik
eine paracentesirte Mittelohrentzündung nicht besser
verläuft, als wenn das spontane Zurückgehen unter
Behandlung mit Bettruhe und Eis abgewartet wird.
Die Paraeentese sei zwar manchmal im Stande,
die Schmerzen abzukürzen, beeinflusse aber im
grossen Ganzen den Verlauf in Bezug auf Schwere,
Dauer und spätere Funktionfähigkeit nicht günstig
und ihr unterlassen führe in der Regel nicht zu
Complikationen, die später ernstliche chirurgische
Eingriffe erheischten. Dem gegenüber haben sich
aber zahlreiche und gewichtige Stimmen^) dafür
erhoben, dass der Paraeentese des Trommelfells
ihre Indikation in den von Schwartze gezogenen
Grenzen gewahrt bleiben müsse. Referent schliesst
sich diesen auf Grund seiner Erfahrungen an. Ein
cyklischer Verlauf der akuten Otitis media, wie
ihn Zaufal annimmt, bildet keineswegs die Regel,
vielmehr sehen wir in vielen Fällen, dass trotz
zuwartender Behandlung mit Bettruhe, Eis, heissen
Umschlägen u. s. w. die Entzündung schliesslich
zur spontanen Perforation des Trommelfells führt,
nachdem der Kranke inzwischen eine grössere
oder geringere Anzahl von qualvollen Tagen ver-
«) Vgl. Jansen (7, p. 217), Grunert (2 u. 8), Be-
old fl n. 4, p. 211), Körner (1, p. 86 u. la), Bert-
«old (2, p. 113), Müller (2, p. 114), Gomperz
(2, p. 114), Leutert (1, p. 90), Ostmann (1, p. 92),
Pa880w(l, p. 92), Brieger(l, p. 93), Fink(6, p. 8),
Moure (11).
z
h
174
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
bracht hat. Dass die Paracentese, mit der nöthigen
Sorgfalt ausgeführt und bei richtiger Nachbehand-
lung, jemals schaden sollte, trifft nicht zu, siebringt
nach Jansen auch niemals die nicht eiternde
Otitis media zur Eiterung. Wenn die Fälle mit
Paracentese im Allgemeinen wirklich schwerer
verlaufen sollten als die anderen, so liegt der
Grund hierfür einfach darin, dass man die Para-
centese eben in den schwereren Fällen vorgenom-
men hat Von den meisten Seiten wird dieses aber
(unter sonst gleichen Bedingungen) bestritten, ja
Körner glaubt sogar die schnellere oder lang-
samere Heilung direkt danach berechnen zu können,
an welchem Tage der Erkrankung man die Para-
centese gemacht hat, bez. die Spontanperforation
eingetreten ist. Andererseits lässt sich die von
Zaufal und, wenn auch nicht so schroff, von
Siebenmann hingestellte Behauptung nicht
aufrecht erhalten, dass eine Eiterretention in der
Paukenhöhle ein gleichgültiger Zustand ist, das
Unterlassen der Paracentese also keinen Schaden
bringt, da wiederholte Beobachtungen gelehrt haben,
dass der am Abfluss nach aussen gehinderte Eiter
anderwärts, z. B. nach innen in das Labyrinth,
durchbrechen kann. Die Paracentese ist mithin
trotz Allem unter umständen eine das Leben ret-
tende Operation. Aus dem Gesagten folgt, dass
wir zwar immer zuerst werden versuchen müssen,
die akute Otitis media ohne Perforation des Trom-
melfells zur Heilung zu bringen, dass wir aber,
wenn bestimmte Indikationen vorliegen, eben so
wenig werden zögern dürfen, zum Trommelfell-
schnitt zu schreiten. Diese Indikation wird ge-
geben durch den sicheren Nachweis des Vorhanden-
seins von Eiter in der Paukenhöhle (Verstrichen-
sein der Grenzen des Trommelfells gegen die
Gehörgangwände, Vorwölbung oder grünlich-gelbe
Verfärbung des Trommelfells), durch das Andauern
starker Ohrschmerzen und von Fieber trotz mehr-
tägiger lokaler Antiphlogose, durch starke Beein-
trächtigung des Allgemeinzustandes, besonders bei
kleinen Kindern, und vor Allem durch das Hinzu-
treten von Symptomen, die eine Complikation
seitens des Warzen fortsatzes, des Labyrinths oder
der intracraniellen Gebilde befürchten lassen. Nach
Körner wird die Vornahme der Paracentese des
Trommelfells nothwendig, sobald ein entzündliches
Exsudat in der Paukenhöhle erkennbar ist; bei
Bestehen der Symptomtrias: Vorwölbung des
Trommelfells, Fieber und Schmerzen giebt es nach
ihm keine Entschuldigung fflr ihre Unterlassung.
Bezold (2, p. 114) hält die Paracentese u. A. für
dringend geboten bei alten Leuten, bei denen das
Gewebe nicht so resorption fähig ist, und in sol-
chen Fällen, wo bei vorher intaktem Labyrinth die
obere Tongrenze anfängt eingeschränkt zu werden.
Jansen betrachtet als Indikation zur Vornahme
der Paracentese: a) schwere entzündliche Verän-
derungen am Trommelfell (die hämorrhagischen
Formen vielleicht ausgenommen), b) starke Schmer-
zen, o) ausgesprochene Druokempfindlichkeit oder
Schwellung am Warzenfortsatze , d) Schwellong
der hinteren oberen Qehörgangswand , e) Tem<
peratursteigerung, f) Erbrechen, Schwindel, g) Be-
nommenheit, h) lange Dauer von sehr starker
Schwerhörigkeit bei geschwollenem Trommelfeil,
i) alte Verdickung des Trommelfells bei einiger-
maassen erheblicher Otitis, k) Tortioollis, 1) Ver-
schlechterung des Gehörs, Zunahme der Schwel-
lung der Membran, Zunahme des DrackgefÜhU
nach Schluss einer Trommelfellperforation.
Das Amylofann als Pulvereinblasung ist in
Bürkner's Poliklinik ^) bei der Behandlung on-
complioirter chronischer Mittelohreiterungen mit
grosser Trommelfellperforation versucht worden.
Die Ergebnisse waren ungflnstig, da das Mittel die
Eiterung in den meisten Fällen wenig oder gtr
nicht beeinflusste, ferner durch sein Verweilen in
der Paukenhöhle oft starke Reizerscheinungen ye^
ursachte und endlich durch seine Neigung zur Elum-
penbildung verschiedenster (selbst steinharter) Con«
sistenz zu Sekretstauung Veranlassung geben konnta
Vom Formalin hat G e r o n z i *) bei chronischen
fOtiden Mittelohreiterungen, besonders mit OnuiQ-
lationbildung, gute Erfolge gesehen. Er verwendet
eine öproc. (mit 2^Iq beginnend), selten eine 8ti^
kere, Lösung in Glycerin, der zweckmässig noch
5<^/q kohlensaures Natron zugesetzt werden können.
Das Mittel wird vermittelst eines mit ihm getrink«
ten Gazebäuschchens, zur Selbstbehandlung als Ein-
träufelung von 2 — 3 Tropfen, an die vorher ge-
reinigte Paukenhöhlenschleimhaut gebracht Als
unangenehme Nebenwirkungen zeigten sich, ausaer
der Coagulation des Sekretes, besonders bei den
concentrirteren Lösungen manchmal sehr stark
Schmerzen, sowie entzündliche Reizung oder ober
flächliche Verschorfung der (Jehörgangswände.
Bei Anwendung des Wassersioffsuperoacyd b^
obachtete Max') 2mal, dass, während es von den
eiternden Ohre gut vertragen wurde, nach ver
sehentlichem Eingiessen der gleichen lOproo. U
Bung in d&s gesunde Ohr sehr starke SchmeraeB
Röthung, Schwellung, Enötchenbildung und Sa
pfindlichkeit am Lobulus und Tragus, Elxcoriatioi
im geschwollenen Gehörgang, Perforation der voi
früher her vorhandenen Trommelfellnarbe, anfang
sehr reichlicher Ausfluss seröser Flüssigkeit, späte
Eiterung aus der Paukenhöhle eintraten. Uebrigea
kommen ab und zu auch Kranke mit Mittelohi
eiterung vor, die das Wasserstofifsuperoxyd dorchaii
nicht vertragen.
Die Heissluflbehandlung hat sich H e c h t ^) un
Hopkins') bei der Behandlung der Otitis medj
^) Sagebiel, Münohn. med. Wohnschr. XLVl
49. 1900.
2) Aroh. ital. di Otol. XIV. 1. p. 1. 1902.
'j Oesterr. otol. Ges. s. Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u.s.^
XXXV. 2. p. 74. 1901.
*) Münchn. med. Wchoschr. XLVIÜ. 24. p. 970. 19C
») Ann. of Otol. XI. 1 ; Febr. 1902.
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
175
Bupp. chron. gut bewährt Hecht verwendet
eiiien modificirten Heiland er 'sehen Apparat,
bei dem die Luft durch eine Metallkanüle in die
Fkuienhöhle geleitet wird. Sobald Schmerz ein-
tritt, kann der Kranke selbst die Luftzufuhr unter-
hrechen; die Luft wird so heisa genommen, wie
sie der Kranke vertragen kann, die Dauer der
Applikation beträgt mehrere Minuten. Den Nutzen
der Heisaloftbehandlung erklärt Hecht durch die
AoBtrocknung der maoerirten Paukenhöhlenschleim-
IttQt und besonders durch das Herbeiführen einer,
venn auch nur vorübergehenden, aktiven Hyper-
ämie mit ihren, die Regenerationfähigkeit und Wider-
staadakraft fördernden Folgezuständen.
Die Eadraktion der Oehörknöekelehen , unter
umständen einschliesslich des Steigbügels, kann
zmn Zwecke der Hörverbesserung nach Grade-
aigo^) sich nicht nur in solchen Fällen von ab-
gelaufener chronischer Mittelohreiterung bewähren,
in denen eine theilweise Zerstörung des Trommel-
felles und der Knöchelchen stattgefunden hat, son-
dern auch bei denjenigen, weniger bekannten For-
men, wo eine chronische katarrhalische Otitis media
Tonuliegen seheint, das Trommelfell ohne charak-
teristische Veränderungen ist und nur die Anamnese
ogiebt, dass es sich auch hier um die Ausgänge
äaer eiterigen Entzündung handelt Die Ope-
ntion und die Nachbehandlung, welcher letzteren
firadenigo besonders eine grosse Bedeutung für
diB endgültige Resultat beilegt, werden genau be-
schrieben. Gitelli*) berichtet über einen Fall
roo chronischer Mittelohreiteruug , in dem nach
' don Hammer undAmbos später auch der nur noch
lose in der Fenestra ovalis sitzende Steigbügel
otrahirt wurde. Der Operation folgten für die
Men 24 Stunden bedeutende Verstärkung der
sobjektiven Geräusche, etwas Schwindel und Brech-
Bägimg, das Gehör zeigte sich zu Anfang wesent-
£di gebessert, sank dann aber wieder auf seinen
onprünglichen Stand, und eben so wenig erfuhren
die subjektiven Geräusche und die Otorrhöe eine
Aenderang gegen ihr Verhalten vor der Operation.
Sturm') theilt aus Körn er 's Klinik mit, dass
dort zur £h//emutt^ der äusseren Wand des Becessus
Vi^yiHponieus bei in diesem lokalisirter Eiterung,
veon dieGehOrknöchelchenextraktion erfolglos ge-
UiebeD ist, und ausserdem zur Beseitigung isolirter
^BukigkeUen am I^amantorium, sowie seltener am
PinikenhöhleDboden oder am Marge tympanicus
äoh die rotirende Fraise als nützlich erwiesen hat
Vorbedingung ist ein kurzer und weiter Gehörgaog.
Ke verwendeten Fraisen sind binien- oder kugelförmig,
rnuisiielig, haben einen Durchmesser von 2 — 3 mm und
fline leicht schraubenartige BÜfelnng, die sioh derart nach
dem ^ole* zu verflacht und oonvergirt, dass dort ihre
wukuiig am schwächsten, am „Aequator*^ aber am stärk-
ASB ist Sie werden mit einem Tretrade angetrieben.
•) Aich. t Ohienhkde. UV. 1 u. 2. p. 1. 1901 ; LIV.
3 tt. 4. p. 249. 1902; LV. 1 u. 2. p. 1. 1902.
«) Arch. itaL di Otol. XIV. 1. p. 25. 1902.
*) Ztechr. f. Ohrenhkde. XLI. 2. p. 132. 1902.
Am Promontorium muss das Fraisen immer nach einigen
Sekunden unterbrochen werden, damit sich der Knochen
nicht erhitzt Narkose ist beim Arbeiten an der Laby-
rinthwand nicht erforderlich, wohl aber bei der Eröffnung
des Rec. epitympanicus. Zur Blutstillung werden sterili«
sirte, mit einer Ferripyrin-Ck>cainlö6ung getränkte Watte-
tupfer benätzt.
Mattet) empfiehlt (nach dem Vorgange E e s -
sei's), nach der Extraktion von Hammer und
AmboB und nöthigenfalls der breiten Freilegung
sflmmtlicher Nebenr&ume der Paukenhöhle einen
Versuch mit Anheüung des Trommelfelles an das
Steigbügelköpfchen zu machen, um hierdurch ein
besseres QehOr zu erzielen. Zu diesem Zwecke
muss das Trommelfell zum grösstenTheile erhalten
und beweglich sein und bei der Operation mög-
lichst geschont werden (Excision des Hammers
durch zwei parallel dicht am Hammergriff geführte
Längsschnitte), ferner muss man den Steigbügel
unter vorsichtiger Abtragung der hinteren knöcher-
nen Oehörgangs wand und des angrenzenden Theiles
des Limbus osseus freilegen. Manchmal müssen
bereits angewachsene Trommelfellflächen mobilisirt
und während der Nachbehandlung durch Kathete-
rismus beweglich erhalten werden. Ausgeschlossen
ist das Verfahren bei Erkrankung der Labyrinth-
wand, der Gegend der Tubenmündung oder des
Bodens der Paukenhöhle, auch ist zu einem guten
funktionellen Ergebniss eine freie Beweglichkeit
des Steigbügels und Intaktsein des Labyrinthes
erforderlich.
Der Nutzen der Aetzungen mit Trichloressig-
säure, um alte Perforationen des Trommdfeües zum
Verschluss zu bringen, wird von Lau') und durch
weitere Versuche von Gomperz*) bestätigt
Die Wirkung des künsUiehen Trommelfelles bei
isolirtem Steigbügel erklärt Lucae^) durch einen
Ersatz der durch Lahmlegung des Tensor tympani
verloren gegangenen Dämpfung im Ohre. Ferner
macht er auf mehr oder weniger abgelaufene Fälle
von chronischer Mittelohreiterung mit Verlust von
Trommelfell, Hammer und Ambos, freiliegendem
Promontorium und glatter, nicht geschwollener
Paukenhöhlenschleimhaut aufmerksam, in denen
das ohne jede Berührung des Steigbügels oder des
runden Fensters auf den vorderen Abschnitt des
Promontorium gelegte Wattekügelchen eine bedeu-
tende Hörverbesserung hervorruft Die Erklärung
hierfür findet er darin, dass unter den genannten
pathologischen Bedingungen die Schallwellen so-
wohl durch das Promontorium als durch das runde
Fenster in das Labyrinth eintreten und sich in
ihm durch Interferenz gegenseitig schwächen,
während hingegen durch das Wattekügelchen
der erstere Weg ausgeschaltet wird. Die gleiche
Erklärung passt nach Lucae auch manchmal für
1902.
>) Arch. f. Ohrenhkde. LUI. p. 96. 1901.
a) Petersb. med. Wchnschr. XXVL 29. 1901.
s) Ann. des mal. de roreille etc. XXVIIl. 10. p. 304.
«) Arch. f. Ohrenhkde. UV. 3 u. 4. p. 268. 1902.
176
B 1 a a , Bericht über die neaeren LeiBtungen in der Ohrenheilkunde.
das ausOummi elasticum angefertigte Trommelfell,
ferner fQr Fälle mit erhaltenen Gehörknöchelchen,
aber grosser Trommelfellperforation und freiliegen-
dem Promontorium. Nach Qomperz^) hat das
künstliche Trommelfell bei kleineren Perforationen
als ein Viertel der Membran meist keinen Nutzen
für das Hörvermögen, kann aber die subjektiven
Ger&usche und das Gefühl von Schwere des Kopfes
bessern. Am grössten ist seine Wirkung bei tota-
lem oder fast totalem Trommelfelldefekt oder bei
Perforationen, die den hinteren oberen Quadranten
oder die ganze hintere Trommelfellhälfte einnehmen.
Wenn hier die Paukenhöhlenschleimhaut epidermi-
sirt ist, kann man mit Yortheil das Wattekügelchen
anwenden oder, noch besser, man bläst Borsäure-
pulver in die Oeffnung bis zum Niveau der Per-
forationränder ein. Hat dagegen die Auskleidung
der Paukenhöhle den Schleim hautcharakter bewahrt,
so würden die bisher üblichen Formen des künst-
lichen Trommelfelles reizen, unter solchen Um-
ständen empfiehlt Gomperz, entweder weisses
Vaselin von hohem Schmelzpunkt, das durch
längeres Kochen keimfrei gemacht und flüssig in
eine Pravaz'sche Spritze (mit winkelig abge-
bogener, stumpf endender Kanüle) aufgezogen wor-
den ist, nach dem Erstarren zu appliciren, oder er
verwendet ein künstliches Trommelfell aus che-
misch reinem Blattsilber (Schaumsilber) von unter
einem Mikromillimeter Dicke, das in sich die Vor-
züge der genügenden Festigkeit, Biasticität, Leich-
tigkeit und Sterilisirbarkeit vereinigt Ein oder
zwei der quadratischen Schaumsilberplatten von
8 mm Seitenlange genügen meist für eine Seita
Die Entfernung kann leicht durch Ausspritzen vo^
genommen werden. Die Schaumsiiberprothesen
können Monate lang, die Vaselinprothesen, die
die angenehmsten sind, Wochen lang ohne Schi-
den in nahezu voller Wirksamkeit im Ohre v6^
bleiben.
Bei Venoaehaung des Hammerffriffes mU der
inneren Patücenhöhienwand empfiehlt Gomperz^)
wie schon früher, um eine dauernde Trennung zu
erzielen, nach der Lösung der Adhäsionen einen
mit der Pincette ösenförmig gefassten dünnen
Celluloidstreifen zwischen die Wundflächen za
schieben und daselbst zu lassen, bis jeneübemutt
sind. Das Verfahren ist anwendbar überall da,
wo der Hammergriff die Perforation entweder nach
vom oder hinten begrenzt oder in sie hineinragt,
während es bei breiter Verwachsung zwischen
Trommelfell und Labyrinthwand nur geringe Aus-
sichten bietet Seine Wirkung kann durch nach*
träglichen Verschluss der Perforation mittels Tri-
chloressigsäure erhöht werden. (Schluss folgt)
•) Wien. med. Wchnsohr. LH. 50. 51. 1902. — Ann.
des mal. de roreiile eto. XX7IU. 10. p. 306. 1902.
1902.
i) Ann. des mal. de roreiUe eto. XXVm. 10. p 319.
I. Medicinische Physik, Chemie und Botanik.
177
B. Auszüge.
I. Medicinische Physik, Chemie und Botanik.
130. Das Vorkommen und die Bedeatang
dsi Cholins in der Oerebrospinalflüssigkeit
bei Epilepsie and organischen Erkrankungen
des Nervensystems 9 nebst weiteren Beitrft-
gOD snr Chemie derselben; von Dr. Julius
Donath. (Ztschr. f. phyaiol. Chemie XXXIX. 6.
p.536. 1903.)
Nach den Untersuchungen D.'s findet sich in
der CerebrospinalflQsaigkeit bei genuiner undJack-
aon'acher Epilepsie regelmässig Cholin, ebenso
meiBtens bei den organischen Erkrankungen des
Gentndnervensystems , bei denen ein Untergang
TDD Nerrengewebe, somit vermehrtes Freiwerden
TOD Lecithin und Abspaltung von Cholin angenom-
men werden muss. Nicht gefunden wurde das
Cholin bei Hysterie, meist bei Hyatero- Epilepsie
ond Neurasthenie. Als weitere Bestandtheile der
CerebrospinalflQsaigkeit stellte D. Chlornatrium,
Kitinm, Ammoniak, Phosphorsäure, sowie eine
ndocirende Substanz fest; auf Neurin wurde nicht
besonders untersucht, da D. sein Vorkommen aus-
Mäljessen zu können glaubte.
In geringen Mengen normalen Rinderblutes
vir kein Cholin zu finden. Intravenös oder intra-
oerebral injicirtes salzsaures Cholin konnte im
Htme nicht nachgewiesen werden.
D. konnte zeigen, dass das Cholin (ebenso das
Senrin) viel giftiger ist, als gewöhnlich angenom-
nen wird. Bei Injektion in die Hirnrinde, oder
toch sabdnral, bewirkten beide Substanzen die
schwersten tonischen und klonischen Krämpfe, die
<rft so Paresen führten. D. nimmt daher an, dass
das Cholin bei Auslösung des epileptischen An-
tiUes eine hervorragende Rolle spielt, indem es
vddie schon abnorm reizbare Hirnrinde einwirkt
V. Lehmann (Berlin).
131. Weitere Beobachtungen über die
Mengen dee im Blute dee kranken Menschen
■>ob vorfindenden HarnstoA; von Prof. R
V. Jakach in Prag. (Ztschr. f. Heilkde. XXIV.
11. PL 401. 1003.)
Im Anschlüsse an 20 frühere Beobachtungen
(festachrift für £. v. Leyden) berichtet v. J.
Aber weitere 24 Untersuchungen (Tuberkulose,
Typhus, Nephritis, Pneumonie u. s. w.) und kommt
tn folgenden Resultaten: Der Werth fQr den Ham-
itoffgehalt des Blutes ist bei verschiedenen Er-
baakungen angemein wechselnd ; bei Tuberkulose,
septischen Processen und Kohlenoxydvergiftung
ist dieser Werth niedrig, desgleichen bei gewissen
Fonnen von Nephritis. Damit werden die in der
enten Mttlheilang niedergelegten Daten bestätigt
Med. Jahibb. Bd. 281. Hft 2.
Bei Pneumonie, insbesondere wenn sie mit Nephritis
complicirt ist, werden hohe Wert he gefunden, des-
gleichen bei schwerem Abdominaltyphus. Die in
ihrem klinischen Bilde anscheinend gleichen Fälle
von durch Nierenerkrankungen bedingter Urämie
zerfallen in solche mit einer Vermehrung des
Hamstoffgehaltes des Blutes, bei diesen ist der
Werth ^ ffir das Blutserum erniedrigt und solche
ohne Vermehrung des Hamstoffgehaltes; bei diesen
zeigt der Werth /\ fQr das Blutserum normale
Werthe. Die durch Phosphorwolframsäure nicht
fällbare stickstoffhaltige Substanz des Blutes besteht
vorwiegend aus Harnstoff. N o e s s k e (Kiel)'.
132. Kliniaohe Methode, die Wasserstoff-
snperoxydiersetsang durch Blnt la messen ;
von R. W. Raudnitz. (Centr.-Bl. f. innere Med.
XXIV. 46. 1903.)
R. theilt eine (nicht ganz einfache) Methode
mit, den Oehalt des Blutes an Blutsuperoxydase
zu bestimmen, indem dem Blute eine gewisse
Menge HgO^ zugesetzt und nach einer gewissen
Zeit die unzersetzt gebliebene Menge durch Per-
manganat zurQcktitrirt wird. Näheres im Original.
V. Lehmann (Berlin).
133. Ueber die Spaltung derHefennolein-
sftnre durch Bakterien; von A. Schitten-
helm und F. Schroeter. 2. und 3. Mitthei-
lung. (Ztschr. f. physich Chemie XL. 1. 2. p. 62. 70.
1903.)
Reinculturen von Bacterium coli, wie von Sta-
phylokokken, sowie Bakteriengemische ans Faeces,
die auf Uschinsky 'scher Nährlösung gezQchtet
wurden, in der alle stickstoffhaltigen Salze durch
nucleinsaures Natrium ersetzt waren, zerlegten
die Nucleinsäure; Bacterium coli bewirkte dabei
Entwickelung von Gasblasen. Es zeigte sich, dass
das Qas aus Sauerstoff, Stickstoff, Wasserstoff,
Methan, Kohlensäure bestand. Nähere Ueberlegung
zeigte, dass der Stickstoff, soweit er nicht in der
Luft enthalten gewesen war, sich nur aus Nuclein-
säure gebildet haben konnte. Die Kohlensäure
entstammte theils der bakteriellen Athmung, theils
dem in der Nährlösung befindlichen Qlycerin.
V. Lehmann (Berlin).
134. Ueber den EinfluM von Proto-
plasmagiften auf die Trypsinverdaunng; von
Dr. Rudolf Kaufmann. (Ztschr. f. physiol.
Chemie XXXIX. 6. p. 434. 1903.)
Nach den meisten Angaben wird die Wirkung
der Enzyme durch Protoplasmagifte, wie Chloro-
form, Thymol, Toluol u. s. w. , durchaus nicht
23
178
U. Anatomie und Physiologie.
beeinflusBt, so dass dadurch FermentwirkuDg von
BakterienwirkuDg geschieden werden könnte; nach
anderen Autoren werden aber die Fermentwirkun-
gen durch solche Substanzen gehemmt oder auf-
gehoben. FQr das Trypsin weist E. nun nach,
dass der Widerspruch sich aus der verschiedenen
Stärke der Fermentlösungen erklärt. Er fand, dass
Trypsinlösungen, die stärker sind als eine 0.2proc.
Lösung des Grübler 'sehen Trypsins, durch
24stQDd. Einwirkung von Toluol, Chloroform,
Thymol und Fluornatrium in keiner Weise geschä-
digt werden. Aehnlich wie gegen Fermente ver-
halten sich die genannten Antiseptica auch gegen
Bakterien.
Ein essentieller Unterschied zwischen fermen-
tativer und bakterieller Spaltung lässt sich daher
aus dem Verhalten gegenüber den Antisepticis
nicht construiren. V. Lehmann (Berlin).
135. Ueber denEinflaas dea aatoly tischen
Fermente» auf die Pankreaaverdaaang ; von
Mieczyslau H alpern. (Ztschr. f. physich
Chemie XXXIX. 5. p. 377. 1903.)
H. hat untersucht, welches Ergebniss die gleich-
zeitige Einwirkung von Trypsin und autolytischem
Fermente auf Eiweiss ergiebt Er Hess auf frische
Kalbsleber erstens Pankreaspulver ein wirken, wobei
durch Erhitzen die Autolyse ausgeschlossen wurde,
überliess das Lebereiweiss zweitens der eigenen
Autolyse und liess endlich Autolyse und Pankreas-
pulver gleichzeitig einwirken. In den beiden letz-
teren Versuchen wurde nach der bestimmten
Digestionzeit eben so lange gekocht wie im ersten
Versuche vorher. Obwohl der Vergleich also nicht
ganz einwandfrei angestellt werden konnte, so er-
gab sich doch aus den meisten Versuchsrnhen,
dass beide Fermente gleichzeitig das Eiweiss zer-
setzen. V. Lehmann( Berlin).
136. Ueber die Vertheilang de« Stickatoiref
im Harne bei einem Falle von Phoaphorver-
giftnng, nebst vergleichenden Beobachtangen
über einige neaere Methoden der'Harnstoff-
beatimmnng; von Prof. R. v. Jaks eh. (Ztschr.
f. physich Chemie XL. 1 u. 2. p. 123. 1903.)
In einem Falle von Phosphorvergiftung wurden
fortlaufend im Harne die Harnsäure, das Ammoniak,
die Aminosäuren und der Harnstoff, letzterer nach
den Methoden von SchOndorff, MOrner-
SjGqvist und MOrner-Folin, bestimmt ESb
ergab sich, dass sämmtliche N-haltigen Ham-
bestandtheile, besonders aber der Harnstoff, in ver-
mehrter Menge ausgeschieden wurden.
Aus den vergleichenden Harnstoffbestimmun-
gen folgert V. J., dass die nach der Methode MOr-
ner-Folin erhaltenen Zahlen den thatsfichlichea
Verhältnissen am nächsten kommen.
V. Lehmann (Berlin).
137. üeber daa Auftreten von Monoamino-
aftnren im Harn von Kaninchen naoh Phot-
phorvergiftang; von Emil Abderhalden und
Peter Bergeil. (Ztschr. f. physioi. Chemie
XXXIX. 5. p. 464. 1903.)
Nach Vergiftung von Kaninchen mit Phosphoc
konnten A. und B. mit Hülfe des /^-Naphthalin-
sulfochlorids im Harne bestimmt Qlykoooll nach-
weisen; ausserdem trat in geringer Menge eine
optisch aktive Aminosäure auf.
V. Lehmann (Berlin).
II. Anatomie und Physiologie.
138. A preliminary oommonication on aome
oephalometrio data bearing apon the relation
of the alle and ahape of the head to mental
ability; by Dr. R. J. Oladstone. (Journ. of
Anat. and PhysioL XXX VU. 4. p. 333. 1903.)
An einem verhältnissmässig grossen, allen
Schichten der Bevölkerung angehörenden Menschen-
material zeigt Q., dass sowohl die absolute wie
auch die relative Grösse des Schädels in unzwei-
deutiger Beziehung zu den geistigen Capacitäten
der Menschen stehen. 0. F. Nicolai (Berlin).
139. Zar Physiologie des Säaglingaaltera ;
von Dr. Game r er in Urach. (Jahrb. f. Einder-
hkde. 3. F. VL 4. p. 543. 1902.)
G. giebt 4 Abhandlungen: 1) Die Wachsthums-
vorgänge beim Säuglinge und die verwandten
Vorgänge beim Erwachsenen. 2) Die Bedeutung
der einzelnen Nährstoffe für den Stoffwechsel.
3) Eiweissgehalt der Frauenmilch. 4) Bildung,
Prüfung und Verwendung physiologischer Mittel-
werthe. Es muss genügen, auf die interessan-
ten und gedankenvollen Ausführungen Ca hinzu-
weisen. Brückner (Dresden).
140. a) Ueber Naoleinapiralen im Kern dei
glatten Maakelsellen. — b) Die aogenanntc
Qaeratreifang der MaakelfiMer der optieohi
Aaadraok ihrer apiraligen anisotropen Durch«
Windung; von Karl Münch. (Arch. f. mikroak
Anat. LXII. 1. p. 41. 55. 1903.)
M. hat in der glatten Muskulatur der Wirbel
thiere, ebenso wie vor ihm schon vanOehuch
ten in der gestreiften Muskulatur des Frosches
eine ziemlich constant auftretende spiralige Stiei
fung der Kerne gefunden, die er mit dem liecba
nismus der Vermehrung der Kerne in Zusammen
hang bringt Einen ähnlich spiraligen Bau mmn
er nun auch für die gesammte Muskelfaser in An
Spruch und, gestützt auf ausführliche sterec
metrische Auseinandersetzungen, gelingt es ihn
zum wenigsten darzuthun, dass das optische Bil
der Querstreifung müglicher Weise auf einer i
Wirklichkeit spiraligen Anordnung beruht VU
11. Anatomie und Phymologiö.
179
Insektenmuskeln bringt er sogar Bilder, die eine
derartige Aufwickelong als wahrscheinlich erschein
oen Isssen. Die fibrigen Theile der umfangreichen
Arbeit beschäftigen sich damit, theils Einwänden
m begegnen (wie dem des Zerfialles in disco),
theils damit, auf der neuen morphologischen Orund-
lige eine neue Theorie der Contraktion aufzustellen,
voDach der in den anisotropen Scheibenspiralen
Irreiaende eleditrische Strom sich, einem Selenoid
vergleichbar, zusammenziehen soll.
Q. F.Nicolai (Berlin).
141. Die Paraganglien ; von A. E o h n. (Arch.
f. mikroet Anat. LXII. 2. p. 263. 1903.)
Bestimmter noch als in früheren Arbeiten spricht
sich K. in dieser ausfQhrlichen Abhandlung dahin
tag, dass die Marksubstanz der Nebenniere, die
Carotisdrfise, die chromophilen EOrperchen der
SAogethiere, ebenso wie die Suprarenalkörper der
SeUchier, die „Zellnester'^ der Amphibien u. s. w.
Teder ein nervöses, noch ein epitheliales, sondern
ein Gewebe sui generis seien, das er als chrom-
iffines Gewebe bezeichnet und das einen von allen
anderen Organen durchaus verschiedenen neuen
Organtypus darstelle, nämlich die Paraganglien.
Bordi diesen Namen will er die genetische Be-
üeiiQDg zum Sympathicus andeuten, die er durch
ttuigedehnte embryologische Untersuchungen fflr
tue Paraganglien zu beweisen versucht. Aus diesem
finude schlägt er auch vor, den Namen chrom affin
S^n „parasympathisch'* zu vertauschen.
Ausser dieser genetischen versucht E. auch
fe morphologische Oleich werthigkeit nachzuwei-
Mfi- Daraus müsste dann auch eine physiologische
Gleichwerthigkeit mit Wahrscheinlichkeit gefolgert
Verden und E. versucht auch zu zeigen, dass alle
Wirkungen der Nebennieren in Wirklichkeit durch
te parasympathische Substanz bedingt seien und
Bit Vassale macht er den Vorschlag, die Be-
leiciinangen Adrenalin, Surrenin u. s. w. zu Gunsten
^^ Baraganglina aufzugeben.
G.F.Nicolai (Berlin).
142. Deber die Präpatialdrüaen dea Kanin-
ohfl&i und über Veränderungen derselben in
derfironstseit; von Courant. (Arch. f. mikrosk.
AnatLXIL 1. p. 175. 1903.)
Die Präputialdrüsen, die in eine weisse und
ooe braune zerfallen, verändern sich nach der
Copolation und auf elektrische Reizung hin nicht,
^ben 80 wenig zeigen sie Spuren von Atrophie
B^ SxBtirpation der Genitalien. Dagegen glaubt
C. in ihnen eine erhöhte Thätigkeit während der
Brunstzeit nachweisen zu können und deutet sie
demnach als Riech- und Anlockungsdrüsen.
6. F.Nicolai (Berlin).
143. Ueber die Blntoirknlation in der Mili ;
von Prof. J. Janoiikin Prag. (Arch. f. mikrosk.
Aaat LXn. 3. p. 580. 1903.)
Die Blatbahn (von den Arterien durch die
Mtlzkörperdien in die sinuösen Räume der Pulpa)
ist eine in sich vollkommen geschlossene. Inter-
mediäre Blutbahnen, die sich frei in die Pulpa
öfifnen, giebt es nicht Lymphbahnen sind nirgends
nachzuweisen. Die Resultate sind an Injektion-
präparaten gewonnen. G. F. Nicolai (Berlin).
144. Zur Frage Aber die Folgen der Unter-
bindung des Wurmfortaatsea ; von L. W. S s o -
bolew. (Arch. f. mikroskop. Anat. LXII. p. 122.
1903.)
Nach Abbindung des Wurmfortsatzes bei neu-
geborenen Eaninchen trat eine allgemeine Atrophie
des Fortsatzes, hauptsächlich der FoUikelschicht
auf. Einmal stellte sich eine neue Communikation
mit dem Ileum ein. S. sieht dies letztere als Folge
der sekretorischen Thätigkeit des Wurmfortsatzes
an und hält diesen daher bei allen Thieren mit
sonst schwach entwickeltem lymphatischen Appa-
rate fflr noth wendig. Beim Menschendarme mit
seinen vielen Peyer'schen Haufen trifft dies nicht
zu und hier kann die Appendix ohne schädliche
Folgen entfernt werden. Q. F. Nicol ai (Berlin).
145. Beiträge nur Anatomie der Tlirfinen-
wege. Mit besonderer Berüekeiehligung mechanisch
bedeuiungswUer Einrichtungen ; von Dr. R. Hal-
ben. (Arch. f. Ophthalmol. LVII. 1. p. 61. 1903.)
H. hat die hierzugehörige reiche Literatur
(93 Nummern) eingehend geprflft und an einer
Reihe menschlicher Präparate sorgföltige histo-
logische Untersuchungen angestellt. Seine Be-
funde weichen theilweise von den Feststellungen
anderer ab. Die Thränenröhrchen beginnen am
Thränenpunkte mit einem ganz kurzen Trichter ;
von der Spitze des Trichters an erweitem sie sich
allmählich bis zu ihrer grössten Weite von 1.5 bis
2 mm; sie verlaufen dann annähernd wagerecht
bis zu ihrer Mflndung in den Thränensack als von
oben nach unten abgeplattete Schläuche. Der Ueber-
gang geschieht in Gestalt zweier Aber einander ge-
legener Schlitze. Sehr ausführlich sind Gestalt,
Aufbau und Vertheilung der einzelnen Gewebearten
beschrieben, zum Theil auch ihre physiologische
Bedeutung näher erörtert. Auch die vergleichende
Anatomie, theilweise auch die Entwickelungs-
geschichte, finden gebührende Berücksichtigung.
Ebenso sind für die Technik der Untersuchung
werthvoUe Hinweise beigegeben. Die werthvollen
Einzelheiten lassen sich in Kürze nicht erschöpfend
zusam menfassen. Ausgezeichnete Abbildungen von
Präparaten unterstützen die Anschaulichkeit der
Abhandlung. Bergemann (Husum).
146. Beiträge nr Kenntniaa derlriabewe-
gungen; von Dr. Bumke. (Centr.-Bl. f. Nerven-
hkde. u. Psych. Nr. 162 u. 163. 1903.)
B. stellte fest, dass bei galvanischer Reizung
des Auges Pupillenverengerung eintritt. Wurden
zur direkten Reizung Stromstärken von 2 — 3 M.-A.,
zur indirekten solche von 1.5 — 1 M.-A. verwendet,
so trat bei jedem Anodenschlusse eine deutliche,
180
m. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
aktive Verengerung der gleichseitigen, bez. gegen-
seitigen Pupille von 1 — 2 mm ein. „Länger-
dauernde Eathodenschliessung scheint eine Erho-
lung, Anodenschluss eine nachhaltigere Ermüdung
zu bewirken.^^ B. leitet daraus eine enge Ver-
wandtschaft zwischen der optischen und der pupillo-
motorischen Wirkung des galvanischen Stromes ab.
Die Irisbewegung dürfte dem Liohtreflexe der
Pupille analog sein. Als ihre Ursache kann nach
B. nur die galvanische Erregung der Lichtreflex-
bahn in Frage kommen ; ihr Angriffspunkt dürfte
sehr wahrscheinlich in der Retina liegen.
Die Versuchsanordnung geschah regelmässig
nach einem genau innegehaltenen Plan. Als vor-
zügliches Werkzeug erwies sich dieZehender-
Westien'sche Lupe, die B. mit einem eigenen
Pupillometer verbunden hat. Berge mann(Husum).
147. The perAition of tarriTing organt;
by B r 0 d i a (Journ. of Physiol. XXIX. 3. 1903.)
Der von Br. angegebene Apparat, der zur
Durchblutung einzelner Organe dient, hat bei
grosser Einfachheit der Constriiktion den Vortheil,
wenig Blut zu benöthigen, so dass man meist mit
dem Blute desselben Tbieres, dessen Organ ver-
wendet wird, ausreicht Durch eine einfache An-
ordnung ist zugleich für eine gute Durchlüftung
des aus der Vene in den Apparat zurückströmen-
den Blutes Sorge getragen ; auch lässt sich durch
wenige Handgriffe der jeweilig gewünschte arte-
rielle Druck und die Zahl der künstlichen Pulse
einstellen. An die Beschreibung der Handhabung
des Apparates knüpft Br. eine Reihe praktischer
Winke, die für Jeden, der sich mit der Durch-
blutung von Organen beschäftigt, von Wichtigkeit
sein dürften. Garten (Leipzig).
148. On a method of preparing the membra-
noiii labyrinth; by A. Pray. (Journ. of Anat
and Physiol. XXXVIIL 4. p. 379. 1903.)
Pr. empfiehlt das knöcberoe Labyrinth io Paraffin
einzabetten, das Paraffin dann oberflächlich vom Knochen
abzukratzen und nun erst die Entkalkong vorzonobmen.
Man kann so das häutige Labyrinth in tote erhalten.
O.F.Nicolai (Berlin).
HL Allgemeine Pathologie und patliologisclie Anatomie.
149. Beitrag lom Studlom der natürlichen
Immunität; von R. Turrö. (Gaoeta m6d. Cata-
lana XXVI. 1. 1903.)
T. studirte die Einwirkung thienschen Plasmas
auf die Beaktion der Kaninchen gegen Einführung
von Milzbrandvirus. In den meisten Versuchen
bediente er sich dabei des „Oviserum**, einer Auf-
lösung des Eigelbs im Ei weiss des gleichen Hühner-
eies. (Herstellung: Im sterilen EOlbchen werden
Eiweiss und Eigelb gut gemischt, bleiben 20 bis
30 Tage bei S5<^ C. im Brutofen. Es sammelt sich
während dieser Zeit Qber einem weichen Boden-
satze eine helle Flüssigkeit an, dasOviserum.) Die
Ergebnisse der Untersuchungen sind folgende:
1) Das Oviserum erwirbt sich w&hrend dieser 20
bis 30 Tage eine so grosse bakteriolytische Kraft,
dass es V« seines Eigengewichtes Anthraxcultur
zerstören kann; seine Kraft ist damit aber noch
nicht erschöpft, sondern hält noch für einen 2. und
3. Versuch vor. 2) Erhält ein Kaninchen 3 Tage
hintereinander je eine subcutane Injektion von 5
bis 10 g Oviserum pro Kilogramm Körpergewicht,
am 4. Tage dann eine Inoculation von 1 Tropfen
Milzbrandvirus, so stirbt das Versuchsthier rascher
als ein Controlthier ; erfolgt dagegen die Einverlei-
bung des Giftes erst 10 — 12 Tage nach der In-
jektion des Oviserum, so wird der Tod des Thieres
um 9 — 17 Tage verzögert. 3) Die intravenOse In-
jektion von 5g Oviserum, in 45g destillirten
Wassers gelOst, hat die gleiche Wirkung ; Klysmen
von 10 g, in 40 g H^O gelOst, verzOgern den Aus-
bruch der Milzbrandsepsis nach Maassgabe der
Besorption. 4) 5 g Oviserum pro Kilogramm ge-
nügen zur Wirkung ; grossere Dosen vermehren
die Wirkung nicht; 2^l^g wirken nur um 5 bis
9 Tage verzögernd ; 1 g wirkt nicht mehr deutlich.
5) Irgend welche das Versuchsthier in der Zeit
zwischen Seruminjektion und Qiftinoculation be-
treffende Schädlichkeiten vermindern oder ver-
nichten die Schutzwirkung. 6) Die immunisirende
Wirkung des Oviserum zeigt sich also erst, wenn
durch eine Art Assimilirungsprocess das Oviserum
sich in intimere Wechselwirkung zum Plasma der
EOrperzellen gesetzt hat. Seine bakteriolytische
Fähigkeit addirt sich zu der der Alexine, die das
Zellen plasma von Natur aus erzeugt, und diese
Addition ist die Ursache der erhöhten Resistenz
der behandelten Kaninchen gegen das Milzbrandgift
7) Die Milzpulpa, in Iproc. Kochsalzlösung mace-
rirt, bringt ähnliche Wirkungen auf das Kaninchen
hervor wie das Oviserum. 8) Injicirt man einem
Kaninchen 50 com 0.75proc. Kochsalzlösung und
inoculirt man ihm 24 Stunden darauf 1 Tropfen
Milzbrandvirus, so stirbt das Thier 10 — 14 Stun-
den später als ein Controlthier. Nimmt man zur
Injektion 100 ccm SalzlOsung, so wird die Milz-
brandsepsis überhaupt verhütet. Diese Schutz-
wirkung der Kochsalzlösung verschwindet aber
nach 3 — 5 Tagen. M. Kaufmann (Mannheim).
150. Zar Theorie der natürlichen bakte*
riellen Immunitftt ; von P. T h. M ü 1 1 e r. (Centr.-
Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIV. 5. 6. 7. p. 458.
550. 700. 1903.)
Nach den Untersuchungen M.'s ist man nicht
berechtigt, von den Veränderungen, die die Pro-
duktion der Agglutinine unter dem Einflüsse der
Nahrungsentxiehung erleidet, auf diejenige der
übrigen Antikörper direkt zu sohliessen; doch wird
man annehmen dürfen, dass sie den gleichen all-
m Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
181
gerndnen Oeeetzen gehorcht, und kann daher fol-
gen, dass die Nahronesentziehnng und vermuth-
]ieh aoch andere schädigende Binfiriffe in den nor-
malen Ablanf der thierischen StolTwechseWorgftnge
die Produktion der Antikörper, die sich an die
Einverleibung bakterieller Substanzen anschliesst,
deutlich an beeinflussen vermag. DieRichtnng dieser
Beeinflussnng ist ceteris panbus, d. h. bei gleich-
bleibender Thierspecies und gleichbleibender Art
des atSrenden Eingriffes, abhängig von den Eigen-
tthaften der einverleibten Stoffe, und daher sowohl
fQr die verschiedenen Bakterienspecies, als auch
(wie man wohl annehmen darO fflr die verschie-
deoen Substanzen, die sich in den Culturen einer
imd derselben Speoies vorfinden, verschieden.
Walz (Stuttgart).
151. üeber Immunitit und Agglutination
bd Btreptokokken ; von F. N f» u f e 1 d. (Ztschr.
f.Hyg. u.Inrektionskrankh. XLIV. 2. p. 161. 1903.)
Nach derselben Methode wie gegen Pneumo-
kokken konnte N. Kaninchen auch gegen relativ
hohe Dosen von hochvirulenten Streptokokken im-
mmisiren. Er macht nur eine einzicre Injektion
TOD abgetOdteter Cultur, um etwa 10 Tage darauf
nfort SU lebender, vollvirulenter, flberzugehen. Zu
te ersten Injektion werden nur die anscentrifu-
girten Bakterien benutzt, die AbtOdtung geschieht
dvreh Erw&rmen bis auf 70*. Bei den Injektionen
nit lebender Cultur muss recht stark gestiegen
Verden, bei den höheren Dosen werden am besten
vieder nur die ausoentrifuirirten Bakterien benutzt.
Schon nach kurzer Vorbehandlung enth< das
Seram sowohl immunisirende, als auch agglnti-
lirende Stoffe in erheblicher Gonoentration. Beide
Stoffe Bind nicht nur gegen denselben Strepto-
ooocua wirksam, mit dem das Thier immunisirt
worden ist, sondern auch gegen andere Strepto-
kokken verschiedener Herkunft Die Agglutinir-
hvkeit unterliegt bei den Streptokokken grossen
Schwankungen, die mindestens bis zu einem ge-
^ssea Qrade mit den Virulenzschwankungen zu-
>u&mengehen. Woltemas (Solingen).
152. Bor Agglutination der Streptokokken;
^on P. M o s e r u. Freiherr v. Pirquet. (Centr.-
». f.Bakteriol. u. s. w. XXXTV. 6. p. 560. 1903.)
Aus den Versuchen geht hervor, dass Strepto-
kokken aus Scharlachblut, die längere Zeit auf
kflnitlichen N&hrbOden gezQchtet sind, durch ein
Bit Bolchen Streptokokken hergestelltes Immun-
«enim, sei es mono- oder polyvalent, in der Ober-
«« grOssten Mehrzahl der F&lle in specifischer
^^ agglutinirt werden. Die mikroskopische
Agglntinationmethode ist bei Streptokokken ebenso
<7pach wie die makroskopische. Walz (Stuttgart).
153. Bzporimentelle Unteranohnngen Aber
das Himolyain der Streptokokken; von A.
Schlesinger. (Ztschr. f. Hyg. u. Infektions-
bwkL XLIV. 3. p. 428. 1903.)
In der H&molysinbildung bestehen bei ver-
schiedenen Streptokokkenstämmen grosse Unter-
schiede, der grOsste Theil der saprophytischen
scheint kein Hämolysin zu bilden. Durch Mäuse-
passage wurde die hämolytische Fähigkeit gegen-
flber Kaninchen- und MenschenblutkOrperchen ver-
mehrt Das Streptolysin schwächt sich durch
Stehenlassen ah, es ist sehr hitzeempfindlich. Häufig
fanden sich Hämagglutinine, besonders bei den
mäusepathogenen Stämmen. Das Hämolysin ent-
steht im Protoplasma ^er Streptokokken und wird
an die Culturflflssigkeit abgegeben.
Woltemas (Solingen).
154. Ueber laolyslne bei Infektionskrank-
lieiten der Kinder; von Dr. Carl Leiner.
(Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F. VI. 6. p. 804. 1902.)
Durch Injektion von Blutkörperchen derselben
Species entstehen im Blute Immunsubstanzen, die
Ehrlich und Morgen roth als Isolysine be-
zeichnen. Diese Stoffe bringen die Blutkörperchen
eines anderen Thieres derselben Species zur Auf-
lösung. Eisenberg u. A. haben bei kranken
Menschen Isoagglutinine und Isolysine nachge-
wiesen. L. prfifte die Dinge nach, um zu er-
forschen, ob sich das Phänomen vielleicht dia-
gnostisch verwerthen lasse. Er untersuchte 25 Kin-
der mit Scharlach, 10 mit Masern, 43 mit Diphtherie
und erhielt nur bei 7 Diphtheriekranken ein posi-
tives Resultat. Wie weit bei diesen die Antitoxin-
behandlung die Reaktion beeinflnsst, lässt sich
nicht entscheiden. Auf jeden Fall ist zur Zeit eine
diagnostische und prognostische Verwerthung der
hämolytischen Reaktion am Krankenbette nicht
möglich. Brückner (Dresden).
155. Ueber Hämolyae bei experimentellen
Infektionen; von Dr. Oscar v. Wunschheim.
(Mflnchn. med. Wchnschr. L. 26. 1903.)
Der bisher nur aus Reagenzglasversuchen be-
schriebenen Erscheinung, dass es im ThierkOrper
bei Infektionkrankheiten von Seiten der erregenden
Mikroorganismen zur Bildung von hämolytisch
wirkenden Stoffen kommt, suchte v. W. dadurch
näher zu kommen, dass er aus der Farbe des durch
Centrifugiren von den Erythrocyten getrennten
Serum auf einen vorausgegangenen Auflösungs-
process schloss. Zu diesem Zwecke entnahm er
mittels ü-fOrmig gebogener Capillaren aus den
Ohren von Versuchsthieren (Kaninchen) Blut, wobei
die Verwendung gleich weiter Capillaren einen
wenigstens orientirenden Vergleich der Färbung-
stärke des Serum gestattet Bisweilen lassen aber
frisch centrifugirte Proben keine Hämolyse er-
kennen, während die am nächsten Tage centri-
fugirten Parallelproben eine deutliche Hämolyse
zeigen. Diese Nachhämolyse bedeutet aber geradezu
eine Verfeinerung des Nachweises der Hämolyse.
Die sofort post mortem vorgenommenen Ver-
suche an durch Milzbrand inficirten Thieren zeigten
das Serum purpurroth vererbt ; es war also gelöste^
182
in. Allgemeine Pathologie imd pathologische Anatomie.
Hämoglobin im Blute vorhanden. Niemals hatte
Hämoglobinurie bestanden. Auffallend war, dass
intra vitam niemals Rothfärbnng des Serum zu ver-
zeichnen gewesen war, während einzelne am fol-
genden Tage centrifugirte Parallelproben Nach-
hämolyse erkennen liessen.
Das Auftreten und plötzliche Einsetzen einer
starken Hämoglobinämie ist demnach von nicht ge-
ringer Bedeutung für die Auffassung der Milzbrand-
infektion. Den dabei auftretenden, überaus kräf-
tigen, tief weinroth, rubinroth oder leuchtend
purpurroth sich äussernden Farbenton bezeichnet
V. W. kurzweg als Serum purpureum.
Wie beim Tetanustoxin die beiden Compo-
nenten Tetanospasmin und Tetanolyein unterschie-
den werden, scheint auch der Milzbrand eine
toxische und eine lytische Componente zu be-
sitzen. Für das Vorhandensein dieser lytischen
Componente und ihre starke Wirkung sprechen die
angestellten Versuche. Die toxische Componente
hingegen gilt nicht als erwiesen. Dieses nun wo
immer im EOrper producirte Lysin (seine eigent-
liche Produktionstätte ist noch nicht sicher er-
wiesen) wird wahrscheinlich sofort von den Erythro-
cyten gebunden. Aber selbst ein ziemlich beträcht-
licher Verlust an rothen Blutkörperchen lässt
klinische Symptome oder Färbung des Serum ver-
missen und erst beim Fortschreiten des Processes
werden kleinere Mengen von Hämoglobin frei und
treten in die Erscheinung. Lässt sich aber Hämo-
globinurie überhaupt nicht feststellen, so erliegt
das Thier eben vorher der Schädigung, bevor es
zur Hämoglobinurie kommt, da das plötzliche Zu-
grundegehen grosser Mengen rother Blutkörperchen
eine rasche Erstickung zur Folge hatte.
Die bisher unterschätzte Erythrocytolysis bei
Infektionkrankheiten verdient daher eine grossere
Beachtung, denn^ die im Thierexperimente er-
wiesenen Thatsachen lassen Schlüsse auf den Men-
schen ziehen und es ist der weiteren Forschung
vorbehalten, ob und unter welchen umständen bei
Infektionkrankheiten Hämoglobinämie ein regel-
mässiges Vorkommen ist N e u m a n n (Leipzig).
156. Ueber Differensen der Blutbeaohaflfen*
halt in Teraohiedenen Lebensaltern; von H.
Sachs. (Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIV.
7. p. 686. 1903.)
S. konnte beim Huhne eine absolute qualitative
DifiFerenz im Verhalten der Blutkörperchen gegen
das Arachnolysin, das hämolytische Gift der Kreuz-
spinne, zwischen FOten und erwachsenen Tbieren
feststellen, indem das Blut der eben ausgeschlüpften
Hühnchen dem Arachnolysin gegenüber vOllig un-
empfindlich, dasjenige erwachsener hOchst empfind-
lich ist, womit wohl zum ersten Male der Nachweis
einer angeborenen vollständigen Zellenimmunität,
die im späteren Leben verschwindet, erbracht ist.
Da nach 2 — 4 Wochen schon vollempfindliches
Blut angetroffen wird, glaubt S., dass daraus auf
die Lebensdauer der rothen Blutkörperchen g^
schlössen werden kann. Weiterhin stellte er fest,
dass das Serum neugeborener Meerschweinchen
Cobragift in erheblich geringerer Menge aktivirt
als dasjenige erwachsener Meerschweinchen, und
dass die normalen Hämolysine im Serum von FOten
fast ganz oder ganz fehlen. Es ist dies ein weiterer
Beitrag zu der Anschauung Ehrlich's, dass zwi-
schen der Art des jeweiligen Stoffwechsels und der
Art der vorhandenen Receptoren ein organiscli
harmonischer Zusammenhang besteht.
Walz (Stuttgart).
157. üeber den Gehalt der einielnen S-
weissfraktionen des Sernma (Globuline , Bn-
globuline, AlbumiDe n. a. w.) an Oholeraimmnn-
körpem; von A. Wolf f. (Centr.-Bl. f. Bakteriol
u. s. w. XXXIIL 9. p. 703. 1903.)
W. zieht aus seinen Versuchen die folgenden
Schlüsse: die Immunkörper sind nicht an die Bi-
weisskOrper des Serum gebunden, sie werden zum
Theil bei der Ausfällung der einzelnen Eiweiss-
f raktionen rein physikalisch-mechanisch mitgerissen,
und zwar mit dem Fibrinoglobulinniederschlag
ca. */b, mit dem Euglobulin- plus Fibrinoglobulin-
niederschlag ca. */g, mit den Oesammtglobulinen
circa die Hälfte des G^esammtgehaltes an Immun-
körpern. Die Mitreissung erfolgt also ziemlich
proportional der Stärke des Niederschlages. Dnrdi
die Einhüllung in das schwer diffusible Eiweias
werden die Immunkörper vor der schädlichen Ein-
wirkung des Ammoniumsulphats und anderer even«
tuell einwirkender Stoffe geschützt, während die
im Serumfiltrat zurückgebliebenen Immunkürper in
relativ kurzer Zeit vernichtet und damit demNadi-
weis entzogen werden, so dass es leicht den An-
schein haben kann, als wären die gesammten, im
Serum vorhandenen Immunkörpersubstansen in
dem Niederschlage einer bestimmten Fraktion entp
halten. Von dem Oegentheil überzeugt man sich
bei dem quantitativen Arbeiten, wie es die Cholere-
Immunkörper ermöglichen. Die Annahme, dass die
Immunkörper eiweissartige Stoffe sind, ist un-
bewiesen ; sie sind wahrscheinlich als Enzyme auf-
zufassen. Woltemas (Solingen).
158. Zam gegenwärtigen Stand der Che*
leradiagnose, unter besonderer Berüok8i<^
tignng derjenigen Vibrionen, deren Unter-
scheidung vom Oholerayibrio Sohwierigkeiten
bereitet; von C. Prausnitz. (Ztschr. f. Hyg.
u. Infektionskrankh. XLIIL 2. p. 239. 1903.)
Zu einer sicheren Unterscheidung der cholera
ähnlichen von den Choleravibrionen reichen di^
culturellen und morphologischen Eigenschaftei
nicht aus, auch die Pathogenität ist nicht aus
schlaggebend. Die Diagnose lässt sich sieben
durch den Pfeif fernsehen Versuch und durd
die Agglutination, praktisch am wichtigsten ist di*
letztere Methode. Pr. hat 165 Wasservibrionei
aus der Hsmburger Vibrionensammlung mit ih
ni. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
183
geprüft, Ton denen 7 Stämme wie echte Cholera
KigirteD, wfthrend sich die flbnge^ in eine Anzahl
Tenchiedeoer Gruppen einreihen liessen. Bei
2 Sttomen blieb das Ergebniss zweifelhaft.
Woltemas (Solingen).
159. ünteraachangen über die bakterio-
logitobeCholeradiagnoatik and dieSpeciflcitftt
des Eooh'eohen Oholeravibrio. Dnter Mitarbeit
TOD H. Hetsch, 0. Lentz, R Otto; von Prof.
W. Kolle und E. 0 0 1 8 c h 1 i c h. (Ztaohr. f. Hyg.
\L InfektioDskrankh. XLIV. 1. p. 1. 1903.)
Als Material der Arbeit dienten Vibrionen, die
TOD Qotschlich während der letzten Cholera-
epidemie in Aegypten aus den Ausleerungen und
dem Darminhalt yon Kranken isolirt worden waren,
die weitere Bearbeitung der in Reinoultur über-
sandten Vibrionen geschah in dem Berliner Institut
f&r Infektionkrankheiten. Besonderes Interesse
haben die Versuche, die sich mit der praktischen
Biaochbarkeit der Agglutination für die Cholera-
diagDose beschäftigen. Das Bedfirfniss eines siche-
m diagnostischen Hülfsmittels hat sich seit Ein-
fUffong dw Koch 'sehen Peptonmethode gestei-
gert, da diese nicht nur die Choleravibrionen,
sondern alle Vibrionen zur Anreicherung bringt,
ud da die morphologischen und culturellen Eigen-
Kfaaften eine sichere Unterscheidung zwischen
üaen nicht ermöglichen. Vorbedingung fQr die
Differenzirung der auf Agar isolirten Colonien durch
die Agglutination ist ein hochwerthig aggluti-
nirendes Serum, das am besten durch Immuni-
üuDg Ton Kaninchen oder Eseln hergestellt wird,
vol bei diesen Thierarten das normale Serum nur
Seringe agglutinirende Eigenschaft gegenüber den
QMtoabakterien besitzt. Auch Pferde sind trotz
dei reichen Qehaltes des Normalserum an Aggluti-
ois6D zur Immunisirung geeignet, weil sich bei
ilmen der Agglutinationtiter sehr hoch treiben
^ Bei der Ausführung der Agglutinationprobe
ist die genaue Beobachtung einer bestimmten
Methodik erforderlich, wie sie in der officiellen,
TQ& & Koch, M. Kirchner und Kolle ver-
muten Anleitung zur bakteriologischen Cholera-
<lugnose angegeben worden ist. Die zu unter-
ncheodenCulturen dürfen nicht älter als ISStun-
fa ond müssen gut entwickelt sein ,- alte, lange,
'^ Uboratorien fortgezQchtete Vibrionenculturen
>0geo oft schon in der als VerdflnnungsflQssigkeit
Motzten O.Sproc Kochsalzlösung eine Art von
Paeodoagglutinaüon und sind daher fQr die Unter-
iDchong mit der Agglutination meist nicht geeignet.
Beoilionculturen dürfen nicht benutzt und auch
die Verdünnungen nicht mit Bouillon gemacht wer-
^ Zur Feststellung der Agglutination darf nur
& mit blossem Auge oder bei schwacher Ver-
grOiaerung sichtbare Häufchenbildung dienen.
Die Untersuchungen ergaben, dass die Aggluti-
■>^ allen anderen Methoden an Schnelligkeit
ud bei Benutzung des hochwerthigen Serum auch
an Sicherheit überlegen ist. Ihre Ergebnisse stimm-
ten stets mit denen des Pfeiffer 'sehen Versuches
überein. Auch wenn die Gulturen nicht mehr
virulent waren, liess sich durch die Agglutination
in kurzer Zeit eine Entscheidung treffen. Dass
die sogenannten Oruppenreaktionen bei den Cholera-
agglutininen, überhaupt bei den Vibrionenaggluti-
ninen eine Rolle spielen, nehmen die Vff. nicht an ;
das mit den Choleraculturen hergestellte Serum
beeinflusste nur diejenigen Culturen, die sich auch
anderweitig als echte Choleraculturen auswiesen,
ebenso beeinflussten die mit den choleraähnlichen
Vibrionen hergestellten Sera nur diese selbst, die
anderen Culturen dagegen nie stärker als normales
Serum derselben Thierart
Die choleraähnlichen Vibrionen, die sich zum
Theil nur durch die specifischen Immunitätreak-
tionen von den echten Cholerabakterien unter-
scheiden lassen, hatten sich verhältnissmässig häufig
in den Faeoes von cholerakranken oder cholera-
verdächtigen Menschen gefunden, und zwar liessen
sich in 16 Fällen 14 Arten von ihnen nachweisen,
die unter einander und gegenüber dem Koch'-
schen Vibrio speoifisch streng verschieden waren.
Die Einheit der Art des Koch 'sehen Vibrio einer-
seits und die Artversohiedenheit der choleraähn-
lichen Vibrionen andererseits, das grosse nume-
rische Ueberwiegen des Koch 'sehen Vibrio in
87<^/« der Ontersuchungsresultate, ferner die That-
sache, dass die choleraähnlichen Vibrionen theils
als Begleiter des echten Koch 'sehen Vibrio, theils
als Schmarotzer in Fällen, in denen es sich zweifel-
los nicht um Cholera handelte, gefunden wurden,
und der Umstand, dass für ein pathogenetisches
Vermögen dieser Vibrionen beim Menschen kein
Beweis vorliegt, sprechen dafür, dass der Koch '-
sehe Vibrio die specifische Ursache der Cholera ist,
und dass die übrigen Vibrionen für den Cholera-
process keine Bedeutung haben. Sie finden sich
zahlreich im Darm von Hausthieren, im Abwasser
von Thierställen, Dunggruben u. s. w., gelangen in
die Flussläufe und werden mit dem Trinkwasser
dem menschlichen Darm zugeführt. Auch die An-
nahme, dass diese Vibrionen in Wirklichkeit nur
sehr stark biologisch abgeänderte Choleravibrionen
seien, ist aus mehrfachen Gründen nicht zulässig.
Woltemas (Solingen).
160. Die Oholeradiagnose mit HtUfe eine»
Speoialagars ; von Dr. Hirschbruch und Dr.
Schwer. (Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIV.
6. p. 685. 1903.)
Der Typhusagar nach v. Drigalski-Conradi ist
vortrefflich auch zur ChoIeradiagDoee geeienet Die Colo-
nien sind frühzeitig erkennbar and charakteristisch blau
gefärbt gegenüber den rothen Colicultiiren.
Walz (Stattgart).
161. Ueber den BinihiM akuter Infektiona-
krankheiten auf die Leukämie; von Dr. W.
Neutra in Wien. (Ztschr. f. Heilkde. XXIV. 11.
p. 349. 1903.)
184
III. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
N. berichtet ausführlich unter Aufführung
zweier eigener Beobachtungen über 21 ans der
Literatur gesammelte F&lie von Leukämie, die durch
verschiedene Infektionkrankheiten im Sinne einer
Abnahme der leukämischen Symptome beeinflusst
wurden. Doch fanden sich ziemlich bedeutende
Unterschiede sowohl im Qrade der Beeinflussung,
was die Verminderung der Leukocytensahl betrifft,
als auch insbesondere in den Veränderungen des
procentualen Zahlenverbäitnisses zwischen den ab-
normen weissen Biutzeiien und den gewöhnlichen
polynudeären Leukocyten. So traten in den Fällen
von lymphatischer Leukämie die einkernigen Zellen
das eine Mal während der Infektionkrankheit ganz
zurück und die polynudeären Zellen beherrschten
das Blutbild, das andere Mal änderte sich das
Zahlenverhältniss nur wenig zu Gunsten der poly-
nudeären Zellen.
In allen Beobachtungen war die Wirkung thera-
peutisch den Leukämikern einverleibter Substanzen
(Chinin, Tuberkulin, Terpentin, Thyreojodin u. A.)
vollkommen gleich der einer bakteriellen Infek-
tion. Gewisse Symptome der Leukämie treten
in den pintergrund, die Drüsenschwellungen neh-
men ab, der Milztumor wird kleiner , die hohen
Leukocytenzahlen verringern sich und es kommt
zu einer procentualen Verschiebung der einzelnen
Leukocytenarten. Dagegen bleibt die Blässe be-
stehen, die Prostration und das Allgemeinbefinden
bessern sich gewöhnlich nicht, verschhmmern sich
vidmehr in den meisten Fällen. Dieser Umstand
macht es unwahrscheinlich, dass die Wirkung der
Bakterieninvasion bez. der verschiedenen ange-
wandten leukotaktischen Mittel sich gegen die
Grundursache der Leukämie richtet, die Wirkung
ist mehr eine symptomatische, ohne die tödtliche
Erkrankung selbst in nennenswerthem Grade zu
beeinflussen. N o e s s k e (Kiel).
162. üeber Ulcus ▼entrioali tranmatioam;
von Dr. A. G r 0 s s in Kiel. (Mittheil. a. d. Grenzgeb.
d. Med. u. Chir. X. p. 713. 1902.)
Gr. hat experimentell an Hunden und Kanin-
chen nur Magen wunden, keine Geschwüre erzeugen
können und nimmt an, dass das Trauma nur den
ersten Anstoss zur Gbschwürbildung abgiebt, wäh-
rend zur Entstehung eines chronischen Geschwürs
noch eine mangelhafte, dem Träger eigenthümliche
Heilung hinzukommen muss. Durch 3 Kranken-
geschichten erläutert Gr. den verschiedenen Ver-
lauf der Magenschleimhautverletzungen durch
stumpfe Gewalt. N o e s s k e (Kiel).
163. Drei neue Fälle von Aoanthosia nigri-
cans; von Dr. 0. Hess in Marburg. (Münchn.
med. Wchnschr. L. 38. 1903.)
Das Krankheitbild der Acanthosis nigricans ist
durch die typische Lokalisation, die Hypertrophie
der Hautpapillen und die Pigmentvermehrung ge-
kennzeichnet Symmetrisch an Hals, Mamma,
Nabel, Lendengegend, Anus, Genitocruralfalte,
Achselhöhle, EUenbeuge, Hand und Fuss zeigt sich
eine dunkle Färbung und deutliche Furchung, so
dass die Haut ein gefeldertes Aussehen bekommt
Durch Fortschritt der Furchenbildung und V6^
dickung gleicht die Haut mit ihrer groben, ge-
runzelten, trockenen Oberfläche schliesslioh einem
Reibeisen. In wenigen Fällen wurde Hyperhidrosis
beobachtet. Sodann entwickeln sich an densdben
Stellen einfache und verzweigte, einzeln und dicht
stehende Papillome und warzige Leisten, auch
Pigmentmäler ausserhalb der typischen Lokali-
sationstellen. Diese Papillome werden braun bis
schwarz, während die Furchen hell bleiben. Die
Schleimhäute bedecken sich mit weichen dichte
stehenden, niemals pigmentirten , blassen oder
lebhaft rothen, oft schmerzenden papillären Wuche-
rungen.
Der Verlauf ist ungünstig; in einigen FäUoi
wurde dieKrankhdt durch Jucken eingeleitet Der
Tod erfolgt unter schweren Störungen innerer
Organe, besonders durch maligne Neubildungen.
H. beschreibt 2 Fälle dieser Erkrankung aas
der Umgebung Marburgs; beide Kranke waren von
Beruf Schreiner, standen im Alter von 60, beL
41 Jahren. Der zweite Fall war verbunden mit
Elephantiasis.
Mit Bücksicht auf das häufige Zusammentreffin
der Acanthosis nigricans mit Cardnom innwer
Organe weist H. darauf hin, dass man in der Neu-
zeit häufig bei den verschiedensten Caroinomen
Pigmentirungen und papilläre Wucherungen auf
der Haut, also einen ähnlichen Zusammenhang be-
obachtet hat. N 0 e s s k e (Kiel).
164. üeber die pathogene Wirkung der
Blastomy oeten ; von F.Sanfelice. VI. Abhand-
lung. (Ztschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. XLIV.
3. p. 364. 1903.)
Nach einer Besprechung der Literatur, beaon-
ders der Arbeiten von Plimmer und Leopold,
und auf Orund neuer Versuche hält S. daran fest;
dass büsartige Oeschwülste durch Blastomyoetea
verursacht werden. Nach Verimpfung von 4 patlu^
genen Blastomyceten auf die Cornea von Handel
entstanden daselbst specifische Wucherungen del
Epithelzellen. Endovenöse Impfungen der HundH
hatten häufig multiple oder vereinzelte bin
gewebige Neubildungen in den Organen zur F
aus denen sich Culturen der eingeimpften B
myceten gewinnen Hessen, wenn der Tod
Thiere kurze Zeit nach der Impfung erfolgt w
In einzelnen Fällen entstanden Neubildungen e
thelialer oder bindegewebiger Natur auch n
Impfungen einzelner Organe der Hunde.
Woltemas (Solingen).
166. Beoherohes sur la pathogenie d.i
Cancers epithelianz; par Jaboulay. (I^<
m6d. XXXV. 35. p. 333. 1903.)
J. betrachtet den Parasitismus des Carcini
als selbstverständliche Thatsache und beecb;
ni. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
185
eineD Parasiten, der den phantastischen Gebilden
Schflller's und Feinberg's sich würdig an
die Seite stellt N o e s s k e (Kiel).
166. üeber die H&nfigkeit des Carcinoma
ifl München ; von Prof. Bollinger. (Münchn.
med. Wchnsohr. L. 38. 1903.)
In dieser interessanten Mittheilung weist B.
an der Hand anschaulicher Tabellen nach, dass in
MQnchen die Häufigkeit des Carcinoms im Yer-
iaufe der letzten Jahrzehnte annähernd parallel
verl&aft mit dem Ansteigen der Bevölkerung.
„Oegenfiber der von so vielen Seiten vertretenen
Behauptung, dass die Erebsfälle im Verlaufe der
letzten Jahrzehnte sich auffallend vermehrt hätten,
gewährt es eine gewisse Beruhigung, zu zeigen,
dass auf Grund eines einwandfreien Materiales und
der üntersQchungen eines Statistikers von Fach
(Dr. Vinger in München) sich die Thatsache con-
statiren lässt, dass der Krebs in München im Ver-
lia/e von ^/| Jahrhundert thatsächlich kaum eine
erbebliche Steigerung erfahren haf
B. nimmt mit v. Hansemann und Rieh el -
mann an, dass die vielfach beobachtete Zunahme
des Carcinoms wahrscheinlich mit mehreren Um-
stSnden zusammenhängt: mit der durchschnitt-
Men Verlängerung der mittleren Lebensdauer,
der verbesserten Diagnostik und mit der Zunahme
der Sektionen, wodurch eine grossere Zahl klinisch
ktenter Krebse aufgedeckt wird.
B. giebt bei dieser Gelegenheit einem Bedenken
g^n die Annahme einer mikroparasitären Natur
des Carcinoms Ausdruck. Wenn das Carcinom
infektiösen Ursprunges ist, so ist es schwer ver-
ständlich, warum Kinder und junge Leute bis zum
20. Lebensjahre mit höchst seltenen Ausnahmen
Ton der Krankheit verschont bleiben. Eine solche
Alteraimmunität hat auf dem Gebiete derlnfektion-
faankheiten, auf dem sonst die Altersdisposition
eiae grosse Bolle spielt, kein Analogen.
Noesske (Kiel).
167. üeber spontane Heilongsyorg&nge
beim Oarolnom ; von Dr. H. M o h r in Bielefeld.
(Therap. Monatsh. XVII. 11. 12. 1903.)
IL giebt auf Grund der einschlägigen Literatur
einen anschaulichen Ueberblick über die seit langer
Zeit schwebende Frage der spontanen Heilung ge-
räaer Carcinome und Garoinommetastasen und
beantwortet diese Frage in bejahendem Sinne. Es
scheint, dass in einzelnen Fällen schon der nor-
nule Stoffwechsel den Krebszellen die Ansiedelung
erschwert und der Kürper beim Krebs ähnliche
Schntzstotre erzeugt, wie etwa nach Einführung
^der Blutkörperchen. Die entzündliche Reak-
tkiQ in der Umgebung des Krebsgewebes, die Phago-
cytose, die Hyperplasie des benachbarten Lymph-
gewebes, die reichliche Stromabildung einerseits,
die regressiven Metamorphosen (fettige, ooUoide
Aitartong der Krebszellen), die Verkalkung anderer-
seits werden im Sinne einer Heilung gedeutet.
Med, Jahxbb. Bd. 281. Hft 2,
Femer kann alles, was zu einer verminderten
Vitalität des Körpers führt, Krebsgeschwülste zum
Stillstand und zur Rückbildung bringen ; so erklärt
sich die Wirkung gewisser allgemeiner Infektion-
krankheiten und bakterieller Toxine auf das Car-
cinom. Auch eine Verminderung der Hyperämie
und Beizung kann einen Rückgang des carcinoma-
tGsen Processes bedingen (z. B. nach einfachen
Laparotomien oder Magendarmoperationen). Hef-
tige Entzündungen in der Geschwulst selbst (Ery-
sipel, Fäulnissprocesse) kOnnen deren Zerfall ver-
ursachen, eine speoifische Wirkung auf das Car-
cinom ist dabei jedoch nicht nachweisbar.
Noesske (Kiel).
168. Zar Oancroinbehandlang dea Krebses ;
von Dr. A. Hagentorn in Dorpat (Therap. Mo-
natsh. XV{I. 11. p. 660. 1903.)
H. versnobte das Cancroin in 2 Fällen von inoperablen
Carcinomen. In dem einen Falle hatten 11 Injektionen
von 0.5 Cancroin im Laufe von 3 Woohen auf das Krebs-
?:eschwür der Unterlippe keinen nachweisbaren Einflass.
m zweiten Falle verUess der Fat. trotz 4monatiger Be-
handlmig die Klinik ebenfalls im Vollbesitze seines Beotum-
oarcinoms. Dooh hatte sich in letzterem Falle das All-
gemeinbefinden des Fat etwas gebessert und die Fisteln
und Gescbwürfläohen zeigten eine Tendenz zur Yerheilang
und Ueberbäutung , mikroskopisch liess sich eine Um-
wandlung des Krebsgewebes in Qranulationgewebe nach-
weisen.
H. bält trotz der erzielten bescheidenen Erfolge
einen weiteren Versuch für empfehlenswerth.
Noesske (Kiel).
1 69. Zwei ungewöhnliche Uteraaoaroinomey
nebst Bemerkungen lar Theorie der bösartigen
Geschwülste ; von ErichOpitz. (Ztschr. f. Qe-
burtsh. u. Qynäkol. XLIX. 2. p. 169. 1903.)
1) Uterus, durch Totalexstirpation bei einer 57jähr.
Frau entfernt. Die Untersuchung der durch Frobeaus-
schabung aus dem Uterus entfernten Bröckel hatte er-
geben, dass Adenocardnom und Sarkom wahrscheinlich
getrennt neben einander yorlagen. Beim Aufschneiden
des entfernten Uterus zeigte sich in der Gegend der linken
Tubeneoke ein von der Hinterwand mit dünner straffer
Gewebemasse entspringender, annähernd kugeliger, reich-
lich wallnussgrosser Tumor, mit meist glatter, nur am
oberen Fol etwas rauher Oberfläche, die ferner einige
Spuren der Curette zeigte. Am Fundus uteh war die
Schleimhaut durch vielfache dichtstehende, warzige Er-
habenheiten rauh und zerklüftet Zwischen dieser rauhen
Stelle und der Insertionstelle des Folypen bUeb noch ein
circa 1 cm breiter Streifen glatter normaler Schleimhaut.
Die Muskulatur und der seröse Ueberzug wiesen normale
Verhältnisse auf. Auf dem Durchschnitte zeigte der
Tumor eine homogene, gelblichweisse Farbe, nur an der
Oberfläche und strichförmig auch mehr im Inneren lagen
durch kräftigere Rothfärbung ausgezeichnete Stellen.
Consistenz derb elastisch, nicht fest Die mikrosko-
pische Untersuchung ergab, dass eine Combination eines
malignen epithelialen mit einem malignen bindegewebigen
Tumor derselben CorpusschleimhatU vorlag.
0. geht nfther auf ähnliche veröffentlichte Be-
obachtungen ein. Seiner Ansicht nach kann man
jetzt nicht mehr das Vorkommen der Oardno^
Mrkome leugnen. Er glaubt sogar, dass es sich
dabei nicht um so ganz seltene Vorkommnisse
handelt, wie es nach der Spärlichkeit der Veröffent-
lichungen scheint.
24
186
in. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
2) Bei einer 58jähr. Fraa wurde ein hühnereigrosser,
dÜDD gestielter, in die Vagina herabhängender Uterus-
poiyp abgetragen. Da sich dieser Polyp als carcinomatös
erwies, wurde die vaginale Totalexstirpation ausgeführt.
Die mikroskopische Untersuchung hatte das bis jetzt ohne
Beispiel dastehende Ergebniss , dass auf dem aus dem
Corpus stammenden Schleimhautpolypen sich ein Platten^
epühdkrehs entwickelt hatte. 0. vermuthet, dass ein
grosser Polyp des Corpus uteri, der in die Scheide hinein-
ragte, unter dem Drucke der Vagina eine Umwandlung
des oberflächlichen Cylinderepithels in Plattenepithel er-
fuhr, soweit es den äusseren Muttermund überragte. Erst
sekundär wäre dann das Carcinom entstanden, das dann
natürlich ein Plattenepithelkrebs wurde.
Art h. Hoffmann (Darmstadt).
170. De la eoezistenoe aar le tobedigeatif
de denz oancera primitifa preaentant le mdme
type hiatologiqne (epitheliome oylindrique) ;
par Devio et L. üallavardin. (Lyon m6d.
XXXV. 21. p. 885. 1903.)
D. u. G. berichten über einen Fall von primärem
Pylorus- und Rectumcarcinom bei einem 63jähr. Tage-
löhner und besprechen die in der Literatur mitgetheilten
analogen Beobachtungen. N o e s s k e (Kiel).
171. Stade aar le oanoer aecondaire da
oerveao, da cervelet et de la moölle ; par L.
Qallavardin et F. Varay, Lyon. (Revue de
M6d. XXVIL 6. 7. p. 441. 661. 1903.)
Die Vff. berichten über 4 Fälle von metasta-
tischen Carcinomen der nervösen Centralorgane
und knüpfen daran eine kritische Betrachtung der
Casuistik. Am häufigsten finden sich solche Meta-
stasen bei Mamma-, Lungen- und Magencarcinomen.
Die Arbeit enthält eine umfangreiche Literatur-
übersicht N 0 e s s k e (Kiel).
172. Zar Aetiologie der Ovarialadenome ;
von Max Walthard in Bern. (Ztschr. f. Oe-
burtsh. u. Qynäkol. XLIX. 2. p. 233. 1903.)
Die Abhandlung fusst auf Beobachtungen von
Drüsenschläuchen und Epithelnestem , die durch
systematische Untersuchung von 80 Ovarien aus
den verschiedensten Lebensaltern gewonnen wur-
den. Die Untersuchungen gingen von der Frage
aus, ob sich die normalen epithelialen Bestand-
theile des Ovarium, das Ovarialepithel, das Follikel-
epithel und das Epithel der Markstränge an der
Bildung von Drüsenschläuchen und Adenomen,
mit einfachem Cylinderepithel, mit Flimmerepithel
und Becherzellen betheiligen. Weitere Beobach-
tungen streiften das Oebiet der Frage nach der
Natur der Membrana granulosa. Die Auffassung
von der epithelialen Natur der Membrana granu-
losa erhält durch W.'s Beobachtungen eine weitere
Stütze.
In getrennten Capiteln bespricht W. die Oranu-
losazellenherde, die Oranulosazellenschläuche, die
Oberfläohenepitheldrüsenschläuche , die Pflaster-
epithelherde und Pflasterepithelcystchen, die Flim-
merepitheldrüsenschläuche, die Becherzellendrüsen-
Bchläuche und zuletzt die Urnierenreste im Ovarium.
Zum Schluss fasst er die Endergebnisse seiner ein-
gehenden anatomischen Untersuchungen in 10 Posi-
tionen zusammen; leider erlaubt deren Ausführ-
lichkeit ihre vollständige Wiedergabe an dieser
Stelle nicht, so dass hierfür auf das Original ver-
wiesen werden muss. Nur das Folgende sei auch
hier hervorgehoben :
„1) Das Schicksal der in soliden Herden im Ova-
rium Neugeborener sichtbaren Vorstufen von Fol-
likelepithelien (Granulosazellherde) ist das nämliche
wie das Schicksal einer grossen Zahl von Primordial-
follikeln, d. h. an diesen Herden sind Phasen der
weiteren Entwickelung und Phasen der Rückbil-
dung zu beobachten, wobei die Veränderungen der
Epithelien und des die Herde begrenzenden Ovarial-
stroma die gleichen sind wie bei der Atresie eines
wachsenden Follikels.
2) Die Vorstufen der Follikelepithelien finden
sich, wenn auch seltener als in Herdform, auch in
drüsenschlauchfOrmiger Anordnung, wobei jede
Stelle des Schlauches auf dem Querschnitt ein
rundliches Lumen zeigt, welches durch die in einer
Reihe liegenden Epithelien begrenzt wird.
Das Schicksal dieser Schläuche ist ein ver-
schiedenes.*'
„8) Die Pflasterepithel-, Flimmer- und Beche^
zellherde im Ovarium stammen weder vom Ober-
flächenepithel und dessen Vorstufen, noch vom
Follikelepithel und dessen Vorstufen, noch von
den Urnierenresten im Hilus ovarii ab, sondern
sind als in's Ovarium congenital verlagerte Zell-
nester, als eongenitale Pflaster-, BUmmerzellr xmi
Becherxellanlagen aufzufassen.
9) Die Entwickelung eines proliferirenden
Flimmerzellen- oder Becherzellenadenoms ist nicht
allein an die Anwesenheit von Flimmer- oder
Becherzellen, sondern eben so sehr an ein zu
diesen Epithelien gehörendes und vom Stroma
ovarii dififerentes Schlauchstroma gebunden. Ohne
dieses Schlauchstroma tritt in den Flimmerepithel-
und Becherzellschläuchen frühzeitig Degeneration
der Epithelien ein und das normale Ovarialstroma
dient wie bei der Follikelatresie nur zur binde-
gewebigen Füllung der epithellosen Höhlen.
10) Der zeitliche Beginn der Entwickelong
einer Flimmerepithel- sive Becherzellanlage ist an
die topographische Lage des primären Flimmer-
epithel- sive Becherzellherdes gebunden, in dem
Sinne, dass diejenigen Herde, welche nahe dei
Zona vasculosa liegen wie bei Follikelent Wickelung
zuerst proliferiren , während die der Oberflfich«
näher liegenden Herde ihre Entwickelung ersi
später beginnen.^^
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
173. Beiträge aar Geaohwalatlelire ; voi
Dr. 0. B e n d e r. (Deutsche Ztschr. f. Chir. LX2
3 u. 4. p. 316. 1903.)
B. hat 2 Tumoren, die aus der KOlliker'
sehen Chirurg. Privatklinik stammen, unter Mar
c h a n d 's Leitung pathologisch-anatomisch genai
untersucht.
IV. Phannakologie und Toxikologie.
187
Der 1. Fall, 57jähr. Frau, betraf ein solides Adenom
der Mamma mit Oysienbildung und schleimiger Ent-
artung. Das wesentliche Ergebniss der Untersuchung
dieses aof den ersten Blick ziemlich complicirten Tumor
bildete dieZnräckfahrung dieser Mannigfaltigkeit auf eine
Einheit d. h. der Nachweis, dass trotz des bunten Wech-
sels Terschiedenster Bilder, auf die man eine ganze Reihe
der gangbaren Bezeichnungen anwenden könnte, in dem
vntekemden Epithel der DHisenschläuche die einzig trei-
bende Kraft bei Entstehung dieses Tumor liegt, der erst
sekundär unter dem Einflüsse schleimiger Degeneration
seines Parenchyms und Stromas ein so complicirtes Aus-
sehen gewann und eine Mischgeschwulst vortäuschte.
Der 2. Fall, 52jähr. Mann, betraf ein reddivirendes
Lipormfxomj das seit 11 Jahren unterhalb der linken
Achselhöhle bestand, 4mal an gleicher Stelle wieder-
gekehrt war, aber nirgends Metastasen gebildet hatte.
Histologisch bemerkenswerth war der Befund von vacuo-
htm Zellen, die ganz den Zellenformen entsprachen, die
bei der Neubildung des Fettgewebes im Embryo und bei
Wochenings Vorgängen dieses Gewebes auftreten und
deshalb mit jugendlichen Fettzellen gleichgestellt werden
können. P. Wagner (Leipzig).
174. Zar Casuiatik der Prostatagesohwültte
im Eindesalter ; von Dr. L. L e v y in München.
(Münchn. med. Wchnachr. L. 10. 1903.)
L beschreibt einen Fall von ausgedehntem Myxo-
larkom der Prostata bei einem 4jähr. Knaben, das trotz
visderholter chirurgischer Behandlung recidivirte und
Gchliesslich eine über faustgrosse, blumenkohlartige Ge-
schwulst nach aussen bildete. Hambeschwerden waren
ffit ziemlich spät aufgetreten. Tod unter Erscheinungen
^OQ inimie und Kachexie. Im retroperitonäalen Becken-
isndegewebe und in den Nieren fanden sich zahlreiche
Metastasen. N o e s s k e (Kiel).
175. üeber maligne Longen« und Pleura-
tumoren. Gasuisiüche Miiiheüungen, n^st dia-
gnostischen Bemerkungen; von J. D. Oelrioh in
Lund. (Nord. med. Ark. XXXVI. 2. Afd. 1. 2.
Nr. 3. 8. 1903.)
Oe. berichtet ausführlich über 5 FftUe von
malignen Neubildungen der Lunge und Pleura und
knüpft daran eingehende Betrachtungen über die
Caeuistik, Symptomatologie, Diagnose und Topo-
graphie dieser Geschwülste. Noesske (Kiel).
176. Case of rhabdomyoma of the tongoe;
by H. Brooks and Dr. Stebbins. (Proceed.
of the New York pathol. Soc. N. S. IIL 4. 1903.)
Kurze Beschreibung eines seltenen Falles vonRhab-
domyomentwickelung in der Zunge im Verlaufe von
2 Jahren. Der Tumor hatte bei seiner Entfernung fol-
gende Maasse : 7:6:3 cm, er soll sich an einer Stelle der
Zunge entwickelt haben, auf die ein abgebrochener Zahn
einen andauernden Beiz ausgeübt hatte.
Noesske (Kiel).
177. An epitome of the history of oaroi«
noma; by Prof. RoswellPark, Buffalo. (Bull,
of the Johns Hopkins Hosp. XIV. 152. p. 289.
1903.)
P. giebt in dieser Arbeit einen in sehr geschickter
Weise abgefassten, kurzen und klaren Auszug aus der
umfangreichen Geschichte des Oarcinoms, seiner Auf-
fassung und Behandlung von den alten griechischen und
römischen Aerzten an bis zu Johannes Müller.
Noesske (Kiel).
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
178. Therapeatiaohe Beobaohtungen ; von
Dr. Ju 1 iu s S i g e 1. (Berl. klin. Wchnschr. XLI.
1. 1904.)
S. berichtet über die Erfahrungen, die im
Aogustahospitale zu Berlin mit einer Anzahl neuer
Heilmittel gemacht worden sind :
1) PegntHy Milchzucker und Labferment, von
T. Düngern empfohlen, um die Milch leichter
verdanlidi zu machen, hat sich bei chronischer
SäBtritis, Achylia gastrica, bei nervösen Magen-
Idden und bei dem Magengeschwüre gut bewährt,
las kocht die Milch in einer Qlasflasche ^/| Stunde
Wi Mhlt sie auf 32<> R. ab und setzt zu einem
Liter einen EsslOffel voUPegnin zu. Nach wenigen
Minuten gerinnt die Milch. Sie wird dann kräftig
dorcbgeschüttelt bis die Gerinnsel verschwunden
siiid und ist dann fertig, darf aber nicht mehr stark
^itzt werden.
2) Pneumin, durch Einwirkung von Form-
aU^yd auf Kreosot gewonnen, ein gelbweisses
Pulver, wurde 3 — 4mal täglich zu 0.5 gern ge-
Bomm^ und empüehlt sich als Ersatzmittel für
Eneosot durch die bequeme Form, in der es ge-
geben werden kann und durch die Geruch- und
Oasdimackloeigkeit Der Preis ist nicht zu hoch.
3) Heiol hat nach wie vor bei vorsichtiger An-
wendimg und Auswahl geeigneter Fälle günstig
gewirkt Beachtenswerth war der gute Erfolg in
2 Fällen von akuter Lungenphthise.
4) Rodagen, das Milchpulver thyreoidektomirter
Thiere, brachte zu 10.0 pro die in 3 Fällen von
Basedow'scher Krankheit keinen Nutzen.
5) Ataxyl scheint ein recht gutes Präparat zu
Arsen-Spritzkuren zu sein. Man nimmt eine 20proc.
Losung und giebt anfangs 2, dann 4 Theilstriche ;
bei der 5. Einspritzung eine volle Dosis von 0.2
und wiederholt diese etwa einen Tag um den an-
deren.
6) Theocin ewies sich zu 0.3 g 2 — 3mal täglich
als sehr kräftiges Diureticum, genügende Herzkraft
vorausgesetzt. Falls der Magen es nicht verträgt,
kann man Suppositorien mit 0.3 geben.
7) Veronal Hess zu 0.25 — 0.5 als Schlafmittel
niemals im Stiche. Es wirkte auch bei Aufregung-
zuständen oft recht günstig. Bei Säufern muss
man grossere Dosen, bis zu 1.0 geben.
8) IHgemin, die Verbindung von Pyramiden
und Ohloralhydrat schien vor anderen Antineur-
algicis keine Vorzüge zu haben. 2 mal unter
12 Fällen bewirkte es heftige Urticaria.
9) Mesotan wirkte als äusserliches Antirheu-
maticum günstig. Zur Vermeidung des oft recht
heftigen Hautreizes ist eine Mischung von Mesotan,
Ichthyol und Olivenöl empfohlen.
188
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
10) Bheumatin: empfehlenswerth , aber zu
theuer.
11) HafermM. Die von v. Noorden fQr
schwere Fälle von Diabetes und Diaoeturie em-
pfohlene Haferkur ist sicherlich weiterer Versuche
werth. Man giebt 1 — 2 Wochen nichts Anderes
als täglich 250.0 Hafermehl (Zhorr oder Hohenlohe)y
250.0 Butter und 100.0 Boborat oder ein anderes
vegetabilisches Eiweiss und geht dann langsam
und vorsichtig zur üblichen Diabetesdiät Aber.
Dippe.
179. Bzodin, ein neues Abführmittel; von
Wilhelm Ebstein. (Deutsche med. Wchnschr.
XXX. 1. 1904.)
Exodin ist ein Oxyanthrachinonderivat, steht
dem Emodin und dem Purgatin nahe und hat
sich E. als gutes zuverlässiges Abführmittel be-
währt. Die chemische Fabrik auf Aktien (vormals
E. Sehering) liefert es in Tabletten zu 0.5, von
denen man, am besten in Wasser aufgelöst, Kin-
dern 1, Erwachsenen 1 — 3 Stück abends giebt.
Das Mittel nimmt sich gut und hat keinerlei un-
angenehme Nebenwirkung. Es empfiehlt sich bei
vorübergehender und bei chronischer Verstopfung,
in sehr hartnäckigen Fällen der letzteren kann es
als „Schiebemittel** neben Oeleinläufen von beson-
derem Nutzen sein. Dem Emodin ist es durch
seinen sehr viel niedrigeren Preis überlegen, dem
Purgatin dadurch, dass es den Harn lange nicht so
stark förbt und deshalb keine Verunreinigung der
Wäsche erzeugt. Dippe.
180. lieber die therapeutiiohe Verwen-
dung des Oitrophen; von Dr. Karl Fuchs.
(Therap. Monatsh. XVII 11. 1903.)
In der III. med. Abtheilung des k. k. allge-
meinen Krankenhauses zu Wien hat sich das Oitro-
phen gegen Fieber, Rheumatismus und Neuralgie
gut bewährt. Ueber 3mal täglich 1.0 braucht man
nicht zu gehen und hat dabei keine unangenehmen
Erscheinungen zu befürchten. Dippe.
181. Zur Anwendung des Pjrenol; von Dr.
Manasse. (AUgem. med. Centr.-Ztg. LXXII. 49.
1903.)
Pyrenol enthält Benzoesäure, Salicylsäure und
Thymol und soll bei rheumatischen Erkrankungen
(Qelenk- und Muskelrheumatismus), sowie bei Bron-
chitis, Keuchhusten, Influenza und gegen Neur-
algieen angenehm wirken. Man giebt es zu etwa
2.0 pro Tag in Pulver oder in wässeriger Lösung.
Es wird gern genommen und gut vertragen.
Dippe.
182. Ueber QlykosBl ; von Dr. K oll mann.
(Wien. klin. Rundschau XVII. 52. 1903.)
K. empfiehlt das Qlykosal als „ideales^* Anti-
rheumaticum äusserlich und. innerlich. Innerlich
giebt er 0.5 — 1.0 3mal täglich bis 2stündlioh;
äusserlich pinselt er 20 — 30proc. Lösungen stQnd-
lich bis 2stündlich auf die rheumatischen Gelenke
oder Muskeln. Allgemeinerscheinungen gering,
Wirkung angenehm und zuverlässig. D i p p a
183. Kotis über die Bedeutung dea Heroins
als AnaphrodisiBOurn ; von Ph. Ferd. Becker.
(Berl. klin. Wchnschr. XL. 47. 1903.)
B. kann nach den Erfahrungen der Lassar'-
schen Klinik die gute Wirkung des Heroins als
Anaphrodisiacum bestätigen. Man muss aber zu
ziemlich hohen Dosen greifen, mindestens O.Ol zu-
weilen noch höher und in einzelnen Fällen ist über-
haupt nichts zu erreichen. Bei längerem Gebrauche
tritt OewOhnung ein, man muss dann einige Tage
aussetzen. Ob man Pillen, Pulver oder Suppo-
sitorien giebt, ist gleichgültig. Ein besonderer
Vorzug des Mittels, namentlich auch gegenüber
dem Lupulin, ist seine (Geschmack- und Q^uch-
losigkeit. Dippe.
184. Zur inneren Behandlung derUrethro-
blennorrhöe; von Edmund Saalfeld. (Therap.
Monatsh. XVIL 12. 1903.)
S. lobt die Behandlung des Trippers mit
Oonosanhapseln. Das Oonosan enthält nicht nur
sehr gutes unveriälschtes SandelOl, sondern auch
Kawaharz, das dieHarnrOhre blutleer und schmerz-
frei macht und mit dem Sandelöl zusammen die
Absonderung bald einschränkt und beseitigt. Be-
sonders werthvoll erscheint S. auch die Unter-
drückung der oft recht schmerzhaften und die Hei-
lung aufhaltenden Erektionen.
S. giebt meist 10 — 12 0onosankap8eln pro die
und hat dabei niemals bedenkliche Nebeneraohei-
nungen gesehen. Dippe.
185. Erfahrungen mit Gonoean; von Dr.
E. S c h i 1 c h e r. (Deutsche Praxis XIL 23. 1 903.]
Empfehlung des Gonosan. Es wirkt gegen den
Tripper wohl etwa eben so gut wie Sandelöl, wird
aber sehr viel besser vertragen wie dieses.
Dippe.
186. Weitere Erfahrungen mit dem farb-
losen TheerAnthrasol; von Dr. Arnold Sack
(Allgem. med. Centr.-Ztg. LXXII. 44. 1903.)
Das von S. und Vieth hergestellte Anthrasol
von der Consistenz und Farbe des Olivenöls, eat
h< nur die wirksamen, nicht die schädlichen Be
standtheile des Theers, nämlich Phenole und Kre
sole, sowie (im Steinkohlentheer) Kohlen wassei
Stoffe der Benzol-, Naphthalin-, Anthraoen- mxi
Phenanthrenreihe ; besonders kommen hier di
Methylnaphthaline in Betracht. Das Präparat läse
sich mit den verschiedensten Substanzen mische
und kann rein, in Lösungen, Salben, Oelen, Pastea
Seifen, auch als Glycerinleim verordnet werden. A.]
Salbe empfiehlt sich: Anthrasol. 5.0, Lanolin bA
Ungt. Olycerini ad 50.0.
y. Lehmann (Berlin).
V. Neuropathologie und Psychiatrie.
189
187. Die Behandlung dea Bohleimhaut-
Inpos der Haae mit Pyrogallaaaiare ; von Dr.
Wittmaack. (Mfinchn. med. Wchnschr. L. 31.
1903.)
Darch die guten Erfolge der Pyrogallussäure
beim Lupus der Haut angeregt, hat W. 10 — 20proc.
Pyrogallussalbe zur Behandlung des Lupus der
Nasensclileimhaut verwendet, indem Tampons aus
Celloloidkatheterstücken , mit Qaze und Watte,
Alles mit der Salbe bestrichen, eingeführt wurden
und nach 24 Stunden gewechselt wurden. Nach
3— 4tägiger Pyrogallusbehandlung folgt 3 — 4 Tage
lang indifferente Behandlung. Der Turnus wird
3— lOmal wiederholt
Vor der Pyrogallusbehandlung müssen aber
Ixkresoenzen und Epithel entfernt, ülceracurettirt
Verden.
Die Besultate der Behandlung, die gut ver-
tragen wird, waren gute. Die Pyrogallussäure ätzt
veoiger als die Milchsäure, auch sind bei letzterer
Narbenbildung und Atrophie der Schleimhaut
stiirker. V. Lehmann (Berlin).
188. Znr Kenntnias der Wirkung von
kohlenaiore- nnd anderen gaahaltigen fi&dem ;
von Prof. H. Senator u. Dr. F. Franken-
häuser. .(Ther.d.Oegenw.N.F.VI.l.p.16.1904.)
S. und Fr. sind bei ihren Untersuchungen zu
dem Ergebnisse gekommen, dass an der bekannten
Wirkung der Kohlensäure-Bäder die Kohlensäure
als solche unschuldig ist Man kann die gleiche
Wirkung mit athmosphärischer Luft mit Sauer-
stoff u. s. w. erzielen. Das, worauf es ankommt,
ist der eigenthümliche Reis, den die Qasbläschen
auf die KOrperoberfläche ausüben. „Im kohlen-
sauren Bade findet also nicht nur ein häufiger
Wechsel zwischen Kältereizen und Wärmereizen
statt, sondern es bestehen auch Kältereize und
Wärmereize gleichzeitig dicht nebeneinander an
zahlreichen Stellen der Haut. Es kommt daher zu
ganz ausgeprägten thermischen Contrastwirkungen,
wie sie keinem anderen balneotherapeutisohen und
hydrotherapeutischen Mittel fOr sich allein eigen
sind, und welche dementsprechend auch eine
kräftige und eigenartige Reaktion herbeifQhren
mfissen.'' Dippe.
V. Neuropathologie und Psychiatrie.
189. Zar Aetiologie der Tabea mit be-
londerer Berüokaichtigong der Beaiehangen
iwiiohen Traama und Tabea; von Dr. Alfred
Schittenhelm. (Deutsche Ztschr. f. Nerven-
Ude. XXIV. 5 u. 6. p. 432. 1903.)
Das aus der Breslauer Klinik stammende Mate-
ml amiasst 128 sichere Tabesfälle (102 Männer,
26 Weiber). Bei 64.8*/o dieser Kranken war Lues
Bcber vorausgegangen; bei den Frauen war der
Prooentsatz wie gewöhnlich etwas geringer. Höch-
stens 1.2^/0 der Kranken waren hinreichend, 39.8*/o
nogenfigend und 59^ jo überhaupt nie antiluetisch
bebandelt worden. Von den übrigen ätiologischen
Faktoren miast Seh. den körperlichen üeber-
uiBtreDgnngen die grösste Bedeutung bei und be-
toot die Berechtigung der Ed in ger 'sehen Er-
ntxtlieorie. Was die Beziehungen zwischen Trauma
und Tabes anlangt, so kommt Seh. auf Orund ein-
gehenden Studiums der Literatur und mehrerer
ägener ¥We zu dem Schlüsse, dass es eine trau-
natische Tabes sensu strictiori nicht giebt, dass
▼ielmehr alle Fälle, in denen sich die Tabes an
^ Tranma anschliesst, nur insofern mit dem
Tranma in Verbindung zu bringen sind, als es
die Bolle einer Hülfsursache spielt.
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
1 90. Bin Fall von Tabea doraalia mit Arthro-
pathie und ayringomyelitiacher Störung der
Saoaibilitftt ; von L. Strominge r. (Spitalul.
XXL 23. 24. p. 611. 1901.)
Der 48jähr. Pat bot ausser den gewöholioben tabi-
ieheB SymptomsD eine Entzündaag mit bedeutender
^erdiekiug und Difformitat des Unken Tibiotarsalgelenkes,
TaroaBtelliuig des Fusses and grosse Behinderung der
Bewegungen. Andererseits bot der Oefühlsinn die der
Syringomyelie eigenthümlioben Veränderungen mit Er-
haltung des Tastgefühles und Verlost der Empfindungen
für Sohmerz und Wärme. E. T 0 f f (Braila).
191. Beitrige ram Stndiam derSialorrhöe
bei Tabea; von Dr. MihailSavu. (Inaug.-Diss.
Bukarest 1903.)
Das Auftreten dieses seltenen tabischen Sym-
ptoms ist ein Zeichen dafür, dass der krankhafte
Prooesa den Bulbus ergriffen hat, ist also in pro-
gnostischer Beziehung ein ernstes Zeichen wegen
der Nachbarschaft lebenswichtiger Centren. Der
Speichelfluss wird entweder durch direkte Rei-
zung der im Bulbus befindlichen Salivationoentren
oder durch reflektorische Wirkung der mit diesen
Centren in Verbindung stehenden sensitiven, krank-
haft veränderten Nervenfasern hervorgerufen. Wie
es scheint, besteht eine nahe Beziehung zwischen
gastrischen Störungen und der SlalorrhOe bei Tabes.
B. To ff (Braila).
192. üeber den abdominalen Symptomen-
complez bei Brkrankangen dea unteren Doraal-
marka» seiner Wnraeln and Nerven ; von Prof.
H. Oppenheim. (Deutsche Ztschr. f. Nerven-
hkde. XXIV. 6 u. 6. p. 326. 1903.)
Beim Studium einiger Fälle von Tumor medullae
spinalis ist 0. die Thatsache aufgefallen, dass die
Lehre von der Bauchmuskellähmung noch keines-
wegs zu einem befriedigenden Abschlüsse gelangt
ist Er bespricht zunächst eingehend die Literatur
von Duchenne bis auf die neueste Zeit Dann
theilt er 3 Beobachtungen mit, in denen er die
Paralyse der Bauchmuskeln oder den abdominalen
190
V. Neuropathologie und Psychiatrie.
Symptomencomplex auf einen neuritischen Prooess
zurückführen konnte. Die FftUe sind um so be-
merkenswerther, als über die Neuritis der Bauch-
nerven sehr wenig bekannt ist unter den Ursachen
dieser Neuritis sind der Herpes, die Malaria, der
Typhus und vielleicht auch der Alkoholismus her-
vorzuheben. Das Symptomenbiid ist folgendes:
Unter Störungen des Allgemeinbefindens (Fieber
u. s. w.) oder ohne diese entwickeln sich Schmer-
zen im Bereiche der unteren Intercostalnerven
einer Seite, die jedoch auch gleichzeitig andere
Nervenbahnen befallen können. Mit diesen ver-
binden sich eine Druckschmerzhaftigkeit der ent-
sprechenden Nervenstämme, öfters auch Parästhe-
sieen. Schliesslich tritt Lähmung im Bereiche der
entsprechenden Bauchmuskulatur auf. Die Unter-
suchung zeigt, dass die Bauchreflexe auf der er-
krankten Seite fehlen. Hier im Innervationgebiete
des 7. bis 12. Dorsalnerven lässt sich eine Hyp-
ästhesie oder Anästhesie für taktile und schmerz-
hafte Beize nachweisen. Der Nabel ist mehr oder
weniger stark nach der gesunden Seite hin ab-
gewichen; die kranke Seite erscheint als etwas
stärker gewölbt, insbesondere aber baucht sie sich
bei der Ausathmung, bei Husten, Pressen, Schreien
kugelförmig vor und der Nabel verschiebt sich
stärker nach der gesunden Seite. Bei den schwe-
ren Formen sind auch Störungen der elektrischen
Erregbarkeit, und zwar unvollständige oder voll-
ständige Entartungsreaktion in den von der Läh-
mung ergriffenen Bauchmuskeln nachzuweisen.
0. konnte in 2 Beobachtungen ausgesprochene Ent-
artungsreaktion im Rectus und Obliquus extemus
abdominis feststellen. Werden beide Seiten er-
griffen, so sind die Störungen weit erheblichere;
namentlich sind die forcirten Ausathmungen und
die Anspannung der Bauchpresse abgeschwächt
oder aufgehoben, und der Kranke vermag sich ohne
Unterstützung der Hände nicht aus der Rücken-
lage emporzubringen. Die Prognose ist quoad
vitam günstig, meist tritt Besserung ein ; ist die
BauchmuskeUähmung jedoch schwer, so kann eine
vollkommene Restitution auch nach Jahren aus-
bleiben.
Weit öfter als die Neuritis bewirken die Er-
krankungen des Rückenmarkes Bauchmuskelläh-
mung. Die vorliegenden Erfahrungen erstrecken
sich meist auf die bilaterale Bauchmuskellähmung
bei Spinalerkrankungen und besonders bei pro-
gressiver Muskelatrophie. Erst in jüngster Zeit
hat man begonnen, mit dem Wachsen des Inter-
esses für die Rückenmarkgeschwülste, die spinale
Genese und die Erscheinungen der hemikUeralen
Abdominalmuskellähmung genauer zu studiren.
0. stützt sich auf 13 Beobachtungen, die er meist
ausführlicher schildert; darunter sind etliche Fälle
von Rückenmarkgeschwülsten. Er kommt zu fol-
genden Schlüssen : Die Erkrankungen des unteren
Dorsalmarkes in der Höhe der 8. bis 11. oder
12. Dorsal Wurzel erzeugen einen charakteristischen
Complex von Wurzel- und Marksymptomen. Be-
sonders typisch ist er bei Affektionen, die sich
allmählich entwickeln und von einer Seite her
gegen das Mark vordringen, also bei Neubildungen:
Schmerzen von unilateraler radikulärer Verbreitnng,
Hypo- oder Areflexie im Bereiche der Abdominal-
muskulatur der entsprechenden Seite, degenerative
Parese der homolateralen Abdominalmuskeln, Par-
ästhesieen und Anästhesie in der Innervationsphäre
der 8. und 9. oder der 10. und 11. oder aller
4 Wurzeln nebst den entsprechenden Spinalerschei-
nungen, die durch die unvollkommene Leitungs-
unterbrechung im unteren Dorsalmarke verursacht
werden. Die Schmerzen und die Reflexstörungen
gehen meistens, die Zeichen der unilateralen Bauch-
muskeUähmung und der radikulären Anästhesie
häufig der Entwickelung des Brown-S6quard'-
schen Symptomencomplexes voraus, doch ist die
Reihenfolge der Entwickelung keineswegs eine
constante. Der Uebergang des hemilateralen in
den bilateralen Symptomencomplex (Qürtelgef&hl,
bilaterale Areflexie, Anästhesie, bilaterale Bauch-
muskellähmung, Meteorismus, Paraplegie u. s. w.)
ist ebenfalls charakteristisch. Bei der diagnosti-
schen und lokalisatorischen Bewerthung dieser Er-
scheinungen ist aber Folgendes zu erwägen : Die
einfache (oder spastische), nicht atrophische Läh-
mung der Bauchmuskeln kann auch durch die
oberhalb der entsprechenden Kemgebiete, also im
Cervikal-, sowie im oberen und mittleren Dorsal-
marke sich verbreitenden diffusen Erkrankungen
des Rückenmarkes hervorgebracht werden. Ge-
ringe Differenzen im Tonus und in der motorischen
Kraft kommen zwischen den Bauchmuskeln der
rechten und denen der linken Seite zuweilen auch
bei Gesunden und namentlich bei intraabdominalen
Erkrankungen vor; dasselbe ist von der elektrischen
Erregbarkeit zu sagen. Die Bauchreflexe, von denen
0. einen supra- und einen infraumbilicalen unter-
scheidet, gehören zu den inconstanten Reflexerachei-
nungen. Ihr Fehlen deutet selbst bei straffen Baach-
decken und geringer Ausbildung des Panniculns
adiposus nicht nothwendig auf Krankheit Auch
bei Gesunden lässt sich nicht selten nur der supra-
umbilicale oder nur der infraumbilicale Reflex aus-
lösen. Auch kommen schon in der Norm unter-
schiede zwischen beiden Seiten vor, doch aind
sie keine erheblichen. Intercoeto-AbdominalDeiii^
algieen und selbst viscerale Neuralgieen können
das Verhalten dieser Reflexe wesentlich beeinflus-
sen. Es ist ferner zu bemerken, dass auch die
supranucleären Erkrankungen des Rückenmarkes,
namentlich die mit totaler Leitungsunterbrechung
einhergehenden, eine Areflexie dieses Gebietes
hervorrufen können.
Anhangsweise bemerkt 0. noch, dass er bei
Neurasthenie die Abdominalreflexe häufig lebhall
f:e8teigert fand ; dasselbe berichtet er von diea^
Reflexen bei Tabes dorsalis, wenigstens in da
ersten Stadien dieser Krankheit. Es fiel ihm hier-
V. Neuropathologie und Psychiatrie.
191
bei auf, dass sich bei Steigerung der Reüexerreg-
barkeit besonders die Gegend des Mens Veneris
Aber der Peniswurzel zur Auslösung eignet.
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
193. Beitrag snr Lokalisation der Hemi-
ohorea ; von Dr. Aufschlager. (Ztschr. f. klin.
Med. LL 3 u. 4. p. 195. 1908.)
Die Hemiehorea ist eine Erkrankung, bei der
choreatische Bewegungen des Armes und Beines,
oft aoch der Geeichtmuskulatur der einen Körper-
hllfte das Erankheitbild beherrschen. Meist treten
diese Erscheinungen nach einer Hemiplegie ein
(Hemiehorea posthemiplegica) , seltener vor dem
Auftreten der halbseitigen Lähmung (Hemiehorea
praehemiplegica). Ueber die Lokalisation der Hemi-
ehorea ist nichts Bestimmtes zu sagen : bisher war
66 wenigstens unmöglich, eine bestimmte Stelle
des Orosshirns anzugeben, durch deren LAsion eine
Hemiehorea ausgelöst wird. In den aus der Lite-
ratur bekannten Fällen, die übrigens gering an
Zahl Bind, wird die Läsion meist in den Nucleus
caudatuB und lentiformis und den Thalamus opticus
verlegt In dem von A. beschriebenen Falle wurde
die Hemiehorea durch eine Läsion der grossen
pioen Ferne, insbesondere des Thalamus opticus
Vorgerufen, wenigstens zeigte sich bei der Sek-
tion im rechten Thalamus opticus eine alte Cyste
(jedenfalls apoplektischen Ursprungs).
N e u m a n n (Leipzig).
194. Die progressive Myoolonus-Epilepsie
(ün?errioht'B Myoklonie); von Dr. Hermann
Lundborg. (Upsala 1903. Almqvist ft Wiksell.
207 8.)
L's Auffassung in der Myokloniefrage, die er
in der vorliegenden, ausserordentlich fleissigen
Monographie zur Geltung bringt, ist die, dass er
luterscheidet : Myocloniasymptomatica; Myoclonia
Simplex s. essentialis s. Myoclonus multiplex ; Myo-
ckmus-EpUepsie (Myoclonia epileptica), die 2 For-
men enttölt : a) die progressive (cyklische) Form,
Unverricht's familiären Typus; b) die inter-
nüttente (sporadische) Form.
L stellt anaführlich die Unterscbeidungsmerk-
Btie gegoiüber den verwandten Erankheitgruppen
QK)rea electrica, Chorea chronica progressiva und
lUadie des tics zusammen und bespricht auch
«iiflttirlich die Ansichten der Autoren über das
Wesen der Krankheit. Er machte seine Forschungen
nuwihalb eines weitverbreiteten degenerirten Ge-
■düechtes in Schweden, bei dem er nicht weniger
^ 18 Fälle in 10 verschiedenen Familien antraf.
fr onterscheidet 3 Stadien: Im 1. Stadium, dem
epüeptisch-tetaniformen, das eine kürzere Zeit oder
auch einige Jahre dauert, werden die Kranken
■eist nur nachts von kurzen Erampfanfällen heim-
geMcht, die als epileptische bezeichnet werden.
Am 2. Stadium, das am geeignetsten das myo-
kkniadi-epileptiforme genannt werden dürfte,
dnart in der Regel viele Jahre, sogar Jahrzehnte.
Die krankhaften Symptome treten mehr am Tage
auf, die Nächte werden ruhiger. Die myokloni-
schen Phänomene zeigen sich zuerst in den Armen,
dann in den Beinen, in Rumpf, Hals, Gesicht, be-
fallen allmählich auch das Diaphragma, die Pha-
rynx- und Larynxmuskeln und zuletzt auch die
Augenmuskeln und die Sphinkteren, mit einem
Worte die ganze unter dem Einfluss des Willens
stehende Muskulatur. Die Kranken haben sogen,
gute und schlechte Tage. Auf der Höhe der myo-
klonischen Zuckungen stellen sich ein oder meh-
rere epileptiforme Anfälle ein, wonach Ruhe ein-
tritt; dann folgt wieder ein fast symptomfreier
Gyclus. Psychische Störungen treten immer deut-
licher hervor : die Intelligenz nimmt langsam ab ;
an unruhigen Tagen zeigt sich Somnolenz. Das
3. Stadium kennzeichnet sich durch immer mehr
zunehmende Erschöpfung und Kachexie. Es kann
nach wenigen Jahren beginnen, im Allgemeinen
aber erst nach Jahrzehnten. Die Muskelunruhe
nimmt im Laufe der Jahre zu, während die epi-
leptiformen Anfälle seltener werden und zuletzt
vollständig verschwinden. Die ruhigen Perioden
werden kürzer. Es tritt eine sich allmählich auf
immer mehr Muskeln verbreitende Rigidität ein.
Meist befinden sich die Patienten in einem somno-
lenten oder halbstuporösen Zustande. Für alle
diese Stadien bringt L. ausführliche Kranken-
geschichten.
Was das Vorkommen und die Aetiologie an-
langt, so werden gewöhnlich mehrere Geschwister
von der Krankheit befallen ; es kommen aber auch
sporadische Fälle vor. Direkte Vererbung von
einer Generation auf die andere kommt nur aus-
nahmeweise vor. Alkoholismus bei den Vätern ist
in mehr als 50<^/o der Fälle nachgewiesen. In den
12 Alkoholistenfamilien kommt eine verhältniss-
mässig grössere Anzahl der KrankheitiäUe als in
den 10 nüchternen Familien vor. In dem Capitel
„Diagnose^* lehnt L. die Ansicht der Autoren ab,
die meinen, es gebe keine wirkliche Myoklonie,
sondern Myoclonia simplex oder Myoclonus multi-
plex sei einfach als Hysterie aufzufassen. Er
giebt freilich zu, dass Myoklonie sich auf hyste-
rischer Basis entwickeln kann, oder dass Hysterie
recht oft eine Myoklonie zu simuliren vermag.
Das sei aber nicht allzuschwer festzustellen, da
man bei einem an „hysterischer Myoklonie** leiden-
den Kranken nur solche Muskelzuckungen finde,
die spontan ausgeführt werden können; für die
echte Myoklonie dagegen ist es charakteristisch,
dass einzelne Muskeln oder Muskelbündel zucken,
die nicht spontan in Thätigkeit versetzt werden
können, oder dass mehrere, nicht synergisch zu-
sammenwirkende Muskeln gleichzeitig betroffen
werden. Vollends die Myoclonus -Epilepsie sei
nach Verlauf und Prognose durchaus verschieden
von der Hysterie. Die pathologische Anatomie hat
noch keine sicheren Anhaltepunkte für die Be-
stimmung des eigentlichen Wesens der Krankheit
192
y. Nearopathologie und Ppycfaiatrie.
gegeben, obgleich die Untersuchungen von Clark
und Prout ausgesprochene Veränderungen im
Gehirn in der sogen, epileptogenen Zone im 2. und
3. Zellenlager der Rinde zu Tage förderten. L.
nimmt an, dass die Krankheit auf einer oongeni-
talen Unterwerthigkeit des Nervensystems beruhe,
zu der noch bestimmte toxische Schädlichkeiten
hinzukommen mflssten. Manche klinische und ex-
perimentelle Beobachtungen berechtigen nach L.
zu der Vermuthung, dass die Myodonus-Epilepsie
auf einer allmählich hervortretenden (relativen)
Parathyreoideainsufftcienz beruhen kann. Thera-
peutisch werden neben sorgfältiger Pflege Ader-
lässe, warme Bäder, Bromsalze angewandt Bei
der ungünstigen Prognose ist vielleicht auch fQr
die Zukunft eine Nachahmung von v. Bechte-
rew's Vorgehen in's Auge zu fassen, der im Ge-
biete der Gentralwindungen trepanirte und kleine
Bezirke der Rinde der Gentralwindungen exstir-
pirte, in der Absicht, die Erregbarkeit der Gentren
herabzusetzen. Leider ging der einzige operirte
Kranke an einem Erysipel zu Grunde [!].
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
195. Zur Oaaaistik der Myaathonim gravis
pseudoparaly tioa ; von Dr. J u 1 i u s H e y. (Mün-
chener med. Wchnschr. L. 43. 1903.)
H. berichtet über 2 Fälle jenes Leidens, das
von JoUy als Myasthenia gravis pseudoporalytica,
von V. S t r ü m p e 1 1 als asthenische Bulbärparalyse
und von Goldflam und Oppenheim als
myasthenische Paralyse bezeichnet wird. Wegen
der Seltenheit der Krankheit und mancherlei Bätsel-
haftem in ihrem Verlauf seien die Symptome kurz
angeführt: Erscheinungen körperlicher Schwäche
und rasche Ermüdbarkeit der verschiedensten
Muskelbezirke, die sich in wechselnder Stärke über
Jahre hinziehen kann. Dann stetes Fortschreiten
der myasthenischen Erscheinungen, so dass die
Arme gebrauchsunfähig werden, der Gang wat-
schelnd und schleppend, die Sprache näselnd und
das Schlucken erschwert wird. Das Bätselhafte
der Krankheit ist, dass sich pathologisch-anatomisch
weder im Gentralnervensystem, noch an den Muskeln
Veränderungen nachweisen lassen. Von den auf-
gestellten Theorien ist keine haltbar, v. Strüm-
pell und Jelly sagen, dass es „ein abnormer
Muskelzustand ist, eine Aenderung im Ghemismus
des Muskels, welche wir als Ursachen solcher Gon-
traktionsphänomene voraussetzen müssen*^ So
lange die bulbären Erscheinungen fehlen, liegt eine
unmittelbare Gefahr bei der Krankheit nicht vor.
Therapeutisch sind bisher die verschiedensten Mittel
ohne rechten Erfolg versucht worden.
Neumann (Leipzig).
196. Bin Beitrag rar myasthenischen Para-
lyse; von Dr. L. Mohr. (Berl. klin. Wchnsdir.
XL. 46. 1903.)
In der v. Noorden^sohen Abtheilong beobachtete
M. bei einem 37jfihr. Schreiner einen Fall von myastheni-
scher Paralyse, die mit Baati^scher Krankheit combioirt
war. Es bestand eine anscheinend primäre Hilzschwel-
lang mit hämorrhagischer Diathese, zu der sich weiterhin
Ikterus, Anämie und Lebersohrumpfung gesellten. Der
Fat. ging in einem Anfalle von Athemlähnmng znOrnnde.
Aus dem Befand sind hervorzaheben die enorme Schnun-
pfung der Leber and die grosse Massenzunahme derlülx.
Am Gehirn und Rückenmark fand sich makroskopisch
keine Veränderung; auch der zum Theil nach Mar chi
und zum Theil nach Weigert gefärbte Himatamm
zeigte, verglichen mit normalen Präparaten, keine Ver-
änderungen ; eben so wenig Rindenstucke aus den Centrsl-
windungen, das Rückenmark und der linke Nervus cni-
ralis (Theile aus dem Muso. quadr. femoris, die zur Unter-
suchung eingebettet waren, gingen leider verloren). M.
glaubt, dass auch der vorliegende Fall die Anschauuog
stützt, dass dem myasthenischen Symptomenoomplex
eine Autointoxikation zu Grunde liege.
S. Auerbach (Frankfurt a. IL).
197. Zwei mie von schlaffer, perma-
nenter L&hmung mit Verschwinden der Be-
fleze und fiabinskl's Phänomen, hervorgemteii
durch Oompression des PyramidenbOndelib
ohne Verletsung; von Prof. Q. Marinescu.
(Romänia med. Nov. 15. p. 49. 1903.)
Beide Fälle endeten tödtlioh und es kam zur Sektion,
In dem einen Falle wurde ein Erweichungsherd des
Temporo-Sphenoidallappens und des oberen Theiles des
Oooipitallappens gefunden, der die weisse subcortikale
Substanz, die ReiPsche Insel, die äussere Kapsel und
einen Theil des Nuoleus lenticularis betraf; die innere
Kapsel schien unberührt zu sein und das Pyramiden-
bündel wurde in seiner ganzen Ausdehnung intakt ge-
funden. Dasselbe war auch bei dem zweiten Kranken
der Fall, wo eine Caries des ersten und zweiten Hals-
wirbels und eine ausgedehnte Pachymeningitis der Cer-
vikalgegend bestanden. Auch hier wurde das Pyramidea-
bündel intakt gefunden ; ebenso wurden in beiden Fldlea
die Riesenzellen der Roland'schen Zone unverändert ge-
funden, ein Beweis für die Intaktheit der aus ihnen ent-
springenden Pyramidenbündel ; es handelte sich also nui
um eme Gompression. Derartige Fälle mit Wochen kag,
selbst Monate lang andauernder, schlsffer Lähmong sind
selten. Das Babinski*sche Phänomen wurde in heidsi
Fällen vorgefunden und daraus schliesst M., dass n
dessen Zustandekommen nicht nothwendigerweiae eiM
Läsion des Pyramidenbündels bestehen muss, senden
dass es sich um eine funktionelle Störung handle. Efa
weiterer Beweis für diese Ansicht ist der Umstand, das
Paraplegien und Hemiplegien mit Babinski's Zeichei
vorkommen, wo es gleichzeitig mit der Heilunj^ der Ulk
mung verschwand. Ausserdem kann dieses Zeichen and
während des normalen Schlafes beobachtet werden^ jm
in der Chloroformnarkose, selbst bei einem Kraaken ou
organischer Läsion des Pyramidenbündels, versch windet
E. Tof f (Braila).
198. üeber Psychosen im Zasammenhaai
mit ahnten nnd chronischen Infektionekraal
heiten; von E. Siemerling. (Deutsche Elini
am Eing. d. 20. Jahrh. 96. Lief. p. 362. 1903.)
S. erörtert eingehend unter Hittheilang ein
grosseren Zahl von Krankengeschichten die LeM
von den Infektionpsychosen. Es giebt keine I
fektionkrankheit , in deren Beginn od^ weitere
Verlauf nicht einmal eine Psychose auftreten kna
Oanz besonders häufig werden geistige StOningi
beobachtet bei Typhus, akutem Gelenkrfaeimu4|
mus, Influenza und Pneumonie. Frauen werA
VI. Innere Medloin.
193
im Ganzen hftufiger ergriffen als M&nner. Eine
scharfe Trennung in Fieber-, Infektion- und Er-
achSpfangspsychoeen ist nicht durohzuführen. Es
giebt keine einheitliche, von den übrigen Psychosen
dorch besondere charakteristische Merkmale abzu-
grenzende Infektionpsychose. Sehr zeitgemftss be-
tont S., dass der noch sehr unklare Begriff Auto-
intoxikation heutigen Tages in der Aetiologie
überall da aushelfen soll, wo für die EntstehuDg
sonst keine rechte Ursache ausfindig zu machen
ist Gewiss kann auf dem Wege der sogen. Auto-
intoxikation einmal bei einer Stoffwechselerkran-
hng eine Psychose zu Stande kommen, allein
dnrdiaQs verfehlt ist es, in der Autointoxikation
die Hanptursache für die Psychosen sehen zu
▼ollen. Symptomatologisch reiht man am besten
die Infektionpsychosen in die Intoxikationpsychosen
an. Man muss sich darüber klar sein, dass die
reraciiiedenen Bezeichnungen, die für die Psychosen
nach Infektionkrankheiten vorgeschlagen sind, uns
onr einen rein ftusserlichen oder zeitlichen Zusam-
menhang zum Ausdruck bringen. Im Grossen und
Ganzen ist es richtig, dass in den gleichen Stadien
umähemd die gleichen Formen auftreten. Die
B(^n. Fieber- und Initialdelirien zeichnen sich
duch eine gewisse Flüchtigkeit der Symptome
tts, bei gleichzeitig tief ergriffenem Sensorium.
b den sogen. CoUapsdelirien haben die Symptome
s^n etwas Beständigeres, erst vßoht bei den in
der Reoonvalescenz auftretenden Psychosen , wo
nm am häufigsten den ausgebildeten Psychosen,
vie Melancholie, Manie, der akuten Verwirrtheit,
Katatonie u. s. w. begegnet. Die Formen der Psy-
chosen sind weniger abhängig von der Orund-
erkranknng, als von dem Stadium dieser, in dem
^ ansbrechen. Es hat nach grossen Zusammen-
stdlnngen den Anschein, als ob manische Zustände
imd akute Verwirrtheit mehr bei Pneumonie, Eopf-
loae und den akuten Exanthemen ; melancholische
Depresfflonzustände und stuporOse Formen mehr
M Typhus, Gelenkrheumatismus, Influenza auf-
treten. Eine bestimmte Regel lässt sich aber nicht
g^^boL S. schildert dann ausführlich auf Qrund
eigner Beobachtungen zuerst die Fieberdelirien
und dann die psychischen Störungen im Stadium
decrementi und in der Heconvalescenz. Der weit-
aos flberwiegende Theil von Psychosen kommt in
^eeen Stadien zur Entwickelung.
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
190. Die ImbeoiUität; von C. Moeli.
(Deutsche Klinik am Eing. d. 20. Jahrh. 96. Lief,
p. 317. 1903.)
M. giebt auf 23 Seiten eine ausgezeichnete
Darstellung des Wesens und der verschiedenen
Erscheinungen der Imbecillität. Die Qenese dieser
geistigen Entwickelungstürung, die sich zum unter-
schiede vom Idiotismus nicht durch eine erhebliche
Einschränkung der Zahl der Begriffe, sondern
durch den Hangel ihrer richtigen Verbindung
charakterisirt, wird eben so meisterhaft behandelt
wie ihre Symptome. Besonders anschaulich wird
gezeigt, eine wie grosse Rolle bei einem beträcht-
lichen Theile der Imbecillen die gerade auf der
Lockerung richtiger Associationen beruhende Stö-
rung der Gtofühlsthätigkeit spielt. Wichtig er-
scheint uns die Bemerkung M.'s, dass bei vielen im
Beginne des 3. Decennium an Psychosen anderen
Charakters (namentlich Dementia praecox) Er-
krankten, die Anamnese uns den Hinweis auf
eine mangelhafte geistige Entwickelung liefert.
Der Fehler war nicht so ausgesprochen, dass er
seinen Träger bis dahin im Fortkommen vollständig
gehindert hätte. Vielleicht sind es die in diesem
Alter gesteigerten Ansprüche des Lebens, die den
originär schwachen Kopf dann zur allmählichen,
aber unaufhaltsamen Verblödung bringen. Mit
Recht betont M. bei der Besprechung der Diagnose,
dass bei dem fliessenden Uebergange der Imbecil-
lität zu der schwachen Begabung die forensische
Beurtheilung der leichteren Form zu den schwie-
rigsten Aufgaben des Psychiaters gehören kann.
Vor Allem kann der Schwachentwickelte nicht
allein aus seiner Haltung in der Anstalt oder der
Haft beurtheilt werden, sondern nur nach seiner
Fähigkeit, draussen im Leben selbständig und ver-
antwortlich sich zu bewegen. In therapeutischer
Beziehung steht völlige Alkoholabstinenz obenan ;
im üebrigen bewegt sich die Behandlung mehr
auf dem Gebiete der Erziehung, als auf dem
ärztlicher Maassnahmen. M. würdigt namentlich
Unterbringung in die Hülfskiassen für Schwach-
begabte und eine besonders für die erregbaren
Imbecillen erforderliche zweckmässige Anstalt-
behandlung, die freilich für die Besitzenden leich-
ter zu beschaffen ist, als für die Unbemittelten.
Die eigentlichen Irrenanstalten sind aus verschie-
denen Gründen wenig geeignet.
8. Auerbach (Frankfurt a. M.).
VI. Innere Medicin.
200. Das Antistreptokokkenserum and
Mine Anwendung beim Menschen; von Dr.
Xenzer. (Münohn. med. Wchnschr. L. 25. 26.
1903.)
Vor Allem handelt es sich um die Frage, wie
tta gegen menschliche Streptokokkeninfektion wirk-
ttoes Serum herzustellen ist. Die meisten Forscher
Mchteo auf dem Wege der Hämolysine, Bakterio-
Med. Jahrbb. Bd. 281. Hft 2.
lysine u. s. w. ein antibakteriellee Streptokokken-
serum zu gewinnen. Entschieden ist bei allen
Infektionen mit Streptokokken deren Arteinheit
anzunehmen. Für das Krankheitbild kommen nur
die Wege, die die Infektion nimmt, als bestimmend
in Betracht. Namentlich ist für das Festhalten
der Bakterien das interstitielle Oewebe der ver-
schiedenen Organe, mit besonderer Yorliebe das
25
194
VL Innere M edidn.
fibrOse, zellenarme Gewebe der Gelenke, Sehneni
Schleimbeutel , serOsen HAote u. & w. geeignet
Immerhin werden die Streptokokken, obwohl
urBprünglich von einer Art, dennooh andere fer-
mentative Wirkungen erlangen kOnnen, je nach den
Infektionprooessen, von denen sie frisch gezüchtet
werden.
Aus der Annahme, dass sich die parasitären
Streptokokken und die von Infektionen gezüchteten
durch die Art der Fermentwirkungen unterscheiden,
erkl&rt es sich, wie eine nicht beachtete Haut-
wunde dem Obducenten einer an Puerperalfieber
Gestorbenen die tOdtliohe Infektion verursachen
kann, während sonst im gewühnlichen Leben solche
Wunden bei der Mehrzahl der Menschen heilen,
obwohl eine Verunreinigung mit Bakterien ver-
schiedenster Art erfolgt
Was ist nun von einem Antistreptokokkenserum
zu erwarten? Die Ausführungen M. 's gipfeln in fol-
genden Schlusssätzen : „1) Das Antistreptokokken-
serum wirkt, wie im Thierversuch, so auch beim
Menschen, durch Anregung der Phagocytose, dem
menschlichen Organismus fällt daher im Kampfe
mit den Streptokokken die Hauptleistuug zu. Kann
er diese Kraftleistung nicht mehr erfüllen, so ist
die Anwendung des Streptokokkenserums nutzlos.
2) Abgesehen von der Vernichtung der eingedrun-
genen Krankheitserreger fällt dem Organismus die
Aufgabe der späteren Resorption der zu Grunde
gegangenen Bakterien und Zellen zu. In den
Fällen, in welchen es zu abgeschlossenen Eiter-
ansammlungen kommt, ist ohne chirurgischen Ein-
griff das Streptokokkenserum contraindicirt, da es
die Resorption der giftigen Eiterstoffe steigert
3) Das Streptokokkenserum wird in den Fällen
beginnender akuter Streptokokkämie in hoher
Dosirung die besten Erfolge herbeiführen kOnnen,
besonders aussichtvoll ist, in der nach dem ein-
zelnen Fall zu bemessenden Dosirung, seine An-
wendung bei chronischen Streptokokkeninfektionen.
4) Id der Therapie menschlicher Streptokokken-
infektionen sind nur Streptokokkensera, welche
mit frisch vom Menschen gezüchteten Strepto-
kokken hergestellt sind, wirksam. Bei der Art-
einheit aller Streptokokken kann ein solches Serum
bei allen Streptokokkeninfektionen angewendet
werden. 5) Die bisher vorgeschlagene Prüfung
des Streptokokkenserums im Thierversuch giebt
keinen Anhalt für die Beurtheilung der Heilkraft
beim Menschen. Vorläufig muss in Ermangelung
eines besseren Prüfungsmodus die Einwirkung auf
den Menschen das einzig gültige Maass bleiben.**
So glänzende Resultate bei richtiger Anwen-
dung des Serum zu erzielen sind, so darf anderer-
seits auch die Gefahr nicht unterschätzt werden,
die eine Ueberschätzung der Heilkraft in sich birgt
Es künnten sonst ähnliche Enttäuschungen zu Tage
treten, wie man sie einst am Tuberkulin erlebte!
Ausserhalb des Rahmens des Referates sei
übrigens bemerkt, dass sich A. Schmidt in
Dresden bei der letzten Versammlung deutscher
Naturforscher und Aerzte in Kassel günstig über
die Anwendung des Menzer 'sehen Antistrepto-
kokkenserum bei der Behandlung des Odenkrheu-
moHsmus ausgesprochen hat.
N e u m a n n (Leipzig).
201. Beitrag lar Kenntniss Tom WeohaeL-
fleber; von Dr. Johan Gronquist (Nord
med. ark. Afd. IL 3. F. HL Nr. 13. 1903.)
Gr. hat in Malmü in 5 Jahren 67 Wechsel-
fieberfälle beobachtet, von denen mehr als 2 Drittel
Kinder betrafen. Im Frühjahr und Herbst begeg-
nete er der Krankheit am häufigsten, doch will er
hieraus betreffs der Zeit der Erkrankung nichts
Zuverlässiges schliessen. Das Krankheitbild war
sehr wechselnd. Er beobachtete das wohlbekannte
Bild der Febris intermittens, nur nach dem Alter
der Patienten verschieden. , Bei Säuglingen nnd
jüngeren Kindern nämlich wird der Anfall oft
durch Erbrechen eingeleitet, während die bekann-
ten Schüttelfröste fehlen. Zwischen den quoti-
dianen Anfällen ist das Allgemeinbefinden sehr
gestört, jedoch künnen sich die Kranken bei einer
fieberfreien Zwischenzeit von mehr als 24 Stunden
auch vollkommen erholen.
Auffälliger war das Krankheitbild bei einer
Form von Wechselfieber, die Gr. Malaria larvata
nennt. Hier tritt das Fieber vor den örtlichen
Erscheinungen *ganz zurück. Die Körperwärme
ist meist nicht oder nur gering erhöht Drei ver-
schiedene Arten Hessen sich deutlich auseinander
halten. Intermittirende Durchfälle, die häufig,
übelriechend, schleimig, bisweilen blutig gefärbt
sind, bestehen bei der Malaria larvata enteritica.
Neuralgien im Hautgebiete des Trigeminus sind
das Symptom der Malaria larvata neuralgica. Bei
der Malaria larvata cephalalgica endlich klagen dii
Kranken über diffuse Kopfschmerzen, die an dei
Stirn am heftigsten empfunden werden. In dei
1 — 2tägigen Zwischenpausen besteht allgemeine
Wohlbefinden. Die Kranken sind bisweilen leich
anämisch und haben einen eigenartigen gnu
gelben Teint
Um bei verdächtigen, larvirten Formen ein
sichere Diagnose zu stellen, hat man als beste
Mittel nur den Nachweis der Malariapiasmodiei
Die Prognose ist bei frühzeitigem Erkennen ein
verhältnissmässig gute. Die einzig wirksame Bi
handlung ist die mit Chinin und seinen Präparats
4 — 5 Stunden vor dem Anfall, bei Idiosynkrasi
durch Methylenblau zu ersetzen. Es empfiehlt sie
auch nach dem Aufhören der Anfälle noch Mona)
lang Chinin weiter zu geben.
N e u m a n n (Leipzig).
202. üeber Halaria im nordwostliohi
Deutsohland; von A. Koeppen in Nords
(Münchn. med. Wchnschr. L. 25. 1903.)
K. wendet sich gegen Martini (Deutael
med. Wchnschr. XXVII. 44. 1900) und behaupl
VI. Innere Medioin.
195
wenn eine Erhöhung der Halariamorhidit&tzifiFer in
Ostfriesland stattgefunden habe, so sei dies h(k3h-
stens im Frühjahr 1902, 2 Jahre nach Beendigung
der Deichbauten, der Fall gewesen. Ein Einfluss
Ton Erdarbeiten auf den Gang der Malaria stehe
nicht fest Die Holländer, die bei den Bauten be-
schäftigt waren, kOnnen nicht als besonders für
Malaria Disponirte angesehen werden.
Walz (Stuttgart).
203. Ueber Malaria im earopftisohen Bubs«
land (ohne Finland); von P. Argutinsky.
(Äich. f. Hyg. XLVn. 4. p. 317. 1903.)
Die statistischen Daten über die Verbreitung
der Malaria im europäischen Russland sind sehr
unvollkommen, erlauben aber doch den Schluss,
dass die Krankheit am stärksten im Südosten
herrecht, in dem Gebiete der unteren und mittleren
Wolga, und sich nach Norden und nach Westen zu
vermindert Die Ursache dieses Verhaltens ist
Bach A. darin zu suchen, dass das Klima um so
continentaler wird, je weiter man nach Osten
kommt, so dass im Südosten die hüchsten Sommer-
temperatnren herrschen. Woltemas (Solingen).
204. Neuere Arbeiten über Physiologie
«nd Pathologie der Verdaaungsorgane. (Fort-
sözong; vgl. Jahrbb. CCLXXXI. p. 71.)
55) Ueber hämorrhagische Magenerosionen ; von Dr.
a MiDtz iD Warschau. (ZUchr. f. klin. Med. XLVI.
1-4. p. 115. 1902.)
56) Zur Frage der hämorrhagischen Erosionen des
Magens ; yoü Dr. HansElsner. (Deutsche med. Wo-
dieiischr. XXIX. 41. 1903.)
57) Ä propos du diagnosiie ei du traitement de
fyMre ehronique de Vestomae; par Albert Mathieu
etL-Ch. Eoux. (Gaz. des Hop. LXXVI. 24; Fevr. 26.
58) ün procide faeüHant le diagnosiie de Vule^e
de Vestomae et de Vuleh'e du duodenum. (SemaiDe med.
XXni. 14; Avriia 1903.)
59) lieber die Verbreitung des runden Magen-
gesekwiirs in Finland, sowie Einiges über seine Äeiio'
hgie; toq Dr. W o 1 d. B a c k m a n. (Ztschr. f. klin. Med.
XLIX. 1—4. p. 161. 1903.)
60) Vdier die Diagnose des Ulcus ventriculi miitelsi
Xackieeises occuUer MutanweSenheii in denFaeces; von
Dr. L Boas. (Deutsche med. Wchnschr. XXIX. 47.
löoa)
61) Die diagnosiische und iherapeuiische Bedeutung
des sympathischen Reixzustandes heim Magengeschwür ;
▼on Dr. Georg Eelling in Dresden. (Wien. med.
Wchnschr. LH. 48. 1902.)
62) Diagnostisch-therapeutische Bemerkungen Mim
Magengeschwür; von Dr. Ageron in Hamburg. (Münchn.
med. Wchnschr. XUX. 30. 1902.)
63) Tuo eases of „relapsing^ gastrie ulcer; by Dr.
X Hill Abram and W. Thelwall Thomas. (Amer.
pnct a News XXXV. 122. Jan. 15. 1903.)
64) The medical treatment of gastrie ulcer; by
Hubert G. Wilbur. (Boston med. a. surg. Journ.
CXLVin. Aug. 20. 1903.)
65) The surgical treatment of gcutric ulcer; by
JohnCLMunro. (Ibid.)
66) The operative treatment of gastrie and duodenal
uleers; byB. G. A. Moynihan. (Med. chir. Transaot
Looöoo 1903. Longmans, Green & Co. p. 513.)
67) Qastric ulcer and its surgery; by Albert
C a r 1 e 8 s. (Lancet July 18. 1903.)
68) Ein Fall von operativ behandeltem Ulcus ventri-
culi; von Dr. Robert Liohtenstern. (Mittheil. d.
Ges. f. innere Med. in Wien IL 10. 1903.)
69) Operation for chronic ulcer ofthe stomach; by
C. W. M a n s e 1 1 M 0 u 1 1 i n. (Lancet Dec. 27. 1902.)
70) Des indications opSratoires dans les hSmor-
rhagies de Vülchre gastrique; par Alb. Mathieu et
L-Ch. Roux. (Gaz. des H5p. LXXVL 47. Avril 23.
1903.)
71) The diagnosis of perforated gastrie ulcer ; by
R. Charles B. MaunseU. (Dubl. Journ. of med. Sc.
May 1903. p. 333.)
72) Tw& cases iüustraiing the fallaey of eertain
physical signs in diagnosing acute perforated gastrie
uleer; by W. Harland Peake. (Brit. med. Journ.
Nov. 21. 1903.)
73) Ä case of double perforeUing gastrie tdeer; by
L. Lowell Keays. (Bnt. med. Journ. Dec. 5. 1903.)
74) Excisionofaperforated gastrie täeer. Recovery;
by£. Oliver Ashe. (Ibid.)
75) Perforating gastrie and duodenal ttleers : uni-
lateral exclusion of duodenum for perforating ulcers of
its posterior waü; by Albert A. Berg. (New York
med. Record LXIU. June 6. 1903.)
76) Zur Symptomatologie und Therapie der per-
forativen Peritonitis bei Ulcus ventriculi; von Dr. F.
Weber. (Berl. klin. Wchnschr. XL. 1. 1903.)
77) Beitrag zur Behandlung des perforirenden
Magen- und Duodenalgeschwürs ; von Karl Dahleren
in Upsala. (v. Y o 1 k m an n 's Samml. klin. Vortr. N. F.
Nr. 354. 1903.)
78) Ein Fall von chronischem Magengeschwür mit
starker Blutung, circumseripter Peritonitis und doppelter
Perforation in Darm und Hamwege; von Dr. Bert-
hold Stein in Nürnberg. (Münchn. med. Wchnschr.
L. 38. 1903.)
79) Abc^ du foie consecutifs ä un lUcbre simple de
Vestomae; par M. Ledere et M. Tavernier. (Lyon
med. C. 1 ; Janv. 4. 1903.)
80) Ueber Dauererfolge der internen Therapie des
Ulcus ventriculi; von Dr. Johannes Schulz. ' (Mit-
theil, a. d. Grenzgeb. d. Med. u. Chir. XL 1. p. 20. 1903.)
81) Zur Behandlung des Magengeschunirs ; von Dr.
Max Wagner. (Münchn. med. Wchnschr. LI. 1. 2.
1904.)
82) Zur Diagnostik des Sanduhrmagens; von Georg
Rosenfeld in Breslau. (Centr.-Bl. f. innere Med.
XXIV. 7. 1903.)
83) jSur Diagnose des Sanduhrmagens; von Dr.
I. D e c k e r. (Münchn. med. Wchnschr. XLIX. 37. 1902.)
84) 2k*r chirurgischen Therapie des Sanduhrmagens ;
von Prof. AdolfSchmittin München. (Ebenda.)
85) An hour-gUiss stomach observed in situ; by
ThomasDwight (Amer. Journ. of med. Sc. CXX VI.
4. p. 581. Oct. 1903.)
86) Ueber Magen- und Darmcarcinome ; von I. B o a s
in Berlin. (Deutsche Klinik am Eing. des 20. Jahrh.
60.— 61. Lief. 11. Vorlesung. Berlin u. Wien 1902.
Urban u. Schwarzenberg.)
87) Zur Diagnose des Magencareinoms ; von Dr.
H. Salomon. (Deutsche med. Wchnschr. XXIX. 31.
1903.)
88) Zur Prophylaxe des Magenkrebses; von Dr.
Willy Alexander-Eatz in Hamburg. (Ebenda 47.)
89) A case of malignant disease of the pylorus
occurring in a young man, aged 19 years; by G. Paul
A n n i n g. (Lancet Nov. 22. 1 902.)
90) Cancer du pylore, avec adenite de iroisier aigue
apparue ä la suite de la gastroentero-anaetomose ; ascite
lactescerUe non chyleuse; par Jean Lepine. (Lyon*
med. XCIX. 30 ; JuiUet 27. 1902.)
91) Deux cos atypiques de carcinome gastrique;
parleDr.H.Koettlitz. (PoücUn.Xn,23; Dec. 1.1903.)
196
VI. Innere Medioin.
92) Mn FaM von Magencarcmom mit erfolgreich
operirter PisttUa gastro-coliea tmd xieei später spontan
entstandenen Oastroenterostomien nach Hacker* schem
Typus; von Dr. Georg Kelling in Dresden. (Arch. f.
Verdannngskrankh. IX. 1. p. 30. 1903.)
93) Carcinoma of the stomach and liver in male
twentyeight years old, Perforation into the transverse
Colon. (Mt. Sinai Hosp. III. p. 59. 1903.)
94) Ueber Fistula gastroeolica carcinomatosa ; von
Ph. Koch. (Arch. f. Yerdanungskrankh. IX. 1. p. 1.
1903.)
95) Ueber bemerkenstcerthe Complikationen im Ver-
lauf des Magenkrebses; von Dr. Fritz Kaufmann.
(Münchn. med. Wchnschr. L. 45. 1903.)
96) Zur pathologischen Anatomie und Klinik des
primären Magensarkoms; von Josef Pstrokowski.
(Ztschr. f. khn. Med. XL7I. 1—4. p. 160. 1902.)
97) Ueber einen Fall von gestieltem Magensarkom,
nebst Bemerkungen über einige Bindegewebegeschwülste
des Magens; von Prof. H. Alessandri in Rom. (Mit-
theii. a. d.Orenzgeb. d. Med. u.Chir. XII. 4. p. 455. 1903.)
98) Ueber Myosarkom des Magens; von Dr. Moser.
(Deatsche med. Wohnschr. XXIX. 8. 9. 1903.)
Mintz (55) betrachtet die hämorrhagischen
Magenerosionen im Sinne E i n h o r n 's als eine be-
sondere Krankheit. Ersoheinungen : Schmerzen,
Schwache und Abmagerung in Folge der Schmerzen,
häufig Erbrechen. Der Magen ist motorisch intakt,
die Salzsäureausscheidung kann vermehrt oder ver-
mindert sein ; die Hauptsache ist, dass man bei der
Ausspülung des nüchternen Magens regelmässig
Schleimhautstückchen in dem Spülwasser findet.
M. führt 2 Beispiele an.
Eisner (56) hat von der „Einhorn'schen
Krankheit^' eine andere Auffassung. Dass es Fälle
giebt, in denen die von Mintz aufgezählten Er-
scheinungen, vor Allem die Schmerzen nach dem
Essen und die Schleimhautfetzen im Spülwasser
stark in den Vordergrund treten, ist zweifellos,
daraus darf man aber nicht schliessen, dass es sich
dabei um eine ganz besondere Krankheit handelt.
E. hat in der Poliklinik von Boas allerlei Magen-
kranke auf das Vorkommen von Schleimhaut-
Btücken im Spülwasser untersucht und hat ge-
funden, dass dieses Vorkommen bei chronischer
Gastritis, bez. Achylia gastrica ziemlich häufig ist
(bei gesundem Magen kommt es nicht vor). Einige
von diesen Kranken hatten Schmerzen, andere gar
nicht, manche fühlten sich etwas elend, andere
vollkommen wohl, u. s. w. Man kann die Ab-
stossung von Schleimhautstücken zur Zeit nur als
eine besondere, nicht seltene Erscheinung bei der
chronischen Oastritis aufführen; ein eigenes Krank-
heitbild : „hämorrhagische Erosionen** giebt es wahr-
scheinlich nicht
Magengesehwür. In der Semaine m6d. (58)
wird empfohlen, das Vorhandensein und die Lage
eines Oeschwürs durch leichte Schläge mit dem
Perkussionhammer festzustellen, die nur in der
Oegend eines Oeschwürs schmerzhaft sein sollen.
Backman(59) berichtet Qber das Vorkommen
des Magengeschwürs in Finland (das Leiden ist
dort etwa eben so häufig wie bei uns) und versucht
aus seinen Zusammenstellungen etwas für die
Aetiologie herauszuschlagen. Vergebens! Beruf,
Constitution, Lebensweise geben keinen Anhalt
Abgesehen von den durch Verletzungen entstan-
denen (beschwüren, tappen wir meist ganz im
Dunkelen.
Boas (60) macht von Neuem auf die grosBe
Bedeutung aufmerksam, die der Nachweis kleiner
Blutbeimengungen zum Stuhle für die Diagnose
des Magengeschwürs haben kann.
Kelling (61) legt den grössten Werth auf
einen „Reizzustand des sympathischen Nerven-
systems", der durch das Oesohwür hervorgerufen
wird und hauptsächlich „den motorischen Hem-
mungsapparat des Magens betrifft". In dem Fort-
schaffen dieses Heizzustandes liegt der Grund für
die oft überraschend schnelle günstige Wirkung
der Gastroenterostomie, Aehnliches lässt sich nach
K. aber auch durch innere Mittel erreichen. Er
giebt seinen Kranken per rectum Kalii bromat 10.0,
Godein. 0.2, Aqu. 150.0, 3mal täglich 15 g ein-
zuspritzen. Bestehen zugleich Kopfsohmerzen und
Neuralgieen, so giebt K. Brom und Antipyrin; bei
Hypersekretion Atropin und Godein.
Ag6ron (62) meint, man habe über der Sab-
säurebestimmung die Beobachtung der Mag»-
motilität zu Unrecht verabsäumt Gerade eine auf-
fallende motorische Schwäche des Magens (ohne
Stenose) hält er für das Geschwür für besonder!
charakteristisch ; zu ihrer Feststellung bedient er
sich ohne zu grosse Besorgnisse der Magensonde.
Hier muss auch die Behandlung einsetzen. Daher
die guten Erfolge der „Liegekuren^^ (Bückenlage,
etwas nach rechts herüber mit erhöhtem Becken]
und der Eingiessungen von Gel mit DermatoL
Für die Arbeiten 63 — 79 genügen die Titel
Hervorgehoben sei, dass Weber in einem Fall«
von Perforativperitonitis über dem ganzen BaudM
Stimmfremitus fand, im Epigastrium besonden
stark, nach der Symphyse zu abnehmend.
Werth voller ist die Arbeit von Schulz (80|
Seh. wollte ein Urtheil darüber gewinnen, was &
innere Medicin bei dem Magengeschwür su leistei
vermag, und stellte dazu aus der Breslauer med
Klinik und aus dem Hamburger allgemein«
Krankenhause 291 Fälle zusammen. Von 15
dieser Kranken war über ihr späteres Schicksi
Auskunft zu erlangen. Von den 291 Kranke
konnten 165 als geheilt, 95 als wesentlich g<
bessert entlassen werden, bei 15 yersagte die ft
handlung, 16 starben. Von den 157 Krankei
über die weiterhin noch etwas zu erfahren geweae
war, waren 84 ganz gesund geblieben, 37 hatte
sehr geringe, 24 erhebliche Beschwerden, 12 wäre
gestorben. Seh. geht näher auf die einaebu
Fälle ein und kommt zu folgenden Schlüssel
„1) Dass es nicht angängig ist, die unmittelbar
Erfolge der Behandlung als Grundlage für die B
werthung der internen Therapie des Ulcus Yenti
culi zu nehmen; 2) dass die im Heilerfolge u
sicheren, nur gebessert entlassenen Fälle zu eine
VI. Innere Medioin.
197
beträchtlichen Theil wesentlicher Yerschlimmerung
anheimfallen; 3) dass in einer Reihe von Fällen
trotz massigen Erfolges der Behandlung und trotz
Beeidiren Heilung nach wiederholter interner Be-
handlung und auch ohne diese eintreten kann;
4) daas die Mortalit&t bei dem Ulcus ventriculi
keine hohe genannt werden kann, dass aber die
iotenie Therapie einen erheblichen Prooentsatz von
Misserfolgen aufzuweisen hat"
Wagner (81) beschreibt die Behandlung des
Magengeschwürs wie sieLenhartzim Hamburg-
Eppendorfer Krankenhause seit Jahren ein- und
dorchgefQhrt hat Von der üeberlegung ausgehend,
dass die vorhandene reichliche Salzsäure gebunden
^nentralisirt*' werden müsse und dass man die oft
recht elenden Kranken schnell kräftigen müsse,
verwirft Lenhartzdie übliche, sehr spärliche und
milde Kost und giebt seinen Kranken sehr bald
nach der Blutung reichlich Eiweiss. Die Kranken
müssen fest liegen, Eisblase auf den Hagen. Am
Tage der Blutung : Esslüffelweise Eismilch bis zu
200 und 300 cmm und 1—2—3 auf Eis gekühlte
Qod gequirlte Eier. Dann täglich 100 cmm Milch
mehr und taglich 1 Ei mehr, so dass der Kranke
am Ende der 1. Woche etwa 800 com Milch und
6—8 Eier bekommt Dabei bleibt es eine Weile,
fiber 1 Liter Milch wird nicht gestiegen. Vom
3. bis 8. Tage an Fleisch, roh, geschabt 35 g, stei-
gend bis 70 g und mehr. Nach etwa 2 Wochen
▼ertragen die Kranken eine ganz mannigfaltige
Kost Von Medikamenten giebt Len hart z nur
etwas Wismuth. Die Erfolge dieser Behandlung
BoUen sehr gut sein. Die Beschwerden schwinden
scbell, die Kranken erholen sich rasch und voll-
ttiodig, Rückfalle sind zu Anfang und auch später
^ten. — Die reich mit Krankengeschichten aus-
gestattete Arbeit sei der allgemeinen Aufmerksam-
hit empfohlen.
Rosenfeld (82) und Decker (83) erürtern
^e Beschwerden und Erscheinungen, die zur Er-
^ennong eines Sanduhrmagena fOhren können,
^as wesentliches Neues kommt dabei nioht heraus,
Die Diagnose wird zuweilen ziemlich sicher zu
stellen, zuweilen unmöglich sein. Therapeutisch
ist in schweren fUlen eine Operation in Erwägung
20 deheo.
MofftnkrAs. Boas (86) giebt eine gute klare
Uiniscbe Schilderung des Magenkrebses. Salo-
aon (87) liefert einen neuen Beitrag zu der viel-
Grtrterten Diagnose. Er ging von der Annahme
MS, dass das Krebsgeschwür doch wohl eine ei-
veisshaltige Flüssigkeit durchsickern lässt, bez.
«nscheidet und untersuchte den Mageninhalt nach
Fernhaltung jeder Eiweisszufuhr mit dem Es-
bach 'sehen Reagens. Er meint, dass in der That
<b8 Auftreten einer flockigen Trübung sehr für
XrÄs spräche. Wahrscheinlich kommt es in aus-
geprägter Weise nur noch bei starkem chronischem
Katarrhe vor. Alexander- Katz (88) meint,
auch bei dem Magenkrebs spielten wie bei anderen
Krebsen „Insulte^' aller Art eine wichtige Rolle
und man könne dem Magenkrebs durch gutes Kauen
und milde Zubereitung der Speisen (Breiform),
sowie durch Wassertrinken zu den Mahlzeiten vor-
beugen.— Die übrigen Mittheilungen sind casuisti-
scher Natur. Koch (94) beschreibt 2 Fälle von
krebsiger Magen - Dickdarmfistel aus der Heidel-
berger med. Klinik und fügt das an, was aus der
Literatur über diese seltene Krankheit bekannt ist.
Kaufmann (95) giebt 2 Krankengeschichten
ebenfalls aus der Heidelberger Klinik. Im I.Falle
hatte ein Pyloruscarcinom durch Compression des
Colon transversum eine Darmverengerung erzeugt :
Perforativperitonitis, ausgehend von einem Druck-
geschwOre oberhalb dieser Stenose. Im 2. Falle
gesellte sich zu einem Kardiakrebs eine Pylorus-
stenose in Folge von Druck durch carcinomatöse
Drüsenmetastasen. —
Bösartige Geschwülste, die nicht Krebse sind,
sind am Magen recht selten. Pstrokowski(96)
und Ales s and ri (97) beschreiben je einen eigenen
Fall von Magensarkom, fügen die bekannt ge-
wordenen ähnlichen Fälle an und schildern das
Leiden nach seinem klinischen Verlaufe und seinem
anatomischen Auftreten. Die Unterscheidung vom
Krebs wird meist nicht möglich sein. Das Sarkom
tritt wohl eher bei jüngeren Leuten auf, verläuft
langsamer, führt später zu erheblichen Störungen
in der Saftabscheidung und seltener zu Blutungen.
Das Sarkom sitzt meist an der grossen Cnrvatur
oder am Pylorus und geht in der Mehrzahl der Fälle
von der Submucosa oder von der Muscularis aus.
Meist handelt es sich um einfache Sarkome,
Rundzellen- und Lymphosarkome, gemischte sind
wesentlich seltener und unter diesen kommen noch
am ehesten Myosarkame vor, wofür Moser (98)
3 werthvoUe Beispiele anführt.
99) La Stenose du pylore ehex les nourrisons; par le
Dr. C h e m i 8 8 e. (Semaiae med. XXIII. 32. p. 261. 1903.)
100) ReireeissemerU cong6nüal et spasme du pylore
ehex les nouveat^nes; par G. Variot. (Gaz. des Hop.
LXXVI. 69. Jdn 16. 1903.)
101) Congenitai hypertrophic Stenosis of the pylorus
and its treatment by pyloroplasty ; by E. C a u 1 1 e y and
C. T. Dent (Med.-chir. Traosact. London 1903. Long-
mans, Green and Co. p. 471.)
102) Oongenüal hypertrophic Stenosis of the pylorus ;
by 6. G. A. M 0 y n i h a n. (New York med. News Oci 24.
1903.)
103) Congenital hypertrophic Stenosis of the pylorus;
by Clive Ri viere. (Lanoet Dec. 27. 1902.)
104) Die syphilitische, fibröse Darm- und Magen-
striktur ; vod Dr. Heinrich Gross. (Münchn. med.
Wohnschr. L. 4. 1903.)
105) Ein Fall von toxischer Gastritis und Pylorus-
stenose in Folge von Vergiftung durch Salpetersäure,
Gastroenterostomie. Genesung; von Dr. W. Robin.
(Wien. med. Wchnsohr. LIII. 22. 1903.)
106) üeber Phlegmone des Magens ; von W. N. K o n -
stantinowitsch. (Centr.-BI. f. Stoffw.- a. Verd,-
Krankh. IV. 14. 1903.)
198
VI. Innere Medicin.
107) Etüde d'un cas de gastrUephlegmoneuae primi-
tive; par le Dr. B. Huguenin. (Itovae med. de la
Suisse rom. XXTH. 11 ; Nov. 20. 1903.)
108) Ein Beitrag xur Aetiologie der Gastritis phleg-
monosa; voD Dr. Carl Klieneberger. (Münchn.
med. Wchnschr. L. 31. 1903.)
109) Zur Frage der hepatogenen Dyspepsie; von Dr.
Alois Pick. (Wien. med. Wchnschr. LIII. 28—31.
1903.)
110) Le foie chex les dyspeptiques ; par Alb. Ma-
thieu et J. -Ch. Roux. (Gaz. des Hop. LXXVI. 81.
Juillet 16. 1903.)
111) Pathoghiie perOonitique de la j^colite hepatique^
et des crises douhureuses Spigastriques ; par Raymond
Tripier et J. Paviot. (Semaine med. XXUI. 4;
Janv. 28. 1903.)
112) Magenerweiterung f motorische Insufficienx und
Ätonie des Magens; von Dr. Friedrich Crämer.
Nebst einem Anhang über chirurgische Behandlung bei
Magenenceiterung ; von Dr. Albert Krecke. München
1903. J. F. Lehmann. 8. VIII u. 152 8. (3 Mk.)
113) lieber Ätonie des Magens und ihre Beziehungen
%um Plätschergeräuseh und xur Oastrektasie ; von Dr.
Paul Cohnheim in Berlin. (Berl. klin. Wchnschr.
XL. 14. 1903.)
114) Die Bedeutung der Sekretionsstörungen des
Magens für Diagnose und Therapie; von H. Strauss
in Berlin. (Deutsche Klinik am Eingange d. 20. Jahr-
hunderts. Berlin u. Wien 1 903. Urban k Seh warzenberg.
95. Lief. Bd. V. p. 385.)
IIb) Zur Klinik derÄchylia gastrica und der perni-
ciösen Anämie; von Prof. Max Einhorn. (Arch. f.
Verdauungskrank h. IX. 2. p. 147. 1903.)
116) Ein weiterer Beitrag xur Kenntniss der Histo-
logie der Magenschleimhatä in pathologischen Zuständen
dieses Organs; von Prof. Max Einhorn. (Deutsche
med. Wchnschr. XXIX. 43. 1903.)
117) Klinische und anatomische Beiträge xur Lehre
vom Magensa ftfluss ; von Dr. A. Albu in Berlin. (Berl.
klin. Wchnächr. XL. 41. 1903.)
118) Hyperchlorhydria ; by Roscoe W. Swan.
(Boston med. and surg. Journ. Sept. 17. 1903.)
119) Zur Therapie der Hyperaeidüät des Magens;
von Dr. Leopold Fisch 1. (Prag. med. Wchnschr.
XXVIIL 10-12. 1903.)
120) lieber den Einfluss der Fette auf die Magen-
Verdauung und Über die Behandlung der Hyperaeidüät ;
von Dr. Karl Walk o. (Ztschr. f. Heilkde. XXIV. 5.
p. 142. 1903.)
121) lieber Tetanie gastrischen und intestinalen Ur-
sprungs ; von Prof. W. F 1 e i n e r in Heidelberg. (Münchn.
med. Wchnschr. L. 10. 11. 1903.)
122) Observations cliniques et anatomo-pathologiques
sur la gastrosuccorrhie continue et sur la tetanie gastri-
que; par L. d'Amato. (Revue de Med. XXIU. 8.9;
Aout, Sept. 1903.)
123) On gastric tetany; by R. 0. A. Moynihan.
(Boston med. and surg. Journ. Nov. 5. 1903.)
124) Stomach vertigo; by Charles Sumner
Fischer. (New York med. News July 11. 1903.)
125) I^ /aua;(/a«^r»^; par Louis Revo 1. (Oaz.
des Hop. LXXVI. 91. Aoüt 8. 1903.)
126) lieber Oastroptose, mit besonderer Berücksich-
tigung ihrer Verbreitung in Württemberg; von Prof.
A. D e n n i g in Stuttgart. (Württemb. Corr.-Bl. LXXIII.
18. 1903.)
127) lieber die Beivegliehkeit des Magens und über
die Differentialdiagnose xwischen Oastroptose und Oastr-
ektasie; von J. Bendersky in Kiew. (Wien. med.
Wchnschr. LIH. 13. 1903.)
128) Hunterian lectures on the nature and anatomy
of enteroptosis /byArthurKeith. (Lanoet March 14.
1903.)
129) The etiology of gastroptosis; by Albert P.
Francine. (Prooeed. of the Philad. County med. Soo.
XXIII. 3 ; Nov. 1902.)
130) Oastroptosis : a oritieal and clinical study;
with reference to 100 cases; by Albert P. Francine.
(Philad. med. Journ. Jan. 3. 1903.)
131) The elevatum of the stomaeh in gastroptosis by
the" surgical plication of the gastrohepatic and gastro-
phrenic ligaments ; an original Operation; by Henry
D. Beyea. (Ibid. Febr. 7.)
132) La dispepsia nervosa; per Dott Francesco
6 a 1 d i. Milano 1903. Casa editrice Dr. F. Vallardi. 8.
65 8.
133) SitophobiCf Inanition und deren Behandlung;
von Prof. M. Einhorn. (Ztschr. f. diätet. u. physikal.
Ther. VIL 4. p. 187. 1903.)
134) IMer menschliches Wiederkäuen; von Dr.
Pfeiffer. (Württemb. Corr.-Bl. LXXIIL 24. 1903.)
135) Un altro caso di mericismo ; del L u i g i F e r -
r a n n i n i. (Rif. med. XIX. 45. Nov. 1 1. 1903.)
136) Zwei Fälle von Haargesckwtdst im Magen,
Eine kurze üebersicht von der erwähnten Krankheits-
form und seither veröffentlichten Fällen derselben; von
0. E k e h 0 rn. (Nord. med. ark. Afd. 1. Haft 3. 1902.)
Ueber die Pylarusverengerung bei Neugeborenen
liegt nichts Neues vor, namentlich auch nicht Ober
die Frage, wieweit dabei dauernde anatomische
Veränderungen oder nur Krampfzustftnde in Be-
tracht kommen. Je nachdem die Vff. mehr für die
eine oder für die andere Auffassung sind, rathen
sie zu ruhigem Abwarten oder zu frühzeitigem
chirurgischen Eingreifen.
Oiebt es im Magen und im Darm fibröse, zur
Verengerung führende Indurationen sgphüUiseher
Natur? Gross (104) bejaht diese Frage auf
Qrund zweier eigener Beobachtungen und der Lite-
ratur. Die Verengerung sass bei dem einen Kran-
ken G r.'s am Pylorus selbst, bei dem anderen in
der Pars praepylorica. Ihre histologische Unter-
suchung ergiebt nichts für Lues Beweisendes, nach
den Nebenerscheinungen und dem ganzen Verlaufe
ist aber an der Diagnose kaum zu zweifeln. Thera-
peutisch wird in derartigen Fällen nur in frühen
Stadien mit einer antiluetischen Behandlung etwas
zu erreichen sein. Hat sich die Verengerung
ausgebildet, so kann nur noch eine Operation
helfen.
Für den Fall von Robin (105): Pyloruasienoee
nach Qenuss von Salpetersäure genügt die üeber-
schrift
Konstantinowitsch (106) beschreibt aus-
führlich 2 Fälle von Magenphlegmone, Etwas
Neues, namentlich über die Aetiologie, vermag er
nicht anzugeben. Er hat Kaninchen und Meer-
schweinchen mit Streptokokkenculturen und ge-
stossenem Glas gefüttert. Waren die Kokken
kräftig, so gingen die Thiere zu Grunde, Magen-
phlegmone entstand nicht
In dem Falle von Huguenin (107) schloss
sich die Phlegmone an ein Magengeschwür an.
VI. Innere Medioin.
199
Bei dem Kranken Elieneberger's (108) an das
Einnehmen von insgesammt 3.5 g Jodkaliom.
Pick (109) erörtert die mannigfachen und
innigen Beziehungen xwiaeken Magen und Leber
und geht namentlich auf das Erankheitbild der
,,Biliosit&t*^ ein, das er gelten Iftsst, „sofern man
damit eine Betheiligung der Leber an den patho-
logischen Vorgängen im Allgemeinen, nicht aber
eine Ueberproduktion oder Retention von Qallen-
bestandtheilen im Blute verstehen will'S Eine
durch Infektionen (Tropenkrankheiten), Vergiftun-
gen (Alkohol) oder sonstwie geschwächte Leber
beeinträchtigt die Magen- und Darmarbeit sehr
erheblich, es entstehen übele Zersetzungen, die
wieder durch die kranke Leber ungenügend zer-
stört werden, und so bildet sich ein Zustand heraus,
bei dem mehr oder weniger erhebliche Störungen
von Seiten der verschiedensten Körpertheile auf-
treten können. Angeborene Anlagen spielen dabei
eine grosse Rolle. Therapie: passende Einrichtung
der Lebensweise.
Mathieu und Roux (110) machen darauf
aufmerksam, dass sich bei Magenkranken in Folge
der ungenfigenden Ernährung die Leber meist
erheblich verkleinert. Der Orad der Verkleinerung
kann geradezu als Maassstab f Qr die Unterernährung
angesehen werden, man muss aber bei der Unter-
suchung vorsichtig sein ; die Leber senkt sich bei
Abmagernden oft beträchtlich herab und dadurch
erscheint die Dämpfung zu gross.
Dass auch rein mechanisch der Magen von der
Leber her in Mitleidenschaft gezogen werden kann,
ist bekannt, u. A. geschieht dieses nach Tripier
und Paviot(lll) durch die häufigen, meist von
der Gallenblase ausgehenden, umschriebenen, peri-
tonitischen Veränderungen.
wird, hält C. für ausgeschlossen. Eine richtige
Magenerweiterung ist stets die Folge einer Be-
hinderung der Magenentleerung am Pyloms.
Ueber Magenenpeiterung liegt eine anschaulich
geschriebene Monographie von Grämer (112) vor.
Zum Bilde der Magenerweiterung gehört seiner
Auffassung nach „Vergrösserung des Organes mit
oder ohne Hinderniss am Magenausgang und moto-
rische Insufficienz^^ Diese letztere ist bei der ein-
fachen atonischen Erweiterung, bei der die ererbte
Anlage sicherlich von besonderer Bedeutung ist,
das Primära Die Ursache bei der Magenerweite-
rung in Folge einer Stenose entwickelt sich erst
nach und nach. Sehr eingehend beschreibt Cr.
die Behandlung und zur Behandlung gehört auch
der werthvoUe Anhang von Er ecke über Ope-
rationen bei der Magenerweiterung.
Nach Cohnheim (113) ist für das, was ge-
meinhin als Atonie des Magens bezeichnet wird,
„d. h. für die motorische Insufficienz geringeren
Orades^S t^^^ ^^^^ Erscheinung maassgebend, das
zu lange Verweilen der Probemahlzeit im Magen.
Alles Andere ist zweifelhaft, mit dem beliebten
Plätschergeräusche ist zunächst noch gar nichts
anzufangen. Dass aus der Atonie eine Ektasie
Strauss(114) schildert die Sekretionstörungen
des Magens. Die Hypochlorhydrie und Achlor-
hydrie beschreibt er als Symptom verschiedener
Zustände. Für Krebs spricht ganz besonders das
Vorhandensein von Blut und Eiter im Magen-
inhalte. Blut und Gewebebröckel kommen auch
bei „hämorrhagischen Erosionen" vor, die Str.
übrigens nicht als selbständige Krankheit ansieht
„Eine erhöhte Vulnerabilität habe ich besonders
häufig gerade bei solchen Fällen von Apepsia
gastrica beobachtet, welche ich als Folge einer
chronischen Nephritis oder als Begleiterscheinung
einer chronischen Alkoholintoxikation auftreten
sah." Recht schwierig ist oft die Unterscheidung
von Magenkrebs und perniciöser Anämie (die ja
beide oft mit Apepsie einhergehen), namentlich dann,
wenn der Krebs an der kleinen Gurvatur sitzt,
Magenausgang und Mageneingang frei bleiben und
die Ernährung sich lange gut hält Bei der über-
mässigen Saftabscheidung unterscheidet Str. streng
zwischen Hyperacidität, bei der nur auf den Reiz
von Speisen hin zu viel Magensaft abgesondert
wird, und Hypersekretion, beständiger übermässiger
Saftabscheidung. Hyperacidität kann durch che-
mische, thermische, mechanische Reize (zu ge-
würzte Speisen, sauren Wein u.s.w.) hervorgerufen
werden; Reize, die wahrscheinlich zu beträcht-
lichen anatomischen Veränderungen der Magen-
schleimhaut führen : Gastritis acida. Die Hyper-
sekretion entsteht durch einen „dauernden Reiz-
zustand des secernirenden Parenchyms^S ^^^ ^^
vielen Fällen, aber nicht in allen, durch stagni-
rende Speisemassen hervorgerufen ist — Recht
eingehend bespricht Str. die Behandlung.
Einhorn (115) erörtert das Verhältniss
zwischen Achylia gastrica und perniciöser An-
ämie. Dass die Anämie Folge einer Verödung
der Magenschleimhaut sei, hält er für ausgeschlos-
sen. Vielleicht haben beide Krankheiten, wenn
sie zusammen vorkommen, eine gemeinsame Ur-
sache, vielleicht tritt zur pemiciösen Anämie im
letzten Stadium die Achylie hinzu.
In seiner 2. Arbeit bespricht Einhorn (116)
die Ergebnisse der Untersuchung ausgespülter
Schleimhautstückchen und kommt dabei zu dem
Schlüsse: „Die sekretorischen Funktionstörungen
des Magens basiren nicht auf primären Verände-
rungen der Magenmucosa ; sie erzeugen vielmehr,
falls sie längere Zeit anhalten, nachträglich ana-
tomische, mehr oder weniger hochgradige Läsionen
derselben." Daher soll man therapeutisch auch
in erster Linie den Allgemeinzustand in Angriff
nehmen, erst in zweiter Linie den Magen.
Albu (117) stimmt mit Strauss insofern
nicht überein, als er die Hypersekretion immer nur
als Folge einer Bewegungstörung des Magens an-
200
VI. Innere Medicin.
sieht Der Magensaftfluss ist keine selbständige
Krankheit, „sondern lediglich eine sekundäre Com-
plikation verschiedener mit motorischer Insufficienz
der Magenwand verbundener Krankheiten*^ Ana-
tomisch findet man die Zeichen einer parenchyma-
tösen hyperplastischen Gastritis. Etwas Besonderes
sind die Fälle von intermittirender Hypersekretion,
„Sekretionsneurosen, nicht durch eine Erkrankung
der Magenschleimhaut bedingt, sondern primär, idio-
pathisch, vom Gentralnervensysteme ausgehend".
Bei der Behandlung der übermässigen Saft-
abscheidung wird mehr und mehr das Feit empfoh-
len. Fisch 1 (119) hat sehr gute Erfahrungen
mit der regelmässigen Darreichung von Oel ge-
macht, ist aber dann mit bestem Erfolge zu einem
viel angenehmeren Mittel übergegangen : der Pegnin-
miloh, Milch, die mit dem Pegnin D ungern 's,
einem Labpräparate, behandelt ist
Walko (120) bestätigt theoretisch und prak-
tisch die günstige Wirkung des Fettes. Man kann
Olivenöl geben, sehr gut und angenehm wirkt
Knochenmark. Mit Medikamenten ist nicht viel
zu erreichen. Atropin wirkt nur vorübergehend,
Natrium bicarbonicum nützt gar nichts, Carlsbader
Salz hilft in leichten Fällen, bei ausgesprochener
motorischer Schwäche des Magens kann es sehr
schaden.
Eine nicht so gar seltene, prognostisch sehr
ungünstige Erscheinung bei dem Magensaftfluss,
bez. bei der schweren Magenerweiterung mit Hyper-
Sekretion ist die Tetanie. Fleiner(121) schildert
unter Anführung eigener Beobachtungen ihr Vor-
kommen und Auftreten , Beginn mit Parästhesien
in den äussersten Enden der Oliedmaassen und im
Gesichte, dann Krämpfe, häufig tonisch, sym-
metrisch auf die Muskeln der Gliedmaassen be-
schränkt, seltener auch auf den Rumpf übergehend,
zuweilen mit Bewusstseinstörung, in einzelnen
Fällen als vollständiger Starrkrampf. Zuweilen
ergreift der Krampf nur eine Seite, nur ein Glied,
er kann bei vorhandener Neigung zur Tetanie durch
willkürliche Bewegungen ausgelöst werden. Be-
züglich der Entstehung der Tetanie neigt Fl. ent-
schieden am meisten der Annahme Kussmaul 's
zu, dass die Eindickung des Blutes die Hauptsache
dabei sei. Er führt zum Beleg auch einen Fall
von Tetanie bei massenhaften Durchfällen mit ge-
waltiger Darmsaftabscheidung an. Wenn der Arzt
gut aufpasst, braucht es in vielen Fällen nicht zur
Tetanie zu kommen. „Die Abnahme des Körper-
gewichtes und der täglichen Urinmengen bei ein-
wandfreier Diät und körperlicher Ruhe sind un-
trügliche Kriterien für jenen Zustand, welcher die
(Gastroenterostomie indicirt**
d'Amato (122) berichtet über 2 hierher-
gehörige Fälle, mit denen nicht allzuviel anzufangen
ist Er denkt bei der Entstehung der Tetanie be-
sonders an anatomische Veränderungen im Gentral-
nervensystem.
Die Arbeiten über Qastroptose enthalten nichts
Neues.
Galdi (132) giebt eine eingehende Beschrei-
bung der nervösen Dyspepsie mit besonderer Be-
rücksichtigung der deutschen Literatur.
Einhorn (133) bespricht kurz jene Fälle, in
denen die Kranken sich das Essen abgewöhnen,
weil sie Schmerzen, Unbehagen oder etwas Aehn-
liches danach haben. Derartige Kranke magern
oft beträchtlich ab, bei verständigem Vorgehen
bringt man sie aber meist schnell wieder in die
Höhe.
Pfeiffer (134) und Ferrannini (135) be-
richten über Wiederkäuer.
Ekehorn(136) endlich stellt aus der Lite-
ratur 24 Fälle von Haargesehundst im Magen zu-
sammen und fügt 2 eigene Beobachtungen an.
Das Leiden ist, falls die Geschwulst nicht entfernt
wird, tödtlich, die Aussichten für die Operation
sind nach den bisherigen Erfahrungen sehr g;ünstig.
Behandlung.
137) Therapie der Magenkrankheiten; von Dr. Max
Kahaue in Wien. Wien u. Leipzig 1904. Alfr. Holder.
Kl. 8. Vmu. 206S. (2Mk. 80Pf.)
138) Der Magenkranke auf der Reise und in der
Sommerfrische; von Max Fischer. (Die Krankes-
pflege IL 2. 1903.)
139) Uart de manger d*aprhs les physiotogistes
modernes; par 0. Hahn. (Revue des qnest Sc. UI. 3.
p. 560. Avril 20. 1903.)
140) Der Speichel als Heilfaktor ; von Dr. J. Berg*
mann. (Ther. d. Gegenw. N. F. V. 5. 1903.)
141) Ueber die therapeutische Verwendung natür*
liehen Magensaftes (Dyspepiine) bei Magenkranken; von
Dr. Ludwig Carl Mayer. (£benda 12.)
142) Ueber den Einfluss des KochscUxea <mf die
Magenverdauung; von Dr. M. Bönniger. (Münchn.
med. Wchnschr. LI. 2. 1904.)
143) Zur Kenntniss der Wirkung des Morphiums auf
die Absonderung des Magensaftes; von Dr. E. Holsti
(Ztschr. f. klin. Med. XLIX. 1—4. p. 1. 1903.)
144) Ueber den Einfluss der Somatose auf die
Magenmotiliua ; von Dr. Heinrich Singer. (Therap.
Monatsh. XVI. 10. 1902.)
145) Experimentelle Untersuchungen über den Ein-
fluss der Hydrotherapie auf die Motilität des Magen»;
von DDr. L. C. Burgen zio, V. Maragliano n.
0. Roasenda. (Bl. f. klin. Hydrother. XUI. 9. 1903.
146) Electrictty in the treatment of diseases oftht
stomach ; by £. G. M a r s h a 1 1. (New York med. News
Aug. 8. 1903.)
147) Die Indikationen zum chirurgisehenEingreife»
bei den Verletxungen und Erkrankungen des Magens.
die Prognose und Erfolge der chirurgischen Behandlung ,
von Dr. Ludwig Burkhardt (Würzb. AbhandL a
d. Gesammtgeb. d. prakt. Med. III. 10; Joii 1903. Wäim^
bürg 1903. A. 8tuber*s Verlag.)
Das kleine Buch von Kahane (137) ist si
empfehlen. Es bespricht in einem allgemeinei
Theile Alles, was man bei der Behandlung von
Magenkranken wissen muss, und geht dann in
Besonderen die wichtigsten Magenkrankheiten kur
durch. Die Verhältnisse der täglichen Praxis aiiu
besonders berücksichtigt
Fischer (138) spricht sich dafOr aus, e
m(k>hten in den geeigneten Hotels der Sommm
VI. Innere Medloin.
201
friat^ besondere Tische geschaffen werden, an
denen Leute mit schwachem, bez. krankem Magen
eine leicht verdauliche, gut zubereitete Kost mit
der nOthigen Abwechselung bekommen , Ahnlich,
wie es das in Rigi-Scheidegg bereits giebt
Hahn (139) bespricht die Kunst , xu essen
nach den neuesten physiologischen Ehrgebnissen,
namentlich nach den Untersuchungen Pawlow's.
Grossen Werth legt er mit Recht auf die Psyche.
Man soll sich mit der nOthigen Seelenruhe und
Behaglichkeit zu Tisch setzen. Am meisten schadet
man seinem Magen und seinem Appetite, wenn
man sich gar zu viel mit ihm beschäftigt.
Bergmann (140) empfiehlt das Verschlucken
Ton viel Speichel (angeregt durch die Erewel'-
achen Kauprftparate), namentlich bei Obermäsaiger
Säoiebildung im Magen.
Ueberall da, wo der Magen zu wenig Saft ab-
scheidet oder wo, wie bei Schwindsüchtigen,
Bleichsüchtigen u. s. w., der Appetit ganz besonders
damiederliegt, ist von Hepp Schweinemagensaft:
Dyspeptine empfohlen worden und Mayer (141)
theiit mit, dass sich diese Empfehlung nach Ver-
suchen im städtischen Erankenhause zu Frank-
fort a. H. gut bewährt hat. Man giebt das Mittel,
das aich leicht nehmen läset, während und nach
jeder Mahlzeit oder auch nur einmal zu 15 com
imd der Erfolg ist meist günstig.
Von dem Kochsalze nahm man früher an, dass
es die Abscheidung von Magensaft anregt, dann
zeigte sich, dass es gerade das (}egentheil thut.
Bönniger (142) hat Versuche an einem Hunde
mit Pawlow'scher Fistel angestellt und hat ge-
fimden, dass die Herabsetzung der Saftabscheidung
diudi Kodisalz eine sehr beträchtliche ist, be-
tiiditlicher als durch Zucker. B. meint, dass
dabei Nerveneinflfisse auf reflektorischem Wege
einwirkten.
Holst i (143) hat die Einwirkung von ifor-
piium anf den Magen studirt und hat gefunden,
dasa einmalige grosse Dosen sehr verschieden wir-
ken, oft, aber nicht immer, die Saftabscheidung
Btägenu Oefter gegebene kleine Mengen scheinen
die Addität herabzusetzen, vor Allem aber die
Motili^t des Magens zu beeinträchtigen.
Gesteigert soll die Motilität werden nach Sin-
ger (144) durch Somatose und nach Burgonzio,
Varagliano und Boa senda(145) durch „hori-
zontale wechselwarme Duschen^* auf den Bauch,
^ zwar desto mehr, je grösser der Temperatur-
onterschied zwischen dem kalten und dem warmen
^aaaer und je stärker der Wasserdruck ist.
Als Letztes sei die Abhandlung von Burk-
kardt (147) erwähnt, die in angenehmer Form
das Wichtigste von der Magenchuvrgie bespricht
(Schloss folgt)
205. GhloroBe et phlegmatia ; par le Prof.
Debove. (Qaz. des Höp. LXXVI. 73. 1903.)
D. berichtet über einen Fall von chlorotischer
Anämie mit Phlebitis und anschliessender Phleg-
Med. Jahibb. Bd. 281. Hft 2.
masia alba dolens, der in kurzer Zeit in Folge von
Lungenembolie tödtlich verlief. Die Phlegmasia
alba dolens ist eine oft im Wochenbette beobachtete
Erscheinung von Staphylokokken-Infektion. Der
Zusammenhang zwischen Phlegmasia und Embolie
ist einleuchtend, weniger der zwischen Chlorose
und Phlegmasia. D. glaubt, die Chlorose begünstige
die Staphylokokken-Infektion.
N e u m a n n (Leipzig).
206. Ein Fall lenkämieartiger Erkrankung
mit schwerer megaloblaatiaoher Anämie und
eigenthümliohem Exanthem; von Dr. Eduard
Hitschmann und Dr. Heinrich Lehndorf f.
(Ztschr. f. Heilkde. XXIV. 5. p. 190. 1003.)
H. und L. berichten über einen Fall, der eine
34jähr. Pat betraf und in dem anfangs die Dia-
gnose Purpura gestellt wurde.
Bei einer sehr blassen, aber leidlich gut genährten
Person fanden sich bis linsengrosse Hämorrhagieo, be-
sonders an den Beinen, weniger an den Armen, im Oe-
sioht am Thorax und Abdomen. Vorn am Thorax und
theilweise am Abdomen zeigte sich ein eigenthümliches
Exanthem von blassrothen bis hellbramien, linsengrossen
Fleoken^ die zwischen die Hämorrhagien eingestreut waren
und auf Fingerdraok nicht völlig erblassten. Bald zeig-
ten sich aber Verschlimmerung des Allgemeinbefindens,
Fieber, starker Eräfteverfall and Oedem des Oesiohtes.
Die Zunahme der Diathesenerscheinungen und ein cha-
rakteristisoherBlntbefund wiesen mit Sicherheit auf akute
Leukämie oder eine dieser verwandte Krankheit hin.
Das Exanthem, das gegen das Lebensende zu
deutlicher hämorrhagisch wurde und dem syphi-
litischen nicht unähnlich war, ist als ein der akuten
Leulcämie angehOriges anzusehen und schon ein-
mal von Spiegier beobachtet und beschrieben.
Interessant sind die Ergebnisse der Blutunter-
suchungen : In 3 Wochen sank die Zahl der rothen
Blutkörperchen von 2100000 auf 724000. Das
Verhältniss der rothen zu den weissen Blutkürper-
chen änderte sich von 200:1 auf 20:1, agonal
sogar auf 5:1. Dabei war die Zahl der weissen
Blutkörperchen nur auf 35000 vermehrt Bei den
weissen Blutkörperchen zeigte sich von Anfang
an eine Vermehrung der mononucleären Elemente
und es traten sehr grosse basophile, ungranulirte
Zellen auf, die man sonst nur im Knochenmarke
beobachtet Bei den rothen Blutkörperchen fiel
die enorme Anzahl von kernhaltigen auf, besonders
aber die bedeutende Zahl von Megaloblasten. Die
Sektion schloss Chlorom und Lymphosarkomatose
aus. Es konnte sich demnach nur um das lymph-
ämische Endstadium einer progressiven perniciösen
Anämie handeln. Die widersprechenden Angaben
in der Literatur über Blutbefunde bei beiden Er-
krankungen lassen eine sichere Diagnose nicht
stellen. In dem vorliegenden Falle war das gleich-
zeitige Vorkommen von zahlreichen kernhaltigen
in specie Megaloblasten und grossen Lymphocyten
zu erklären. Ebenso wie man das Auftreten von
Megaloblasten im Blute als Rückschlag in den
embryonalen Typus der Blutbildung auffasst, kann
man annehmen, dass das Vorkommen der grossen
26
202
yn. OeburtBhfllfe, Frauen- und Einderheilkunde.
Lymphooyten (d. h. grosser einkerniger, granulirter
Zellen) ein Stehenbleiben der Zellenbildong auf
einer früheren Entwickelungstufe bedeutet Bs
ergiebt sich dann leicht die Annahme, dass es ein
und dasselbe schädliche, bisher unbekannte Agens
ist, das die zellenbildende Funktion der Blut-
bildungsorgane derart hemmt, dass von beiden
Typen unreife Formen (Megaloblasten und soge-
nannte grosse Lymphocyten) gebildet und in das
Blut geschwemmt werden.
Neu mann (Leipzig).
207. Zur Kenntnias der sogenannten Banti'-
Bohen Krankheit and der Anaemia aplenioa ;
von F. Harchand. (Münchn. med. Wchnschr.
L. 11. 1903.)
Banti hat 1894 eine neue Krankheitform
aufgestellt, die durch starke MilzvergrOsserung,
Anämie, Ascites und Lebercirrhose charakterisirt
ist Das Wesentliche dieser Krankheit, die er als
„Splenomegalie mit Lebercirrhose^^ bezeichnet, ist
die Erkrankung der Milz. Es werden dabei drei
Stadien unterschieden: 1) das anämische, mit
starker Milzvergrösserung einhergehend; 2) ein
Uebergangstadium ; 3) das ascitischa Die Anämie
betrachtet B. als direkte Folge der Milzvergrösse-
mng.
Mit der Banti'schen Krankheit sind 2 andere
Erkrankungen in Beziehung gesetzt worden: 1) die
sogen. Anaemia splenica, d. h. eine progressive
Anämie mit starker MilzvergrOsserung und 2) die
sogen. Pseudoleucaemia lienalis. Sehr auffallend
ist es, dass bei der Banti'schen Krankheit neben
anderen Blutungen oft Bluterbrechen als Todes-
ursache angegeben wird. Die Anämie hat in
solchen Fällen neben der allgemeinen noch eine
lokale Ursache.
M. berichtet von einem Falle von typischer Banti*-
scher Krankheit, der bei einem 16 Jahre lüten Menschen
beobachtet wurde und ebenfalls anter Bluterbrechen mit
dem Tode endete. Die Blatontersachung hatte rothe
Blntkörperchen 888000, weisse 39900, Hämoglobin 10*/,
ergeben. Das Blutpräparat zeigte sehr zahlreiche ken-
hiutige rothe Blutkörperchen, häufig mit mehrüMäiea
Kernen, hauptsächlich mnltinukleäre, neatrophile iMko-
cyten, ziemlich zahlreiche einkernige Zellen, deutÜcke
Poikiiocytose. Milztnmor und cirrhotische Verinderon-
gen der Leber liessen sich auf 3 Jahre vorher znrucfc-
datiren. Bei einer damals wegen Verdachtes anf taber-
knlöse Peritonitis vorgenommenen Laparotomie vir
Ascites entleert worden und seitdem verschwanden. £i
ist aber entgegen Banti anzunehmen, dass hier eot-
weder die iS'krankang der Leber and der Milz vonm-
gegangen war oder dass beide gleichzeitig entstaaden
waren.
Ein weiterer zur Beobachtung gelangter Fall ztigte
eine Anaemia splenica, die mit schwerer Anämie und
enormer VergrÖsserung der Milz verbanden war. Gleieh-
zeitig bestand Tuberculosis pulmonum. Die üntersachaog
zeigte, dass in Milz und Leber Blutolemento in groMer
Menge zu Grande gegangen waren, und zwar in entor
Linie Leakocyten. Hier die Milz als primär erkranktei
Organ anzasehen, ist bedenklich; man könnte die Ver-
gr&serung der Milz eher als Folge der schweren Alten*
tion des Blutes ansprechen. Oder sollte man den fllll
als 1. Stadium der ämti'schen Krankheit betrachten?
M. nimmt an, dass die fibrös indurirte v«^
grösserte Milz der sogen. Banti'schen Krankheit
eine Folgeerscheinung einer primären Lebererkraa-
kung sei, hält es aber für unwahrscheinlich, daai
eine Splenomegalie, die als Ausdruck einer achw^
ren Bluterkrankung zu betrachten ist, sekundär
im Sinne Banti 's zu einer cirrhotisohen Leber»
Veränderung führt. N e u m a n n (Leipzig).
208. Tödtliohe Anämie daroh Botriooepha-
loa latna; von Prof. W. Zinn. (Deutsche med.
Wchnschr. XXIX. 15. 1903.)
Der beschriebene Fall von pemiciOeer Anämie,
hervorgerufen durch Botriocephalus latus, mahnt
von Neuem, bei jeder schweren Anämie nach Darm-
parasiten zu fahnden, da bei möglichst schneller
Entfernung der gefährlichen Oäste und somit der
Ursache der pemiciOsen Anämie Heilung au er-
warten steht N e u m a n n (Leipaig).
VII. Geburtshaife, Frauen- und Kinderheilkunde.
209. lieber die Btagennaht der Baaoh-
wnnde bei gyn&kologiacheii Laparotomien und
ihre Ergebnisse; von Richard Werth in Kiel.
(Beitr. z. Qeburtsh. u. Gynäkol. Yll. 2. p. 159. 1903.)
W. tritt für die Etagennaht ein, die er bei
1338 Laparotomien in Anwendung gebracht hat
Von den Kranken konnten 393 — 29.3<»/o auf den
Zustand ihrer Bauchnarbe untersucht werdeo.
Bis zum Jahre 1888 übte W. den üblichen
Medianschnitt in der Linea alba und nähte die
Bauch wunde in 2 Etagen: Bauchfellfascie, Haut
und Subcutis mit Catgut Später wurde die Naht
in 3 oder auch 4 Etagen angelegt. Mit dem
Jahre 1889 führte W. den Lateralschnitt durch
den Bectus aus, woraus sich die regelmässige Ver-
wendung einer grosseren Zahl von Nahtreihen er-
gab : Peritonaeum und hintere Muskelscheide, bes.
Fascia transversalis, Muskelnaht, vordere Muakel-
scheide, Subcutis und Haut Bauchfell, Torderc
Muskelscheide und Haut wurden in der Regel mit
fortlaufender Naht, dagegen Muskel- und Unter
hautfettschicht, wo letztere eine eigene Nahtreihi
erhielt, mit Gatgutknopfnähten in grosseren Ab
ständen vereinigt Die tiefereu Entspannunganähli
aus nicht resorbirbarem Materiale wurden bei
behalten. W. sucht stets mit einem möglichst kleinoi
Bauchschnitte auszukommen. Unter 328 Failei
war bei s/| die Schnittlänge nur 8 — 12om gro«
Unter den oben erwähnten 393 Fällen kam ni
13mal (— 3.3%) Hernienbildung vor. Dabei hsd
unter den 9 Fällen von eigentlichem Narbenbrnoi
in 5 Fällen die Wunde in verschieden grossem üa
fange und Orade geeitert i
Arth. Hoffmann (Darmstadt),
VII. Geburtshfllfe, Frauen- und Einderheilkunde.
203
210. Zur Frage der Drainage bei Laparo-
tomien; von H. Fehling. (Beitr. z. Qeburtah.
u. Gynfikol. VII. 2. p. 238. 1903.)
y. bevorzugt die Drainage der Bauchwunde
nach V. Mikulicz vor der vaginalen Drainage. Bei
327 Laparotomien wurde von ihm 36mal drainirt,
davon 32mal nach vom und nur 4mal nach der
Schttda
Vfthrend F. in Halle a. d. S. auf 25 Operationen
eiteriger Adnexe von der Scheide aus 8% Todes-
fälle hatte, stehen dieser Zahl jetzt aus deh letzten
0 2 Jahren 55 Operationen eiteriger Adnexe mit Ver-
unreinigting der Bauchhöhle mit 1 Todesfall gegen-
über » 1.8^/o. Von diesen letzten 55 Operationen
wordein 28 F&Uen nach v. Mikulicz drainirt Am
meisten flberrascht war F. vom Erfolge der Drai-
nage bei allgemeiner Peritonitis. F. fQrohtet, ohne
Drainage den Erfolg mancher Operation zu sehr
dem Zufalle zu überlassen ; „operirt man dagegen
mit dem Sicherheitsventil der Drainage, so hat man
beinahe die absolute Sicherheit des Enderfolgs der
Beünng: 2«/« Todesfälle gegen 20<»/o, und man
entspricht dann vOllig den klassischen Anforde-
nngen an das Heilen : Tuto, jucunde, wenn auch
nicht cito^^
F.'s Indikationen fflr die Drainage sind fol-
jnde: 1) Ist bei der Laparotomie Eiter oder
itndie in grösserer Menge in das Operationgebiet
g^gt, 80 muss abdominell drainirt werden, wenn
uf ausgedehnte Strecken ein gesundes Bauchfell
fehlt, oder wenn grössere Bindegeweberftume er-
öffnet worden sind. 2) Wenn grössere Stflcke einer
eiterigen oder nekrotischen Sackwandung zurück-
gelassen werden mussten, die man nicht von der
iieien Bauchhöhle abschliessen kann. 3) Bei anders
nicht zn stillenden parenchymatösen FlAchenblu-
tongen oder venösen Blutungen aus der Tiefe des
Ueioen Beckens. 4) Bei Verletzungen oder zuvor
(>€stehenden Fisteln des Dickdarmes und der Blase.
Arth. Ho ff mann (Darmstadt).
211. üeber dieTampondrainage der Becken-
htofliihdhle bei Laparotomien ; von A. D ö d e r -
leifi. (Beitr. z. Oeburtsh. u. Qyn&kol. VII. 2.
p. 222. 1903.)
inch D. h< für das Wichtigste bei Bauch-
höUenoperationen : rasches und sicheres Operiren,
Vermeidung von Neben Verletzungen , möglichste
Bluterspamiss während der Operation und völlige
Blutstillung am Schlüsse der Operation. Ist es
nnmOglich, das nach Entfernung von Geschwülsten
verbleibende Wundbett so zu versorgen, dass
bioorlei Wundsekretion nachträglich stattfindet,
>o wendet D. die Tampondrainage an. Mit dieser
verfolgt er zweierlei Zwecke: 1) Aufhebung oder
vcnigstens Verminderung der Wundsekretion und
Hachblutung durch Tamponade und 2) Aufsaugung
vid Ableitung der Wundsekrete. Als das ge-
eignetste Verfahren hierzu hat sich die Tampon-
dninage des Wundbetts mit sterilisirter Jodoform-
gaze erwiesen, die durch das hintere Scheiden-
gewölbe hinaus geleitet wird. Nur in seltenen
Fällen, in denen höher oben gelegene Partien
trocken gelegt und drainirt werden mussten,
wandte D. das Verfahren von v. Mikulicz an.
Wenn möglich, wurde die tamponirte Wundhöhle
nach oben durch eine Peritonäalnaht abgeschlossen
und schon am 2. Tage ein Theil der Jodoformgaze
durch die Scheide entfernt
Von 754 Laparotomien wurde im Ganzen bei
161 «- 21.3^/o drainirt, davon bei 140 nach der
Scheide und bei 12 nach derMethodevonv. Miku-
licz. Von den 503 nicht Drainirten starben
24 — 4*/o; bei Abzug von 10 Todten, die ihrer
Krankheit und nicht der Operation erlegen sind,
ergiebt sich eine Operationmortalität von 2.3%
für die nicht Drainirten. Von den 140 per vaginam
Drainirten starben 10 <« 12.7*/o, nach Abzug von
6 wegen maligner Ovarialtumoren operirten Frauen
ergiebt sich eine Operationmortalität von 8.7%.
Von den 12 nach v. Mikulicz Drainirten starb
eine. D. betont, dass dieses Verhältniss von 2.3%
zu 8.7®/o natürlich nicht ohne Weiteres zu Un-
gunsten der Drainirten verwerthet werden kann, da
ja selbstverständlich die Drainirten ausschliesslich
schwere und gefährliche Operationen zu bestehen
hatten.
D. betrachtet nun die einzelnen, die Veran-
lassung zur Laparotomie gebenden Krankheiten ge-
sondert, und zwar Ovarialkystome, Tubarabort mit
Hämatooele, Pyosalpinx und Pyoovarium, Hydro-
salpinx, chronische Adnexerkrankung mit adhäsiver
Pelveoperitonitis , Peritonäaltuberkulose, Hydro-
nephrose, abgesackte eiterige Peritonitis, abdominell
operirte Dterusmyome, Carcinome und Sarkome.
Der Erfolg der Drainage war ein ganz verschie-
dener, je nachdem es sich um eiterige und noch
infektiöse Erkrankungen handelte, oder aber ob
die zu Grunde liegende Krankheit nicht oder nicht
mehr infektiös war. Besonders bemerkenswerth
war, dass bei den mit Drainage behandelten Tubar-
aborten mit Hämatooele kein einziger Todesfall
und auch sonst kein übles Ereigniss eingetreten
war. Ebenso ergaben die nUle von chronischer
Pelveoperitonitis mit zahlreichen Verwachsungen
ohne eiterige Herde und die intraligamentären
Myome durchaus befriedigende Resultate. Andere
Erfahrungen machte D. dagegen bei eiterigen Pro-
cessen mit der Drainage; D. nimmt dabei an, dass
die tödtlich endenden Illle hier troix der Drainage,
nicht aber in Folge dieser einen ungünstigen Ver-
lauf genommen haben.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
212. Zur Behandlung der Hämatooelen ; von
P. Zweifel. (Münchn. med. Wchnsdir. L. 34.
1003.)
Zw. stellt den Satz auf: „Wenn bei einer
schwangeren Frau ein Anfall von peritonitischen
Erscheinungen eintritt, d. h. grosse Schmerzen im
L
204
VIL Qeburt8h01f e, Frauen- und Einderheilkunde.
Unterleibe, Ohnmacht, Verfall, Erbrechen und
Eleinerwerden des Pulses, so ist bei Fieberlosigkeit
immer zuerst an eine Usur der schwangeren Tube
zu denken und bei der grossen Qefahr des Gehen-
lassens und der sehr guten Aussicht des frühen
Operirens unbedingt die sofortige Operation noth-
wendig*^ Die Operation besteht in dem raschen
Aufsuchen der blutcDden Tube und deren Ab-
klemmen, damit die Blutung steht, dann erst be-
ginnt Z w. mit der Narkose und gleichzeitig mit
einer subcutanen Eochsalzinfusion unter die Haut
Erst wenn die Eranken unempfindlich geworden
sind, bindet Z w. die Tube ab und entfernt alles
Blut bis auf den letzten Tropfen aus der Bauch-
höhle. Das von anderer Seite geübte Zurücklassen
von Blut in der Bauchhöhle verwirft Zw. ent-
schieden, da dieses Blut einen gefährlichen Nähr-
boden für Fäulnisskeime abgiebt, bez. abgeben kann.
Die abgekapseUen Hämatocelen sind zunächst
abwartend zu behandeln. Nur bei Verjauchung
des Blutes, bei anhaltenden Schmerzen und be-
sonderer Qrösse der Blutgeschwulst ist ein ope-
ratives Vorgehen angezeigt. Als Eingriff kommt
hier nach Zw. in erster Linie die Colpotomia poste-
rior in Frage, d. h. schichtweise Eröffnung des hin-
teren ScheidengewOlbes und des Douglas'schen
Raumes, Ausräumen des Blutes und Trockenlegen
der Höhle mit Jodoformgaze. Die Zusammen-
stellung der Hämatocelen der Leipziger Elinik von
V. Scanzoni (Arch. f. QynäkoL LXV. p. 558.
1902) mit ihrem unerwartet günstigen Ergebnisse
der exspektativen Behandlung hat Z w. veranlasst,
diese so oft als nur irgend möglich einzuhalten,
weil es immer, wenn man die Ausräumung des
Douglas'schen Raumes beginnt, von Zufälligkeiten
abhängt, ob man sich darauf beschränken kann
oder nicht.
Z w. weist zuletzt darauf hin, dass unter den
neuen, seit 1900 vorgekommenen 94 Fällen 9mal
Rupturen verzeichnet sind, also rund in 9^/oi gegen
ö^'/o in früheren Jahren. Z w. erblickt darin einen
Fortschritt, indem die Aerzte die Extrauterin-
gravidität häufiger rasch erkennen und die Eranken
so früh in klinische Behandlung geben, dass sie
noch operirt werden können.
Art h. Hoffmann (Darmstadt).
213. Verletaongen der Oebännutter; von
Dr. Oster loh. (Münchn. med. Wchnschr. L. 21.
1903.)
0. theilt 5 eigene Beobachtungen mit.
1) 28jähr. Fraa, vor 2 Jahren vaginale Operation
wegen Oebärmatterkoickang. Schwere Entbindang durch
Wendung and Extraktion. Tod 7 Wochen nach der Ent-
bindang. Sektionbefand : Eiterige Pelveoperitonitis.
Ulceröse Endokarditis der Mitralis. Embolische Abscesse
der Milz and Nieren. Langeninfarkt. Pleuritis dextra.
Querverlaufender Riss der hinteren üteruswand von
IViom Länge.
In Fall 2 und 3 war die todtlich endende Uterus-
Perforation bei crimineller Einleitung des Aborts mit dem
zinnernen Ansatzrohre einer Kinderklystierspritze ver-
ursacht worden. In allen 0. bekannt gewordenen Fällen
von crimineller Frachtabtreibang hatten die Abtreibe-
rinnen diese Methode der Einspritzung von Wasser oder
Seifenwasser zwischen Eihäute und Gebärmutter ange-
wandt
Fall 4 und 5. üterusperforation durch die Curettebei
Abortaasräumung, hierdurch verursacht Tod an Sepsis.
Obwohl die beiden letzten F&lle zeigen, dass
die Curette ein gefahrbringendes Instrument sein
kann, will 0. die Curette in der Abortbehandlusg
nicht entbehren ; allerdings benutzt er nur in gant
seltenen VÜlen die scharfe Curette, in der grossen
Mehrzahl dagegen die stumpfe. Bei jeder Aus-
schabung ist natürlich dieselbe Vorsicht anzuwen-
den wie bei jeder anderen grösseren Operation.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
214. Uober einen Fall von angewaohaen«
Flaoenta und Uterusraptur nach Credö*Bohem
Handgriff; von B. Schwendener. (Mon.-Scbr.
f. Qeburtsh. u. GynÄkol. XVIII. 3. p, 371. 1903.)
Bei dem Versuche, etwas mehr als 1 Stunde nach
der 11. spontanen Entbindung einer 32jähr. Elftgebärendeo
die Placenta durch den C r e d e 'sehen Handgriff zu ex-
primiren, entstand eine üternsruptur. Die Placenta wurde
nun manuell in einzelnen Fetzen gelöst, wobei eine innige
Verwachsung mit der Uteruswand gefunden wurde. Eine
Rissstelle wurde nicht gefühlt Die coUabirte Fraa starb
am folgenden Morgen. Sektion : üeber dem linken Tuben-
ansatze eine 5-pfennig8tückgro8se zerfetzte Rissöffnang
des Uterus. Muskulatur beinahe im ganzen Fundus sehr
dünn, besonders an der Rupturstelle, wo die Wanddicke
weniger als 2 mm betrug. Die Placenta war namentlich
im Fundus verwachsen gewesen. Placentareste sassen
noch fest auf. Mikroskopisch : Ganz geringe Deciduareste.
Statt dieser verschieden dicke Bindegewebelagen. Ad
der Rupturstelle tiefes, destruirendes Hineinwuchern der
Deoiduabalken in die äusserst verdünnte Muskolatui,
geradezu mit Metastasirung.
Die Schädigung des Uterusmuskels durch eine
lange Reihe rasch nach einander verlaufender Oe*
burten, die ungünstige ungewöhnliche Insertion
der Placenta im ohnehin dünneren Fundus und be-
sonders in der Tubenecke mit der physiologisch
sehr dünnen Wandung, die Durchsetzung dieaei
dünnen Muskelschicht durch Deciduamassen er-
klären zusammen leicht die Entstehung einer com^
pleten Uterusruptur durch einen sonst so harm-
losen Eingriff, wie es der Cred^'sche Hand«
griff ist Kurt Kamann (Wien).
215. Beitrag rar Frage der Symphyaeii«
mptur; von F. Kays er. (Arch. f. Oynäkol
LXX- 1. p. 50. 1903.)
Den in der Literatur niedergelegten etw3
130 Fällen von Symphysenruptur fügtK. folgendi
eigene Beobachtung hinzu.
Bei einer 26jähr. Erstgebärenden mit normal weiten
Becken war nach 488tündigem Ereissen weg^en GefiUiX
dang dos Kindes an den im Beckeneingange stehende!
Kopf die hohe Zange schräg angelegt worden. Bei dei
ersten Traktionen war ein deutlicnes krähendes GeräuBc:
vernehmbar. Die Extraktion war ungemein schwieri|
Das in Yorderhauptlage entwickelte Kind kam tief dys
apnoisch zur Welt, wurde aber bald wiederbelebt. De
Schädel war sehr gross, umfang 36cm. ünmittelba
post partum wurde eine grosse Scneidenwunde und an
Diastase der Symphyse bemerkt. Bei der Einliefenu
in die Charite konnte die Wöchnerin die Beine nicht hu
VII. Geburtshülfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
205
wegeo; passive Bewegungen waren sehr schmerzhaft.
Scheide oberhalb der Harnröhre quer durchtrennt, Ham-
röhie sorückgezogen, grosse Wandhöhle hinter derSym-
physeogegeod. Symphyse in der Mitte in zackiger Linie
dorchtrennt, Diastase von 3 cm. Harn spontan entleert
Keioe Schmerzen in den Sacroiliakalgelenken.
Die Harnröhre wurde an die vordere Soheidenwand
angenäht, die Wnndhöhle tamponirt Die Vereinigung
der Bnchenden gelang weder durch Beckeogurt, noch
dnroh Gipsverband, so dass nach mehreren Tagen zar
Naht geschritten wurde. Freilegung durch Querschnitt.
Die Binder waren völlig durchtreont, nach aussen auf-
gerollt, nur in der Mitte der Symphyse bestand noch eine
IVscm breite Fascienbrücke. Vereinigung der Bruch-
eoden durch 4 Silberdrähte. Anfrischung der Bänder
und Gatgutnähte. Drainage des Cavnm Retzii nach unten
durch Ounamidrainrohr. Schluss der Wunde. Beoken-
{^psverbaod. ungestörte Wundheiluog. Nach 14 Tagen
Bnmage entfernt. Nach 5 Wochen erste Oehversuche.
Sjmphyse fest Nach einigen Wochen völlige Oehfähig-
keü Im 7. Monate post operationem Entfernung zweier
unter der Haut gelegener Silberdrähte. Seitdem war die
Pat Yölhg beschwerdefrei und arbeitf&hig. Keine Geh-
tehinderuDg. Bruchenden ganz fest vereinigt.
Entgegen der meist vertretenen Ansicht, dass
die Symphysenruptur durch zu stark gegen den
Schambogen gerichteten Zug mit der Zange oder
zu frflhes und heftiges Erheben der Zange bedingt
vird, macht E. eine Eeilwirkung des hochstehenden
Kopfes auf die obere BeckenOffnung bei der hohen
Zange verantwortlich. Die Druckwirkung wird
Ba 80 grosser, je weniger der Schädel configurirt
Kt Dabei wird zunächst der Bandapparat, und
ivar in erster Linie das Ligamentum arcuatum
nperios verletzt Die bei einzelnen Frauen ge-
nogere Entwickelnng des Bandapparates und die
Aofkttkerung des Oelenkes in der Schwangerschaft
in Verbindung mit der dadurch bedingten beson-
deren Inanspruchnahme der Bänder machen die
Sjmphyse weniger widerstandsfähig und erklären
& Rupturen ungezwungener als die theoretisch zu-
rechtgelegte sogenannte chronische Entzündung
^ Symphysengelenkes.
Als Behandlung genflgt oft gewiss ein sorg-
ftitiger Rxationverband. Beträgt die Diastase aber
■ehr als 27s ^^y dsLun ist das Ligamentum arcua-
tum Buperius zerrissen und muss entsprechend
^^uier Wichtigkeit für die Festigkeit des Becken-
RBgei durch Naht wieder vereint werden. Qleich-
>^g ist dann auch der Knochen zu nähen. Die
J^tß müssen mindestens 1 ^/^ cm von der Enorpel-
jinichUnie entfernt gelegt werden. Die Operation
ist aodi in nur zweifelhaften Fällen dem blossen
Verbinde vorzuziehen. Der Querschnitt sichert
^ bessere prima rennio. Das Unterhautzellen-
S^ebe ist zur Yermeidung todter Räume an die
Unterlage zu befestigen ; das Cavum Retzii ist nach
«nten zu drainiren. Ein Beokengipsverband unter-
stützt die Leistung der Naht.
Eurt Eamann (Wien).
216. Un oaa de raptoro de la Symphyse
Mdaone an oourt d'une baaiotrlpsie ; par
Bender et Theuveney. (Ann. de Gynöool. et
d'Obstto. LX. p. 47. JuiUet 1903.)
Eine Erstgebärende mit starker Beokenverengerung
wurde durch Perforation des todten Kindes und Cephalo-
tripsie entbanden. Die Extraktion des Kopfes war sehr
schwierig. Bei der Tamponade des üteras wegen eines
Cervixrisses wurden eine mediane, 4 — 5om lange Zer-
reissung der vorderen Scheidenwand und eine Zerspren-
gung der Symphyse mit einer Diastase von ca. 4 cm ent-
deckt. Uterus -Scheidentamponade. Fester FlaneU-
verband. Glattes Paerperiam. Am 20. Tage nur noch
1.5cm Diastase, die durch hartes Gewebe ausgefüllt
war. Keine Schmerzen. Scheiden wunde linear vernarbt.
Mittlere Blasencontineoz 180g. Gehen schmerzlos, ohne
Hinken. Entlassung am 37. Tage.
Kurt Kamann (Wien).
217. Behandlnng des Scheintodes der Nen-
geborenen; vonDr.Marcel Delestre. (Revue
prat d'Obst^tr. et de Paed. XVL p. 213. JuiUet
1903.)
D. fasst das Vorgehen des Qeburthelfers naoh
der Geburt in folgenden Sätzen zusammen. In
welchem Zustande immer sioh das Kind im Augen-
blicke der Geburt befindet, soll nie die Nabelschnur
durchschnitten werden, so lange Pulsationen in ihr
wahrnehmbar sind, selbst wenn das Kind nicht
schreit und nicht athmet Man lege das Kind mit
dem Kopfe nach unten, um den Abfluss von Schleim
und Fruchtwasser aus Rachen und Kehlkopf zu
erleichtern. Man unternehme keinerlei brutales
Manöver, wie Flagellation, Schnitze 'sehe Schwin-
gungen, Sylvester'sches Vorgehen u. s. w.
Höchstens sollen spiritnöse oder aromatische Ein-
reibungen Iftngs der WirbelsAule vorgenommen
werden. Rachen und Kehlkopf sollen mOglictaBt
rasch von den obstruirenden Schleimmassen befreit
werden ; man wendet hierzu vortheilhaft ein Röhr-
chen oder den Ballon von Ribemont an. Erst
dann soll das eventuell fehlende oder schwache
Athmen angeregt werden. Hierfür empfiehlt D.
das Küxdn des Pharynx, das Brechbewegungen
auslöst, das Diaphragma hebt und auf diese Weise
das Athmen in Gang bringt. Ferner wende man
in schweren Fällen die Insu fflaium mit dem Ribe-
mont'sehen Ballon an, die bei der nöthigen Vor-
sicht immer gute Resultate giebt Beim Vornehmen
von Wiederbelebungsversuchen sollen die Kinder
in warme Tücher eingehüllt werden.
B.Toff(Braila).
218. üeber die Pflege nnd Bra&hmng
frühgeborener nnd aohwftohlieher Sänglinge
in den ersten Lebenatagen; von Oscar Polano
in Würzburg. (Münchn. med. Wchnschr. L. 35.
1003.)
Der erste Hauptfaktor ist nach P. die Wärme-
regulirung, die das Kind vor jedem vermeidbaren
Wärmeverluste bewahren und für eine entspre-
chende Wärmezufuhr sorgen muss. Die Abnabelung
muss nach mehrmaligem kräftigen Schreien der
Kinder möglichst bald geschehen und es empfiehlt
sich, durch bereitgehaltene warme Tücher hierbei
jeder Abkühlung vorzubeugen. Das Frühgeborene
soll dann sofort post partum in eine mit BS^ C,
206
Vn. OeburtshOlfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
warmem Wasser gefüllte Badewanne gebracht wer-
den. Zum weiteren Aufenthalte hat P. einen Brut-
kasten [Abbildung und genaue Beschreibung] con-
struirt, der von Holzhauer in Marburg a. d. L. fOr
80 Mk., bez. 65 Mk. zu beziehen ist. Als Yortheile
seines Apparates vor der C red 6 'sehen Wanne
und derCouveuse hebtP. hervor: Selbstregulirung
der Temperatur, leichte Transportirbarkeit, Mög-
lichkeit, Pflege und Ernährung im Apparate selbst
vorzunehmen, Billigkeit In den ersten 5 Lebens-
tagen sollen femer alle Manipulationen an den
Kindern auf ein Minimum beschränkt werden. Um
die Kräfte des Kindes zu schonen, will ihm P. in
den ersten 4 Tagen das anstrengende Saugen an
der Brust ersparen und giebt deshalb in dieser
Zeit Kuhmilch mit Reisschleim verdünnt Zum
Schlüsse fordert P. für einen frühgeborenen oder
schwächlichen Säugling von der Qeburt an in den
ersten Lebenswochen die ausschliessliche Pflege
einer wirklich hingebenden und peinlich gewissen-
haften Wärterin.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
219. Der Tetanus der Neugeborenen im
VerhältDiBse lur Sterblichkeit der Kinder; von
Dr. M i r 0 n in Bukarest. (IL Congress d. rumän.
Gesellschaft f. d. Fortschritt u. d. Verbreitung d.
Wissensch. Sitzung vom 22. Sept 1903.)
M. giebt statistische Daten, denen zufolge
10257 Kinder unter den 23398, die im Mittel
während des ersten Lebensmonates in Rumänien
zu Gründe gehen, an Tetanus sterben. Diese
erschreckend hohe Zahl ist darauf zurückzuführen,
dass die Landbevölkerung meistens alte unwis-
sende Weiber als Hebammen benutzt, deren Unrein-
lichkeit und Unwissenheit zu einer Infektion des
Nabels führt. Die bakteriologischen Untersuchun-
gen, die M. in 19 Fällen durchgeführt hat, ergaben
die Richtigkeit dieser Anschauung: Culturen von
den Nabelschnuren, von dem Lehm mit dem der
Boden der Wohnstätten beklebt war und Ueber-
impfungen auf Mäuse fielen positiv aus. Bezüg-
lich der Behandlung ist das Bestreuen der Nabel-
wunde mit antitetanischem Serumpulver von Cal-
mette in Lille zu empfehlen, doch ist das
Hauptgewicht selbstverständlich auf die Prophy-
laxis zu legen : Vermehrung der Anzahl diplomirter
Hebammen, antiseptische Behandlung des Nabels,
Verwendung tadellos reiner Scheeren u. s. w.
E. Toff (Braila).
220. Beitrag sur Frage der Aetiologie der
BntbindangBlähmungen der oberen Extremi-
tät; von J. Eversmann. (Arch. f. Gynäkol.
LXVIIL 1. p. 143. 1903.)
Die zweite EotbiDdang einer Frau mit engem Becken
wurde wegen Nabelschnurvorfalles durch Wendang mit
aDSchliessender Extraktion beendet. Die Lösung des
hinteren linken Armes war sehr schwierig, gelang erst
bei starkem Zag an den Beinen and Beugen des kind-
lichen Rumpfes nach oben und der entgegengesetzten
Seite. EntwickoloDg des Kopfes durch Yeit-Smellie
unter Druck von aussen. Das leicht dysapnoisohe Kiod
erholte sich bald. Am folgenden Tage hing der linke
Arm unter leichter Adduktion und Rotation naoh inneo
schlaff tkerab. Der Vorderarm konnte gestreckt, Haod
und Finger konnten unbeschränkt bew^ werden, also
puchenne-Erb 'sehe Lähmung. Die auf ein Knacken
im linken Schultergelenk hin gestellte Diagnose einer
Epiphysenlösung im Schuitergelenke und dadurch beding-
ten Druck auf den Erhaschen Punkt erwies sich bei der
Radiographie als unrichtig. Aufklärung erfolgte bei der
Sektion des nach 2 Vi Monaton plötzlich an Glottisknmpf
verstorbenen Kindes, dessen linker Arm unverindot
geblieben war. Es fand sich an der Vereinigungstelle
der Hauptstämme des 5. und 6. Gervikal nerven eine
platte, harte Callusmasse als Endprodukt einer mikro-
skopisch sehr deutlichen Nervenzerreissung. Die Zer-
reissung erfolgte bei der starken seitlichen Deflezion des
nachfolgenden Kopfes gegen die Schultern bei der Ex-
traktion, die durch die Beckenverengerung beBOoders
erschwert war. Die Prognose ist entsprechend der
Schwere der Verletzung sehr schlecht
Kurt Kamann (Wien).
221. Zur BntBtehnngaweiBe und Frognoi«
derBntbindnngalähmang; von W.RQhla (Bettr.
z. Geburtsh. u. GynäkoL VIIL 1. p. 64. 1903.)
Die dritte, 299 Tage zählende Schwangerschaft einer
Frau, deren beide ersten Kinder 4860, bez. 5270g ge-
wogen hatten, wurde nach 40ständiger Geburtarbeit wegen
schlechter kindlicher Herztöne durch die Zange beendet
Nach Idchter Extraktion des Kopfes war die Entwicke-
lung der Schultern äusserst schwierig. Erst bei rück-
sichtslosem Hochgehen gelang es, in die hintere Schulter
einzuhaken und zuerst diese, dann die vordere heraaszu-
befördern ; dabei gab es einen deutlichen Knacks. Damm-
riss. Kind dysapnoisch, wiederbelebt, 57.5 cm lang, 5670g
schwer. Schulterumfang 48.7 cm. Vor und hinter der
linken vorderen Achselhöhle leichte Sugillationen. Dar
linke Arm hing schlaff herab. Betastung der Mitte der
linken Clavicula schmerzhaft ; leichtes undeutliches Ob-
pitiren. Heftpflasterverband. Nach 14 Tagen war der
Arm noch eben so schlaff. Hand ausgesprochen proniil
Nunmehr wurde die Diagnose auf Erhasche Lähmung ge-
stellt und durch einen Nervenarzt bestätigt, der Jüst*
artungsreaktion nachwies. Durch ausdauernde galvar
nische Behandlung während 5 Monate wurde das Kio^
völlig wiederhergestellt und hob nach VU Jahren dei
linken Arm nur noch etwas schwerfälliger, adsden rechten
Der Druck auf den Erb*schen Punkt war nicht dmrak
eine Zangenspitze erzeugt, denn der Kopf war nich
deflektirt Es erfolgte vielmehr eine Plezuazermng bi
dem starken umbiegen des Kopfes nach unten nnd hintei
um die vordere Schulter des übertragenen Rieaenkinde
tiefer zu ziehen und die Achselhöhle zu erreichen.
Der Fall zeigt, dass die Prognose nioht n
schlecht ist, wie gewöhnlich angenommen wii^
Vermuthlioh wurde die geeignete Therapie nid
immer früh, nicht energisch, nicht oonsequei
genug durchgeführt. Zerreissung des Plexus il
natürlich unheilbar. Ausserdem lehrt der Fall, am
Ziehen am vorangehenden Kopf zur BefOrdemi
der Geburt der Schultern möglichst zu unterlasal
und eine Deflexion des^ Kopfes nach der Seita m
hinten sorgfältig zu vermeiden ist
Kurt Eamann (Wien).:
222. Bäuglingamiloh nnd BäuglingBstaäl
liohkeit; von E. v. Behring in Marburg. (TW
d. Gegenw. N. F. VI. 1. p. 1. 1904.) i
Bei seinen Versuchen, die Kuhmilch za ^a|
Schutz- und Heilmittel gegen dieTuberkuloee ai
Vn. Oeburtahülfe, Frauen- und Einderheilkunde.
207
znbilden, ist ▼. B. zu wichtigen Ergebnissen über
diese Mildi als S&ugliDgsnahrung gekommen. Seiner
Ansicht nach ist es ein grober Fehler, Neugeborenen
gekochte Milch zu geben. Die ungekochte Milch
enthält diejenigen Stoffe, die das Kind als Schutz
g^gen die sofort auf es einstürmenden Infektionen
(Bact coli comm.) braucht Das Kochen zerstört
diese Stoffe und die gekochte Milch ist dem Kinde
in dieser Beziehung zu nichts nütz. Das beste Er-
satzmittel der Muttermilch ist ungekochte Milch von
gesunden (namentlich tuberkulosefreien) Thieren.
Wie kann man aber nun die Milch ohne Kochen
nnsersetzt und in ihrer antibakteriellen Kraft un-
geechmftlert erhalten? Darüber hat v. B. ein-
gehende Untersuchungen angestellt und danach
scheint es, als wenn ein geringer Formalinzusatz
lor Milch dieser Forderung entspricht v. B. stellt
hierüber Genaueres in Aussicht Thatsache ist,
„dass es mir gelungen ist, für eine Zeitdauer bis
«k 8 Tagen absolut unschädliche Formalinmilch
derart transportfähig zu machen, dass sie am An-
knnftorte durch nichts von frischer Milch unter-
schieden werden kann und dass ihr Qehalt an
Immunkörpern dabei keine für unsere bisherigen
Prflfungsmethoden nachweisbare Einbusse erfahren
bit**. Das letztere bezieht sich sowohl auf die der
Milch an und für sich eigenen Immunkörper, als
iof die ihr künstlich durch entsprechende Behand-
loog des milchspendenden Thieres beigebrachten.
Man darf auf v. B.'s weitere Mittheilungen über
diesen überaus wichtigen Qegenstand, sowie auf
die Erprobung seiner Hathschläge in der Praxis
gespannt sein. D i p p a
223. Die B&agUngsaterbliehkeit in Nor-
wegen; von Prof. AxelJohannessen. (Jahrb.
f. Kinderhkde. 3. F. YL 3. p. 255. 1902.)
Norwegen hat im Vergleich zu anderen Staaten
eine sehr niedrige Sftuglingsterblichkeit Aus einer
via^eichenden Statistik ergieht sich, dass Sachsen,
Bayern, Württemberg und Oesterreich die höchsten
ZÜfiam (zwischen 22 und 36<^/«) aufweisen. Dann
kommen Preussen und Italien (22.5 und 16.7Vo)i
England ( 15o/o), Dänemark (14.6— 12.8<»/«), Schott-
kad (12«/«), Schweden (21.2— 9.8«/o). Norwegen
hat weniger als lO^jo Mortalitftt (1896—1898
9.6%, 1876—1898 9.8Vo)- ^ wird daselbst
viel gestillt Die Kinder werden sorgMtig be-
handelt; Gelegenheit zur Beschaffung guter frischer
Knhniilch ist allgemein vorhanden. In den Land-
gemeinden beträgt die durchschnittliche Sterblich-
fatt 8.68^09 in <len Stftdten 13.04%. Innerhalb
di^er Mittelzahlen giebt es mancherlei Schwan-
koBgeD. In einer kleinen Landgemeinde erreicht
die MortaUtftt z. B. nur 1.49<^/o. Vergleicht man
dieZettrtkame von 1881—1885 und 1886—1890,
m> flieht man, dass auf dem Lande die Mortalitftt
geamikea ist, was in gleichem Maasse von den
Stidten nicht gilt
Die Sterblichkeit der ehelichen Kinder betrug
1876—1898 9.36%, diejenige der unehelichen
15.03^/o. Die Mortalitftt der ehelichen Kinder hat
von 1878—1880 auf 1896—1898 abgenommen
(von 9.87% zu 8.83%), wfthrend diejenige der
unehelichen gestiegen ist(von 12.6 P/o auf 17.08^/o).
Dieses Wachsthum kommt auf Rechnung derStftdte
und kann als Ausdruck der Sterblichkeit bei der
künstlichen Emfthrung betrachtet werden. Eine
Betrachtung der Verhftltnisse in den einzelnen
Lebensmonaten bei den ehelichen und unehelichen
Kindern in Stadt und Land zeigt deutlich, wie die
Sftuglingssterblichkeit in erster Linie bestimmt
wird durch die Art der Emfthrung. Dasselbe er-
giebt sich, wenn man die Todesfftlle nach den
Jahreszeiten anordnet.
Am Schluss macht J. noch Mittheilungen über
die Sterblichkeit in früheren Zeiten. Die Auf-
zeichnungen in den Kirchenbüchern gehen in ein-
zelnen Sprengein bis auf das Ende des 17. Jahr-
hunderts zurück. In den Zahlen spiegelt sich der
unheilvolle Einfluss von epidemischen Krankheiten,
Kriegen und fthnlichen, die Bevölkerung decimiren-
den Einflüssen wieder. Brückner (Dresden).
224. Gewiohtfl- und Längaoorven neugebo-
rener Kinder 1891 — 1894 ; von Dr. H. A d s e r -
8 e n. (Nord. med. ark. XXXV. Afd. II. Hftft 4.
1902.)
A. hat Wägungen und Messungen von Neu-
geborenen in Entbindungsinstituten zu Helsingfors
und St. Petersburg angestellt, unter Berücksich-
tigung ftlterer, von ihm in Stockholm angestellter
Untersuchungen findet er die von ihm früher be-
reits ausgesprochene Ansicht Bestfttigt, dass die
Gewicht- und Längscurven der neugeborenen Kinder
gesetzmässige Schwankungen zeigen, die durch die
geographische Lage des Oeburtortes bestimmt wer-
den. Die Schwankungen, die sich in den Curven
aussprechen, verschieben sich bei den verschie-
denen Orten entsprechend den geographischen
Lftngengraden. Brückner (Dresden).
225. Do raagmentationdepoidsaurvenant
ohei quelques enfanta dana lea Joura qui prö-
oedent imm^diamment la mort (Obaervationa,
oonaiderationB pathologiquea) ; par J. A u d e -
bert (Oaz. hebd. de M6d. et deChir. XLIX. 102.
p. 1201. 1902.)
Budin und Dur ante haben zuerst kleine
kranke Kinder beschrieben, die kurz vor dem Tode
noch gut an Gewicht zunahmen. Zwei Neugebo-
rene, die A. beobachtete und die an Broncho-
pneumonie zu Grunde gingen, zeigten dieselbe Er-
scheinung. Ueber 3 andere solche Kinder hat er
Aufzeichnungen in den Krankengeschichten der
Entbindungsanstalt zu Toulouse gefunden. A. meint,
dass bei Kindern, die an einer Erkrankung der
Athemwege gestorben sind oder sehr schwach ge-
athmet haben, wie Frühgeborene, eine Anstauung
von H|0 und CO^ den Gewichtzuwachs erklftren
könne. Weiter kOnne ein solcher entstehen durch
208
Vni. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
exsudative oder hyperplastische Yorgftnge in ein-
zelnen Organen (Lungen, Leber). Die Voraus-
setzung ist dabei stets die, dass der Tod kurz nach
Beginn der Erkrankung sich einstellt.
Brückner (Dresden).
226. 1) Ueber das Säuglingsekiem, seine
ätiologische Besiehung lum Intestinaitraotns,
daraus sioh ergebende Therapie ; von Dr. J. 0.
R e y. (Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F. VL 3. p. 303.
1902.)
2) üeber Säuglingsekiem« Eine Studie von
Dr. S trau SS in Krefeld. (Jabrbb. f. Kinderhkde.
3. F. VL 3. p. 298. 1902.)
l)Rey macht darauf aufmerksam, dassmandie
Ekzeme der Säuglinge mit VerdauungstOmDgen
zusammenzuhängen scheinen. Er stellt sogar einen
bestimmten Typus des Ekzems („Sftuglingsekzem**]
auf, das nur durch „diätetische^^ und darmanti-
septische Behandlung zu beseitigen sein soll Er
empfiehlt Calomel, auch Aspirin und Darmspfi-
lungen. Bestimmte Winke für die diätetische Be-
handlung vermag er leider nicht zu geben.
2) Strauss giebt den Einwänden, die sich
gegen die Anschauungen Rey's erheben lassen,
Ausdruck. Man wird ihm in seinen Ausführungen
nur beistimmen können. Brückner (Dresden).
VIII. Chirurgie, Augen- und Olirenlieillcunde.
227. A oase of peptio nleer in the jejunnm
of a dog following gastroenterostomy , with
a review of the oases reported in man; by
S. H. Watts. (Bull, of the Johns Hopkins Hosp.
XIV. 148. p. 191. 1903.)
W. erlebte bei einem seiner gastroenterosto-
mirten Hunde (Qastroent. anterior) 3 Monate nach
der Operation eine Perforation des Jejunum gegen-
über der Yerbindungstelle mit dem Magen in Folge
von Ulcusbildung und eiteriger Peritonitis. Von
14 aus der Literatur gesammelten Fällen von
Ulcus pepticum jejuni waren 10 nach der vor-
deren Gastroenterostomie, 2 nach der hinteren
Gastroenterostomie und einer nach der Methode
von Roux beobachtet worden. W. kommt zu dem
Ergebnisse, dass nicht nur die Hyperacidität, son-
dern auch Fremdkörper (Knochensplitter aus der
Nahrung u. s. w.) die Ursache dieser ernsten Com-
plikation der Gastroenterostomie werden können.
Noesske (Kiel).
228. üeber Darmstenose; von Prof. Haas-
1er. (Arch. f. klin. Chir. LXXL 3. p. 652. 1903.)
' Bei der Häufigkeit und Mannigfaltigkeit der
Darmerkrankungen, die regelmässig oder gelegent-
lich zu Verengerungen des Lumens führen, ist es
auffallend, dass der chirurgischen Therapie fast
ausschliesslich Stenosen zufallen, bei denen Car-
cinom oder Tuberkulose die Ursache des Leidens ist
(Mastdarmstrikturen berücksichtigt H. hier nicht).
Es ist danach schon ohne Weiteres anzunehmen,
dass eine grosse Anzahl von Stenosen, die aus
anderen Ursachen zur Entwickelung kommen,
sehr vollkommen compensirt oder vOllig bis zur
Restitutia ad integrum repanrt wird. Hierfür
spricht auch der Umstand, dass es schwierig ist,
beim Versuchsthiere experimentell eine Darm-
stenose hervorzubringen.
Aus seinen klinischen und experimentellen
Beobachtungen stellt H. folgende Sätze auf:
BJnterogene Stenosen können in der grossen Mehr-
zahl der Fälle nicht nur compensirt, sondern völlig
ausgeglichen werden. Ist die Ursache der Stenose
eine Darmerkrankung, die im typischen Ablaufe
zur Heilung kommt, so tritt für gewöhnlich nur
vorübergehende Stenosirung auf, weiterhin erfolgt
funktionelle Umgestaltung des Darmrohrea und
Restitutio ad integrum. Anders, wenn die caosale
Erkrankung fortschreitenden deletären Charaktflf
hat (Tuberkulose, Carcinom) oder wenn es aich bei
relativ gutartigem Grundleiden (Lues) um multiple
Stenosen handelt. Bei letzteren bewirkt die schwere
Störung der motorischen Darmfunktion die Yest-
Schummerung des Leidens. Stenosen zweifelhaftes
Ursprungs werden zumeist den tuberkulösen zu-
zuzählen sein. P. Wagner (Leipzig).
229. Zar Frage aasgedehnter Dünndarm-
resektion; von Dr. J. Nagano. (Beitr. z. ktin.
Chir. XXXVIIL 2. p. 431. 1903.)
Durch phydologische Versuche und Thie^
experimente glaubt N. bewiesen zu haben, daa
die Resektion im oberen Dünndarme einen sohwe*
reren Eingriff darstellt als im unteren und dsM
demgemäss bei ausgedehnten Darmreeekti<»ei
neben der Länge des zu resecirenden Stückes and
dessen Lage Berücksichtigung finden muas.
Von 12 Operirten, bei denen mefir als 200 cn
Heum resecirt wurden, sind 6 vollkommen ge
nesen. 2 Kranke sind genesen, haben jedoch an
geblich DarmstGrungen zurückbehalten, 4 Krank
sind gestorben. P. Wagner (Leipzig).
230. üeber die Bnteroanastomoset apaciel
die Ueooolostomie 9 in der Behandlang de
Verschlüsse und Verengerungen des I>armoi
von Dr. W. Prutz, (Arch. f. kün. Chir. I^TT I
p. 233. 1903.)
Auf Qrund der von v. Eiseisberg gemad
ten Erfahrungen kommt Pr. zu folgenden Ergä
nissen : Die bei Darmverschlüssen, namentlich
den auf chronischen Hindernissen beruheni
Obturationen, das vornehmste Ziel des BÜnj
bildende Entleerung des Darmes darf der Bnt4
anastomose allein überlassen werden, wenn
Motilität des Darmes nicht erheblich
ist und wenn die untere der zur Anastomoee
nutzten Stellen wo mOglich dem mittleren
Vm. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
200
unteren Colon angehOrt. Bei starker üeberffiUung
des Darmes ist jedoch wie jedem anderen Eingriffe
auch der Anastomose die Enterotomie voraus-
xuschicken. Bei Hindernissen, die im unteren
Deum und im oberen Colon gelegen sind, scheint
es erlaubt, im Interesse schneller Entlastung des
Darmes die Ileocolosiomie zu machen, auch wenn
noch DQnndarm unterhalb des Hindernisses zur
Verfügung steht Die dadurch gelegentlich bedingte
incomplete Ausschaltung eines relativ grossen
Darmabschnittes, besonders des Dickdarmes, hat
in derartigen Fällen Nachtheile, die aus theore-
tischen Gründen erwartet werden könnten, nicht
gezagt
Die Wahl xunschen Enteroanasiamoae und Anus
fraetemaiuralü wird sich wesentlich nach dem
Allgemeinzustande des Kranken richten; beiDarm-
verschluss durch inoperable maligne Tumoren ist
die Anastomose nach Möglichkeit vorzuziehen. Bei
Stenosen, die durch Veränderung der Darmwand
selbst bedingt sind, ist der Erfolg der seitlichen
Anastomose unsicher, ohne dass mit Bestimmtheit
erkannt oder gar vorausgesehen werden könnte,
varum sie in gewissen Fällen versagt, in anderen,
sdieinbar gleichartigen, vGllig ausreicht Bei
inoperablen malignen Tumoren wäre hier die seit-
Ikbe Einpflanzung des zuführenden Darmes in den
abffihrenden vorzuziehen, bei gutartigen Stenosen,
Ton denen praktisch fast nur Tuberkulose in Be-
tracht kommt, die totale DarmaussehaÜung, soweit
sie in Bücksicht auf den Eräftezustand zulässig
erGcheint. In besonderen Fällen kann die seitliche
Anastomose mit Yortheil zur Entlastung einer ge-
Shrdeten Stelle am Darme (übernähte Schnür-
fon^e) benutzt werden. P. Wagner (Leipzig).
231. Ueber die MeaenterialsehrumpfaDg
und ihre Besiehongen lum Volvulas der
ReKQra sigmoidea; von Dr. 0. Brehm. (Arch.
t kUn. Chir. LXX. 1. p. 267. 1902.)
Unter MesenteriaUt^nrumpfung versteht man
einen chronisch verlaufenden Process am Bauch-
felle des OekrOses, der unter Narbenbildung heilt
und durch Schrumpfung eben dieser Narben eine
Verkleinerung und Contraktur des ganzen Mesen-
terium in der Querachse bewirkt. Ob es sich
um entzündliche Processe handelt oder ob
auch mit eigenthümlichen regressiven Alters-
vorgftngen zu thun haben, steht noch dahin. Der
Ph>ce88 betrifft am häufigsten die Fleacura aigmoidea,
die bekanntlich ihr eigenes Mesenterium hat
Auf Orund seiner im Rigaer Stadtkrankenhause
geouushten Erfahrungen kommt Br. zu folgenden
CErgebumen: 1) Die Mesenterialschrumpfung ist
Bicht nur als Ursache des Flexurvolvulus, sondern
iaocfa als Leiden sui generis aufzufassen, das drin-
^gaod der Behandlang bedarf. 2) Sie ist nicht
^jMWBrMioBwlich eine Krankheit des Alters, sie
^ommt auch bei jungen Leuten vor. 3) Die durch
Heaentenalschnunpfang bedingten Anfälle von
Med. JakTbb. Bd. 281. Hft. 2.
transitorischer Occlusion müssen gegen den echten
YoWulus abgegrenzt werden ; sie sollen nach Mög-
lichkeit exspektativ behandelt und die Kranken
dann eventuell im anfallfreien Litervall radikal
operirt werden (Enteroanastomose; Resektion).
4) Hat die Mesenterialschrumpfung Volvulus oder
Occlusion durch totale Abknickung herbeigeführt,
so ist die Laparotomie mit FreUegung der Fkxnuir
angezeigt. 5) Die blosse Detorsion der Schlinge ge-
nügt bei Mesenterialschrumpfung nicht ; es ist zum
Schutze vor Reoidiven eine Radikaloperation anzu-
schliessen : EnUiroanatixjmose (Coecum mit Rectal-
schenkel derFlezur oderlleocolostomie), Besekiion.
6) Die Beschränkung auf Anlegen einer Kothflstel
ohne genaue Orientirung in der Bauchhöhle in den
unter 4) bezeichneten Fällen ist ein Fehler. 7) Der
Begriff ,Jleu8" ist endgültig aufzugeben und in
jedem Falle von Darmverschluss eine genauere
anatomische Diagnose zu versuchen trotz der häu-
figen unvermeidlichen Fehler. Die Indikationen
zum Eingriffe dürften sich damit von selbst er-
geben. P. Wagner (Leipzig).
232. üeber Volvulas des Coeonm und
Colon asoendena; von Dr. 0. Wandel in KieL
(Mittheil. a. d. Qrenzgeb. d. Med. u. Chir. XI. 1.
p. 39. 1903.)
Die schlechte Prognose, die der Volvulus coeci
im Allgemeinen giebt, liegt begründet in der un-
zureichenden Kenntniss des ganzen Krankheitbildes
und der topographisch-anatomischen Verhältnisse
des Darmes überhaupt Bei der scheinbaren Regel-
losigkeit der vielen Variationen im Aufrisse des
Darmes sucht W. speciell für die Lageanomalien
des Coecum und Colon ascendens eine gewisse Ge-
setzmässigkeit aufzustellen und findet die Ursachen
in einem Stehenbleiben auf einer niederen Ent-
wickelungstufe. Er zeigt, dass dabei alle Phasen
der Ontogenese des Darmes, denen er die Ana-
loga in der phylogenetischen Reihe gegenüberstellt,
wiederkehren. Die freie Beweglichkeit des Colon
ascendens beruht auf einer Persistenz des Mesen-
terium ileo- coeci commune, die wiederum die Folge
einer Störung im Entwickelungsmechanismus der
Nabelschleife ist Die partielle freie Beweglich-
keit des Colon ascendens ist ziemlich häufig (in
ca. 10<^/o), die totale, die am meisten zu Lage-
veränderungen disponirt, kommt in ca. 1^/« der
Fälle vor.
W. erläutert seine Ausführungen durch sche-
matische Illustrationen und giebt auf Orund von
6 Fällen, die er ausführlich beschreibt, eine kurze
Zusammenfassung des ganzen Symptomenbildes,
der Entwickelungsmechanik und einiger für die
Diagnose wichtiger Merkmale. N o e s s k e (Kiel).
233. Dehnangagangrän des Coeonm bei
Aohaendrehnng derFlexuraaigmoideaandbei
Abknioknng des Blinddarms ; von Dr.KKreu-
ter in Erlangen. (ArcL f. klin. Chir. LXX. 2.
p. 518. 1903.)
27
210
VJlL Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
K. berichtet über einen Fall von Achsendrehung
bei einem 38jähr. Weber, bei dem die um 360^
gedrehte Flexura sigmoidea relativ gut erhalten
war, während im Goeoum Gangrän zu Stande kam
und Aber einen Fall von Abknickung des stark
beweglichen und hypertrophischen Coeoum bei
einem 20jähr. Architekten, in dem es in Folge
starker Dehnung einer begrenzten Stelle zu Oe-
schwürbildung und Perforation gekommen war.
Beiden F&llen war gemeinsam, dass in dem
stark geblähten Coecum eine Qangrän zu Stande
kam, die primär nicht auf eine Alteration der
Blutzufuhr, sondern nur auf Dehnung der Dann'
wand und die sich sekundär daran anschliessenden
CirkulationstOrungen zurückgeführt werden konnte.
Diese Dehnung hatte zur Voraussetzung eine voll-
kommen hermetisch abschliessende IleocOkalklappe,
wodurch ein Ausgleich der Spannung durch Ent-
weichen der Gase unmöglich wurde. Unterstützt
wird diese Dehnungsgangrän des Coecum durch
dessen geringe Wandstärke gegenüber dem übrigen
Dickdarm. In allen Fällen von Darmverschluss
im Bereiche des Dickdarmes muss man mit Deh-
nung des Coecum rechnen. Dabei kommt ein
streng lokalisirter Meteorismus zu Stande, der
aber von dem „lokalen** Meteorismus der Dorpater
Schule scharf zu trennen ist. N o e s s k e (Kiel).
234. Zar Casoistik der akuten Darmin vagl-
nation; von Dr. A. Bark er. (Arch. f. klin. Chir.
LXXL 1. p. 147. 1903.)
B. stehen 61 Fälle von akiäer Darminvaginor
tum zur Verfügung. In 29 Fällen wurde der Ver-
such gemacht, die Auflösung des Tumor durch
Einlaufe, bez. Einpumpen von Luft zu bewerk-
stelligen. Bei 12 Kranken glückte dieses Ver-
fahren, aber 2 sind nachher an CoUaps und Peri-
tonitis gestorben. „Von den übrig bleibenden 17
kann man sagen, dass durch Elystire nichts er-
reicht worden ist, es musste sogleich zur Operation
geschritten werden; ja man darf von mehreren
behaupten, dass diese Methode der Behandlung
die Schuld des tödtliohen Ausganges trägt Wenn
diese Kinder ohne jeglichen Zeitverlust einer Ope-
ration unterworfen worden wären, so hätte man
wahrscheinlich die meisten retten können." Unter
61 Kranken sind also 49 laparotomirt worden.
25 Kranke hat B. selbst operirt; von diesen sind
7 gestorben , aber eigentlich nur 1 in Folge der
Operation. Die anderen 6 waren schon durch den
Zustand des ursprünglichen Leidens zum Tode
verurtheilt. Nach B.'8 Ansicht ist es mit der
akuten Darminvagination ebenso wie mit den äusse-
ren Brüchen. Die grösste Qefahr, der die Kranken
mit akuter Darminvagination ausgesetzt sind, ist
der Zeitverlust, der leider zu oft statthat, ehe sie
in chirurgische Behandlung kommen. Es kommt
alles darauf an, frühzeitig die Diagnose zu machen
und dann sofort zur Laparotomie zu schreiten.
Einlaufe sollen nur gebraucht werden, wenn es
ganz zweifellos erscheint, dass man eine Darm-
invagination im allerfrühesten Stadium vor sich
hat Die Technik der Operation, bei der man der
Zartheit der Kinder E^hnung tragen muss, wird
von B. genau beschrieben. In den ersten Tagea
nach der Operation erhalten die Kinder eine dem
Alter entsprechende Dosis Opium.
P. Wagner (Leipzig).
235. üeber den Frolapsaa intestini in-
vaginati Bin Beitrag aar operativen Behand-
lung der Darminvagination; von Prof. F. Hof-
meister. (Beitr. z. klin. Chir. XXXIX 1. p. 23.
1903.)
H. theilt aus der v. B r u n s 'sehen Klinik 2 Fälle
von operativ behandeltem Prolapsus intestini in-
vaginati mit
In dem 1. Falle (32jähr. Kr.) prolabirte ein 25 cm
langes warstformiges Darmstüok ans dem After. Dm
resecirte Invaginatnm (in doppelter Schicht) war 70 cm
lang. Oanz besonders bemerkeoswerth war die Ein-
beziehung des Daodennm in den iDvagioatioDtriehtar.
Die bei der Operation vorgekommene Daodenalverletnq|
warde sofort doroh die Naht geschlossen. Fat gemu.
Im 2. Falle (42jähr. Kr.) handelte es sich um eiiM
per aonm prolabirte Invaginatio sigmoideo-rectalts, ak
deren Ursache ein an der Spitze des Prolapses nach«
gewiesenes Carcinom zu betrachten war. Die Resektioi
ergab auch hier zunächst guten Erfolg; aber 1 Mooit
nach der Operation erlag die Kr. einer Darmblutung.
Was die Methode und Tuhnik der Darmreteküm
hei Invaginaiion anlangt, so ist die Beaektum jm
anum bei denjenigen Invaginationen angezeigt
deren Ursprung im Colon pelvinum gelegen ist
Volle Qewissheit über diesen Punkt Iftsst sich ab«
nur gewinnen, wenn es gelingt, durch Digital
Untersuchung per rectum entweder sofort oder be
Zug an dem Prolaps die ümschlagstelle nadiza
weisen. Bei denjenigen Invaginationen, dera
Ursprungstelle per rectum sich nicht erreiche
' lässt, ist die Laparotomie geboten.
Das Indikationgebiet der Beaeküan de9 Lwagi
naium per k^Mxratamiam mOchte H. nach adne
Erfahrungen noch dahin erweitem, dass er ihi
Anwendung empfiehlt nicht nur fQr diejenige
Invaginationen, die so weit herabgestiegen sin«
dass die Spitze vom Rectum aus geftlhlt werde
kann, sondern überhaupt fQr alle Binstülpunge
die sich nicht mindestens so weit zurflckbringc
lassen, dass die Totalresektion bequem im GM»
des Colon transversum gemacht werden kann. A
wesentlich betrachtet H. die Entfernung dee rea
cirten Invaginatum per vias naturales.
Die von H. empfohlene Technik, die im Ol
ginale nachzulesen ist, bedeutet nichts Anden
als die Anpassung der v. Frey 'sehen Dannreee
tiontechnik an die speciellen Yerh<nisse der ]
vagination. P. Wagner (Leipsig).
236. Zar operativen Behandlung des Dia
darm-Caroinoma. Dreiseitige Badikalopci
tlon; von Dr. H. Schloff er. (B^itr. a. klin. CS
XXXVIII. 1. 2. p. 150. p. 492. 579. 1903.)
vni. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
211
Schi berichtetauBderW öl fler 'sehen Klinik
Aber 35 Kranke mit IXekdarmearemom, die inner-
li«lb der letzten 7 Jahre operirt worden sind. Nach
dem Vorgänge von Baum, Czerny, Albert
empfiehlt Schi, namentlich eine dreizeUige Badikal-
operation: Colostomie, Resektion und Naht mit
ausgiebiger Tamponade der Wundumgebnng. Die
Dirmresektion und die Darmnaht können dann
im kothfreien Darme vorgenommen werden. Die
8 „dreizeitig'* operirten Kranken sind sämmtlioh
geheilt
SchL kommt zu folgenden Schlusssätzen:
„I)6ei äerBesektion des Diekdarmcareinoms ist die
offene Wundbehandlung des Operationgebietes dem
Tollstfindigen oder theilweisen Verschlusse der
Baochdeoken unbedingt vorzuziehen ; nur bei be-
lODders günstigen Fällen genügt partielle Drainage.
2) Man trachte die Beeektion am Goeeum nach Mög-
lichkeit anx/Mg auszuführen. 3) \)'\e Beeekiicn am
üM^ Dickdarm soll hingegen niemale einxeitig
aasgeffihrt werden. Als sichere Operationmethode
empfiehlt sich hierzu das dreixeUige Verfahren mü
Dermresekiwn und Vereinigung am j)coih freien'*
Jkamt, 4) Das Caremom der Flex, eigmoidea kommt
in der Mehrzahl der Fälle mit den ersten Stenose-
erscheinnngen in einem der Radikaloperation noch
gut aogänglichen Zustande in ärztliche Beobaoh-
iDBg. Wird dann sogleich eine chirurgische Be-
laadlong eingeleitet, so ist die Radikaloperation
meiBt technisch mOglich und kann ohne grosses
Biaiko darchgeführt werden.^
P. W a g n e r (Leipzig).
237. The oreation of an artifloUl valvulär
fiitela for the treatment of ohronio Colitis; aa
io adjuvant to oertain Operations on the sto-
naeh; by C. L. O i b s o n. (Boston med. and surg.
Jooni. Sept 25. p. 341. 1902.)
0. empfiehlt an Stelle eines künstlichen Afters
inr Behandlung gewisser Formen von Colitis die
Ankgong einer der Kader 'sehen Magenfistel
gleichen Cökalfistel, durch die es möglich ist, bei
vSiliger Continenz der Fistel die Reinigung des
I^vmes durch Spülungen und die direkte Appli-
kation von Medikamenten auf die uloerirteSchleim-
bnt durch tägliche Eingiessungen zu erzielen.
^ die Spülungen zur mechanischen Reinigung
dee Colons verwendet Q. Eochsalzwasser, für die
nedikamentOee Behandlung je nach der Art der
Colitia Chinin, MethylenblaulOsungen , Argentum
sitricum (1 : 20000 unter Vermeidung vorheriger
lochaalzapülungen). Die Behandlung kann in
^net Weise längere Zeit und ambulant duroh-
l^fQhrt werden, so dass der Patient seiner Beschäf-
tignog nachgehen kann. Eine gleiche Fistelbildung
verwendet G. bei grosseren Eingriffen am Magen,
van es sich darum handelt, entkräftete Patienten
•ofort zu ernähren, indem er die Fistel an einer
<^beren Jejunnmschlinge anlegt Die Bedingungen
für die Zulässigkeit einer solchen Fistelbildung,
absolute Continenz, Anlegung ohne wesentliche
Erhöhung des Operationrisicos , spontaner Yer-
schluss der Fistel, wenn sie nicht mehr gebraucht
wird durch einfaches Weglassen der DrainrOhre,
treffen für die Operationweise O.'s zu.
F. E r u m m (Karlsruhe).
238. Beehtsseitige inguinale Kothflstel;
doppelte Kryptorehie; Darmresektion ; Hei-
lang; von L. Strominge r. (SpitaluL XXIII.
4—5. p. 175. 1903.)
Ein ISjfthr., sonst immer gesund gewesener Knabe
hatte vor l>/t Jahren einen Abscess der rechten Leisten-
beuge gehabt, der eröffnet wurde, wobei sich viel Eiter
entleerte. Die Snppnration dauerte iVi Monate und es
wurde dann das Auftreten einer Kothflstel bemerkt
Nach vorgenommener Resektion des fistulösen Darm-
stüokes und Entfernung der degenerirten, in der Bauch-
höhle zurückgebliebenen Hodens erfolgte Heilung per
primam. Es scheint sieh in diesem Falle um eine ein-
geklemmte Darmschlinge gehandelt zu haben , die mit
dem Leisteokanal Adhärenzen einging und dann perforirte.
£.Toff(Braihi).
239. Ferioökalabseeas tranmatisohen ür-
sprnnga ; von L. Strominge r. (SpitaluL XXIIL
1. p. 10. 1903.)
Die Eiteransammlung hatte sich im Laufe von
5 Wochen nach Auffallen eines schweren Kastens auf die
rechte Bauchseite entwickelt, war etwa faustgross und
wurde durch Incision und Drainirung vollständig zur
Heilung gebracht Str. ist der Ansicht, dass das Tiauma
eine Verletzung des Darms oder wenigstens eine Störung
in der Ernährung eines kleinen Abschnittes des Darmes
bewirkt hatte, durch welche Stelle die gewöhnüch im
Darme befindlichen Mikroorganismen auswandern und
eine Infektion des umgebenden Zellengewebes bewirken
konnten. E. T o f f (Braila).
240. A oaae of laparotomy for maltiple
septio abaoeaaea eto. ; by E. M a y 1 a r d. (Lanoet
Oct 12. 1901.)
17jähr. Frau, seit einiger Zeit Erscheinungen einer
subakuten, sich zeitweilig verschlimmernden Darmver-
legung. Laparotomie wegen eines akuten Ileus mit
schmerzhafter Resistenz in der linken lüakalgegend. Es
wurde an dieser Stelle ein intraperitooäaler, umgrenzter,
jauchiger Eiterherd eröffnet, in dessen Wand das cystisohe
linke Ovarinm und die ausgedehnte Tube lagen. Zunächst
Besserung, am 9. Tage wieder akuter Ileus. Die Laparo-
tomie in der Mittellinie eröffnete wiederum einen ab-
geschlossenen, fötiden Abscess, in dessen Umgebung eine
Darmschlinge durch ein queres Band völlig abgeschnürt
war. Da nach ihrer Lösung der Darminhalt sich nicht
in den unteren Theü entleerte, wurde der Darm eröffnet.
Selbst hierbei blieb eine höher gelegene Darmschlinge ge-
füllt, und zwar in Folge eines vollständigen Volvulus, der
gelöst wurde. Schluss der Darmwnnde; im weiteren
Verlauf Bildung einer Eothfistel, schliesslich völlige Hei-
lung. Die Erkrankung nahm wahrscheinlich von einer
linkseitigen Salpingitis ihren Ausgang.
Mohr (Bielefeld).
241. üeber die Behandlung der Maatdann-
flateln ; von Dr. J. S t e r n b e r g in Wien. (Centr.-
Bl. f. d. ges. Ther. XXI. 3 u. 4. 1903.)
S t empfiehlt an Stelle der Spaltung und Aus-
kratzung für einfache und ischiorectale, sowie fflr
complicirte Mastdarmflsteln die Exstirpation der
Fistel mit primärer Naht der Wunde. Für die
212
VIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunda
Operation ist allerdings Krankenhausaufenthalt
noth wendig, eine allgemeine Narkose unerlisslioh ;
dafClr wird aber die Heilungsdauer gegenüber der
einfachen Spaltung und Sekundftrheilung wesent-
lich abgekürzt Die Ausheilung ist eine sichere,
wenn wirklich auf eine vollständige Entfernung
aller Fistelgänge und alles Narbengewebes geachtet
wurde. Neben der nOthigen Vorbereitung ist tech-
nisch bei Ausführung der Operation auf sorgfältige
Nahtanlegung, besonders im Bereich der Rectal-
schleimhaut und der Sphinkteren, zu achten;
Etagennähte werden vermieden, die Nähte von
aussen angelegt und über der Haut geknotet.
Von 105 in dieser Weise behandelten Kranken
sind 82 glatt genesen unter völliger Erhaltung der
Continenz. In 20 Fällen ist die primäre Ver-
einigung derWundfläohen nicht gelungen; die neu
sich bildende Fistel wurde entweder wieder exci-
dirt oder die offene Qranulationheilung abgewartet ;
aber auch in diesen Fällen war eine Abkürzung
der Heilungdauer festzustellen. Nur in 2 Fällen,
bei Tuberkulosen, trat überhaupt keine Heilung ein.
F. E r u m m (Karlsruhe).
242. üeber die fiehandlnng der Ftssnra ani ;
von Prof. St. Oussenbauer. (Wien. klin. Wo-
chenschr. XV. 2. 1902.)
0. empfiehlt für die Behandlung von Anal-
fissuren, die nicht mehr blos die oberflächliche
Schleimhaut, sondern ihre ganze Dicke und auch
das submuoöse Gewebe betreffen und GeschwOr-
bildung zeigen, besonders die von Recamier an-
gegebene Methode der forcirten Sphinkterdehnung.
Die Incision nach Bayer, besonders mit voll-
ständiger Sphinkterdurchtrennung , schaffe eine
stark blutende , schwer rein zu haltende Wunde,
während die nur bis in das submucöse Gewebe
reichenden Incisionen nicht den Sphinkterkrampf
beseitigen. Die Methode von Recamier dagegen
beseitige mit einem Male Afterkrampf und Fissuren
und führe selbst bei lange bestehenden Fissuren in
einer Woche oder wenig länger zur Heilung. Da
die Methode aber sehr schmerzhaft ist, empfiehlt
G. Narkose, und zwar so tiefe, dass beim Einführen
des Zeigefingers in das Rectum kein Reflex mehr
ausgelöst wird. Allzugrosse Gewaltanwendung
sei überflüssig. G. führt zunächst schonend den
einen Zeigefinger in den Anus, hierauf ebenso
schonend den zweiten und dehnt nun den straff
gespannten Sphinkter unter zunehmendem Zuge
der Finger in entgegengesetzter Richtung langsam
und allmählich, bis der Schliessmuskel schlaff er-
scheint. Selbst wenn dabei die Fissur etwas ein-
reisse, geschehe dieses doch nicht plötzlich. Des-
halb erfolge in der Regel keine Blutung. Darauf
spült G. mit SalicylsäurelOsung ab, bestreut die
Fissur mit Jodoform oder tamponirt mit Jodoform-
gaze und verbindet trocken mit T-Binde. Nur bei
entzündlichen Complikationen empfiehlt er feuchten
Verband. Die der Operation folgenden Stuhlgänge
seien schmerzlos, die Continenz stelle sich schon
nach wenigen Tagen wieder her. Die Behandlung
brauche wenige Tage oder 1 — 3 Wochen, wie die
am Schlüsse der Arbeit angeführten behandelten
Fälle zeigen.
[Ref. kann aus eigener Erfahrung an den in
der Diakonissenanstalt in Dresden behandelten
Kranken, woselbst die Methode in derselben Weise
geübt wird, die guten Resultate bestätigen.]
Reinhard (Strassburg).
243. Zur Behandlung der Fissur und des
Vorfialls des Mastdarms ; von Prof. V. Czerny.
(Beitr. z. klin. Chir. XXXVIL 3. p. 766. 1903.)
I. FHssura ani.
Die Fissur muss mit dem gereizten Grunde
gründlich entfernt und mit gesunder Schleimhaut
überkleidet werden. Cz. benutzt bei der Exemon
der Fissur die schon von Dieffenbach ange-
gebene, später für die Pyloroplastik und andere
Operationen vielfach mit Nutzen angewendete
Methode: quere Durehschneiiung der Narbe und
Längsvereinigung der Wunde oder umgekehrt an-
gewendet In tiefer Narkose wird die Fissur durdi
einen Halbrinnenspiegel freigelegt und mit dem
Skalpell in Lanzett- oder Deltoidform so weit exd-
dirt, dass der geschwürige Orund mit entfernt
wird, und die Fasern des äusseren Schliessmuskels
in der Wunde freigelegt oder selbst oberfläohlidi
abgetragen werden. Die Spitze der Schleimhaut-
wunde wird mit einer Catgutnaht gefasst und mit
dem gegenüberliegenden Punkte der Hautwunde
vereinigt, was bei der leichten Verschiebbarkeit
der Mastdarmschleimhaut ohne wesentliche Span-
nung möglich ist. Durch 2 — 4 weitere Nähte zu
beiden Seiten der mittleren Naht wird die Schleim-
haut mit der Analhaut lippenförmig vereinigt, und
dadurch werden das alte Bett der Fissur und die
gereizten Nerven überkleidet Die AnalOfiEnung
wird dadurch vorübergehend etwas erweitert, und
die Spannung des Sphinkters vermindert. EÜn mit
Borsalbengaze umwickeltes Qummirohr wird ia
den After eingeführt und damit die kleine Operation
vollendet
II. Beetopexie und BeclopHkaiio xur Behandhmg
des MastdarmvorfaUes mutieren Orades.
Cz. hat bei einer 32jähr. Frau mit einem para-
sacralen ScbDitte die hintere Mastdarm wand entspreohead
der Ampulle bis über den Sphinkter herab freigelegt and
durch eine Reihe von Knopfnähten, die die ganze Dicke
der Mastdarmwand, aber ohne die Schleimhaut, nach Art
der L e m b e r t 'sehen Nähte fassten, in Form einer finger-
hoben sagittalen Falte von hinten in das Lumen einge-
stülpt, wodurch das Rohr straffer and enger wunde.
Gleichzeitig vernähte Cz. die hintere Mastdarmwand
darch mehrere Catgutnähte mit den durchschnittenei
Fasern des Lig. spinoso- und taberoso-sacrum.
^ P. Wagner (Leipzig).
244. filne Methode aur Repoaitioii gröaaori
Prolapsua reoU ; von Dr. J. S ö 1 1 n e r. (Mittheil
d. Ver. d. Aerzte in Steiermark Nr. 1. 1903.
Sond.-Abdr.
ViÜ. Chirurgie, Augen- und Ohrenheillninde.
213
Die Methode S.*8 besteht darin, dass über den mit
Taselio stark bestrichenen Prolaps eine Leinwandoom-
presse mit Bindfaden armirt hinübergelegt und diese in
der Mitte mit dem Zeigefinger sammt Darm eingestülpt
vird bis sie in der Tiefe verschwunden ist; nach Bedarf
wird eine 2. und 3. Compresse, entsprechend dem immer
kleiner werdenden Vorfalle von abnehmender Grosse, in
gleicherweise versenkt, bis der Vorfall reponirt ist.
Nach einigen Minuten werden die Compressen an ihren
Biodfiden in umgekehrter Reihenfolge wieder herans-
gezogeo, wobei der Prolaps angeblich gut reponirt bleibt
F. Krumm (Karlsruhe).
245. Zur Cuoiatik der Fremdkörper des
Maatdanns; von Dr. Jos. Preindlsberger.
(Wien. klin. Rundschau XVI. 36. 1902.)
Fr. vermehrt die Casuistik der Fremdkörper des
Mastdarmes durch einen Fall, in dem ein 50jähr. Bauer
nr Beseitigung eines Mastdarm Vorfalles ein 33 cm langes,
ÜBgerdickes gegabeltes Holzatück mit dem Stiele voran
in deo Mastdarm eingeführt hatte und dadurch, dass der
Er. ohnmächtig wurde, dieses völlig im Mastdarme ver-
lehwonden war. In Narkose konnte nach Einführung
der ganzen Hand der Fremdkörper extrahirt werden . Dass
er trotz seiner Länge eine Darmperforation nicht ver-
ursacht hatte, erklärt sich nur durch das Vorhandensein
doer sehr langen und weiten , gut dehnbaren Flexura
Bgmoidea. F. K r u m m (Karlsruhe).
246. üober Atresia ani congenita und die
^•mit verbundenen Mieabildongen ; von Dr.
iStieda in Halle a. d. S. (Arch. f. klin. Chir.
LXX.2. p. 556. 1903.)
St giebt im Anschlüsse an einen selbst be-
obachteten Fall Ton angeborenem vollständigen
Mtstdarm- und Analverschluese eine duroh zahl-
reicfae schematisohe Abbildungen illustrirte, sehr
usfQhrliche Darstellung dieser Missbildungen. Die
Arbeit ist dank ihrer Klarheit und Sachlichkeit für
öne Orientirung auf diesem Gebiete besonders em-
pfehlenswerth. N o e s s k e (Kiel).
247. IieaoomplioationsooulairesobaerFeea
daoi la Boarlatine; par le Dr. dtrzeminski.
(Becoeü d'Ophthalmol. Mars 1903.)
Bei derScharlachepidemie in Wilna beobachtete
otr. 1902 folgende Augencomplikationen : 1 Ulcus
oomea cum hypopyo, 1 Aocommodationparese,
1 Diphtherie der Conjunctiva und Cornea. 1 Phlyk-
tSne der Hornhaut und 3 Phlyktänen der Binde-
biit Bergemann (Husum).
248. Sar la köratite exanthömatiqne ppno-
^M inperfloielle pendant la rougeole; par
Trantas. (Ann. d'Oculist. CXXX. p. 97. Aoüt
1903.)
Tr. hat bei Masemkranken eine bisher nicht
CBDauer besohriebene Miterkrankung der Hornhaut
^^eobachtet, die er im Laufe eines Jahres bei 41 Per-
ttoen 31 mal feetstellen konnte. Am 3., 4. oder
^ Tage naoh Ansbruch des Exanthems, selten
Viter, bemerkt man bei seitlicher Beleuchtung in
i<kr Mitte der Hornhaut in den obersten Schichten
Udne runde graue Fleckchen. Das Epithel selbst
Ueibt unversehrt. Erst wenn sie in grösserer
Menge vorhanden sind, verursachen die Verände-
rungen Reizerscheinungen. Nach 3 — 4 Tagen
pflegen sie ohne Behandlung zu verschwinden.
Nur bei tieferem Sitze kann es einige Tage länger
dauern. Geschlecht und Alter sind ohne Einfluss.
Niemals wurden die Flecke vor Ausbruch des
Exanthems beobachtet. Tr. glaubt, dass diese
Keratitis häufiger die Ursache der Lichtscheu und
des Thränens bei Masernkranken sei, als die Con-
junctivitis. Bergemann (Husum).
249. Sar quelques manifoBtationBooulaires
au oours de la rougeole; par Morax. (Ann.
d'Oculist. CXXX. p. 104. Aoüt 1903.)
M. hat die Miterkrankung der Augen bei Masern
genauer beobachtet und berichtet über die Befunde,
die er "bei Beginn der Erkrankung an Lidern und
Bindehaut gemacht hat Er unterscheidet 2 Gruppen :
a) eine specifische Masern- Blepharo- Conjunctivitis;
b) eine Mischform der Bindehautentzündung. Die
AugenstOrungen traten auf vor, zugleich mit, oder
nach dem Ausbruche des Exanthems, niemals als
Prodrome der Allgemeininfektion. Das Sekret der
reinen Masern - Blepharo - Conjunctivitis enthielt
keine specifischen Bakterien, die Culturen wiesen
normale Saprophyten der Bindehaut auf. Für
das Zustandekommen dieser Miterkrankung lassen
sich bestimmte Gründe vorläufig noch nicht nach-
weisen. Die Mischformen erklärt M. so, dass durch
die Masernerkrankung Veränderungen in der Binde-
haut hervorgerufen werden und so ein besonders
günstiger Nährboden für Bakterien geschaffen wird,
die sonst ohne Entzündungserscheinungen dort
sich aufhalten. Diese Keime kOnnen entweder
schon vor der Masernerkrankung im Bindehaut-
sacke anwesend sein oder sich im Verlaufe der
Krankheit dort ansiedeln.
M. vermag übrigens die Angaben von Trantas
über eigenartige Hornhautveränderungen bei Masern
(siehe das vorstehende Referat) nicht zu bestätigen.
Bergemann (Husum).
250. Faralysiei ooulaires et hömiplegie
diphthMquoa ; par T e i 1 1 a i s. (Ann. d'Oculist
CXXX. p. 14. 1903.)
T. erOrtert unter Berücksichtigung der zu-
gehörigen Literatur und im Zusammenhange mit
4 eigenen klinischen Beobachtungen Wesen und
Entstehung der postdiphtherischen Lähmungen.
Im Anschlüsse an eine abgelaufene Diphtherie be-
obachtete er bei seinen Kranken Folgendes.
Beim ersten eine vollständige Oculomotorius-Para-
lyse rechts, Parese des Rectus sap., der Accommodation
und des Sphincter pupillae links ; Heilung nach 8 Monaten.
Beim zweiten bestand Parese des Rectus sup. links und
der Accommodation beiderseits; Heilung nach 1 Monat.
Der dritte hatte rechts eine vollständige Ophthalmo-
plegia exterior et interior und eine Paralyse des Rectus
sup. et infer. links ; ausserdem beiderseits Accommodation-
lahmung und leichte Ptosis. Dazu kam nach einigen
Tagen eine Lähmung des weichen Gaumens und nach
etwa 2 Wochen rechtseitige Hemiplegie mit kurz darauf
214
VIIL Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
folgendem Tode. Der 4. Er. litt an einer rechtseitigen
Abducens- Parese, die nach 3 Wochen heilte.
Auf Qmnd seiner Wahrnehmungen vertritt T.
mit Anderen die Anschauung, dass die postdiph-
therischen Lähmungen Aeusserungen reiner Hemi-
plegien sind, und zwar sollen diese bedingt sein
durch cerebrale Hämorrhagien, die durch Oefäss-
veränderungen in Folge von Einwirkung des
Diphtheriegiftes zu Stande komüien.
Bergemann (Husum).
251. Le rölo de la oapsuie de Tenon dans
les Operations de strabismo ; parL. de Wecker.
(Ann. d'Oculist CXXX. p. 5. 1903.)
Mehrere Veröffentlichungen, die angeblich neue
Verfahren der Vorlagerung bei Strabismus an-
zeigen, veranlassen d e W. seine Prioritfttansprüche
zu vertreten. Er setzt auseinander, wie *er stets
auf die grosse Bedeutung der Tenon'schen Kapsel
für die Vorlagerung hingewiesen und demgemäss
seit 20 Jahren mit bestem Erfolge operirt habe.
Seines Erachtens sind die Aussetzungen, die an
dem von ihm geübten Verfahren gemacht werden,
unbegründet ; seine Methode habe vielmehr manche
Vorzüge vor den anderen. So sei bei ihm niemals
der Uebelstand hervorgetreten, der Trousseau
mehrfach bei seinem Verfahren begegnet ist, dass
z. B. nach der ümsohnürung des vorzulagemden
Muskels und seiner Bedeckung entstellende Wülste
zurückbleiben, d e W. vermeidet diese, indem er
zu Beginn der Operation ein Stück Bindehaut aus-
schneidet; dadurch schafft er sich zugleich einen
besseren Einblick in das Operationgebiet. Ganz
entschieden ein Mangel sei auch das Vorgehen
Landolt's, der seinen Operirten 6 Tage lang den
Binoculus auferlegt ; ebenso die gleichzeitige Ope-
ration an beiden Augen, sowohl bei Joe qs, der
die Vorlagerung auf dem einen Auge mit derTeno-
tomie der Antagonisten am anderen Auge verbindet,
als auch bei Landolt, der nach ungenügender
Wirkung einer beiderseitigen Vorlagerung noch
die Tenotomie eines Antagonisten anschliesst
deW. pflegt nur an einem Auge zuoperiren, indem
er die Vorlagerung mit der Rücklagerung des
Antagonisten verbindet; Binoculus wird nicht an-
gewendet ; wenn irgend möglich, soll der Operirte
sogar in seinem Berufe weiterarbeiten. Sehr zu
beanstanden sei ferner die „graduelle, plastische
Tenotomie" V erhoff 's, die weiter nichts sei, als
eine theilweise Tenotomie und deshalb nie eine
Dauerwirkung haben könne; denn es steht er-
fahrungsgemAss fest, dass das dünnste Fädchen des
Sehnenfächers, das bei der Durchschneidung un-
versehrt geblieben ist, genügt, um jede Rücklage-
rung unmöglich zu machen. Ebenso kann Motais'
vertikale Durchschneidung der Kapsel ohne Ab-
lösung der Muskelsehne von ihrer Insertion keine
Rücklagerung bewirken. Wie Andere fand auch
deW. bei zahlreichen Versuchen, dass das centrale
Kopfende bei unversehrter Sehne, bez. Muskel sich
nicht zurückzuziehen pflegt, sondern sehr bald in
seiner Mheren Lage mit dem Homhautende ver-
klebt. Bergemann (Husum).
252. Bin Beitrag BurKenntniss derPapUlon-
phänomene; vonDr.A.Bielschowsky. (Klin.
Mon.-Bl. f. Augenhkde. XLI. BeiL-Heft 1903.)
I. Ueber eine besondere Art „springender^^
Pupillen. B. bespricht ausführlich eine sehr inter-
essante klinische Beobachtung, die bisher erst 4mal
genauer beschrieben worden ist. Das wesentliche
Merkmal des Krankheitbildes besteht darin, „dass
an Augen mit einer angeborenen oder in frühester
Kindheit entstandenen Oculomotoriuslähmung perio-
disch, in ziemlich regelmässigen und kurzen Zwi-
schenräumen, Erregungen einer bestimmten Anzahl
der von dem gelähmten Oculomotorius versorgten
Muskeln erfolgen^^ Das andere Auge verhält sich
regelrecht. Ueber das Zustandekommen der Er-
scheinungen sind zuverlässige Schlüsse noch nicht
mOglich, weil anatomische Untersuchungen noch
nicht vorliegen. Nach B. sind 2 Faktoren zu be-
rücksichtigen, deren Zusammenwirken das eigen-
artige Krankheitbild hervorbringen kOnnte: „1) ein
auf das Kerngebiet des unvollständig gelähmten
Nerven einwirkender Dauerreiz, der von den Resi-
duen einer früheren Läsion ausgeht und vermuth-
lich durch Aenderungen der Qefässinnervation ab-
geschwächt oder verstärkt wird ; 2) die verschieden-
artige Reaktion des unter dem Einflüsse wechselnder
reflektorischer und willkürlicher Innervationen
stehenden Kerngebietes'^
n. Ueber periodische einseitige Miosis. Es
handelt sich um 2 Kranke mit Ptosis und Diver-
genzschielen eines Auges und beiderseitiger reflek-
torischer Pupillenstarre, wahrscheinlich in Folge
von Lues. Während die Pupillen bei Sohielstel-
lung fast gleich weit sind, verengert sich bei Gon-
vergenzbestrebungen, im 2. Falle auch bei unocularer
Nahepunkteinstellung, die Pupille des nicht schie-
lenden Auges übermässig. B. erblickt den Grund
für die einseitige periodische Miosis darin, dass in
Folge der Parese des einen Sphincter iridis die
Pupillen ungleich eng werden, wenn zur Erreichung
der binocularen Fixirung eine abnorm starke Con-
vergenzanstrengung einsetzt Auffallend ist bei
beiden Kranken die beträchtliche Abweichung der
Accommodation und Convergenz von ihrem physio-
logischen Zusammenwirken.
Bergemann (Husum).
253. Bin neues Pupillometer; von Dr.
Bumke. (Münchn. med. Wchnschr. L. 31.
1903.)
B. hat sich einen Pupülenmesser ersonnen und bei
zahlreichen üntersuchangen gut bewährt befunden, der
80 eingerichtet ist, dass darch einen *8piegel das Bild des
Maassstabes in die Pupillenebene entworfen wird. Dnroh
eine Convexlinse von 9 Dioptrien werden Auge und Maass-
stab 2V|faoh vergrössert Mit einer geringen Abände-
rung lässt sich das Instrument bequem mit der Zehen-
dor-Westien 'scher Lupe verbinden.
Berge mann (Husum).
IX. Hygieine und Staatsarzneünmde.
215
254. Sin Fall Ton doppelter Ferforatton
des Augapfels durch einen Bisensplitter; von
Dr. Oenth. (Arch. f. Augenhkde. XL VIII. 3.
p. 275. 1903.)
Q. berichtet über einen Kranken aus der M el-
lin ger 'sehen Klinik, dessen doppelte Durchboh-
rung des Auges durch einen Eisensplitter besonders
günstige Beobachtungsverhältnisse bot Der Splitter
war im temporalen Sklera-Segment vom ein- und
hinten ausgetreten. Die durchsichtig gebliebenen
Medien gestatteten eine genaue Beobachtung der
hinteren Austrittstelle. Bevor eine zuverlässige
BOntgen-Aufnahme die Anwesenheit des Splitters
in der Augenhöhle beweisen konnte, war für die
Diagnose die herabgesetzte Spannung ausschlag-
gebend. Gerade dieser Thatsache empfiehlt G.
neben der Radiographie mehr Gewicht beizulegen.
Denn sehr oft ist die ophthalmoskopische Prüfung
wegen ausgedehnter intraocularer Blutungen er-
schwert oder ganz unmöglich ; andererseits ist die
sideroskopische Untersuchung auch nicht immer
zuverlässig. Bergemann (Husum).
255. Ueber Magnet-Operationen am Auge;
von H. Schmidt-Rimpler. (Arch. f. Augen-
hkde. XLVIIL 2. p. 183. 1903.)
Schm.-B. bevorzugt im Allgemeinen den
Ha ab 'sehen Riesenmagneten. Den Hirsoh-
b er g 'sehen benutzt er nur bei primärem Sitze des
Fremdkörpers in der Vorderkammer oder, nachdem
er mit dem Riesenmagneten den Splitter von hinten
an der Linse vorbei vorwärts geführt hat Auch bei
nachweisbarer Lage unmittelbar hinter der Regen-
bogenhaut hält er den Hirschberg'schen für
angezeigt, indem er zuvor das vorgebuckelte Stück
Iris ausschneidet Der Riesenmagnet riss ihm ohne
die präparatorische Iridektomie 2mal die ganze
Regenbogenhaut heraus. Lässt sich der Sitz des
Splitters nicht ermitteln, so bringt S.-K regelmässig
die untere Hornhautgrenze an den Riesenmagneten
und versucht dann den Fremdkörper um die Iris
herum in die vordere Kammer zu leiten. Skleral-
schnitte macht er erst dann, wenn alle Versuche
das Eisen nach vom zu führen, vergeblich sind.
Bergemann (Husum).
IX. Hygieine und Staatsarzneiicunde.
256. üeber die Wirkung einiger ohemisoher
Deainfektioiismittei ; von Schumburg. (Ztschr.
f.Hyg. u. Infektionskrankh. XLV. 1. p. 126.1903.)
BromlOsung von 0.08: 1000 tOdtet im Wasser
befindliche Cholera- und Typhusbakterien in der
Begel vollständig ab, es kommen aber Ausnahmen
vor. Noch unsicherer als das Brom wirken Sublimat
1:1000 und die 5proc. Carbolsäure; selbst nach
'/4Stündiger Einwirkung dieser Desinfektionmittel
auf Typhusbacillen , Staphylokokken und die so
empfindlichen Choleravibrionen gelang es, durch
die Anreicherungsmethode und nach Entfernung
des Desinficiens lebensfähige Mikroben der 3 ge-
nannten Arten nachzuweisen. Wahrscheinlich
lässt sieh in kurzer Zeit (bis etwa ^/^ Stunden)
durch chemische Mittel eine völlige und ausnahme-
lose AbtOdtung krankheiterregender Bakterien über-
haupt nicht erzielen. Woltemas (Solingen).
257. Die deainfoktoriBOhe Kraft erwärmter
Sodalöaimgen ; von Simon. (Ztschr. f. Hyg. u.
Infektionskrankh. XLIU. 2. p. 348. 1902.)
Eine 5proc. SodalOsung vernichtete bei 52*
Diphtheriebacillen in 1 Minute, Streptokokken in
5 Minuten, Meningokokken in 60 Minuten. Bei
62* vernichtete eine 2proc. SodalOsung Diphtherie-
bacillen und Streptokokken in 1 Minute, Meningo-
kokken und Tuberkelbacillen in 5 Minuten, Sta-
phylokokken in 15 Minuten. Die 2proc. Soda-
lOsung von 60 — ß2^ eignet sich besonders gut
zum Abscheuem von FussbOden und HolzmObeln,
sowie zur Desinfektion vonEss- und Trinkgeschirr,
sie empfiehlt sich auch durch ihre Billigkeit, da
ein Hektoliter Desinfektionflüssigkeit nur 20 Pf.
kostet Woltemas (Solingen).
258. Zur Frage der Formaldehyddeainfek«
tion; von P. H. ROmer. (Beitr. z. experim. Ther.
Heft 6. p. 111. 1903.)
Unter günstigen Bedingungen vorgenommene
Versuche, einen Raum durch Formaldehyd zu des-
inficiren, hatten keinen genügenden Erfolg. Die
besseren Ergebnisse anderer Autoren erklärt R. da-
durch, dass vielfach unterlassen wurde, die Test-
objekte durch Behandlung mit Ammoniak von den
anhaftenden Resten des Formaldehyds zu befreien.
Die Formalindesinfektion erzielt keine zuverlässige
Vernichtung der Erankheiterreger, hemmt sie aber
in ihrer Entwickelung, und hat daher die Bedeu-
tung einer sehr empfehlenswerthen Vordesinfektion.
Vielleicht lässt sich das Verfahren auch noch voll-
kommener gestalten. Woltemas (Solingen).
259. Experimentelle Beiträge aar Form-
aldehyd - Waaserdampfdesinfektion ; von H.
Herzog. (Centr.-BL f. Bakteriol. u. s. w. XXXIV.
2. p. 170. 1903.)
Nach den eingehenden Versuchen H.'s wird
die Wirkung des strömenden Wasserdampfes durch
gleichzeitiges Verdampfen von Formaldehyd be-
deutend gesteigert, ganz besonders bei 100-, bez.
98.6grädigem Formaldehydwasserdampf. Sogingen
beim Verdampfen einer O.lproc. Formaldehydlösung
Sporen von Bac. mesent, die im einfach strömen-
den Wasserdampfe nach 145 Minuten noch lebend
waren, bereits nach 10 — 15 Minuten zu Grunde.
Eine so bedeutende Steigerung der Desinfektion-
wirkung in der Tiefe voluminöser Objekte, wie sie
V. Esmarch beobachtet hat, konnte H. nicht fest-
stellen. Formaldehydwasserdämpfe von nur 70 bis
80<^ ergaben sehr beträchtliche baktericide Wirkung
216
IX. Hygieine und Staatsarzneüninde.
gegenüber freien Sporenf&den : Hilzbrandsporen, die
dem strömenden Wasserdampfe von 98.5® 9 Minuten
widerstanden hatten, gingen in I^/q Formaldehyd-
wasserdampf von 70<^ schon nach 4 Minuten zu
Qrunde. Die Anwendung des 70grädigen Formalin-
wasserdampfes unter Zuhülfenahme des Yacuum
ffihrte nicht durchweg zu befriedigenden Resultaten.
Hervorzuheben ist, wie schon v. Esmarch that,
dass bei richtiger Versuchsanordnung die genannten
Dämpfe von 70 — 80® im Stande sind, auch die
widerstandfähigsten Sporen zu vernichten, d. h. bei
einer Temperatur, die für Gegenstände wie Leder,
Pelz, Seidenstoffe u. s. w. nicht schädlich ist Die
Frage der Desinfektion grosser Ballen durch diese
Methode harrt noch der Lösung.
Walz (Stuttgart).
260. Baoterium ooli als Indikator für Fä-
kal?erunreinigang von Wässern; von J. Pe-
truschky u. fl. Pusch. (Ztschr. f. Hyg. u.
Infektionskrankh. XLUI. 2. p. 304. 1903.)
Die Vff. fanden die von Weissenfeis auf-
gestellte Behauptung, dass Bacterium coli in allen
Wasserproben vorkomme, nicht bestätigt, sind viel-
mehr der Ansicht, dass sich durch quantitative Be-
stimmung des Coiigehaltes ein guter Maassstab für
die Fäkalverunreinigung des Wassers gewinnen
lässt, und stellen 4 Verunreinigungstufen auf, deren
jede die vorhergehende im Coligehalte um das
lOfache übertrifft. Yon dem zu untersuchenden
Wasser werden Mengen von 100 com, 1 com und
0.1 ccm mit Pepton bouillon vermischt und für
24 Stunden in den Brütschrank gestellt, diejenigen
Proben, die thermophile Bakterien enthalten, zeigen
dann eine gleichmässige Trübung. Von den ge-
trübten Proben werden Ausstriche auf Agarplatten
gemacht und es wird bestimmt, ob es sich um
Bacterium coli handelt, das bei Weitem das häufigste
thermophile Bacterium in verunreinigten Wässern
ist. Zeigen sich z. B. die Proben von 1 ccm und
0.1 ccm klar, die Proben von 10 ccm aufwärts ge-
trübt, so hat das Wasser denThermophilentiter 10;
ist dann Bacterium coli in 100 ccm nachweisbar,
in 10 ccm nicht, so hat^s den Colititer 100. Bei
verunreinigten Wässern müssen die Proben mit
Verdünnungen gemacht werden.
Woltemas (Solingen).
261. Weitere Beitrage lurGtowinnung von
keimfreiem Trinkwasser dnroii Zusats von
Olilor und Brom; von F. Ball n er. (Arch. f.
Hyg. XLVIIL 2. p. 140. 1903.)
Durch Zusatz von 150 mg Chlorkalk zu 1 Liter
Wasser lässt sich bei einer Einwirkungzeit von
30 Minuten eine zuverlässige Sterilisation nicht er-
zielen, mit höheren Chlorkalkmengen behandeltes
Wasser schmeckt zu schlecht. Das Chlorverfahren
empfiehlt sich daher nur dann, wenn die Verhält-
nisse eine längere Sterilisationzeit von 2 — 3 Stun-
den erlauben. Das Bromverfahren ist noch un-
zuverlässiger. Woltemas (Solingen).
262. Ueber die Trinkwssserdesinfektion
mit Jod naoli Vailland ; von 0. Obermaier.
(Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXV. 6. p. 592.
1903.)
0. hat mit der Methode keine besonders gün-
stigen Resultate erhalten und keine vollständige
Vernichtung aller pathogenen Keime erzielt Die
scheinbare Tödtung beruht wohl nur auf Lähmung
der Bakterien. Walz (Stuttgart).
263. Die Conservirang des Haokfleisehsi
mit (neutralem) sohwefligsaurem ST atron ; voq
E. A 1 1 s c h ü 1 e r. (Arch. f. Hyg. XL VIII. 2. p. 115.
1903.)
Schwefligsaures Natrium zeigt für Hackfleisch
eine conservirende Wirkung, die noch bei 0.05®/|
des Salzes erkennbar, bei O.b^l^ am sichersten ist
und kaum stärker wird, wenn man über 0.5^/«
hinausgeht Die Wirkung beruht auf einer Ent-
wickelungshemmung der Bakterien. Ist die Fäul-
niss erst eingetreten, so entwickelt sie sich trotz
des Salzzusatzes ruhig weiter und nur die stinken-
den Fäulnissprodukte werden für einige Zeit be-
seitigt. Ein Zusatz des Salzes zu im Faulen be-
griffenem oder der stinkenden Fäulniss nahem
Fleisch verleiht ihm den Anschein einer besehen
Beschaffenheit. Gesundheitlichen Anforderungen
genügt das schwefligsaure Natrium daher trotz
seiner Einwirkung auf die Entwickelung der Bak-
terien nicht, da es über die wahre Beschaffenheit
des Fleisches täuscht Woltemas (Solingen).
264. Zusammensetzang des Eochsalisarro»
gates der Bingeborenen von Angoniland; von
Emil Abderhalden. (Arch. f. d. ges. PhyaioL
XCVIL 1 u. 2. p. 103. 1903.)
Das bisher in Britisch Centralafrika gebrauchte
Salz, das die Bingeborenen aus gebranntem Ziegen-
mist und Holzasche herstellen, enthält überwiegend
Kalisalze. Dieses erscheint bei der hauptaftchiidi
vegetabilischen Kost der Bevölkerung unnatürlich
und so wird denn das Surrogat überall schnell durdi
das importirte Kochsalz verdrängt.
Q. F. Nicolai (Berlin).
265. Beiträge 8ur Kenntniss des Cigarettan-
und des Ffeifenranohes; von J. Hab er mann.
(Ztschr. f. physiol. Chemie XL. 1 u. 2. p. 148. 1903.]
Im Anschluss an seine früheren Untersuchungen
über Cigarren und Cigarrenrauch hat sich H. mit
der Analyse der Cigaretten und des Pfeifentabakf
beschäftigt und kommt zu folgenden EUtnptev^geb'
nissen : Die mittleren Aschengehalte der Gigarettei
weichen von einander und von denen der frOha
untersuchten Cigarren nicht erhebUoh ab. De
mittlere Aschengehalt des Pfeifentabaks istdagagei
wesentlich höher. Bei den Cigaretten und Pfeifen
tabaken ergab sich im Mittel ein geringerer Wasser
gehalt als bei den Cigarren. Der Niootixigehal
der Cigaretten ist wesentlich hüherals der de
IX. Hygieine und Staatsarzneiinmde.
217
meisten Cigarren, derjenige des Pfeifentabaks da-
gegen geringer. Der Oehalt des Rauches an Eohlen-
sftore und Eohlenozyd ist gegenüber den meisten
Ciguren gering, der Oehalt an Sauerstoff dagegen
aoffallend gross. Der Oehalt des Rauches an Stick-
stoffbaaen ist erheblich geringer, als der Nicotin-
gehdt der Cigaretten, dagegen der Oehalt der
Cigarettenstumpfe daran erheblich grOsser. Der
Odialt des Pfeifenranches an Stickstoffbasen ist
bedeutend grösser als der Nicotingehalt des Pfeifen-
tabaks, und zwar um so grosser, wenn Wassersack
und Pfeifenrohr ausgeschaltet werden. Der Oehalt
des angesaugten Gigarettenrauches an Blausäure
ist sehr gering; im Pfeifenrauch war überhaupt
keine Blaus&ure zu finden.
V. Lehmann (Berlin).
266. 26 Jahre Todoaarsaohenatatüitik.
Befaren t : Regierungsrath Prof. Dr. M a y e t Hierzu
4 Tafeln mit Diagrammen. (Sond.-Abdr. aus d.
Vierteljahrsheften zur Statistik des Deutschen
Beichs 1903.)
Die Arbeit berücksichtigt die Todesursachen in
den deutschen Orten mit 15000 und mehr ESn-
vohnem. Von den Ergebnissen aus dem reich-
Utigen Zahlenmaterial seien hier nur die folgenden
mitgetheilt: die Oesammtsterblichkeit hatvonJahr-
Üliift zu Jahrfünft abgenommen. Bei den Todes-
ftUen an Pocken, Unterleibtyphus, gastrischem
Dod Nerrenfleber, Flecktyphus, Eindbettfieber und
Lungenschwindsucht zeigt sich eine ausnahmlose
Aboahme, auch die Selbstmorde haben abgenommen.
Die Yenmglückungen, die in den ersten Jahr-
Anften abnahmen, haben im letzten eine bedeutende
Zonshme erfahren. Die Todesfälle an akuten Darm-
^kheiten haben zugenommen ; als Orund ist die
vermehrte Thetlnahme des weiblichen Oeschlechtes
am Erwerbsleben zu betrachten, die zur Folge hat,
daes die Brustemfthrung der kleinen Kinder ab-
i^mmt W 0 1 1 e m a s (Solingen).
267. Zur Trage der Brdbeatettimg ?om
Stendpunkt der ölfoiitlioheii Qerandlioito-
Pflege; von Matthes. (Ztschr. f. Hyg. u. In-
fektionakrankh. XLIV. 3. p. 439. 1903.)
Die Arbeit hat einen besonderen Werth da-
durch, dass sie auf Untersuchungen beruht, die an
dem Hamburger Centralfnedhofe seit 2 Jahrzehnten
BJBtematisch durchgeführt worden sind. Das Er-
^ohniss ist, dass trotz dichter Aneinanderlagerung
<^ Leichen, die bei ca. 12000 jährlichen Be-
odigangen zu einer beträchtlichen Anhäufung von
^Uinissmaterial auf eng b^renztem Räume führen
ttiMB, eine Verunreinigung der Oewässer des Unter-
Snindes nicht nachweisbar ist Die Annahme, dass
liehtig angelegte Friedhofe hygieinisch unbedenk-
lich sind, erfährt damit ^e neue Stütze.
Woltemas (Solingen).
MUk nmoBB Leiloh«ii-Ck»iia«r?lnmga-
; Ton A. Brosch. (Ztschr. f. Heilkde.
IV. 10. p. 304 1903.)
Med. Jahrbb. Bd. 281. Hft. 2.
Das Verfahren besteht in einer fMalnissfesten Im-
Srägnirang der Leiohen unter hohem Dnicke. Für den
'opf, bei dem es aaf eine möglichst rasche Härtung der
Gesichtzüge ankommt, wird eine Mischung von 1000 g
Formalin mit 50g Chlornatrium und 50 com Acid. carbo).
liquefact. benutzt, sie wird durch Hohlnadeln injicirt, die
von den Nasenöffnungen aus durch das Siebbein bis zur
inneren Fläche der Scheitelbeine geführt werden. Die
Flüssigkeit für die Glieder und den Rumpf besteht aus
einer Bproo. Formaldehydlösung, der lOVt Chloroatrium
und 5% Acid. carbol. hquefaot zugesetzt sind, zur In-
jektion dienen Kanülen von einer lÄnge bis zu 125 cm,
die durch die Harnröhre eingeführt werden, so dass jede
äussere Verletzung der Leiche unterbleibt. Das Genauere
über das Instrumentarium und die Technik ist im Originale
einzusehen. Naoh den der Arbeit beigegebenen Auto-
typien oonservirter Leichen, die ohne Schutz vor Luft
und licht Monate lang offen aufgebahrt waren, ist die
Methode sehr leistungsföhig. Für die dauernde Auf-
bewahrung kommt es dann noch darauf an, die Aus-
trooknung der Leiche zu verhindern, was sich auf verschie-
dene Weise erreichen läset Woltemas (Solingen).
269. Iiangonf&ulniM und Bohwimmprobo ;
von Prof. L e u b u s c h e r. ( Vj hrschr. f. gerichtL
Med. 3. F. XXVL 2. p. 262. 1903.)
L. setzte eine grossere Anzahl von ThierfOten,
die sicher nicht geathmet hatten, derFäulniss aus;
nur bei 2 Hammelf5ten fanden sich unter der
Pleura beider Lungen je 3 — 4 Stecknadelkopf«
grosse (hsblasen, in allen übrigen Fällen zeigten
die Lungen bei der Sektion glatte OberflAchen und
keine Schwimmfähigkeit Ferner wurden die Lei-
chen von 14 menschlichen Neugeborenen, bei denen
derCtoburthergang genau bekannt war, im Zustande
starker Fäulniss untersucht: 9mal konnte eine Ath-
mung mit Sicherheit ausgeschlossen werden, und
in diesen 9 Fällen fand sich nicht die geringste
Oasblasenentwickelung vor, die zur Schwimmfähig-
keit der Lungen oder eines Theiles davon führen
konnte. In einem Falle ergab sich eine einzige
erbsengrosse Oasblase an der Spitze des einen Ober-
lappens, jedoch war hier die Möglichkeit eines
intrauterinen Luftathmens nicht sicher ausge-
schlossen. An den Lungen der übrigen 4 Kinder,
die, wenn auch nur oberflächlich, so doch sicher
geathmet hatten, liess sich dagegen stets die Bil-
dung mehr oder weniger zahbeicher Oasblasen
unter der Pleura, sowie eine gewisse Schwimm-
fähigkeit feststellen. Die Untersuchungen be-
stätigen somit die Angabe von Bordas und Des-
coust, dass sich Fäulnissblasen an den Lungen
nur dann entwickeln, wenn Athmung stattgefun-
den hat Woltemas (Solingen).
270. Zar Frage der Vorwerthbarkeit der
Langensohwimmprobe bei Keimgehalt der
Utenuhöble ; von Prof. ü n g a r in Bonn. (Centr.-
Bl. f. OynäkoL XXVL 27. 1902.)
Der Inhalt ist hauptsächlich gegen Hitsch-
mann und Lindenthal (Arch. f. Oynäkol.
LXYL 2. p. 3) gerichtet. H. und L. hatten die
Schwimmfähigkeit der Lungen lediglich auf die
Ansiedelung gasbildender Bakterien zurückgeführt
Demgegenüber führt Ungar aus: 1) dass die
28
218 Eiliani, Chem. Praktioum. — Sobotta, Atlas der descriptiTen Anatomie des Menschen.
Möglichkeit einer Luftaufnahme nioht vollkom-
men ausgeschlossen ist, da die Mütter touchirt
waren; 2) dass Menge und ErGnig anaörobe
Bakterien ohne Schwimmfähigkeit der Lungen nach-
gewiesen haben ; 3) dass das absterbende Kind bei
Tympania uteri das Öas der Bakterien direkt ein-
geathmet haben kOnnte. Immerhin leugnet U. nicht
die Möglichkeit von Ghisbildung durch anaörobe und
Fftulnissbakterien überhaupt, nur hält er nach all-
gemeiner Erfahrung den Einfluss der Fftulniss auf
die Schwimmprobe für gering. Ausserdem handelt
es sich in der gerichtlichen Medicin meist um
heimlich, schnell verlaufende Geburten, nicht um
solche, bei denen Bedingungen vorliegen, die ein
Luftathmen in utero ermöglichen. Danach erleiden
Lungenschwimmprobe und aus denselben Gründen
Magendarmprobe im Allgemeinen keine Einbusse
ihres Werthes. 0 1 a e s e r (Danzig).
271. Ueber die KryoBkopie dea Blatea als
Mittel Bar Diagnoae dea BrtrinkangBtodeB ;
von Dr. N. Stoenescu. (Spitalul. XXIII. 16.
p. 569. 1903.)
Beim Ertrinken gelangt durch die Lungen
eine gewisse Wassermenge in die Blutoirkulation,
hierdurch wird das Blut des linken Herzens ver-
dünnter als dasjenige der rechten Herzh&lfte.
Dieser Unterschied wird durch die kryoskopische
Untersuchung klar gemacht, indem links em vid
geringerer, oft halb so grosser CoSfficient als rechts
gefunden wird. Die Experimente machte S. an
ertränkten Hunden; die Controlversuche, die aa
auf andere Weise getödteten, oder an nach dem
Tode in's Wasser gelegten Hunden gemacht wor-
den, zeigten für das Blut beider Herzh&lften &8t
gleiche kryoskopische Zahlen. Falls das Ertrinken
in Salzwasser stattfindet, ist der kryoskopische
Werth des arteriellen Herzblutes erheblich erhöht,
da durch das Salzwasser die molekulare Goncen-
tration des Blutes erhöht wird. Die kryoskopische
Methode zur Feststellung des Ertrinkungstodes
wurde letzthin von Revenstorf auch für den
Menschen bestätigt. B. fand ausserdem beim Ver-
gleichen der kryoskopischen Zahlen des linken
Herzblutes und der Cerebrospinalflüssigkeit, dass
während gewöhnlich bei Leichen erstere höher
sind, bei Ertrunkenen das Umgekehrte statthat
S. ist daher der Ansicht, dass durch die kryosko-
pische Untersuchung mit Sicherheit ein Ertrun-
kener von einem nach dem Tode in das Wasser
Gelangten unterschieden werden kann.
KToff (Braila).
C. BOcheranzeigen.
24. ChemiBohea Fraktioam für Mediciner ;
von Prof. Heinrich Kiliani in Freiburg
i. Br. München 1904. Theodor Ackermann.
Gr. 8. VII u. 67 S. (1 Mk. 80 Pf.)
An kleinen Leitfäden, wie dem vorliegenden,
ist zwar kein Mangel, indessen hat dieses Werk-
chen den Vorzug, sich genau auf das zu beschrän-
ken und knapp und klar zu besprechen, was der
Student durchaus von praktischer Chemie lernen
muss und innerhalb eines Semesters lernen kann.
Der erste Theil behandelt die Reaktionen der
Metalle und den Nachweis der wichtigsten, der
zweite die Reaktionen der Säuren und die Unter-
suchung auf Säuren ; im dritten Theile werden die
quantitative Analyse, und zwar fast ausschliesslich
die Massanalyse, Acidimetrie und Alkalimetrie,
besprochen; der vierte Theil bringt die nüthig-
sten speciellen Methoden zur Untersuchung von
Harn u. s. w. Lehmann (Berlin).
25. Atlas der deBoriptlTen Anatomie dea
MenBohen; von J. Sobotta. L Bd. Mün-
chen 1904. J. F. Lehmann's Verlag. 4. XI u.
229 S. mit 34 färb. Taf. u. 257 Abbüd. (20 Mk.)
Wenn heute bei der so ausserordentlich grossen
Fülle anatomischer Atlanten und Hülfsbücher ein
neuer Atlas auf dem Büchermarkte erscheint, so
erwartet man von ihm im Allgemeinen keine Be-
reicherung anatomischer Kenntnisse. Es kommt
hauptsächlich darauf an, für müglichst geringes
Geld eine möglichst praktische und übersichtlid&e
Darstellung des gegebenen Stoffes zu liefern.
Beidem genügt der I. Band des neu erscheinendeii
Werkes, der die Knochen, Bänder, Ctolenke und
Muskeln des menschlichen Körpers umfasst, in
vorzüglicher Weise. Vor Allem ist die farbige
Darstellung des Muskel- und Fasciensystems mit-
tels lithographischer Tafeln als äusserst gelungen
zu bezeichnen. Ohne zu stark zu schematisirenf
sind die Abbildungen doch ungemein übersichtlich
und verm(^n sich dem Gedächtnisse leicht ein-
zuprägen. Sie würden ihren Zweck, das an der
Leiche gewonnene Bild zurückzurufen und zu er-
gänzen, in noch vollkommenerem Orade erreichen,
wenn sie womöglich in NaturgrOsse und, wo dies
nicht angängig, wenigstens in einer einheitlichen
und vor Allem jedesmal angegebenen Verklei-
nerung dargestellt wären. Es ist nicht einzusehen,
warum dieses letztere Princip, das bei den Knochen
angewandt ist, bei den Muskeln weggelassen wurde
Wenn bei der Darstellung manche Brfahrungei
benutzt sind, die auf den kürzlich erschienoiea
Hamburger. — Rosenbach. — Fraenkel. — Hanszel.
219
und in Umlicher Weise angelegten Spalteholz'-
gehen Atlas zurückzuführen sind, so gereicht auch
dieses dem Buche nur zum Yortheile.
G. F.Nicolai (Berlin).
26. Arteigenheit und AMimllation ; von Dr.
Franz Hamburger. Leipzig u.Wien 1903.
FhiDz Deuticke. Gr. 8. 73 S. (lMk.50Pf.)
H. giebt von einem Gesichtspunkte aus, den
man wohl im Allgemeinen für berechtigt, auf alle
mie aber für interessant halten wird, einen Ueber-
bück über die Thatsachen der modernen Immunität-
lehre und der biologischen Forschung überhaupt
Et geht 7on der Thatsache aus, dass jeder Orga-
nismus auf die Einverleibung eines anderen Orga-
nismus mit der Bildung specifisoher Stoffe (Anti-
körper) antwortet, die dann ihrerseits im Stande
sind auf eben diesen anderen Organismus — und
iwar nur auf diesen — zu wirken, wobei es oft,
abor nicht nothwendig, zu einer wahrnehmbaren
Erscheinung kommt ( Aggl utinationerscheinung,
PricipitinreaktioD u. s. w.). Hieraus ist mit Noth-
veodigkeit zu schliessen, dass so ähnliche Stoffe
— wie das Serum verschiedener Thiere z. B. —
doch für jede Thierspecies anders, und zwar ganz
l>estimmt charakterisirt sind. Indem H. nun die
Tenigen vorliegenden Versuche, die zeigen, dass
die mit irgend welchen Organen eines Thieres ge-
wonnenen Antikörper auch auf die anderen Organe
desselben Thieres ebenso einwirken, verallgemei-
nert, kommt er zu dem Schlüsse, dass alle lebende
Substanz eines Thieres neben ihrer Organstruktur
|l B. Leberzelle) eine Arteigenheit besftsse, und
braoebt dafür das sehr anschauliche Bild eines
Salzes, das auch erst genügend definirt sei, wenn
man sowohl seine Säure, als auch sein Metall
kenne. Trotzdem aber hätte es eben so gut eine
Berechtigung von Leberzellen einerseits und Hunde-
zeOen andererseits zu reden, wie man von Silber-
oder Schwefelsalzen spräche. Diese Arteigenheit
der chemischen Struktur der lebenden Substanz
vird nun als der conkrete Träger der begrifflich
schon lange postulirten Vererbung in Anspruch
genommen, während H. in der Assimilation der
lebendigen Substanz die Fähigkeit sieht, fremde
StickstofTverbindungen artgleieh zu machen, sie sich
ibo im wahrsten Sinne des Wortes anzueignen.
Von dem so gewonnenen Standpunkt aus werden
Aon verschiedene biologische Fragen behandelt;
doch muss hier auf das sehr lesenswerthe Original
^erwiesen werden. G. F. N i c o 1 a i (Berlin).
27. Morphium als Heilmittel ; von Prof. Dr.
E. Rosenbach. Berlin 1904. Fischer's
med. Bucfah. Gr. 8. VI u. 94 S. (2 Mk.)
B. meint vermuthlich Folgendes: Morphium
steht zwar als lähmendes Gift im Buche, man
^te es eigentlich consequenter Weise nur an-
wenden, wenn man üebererregbarkeiten auf ihr
BGrmales Ifaass zurückdämmen will. Indessen
erzielt man auch gute therapeutische Wirkungen
mit Gaben dieses lähmenden Mittels da, wo das
klinische Symptomenbild auf Lähmung irgend
einer Organfunktion 2u deuten scheint. Bei solcher
scheinbar paradoxer Anwendung des Morphins
macht man sich die physiologische Gorrelation der
Organe des Körpers zu Nutze. Wenn man näm-
lich im Falle einer beliebigen negativen Funktion-
sohädigung eines Organs den Energiebedarf eines
anderen Organs einschränkt (im speciellen Falle
des Gehirns u. s. w. durch Morphin), so muss die
trotzdem nach wie vor disponible Energie den
anderen Organen und darunter auch dem geschä-
digten zu gute kommen. So glaubt Bef. die
),Energietherapie** R.'s auffassen zu müssen. Das
macht R dem Leser aber nicht leicht, denn er
jonglirt in halsbrecherischer Weise mit Worten,
für die man sich nur mit Mühe den Begriff bildet.
Z. B. p. 10 : „Tonioa sind Mittel, die durch ihre Zer-
fallsprodukte direkt wirkende Reize, resp. Energie-
formen für den inneren Theil der Energetik liefern,
den wir im weitesten Sinne als wesentliche Arbeit
bezeichnen, weil er die Processe umfasst, die zur
Erhaltung der Betriebsspannung der somatischen
Maschine nothwendig sind.^^ Wozu eine so fürch-
terliche Sprache, der gute Sinn, der in den An-
sichten R.'s gewiss steckt, muss darunter leiden
„bezüglich seines Potentials zum Leserhim*^
W. Straub (Leipzig).
28. Speoielle Pathologie und Therapie der
Lungenkrankheiten, Handbuch für AeniAt
und Stttdirende ; von Prof. Albert Fraenkel.
Berlin u. Wien 1904. ürban & Schwarzen-
berg. Gr. 8. I. u. IL Hälfte. XIV u. 980 S.
mit Abbildungen u. Tafeln. (12 u. 13 Mk.)
„Trotz des regen Interesses, welches zur Zeit
mehr als je der Erforschung der Lungenkrank-
heiten entgegengebracht wird, fehlt es sowohl in
der deutschen, als auch in der französischen und
englischen Literatur an einer einheitlichen Dar-
stellung derselben." Mit dieser Begründung führt
F r. sein Buch in der Vorrede ein und recht viele
Käufer und Leser werden ihm dankbar dafür sein,
dass er die vorhanden gewesene Lücke in so vor-
trefflicher Weise ausgefüllt hat. Fr. giebt gute
Erankheitbilder, er würdigt alle einzelnen Erschei-
nungen nach Gebühr, die pathologische Anatomie
kommt zu ihrem vollen Recht, die Therapie ist
kritisch, frei von allen üeberschwängliohkeiten.
Die stattliche Anzahl schwarzer und bunter Ab-
bildungen ist eine angenehme Zugabe. Das Ganze
bildet eine vortreffliche Ergänzung der bereits
erschienenen Diagnostik und allgemeinen Sympto-
matologie der Lungenkrankheiten desselben Ver-
fassers. Dippe.
29. üeber Fremdkörper in den oberen Luft-
wegen; von Dr. Friedrich Hanszel.
Wien 1903. Josef daffif. Gr. 8. 53 S.
(1 Mk. 50 Pf.)
220
Gradenigo. — v. Waldheim.
H. giebt in seiner Monographie einen Ueber-
blick über die Fälle von Fremdkörpern der oberen
Luftwege die in den letzten 11 Jahren in der
0. Chiari 'sehen Klinik beobachtet wurden, sowie
über das, zu ihrer Beseitigung, angewandte Ver-
fahren. Die Schrift soll namentlich für den prak-
tischen Arzt ein Wegweiser sein, der mit der
Materie und der Technik im Allgemeinen weniger
vertraut ist. Namentlich bei Entfemungsversuchen
von Fremdkörpern aus der Nase, an die sich der
praktische Arzt noch eher heran macht, als an
die Fremdkörper des Larynx, werden oft genug
ungeeignete, ja direkt schädliche Methoden ange-
wendet, vor denen nachdrücklich gewarnt werden
muBS. Die einzig richtige Methode ist die Ent-
fernung durch direktes Anfassen des Fremdkörpers,
alle indirekten Methoden — forcirte Spülungen,
Sohneuzakte, Lufteinblasungen — sind besser zu
unterlassen. Die gebogene LOfiPelsonde hat sich
am besten bewährt. Bei Fremdkörpern des Rachens
oder der Tonsillen ist dieLokalisirung des Schmer-
zes nicht maassgebend für den Sitz des Fremd-
kOrpers, ebenso wie es genuine Erkrankungen
giebt, die ein Fremdkörpergefühl vortäuschen
können. Zur Extraktion von Fremdkörpern aus
dem Larynx eignet sich am besten die Eehlkopf-
pincette. Ob vorher allgemeine Narkose oder
Cocainisirung eingeleitet wird, muss von Fall zu
Fall entschieden werden, ebenso ob Tracheotomie
nöthig ist oder nicht. Im Anhang giebt H. noch
eine statistischeZusammenstellung über 1 14 Fremd-
körperfälle der oberen Luftwege.
Robert Oeorgi (Leipzig).
30. Fatologia e terapia dell'oreoohio e delle
prime vie aeree (otologla, rinologia, larin-
gologia); per Oiuseppe Oradenigo.
Torino 1902. S. Lattes e Co. 968 pp. con
278 fig. nel teste.
Hervorgegangen aus einer Sammlung der in
der üniversitätklinik für Ohren-, Nasen- und Kehl-
kopfkrankheiten zu Turin gehaltenen Vorlesungen
Qr.% die dessen Assistent Dr. Gassanello ver-
anstaltet hatte, übermittelt uns das vorliegende
Werk die Summe der Erfahrungen des durch seine
Forschungen auf den genannten Gebieten rühm-
lichst bekannten Autors. Die Vereinigung der
Erkrankungen von Nase, Rachen, Ohr und Kehl-
kopf in einem Lehrbuche hat Ör. nützlich ge-
schienen wegen ihrer mannigfachen Beziehungen
untereinander; er bemerkt ferner, dass er die Auf-
merksamkeit der Regierung auf diese wichtigen
Zweige der Medicin, deren Studium an den italie-
nischen Universitäten leider noch nicht obliga-
torisch ist, hat hinlenken wollen und dass es ihm
ferner besonders auch darauf angekommen ist,
die in der italienischen Literatur zerstreuten zahl-
reichen Mittheilungen der einheimischen Forscher
zu sammeln und zu allgemeiner Kenntniss zu
bringen. Die Anordnung des Stoffes ist in der
Weise geschehen, dass die auf gleichartiger oder
ähnlicher anatomischer Basis erwachsenen Krank-
heiten der oberen Luftwege und des Ohres zu-
sammen besprochen werden; es folgen also auf
einen allgemeinen Theil, der die Anatomie und
Physiologie, die Krankheitursachen, die Symptome,
die Untersuchung und die allgemeine Theraine
(einschliesslich der chirurgischen und Elektrothe-
rapie) behandelt, zuerst die akuten Entzündungen
in Nase, Rachen und Kehlkopf und die akute Otitis
media purulenta, dann die chronisch katarrha-
lischen Erkrankungen der oberen Luftwege , die
Ozaena, die adenoiden Vegetationen des Nasen-
rachenraumes, die Mittelohrkatarrhe und die Oto-
sklerose, die chronischen Mittelohreiterungen, die
Gomplikationen der Otitis media in Warzen fortaatz
und Sohädelhöhle, die Erkrankungen der Neben-
höhlen der Nase, die Erkrankungen der periphe-
rischen Ausbreitung der bezüglichen Sinnesnerven,
die Reflexerscheinungen von der Nase, dem Rachen,
dem Kehlkopfe und dem Ohre aus, die motorischen
Störungen am Velum palatinum und dem Larynx,
die syphilitischen und tuberkulösen Erkrankungen
der ersten Luftwege und des Ohres, die Neubildun-
gen, die Aeusserungen der verschiedenen Infektion-
krankheiten an ihnen, die Stenosen und Fremd-
körper, die Blutungen und Traumen, die Bildungs-
fehler und Erkrankungen der äusseren Nase und
des äusseren Ohres, endlich die Taubstummheit
und das Stottern. Ein sehr sorgfältig gearbeitetes
Sachregister erleichtert die Orientirung. Die Ab-
bildungen sind zum grösseren Theile Wiedergaben
eigener Präparate und Photographien. Druck und
Ausstattung sind zu loben. Im Oanzen giebt das
vorliegende Werk ein beredtes Zeugniss, mit wie
grossem Eifer und Erfolge auch in Italien an der
Fortbildung der in ihm behandelten Wissensgebiete
gearbeitet wird, und sein Studium kann solchen,
die der italienischen Sprache mächtig sind, warm
empfohlen werden. Blau (Berlin).
31. Beiträge aar Physiologie und Pathologie
der Haut (die Staehdxeünervm'Hypotkeaef ;
von Dr. Fritz v. Wald heim. Leipzig u.
Wien 1904. Franz Deuticke. Or. 8. 135 &
(4 Mk.)
V. W. weist darauf hin, dass eine speciellc
Physiologie des Stratum Malpighi, obwohl Mate-
rial dazu vorhanden sei, noch nicht vorliege. Audi
sei eine Vorbedingung dazu noch nicht genügexi^
erfüllt, nämlich eine genauere Kenntniss der Phy-
siologie der Blut- und Lymphcapillaren und Ven^
Er hat sich daher die Aufgabe gestellt, rein theo
retisch auf Örund der bisherigen Beobachtung«]
eine Anschauung dieser physiologischen VerhSlt
nisse aufzubauen.
Die Arbeit behandelt nun die Physiologie de
Blutcapillaren , die allgemeine Physiologie de
Zelle, die Physiologie des Stratum Malpighi, di^
Physiologie innervirter Zellen, die Theorie von dei
Jaoobi. — Mraftek. — Kann.
221
Nerren der Stachehellen. Letztere wird auf die
Pathogenese 7on Urtioaria nnd von Herpes soster
aogewoidet
Die Arbeit ist sehr gedankenreich und stellt
neue Gesichtspunkte auf, die auch ffir die all-
gameiiie Physiologie wichtig sein kOnnen. Der
hinptsSohliche Nachdruck liegt auf der selbstän-
digrä Thätigkeit der einzelnen Zelle und auf der
Srregbarkeit jeder einzelnen Zelle von Nerven
oder von peripherischen Oanglien aus. Schon die
Zasammenstellung aller einschlägigen Versuche
and BeobachtUDgen ist verdienstlich — was von
den abgeleiteten Theorien die nähere PrQfung aus-
hiiteD wird, ist eine Frage der Zukunft.
V. Lehmann (Berlin).
32. Atlas der Hautkrankheiten mit Bin-
sehluss der wichtigsten venerischen Br-
krankungen für praktische Aerste und
Btudirende ; von Dr. E. J a c o b i , a. o. Prof. u.
Direktor d. dermatol. Univ.- Klinik in Freiburg
i.Br. n. (Schluss-) Abtheilung. Berlin u. Wien
1904. Urban&Schwarzenberg. Lez.-8. 136 S.
mit 155 Abbild, auf 86 Taf. (14 Mk. 50 Pf.)
Die 2. H&lfte des Jacobi 'sehen Atlas enthält
Pemphigus neonatorum, Dermatitis herpetiformis,
& verschiedenen Akneformen, Arzneiezantheme,
Sderodermia, Pigmentanomalien, Naevi, Warzen,
hpillom, Fibrom, Xanthom, Eeloid, Molluscum
contagiosum, Xerodermia pigmentosa, die Epithe-
liome and Sarkome, Mycosis fungoides, die Ekzeme,
Impetigo, ScabieSi Pediculosis. Dann folgen die
Skieroeen und verschiedene syphilitische Exantheme
9Bd Dloera, schliesslich 2 Bilder von Ulcus molle.
Das Bild der Dermatitis herpetiformis erscheint
to ft/. nicht sehr charakteristisch.
Die Abbildungen geben hinsichtlich der Natur-
treue denen der 1. Hftlfte des Atlas nichts nach.
Y. Lehmann (Berlin).
33. Handbuch der Hautkrankheiten ; heraus-
gegeben von M r a 5 e k. 8. — 11. Abth. Wien
1903. A. Holder. Gr. 8. I. 8. 207—432.
m. 8. 1—400. (Je 5 Mk.)
Vrr haben an dieser Stelle schon wiederholt
^«fegenheit gehabt, dem vortrefflichen Handbuche
^e wohlverdiente Anerkennung zu zollen, und
i&uien uns daher kurz fassen, zumal eine ein-
S^lieDde Besprechung der Einzelbeitrfige der Baum
^'BrbMtet Hervorheben mochten wir die Bearbei-
tag der Hyperkeratosen von Janovsky, der
^lerodennie von Luithlen und ganz besonders
^ erstaunlich reichhaltige, noch nicht abgeschlos-
*B>d IConographie des Lupus erythematodes von
Jtdaasohn. Das Handbuch wird sich immer
■^ als eine dem 8pecialisten unentbehrliche
<Me erweisen. B ä u m e r (Berlin).
34. Der HaaraoslhlL üraaehe und Behandr
hmg; von Dr. Arthur Kann. [Med. Yolks-
bibhothek X. Bd.] Berlin 1904. O.Coblentz.
KL 8. 34 8. (75 Pf.)
K. schildert in allgemein verständlicher Weise
die Anatomie des Haares und die Physiologie seiner
Entstehung und fortwährenden Erneuerung. Das
Haar wird als fein organisirte Bildung der Haut
angesehen und der enge Zusammenhang zwischen
dem Allgemeinbefinden und Wachsthume der Haare
nachgewiesen. Die Ursache des Haarausfalles ist
in erster Linie in jeder Schädigung des gesammten
Körpers durch akute und chronische Krankheiten
zu suchen, in zweiter Linie sind es lokale Erkran-
kungen der Kopfhaut und die auf Pilzansiedelun-
gen beruhenden Leiden, Erbgrind und Flechte.
FQr die flbergrosse Mehrzahl der Fälle jedoch, die
kräftige junge Männer betreffen, ist die Ursache
des Haarausfalles nicht etwa in einem Bacillus,
sondern in der Mode der Kopfbedeckung zu suchen.
Wie jedes Organ, das nicht gebraucht wird, ver-
kümmert, so auch das Haar. Schliesslich ist noch
der Einfluss des Nervensystems als sehr wichtig
zu erwähnen. Einseitiger Gebrauch der Nerven-
kraft zu geistiger Thätigkeit, noch dazu in schlecht
ventilirten Räumen, in der Nähe einer heissen
Lampe wird nicht ohne Schaden auf den Haar-
boden bleiben. Der Haarausfall ist daher auch
nicht mehr Domäne des männlichen Geschlechts,
sondern der Umschwung der socialen Verhältnisse,
der auch Frauen und Mädchen zur Theilnahme am
Erwerbsleben zwingt, hat bei ihnen dieselben Er-
scheinungen hervorgerufen.
Haarausfall zeigt sich zunächst in Verkürzung
der Lebensdauer der einzelnen Haare. Der täg-
liche Haarausfall bei gesunden Individuen beträgt
30 — 100 Haare. Ein Theil davon sind junge,
sogenannte Spitzenhaare, die noch nicht von der
Scheere des Friseurs getroffen sind. Das Verhält-
niss des Ausfalls der Spitzenhaare zu den spitzen-
losen beträgt bei einem Gesunden ungefähr 1:17,
bei krankhaften Veränderungen des Haarbodens
sinkt es auf 1:12 und in schweren Fällen von
Haarausfall auf 1 : 2. Bei Frauen, die ihr Haar
nicht zu schneiden pflegen, misst man die Länge
der ausgefallenen Haare. Bei einer gesunden Frau
soll nicht mehr als der 4. Theil der Haare unter
6 Zoll messen. Zu der Abnahme des Längen wachs-
thums kommt dann noch Abnahme des Dicken-
durchmessers der einzelnen Haare. Schliesslich
kommt es nur noch zur Bildung der feinen zarten
Härchen, wie wir sie auch an anderen Körper-
stellen, z. B. dem Handrücken, sehen, bis der Pro-
cess mit der Ausbildung der Glatze sein Ende ge-
funden hat
Die Behandlung des Leidens muss nach den
Anforderungen des einzelnen Falles und seinen Ur-
sachen getroffen werden. Ein allgemeines Schema
giebt es nicht. Die einfachste Hülfe bietet im
Anfange die Natur. Man lasse den Beiz von
Luft und Licht auf die Kopfhaut einwirken. Der
dauernde Gebrauch eines unbekannten Haarwassers
kann gefährlich werden. Waschung des Haar-
bodens hat je nach dem Fettgehalte in Zwischei^««
222
V. Leyden u. Klemperer. — Martin. — Hoffa. — Hoffa. — HübL
Zeiten von 1 — 4 Wochen mit Seifen wasser oder
auch mit schwachen Lösungen von doppeltkohlen-
saurem Natron zu erfolgen, darauf Abspfilung erst
mit warmem, dann mit kälterem Wasser. Dass
häufiges Schneiden den Haarwuchs fördert, ist ein
Irrthum. Die Anwendung der Brennscheere und
ähnlicher Hülfsmittel ist schädlich, ebenso wie
das Tragen falscher Haare. Ist der Haarboden
trocken, so kann man mit Mandelöl nachhelfen,
ist eine übermässige Thätigkeit der Sohweiss- und
Talgdrüsen vorhanden, so muss die Kopfhaut von
dem übermässigen Sekrete befreit werden. Dies
geschieht durch Anwendung von alkoholischen
Flüssigkeiten oder durch Schwefel, der in Form
einer Pomade des Abends gebraucht und des Mor-
gens durch eine Waschung entfernt wird.
In vorgeschrittenen Fällen lässt man Reizmittel
auf die Kopfhaut wirken. Als solche werden Chinin,
Canthariden, Pyrogallol empfohlen. Innerlich sind
Arsenverbindungen zu empfehlen. Bei nervösen
Personen wird auf die Allgemeinbehandlung Werth
gelegt Bei lokalen nervösen Erscheinungen und
Haarschmerzen leistet der faradische Kamm gute
Dienste. Zum Schlüsse wird die Nothwendigkeit
der individuellen Behandlung an einigen Beispielen
klar gemacht. J. M e y e r (Lübeck).
35. Die deutsche Klinik am Bingange dea
20. Jahrhunderts« In akademiseken Vor-
lesungen; herausgegeben von E. v. Leyden
und F. Klemperer. Berlin 1 903. Urban &
Schwarzenberg. Qr. 8. (Je 1 Mk. 60 Pf.)
Die 82. bis 83., 87. bis 88. und 93. Lieferung
der „Deutschen Klinik** enthalten chirurgische Vor-
träge : Rückgratsverkrümmungen und ihre Behand-
lung von 0. Vulpius; Die tuberkulöse Ooxüis
wesentlich des Kindesalters von F. König; Chir-
urgie der Lunge und der Pleura vonF.Karewski;
Die heutige Behandlung der Knochenbrüche von
A. V. Eiseisberg; Chirurgische Hygiene, Äs^tik
und Äntiseptik von 0. W i t z e 1.
P. Wagner (Leipzig).
36. Diagnostik der Bauohgesohwfllste ; von
Prof. Dr. A.Martin. Stuttgart 1903. Ferd.
Enke. Or. 8. 224 S. mit 26 Abbildungen im
Text (8Mk.)
„Die Darstellung der Diagnose der OeschuHUste
des Unterleibes kann sich nicht auf die der Neu-
bildungen der abdominalen Organe beschränken;
sie muss alle Veränderungen der Form, Lage und
Consistenz derselben umfassen, aus welchen Ur-
sachen sie auch hervorgehen, unter diesen ge-
winnen die entzündlichen Processe eine besondere
Bedeutung. Eine akute Entzündung kann Ge-
schwülste und ähnliche Massen entstehen lassen,
die nur sehr schwer von Neubildungen ohne scharfe
Umgrenzung zu unterscheiden sind, z. B. bei Peri-
typhlitis. Noch grösseren Schwierigkeiten begegnet
die differentielle Diagnose bei chronisch entzünd-
lichen Vorgängen, z. B. bei tuberkulösen Ueocükal-
tumoren, bei Hydrops der Oallenblase.'^
M. schickt der besonderen Betrachtung einen
Ueberblick über die zur Zeit üblichen Unter-
suchungsmethoden in ihrem Werth für die Dia-
gnose abdominaler Tumoren voraus ; die Inspektion,
Palpation, Perkussion, Auskultation, Probepunktion
und Probelaparotomie werden kurz besprochen.
Die Aktinographie, Oesophagoskopie, Oastrodiapho-
nie, Cystoskopie werden bei der Inspektion mit
erwähnt
Im speciellen Theile wird die Darstellung der
abdominalen Geschwülste nach den einzelnen Orga-
nen des Unterleibes vorgeführt. Es werden nach
einander abgehandelt die Geschwülste der Bauch-
decken, des Magens, des Darmes, des Mesenterium
und des Netzes, der Leber, der Gallenblase, des
Pankreas, der Milz, der Nieren, der Blase, des
Peritonaeum und der weiblichen Genitalien.
Die Martin 'sehe Bearbeitung, die Lieferung
45a der „Deutschen Chirurgie" bildet, reiht sich
den bisher erschienenen Lieferungen dieses grossen,
leider immer noch nicht abgeschlossenen Sammel-
werkes würdig an. P. W a g n e r (Leipzig).
37. Technik der Massage; von Prof. Dr.
A. Hoffa in Berlin. 4. verbesserte Auflaga
Stuttgart 1903. Ferd. Enke. 8. 88 S. mit
43 theilweise farbigen Abbildungen im Text
(3 Mk.)
Die Hoffa '^he Technik der Massage hat inner-
halb 10 Jahren 4 Auflagen erlebt, wohl der beste
Beweis dafür, dass sich das kurz gefasste, klar ge-
schriebene Werk mehr und mehr eingebürgert hat
und dass sich die anatomische Massagetechnik H.'s
immer weiter ausbreitet Wir haben das Buch
schon einige Male in diesen Jahrbüchern besprochen
und brauchen zu seinem Lobe nichts Neues hinzu-
zufügen. P. Wagner (Leipzig).
38. Gymnastik und Massage als Heilmittel;
von Prof. Hoffa. Berlin 1904. O.Goblentz.
Kl. 8. 28 S. (50 Pf.)
Dieses Schriftchen bildet den 1. Band einer
medicinischen Yolksbibliothek. Hoffa bespricht
in leicht verständlicher Weise die Heilfaktoren
einer verständig ausgeführten Gymnastik und Mas-
sage, Behandlungsmethoden, die auch beim Laien
ausserordentlich populär sind.
Wir mochten dem Schriftchen eine recht grosse
Verbreitung wünschen. P. Wagner (Leipzig).
39. Ueber das Ohorio*EpitheUom in der
Vagina bei sonst gesundem Genitale: von
Dr. H u g 0 H ü b 1. Wien 1 903. Josef Safäf .
4. 41 S. mit 3 Fig. im Text u. 4 Farben-
drucktafeln. (4 Mk. 20 Pf.)
Nach H. sind bis jetzt 7 Fälle von Ghorio-
epitheliom der Vagina bei sonst gesundem Genitale
bekannt ; von diesen 7 Frauen blieben 3 nach Eis-
stirpation des primären Knotens gesund. Einen
Gilbert — Pistor. — Dfims. — Dfims« — Herzfeld.
223
weiteren, von L. P i c k (Jahrbb. CCLXI. p. 244)
verOfifentlichten Fall rechnet H. ebenfalls zu den
malignen Chorioepitheliomen der Soheide, in dem
in Folge der frühen Diagnosenstellung eine opera-
tive Heilang mQglich war.
Binen weiteren Fall hat H. selbst beobachtet
Es handelte sich om eine 36jähr. Fran, deren 6. Gra-
vidität eine BlaseDmolenschwaDgersohaft war, die am
28. Juni 1900 aasgeräumt warde. Am 6. Dec. 1901 suohte
die Pat bei völligem Wohlbefioden die Anstalt wiedemm
auf, nm dort ihre 7. Niederkunft durohsumachen ; spon-
tane AusstossuDg einer maoerirten, 2200 g schweren
Frucht, normales Wochenbett 7 Wochen später stellten
sich geringe Genitalblutungen ein; im linken hinteren
unteren Drittel der Vaginawand sass ein walnussgrosser
Tumor, der an seiner medianen Fläche einen etwa gülden-
grossen Schleimhautdefekt zeigte und hier dunkle Blut-
coagula durchscheinen liess. Uterus und Adnexe wurden
gesund befunden; curettirte Uterusschleimhautpartikel
zeigten völlig normales Verhalten. Am 14. Febr. 1902
wurde der Tumor weit im Gesunden exstirpirt; histo-
logisch zeigte er das typische Bild des Chorioepithelioms.
20 Tage nach der Operation wurden schon in der Scheide
Becidive gefunden, die Operationnarbe war zunächst frei
geblieben. Am 15. März 1902 blutiges Sputum. Am
ö. April 1902 Tod. Die pathologisch-anatomische Diagnose
lautete : Primäres Chorioepitheliom der Vagina mit regio-
nären Metastasen in der Scheide (auf die Harnblase über-
greifend), Metastasirung im linken Ovarium, in der Lunge
und in der Leber. Allgemeine schwere Anämie, Gastritis
chronica, linkseitige Spitzenschwiele.
H. fasst am Schlüsse seiner Arbeit seine Auf-
fassung in folgenden Sätzen zusammen: „1) Das
Chorioepitheliom der Vagina bei sonst gesundem
Genitale ist eine genau ebenso bösartige Neu-
bildung, wie die viel häufigeren gleichnamigen
Uterustumoren. 2) Das Chorioepitheliom der Vagina
läset sich aus den oben besprochenen Orflnden,
namentlich durch den sehr charakteristischen Oeni-
talbefund, häufig noch zur rechten Zeit diagnosti-
dren und dann kann die Kranke unter Umständen
gerettet werden." Art h. Hoffmann (Darmstadt).
40. Beitrag la den neueren Heilverfahren
in ihrer Bedeatong für die Behandinng
der Berollikrankheiten und Unflallver-
ietiongen; von W. H. Gilbert. Berlin
1903. Vogel A Kreienbrink. 8. 100 S.
(2 Mk. 60 Pf.)
0. schildert kurz die Schädigungen der Ge-
sundheit, die durch die verschiedenen gewerblichen
Betriebe verursacht werden, und den Nutzen, den
die physikalischen Heilmethoden und die Psycho-
therapie bei ihnen haben. Er bezeichnet es als
eine LQcke der sanitären Schutzmaassregeln, dass
sie den Betriebsleitern, den geistigen Arbeitern
nicht zu Gute kommen, bei denen nervOse Leiden
oft als Gewerbekrankheiten aufzufassen sind.
Woltemas (Solingen).
41. Die Behandlung Veronglüokter bia aar
Ankunft des Antes. Im amtlichen Auftrage
neu bearbeitet von Pistor, Oteh. Ober-Medi-
cinalrath u. vortragender Rath im Ministerium.
Berlin 1903. R Schoetz. 8. 18 S. mit 17
eingedr. Abbildungen. (50 Pf.)
Die Schrift soll den weitesten Kreisen die
nOthigen Anleitungen zur Bettung von Scheintodten,
sowie zur ersten Hülfeleistung bei Vergiftungen,
Verbrennungen, Unfällen durch Elektricität, Ver-
letzungen und Fremdkörpern geben. Eine lang-
jährige Erfahrung hat bewiesen, dass sie zu diesem
Zweck in vorzüglicher Weise geeignet ist; sie be-
schränkt sich auf die noth wendigsten Anweisungen,
giebt diese klar, bestimmt und auch dem Ungebil-
deten verständlich, und erläutert sie durch 12 gut
gewählte Abbildungen. Sie ist zu gleichem Preise
und mit genau dem gleichen Inhalt in Buchform,
Plakatform und Taschenformat erschienen.
Woltemas (Solingen).
42. 1) Die Anabildang der Biaenbahn- und
FoBtbeamten in der ersten HtUfeleiatung
bei Unglücksfällen ; von F. A. Dfims.
Leipzig 1903. Georg Thieme. 16. 83 S. mit
21 Abbild. (75 Pf.)
2) Die AuBbildong der Feuerwehr in der
ersten Hülfeleiatnng bei Unglücksfällen ;
von F. A. Dfims. Leipzig 1903. Georg
Thieme. 16. 97 S. mit 27 AbbUd. (75 Pf.)
Die beiden kleinen Schriften sind zur Aus-
bildung im Samariterdienst bestimmt Der erste
Theil, der sich mit dem Bau und den wichtigsten
Verrichtungen des menschlichen Körpers beschäf-
tigt, stimmt bei beiden fiberein. Der zweite, die
Hülfeleistungen bei Unglficksfällen und Verletzun-
gen behandelnde, ist bei dem einen den Bedfirf-
nissen der Eisenbahn- und Postbeamten, bei dem
anderen denen der Feuerwehr angepasst. Beide
Schriften sind sehr brauchbar zur Erfüllung ihres
Zweckes. Woltemas (Solingen).
43. Handbuch der bahnärstliohen Praxis;
von G. H e r z f e 1 d. Berlin 1 903. R. Schoetz.
8. 466 S. (12 Mk., geb. 13 Mk.)
Bßf. ist selbst längere Jahre Bahnarzt gewesen
und hat sich damals oft ein Buch gewünscht, wie
es hier vorliegt Die bahnärztliche Thätigkeit ist
kaum möglich, ohne eine eingehende Eenntniss der
Technik und Verwaltung des Eisenbahnbetriebes,
der mannigfachen Anforderungen, die er an die
einzelnen Arten der Bahnbeamten stellt, und der
Gefahren und G^undheitschädigungen , wie sie
sich je nach der Art des Dienstes verschieden ge-
stalten. Bei dem Mangel an Hülfsmitteln konnte
man sich diese Kenntnisse bisher nur mühsam und
auf Umwegen aneignen, während man hier in be-
quemer Zusammenstellung alles findet, was man
als Bahnarzt braucht Sehr eingehend sind auch
die Beamtenffirsorge, das Rettungswesen, dieSach-
verständigenthätigkeit des Bahnarztes und seine
Mitwirkung bei Ausführung der socialen Gtesetze
behandelt, ebenso die Hygieine des Eisenbahn-
betriebes. Der Schluss bringt die Organisation der
Bahnärzte, die geltenden Vertragsbestimmungen
für Bah9- und Kassenärzte und eine Anzahl von
224
Ooldmann. — Strunz. — Strunz. — Hanauer.
Formularen. Für Bahnärzte und solche, die es
werden wollen, wird sich das Buch sehr nützlich
erweisen. Woltemas (Solingen).
44. Die Hygiene des Bergmanns, seine Be-
rufskrankheiten, erste Hülfeleistung und
die Wurmkrankheit (Ankylostomiasis) ;
von H. Ooldmann. Halle a. d. S. 1903.
W. Knapp. 8. 102 S. (3 Mk.)
Das populär-wissenschaftlich gehaltene Buch
behandelt die Hygieine der Örube und ausserhalb
jder Orube, die Berufskrankheiten des Bergarbeiters,
die erste Hfllfe und besonders ausführlich die
Ankylostomiasis. Es kann betheiligten Kreisen
empfohlen werden. Woltemas (Solingen).
45. TheophrastuB Faraoelsas, sein Lebm und
seine P^sönliehkeit. Ein Beitrag zur Oeistes-
geschichte der deutschen Renaissance; von
Dr. phil. Franz Strunz. Leipzig 1903.
Eugen Diederichs. 8. 126 S. (4 Mk.)
TheophrastuB Faraoelsos, das Buch Para-
granum ; herausgegeben und eingeleitet von
Dr. phil. Franz Strunz. Leipzig 1903.
Eugen Diederichs. 8. 112 S. (4 Mk.)
Eine neue Paracelsus- Biographie und
eine neue Ausgabe von Schriften des Einsiedeiner
„Reformators der Heilkunde^' kann auch in diesen
Jahrbüchern nicht unbesprochen bleiben, selbst
wenn sie sich niehi in erster Linie an die Medi-
ciner wendet, wie es in dieser Ausgabe der Fall
ist Ein höchst originell geschriebener Lebens-
abriss Hohenheim's wird auch dann von deut-
schen Aerzten willkommen geheissen werden, wenn
er mehr die philosophische und religiöse Seite des
Mannes hervorhebt. Die Lebensschilderung selbst
ruht auf solidester Orundlage. Alles, was in den
letzten Jahrzehnten über Hohenheim gearbeitet
wurde, ist gewissenhaft benutzt, obwohl es keine
genaue Literaturangabe eingehend beweist Die
Darstellung selbst ist von blühendster Frische und
durchaus originell, ja fesselnd und packend selbst
da, wo man dennoch nicht mit Str. übereinstim-
men mochte. Die Bildnisse Hohenheim 's aus
seinen verschiedenen Lebensaltern sind gut ge-
wählt, ebenso die Proben seiner Handschrift
Auch eine Neuausgabe Paracelsi scher
Schriften wird manchem Arzte willkommen sein,
selbst wenn sich Str. auch in Zukunft darauf be-
schränken sollte, je nur Neudrucke der besten
Ausgaben früherer Zeit oder Abdrucke einzelner be-
deutender Werke aus der Huser'schen Gtesammt-
ausgabe zu bieten wie im vorliegenden Falle,
wo eine der grundlegendsten Abhandlangen aas
Hohenheim's Feder, in der noch das sprfihende
Leben der Baseler Ehren- und Kampfespenode
pulsirt, nach dem 2. Bande der Baseler Quiit-
ausgabe von 1589 wortgetreu zum Abdrucke ge*
langt, auf prächtigem Büttenpapier und auch im
modernsten Buchschmücke doch ganz im Tone der
Zeit gehalten. Freilich was Heinrich H&Ber
schon 1875 verlangte, „eine im Interesse der Oe-
schichte der Medicin wie der deutschen Sptacbe
gleich unabweisbare neue Ausgabe des ParA-
celsus'* bleibt trotz dieses Neudruckes dee^Pan-
granums" und der schon in Aussicht gesteilteii
beiden Paramira noch ein unerfülltes Postolit
Doch soll uns die frisch strebende Kraft des jiu-
gen Forschungsgenossen auch bei der nun bald
auf breitester kritischer Basis in Angriff zu nebmen-
den Biesenaufgabe herzlich willkommen sein.
Sud hoff (Hoohdahl).
46. Gesohiohte der FroBtltution in Fnnk*
lturta.M.; von W. Hanauer. [Sond.-Abdr.
aus „Geschlechtskrankheiten und ProstitutiaA
in Frankfurt a. M.'*] Festschrift zum 1 . Gongr.
der deutschen Oeisellschaft zur Bekftmpfimg
der Geschlechtskrankheiten in Frankfurt!. IL
vom 8.— 11. März 1903. 8. 56 S.
Mit grosser Gründlichkeit hat H. das Miteriai
seit 1387 gesammelt und gesichtet und mit vA
Geschick zur Darstellung gebracht Die ftlteall
Zeit bis zur Aufhebung der Frauenh&user und d«
Beglementirung der Dirnen sticht günstig abgegsi
die Zeit nach der Reformation. Denn weno and
damals in gesundheitlicher Hinsicht wenig gl
schah, so wurde das Bürgerthum doch nicht moit
lisch verseucht wie in der 2. Periode 1560—1811
in der man alles Heil in der Bestrafung der nid
geduldeten Prostitution sah und damit einer man
lischen Verwilderung und Degeneration des Bflrg«
thums, schamloser Kuppelei und einer weiti
Verbreitung der Geschlechtskrankheiten Thür vä
Thor öffnete. Insofern wirkt die WiedererOftia|{
der Bordelle während der Zeiten des Grosshi
thums Frankfurt und die unerbittliche körperi
Züchtigung der unreglementirten Proetituirtea
eine Erlösung ; die Sittlichkeit hob sich und
Aufhebung der Bordelle 1869 unter Beibehili
der Reglementirung vollzog sich den gdUid
Verhältnissen entsprechend ohne Schaden,
giebt die historische Betrachtung der
tionfrage wichtige Fingerzeige zur Benrthei
aktuellster Streitpunkte.
Sudhoff (HochdaUX
Für dio Rodaktion venmtwortUoh : Dr. P. J. BI9M« in Leipslg. — Vorlag von B. Hlnel in Letpstg.
Brack Ton Walter WltMiin Leipilt«
Jajrfiucßet
der
m m^ au0fönbifc$en gefamm^en (lUebicin.
Bd.28L
1904.
Heft 3.
A. Originalabhandlungen und Uebersichten.
Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.^)
Von
Sanitätsrath Dr. Louis Blau
in Berlin.
Operaiive Freilegung der Mütelohrräums *).
Operation. TJeher die Äufmeiseelung des Warzen-
fsrtmlxee, wie eie in F&llen akuter Mittelohreiterung
OSchloss; Tgl. Jahrbb. CGLXXXI. p. 130.
s) Literatur: 1) Piffl, Arch. f. Ohrenhkde. LI.
20.3. p. 129 u. LI. 4. p. 241. 1901. ~ 2) Biehl, Ebenda
Ulla. 2. p. 23. 190L — 3) Grossmann, Ebenda
lil. I 0. 2. p. 28. 1901. — 4) Hölscher, Ebenda UU.
^36. 1901. — 5) Cohn, Ebenda LIÜ. p. 100. 1901. —
QSchenke, Ebenda Uli. p. 171. 190L — 7)0runert
t. Schnlze, Ebenda UV. 1 u. 2. p. 121. 1901. —
SjWinckler, Lentert u. s.w., Naturf.-Vers. 1901
1 £beodA LIV. 3 n. 4. p. 286. 1902. — 9) B a h e , Ebenda
LVL 3ti. 4. p. 223. 1902. — 10) Frey , Ebenda p. 289.
— U)Bezold Q.s.^., DoQtscheotol. Ges. 1902s. Ebenda
IVI. 1 a. 2. p. 84. 1902. — 12) Alezander, Ebenda
LVII. 1 IL 2. p. 91. 1902. — 13) Sohwartse, Ebenda
p. 96. — 14) Kümmel, Schwartze, Natarf.-Vere.
1902 8. Ebenda LVH. 1 u. 2. p. 115. 1902. — 16) Be-
toldn. s.w., Ebenda p. 129. — 16) Witte u. Sturm,
2tehr. f. Ohrenhkde. XXXIX. 1. p. 75. 1901. — 17) Z nr
Mahlen, Ebenda XXXlX.4.p.380. 1901.— 18) Voss,
SbeidaXL 1. p. 39. 1901. — 19) Siebenmann u.
Oppikofer, Ebenda XL. 2 n. 3. p. 215. 1901. —
20)8tnrm n.Suckstorff, EbendaXLL2.p.ll6.1902.
-21)StOTm, Ebenda p. 132. — 22) Mann, Ebenda
IL4.p.354. 1902. — 23)Eayser, Mon.-Schr. f. Ohren-
hkde. tt.«.w. XXXV.3.p. 123. 1901. — 24) Alt, Oesterr.
otaL Gee. 8. Ebenda XXXV. 5. p. 230. 1901. — 25) B i e h 1 ,
Ebenda p.231. — 26) Alt, Ebenda XXXV. 9. p. 385.
1^1. — 27) Alexander, Oesterr. otol. Ges. s. Ebenda
IIXVL 4. p. 135. 1902. — 28) Schatt«r a. s. w..
Niederlind. Gee. f. Hals-, Nasen- u. Ohrenhkde. s. Ebenda
IXXVL 11. p. 486. 1902. — 29) Korff, Münchn. med.
Vchn8cbr.XLVIII.29.1901. — 30)Hammerschlag,
Wien. med. Wchnschr. Lll. 7—13. 1902. — 31)Alexan-
der , Wien. Uin. Wohnschr. XIV. 33. 1901. — 32) M ü 1 1 e r ,
^vttM&b. Corr.-Bl. LXXIL 49. 1902. — 33) Broca,
Med. Jahrbb. Bd. 281. Hft. 3.
jetzt in Zaufal*8 Klinik gemacht wird, berichtet
Piff 1(1).
DerHaat- und Periostsohnitt ist T-formig, sein verti-
kaler Theil aus der Hohe des oberen Helixrandes einige
Millimeter hinter dem Ohrmoschelansatz bis über die
Spitze des Warzenfortsatzes herabziehend, sein horizon-
taler Theil senkrecht daraaf vom oberen Ende etwa 3 cm
nach vom imd4cm nach hinten sich erstreckend and den
M. temporalis darchtrennend. Darauf folgt die vollstän-
dige Freilegung der Aossenflftche des Warzentheiles unter
Ablösang des Ropfniokeransatzes mit Freilegen der Spitze
und ferner vorsichtigem Abdrän^n des äusseren Theiles
der Gehörganpauskleidung von ihrer knöchernen Unter-
lage. Dann wird die ganze Gorticalis des Warzenfortsatzes
von der Linea temporalis bis zur Spitze sammt einem
Theile der hinteren Gehörgangswand mit einem breiten
Hohlmeissel schichtweise abgetragen, durch von rück-
wärts gegen die hintere Gehörgangswand gerichtete
Anatomie chirurgicale et medecine operatoire de Toreille
moyenne. L'oeuvre med.-chir. Nr. 26. Paris 1901.
Massen &Ck>. — 34) Marion, Semaine med. XXI. 35.
1901. — 35) Massier, Bev. de Laryngol. etc. XXIIL
26. 1902. — 36) Broeckaert, Ibid. XXHI. 27. 1902. —
37) Fiske, Transact. of the Amer. otol. See. XXXIV.
p. 490. 1901. — 38) Claiborne, Ibid. XXXV. p. 19.
1902. — 39) Theobald, Ibid. p. 43. — 40) Pooley,
Ibid. p. 69. — 41) Love, Glasgow med. Joum. LIV. 6.
p. 401. Dec. 1900. — 42) Waterhouse, Edinb. med.
Jouiü. N. 8. X. 3. p. 224. 1901. — 43) War in g, Ibid.
IX. 2. p. 152. 1901. — 44) Phillips, Post-Graduate
XVL 8. p. 709. 1901. — 45) Watson, Journ. of Eye,
Ear and Throat dis. VL 3. p. 91. 1901. — 46) Harn -
m on d , Proceed. of the Philad. Ck>unty med. Soo. XXI. 9.
p. 365. 1901. — 47) D euch, New Tork med. News
LXXIX. 1. p. 9. July 6. 1901. — 48) May, New York
med. Becord LX. 8. p. 290. Aug. 24. 1901. — 49) Phil-
lips, Amer. Jonm. of med. Sc. CXXII. 7. p. 790. Dec.
1901.
29
228
Blau, Bericht fiber die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
auf das OehGr eine viel zu günstige ist und den
Thatsachen nioht entspricht Verursacht wurde
dieser Irrthum dadurch, dass die üntersucher oft
nicht das OehOr für die gesammte Flüstersprache,
sondern nur für einzelne leicht verständliche
Worte oder Zahlen geprüft haben. Die Berichte
aus den verschiedenen Kliniken und selbst ver-
schiedene Berichte aus der nämlichen Klinik (die
von Schwartze und Orunert früher mit-
getheilten Zahlen weisen erheblich günstigere
Resultate auf) Hessen aber deshalb keinen Ver-
gleich zu, weil für die Hörprüfung bisher keine
einheitliche und irrthumfreie Form gefunden ist.
Von den Buhe's Berechnung zu Grunde gelegten
103 operirten Ohren zeigten 34% ein gebessertes,
36<^/o ein gleichgebliebenes, BO^Jo ein verschlech-
tertes Gehör. Nach Buhe wird eine Hörverbesse-
rung oder ein Gleichbleiben des Gehürs nach der
Totalaufmeisselung mit wenigen Ausnahmen dann
beobachtet, wenn das Labyrinth und die Labyrinth-
wand intakt sind und das Hörvermügen für die
gesammte Flüsterspraohe unter 1 m beträgt Eine
Besserung zeigt sich ferner fast ausnahmelos, wenn
irgend welche Schallhindernisse den Gehürgang
vor der Operation vollständig verschliessen. Sodann
ist HOrverbesserung oder Gleichbleiben des Gehörs
zu erwarten, wenn das Labyrinth oder die Laby-
rinthwand oder beide erkrankt sind und nur noch
ein ganz geringer Hörrest vor der Operation sich
findet Dagegen tritt eine Hürverschlechterung
bei fast allen Kranken ein, die 1 m und darüber
vor der Operation hören, auch wenn sie labyrinth-
gesund sind und bleiben. Des Weiteren erfährt
das GehOr eine Verschlechterung, wenn das Laby-
rinth oder die Labyrinthwand oder beide erkrankt
sind und die Hörweite für Flüstersprache vor der
Operation 0.25 m übersteigt und Im nioht erreicht
Indikationen. Den Wilde'äehen Sefmitt will
Pif f 1 (1, p. 142) bei Abscessbildung am Warzen-
fortsatze nur für ganz aussergewöhnliche Fälle vor-
behalten, wenn die Absoesse noch im 1. Stadium
der Entwickelung sind, besonders bei Kindern.
Sonst ist unter allen Umständen die Aufmeisselung
vorzuziehen, da die Aussichten für die Heilung
nach Vornahme des Wilde 'sehen Schnittes sehr
geringe sind, die Heilung, wenn sie überhaupt zu
Stande kommt, sich sehr in die Länge zieht und
die Wiederherstellung des Gehörs nicht so sicher
wie nach der Aufmeisselung eintritt Auch kann
es während der (meist ambulatorischen) Nach-
behandlung leicht zu sekundärer Infektion kommen.
Als Anzeigen für die Aufmeisselung des Warxen»
fortsaixes in akuten Fällen stellt Piffl (p. 131
u. 144) die bekannten auf. Die Eiterung ohne
sonstige ernste Symptome indicirt nach ihm die
Operation nur dann, wenn sie abnorm reichlich ist
und abnorm lange dauert und weder durch lokale
Behandlung, noch durch eine solche von Nase und
Nasenrachenraum aus, noch durch passende Allge-
meinbehandlung beseitigt werden kann. Fieber,
das über die ersten 8 Tage einer akuten Mittelohr-
entzündung anhält und anderweitig nioht erklärt
werden kann, auch wenn es sich nur um geringere
Temperatursteigerungen von über 37^ Morgens und
gegen 38^ Abends handelt, ist immer für eine intit-
cranielle Complikation, Sinusthrombose oder peri-
sinuösen Abscess, verdächtig und bietet für die In-
dikationstellung daher ein werthvolles HülfsmitteL
Auoh Absoesse in der Umgebung des Ohres ond
Senkungsabsoeese vergesellBchaften sich gern mit
Fieber. Bezold (11, p. 204) sieht die Ursache
für die so ausserordentlich wechselnde Dauer der
akuten Mittelohreiterung in der ebenso grossen
Verschiedenheit im Umfange und der Ausbreitung
der pneumatischen Zellen des Schläfenbeines. Eine
die Zeitdauer von 2 Monaten überschreitende akute
Mittelohreiterung gilt ihm, auch ohne weitere
Complikationen, als Indikation für die BrOffiiung
des Warzentheiles und er hat hierbei mit solche
Begelmässigkeit grosse, mit Eiter und Granula-
tionen erfüllte, oft vom Antrum weit entfernte
Räume gefunden, dass für ihn der ursächliche Zu-
sammenhang zwischen ungewöhnlicher OrOase det
präformirten Zellen und ungewöhnlich langer Dauer
der akuten Mittelohreiterung vollständig feststdit
Nach breiter Eröffnung dieser Höhlen pflegt die
Eiterung typisch in 3 — 5 Wochen abzulaufen.
Voss (18) warnt vor der Aufmeisselung des
Warzenfortsatzes zur Beseitigung der Masialgie hm
Hysterischen, bei denen der Warzenfortsatz den
Ausgangspunkt andauernder und sehr starker
Schmerzen bildet, ohne dass an ihm ftusaerliche
Veränderungen oder Zeichen einer Eiterretentioa
im Mittelohre vorhanden sind. In diesen mien
hat als einzig richtiger Weg zur Heilung nach
Voss die Behandlung eines Neurologen einzu*
treten, während operative Eingriffe unbedingt ver-
boten sind (vgl. p. 180).
Verletxung des Sinus sigmoideus bei der Warse«'
lortsatzaufraeiseelaDg wird von Piffl (1, p. 154) ia
4 Fällen erwähnt ; die Blatang Hess siob durch Tampo-
Dsde leicht stillen, Folgeerscheinungen traten nicht euL
Bei einem dieser Kranken beobachtete Piffl ein plöti'
liebes Zusammenklappen des Sinus unmittelbar nach eioei
kräftigen Schluck bewegong , so dass, wenn in diesen
Augenblicke der Sinus verletzt oder incidirt worden wäre
eine Luftaspiration hätte geschehen können *). 8 1 u r n
und Suokstorff (20, p. 116) berichten aus Körner^
Klinik über eine Beobachtung, in der bei der Aufmeiaae
lung der (normal aussehende) Sinus unbeabsichti^ bloe
gelegt worden war. 17 Tage danach stellte sich pyimi
sches Fieber ein, wegen dessen die Vena jagularis intern
unterbunden und der Sinus eröffnet wurde ; er wmr mi
theilweise glasigen Oranulationen bedeckt, jedooh blat
haltig, so dass eine wandständige Thrombose in ihm ao
genommen wird. Das pyämische Fieber dauerte nach da
Sinnsoperation noch mehrere Tage an und es entwickelt
sich ausserdem eine leichte Sohultergelenkmetastaae. Zm
Erklärung wird die beim Verbandwechsel zu Stande g«
kommene Reizung der in grösserer Ausdehnung frei
liegenden Sinuswand herangezogen. Witte und 8 1 a ri
(16, p. 75) beschreiben aus der gleichen Klinik einen Fkl
>) Vgl. über die Bedingungen zur Luftaspiration in de
Sinus auch die p. 165 besprochene Arbeit von Mann (22
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
229
▼OD ibieiflsen eines abnorm verlaufenden, sehr starken
Emisuriiiffi an seiner Abgangstelle vom Sinus bei der
Totalaufmeisselang. Die sehr reiohUche Blutung wurde
durch feste Tamponade gestillt, dooh kam es, wahrschein-
lioh io Folge einer wandständigen Sinusthrombose, vom
5. Tage ab za Fieber mit Frostgefühl und invertirtem und
aoregdlfflässigem Typus und vom 11. bis 16. Tage zum
Auftreten einer emboliscben Pneumonie. Der Ausgang
war hier ebenfalls in Genesung. S o h e n k e (6, p. 183)
hilt durch die bisher veröffentlichten Fälle den Beweis
noch nicht für erbracht, dass durch eine Sinusverletzung
oder dorch Infektion eines freigelegten Sinusabschnittes
eine aiteficielle Thrombose erzeugt werden könne. Viel
näher tiegt es nach ihm, anzunehmen, dass hier überall
Mhoo vor der Operation eine bis dahin latente Thrombose
bestanden habe, da wir wissen, dass selbst eine inficirte
Thrombose Monate lang ohne Symptome verlaufen kann
(Jansen), wenn der eiterig zerfallene Thrombus an
seinen Enden von noch nicht infioirten Gerinnselmassen
fest abgeschlossen ist
Verletzung des N. facialis bei der Warzen fortsatz-
eröühnog, insbesondere der Totalauf meisselung, wird
dnrch Abnormitäten im Verlaufe des Nerven während
seiner Bahn vom 2. Knie über dieFenestra ovalis bis zum
For. stylomastoidenm sehr begünstigt. 8chwartze(13)
unterscheidet einen Steilverlauf und einen Flachverlauf
als Extreme und dazwischen einen mittleren Verlauf,
den er Schrägverlauf nennt. Je mehr sich der Facialis
dem Steilverlaufe nähert, desto ungefährlicher ist für ihn
die Operation, während die Gefahr der Verletzung um so
slher hegt, je flacher der Verlauf ist, je weiter sich also
der Canalis facialis lateralwärts gegen den Gehörgang er-
stnckt Der Facialis kann der Oberfläche des Warzen-
Jvtsatzes so nahe kommen , dass schon bei den ersten
Meisselschlägen seine Verletzung möglich ist, desgleichen
lann er sich der hinteren Gehörgangs wand bis zur direkten
Berührung nähern. Um bei Fortnahme der hinteren
kaöchemen Gehörgangswand eine Verletzung des Facialis
Bch Möglichkeit zu vermeiden, empfiehlt Schwartze
vMschtige schwache Schläge mit dem immer nur im
Ritzen Winkel (niemals senkrecht !) aufgesetzten Meissel,
is bnw immer nur mit seiner Mitte zum Abschneiden
Üäner schalenförmiger Lamellen in Anwendung kommen
darf. Zwischen den einzelnen Schlägen ist häufiger Ge-
Inoeh einer hakenförmig gekrümmten Sonde (Tenotom-
*OBde) zu empfehlen. Sodann darf für den zuerst zu
Khafcoden Spalt niemals eine zu horizontale Richtung
<iBgesehlagen werden, vielmehr soll die Richtung stete
^ Tomherein nach hinten oben gehen. Besondere Vor-
acht ist geboten, wenn die Erkrankung im Warzenfort-
>itie weiter nach unten reicht als der Boden des Aditus
ad antnuo, weil hier der Facialis immer mehr nach aussen
^y femer bei kleinen Kindern, wo Flachverlauf die
Begelist
Operative Eröffnung des Labyrinths s. u. Inneres
(Mir, EntzfinduDg.
b) Polypen des Ohres. Mit dem rein kli-
BiKhen Namen ,,Polyp^' müssen nach Ooerke^)
de gestielten entzündlichen (nicht malignen) Neu-
IMungen bezeichnet werden, gleichgültig, welchen
^^logischen Charakter sie unter dem Mikroskop
tofweisen. Am besten würde man die Ohrpolypen
BKäi ihrer Ausgangatelle (OehOrgang, Trommel-
Mi, Mittelohr) eintheilen ; sonst hat man daran
festzuhalten, dass alle Ohrpolypen entzündlichen
Sprunges sind, sei es, dass es an der entzündeten
Kittelohrschleimhaut, bez. der Oehürgangswandung
a einem Oewebedefekte und zur Bildung eines
leimgewebes von diesem Defekte aus kommt
>) Aich. t Ohrenhkde. LH. 1 n. 2. p. 63. 1901.
{Orantdationgesehtvülsie), sei es, dass sich in Folge
der Entzündung hyperplastische Vorg&nge in der
Schleimhaut selbst an einer umschriebenen Stelle
abspielen {Sehkimpolyp), Von den genannten beiden
Grundformen, die auch gemeinsam vorkommen,
gehen dann alle anderen Formen aus, wobei sich
allerdings vielfache histologische Verschiedenheiten
zeigen, indem nicht nur das Qranulationgewebe
die bekannten Umwandlungen durchläuft, sondern
auch das hyperplastische Gewebe der Schleim-
haut sekundäre Veränderungen erleidet. G o e r k e
schildert zunächst eingehend die normale histo-
logische Zusammensetzung der Ohrpolypen und
bespricht das Stroms und die Blut- und Lymph-
gefftsse, die Zellen (Fibroblasten oder Granulation-
zellen im Engeren Sinne, Leukocyten, Lympho-
cyten, Plasmazellen, Mastzellen und eosinophile
Zellen, mehrkemige Zellen, Riesenzellen) und die
Epithelbekleidung, wobei bemerkt wird, dass die
Art des Epithels sich keineswegs nach dem Ur-
sprungsorte richtet, dass die Granulationpolypen
meist Plattenepithel, die Schleimpolypen meist
Cylinderepithel aufweisen, dass aber auch das Um-
gekehrte vorkommt, z. B. regelmässig Plattenepithel
in Fällen von Hyperplasie einer an der Oberfläche
stellenweise epidermisirten Schleimhaut Becher-
zellen wurden häufig, besonders in den Einsenkun-
gen der mit Cylinderepithel ausgekleideten Polypen,
gefunden, femer bestätigt Goerke die oft von
Lymphzellen erfüllten interepithelialen Lücken
(interepitheliale Cysten nach M a n a s s e) und er-
klärt sie aus einer an den betroffenen Stellen statt-
gefundenen starken Emigration, die die Epithel-
zellen auseinander gedrängt hat. Von Vorgängen
der Gewebeneubildung in den Ohrpolypen wird be-
schrieben der Befund von SolitärfoUikeln und von
Drüsen (Schlauchdrüsen in Schleimpolypen, einmal
Talg- und Ceruminaldrüsen in einem Polypen der
Gehürgangswand) , von regressiven Ernährung-
Störungen die Nekrose einzelner Zellen oder Zellen-
gruppen, die Pigmentmetamorphose nach statte
gehabten Blutungen, die fettige und hydropische
Degeneration, besonders an den Epithelien, die
schleimige Degeneration sowohl der Epithelien, als
des Stroms (reine Myxome hat Goerke nie ge-
sehen), die hyaline Degeneration an den Blut-
gefässen, in erweiterten Drüsengängen und am
Plattenepithel, die Verkalkung und Verknücherung,
die cystische Degeneration (Retentioncysten aus
den zahlreichen Schlauchdrüsen, bez. Epithel-
einsenkungen, nicht selten mit Riesenzellen in
ihrem Inhalte, deren Herkunft von dem Cysten-
epithel abgeleitet wird), endlich die centrale Chole-
steatombildung. Letztere war fast in der Hälfte
aller von Goerke untersuchten Fälle vorhanden,
regelmässig bei den von der GehOrgangswand ent-
springenden Polypen, dann auch besonders häufig
bei den aus dem Atticus stammenden; für ihre
Entstehung wird je nach den Fällen sowohl die
von Manasse, als von Zeroni gegebene Er«
230
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
klärungsweise als richtig angenommen, dass nftm-
lich entweder abgestorbene Epithelschuppen von
Granulationgewebe umwachsen werden, oder dass
wuchernde lebende Plattenepithelzapfen verhornen
und von den nachrückenden gleichen Massen in
das Granulationgewebe geschoben werden. Zum
Schlüsse der Arbeit finden noch die in den Ohr-
polypen vorkommenden Fremdkörper Erw&hnung
(3mal Haare, je Imal Gazefäden, bez. DermatoU
pulverkGmohen).
Jurasz^) beschreibt einen etwa wallnossgrossen,
vom rechten Tubenwulst oberhalb der Tnbenmändüng
aasgebenden Schleim polypen. Ohrsymptome waren nicht
vorhanden, die Beschwerden bestanden in zeitweiser Ver-
stopfung der rechten Nasenhöhle and lästiger IVocken-
heit des Halses.
Waterhouse*) erwähnt 4 Fälle, in denen
der Polyp bei cariOsem oder angeborenem Üefekt
desTegmen tympani seinen Ausgang von der Dura-
mater genommen hatte. Er empfiehlt, bevor man
zur Extraktion schreitet, Reinigung des Ohres durch
Einträufelungen einer alkoholischen Lösung von
Hydrargyrum bijodatum (1 auf 3000), 3mal täg-
lich, ferner soll, um die Aufnahme pyogener Stoffe
durch ihn zu verhüten, der Stiel des abgetragenen
Polypen zerstört und hiemach, damit sich keine
Recidive bilden und die ursächliche Paukenhöhlen-
eiterung zum Stillstande kommt, die oben an-
gegebene Lösung weiter eingeträufelt werden.
McEernon^) hält es für nützlich, vor der E;x-
traktion 10 — 15 Minuten lang eine Adrenalin-
lösung auf den Polypen einwirken zu lassen.
Dadurch wird eine die Operation störende Blutung
verhindert, sowie die Vornahme der nachfolgenden
Aetzung erleichtert. Allerdings sei das Eintreten
von Nachblutungen möglich, weshalb der Gehör-
gang mit (nach 24 Stunden zu entfernender) lockerer
Gaze tamponirt werden soll.
6) Subjektive Oehöraemp findungen.
Berthold ^) berichtet, dass er, seitdem er vor vie-
len Jahren an einem EUchen-, Taben- und Paakenhöhlen-
katarrh gelitten hatte, im Stande ist, durch Schütteln
des Kopfes einen glockenhellen entotischen Ton von der
Höhe des dreigestrichenen o zu erzeugen, der bei jeder
ruckenden Bewegung des Kopfes eintritt und in dem
Angenblicke erlischt, in dem der Kopf stillgehalten wird.
Denselben Ton kann er dnrch ruckende Bewegungen mit
dem luftdicht in den Gehörgang eingesetzten Finger her-
vorbringen, desgleichen wird er sehr schwach mitunter
beim Gähnen und noch schwächer nach angestrengter
Arbeit in der Nacht, und zwar hier synchronisch mit der
Herzpulsation, gehört. B e r t h o 1 d erklärt diesen ento-
tischen Ton darch Bewegungen der in ihren Gelenkver-
bindangen pathologisch ein wenig gelockerten Gehör-
knöchelchen. Für sein Entstehen nach angestrengter
Arbeit moss wahrscheinlich die dadurch bewirkte
Hyperämie der Kopfgefässe einschliessUoh derjenigen
der Paukenhöhlenschleimhaut (Palsationen der Pauken -
höhlengeßlsse) und zugleich die consekutive erhöhte
Beizempfänglichkeit des Gehirns verantwortlich gemacht
werden.
Alt*) und Pick*) beschreiben je einen Fall von
objektiv wahrnehmbarem Ohrgeräuseke, In Alfs Be-
obachtung hörte der Kranke ein continnirliches« von ihm
mit dem Wimmern eines Kindes verglichenes GerSosch
und man konnte bei der Auskultation durch den Hor-
schlauch desgleichen ein mit dem Pulsschlage synchro-
nisches blasendes Geräasch mit musikalischem Chantor
wahrnehmen. Die Untersuchung des Ohres und des
Herzens ergab negativen Befand; da der Kranke vor
6 Tagen dicht vor dem Tragus einen Stich mit dem
Taschenmesser erhalten hatte und über der Parotis das-
selbe Geräusch hörbar war wie bei der AuskuItatioD des
Geböiganges, wurde als Ursache eine Oefassverletnui^
bez. ein Aneurysma angenommen. Die in der chiroip-
schen Klinik gemachte Operation legte unterhalb der
Parotis ein kirschkemgrosses Aneurysma an einem
Aste der Art. maxillaris interna frei, das durch Unter-
bindnng und Resektion beseitigt wurde. Danach war
das Geräusch dauernd verschwunden. Der (neurasthe-
niscbe) Kranke Pi ck 's klagte seit längerer Zeit über eio
unerträgliches, Abends besonders heftiges Knacken im
Ohre, dieses konnte auch objektiv mittels des Hör-
scblauches vernommen werden, war dem Schlagen einer
lautgehenden Taschenuhr ähnlich, wiederholte sich ia
unregelmässigen Intervallen bis zu lOOmal in der Mioate
und stand in Zusammenhang mit cboreatischen klo>
nisoben Zuckungen der gesammten Pharynzmuskulator.
Als ursprünglicher Antrieb für letztere wurde die vor-
handene starke Hyperplasie der Rachenmandel und der
davon abhängige Katarrh angenommen. Durch Est-
fernung der adenoiden Vegetationen und sonstige geeig-
nete I^kalbehandlung , zugleich mit einer innemcheo
Verabreichung von Solutio Fowleri, wurde die Naaen-
rachenerkrankung beseitigt; die choreatischen Bewegnih
gen und das Ohrgeräusch wurden weniger häufig, sind
zur Zeit der Veröffentlichung aber noch nicht va^
seh wunden gewesen.
7) Otalgia nervoscL Nach Kretsoh*
mann') werden nervöse Ohrsohmersen ziemlidi
häufig (20 eigene Beobachtungen) durch mne Er^
krankung des Kiefergelenkes heryoTgerufen^ die meist
rheumatischer Natur und mitunter mit spftterea
Befallenwerden auch anderer Gelenke verbunden
ist Die Schmerzen sitzen in der Tiefe des Ohreii
sind massigen Grades, dumpf, nicht lanoinireod,
continuirlich oder durch schmerzfreie Pausen unter»
brechen. Die Dauer der (stets einseitigen) Otalgkl
betrug 1 — 14 Tage. Ueber Schmerzen im Kiefer^
gelenke beim Aufeinanderbeissen wurde nar seltoi
spontan geklagt, mehrfach waren solche flberhauiil
nicht vorhanden ; es muss dann die BetheUij
des Gelenkes durch Schmers beim Abtasten (i
mit dem in den Gehörgang gesteckten Fin(
sowie durch Schmerz, der sich einstellt, wenn
bei geöffnetem Munde mit der flachen Hand eil
kurzen Stoss auf das Kinn in der Richtung
dem verdächtigen Gelenke ausführt, fc
werden. Ein Vergleich mit der anderen, geenn«
Seite ist immer nothwendig. um die Abhftni
keit der Ohrschmerzen von einer Eiefergel«
erkrankung annehmen zu können, müBsen
1901.
>) Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u. s. w. XXXV. 6. p. 251. 1901.
i) Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u.s. w. XXXV. 1. p.
s) Edinb. med. Journ. N. S. X. 3. p. 223. Sept. 1901.
») Post-Graduate XVI. 11. p. 1019. Nov. 1901.
4) Verhandl. d. deutschen otol. Oes. X. p. 170. 1901.
*) Mon. - Sehr. f. Ohrenhkde. u. s. w. XXXVLI
p. 123. 1902. — Wien. klin. Rundschau XVL 32. p.
1902.
») Arch. f. Ohrenhkde. LVI. 1 u. 2. p. 24. 1902.
Blau, Bericht Aber die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
231
aoBserdem natflrlioh Verftnderungen im Ohre selbst
oder in der Hundh()hle, dem Nasenrachenräume,
dem Pharynx und Larynx ausschliessen lassen.
Zu Verwechselungen könnte unter Dmst&nden ein
in der Tiefe der vorderen OehOrgangswand sich
entwickelnder Furunkel oder eine beginnende
Parotitis Veranlassung geben. Zur Behandlung
wird empfohlen möglichste Buhigstellung des Ge-
lenkes, fiflssige und weiche Nahrung, Einpinselun-
gen Y(m Jodtinktur oder Ichthyol vor dem Tragus,
Priessnitz'sche ümschlftge auf Eiefergelenk
imd Ohr mit Iproc. essigsaurer ThonerdeKtoung,
wobei auch der knOcheme CtohGrgang mit feuchten
angewärmten Tampons angefüllt werden muss,
innerlich salicylsaures Natron und Aspirin oder,
wenn diese nicht helfen, Phenacetin, Antifebrin,
Antipyrin und Aehnliches.
Der Yorwiegend hysterische Charakter der
Neuraigie des Warxenfarisatzes wird ausser von
VoBB^) (vgl p. 130 flg.) auch von Lannois und
Chavanne^) und vonGell6') hervorgehoben.
Sie Alle warnen vor operativen Eingriffen, insbeson-
dere vor der Aufmeisselung, wenn als Ursache der
vorhandenen Schmerzen Hysterie festgeetellt wer-
den kann. Doch darf dieses selbstverstAndlich nur
beiAuBBchlusB eines Ohrenleidens gelten, während,
wenn ein solches sich vorfindet und der Verdacht
auf eine Ebrkrankung im Inneren des Warzenfort^
tttzes besteht, ohne Bficksicht auf etwaige Hysterie
in der sonst üblichen Weise eingeschritten werden
mnss. In dem genannten Sinne sprechen sich
auch Lannois und Chavanne aus mit dem
Bemerken, dass es besser sei, lOmal einen gesun-
den Warzenfortsatz aufzumeisseln, als nur ein ein-
ziges Mal in ihm Eiter unaufgedeckt zu lassen.
Dm Inneres Ohr.
1) Allgemeines. Von Alexander*) wird
ein Fall von auf die häutige S^neeke und den
BSnurven hesehränkUr Erkrankung, ohne Bethei-
ligung des übrigen Labyrinths, des äusseren und
mittleren Ohres und der Fenstergegenden, bei einem
66 Jahre alten Manne, der nach der Operation eines
Songencaroinoms zu Grunde gegangen war, be-
wahrend des Lebens hatte sich progressive Schwer-
kSrigkeit gezeigt, OhrensanseD, Kopfschmerzen u. s. w.
mcht bemerkt worden. Die Sektion ergab beider-
znnlchst atrophisohe Veränderungen an der Papilla
, die sich in ihren leichtesten Graden durch
gßn% umschriebenen Schwund der Sinneszellen
ffiaarzellen allein oder Haar- and Pfeilerzellen) inmitten
nst nonniüer Umgebung charakterisirten, während bei
nlchst höheren Orade die SinneezeUen zugleich mit
Corti'schen Pfeilern geschwunden waren und an
SteLie eine Vermehrong der Stützzellen stattgefon-
dea hatte und bei dem höchsten Orade endlich durch
▼on Sinneszellen und Stützzellen die Papille
>> Zladur. f. Ohrenhkde. XL 1. p. 24. 1901.
>) Ann. des mal. de Foieille etc. XXVII. 7. 1901.
^ Arch. intemat. de Laryngol. etc. XV. 1. 1902.
«) Arch. f. Ohrenhkde. LVL 1 u. 2. p. 1. 1902.
überhaupt ihre normale Form verloren hatte und durch
ein die endolymphatische Fläche der Baailarmembran
bekleidendes kemarmes Plattenepithel ersetzt wurde.
Die Ck>rti*8che Membran nahm an den Veränderungen
der Papillenelemente nicht theil, sondern erschien selbst
bei völligem Defekt dieser letzteren histologisch normal.
Am ligamentom spirale wurde eine un regelmässige und
herdweise schleimige, vielleicht auch hydropische Dege-
neration der Orundsubstanz mit Verlust der Fibrillen
gefunden, am Oan^lion spirale stellenweise eine bedeu-
tende Atrophie semer Fasern und Zellen and ebenso
am Schneckennerven peripher wärts vom inneren Gehör-
gange an bei normalem Verhalten in seinem centralen
Abschnitte. ^
Alexander leitet die beschriebenen, auf bei-
den Seiten ganz gleichen Veränderungen von der
bei dem Kranken vorhanden gewesenen starken
Arteriosklerose ab. Den Beginn der Erkrankung
verlegt er in den Acusticus selbst, so dass es sich
demnach um eine primäre HGmervenatrophie mit
sekundärem BrgrifiPensein des Corti'schen Organs
gehandelt hatte.
GrOnlundt) beschreibt einen Fall von bei
einem 15jähr. Schiffsjungen akut aufgetretener
labyrinthärer Spraehtaubheü.
Aeussere Ursachen oder veranlassende constitutio-
nelle Leiden (Lues) Hessen sich nicht nachweisen ; der
Junge gab an, zuvor starke Kopf- und Leibschmerzen
gehabt und sich sehr krank gefühlt zu haben, so dass an
die Möglichkeit einer leichten Cerebrospinalmeningitis
gedacht wurde. Die UntersuchuDg ergab apathisches
und verdrossenes Wesen, unsicheren und schwankenden
Gang, leichte dififuse Röthnng beider Trommelfelle. Es
wurde über subjektive Gehörsempfindungen geklagt Bei
der Hörprüfung zeigte sich, dass zusammenhängende
Worte und Sätze nicht aufgefasst wurden, weil viele
CJonsonanten und Vokale dem Kr. ganz anders lauteten
wie früher, wohl aber konnte er gewisse Vokale und
Silben richtig verstehen und wiedergeben. Verschiedene
Stimmgabeln wurden durch Luft- und Enochenleitnng
gehört, ebenso Pfeifen hinter dem Rücken und das Ticken
einer Taschenuhr in 30 cm Entfernung vom Ohre. Durch
die Bezold-£delmann*8che continnirliche Tonreihe
liess sich das Vorhandensein partieller Tontaubheit nach-
weisen, rechts für die Töne von H bis g'', Unks von d bis d''
und von g" bis a'^ beiderseits für die 4 untersten Töne
der Soala. Doch wechselten bei den verschiedenen Unter-
suchungen diese Lücken in ihrer Lage, verschwanden und
traten von Neuem auf und in gleicher Weise konnte der
Kr. an gewissen Tagen mehr Worte und Laute richtig
nachsprechen als an anderen. Der Verlauf gestaltete
sich derart, dass in den nächsten Monaten — ut aliquid
fiat, wurden Jodkalium, Elektrioität und warme Bäder
angewandt — das Allgemeinbefinden sich besserte, das
Wesen lebhafter und der Gang gut und sicher wurde;
auch das Gehör zeigte weiterhin eine entschiedene Zu-
nahme, insofern (ohne Absehen des Gesprochenen vom
Munde) Zahlen, Buchstaben und Worte mit weit grösserer
Sicherheit wiedergegeben und kurze Sätze verstanden
wurden.
2) Verletzungen des inneren Ohres.
Die LabgrirUhersehütterung nach Aetiologie, Patho-
genese, Symptomen und Verlauf, Diagnose, Pro-
gnose einschliesslich der forensischen Begutach-
tung und Behandlung wird von Spira*) sehr
eingehend besprochen. Die Frage nach dem Wesen
der Vorgänge, die dabei in den Nervenendigungen
«) Arch. f. Ohrenhkde. LVII. 1 u. 2. p. 10. 1902.
») Haug*s khn. Vortr. V. 1. p. 1. 1901.
232
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
sich abspielen, beantwortet er ^) dahin, dass durch
den ErschOtterungsreiz der Gontakt der Neurone
gelockert und • in solcher Weise die Bedingung zu
Störungen des QehOrs und des Oleichgewichts ge-
geben wird. W&hrend nach einmaliger Reizein-
wirkung die Neurone wieder in ihre ursprüng-
liche Oleiohgewichtlage zurückzukehren vermögen,
allerdings diejenigen des N. vestibularis weit leich-
ter als die des N. cochlearis, tritt bei Fortdauer
oder Öfterer Wiederholung des specifischen Reizes
eine bleibende Lockerung im Gontakt der Neurone
ein, die sich jedoch nach ihrer Wirkung an den
beiden Aousticuszweigen ganz verschieden ge-
staltet. Für den N. vestibularis bedeutet die Ab-
nahme der Erregbarkeit eine OewGhnung an ge-
wisse Reize, so dass diese weiterhin keinen
Schwindel oder OleichgewichtstOrungen mehr aus-
lasen, für den N. cochlearis dagegen Schwerhörig-
keit und später als Folge der längeren ünthätig-
keit auch anatomische Veränderungen, Atrophien
(Inaktivitätatrophie), in der Schnecke, wie sie sich
z. B. bei Maschinenarbeitern, Kesselschmieden,
Artilleristen vorfinden. Spira bemerkt, dass man
Leute, die bei gewissen Bewegungen leicht in
einen mit Uebelkeit und Erbrechen verbundenen
Schwindelzustand gerathen (labiles Oleichgewicht
der Neuronelemente des statischen Nervenorgans)
auch künstlich durch öftere Wiederholung des
äusseren Reizes für diesen weniger empfindlich
machen kann. Er empfiehlt für diesen Zweck,
ähnlich wie Urbantschitsoh^), entsprechende
gymnastische Uebungen, z. B. Schaukelbewegungen
von vorn nach rückwärts, von rechts nach links,
von unten nach oben, Drehbewegungen um einen
kleinen Tisch oder Stuhl, die systematisch täglich,
und zwar anfangs langsam und in grösseren Pau-
sen, später immer rascher, länger und häufiger,
vorgenommen werden sollen.
Partielle Labyrinthtavbheü durch Hufsehlag gegen
das Ohr beschreibt JürgeDS*). Unmittelbar daraaf
war Verlust des Bewusstseins und Blatung aus dem
Ohre eingetreten, dagegen waren Kopfschmerzen, Er-
brechen, Schwindel oder subjektive Gehörsem pfindungen
nicht beobachtet worden. Die Untersuchung ergab, von
den äusseren Verletzungen abgesehen, starke Hyperämie
des Trommelfells ohne Einriss und ohne Paukenhöhlen-
exsudat, ferner anscheinend totale Taubheit mit Verlust
der Knochenleitung. Bei Prüfung mit der continuirlichen
Tonreihe wurde gefunden, dass die Töne von h" ab und
tiefer vollständig und ebenso vom 5. Theilstrich des
Edel man naschen Galtonpfeifchens nach aufwärts bis
zur oberen Hörgrenze fehlten ; die dazwischen liegenden
Töne wurden vernommen, aber nur momentan, dabei die
zur Mitte des Restes hin noch etwas länger dauernd,
doch nur wenige über eine Sekunde. Zur Erklärung
wird eine Blutung im oberen und untersten Theile der
Schnecke angenommen mit Gommotion der Elemente
dazwischen.
Stiehvfrletxung des Labyrinths. In einem von Bar-
ger*) mitgetheilten Falle war diese dadurch zu Stande
gekommen, dass der mit chronischer Otitis media supp.
behaftete Kr. während einer Chromsäureätzung im Ohre
mittels eines Watteträgers unerwartet das Instromeot
berührt hatte. Sofort traten Ohrschmerz, Schwindel,
Erbrechen und Faoialislähmung ein, verbunden miteioem
fortwährenden Ausfliessen von Cerebrospinalflüssigkeit,
das 5 Tage lang andaueite. Die Temperatur stieg in der
ersten Naoht einmal auf 38.6<*, ausserdem waren starke
Kopfschmerzen vorhanden und vom 6. Tage an zeigte
sich eine allmählich zunehmende Pulsverlangsamung von
70 bis auf 50 Schläge in der Minute. Es wurde diefotal-
auftneisselung gemacht, wobei jedoch der Ort der Ve^
letzung nicht gefunden werden konnte. Nach ihr wuide
noch lOtägiges Andauern der am 12. Tage wieder ein-
getretenen Temperaturerhöhung bemerkt, ferner vorüber-
gehendes Doppeltsehen und Neuritis optici. Der schlieBB*
liehe Ausgang war in Qenesung mit Zurückgehen der
Facialislähmung und bedeutender Hörverbessemng gspo-
über dem Zustande vor der Operation (Sprache 10 m,
Flüstern 30 cm, untere Tongrenze erheblich verkürzt,
Weber' scher Versuch nach dem gesunden Ohre,
Rinne 'scher Versuch negativ). Während B a r ger bei
seinem Kranken eine Labyrinth Verletzung für wahr-
scheinlich hält, bat Löhnberg*) in einem ähnlichen
Falle von Stichverletzung des Ohres mit momentaner
Bewusstlosigkeit , Kopfschmerzen, Schwindel, Gleich-
gew ich tstör ungen , Erbrechen, Pulsverlangsamung, Ab-
Üiessen von Cerebrospinalflüssigkeit, ausserdem Angst-
anfällen, wirren Träumen, Polyurie, aber relativ gehoger
Uörstörung und Erhaltensein der Kopfknochenloitvog
vermuthet, dass das verletzende Instrument das Tegmea
tympani und die Arachnoidea perforirt hatte.
Direkte Verletzung des Labyrinths bei einer Sekuu»
Verletzung des Ohres wird von Halaoz*) in einem tob
ihm beobachteten Falle angenommen. Die Eingänge-
Öffnung lag vor der Ohrmuschel etwas oberhalb dei
äusseren Gehörganges, durch sie konnte 6 cm nach nntee
innen das Projektil gefühlt werden, weiches desgleicfaen
in der Tiefe des Gehörganges sichtbar war. Die Sym-
ptome nach der Verletzung bestanden in anfänglicher
Bewusstlosigkeit und starker Blutung aus dem Ohre,
später 5—6 Tage dauerndem fleischsiätähnlichem, dana
eiterigem Ausflusse, Schwindel und Erbrechen — beide
verloren sich, als am Abende des 3. Tages ein Stückcfaea
Blei aus dem Obre fiel — , stechendem Schmerz im Innem
des Ohres beim Kauen, subjektiven tjehörsempfiodmigeo,
Taubheit und trotzdem grosser Empfindlichkeit bei den
leisesten Geräusche. Das Projektil iiess sich mit dei
Pincette entfernen, worauf die Ohrschmerzen sofort auf-
hörten ; die Ohreiterung war nach 20tägiger Bondkobol'
behandiung geheilt. Das Trommelfell zeigte jetzt tu
Fehlen seiner vorderen Hälfte, die Hyperaesthesiaaoitstiea
die Taubheit und ein momentaner Schwindel beim Um
drehen im Liegen bestanden noch fort Auffallende
Weise war auf dem verletzten Ohre die Knochenperoep
tion erhalten geblieben, der W e b e r *sche Versuch wurd
nach ihm lateralisirt , der Rinne'sche Versach &
negativ aus.
3) MSniere'scher Symptomeneompl^i
Hierher gehörige Fälle werden von Dieckhoff*
Heermann^), v. Sarbo*) und BylsmaT) mi
I) A. a. 0. p. 18 u. Wien. klin. Rundschau XV. 34.
p. 601. 1901.
>) Wien. klin. Wchnschr. XIV. 7. p. 159. 1901, vgl.
auch oben p. 136.
») Petersb. med. Wchnschr. XXVL 47. p. ölL 1901.
>) Niederländ. Oes. f. Hals-, Nasen- u. Ohrenhki
s. Mon.-Sohr. f. Ohrenhkde. XXXVL 11. p. 488. 1902.
s) Münohn. med. Wchnschr. XLVII. 3. 1900.
«) Wien. med. Wchnschr. LI. 33. 1901.
4) Deutsche Praxis X. 15. p. 505. 1901.
B) Bresgen*s zwangL Abhandl. V. 10. p.295. 19(
•) Pester med.-chir. Presse XXXVII. 48. 1901.
7) Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. u. 8. w. XXXVL 2. p«i
1002. ^
J
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
233
getbeilt Nur sehr selten (Dieckhoff) handelte
68 sich um echten Morbus apoplectiformis H6nidre
bei Torher gesundem QehOrorgan und ohne vorauf-
gOgingenes Trauma oder vorhandene Allgemein-
orkranknng, meist vielmehr standen die M 6 n i d r e '-
Bchea Symptome (Schwindel und Oleichgewioht-
stönmgen, Erbrechen, sehr starke subjektive Ge-
hSronpfindangen, Taubheit) mit einem chronischen
Mittelohrkatarrh oder einer chronischen Mittelohr-
eitenuig, Lues, chronischem Alkoholismus, mit
einer das Labyrinth schädigenden Beschäftigung,
I. B. als Kesselschmied, mit Traumen (Labyrinth-
blotosg beim Niesen, Blitzschlag während des Tele-
phooirens ^), mit akuten Olaukomanfällen *) u. s. w.
in Itiologischem Zusammenhange.
In dem tod Dieokhoff beobaohteton Falle von
echter Miniere' scher Krankheit traten die Erschei-
Dungen in zwei Absätzen aaf, erst Taubheit und Ohren-
saosefl, daoD in der folgendeD Nacht Schwindel und
ErbroGhen, entsprechend der Doppelfanktion des Laby-
iJDthg als Hörorgan und als statisches Organ. Von sei-
teoeo begleitenden Symptomen werden hier Durchfälle,
leichtes Gedunsensein des Gesichts und üeberempfind-
lichkeit des gesunden Ohres erwähnt. Der Verlauf war
der gewöhnliche, dass der Schwindel und die Unsicher-
hat beim Oehen sich besserten , dagegen die Taubheit
Qfid das Ohrensausen bestehen blieben. Als Ursache der
Meniere 'sehen Krankheit wird von Dieckhoff mit
Rüeksioht auf die manchmal sich zeigenden Vorboten
(Kopfschmerzen, mfissiger Schwindel, vorübergehendes
Srbreehen u. A.) nicht eine plötzliche Blutung, sondern
eher ooe zur Blutung fuhrende hämorrhagische Entzün-
doiig des Labyrinths angenommen.
TherqmUiseh empfiehlt Heer mann *j in Fftl-
ko, in denen ein apoplektiformes Auftreten der
M6nidre 'sehen Symptome vorliegt, neben Be-
bandlung eines etwaigen Orundleidens (z. B. Lues)
im Anfang vor Allem gerade Rückenlage mit leicht
erhöhtem Oberkörper und nach der gesunden Seite
gedrehtem Kopfe, um den Schwindel und das Er-
brechen zu mildern, ferner strenge Ruhe der Um-
gebuDg und psychische Beruhigung. Eine lokale
Blatentziehung ist bei voUblQtigen Kranken manch-
nal von Nutzen, wenn sie vielleicht auch nur
mggestiv wirkt, desgleichen kann eine Eisblase
SK^ wohlthuend erweisen. Innerlich gebe man
Brompräparate (KaL brom. 20.0, Natr. brom. 10.0,
Aomon. brom. 10.0, 3mal tftglich ein knapp-
gestrichener Theelöffel), dagegen wird vor Chinin-
■Aben gewarnt In einer zweiten Gruppe von
hUen, in denen sich die M6nidre 'sehen Sym-
ptome im Anschluss an eine meist chronische
Mittelohreiterung entwickelt haben, soll man sich
Bich Heermann mit anderen lokalen Maass-
tthmen oder innerlichen Verordnungen erst gar
Aioht aufhalten, sondern sofort zur Totalaufmeisse-
loBg schreiten, die hier meist eine Arrosion eines
Bogenganges ergeben wird. Als Beweis für den
Nutzen derartigen Eingreifens wird eine eigene
Beobachtung mit cariOsen Defekten im horizon-
■) Vgl Heer mann a. a.'0. p. 297.
')VgLByl8map. 48.
*) Ther. d. Oegenw. XT«TT. 9. p. 401. 1901.
MeUahibb. Bd. 281. Hft. 3.
talen Bogengang und Ofifensein der Fenestra ovalis
durch Verlust des Steigbügels angeführt, in der
nach der Operation das Schwindelgefühl augen-
blicklich beseitigt war, die vorhandene Faoialis-
lähmung desgleichen schnell verschwand und voll-
ständige Heilung erfolgte. Endlich bei der dritten
und zahlreichsten Oruppe von Kranken, bei denen
ein trockener chronischer Mittelohrkatarrh zu
Grunde liegt, kann durch geeignete Behandlung
dieses manchmal dauernde Heilung erreicht wer-
den. Es kommen hier in Betracht die Luftdusche,
die Vibrationmassage oder die Luftverdünnung im
äusseren Oehürgang und als oft wirksamstes Mittel
die Lucae'sche federnde Drucksonde. Zur Nach-
behandlung sowohl dieser mehr chronischen Zu-
stände, als auch der apoplektiformen Taubheit
empfiehlt Heermann subcutane Pilocarpininjek-
tionen, beginnend mit Vio Pravaz- Spritze einer
2proc. Lüsung und täglich um ^/|o Spritze stei-
gend bis meist zu 7 Theilstrichen. Wo die
Schweissabsonderung ausbleibt und anstatt ihrer
sich lästiger Speichelfluss einstellt, kann das Pilo-
carpin innerlich gegeben werden, die doppelte
Dosis der Injektion in warmem Fliederthee. Der-
artige angreifende Schwitzkuren erfordern stets
absolute Bettruhe. Das Pilocarpin beseitigt in
der Mehrzahl der Fälle den Schwindel und wirkt
oft gehürverbessernd ; es ist contraindicirt bei
Herzfehlern, bei ausgesprochener Arteriosklerose,
deshalb meist bei betagten Kranken und bei sehr
corpulenten Leuten. In 2 Fällen mit gleichzeitiger
Schilddrüsensohwellung wirkten Thyreoidintablet-
ten nützlich. Sonst wurde eine medikamentöse
Behandlung nur noch bei vorhandener Syphilis
und Oioht eingeleitet Unter allen umständen
aber wurde -von der Darreichung von Chinin oder
Salicylpräparaten Abstand genommen. Treten die
M 6 n i I r e 'sehen Symptome zu einem alten chro-
nischen Mittelohrkatarrh hinzu, so muss dieser
trotz etwaiger früherer Misserfolge von Neuem in
Behandlung genommen werden, da es durch letz-
tere oft gelingt, wenn auch die Schwerhörigkeit
unbeeinflusst bleibt, doch die quälenden Oleich-
gewiohtstürungen zum Verschwinden zu bringen.
Ausserdem ist aber stets auch eine entsprechende
Allgemeinbehandlung geboten, z. B. bei Stauungen
im Qefässsystem durch angemessene Diät und kör-
perliche Bewegung, Massage des Unterleibes u. s. w.
4) Entzündung des inneren Ohres,
Die LabyrintheUerungen im Anschluss an Otitis
media suppurativa werden auf Orund des darüber
in der Literatur vorliegenden Materials und von
22 eigenen Beobachtungen von Hinsberg i) ein-
gehend besprochen. QewOhnlich sind es die chro-
nischen Formen der eiterigen Mittelohrentzündung,
besonders die mit Cholesteatom oomplicirten und
die tuberkulösen, die das Labyrinth mitergreifen,
viel seltener die akuten Formen, besonders nach
>) Ztsobr. f. Ohrenhkde. XL. 2 u. 3. p. 117. 1901.
30
234
Blau, Bericht Aber die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
Searlatina. Im Oanzen beziffert sich die Antheil-
nahme des Labyrinths nach den verschiedenen
Berichten auf 1.06—1.20/« der Fälle von Mittel-
ohreiterung. Die üeberleitung geschieht am häu-
figsten durch Defekte am horizontalen Bogengang,
dann durch die Fenestra ovalis, sehr viel seltener
durch Fisteln im hinteren oder oberen Bogengang
oder im Promontorium, am seltensten durch die
Fenestra rotunda. Bei akutem Durchbruch findet
man in der Regel das ganze Labyrinth erkrankt,
in Form von Rundzelleninfiltration oder freier
Eiterung, dagegen kann bei chronischer Arrosion,
besonders eines Bogenganges, die Entzündung
umgrenzter bleiben und sich auf den betroffenen
Halbcirkelkanal , vielleicht auch noch das Vesti-
bulum, beschränken. Desgleichen kommen auf
einzelne Theile der Schnecke oder ausschliesslich
den perilymphatischen Ratim lokalisirte Entzün-
düngen vor. Den von Jansen ausgesprochenen
Satz, dass gewöhnlich sich die Schneckeneiterung
gegen den Vorhof und die Vorhofeiterung gegen
die Schnecke abgrenzt, hält Hinsberg ffir noch
nicht bewiesen. Als Symptome der Labyrinth-
eiterung werden aufgeführt: mitunter Fieber, sub-
jektive ÖehOrsempfindungen (nicht häufig), Taubheit,
Schwindel und Oleichgewichtstürungen , Nystag-
mus, starke Kopfschmerzen, Uebelkeit, Erbrechen.
Das OehOr ist fast immer vollständig oder nahezu
vollständig aufgehoben, nur sehr selten sind die
Beobachtungen (3 eigene Hinsberg's), in denen
neben einer Bogengangerkrankung ein ganz gutes
Hürvermügen, z. B. 2.5 m für Flüstersprache, vor-
handen war. Hinsichtlich des Nystagmus, der
übrigens meist nur kurze Zeit vorhanden ist, wird
auf die Beobachtung B r i e g e r 's aufmerksam ge-
macht, dass jener bei isolirter Bogengangerkran-
kung nur beim Blick in bestimmter Richtung (meist
nach der ohrgesunden Seite) auftrete, hingegen bei
verbreiteter Labyrintheiterung bei jedem Fixiren.
In je einem Falle von Hinsberg und von Cohn
war die Pupille auf der Seite des erkrankten Ohres
weiter. Der Verlauf der Labyrintheiterung ist
bald stürmisch (Traumen, akute Infektionkrank-
heiten), bald schleppend und heimtückisch, wie in
den meisten Fällen nach akuter und auch in vielen
nach chronischer Mittelohreiterung. Daneben kom-
men alle möglichen Zwischenstufen vor. Oft
schwinden weiterhin die akuten Symptome und
die Labyrintheiterung geht in den chronischen Zu-
stand über, eventuell mit dem Ausgang in Laby-
rinthnekrose; in traumatischen Fällen gehen nicht
selten desgleichen die anfänglich vorhandenen
stürmischen Labyrintherscheinungen zurück, dann
aber entwickelt sich nach manchmal wochenlanger
scheinbarer Besserung die tödtliche Meningitis.
Letztere bildet die häufigste Todesursache nach
eiteriger Labyrinthentzündung, sei es, dass sie
sofort in voller Schwere in Erscheinung tritt, sei es,
dass zuerst von einer circumscripten, bez. serOsen
Meningitis abhängige Symptome bestehen und
hieraus sich dann erst weiter die diffuse eiterige
Hirnhautentzündung entwickelt Von 198 durch
Hinsberg aus der Literatur gesammelten Fällen
von Labyrintheiterung gingen 92 in Heilung aus,
während 60 Kranke durch Meningitis, 6 durch
Meningitis und Hirnabscess, 13 durch Kleinhim-
abscess allein zu Grunde gingen. Operative Ein-
griffe, wie die Entfernung von Oranulationen aus
der Paukenhöhle oder die WarzenfortsatzerOff-
nuDg, können die Labyrintherscheinungen zum
Verschwinden bringen, zuweilen nach anfänglicher
kurzdauernder Exacerbation;, in anderen Fällen
aber treten erst nach der Operation Reizerschei-
nungen auf oder die vorhandenen steigern sich
oder es zieht der operative Eingriff eine schnelle
Weiterverbreitung der Labyrintheiterung in das
Schädelinnere, eine Meningitis mit tOdtlichem Aus-
gange nach sich. Die Diagnose der Labyrinth-
eiterung ist oft aus den Symptomen leicht zu stel-
len, doch können diese auch nur sehr unvollkom-
men entwickelt sein, bez. fehlen oder durch die
Erscheinungen einer gleichzeitigen endocraniellen
Complikation verdeckt werden. Schwierigkeiten
kann manchmal die Unterscheidung vom Cerebellar-
abscesB machen. Bogengangfisteln künnen leicht
durch kleine pneumatische Zellen in der Gegend
des Bogengang Wulstes (Körner), unter Umstän-
den auch durch eine in den Oanalis facialis füh-
rende Fistel vorgetäuscht werden. Bei Extradural-
abscessen in der hinteren Schädelgrube und bei
Kleinhirnabscessen ist auf die Verbindung mit
dem Labyrinth, vor Allem durch die vertikalen
Bogengänge oder die Aquädukte, zu achten. Mit
Rücksicht auf die Behandlung spricht sich Hins-
berg dahin aus, dass bereits nach den jetzt vor-
liegenden Erfahrungen die Labyrintheröffhung einen
vollständig berechtigten Eingriff darstellt, für den
im grossen Ganzen die von Jansen aufgestellten
Indikationen gelten, nur dass vielleicht auch die
Schnecke mehr in den Bereich des operativen Ein-
greifens gezogen und die Indikation auch auf die
Fälle von nachgewiesener Labyrintheiterung mit
nicht schweren Labyrinthsymptomen ausgedehnt
werden sollte. Von 31 Kr., die mit Labyrinth-
erOffnung behandelt worden sind (darunter 2 noch
nicht beschriebene von Körner und 9 von Hins-
berg aus Kümmel's Klinik), ist bei 2 der Aus-
gang unbekannt, 23 wurden geheilt und 6 starben
(5 an Meningitis, 1 durch Selbstmord), doch konnte
der operative Eingriff höchstens 2mal für den tödt-
lichen Ausgang verantwortlich gemacht werden.
Der Verlauf der Operation ist am besten der, dass
zuerst die Totalaufmeisseluug gemacht wird, wobei
der mediale Theil des Facialissporns soweit wie
irgend möglich zu entfernen ist ; durch möglichst
ausgiebige Abtragung seines lateralen Theiles wird
die Gegend der Fenestra ovalis bedeutend über-
sichtlicher gemacht Ferner ist hierbei die Frei-
legung des Recessus epitympanicus, durch theil-
weise Abtragung der oberen Gehörgangswand und
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
235
eventuell duroh mögliohBte Verdünnung des Teg-
men tympani, von Wichtigkeit Es folgt dann die
Eröffnung des Vorhofs, und zwar am besten vom
ovalen Fenster aus, indem man den Stapes heraus-
hebelt oder das Fenster mit einer feinen Fraise
eröffnet. Duroh Fortnahme des dünnen Knochens
an seiner unteren Umrandung kann weiterer freier
Raum geschaffen, bea. die untere Schnecken Windung
eröffnet werden, doch hat man dabei auf die Mög-
lichkeit eines abnormen Vorspringens des Canalis
caroticus in die Paukenhöhle zu achten. Unter
Leitung einer von der Fenestra ovalis aus einge-
führten Sonde kann eine noch ausgiebigere Eröff-
nung des Vestibulum hiemach vom horizontalen
Bogengänge aus vorgenommen werden, und zwar
nach Hinsberg am besten von dessen vorderem
Schenkel; nur dann, wenn der Reoessus epitym-
panicus niedrig ist, di^ mittlere Sch&delgrube
schief steht und auf Orund dessen eine Facialis-
verletzung zu befürchten ist, soll die weitere Vor-
hofseröffnung nach Jansen 's Methode vom hin-
teren Schenkel des horizontalen Bogenganges aus
gemacht werden. Für alle Arbeiten an der Laby-
rinthwand wird die elektromotorisch betriebene
Fraise empfohlen, die ausser ihren technischen
Vorzügen den Nutzen bietet, dass durch sie nur
eine sehr geringe Erschütterung stattfindet und
daher die Gefahr einer Ausstreuung krankhafter
Keime bedeutend verringert wird.
Pause ^) theilt 5 höchst interessante Sektion-
befunde wm Labyrintheiterung mit, die sich im
Anschlüsse an eiterige Mittelohrentzündung ent-
wickelt hatte. In 2 Fällen ist auch die Beobach-
tung während des Lebens beigefügt. Der Durch-
bruch des Eiters in das innere Ohr hatte 3mal
durch das ovale Fenster, 2mal durch dieses und
das runde Fenster zugleich stattgefunden; der
tödtliche Ausgang war 4mal durch eiterige Menin-
gitis in Folge von Fortpflanzung durch den inneren
(}ehörgang und die Wasserleitungen eingetreten,
Imal durch einen vom Antrum aus veranlassten
Kleinhimabscess , noch ehe die Meningitis sich
hatte entwickeln können. Einmal hatte letztere
sekundär auf das Labyrinth des zweiten, bisher
gesunden Ohres übergegriffen und auch auf ihm
Taubheit hervorgerufen.
B. Baginsky*) weist nochmals auf die dem
Kindesalter eigenthümliche primäre genuine Laby-
rinthenixündung hin, deren Vorkommen er (im
Einklänge mit Voltolini und Oradenigo)
durch einen von ihm erhobenen Sektionbefund*)
sichergestellt hat Inmitten voller Gesundheit
stellen sich plötzlich Fieber, Kopfschmerzen, Con-
vulsionen, Brechneigung ein, so dass die Ver-
muthung auf Meningitis oder eine andere cerebrale
Erkrankung nahe liegt, und zwar um so mehr, als
») Arcb. f. Ohrenhkde. LVI. 3 u. 4. p. 275. 1902.
«) Berl. klin. Wchnsohr. XXXIX. 6. 1902.
») Aroh. f. Kioderhkde. XXVUI. 1 n. 2. p. 24. 1900.
sich in den nächsten Tagen oft auch Benommen-
heit des Sensorium, Nackensteifigkeit und Unregel-
mässigkeit des Pulses zeigen. Während die ge-
nannten Störungen nach wenigen Tagen zu schwin-
den beginnen, bleibt vielfach als einzige Folge
eine doppelseitige Taubheit zurück mit zeitweilig
noch nachweisbaren Qlmchgewiohtstörungen beim
Gehen und Wenden des Körpers. Die Untersuchung
des Ohres ergiebt normale Beschaffenheit von
Trommelfell, Paukenhöhle und Tuba Eustachii. Im
Gegensatze zu v. Tröltsch, Moos, Politzer,
Knapp, Gottstein U.A., die als Ursache dieser
Krankheitform eine Cerebrospinalmeningitis an-
genommen haben, betrachtet sie Baginsky, wie
erwähnt, als Ausdruck einer selbständigen Laby-
rinthentzündung, da er bei seiner Kranken, als sie
3 Monate später aus anderer Ursache zu Grunde
gegangen war, im inneren Ohre beiderseits eine
condensirende Osteitis, mit Neubildung von Binde-
gewebe und E[nochen und Entartung der nervösen
Elemente, dagegen die Meningen durchaus normal
gefunden hat Eigenthümlich bleibt auch nach
Baginsky immerhin die constante Doppelseitig-
keit des Labyrinthleidens, die freilich auch in der
Annahme einer Meningitis nur schwer ihre Erklä-
rung findet
5) Labyrinihnekrose, Fälle solcher wer-
den von Herzfeld^) und von RandalP) mit-
getheilt.
In der Beobaohtung Herzfeld 's, bei einem
9Vt Jabre alten Knaben, war eine akute Soharlaoheite-
ning beiderseits gleich von Anfang an mit totaler Taub-
heit and Facialislähmung einhergegangen und bereits
6 Wochen später links ein den horizontalen, den oberen
und einen kleinen Theil des hinteren Bogenganges ent-
haltender Sequester ausgestossen worden. Schwindel
hatte zu keiner Zeit bestanden. Die auf beiden Seiten
vorgenommene Totalaufmeisselung führte zur Heilung
der Eiterung; sie ergab Sequestrirung des ganzen Warzen-
fortsatzes und Caries des Fallopi'schen Kanals, sowie des
horizontalen Bogenganges, femer kam es bei ihr links
zu unabsichtlicher Eröffnung der Schnecke durch die
Fenestra rotunda, worauf zuerst Austritt einer schmutzig
gefärbten Flüssigkeit, dann eine die Tamponade erfor-
dernde starke Blutung erfolgte. Weitere Störungen traten
danach nicht ein. bemerkt wird noch, dass, während
der Kranke wachend die Augen nicht schliessen konnte,
im Schlafe vollständiger lidschluss zu Stande kam.
Herz fei d erklärt diesen aus einer beim Schlafen ein-
tretenden Erschlaffung der glatten, vom Sympathicus
innervirten Muskeln im oberen und unteren Lide und
ferner aus einem Zurückziehen des Bulbus in die Orbita,
Der Kranke, über den Rand all berichtet, ein 55jähr.
Mann, hatte bei einem Eisenbahnunfalle eine Verletzung
in der Schläfengegend davongetragen, war einige Zeit
bewusstlos gewesen und klagte seitdem über beständigen
Schwindel. 8 Monate später bekam er auf der gleichen
Seite in Folge von Influenza eine eiterige Mittelohrent-
zündung, die mit starken Schmerzen, vorübergehender
FacialisTähmung und gegen früher sich noch steigerndem
Schwindel verbunden war und zu ausgedehnter Caries
necrotica des Warzentheils führte. Zur Zeit der Unter-
suchung durch R a n d a 1 1 war totale Taubheit vorhanden.
1902.
1) Berl. khn. Wchnsohr. XXXVm. 35. 1901.
*) Transaoi of the Amer. otol. Soc. XXXY. p. 30.
1
236
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
Es wurde die Anfmeisselang gemacht und hinter nekro-
tisohem Enochen der Pars mastoidea ein Labyrioth-
sequester gefnoden, der den grössten Theil des Yorhofes
und der Halbcirkelkanfile umfasste. Unmittelbar nach
der Operation, trat Facialislähmong ein, die jetxt nicht
mehr verschwand. Ein zweiter Sequester, der in der
Paukenhöhle lag, enthielt den vorderen unteren Theil
der ersten Schnecken windung. Die Schmerzen waren
sofort nach der Operation verach wunden, etwas Schwindel
und geringe Eiterung bestanden noch fort. In seinem
Gutachten sprach sich Rand all über die Beziehung
des erlittenen Trauma zu der Labyrinthnekrose dahin
aus, dass jenes wahrscheinlich eine längere Zeit sym-
ptomlos gebliebene Fissur der Pars petrosa ossis temporis
verursacht hatte und dass dann, lüs die Paukenhöhlen-
eiterung auftrat, die noch offene Fissur den Weg fär die
Fortpflanzung auf das Labyrinth bahnte. Im Anschlüsse
werden die in der Literatur bisher bekannt gegebenen
Fälle von Labyrinthnekrose bei Erwachsenen, 41 an
Zahl, zusammengestellt; darunter befinden sich 4 mit
traumatischem Anlasse, und zwar hatten sich auch bei
ihnen die schweren Ohrsymptome erst nach einer meist
längeren Zwischenzeit von 8 — 20 Monaten entwickelt.
ß) Erkrankungen des Nervus aeusti-
CU8. Die rh&umatiecken Erkrankungen des Hör-
nervena/pparatea werden von Hammerschlag^)
auf Grund von 14 einschlägigen Beobachtungen
(darunter 2 eigene) besprochen. Sie betreffen vor-
wiegend das mittlere Lebensalter und in diesem
hauptsächlich das männliche Geschlecht. In 4 Fäl-
len war der Hörnervenapparat allein erkrankt, 7mal
gleichzeitig der N. facialis und 3mal zugleich der
N. facialis und trigeminus. In 4 von lOverwerth-
baren Fällen war nur der cochleare Antheil des
Hörnerven ergriffen, so dass hier Schwindel, üebel-
keit und Erbrechen fehlten, während bei den
flbrigen die eben genannten Bogengangsymptome
vorhanden waren. Die Entwickelung des Leidens
ist eine plötzliche, inmitten voller Gesundheit, mit
Ohrensausen, bez. Schwindel und üebelkeit, leich-
tem Fieber und starker Schwerhörigkeit, die mit-
unter in den nächsten Stunden noch weiter zu-
nimmt. Die Hörprüfung ergiebt alle Kennzeichen
einer Erkrankung des schallempfindenden Appa-
rates, Trommelfell und Paukenhöhle verhalten sich
normal. Bei Mitbetheiligung des Trigeminus ist
zuweilen Herpes der Ohrmuschel oder des äusse-
ren Gehörganges vorhanden. Der Schwindel ist
in liegender Stellung am erträglichsten, beim
Gehen oder umdrehen, besonders mit geschlossenen
Augen, treten starke Gleichgewichtstörungen her-
vor. In Bezug auf die Diagnose wird bemerkt,
dass die rheumatische Hömervenerkrankung sich
weder in ihren Symptomen, noch im Verlaufe
von anderen akut auftretenden Erkrankungen des
inneren Ohres unterscheidet, jene daher nur bei
sicherem Nachweise einer stattgehabten Erkältung
und bei Ausschluss aller anderen Ursachen für
ein primäres Hömervenleiden gestellt werden
kann, unterstützt wird die Diagnose manchmal
durch das gleichzeitige Ergriffensein anderer Him-
nerven, insbesondere des Facialis. Der Verlauf
gestaltet sich meist in der Weise, dass, wenn Tri-
geminus und Facialis mit erkrankt sind, zuent
die Sensibilitätstörungen (in wenigen Tagen) und
dann die Lfthmungaeracheinungen von Seiten des
Gesichtsnerven sich verlieren, während die Schwer-
hörigkeit noch andauert Doch kann die Fadalis-
lähmung auch bestehen bleiben. Von den Acusticiu-
symptomen verlieren sich der Schwindel, die Gang-
Störungen und die Üebelkeit rascher und leichter
als die Hörstörung, welche letztere langsam ab-
nimmt oder gar nicht zur Heilung gelangt Seibit
in den gut ausgehenden Fällen bleibt gewöhnM
eine theil weise Herabsetzung des Gehörs und ein
theilweiser Verlust der Peroeption vom Enocheo
zurück. Ferner kommt es vor, dass das bereits
gebesserte Hörvermögen durch einen RQckM
rasch und dann meist dauernd verloren geht, so
in einem der von Hamgiersohlag beobachteten
Fälle. Als wahrscheinliche anatomische Grand*
läge des beschriebenen Krankheitbildes werden
neuritische Veränderungen im intermediären Ver-
laufe des Hörnerven oder in seiner intralabyrin-
thären Ausbreitung angenommen.
Alt I) beschreibt 2 Fälle von HÖmervenerkratdmng
nach innerlichem Gebrauche von salieyleaurem Natron,
die unter Meniere*schen Symptomen verliefen, femer
einen Fall von totaler Thubkeit durch Chiningemia
während einer Malariaerkrankung und 3 Fälle von Neth
ritis aeustici durch Alkohol und Nicotin, Bei dem
einen dieser Kranken entwickelte sich das Acostictti-
leiden neben alkoholischer Polyneuritis und Nearitis
optici retrobulbaris unter den typischen Erscheinongep
einer Labyrintherkrankung and ging nach völliger Absti-
nenz in 2 Monaten wieder zurück. Die Nicotinnearitis
(2 Falle) trat mit sehr starker Schwerhörigkeit und Ohreo-
sansen (hohes Pfeifen) auf. A 1 1 hebt hervor, dass die
Diagnose wegen des meist negativen Stimmgabelbefandes
oft im Anfange unrichtig gestellt wird und das Leiden
deswegen zu nicht wieder aosgleiohbaren Verfindenugea
führt, da nur völlige Enthaitang von Alkohol und Nicotin
die Heilung ermöglicht Letztere tritt dann ohne wei*
tere Behandlung in 6—8 Wochen ein.
Manasse*) hat als Ursache ziemlich plötzlicbei
Ertaubung bei einem Phthisiker eine muütple gram
Degeneration beider HÖmerven gefunden. Es waren ii
ihnen zahlreiche Herde vorhanden, in denen die Nerveo«
Substanz vollständig verloren gegangen war ond die diu
noch von einem unregel massigen Netze feinerer unt
gröberer Fäden mit eingelagerten Corpora amylaoea g»
bildet wurden. Im Uebrigen verhielten sich die Gehör
Organe normal. In einer zweiten Beobachtung handelt
es sich um tertiär-syphilitische Veränderungen am Laby
rinth und an den Hömerven. In der Scala tympani uiv
vestibuli, sowie in den perilymphatischen Räumen de
Vestibularapparates beider Labyrinthe liess sich als Aue
druck einer Periostitis chronica interna eine Bindegewebe
neubildung feststellen, die sich in Form von feinen Netxe
vom inneren Periost nach den gegenüberliegenden Stelle
erstreckte. Femer waren beide Hörnerven gans dorol
setzt von theils rundlichen^ theils länglichen oder auc
spindelförmigen Zellen, die meist längsgestellt zwisohc
den Nervenfasern oder rings um die Oefässe lagen, i
einzelnen Stellen aber sich zu rundlichen oder ovali
circumscripten Haufen (Lymphomen) gruppirten.
») Arch. f. Ohrenhkde. LH. 1 u. 2. p. 1. 1901.
«) Naturf.-yers. 1902 s. Arch. f. Ohrenhkde. LV]
1 u. 2. p. 106. 1902.
>) Ztsohr. f. Ohrenhkde. XXXIX. 1. p. 2. 1901.
Blau, Bericht Aber die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
237
Neubiidunffen du N.aeustieus sind "vonQ^tke^),
Sorgo*) und von Henneberg und Eooh*)
besobrieben worden.
Id dem Falle Yon Sorgo handelte es sich um ein
Gliofibrom, in den beiden Fällen Oörke's um Fibro-
sarkome. Bei den 2 Kr. von Henneberg und Koch
Iig .Nearofibromatose^ mit der sehr selteneD Betheili-
jniog von Hiranerrenwarzeln vor. Bei dem ersten dieser
ir. ergab die Sektion multiple Neurofibrome der Haut
und der. peripherischen Nerven, pflaumengrosse Neuro-
fibrome extradnral an der 7. Cervikal- und 4. Lnmbal-
wuiel links, zahlreiche, zum Theil symmetrische, bis
bohneDgrosseNenrofibrome an den vorderen nnd hinteren
WoTseln des Rückenmarkes innerhalb des Duralsackes,
doppelseitige, fast hühnereigrosse und mit dem N. acusti-
CQs und facialis verwachsene Tumoren im Eleinhim-
brückeawiokel, die die benachbarten Himtheile deformirt
hitteo, femer zahlreiche kleine Tumoren links an der
Vagos- und Olossopharyngeuswurzel, Rankenneurom der
fiimi rec. vagi, stecknadelkopfgrosses Fibrom im Cervikal-
marke. In der zweiten Beobachtung war ein über
ktttaoieDgrosser Tumor neurofibromatösen Charakters
nur ao deo beiden Hömerven vorhanden, ausserdem aber
bnden sich ein taubeneigrosses Fibrom der Falz an der
medialen Fliehe des rechten Stimhims, ein doppelt so
grosses Fibroearkom im vorderen Theile des rechten
SeitenveDtrikels, 3 bis erbsengrosse Tumoren in der Mitte
der Medolla oblongata, multiple kleine Fibrome und
Flammofibronie der harten nnd weichen Hirnhaut
Sorgo giebt aus einer Zusammenstellung von
12 verwerthbaren Fällen folgendes klinisches Bild
der Acnsticastumoren. Er schliesst sich vorerst
der Auffassung S t e r n b e r g 's an, dass diese nur
idten von der Dura- mater ausgehende Fibrome und
Sarkome, sondern vielmehr meist gliomatöse Misch-
geschwülste (Oliofibrome) sind, die, an dem Winkel
iwischen Kleinhirn und Brücke liegend und in
eioeGjrube des Kleinhirns eingebettet, sich aus ihm
leicht herausbeben und von der Umgebung loslösen
linen. Sie stehen nur mit dem Hömerven in Ver-
iHDdong, der manchmal ihren Stiel bildet, in an-
deren FUen mit dem Facialis dünn und grau über
die Geschwulst hinwegzieht oder in ihr ver-
M^windet ; sie können auch in den inneren Gehör-
|iog hineinwachsen. Genetisdi lassen sie sich
(Sternberg) von embryonalen Oeweberesten
jener Nervenleiste herleiten, aus der die dorsalen
Hinnerven ihren Ursprung nehmen, Qewebereste,
die entweder subarachnoideal (an der Acusticus-
vunel) und in dem Nerven selbst enthalten sind
oder ihm anliegen. Dem ffigt Sorgo hinzu, dass
iogesichts des meist erst späten Auftretens von
Hfintöningen, auch wenn die Sektion einen innigen
Zusammenhang zwischen Aousticus und Geschwulst
nachweist, letztere sich wahrscheinlich trotzdem
seist anseerfaalb des Nerven entwickelt hat und
erat sp&ter mit ihm eine Verbindung eingegangen
ist Dagegenbehaupten Henneberg und Koch,
iass sie in den von ihnen untersuchten 6 Fftllen
hierher gehöriger Tumoren niemals ein Gewebe ge-
bnden haben, das nur mit einiger Wahrscheinlich-
<) Yerhaodl. d. deutschen otol. Ges. X. p. 144. 1901.
«) Moo.-ßohr. f. Ohrenhkde. u. 8. w. XXXV. 7. p. 285.
Ä)l. — Ebenda XXXV. 9. p. 408. 1901.
•) Arch. f. ftych. XXXVI. 1. 1902.
keit als gliomatös hätte bezeichnet werden können.
Die im Kleinhirnbrflkenwinkel gelegenen und wohl
vorzugsweise vom N. aousticus ausgehenden Ge-
schwülste müssten vielmehr ihrer histologischen
Natur nach als Neurofibrome und Neurofibrosarkome
bezeichnet werden. In ihren Symptomen unter-
scheiden sich die Tumoren des Aousticus nach der
Darstellung von Sorgo, die mit derjenigen von
Henneberg und Koch im grossen Ganzen gut
übereinstimmt, kaum von solchen einer Kleinhirn-
hemisphftre, um so weniger, als, wie gesagt, Er-
scheinungen von Seiten des Gehörorgans sich erst
einzustellen pflegen, nachdem schon verschieden
lange vorher allgemeine Himdmcksymptome, mit-
unter auch andere Herdsymptome bestanden haben.
Der N. facialis ist bald gelähmt, bald frei, manch-
mal zeigen sich in seiner Verbreitung tonische oder
klonische Krämpfe, Imal (Sorgo) war während
der Krampfanflllle ein eigenthümlioher katalep-
tischer Zustand des oberen Augenlides vorhanden,
so dass dieses in jeder ihm gegebenen Stellung
verblieb. Von den übrigen Gehirnnerven erkranken
am häufigsten der Oculomotorius und Abduoens
(die mehrfach beobachtete Deviation der Augen
nach der gesunden Seite wird als Krampferschei-
nung nach vorausgegangener Parese der Seitwärts-
wender auf der kranken Seite erklärt), der Trige-
minus (sensible, motorische und trophische Stö-
rungen, letztere u. A. in CJaries der Schneidezähne
und Ausfallen der Kopfhaare aus der hyperästhe-
tischen Kopfhaut sich kundgebend) und der Glosso-
pharyngeo -Vagus (Geschmackstörungen, Schling-
beschwerden, Arrhythmie, Tachykardie, Bradykardie
und Bespirationstörungen, Aufhebung derGaumen-
und Würgreflexe). Sehr viel seltener findet sich
eine Betheiligung des Olfactorius, Acoessorius und
Hypoglossus. Die allgemeinen Drucksymptome
sind die gleichen wie bei allen Hirntumoren, Er-
blindung durch Stauungspapille und Kopfschmerzen
sind constant, Schwindel und Erbrechen können
fehlen, die von Sorgo beobachteten Gesichts-
hallucinationen werden mit einer direkten Reizung
der optischen Rindencentren in Zusammenhang ge-
bracht Das Auftreten der Kopfschmerzen je nach
der Körperlage gestattet gewisse diagnostische
Schlüsse, insofern Kopfschmerzen in Rückenlage
nnd ihr Schwinden in aufrechter Körperstellung
für einen beweglichen Tumor an der Himbasis
sprechen, der, wenn sich die Kopfschmerzen zu-
gleich bei einer bestimmten Seitenlage zeigen, an
der Basis der letzterer entgegengesetzten Klein-
hirnhemisphäre liegt Bei der Kranken Sorgo 's
wurden durch die Rückenlage auch Herderschei-
nungen hervorgerufen, nämlich Krämpfe der gegen-
überliegenden Körperhälfte, die beim Aufsetzen des-
gleichen oft sich abschwächten oder aufhörten. Da
dieser Wechsel der Symptome immer eine gewisse
Beweglichkeit des Tumor andeutet, kann er für
die Differentialdiagnose zwischen Kleinhirn- und
Acusticusgesch Wülsten in Betracht gezogen werden*
238
Blau, Berioht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
Von motorischen Störungen sind beobachtet wor-
den Paresen der Eopfstrecker, der unteren oder
oberen ExtremitAten, Hemiparese auf der Seite des
Tumor oder auf beiden Seiten, ungeschickter Gang ^),
akute Bewegungsataxie in der gleichnamigen oberen
Extremität, partielle und allgemeine Erampf-
anfälle*), meist mit Bewusstlosigkeit verbunden,
von sensiblen Störungen Parästhesien im Trige-
minusgebiete und in den Extremitäten. Endlich
werden noch Urinbeschwerden und, als von Cirku-
lationstörungen im 4. und 5. Spinalganglion ab-
hängig, Herpes zoster an Schulter und Nacken und
flüchtige Erytheme erwähnt Der Verlauf in Fällen
von Acusticustumor kann ein rascher oder auch
langsamer sein. Mitunter setzen die ersten Sym-
ptome nach einer Erkältung oder einem Trauma
stürmisch ein oder sie erfahren durch eine Er-
kältung eine plötzliche Verschlimmerung. Die
durchschnittliche Dauer der Erkrankung von den
ersten Symptomen bis zum Tode beträgt 1^/^ bis
2 Jahre. Sehr kleine Oeschwülste können ganz
latent bleiben oder nur zu Taubheit Veranlassung
geben. Im Hinblicke auf die Therapie meinen
Henneberg und Koch, dass die Möglichkeit,
Tumoren des Eleinhirnbrückenwinkels auf opera-
tivem Wege zu entfernen, bei dem heutigen Stande
der Chirurgie von vornherein nicht ausgeschlossen
sei. Einen günstigen Umstand bilde dabei ihre
sehr leichte Auslösbarkeit, während andererseits
ihre versteckte Lage in der Nähe der MeduUa
oblongata erschwerend in Betracht kommt.
7) Taubsiummheii^). Statistische Angaben
über Verbreitung, Ursachen u. s.w. derTaubstumm-
*) Ausgesprocbene starke cerebellare Ataxie tritt
nach Sorge bei AonsticustumoreD nogleich seltener auf
als bei solchen, die vom Kleinhirn ausgehen, und ent-
wickelt sich meist viel später als bei letzteren. Dagegen
bezeichnen Henneberg und Koch die cerebellare
Ataxie als eines der bei Tumoren des Eleinhirnbrücken-
winkels am regel massigsten zu beobachtenden Sym-
ptome.
>) Für die Erklärung dieser und anderweitiger Reiz-
erscheinungen (Facialiskrampf, Gesichtshallncinationen)
kommen nach Sorge vielleicht die von ihm zu beiden
Seiten des Sinus longitudinalis gefundenen multiplen
kleinen Gehirnhernien in Betracht. Die Erampfanfalle
beherrschten in der von Sorgo mitgetheilten Beobach-
tung das ganze Erankheitbild.
s) Literatur : 1) B e z o l d , Die Taubstummheit auf
Grund ohrenärztUcher Beobachtungen. Wiesbaden 1902.
J. F. Bergmann. — 2) Haike, Arch. f. Ohrenhkde. LV.
1 u. 2. p. 36. 1902. — 3) Schwabach u. s. w., Berl.
otol. Ges. s. Ebenda LV. 1 u. 2. p. 90. 1902. — 4) K atz,
Berl. otol. Ges. s. Ebenda LVL 1 u. 2. p. 66. 1902. —
5) Siebenmann, Deutsche otol. Ges. s. Ebenda LVI.
1 u. 2. p. 108. 1902. — 6) Hammerschlag, Ebenda
LVI. 3 n. 4. p. 161. 1902. — 7) Habermann, Ebenda
LVII. 1 u. 2. p. 79. 1902. — 8) B e z o 1 d , Ztschr. f. Ohren-
hkde. XXXIX. 1. p. 39. 1901. — 9) Schwab ach,
Ebenda XLL 1. p.67. 1902. — 10) Eö bei, Ebenda XLL
2. p. 126. 1902. — 11) Gutz mann, Mon.-Schr. f. Ohren-
hkde. u. s. w. XXXVL 8. p. 321. 1902. — 12) ürban-
tsohitsch, Deutsche Klinik am Eing. d. 20. Jahrb. VIII.
p. 273. 1901. — 13) Alexander u. Kreidl, Arch. f.
heit, die einem Materiale von 456 im otiatriecheD
Ambulatorium und in der Privatpraxis untersuchten
Taubstummen entnommen sind, liefert 6 e s o 1 d (1).
Die Häufigkeit der Taubstummheit zur Oesammt-
zahl der Ohrenkranken stellte sich auf 1.3*/«. Sie
war angeboren in 43.0*/o, erworben in 51.1*/|der
Fälle, während 5.9% in dieser Hinsicht keine Eot-
Scheidung treffen Hessen % üebereinstimmend mit
den Untersuchungen Anderer besassen auch hier
die angeborenen Formen durchschnittlich mehr
und grössere Hörreste und wiesen weniger Total-
taube auf als die erworbenen. Bs waren bei 45.9*/|
der angeborenen Fälle noch Hörreste für die Sprache
vorhanden und nur 35.7<)/« waren totaltaub, da-
gegen fanden sich unter den erworbenen Fällen
nur 21.5% mit Hörresten fOr die Sprache und
55.8% Totaltaube. Die Zeit des Eintretens der
Ertaubung in 224 Fällen erworbener Taubstumm-
heit war am häufigsten (39%) das 1. oder 2. Lebens-
jahr, bei 72.3% die ersten 5 Jahre. Vom 3. Jahre
an sinkt die bezügliche Curve allmählich, um nur
noch 2mal, im 7. bis 8. und 11. bis 12. Lebensr
jähre, eine kleine, vielleicht durch den Einfioss
von Syphilis hereditaria bedingte Steigerung zu
zeigen. Dem Oeschlechte nach waren 54.2^/« der
Taubstummen männlich, 45.6<^/o weiblich. Dieses
Vorwiegen des männlichen Geschlechtes wird in-
dessen nur durch die Verhältnisse bei der erwor-
benen Taubstummheit bedingt, indem bei ihr 100
männliche auf 66 weibliche Taubstumme kamen,
während bei der angeborenen Form sogar um-
gekehrt das weibliche Geschlecht ein überwiegen-
des Betroffensein (114 gegen 100) aufwies. Bb
suchen mithin die postfötal . zur Taubstummheit
führenden Erkrankungen häufiger und in höherem
Grade die Knaben heim, die intrauterin wirkenden
Schädlichkeiten (z. B. Syphilis hereditaria) häufiger
die Mädchen.
Als Ursache der angeborenen Taubstummheit wurde
direkte Vererbung von den Eltern oder Groeseltem nie»
mala beobachtet, wohl aber hatte Imal einseitige total«
Taubheit der Mutter sich auf 2 der Kinder in Form doppel-
seitiger Taubheit und Taubstummheit vererbt <). Taub-
stummheit in den Seitenlinien der Familie war bei 6.1*A
vorhanden, Taubstummheit von Oeschwistem bei IS^JL
einfache erworbene Schwerhörigkeit oder Taubheit dfl
Eltern oder Verwandten neben ungestörter Sprache be
I5.8V01 Blutverwandtsohaft der Eltern bei 6.6*/»^ sonstigi
Erkrankungen, besonders Geisteskrankheit, in derFamiü
bei 2.6*/oi Potatorium seitens der Eltern bei 4.1*/^ Am
Physiol. LXXXrX. 9 u. 10. p. 476. 1902. — 14) Sehn
bert, 8ond.-Abdr. a. d.Festschr. z. Feier d. 50j&hr. Bea
d. ärztl. Ver. in Nürnberg 1902. — 15)ÜchermaDi
Les sourds-muets en Norvege. 2 vol. Christiania 190
Cammermeyer. -— 16) R i v i e r e , Lyon med. XCVT. !
p. 57. 1901.
*) K Ö b e 1 (10) bestimmte bei seinen Untersuohnn^
der Zöglinge von 2 verschiedenen Taubstunmenanstalti
die angeborene Taubstummheit auf 27.1, bez. 43.2*/^ i
erworbene auf 56.2, bez. 40.9®/o.
*) Von Schubert (14, p. 22) wird Vererboiig vi
den Eltern her 2mal erwähnt: Imal war die Mutter ae
schwerhörig, Imal lag Taubstummheit beider EUtem (u
auch einer Schwester) vor.
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
239
malien der Gebart bei 3.6^/0. Mehr oder weniger aus-
gesprochene KeDozeicben von mangelhafter geistiger and
Oehiraentwickelaiig boten 15.3% der 196 angeboren
Iiabstammen. Als Ursachen der erworbenen Taab-
stommheit (233 Fälle) werden aufgeführt: wahrschein-
liche Oehirnerkranicung in 51.9*/o, insbesondere Menin-
gitis cerebrospinalis in 31.8<»/o, Scharlach in 187«i Diph-
therie in 1.7«/«, Masern in '2.1*/o, Parotitis epidemica in
U% ererbte Syphilis in 5.0*/o, Otorrhöe ohne voraus-
gegaogeoe Infektionkrankheit , aber jedenfalls mit £r-
gräEBDsein des Labyrinths in 6.4^01 sonstige Erkrankungen
(iSchleim-aodNervenfieber^, Abdominal typhus, Lungen-
entioodang, Keuchhusten, Scrofulose, Osteomyelitis) in
xQMfflmen S^o, Trauma (Fall in das Wasser, Fall oder
Schlflg aof den Kopf) in 39/^ Von den genannten Ur-
sacheo der erworbenen Taubstummheit bevorzugen die
akuten Infektionkrankheiten entschieden das männliche,
die Syphilis hereditana das weibliche Geschlecht Ueber
(he ?on Bezold bei seinen Taubstummen gefundenen
Hötreate vgl weiter unten.
Hammersohlag (6) h< die Mntiwüung
iv Tambtiummheü in eine angeborene und erwor-
bene fttr nicht sweckentaprechend, und zwar des-
wegen, weil diesen beiden Formen keine besonderen
anatofflischen oder klinischen Eigenthflmlichkeiten
sakommen, weil die angeborene Taubstummheit
aehr wohl intrauterin erworben sein kann und
amgekehrt oongenitale Formen (z. B. durch er-
erbte Lues) unter dem klinischen Bilde der er-
vorbenen Taubstummheit auftreten kennen und
weil die endemische Taubstummheit sich Ober-
haupt in keine dieser Oruppen einreihen Iftsst
Letitere, bekanntlich ein Glied in der Kette der
cretinoiden Entartung und manchmal deren einzige
Vortretende Erscheinung, beruht wie der Cre-
tioiemus auf einer durch den Genuss des Trink-
vaisers erzeugten chronischen Schädigung der
SchilddrOse (Hjpo-, bez. Athyreosis). Diese Schfl-
%ug führt zu den Erscheinungen des endemi-
Kfaen Cretlnismus, bez. der endemischen Taub-
itamoiheit, wenn sie in die Entwickelungsperiode,
die Kindheit oder das Embryonalleben , zurück-
dstirt, so dass Tiele hierher gehörige Fälle dem-
ssch als I5tal oder postfötal erworben aufzufassen
sind; andererseits aber kann die erworbene Hypo-
thyreosis der Erzeuger eine im gleichen Sinne
wirkende Disposition bei den Kindern veranlassen,
ii der Art, dass gewisse Formen der cretinoiden
bUrtang, vielleicht nur die schweren, sich ätio-
logiKh als ein Produkt aus der erworbenen und
'tt hereditär bedingten Funktionherabsetzung der
Schikidrflse darstellen werden. Die Eintheilung
'^Taubstummheit, die Hammerschlag vor-
■ekUgt, umfasst die folgenden beiden Hauptgrup-
|wd: l)die durch lokale Erkrankung des Oehör-
^pns bedingte und 2) die constitutionelle Taub-
rtomaheit Die erste Form ist immer erworben,
iBi es im poetfötalen oder fötalen Leben, die zweite
hnn kann erworben oder in der Keimanlage be-
P^iutet, oongenital sein, und zwar bildet es fQr
■ttteres keinen Unterschied, ob die Taubstumm-
Mit als Folge der congenitalen Anomalie bereits
M der Geburt vorhanden ist oder erst später in
hcheinung tritt Die constitutionelle Taubstumm-
heit wird weiter eingetheilt a) in die endemische
und b) in die sporadische Form, z. B. in Folge
von Blutsverwandtschaft der Erzeuger, hereditärer
Syphilis u. s. w. Die Zeit des Eintretens der
Taubstummheit soll nach Hammerschlag für die
Eintheilung nicht mehr einen grundlegenden, son-
dern nur noch einen unterstfltzenden umstand bil-
den, insofern Eintreten erst nach der Geburt mehr
fflr die lokal bedingte Form spricht, Angeborensein
neben anderen anamnestischen Hinweisen (Bluts-
verwandtschaft der Eltern, Häufung von Fällen in
derselben Familie u. s. w.) für die Constitutionen
bedingte Form in die Wagschale fällt.
Rividre(16) hebt desgleichen den Paralle-
lismus im Vorkommen des Kropfes und der Taub-
stummheü hervor, wozu sich als dritter patho-
logischer Befund noch eine starke Entwickelung
von adenoiden Vegetationen des Naaenrachenraumee
gesellt Vielleicht wird die dem Kröpfe zu Grunde
liegende Infektion (Jaboulay und Riviöre)
vom Rachen aus vermittelt und die Hypothyreosis
erzeugt dann die Taubstummheit Auch bei jun-
gen Mädchen zur Zeit des Eintretens der Pubertät
käme eine schwere Taubheit vor, die mit Kropf-
entwickelung und adenoiden Vegetationen einher-
geht Zur Behandlung empfiehlt Rividre in
allen diesen Fällen die Abtragung der adenoiden
Wucherungen und zugleich die innerliche Darrei-
chung von Thyreoidin.
Zur pcUhologischen Anatomie der Taubstummheit
liegeo folgende Beobachtungen vor. Schwabach (9)
hat bei einem 35 Jahre alten Taubstummen, der an Tuber-
kulose zu Grunde gegangen war, als wesentlichsten Be-
fund im inneren Ohre eine Bindegewebe- und Knochen-
neubildung in der Basalwinduog der Schnecke nach-
gewiesen, die, in deren mittlerem Theile am stärksten
ausgesprochen, gegen das runde Fenster sowohl, als
gegen die mittlere Windung an Ausdehnung abnahm.
Während nämlich auf der am meisten betrofifenen Strecke
nahezu der ganze Schneckenraum von der Knochenneu-
bildung erfüllt wurde, trat diese gegen die Membrana
tympani secundaria hin immer mehr gegen das neu-
gebildete Bindegewebe zurück und waren nach oben hin
im Anfangstheue der Mittelwindung nur noch Spuren
von Knochen- und Bindegewebeneubildung vorhanden.
Dementsprechend traten in der Mittel- und Spitzenwin-
dung auch die bisher fehlenden häutigen Elemente der
Schnecke wieder woblerhalten hervor. Im Vorhofe und in
den Bogengängen waren keine bestimmt als pathologisch
zu kennzeichnende Veränderungen vorhanden, desglei-
chen verhielt sich der Vestibularast des N. acusticus bis
auf eine geringe Degeneration von Nervenfasern normal.
Die Veränderungen am Bamus cochlearis gingen parallel
deqjonigen in den zugehörigen Abschnitten der Schnecke;
sie bestanden in beträchtlicher Abnahme oder vollstän-
digem Fehlen der Ganglienzellen des Ganglion spirale in
dem concentrisch verengten, zumTheilmitneugebildetcrn
Bindegewebe ausgefüllten, zum Theil leeren Rosen thal'-
schen Kanäle, Fehlen der Nervenfasern zwischen den
beiden Lamellen der Lamina spiralis ossea und Degene-
ration zahlreicher Nervenfasern des N. Cochleae im inne-
ren Gehörgange. Die Entstehung der Labyrintherkran-
kung und damit der Taubstummheit in diesem Falle be-
trachtet Seh wabaoh als eine postfötale und sieht sie
auf Grund ihrer Lokalisation in der Schnecke als wahr-
scheinliche Folge der Fortpflanzung einer Meningitis
durch den Aquaeductus Cochleae an.
240
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
E atz (3. 4) bezeichnet eine von ihm mehrfach be-
obachtete Atrophie der Nerven der Schnecke mit ent-
sprechender Verdünnung y' bez. Verschmälerung der
Lamina spiralis ossea als kennzeichnend für das An-
geborensein der Labyrintherkrankang. Daneben finden
sich im Vorhofe ebenfalls atrophische Zustände am Ner-
ven und an den Säckchen. In einem Falle fehlten die
Bogengänge, in einem zweiten waren sie von nengebil-
deter poröser Enochenmasse erfüllt. Dagegen konnte
sich die Paukenhöhle und insbesondere die Gegend der
beiden Fenster normal verhalten. Nach Eatz handelt
es sich hierbei entweder um längst abgelaufene intra-
uterine, zum Theil vom Oehim fortgeleitete Entzündungen
oder um angeborene Bildungsaoomalien.
Haike (2) hat an einem 4 Tage nach der Geburt an
EacephaUtis haemorrhagica zu Grunde gegangenen Einde
Veränderungen im Gehirn und Labyrinth gefunden, die
das intrauterine Vorkommen denen im postfötalen Leben
analoger Uirnkrankheiten und ihre Einwirkung auf die
Gebilde des inneren Ohres darthun. Die an letzterem
erhobenen Befunde bezogen sich erstens auf Blutungen,
die im Moatus auditorius internus, rechts noch mehr als
links, wiederholt stattgefuncton haben mussten und be-
sonders im Fundus den N. coohlearis bis auf wenige
Bändel zerstört hatten. Der zertrümmerte Nerv war
nach seinem Zerfalle wahrscheinlich resorbirt worden.
Dementsprechend wies auch das Ganglion spirale theils
grosse Lücken, theils in dem mit Bmdegewebe erfüllten
Kaume nur noch vereinzelte Ganghenzellen auf und
die Nervenenden des Coohlearis waren nirgends mehr
normal erhalten. Der N. vestibularis hatte durch die
Blutungen weit weniger gelitten, das Ganglion vestibuläre,
die Maculae und Cristae acusticae verhielten sich normal.
Sehr schwere Veränderungen dagegen, als deren Ursache
sowohl die Entartung der zuführenden Nerven, als die
intracranielle und intralabyrinthäre Drucksteigerung be-
trachtet werden musste, zeigten beide Schnecken. Ein
deutliches Lumen des Ductus coohlearis bestand rechts
gar nicht mehr, die zu bandartiger Breite aufgelockerte
Membrana Reissneri war bald an ihrem centralen, bald
am peripherischen Ansätze losgerissen und lag der
Basilarmembran dicht auf, eine Chsta spiralis war kaum
zu erkennen und von dem Corti'sohen Organe nichts er-
halten geblieben. In der mittleren Windung war durch
den hohen Druck im perilymphatischen Baume sogar die
Lamina basilaris oonvex bogenförmig gegen die Scala
tympani ausgebuchtet worden. Die Blutungen in der
Sohnecke, wohl durch Stauung entstanden, waren un-
bedeutend und hatten keine Zerstörung bewirkt Bei
längerer Dauer des Lebens hätten, wie Haike hinzu-
fügt, die Blutungen wahrscheinlich zu einer Labyrinth-
entzündung geführt und diese hätte dann die aus den
Sektionen später gestorbener Taubstummer bekannte
Bindegewebe- und Enochenneubildung im Labyrinthe
hervorgerufen.
Habermann (7) macht Mittheilung eines
neuen Falles, in dem schwere Veränderungen an
den Gebilden des mittleren Ohres, insbesondere
den Fenstern, für sich allein Taubstummheit her-
vorgerufen hatten.
Ursache war eine wahrscheinlich in den ersten
Lebensjahren aufgetretene Otitis med. snpp. gewesen,
zur Zeit ihres Todes war die Eranke 41 Jahre dt Ge-
hirn und inneres Ohr verhielten sich bis auf unwesent-
liche Abweichungen, die theils, wie die geringe Ver-
minderung der Ganglienzellen im Labyrinth und die
Amyloidkörperchen im Ramus oochleae, dem Funktions-
ausfalle, theils, wie die geringe Lenkocytenanhäufung
zwischen den Nervenbündeln, im Grunde des inneren
Gehörganges und in der Schneckenspindel und die Blu-
tungen, dem zum Tode führenden Herzfehler zugeschrie-
ben werden mussten, normal. Die pathologisohen Zu-
stande im Mittelohre waren beiderseits nahezu die glei-
chen. Das Trommelfell zeigte eine grosse Narbe, die
Paukenhöhlenschleimhaut war verdickt und der Kno-
chen, besonders an der unteren und inneren Wand, stark
hyperostotisch. Der Hammer war mit seinem Kopfe
fizirt, der Hammergriff und der lange Ambosschenkel
stärker nach hinten gerichtet und letzterer wich aussw-
dem stärker nach innen ab und bildete mit dem Hammer-
griffe einen Winkel von etwa 20*. Der hintere Steig-
bügelsohenkel war mit der hinteren oberen Nischenwand
und das Köpfchen mit der unteren Wand des Fadslts-
kanals verwachsen, dadurch war der Steigbügel von
aus der Nische stark herausgehoben und hinten oben in
sie abnorm stark hineingedrüokt, so dass die Basts hier
übermässig nach innen ausgebogen wurde. Ferner be-
fand sich der untere Band der Steigbügelplatte weiter
nach hinten hin nicht mehr in dem Rahmen der Oeffianng
des ovalen Fensters, sondern er lag auf einer vorsprin-
genden Enochenleiste von aussen her auf. Die Nische
des runden Fensters war zum grössten Theile durch
Hyperostose der Enoohenwände verschlossen, die hier-
von freigebliebene Lücke wurde duroh Bindegewebe aus-
gefüllt
Bestimmte Bexdekungen der galvamecken Reak-
tion bei Taubstummere xu den bei ihnen vorhandenen
intraiabifl^nihären Veränderungen, bex, «ur angebo-
renen und erworbenen Taubstummheit sind von
Alexander und Ereidl (13) nachgewieeoi
worden. Aus einer Zusammenstellung der Befunde
bei 64 neu untersuchten Taubstummen mit den
Resultaten der früher von Pollak und Kreidi
untersuchten Fälle ergab sich, dass von 45 angebo-
ren Tauben 68.8<^/o normale, 17.8*/o negative,
13.4<^/o zweifelhafte, mithin 31.2% keine normale
galvanische Reaktion zeigten. Im Gegensätze hierxa
war unter 69 nach der Geburt Ertaubten die galva-
nische Reaktion normal bei 28.9<^/q, negativ bei
53.7%, zweifelhaft bei 17.4%, mithin nicht normal
bei 71.1%. Alexander und Ereidl ziehea
hieraus folgende Schlüsse: Bei der angeborenen
Taubstummheit überwiegen bei Weitem die FftUs
mit normaler galvanischer Reaktion über die Zahl
deijenigen mit negativer oder zweifelhafter Reak-
tion, während bei der erworbenen Taubatammheü
gerade umgekehrt nur eine geringe Zahl der Falk
normale Reaktion besitzt und die nicht nonnrn
Reagirenden die Mehrzahl bilden. Dooh gestattal
das galvanische Verhalten allein noch keine DÜh
rentialdiagnose zwischen angeborener und erwot
bener Taubstummheit, wenngleich ihm neben ai
deren diagnostischen Hülfsmitteln eine Bedeuto^j
nicht abzusprechen ist Die Häufigkeit der gidi
nisch Nichtnormalen unter den von Geburt Tai
stummen (31.2%) stimmt ungefähr ttberein
der Häufigkeit schwerer anatomischer VeriUu
rungen, die bei diesen nach Mygind im V(
bularapparate gefunden wurden (35.3%).
gleiche Verhalten läset sich bei der erwoi
Taubstummheit zwischen der nicht normalen
nischen Reaktion (71.1%) und dem
schwerer intralabyrinthärer Veränderungen (81
nachweisen. Mithin besteht zwischen dem
falle der galvanischen Reaktion und der Soh^
der anatomischen Veränderungen im Veetibi
apparate ein Zusammenhang der Art, dass
8«M
Blatt, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
241
Fehlen schwerer anatomischer Yerftnderungen nor-
male Reaktion beobachtet wird, während das Vor-
handensein ausgedehnter Bildungsanomalien oder
Zerstörungen die normale Reaktion ausschliesst.
DerProoentsatz der galvanischen Versager bei einer
Taubstummenuntersuchung ist im Wesentlichen
durch das Zahlenverhältniss der erworbenen zur
angeborenen Taubheit bei den untersuchten be-
dingt
Die bei den Ibubstummen vorhandenen BSr-
reäe, geordnet nach den von Bezold angegebenen
6 Oruppen, werden auf Grund eingehender Unter-
anchungen der ZOglinge verschiedener Anstalten
von Besold (1, p. 114) selbst, KGbel (10) und
Schubert (14) besprochen. Totale Taubheit,
bez. zum Verständnisse der Sprache nicht aus-
reichende Hörreste hat Bezold bei 68.2% der
Ton ihm untersuchten gefunden, genügende Hör-
reste ffir die Sprache bei 31.8<^/o. Hervorgehoben
wird, wie schon früher (p. 238) erwähnt wurde,
das durchschnittlich bessere HOrvermögen bei den
angeboren Tauben, insofern sich unter ihnen
nidit nur wenige Totaltaube vorfanden, sondern
auch die- Zahl der Vokale und Worte Hörenden
grosser als bei den erworbenen Formen war. Von
den die erworbene Taubstummheit veranlassenden
DrsBofaen erwiesen sich am verhängnissvollsten für
das Gehör die Hirnkrankheiten und insbesondere
die Meningitis cerebrospinalis mit nur 9.1, bez.
6.8*/o die Sprache partiell Hörenden, weit weniger
der Scharlach und die genuine Otorrhöe mit 33.3,
bes. 40.0*/o ebensolchen. Bei den Taubstummen
durch ererbte Syphilis war in 61.5% partielles
Sprachgehör, wenn auch nur meist sehr unvoll-
kommenes, vorhanden. S c h u b e r t hat bei seinen
sehr eingehenden Untersuchungen des Hörvermö-
gens von 72 Taubstummen in 16% absolute beider-
seitige Taubheit, in 37.6% geringe, aber für den
Höranterricht noch nicht ausreichende Hörreste
und in 45.8% Hörreste nachweisen können, die
die Kinder zum unterrichte vom Ohre aus be-
fthigten. Während solche Hörreste in der ersten
Bezold 'sehen Gruppe niemals, in den vier folgen-
den nur ausnahmeweise vorhanden waren, besassen
von den Angehörigen der 6. Gruppe 93.9*/o Laut-
gehör. Bei der angeborenen Taubstummheit bil-
deten die ganz schlecht hörenden Kinder (Gruppe 0
und J) 24.1%, die am besten hörenden (Gruppe VI)
44*4%, bei der erworbenen Form kamen um-
gekehrt auf die beiden unteren Gruppen zusammen
41.8«/« und auf Gruppe VI 26%. Schubert
bestätigt femer die Angabe Bezold 's, dass die
Mindeethördauer in der für das Hören wichtigsten
Tonstrecke b^ — g* 10% der normalen betragen
muas, wenn Vokalgehör erwartet werden soll.
Doch kann bei entsprechend gutem Verhalten der
genannten Tonstrecke ein Sprachgehör xu Anfang
fehlen, weil eben bei vielen dieser Kranken der
Laut- und Wortbegriff noch vollständig mangelt
und die Hörmöglichkeit erst durch Unterricht zum
Med. Jahrfob. Bd. 281. Hft. 3.
wirklichen Verstehen der Sprache ausgebildet wer-
den muss. Nur umgekehrt gilt der Satz, dass dort,
wo wirklich alle oder die meisten Vokale richtig
verstanden werden, auch stets die Hörstrecke
bi — gl relativ gut erhalten ist. Der Vokal u kann,
ebenso wie die Explosivlaute p, t und k, auch von
gänzlich Tauben nach dem Gefühle erkannt wer-
den. Als üebelstand bei Benutzung der continuir-
lichen Tonreihe bezeichnet Schubert die noch
nicht erreichte gleichmässige Schwingungsdauer
und Tonintensität gleichartiger Gabeln. Sodann hält
er es für wünschenswerth, dass auch bei Messung
der Ebrdauer die belasteten obertönefreien Stimm-
gabeln allgemein verwendet würden. B e z o 1 d (8)
macht darauf aufmerksam, dass es zur Vermeidung
irrthümlicher Resultate mit der continuirlichen
Tonreihe (wie nach ihm z.B. die von Hasslauer
erhaltenen über das Vorhandensein von Sprach-
gehör bei fehlendem Tongehör, über das nicht
seltene Fehlen der Hörstrecke b^ — g* bei mit
Sprachgehör begabten Kindern) nothwendig ist,
dass der Anschlag der Stimmgabeln richtig erfolgt,
der der tiefsten Gabeln bei vertikaler Haltung ganz
kurz mit dem Daumenballen, der der höheren mit
dem Hammer, dass ferner die Schrauben der Ge-
wichte möglichst fest angezogen und die Ge-
wichte genau gleich hoch gestellt, und dass in
den beiden Orgel- und dem Galtonpfeifchen die
Maulweiten für die einzelnen Töne genau regulirt
werden.
Auf das vephältnissmässig häufige Vorhanden-
sein gkkhxeUiger Erkrankungen des äusseren und
mittleren Ohres (fortbestehende oder abgelaufene
Mittelohreiterung, üeberbleibsel von Katarrhen,
Fremdkörper, Cerumenpfröpfe), des Nasenraehen-
raumes, Rachens und der Nase, Krankheiten, die
nicht nur zum Theil wegen ihrer Bedeutung an
sich eine Behandlung erfordern, sondern deren
Hebung auch für einen erfolgreichen Unterricht
vom Ohre aus und die Erreichung einer besseren
Aussprache nothwendig ist, wird von Bezold
(1, p. 131) und K ö b e 1 (10) hingewiesen. Bezold
hat unter seinen 456 Taubstummen 50 Fälle oder
11% mit Ohreiterung und hiervon abhängigen
verschieden schweren Veränderungen des Mittel-
ohres gefunden und er dringt daher auf Anstellung
von Ohrenärzten bei den Taubstummenanstalten,
weil in diesen stets eine Anhäufung von andauern-
den schweren Ohrerkrankungen zu erwarten ist,
deren fachmännische Behandlung bei so manchem
Zöglinge nicht nur im Stande sein wird, kleine
Besserungen des Gehörs herbeizuführen, sondern
auch ernste, das Leben bedrohende Gefahren ab-
zuwenden.
Die vonürbantschitsch ffir die Tbubsiuni'
menbehandlung angegebenen und neuerdings (12)
wieder warm empfohlenen Hörübungen haben,
wenn auch nicht, wie ürbantschitsch es will,
in allen, so doch in geeigneten, durch die Hör-
prüfung ausgewählten Fällen jetzt allgemeinen Bin-
31
242
Blau, Bericht über die neueren Leistungen in der Ohrenheilkunde.
gang gefunden. Der Unterricht im Ablesen vom
Munde kann zwar daneben nicht entbehrt werden,
doch erfährt er nach Schubert (14) durch die
methodischen Hörübungen eine sehr werthvoUe Er-
gänzung und Unterstützung. Denn erstens lernen
die Zöglinge die Laut- und Wortbilder kennen und
werden mit ihnen so vertraut, dass sie die Fähig-
keit alier Vollsinnigen, nicht ganz genau gehörte
Wort- und Satztheile sinngemäss durch Combi-
nation zu ergänzen, sich allmählich bis zu einem
gewissen Qrade aneignen. Ausserdem erfährt die
Sprache eine bessere Ausbildung und verliert den
sonst der Taubstummensprache eigenthümlichen
dumpfen Charakter. In letzterer Hinsicht liegt für
die Zöglinge mit besonders guten Hörresten sogar
eine Qefahr in dem gemeinsamen Unterrichte mit
den eigentlich Taubstummen, weil sie deren Sprech-
weise zum Theil hören und nachahmen. Es muss
daher, wie Schubert und desgleichen Eöbel (10)
hervorhebt, als Consequenz der neueren Richtung
des Taubstummenwesens die Forderung aufgestellt
werden, getrennte Anstalten oder doch getrennte
Abtheilungen für Taubstumme ohne brauchbare
Hörreste und für solche, die vom Ohre aus unter-
richtet werden sollen, zu schaffen, wobei natürlich
bei der Auswahl der Insassen beider neben den
vorhandenen Hörresten auch der allgemeinen Be-
fähigung Rechnung zu tragen ist Qutzmann(ll)
empfiehlt als Hörübungsinstrument den Phono-
graphen, und zwar vorwiegend, so lange es sich
noch hauptsächlich um Yokalübungen handdt
Dadurch wird die Stimme des Lehrers bedeateod
geschont, während die durch Ablauf enlasaen der
Walze hervorgebrachten Vokale, Consonanten und
Wortfolgen in ihrer Stärke durchaus genügen,
zumal, wenn man sie noch durch einen Hörschlauch
direkt dem Ohre zuleitet Auch eine verschiedene
Tonhöhe der gleichen Uebungsilbenfolge kann man
in massigen Grenzen erreichen, indem man das
Phonographen werk schneller oder langsamerstellt.
Zur Erläuterung der Methode wird eine Beobach-
tung mitgetheilt, in der sich der oombinirte Unter-
richt im Ablesen vom Munde und mittels des
Phonographen sowohl in Bezug auf Verständnias
des Gesprochenen, als auf Erzielung einer gnten
Aussprache von bestem Erfolge erwiesen hat
I. Anatomie und Physiologie.
243
B. Auszüge.
I. Anatomie und Physiologie.
272. üeber Oberfläohenmessangen an B&ug-
lingen nnd ihre Bedeutang für denlTahniiigB-
bedarf ; von Dr. W. L i b s a u e r. (Jahrb. f. Einder-
hkde. 3. F. VUI. 2. p. 392. 1903.)
Nach einleitenden geschichtlichen Bemerkungen
berichtet L. über eine von ihm angewandte sinn-
reiche Methode zur Bestimmung der EOrperober-
fläche und die damit an 12 S&uglingen gewonnenen
Kgebnisse. Er bedient sich zur Berechnung der
OberfiBche der Formel 0 ■» =- . E, wobei 0 das Ge-
Li
wicht, L die L&nge bedeutet Der Codfficient E
betriigt nach den Studien 37. Was das Verhalten
der einzelnen EOrpertheile zur gesammten Ober-
fläche anlangt, so ergaben sich fQr den Eopf wenig
fette Beziehungen, üngeföhr nimmt der Eopf den
5. Theil des Eörpers ein. Beim Rumpf stellt sich
das Yerhältniss wie 2.5 : 1. Die Oberflache der
Glieder ist annfthemd gleich deijenigen des Rumpfes,
diejenige der unteren durchschnittlich etwa 1 ^/^ Mal
90 gross als diejenige der oberen. Interessant sind
die Beziehungen der EOrperoberflfiohe zum Ge-
wicht, hinsichtlich deren L. Folgendes feststellen
konnte: „Die Berechnung des Nahrungsbedarfs
nach dem Gewicht führt nur bei ihrem Alter ent-
sprediend entwickelten Säuglingen zu brauchbaren
I)Qrch8chnitt8zahIen. 2) Die Oberfl&che gleich-
schwerer Einder ist gleich, unabhängig vom Alter.
3) Der Nahrungsbedarf vonEindern gleichen Alters
md verschiedenen Gewichtes ist verschieden; er
ist nicht proportional dem Gewicht, sondern der
OberflSche. 4) Der Nahrungsbedarf von Eindern
von verschiedenem Alter und gleichem Gewicht ist
verschieden, trotz gleicher Oberfläche. Die in der
Ernährung zurQckgebliebenen älteren Einder haben
immer bedeutend grosseren Bedarf; derselbe ent-
spricht dem eines normalen Säuglings derselben
Altersstufe. 5) Der Mehrbedarf der zurückgeblie-
benoi älteren Kinder im Vergleich zum gleich-
schweren jüngeren Einde wird durch den relativ
grösseren Gehalt an lebenden Zellen bei Zurück-
treten des der ESrnährung nicht bedürftigen Fettes
bedingt 6) In ähnlicher Weise sind vielleicht
andi die bei gleicbalterigen, gleichschweren Eindern
ausserordentlichen Differenzen im Nahrungsbedarf
zu erklären." Brückner (Dresden).
273. Ueber die Lymphgeftsse des Oeso-
phagna und über aeine regionären Lymph-
drüsen, milBerüeksichtigang der Verbreitung
des Carcinonis; von E. Sakata in Ohayama
(Japan). (MittheiL a. d. Grenzgeb. d. Med. u. Chir.
XL 5. p. 634. 1903.)
Durch Untersuchungen an Einderleichen, Hun-
den und Eanincheii mittels des G er ota 'sehen
Injektion Verfahrens kommt S. zu folgenden Er-
gebnissen :
Die Lymphgefässe des Oesophagus entspringen
aus der tieferen Schicht der Schleimhaut und aus
der Muskelhaut. In der Schleimhaut bilden sie
ein dichtgedrängtes, längsgeordnetes Netz, das, um
die abführenden Stämme in der Submucosa zu er-
reichen, noch in der Submucosa in einige unregel-
mässige Netze übergeht. In der Muskelhaut bilden
sie hauptsächlich an der äusseren Oberfläche ein
Netz, das aus viel feineren Gewissen als denen der
Schleimhaut besteht. Die beiden Netze (der Muskel-
und Schleimhaut) communiciren nie direkt unter
einander, d. h. von dem einen Netz aus kann man
das andere nicht injiciren. Die abführenden Ge-
flsse der Schleimhaut durchbrechen entweder sofort
' an ihrem Ursprungsort die Muskelhaut und ge-
langen zu den benachbarten Drüsen, oder sie ver-
laufen, wie es in den meisten Fällen zu sehen ist,
eine mehr oder weniger lange Strecke in der Sub-
mucosa (im oberen und mittleren Drittel nach
oben, im unteren nach unten), um erst dann die
Muskelhaut zu durchbrechen. Auf der äusseren
Oberfläche der Muskelhaut finden sich ebenfalls
zahlreiche abführende Gefässe, die aus der Muskel-
haut selbst oder aus der Schleimhaut entspringen
und noch eine Strecke lang an der Wand des Oeso-
phagus verlaufen. Die Drüsen lassen sich in an-
liegende und entferntere theilen. Die meisten
Drüsen gehören zu den anliegenden ; nur die Gland.
cervicales prof. inf. sind als entferntere zu be-
zeichnen.
Die häufig bei Oesophaguscarcinom beobach-
tete Recurrenslähmung erklärt sich nach S. durch
carcinomatüse Infiltration der den N. recurrens all-
seitig umgebenden Gl. cervicales prof. sup.
Noesske (Eiel).
274. Ueber die Verlagerung des dorsalen
Pankreas beim Menschen ; von Otomar Vol-
ker. (Arch. f. mikroskop. Anat. LXII. 4. p. 727.
1903.)
Die Mündungen des Pankreas und der Leber
werden embryonal getrennt angelegt und ver-
wachsen erst im Laufe der Entwickelung.
G.P.Nicolai (Berlin).
275. 1) Was ist abdomineller Druck P von Dr.
Robert Meyer. (Centr.-Bl. f. Gynäkol. XXVI.
22. 1902.)
2) Was ist intraabdomineller Druck P von
REossmannin Berlin. (Ebenda 27.)
244
L Anatomie und Physiologie.
8) Zar Frage: »»Was ist intraabdomineller
Druck P^ von RobertMeyer. (Ebenda 36.)
4) Was ist intraabdomineller Druck f von
Oscar Hagen-Torn. (Ebenda 34.)
1) Meyer weist darauf liin, dass es keinen
einheitlichen abdominellen Druck giebt, dass dieser
vielmehr an jeder Stelle und zu jeder Zeit ver-
schieden ist Ein negativer Druck wird sofort
durch den atmosphärischen Druck ausgeglichen.
2) Eossmann giebt Meyer Recht in Bezug
auf die Verschiedenheit des intraabdominellen
Druckes zu verschiedenen Zeiten, ebenso giebt es
keine Meinungsverschiedenheit zwischen beiden
über die Nichtexistenz des negativen Druckes. E.
findet, dass der intraabdominelle Druck mindestens
eine Atmosphäre, meistens mehr beträgt und in
letzterem Falle abhängt von der Oasentwickelung
im Intestinallumen. Er giebt Meyer nicht zu,
dass der intraabdominelle Druck an jeder Stelle
verschieden sei. Er ist vielmehr gleich vermOge
des flQssigen, festen und gasfSrmigen Inhaltes und
vermag sich in Folge dessen die schwächsten
Stellen der Wandungsmuskulatur auszusuchen, um
sie zur Bruchbildung vorzutreiben.
3) Meyer weist unter Elarlegung an Bei-
spielen (Verlagerung einzelner Bauchorgane) und '
Berufung auf physikalische Thatsachen die Ein-
wendungen Eossmann 's zurück, denn die
Schwere der einzelnen druckerzeugenden Momente
ist fiberall ungleich und der von den Momenten
ausgehende Druck wird in den festen Bestand-
theilen nur parallel zur Druckrichtung fortgeleitet.
Es giebt also keinen einheitlichen intraabdominellen
Druck.
4) Hagen-Torn stimmt im Allgemeinen
Meyer bei, weist aber darauf hin, dass es sich
z. B. bei Enieellenbogenlage um Sinken des „all-
gemeinen intraabdominellen Druckes^* bis zum
negativen Druck handelt. Er verlegt den Sitz des
intraabdominellen Druckes in die gesammte Bauch-
höhle. Seine Anwesenheit kann sich aber im Peri-
tonäalraum am ehesten äussern. Olaeser (Danzig)
276. l)üeber die Dauer der menschlichen
Schwangerschaft; von Dr. H. Ffith in Leipzig.
(Centr.-Bl. f. Gynäkol. XX VI. 39. 1902.)
2) Bemerkungen bu Torstehendem Aufsati ;
von Zweifel. (Ebenda.)
1) Nach der Zusammenstellung von Enge be-
trug bei 4.68<^/o der Einder das Anfangsgewicht
über 4000 g. Davon waren, nach dem 1. Tage der
letzten Regel berechnet, etwas mehr als Vs ^^^^
302 Tagen geboren, nachdemCohabitationtage^/s5
Da das bfirgerliche Gesetzbuch im Allgemeinen nur
302 Tage als Empfängnisszeit annimmt und Aus-
nahmen nur bei Feststellung eines Conception-
termins vor 302 Tagen bei ehelichen Eindem zu-
lässt, so genügt § 1592 B.O.B. nicht.
2) Zweifel setzt den Hinweis von Füth
noch weiter auseinander unter Heranziehung der
einzelnen §§ des B.O.B. und verlangt für Einder
von mehr als 4000 g Gewicht und mehr als 52 cm
Länge einen Zusatz, der geeignet ist, die Matter
eines unehelich empfangenen Eindes vor schreien-
dem Unrecht zu bewahren. Olaeser (Danzig).
277. Zar Histologie and Histogenese dai
Oorpas lateam and des interstitiellen Ovarlil-
gewebes; von Dr. Franz Cohn in München.
(Arch. f. mikroskop. Anat. LEU. 4. p. 745. 1903.)
Die Befunde mikroskopischer UnterauchuDgen
an Eaninchen-Embryonen stehen im Einklang mit
der Born 'sehen Theorie, dass das Corpus lateam
eine Drüse mit innerer Sekretion sei, and zwar
erreicht die Hypertrophie der Luteinzellen 8 Tage
post coitum ihr Maximum und fällt mit dem Zeit-
punkt der Eiinsertion im Uterus zusammen.
- Q. F. Nicolai (Berlin).
278. üeber eine fr Abseitige amniotiBohe
Missbildang, nebst Bemerkangen über das
Waohstham derEihäate naoh demFraohttode
and die fiiidang der sogen, freien AUsntois;
von H. Enoop in Leiden. (Beitr. z. OeburtsiLO.
Gynakol. VII, 2. p. 284. 1903.)
Ein Embryo von 2mm Länge zeigte bei genauer Be-
sichtigung folgende Abweichungen: Der Embryo sass mit
seinem Rücken dem Chorion fest auf, es fehlte der Baach-
stiel, die Dotterblase lag frei in der Amnioohöblei der
Embryo zeigte ferner ältere Formen, als er seiner GroaM
nach haben sollte, und den Beginn einer freien Allantoia-
bildung.
E n. giebt eine genaue Beschreibung des Resultates
seiner anatomischen Untersuchung. Deoidua, iotervillöaer
Raum und Chorion waren gut erhalten; letzteres bot
deutliche Zeichen dafür dar, dass es bis zuletzt am Leben
gewesen war. Besonders wichtig war für E d. der Be-
fund von fötalem lebenden Blut in basalen Cborioa-
gefSssen. An den Eihäuten waren abnorm der Zasammeo-
hang des Rückens des Embryos mit dem Chorion, eine
Spalte im Choriongewebe, sowie der Umstand, dass dei
Dottersack, wie auch der Ailantoisgang von Amnioo-
epithel bekleidet waren. Ferner waren einzelne Theik
des Embryo weiter entwickelt, als einem Embryo vu
2 mm zukommt Die Blutgefässe waren noch nicht in die
Zotton gedrungen, mit Ausnahme einer dicht am basalei
Theil des Chorion gelegenen Zotte; die Ernährung da
Embryo hatte also anders als gewöhnlich stattgefuodeo
En. erklärt die Entstehung der Missbildung dadoröb
dass am Rücken der Frucht die Seitonkappen des Amnioi
mit einander und bald danach mit dem Embryo ver
wuchsen.
Von allgemeiner embryologischer Bedentnnj
ist der Umstand, dass die embryonalen Blutgeflss
ohne Hülfe der Umbilicalgefässe, also aelbstftndii
im Chorion entstehen können. Ferner hält K. di
Möglichkeit ffir wichtig, die Frage von der Bildon
einer freien AUantois einer Lösung entgegen gebraol
zu haben, die die mit einander streitenden Ansichte
theilweise vereinigt
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
279. Zur normalen Anatomie derChorioi
Bütten; von H. Michaelis. (Beitr. z. Gebortal
u. Oynäkol. VUI. 1. p. 44. 1903.)
Durch Färbung mit Methylenblau und nad
herige Differenzirung mit Alaun im Debersehni
L Anatomie und Physiologie.
245
enthaltendem Anilinöl wies M. eine feine oonti-
nuirliche Linie zwischen dem Stroma der Zotte
nnd der Langhans'schen Zellenschioht nach. Die
dadurch nahegelegte Annahme, es bestehe eine
Verdiditang des Zottenstromas an der Grenze gegen
das Epithel hin zu einem continuirlichen, mantel-
artigen üeberzug, wurde durch Färbung nach
tfallory-Ribbert bewiesen: in die die Zotte
begrenzende Membran gehen die feinen Stroma-
zellenausläufer über. Sie ist also ein Produkt des
Zellenbindegewebes und keine Basalmembran der
Langhans'schen Zellen. Es besteht also eine gene-
tische Trennung; die Langhans'schen Zellen sind
keine Abkömmlinge des Zottenstromas, sondern
Bind epithelialer Natur. Die Auffassung des Syn-
cytium als Degenerationprodukt der Langhans'schen
Zellen findet dadurch eine gewisse Unterstützung,
denn zwei Epithellagen übereinander sind wohl
nicht gut denkbar. Der üebergang von Oasen,
Wasser, Salzen, organischen Stoffen ist natürlich
auch anders, wenn eine Membran den mütterlichen
Saftstrom von dem kindlichen trennt, als wenn
eine doppelte Epithellage besteht
Kurt Eamann (Wien).
280. Ueber daaWaohstham der Plaoenta;
von Hitschmann und Lindenthal: in Wien.
(Centr.-BL f. Gynäkol. XX VL 44. 1902.)
Sich stützend auf die Peter s'schen Befunde
und auf die Erscheinungen an einem selbst unter-
sachten menschlichen Ei, heben H. und L. hervor,
dass das Ei von einem eigenartigen Gewebe, der
Trophoblast- oder Ektoblastschale , umgeben ist,
und dass von diesem Mantel aus dicke Züge radiär
in das mütterliche Gewebe eindringen und schliess-
lich in den das Ei umgebenden Kranz von Venen
gelangen. Mit dem Eindringen des Trophoblasts,
dem aUem die Fähigkeit zukommt, die Decidua zu
dnrchwadisen, wachsen auch die Zotten, und zwar
gleichzeitig mit dem centralen Schwunde des
Trophoblasts. Mit dem definitiven Schwunde ist
anch die definitive Anlage der Serotina gegeben,
jedenfalls schon in den ersten Wochen. Die spft-
teroi Zotten können Oefässe nicht mehr eröffnen
nnd die etwa noch wachsenden dienen zur Ver-
grüsserung der resorbirenden Oberfläche. Die
OiQsse der Serotina ändert sich mit der Grösse des
fies und Uterus, bleibt aber in dem gleichen Ver-
baltnias. H. und L. betrachten die ganze Ei-
peripherie anfangs als Serotina, die sich dann all-
mählidi durch Vorbuchtung des Eies in das Cavum
uteri streckt Durch Aenderung von Zug- und
Druckwirkung von Seiten der üteruswand (tiefe
Insertion, Insertion auf dem inneren Muskel) ent-
stellen in gleicher Weise Placenta praevia refiexa,
Plaoenta praevia partialis und totalis.
Glaeser (Danzig).
281. Cenrikalsegment und Contraotio prae-
via; von Prof. H. Bayer in Strassburg i. E. (Centr.-
BL f, Gynäkol. XXVL 10. 1902.)
Um Missverständnisse zu vermeiden, schlägt B. für
das untere UterinsegmeDt den Aosdrack Cervikalsegment
vor und betont, dass die Plaoenta praevia in den gewöhn-
lichen Fällen im unteren Pol der Ck)rpo8höhle haftet
und nur ganz aosnahmeweise in dem Cervikalsegment.
Statt der ^Striktur*^, die zu manohen Missdentungen ge-
führt hat, will B. den Ausdruck «Contractio praevia*^ ge-
brauchen, eine Contraktion des vorliegenden Theils.
Qlaeser (Danzig).
282. Ein Fall von Aplasie des Uterus und
der Vagina; von A. Hof mann. (Mon.-Schr. f.
Oeburtsh. u. Gynäkol. XVin. 4. p. 640. 1903.)
Eine ISjähr., seit l^/t Jshren mit einem 53jähr. Manne
verheirathete Frau wurde als Prostituirte zur ärztlichen
Untersuchung bestimmt Sie war nie menstruirt, oohabitirtc
regelmässig seit dem 17. Lebensjahre, in welchem Jahre
sie auch wegen Ulcus durum eine Schmierkur durch-
machte. Uriniren angeblich alle V, Stunde. Sehf kleine
Person (1.30 m), mit kleinem Hirnschädel, stark vereng-
tem Becken. Grosse und kleine Labien und Damm ohne
Besonderheiten. Hintere Commissur labienartig aus-
gezogen. Darüber ein haseinussgrosser Schleimhaut-
wulst. An Stelle der fehlenden Harnröhre eine trichter-
förmige Vertiefung, in die der in der Richtung einer
normalen Vagina vordringende Finger 5 cm einstülpend
vordringen kann. In dem Trichter gelangt der Finger
dagegen nach oben hin unter leichter Ueberwindung des
Sphincter in die Harnblase. Zweifellos fand öfters C^itus
in die Blase statt. Zwei kleine Schleimhautwülstchen im
Introitus sind nicht sicher als Hymenrudimente aufzu-
fassen. Bei Einführung des Zeigefingers in die Blase und
des Mittelfingers in das Rectum ist nichts von einem
Uterus zu fühlen. In der Höhe der linken Spina ischii
ein quer verlaufender mandelförmiger Körper von un-
ebener Oberfläche und derber Consistenz tastbar, der wie
ein etwas kleinerer an der rechten Linea terminalis ge-
fühlter als Ovarium angesehen wird. Zwischen beiden
Ovarien, aber ohne nachweislichen Zusammenhang mit
ihnen, spannt sich ein bogenförmiger, federkieldioker
StAng aus, der wohl dem rudimentären Uterus, oder
vielmehr dem Oenitalstrang des 4. Fötalmonats entspricht,
d. h. den vereinigten beidenMül 1er 'sehen und Wolf f-
schen Gängen. EurtEamann (Wien).
283. Correlationen der Keimdrüsen und
Oesohleohtsbestiminang ; von Alfred Hegar
in Freiburg i. B. (Beitr. z. Oeburtsh. u. Ojnäkol.
VIL 2. p. 201. 1903.)
Da der grössere oder geringere Grad der Ent-
Wickelung gewisser Organe zur Erkennung des
Geschlechtes benutzt wird, unterscheidet man
nach H. zweckmässig positive Sexualoharaktere,
ausgezeichnet durch volle Ausbildung jener Organe,
und negative Sexualcharaktere, ausgezeichnet durch
deren Verkümmerung. Die geschlechtlichen Typen
sieht H. als bestimmte Combinationen primärer
und sekundärer Sexualcharaktere an.
Yirchow stellte seiner Zeit den Satz auf:
„das Weib ist eben Weib durch seine Generations-
drüse'^ Die Thatsachen, die uns ein ürtheil über
die Richtigkeit dieser Auffassung gewinnen lassen,
beziehen sich nun nach H. auf die angeborenen
und die durch Operation erworbenen Defekte der
Keimdrüsen, auf physiologische Zustände, wie
Schwangerschaft und Laktation, in denen der welke
und wenig blutreiche Eierstock seine Thätigkeit
einstellt. Auch pathologische Processe kommen
246
n. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
hier in Betracht, hei denen das funktionirende
Oewehe des Hodens zu Grunde geht.
H. betrachtet nun alle diese Punkte eingehend
und bespricht zuletzt die ungewöhnlichen Combi-
nationen der Sexualcharaktere.
Sein Endurtheil giebt H. dahin ab, dass die
bisher herrschende Lehre von der correlativen
Allgewalt der Keimdrüse nicht mehr aufrecht zu
erhalten ist Art h. Hoffmann (Darmstadt).
284. Einseitige Bildungsfehler der Brost-
wandong und der entsprechenden oberen
Oliedmaassen; von Johannes Schoedel in
Chemnitz. (Jahrb. f. Einderhkde. 3. F. VI. p. 11.
1902.)
8 eh. beschreibt ein 6jähr. Mädchen mit leichter
Scoliosis dorsalis, Mangel des stemocostaleD Theiles des
M. pectoralis migor sio., vollständigem Defekte des M.
pectoralis minor nnd theilweisem Defekte (1cm lang)
dos sternalen Endes der 3. Rippe. Die 2. Rippe war am
steroalen Eode vorgewölbt, die 3. und 4. eingesuDkea
und nach unten gebogen. Das linke Schlüsselbein war
verdickt und stark gekrümmt, die linke Brustwarze nach
innen und oben verschoben ; Drüsengewebe war nicht zu
fühlen. Daneben bestanden leichte Atrophie des linken
Armes, Syndaktylie der mittelsten 3 Finger bis zum
2. Interphalangealgelenke , firachydaktylie vom 2. bis
5. Finger.
In der Literatur sind 2 ähnliche Beobachtun-
gen niedergelegt. In 5 anderen F&llen waren nur
der Muskeldefekt und die Missbildung der Extre-
mität vorhanden, in einigen davon auch leichte
Mängel des Enochengerfistes der Brust Das spricht
fQr die Verwandtschaft dieser Fälle mit den vorigen.
Bei 5 weiteren Kranken war endlich die Min-
bildung der Hand nur angedeutet Alle diese Min-
bildungen weisen Beziehungen zum angeborenen
einfachen Brustmuskeldefekte und zur Fissuraster-
nalis lateralis congenita auf, dem geringsten und
stärksten Orade. FQr die Entstehung wird der
Druck des fötalen Kinns und Oesichtschädels auf
die Brust und den Arm bei engem oder anliegen-
dem Amnion verantwortlich gemacht
Brückner (Dresden).
285. Verkürsung der Tibia, Fehlen doi
Peroneasy Varus equinus; von Joan Jiann.
(Spitalul. XXIII. 16. p. 589. 1903.)
Die Yerkrüppelang des rechten Beines war in-
geboren; die rechte Tibia war 23cm, die linke 38cm
lang, in der Dicke bestand hingegen keinerlei Unter-
schied. Von der Fibula bestand nur das untere verküm-
merte Ende in der Länge von etwa 5 cm. Trotz des be-
stehenden Varus eqainus waren die Knochen des Fasses
gut entwickelt, aucn sonst wurde am knöchernen Körper-
gerüste keinerlei Abweichung von der Norm gefandeD.
Die erwähnten Veränderungen sind auf eine Hypo- oder
Aplasie der diaphyso-epiphysären Knorpel der Tibia und
des Primitivknorpels der Fibula zurückzuführen^ m
achondroplastischer Vorgang, der sich nur auf die Kno-
chen eines Unterschenkels beschränkt hat
£. Toff(BFaUa).
II. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
286. üeber Niedersohlagsbildoiig bei der
Agglatinaüoii ; von M. Loewit in Innsbruck.
(Centn- BL f. Bakteriol. u. 8. w. XXXIV. 2. p. fto.
1908.)
L. fand, dass zwischen den agglutinirten Mikro-
ben stets eine homogene, in gewöhnlichen Medien
nicht sichtbare, die Mikroben untereinander ver-
bindende und in wechselnder Menge vorhandene
Zwischensubstanz sicher nachgewiesen werden
kann, die eine deutliche fftrberische Affinität zu
Eosin und vielleicht auch zu gewissen Misch-
farben (eosinsaurem Methylenazur, Nocht-Bl&u) be-
sitzt Die agglutinirten Bakterien sind mithin in
einen Niederschlag eingeschlossen und es erscheint
damit auch der morphologische Nachweis erbracht
für die Annahme, dass (in den untersuchten F&llen)
die Agglutination der Bakterien dem Wesen nach
als eine Niederschlagsbildung aufzufassen ist. Man
muss annehmen, dass bei der Agglutination Nieder-
schlagsbildungen in und an den Mikroben und viel-
leicht auch frei in der umgebenden Flüssigkeit aus
dem Bakterienleibe entstammenden Substanzen zu
Stande kommen, die als Ursache der Verbindung
der Mikroben untereinander angesprochen werden
müssen. Walz (Stuttgart).
287. üeber Complementbindang durch
OrganBellen ; von E. Hoke. (Centr.-BI. f. Bak-
teriol. u. s. w. XXXIV. 7. p. 692. 1903.)
H. schliesst aus seinen Versuchen, dass Organ-
zellen (verschiedenster Organe) desselben Thieres
im Stande sind, das Serum seiner hämolytischen
Fähigkeit zu berauben, und zwar durch Bindung
seines Complementes. Nicht nur zertrümmerte
Organzellen, sondern auch lebende Zellen, wie sie
die Leukocyten darstellen, haben dieselbe Fähig-
keit Walz (Stuttgart).
288. Üeber die Wlrkungsweiae de« AnÜp
trypslns des filutseroms ; von M. Ascoli und
C. Bezzola. (Centn- Bl. f. Bakteriol. u. s. ▼.
XXXm. 10. p. 783. 1903.)
Das Blutserum übt nach den Untersuchangen
der Vff. auf den inaktiven Pankreassaft einen hem-
menden Einfluss aus. Das Antitrypsin des Blut-
serum entfaltet demnach auf beide Bestandtheik
des Trypsins seine Wirkung, und zwar wirkt es ii
höherem Maasse auf die den Pankreassaft akti
virende Substanz des Darmsaftes, die Enterokinase
in geringerem auf den inaktiven Pankreassaft hem
mend. Walz (Stuttgart).
289. Contribotion a Petode de Palozl»
baoterioide ; par ü. Lambotta (Centr.-BL '
Bakteriol. u. s. w. XXXIV. 5. p. 453. 1903.)
L. hat nach der Methode von F a 1 1 o i s e beii
Huhn, Hund und Pferd eine grosse Vene doppel
unterbunden und das zwiscbenliegende Blut daranj
IL Allgemeine Pathologie und pathologiaohe Anatomie.
247
hin ontereucht, ob das bakterioide Alezin im cir-
koliienden Blute yorhanden sei. Er fand zwischen
dem von den Leukocyten vor deren Zerstörung
getrennten Blute und dem Serum, das durch Coagu«
lation des Qesammtblutes erhalten wird, keinerlei
Unterschied. Wenn also das bakterioide Alexin
Ton geformten Elementen des Blutes stammt, so
muss es aus diesen um die Zeit der Gerinnung,
d. h. vor der Zerstörung der weissen Blutkörper-
chen, dififundiren. Wals (Stuttgart).
290. Geht das Tetanolysin mit den Pro*
teiden des Seroms and des Biklara eine an-
giftlge Verbindung ein? von P. Th. MQller.
(Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIV. 6. p. 567.
1903.)
Die antih&moly tische Wirkung des Eiereiweisses
beruht nicht auf einer direkten, das Tetanusgift
modificirenden oder abschwächenden Wirkung der
Proteinstoffe, sondern ist nach den Untersuchungen
IL's auf eine alkohollOsliche Beimengung, wahr-
scheinlich Cholesterin, zu beziehen. Da eine che-
mische Bindung zwischen Tetanolysin und Chole-
Bterin sehr unwahrscheinlich ist, werden wir wohl
in der durch Serum und Eiereiweiss bedingten
Hemmung der Hftmolyse nicht ein echtes anti-
toxischea Phänomen mit Bindung zwischen Gift
und Gegengift zu sehen haben, sondern einpseudo-
uktitoxischee , bei dem die schQtzende Wirkung
vermuthlich durch physikalisch- chemische Lösungs-
und Vertheilungsvorgftnge zu Stande kommt
Walz (Stuttgart).
291. Beobachtungen über die Oeisseln
der TetanosbaoUlen ; von Silvio deGrandi.
(Caitr.-BL f. Bakteriol. u. s. w. XXXIV. 2. p. 97.
1903.)
Da bisher eine Einigung darüber nicht bestand,
ob der Tetanusbacillus blos eine Geissei (S c h w a r z)
oder 20 — 30 (Eanthack und Conn eil) Geis-
sein besitzt, so ist eine sorgfältige Nachuntersuchung
dankenawerth. Nach G r. ist der Tetanusbacillus
wirklich yielgeisselig. Die einzelnen formen wech-
eeb nach Art und Alter der Cultur. Man findet
soch Zopfbildungen. Das Bewegungsvermögen ist
trotzdem sehr gering, bei den meisten fehlt es
giazlich. Es zeigt dies, dass die Funktion der
Oeisseln verloren gehen kann und dass deren An-
uhl keinerlei Beziehung hat zur Bewegungstftrke.
Walz (Stuttgart).
292. Ueber Butters&ureg&hrong. III. Ab-
handlung. A, Morphologie des BauachbrandbaeiUua
und dee Oedembaeiütu ; von R. Grassberger.
R CkennscMnologischea Verhauen des Bauaehbrand-
Uuiüue unddes Oedembacülus; von A. Schatten-
froh. (Arch. f. Hyg. XLVIU. 1. p. 1. 77. 1903.)
Nach Grassberger zeichnet sich der Rausch-
handbacillns morphologisch durch einen ungemein
gRnaen Formenreichthum aus. Schon im Gewebe
des mit Beinmatetial von Rausohbrand geimpften
Thieres finden sich 2 Typen von Formen. Bei
Züchtung auf Zuckeragar, dem sterile Muskel-
stQckchen zugesetzt sind, kommt es, wenn die
Anpassung gelungen ist, zu einer Veränderung der
Bakterien, die sich durch Verlust des Versporung-
vermögens und der Beweglichkeit kennzeichnet
Durch WeiterzQchten von solchen Zuckeragarcolo-
nien lassen sich auf geeigneten Nährböden wieder
geisselreiche und sporenbildende Bakterien erzielen.
Je nach der Züchtung kommt es zu Sporenbildung
mit oder ohne Granuloseablagerung oder auch zur
Bildung endständiger Sporen. In ganz ähnlicher
Weise treten bei der Züchtung von Gasphlegmone-
bacillen abweichende Formen, abweichende Sporu-
lirung, abweichender Chemismus und abweichende
pathologisch - anatomische Bilder auf. In gerin-
gerem Grade variirt der Oedembacillus.
Nach dem chemisch - biologischen Verhalten
läset sich nach Schattenfrt>h die folgende
Reihe der Buttersäurebacillen aufstellen :
Beweglicher Builer8äurcbaciUu8{kmY\oh&]LteT). Kei-
ner Kohlehydratvergährer , zersetzt nicht Eiweiss, bil-
det aas diesem auch keine neonenswertben Mengen
Schwefelwasserstoff. Bildet aus Kohlehydraten vor-
wiegend Buttersäure. Bauschbrandbaeiütts und Oaa-
phlegmonebaciüus , sporulirend oder denaturirt {unbe^
toeglicher BtUteraäurebaciüus), Exquisite Kohlehydrat-
vergährer, bilden Schwefelwasserstoff, führen selten zu
einer weitergehenden Eiweisszersetzung. Bilden aus
Kohlehydraten im sporulirenden Zustande vorwiegend
Buttersäure ; denaturirt vorwiegend Milchsäure. Bacillus
des malignen Oedems, Kohlehydratvergährer, häufig auch
Fäulnisserreger. Bildet aus Kohlehydraten vorwiegend
Milchsäure und regelmässig Aethylalkohol. Fätäniss-
erregender Buttersäurebaeiüus (B, putrificus Bienstock,
Cadaver baoQl US u. b. w.). Kohlehydratvergährer, regel-
mässig auch Fäulnisserreger. Bildet aus Kohlehydraten
vorwiegend Milchsäure und regelmässig Aethylalkohol.
Woltemas (Solingen).
293. Beitrage aar Kenntniaa der anadroben
Bakterien des Menschen; von A. Qhon u. M.
Sachs. (Gentr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIY.
4. 5. 6. 7. p. 289. 398. 481. 609. 1903.)
G h. und S. haben einen Fall von Qasbrand be-
obachtet und stellten sich die Aufgabe, das dabei
aufgefundene Bacterium auf das Genaueste zu unter-
suchen, was in Anbetracht der vielen umstrittenen
Fragen dankenswerth ist Die pathologisch-ana-
tomischen Veränderungen stimmen mit jenen voll-
ständig flberein, die man bei Gangräne foudroyante,
Gasgängrän, Gasbrand u. s. w. findet. Doch fanden
sich neben den vital entstandenen Veränderungen
auch sicher postmortale. Mit den in den letzten
Jahren als häufigster Erreger des Gasbrandes be-
schriebenen unbeweglichen, keine Sporen bilden-
den, für Kaninchen nicht pathogenen Stäbchen hatte
das vorliegende nichts gemein. Es handelte sich
um ein bewegliches Stäbchen, das schon unter ge-
wöhnlichen Bedingungen Sporen bildet, in Milch
kein Gas bildet, für Kaninchen pathogen ist und
bei diesen Schaumorgane erzeugt Es stimmt in
vielen Punkten mit dem Typus der Bacillen des
malignen Oedems überein. Walz (Stuttgart).
248
n. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
294. Beitrag sur Kenntnias der Gkwgangr&n ;
von Dr. Dansauer. (MQuchn. med. Wchnschr.
L. 36. 1903.)
Die Entstehung der Gasgangrftn ist bisher nioht
genflgend aufgeklärt, obgleich eine ziemlich grosse
Literatur sich damit beschäftigt hat In einem von
D. beobachteten und beschriebenen Falle gelang
es, 4 verschiedene Bakterienformen in Beincultur
darzustellen: Bacterium fluorescens liquefaciens,
Staphylococcus pyogenes aureus, Streptococcus
pyogenes und Bacterium coli commune. Sie wur-
den auf ihre Pathogenität hin im Thierversuche
geprüft. D. kommt schliesslich zu folgenden
Schlussfolgerungen: 1) das Bacterium coli com-
mune vermag auch im nicht diabetischen, leben-
den menschlichen KOrper Qasgangrän zu erzeugen ;
2) das Bacterium coli commune kann nach den
bisher in der I^iteratur niedergelegten Beobach-
tungen keinen Anspruch darauf machen, als selb-
ständiger Erreger von Qasgangrän anerkannt zu wer-
den ; seine Tbätigkeit hierbei ist saprophytisch und
von einer primär durch pathogene Bakterien, lokale
oder allgemeine Emährungstörungen (Trauma, Stoff-
wechselkrankheiten) verursachten Qewebeschädi-
gung abhängig. N e u m a n n (Leipzig).
295. Reoherohes histologiques sor las
gangrenea gaaeuaes aiguös; par Q. Legres.
(Arch. de M6d. exp6rim. etc. XV. 1. p. 1. 1903.)
Die Oasphlegmone des Menschen, wie des Meer-
schweinchens geht mit schweren Veränderungen
der Oefässe und Muskelfasern einher. Stets ist
eine obliterirende Endophlebitis, ebenso eine Zer-
störung und fettige Degeneration der CapiUaren
vorhanden. Sehr häufig findet sich Endarteriitis
mit Mesarteriitis und fettiger Degeneration der
glatten Muskelfasern. N o e s s k e (Kiel).
296. Bine lepraähnliohe Erkrankung der
Haat und der LymphdrAsen bei Wanderratten ;
von W. E. Stefansky in Odessa. (Centr.-Bl. f.
Bakteriol. u. s. w. XXXIU. 7. p. 481. 1903.)
St. hat bei Wanderratten in Odessa eine durch säure-
feste Bacillen hervorgerufene, in 2 Formen, einer rein
drüsigen und einer haatmuskulären, auftretende Erkran-
kung entdeckt, von der etwa 4 — 5% aller Wanderratten
ergriffen sind. Die Veränderungen entsprechen voll-
ständig denen der Lepra. Die Coltur und der Tfaier-
versuoh blieben resoltatlos. Walz (Stuttgart).
297. üeber eine dnroh aftorefeste Bakterien
hervorgerufene Hauterkrankong der Hatten ;
von L. Rabinowitsoh. (Centn- BL f. BakterioL
u. s. w. XXXTTT. 8. p. 577. 1903.)
R. hat die von Stefansky entdeckten Bacillen auch
bei unseren Wanderratten in Berlin gefanden. Als blosse
Verunreinigung der Hautaffektionen durch Erdbacülen
können sie nicht aufgefasst werden, da sie von den bisher
bekannten säurefesten Bacillen durch Kleinheit, leichtere
Enthirbung, Mangel an Verzweigung und Kolbenbildung
und Unmöglichkeit der Züchtung unterschieden sind.
Walz (Stuttgart).
298. Maaaenerkrftnkung bei Enten mit
eigenartigem Diphtheriebaoiiienl>eftuid in der
Ooi^anotiTs; von Eampmann, Hirsch brach
u. L a n g e. (Centr.- BL f. Bakteriol. u. s. w. XXXIV.
3. p. 214. 1903.)
Die V£f. haben bei einer unter Enten herrschenden
Augenkrankheit 3 Diphtheroidstämme isolirt, die sie
genau beschreiben. Pseudodiphtberiebacillen fanden sie
auch in den Augen gesunder Enten. Walz (Stuttgart)^
299. Ueber eine infektiöse Krankheit beim
Oenoe Tordaa; von A. Maggiora u. G. L
V a 1 e n t i. (Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXI V.
4. p. 327. 1903.)
Bei einer septikämischen Epidemie unter Amsrin
iiess sich das specifische Virus, obwohl es bestimmt im
Blute vorhanden war, mit dem Mikroskop nicht nach-
weisen und auch nicht züchten; es geht jedoch durch den
Berkefeld- Filter hindurch, und zwar nioht als toxische
Substanz, sondern als vermehrungsfähiges infektiöses
Virus, dessen Virulenz durch Passage sich steigern iSsst
Die Infektion kann experimentell durch InjektiooeD
kleiner Quantitäten von Blut oder Emulsionen aus Ein-
geweiden übertragen werden, aber auch auf dem We^
des Darmkanals, vom Munde aus. Walz (Stuttgart).
300. Ueber eine bewimperte lOkrooooons-
form, welche in einer Septikftmie der Kanin-
oben gefunden wurde; von G. Gatherina in
Padua. (Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIV.
2. p. 108. 1903.)
Der isolirte Mikrococcus rief bei Kaninchen, Meer-
schweinchen und weissen Mäusen eine echte Septikimi«
hervor. Kraft seiner Eigenschaften ist dieser MikroooGcai
als eine von den bisher bekannten verschiedene Art m-
zusehen und von C. als Microooccus agilis albus benaniit
worden. Die Filtrate der Culturprodukte dieses Mikro-
coccus verleihen in gewissen Fällen den Kaninchen eins
Immunität gegenüber dem virulenten Mikrococcus.
Walz (Stuttgart).
301. Ueber die Aetiologie von »Ekiifl
einer eigenthQmliohen, sehr akuten, robuh
artigen, epidemieohen Kinderkrankheit il
Japan ; von Sukehikolto. (Centr.- BL f. Bak
teriol. u. s. w. XXXIV. 6. 7. p. 659. 509. 1903^^
Vf. hat in den Dejektionen von Ekirikrankeu eini|
pathogenen Bacillus gefunden, der morphologisch di
Colibacillus ähnelt, nach Gram sich entfärbt und 1
hafte Eigenbewegung hat, Gelatine nicht veifläsaigt,
Traubenzuckeragar Gas entwickelt, durch merk
verzögerte Indolreaktion charakterisirt ist und Miloh
coagulirt. Diese Bacillen wurden bisher niemals, w
bei gesunden, noch bei kranken Menschen gefunden,
werden durch Zusatz von Blutserum von Menschen,
Ekiri überstanden haben, immer deutUch a^lm
wenn nicht nach deren Heilune schon einige Zeit
flössen ist. Sie reagiren niemals auf Blutserum vo
Sunden Menschen, selbst nicht von solchen, die eine
ähnliche Krankheit, z. B. Dysenterie, akuten Darmkai
mit hohem Fieber u. s. w. überstanden haben. Das
serum von Menschen, die Ekiri überstanden haben,
nicht im Stande, dem besprochenen ähnliche
z. B. Dysenterie-, Typhus-Colibacillen su agglui
Die Blutsera verschiedener Thiere, die gegen
Bacillus immunisirt worden waren, agdntinirten ihn
walzßtui
302. Beitrag mm Stadium deaDyaon
baoillns ; von R. D o e r r. (Centr.-BL f.
u. s. w. XXXIV. 5. p. 387. 1903.)
m. Pharmakologie und Toxikologie.
249
Bei einer Epidemie von Dysenterie in Oester-
reioh konnte D. in allen Fällen durch genaue ver-
gleichende Untersuchungen ein mit dem Shiga'-
scben Bacillus identisches Bacterium züchten. Die
Agglutinationversuohe mit Reconvalescentenseris
und solchen ron Kranken fielen sämmtlich positiv
aus. Statt des complicirten L e n t z 'sehen Mannit-
agan konnte D. mit Erfolg eine Hannit-Nutrose-
ückmaslOsung anwenden. Walz (Stuttgart).
303. Weiteres Bur oulturellen Differen-
liruig der Bohrbaoillen gegenüber rohrfthn-
liohen Bakterien ; von H. H e t s c h. (Centr.-Bl.
f. Bakteriol. u. s. w. XXXIV. 6. p. 580. 1903.)
H. hat mit MaDDit-Lackoins-NatroselösaDg gänstige
Resultate beider Differeozirang der Ruhrbacillen erhalten.
Die Methode lüsst zwar an sich keine sichere Artonter-
scheidoDg zu, ist aber neben den anderen Methoden mit
Yortbeil zq verwenden. Walz (Stattgart).
304. Zar Biologie der Bohrbaoilien ; von
Dom browsky. (Arch. f.Hyg.XLVII.3. p.243.
1903.) ^
Die Bahrbacillen gedeihen am besten bei ampho-
terer Reaktion der Nährböden, kOnnen sich aber
auch in weitgehendem Maasse einer alkalischen
oder sauren Reaktion anpassen, ein umstand, der
ifl epidemiologischer Beziehung von hoher Bedeu-
tongiat Auf Deckgläschen angetrocknet, behalten
ae ihre Lebensfähigkeit je nach der Temperatur
11—23 Tage. In sterilisirtem Leitungswasser
lileiben sie bis 11 Wochen am Leben, auf der
Imme von Brotschnitten 5 Tage, auf der Brotrinde
nur 2 Tage, auf Kartoffeln 3 Tage, in Milch bis zu
24 Tagen. Agglutinationversuohe Hessen den
Kruse 'sehen und den Shiga 'sehen Stamm als
iiientisch erscheinen. Woltemas (Solingen).
305. Beitrag rar Pathologie des Balanti-
4inm (Paramaeoiom) ooli; von Dr. W. Eli-
sen ko in Petersburg. (Beitr. z. pathol. Anat. u.
% Pathol. XXXTTT. 1 u. 2. p. 281. 1903.)
Nach KL's Untersuchungen sind die Balantidien
^ Erreger gewisser Diarrhoen zu betrachten. Im
Anfange rufen sie wahrscheinlich Diarrhöen durch
Seianng der Muoosa des Mastdarmes mit ihren
lebhaften Bewegungen hervor. Anatomisch er-
zeugen sie eine Colitis catarrhalis, bez. ulcerosa.
Wahrscheinlich vermehren sie sich in der Darm-
wand, sie kommen auch in den Blutgefässen vor.
Noesske (Kiel).
306. Ein Apparat rar Zflohtong von Mikro-
organismen in bewegliohen flflsaigen Medien ;
von E. Wiener. (Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w,
XXXIV. 6. p. 594. 1903.)
W. beschreibt einen von Rohrbeck's Nachf, in Wien
zu beziehenden Apparat, der den Zweck hat, bakterien-
haitige Flüssigkeiten aasgiebig mit Luft in Berührung zu
bringen; in ihm bilden Biilzbrandbakterien in 1—2 Tagen
Sporen, alle A§roben vermehren sich rasch, Tuberkel-
bacillen in 1—2 Tagen. Walz (Stuttgart).
307. I>arohaiohtigeafilataeriim/yttr6aA:(erto-
logiaehe Zwecke); von E. Yallejo. (Siglo M6d.
XL 1. 1903.)
Bei der gewöhnlich angewendeten Methode zur
Herstellung von Blutserum für bakteriologische Zwecke
(Sterilisirung bei 58®, naohherige Coagulation bei 68*)
wird das Serum oppaiescent. V. erhält ein vöUie trans-
parentes Blutserum, indem er (nachdem die Steruisirung
erfolgt ist) die Temperatur von 56—58* weiter einwirken
lüsst. Nach verschiedener Zeit, meist nach 5—6 Stunden,
ist das Eiweiss ooagulirt, und zwar völlig tranparent
M. Kaufmann (Mannheim).
308. A aimple methodofmakingooUodion
aaoa for baoteriologioal worka ; by W. D. Frost.
(Centr.-Bl. f. Bakteriol u. s. w. XXXIV. 7. p. 733.
1903.)
Nach der Methode Fr.*B lassen sich in kürzerer Zeit
viele Collodiumsäckohen in beliebiger Orösse herstellen,
wenn man in beliebig weiten Reagenzfläser dicke CoUo-
dium lösung an der Wand vertheilt Naoh Trocknen löst
sich die Schicht ab, die Säckchen werden abgebunden,
gefüllt und im Reagenzglas sterilisirt. Walz (Stuttgart).
309. Ueber die Anfertigung ond Auf*
bewahrung von Sporenaeidenfäden für Dea-
infektionaswecke ; von E. Eokubo. (Centr.-
Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIV. 7. p.725. 1903.)
£. bestätigt, dass die einzelnen Milzbrandstämme
unter sich grosse Versohiedenheit in der Widerstand-
fähigkeit zeigen und da sich auch grosse Unterschiede je
nach Art der Herstellung und Aufbewahrung ergeben,
so empfiehlt K. auf Orund von Versuchen, die Sporen
ohne vorherige Aufschwemmung direkt auf der Ober-
fläohencultur mit den Seidenfäden in Berührung zu bringen,
letztere bei Zimmertemperatur an der Luft zu trocknen
und im Dunkeln aufzubewahren. Walz (Stuttgart).
III. Pharmakologie und Toxikologie.
310. Ueber die physiologische Wirkung
te Badiamatrahlen und ihre therapeutiaohe
Verwendiing; von Dr. W. Soholtz. (Deutsche
■ei Wchnschr. XXX 3. 1904.)
Die 25 mg Badiumbromid , mit denen Seh«
rttperimeotirt hat, befanden sich in Form kleiner
TÜmiet in einer flachen Kautschukkapsel, die nach
^ttsen durch eine dünne Qlimmerplatte abgeschlos-
!*B war. Die Badiumstrahlen mussten also erst
^ Ölimmerplatte passiren, ehe sie zur Wirkung
gdangen konnten. Die Versuche, die Seh. in
Med. Ithxi)b. Bd. 281. Hfl. 3.
grosserer Anzahl an der Haut Ton Thieren und
Menschen vorgenommen hat, wurden gewöhnlich
in der Weise angestellt, dass die Kapsel mittels
eines Heftpflasterstreifens direkt auf der Haut
fijdrt wurde. Im Grossen und Oanzen konnte
Seh. die Resultate frflherer Autoren bestätigen,
die ergaben, dass die Hautveränderungen nach
Badiumbestrahlungen im Allgemeinen denjenigen
nach Röntgenbestrahlungen gleichen. In manchen
Punkten ähneln sie aber auch der Wirkung des
concentrirten Lichtes. Dazu kommt dann eine
32
250
in. Pharmakologie und Toxikologie.
nicht unbeträchtliche baktericide Wirkung der
Radiumstrahlen und vor Allem noch eine recht
erhebliche Tiefenwirkung.
„Nach alledem und unter Berücksichtigung der
bisherigen therapeutischen Versuche scheint mir
die Behandlung mit Radiumstrahlen bei manchen
Dermatosen, vor allen Tumoren der Haut und
Lupus, Aussicht auf Erfolg zu haben. Ob und
wieweit die Behandlung mit Radium das ROntgen-
verfahren und vielleicht auch die Behandlung nach
Finsen an Wirksam.keit übertreffen wird, kann
erst die Zukunft lehren.^'
Schliesslich macht Seh. noch auf dieleichte
und bequeme Anwendung des Radium aufmerksam
und auf die Möglichkeit, es in verschiedener Weise
und in verschiedenen Formen zu benutzen.
P. Wagner (Leipzig).
311. Cooain und Adrenalin (Suprarenin) ; von
Dr. H. Braun. (Berl. Klinik Heft 187. Jan. 1904.)
Wir verdanken Br. eine Reihe von ausgezeich-
neten experimentellen und klinischen Arbeiten über
die Verwendung des Cocains und Adrenalins zur
Lokalanästhesie. Alles was bisher hierüber fest-
steht, hat B r. in dem Vortrage in klarer, kurzer
Darstellung zusammengefasst Auf allen Gebieten
hat die Lokalanästhesie durch die Einführung des
Adrenalins eine Förderung erfahren ; ihre Grenzen
sind erweitert, ihre Erfolge sind sicherer, ihre
Technik ist vereinfacht, ihre Anwendung in einigen
Disciplinen weniger gefährlich geworden. Ver-
dünnte CocainlOsungen wirken auf Gewebe, die
durch Adrenalin anämisch gemacht worden sind,
wie concentrirte CocainlOsungen und die Dauer
der Anästhesie wird ausserordentlich verlängert.
Mit kleinen Cocaindosen können Ortliche Wirkun-
gen erzielt werden, wie sonst nur mit grossen
Cocaindosen ohne Adrenalin. Dadurch wird eine
relative Verminderung der Gefahr der Cocain-
vergiftung eingeleitet P. Wagner (Leipzig).
312. Zar Wirkung deaBaohinina bei Malaria;
von Dr. E. Baron B u d b e r g. (Petersb. med. Wo-
chenschr. XXIX 6. 1904.)
B. hat mit demEuchinin sehr gute Erfahrungen
gemacht Es wird gern genommen und gut ver-
tragen. Wichtig ist, dass man gleich eine volle
Dosis giebt, bei Erwachsenen 1.0 — 1.2 g 6 Stunden
vor dem zu erwartenden Anfall. D i p p e.
313. Zar Therapie der Anämien mitChina-
eiaen; von Dr. James Silberstein. (Allg. med.
Centr.-Ztg. LXXIIL 7. 1904.)
Mischt man ein flüssiges Chininpräparat und
ein Eisensalz zusammen, so fällt unKVsliches Eisen-
tannat aus. Der Chinaeisenbitter von E, MeMing
in Mühlhausen i. E. enthält Beides in guter Form,
nimmt sich angenehm, wirkt als gutes Eisenmittel,
regt den Appetit an u. s. w. Man giebt Kindern
Tropfen bis Kaffeelöffel, Erwachsenen einen Kaffee-
bis Suppenlöffel 3mal täglich. Dippe.
314. Beiträge sor medikamentösen Be-
handlang von Nearalgien und Myalgien ; von
Dr. ]p]rnst Meyer. (Berl. klin. Wchnschr. LXL
6. 1904.)
In der hydrotherapeutischen Anstalt der Ber-
liner Universität hat sich das Hydrockinon gegoa
Nerven- und Muskelschmerzen gut bewährt. Bei
akutem Gelenkrheumatismus versagte es vollkom-
men. Man giebt 1 — 4 g pro die am besten in
Losung, die frisch zubereitet und vor Licht bewahrt
werden muss. Nach dem Einnehmen tritt SchweisB,
namentlich auch an dem kranken Körpertheile, aof
und die Schmerzen lassen nach. RückfiUle waren
meist leicht zu beseitigen. Dippe.
315. üeber die Formalinbehandlang der
puerperalen Sepaia; von Dr. Ernst Hoer-
schelmann. (Petersb. med. Wchnschr. XXIX.
4. 1904.)
Barrowsin New York hat einer an schwerer poer-
peraler Sepsis Leidenden 500 ccm einer Lösung : FonnaÜn
1 : physiologische Koohsalzlösang 5000 in die Veoen ge-
spritzt und dabei einen überraschenden Erfolg gehabt
H. gab in einem gleichen Falle das Formalin als Klystier
und auch danach trat eine ganz auffallende aod anhal-
tende Besserung ein. Er empfiehlt die Methode zu wei-
teren Versuchen. Man lasse einmal 500 ccm Wasser
einlaufen mit einem halben Theelö£fel Salz und 5 Tropfen
Formalin- Schering. Dippe.
316. üeber Laktagol, ein neues Lakta-
gogum ; von Dr.J.A. van den Brinkin Monster
(Holland). (Deutsche med. Wchnschr. XXX. 6.
1904.)
Laktagol soll der wirksame Bestandtheil des
Baumwollsamens sein, der von den Landwirtbea
seit lange als Kraftfutter und als milchtreibend ba
EQhen verwandt wird. Es ist ein gelblich ureiases
Pulver, in Wasser unlöslich, das sich mit Milch
verrührt gut nehmen Iftsst Man giebt 3 — 4 ge-
häufte TheelOffel pro Tag. Der Yf. meint , dass
dieses neue „Laktagogum'^ wirklich eines Ver-
suches werth sei. Dippe.
317. üeber ^Borny val^, ein nenea Baldria»
prfiparat; von Dr. Karl Dibeleisen. (DeutadM
Praxis XIII. 3. 1904.)
U., Leiter der Kuranstalt Bad Thalkirdke»
München, ist mit dem Bornyval sehr sufriedel
Es wirkt bei hysterischen Beschwerden, nervOaai
Herzklopfen, Angstzuständen erheblich besaer, ■
die üblichen Baldrianpräparate. Man giebt meh^
mals täglich 0.25 g. — |
Dr. Martin Kochmann (Ueber die Y«
derlichkeit der Baldrianpräparate. Deutsche m
Wchnschr. XXX. 2. 1904) bat festgestellt, d
sich die offlcinellen Baldrianpräparate sehr lei
zersetzen und meint, dass darauf wohl zum gn
Theile ihre ungleichmässige Wirkung aorüc
führen sei. Demgegenüber bieten Yalyl und
val entschiedene Yortheile. Dippe,
in. Pharmakologie und Toxikologie.
261
3i8. Theorie und Frasda der Behandlong
eingeklemmter Brüche mit Atropln; von Dr.
Hagen in Nordhaueen. (Deutsches Arch. f. klin.
Med. LXXVIIL 5 u. 6. p. 482. 1903.)
H. ist von den bisher üblichen Erklärungen
der Bnicheinklemmung durchaus nicht befriedigt
„Das Motiv der Einklemmung liegt nicht im Bruch-
sack, sondern in der Darmschlioge. Gehe dasselbe
aus ungeregelten Yerhftltnissen oder krankhaften
Störungen des Darmes oder seines Inhaltes hervor,
ihre Erscheinungen gipfeln in der Parese der
Masknians, oder wenigstens in der Behinderung
der perietaltischen Bewegungen, welche unter be-
sooders gflnstigen Yerhftltnissen, in kurzer Zeit,
alle Stufen leichter bis schwerster Einklemmung
durchlaufen können, und in der sich zumeist, wenn
auch nicht in allen Fftllen anschliessenden, reflek-
torisch krampfhaften Verengung des Bruchsackes.**
Oeht die Einklemmung vom Darme aus, dann
soll man auch auf diesen zur Lösung der Einklem-
mung einwirken und dazu eignet sich vorzflglich
dag Atropin. H. theilt eine Reihe werthvoUer
Krankengeschichten mit und rftth, stets nach dem
ersten sehr müden Taxisversuche eine Belladonna-
oder Atropineinspritzung zu machen. Nach einer
Stande: zweiter milder Taxisversuch und falls er
misslingt zweite Atropineinspritzung. Man kann
Taxis und Atropin noch ein drittes Mal versuchen,
Ua'bt der Erfolg auch dann aus, dann ist möglichst
Vald an operiren. Ganz besonders günstig scheint
das Atropin bei alten Leuten zu wirken. D i p p e.
319. Le bleu de methylene dans les diar-
thees; par Combemale et Maguin. (Echo
nfid. du Nord VIL 40. Oct 4. 1903.)
Das Methylenblau wird von Zeit zu Zeit als
Bölinittel gegen verschiedene Krankheiten empfoh-
len. C. und M. fanden es sehr vortheilhaft bei
DorchfUlen verschiedener Herkunft, namentlich
aoch bei Durchfällen Tuberkulöser. Sie gaben
0.15 mit Zucker gemischt in Capseln; meist ge-
liigeo 1-.2 Stack täglich. D i p p e.
320. Levnre de biere et sappuration ; par
Edmond Sergent (Ann. de Plnst. Pasteur
XVIL p. 631. Oct. 1903.)
S. hat bei E[aninchen durch Einreiben einer
nsirten Hautstelle mit Culturen von Staphylo-
coccns aureus kleine Abscesse erzeugt, die er in
Analogie mit den Furunkeln des Menschen setzt
An diesem Materiale studirte er die Wirkung der
Bierhefe. Die Hefe hatte bei innerlicher Dar-
KichQng die gewünschte Wirkung, sie liess die
täion entstandenen Abscesse verschwinden zu Zeit-
INinkten, wo die der Controlkaninohen noch lange
nebt abgeheilt waren. Noch bessere Resultate
^elte S. mit der prophylaktischen Hefebehand-
kmg, dabei muss aber die Hefebehandlung im
Xomente der Impfung der Haut noch bestehen.
Ib genl^ schon, 24 Stunden vor der Impfung mit
der Hefegabe zu beginnen. Endovenöee Injektion
mit Hefe tOdtet natürlich sofort, subcutane An-
wendung macht grosse, rasch wachsende, atherom-
artige Tumoren. Das Serum von Kaninchen, die
solche Tumoren trugen, agglutinirte den Staphylo-
coccus, ohne ihn zu tödten. Es gelang S. auch,
den wirksamen Bestandtheil der Hefe durch Trock-
nen und Extrahiren mit Wasser steril zu bekommen.
Er erzielte im Experiment und in der Therapie
mit der Lösung die gleichen Wirkungen, wie mit
den lebenden Pilzen. W. Straub (Leipzig).
321. Methodiaohea and Teohniaohea aar
therapentlaohenVerwendong dea Na&lan (Re-
tcrten- Marke) ; von Dr. S. Wischnowitzer in
Wien. (Prag. med. Wchnschr. XX Vm. 49. 1903.)
Das aus Nafta und Seife dargestellte Nafalan
(Retorten-Marke) ist nach seinen physikalisch-
chemischen Eigenschaften mit dem früheren Nafta-
lan fast vollkommen identisch, in therapeutischer
Beziehung hat es vor ihm noch viele Yortheile
voraus. Das Nafalan ist von fest-weicher Con-
sistenz, bei Körpertemperatur nicht zerfliesslioh,
hat etwas sulziges Aussehen, die Farbe ist dunkel-
braun, sein Geruch erinnert an Theer. Auf der
normalen Haut ruft es keinerlei Reizwirkungen
hervor, auf die kranke Haut wirkt es wie eine
milde, reizlose Salbe und entfaltet antiphlogistische,
analgetische und resorptionbefördernde Eigenschaf-
ten. Die wichtigsten, aus Nafalan hergestellten
und in Originalpackungen in den Apotheken ge-
führten Zubereitungen sind: 1) Nafalan-Zinksalbe,
2) Nafalan-Streupulver, 3) Nafalan- Medicinalseife,
4) Nafalan- Heftpflaster, 5) Nafalan-Suppositorien.
W. wandte Nafalanpräparate sowohl bei Haut-
affektionen (Ekzem, Eczema seborrhoicum und
marginatum, Pityriasis versicolor, Impetigo conta-
giosum, Herpes zoster, Congelatio, Combustio,
Röntgendermatitis, Prurigo cutanea und Pruritus
ani), wie bei entzündlichen Affektionen der tieferen
Theile (Rheumatismus articulorum acutus et reci-
divus, Epididymitis, Ischias und Tendovaginitis) an.
Beim Ekzem gilt für das Nafalan dieselbe Einsohrän-
knng wie für alle Ekzem mittel überhaupt Es giebt kein
Universalmittel gegen das Ekzem, sondern blos Mittel
gegen gewisse Phasen.
Im akuten Stadium des Ekzems soll Nafalan über-
haupt nicht angewendet werden. Dort istUng. Diachylon
am Platze. Sind die akuten Ersoheinnngen zur Rück-
bildung gebracht, dann ist zunächst die Nafalan-Zinksalbe
anzuwenden. Die Art der Anwendung ist wichtig. Sie
geschieht folgendermaassen : Man schneidet aus alter,
weicher, dicker Leinewand für die betroffenen Hautstellen
passende Lappen, bestreicht sie in nicht zu dünner Schicht
mit der Salbe, applicirt sie auf die kranke Stelle und
bindet sie leicht nieder. Der Verband wird täglich
wiederholt und iJle alten Salbenreste werden sorgfältig
entfernt. Schickt sich das Ekzem zur iDVolution an, so
wird einige Tage hindurch das reine Nafalan als Salben-
verband angewandt. Unter diesem Verband regenerirt
sich sodann die Epidermis bald vollständig. Um sie nun
vor mechanischen und thermischen Reizen, sowie der
Einwirkung von Wasser zu bewahren, reibt man auf die
erkrankte Partie eine sehr dünne Schicht Nafalan-Zink-
paste ein und trägt auf diese mit einem Wattebäusohohen
252
IV. Neuropathologie und Psychiatrie.
in dünner Schicht Nafalan-Streupnlver auf, bis sich eine
wenige Millimeter dicke mörtelartige Kruste gebildet hat,
die der erholungsbedürftigen Haut einen ausgezeichneten
Schutz gegen die obengenannten Schädlichkeiten bietet.
Die Schicht soll so lange auf der Haut belassen werden,
als sie von selber haftet Einfache Puderapplikation be-
schliesst die Behandlung.
Beim chronischen Ekzem thut man gut, durch Zu-
satz von Theer zum Nafalan zunächst einen stärkeren
Entzündungsreiz zu setzen, der die Resorption der Infil-
.trate einleitet und das chronische Ekzem in ein akutes
verwandelt. Bei frischen Verbrennungen aller 3 Grade
macht Nafalansalbe pur aufgelegt alle sonstigen Brand-
salben und Binden überflüssig, ebenso wirkt es vorzügtich
bei Erfrierungen.
Bei Gelenkschwellungen und entzündlichen Affek-
tionen tieferer Theile geschieht die Anwendung des NafaUa
in folgender Weise: Auf eine Schicht Tafelwatte wird
eine nicht zu dünne Schicht Nafalan aufgetragen aod
damit das erkrankte Gelenk sorgfältig umwickelt, darüber
kommt eine dicke Lage gewöhnlicher Watte und das
Ganze wird mit einer Calicobinde recht fest nieder-
gebunden. Die Wirkung hierbei ist freilich als eine spe-
cifische nicht anzusehen, sondern hauptsächlich eine
Folgeerscheinung der gleichmässigon Wärme.
J. Mayer (Lübeck).
IV. Neuropathologie und Psychiatrie.
322. Tumoni of the poiito-medallo*oere-
bellar-spaoe. AcouBtio nearomata (Central
nearoflbromatosis) ; by Joseph Fraenkel
and Ramsay Hunt. (New York med. Becord
LXIV. 26. p. 1002. Deo. 26. 1903.)
Fr. und H. fassen unter diesem Titel eine
Gruppe von Fällen zusammen, die sich durch
lokale oder regionale Bildung von Neurofibromen
an einem oder an mehreren Gehirnnerven aus-
zeichnen. Am häufigsten wird der N. acusticus
betroffen, demnächst der Trigeminus. Wie oft und
bis zu welchem Umfang die übrigen Gehirnnerven
in den fibromatösen Process einbezogen werden,
ist noch nicht genau festgestellt.
Die Erkrankung ist durchaus keine seltene.
F r. und H. berichten über 5 Fälle. In 3 Fällen
handelte es sich um Tumoren des Acusticus, einmal
um einen doppelseitigen Acusticustumor , einmal
war derN. trigeminus betroffen. Aetiologisch sind
alle Fälle als angeborene Missbildungen (Teratome)
anzusehen. Die Rolle, die das Trauma häufig in
den Anamnesen spielt, ist offenbar von eben so ge*
ringer Wichtigkeit und so unsicher, wie bei den
Gehirntumoren im Allgemeinen. Pathologisch-
anatomisch zeigt sich die Erkrankung als Tumor
in Grösse von Kirsche bis Hühnerei, von binde-
gewebiger Beschaffenheit und deutlich eingekapselt.
Die Oberfläche ist knotig und unregelmässig. Bei
genauerer Untersuchung findet man gewöhnlich
den Zusammenhang mit dem atrophischen Nerven-
strang. Ein kleiner Ueberrest des Nervenstammes,
einige Blutgefässe und zarte meningeale Verwach-
sungen bilden den einzigen Zusammenhang mit
der Umgebung. In vorgeschrittenen Fällen nimmt
der Tumor häufig einen sarkomatösen Charakter
an. Myxomatöse und cystische Degeneration wird
auch beobachtet In einem der beschriebenen Fälle
fand sich gleichzeitig eine eigenthümliche Ver-
änderung der Hirnrinde, bestehend in Hervor-
wölbungen und kleinen Hernien, die bisweilen die
Dura durchbohrten. Histologisch bestanden diese
Hernien aus Gehirnsubstanz und enthielten grössten-
theils spindelförmige Ganglion- und Gliazellen.
Symptomatologisch verlaufen die Fälle unter dem
Bilde von Tumoren der hinteren Schädelgrube.
Der wesentliche Unterschied zwischen Tumoren,
die innerhalb der Gtohirnsubstanz entstehen, liegt
in dem frühzeitigen Erscheinen von Symptomen,
die sich auf einen einzelnen Gehirnnerven beziehen.
Bei dem meist gutartigen Charakter der Tumoren
gehen diese Symptome den Herd- oder allgemeinen
Gehimsymptomen meist lange voran. Bei der
eigenthümlichen Struktur der Gebilde behalten die
befallenen Nerven auch in vorgeschrittenen Fällen
häufig ihre Leistungsfähigkeit. Mit dem grösseren
Wachsthum des Tumor zeigen die benaohbarteo
Organe, Pens, Kleinhirn, Medulla und die Nerven
an der Gehirnbasis ihre für sie charakteristischen
Erscheinungen von Druck.
Die Diagnose gründet sich auf die Erscheinung
von Symptomen von Tumoren in der hinteren Sch&
delgrube, denen langevorher deutlich ausgespro^
ebene und hartnäckige Anzeichen, die auf eine Er
krankung des 5. oder 8. Gehirnnerven hinweisen, vor
ausgegangen sind. Differentialdiagnostisch komma
Aneurysmen der Vertebralarterien und prirnftn
Tumoren der Basis, des knöchernen Schädels xmi
der Meningen in Betracht Die Prognose ist wegei
der Nähe der lebenswichtigen Organe sehleöb
Günstig ist der überaus langsame Verlauf, de
indessen plötzlich durch sarkomatöse Enlarton
beschleunigt werden kann.
Die Therapie kann nur eine operative aeii
Bei dem losen Zusammenhang der Tumor^i m
ihrer Basis kann man hoffen, dass eine vervoi
kommnete chirurgische Technik die Prognoae tro'
der ungünstigen Lokalisation verbessern wird.
J. Mayer (Lübeck).
323. Zur Casnistik der akaten h&mo
rhagiaohen Bnoephalitis; von Dr. M. Rosei
feld. (Deutsche Ztschr. f. Nervenhkde. XXI
5 u. 6. p. 415. 1903.)
R. berichtet die Krankengeschichte eines 23 Jmk
alten Kaufmanos : Vor 4 Jahren Lues. Keine speotfisc
Kur. Beginn der Erkrankung langsam mit psychiscli
Symptomen. Einige Tage später ein schwerer Erregen
zustand mit Angriffen gegen die Umgebung. Dann 'wiei
völlige Indifferenz und zunehmende Somnolenz. £1^ i
Aufnahme in die Klinik: Papillen starre, leichte Pt«
links, leichte Neuritis nervi optici rechts, abweoli
tiefstes Koma und lichte Zeiten. Während des
Pols 40, Erlöschen aller Reflexe. Während eines
IV. Neuropathologie und Psychiatrie.
253
KomuDhH» BeizersoheinaDgen im rechten Arme. Tem-
pentor stets normal. Tod in einem Eomaan falle.
Bei der Sektion konnte man nichts weiter finden, als
dass die lioke Hemisphäre grösser war als die rechte;
feroer schienen linsenkern and Streifenhügel in einander
äbenagehen. Sonst alle Verhfiltnisse im Gehirn durchaus
DormaL frische bronchopneumonische Herde. Eine
sichere Diagnose intra vitam wurde nicht gestellt. Gegen
Loes cerebri und Meningitis syphilitica sprach manches,
obwohl die Annahme der ersteren noch am wahrschein-
lichsten war. Bei der mikroskopischen Untersuchung
/lod sich Folgendes : Rückenmark, sowie Blutgefässe und
Meningen normal, ebenso die Meningen des Gehirns. In
letzterem fanden sich nur in den grossen Ganglien und
der Gtpsola interna beiderseits, aber mehr links, beträcht-
liche Veränderungen, und zwar an Stellen, die makro-
skopisch weder in Farbe, noch in Consistenz besonders
auffielen. links bestand ein grösserer encephalitischer
Herd in der Capsula interna, der auf den Lipsenkem und
laf den Thalamus opticus übergriff, aber weder das
Epeodym des Ventrikels, noch die Capsula externa er-
reichte; nach der Basis zu erreichte er fast die äusserste
ffiode. Auch an diesen Stellen waren die Meningen und
Gefisse absolut intakt Nur an einem kleinen Piageföss
zagte sich eine Ansammlung von Rundzellen. An keiner
Stelle Spuren von beginnender Erweichung. Zu Blu-
tODgea von minimaler Grösse war es nur an einer ein-
zebeo Stelle in dem linken Linsenkem gekommen. Die
Gefisse zeigten stellenweise eine beträchtliche Blutfülle.
Die ÄnflUe von tiefem Koma, Pulsverlangsam ung und
fieizerscheinungen erklärt R. damit, dass die schwere
Intoxikation eine akute Steigerung erfuhr und so die
CoDipezostände zu Stande kamen. Dass die Erkrankung
trphilitischer Natur war, konnte nicht gezeigt werden,
iedeofalls bestand nirgends eine syphilitische Gefäss-
erfaiokung. S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
324. Dea oolorationa du liquide oephalo-
nohidien, d'origine hemorrhagiqae ; par le
Prof. L Bar d. (Semaine m6d. XXIU. 41. p. 333.
1903.)
Im Verlaufe seiner Studien Ober die HAmolyse
<kr CerebroepinalflOssigkeit gelangte B. dazu, die
letxteie nach ihrer Färbung (nach Centrifugirung
i^ raspendirten rothen Blutkörperchen) einzu-
^en in: 1) ungefärbte, wie in der Norm, 2) rOth-
lich gefirbte (sanguinolent) mit positiver Ouajak-
tttktion und positivem spektralanalytisohen Er-
fsboiss in Bezug auf Hämoglobin, und 3) gelb-
fiil^rt)te, ähnlich einer LGsung von Pikrinsäure,
äuie die diarakteristische ohemische und physi-
^^he Beaktion. Auf verschiedene Weise hat
ituirersiicht, die artificiell, d. h. durch die Lumbal-
pvtDktion seihst herbeigefQhrte Beimischung von
Kot (bei Anstechen von grösseren Venen, Be-
^cgongen des Patienten u. s. w.) von der originär
(ttgninolenten Färbung zu trennen. Aber B. hält
Bich Beinen Erfahrungen alle Angaben für nicht
*<to genug. Am meisten könne man sich vor
ihthfimem schützen, wenn man die hämolytische
||^ der Cerebrospinalflössigkeit berücksichtige,
wnuditer fängt die Cerebrospinalflflssigkeit die
Blutkörperchen des Besitzers an aufzulösen
bd der Verdünnung von 12 Tropfen destil-
WftBsers auf 10 Tropfen Flüssigkeit. Im
einer meningealen Hämorrhagie, welcher
sie auch immer sei, steigert sich dieses
[
Vermögen erheblich, so dass viel geringere Ver-
dünnungen, 4 — 6 Tropfen destillirten Wassers,
nöthig sind. Aber auch der aus diesem Verhalten
gezogene Schluss muss durch das klinische Ver-
halten gestützt werden. Die 2. Gruppe, die der
sanguinolenten Färbung, bietet der Deutung keine
besonderen Schwierigkeiten, zumal da in diesen
Fällen immer auch ein hämorrhagisches Sediment
vorhanden war. In diesen Fällen hat man wohl
immer den Ursprung der Hämorrhagie in den
Arachnoidealraum zu verlegen. Dagegen hat die
Gelbfärbung in der französischen Literatur eine
ausgedehntere Erörterung erfahren. Es kann aber
wohl keinem Zweifel unterliegen, dass, wie B.
schon früher dargethan hat, die gelbe Farbe auf
ein Pigment zurückzuführen ist, das sich vom
Hämoglobin ableitet und das als Ueberbleibsel
hämorrhagischer Exsudationen anzusehen ist, die
der Einwirkung der Cerebrospinalflüssigkeit unter-
worfen waren. B. stellt im Ganzen 20 eigene
Beobachtungen von gefärbter Cerebrospinalflüssig-
keit zusammen; bei 18 lag der hämorrhagische
Ursprung klar: 9mal bestand eine cetebrale Blu-
tung, Imal Schädelbruch mit Bluterguss, 6 mal
akute Meningitis, und zwar 3mal mit blutigem
Aussehen, 3mal mit gelbem der Cerebrospinal-
flüssigkeit ; die 2 übrigen Fälle betrafen chronische
Spinalmeningitiden , von denen die eine trauma-
tischer, die andere syphilitischer Natur war.
Von den 9 Apoplexien war die Flüssigkeit 7mal
sanguinolent, 2mal nur gelb. Bemerkenswerth ist,
dass 8 von diesen 9 Kranken starben, und dass in
den sanguinolenten Fällen die Hämoglobinreaktion
noch 1 1 Tage nach dem Insult positiv ausfiel. In
keinem der vielen Fälle von Hemiplegie embo-
lischen Ursprungs fand sich die Cerebrospinal-
flüssigkeit gefärbt. Von den 6 akuten Meningitiden
waren 3 tuberkulös ; die Kranken starben. Die Flüs-
sigkeit war bei ihnen nicht sanguinolent, sondern
einfach bernsteinfarbig, bei negativer Guajakreak-
tion. Die 3 anderen waren eiterige Meningitiden ;
2 Kranke genasen. In einem der beiden letzteren
Fälle fand man bei der Punktion, 1 1 Tage nach
Beginn der Krankheit, zunächst eine sanguinolente
Flüssigkeit bei positiven Reaktionen. Bei der
zweiten Punktion, 8 Tage später, war die Flüssig-
keit bernsteinfarben; die Farbe nahm mit der Zeit
des Abfliessens ab ; die Reaktionen waren negativ.
Die dritte Punktion, 8 Tage später ausgeführt,
ergab eine ganz ungefärbte Cerebrospinalflüssigkeit
Die andere eiterige Meningitis war eine meta-
pneumonische und zeigte eine leicht gelbliche
Flüssigkeit mit negativen Reaktionen. Der 3. Fall
von Meningitis war eine hämorrhagische Lepto-
meningitis und betraf einen Alkoholisten, der ausser-
dem einen durch ein Gallenblasenleiden bedingten
Ikterus hatte. Die Cerebrospinalflüssigkeit war
sehr blutig und gerann nicht Das Sediment ent-
hielt Hämoglobin und Gallenfarbstoff.
S. Auerbach (Frankfurt a. M.),
254
IV. Neuropathologie und Psychiatrie.
326. üeber snboortikale Alesde mit Agr»-
phie und Apraxie; von Dr. Wilhelm Stro-
mayer. (Deutsche Ztschr. f. Nervenhkde. XXIV.
6 n. 6. p. 372. 1903.)
St. theilt ausfQhrlich die Krankengeschichte
eines Falles von subcortikaler Alexie mit, d. h. der
LesestOrung, die nicht in der Aufhebung des Wort-
verstftndnisses bei sensorischer Aphasie begründet
ist, sondern in einer Schädigung von Association-
Fasersystemen im linken Parieto-Ocoipitallappen.
Es fand sich bei der Sektion ein durch operative
Entfernung einer Cyste entstandener Substanz-
verlust im Bereiche des unteren Scheitelläppchens,
der bis 50 mm in die Tiefe des linken Hemisphären-
markes reichte. In der Hauptsache war das Mark-
lager desOyrussupramarginalis, sowie des übrigen
untersten Scheitelläppchens zerstört. St glaubt,
die Beobachtung berechtige ihn zu folgenden
Schlüssen: Da er rechtseitige Hemianopsie trotz
bestehender prägnanter Aiexie dauernd vermisste,
so kann in den von Hemianopsie begleiteten Fällen
von Aiexie erstere nicht Ursache, sondern nur
Complikation der letzteren gewesen sein. Das
Symptom der Aiexie kann auch zustande kommen
bei vollständiger Intaktheit von Rinde und Mark
des sogen. Lesecentrum imGyrus angularis. Auch
in diesem Punkte erweist sich die sohematische
Trennung von Centrum und Leitungsbahn in der
Auffassung der Aphasieen als hinfällig. Der Fall
spricht ebenso gegen die Berechtigung einer Schei-
dung der Aiexie nach der Betheiligung der Schrift
im Sinne von Dejerine, wie gegen die Ver-
werthung der gebräuchlichen anatomisch - lokal i-
satorischen Begriffe „cortikal" und „subcortikal^^
Am zweckmässigsten scheint die Bezeichnung „iso-
lirte Aiexie mit oder ohne Agraphie'^
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
326. Binige Bemerkongen über das Stot-
tern; von Dr. Otto Maas. (Deutsche Ztschr. f.
Nervenhkde. XXIV. 5 u. 6. p. 390. 1903.)
M. giebt zunächst einen kurzen Abriss der
Geschichte der Theorieen des Stotterns bis auf
Kussmaul undOutzmann, die das Stottern
als eine „spastische Coordinationsneurose" auf-
fassen. Outzmann ist der Ansicht, dass das
Hirn der Sitz der Krankheit sei, glaubt aber, dass
es müssiges Theoretisiren sei, den Sitz specieller
bestimmen zu wollen. M. machte seine Beobach-
tungen an Outzmann 's grossem Materiale. Wie
die meisten Autoren fand er, dass in der Asoendenz
immer der Vater stotterte und dass überhaupt das
männliche Oeschlecht weit häufiger ergriffen war ;
auf 38 männliche kamen 5 weibliche Stotterer.
In Bezug auf nervOse Belastung konnte M. nichts
Besonderes feststellen. 9mal unter 40 Fällen wurde
mit Sicherheit die Angabe gemacht, dass dem
Beginne des Stotterns akute Infektionkrankheiten
vorangegangen waren. Diese Thatsache scheint
M. beachtenswerth. Bs ist bekannt, dass sich an
akute Infektionen öfters encephalitische Prooesse
anschliessen. Wenn das Stottern nach einer In-
fektionkrankheit auftritt, wäre wohl daran zu deo-
ken, dass die unmittelbare Ursache ein entztiod-
lieber Process in dem für die Sprache in Betrübt
kommenden Nervengebiete wäre. Bei der objek-
tiven Untersuchung der Stotterer fiel M. eine Abnor-
mität besonders auf, nämlich Deviation der heraofl-
gestreckten Zunge; mit Sicherheit konnte er diB
in über 40<^/o seiner Fälle nachweisen. Die Be-
weglichkeit der Zunge war stets normal ; bei grober
Prüfung konnte ein Unterschied in der SensibiUtIt
und den trophischen Verhältnissen zwischen beiden
Seiten nicht gefunden werden. Die Untersuchung
einer grossen Zahl von nicht stotternden Kindern
ergab dieses Verhalten der Zunge bei einem vid
geringeren Procentsatze. Trotzdem würde M. es
doch nicht gewagt haben, mit seiner Behauptung
hervorzutreten, wenn er nicht bei Durchsicht der
älteren Literatur auf eine Arbeit von Robert
Froriep gestossen wäre, in der ebenfalls bei
Stotterern Zungendeviationen beschrieben und ab
Ursache des Stotterns angesehen werden. Fro-
riep nimmt zur Erklärung ein mechanisches Hiss-
verhältniss in den Muskeln der Zunge, eine über-
mässige Spannung des Oenioglossus einer Seite
an. M. versucht eine andere Erklärung: Dem-
tionen der Zunge werden sonst nur bei Lähmung
des N. hypoglossus einer Seite beobachtet Da
nun, wie oben gezeigt. Manches dafür spricht,
dass als Ursache des Stotterns encephalitische Pro-
cesse im Bereiche der Sprachbahn angenommen
werden dürfen, so würde es nach M. nahe liegen,
die Zungendeviation auf encephalitische Prooesse
im HypoglosBUSgebiete zurückzuführen, und zwar
denkt er an eine Affektion des centralen Neuron,
da er weder Veränderungen der elektrischen Er-
regbarkeit, noch trophische Störungen an der
Zungenmuskulatur nachweisen konnte. Auf andere
Abweichungen von der Norm, die er bei Stotttti^en
fand, wie Facialisdifferenz, Schiefstand der Uvula
u. s. w., legt M. kein besonderes Oewioht, da das
Alles auch bei ganzOesunden oft genug vorkommt
M. zeigt auch, dass die Thatsachen, die bisher all
Beweise für die funktionelle Natur des Leideni
angesehen wurden, der Kritik nicht durchaus Stand
halten. Er kommt zu dem Resultate, dass, wäh-
rend das Stottern bisher fast durchgängig als Ne»
rose aufgefasst wird, mit hoher Wahrscheinlichkei
in einer grösseren Zahl von Fällen, als bisher a»
genommen wurde, bestimmt lokalisirte argam$ek
Veränderungen im Centralnervensysteme demStol
tern zu Orunde liegen, und zwar centralw&rts voi
den Nervenkernen. . Deshalb schlägt er auch di
weniger präjudicirende Bezeichnung „SfMiBtieoll
CoordinationstOrung^^ vor an Stelle von NeortM
Man solle den Begriff „Stottern^' nur symptomi
tisch auffassen, ähnlich etwa wie den Begri
„Krämpfen S. Auerbach (Frankfurt a. M.). '
Y. Innere Medicin.
255
327. Les Btigmatea obstetrioaox de la
degeoeresoenoe ; d'aprds R6n6 et Henri Lar-
ger. (Arch. de Neurol. 2. S. XV. p. 442. Mai
1903.)
Die Brüder Larger haben viele Thatsaohen
gesammelt, um darzuthun, dass die Entartung Ab-
▼eicbuDgen in der Schwangerschaft und bei der
' Oeburt bewirkt: Unfruchtbarkeit, Schwangerschaft
am unrechten Orte, Neigung zu Mehrgeburten,
Placenta praevia, Krankheiten der EÜh&ute, falsche
Kindeslage u. s. f. Am auffallendsten sind die
Angaben über die Bedingungen derSteissgeburten,
Oesichtslagen. Die falsche Lage soll vielfach von
der Beschaffenheit des Vaters abh&ngen. Es wer-
den Beispiele gegeben :
I. Tröhgeborene epileptische Frau. Sie hat von
2 Minnero 6 aasgetragene Kinder (ausser mehreren Fehl-
gebarten). Die Kinder sind bald mit vorgefallenem Arme,
kld mit dem Fasse voran gekommen.
Einer der Sohne, auch epileptisch, selbst eine Steiss-
gebort, hatte von 3 Frauen Kinder und bei allen 3 Frauen
iimeo Steissgeboxten vor.
IL Eine gesunde Frau gebar nach 3 normalen Ent-
bioduogen wftbrend der Belagerung von Paris einen
Kuben : Gesichtslage mit Vorfall eines Armes. Als der
könunerliche Sohn geheirathet hatte, gebar seine Frau
ein £iod in Gesichtslage mit Vorfall eines Armes.
IIL Der erste Ehemann normal: normale Entbin-
duigen. Der zweite entartet : Oesichtslage.
IV. Ebenso. Nor beim zweiten Manne Steisslage.
DerKlbe Mann zeugte mit einer anderen Frau ein Kind,
ätt ebenfalls in Steisslage kam.
V. Der erste Mann entartet: 3 Entbindungen mit
falscher Lage und eklamptischen Anfällen. Der zweite
Kann normal : 3 normale Entbindungen. M ö b i u s.
328. Ueber manische Veratlmmang ; von
Dr. C. e. J u n g in Burghölzli. (Allg. Ztschr. f.
Psych. LXL 1 u. 2. p. 16. 1904.)
J. beschreibt als manische Verstimmung, was
Krftpelin constitutionelle Erregung genannt hat.
Eb hudelt sich um Entartete, wie es scheint, be-
mders oft um die Kinder von Trinkern, die von
^qgODd auf, manchmal besonders seit den Jahren
der Pubert&t, durch ihre Unstetheit auffallen : be«
weglich und heiter, ohne Ausdauer und Gewissen-
haftigkeit, zu Zorn und zu Excessen geneigt, von
Ort zu Ort ziehend, die Stellen wechselnd kommen
sie immer weiter herunter und gelangen schliess-
lich in die Irrenanstalten mit oder ohne alkoho-
lische Störungen. Mehrere lehrreiche Kranken-
geschichten werden mitgetheilt M 0 b i u s.
329. Zur Pathogenese der Krankheita-
eraoheinnngen bei wiederbelebten Erhfingten ;
von Dr. W. A 1 1 e r. (Mon.-Schr. f. Psych, u. Neurol.
XIV. 1. p. 17. 1903.)
A. hat bei 3 Geisteskranken (2 Melancholischen,
1 Paranoischen) die Wiederbelebung nach dem Auf-
hftngen beobachtet. Immer traten zuerst Zuckungen
der Glieder auf, an sie schlössen sich allgemeine
Krämpfe mit Opisthotonus, Harnlassen an, später
folgten anscheinend beabsichtigte Bewegungen,
Treten mit den Füssen, Rollen der Arme, sinnloses
Herumlaufen und Aehnliches. Das Erwachen er-
folgte ziemlich plötzlich. Immer bestand zunächst
Amnesie, doch kehrte später die Erinnerung an die
Vorbereitungen zum Selbstmorde zurück. Auf
Hysterie deutete nichts. A. nimmt an, dass es
sich bei diesen Zuständen um eine vorübergehende
Psychose, eine Vergiftung der Hirnrinde durch
Kohlensäure und Stoffwechselprodukte handle.
Möbius.
330. Zur Kenntnisa der amnestisohen Stö-
rungen nach Strangnlation-VersQohen; von Dr.
M. Sommer in Mannheim. (Mon.-Schr. f. Psych,
u. Neurol. XIV. 3. p. 221. 1903.)
S. theilt 2 Beobachtungen ausBinswanger'a
Anstalt mit: zwei gerettete Erhängte mit retro-
aktiver Amnesie. Er giebt zu, dass das Bild sehr
an hysterische Zustände erinnere, zieht aber vor,
leichte Veränderungen der Gehirnbestandtheile, die
durch physikalische Einwirkungen hervorgerufen
wären, anzunehmen. Möbius.
V. Innere Medicin.
331. Ueber die Wnrmkrankheit Ankylo-
ttomiaais und ihre Bekämpfung ; von W. Z i n n
lÄBerüiL (Ther. d. Gegen w. N. F. V. 12. 1903.)
Z. giebt eine anschauliche Schilderung der
ABkylostomiasis mit besonderer Berücksichtigung
Arar Verbreitung and Bedeutung in den rheinisch-
Vfiitphälischen Steinkohlenrevieren. Es ist fest-
Cntellt, daea die Krankheit in eine Grube stets
nr durch Arbeiter geschleppt wird, die Ankylo-
*toen in ihrem Darme (Dünndarme) beherbergen.
& entleeren ihren eierhaltigen Koth in die Grube,
^ttMT vermischt sich mit dem Grubenschlamme
^ bei genügender Feuchtigkeit (die Gruben wer-
te siir V^hfitung der Kohlenstaubexplosionen
Ittieeelt) und bei einer Temperatur von 22® und
SMhr entwickeln sich aus den Eiern Larven.
JKese werden nun mit dem Grubenschlamme
überall hin verschleppt und mitdemlarvenhaltigen
Brei kommen die Arbeiter, namentlich die Kohlen-
hauer, beständig in Berührung, er gelangt auf
die verschiedenste Weise in den Mund, wird ver-
schluckt und im Darme entwickeln sich nun aus
den Larven Würmer, deren Eier dann wieder mit
dem Stuhle entleert werden. Eäne Vermehrung der
Würmer im Darme findet nicht statt, jeder Wurm
stammt aus einer verschluckten Larve.
Im Ruhrkohlenreviere beträgt die Zahl der
Kranken nach den neuesten Feststellungen 17161
unter 188730 Bergleuten. Von der unterirdischen
Belegschaft sind 1.4 — 28.0% der Arbeiter mit
Ankylostomen behaftet. Lange nicht alle Leute,
die Würmer beherbergen, bieten Krankheiterschei-
nungen dar. Mancher fühlt sich mit zahlreichen
Insassen vollkommen wohl, während zuweilen be-
356
YL Innere Medicin.
reits bei verbältniBsmäBsig wenigen Würmern eine
beträchtliche Anämie besteht. Diese Fälle lassen
darauf schliessen, dass die Anämie nicht aliein
Folge der Blutabzapfung durch die Würmer ist,
sondern auch Folge einer von den Würmern aus-
gehenden Vergiftung.
Die Maassregeln zur Bekämpfung der Seuche
ergeben sich aus ihrer Entstehung ; als sicherstes
Mittel zur Abtreibung der Würmer hat sich das
frisch bereitete Extraotum filicis maris aethereum
erwiesen. Dippe.
332. üeber Ozyaris vermioolaris ; von
A. Heller in Kiel. (Deutsches Arch. f. klin.Med.
LXXn. 1 tt. 2. p. 21. 1903.)
Zenker, nicht Leuckart, gehört in erster
Linie das Verdienst, die ganze Entwiokelungs-
geschichte der Oxyuris vermicularis klar gestellt
zu haben. Der Hauptsitz dieses Schmarotzers ist
beim Menschen der Blinddarm, nicht der Mast-
darm, wie fälschlich von verschiedenen Autoren
angenommen wird. Wird ein reifes, einen Embryo
enthaltendes Oxyurenei in den Magen eines Men-
schen eingefQhrt, so schlüpft der Embryo aus und
wandert sofort in den Dünndarm. Hier machen
die Oxyuren ihre Entwickelung durch bis zur Ge-
schlechtreife. Sie häuten sich 2- oder 3mal. Nach
diesem Stadium haben sie die volle Qeschlecht-
reife erlangt und es findet nun die Begattung statt,
die im Coecum und Proc. vermiformis aller Wahr-
scheinlichkeit nach fortgesetzt wird. Hier tiifft
man immer die grOsste Menge an. Die Weibchen
beginnen dann in den Dickdarm zu wandern und
setzen theils auf die Kothballen, theils in den
SchleimQberzug des Darmes ihre Eier ab. Der
ganze Prooess von Einführung der reife Embryonen
enthaltenden Eier in den Mund des Menschen bis
zur vollen Geschlechtreife mit Eientwickelung in
den jungen Weibchen dauert etwa 5 Wochen.
Der Weg der Ansteckung ist ein sehr unappetit-
licher: beschmutzte Finger übertragen die Eier
nach dem Munde und Magen desselben oder anderer
Menschen. Es geschieht dieses wohl hauptsäch-
lich bei der Zubereitung der Nahrung. Denn unter
dem Mikroskop lassen sich im Schmutz unter den
Fingernägeln bei mit Ozyuren Behafteten regel-
mässig reife Eier feststellen.
Die Therapie wird 3 Punkte zu berücksichtigen
haben : 1) Ist die junge Brut aus dem Dünndarm
zu entfernen. Dieses geschieht am besten, indem
man durch Calomel erst den Darmschleim weg-
schafft, durch den die Thierchen vor der Ein-
wirkung der Wurmmittel geschützt sind. Danach
giebt man Santonin oder ein anderes Wurmmittel
und dann wieder ein AbfQhrmittel. 2) Ist der
Dickdarm von den erwachsenen Weibdien zu be-
freien. Indem man nach dem Abführen mit 1 bis
3 Liter einer 0.2 — 0.5proc. LOsung von Sapo
medicatus den Darm anfallt und dadurch völlig
entfaltet, werden Thiere und Eier rasch zerstört
3) Ist, um die Heilung dauernd zu machen, auch
bei den Hausgenossoi die Kur vorzunehmen, soDSt
sind sie der Ausgangspunkt neuer Ansteckung der
Anderen.
Belehrung über Naturgeschichte und Ueb8^
tragungsweise des Wurmes dürfte zweckmässig
sein. N e u m a n n (Leipzig).
333. Neuere Arbeiten über Physiologie and
Pathologie der Verdaaungsorgane« (Scbloss;
vgl. Jahrbb. CCLXXXL p. 195.)
Darm. Allgemeines, Physiologie, Diagnostik
148) Die Erkrankungen des Darms und des Peri-
tonaeum; von Prof. H. Nothnagel in Wien. 2. uih
gearb. Aufl. Wien 1903. Alfred Holder. Or. 8. X il
892 8. mit 20 Tafeln. (25 Mk.)
149) üeber die Bedeutung der normalen Darm-
bakterien für den Menschen: von Dr. J. Strasbarger.
(MüDobn. Died.WcbnBohr. L. 52. 1903.)
150) Examen clinique des selles; par le Dr. Lori-
Sirngue. (Gaz. des Uöp. LXXVI. 147. Dec. 19. 19(^)
151) Vertcerthtmg der Ehrlich' sehen Dimethylamidih
benxaMehydreaktion für eine quantitative Indolprobe t»
den FaeeeSj nebst Untersuchungen über die Ekteiss*
ßulniss im Darm; von Dr. R. Baumstark. (Arch.
f. Verd.-Krankh. IX. 3. p. 201. 1903.)
152) Zur Methodik des Älbumosennachweises in dm
Faeces; von Dr. Hans Ury. (Ebenda p. 219.)
15S) Bemerkutigen xumNaehtaeisundderBedeuimig
makroskopisch nicht erkennbarer Blutbeimengungen %um
Inhalt von Magen und Darm ; von Dr. 8 c h m i 1 i n s k y
in Hamburg. (Münchn. med. Wohnschr. L. 49. 1903.)
154) Üeber Infusorien im Magen und im Darm-
kanal des Mensehen und ihre klinische Bedeutung; voa
Dr. Paul Cohnheim in Rerlin. (Deutsche med. Wo-
chenschr. XXIX. 13. 14. 1903.)
155) Die methodische üeberwindung der Fkaatra
sigmoidea; von Dr. Franz Kuhn. (Wien. klin. Rand-
schau XVII. 23. 1903.)
Das Buch Nothnagels (148) ist in seiner
neuen Ausgabe gründlich durchgearbeitet und
wieder vollkommen auf der Höhe. Es enthllt
Alles, was der Arzt über den gesunden und Aber
den kranken Darm wissen muss, was ihm daxu
verhelfen kann, richtige Diagnosen su machen und
seine Kranken mit Nutzen zu behandeln.
Strasburger (149) führt auf, was die be*
kannten Dannbakterien Outes wirken. Sie fördern
die Verdauung, indem sie unter Anderem dieCella-
lose „aufschliessen'S sie verhindern im Verein mit
den Kohlehydraten das üebergreifen der nolnifli
vom Dickdarm auf den Dünndarm, sie regen dif
Peristaltik an. Dass sie im üebermaass Torhaiidei
auch schädlich sein können, zeigt sich namentliol
oft bei kleinen Kindern, die die genossene Kuh
milch nicht genügend verdauen und damit dei
Darmbakterien zu einer krankhaften Entwiokelmi
Anlass geben.
L6vi-Sirugue (150) erörtert kurz d«i dii
gnostischen Werth sorgfältiger Stuhhmter9uekmngmi
Baumstark (151) hat die Ehrlich'ach
Indohreaktion mit dem Dimethylamidobenialdehji
weiter ausgebildet und hftlt sie so durohaua fl
geeignet und nicht allzu schwierig, umeineleidlio
genaue quantitative Indolbestimmung zu erhaltei
Y. Innere Medicin«
257
DasB mit einer solchen Bestimmung Mancherlei zu
etreichen sei, glaubt er sicher. Er hat Fol-
gendes bisher ermittelt: „1) Dasa zur mOgliohst
genauen Bestimmung des Oesammtumfanges der
ßweissfäulniss im Darm stets Hamindioan, Aether-
schwefelsänren im Urin und die Indolmenge in
den Faeces gemessen werden müssen. 2) Dass in
mien TOD Obstipation, Achylie, Hyperchlorhydrie,
perniciOser Anämie und Chlorose eine mittelstarke
bis hochgradige Vermehrung, in F&llen von Diar-
rhöen (und einem Falle von Achylie) stark ver-
minderte Indolmengen in den Faeces gefunden
wurden. 3) Dass gewisse schwere Erankheits-
bilder bei minimalem Indolgekalt der Faeces enorm
gesteigerten Indolgebalt des Urins aufweisen kOnnen.
Solche auffallende Contraste sind bisher der Fest-
steilnng entgangen. Da eine verstärkte Resorption
bei dem schweren Krankheitszustande kaum zur
ErUftmng herangezogen werden kann, wird die
Annahme des Darniederliegens einer normaler
Weise vorhandenen Oxydationskraft für die resor-
birten Fäulnissprodukte wahrscheinlich gemacht
i) Dass die gleichzeitig mit Achylie und Hyper-
dilorhydrie häufig bestehenden anderweitigen Stö-
rungen des Yerdauungsaktes wohl im Stande sind,
dieEiweissfäulniss ungünstig zu beeinflussen, wenn
auch der Hagensalzsäure kein direkter, desinflci-
render Einfiuss über die Grenze des Magens hinaus
»erkannt werden kann.^'
Ury (152) macht eingehend auf die Schwierig-
keiten aufmerksam, die dem JJbumaaennaehtceise
im Eothe entgegenstehen und die bei den bisher
empfohlenen Methoden durchaus nicht genügend
berflcksichtigt sind. 1) Kommen Farbstoffe in den
Faeoes vor, die die Biuretreaktion verdecken und
deren Erkennung einfach unmüglioh machen. Dazu
gehören das Urobilin und der neben ihm vorhan-
dene noch unbekannte braune Farbstoff. 2) Kommen
Substanzen im Stuhle vor, die selbst die Biuret-
reaktion geben und auf deren Entfernung bisher
noch gar nicht geachtet ist Dazu gehören wieder
das Drobilin , femer Nudeoproteid und etwaige
Oueinresta
Schmilinsky (153) bespricht den oft werth-
vollen Nachweis kleinster BkUbeimengungen zum
Erbrochenen oder zum Stuhl und rühmt als zu-
verltaigste die Ouajakprobe nach Weber.
Ueber Infitaanen, die in der Speiseröhre und
i> Xagen vorkommend mit grosser Sicherheit auf
ohien zerfallenen Krebs schliessen lassen, sagt
Colinheim (154): „Lebende Infusorien in den
Kaeees sind ein Symptom für ein primäres, ohro-
lUflcfaes Magenleiden (Gastritis, meist atrophicans),
abgesehen davon, dass sie ein weiteres Zeichen
MhwerarlkKterooolitis sind.^ Encystirte Infusorien
kooimen auch bei (Gesunden vor. Eine pathogene
Bodentong haben die Infusorien nie; ihre Be-
Itepfung ist unnüthig.
Kuhn (156) emj^ehlt ein Darmrohr, das
fcndi Bafühnuig einea Stahlstabes jeder Zeit hart
Mel Jahibb. Bd. 281. Hft 3.
gemacht werden kann und mit dem er hoch hinauf
bis über die Flexura sigmoidea gelangen zu können
meint.
Kliniaehes, Behandlung,
156) Die spMtische ObstipcUion; von Dr. Gustav
Singer. (Wien. klin. Wchoschr. XVI. 14. 1903.)
157) Magensaflverhältnisse bei chronischer Ohsii-
pcUion; von Dr. E. Koch. (Petersb. med. Wohnschr.
XXVm. 48. 1903.)
158) Sur le role de Vuterus dane la canstipcUion;
par Marchais. (Oaz. des Höp. LXXVI. 151. Dec. 31.
1903.)
159) Fecai impactian of the ceeum; report ofacase;
by W. R. Burr. (Amer. Pract and News XXXVI. 137.
Oot. 1. 1903.)
160) The dietary treatment of eonstipation ; bv
flenryF. Hewes. (Boston med. a. sarg. Joarn. CXLIX.
12; Sept. 17. 1903.)
161) La fisostigmina neUa terapia deWatonia in-
testinale; de 0. C u r 1 0. (Rif. med. XIX. 37. Settembre 16»
1903.)
162) Ueber die Behandlung der funktionellen Stö-
rungen des StuhlgangeSf besonders der Obstipaiiony durch
hypnotische Suggestion; von Dr. H. Delius in Han-
nover. (Heilkde. VII. 11. 1903.)
163) Der Meieorismus gastro-intestinalis und seine
Behandlung; von Dr. Berthold Stein in Ntirnberg.
[Würzb. Abhandl. IV. 3.] Würzburg 1904. A. Stuber^B
Verl. (C. Kabitzsob). Gr. 8. 24 8. (75 Pf.)
164) Remarks on duodenal uleer, with notes of a
case; by Harold Ballantyne. (Edinb. med. Journ.
N. S. XIV. 6. p. 632. Deo. 1903.)
165) Contribution ä VHude des ulceratians du duo-
denum liies aux affections du rein (12 observations nou-
veUes de duodenite uleereuse brightique); par £. Devio
et J. Charvet (Revae de med. XXIIL 11. p. 881;
12. p. 1019. 1903.)
166) A case ofprinuuy adenocaroinoma of the deS'
cending portion of the duodenum; by M. E. BrilL
(Mt. 8inai Hosp. Rep. lU. p. 49. 1903^
167) lieber Mesogastralgie, xur Klarstellung des Be-
griffes mUeralgie; von Dr. Max Buch. (Aroh. f.Verd.-
Krankh. IX. 4. p. 395; 5. p. 489. 1903.)
168) Le pathoginie et le traitement de Ventero-eölite
muco-membra/neuse; par Albert Robin. (Bull. gen.
de Ther. CXLVI. 18; Nov. 15. 1903.)
169) Die akuten und chronischen umschriebenen
EnisUmdungen des Dickdarms, speeieü der Flexura
sigmoidea; von Dr. A. Bittorf. (Münohn. med. Wo-
chenschr. LI. 4. 1904.)
170) Zur Frage der Sigmoiditis acuta; von Prof.
0. Edlefsen in Hamburg. (Berl. klin. Wohnsohr. XL.
48. 1903.)
171) Ueber Darmtumoren in der Gegend der Regio
iliaca stnistra; von C. A. Ewald. (Ebenda 48. 49.)
172) Beobachtungen über Amöbenenteritis; von Dr.
AlfredGross. (Deutsches Arch. f. klin. Med. LXXVI.
4 Q. 5. p. 429. 1903.)
173) Ueber einen Fall vonBalantidien-Infektion des
Dickdarms und des Magens; von Dr. N. 8. Solo wj e w.
(Allg. med. Geotr.-Ztg. LXXII. 9. 1903.)
174) Zur Frage der Pathogenität des Balantidium
coli; von Dr. E. Ehrnrooth. (Ztschr. f. klin. Med.
XLIX. 1—4. p. 321. 1903.)
175) Zur Diagnose multipler Darmstenosen; von
Prof. Herrn. Sohlesinger. (Gentr.-Bl. f. innere Med.
XXIV. 2. 1903.)
176) Quelques observations de rHridssementintrin-
shgue de Vintestin; par Goaillioud. (Lyon med. C.
19;Mail0.p. 789. 1903.)
33
258
y. Innere Medicin.
177) Zur Diagnostik der Darmoeekmon; von Dr.
Schneiderlin. (Münchn. med. Wohnsohr. L. 14. 1903.)
178) Akuter Darmverschluss, hervorgerufen durch
Äacaris lumbricoides ; von Dr. M.Sohalhof. (MÜDchn.
med. Wchnschr. L. 24. 1903.)
179) lieber das sogenannte einfache Enterokystom
und seine Bedeutung cUs Ursache von Darmverschluss ;
von Prof. Ali Krogias. (Ztschr. f. klin. Med. XLIX.
1-4. p. 53. 1903.)
180) Eine nach Äusstossimg des Intussusceptums
spontan geheilte Invaginaiion des Ileums; von Dr. Her-
mann Schridde. (Münchn. med. Wohnsohr. L. 30.
1903.)
181) Ein Fall von chronischer DarminvagincUion
mit günstigem Ausgang in Heilung nach Spontan-
abstossung des nekrotischen Inticssusceptum ; von Dr.
W. H 0 1 1 m a n n. (Petersb. med. Wohnsohr. XXVIII. 15.
1903.)
182) Utilite du lavage de Vestomae dans les inter-
veniions contre Vocclusion intestinale aigue ; par M a 1 -
jean. (Aroh. de Med. et de Pharm, mil. XL. 12; Deo.
1902.)
183) Abstract of the Hunierian Lectures on some
points in the anatomy and pathologie of the vermiform
appendix; byW.MoAdam Eocles. (Lancet March 4.
1903.)
184) Quelques considerations medieales sur Tappen-
dicite ; par le Dr. 0. B o u 1 e n g i e r. (Presse med. beige
LV. 44. Nov. 1. 1903.)
185) Ist die Blinddannenlxündung heute häufiger
als früher ; von Dr. V i 1 1 a r e t in Posen. (Dentsohe med.
Wchnschr. XXX. 1. 1904.)
186) lieber akute Skolikoidüis und Perityphlitis im
Kindesalter; von Dr. Fritz Spieler. (Wien. klin.
Wchnschr. XVII. 1—3. 1904.)
187) Etüde clinique et therapeutique sur l'appendi-
cite tuberculeuse ; par le Dr. L o u i s B e n r n i e r. (Bull.
gen. de Ther. Deo. 30. 1903.)
188) Aetiologisehe Studien über die Epityphlitis ;
von Prof. D. V. H a n s e m a n n. (Mittheil. a. d. Orenzgeb.
d. Med. u. Chir. XII. 4. p. 514. 1903.)
189) üeber die Entstehung der Appendicitis auf der
Basis einer Infektion mit Darmparasiten; von Prof.
N. A. S 8 a w e 1 j e w. (Deutsche Med.-Ztg. 38. 1903.)
190) Appendicitis und Eingeweidewürmer; von Dr.
W. Oppe in Dresden. (Münchn. med. Wchnschr. L. 20.
1903.)
191) Intestinal parasites in appendicitis; by J. C.
Habbard. (Boston med. a. sarg. Journ. Deo. 3. 1903.)
192)Lombries etappendice; parRoy des Barres.
(Gaz. des Hop. LXXVI. 124. Oct. 27. 1903.)
193) Etüde clinique et therapeutique sur Vappen-
dicite qui se produü au cours de iacolitemuco-membra-
neuse; par Loais Benrnier. (Ball. gen. de Ther.
Oot 8. 1903.)
194) üeber Hypästhesie hei Appendicitis; von Dr.
Julius Peiser. (Münchn. med. Wchnschr. L. 41. 1903.)
195) Ein Frühsymptom der schweren Fälle von
Perityphlitis ; von Dr. LudwigMoskowicz. (Ebenda
LI. 4. 1904.)
196) Beiträge xur IVage der Leukoeytose bei Peri-
typhlitis; von H. Ooetjes. (Ebenda L. 17. 1903.)
197) üeber Perityphlitis^ mit besonderer Berück-
sichtigung des Verhaltens der Leukocyten; von Dr.
A. Federmann. (Mittheil. a. d. Orenzgeb. d. Med. a.
Chir. XII. 2 u. 3. p. 213. 1903.)
198) Perityphlitis und Leukoeytose; von Dr. R.
Oerngross. (Münchn. med. Wchnschr. L. 37. 1903.)
199) üeber den Werth der Blutkörperchenxählung
hei den akuten Entxündungen des Wurmfortsatxes ; von
L. Rehn. (Ebenda 50.)
200) De la leueocytose dans Tappendicite ; par Mau-
rice Cazin et Edmond Gros. (Semaine med.
XXIII. 18; Mai 6. 1903.)
201) Appendicitis bei Linkslagerung des Ooeeum;
von Dr. Nikolaus Damianos. (Wien. klin. Wchnscfar.
XVL 34. 1903.)
202) Skolikoidüis und Colica saiumina; von Dr.
Julius Donath. (Wien. klin. Rundschau XVIl. 43.
1903.)
203) Some unusual cases of appendicitis ; by Ro-
be r t F. W e i r. (New York med. Record May 23. 1903.)
204) The toadcity of appendicitis, wiih a report of
two cases of y^appendicular vomito negro^ ; by George
Beyerson Fowler. (Ibid. April 25.)
2öo) Deceplive signs of improvement foüowing upim
septic intoxieation in acute appendicitis, espeeiaüy in
young people; by Sir William H. Rennet (Lance!
Jan. 2. 1904.)
206) Some ca^es simulating acute appendicitis; bj
Arthur E. Barker. (Brit. med. Journ. Febr. 28.
1903.)
207) Perityphlitis, Peritonitis, Meteorismus; von
Dr. A. 0 p p e n h e i m in Berlin. (Berl. klin. Wchnschr.
XLI. 5. 1904.)
208) The treatment of appendicitis ; by JohnT.
Bird. (Physic. and Sarg. p. 454. Oct. 1903.)
209) The mortality of appendicitis ; by Frederic
F. Dennis. (New York med. News Jan. 9. 1904.)
210) L'appendicite est-elle une affeetion if ordre
mSdieal ? par le Dr. V. C o c q. (Presse med. beige LV.
48. Nov. 29. 1903.)
211) Wann soll bei Perityphlitis operiri werden^.
von Prof. Max Jaffe. (BerL klin. Wchnschr. XL 50.
1903.)
212) Zur Casuistik der im Anfalle operirten Appeur
dicitisfäüe ; von Dr. 8. R. v. Karas. (Wien. med.
Wchnschr. LIV. 3. 1904.)
213) üeber Perityphlitis ; von Dr. Schulz. (Deut-
sche med. Wchnschr. XXIX. 43. 1903.)
21^) Beiträge xur Beurtheilung desWurmforisatus,
sowie xur Verhütung und Behandlung der Blinddarm-
enlxündung; von Dr. W a 1 ther N i c. C 1 e m m in Darm-
stadt. (Centr.-Bl. f. Stoffw.- u. Verd.-Krankh. IV. 15.
1903.)
215) Piricolite cicatricielle postappendicuiaire; par
le Dr. E. T a V e 1. (Revue med. de la Suisse rom. XXIV. l ;
Janv. 20. 1904.)
216) Hämorrhoiden im Kindesalter, xugleieh ein
weiterer Beitrag xur pathologischen Anatomie dieses
Leidens; von Dr. Georg Reinbach. (Büttheil. a. d.
Grenzgeb. d. Med. n. Chir. XII. 2 u. 3. p. 272. 1903.)
217) üeber Bismutose als Darmadsiringens ; von
Dr. Paul Cohnheim. (Berl. klin. Wchnschr. XL 52.
1903.)
218) üeber eine neue Anwendungsform des Oela-
tose- Silbemitrats (Albargin - Höchst) xur Behandlung
der Dickdarmerkrankungen; von Dr. Waltfaer Nie.
Cle m m. (Arch. f. Verd.-Krankh. IX. 1. p. 38. 1903.)
219) Sur le kwage antiseptique de Vintestin; par Ic
Dr. A. Gauducheau. (Gaz. hebd. des Sc. mod. de
Bordeaux XXIV. 35. Aoüt 30. 1903.)
220) üeber Ichthoform als Darmmittel; von Dr,
Behr. (Mittheil. a. d. Harab. Staatskrankenanst IV. 2.
p. 111. 1904.)
221) üeber Rectalemährung ; von Dr. P. D e u c h e i
in Bern. (Ck)rr.-Bl. f. Schweizer Aerzte XXXIII. 2. 1903.
222) Ausnidxung von Pepton- und Pepion-Aüoahoi
Klysmen; von Dr. A. Bial. (Arch. f. Verd.-Krankh
IX. 5. p. 433. 1903.)
Ueber die Stuhlverstopfung ist nicht viel Neae
zu sagen. Singer (156) versucht die „spastioob
Obstipation^ als wohl abgerundetes, gut erkemi
bares Erankheitbild darzustellen, symptomatiaci
V. Innere Hedicin.
259
und idiopathiBcb, mit den bekannten subjektiven
Dod objektiven Erscheinungen. Therapeutisch
empfidüt er neben Einlaufen von recht warmem Oele,
besonders das Einführen von Bougies in den Hast-
darm. Koch (157) glaubt festgestellt su haben,
dass dieMagensalzsfture bei atonischer Verstopfung
vermindert, bei spastischer vermehrt sei. Wird
die Verstopfung besser, so nähern sich auch die
MageDvarh&Itnisse wieder mehr der Norm. Mar-
chais (158) erinnert daran, dass man bei jeder
Frau mit hartnackiger Verstopfung an eine Uterus-
verlagi^ruDg denken soll. U. s. w. Curlo(161)
empfiehlt geg^i alle Erscheinungen der Darm-
whwlche Phisostigmin, und zwar das Salicilat zu
2—3, hJSchstens 4—6 mg pro die. D e 1 i u s (162)
berichtet Aber gute Erfolge, die er mit der Sug-
gestion, besonders mit der hypnotischen Suggestion
bei verschiedenen Formen der Stuhlverhaltung ge-
habt hat
Stein (163) schildert ausführlich Entstehung,
Bedeutung und Behandlung flbermftssiger Oas-
anmmmkmg im Magen und Darm.
Devic und Charvet (165) machen auf den
ihrer Ansicht nach zuwenig beachteten Zusammen-
hang zwischen Nierenerkrankungen und Duodenal-
gttekwwren aufmerksam. Die Nierenerkrankung
ist das Erste, und zwar handelt es sich meist um
Torgeechrittene chronische interstitielle Nephritiden
mit urämischen Erscheinungen. Im Duodenum
macht eineSchleimhautblutung den Anfang: Zerfall
aa^gs oberflächlich, dann in die Tiefe gehend.
Die Verbindung zwischen Nephritis und Darm-
geachwfir bilden Gifte, Gefässerkrankungen und
Aehnliches. Die Qeschwflre im Duodenum werden
oft übersehen, da die Kranken sterben, ehe es zu
Blutungen, Durchbruch u. s. w. kommt.
Buch (167) sucht durch zahlreiche Eranken-
geachicbten nachzuweisen, dass es eine richtige
Neuralgie des mesogoBlrisehen Lsndemympaihieua
giebt, die sogar sehr h&ufig ist, aber meist mit
eebter Darmkolik verwechselt wird. Die Schmerzen
tonnen bis zu einem gewissen Orade beständig
vorhanden sein, sie können sich mit und ohne Ver-
anlassung zu heftigen Anfallen steigern. Daneben
^«stehen Bleichsucht, allerlei nervOse Beschwerden,
VerdanungstCrungen u. s. w. — Dass es etwas
Derartiges giebt, ist ja wohl sicher, wir tappen
aber hier noch recht sehr im Dunkeln.
Sobin (168) hält die Enteritis tnembranaoea
in der grossen Mehrzahl der F&Ue fQr die Folge
einer übermftssigen und durch die Speisen un-
genfigMid neutralisirten Magensaftabscheidung. Die
Behandlung muss ihr Hauptaugenmerk darauf
richten, dass der Mageninhalt nicht zu sauer in
den Darm kommt.
Bittorf (169) beschreibt 3 Fälle von akuter
Ei»txündung des Flexura sigmaidea. Diese Ent-
zftndnng macht ein ganz bestimmtes Erankheit-
bild: Kopfschmerzen, Mattigkeit, zuweilen Glieder-
schmerzen, Verstopfung, Fieber, Auftreibung des
unteren Leibes, walzenförmige Resistenz und um-
schriebene Druckempfindlichkeit in der linken
Fossa iliaca. Ursache : Eothstauung, und zwar wie
B. meint das Sitzenbleiben und Anwachsen alter
Massen in den Haustren. Es giebt auch eine chron.
„Sigmoiditis" mit dem walzenförmigen Tumor,
leichten Temperatursteigerungen, allgemeinen Stö-
rungen, unregelmässigem Stuhl. Behandlung: Vor-
sichtiges Ausräumen des Darmes, Diät, Prieaenitx-
Umschläge, vielleicht Massage u. s. w.
Edle fsen (170) bestätigt nach seinen Erfah-
rungen das Vorkommen einer akuten fieberhaften
Sigmoiditis.
Ewald (171) bespricht ausfflhrlich die vor-
übergehenden und dauernden Qeachwuteibüdungen
an der Flexura sigmoidea.
Die immer noch umstrittene AmÖber^enteritis
hat Gross (172) an Katzen studirt. Dass die
Amöben bei diesen Thieren ein schweres Darm-
leiden hervorrufen, darüber kann kaum noch ein
Zweifel sein. Das primär erkrankte ist die Drüsen-
schicht, die ganze übrige Darmwand ist aber mit
geschwollen. Die Einwanderung der Amöben in
die Darmfollikel lässt sich von der Schleimhaut
aus meist auf umschriebenen Nekrosestrassen ver-
folgen. Es kommt zu Nekrose und Vereiterung
der Follikel und so zu unterminirten Geschwüren.
Etwas anders benehmen sich nach den Unter-
suchungen von Solowjew (173) die Baiantidien
im Dickdarme. Sie dringen in den Zwischenräumen
zwischen den Drüsen in die Submucosa, vermehren
sich hier und bewirken Nekrose, die sich dann auf
die Drüsenschicht fortsetzt S. meint, die Baianti-
dien könnten auch im Magen und im Dünndarme
katarrhalische Erscheinungen hervorrufen. Ihre
Pathogenität hält auch Ehrnrooth (174) nach
einer eigenen Beobachtung für bewiesen. Ob neben
den schweren chronisch entzündlichen, katarrha-
lischen, nekrotischen, atrophischen Zuständen, die
sie im Darme hervorrufen, auch noch eine allge-
meine Vergiftung in Frage kommt, ist zweifelhaft.
Die Arbeiten über Darmverengerung und -Ver-
echlusa sind casuistischer Natur, so dass die Titel
in der Hauptsache genügen. Schle8inger(175)
meint, dass man bei genauer Beobachtung sehr
wohl mehrfache Darmstenosen erkennen könne, da-
durch, dass wiederholt zu gleicher Zeit an ver-
schiedenen, und zwar immer an denselben ver-
schiedenen Stellen Darmsteifung auftritt. Verdacht
auf Tuberkulose nach Anamnese und Vorkrank-
heiten unterstützt die Diagnose sehr wesentlich.
Goullioud(176) beschreibt Stenosen nach Bruch-
einklemmung und bei Tuberkulose. Schneider-
11 n (177) sah bei einer Geisteskranken Darm-
verschluss durch verschluckte Leinwandläppchen.
Die Erscheinungen waren zuerst die der Appendi-
citis ; hohes Fieber. Erfolgreiche Operation.
260
V. Innere Medidn.
üeber Blinddarm' und Wurmforisaixentxündung
liegt eine ganz stattliche Beihe von Arbeiten vor,
aus denen wir nur das Wichtigste kurz wieder-
geben kennen.
Hat die Blinddarmentzündung in den letzten
Jahren anH&ufigkeit zugenommen? Diese oft auf-
geworfene und bejate Frage beantwortet Vil-
lard (186) nach der zuverlfissigen Statistik des
deutschen Heeres mit einem bestimmten Nein!
Sie hat nicht zugenommen, sie wird jetzt nur
h&ufiger erkannt Die Annahme, das Leiden könnte
durch verschluckte Emaillestückchen von scbad-
haft gewordenem Kochgeschirr entstehen, weist V.
entschieden zurück.
Spieler(186) macht auf die grosse H&ufigkeit
der Wurmfortsatzentzündung bei Kindern aufmerk-
sam: „Die Skolikoiditis ist im Kindesalter noch
weit h&ufiger als bei Erwachsenen^^ Dabei über-
wiegen bei Kindern ganz auffallend die schweren
Formen und deshalb „ist bei Kindern noch ener-
gischer als beim Erwachsenen die chirurgische
Indikationsstellung dahin zu formulieren: Jede
Skolikoiditis unbedingt und sofort zu operiren,
sobald ihre klinische Diagnose feststeht'^ Als maass-
gebende umstände für einen besonders schweren
Verlauf führt Sp. an: hohe Virulenz der Infektion-
tr&ger, Kothsteine, besondere Lage und Beschaffen-
heit des Wurmfortsatzes, Cirkulationstörungen z. B.
durch Torsionen des Fortsatzes.
V. Hansemann (188) legt ebenfalls in seinen
Ätiologischen Studien grossen Werth auf Lage und
Bleschaffenheit des Wurmfortsatzes. Besonders be-
denklich wird eine ungenügende „Auslässlichkeit^^
des Wurmfortsatzes sein, und entzündungerregende
Massen, die durch Traumen, Massage, Anstrengun-
gen der Bauchpresse u. s. w. in solch einen Fort-
satz hineinschlüpfen und nicht wieder heraus
können, werden leicht (wenn auch nicht immer
sofort) Unheil anrichten. Von Bedeutung sind alle
irgend wie entstandenen chronischen Veränderun-
gen des Wurmfortsatzes, die wahrscheinlich oft
sonst ungefährlichen Bakterien, Kothsteinen u. s. w.
den Angriff erleichtern. Von Bedeutung sind ferner
Alter, Geschlecht, ererbte Familieneigenthümlich-
keiten und wohl noch manches Andere.
Dass Eingeweidewürmer Anlass zu einer Wurm-
fortsatz- und Blinddarmentzündung geben können,
ist wahrscheinlich möglich, mehr kann man zur
Zeit noch nicht gut sagen. Ssaweljew (189),
Oppe(190), Hubbard (191), Roy des Bar-
res (192) führen neue Beispiele dafür an.
Beurnier (198) sah in 2 Fällen Appendicitis
zu einer Colitis membranacea hinzutreten. Thera-
peutisch soll man in derartigen Fällen nicht ängst-
lich sein. Die Operation bietet keinerlei besondere
Gefahren.
P e i s e r (194) fand unter 1 1 Fällen von Appen-
dicitis in 9 deutliche Sensibilitätstörungen in der
rechten unteren Bauchgegend, und zwar in 6 Hyper-
ästhesie, in 2 Hypästhesie und in 1 erst Hyper-,
dann Hypästhesie. Er fordert zu ähnlichen ge-
naueren Untersuchungen auf.
Mpskowicz (195) glaubt in einem freien
serösen Erguss in der Bauchhöhle ein Frühsymptom
für schwere Fälle gefunden zu haben. Sollten sich
seine Erfahrungen bestätigen, so dürfte ein solcher
Erguss gegebenen Falles für zeitiges Operiren
sprechen.
Die Angaben von Curschmann, dass man
aus dem Eintritte einer beträchtlichen Leukocytoee
auf das Vorhandensein eines eiterigen Exsudates
schliessen könne, sind mehrfach nachgeprüft und
bestätigt worden. Goetjes (196) meint, eine
Leukocytose von 20 — 30000 deute mit aller Sicher*
heit auf eine Eiterung. Bleibt bei schweren kli-
nischen Erscheinungen die Zahl der Leukocytoi
gering, so ist das als ein besonders schlechtes
Zeichen aufzufassen. Diese Angaben sollen nur für
umschriebene Abscesse gelten, „bei einer diffusen
Peritonitis verliert die Leukocytenzählung ihre Ge-
nauigkeit, abgesehen davon, dass vorhandene hohe
Zahlen eine günstigere Prognose geben. Feder-
mann (197) beschäftigt sich in seiner gross an-
gelegten Arbeit gerade mit dieser diffusen Peri-
tonitis. Er bestätigt die günstige Bedeutung der
Leukocytose, sie läset mit Sicherheit darauf
schliessen, dass der Körper sich kräftig gegen die
Krankheit wehrt, und dass noch keine zu starke
Allgemein Vergiftung eingetreten ist. Das Schwinden
oder nicht Eintreten der Leukocytose zeigt diese
Allgemeinvergiftung an und ist ein durchaus un-
günstiges Zeichen. Die Leukocytose erlaubt die
Unterscheidung der Peritonitis von einem «Darm-
verschluss, bei dem sie zunächst wenigstens nicht
eintritt ; sie ist ganz besonders gross bei den m^st
gutartigen von den weiblichen Oeschlechtatfaälen
ausgehenden Bauchfellentzündungen, und sie er-
möglicht ein gewisses Urtheil darüber, ob eine ein-
getretene Peritonitis sich abkapselt oder fort-
schreitet In den ersten 48 Stunden ist in dieser
Beziehung nicht viel zu sagen, dann geht bei gut-
artiger Peritonitis mit rascher Abkapselung die
Leukocytose zurück. Bei rasch fortschreitender
ungünstig verlaufender Peritonitis geht sie in Folge
der Allgemeinvergiftung auch zurück, diese FlUe
unterscheiden sich aber von den gutartigen duieh
die anderen Erscheinungen zur genüge. Leuko-
cytose über 20000 und schwere klinische Erschei-
nungen nach dem 4. Tage lassen mit grosser Wahr-
scheinlichkeit auf ungenügende Abkapselung mit
Neigung zum Fortschreiten schliessen. Starke
Leukocytose Ende der 1. Woche und später: ab-
gekapselte Abscesse. Nach einer günstigen Ope-
ration fällt die Leukocytose ab ; einige Tage bleibt
sie zuweilen noch hoch, geht dann aber sicher zu-
rück, falls nicht irgendwo eine Eiterverhaltung ein-
tritt. — Gerngross (198) fand die Leukocyteo
stets vermehrt. In gutartigen Fällen gingen sie
bald zurück ; andauernde Leukocytose spridit flli
Eiterung und Operation; Ausbleiben der Leako-
y. Innere Hedicin.
261
cytosebei schweren Eracheinungen ist ein sohlechtes
Zeidien. Rehn (199) meint, man solle mit der
BlntkOrperchenzählung nicht unnOthig Zeit ver-
lieren, sondern in allen Fällen so früh wie möglich
operireo. — Die weiteren Arbeiten berichten über
diagnostiBche und klinische Bigenthümlichkeiten.
Dass die Erkennung einer Perityphlitis bei Links-
kgerung des Coecum besondere Schwierigkeiten
macht (201), ist leicht verständlich, ebenso dass
gelegentlich einmal eine Verwechselung mit Blei-
kolik vorkommen wird (202). Auch die Beiträge
zur Behandlung bringen nichts Neues. Der chir«
urgisohe Theil dieses Heftes der Jahrbücher ist in
dieser Beziehung ergiebiger. Dass sich immer
vieder aus der Praxis Stimmen gegen die übliche
Opiumbehandlung erheben und zu rechtzeitigem
mildem Abführen rathen, sei besonders betont.
Tavel (215) schildert auf Orund einiger Beobach-
toDgen die Zustände, die durch Narbenschrumpfun-
g«i, Verwachsungen und Aehnliches am Dickdarme
nach einer Perityphlitis auftreten können. —
Reinbaoh (216) berichtet über 3 Fälle von
Bämorrhoiden bei Kindern. Frühere und neue Unter-
Buchungen haben ihn zu der Ueb^rzeugung ge-
bracht, dass die echten Hämorrhoiden j^n^tome sind,
tu deren Entwickelung der Mensch die Anlage mit
auf die Welt bringt. Daneben kommen auch ein-
gehe Stauungen am After vor, die ähnliche Er-
8(^6inungen machen können.
Cohnheim (217) empfiehlt die Bismuthose
als Darmadstringens; Clemm (218) rühmt j^^r-
ginkiysüere, Gauducheau (219) DarmspiÜungen
mit starken Antis^iicis (Sublimat).
Behr (220) spricht sich sehr deutlich ^en
das verschiedentlich empfohlene Ichthoform aus.
Seiner Erfahrung nach nützt es gar nichts.
Deucher (221) bespricht den Nutzen der
AädlerTiäkrung überhaupt und bei gewissen Magen-
nnd Darmkrankbeiten im Besonderen. Wie man
es machen soll? „Die besten Nährklystiere bleiben
somit die einfachsten: Eier mit Kochsalz und
BameDtlich ZuckerlOsungen mit Opium.^' Bial
(222) bat an sich selbst den Nutzen des Alkohol-
sosatzee zu Pepton bei Nährklystieren festgestellt.
Von dem reinen Peptonklystier wurden 50^/o, bei
dem Pepton- Alkohol- Elystier 66.01^/o des Peptons
anfgesangt; rechnet man das hinzu, was der Alkohol
ta sich noch werth ist, so kann man sagen, dass
der Nutzen der Peptonklystiere durch Zusatz von
lOproa Alkohol um ungefähr 450—470 Calorien
gesteigert wird. Ein höherer Alkoholzusatz ist
aieht zu empfehlen. D i p p e.
334. Ueber Inflaenza, Appendioitis and
Ihre BesiehnngsQ einander; von Dr. Schultes
in Jena. (Deutsche med. Wchnschr. XXIX. 42.
1903.)
Seh. berichtet über 3 Fälle von Appendioitis,
£e im Verlaufe einer Influenzaepidemie auftraten.
Die Beziehung beider Krankheiten zu einander ist
schon mehrfach erörtert worden, so von Sonnen-
burg, dann von Adrian, der Inflnenzabacillen
im perityphlitischen Eiter nachwies. Leichten-
stern wiederum nimmt eine grippale Enteritis
an, die sich auf das unterste Ileum und das Coecum
beschränkt (grippale Typhlitis).
N e u m a n n (Leipzig).
335. Die Appendioitis; von Prof. Thoma
Jonesou in Bukarest (Revista de Chir. Nr. 6. 7.
p. 241. 1903.)
In der interessanten und lehrreichen Arbeit
legt J. seine mit Bezug auf diese Krankheit ge-
sammelten Erfahrungen nieder ; er gelangt zu fol-
genden Schlüssen: Die klinischen Formen der
Appendioitis sind derart verschieden von Fall zu
Fall, dass es schwer fällt ein Schema aufzustellen
und gewisse Krankheitgruppen zu scheiden. Ab-
gesehen von den larvirten Formen, die unter den
verschiedensten Symptomen in Erscheinung treten
können, könnte man folgende Gruppen unterschei-
den : ein foßhe Appendioitis oder appendikuläre Kolik,
adhäsive oder eiterige circumscripte appendikuläre
Peritonitis, aügemeine septische oder eiterige appen^
dikuläre Peritonitis und endlich appendikuläre
Septikätnie (Appendicitis hypertoxica). Eine seltene
Form ist die aktinomykotische Appendicitis.
Anfangs können alle Appendicitisformen, selbst
die leichtesten, eine peritonäale Reaktion (Perito-
nismus) hervorrufen, die nicht mit allgemeiner
Peritonitis verwechselt werden darf. Die Diagnose
der Appendicitis ist im Allgemeinen leicht, während
das Erkennen der Form, namentlich im späteren
Verlaufe der Krankheit, oft bedeutende Schwierig-
keiten verursachen kann. Das Hauptsymptom, das
schon von Anfang an das Unterscheiden einer
schweren, septischen Appendicitis von einer leich-
ten gestattet, ist das Missverhältniss xunsehen Puls-
frequenz und Temperatur. Plötzliche Verschlim-
merungen und Besserungen können im Laufe der
Krankheit auftreten, so dass die Prognose mit Vor-
sicht gestellt werden muss; nur langjährige Er-
fahrung und ein gewisses klinisches Gefühl kön-
nen in dieser Beziehung brauchbare Anhaltepunkte
geben. Auch darf nicht vergessen werden, da^
gewöhnlich keinerlei üebereinstimmung zwischen
klinischen Symptomen und Läsionen der Appendix
besteht
Die medicinische Behandlung der Appendicitis
darf nicht beiseite geschoben werden, vielmehr
soll jede Appendicitis von Anfang an medicinisch
behandelt werden : Ruhigstellung des Darmes, Ver-
abreichen vonExtr. opii, 5 — 10 cg pro die. Eis auf
den Bauch, absolute Diät, mitunter massive Ein-
spritzungen von künstlichem Serum, subcutan oder
intravenös, Magen Waschungen bei unstillbarem Er-
brechen. Der chirurgische Eingriff soll nur nach
Außören der peritonäalen Erscheinungen vorgenom-
men werden, wenn die Krankheit sich, mit oder
262
y. Innere Medicin.
ohne Abscess, lokalisirt hat. Das Aufsuchen des
Wurmfortsatzes soll nicht allzu weit getrieben
werden, und man kann sagen, dass die Besektion
nur dann vorzunehmen ist, wenn er sich gleichsam
von selbst zeigt. Etwaige Darmfisteln, die nach
der Operation zurQokbleiben , heilen fast immer
spontan. E. T o f f (Braila).
336. Die Aetiologie und Fathogenie der
Appendioitis ; von Dr. Dan. Cuziner. (Inaug.-
Diss. Bukarest 1903.)
C. legt die Ansicht Stoicescu's dar, der-
zufolge die Appendioitis die Folge einer Toxinfek*
tion ist, hervorgerufen durch ein zu stickstoffreiches
Kegim mit vorwaltender Fleischnahrung. Er bringt
als Beweis hierfür unter Anderem die Thatsache,
dass während in den Spitalern Bukarests je ein
Appendicitisfall auf 234 Kranke kommt, bei der
rum&nischen Landbevölkerung, die sich hauptsäch-
lich von Vegetabilien ernährt, etwa 1 Fall auf
22000 Kranke zu rechnen ist. E. Tof f (Braila).
337. Die appendikuläre Plenritie; von Dr.
JonPutzurianu. (Inaug.- Diss. Bukarest 1903.)
Im Laufe einer Appendioitis kann der infek-
tiöse Process vom Wurmfortsatze aus sich auf ent-
fernte Organe ausbreiten; so entsteht zuweilen
eine Pleuraentzündung, namentlich rechts. Es ist
hierfür nicht noth wendig, dass die Appendioitis
besonders schwerer Natur sei. Die Infektion der
Pleura geschieht hauptsächlich auf lymphaiisehem
Wege, wie dies P. experimentell nachweisen konnte.
Er fand bei Hunden, dass nach Infektion des
Coecum Hypertrophien und Vereiterungen der
mesenterialen Lymphdrüsen namentlich an der
rechten Seite auftreten, ausserdem entwickelt sich
Pleuritis mit vorwiegender Betheiligung der rechten
Pleura. Zahlreiche Congestionzonen sind nament-
lich über den unteren Lungenlappen verbreitet,
beide Pleurahöhlen enthalten trübe Flüssigkeit
und Anfänge von Pseudomembranen. Leber, Nie-
ren, Lungen und Hirn hingegen bieten keinerlei
Läsionen; dieCulturen aus dem Blute sind negativ,
während diejenigen aus den Lymphdrüsen und der
Pleurahöhle fast immer positiv ausfallen. Aehn-
liche Resultate erhält man auch durch die Infek-
tion des Mesocoecum. In seltenen Fällen ist auch
die Leber congestionirt und enthält zahlreiche
kleine Abscesse.
Wenn man aber die virulenten Culturen in
eine Vene des Coecum hineinbringt, so sind die
Folgen ganz andere.** Man findet, je nach der
Lebensdauer des Thieres (3 — 30 Tage), entweder
nur Infarkte und Congestionen in den Lungen, der
Leber , den Nieren , Hypertrophie der Milz und
keinerlei Vergrösserung der Lymphdrüsen, bei
Fehlen jeglicher pleuraler Erscheinungen, oder es
haben sich bereits Abscesse in allen diesen Organen
entwickelt. Entsprechend den Lungenabscessen
ßind auch die Pleuren congestionirt und enthalten
die Brusthöhlen blutige oder eiterige Flüssigkeit
Aus allen diesen Theilen, mit Ausnahme der Abdo-
minalganglien, fallen die Culturen positiv ans.
Aus diesen Experimenten schliesst P., dass die
appendikuläre Pleuritis das Resultat einer Infek-
tion auf lymphatischem Wege sei. Doch sind die
Vorgänge dabei nicht immer gleich: entweder
zeigen die Lymphwege keinerlei Veränderung und
der infektiöse Process erscheint nur in der Pleura:
appendikuläre Pleuritis ddistanee; oder die Lymph-
wege bieten selbst Erscheinungen von Infektion,
die sich schrittweise fortpflanzt und nach Bildong
von partieller oder allgemeiner Peritonitis, von Peri-
hepatitis, subdiaphragmatischen Abscessen u. 8. w.
auf die Pleura übergreift: appendikuläre Pleohtii
durch Oontiguiiäi. Endlich können perihepatische
oder subdiaphragmale Abscesse in die Brusthöhle
durchbrechen und eine PerforcUionpleunHs be-
wirken.
Die appendikuläre Pleuritis kann trocken oder
exsudativ (sero- fibrinös , eiterig oder blutig) sein.
Die Symptome sind die gleichen wie bei jeder
anderen Pleuritis ; Husten fehlt in vielen Fällen.
Man kann gangränöse oder putride Pleuresien fin-
den, auch kann es zur Bildung eines Pyopneumo-
thoraz kommen.
Die Prognose hängt von zahlreichen Faktoren
ab, doch kann sie als günstig bezeichnet werden,
falls andere Complikationen fehlen. Bezüglich der
Behandlung ist zu erwähnen, dass die trockenen
Pleuresien medicinisch zu behandeln sind, wäh-
rend bei den exsudativen Formen energisch, durck
Pleurotomie und Rippenresektion vorgegangen wer-
den soll, namentlich wenn es sich um eiteriges
Exsudat handelt. E. T o f f (BraiU).
338. Intestinal fermentationy aalt interesti
thesorgeon; by Robert T.Morris. (New York
med. Record LXIV. 26. p. 1011. Dec. 26. 1903.]
Es giebt viele Fälle von intestinaler Oihnuig;
die mit medicinischen Mitteln erfolglos behandeH
werden, weil die chirurgische Ursache des Loideiii
übersehen wurde. Sie sind anzusehen als ekm
funktionelle Neurose des Verdauungsapparatee
die durch Reiz der benachbarten sympathischem
Oanglien, des Meissner'schen und Auerbach'scbei
Plexus, hervorgerufen wird. Diese werden geras
durch die grossen sympathischen Ganglien de
Unterleibs, die wiederum durch peripherisch
Ursachen in Erregung versetzt werden. Die Folge
der funktionellen Neurose sind unvollkomaies
Verdauung, Einwanderung von Saprophyten, Aati
intoxikation und Stoff Wechselstörungen. Als per
pherische Ursachen sind anzusehen peritonitisol
Verwachsungen, namentlich in der Umgebung d
Gallenblase und des Processus vermiformis, beeo
ders wenn der letztere im Begriffe ist, seine nc
male Involution einzugehen. Diese InTolution t
steht in einer Umwandlung der Schleimhaut d
Appendix in Bindegewebe. Die Nervenendigung
TL GtebnrtBhülfe, Frauen- und Einderheillninde.
263
jm Processus verschwinden langsamer als die
fibrige Struktur und das Bindegewebe drückt auf
diese Endigungen und übt dadurch einen starken
Räi auf sie aus. Einige F&IIe sind auch auf
bewegliche Nieren und allgemeine Enteroptosis
zurficksuführen. Häufig ist auch üeberanstrengung
der Augen die Ursache. Schliesslich giebt es noch
eine grosse Oruppe von F&llen, in denen eine chro-
nische Obstipation von Kindheit auf angegeben
wird und die einzig auf Hypertrophie der im Mast-
dum vorhandenen Klappen beruht In allen Fällen
gilt es, die primäre Ursache eventuell auf chirur-
gischem Wege zu beseitigen. Die Patienten, die
fröber ihr Leiden unzweokmässiger Nahrung zu-
schrieben, finden dann häufig, dass sie alles ver-
dauen können, nachdem die Gkinglien des Unter-
leibes von ihrem Reizzustande befreit sind.
J. Mayer (Lübeck).
339. Ueber die Zerkleinerung mensch-
licher Faeoea; von P. Orützner. (Deutsche
med. Wchnschr. XXIX. 44. 1903.)
Da die bisher geübte Methode, die Faeces mit Wasser
zu zerkneten, nicht immer zum Ziele führte, nahm G r.
hierzu deDaturirtcn Spiritus. Wean maa eine normale
Kolben tleerung mit 4 — 800 com Weingeist übergiesst,
dann mit einem Eiweissschaamschläger mit weiten Spi-
ralen mischt, so wird man bald im Mischglas 3 charak-
teristische Schichten erkennen: oben der durchsichtige
bräunliche Spiritus, darunter ganz feiner graubräunlicher
Detritus und zu unterst die grosse Masse zerkleinerter
Faeces. N e u m a n n (Leipzig).
VI. Geburtshfllfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
340. Die Verwerthbarkeit der Lenkooyten-
bestimmong bei Brkrankongen dea weiblichen
GeDitalapparates ; von M. Dützmann. (Mon.-
Schr. f. Gebortsh. u. Gynäkol. XVIII. 1. p. 57. 1903.)
D. untersuchte in der Oreifswalder Frauen-
klinik das Blut von 223 Fat mit der Thoma-
Zeiss'schen Z&hlkammer auf die weissen Blut-
körperchen hin. Um alle Fehlerquellen mOgliohst
IQ beseitigen, wurden die Z&hlungen an mehreren
Tigen und am Vormittage vorgenommen, wenn
<üd Kranken keine Yerdauungsleukocytose hatten.
Der Ällgemeinzustand und bestehendes Fieber mit
der damit verbundenen Leukocytenvermehrung
vurden entsprechend berücksichtigt Als normal
betrachtet D. Werthe zwischen 5500 und 10000.
h den zweifelhaften Fällen mit 9000—11000
Lsakocyten fand die Jodreaktion Anwendung. Bei
vorhandenem Eiter tritt Dunkelgelb- bis Braun-
ftrhnng besonders der polynukleären Elemente ein.
Auf Orund seiner Ontersuchungen gelangt D.
n folgenden Ergebnissen: Die Bestimmung der
Leokocytenwerthe bei Exsudatbildungen ist ein
verthToUes diagnostisches HtUfsmittel bei eiteriger
Büschmelsung und unterstützt die Indikation zur
Iseision. Die Jodreaktion der weissen Blutkörper-
chen bei Vorhandensein von Eiter trftgt in zweifel-
Ittften Fällen zur Sicherung der Diagnose bei.
Bei gynäkologischen Adnexerkrankungen eiteriger
^ nicht eiteriger Natur ist die Zählung der
I^akocyten ein gutes difPerential - diagnostisches
Kttel and kann für den Operationplan, ob abdo-
sittd oder vaginal vorzugehen ist, von Bedeutung
Ho. Bei Myom, Garcinom und Tubengravidität
te es oft das mnzige Zeichen für eine irgendwo
in den Adnexen, in der Hämatooele oder Uterus-
kBhle) vorhandene Eiteransammlung. Tuberkulöser
Bter bewirkt keine, gonorrhoischer Eiter geringe
Termehrong der Leukocyten. Dieses Verhalten
■t sorQckzafflliTen auf grüss^re Toleranz und ge-
>iigere Resorptionifthigkeit des Peritonaeum für
iiese Bakterien und deren Toxine. Bei grossen,
hsoiiders stielgedrehten Ovarialtumoren mit peri-
tonitischer Reizung besteht starke Leukocytose
ohne Eiterherde; in diesen Fällen fällt die Jod-
reaktion negativ aus. Bei Sepsis bietet die Ver-
werthung der Zählung der weissen Blutkörperchen
ein werthvolles prognostisches Mittel, insofern an-
dauernde Hyperleukocytose als günstig, ein Sin-
ken der Leukocytenzahl als ungünstig anzusehen
ist Dieses eigenthümliche Verhalten kann vielleicht
den Zeitpunkt zum operativen Eingriffe bei Puer-
peralfieber bestimmen. Bei Eklampsie verhalten
sich die weissen Blutkörperchen wie bei Sepsis.
Bei Hyperleukocytose werden die ErampfanfäUe
seltener, bei normaler und subnormaler Zahl tritt
unter Häufung der Anfälle die Wendung ad pejus
ein. Diese Befunde unterstützen die Vermuthung,
dass die Eklampsie eine Infektion krankheit ist.
Kurt Eamann (Wie/i).
341. Beoherohes sur Petat du sang dans
loa kystea de l'ovaire ; par S. Pozzi et N. Ben-
der. (Ann. de Oyn6col. et d'0bst6tr. LX. p. 280.
Oct 1903.)
P. u. B. greifen das früher bereits von W.Eopp
(Inaug.-Diss. Würzburg 1894), aber mit anderen
Ergebnissen durchgeführte Studium des Blutes
bei Ovarialkystomen wieder auf. Zur Vermeidung
gröberer Fehlerquellen wurden die Blutkörperchen-
zählungen immer von derselben Person bei nüch-
ternem Zustande der Kranken vorgenommen. Die
Trockenpräparate wurden fixirt entweder mit Alko-
holäther und mit Hämatin-Eosin oder mit Osmium-
dämpfen, Jod-Quecksilberchlorür und wurden mit
Eosin-Methylenblau gefärbt Die Untersuchungen
an 23 Kystom patientinnen brachten P. u. B. zu der
Ueberzeugung, dass die Blutuntersuchung fast stets,
aber nicht zwingend zur Erkenntniss der Outartig-
keit oder Bösartigkeit der Ovarialkystome führt
und werthvolle prognostische Gesichtspunkte er-
öffnet Findet man 6 — 8000 Leukocyten bei nor-
maler Zahl rother Blutkörperchen, so liegt eine
gutartige Cyste vor. Eine massige Leukocytose bei
normaler oder fast normaler Zahl rother Elemente
264
YI. Geburtshülfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
ist noch kein Zeichen fQr Bösartigkeit, sondern
findet sich häufig bei sehr grossen und stets bei
vereiterten Cysten. Yerminderung der rothen
Blutkörperchen zusammen mit Leukocytose von
12 — 20000 berechtigt zur Annahme der Bösartig-
keit. Der Nachweis der Anämie ist aber wichtiger
als der der Leukocytose. KurtEamann (Wien).
342. Modifioatione du eang pendant l'aoooa-
ohement et lee saitea de oouohea normalea et
pathologiquea ; par P. Carte n. (Ann. de Qyn6-
col. et d'Obst^tr. LX. p. 161. Sept. 1903.)
Die Untersuchungen wurden in der Abtheilung
von Champetier de Ribes vorgenommen, und
zwar, zur Vermeidung von gröberen Fehlem, immer
zur gleichen Tagesstunde, so dass die Mahlzeiten
keinen Einfluss ausüben konnten. Zum BlutkOr-
perohenzählen wurde das Instrument von Hayem
benutzt; gefärbt wurde vorwiegend mit Eosin-
Orange und Toluidinblau.
C. fand ioährend des letzten Schwangerschaft''
moncUs eine Leukocytose von 8000 — 15000, Ver-
mehrung der polynukleären Elemente auf 70 — 80®/o
und der rothen Blutkörperchen auf 4 i/j — 5000000.
Die eosinophilen Zellen werden gegen die Geburt
hin spärlicher. Während der Geburt besteht eine
zunehmende sehr starke Vermehrung der poly-
nukleären Leukocyten, mehr noch bei den Primi-
paren als bei den Multiparen, eine Vermehrung
der rothen Blutkörperchen, eine beträchtliche Ab-
nahme der eosinophilen Elemente bis zum volli-
gen Verschwinden während der Austreibung. Im
Wochenbette sinkt die polynukleäre Leukocytose
binnen 1 — 3 Tagen. Die Zahl der rothen Blut-
körperchen sinkt während 2 — 3 Tagen, um sich
dann wieder zu erheben. Zwischen dem 3. und
6. Tage besteht eine leichte eosinophile Reaktion
von 3.5<^/o. Bei ZwiUingsgeburten ist die Leuko-
cytose noch ausgesprochener und die eosinophile
Reaktion im Wochenbette lebhafter, 6.2<»/o. Tod
und Maceration der Frucht bedingen ein Sinken
der polynukleären Leukocyten. Die Geburt solcher
Früchte führt zu gleichen Blutveränderungen wie
die Geburt normaler FOten. Im Wochenbette kann
jedoch die Eeosinophilie 9^/o erreichen. Die Puer-
peralinfekiion ist von einer die Schwere der Er-
krankung anzeigenden polynukleären Hyperleuko-
cytose begleitet. Die Heilung kündet sich an durch
die Abnahme der Leukocyten und polynukleären
Elemente und durch das Auftreten basophiler und
eosinophiler Elemente. Tägliche Zählungen haben
hier prognostischen Werth und kOnnen möglicher
Weise die Behandlung bestimmen.
Kurt Kamann (Wien).
343. Ein Beitrag aar Aetiologie and Patho-
genese der Dysmenorrhöe; von Y. Schultz.
(Mon.-Schr. f. Geburteh. u. Gynäkol. XVÜI. 6.
p. 854. 1903.)
S 0 h. unterzieht die in den letzten Jahren sehr
angewachsene Literatur über diesen hoch inter-
essanten Gegenstand einer gerechten Kritik uad
nimmt selbst folgenden Standpunkt ein. Die Dys-
menorrhoe der jungen Mädchen und jungen BoUi-
paren Frauen, deren Geschlechtstheile selbst bei
peinlichster Untersuchung als normal befanden
werden, braucht nicht immer nur ein Symptom,
eine Theilerscheinung einer allgemeinen Neuroae
zu sein, die keine direkte Beziehung zum Genitil-
zustande hat, sondern sie kann, da es sehr wohl
denkbar ist, dass die dysmenorrhoischen Beschwer-
den durch Struktureigenthümlichkeiten des Meeo-
metrium, durch eine mangelhafte Organisation des
infantilen Bindegewebes in den äusseren Wand-
schichten des Uterus zur Pubertätzeit und fiber
diese hinaus bedingt sind, in letzteren ihren Ur-
sprung haben. Beim dysmenorrhoischen Schmene
sind ursächlich zwei Schmerzarten streng aus ein-
ander zu halten, der prämenstruelle und der men-
struelle; ersterer dürfte sich dem Eapselspannnnga-
schmerze der anderen parenchymatösen Baadi-
organe gleich verhalten; letzterer ist der eig^t-
liche menstruelle Wehenschmerz in der Menge'-
schen Auffassung. Die dauernde Heilang des
dysmenorrhoischen Schmerzes nach der ersten Ge-
burt ist auf einen Beifungsprooess der Uteruswan-
dungen, insbesondere der Aussenschiohten, durch
die Schwangerschaft und die bessere Blutcirkola-
tion während derselben zurückzuführen, femer anf
coulissenartige Verschiebung der Gewebe in der
ErOffnungsperiode und die tiefen Einrisse in den
Uteruswandungen, die in der Gegend des inneren
Muttermundes unter der Geburt zu Stande kommen
und endlich auf die dauernden Strukturverände-
rungen des Mesometrium nach der Geburt Ein
grosser Theil der bis jetzt in der Beurtheilang
noch nicht ganz erklärbaren Begleiterscheinungen
der Dysmenorrhoe, die sogenannten Fernsymptome,
lassen sich möglicher Weise als Stauungssymptome
deuten wie die gleichen Symptome bei Cirkula-
tionstOrungen in den anderen parenchymatösen
Bauchorganen, ohne dass man leugnen kann, dass
diese Fernsymptome nicht gleichzeitig eben so gut
als Miterscheinungen einer nebenhergehenden all-
gemeinen Neurose aufgefasst werden dürften.
In therapeutischer Hinsicht ist eine strenge
Individualisirung erforderlich und nur bei streng-
sten Anzeigen eine Operation, die HysterolysiE
(eine Kapselspaltung von aussen nach innen), vor*
zunehmen, sonst ist mit allen Mitteln vorzugehei
und der GesammtkOrper anzugreifen, damit di^
TheilstOrung am Uterus ausgeglichen werden ksBO
Kurt Kamann (Wien)^
344. Ueber solit&re HSmatooelen ; von JB
Alterthum. (Ztschr. f. Geburtdi. u« Gynftko]
L. 1. p. 100. 1903.)
Während bei der diffusen Hämatooele der Blol
erguss durch Eingeweide abgekapselt wird, bs
die solitäre Hämatooele eine eigene vollstftädifl
Kapsel und lässt sich aus den Yerbindangen ■!:
VI. Qeburtshülfe, Frauen- und Einderheilkimde.
265
den Nachbarorganen wie eine Geschwulst auslösen.
Im Oegensatoe zur diffusen Hätnatocele werden
femer bei der solit&ren im Inneren nie Stränge
gefunden. Die Tube ragt entweder in den soli-
tibren Sack hinein oder das erweiterte abdominale
Ende geht in die Sackwand über. Manchmal ist
ein Stüok der Tube in die Sackwand eingebettet.
Ffir die Entstehung der Hftmatocelen allgemein
kommt wohl ausschliesslich die Extrauterinschwan-
gerschaft in Betracht, die sich freilich oft später
sehr schwer nachweisen lässt, und zwar meist der
tabare Abort Dass die Hämatocelen meist retro-
nterin liegen, erklärt sich ans dem Herabsinken
der schwangeren Tube in den Douglas'schen Etaum.
Warum einmal eine diffuse, einmal eine solitäre
Hämatocele entsteht, ist noch unbekannt Die
Eenntniss der solitären Form stammt erst aus jQn-
gerer Zeit. Es sind noch verhältnissmässig wenige
Fälle mitgetheilt Nach kurzem üeberblicke über
diese beschreibt A. ausführlich eine eigene Be-
obachtung nach Tubarabort Das aus dem abdo-
minalen Ende ausgetretene Blut gerann und es
bildete sich eine Fibrinkapsel. Von Verwachsun-
gen mit der Umgebung drangen Gefftsse ein und
organisirten die Hämatooelenkapeel. Das in der
Tnbe verbliebene abgestorbene Ei wurde zur Tuben-
mole. Die Ausschälung erfolgte durch Leibschnitt
Ooter Verlauf. Heilung.
Wegen der massenhaften Verwachsungen em-
pfiehlt A. grundsätzlich die abdominale Köliotomie
als einzig gangbaren Weg.
Kurt Eamann (Wien).
345. Un oaa d'hematometrie poat partum ;
par le Dr. 0. Fieux. (Ann. de Gyn6col. et
d'Obstötr. Nov. 1903.)
Hämatometra in Folge yon angeborenen Anomalien
ist keine allzu seltene Erscheinung, doch ist bis heute
keine genane Beobachtnng bekannt, in der die Krankheit
isf eine stenotische Narbe nach einer Geburt zurück-
sofohren gewesen wäre. Die von F. beobachtete Fat.
listte eine sehr schwere erste Oeburt durchgemacht; es
«nrdeo drei Zangenapplikationen gemacht und endlich
ein todtes Kind eztrahirt, nachdem die ersten 2 Male das
Instnunent mit ziemlicher Gewalt abgerutscht war. Die
fi^eln kehrten nicht wieder, hingegen stellten sich
jeden Monat heftige Bauch- und Kreuzschmerzen ein.
4 Monate nach der Oeburt wurde Folgendes gefunden:
Man fühlte einen rundlichen hypogastrischen Tumor, der
10 cm über die Symphyse emporragte. Vaginal war der
Mattermund nicht zu fühlen, sondern nur eine glatte
Ische, die von den Scheidenwänden durch eine cir-
kaliie Furche getrennt war. Auch im Speculum war
mehts Ton der Cervix zu entdecken, man sah eine be-
deutende roih-yiolette Geschwulst und nach links hinten
eine kleine rothbraune Stelle. Einige Tage hierauf ging
piöt^eh eine grosse Blutmenge ans den Genitalien ab.
Nach einigen Tagen hörte der Ausfluss auf, doch be-
ginnen wenige Wochen später die oben erwähnten Be-
•ehwerdrä tou Neuem. Während eines neuerUchen
Blotanaflufises wurde an der Stelle, durch die das Blut
dureiitn^fte, mit einem Bistouri leicht eingeschnitten
and dann die methodische Dilatation mit He gar 'sehen
Boog^ durch einige Zeit fortgesetzt Es wurde dann
«B Aluminmdrainrohr ä demeure eingelegt und 2 Monate
as Ort und Stcdle gelassen. Es stellte sich normale
Meurtniation ein. £. I off (Braus).
Med. Jakibb. Bd. 281. HfL 3.
346. üeber die aohnelle Xrweitenmg der
Oerrlx mit dem DUatatorium von fioaai; von
P. Rissmann in Osnabrück. (Centr.-Bl. f. Gynft-
kol. XXVI. 28. 1902.)
R hat bei 3maliger Anwendung des Instru-
mentes einen Cervixriss erlebt und macht ausser-
dem darauf aufmerksam, dass der Muttermund sich
durch das Dilatatorium nicht verdünnt, so dasa
man mit der Extraktion möglichst lange warten
soll ( Vt — ^ Stunde I). G 1 a e s e r (Danzig).
347. Zur achnellen vollatändigen Erweite-
rung des Muttermundes mittele des Diiata«
toriuma von Boasi, namentlloh beiJSklampaie;
von 0. Leopold. (Centr.-Bi. f. Oynftkol. XXVI.
19. 1902.)
Zu den 12 imArch. f. Oynftkol. LX VI. 1. 1902
mitgetheilten Fällen kommen 6 weitere Geburten
mit Eklampsie, bei denen sich das Instrument be-
währte. G 1 a e s e r (Danzig).
348. The relationoftheatatoalymphatiotti
to auddendeatb, death nnderanaeatheeia» and
infeotion; by Prof. George Blumer, Albany
(New York). (Bull, of the Johns Hopkins Hosp.
XIV. 151. p. 270. 1903.)
Nach seinen klinischen und anatomischen Br-
fahrungen betrachtet Bl. den Status lymphaticus
als einen bestimmt charakterisirten pathologischen
Process, der wahrscheinlich verbunden, bez. ab-
hängig ist von einer intermittirenden „Lymphotoz-
ämie^^ Der plötzliche Tod kann bei dieser Er-
krankung als die Folge lediglich der Lymphotozämie
oder aber der Wirkung toxischer, physikalischer
und psychischer Alterationen auftreten. In einigen
Fällen ist der plötzliche Tod unzweifelhaft auf
mechanische Ursachen zurückzuführen und bedingt
durch Asphyxie in Folge von Druck der vergrOsserten
Thymus auf die Trachea. N o e s s k e (Kiel).
349. Stridor thymicui infantom« Eine kli-
nisch radiologische Studie; von C. Hochsinger.
(Wien. med. Wchnschr. LIU. 45. 47. 1903.)
H. bespricht zunächst die klinischen Erschei-
nungen, sowie die Diagnose des sogenannten an-
geborenen Larynxstridor auf Grund eigener Er-
fahrungen und literarischer Angaben. (Die Arbeiten
von Benecke und J. Lange sind übersehen.)
Sodann berichtet er über radiologische Unter-
suchungen der Brusteingeweide bei 58 1 — 2jähr.
Kindern. Von diesen hatten 26 eine perkutorisch
nachweisbare VergrOsserung der Thymusdrüse, die
auch durch die Böntgen-Üntersuchung festgestellt
werden konnte. 20 der Kinder mit vergrOsserter
Thymus litten an Larynxstridor. In 3 Fällen war
die Thymushypertibphie klinisch nicht sicher nach-
zuweisen, wohl aber radiographisch. Von den
29 Kindern, bei denen die klinische Untersuchung
keine VergrOsserung der Drüse erkennen Hess,
hatten 7 im Röntgen - Bilde einen verbreiterten
Thymusschatten. 37 der untersuchten Kinder
34
266
Vn. Ohlrurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
waren rhachitisoh. unter ihnen hatten 26 eine
vergrösserte Thymus. Es scheinen demnach Be-
ziehungen zwischen der Tbymusbjperplasie und
derRbachitis zu bestehen. Bei einem Kinde schien
die VergrOsserung der Thymus luetischer Natur
zu sein.
H. folgert aus seinen Untersuchungen, dass der
sogenannte angeborene Larynxstridor auf einer
Gompressionstenose der Luftröhre beruht, die durch
die hypertrophische Thymusdrüse verursacht wird.
Er schlägt daher für den Zustand die Bezeichnung
Stridor thy micus vor. Brückner (Dresden).
350. Ueber paroxysmale H&moglobinurie ;
von Dr. Ernst Burckhardt. (Jahrb. f. Einder-
hkde. 3. F. VH. 5. p. 621. 1903.)
B. stellte bei einem hereditär luetischen 6jähr.
Knaben mit paroxysmaler Hämoglobinurie Folgen-
des fest: Ausserhalb der Anfälle war im Blute kein
Hämoglobin Yorhanden, jedoch ging der Hämo-
globinurie Hämoglobinämie voraus. Eine sich ein-
stellende symmetrische oberflächliche Gangrän der
Ohren sprach mit Sicherheit für das Vorhandensein
vasomotorischer Störungen im Verlaufe der Er-
krankung. Die Anfälle wurden nicht durch Muskel-
bewegungen, wohl aber durch Kälte ausgelost.
Kälte allein rief Hämoglobinämie mit nachfolgen-
dem Anfall hervor, Stauung (durch Abschnüren)
nur Hämoglobinämie ohne nachfolgenden Anfall.
Ob bei dem Zustande die Resistenz der rothen Blut-
körperchen eine verminderte ist oder das Plasma
stark hämolytisch wirkt, ist noch nicht mit Sicher-
heit zu entscheiden. B. kommt zu folgender Defini-
tion: „Die Kälte (in anderen Formen abnorme
Muskelthätigkeit) ruft auf Qrund einer abnormen
Erregbarkeit des vasomotorischen Systems beidaiu
disponirten Individuen (Lues, Malaria) solche Ve^
änderungen im Blute hervor, dass es anfaUswdse
zur Auflösung des Hämoglobins aus den rothen
Blutkörperchen und zur Eliminirung dessdbeB
durch die Nieren kommt '^ Brückner (Dresden).
351. Bor nne forme d'anemie infiintUe (vn
coB de Morose du jeune äge); par J. Hall6 et
J. Jelly. (Arch. de M6d. des Enf. p. 664. Not.
1903.)
H. nnd J. hatten Gelegenheit einELind zubeobachtan,
bei dem die BlutaDtersnchang das charakteristiscfae Bild
der Chlorose ergab. Ein entspreohender Anämietypos
wurde bis heute bei EiDdern im 1. Lebensalter noch nicht
beschrieben. Es handelte sich um einen 2ysj&hr. Piat,
der fast seit seiner Gebart an Diarrhöe gelitten hatte,
üebergehen yon der bis dahin benutzten Milchdiät in
yegetabile Kost, besserte den Zustand erheblich, doch
hatte es gar keinen Einfluss auf die auf fallende, grünliche
Blässe des Kindes. Die yorgenommene Blutuntersuchiuig
zeigte eine fast normale Anzahl der rothen Blutkörperchen
(4690000) aber eine erhebliche Verminderung dee H&mo-
globingehaltes, indem dieser auf dem Hämochromometer
yon Malassez nur 5.5% betrug, während die normale
Zahl 14% ist. Es wurden des Weiteren gefunden:
Leukooyten 1^00, darunter Lymphocyten 69*/«, grosse
Mononuoleare 22^/9, eosinophile Zellen 5*/o. Interessant
war der bedeutende Einfluss, den in weiterer Folge die
eingeleitete Eäsentherapie, sowohl auf die Hautfarbe and
den allgemeinen Habitus, als auch auf den Blutbefand
ausübte. Nach einigen Monaten betrug die Zahl der
rothen Blutkörperchen 4950000, diejenige des Himo-
flobins 9<>/o, die Zahl der Leukocyten 6200, daranter
lymphocyten 51%, Mononudeare 6.5%, Polynacleare
38%, eosinophile Zellen 4.5%. Sowie das Eisen aas-
gesetzt wurde, kehrte der frühere Zustand zurück. Eod-
heb, nach Ijährigem Fortsetzen dieser Therapie, wnrden
normale Verhältnisse erzielt Der Hämoglobingehalt war
auf 1 2.5% gestiegen, die Zahl der Leukocyten betrug 6000.
S.Toff(Braaa).
VII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
352. Beiträge mr Magenohlmrsle ; von Dr.
B. S t i 0 h. (Beitr. z. klin. Chir. XL. 2. p. 342. 1903.)
Die ausführliche Arbeit, aus der wir nur einige
Hauptdaten wiedergeben können, gründet sich auf
das Material der Oarrd 'sehen Klinik in Rostock
und Königsberg. Yon 1894 bis Ende 1902 wur-
den 172 Magenoperationen yorgenommen : 109
wegen Carcinom, 63 wegen gutartiger MagenafPek-
tionen. Die Eingriffe waren folgende: 27Pylorus-
resektionen (7 Kr. starben) ; 91 Oastroenterostomien
(24 Kr. starben); 7 Pyloroplastiken ; 3 Gastro-
plastiken; 3 Magen wandresektionen ; 6 Gastro-
lysen; 15 Probelaparotomien; 16 Jejunostomien
(4 Kr. starben); 4 Divulsionen nach Loretta.
Yon den Carcinomoperationen endeten 28, von
den Operationen wegen gutartiger Erkrankungen
6 tödtlich. •
Bei Magencarcinom wurde die Beaektion vor-
genommen: 1) wenn die räumliche Ausdehnung
des Carcinoma die Ausführung nicht allzu sehr er-
schwerte; 2) wenn nicht unlösbare Yerwachsungen
mit den benachbarten Organen vorhanden waren ;
3) wenn weder in der Leber, noch in anderen
femer liegenden Organen Metastasen nachgewiesen
wurden. Metastasen der nfichsten Umgebung des
Magens boten keine Gontraindikation, da sie mit
ezstirpirt werden können.
Bei ehroniechem Moffengeeehwür operirt Qarrft
unbedingt: 1) wenn Yerdacht auf Carcinom be-
steht; 2) bei vorhandener oder drohende Per-
foration ; 3) bei akuten Blutungen, sobald es nicht
bei einer 1 maligen stärkeren Blutung bleibt; 4) bei
immer wiederkehrenden kleineren Blutungen, wemi
fiöchstena 3 richtig durchgeführte ülcuskuren na
keinem Ziele führen ; denn jedes längere Wartea
bringt für die eventuell doch nOthige Operation
schlechtere Bedingungen; 5) bei sehr staricer
Pylorus- Yerengerung in Folge schrumpfender
Narben mit ihren Folgezuständen ; 6) bei sohwerea
Gastralgien durch Yerwachsungen oder ein friaoben
Ulcus, nach Scheitern mehrwöchiger interner Be-
handlung; 7) bei schweren atonischen Zuständen
des Magens, besonders wenn gleichseitig erheb-
liche Dilatation besteht P. Wagner (Leipsig).
YIL Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
267
353. SBor Harkoie beim üeui; von Prof.
£aaach. (BerL klin. Wohnschr. XL. 33. 1903.)
Die Narkose beim Heus venirsadit viele
Schwierigkeiten: die lokale Anfiethesie ist nicht
lUBreichend, weil die unvermeidlichen Zerrungen
in der Wunel des Mesenterium heftige Sohmersen
yerursachen, während die Inhalationnarkose durch
das Erbrechen gestört wird. E. hat nun eine
Narkosenmagensonde construirt, die das Erbrechen
während der Narkose verhindert und sogar die Bnt-
leoung des überffiUten Darmes oralw&rts durch
Ausdrficken erm^lioht Der Apparat besteht aus
einer Magensonde, die dicht oberhalb des an der
Spitze befindlichen Fensters von einem Gummi-
bällon umgeben ist Dieser steht durch einen
dünnen Schlauch mit einem zweiten aussen befind-
lichen Oummiballon in Verbindung, durch den er
mit Luft aufgeblasen wird. Der so aufgeblasene
Ballon fuhrt zu einem vollständigen Verschlusse
der Kardia: der Ballon liegt nämlich im Magen
Beibat Der Versuch, ihn im Oesophagus aufzu-
bksen, misslaug, der Apparat hat sich dem Er-
finder bisher gut bewährt.
Sobotta (Heilanstalt Sorge).
354. Zur Caanlstik der Thrombose und
Bmbolie der Hesenterlalgefiase ; von Dr. C.
Falken bürg. (Arch. f. klin. Chir. LXX. 4.
p. 992. 1903.)
Aus dem vielgestaltigen Bilde des Darm-
venchlusses hebt sich eine Symptomengruppe be-
sonders hervor, das ist die durch CirkulationstOrun-
gen in den grossen Bauchgef&ssen entstandene:
inlhebung der Girkulation in dem Stamme oder
in grosseren Aesten der Art oder V. mesenterica sup.
TQft hämorrhagischen Infarkt der Darmwand mit
liegender Darmgangrän und Peritonitis hervor. Die
b^BÜene Darmstrecke verfällt alsbald der Lähmung
md so entsteht das Büd des Darmverschlusses, ob-
vohl ein direktes mechanisches Hindemiss fQr die
Fortbewegung des Inhaltes nicht vorhanden ist
F. theilt aus der Körte 'sehen Chirurg. Ab-
theflong 4 hierhergehOrige Beobachtuugen mit:
Thrombose der V. mesent nach Appendicitis und
Bsdi Pfortaderthrombose bei Lebwlues; 2 Fälle
Toa Embolie der Art mesent bei Herzerkrankungen.
Das UmtMfe« Büd^ unter dem die meisten Fälle
voD Meeenterialgefässverstopfungen verlaufeu, ist
üut immer das einer mehr oder weniger akut ein-
aotsenden Darmooclusion, an die sich sehr schnell
die Symptome einer Bauchfellentzündung an-
icidiesaen. Im Einzelfalle kommen für die Dia^
gaose in Betracht: Darm verschluss durch Ein-
Uemmung, Perforationperitonitis oder Invagination
des Darmes in Fällen, in denen sich blutige Ent-
leerangen finden. Welche dieser Möglichkeiten
sntrijft, wird nidit immer mit Sicherheit zu ent-
scheiden sein.
Die Erfolge der (j/jß&riMnm n$rapie sind im All-
gemeinen durchaus ungfinstig. Unter den 4 von
F. mitgetheilten, letal endenden Fällen lag keiner
so, dass an eine Operation gedacht werden konnte.
P. Wagner (Leipzig).
355. Primire akute Typhlitis (sterooralis) ;
von Dr. P. S i c k. (Deutsche Ztschr. f. Chir. LXX.
5 u. 6. p. 591. 1903.)
Dem kürzlich von Jordan veröffentlichten
Falle von primärer Typhlitis stellt S. eine 2. Be-
obachtung an die Seite, die er bei der Operation
einer Blinddarmentzfindung gemacht hat Es scheint
danach doch, dass eine reme <ikute (nicht speci-
fische) TyphUiis ohne Mitbetheiligung, bez. primäre
Entzündung des Wurmfortsatzes nicht ein so einzig-
artiges Vorkommniss ist, wie die Erfahrungen der
letzten Jahre es nahelegten.
Bei der Operation einer 58jähr. Fran, bei der die
klinische Diagnose anf perityphlitischen Abscess gestellt
worden war, ergab die Operation einen voUkommen nar-
nuUen Wurmfortsatt; dagegen eine Kothstauong in dem
abnorm beweglichen Coeoam. An der vorderen unteren
Cökalwand ein erbsengrosses Ulcus, wo sich das Feh-
tonaeum viscerale blasif vorwölbte : üebernähnng dieser
Stelle durch einsttUpende Seide-Serosanaht EeUung,
P. Wagner (Leipzig).
356. The Oavendish leotore on some phases
of inflammation of the appendix ; by Sir F r e d e -
rickTreves. (Brit med. Journ. June 28. p. 1589.
1902.)
T r. berührt einige besonders interessante Capitel
aus der Pathologie der Appendicitis, so besonders
die symptomlos verlaufende Appendicitis, d. h. die
Vorgänge, die sich in der Appendix abspielen, bevor
das Peritonaeum in Mitleidenschaft gezogen wird,
bevor es zu den gewöhnlichen Anfallerscheinungen
kommt An der Appendix selbst werden in solchen
Fällen Verdickungen ihrer Wandung, Entzündung
und ülcerationen ihrer Mucosa, Stenosirung ihres
Lumens und selbst Eothsteine vorgefunden, wäh-
rend die Pat ahnungslos sind, keinerlei Erankheit-
erscheinungen darbieten, bis mit der Betheiligung
des Peritonaeum der akute Anfall einsetzt, oder in
anderen Fällen die Pat höchstens eine gewisse
Empfindlichkeit der Gökalgegend gelegentliche
Stiche in der rechten Iliakalgegend, rasch vorüber-
gehende Uebelkeit ohne Temperaturanstieg oder
sonstige Symptome aufweisen. Zufälle, die sich
in 1 — 2 Stunden abspielen und häufig wiederholen
können und mit dem unpassenden Namen der
„Appendikular-Eolik" belegt sind ; in einer dritten
Beihe von Fällen handelt es sich um Pat, die
Monate hindurch leichte Beschwerden haben, Ver-
dauungstOrungen, leichte Eoliken, Durchfälle mit
Obstipation abwechselnd, gelegentliche Schmerzen
u. s. w. Eine besondere Eintheilung der einzelnen
Formen der Erkrankung vom pathologischen Stand-
punkte aus, hält T r. für ungerechtfertigt, da die
Appendix als Darmabsdmitt alle die pathologischen
Vorgänge aufweist, die wir am Darme kennen, also
die verschiedenen Grade des Eatarrhs der Schleim-
haut, die Oeschwürbildung und Perforation mit
268
Vn. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
ihren Folgen. Besondere Eigenthümlichkeiten im
Verlaufe sind nur gegeben durch die. blinde Endi-
gung der Appendix, Neigung zur Conkrement-
bildung und zu CirkulationstOrungen. Als be-
günstigende Momente für die Erkrankung nennt
Tr. das Leben in tropischen und subtropischen
Ländern, dessen Art für Europäer Neigung zu Darm-
stOrungen mit sich bringt; sodann Stauung des
Darminhaltes und üeberf üUung des Coecum, Darm-
stOrungen, wie sie bei Menschen häufig vorkommen,
die auf ihre Verdauung nicht achten; un regel-
mässige Lebensweise, hastiges Essen, mangelhafte
Zerkleinerung der Speisen bei Zahndefekt u. s. w.
spielen dabei nach Ansicht T r.'s eine grosse Rolle,
unter den Symptomen bespricht T r. nur eingehen-
der den Druckschmerz am Mac Burney'schen
Punkte, dem er einen besonderen klinischen Werth
nicht beilegt, der jedenfalls weder den Ausgangs-
punkt der Erkrankung, noch den Hauptsitz, noch
die Lage der Appendix anzeigt Anatomische
Untersuchungen haben ergeben, dass mehr oder
weniger genau unter dem Mac Burney'schen Punkte
die Ileocökal klappe gelegen ist, nicht aber, wie
man bisher vielfach angenommen hat, die Appen-
dix oder ihr Ansatz am Coecum.
Bezüglich der operativen Therapie geht Tr.
von der Ansicht aus, dass die Mortalität bei Appen-
dicitis, die leichtesten Fälle eingeschlossen, wahr-
scheinlich 5^/0 nicht übersteigt, dass sie bei Ope-
rationen während des Anfalles über 20<^/o beträgt,
während die Operation im freien Intervall nur
0.020/0 Mortalität ergiebt.
Tr. verwirft deshalb die Operation ,«für alle
Fälle, sobald die Diagnose gestellt ist^^ Sofortige
Operation verlangen die sehr akut und heftig ein-
setzenden Fälle peritonäaler Infektion, deren Dia-
gnose T r. nicht so schwierig erscheint, ebenso die
Fälle, in denen Eiterbildung anzunehmen ist In
den übrigen Fällen nimmt Tr. eine zuwartende
Stellung ein, bis zum 5. Tage und länger. Tr.
empfiehlt aber unter allen Umständen die Ent-
fernung der Appendix im 1. freien Intervall, sowie
ein ausgesprochener Anfall überstanden ist, da das
Kisico der Operation geringer ist, wie das eines
zweiten Anfalles, ebenso bei chronischen Beschwer-
den, auch wenn ausgesprochene Anfälle nicht vor-
handen waren. F. E r u m m (Karlsruhe).
357. Die pathologiaoh-anatomiaohen Grand-
lagen der Appendioitia; von Prof. Lanz. (Beitr.
z. kUn. Chir. XXXVIH 1. p. 1. 1903.)
Die Pathogenese der Appendicitis ist noch nicht
einwandfrei aufgeklärt. Auf Grund von 30 genau
untersuchten Operationfällen bespricht L. die;>a^^
hgiaeh-anatomiachen Orundlagen der Appendicitia;
er schildert die Appendicitis purulenta, follicularis,
chronica atrophicans, chronica hypertrophica u. s. w.
und bespricht eingehend die Bedeutung der Stau-
ungserscheinungen, der totalen und partiellen Obli-
terationen und Verwachsungen u. s. w. Die Ent^
zündungsvorgänge im Proc. vermiformis zeigen nw
insofern Eigenthümlichkeiten gegenüber denjenigen,
die sich im übrigen Darmtraktus abspielen, als sie
durch lokale anatomische Verhältnisse bedingt sind.
Das Primäre ist der Locus minoris resistentiae;
die Infektion ist das Sekundäre, das Besultat ihres
Zusammentreffens ist die Krankheit. L. ist von
Jahr zu Jahr mehr zu der Ueberzeugung gekom-
men, dass es nur eine vernünftige Therapie der
Appendicitis giebt: die Entfernung des Wurmf<ßrU
satxes. „So viel ist eben doch absolut sicher, dass
jedes Beeidiv eine unendlich viel grössere Gefahr m
sich birgt, als die Operation,^^
P. Wagner (Leipzig).
358. .üeber Appendioitia obliterans; von
Prof. Enud Faber in Kopenhagen. (MittheiL a.
d. Orenzgeb. d. Med. u. Chir. XI. 4. p.506. 1903.)
F. zieht aus seinen eigenen und den in der
Literatur mitgetheilten Fällen folgende Schluss-
folgerungen.
In dem Processus vermiformis treten verhält-
nissmässig oft Entzündungen ein, die zur partiellen
oder totalen Obliteration des Lumens führen. In
der Regel beobachtet man nur das Resultat, die
Obliteration, als zufälligen Sektionbefund, in einer
geringeren Anzahl Fälle wird aber die Entzündong
in einem frischeren Stadium beobachtet, wenn die
Appendix durch Operation entfernt wird. Die
mikroskopische Untersuchung ergiebt keinen hin-
länglichen Grund, um einen Wesensunterschied
zwischen diesen zwei Gruppen von FUlen la
machen und es finden sich auch sonst keine An-
haltepunkte, um den Verschluss als Resultat eines
senilen Involutionprocesses anzusehen. Die Obli-
teration kann in allen Lebensaltern vorkommen
und findet sich nicht häufiger im hohen Alter als
früher, selbst wenn der Verschluss am hftafigatea
hier beobachtet wird. Oefters verläuft diese Appen-
dicitis obliterans, ohne dass krankhafte Symptome
nachzuweisen sind, jedenfalls ohne dasa man die«
auf eine Appendicitis beziehen kann. In gewisaeii
Fällen lassen sich bei den Patienten die gewOiin
liehen Symptome chronischer Appendicitis naob
weisen. Mit der Obliteration gleichzeitig bildei
sich oft bedeutende Adhärenzen um den Wurm
fortsatz und diese Adhärenzen kOnnen groeae Ui
nische Bedeutung haben. Selbst ohne sie kanj
eine Appendicitis obliterans starke und andau^nd
Symptome machen. Eine obliterirende Appea
dicitis kann in ihrem Verlaufe ausgesprochene Ai
fälle akuter Appendicitis machen, wie andere olm
nische Appendicitiden. In einigen Fällen \^m
das Leiden wie eine larvirte Appendicitis aufti^iei
ohne akute Anfälle und ohne dass sich Sdimersc
und Empfindlichkeit auf die rechte Fosaa iH^
lokalisiren. Selbst in solchen Fällen kOnnen mk
verbreitete und starke Adhärenzen gebildet Kabe
Die Arbeit ist durch eine Figurentafel erlftnta
Noe8Bke(Kiel).
Vm. Chinu^e, Augen- und Ohrenheilkunde.
360
359. BrfahmDgen über Veränderungen des
Wormfortsatses bei gynäkologiaohen Brkran-
JcaDgen; ?on Dr. Hermes. (Deutsche Ztschr. f.
Chir.LXVIlI. 3 u. 4. p. 191. 1903.)
H. bat bei 75 im Laufe von 2 Jahren ausge-
führten gynfikologischen Laparotomien den Wurm-
f(»takts einer systematischen Gontrole unterworfen
nnd in 53.3<^/o der Fälle Veränderungen vorgpfun-
den, die sich in 2 Gruppen trennen lassen. In
14.7*/e fanden sich Veränderungen in Form von
chronischer Entzündung der Schleimhaut mit ab-
normem Inhalte. Ein Zusammenhang zwischen
Genitalerkrankung und chronischer Appendicitis
kann in diesen Fällen ausgeschlossen werden.
Auch Hess sich weder durch Anamnese, noch durch
objehife Untersuchung die begleitende Appendix-
erkrankung vermuthen.
Die 2. Gruppe schliesst Veränderun(?en des
Vunnfortsatzes ein in Form von Verwachsungen,
die häufig zu sekundären Erkrankungen (Stenosen,
Knickungen) fQhren und sich besonders häufig hei
den chronischen Adnexerkrankungen (in 68.7<^/o)
Tor&nden. H. hat hierbei den Eindruck gewon-
nen, dass in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle
die Erkrankung der Genitalorgane das Primäre
"m und auf den Wurmfortsatz sekundär fibergrifF.
iltar und Geburtenzahl kann dabei kein wesent-
licher Binfluss beigemessen werden.
E hält auf Grund seiner Erfahrungen bei jeder
Laparotomie wegen Genitalerkrankung dieControle
des Wurmfortsatzes flür rathsam und bei Verän-
derung die Entfernung für geboten, wenn nicht
beBondere Contraindikationen vorhanden sind.
F. Krumm (Karlsruhe).
360. Zar Kenntniaa der Perityphlitia ; von
Dr.NeuhauB. (Deutsche Ztschr. f. Chir. LXIX.
1. 1903.)
N. hat die seit 1896 in der König 'sehen
Dinik der Charit^ zur Beobachtung gekommenen
RUe Ton Perityphlitis einer Bearbeitung unter-
^o^&i; im Ganzen standen 162 Fälle zur Ver-
zug, in denen N. auch das Ueberwiegen des
sinnlichen Geschlechts, sowie des 2. und 3. Lebens-
«kcennium für die Erkrankung feststellen konnte.
a) In 95 FaUen lagen eircumtcripie Perikmitiden,
W. Beschränkung der Erkrankung auf COkalgegend
^ Wurmfortsatz vor; davon wurden 36 niehi
9*v<: wegen von vornherein leichter oder doch
>ttch zurückgehender Erscheinungen erfolgte die
latlassQng der geheilten Patienten meist auch
ohne Vorsehlag einer Intervalloperation. 27 sind
ahnend, d. h. fkber 2 Jahre recidivfrei geblieben.
5 vurden recidiv, nnd zwar sämmtliche innerhalb
der ersten 2 Jahre. 60 Pai. wurden apenri, und
svar wurde 47mal nur die AbscesserOffnung, 9mal
ia Anschluss daran auch die Resektion des Wurm-
taaatzes vorgenommen. 4 von den ersten Kran-
^ and gestorben (2 an pyämischen Leberabsces-
*BD) 1 bei dem die AbsoesseröfEhung durch die
freie Bauchhühle hindurch erfolgen musste an
frischer Peritonitis).
Aus den Ausführungen N.'s geht hervor, dass
in der KOnig'schen Klinik, wenn nicht allarmi-
rende Symptome einer allgemeinen Peritonitis vor-
handen sind, zuerst bei Bettruhe, flüssiger Diät,
Eisblasenapplikation, Horphiuminjektionen, Darm-
rohreinlegung u. s. w. ein zuwartendes Verhalten
beobachtet wird ; bei gleichbleibendem oder anstei-
gendem Fieber und Puls, Reizerscheinnngen von
Seiten des Peritonaeum und der Blase, Zunahme
der Empfindlichkeit und Resistenz wird zur Ope-
ration geschritten, die vorzugsweise in einfacher
AbscesserOffnung unter Vermeidung der Eröffnung
der freien Peritonäal höhle besteht. Von den 47
in dieser Weise Operirten sind 29 recidivfrei
(23 über 2 Jahre) geblieben, 7 recidiv geworden,
und zwar vorzugsweise in den ersten 2 Jahren und
unter Wiederholung der Abscessbildung (keine
diffuse Peritonitis), in 11 Fällen war eine Nach-
untersuchung oder Feststellung nicht möglich.
b) Bei 34 Kranken lag diffuse Periioniiia vor
(33 operirt), und zwar bei 28 die progredient fibri-
nös purulente Form mit 75% Mortalität, 6mal die
diffus jauchig -eiterige Form (100<^/o Mortalität).
Bemerkenswerth ist, dass es sich bei den 27 Ver-
storbenen dieser Gruppe 25mal um erste ÄnfäUe
und vorzugsweise um Erkrankungen im jugend-
lichen Älter gehandelt hat, so dass auch hieraus
hervorgeht, dass gerade hei der Appendicitis der Kin-
der die Frage der Operation möglichst frühzeitig
ernstlich erwogen werden muss,
c) In 21 Fäüen wurde die Intervalloperation
ausgeführt, bei chronischen Beschwerden bald, bei
vorangej?angener Exsudatbildung erst 6 — 8 Wochen
nach Ablauf des letzten Anfalls (2 Todesfälle, 1 an
diffuser Peritonitis).
d) In einer letzten Gruppe von Fällen werden
besprochen 4 Fälle von Appendicitis im Bruchsack,
darunter 1 Fall in dem die primäre Erkrankung
des Wurmfortsatzes zum mindesten sehr zweifel-
haft ist. 2mal wurde die Complikation mit Pleura-
empyem, Imal mit subphrenischem Abscess beob-
achtet 16mal kam es zur Bildung von Kothfisteln,
3 mal von Eiterfisteln. Nur 3 dieser Kranken wur-
den operativ behandelt, und zwar war in allen
Fällen ^le Fistelbildung erst nach der Vernarbung
der Abscessincisionwunde aufgetreten (1 Kr. ge-
storben). In 16 Fällen erfolgte der Verschluss
spontan nach Verlauf von Tagen und Monaten, in
je 1 Fall nach 1 und 2 Jahren. In 2 Fällen mit
besonders hartnäckiger Kothfistel erwies sich die
Erkrankung als tuberkulöser Natur, in einem
3. Falle wurde eine Tuberkulose nach Monaten
manifest. Schliesslich bespricht N. einige Fälle
von Perityphlitis, die Beziehungen zu Traumen
zeigten, wobei dem Trauma mehr eine verschlim-
mernde Rolle, keine direkte ursächliche zufällt
F. K r u m m (Karlsruhe),
270
YIL Ohirargie, Augen- und Ohrenheilkunde.
361. Zur FrQhoperation der Appendidtis ;
von Dr. h* Bornhaupt (Aroh. f. klin. Chir.
LXX. 2. p. 303. 1903.)
Von 1894 — 1903 sind von A. v. Bergmann
268 Appendicitiskranke behandelt worden, von
denen einige mehrere Male operirt worden sind.
42mal ist nicht eingegriffen worden; davon sind
7 Kranke mit einer allgemeinen Peritonitis mori-
bund aufgenommen, 35 nach der überstandenen
Erkrankung in gesundem Zustande entlassen wor-
den. 90 Kranke wurden im Intervall operirt
(Istarb; l.lo/^Mortalit&t). Femer sind 102 Kranke
im Anfall operirt worden: 15 starben -« 15®/o
Hortalit&t 32 Kranke wurden mit einer difPasen
Peritonitis in Folge von Appendioitis in Behand-
lung genommen und sind trotz der Laparotomie
und Spfilung der Bauchhöhle gestorben.
B. stellt folgende Schlusssfttze auf: „l)Es darf
keine principielle Scheidung der exspektativen und
operativen Behandlungsmethode bei der Perityph-
litis geben. 2) Mit dem Eingriff darf nicht gesftumt
werden, sobald ein eiteriges Exsudat mit Bestimmt-
heit nachzuweisen ist 3) Es giebt eine Zahl von
Perityphlitiserkrankungen , wo nur die möglichst
früh, innerhalb der ersten 24 Stunden vorgenom-
mene Operation die einzig mögliche Behandlung
darstellt 4) Leider sind wir nicht im Stande, das
Krankheitsbild dieser RUle prScise zu zeichnen.
In allgemeinen umrissen müssen aber diejenigen
Fälle hervorgehoben werden, die in ihrem Einsetzen
eine Abweichung von der Norm zeigen. 5) Ab-
norm hohe Temperatur, frequenterPuls, sehr inten-
sive Schmerzen, schlechtes Aussehen der Patienten,
bretthart gespannter Leib, dabei palpabler Proc.
vermiformis, das sind die Anzeichen einer schwer
verlaufenden Perityphlitis und diese Anzeichen
verlangen daher die möglichst sofortige Operation.
6) In Folge der Tamponade ist die Frühoperation
der Operation im Intervall nicht gleichzustellen,
und muss daher unter dazu günstigen Verhältnissen
die Operation im Intervall nach Ablauf von 4 bis
5 Wochen angestrebt werden. 7) Die Frühoperation
wird nicht in jedem Falle nothwendig, sobald jede
Appendicitisattacke vom ersten Tage an von einem
Chirurgen überwacht wird.^^ P. W a g n e r (Leipzig).
362. Weitere Beiträge sar Frage der so-
genannten „Frühoperation^ bei Bpityphlitis ;
von Prof. F. P a y r. (Arch. f. klin. Chir. LXXL 4.
p. 874. 1903.)
P. giebt zunächst einleitende und literarische
Bemerkungen über den jetzigen Stand der Frage
der FrOhoperation bei Epityphlitis. Seine eigenen
Erfahrungen über die in den ersten 48 Stunden
seit dem Auftreten der ersten Erankheiterschei-
nungen vorgenommene Operation haben sich seit
der Mittheilung seiner ersten Serie um 12 Fälle
vermehrt, so dass er heute über 20 sogen. Früh-
operationen zu berichten in der Lage ist Nur
ein Fall endete tOdtliofa.
In 8 von den 12 Fftllen handelte es sich um tbeil-
weise oder völlige Gangrän des Wurmfortsatzes, in
2 E^len um eine bereits vollendete Perforatioa, io einem
um eine akute, schwere Entzündung des Wurmforisatses
mit unmittelbar bevorstehender Perforation an derSpit»
und endlich in einem Falle um einen im Verlauf von
mehreren Anfällen entstandenen, fast nussgrossen, fibrösen
Tumor an der Spitze der Appendix, in dem sich ein Eiter-
herd befand, von dem ein neuerlicher EntzündungsprocesB
seinen Ausgang genommen hatte. In den 8 GangräDfiUlen
fehlten 5mä Adhäsionen vollständig; in 3 Fällen war die
kranke Appendix durch Ueberlagerung des Netzes ge-
schützt. In 8 von den 12 Fällen waren bereits sehr
erhebliche Veränderungen am Bauchfell vorhanden , in
3 die Erscheinungen einer diffusen Peritonitis ; 1 Kr. ging
am 4. Tage nach der Operation unter den Erscheinungen
von Herzschwäche zu Gründe. Es hatte in diesem Fidle
allgemeine Peritonitis bestanden, die peritonitiscbeo Er-
scheinungen waren aber zum Theü zurückgegaogen.
Schweres Vitium und Adipositas oordis waren die Haupt*
Ursachen des üblen Ausganges.
Zum Schlüsse stellt F. folgende Sätze auf:
„1) Die Statistik der „sogenannten Frühopen*
tion" bei Epityphlitis ergiebt zur Zeit, da ihr
ein ausserordentlich verschiedenartiges Materal za
Orunde liegt, keine einwandsfrden VorsteUangen
über die solcher Art zu erzielenden Erfolge.
2) Es giebt Fälle, bei denen die Nothwendig-
keit eines sofortigen operativen Eingriifo von einer
immer grösser werdenden Zahl von Faohooli^en
zugegeben wird.
3) Es sind das vorwiegend jene Fälle, bei denen
die kranke Appendix vom Coeoum medial wärts
zieht und bei schwerer Erkrankung schlechte Be-
dingungen fQr die Adhäsionsbildung findet
4) Ich halte es fast fQr ebenso wichtig, diese
topographische Diagnostik auszubilden, ids daa
klinische Bild mit dem jeweiligen Orade der patho-
logischen Veränderungen in Einklang zu bringen.
6) Der principielle Eingriff bei allen irgend
schwerer einsetzenden Formen der Erkrankung ist
das sicherste Mittel, die durch Versagen der Dia-
gnose nach der einen oder anderen Siohtang
drohenden Unglücksfälle zu vermeiden.
Man entferne also den krankell Wurmfortsatz,
bevor er in die freie Bauchhöhle perfortrt oder
grosse Abscesse in der rechten Fossa iliaca und im
kleinen Becken oder Allgemeinmetastasen ersengt
hat ; wenn dies gelungen, so hat man heins li^VfiJb-
operaiian, sondern den Eingriff gerade noch xttr
rechten ZeU gemacht; operirt man nach der Per-
foration in die freie Bauchhöhle, so sinken die
Chancen der Heüung proportional der Entfemang
zwischen Durchbruoh und heilendem Eingriff, g»
rade so wie beim perforirten Magengeschwür odei
der durchgebrochenen eitererfüllten Oallenblnaa*
P. W a g n e r (Leipaig).
363. Die im Verlaufe der BUnddarment
BÜndang aaftretenden Fisteln ; von Dr. R. M ü h
sam. (Mittheil. a. d. Ghrenzgeb. d. Med. u. Ghii
XL 2. p. 284. 1903.)
Im Jahre 1899 hat M. über 76 Fisteln bc
441 Appendidtisoperationen berichtet Bei dei
YH Ghirorgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
271
iüBwischen in der Sonnenburg'aohen ohimrgi-
sohen Abtheilung operirten 815 Kranken fand sich
nur 54mal eine Fiatelbildung, das YerhftltniBS ist
also von 16.3 auf 6.6®/o gesunken.
M. faast seine Erfahrungen über die Fiaidn bei
Appetuüeüia in folgenden Sätzen zusammen : 1) Bei
der Appendicitis können FUteln spontan und nach
Opertitionen auftreten. 2) Sponktnfisteln treten an
der Torderen Bauchwand, zur Soheide, zum Mast-
darm oder auch zur Blase hin auf. 3) NcuA Ope-
raOonen kann es zu gewöhnlichen und zu Koth-
fisteln kommen. Die Mehrzahl der Fisteln nach
Operationen betrifft Fälle von perforativer oder
gangränöser Appendicitis, in denen die Entzündung
über grössere Abschnitte des Darmes, speciell der
Dtrmwand sich ausgebreitet hat, mithin erhebliche
Emährungstörungen durch die Entzündung vor-
handen sind. Hier konnte der Wurmfortsatz gar
nicht oder nur ungenügend versorgt werden oder
die Naht über seinem Stumpf hielt nicht in Folge
der Brfichigkeit des Oewebes. 4) Zur Vermeidung
von Fisteln ist möglichst genaue Stumpfversorgung,
sowie Uebemähung jedes bei der Operation ent-
standenen Serosadefektes nothwendig. 6) Die
fisteln entstehen entweder am Wurmfortsatze
selbst oder sie stehen mit dem Goecum in Ver-
bindung. 6) Die Behandlung der Fisteln ist zu-
nächst eine abwartende. Als Operation kommen
Besektion des Wurmfortsatzes, Einstülpen und Ver-
nähen des Loches im Darme, Resektion eines
Darmabschnittes, Enteroanastomose, eyent Darm-
ausschaltung in Betracht. 7) Die I^ognose der
anf nicht tuberkulöser Basis entstandenen Fisteln
ist günstig. 8) Tuberkulöse Fisteln geben eine
nagünstige Prognosa 9) Die mittelbare Gefahr der
postoperativen Fisteln ist das Zustandekommen
Ton Honien in der Narba
P. W a g n er (Leipzig).
364. Ueber Entstehung und Verbreitnngs-
art der Baachfellentsündongen. Mü besonderer
Berudeekhiigung der vom Wurmfortsaixe ausgeganr
fBKken AUxundungen; von Dr. P. Heisel. (Beitr.
1. klin. Ghir. XL. 2. 3.p. 629. 723. 1903.)
In dem l.Theile dieser aus der Eraske'sohen
Klinik stammenden Arbeit hat H. versucht, eine
VotsteJlmig zu gewinnen über das Verhalten des
BeuehfeUäberxuges enixündeter Organe und es wird
•af Omnd klinischer Beobachtungen, ezperimen-
Untersuchungen und biologischer Befunde
entsQndeten Organen, insbesondere am Wurm-
die Ansicht gewonnen, dass die gesunde
smch akuten Entzündungen gegenüber eine
arhehliche Widerstandfähigkeit besitzt. Seine An-
■dit über die BpUyphUtis fasst H. in folgenden
jktaen saeammen : 1) DieSpityphlitis ist ein meist
lIinmischeB Leiden, das in der Regel so lange
^BUeicheiid and symptomenlos verläuft, als der
Ptafosaftberzug des Wurmfortsatzes Stand hUt.
t^ Die Epi^hlitis selbst kann in Folge ihres Cfym-
ptomenlosen Verlaufes nicht diagnosticirt werden.
Sie tritt erst durch peritonSale Reizungen in die
Erscheinung. Diese sind je nach der Art des Ein-
bruches der Entzündung in den Bauchfellraum
leichter und geringfügiger oder sehr schwerer
Natur. Die ersteren Fälle entsprechen im All-
gemeinen den chronischen, zu Schrumpfungen
führenden Processen, die letzteren entweder den
selteneren akuten eiterigen oder den häufigen, mit
Obliteration endigenden Formen der Epityphlitis.
3) Die Epityphlitis kann heilen. 4) Die pro-
grediente chronische Epityphlitis führt zu leich-
teren Recidiven oder durch Hinzutreten einer
Thrombophlebitis der Wurzelvenen mit nachfol-
gender sekundärer Entzündung zu Durchlässigkeit,
Nekrose und Perforation der Wandungen und so
zu schweren Anfällen von Peritonitis in mehr als
60*/o der Fälle. 5) Durch die Infarcirung des
Wurmfortsatzes in Folge von Thrombophlebitis der
Wurzelvenen entstehen bei Ablauf der Perityphlitis
die verschiedensten Formen der Obliteration, je
nachdem das Organ zur Zeit der Thrombose leer
oder kothhaltig war oder einen echten Kothstein
enthielt Auch in den obliterirten Oganen können
sich sekundär um Eotheinschlüsse herum echte
Sothsteine bilden. Es kann in den obliterirten
Organen Eiter zurückbleiben und eine mehr chro-
nische Entzündung fortbestehen, d. h. Zustände,
die zu Recidiven Anlass geben. Auch diese Ent-
zündungen können, wenn eine Rückbildung der
peritonäalen Adhäsionen eintritt, symptomlos ver-
laufen. Das obliterirte Organ kann andererseits
auch vollständig frei von Entzündung werden,
während Verwachsungen und juxtaappendikuläre
Abscesse, von denen Recidive ausgehen können,
zurückbleiben. 6) Auch die typischen Ribbert'-
schen Obliterationen an der Spitze sind, wie die
bei ihnen gefundenen organischen Verschlüsse der
letzten Wurzelvene beweisen, als Folgezustände
einer Thrombophlebitis und damit als Folge einer
chronischen Epityphlitis aufzufassen. 7) Der Peri-
tonäalüberzug des Wurmfortsatzes hat die gleich
grosse Widerstandfähigkeit wie der anderer Darm-
abschnitte. Die Häufigkeit der vom Wurmfortsatze
ausgehenden Peritonitiden erklärt sich aus der früh-
zeitigen Betheiligung der subserösen Lymphräume
an der Entzündung und besonders aus der ana-
tomisch sicher festgestellten Girkulationstörung bei
eintretender Thrombophlebitis.
Des Weiteren bespricht dann M. die Lage des
Wurmfortsaixes, die Bedeutung der Verwaehsungen
für die Verbreitung der Entzündung, sowie die ver-
sekiedenen Formen der Bauchfellenixündungen und
die ffersehiedene Lage der umschriebenen Abscesse,
Therapeutisch tritt M. ein für eine prophylak-
tische Operation der Epüiff>hlüis nach dem ersten
sicher festgestellten Anfalle, für eine Frühoperaiion
in schweren fieberhaften Anfallen, bei ausgebildeter
eiteriger Peritonitis aber vom 3, Tage ab für ein
vorsichtiges, möglichst sehonendce, den Kräfte-
272
Vn. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
zustand des Kranken genügend berücksichtigendes
Vorgehen. P. Wagner (Leipzig).
365. Thromboaen and Embolien naoh
Laparotomien; von Dr. G. Albanus. (Beitr. z.
klin. Chir. XL. 2. p. 311. 1903.)
Vom 1. Nov. 1895 bis Ende Deoember 1901
kamen in der E ü m m e 11 'sehen ohirurgischen Ab-
theilung 1140 Laparotomien zur Ausführung, nach
denen 53mal ^ 4.64% Thrombosen entstanden.
Im Allgemeinen lassen sich die näheren Ursachen,
die bei Laparotomien, sowohl bei septischen als
bei nicht septischen Erkrankungen zur Thrombose
führen kOnnen, wie folgt eintheilen : 1) Ursachen,
die schon vor der Operation eine Erschwerung des
venösen Abflusses herbeiführen und somit besonders
eine Disposition für Thrombose schafiFen, wenn
dazu noch die Einflüsse der Laparotomie selbst
treten (Veränderungen des Herzens, der Oefässe
u. s. w.). 2) Ursachen, die die Operation selbst
bringt: die nicht ganz zu vermeidende Abkühlung
der geöfifneten Bauchhöhle und ihre Schädigung
der Oefässwände. 3) Ursachen, die durch die
Narkose entstehen. 4) Bringt die Nachbehandlung
aller Laparotomirten Verhältnisse mit sich, die
den Eintritt von Thrombosen begünstigen kOnnen
(Bauchverband, anhaltende Rückenlage). 5) Oiebt
die topographische Lage der Oefässe im Abdomen
begünstigende Momente ab, die bei der nach der
Laparotomie nOthigen Bettruhe einwirken kOnnen,
eventuell natürlich auch schon vor der Operation
ihren Einfluss geltend machen konnten.
Die meisten Thrombosen fanden sich nach Ope-
rationen am Darmtractus (Perityphlitis). Die Mehr-
zahl der Befallenen stand im mittleren Lebensalter.
In 23 Fällen traten Embolien ein. „Die Zahl
2^/o, die also die naoh Laparotomien eingetretenen
grosseren Lungenembolien darstellt, imponirt durch
ihre OrOsse und enthält die ernste Mahnung, bei
der Möglichkeit des Vorhandenseins einer Throm-
bose die grOsste Vorsicht walten zu lassen.*' Bei-
nahe die Hälfte der vorhandenen Thrombosen zog
Embolien nach sich. Von den 23 Embolien waren
10 ^ 43.5<^/o tOdtlich, und zwar waren es meist
Todesfälle, die sofort im Anschluss an die Bmbolie
eintraten. Von 1140 Laparotomien endeten also
10 — 0.88<»/o durch Embolie tOdtlich. Von den
tOdtlichen Lungenembolien betrafen 8 das weib-
liche Oeschlecht P. Wagner (Leipzig).
366. Bar l'etiologie dea ophthalmiea da
noaveau-ne et la deolaration obligatoire; par
V. Moraz. (Ann. de Oyn6col. et d'0bst6tr. LX.
p. 81. Aoüt 1903.)
M. weist darauf hin, dass unter dem Namen
Augenentzündung der Neugeborenen eine Reihe
ätiologisch ganz verschiedener Erkrankungen zu-
sammengefasst wird. Der Gonoooccius erzeugt nur
die Hälfte der innerhalb der ersten 8 Lebensti^
auftretenden Augenentzündungen. In einem klei-
nen Bruchtheil der anderen Hälfte ist der Diplo-
baoillus von Weeks anzuschuldigen, in dem Best
der Fälle giebt die bakteriologische Untersuchung
keinen Aufsohluss. Vereinzelt schei^nt hereditlr
syphilitische Infektion im Spiele zu sein. Niclits
berechtigt zu der billigen Annahme : ünaauberkttt
der Hebamme oder Wärterin. Diese irhge Auf-
fassung hält M. geradezu für einen Umgehung»-
grund der in Frankreich seit dem 15. Februar 1902
für Aerzte und Hebammen, bez. Wärterinnen be-
stehenden Anzeigepflicht der AugenentzflnduDg
und in Folge dessen füreinHindernissreohtaeitiger
geeigneter Behandlung.
Besonders richtet sich M. noch gegen die iür
das Pflegepersonal von Kindern mit Augenentzüo-
düng bestimmten Desinfektionvorschriften zurV^^
hütung der Weiterverschleppung. Bei Gonokokkea-
infektion hat seines Erachtens die Desinfektion gar
keinen Werth. Da Gonokokken fern von ihi«
heimatlichen Schleimhaut nur noch 36 Stundea
leben, so braucht die inficirte Person nur 36 Stundea
zu warten, um eben so sicher, wie durch die ge-
setzlichen Vorschriften, und gratis desinficirt la
sein. Kurt Kamann (Wien).
367. Sar Petiologie dea polypea de la oon-
jonotive ; par le Dr. D e s c h a m p s. (Ann. d'Ocu*
list CXXIX. p. 429. 1903.)
D. macht darauf aufmerksam, dass die üraadie
der Bindehautpolypen in der Regel FremdkOfpei
sind, und dass bei der Abtragung der Neubildong
Acht darauf gegeben werden soll, den FremdkOrpei
mit zu beseitigen. Er theilt 2 Fälle mit, in denei
es sich einmal um ein Stückchen Holz, das and^
Mal um die Schale einer Fruchtknospe haadeUc
Ausserdem fand er sonst noch: eine Insekteo
flOgeldecke, ein Getreidekorn, ein Bürstenhaar, eia
Bosendornspitze , ein Stück eines Palmenblatts
und dergleichen mehr. Bergemann (Husum
368. Die klinisch wichtigsten Punkte dl
Perimetrie, mit besonderer Berfickeiolitigiui
der traomatisoben Neurose; von Dr. L. Wolf!
borg. (Arch. f. Augenhkde. XLVIL 4. p. 41
1903.)
W. ist der Ansicht, dass bei pMimetrieohi
Untersuchungen vielfach physiologische Tftiateachi
nicht genügend berücksichtigt werden, die für ek
zuverl&ssige Beurtheilung der dioptriachen, nei
optischen und photochemischen Verh<nisae d
Auges von grosser Bedeutung sind. Elr stellt di
halb in einer ausführlichen Besprechung^ das Wk
tigste hierüber zusammen. Die mannigfack
Einzelheiten der Abhandlung lassen sioh in EOi
nicht erschöpfend zusammenfassen.
Bergemann (Husum)
Hediomisohe Bibliographie des In- und Auslands.
I.
273
C. Medicinische Bibliographie des In- und Auslands.
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XVII. Steuber. XIX. Schön.
Med. Jahrbb. Bd. 281. Hft 3.
44
Sach-Register.
AbdominaltyphuB s. ^^hos.
Abführmittel, Exodin 188.
Abortus, YerhütQDg 84. — , Behandlung 84.
Abscess, im Gehirn (otitischer) 156. 157. 158. 159.
(Symptome) 160. 162. (Durchbruoh in d. Proo. mastoi-
dea8)161. (operative Behandlung) 161. — , multipler im
Bauch, Laparotomie 211. — , pericökaler, traumatischer
211. — 8. a. Retropharyngealabsoess.
Acanthosis nigricans 184.
Aceton kör per (yon i?. WcUdvogeD 107,
Achillessehnenreflex, Verhalten b. Tabes dor-
salis 10.
Aohylia gastrica, Bezieh, zu perniciöser Anämie 199.
Acne, Behandlung mit Röntgenstrahlen 106.
Acustious 8. Nervus.
Adenoidgewebe, in d. Tuba Eustachii 30.
Adenom, d. Ovarium, Aetiologie 186. — , d. Mamma
mit Gystenbildung u. schleimiger Entartung 181.
Adrenalin, therapeut Verwendung 61 . — , Verwen-
dung zur Lokalanästhesie 250.
After s. Anus.
Agar 8. Typhusagar.
Agglutination, d. rothen Blutkörperchen 21. — , d.
Streptokokken 181. — , Niederschlagbildung b. solch.
246.
Agglutinine im Blute 21.
Agraphie b. Alexie 254.
A 1 b a r g i n , Klystiere mit solch. 261.
A 1 b u m 0 8 e , Nachweis im Darme 251.
Alexie, subcortikale, mit Agraphie u. Apraxie 254.
Alexine, baktericide 246.
Alkalescenz d. Blutes 21. 27. 124.
Alkohol, gegen Lungenentzündung 70.
AI laut eis, freie 244.
Alter, Einfluss auf d. Schwere d. Syphilis 81. — S. a.
Oreisenalter; Lebensalter.
Amblyopie, durch Blutverlust, Behandlung 97.
Amboceptoren, hämoly t, Entstehung 22. — , Bildung
im Blute 124.
A m b 0 s 8. Hammer-Ambosgelenk.
Amnesie nach Erhenken 255.
Amöbenenteritis 259.
Amseln, Infektionkrankheit b. solch. 248.
Amyloform, Einblasung b. Otitis med. suppurativa 1 74.
A n a e m i a splenica, Verhalten d. Blutes 127.
Anämie, Augenspiegelbefund 96. — , splenomeduUare,
Behandlung mit Köntgenstrahlen 106. — , Arten 126.
— , Verhalten d. Blutes 126. — , progressive perniciöse
(Atheromatose b. solch.) 127. (Verhdtend. Blutes) 127.
(infektiöse Natur) 127. (Eiweissstoffwechsel) 128. (Be-
zieh, zu Achylia gastrica) 199. — , megaloblast. (bei
Leukämie) 129. (mit Exanthem) 201. — , b. Leber-
cirrhose mit Milzvergrösserungu. Ascites 202. — , durch
Bothriocephalus latus 202. — , Behandlung mit China-
eisen 250. — , b. Eindem 266. — S. a. Blutverlust;
Chlorose.
Anästhesie, lokale (b. Ohrenoperationen) 135. (b. Auf-
meisselung d. Proc. mast) 226.
Analgesie b. Tabes 9. 11.
Anaphrodisiacum, Heroin 188.
Anastomose s. Enteroanastomose.
Anatomie s. Atlas; Handbuch.
Aneurysma, d. Aorta, Bezieh, zu Syphilis 82.
Angioma cavemosum, d. Ohrmuschel 14.5.
Ankylostomiasis, Bekämpfung 208.
Aniridie, b. Contusion d. Augapfels 97.
Anthrasol, therapeut Anwendung 188.
Antikörper, nach cutaner Infektion 54.
Antiseptioum, Jodoform 63.
Antistreptokokkenserum, Anwendung 193.
Antitoxin, Bindungsverhältnisse 55.
Antitrypsin d. Blutserum, Wirkung 246.
Anus, praeternaturalis (Anlegung mit Klappenbfldong
b. Colitis) 211. — , Fissur, Behandlung 212. — , angeb.
Atresie 213. — S. a. EothfisteL
Aorta 8. Arteria.
Aphakie, traumatische 97.
Appendicitis, Leukocytose b. solch. 125. 126. — ,
Behandlung 259. 260. 261. — , Verhalten d. Leoko-
cyten 261. — , Bezieh, zu Influenza 261. — , Formeo
261. — -, Pathogenese 262. 268. — , Bezieh. zuPleoiitii
262. — , Symptome 267. — , Operation 268. 269. 270.
— , obliterans 268. — , b. Frauenkrankheiten 268. — ,
Entstehung von Fisteln 270. — , Peritonitis b. solch.
27L
Appendix s. Processus.
Apraxie b. Alexie 254.
Arm, Entbindungslähmung, Aetiologie 206. — , BUdungs-
fehler 246.
Aromatici e nervosi neiralimentazione (per Ädriano
Vakntt) 107.
Arsen, Vorkommen im Körper 50.
Arteigenheit u. Assimilation (von FVanat HanUmrger)
219.
A r t e r i a , €U)rta (Erkrankung b. Tabes) 4. 50. (Aneurysma,
Bezieh, zu Syphilis) 82. (Untersuchung mit Röntgen-
strahlen) 101. — , carotis (Sinus) 29. (Biotang ans
ders.) 171.
Arterien, Bezieh, d. Verzweigung zur Entstehung eot-
zündl. Herde im Knochen 59.
Arteriosklerose, Bezieh, zu Tabes dorsalis 3. — ,
Untersuchung mit Röntgenstrahlen 99.
Arthritis, gonorrhoische, Veränderungen b. solch. 102.
Ascites b. I^bercirrhose mitMilzzerreissung n. Anämie
202.
Asepsis s. Wundbehandlung.
Asphyxie d. Neugeborenen, Behandlung 205.
Assimilation s. Arteigenheit
Ataxie, b. Tabes 4. 9. 10. — , spinocerebellaie, sub-
akute 65.
Atherom, b. progreas. perniciöser Anämie 127. — , d.
Ohrläppchens 145.
Atlas, u. Orundztlge d. Ophthalmoskopie (von O.Baab)
HO. — , d. desoriptiven Anatomie d. Menschen (von
J. SoboUa) 218. — , d. Hautkrankheiten (von R Jaeobi)
221.
Atonie, d. Magens 199.
Atoxyl, Wirkung u. Anwendung 187.
Atresie, angeb. d. Afters 213.
A tropin, Anwend. b. eingeklemmten Brüchen 251.
Sach-Register.
347
iagapfel, Contosion, Folgen 97. — , EntfernaDg von
EiseDsplittern mit d. Magneten 215. — , doppelte Per-
foration durch einen Eisensplitter 215.
Auge, Verhalten b. Tabes dorsalis 8. — , Bezieh, zur
Immunität 54. — , Wirkung lokaler Wärmeapplikation
60. — , Veränderungen im Hintergrunde (b. Anämie)
96. (b. Otitis media suppur.) 155. — , Perimeterunter-
soohung 272. — 8. a. Amblyopie.
Aagenentzündung d. Neugeborenen 272.
Aagenheilkunde s. Handbuoh.
Aagenkrankheiten, Anwendung d. Röntgenstrahlen
106. — , b. Masern 213. — , b. Scharlach 213.
Aageomuskeln, Verletzungen 97. — , Lähmung b.
diphther. Lähmung 213.
Aageaspiegel s. Auge.
Aatolyse s. Ferment
Aiitophonie,b. Ohrenkrankheiten 1 32.
Bacillus, prodigiosns, Biologie, Pathogenität 56. — ,
b. Milchsäuregährung im Maeen 76. — , b. Ekiri 248.
Bacterium coli (wirksame Substanzen) 56. (als Zeichen
d. Veronreinigung d. Wassers durch Fäkalien 216.
Bad, kohlensäurehaltiges, gashaltiges, Wirkung 189. — ,
f. frühgeborene, sohwäohfiche Säuglinge 206.
Bahnarzt s. Handbuch.
Bakterien, Tödtung durch Blut 23. — , Spaltung der
Hefenudeinsäure durch solche 49. 177. — , anaerobe
b. Menschen 247. — , im Darm 256.
Bakteriologie, Verwendung zur Diagnostik 108.
Baiantidium, coU, Erregung von Diarrhöe durch
solches 249. — , im Dickdarm 259.
Baldrian, Bomyval, ein neues Präparat 250.
Banti'sche Krankheit 127. 202.
Basiotribe, Symphysenzerreissung b. d. Anwend.205.
Banchgesohwulste, Diagnose 222.
Bauch wunde, b. gynäkolog. Laparotomien, Naht 202.
Beckenhöhle, Tampondrainage b. Laparotomie 203.
Beerdigung, d. Leichen vom hygiein. Standpunkte 217.
Beiträge zur Physiologie u. Pathologie (von Fritx von
WaUheim) 220.
Beitrag zu d. neueren Heilverfahren u. ihre Bedeutung
f. d. ärufskrankheiten u. d. ünfallverletzungen (von
W, R Qübeti) 223.
Bericht, über Ohrenheilkunde 28. 130. 225.
Beruf, BezieL zur Entstehung von Ohrenkrankheiten 42.
Berufskrankheiten s. Beitrag.
Bewegungsatazie s. Ataxie.
Bewegungstherapie b. Tabes 15. 16.
Bierhefe, Wirkung auf d. Eiterung 251.
Bildungsfehler, d. Brustwandung u. d. Arme 246.
— S. a. Missbildungen.
Bismnthose, als Darmadstringens 261.
Blaatomyceten, pathogene Wirkung 184.
Blinddarm s. Coecum.
Blut, Bildung (n. Zerstörung durch Organe) 17. (im
Luftballon) 18. — , Einwirkung d. Temperatur 18. — ,
Verhalten in doppelt unterbundenen Gefttssen 18. 19.
~, Einwirkung d. Höhenklimas 18. 19. — , Gerinnung,
Einfiass (von Injektionen von Hodeneztrakt) 19. (der
Beimischung von Lymphe) 51. — , Einfluss d. Mineral-
wässer auf d. osmot. Druck 19. — , physiol.-chem.
Eigenschaften 20. — , Viscosität d. lebenden 21. — ,
Alkalescenz 21. 27. 124. — , Aggiutinine u. Präcipitine
in solch. 21. — , baktericide Kraft 23. — , Nachweis 23.
24. 25. 26. —, Unterscheidung d. Arten 23. 24. 25. 26.
— , Reagens f. solch. 24. — , Untersuchung (zui* Dia-
gnose u. Rrognoee von Krankheiten) 25. (mit d. Re-
fraktometer) 27. — , Färbung 25. — , Schätzung des
FirbeTermögens 26. — , Plaüsma, Untersuchung 26.
— , Eiweissgehalt b. Syphilis 49. — , Morphologie 123.
— , Gefrierpunktsbestimmung 124. 218. — , Ambocep-
torenbildung in solch. 124. — , Fet^ehalt 124. — , Be-
fand (b. Hautverbrennung) 125. (b. hypertroph. Leber-
cirrhose) 125. (b. Anämien) 126. 127. (b. diffuser
Nephritis) 126. (b. Leukämie) 128. — , myeloide Reak-
tion 125. — , Harnstoff in solch. 177. — , Zersetzung
d. Wassorstoffsuperozyds durch solch. 177. — , Durch-
strömung überlebender Organe mit solch. 180. — , Be-
sohaffenheit in verschied. Lebensaltern 182. — , Nach-
weis in d. Faeces 257. — , in Ovariencysten 263. — ^,
Veränderungen b. d. Entbindung u. im Wochenbette
264. ~ 8. a. Methämoglobinämie.
Blutoirkulation in d. Milz 179.
Blutdruck, Messung 27.
Blutfarbstoff, Veränderungen 17. — , Sauerstoff-
capacität 51.
Blutgefässe, Verhalten d. Blutes in doppelt unter-
bundenen 19. — , d. Mittelohrs, d. Labyrinths 30. — ,
d. Mesenterium, Thrombose 267.
Blutgeschwulst, an d. Ohrmuschel 142. — S. a.
Hämatocele.
Blutkörperchen, Austritt d. Hämoglobins 26. — ,
Schätzung 26. ~, Zerstörung durch I^ber u. Milz 51.
— , Verhalten b. Hautkrankheiten 125. — S. a. Erythro-
cyten; Leukocyten.
Blutplättchen, Struktur, Bewegung 18.
Blutserum, elektr. Leitfähigkeit 20. — , hämolyt. Wir-
kung 22. — , Lipase in solch. 26. — , Antitrypsin, Wir-
kung 246. — , durchsichtiges f. bakteriolog. Zwecke 249.
Blutung, in d. Knochen d. Vögel in Folge von Rare-
fikation 51. — , Anwend. d. Adrenalin 61. — , b. per-
forirender ünterleibsverletzung 65. — , d. Glaskörpers,
Behandlung 96. — , aus d. C^otis u. V. jugularis b.
Otitis 171. — S. a. Magenschleimhaut.
Blutverlust, Transfusion nach solch. 19. — , Am-
blyopie nach solch. 97.
Bogengänge d. Labyrinths, Funktion 35. 37.
Bombe, caiorimetr., zum Nachweis von Arsen 50.
Bornyval, Wirkung u. Anwendung 250.
Bothriocephalus latus, Anämie durch solch, ver-
ursacht 202.
Brand s. Gangrän.
Brom, Desinfektion mit solch. 215. — , Zusatz zum
Trinkwasser 216.
Brunst, Veränderungen d. Präputialdrüsen d. Kanin-
chen während ders. 179.
Brustdrüse, Behandlung d. Krebses mit Röntgen-
strahlen 103. 104. — , solides Adenom mit Cysten-
bildung u. schleimiger Entartung 187. — S. a. Mastitis ;
Müchdrüse.
Brustfell s. Pleura.
Brustorgane, Untersuchung mit Röntgenstrahlen 98.
Bücher u. Zeitungen, wie sollen sie gedruckt werden?
(von R. Bubencamp) 110.
Bulbärsymptome,b. gekreuzter Facialislähmung 64.
Bulbus venae jugularis (Lage) 29. (Thrombose) 166.
(Blutung aus soldi. b. Otitis) 171.
Cancroin ge^n Krebs 185.
Carcinom s. Epithehalkrebs ; Krebs ; Magenkrebs.
Garies, d. Gehörknöchelchen (tuberkulöse) 47. (b. Otitis
media) 154.
Carotis s. Arteria.
Gephalometrie 178.
Cerebrospinalflüssigkeit, Cholin in solch, bei
Nervenkrankheiten 177. — , Färbung 253.
Cervikalsegmont, d. Uterus 245.
Chemie s. Practicum.
Chinaeisen, Anwendung b. Anämien 250.
Chirurgie d. Lunge u. d. Pleura {you F. Karewaki) 222.
Chlor, Zusatz zum Trinkwasser 216.
Chloroformdämpfe, quantitative Bestimmung in
mit solch, gemischter Luft 50.
Chlorose, Phlegmasia alba dolens b. solch. 201 . — , b.
Kindern 266.
Cholera, bakteriolog. Diagnose 182. 183.
Choleravibrio, Diagnose 182. — , Speoificität 183.
Cholesteatom, d. Schläfenbeins nach Otitis 172.
Cholin, in d. Cerebrospinalflüssigkeit b. Epilepsie u.
Organ. Erkrankungen d. Nervensystems 177.
348
Saoh-Register.
Gbondroitinsohwefelsäure im Knorpel 49.
Chondrom im äusseren Gehörgan^ 145.
Chorda tympani, Einfl. auf d. »peichelabsonderang 52.
Chorea 8. Hemiohorea.
Chorio-Epitheliom in d. Vagina b. gesundem Geni-
tale (von Hvgo Hübt) 222.
Chorionzotten, Anatomie 244.
Cigaretten, Zusammensetzung d. Bauches 216.
Cirkulation s. Blutoirkulation.
Cirrhose,d. Leber (hypertrophische, Beschaffenheit d.
Blutes) 125. (mit Milz vergrösserung, Anämie u. Ascites)
202.
Citrophen, therapeut. Anwendung 188.
Coagulation s. Gerinnung.
C 0 0 ai n , Lokalanästhesie mit solch. 250.
Cochlea s. Schnecke.
Co e cum, Yolvulus 209. — , Brand (durch Dehnung)
209. (durch Abknickung) 209. — , Abscees in d. Um-
gebung 211. — , Entzündung, Behandlung 259. 260.
Colibacillus s. Bacterinm.
Collodiumsäcke, Bereitung zu bakteriolog. Zwecken
249.
Colon, ascendens, YoIyuIus 209.
Complement, Bindung durch Organzellen 246.
Conjunotiva, Diphtheriebacillen in ders. b. Boten 248.
— , Polypen, Aetiologie 272.
Contraktur, d. Finger b. Tabes dorsalis 9.
Cornea s. Keratitis.
Corpus, luteum, Histologie u. Histogenese 244. — ,
yitreum s. Glaskörper.
Couveuse, Anwendung b. frühgeb. , schwächlichen
Säuglingen 206.
Colitis, tuberkulöse (von F. Eönig) 202.
Crede's Handgriff, bei angewachsener Plaoenta,
üterusruptur 204.
Cyste, in d. Trommelhöhle 145. — , Bilduns b. Adenom
d. Mamma 187. — , d. Ovarium, Blut in solch. 263.
Cytodia^nose b. Tabes dorsalis 14.
Cytotoxin d. Niere 57.
D a c t y 1 1 1 i s syphilitica 77.
Dampf s. Wasserdampf.
Darm, Elastingewebe b. Säuglingen 53. — , subcutane
• Ruptur 94. 95. -—, Vorfall (b.Zerreissungd. Vagina) 95.
(d. invaginirten) 210. — , Stenose (Vorkommen u. Arten)
208. (&handlung) 208. — , Invagination, akute 210.
— , Besektion wegen Kothfistel 211. — , Bakterien in
solch. 256. — , Infusorien in solch. 257. — , Ansamm-
lung von Gasen 259. — , Verengung, Verschluss 259.
— , Gährung in solch. 262. — 8. a. Coeoum; Colon;
Dickdarm; Dünndarm; Duodenum; Enteroaoastomose;
Flexura ; Jejunum ; Ileocolostomie ; Rectum.
Darmfistel, mit Klappenbildung, Anlegung 211. —
S. a. Kothfistel.
Darmkoth s. Faeces.
Darmkrankheiten, Behandlung 261.
Degeneration zeichen im Puerperium 253.
Dementia paralytica, Bezieh, zu Tabes dorsalis 6.
Dermatitis, durch Röntgenstrahlen erzeugt 97.
Desinfektionmittel, chemische, Wirkung 215. — ,
Bromlösung, Sodalösung, Formaldehyd 215. — ,Wasser-
dampf 215.
Deutschland, Malaria im Nordwesten 194.
Diabetes mellitus (b. Tabes) 8. (Erkrankungen d. Ge-
hörorgans) 48. (Hafermehlkur) 188.
Diaceturie, Hafermehlkur 188.
Diät, vegetabilische, Anwend. b. Frauenkrankheiten 83.
— , über d. säfteverdünnende von Q<iUn (von FribÖs u.
F. TT. Eobert) 112. — , b. Magengeschwür 197.
Diätetik s. Handbuch.
Diagnostik, verschied. Hülfsmittel 108. — , d. Krank-
heiten d. Nervensystems (von Ä, OoMsckeider, 3. Aufl.)
109. — , d. Bauchgeschwülste (von Ä, Martin) 222. —
S. a. Serumdiagnostik.
Diarrhöe, Erzeugung durch Balantidiam coli 249. —,
Anwendung d. Methylenblau 251.
Dickdarm, Caroinom, operative Behandlung 210. — ,
Balantidium coli in solch. 259.
Dilatator, Bossi's, Anwendung 265.
Diphtherie, Ohrenkrankheiten b. solch. 44. — , Oph-
tnalmoplegie nach solch. 219.
Diphtheriebacillen, in d. Conjunotiva b. Enten 248.
Diphtheriegift, Wesen 56.
Diplococcus pneumoniae, Lokalisation 69.
Disaccharide, Resorption u. formen tative Spaltnog
im Dünndarm 52.
Divertikel, d. Oesophagus 73. — S. a. Pulsiondivar*
tikel ; Traktiondivertü^el.
D 0 r m i 0 1 , Wirkung u. Anwendung 62.
Dorsalmark, abdominaler Symptomenoomplex b. Er-
krankung d. untern Abschnitts 189.
Drainage, b. Laparotomie 203.
Druck, osmot. d. Galle 53. — , d. Bücher u. Zeitangeo
110. — , intraabdominaler 243. 244.
Drucksonde, federnde, Anwend. b. ohron. Mittelohr-
katarrh 150.
Drüsen, im Unterleib, Syphilis 82. — , d. Präpatinm d.
Kaninchens, Veränderungen zur Brunstzeit 179. —
S. a. Keimdrüsen ; Lymphdrüsen ; Milchdrüse; Speichd-
drüaen.
Ductus, endolymphaticus d. Labyrinths 32.
Dünndarm, Kesorption u. formen tative Spaltoog d.
Disaccharide 52. — , ausgedehnte Resektion 206.
Duodenum, Geschwüre, Bezieh, zu Nierenknunk-
heiten 259.
DurohstrÖmung überlebender Organe 180.
Dysenteriebacillus, Biologie 248. 249. — , Dia-
gnose 249.
Dysmenorrhöe, Aetiologie u. Pathologie 264.
Dyspepsie, nervöse 200.
Eihäute, Wachsthum nach d. Fruohttode 244.
Eingeweide, Syphilis 82.
Eingeweidewürmer, als Urs. von Appendicitis 260.
— S. a. Ankyloetomiasis ; Ozyuiis.
Eisen s. Chinaeisen.
Eisenbahn s. Handbuch.
Eisenbahn- u. Postbeamte, Ausbildung in d. entea
Hülfsleistung b. Unglücksfällen (von F. Ä. Düms) 23Z.
Eisensplitter, doppelte Perforation d. A agapf eis durch
solch. 214. — , Entfernung aus d. Augapfel mit d.
Magneten 215.
Eiterung, Bedeutung d. Glykogens 61. — y Verfaahen
d. Leukocytose 125. — , Wirkung d. Bierhefe 251.
E i w e i s 8 , im Blute b. Syphilis 49. — , Entstehung vob
Glykogen aus solch. 61. ~, Verdauung im Magen 75.
— , Einfluss auf d. Sekretion d. Magensaftes 75. ~,
Stoffwechsel b. progress. pemiciöser Anämie 128.
Eiweisskörper, Verdauung durch Pankreasfermeot
49. — , im Serum 182. — S. a. Albnmose.
Ekohondrom, multiples in d. Trachea 98.
Ekiri, Aetiologie 248.
Eklampsie s. Paerperaleklampsie.
Ekzem, b. Säuglingen 208.
Elastin im Darme b. Säuglingen 53.
Elektricität, Leitungsvermögen d. Blutserum 20.
Elektrolyse, Anwendung b. chron. MittelohrkatUTh
150. 151.
E m b 0 1 i e nach Laparotomie 272.
Emphysem s. Hautemphysem.
Empyem, d. Keilbeinhöhle, Behandlung 43. — , d. 8ao>
cns endolymphaticus nach Otitis med. suppurativa 159.
Encephalitis, akute hämorrhag. (nach Otitis) 162.
(Sektionbefund) 252.
Encyklooädie s. Handbuch.
Endotheliom, d. Ohrmuschel 146.
Ener^iespannung d. Nahrung 109.
Entbindung, b. ^bes dors. 8. — , 2ierr6i8simg d.
Vaginalgewölbes 85. — , sofortige b. PaerperaMdani'
Saoh-Segister.
349
pde 86. — , Symphysenraptar 204. 205. — , Eisfloss d.
DegenentioD 255. — , VerandeniDgen d. Blatee b. solch.
264. — , Hämatometra nach solch. 265. — S. a. Geburt.
EotbiodongslähmiiDg, Aetiologie 206. — , Pro-
gD06e206.
Enten, Diphtheriebacillen io d. CoigiiDctiya b. Massen-
erkrankimg 248.
Enteritis s. AmöbeDenteritis.
EnteroBDastomose, b. Verschloss u. Verengung d.
Darmes 206.
Entzündung, Bedeutung d. Glykogens 61.
Epidemie s. Parotitis; Trachom.
Epilepsie, Manie b. solch. 67. — , Oholin in d. Gerebro-
Bpinalflässigkeit 177. — 8. a. Myoklonus-Epilepsie.
Epiphyse s. Femur; Tibia.
Epithel, Bezieh, zu Gesohwulstbilduog 58.
Epithelialkrebs, Pathogenese 184.
Epitheliom, parasitäres Ss. — 8. a. Chorio-Epitheliom .
Erblichkeit s. Syphilis.
Erbrechen, diagnost. Bedeut b. Magenkrankheiten 75.
Erdbeben, Geistesstörung nach solch. 67.
Erdbestattungd. Leichen vom hygiein . 8tandpun kte
217.
Erhenken, £[rankheitersoheinungen nach d. Wieder-
belebnog255. .
Ernihrang, Stillender 89. — , Aromatici u. Nervini b.
solch. 107. 106. — , b. Magengeschwär 197. — , d.
8iaglinge (frühgeborener u. schwächlicher) 205. (Be-
lieh. lur Sterblichkeit) 206. 207. (Bedeutung d. Gber-
Uoheomessung) 243.
Eroähmngstörung, chronische b. Sluglingen 91.
Ernährungstherapie s. Grundztige; Handbuch.
Erosionen, hämorrhag. d. Magenschleimhaut 196.
Ertrinkungstod, Nachweis durch Kryoskopie des
Hutes 218.
Erythrocyten, Form 17. — , Einwirkung d. Tem-
peratur 18. — , in künstl. Serum suspendirte, Trans*
fuioD 19. — , Agglutination 21. — -, basophile Körne-
long 123. — , ponktirte 123. ~, Verhalten b. Infek-
äoiienl26.
Stagennaht d. Bauchwunde b. gynftkoL Laparotomie
202.
Enchinin, Wirkung b. Malaria 250.
Enmydrin, Wirkung u. Anwendung 62.
Exanthem, hämorrhag. b. megaloblafit Anämie 201.
Kxodin, abführende Wirkung 188.
Exostosen im äusseren Gehörgange 145.
Extremitäten B. Arm; Gliedmaassen.
facialis s. Nervus.
f teces, Nucleinbasen b. Fäulniss 49. — , d. Säuglinge
(iddität u. Zuckergehalt) 91. (farbenanalyt. Unter-
8achnog)91. — , Verunreinigung von Wasser mit solch.,
Nachweis 216. — , Untersuchungsmethode 256. 263.
—1 Nachweis (tou Albumosen) 257. (von Blut) 257.
f inlniss, Wirkung auf die Nucleinbasen d. Faeces 49.
— ffinflass auf d. Lungenschwimmprobe 217.
Jarbstoff d. Blutes 17.
Fehlgeburt s. Abortus.
Femur, Wachsthum u. Struktur d. unteren Epiphyse 100.
Fenestra rotunda, Operation an solch. 152.
Ferment, autolytisches, Einfluss auf die Pankreas ver-
dsmmg 178. — S. a. Pankreasferment.
Fett, im Blute 124. — , Nutzen b. Hypersekretion von
Magensaft aOO.
Fenerwehr, Ausbildung in d. ersten Hülfeleistung b.
Ungiucksfällen (von J^. A, Düms) 223.
Fibrom im äusseren Ohre 145.
Fieber, Glykogenstoifwechsel 60.
Finger, Dupuytren*sche Contraktur b. Tabes dorsalis 9.
— , syphilit. Erkrankung 77.
Fiffland, Häufigkeit d. Magengeschwürs 196.
Fiasenlicht, Wirkung auf d. Haut 103.
Fissara, mastoideo-squamosa 29. — , ani, Behandlung
^•Ll. 212.
Fistel, im Rectum, Behandlung 211.212. — , b. Appen-
dicitis 270. — 8. a. Darmfistel ; Eothfistel.
Fleisch s. Hackfieisch.
Flexura sigmoidea (Volvulus, Bezieh, zur Schrumpfung
d. Mesenterium) 209. (Achsendrehung) 209. (akute Ent-
zündung) 259.
Fluorescirende Stoffe, therapeut. Wirkung 61.
Foetus, Wachsthum d. Eihäute nach d.Tode dess. 244.
Formaldehyd, quantitative Bestimmung in d. Luft 50.
— , Desinfektion mit solch. 215.
Formalin, Anwend. d. Otitis media suppurativa 174.
— , gegen Puerperalsepsis 250.
F 0 s s a jugularis, Dehisoenz 30.
Fraktur, b. Tabes dorsalis 13. — , diagnost. Anwend.
d. Röntgenstrahlen 98. 99. 101. — , d. unteren Humerus-
endes 99. — , d. Metatarsalknochen 101. — , d. äusseren
Gehörgangs 139.
Frankreich, Geschichte d. Prostitution 224.
Frauenkrankheiten, vegetabil. Diät b. solch. 83.
— , Verhalten d. Leukocyten 283. — , Erkrankung des
Wurmfortsatzes 268. — 8. a. Gynäkologie.
Frauenmilch, Einfiuss d. Ernährung 89.
Fremdkörper, im Oesophagus 73. 92. — , Nachweis
mittels Röntgenstrahlen 101. —r, im Ohr 141. — , im
Rectum 213. — , in d. oberen Luftwegen (von Friedrich
EansxeU) 219. — 8. a. Eisensplitter.
Furunkel im äusseren Gehörgang 142.
Fussgeschwulst, Wesen u. Behandlung 101.
€}ährung,im Darm 262. ~ S. a. Bnttersäuregährung;
Milchsäuregährung.
Galen s. Diät ; Gynäkologie.
Galle, osmot Druck b. Menschen 53. — , Wirkung d.
Salzsäure auf d. Sekretion 62.
Ganglienzellen im Herzen 113.
Ganglion vestibuläre des inneren Ohres 31. — 8. a.
Paraganglion.
Gangrän, des äusseren Gehörgangs 140. — , der Ohr-
muschel 144. — , d. Coeoum b. Dehnung 209. — 8. a.
Gasganffrän.
Gase, solche enthaltende Bäder, Wirkung 189. — , An-
sammlung im Magen u. Darm 259.
Gasgangrän, Entstehung 248.
Gastrektasie, Symptome, Ursache 199.
Gastroenterostomie, bei Magengeschwülsten 93.
b. Magenkrebs 93. 94. — , hintere 94. — , pept. Geschwür
d. Jejunum nach solch, b. einem Hunde 208.
Gastrophor, Anwend. b. Magendarmoperationen 94.
Gastroptose, Behandlung 92.
Gastropylorektomie 93.
Gebärmutter, Zerreissung (in d . Schwangerschaft) 84.
(nach Anwend. d. Oe^'schen Handgriffes wegen Ver-
wachsung d. Placenta) 204. —, Vorfall, Aetiologie 111.
— , Verletzungen 204. — , Eeimgehalt, Einfiuss auf d.
Lungenschwimmprobe 216. — , Aplasie 245. — , Cervi-
kalsegment 245. — 8. a. Hämatometra ; Hysterektomie ;
Hysterotomie.
Gebärmutter krebs, ungewöhnl. Formen 185. — ,
Erweiterung d. Kanals mit Bossi's Dilatator 265.
Geburt s. Entbindung.
Gefrierpunkt d. Blutes, Bestimmung 124. 218.
Gehirn^ Syphilis 65. 82. — , Symptome von solch, aus
b. Otitis media suppurativa 159. — , sekundärer Krebs
186. — , Geschwülste in d. Gegend d. Pens, d. Medulla
u. d. Oerebellum 252. — 8. a. Cerebrospinalfiüssigkeit ;
Encephalitis; Hirnabscess; Hirnentzündung; Hirn-
sinus ; Kleinhirn ; Meningitis ; Zwischenhirnoliveobahn.
Gehirntabes 11.
Gehör, Prüfung (mit d. Sprache) 38. (mit d. Stimmgabel)
39. — , Reste b. Taubstummen 241.
Gehörempfindungen, subjektive 230.
Gehörgang, äusserer, tuberkulöse Erkrankung d. Haut
47. — , Verschluss (angeborener) 138. (erworbener) 144.
— , traumat. Atresie 139. — , Fraktur 139. — , Gangrän
140. — , Verletzung, Entschädigungsansprüche 140,
350
Sach-Register.
•— , Fremdkörper 141. — , Forookel 142. •— , Entzün-
duDg (diffase) 143. (oroupöse) 143. — , Pruritus 143.
— , Chondrom 145. — , iixostoseo 145.
GehÖrkoöchelchen, Anatomie 28. — , Caries (tuber-
kulöse) 47. (b. Otitis med. suppur.) 154. — , operative
Entfernung 151. 175.
Gehörorgan, Anatomie u. Physiologie 28. — , Schall-
leitung 33. 34. — , d. Japan. Tanzmäuse 35. 36. — , ali-
gemein. Pathologie u. Therapie 38.
Geistesfähigkeiten, Bezieh, zum Umfang d. Kopfes
178.
Geistesstörung, b. Tabes dorsalis 12. — , nach Erd-
beben 67. — , im Zusammenhang mit Infektionskrank-
heiten 192. — S. a. Manie.
Gelatine, Anwendung b. Blutungen 06.
Gelatineserum gegen Glaskörperblutungen 96.
Gelenke, Tuberkulose, Diagnose mittels Röntgenstrahlen
100. — 8. a. Hammer-Ambosgelenk; Kniegelenk.
Gelenkentzündung b. Tripper 102.
Gelenkkrankheiten b. Tabes dorsalis 7. 8. 12. 139.
Gelenkrheumatismus, akuter, Knoohenverände-
rungen b. solch. 100.
Genitalien s. Geschlechtsorgane.
Gerinnung, d. Blutes (Einflnss d. Hodenextraktes) 19.
(Einfluss d. Lymphe) 51. — , d. Milch, Einfluss d. Er-
wärmung 89.
Geschichte, des Krebses 187. — , der Prostitution in
Frankreich (von TT. Hanauer) 224.
Gesohlecht, Zwischenstufen 1 10. — , Bezieh, d. Keim-
drüsen zur Bestimmung 245.
Geschiechtsem pf indung, mangelhafte des Weibes
(von 0. Adler) 110.
Geschlechtsorgane, b. Weibe (Bezieh, d. Erkran-
kungen zur Hysterie) 83. (Verhalten d. Leukocyten b.
Krankheiten ders.) 125. — 8. a. Chorio- Epithelioma.
Geschwür, peptisches im unteren Theile des Oeso-
phagus 72. — , im Duodenum, Bezieh, zu Nierenkrank-
heiten 259. — S. a. Jejnnum; Magengeschwür; Syphi-
lide ; Ulcus.
Geschwulst, Bezieh, d. Epithels zur Bildung 58. — ,
gutartige, Mikroorganismen in solch. 58. — , Behand-
lung mit Röntgenstrahlen 104. — , Bösartigkeit 185. —
S. a. Adenom; Angioma; Atherom; Bauchgeschwülste;
Blutgeschwulst; Cholesteatom; Chondrom; Chorio-Epi-
theliom ; Cyste ; Endotheliom ; Exostosen ; Fibrom ; Fuss-
geschwulst; Granulationgesohwulst; Haargeschwulst;
Haematocele; Lipomyom; Lunge; Nervus acusticus;
Othämatom ; Papeln ; Pleura ; Prostata; Rhabdomyom ;
Sarkom.
Gesicht, hämorrhag. Oedem b. Tabes dorsalis 8.
Gesiohtsinus, Bezieh, zu Ohrenkrankheiten 43. — ,
Untersuchung mit Röntgenstrahlen 98.
Gewebe, adenoides in d. Tuba Eustachii 30. — , Wider-
stand gegen Carcinom mit starker Zellproliferation 59.
— , Veränderungen durch Röntgenstrahlen 103.
Gewicht, Zunahme (b. Neugeborenen) 207. (b. Kindern
vor d. Tode) 207.
Gicht, Erkrankungen d. Gehörorgans 130.
Gift s. Diphtheriegift; Protoplasmagifte.
Glaskörper, Behandl. d. Blutungen 96.
Gliedmaassen, syphilit Erkrankungen der Knochen
102. — S. a. Arm.
Glykogen, Stoffwechsel b. Fieber 60. — , Entstehung
aus Körpereiweiss 61. — , Bedeutung f. d. Entzündung
u. Eiterung 61.
Glykosal, therapeut. Anwendung 188.
Glykosurie, b. Tabes dorsalis 8. — , b. Ohrenkrank-
heiten 135.
Gonorrhöe s. Tripper.
G 0 n 0 s a n , therapeut. Anwendung 188.
Granulationgeschwulst, tuberkulöse d. Ohrläpp-
chens 47. 145.
Greisenalter, Auftreten d. Tabes in solch. 9.
Grundzüge, der Ernährungstherapie (von Bircher-
Benner) 109. — S. a. AÜas.
Gymnastik, b. Tabes dorsalis 15. 16. — , u. Massage
als Heilmittel (von Ä, Hoffa) 222.
Gynäkologie, d. Oalen {yon Joh, Laehs) 112. —S.a.
Frauenkrankheiten ; Lapa^tomie.
aarausfall (von Arthur Kann) 221.
Haargeschwulst im Magen 2(X).
Hackfleisch, Conservirung mit schwefelsaurem Natioo
216.
Hämatooele,im Unterleib, Behandlung 203. — , soÜ-
täre im Unterleib 264.
Hämatokrit 26.
Haematometra nach d. Entbindung 265.
Hämoglobin, Austritt aus d. Blutkörperchen 26.
Hämoglobinurie, paroxysmale 266.
Hämolyse, durch Blutserum 22. — , Bezieh, d. Milx
zu solch. 51. — , Bezieh, zur Synoytiolyse 85. — , bei
experimentellen Infektionen 181.
Hämolysin d. Streptokokken 181.
Hämophilie, Erkrankung d. Gehörorgans 130.
Hämorrha^ie s. Blutung.
Hämorrhoiden b. Kindern 261.
Hämostaticum, Adrenalin 61. — , Gelatine 96.
Hafermehl, Anwendung b. Diabetes u.Diaceturie I88w
Hammer-Ambosgelenk, Anatomie 28.
Hammergriff, Beweglichkeit 41. — , Verwachsang
mit d. inneren Paukenhöhlenwand 176.
Hand, Missbildung, untersuch, mit Röntgenstrahlen 96.
Handbuch, d. Anatomie (von W, Franse) 107. — , d.
Ernährungstherapie u. Diätetik (von E. Leiden tl
0, Klemperer, 1. Bd.) 109. — , d. gesammten Augen-
heilkunde (von Cfraefe-Saemiseh, 2. Aufl.) 110. ~,
encyUopäd. d. Schulhygieine (herausgeg. von R, Wek-
mery l.Abth.)112. —, d. Hautkrankheiten (von MnoU:)
221. ~, d. bahnärzti. Praxis (von G. HsrxfM) 223.
Harn, Untersuchung mit d. Refraktometer 27. — , Nach-
weis von Metallen mittels d. Capillarmethode 50. — ,
Quecksilber in solch. 50. — , Zucker in solch, b. Ohr-
krankheiten 135. — , Stickstoff in solch, b. Phosphor-
vergiftung 178. — , HamstbfFbeetimmung 178. — , Mono-
sulphosäure in solch, bei Phosphor Vergiftung 178. —
S. a. Diaceturie.
Harnröhre, Blennorrhoe, innerl. Behandlung 188.
Harnstoff, im Blute 177. — , Bestimmung im Harn 178.
Haut, tuberkulöse Erkrankung im äusseren Gehörgange
47. — , Infektion von solch, aus, Bildung von Antikörpern
54. — , Papeln b. Syphilis 82. — , Wirkung d. Böntgon-
strahlen 97. — , Schutz gegen Röntgenstrahlen 102.
~, Verbrennung (durch Röntgenstrahlen) 102. (Blut*
befund) 125. — , Wirkung d. Finsenlichtes 103. — ,
Erkrankung b. Wanderratten 248. — S. a. Beiträge.
Hautemphysem, nach Katheterismus d. Tuba Snsta-
chii 135.
Hautkrankheiten, Wirkung fluorescirender Stoffe
61. — , therapeut Anwendung d. Röntgenstrahlen 106.
— , Verhalten d. Blutkörperchen 125. — 8. a. Acan-
thosis; AÜas; Ekzem; Exanthem; Handbach; Herpes;
Vitiligo.
Hedonai, Wirkung u. Anwendung 62.
Hefe, Selbstverdauuug 53. — 8. a. Bierhefe.
Hefenucleinsäure, Spaltung durch Bakterien 49.
177.
Heilgymnastik 222.
Helmitol, Wirkung u. Anwendung 64.
Hemichorea, Lokalisation 191.
Hemiplegie b. Tabes dorsalis 11.
Hernie, eingeklemmte, Behandlung mit Atropin 251.
Heroin als Anaphrodisiaoum 188.
Herpes d. äusseren Ohres 144.
Herz, Erkrankung b. Tabes dorsalis 5. — , üntenuchoii|
mit Röntgenstrahlen 101. — , neurogene u. myoge«
Theorie d. Thätigkeit dess. 113 flg. --, OangliemeUm
in solch. 113 flg.
Herzkrankheiten, Theobromin als Schlafmittel %2
Herzmuskel, Bezieh, zur Herzthätigkeit 119 flg.
Sach-Segister.
351
HerznerTen, hemmende q. besohlennigende 113 flg.
fietol, Wirkung o. Anwendoog 70. 178.
Hinterstränge d. Rückenmtffkes, VerftndeniDgen bei
Ikbes doTUÜis 1. 2. 3. 8.
HirnabsoesB, nach Otitis 156. 157. 158. 159. — ,
Symptome 160. 162. — , Darohbrnoh in d. ProoesBus
mastoidena 161. — , operative Behandlang 161.
fiirnentzündnng, akute hämorrhagisohe, naoh Otitis
162.
Hirnnerven, Dmok von Oesohwälsten auf solche 252.
Hirn Sinns, Thrombose, Behandlang 163. 164. — S. a.
SinDS sigmoideos.
Hirnsymptome naoh Otitis media sapporativa 159.
Hode 8. TestikeL
fiodgkin*s Krankheit, Verhalten d. Blates 127.
Höhenklima, Einwirkung auf d. Blut 18. 19.
Hörapparat, transportabler 187.
flörnerv s. Nervus.
Hörft bangen b. Taubstummen 241. 242.
Hörvermögen, naoh Totalauf meisselung d. Processus
mastoideus 237.
Homogen tis in säure, Entsteh, aus Phenylalaoin 49.
Hornhaut s. Keratitis.
Hüftgelenk s. Coxitis.
Hnfschlag, Quetschwunde d. Unterleibs 95. — , gegen
d. Ohr, partielle Labyrinthtaubheit 232.
numerus, Fraktur, Untersuch, mit Röntgenstrahlen 99.
Hund, Resorption u. Spaltung d. Disaccharide imDüno-
darme 52. — , pept. Geschwür d. Jejunum naoh Oastro-
enterostomie 208.
Hydrargyrum, Anwend. b. Tabes dorsalis 15. 16. — ,
im Harn 50.
Hydrops, medikamentöse Behandlung 64. — 8. a.
Ascites.
Hydrotherapie, b.Tabes dorsalis 15. — , b. Lungen-
entzündung 70.
Hy gl ei n e , Chirurg. Aseptik u. Antisepsis (von 0. Wüxd)
222, — ^ d. Bergmanns (von H, Ooldmann) 224. ~
8. a. Handbuch; Lehrbuch; Bchulhygieine ; Volks-
hygieine.
Hyperästhesie b. Tabes dorsalis 11.
Hyperthermie, Glykogenstoffweohsel b. solch. 60.
Hypnoticnm, Theobromin 62.
Hysterektomie b. Puerperalinfektion 87.
Hysterie, Bezieh, .zu d. weibl. Geschlechtsorganen 83.
— , Ohrenkrankheiten b. solch. 130. 131.
Hysterotomia vaginalis anterior 85.
Jah r b n c h f. sexuelle Zwischenstufen (von M. Hirsch-
fM, 2. Bd.) 110.
Ideenflucht, Wesen u. Beziehungen 67.
Jejunum, pept. Geschwür nach Gastroenterostomie b.
Hunde 206.
Ikterus b. Lungenentzündung 69.
lleocolostomie b. Verschluss u. Verengerung d. Darms.
208.
Ileus, Narkose b. d. Operation 257.
Imbeoillität, Wesen u. Erscheinungen 193.
Immunität, Bezieh, zum Ause 54. — -, gegen Milz-
brand 56. — , gegen Streptokokken 57. lol. — , gegen
Syphilis, Vererbung 79. — , natürliche, Vorgänge b.
solch. 180.
Immunkörper, Eigenschaften u. Wirkungsweise 55.
Indolreakktion, Ekrlieh*8 2bß.
Infektion, von d. Haut aus, Bildung von Antikörpern
54. — , Verhalten d. rothen Blutkörperchen 126. — ,
bu progress. pemiciöser Anämie 127. — , b. Ohrenkrank-
heitan 130. — , experimenteUe, Hämolyse b. solch. 181.
— 8. a. Puerperalinfektion.
lafektionkrankheiten, b. Kindern, Isolysine 181.
— ^ akute, Einfl. auf d. Leukämie 183. — , Bezieh, zu
Geistaastorung 192. — , b. Amseln 248.
Inf 1 u e n z a , Ohrenkrankheiten b. solch. 45. — , Anwend.
d. Pyrenolfl 183. — , Bezieh, zu Appendicitis 261.
Infusorien im Darm 259.
Instrumente f. Ohrenoperationen 137.
Intelligenz, Bezieh, zum Umfang d. Kopfes 178.
Inunktionkur b. Tabes dorsalis 14. 15.
Invagination, der vorderen Magenwand in d. Oeso-
phagus 92. — , d. Darms (akute) 210. (VorfaU) 210.
Jod, Beaktion d. Leukocyten 125. — , Zusatz zum Trink-
wasser 216.
Jedipin, Böntgenbefund nach d. Injektion 101 .
Jodismus, Verhütung 63.
Jodoform, antisept Wirkung 63.
Iris, Bewegungen 179. — 8. a. Aniridie.
Isolysine b. Infektionkrankheiten d. Kinder 181.
Jugularvene s. Vena.
Rälte, Einwirkung (auf d.Blut) 18. (auf d. Körper) 18.
Kaiserschnitt, vaginaler 85.
Kali, hypermanganicum gegen Morphium Vergiftung 63.
— 8. a. Rhodankalium.
Kaninchen, Monosulfosäuren im Harn nach Phosphor-
vergiffcung 178. — , Veränderungen d. Präputialdrüsen
zur Brunstzeit 179. — , Septikämie 248.
Kapsel, Tenon*8che, Bedentang f. d. Sohieloperation 214.
Kardia, Muskelverschluss 72. — , Spasmus 72.
Katarrh s. Mittelohrkatarrh.
Katheterismus der Tuba Eustachii, Hautemphysem
naoh solch. 135.
Kehlkopf s. Larynz.
Keilbeinhöhle, Empyem, Behandlung 43.
Keimdrüsen, Bezieh. zur Geschlechtsbestimmung 245.
Keratitis exanthematica punctata b. Masern 213.
Keuchhusten, Anwendung d. Pyrenols 188.
Kiefergelenk, Ohrenschmerz b. Erkrankung dess. 238.
Kind, Tahes dorsalis 3. 5. — , Lungenentzündung 70.
— , Ernährung mit Kuhmilch 89. — , Oesophagusperfo-
ration 8i). — , Funktion d. Magens b. Verdauungskrank-
heiten 90. — , Isolysine b. Infektionkrankheiteu 181.
— , Prostatageschwulst 187. — , Zunahme d. Körper-
gewichts vor d. Tode 207. — , Hämorrhoiden 261. — ,
Chlorose 266. — 8. a. Säugling ; Schulkinder.
Kinderheilkunde s. Lehrbuch.
Kindersterblichkeit, Bezieh, zu Tetanus neona-
torum 206. — S. a. Säugling.
Kindesmord, Nachweis durch d. Lungenprobe 217.
Kleinhirn, Veränderungen b. Tabes dorsalis 2. — ,
sekundärer Krebs 186. — , Geschwülste an dems. 252.
— S. a. Ataxie.
Klima s. Höhenklima.
Klinik, deutsche, am Eingange des 20. Jahrhunderts
Serausgeg. von E, von Leyden u. Fdix Klempererj
ef. 82. 83. 87. 88. 93) 222.
K 1 y s t i e r , mit Albargin 26 1 . ~, ernährendes 261.
Kniereflex, b. Tab^ dorsalis 10. — , b. Lungenentzün-
dung 70.
Knochen, Blutungen in solch, b. Vögeln 51. — , Ent-
zündung, Entstehung 59. — , Untersuchung mit Röntgen-
strahlen 97. — , Atrophie 97. 102. — , Veränderungen
(b. akutem Gelenkrheumatismus) 100. (b. gonorrhoischer
Arthritis) 102. — , syphilitische Erkrankungen 102. —
8. a. Kopfknochen ; Ossifikation ; Osteoarthritis ; Schädel-
knochen.
Knochenkrankheiten s. Osteomyelitis.
Knochenmark, Bezieh, zu Leukämie 129.
Knochentuberkulose, Diagnose mittels Röntgen-
strahlen 100. — S. a. Gehörknöchelchen; Processus
mastoideus.
Knorpel, Ghondroitinschwefelsäure u. Oxaminosäure
in solch. 49. — , normale Ossifikation 53.
Kochsalz, Wirkung auf die Magensaftsekretion 201.
— , Surrogat 216.
Körpergewicht, Zunahme (b. Neugeborenen) 207.
(b. Kindern vor d. Tode) 207.
Körpertemperatur s. Hyperthermie.
Kohlensäurebäder, Wirkung 189.
Kopf, Bezieh, d. Umfanges zu d. geistigen Fähigkeiten
178.
352
Saoh-Begister.
Eopfkoochen, SchallleitaDg darch solche 39. 40.
Eoth B. Faecee.
Kothfistel, ingoinale, Darmresektion 21 1 .
Eraakheitend. Kehlkopfs n. d. Luftröhre (von Philipp
Scheck) 111.
Krebs, mit stip-ker Zelleoproliferation 59. — , d. Oeso-
phagus 72. — , Bezieh, zu Leukoplacia bucoalis 81. — ,
d. Ohrmuschel 146. — , Behandlung (mit Röntgen-
strahlen) 103.104.105. (mitCancroin) 185. — , Häufig-
keit in München 185. — , spontane Heilungsvorgänge
185. — , 2 verschiedene primäre im Verdauungskanal
186. — , sekundärer d. Gehirns u. Rückenmarks 186.
— , Geschichte dess. 187. — , d. Dickdarms, Operation
210. — 8. a. Epithelialkrebs ; Gebärmutterkrebs ; Magen-
krebs.
Kreosot, Anwend. b. Lungenentzündung 70.
Kreosotal, Anwend. b. Lungenentzündung 70.
Krisen b. Tabes dorsalis 7. 8. 10.
Kropf, Bezieh, zu Taubstummheit 239.
Kryoskopie s. Gefrierpunkt-
Kuh m i 1 c b , Einfluss d. Erwärmung auf d. Gerinnung 89.
— , ungekochte, Anwendung zur Kinderernährung 89.
Ijabyrinth, Blutgefässe 30. — , Pigment in solch. 32.
— , Schallübertragung auf dass. 33. — , Funktion der
Bogengänge 35. 37. — , Präparation methode 180. — ,
operative Eröffnung 229. — , Erkrankungen 231. — ,
Erschütterung 231. 232. — , Schussverletzung 232. — ,
Eiterung 233. 234. 235. — , primäre Entzündung 235.
— , Nekrose 235. — , Veränderungen bei Taubstumm-
heit 240. — 8. a. Otolithen.
Lähmung, b. Tabes dorsalis 7. 8. 11. 12. 14. — ^, d.
Stimmbänder 14. — , d. Plexus brachialis mit Bethoi-
hgung d. Phrenicus u. Sympathicus 64. — , d. Facialis
(gekreuzte) 64. (peripherische, operative Behandlung)
65. — , myasthenische 192. — , schlaffe b. Oompression
des Pyramidenbündels 192. — , nach Diphtherie mit
Ophthalmoplegie 213. — S. a. Entbindungslähmung.
Längenwach st hum, Gesetzmässigkeit dess. b. Men-
schen 50. — , d. Neugeborenen 207.
L a k t a g 0 1 als Laktagogum 250.
Laktation s. Stillen.
Laparotomie, b. perforirender Verletzung d. Unter-
leibs 95. — , gynäkologische, Naht d. Bauchwunde 202.
— , Drainage b. solch. 203. — , wegen multipler Bauoh-
abscesse 211. — , Thrombose u. Embolie nach solch.
272.
Laryngismus stridulus, Bezieh, zur Thymus 265.
Laryngopharynz, Form Verschiedenheiten 52.
Larynx, Verhalten bei Tabes dorsalis 7. 14. — S. a.
Krankheiten ; Operationlehre.
Lebensalter, Einfluss auf d. Blutbeschaffenheit 182.
Lebensversicherung, Bedeutung d. Ohrenkrank-
heiten 137.
Lober, Verhalten b. Tabes dorsalis 7. — , Einfluss auf
d. Zerstörung d. Blutkörperchen 51. — , Bezieh, zum
Magen 199.
Lebercirrhose, hypertroph. Beschaffenheit d. Blutes
125. — , mitMilzvergrösserung, Anämie u. Ascites 202.
Lehrbuch, d. klinischen Untersuchungsmethoden (von
A. Eulenburg, W, KoUe u. W. Weintraud, 1. Band) 108.
— , d. Kinderheilkunde (von 0. Heubner, 1. Band) 108.
— , d. Hygieine (von Ludwig Heim) 111.
Leichen, Beerdigung vom hyg. Standpunkte 217. — ,
Oonservirungs verfahren 217.
Leitfaden d. Röntgen Verfahrens (von F, Dessauer u.
B. Wiessner) 111.
Leucoplaoia bucoalis. Bezieh, zu Syphilis u. Krebs 87.
Leukämie, Verhalten d. Blutes 128. — , Bedeutung d.
Lymphoidzellen 128. — , myelogene 129. — . lympha-
tische (ohne Vergrösserung d. Lymphdrüsen) 139. (b.
Sarkomatose) 139. — , akute 129. — , b. megaloblast
Anämie 129. — , Einfluss akuter Infektionkrankheiten
auf dies. 188. — , ders. ähnliche Erkrankung mit Pur-
pura 201. — S. a. Pseudoleukämie.
Leukocyten, Einwirkung d. Temperatur 18. — , B^
zieh, zur Hämolyse 22. — , Zählung 26. — , Bedeatong
d. Jodreaktion 125. — , Verhalten b. Eiterungen 125.
— , b. Appendioitis 125. 261. — , Verhalten b. Fnneo-
krankheiten 263.
Licht s. FinsenUcht
Ligatur s. Unterbindung.
Linse s. Aphakie.
Lipämie 134.
Li pase im Blutserum 23.
L i p 0 m y 0 m , reddivirendes 187.
Lokalanästhesie, b. Ohrenoperationen 135. —, b.
Aufmeisselung d. Proc. mastoideus 226. — , mitOociin
u. Adrenalin 250.
Luft, quantitativer Nachweis von Chloroformdimpfa
u. Formaldehyd in solch. 50.
Luftballon, Blutbildung in d. Höhe 18.
Luftröhre s. Trachea.
Luftwege, Fremdkörper in d. oberen 220.
Lunge, Untersuchung mit Röntgenstrahlen 101. — ,
multiple Geschwülste 187. — S. a. Chirurgie.
Lungenentzündung, Mikroorganismen b. solch. 69.
— , Ikterus 69. —, Frührecidive 69. — , Abdomiial-
schmerz 70. — , b. Kindern, Westphal*s Phänomen 70.
— , Vorgänge b. d. Heilung 70. — , Behandlung: 8ali-
cyls. Natron, Kreoaot, Kreosotal, Püocarpinum mar.,
Hetol, Hydrotherapie, Alkohol 70. — , chronische 70.
— Formen 71. —, indurative 71. — 8. a. PneumoDia
Lungenkrankheiten, Diagnose mittels BöDtgen-
strahlen 101. — , specielle Pathologie u. Therapie (voa
Albert Fraenkel) 219.
Lungenschwimmprobe, Sicherheit 217. 218.
Lungentuberkulose, Ohrenkrankheiten b. solch. 4d.
— , Stillen b. solch. 88.
Lupus, Wirkung d. Röntgenstrahlen 105. 106. —, d.
äusseren Ohrs 144. — , d. Nasenschleimbant, Behaodl.
mit Pyrogallussäure 189.
Lymphdrüsen, Verhalten bei Leukämie 129. —t
Schwellung am Proc. mastoideus 154. — , regionire i
Oesophagus 243.
Lymphe, Einfluss auf d. Gerinnbarkeit d. Blutes 51.
Lymphgefässe d. Oesophagus 243.
Lymphocyten, amöboide Bewegungen 123. — , Ver*
halten d. Leukämie 128.
L y s i n s. Hämolysin ; Tetanoslysin«
niagen, Verhalten b. Tabes dorsalis 8. 9. — , Besorp*
tion, Verdünnungsekretion 52. — , FünfluRS dl Körper-
lage auf d. Entieerung 74. — ,Druokverhfiltni8Bin8olck.
74. — , Bewegungen 74. — , Eiweissverdauung in solch.
75. — , Sekretion, Einfluss d. Eiweis8es75. — , ürobitia
im Inhalt 76. — , Perkussion u. Auskultation 76. —,
Bacillen b. d. Milchsäuregährung 76. — , Bestimmang
d. Capacität 76. — , Funktion b. Veidaaungstönuigen b.
Kindern 90. — , Invagination d. vorderen Wand in d.
Oesophagus 92. ~, Resektion wegen Magaikrebs 9ä
266. — , subcutane Ruptur 94. — , Sarkom, Myosarkw
197. — , Phlegmone 198. — , Bezieh, zur Leber 196
— , Atonie 199. — , Sekretionstörungen 199. — , kctfk
199. — , Haargeschwulst 200. — , Wirkung d. Ver
Schluckens von Speichel 201. — , Wirkung d. Morphiai
201. — , Wirkung d. Somatose auf d. Motilitilt 201. -
— , Ansammlung von Gasen 259. — 8. a. Gastropto«
Kardia; Pylorua; Sanduhrmagen.
Magenerweiterung, Ursache, Symptome 199.
Magengeschwür, traumatisches 184. — , Diagnil
196. — , Vorkommen in Finland 196. — , BesidL wH
Sympathicus 196. — , Verhaltend. Salzsäure im Ma^
saft 196. — , Behandlung 196. 197. — , Hlufigket m
Heilung 196. — , Ernährung b. solch. 197. — , 6tm
nisohes, operative Behandlung 266.
Magenkrankheiten, Düferentialdiagnoeevon
heiten d. Oesophagus 72. —, diagnost Bedeni
Erbrechens u. d. Erbrochenen 75. — , Tetanie b.
200. — , Diät, Ernährung 201. — 8. a. Dyspepsie*
Saoh-Register.
353
Magenkrebs, Diagnose 76. 197. 199. — , chir. Behand-
loBg, Erfolge 92. 93. 94. ~, Symptome 197. — , Ope-
ntioQ 266.
Magensaft, Sekretion (Erregang daroh Eiweiss) 76.
(b. Siuglingcn) 90. (verminderte, Behandlang) 201.
(Einflosa d.£och8alse8) 201. — , Gewinnung durch Ans-
heberang 76. — , Verhalten d. Salzsäure b. Magen-
geachwür 196. — , Saperaoidität 199. — , Sapersekre-
tion, Pathogenese, Behandlang 199. 200. — , vom
Schweine, therapeut. Verwendung 201. — , Wirkung d.
Morphinm auf dens. 201.
Magenachleimhant, toxisch wirkendes Serum 57.
— , hämorrhsg. Erosionen 196. — , Verödung b. An-
ämie 199.
Magenaonde s. Narkoeenmagensonde.
Magnet, Entfernung von EisenspUttem aus d. Auge mit
solch. 215.
Malaria, Wesen, Symptome 194. — , im nordwestl.
Deutachland 194. — , im europäischen Bnssland 195.
— , Wirkung d. Euchinins 250.
Mammt, Adenom mit Cystenbildungu. schleimiger Ent-
artong 187.
Manie, epileptische 67.
Manometer s. Sphygmomanometer.
Masern s. Morbilli.
Masoohismus 110.
Massige, b. Tabes dorsalis )5. — , als Heilmittel 222.
— , Technik 222. — S. a. Pneumomassage.
Mastdarm s. Rectum.
Mastitis, Stillen b. solch. 86.
Mana s. Tanzmaus.
Median, spiritistisohes, gerichtl. Beurtheilung 68.
Megaloblasten s. Anämie.
Membrana, tectoria d. inneren Ohrs 31. — , tympani
8. Trommelfell.
Meniere*8cher Symptomencomplez 232. 233.
Meningitis, nach Otitis 168. 171. — , eiterige Diagnose,
Symptomatologie 169. 170.
Meryciamus 200.
Mesenterium, Schwund, Bezieh, zu Volvulus 209.
~, Thrombose d. Blutgefässe 267.
Mesotan, Wirkung u. Anwendung 187.
Metalle , Mach weis im Harn mittels d. Capillarmethode 50.
Metatarsus, Fraktur, Untersuchung mit Röntgen-
strahlen 101.
Meteori8mus259.
Methämoglobinämie, intraglobuläre 126.
Methylenblau gegen Diarrh^ 251.
Mikrococcus, b. Beptikämie d. Kaninchen 248.
Mikroorganismen, in gutartigen Geschwülsten 58.
— , im Uterus, Elinfluss auf d. Lungenschwimmprobe
216. -, Züchtung 249.
Mikroskopie, diagnosi Verwendung 108.
Milch, uneekochte, Verwendung als Kindemahrung 89.
-, Beziehung zur Säuglingsterblichkeit 206. 207. —
8. a Frauennulch ; Kuhmilch ; Laktagol.
Milchdrüse, Leistungsfähigkeit 88. — 8. a. Brust-
dröae; Mamma; Mastitis.
Milohsäuregährung im Magen, Bacillen b. solch. 76.
Militärtauglichkeit, Bedeutung d. Ohrenkrank-
heitBol37.
Mi Is, Wechselbezieh, zwischen Bau u. Funktion 19. — ,
Besieh. zurHämolyse 51. — , Einfluss auf d. Zerstörung
d. Blutkörperchen 51. — , Blutcirkulation in ders. 179.
p) Vergrösaerung b. Lebercirrhose 202. — S. a. Anämie.
Milzbrand, natnrl. u. künstl. Immunität 66.
Mia er a 1 w ä 8 s 6 r , Einfl. auf d. osmot. Druck d. Blutes 1 9.
||io8i8, period. einseitige 214.
Xiacknarkose mit Lachgas 91.
Xiaabildung, Untersuchung mit Röntgenstrahlen 97.
9a 101. ~, d. Ohrmuschel 138. — , d. Mittelohrs 146.
--, b. Atreäia ani congenita 213. — , amniotisohe 244.
— 8. a. BUdungsfehler.
Mittelfuas s. Metatarsua.
Mittelohr, Anatomie 28. — , Blutgefässe 30. — , Pby-
Med. Jahrbb. Bd. 281. Hft. 3.
Biologie 33. — , Bildungsfehler 146. — , Verletzung 146.
— , operative Freilegung 225. — , Veränderungen b.
Taubstummheit 240.
Mittelohrkatarrh, Pathologie 147. — , Behandlung
148. 149. 173. — , eitenger (Aetiobgie) 152. (b. Säug-
lingen) 153. (Symptomatologie) 154.
Monosulphosäuren im Harn b. Phosphorvergiftung
178.
Morbilli, Ohrenkrankheiten 45. — , Augenstörungen 1 13.
Morphium, mit Scojpolamin, Verwendung zur Narkose
63. — , Vergiftung, Behandl. mit Übermangans. Kaii 63.
--, Wirkung auf d. Magen 201. --, als Heilmittel (von
E, Ro8enbaeh) 219.
Mortalität s. Sterblichkeit
München, HäuJBgkeit d. Cardnoms 185.
Mund s. Leucoplacia.
Musculus tensor tympani, Bedeutung 35.
Muskelfasern, Wesen d. Querstreifung 178.
Muskeln, Verhalten b. Tabes dorsalis 7. 8. 10. — , glatte,
Nudeinspiralen im Korne d. Stellen 178. — S.a. Augen-
muskeln; Myasthenie; Myoklonie.
Mutter, Behandlung d. Syphilis während d. Schwanger-
schaft, Einfluss auf d. Foetus 78.
Muttermilch s. Frauenmilch.
Myalgie, medikamentöse Behandlung 250.
Myasthenia gravis pseudoparalytica 192.
Mydriatioum, Eumydrin62.
Myoklonie, proeresdve 191.
Myoklono-lfpiTepsie, progressive 191.
Myom s. lipomyom; Rhabdomyom.
Myosarkom d. Magens 197.
Myxom d. Ohres 229.
Nachkommenschaft hereditär Syphilitischer 79.
Nährkly8tiere261.
Nafalan, Anwendung 251.
Nahrung, Energiespannung 109.
Naht s. Etagennaht
Narbe, pulsirende am Trommelfelle 154.
Narkose, mit Morphium u. Scopolaoun 63. — , mit
Laohgasgemischen 91. ~, b. Heus 267.
Narkosenmagensonde 267.
Nase, Bezieh, d. Nebenhöhlen zu Ohrenkrankheiten 43.
— , Syphilis b. Neugeborenen 77. — 8. a. Operation-
lehre ; Rhinosklerom.
Nasenhöhle, Operationen in solch, b. Ohrenkrank-
heiten 43.
Nasenkrankheiten, Beziehung zu Ohrenkrankheiten
42.43. .
Nasenraohenhöhle, Operationen in solch, b. Ohren-
krankheiten, Bezieh, zu Ohrenkrankheiten 42. 43.
Nasenschleimhaut, Lupus, Behandlung mit Pyro-
gallussänre 189.
Natron, nitrosum, Anwend. b. Tabes dorsalis 15. — ,
salioylicum (Anwend. b. Pneumonie) 701. (als Urs. von
Erkrankung d. Acustious) 236. ~, sulphurosum, Con-
servirung von Fleisch mit solch. 216.
Nebenhöhlen, d. Nase (Bezieh, zu Ohrenkrankheiten)
43. (Untersuchung mit Röntgenstrahlen) 98.
Nekrose, d. Labyrinths 235.
Nephritis, syphilitica praecox 82. — , diffuse, Ver-
halten d. Blutes 126.
N e r V e n , d. Herzens (beschleunigende u. hemmende) 113.
(Endigung im Herzen) 115. — , d. Sohnecke, Atrophie
b. Taubstummheit 240. -> S. a. Ganglienzellen ; Plexus.
Nervenkrankheiten, Cholin in d. Cerebrospinal-
flüssigkeit 177. — S. a. Dyspepsie.
Nervensystem, Diagnostik d. Krankheiten 109.
Nervenwurzeln, hintere d. Rückenmarks, Verände-
rungen b. Tabes dorsalis 1. 2. 3.
Nervöse Zustände u. ihre psych. Behandlung (von
0. Bosmbaeh) 139.
Nervus, aeusticus (Erkrankungen) 231. 236. (graue
Entartung) 236. (Neubildungen) 237. — , facialis (ge-
kreuzte Lähmung mit Bulbärsymptomen) 64. (Verletzung
45
354
Saoh-Register.
b. AufmeisselüDg d. Processus mastoideos) 229. — ,
phrenict48, Lähmang b. Erb'soher Pieznslfthmaog 64.
— , sympathicus (EiDÜass auf d. Speichelabsondernng)
52. (Lähmung s. Plexuslähmung) 54. (Antheil an d. In-
nervation d. Herzens) 115. (Bezieh, zu Magengesoh war)
196. (Neuralgie d. mesogastr. Lendentheils) 259. — ,
vagusy Antheil an d. Innervation d. Herzens 115. — ,
vestibiäaris, Verlauf 32.
Netzhaut s. Retina.
Neugeborene, Nasensyphilis 77. — , Pylorusstenose
198. — , Asphyxie, Behandlung 205. — , Tetanus, Be-
zieh, zur Kindersterblichkeit 206. — , Oewiohtzunahme
u. Längenwachsthum 207. — , Ophthalmie, Aetiologie
272.
Neuralgie, d. Proc. mastoideus 131. 231. — , d. Ohrs
236. — , medikamentöse Behandlung 250. — , d. meso-
gastr. Lendensympathicus 259.
Neurosen d. Gehörorgans 134.
Niere, Gytotoxin 57. — , Bezieh, zu Duodenalgeschwür
259. — 8. a. Nephritis.
Norwegen, Sterblichkeit d. Säuglinge 207.
Nucleinbasen, d. Faeces b. Fäulniss 49.
Nucleinsäure s. Hefenudeinsfiure.
Nucleinsjpiralen in d. Kernen d. glatten Muskel-
fasern 178.
Oberarm s. Humerus.
Oberschenkel s. Femur.
Obstruktion s. Stuhlverstopfüng.
0 e d e m , hämorrhagisches, b. Tabes dorsalis 8.
Oedembacillus 247.
Oesophagoskopie 72.
Oesophagotomie, wegen Fremdkörpern 73. 92.
Oesophagus, Krankheiten, Differentialdiagnose von
Magenkrankheiten 72. — , peptische Geschwüre im
unteren Theile 72. — , Krebs 72. — , Erweiterung 72.
•— , Striktur 73. —, Divertikel 73. — , Fremdkörper,
Oesophagotomie 73. 92. — , Druck Verhältnisse in dems.
74. — , Perforation b. Kindern 89. —, Invagination d.
vorderen Magenwand in dems. 92. — , Lymphgefässe
u. regionäre Lymphdrüsen 243.
Ohr, Operationen (Lokalanästhesie) 135. (Instrumente)
137. — , Hufschlag au dass. 232. — ^ S. a. Pathologie.
Ohr, mittleres, Anatomie 28. 8. a. Mittelohr. — , inneres
(Anatomie) 31. (Physiologie) 35. (Erkrankungen) 231.
(Verletzungen) 231. —, äusseres (Bildungsfehler) 138.
(Verletzungen) 139. 140. (Verbrennung, Verbrühung)
140. (Herpes) 144. (Lupus) 144. (Neubildungen) 145.
Ohrenheilkunde, Bericht über d. Leistungen 28.
130. 225.
Ohrenkrankheiten, Statistik (allgemeine) 41. (b.
Schulkindern) 41. 42. (b. verschiedenen Berufsarten)
42. — , Aetiologie (Nasenkrankheiten) 42. (Erkrankun-
gen d. Gesichtsinns) 43. (Scharlach) 43. (Diphtherie) 44.
(Masern) 45. (Influenza) 45. ( Abdominal typhus) 46.
(epidem. Parotitis) 46. (Tuberkulose) 46. (Osteomyelitis)
47. (Diabetes mellitus) 48. (Gicht) 130. (Hämophilie)
130. (Hysterie) 130. 131. (Syphilis) 132. —, Symptom-
atologie (Autophonio) 132. (Schwindel) 133. 136. (Neu-
rosen) 134. (Glykosurie) 135. —, Therapie 135. —, Ver-
hütung von Infektionen 136. — , Bezieh, zur Lebens-
versicherung 137. — , Bedeutung f. d. Militärtauglichkeit
137. — j Entschädigungsansprüche 140. — S. a. Schwer-
hörigkeit; Taubheit
Ohrgeräusche, subjektive 230.
Ohrläppchen, tuberkulöse Granulationgeschwulst 47.
145. — , Atherom 145.
Ohrmuschel, Missbildung 138. — , Blutgeschwulst
142. — , Perichondritis 1&. — , Angioma racemosum
145. — , Endotheliom 146. — , Carcinom 146.
Ohrpolypeu229.
Operationlehre, rhino-laryngologische (von H. Kauf-
mann) 111.
Ophthalmoplegie, b. diphther. Lähmung 213.
Ophthalmia neonatorum, Aetiologie 272.
Ophthalmoskopie s. Atlas.
Opotherapie s. Organextrakte; Plaoenta.
Obs. Schläfenbein.
Osmose s. Blut ; Druck.
Ossifikation d. Knorpels 50.
Osteoarthritis def ormans, Untersuchung mit Rönt-
genstrahlen 98.
Osteomyelitis, akute infektiöse, Erkrankung d. Ge-
hörorgans b. solch. 47.
0 1 a 1 g i a nervosa 230.
Othämatom 142.
Otitis, b. Scharlach 43. — , media, catarrhalis 147. 148.
149 flg. — , suppurativa (Aetiolode) 152. (b. Säuglingen)
153. (Symptomatologie) 154. (Folgekrankheiteo) 156.
(Behandlung) 173. — , interna, Pathologie 233.
Otolithen, Behandlung 37.
Otostroboskop 41.
Ovarium, Adenom, Aetiologie 186. — , interstitifilles
Gewebe 244. ~, Cyste, Blut in solch. 263.
Oxaminosäure, im Knorpel 49.
0 X y u r i B vermicularis, Vorkommen, Entwiokeluiig, Be-
handlung 255.
Pankreas, Sekretion 53. — , Zymogene u. Prozymo-
gene 53. — , Verletzung 243.
Pankreas ferment, Verdauung von EiweisskÖrpera
durch solch. 49.
PankreasverdauuDg, Endprodukte 53. — , Einfl. d.
autolyt. Ferments 178.
Papeln d. Haut b. Syphilis 82.
Paracelsus, sein Leben u. seine Persönlichkeit —
Das Buch Paragranum (von Fnmx, StrutM) 224.
Paracentese d. Trommelfells 151. 173.
Paraeanglien 179.
P a r aly s i s progressiva universalis. Bezieh, zu Tabes 6.
12. — , agitans, b. Tabes 8.
Parotitis, epidemische, Ohrenkrankheiten b. solch. 46.
Patellarreflex, b. Tabes 10. — , Verhalten b. Lnogeo-
entzündung 70.
Pathologia e terapia dell*orecchio (per Qiuseppt
Oradenigo) 220.
Paukenhöhle s. Trommelhöhle.
Pegnin, Wirkung u. Anwendung 187.
Penis s. Präputium.
Perfusion überlebender Organe 180.
Perichondritis d. Ohrmuschel 142.
Perimeter, Augenuntersuchung mit solch. 272.
Peritonitis, Bezieh, zu Appendicitis 271.
Perityphlitis, Behandlung 269. — , Peritonitis b.
solch. 271.
Perkussion d. Magens 76.
Pertussis s. Keuchhusten.
Pes varus equinus b. Verkürzung d. Tibia 246.
Pfeifenrauch, Zusammensetzung 216.
Phalangitis syphilitica 77.
Pharynx, Form Verschiedenheiten d. unteren Endes 52.
— , Polyp 72. — S. a. Nasenrachenhöhle; Betro-
pharyngealabscess.
Phenylalanin, Entstehung von HomogentiainBäaie
aus solch. 49.
Phlegmasia alba dolens b. Chlorose 201.
Phlegmone, d. Magens, Pathogenese 198.
Phosphorvergiftung, Gehut d. Harns an: Stick-
stoff 178. Monosulphosäuren 178.
Phrenicus s. Nervus.
Pigment im Labyrinth 32.
Pifocarpinum muriaticum, Anwendung b. Lnng«o-
entzündung 70.
Placenta, praevia, Behandlung 85. — , Verwendung
zur Organotherapie 85. 89. — , verwachisene, Utema-
ruptur nach Oreii'sohem HandgrifiiB 204. — , Wachs»
thum 245.
Plasma d. Blutes, Untersuchung 26.
Pleura, multiple Geschwülste lo7. — 8. a. Ghiraigie.
Pleuritis, Bezieh, zu Appendicitis 262.
Sach-Register.
856
Plexus brachialis, ErVsche Lähmung mitBetheiligung
d. PhrenicoB o. Sympathioos 64.
Pneamin, Wirkung u. Anwendung 187.
Pfl e n m 0 D i a desquamativa obliterans 71 .
PDenmoniekokken, Allgemeininfektion 69. — 8. a.
Diplococcos.
Poeamomassage b. chron. Mittelohrkatarrh 1 49.
Polyp, im Pharyux 72. — , im Mittelohr 229. — , d.
GoojimctiTa, Aetiologie 272. — 8. a. 8chleimpolypen.
PoDB, Oesohwülste in d. Gegend dess. 252.
Prficipitin, im Blute 21. — , Bindungsverhältnisse b.
d. Bekktion 55.
PrSputium, Drüsen dess. b. Kaninchen, Veränderun-
gen zur Brunstzeit 179.
Prakticum, ehem. f. Mediciner (you HeinrtehKiUant)
218.
Processus, mastoideus (Zellen dess.) 28. 29. (tuberku-
löse Erkrankung) 46. (Hyperästhesie u. Neuralgie) 131.
231. (Lymphdrüsenschwellung an solch.) 154. (Auf*
meisselong) 226 flg. (Wilde'&Qher Schnitt) 228. 8. a.
Fissnra. — , vermiformis (Folgen d. Unterbindung) 179.
(Entzündung, Behandlung) 259. 260. — , Erkrankung b.
Praoenkrankheiten 268. — 8. a. Appendicitis.
Prolapsus uteri, Aetiologie (von R. Ziegenspeek) 111.
Prostata, Geschwulst b. Kindern 187.
Prostitution, Geschichte ders. in Frankreich 224.
Protoplasmagifte, Einfluss auf d. Trypsinverdauung
177.
Prozymogene d. Pankreas 53.
Praritus im äusseren Gehorgang 143.
Psendoleukämie, Verhalten d. Blutes 127.
Pnerperaleklampsie, Behandlung 86. — , rasche
Entbindung b. solch. 265.
Puerperalfieber, Puerperalinfektion, Pro-
phylaxe u. Therapie 87. — , Hysterektomie b. solch. 87.
Puerpe r al s e p s i s , Behandlung mit Formalin 250.
Puerperium, Degenorationzeichen 255.
Palsiondivertikel d. Oesophagus 73.
Popill e, Verhalten b. Tabes dorsaUs 13. 14. — , Messung
214. — , springende 214. — , period. einseit. Miosis 214.
Pnpillometer 214.
Porpora b. megaloblast Anämie 201.
Pylorns, TastUirkeit von aussen 75. — , Resektion
wegen Krebs 93. — , primärer Krebs b. primärem
Rectumcarcinom 186. — , Verengung (b. Neugeborenen)
198. (durch Syphilis) 198.
Pyramidenbündel, Oompression, schlaffe Lähmung
mit Verschwinden d. Reflexe 192.
Pyrenol, therapeut Anwendung 188.
Pyrogallus säure, gegen Lupus d. Nasenschleim-
haut 189.
J*Qecksilber s. Hy drargy rum ; 8chmierkur.
aerschnitterkrankung d. Rückenmarks 66.
Qnergtreif ang d. Muskelfasern 178.
Qaetsohung, d. Magens u. Darms 94. 95. — , d. Aug-
apfels, Folgen 97.
Badiam strahlen, Wirkung u. Anwendung 249.
Hatten s. Wanderratten.
Bauch s. Cigarettenrauch ; Pfeifenrauch; Tabaksrauch.
fiaaschbrandbacillen 247.
BecesBus labyrinthi 32.
BecidiY, b. lipomyom 187.
Bectum, primäres Carcinom b. primärem Pyloruskrebs
186. ~, Fistel, Behandlung 211. 212. — , Vorfall, Be-
haodliuig 212. —, Fremdkörper 213.
Befleze s. Achillessehnenreflexe; Patellarrefleze ; 8eh-
nenrefleze.
Befraktometer, Untersuchung d. Blutes u. d. Harns
mit solch. 27.
Begenbogenhaut s. Aniridie; Iris.
Besektion, d. Magens wegen Krebs 93. 266. — , d.
Uaterkiefen, Abschluss d.Tuba nach solch. 148. — , d.
Dünndarms, ausgedehnte 208. — , d. Darms wegen
Kothfisteln 211.
Respiration, Verhalten b. Tabes dorsalis 12.
Retina, Ablösung, Operation 96.
Retropharyngealabscess, nach Otitis 172.
Rbabdomyom d. Zunge 187.
Rheumatin, Wirkung u. Anwendung 188.
Rheumatismus, Anwendung (d. ^^nols) 188. (d.
Glykosals) 188. — 8. a. Oelenkrheumatismus.
Rhinolaryngologsche Operationlehre (von
H. Kafema/rm) 111.
Rhinosklerom, Behandl. mit Röntgenstrahlen 106.
Rhodankalium im 8peichel 49.
Rippen, Untersuchung mit Röntgenstrahlen 101.
Rippenfell s. Pleura.
Rodagen, Wirkung u. Anwendung 187.
Röntgenstrahlen, med.- Chirurg. Anwendung 97 flg.
— , Untersuchung (Knochen) 97. 100. 101. 102. (Miss-
bildungen) 97. 98. 101. (Kopf) 98. (Gesichtshöhleo) 98.
(Brustorgane) "98. (Trachea) 98. (Sohussverletzungen)
99. (Syphilis) 99. (Arteriosklerose) 99. (Verdauung) 99.
(Frakturen) 98. 90. 101. (Fremdkörper) 101. (Lungen)
101. (Herz u. erosse Gefässe) 101. — , Verbrennung
durch solche 9». 102. — , Anfertigung Stereoskop. Bil-
der 99. — , Technik 99. — , Befund nach Jodipininjek-
tion 101. — , Wirkung auf d. Haut 102. — , Verände-
rungen in Geweben durch solche 103. — , therapeut.
Anwendung (Vorreaktion) 102. (Krebs) 103. 104. 105.
(Geschwülste) 104. (Sarkom) 105. (Lupus) 105. (Haut-
krankheiten) 105. 106. (Anämie) 106. (am Auge) 106.
— 8. a. Leitfaden.
Rückenmark, anatom. Veränderungen b. Tabes dor-
salis 1. — , Erkrankung b. Tabes dorsalis (Hinterstränge)
8. (Seitenstränge) 14. ~, Syphilis 66. — , Verletzungen
66. —, Querschnitterkrankung 66. —, sekundärer Krebs
186. — , Ck>mpression d. Pyramidenbündels 192. —
8. a. Ataxie ; Cerebrospinalmeningitis ; Dorsalmark.
Rückenmarkswurzeln, hintere, Veränderungen b.
Tabes dorsalis 123.
Rückgratsverkrümmungen (von 0. Vtdpiu8)222,
Ruhrbacillen, Diagnose, Biologie 248. 240.
Rumination b. Menschen 200.
Russland, europäisches, Malaria das. 1 95.
Saccus endolymphaticus, Empyem nach Otitis med.
suppurativa 159.
Sadismus u. Masochismus (von 0. Laurent, übers, von
Dolorosa) 110.
Säugen s. Stillen.
Säugling, Elastingewebe im Darme 53. — , Magensaft-
sekretion 90. — , chron. Emährungstörungen 91. — ,
Faeces (Gehalt an Säure u. Zucker) 91. (farbenanalyt.
Untersuchungen) 91. — , Otitis media suppurativa
133. — , Physiologie 178. — , frühgeb. u. schwächl.,
Pflege u. Ernährung 205. —, Sterblichkeit (Bezieh,
zur Ernährung) 206. 207. (in Norwegen) 207. — ,
Ekzem 206. — , Oberflächenmessungen, Bedeutung f.
d. Nahrungsbedvrf 243.
Säure in d. Faeces b. Säuglingen 91. — 8. a. Mono-
sulphosäure.
Salz s. Kochsalz.
Salzsäure, Wirkung auf d. Gallensekretion 62. — , im
Magensaft (Verhalten b. Magengeschwür) 196. (Ueber-
schuss) 199. — , Wirkung d. Morphium auf d. Aus-
scheidung 201.
Sanduhrmagen, Erscheinungen 197.
Santonin, gegen lancinirende Schmerzen b. Tabes dor-
salis 15.
Sarkom, d. Magens 97. — , d. Schädelknochen (Be-
handlung) 104. (d. Schläfenbeins) 146. — , Einwirkung
d. Röntgenstrahlen 105. — 8. a. Angiosarkom.
Sarkomatose, mit lymphat. Leukämie 129.
Sauerstoff, Aufnahme im Blutfarbstoff 51.
Scarlatina, Ohrenkrankheiten 43. — , Augenkrank-
heiten 213.
Schädelknochen, Sarkom 104.
Schafblattern, Aetiologie 58.
356
Sach-Register.
Schall, Leitung im Gehörorgan 33. 34. 35. — , Wahr-
nehmung d. Richtung 37. — , Eopfknoohenleitang 39. 40.
Scharlach s. Scarlatina.
Scheintod d. Neugeborenen, Behandlung 205.
Schielen s. Strabismus.
Schläfenbein, Sarkom 146. — , Cholesteatom nach
Otitis 172.
Schlafmittel, Theobromin 62.
Schlafsucht b. eiter. Mittelohrkatarrh 154.
Schleimhaut s. Magenschleimhaut; Nasenschleim-
haut.
Schleimpolypen,imOhr229. — , am Tubenwulst 230.
Schmerz, lancinirender b. Tabes dorsalis 10.
Schmerzempfindung b. Tabes dorsalis 8. 9. 11.
Schmierkur, Anwend. b. Tabes dorsalis 15.
Schnecke, Funktion 37. — , Erkrankungen 231. — ,
Atrophie d. Nerven b. Taubstummheit 240.
Schulhygieine, Ziele u. Aufgaben 112. — S.a. Hand-
buch.
Schulkinder, Häufigkeit von Ohrenkrankheiten 41 . 42.
Schussverletzung, Untersuchung mit Röntgen-
strahlen 94. — , d. äussern Ohres 140. — , d. Laby-
rinths 232.
Schwachsinn, Wesen u. Erscheinungen 193.
Schwangerschaft, b. Tabes 8. — , Zerreissung d.
Uterus 84. — , Syncytiolyse 85. — , Dauer 244. — ,
Wirkung d. Entartung d. Vaters in ders. 265.
Schwefelsäure s. Chondroitinschwefelsäure.
Schweinemagensaft, therapeut. Verwendung 201.
Schwerhörigkeit, nervöse bei Syphilis 132. — ,
Sprache b. soloh. 152.
Schwindel b. Ohren krankheiten 133. 136.
Soopolamin mit Morphium zur Narkose 63.
Sehnenreflexe, Verhalten b. Tabes dorsalis 10.11.
— , Verschwinden b. Compression d. Pyramidenbündels
192. — 8. a. Achülessehnenreflez ; Patellarreflez.
Seiden fä den, mit Sporen imprägnirt, Aufbewahrung
249.
Seitenstränge d. Rückenmarks, Erkrankung b. Tabes
dorsalis 14.
Sekretion 53.
Selbstverdauung d. Hefe 53.
Sensibilität, syringomyel. Störung bei Tabes dor-
salis 189.
Septikämie b. Sinusthrombose 103. — , b. Kanin-
chen 248.
Serum, künstl. mit Erythrooyten zur Transfusion 19.
— , spermotoz. Kraft 19. — , Hämolyse 22. — , Bezieh,
zur Entstehung hämolyt. Ambooeptoren 22. — , gastro-
toxisches 59. — Gehalt an Eiweisskörpern 182. — ,
Verbindung d. Tetanolysin mit d. Proteiden 247. —
S. a. Antistreptokokkenserum ; Blutserum; Gelatine-
serum.
Serumdiagnostik d. Blutes 24. 25.
Sexualorgane s. Geschlechtsorgane.
Sialorrhöeb. Tabes dorsalis 189.
Sinus, caroticus, Anatomie 29. — , d. Gesichtsknochen,
(Bezieh, zu Ohrenkrankheiten) 43. (sphenoidalis, Em-
pyem) 43. (frontalis, Untersuchung mit Röntgenstrah-
len) 98. — , sigmoideus, Verletzung b. d. Aufmeisse-
lung d. Proc. mastoideus 238. — S. a. Hirnhaut
Sklerose d. Trommelhöhle 147. 148. — S. a. Arterio-
sklerose.
Sodalösung, erwärmte, desinficirende K raft 215.
Somatose, Wirkung auf d. Motilität d» Magens 201 .
Sommerfrische, Rücksichten auf Magenkranke 201.
Sonde s. Narkosemagensonde.
Spasmus d. Kardia 72.
Speichel, Rhodankaliumgehalt 49. — , Temperatur b.
Reizung d. Chorda u. d. Sympathicus 52. — , Ver-
schlucken, Wirkung auf d. Magen 201.
Speicheldrüsen, histolog. Veränderung nach Duroh-
schneidung d. sekretor. Nerven 52.
Speichelfiuss b. Tabes dorsalis 189.
Speisehäuser, Rücksicht auf Magenkranke 201.
Speiseröhre s. Oesophagus.
Sphysmomanometer von Riva^Boeei 27.
Spiralen s. Nudeinspiralen.
Spiritismus, gerichtl. Beurtheilung eines Medium 68.
Sporenseiden fäden, Aufbewahrung 249.
Sprache, Verwendung zur Gehörprüfung 38. — , der
Schwerhörigen 152.
Sprach taubheit vom Labyrinth ausgehend 231.
Statistik d. Todesursachen 217.
Status lymphaticus. Bezieh, zu plötzl. Tod 26ö.
Steigbügel, Anatomie 28.
Stenose, d. Darms, Arten, Behandlung 268.
Sterblichkeit, d. Kinder (Bezieh, zu Tetanus oeoai-
torum 206. — , d. Säuglinge (Bezieh, zur Ernihnifig)
206. (in Norwegen) 207.
Stereoskopie b. Röntgenbildern 99.
S t e r n u m , Untersuchung mit Röntgenstrahlen 101.
Stickstoff im Harn b. Phosphorvergiftung 173.
Stillen, Indikationen u. Gontraindikationen 88. —, Er-
nährung b. solch. 88.
Stimm band, Lähmung b. Tabes dorsalis 14.
Stimmgabel, Hörprüfung mit solch. 319.
Stirnhöhle, Untersuchung mit Röntgenstnhlen 98.
Stoffwechsel, d. Glykogens b. Fiebir 60. — , b. pro-
gress. pemiciöser Anämie 128.
Stottern, PaÜiologie u. Therapie 254.
Strabismus, Operation, Bedeutung der TeDon*8chen
Kapsel 214.
Strahlen s. Radiumstrahlen ; Etöntgenstrahleo.
Streptokokken, Immunität gegen solche 57. 187.
— , Hämolysin 181. — , Agglutination 181. — & a
Antistreptokokkenserum.
Streptokocoolyse 57.
Stria muscularis, Anatomie 31.
Stridor thymicus infantum 265.
Strikturd. Oesophagus 72. — , d. Darms 208.
Struma s. Kropf.
Strychnin gegen Tabes dorsalis 15.
Stuhlverstopfung, Behandlung 258.
Symphyse, Ruptur b. d. Entbindung 204. 205.
Sympathicus s. Nervus.
Syncytiolyse 85.
Syphilide, ulceröse, Aetiologie 80.
Syphilis, Bezieh, zu Tabes dorsalis 2. 3. 4. 6. 10. 13.
14. 82. — , Eiweissgehalt d. Blutes 49. — , d. Gehirns
65. 82. — , d. Rückenmarkes u. seiner Häute 66. — ^
Bezieh, zu Ulcus moUe 76. — , hereditäre (Pathologie
u. Therapie) 77. (Diabetes b. soloh.) 77. (Phalangitis
b. solch.) 77. (in d. Nase b. Neugeborenen) 77. (in d.
2. Generation) 78. (Einfluss auf d. Nacbkommenscbaft)
79. (Erscheinungen) 80. — , b. d. Mutter, Einfluss 1
Behandl. auf d. Foetus 78. — , Immunität, Vererbuog
79. —, ulceröse Syphilide in d. Frühperiode 80. — ,
bösartige u. schwere 80. 81. — , Beziehnng zu Leuco-
placia buccalis 81. — , akute Nephritis b. solch. 82.
— , Behandlung, allgemeine 82. — , d. Eingeweide 82.
— , Hautpapeln b. solch. 82. — , Beziehung zu Aorten-
aneurysma 82. — , Untersuchung mit Röntgenstnhleo
99. — , d. Knochen an d. Gliedmaassen 102. — , Er*
krankungen d. Gehörorgans 122. — , Pylorussteaose b.
soloh. 198.
Syringomyelie, Sensibilitätstörungen 189.
Tabakrauch, Zusammensetzung 216.
Tabes dorsalis, Begriff 2. — , Aetiologie (ßezifili. »
Syphilis) 2. 3. 4. 6. 10. 13. 14. 82. (VerleUnog) 4. 5
189. (Unfall) 5. (Tripper) 5. — , anatom. Verändern^
gen (d. Nervensystems) 1. 2. 3. (d. HinterstrtDge) 8
(d. Seitenstränge) 12. — , Bezieh, zu ArterioBkieros
u. Gefässerkraokungen 3. 4. — , b. Kindern u. jogendl
Individuen 3. 4. 5. — , Wirkung auf d. Nachkommen
Schaft 5. 6. — , Symptomatoi^fie (Ataxie) 4. 9. IC
(im Beginne) 6. 7. 8. 10. (Leber) 7. (Kehlkopf) 7. 1^
(Wirbelsäule) 7. (Muskeln) 7. 8. 10. (Magen) a 1
(Augen) 8. (Schmerzempfindung) 8. 9. 11. (SenaibflitS
Sach-Segister.
357
11. 189. (Reflexe) 10. 11. (lanoinirende Sohmerzen) 10.
(Kiiaen) 10. (Reepiratioii) 12. (Papille) 13. 14. (Sialor-
rhöe) 189. — , Chmplikalionen (Erkrankungen d. Her-
zens) 5. (ErkraakaDgend.Aorta)7. (Oelenkkrankheiten)
7. 8. 12. 189. (Lfthmnngen) 7. 8. 11. (Paralysis agi-
tan8)8. (Vitiligo) 6. 7. (Glykosurie) 8. (hämorrh.Oedem)
8. (Dupoytren'sche I^ngercontraktur) 9. (Oeistesstö-
roog) 12. (Fraktar) 13. — , Besieh, zn allgem. progres-
siver Paralyse 6. 12. — , Diagnose (inn Beginne) 7. 8.
13. ((^ytodiagnose) 14. — , Schwangerschaft u. Entbin-
doog b. solch. 8. — , Ai^treten im Oreisenalter 9. — ,
Oehimform 11. — , Heilbarkeit 15. 16. --, Behandlung
(Quecksilber) 15. 16. (Natron nitrosam) 15. (Hydro-
therapie) 15. Bewegungstherapie, Gymnastik, Uebungs-
therapie) 15. 16. (Massage) 15. (Strychnin) 15. (Ex-
tension) 15.
Tarn ponad e, b. Auimeisselnng d. Proo. mastoidens 227.
Tampondrainage, d. Beckenhöhle b. Laparotomien
203.
Tan s maus, japanische, Gebororgan derselben 35. 36.
Taubheit, hysterische 13r — 8. a. Sprach taubheit
Taubstummheit, Statistik 238. — , Verbreitung 238.
-, Ursachen 238. 239. — , Arten 238. 239. 240. (an-
geborene) 238. 240. (erworbene) 239. 240. — , patholog.
Anatomie 239. 240. — , galvan. Reaktion b. solch. 240.
-, Hörreste 241. — , Behandlung 241. 242.
Technik d. Massage (von Ä. Boffa) 222.
Temperatur s. Kälte; Wärme.
Tenon'scheEapsel, Bedeatung b. Schieloperationen
214.
Testikel, Extrakt, Einfl. auf d. Blutgerinnung 19.
Tetanie b. Magenkrankheiten 2(X).
Tetanas neonatorum, Beziehung zu Eindersterblich-
keit 206.
Tetanasbacillen, Geissein ders. 247.
Tetanaslysin, Verbindung mit d. Proteiden d. Serum
247.
The er, geruchloser 188.
Theobromin als Hypnotioum 62.
Theoein, Wirkung u. Anwendung 187.
Thränenwege, Anatomie 179.
Thrombose, d. Himsinus (nach Otitis) 163 flg. (Be-
handlung) 164. — , d. Bulbus Yonae jugularis 166. — ,
d. Meaenterialgefässe 267. — , nach Laparotomie 272.
Thymus, Bezieh, zum Laryngismus stridulus 265.
Tibia, Wachsthum u. Struktur d. oberen Epiphyse 106.
—, Verkürzung, Varus equinus 246.
Tod, Gewichtzunahme vor dems. b. Kindern 207. — ,
^tzlicher. Bezieh, zum Status lymphaticus 265. —
8. a. Ertriokungstod.
Todesursachen, Statistik 217.
Tonempfiodung im Ohre 33. 34. 35.
Tonometer von Gaertner 27.
Tox i n e , Bindnngs Verhältnisse 55.
Trachea, multiple Ekchondrome, Untersuchung mit
Böntgenstrahlen 98. — S. a. Krankheiten.
Trachom, Aetiologie 95. — , Epidemie 95.
Traktionsdivertikel d. Oesopha^gus 73.
Transfusion von künstl. Serum mit Erythrocyten 19.
Trepan f. d. Trommelfell 137.
Triferrin, Wirkung u. Anwendung 187.
Trigemin, Wirkung u. Anwendung 187.
Trinkwasser, Gevnnnung von keimfreiem durch Zu-
satz YOD Brom, Chlor u. Jod 216. — , Desinfektion 216.
Tripper, Bezieh, zu Tabes dorsalis 5. — , Gelenkent-
snndoog b. solch. 102. — , innerl. Behandlung 188.
Trommelfell, Bedeutung d. Spannmuskels 35. — ,
Beweglichkeit 41. — , Trepan f. solch. 137. — , Para-
oenteM (b. chron. Mittelohrkatarrh) 151. (b. Otitis
media suppurativa) 173. — , pnlsirende Narbe an solch.
154. — , alte Perforation, Behandlung 175.
Trommelhöhle, Lage d. Bulbus jugularis in solch.
29. — ^ Cyste in solch. 145. -— , Sklerose 147. — , Ver-
wachaiiDg d. Hammergriffs mit d. Innern Wand 176.
Trypain Verdauung, Einfl. d. Protoplasmagifte 177.
Tuba Eustachii (adenoides Gewebe in solch.) 30. (Kathe-
terisation, Hautemphysem nach solch.) 135. (Abschluss
in Folge von Unterkieferresektion) 148. (Striktur, Be-
handlung) 151. (Schleimpolyp am Wulst) 230.
Tuberkulose, d. Proc. mastoideus 46. — , d. Gehör-
knöchelchen 47. — , d. Knochen u. Gelenke, Diagnose
mittels Röntgenstrahlen 100. — S. a. Granulation -
geschwulst; Haut; Lungentuberkulose.
Tussis convulsiva s. Keuchhusten.
Typhlitis stercoralis, primäre akute 267.
Typhus abdominalis, Ohrenkrankheiten b. solch. 46.
Typhusagar, Verwend. zur Choleradiagnose 183.
Ulcus, molle. Bezieh, zu Syphilis 76. — , rodens, Be-
handl. mit Röntgenstrahlen 105. 106.
Unfall, Bezieh, zu Tabes dorsalis 5.
Unfallkrankheiten 9. Beitrag.
Unglücksfälle, erste Hülfeleistung 223.
Unterbindung, d. Vena jugularis 165. — , d. Wurm-
fortsatzes, Folgen 179.
Unterkiefer, Resektion, Abschluss d. Tuba Eustachii
nach solch. 148.
Unterleib, Schmerz in solch, b. Lungenentzündung
70. ~, Syphilis d. Drusen 82. — , Quetschung durch
Hufschlag 95. — , perforirende Wunde, Laparotomie
95. — , Symptome in solch, b. Erkrankung d. unteren
Dorsalmarkes 189. — , Hämatocele, Behandl. 203. — ,
Abscess (pericökaler) 211. (Laparotomie) 211. — , Druck
in dems. 243. 244. — , solitäre Hämatocele 264. —
S. a. Bauchgesch Wülste ; Bauch wunde.
Untersuohungsmethoden s. Lehrbuch.
Urobilin im Magen 76.
Wagina, Zerreissung (während d. Entbindung) 85. (mit
Darmvorfall) 95. — , Kaiserschnitt von ders. aus 85.
— , Chorionepitheliom in ders. 222. — , Aphasie 245.
Vagus s. Nervus.
Valeriana s. Baldrian.
Varus s. Pes.
Vegetarierdiät, Anwend. b. Frauen kraukheiten 83.
YeuA ßigularia (Lage d. Bulbus) 29. (Unterbindung)
165. (Thrombose d. Bulbus) 166. ' (Blutung aus solch,
b. Otitis) 171. — S. a. Fossa. — , mesenteriea, Ver-
letzung 95.
Verbrennung, Verbrühung, durch Röntgenstrah-
len 98. 102. — , d. Haut, Blutbefund 125. —,d. äusseren
Ohres 140.
Verdauung, d. Eiweisses im Magen 75. — , Anwend.
d. Röntgenstrahlen zur Untersuchung 99. — S.a. Pan«
kreasverdauung ; Selbstverdauung; Trypsin Verdauung.
Verdauungskrankheiten b. Kindern, Funktionen
d. Magens 90.
Verdauungsorgane, gleichzeit Vorkommen zweier
primärer Krebse 186. — , Physiologie u. Pathologie
195. 255.
Vergiftung s. Jodismus; Morphium; Phosphorver-
giftung.
Verknöcherung d. Knorpels 50.
Verletzung, Beziehung zu Tabes dorsalis 4. 5. 189.
— , d. äusseren Ohres 139. 140. — , d. Mittelohres 146.
— , d. inneren Ohres 231. — S. a. Abscess; Apha-
kie; Augenmuskeln; Beitrag; Gebärmutter; Magen-
geschwür; Rückenmark ; Unterleib ; Schussverletzung;
Vena; Wirbelsäule.
Veronal,' Wirkung u. Anwendung 187.
Verstopfung s. Stuhl Verstopfung.
Verunglückte, Behandlung bis zur Ankunft d. Arztes
(von Pistor) 223. — , erste Hülfe 223.
Vibrio d. Cholera, Diagnose 182. 183.
Viscosität d. Blutes 27.
Vitiligo b. Tabes dorsalis 7. 8.
Vogel, Blutungen in d. Knochen b. solch. 51.
Volkshygieine, Ziele u. Aufgaben 112.
Volvulus, der Flexura sigmoidea, Beziehung zum
Schwund d. Mesenterium 209. — , d. Coecum u. Ooloi^
ascendens 209.
358
Namen-Register.
IVachsthum, d. Knochen 100.' — , d. Eihüate nach d.
Fnichttode 244. — , d. Placenta 245. — S. a. Längen-
wacbsthnm.
Wärme, Wirkung aaf d. Blut 18. — , Wirkung d. lokalen
Applikation 60.
Wanderratten, Hautkrankheit b. solch. 248.
Warzenfortsatz s. Processus mastoideus.
Wasser, Verunreinigung durch Fäkalien, Nachweis
216. — 8. a. Mineralwässer; IMnkwasser.
Wasserdampf, strömender mit Formaldehyd als Des-
infektionsmittel 215.
Wassersucht, medikamentöse Behandlung 64. — S. a.
Ascites; Hydrops.
Wasserstoffsuperoxyd, Anwend. b. Otitis media
suppurativa 174. — , Zersetzung durch d. Blut 177.
Wechselfi eher, Wesen, Symptome 194. — , imnord-
westl. Deutschland 194. — , im europäischen Russland
194. — , Wirkung d. Euchinins 250.
Weib, mangelhafte Geschlechtsempfindung 1 10. — , Ver-
halten d. Blutes b. Krankheiten d. Genitalien 125. —
S. a. Frauenkrankheiten; Geschlechtsorgane; Milch-
drüse.
Wiederkäuen b. Menschen 200.
Wirbelsäule, Verhalten b. Tabes dorsalis 7. — , Ver-
letzung 66. — , Untersuchung mit Röntgenstrahlen 101.
— S. a. Rückgratsverkrummungen.
Wochenbett, Veränderungen d. Blutes 264.
Wunden, asept Behandlung, Erfolge 91. — S. a. Baocb-
wunde; Verletzung.
Wurmfortsatz s. Appendioitis ; Processus.
lL-8trahlen s. Röntgenstrahlen.
Zeitungen, Druck ders. HO.
Zellen, d. Warzenfortsatzes 28. 29. — , ProUfentioQ K
Garcinom 59. — , d. glatten Muskelfasern, Nucleio-
Spiralen im Kern 173. — , Bindung von Complementeo
durch solche 248.
Zielen. Aufgaben d. modernen Schulhygieine u. Volks-
hygieine (von J, Beminger) 112.
Zucker, in d. Faeces d. Säuglinge 91. ~, im Hirn
b. Ohrenkrankheiten 135. — 8. a. Disaccharide; Oly-
kosurie.
Zunge, Rhabdomyom 187.
Z wische nhirnolivenlDahn 65.
Zwischenstufen, sexuelle HO.
Zy mögen e d. Pankreas 53.
Namen-Register.
Abderhalden, E., 17. 49. 178. 216.
Abraham 100.
Abram, J. Hill, 195.
Aühard, Gh., 20.
Adler 37.
Adler, 0., HO*.
Adserdsen, B., 207.
Ageron 195. 196.
Aggurrotti, A., 51.
Albanus, G., 272.
Albarran, J., 57.
Albers-Schönberg 102.
Albesheim 48.
Albu, A., 198. 199.
Aldrioh, Charles J., 13.
Alossandri, H., 196. 197.
Alossandri, R, 58.
Alexander 31. 32. 35. 47. 145. 146.
148. 154. 162. 225. 231. 238. 240.
Aloxander-Katz, Willy, 195. 197.
Allen , Charles Warrenne van, 104.
105.
Alt, Ferdinand, 46. 132. 133. 138.
142. 148. 159. 162. 225. 230. 236.
Alter, W., 255.
Alterthum, E., 264.
Altsohüler, E., 216.
Amato, L. d\ 198.
Anfimow 8.
Anning, G. Paul, 195.
Anton 30.
Antony, F., 101.
Aroarisi, G., 99.
Argutinsky, P., 195.
Armand- Delille, P., 13.
Arullani, Pier Francesco, 6. 7.
Aseh 37.
Asooli, M., 246.
* bedeutet Büohenuizeige.
Ashe, E. Oliver, 195.
Aspelin, E., 25.
Audan, Jules Joseph, 7.
Audebert, J., 207.
Aufschlager 191.
Austin, A. E., 23.
Axisa, Edgar, 73.
Baber, Creswell, 43.
Babes, Aurel, 57.
Babinski, J., 13.
Babonnoix 4.
Backman, Wold., 195. 196.
Baginsky, B., 153. 235.
Bail, 0., 56.
Bain 51.
Baisch 84.
Balacescu 92.
Ballance, Charles A., 65. 159.
Ballance, Hamilton A., 65.
Ballantyne, Harold, 257.
Ballet, G., 7. 13.
Ballner, F., 216.
Barbier, H., 25.
Bard, L., 127. 128. 253.
Bardescu 93.
Barker, A., 159. 210. 258.
Barth, E., 7. 46. 47. 48. 130. 131. 133.
138.
Bartholdy, K., 99.
Baudelier 141.
Bauer, A., 7.
Bauermeister, Wilh., 50.
Baumgarten, F., 17. 20.
Baumstark, R., 256.
Bayer, H., 245.
Bayliss 53.
Beck, C, 20. 101.
Becker, E., 17.
Becker, Ph. Ferd., 188.
Behr 258. 261.
Behring, E. v., 206.
Bender, N., 205. 263.
Bender, 0., 186.
Bendersky, J., 198.
Benenati, U., 7.
Bennett, William H., 258.
Bentzen, Sophus, 7.
Berens 162.
Berg, Albert A., 195.
Bergeil, Peter, 178.
Bergmann, J., 200. 201.
Bemard, L., 57.
Bernhardt, M., 7.
Beminger, J., 112*.
Bertarelli 56.
Berthold 133. 173. 230.
Bertrand, Gabriel, 50.
Best 61.
Bethe 115. 118.
Beumier, Louis, 258. 260.
Beyea, Henry D., 198.
Bezold 147. 173. 174. 225, 228. 241,
Bezzola, C, 246.
Bial, A., 258. 261.
Bibergeil, C, 25.
Biokel, A., 23.
Biedermann 121.
Biehl 32. 138. 142. 162. 225.
Bielsohowsky, A., 214.'
Bing 39.
Bircher-Benner, M., 109*.
Bird, John T., 258.
Bischoffiswerder 1.
Bittorf, A., 257. 259.
Blassberg, M., 124. 125.
Blau, Louis, 28. 130. 167. 225.
Bloch, Friedrich, 162.
Bloch, Martin, 3.
Blumenthal^ Ferd., 108^
Namen-Register.
359
Blomer, George, 265.
Boas, I., 73. 195. 197.
Bochioeb, M. H., 7.
Bockhart, M., 14.
Bonniger, M., 52. 200. 201.
Bollinger 185.
Bonain 135.
Bonardi, Edooard, 1.
Borchert, Maz, 1.
Bonhaupt, L., 270.
Bo0c, F. J., 58.
BotescQ, H.., 95.
BooIeDgier, 0., 258.
Booigeois 159.
Brut 168.
Bradfute, C. S., 68.
BnunweÜ, Byrom, 3. 15.
Bnindenbarg 124.
Brasch^ Martin, 3.
Braan, H., 250.
Branostein, A., 74. 122. 156. 157. 158.
168.
Brehm, 0., 209.
Brohoo, Aime, 71.
BresgeD 142.
Breuer, R.<, 25.
Brickner, W. M., 100.
Brieger 46. 47. 168. 171. 173.
Brül, M. E., 257.
Biindel 136.
Blink, J. A. van den, 250.
Bhssaud, £., 1. 7. 13.
Broca, A., 28. 159. 168. 225.
Brodiel80.
Broeckaert 138. 225.
Brooks, H., 187.
Brooch, A., 217.
Brosiiis 3.
Brnaniet 13.
Brühl, Gustav, 28.
Bryant, J. H., 25.
Bach, Max, 257. 259.
Bachanan, Th. X, 105.
Bndberg, E., 250.
fiörkner 42. 174.
Hohe 30. 225. 227.
Bokovsk^, J., 80.
Bnmke 179. 214.
BoDUD, £., 86.
Borckhardt, Ernst, 266.
Borger 137. 232.
BoTgonzio, L. C, 200. 201.
Bnrkhardt, Ludwig, 200. 201.
Bomett 151.
Borns, F. 8., 100.
BoiT, W. R, 257.
Buton-Opitz, Bosse], 52.
Boschke, A., 77.
Bylsma 232. 233.
Caboehe 159.
Cbhn, A., 1.
OaTO, Arthur, 73.
Gunero' 178.
OunpbeU, W. A., 17.
QuDQs, JeaD, 13.
Gurega, A., 56.
Cariws, Albert, 195.
Ganara, M., 123. 124.
Qurez, Henri Gaston, 7.
CMoQ, P^264.
OiiqMaaohn93.
OHsirer, K., 7.
Dithenna, G., 248.
Qwtley, E., 197.
Cayla, Louis, 7.
Gazin, Maurioe, 258.
Geooni, A., 20.
Cestan, R., 13.
Charvet, J., 257. 259.
Chauveau 144. 145.
Chayaone 131. 231.
Cheinisse 197.
ChUds, 8. B., 107.
Chirioo, E., 124. 125.
Chobert 15.
Citelli 152. 175.
Claibome 225.
Cleaves, M. A., 107.
Clemm, Walther Nie, 258. 261.
Clero, A., 20. 126.
Cocq, V., 258.
Codman, £. A., 100.
Cohn 225.
CohD, Franz, 244.
Cohn, H., 110*.
Cohn, Paul, 3.
Cohn, R., 7.
Cohnheim, Paul, 74. 198. 199. 257.
258. 261. 265.
Coley, W. B., 104. 105. 107.
Collies, Joseph, 1. 7. 13.
Combemale 15. 251.
Con92.
Connal 142.
Conner 68.
Conor 68.
Constensoux, G., 15.
Coomes, M. F., 100.
Comell, W. B., 7.
Coste 92.
Gott 165.
Courant 179.
Cowl, W., 108*.
Crämer, Friedrich, 198. 199.
Crha, Antonin, 68.
Crombie, H., 101.
Cronquist, Johan, 194.
Crouoh 43.
Crouzon, 0., 13.
Cunningham 153.
Curlo, G., 257. 259.
Curtin, Boland G., 13.
Cuziner, Dan., 262.
Cyon 36.
Czaplewski 106*.
Czemy, V., 212.
Da Costa, J. C, 124. 126.
Dahlgren, Karl, 195.
Daily, Halls, 101.
Dalton, Norman, 7.
D'Amato, L., 198. 200.
Damianos, Nikolaus, 258.
Dammermann, H., 7.
Dansauer 248.
Darksche witsch, L 0., 15.
Dayidsohn 143.
Deaver, J. B., 101.
DeboYO 201.
De Buok, D., 7.
Dechy, Albert, 13.
Decker, J., 195. 197.
Deetjen 37.
De Grandi, Silvio, 247.
de la Camp 101.
Delavan, Bryson, 104.
Delestre, Miu'cel, 205.
Delherm 13.
Delius, H., 257. 259.
Delsaux 159. 160.
Denoh 153. 159. 225.
Denlcer 159.
Donnert 34.
Dennig, A., 198.
Dennis, Frederic F., 258.
Dent, C. T., 197.
Depontre 28.
Deschamps 272.
Dessauer, F., 99. 111*.
Destot 7.
Deucher 258. 261.
Devic, E., 186. 257. 259.
Dickinson 117.
Dieokhoff, 232.
Dietzer 98.
Dinkelspiel, E. M., 23.
Dobrovici, A., 13.
Dodge 68.
Dödorlein, A., 203.
Dömeny, F., 20.
Doerr, R., 248.
Dogiel, A. S., 115. 121.
Dolens 87.
Dollmann 150.
Dolorosa 110*.
Dombrowsky 249.
Dominici, M., 124. 126.
Donath, Julius, 7. 177. 258.
Dore 100. 107.
Doyen, M., 20.
Dudumi, Y., 82.
Düms, F. A., 223*.
Dützmann, M., 263.
Dufour, Henri, 13.
Y. Dunffem 55.
Dnnn, J. T., 105.
Dupuy-Dutemps 13.
Dwight, Thomas, 195.
•
Ebstein, Wilhelm, 68. 188.
Eodes, W. Mo Adam, 258.
Eckstein, G., 99.
Eoot7L
Edens, Ernst, 1.
Edlefsen, G., 257. 259.
Edwards. A. R., 127.
Egger, Max, 7.
Ehrnrooth, E., 257. 259.
Einhorn, Max, 128. 129. 198. 199. 200.
Eiseisberg, A. v., 222*.
Eisenberg, Ph., 55.
Eising, E., 100.
Ekehorn, G., 198.
Ellis, A. G., 103.
Eisner, Hans, 71. 195. 196.
Elscbnig 96.
Emanuel 69.
Emile- Weil, P., 126.
Enderlen 92.
Engelmann, F., 25.
Engehnann, Th. W., 114. 120. 122.
Ephraim 48. 172.
Erb, W., 3.
Esch weiler 33.
Espitallier, Jacques, 15.
Eulenburg, A., 15. 108.
Euleostein 48. 162.
Eversbusoh, Ose, 110*.
Eversmann, J., 206.
Ewald, C. A., 257. 259.
Exner, A., 97. 104. '
Vaber, Enud, 268.
Fahre, Paul, 15.
Falkenburg, C, 267.
360
Namen-Register.
Falloise, A., 62.
Falta, W., 49.
Faalhaber 99.
Faare, Maur., 4. 15.
FedermaoD, A., 258. 260.
FehliDg, H., 87. 203.
Fejer 97.
Ferenozi, Alexander, 13.
FerraDoini, Luigi^ 198. 200.
Ferren 47.
Field, C. W., 126.
Fieux, G., 89. 265.
Finger, E., 76. 79.
Fink 173.
FiBchel, Rudolf, 53.
Fischer, Bernhard, 71.
Fischer, Charles Samner, 73. 198.
Fischer, Emil, 49.
Fischer, Max, 200.
Fischl, Leopold, 198. 199.
Fiske 225.
Fittig, 0., 99. 103; 106.
Flatao, Georg, 7.
Fleiner, W., 198. 200.
Förster, Ottfrid, 7.
Foumier, A., 77. 78. 81.
Fowler, George Beyerson, 258.
Fraozkiewiczf Johann, 62.
Fraenkel, Albert, 219*.
Fraenkel, F., 100.
Fraenkel, Joseph, 252.
Francine, Albert P., 198.
Franck, Fr., 122.
Frank, Angost, 15.
Frankenhänser, F., 189.
Franklin, Milton, 99.
Freund, L., 100. 107.
Frey 39. 158. 159. 225.
Friedberger, E., 108*.
Friedemann, ü.. 124. .
Friedländer, Wilhelm, 4.
Friesboes, W., 112.
Froin 13.
Fromaget, C, 96.
Frost, W. D., 249.
de Frumerie 15.
Fuchs, Karl, 188.
Fümrohr, W. K., 66.
Füth, H., 244.
Fulton, Dudley, 4.
Qaldi 68. 198. 200.
Gallani, D., 20.
Gallavardin, Louis, 62. 186.
Gaskell 114. 117. 120. 121.
Gasparini, G., 20.
Gaucher 4.
Gauderer 145.
Gauducheau, A., 208. 261.
Gaule, J., 17.
Gauraud, J. E. J., 4.
Geets, Victor, 50.
Gelle 131. 231.
Genth 215.
Gerhardt, Ulrich, 52.
Gerngross, R, 258. 260.
Geronzi 174.
Ghedini, G., 57.
Ghon, A., 247.
Gibson, C. L., 211.
Gübert, W. H., 223*.
Gillet, V. H., 68.
GUlot 159.
Gladstone, R. J., 178.
Gläser, J. A., 4.
Glorieux 4.
Görke 154. 229. 237.
Goetjes, H., 258. 260.
Goldammer 101.
Goldflam, 8., 7.
Goldmann, H., 224*.
Goldscheider 109*.
Gombault 13.
Gomperz 142. 145. 173. 175. 176.
Goodal 51.
Gotschlich, £., 183.
Gottheil, W. S., 107.
Gotton, W., 99.
Gottstein 235.
GouiUioud 257. 259.
Goureyitsoh 8.
Grabin, Charles 8., 68.
Gradenigo, Giuseppe, 151. 175. 220*.
Graefe, A. von, 110*.
Grassberger, R., 247.
Grawitz, E., 108*.
Gray 135. 136.
Grebner, F., 15.
Grelck, Joh., 8.
Grönlund 231.
Gros, Edmond, 258.
Gross, Alfred, 8. 184. 257. 259.
Gross, Heinrich, 197. 198.
Grosskopf 142. 143.
Grossmann 154. 225. 227.
Grubbe, E. H., 105.
Grube, K., 17.
Grünfeld, R, 102.
Gruening 162.
Grützner, P., 263.
Grunert 135. 142. 156. 157. 158. 162.
165. 166. 225.
Guillain, G., 1. 8.
Gussenbauer, A., 212.
Guszman 4.
Gutzmann 152. 238. 242.
Guye 141.
Haab 110*.
Haasler 208.
Habermann, J., 148. 216. 238. 240.
Haga, E., 99.
Hagen 251.
Hagen-Torn, Oscar, 185. 244.
Hahn, G., 200. 201.
Hahn, M., 20.
Haike 29. 238. 240.
Haim, E., 100.
Halasz 232.
Halben, R, 179.
Halbron 13.
Hall, J. N., 68.
Hall-Edwards 100.
Halle, J., 266.
Halpern, Mieczyslaw, 178.
Ham, C. E., 73.
Hamburger, Franz, 219*.
Hammer 85.
Hammerschlag 35. 131. 146. 148. 159.
161. 225. 236. 238. 239.
Hammond, Graeme M., 15. 137. 225.
Hanauer, W., 224*.
Hansemann, D. v., 108*. 258. 260.
Hansen 155.
Hanszel, Friedrich, 219*.
Harland 154.
Harris 151.
Harrower 138.
Hasslauer 44. 45. 46. 152.
Hartmann, Arthur, 28.
Hang 47. 135. 136. 138. 141. 14.3.
146. 147. 172.
Hauser, G., 2. 58.
Hawkins, H. P., 126. 127.
Hecht 174.
Hecker, Th. y., 90.
Hedon, E., 17.
Heermann 43. 171. 232. 233.
Hegar, Alfred, 245.
Hegener l49. 150. 168.
HeUbronner, Karl, 67.
Heile, B., 63.
Heim, Ludwig, 111*.
Heimann 156. 159. 160. 162. 163. 168.
Heine 140. 171.
Heitz, Jean, 8.
Hellendall, H., 97.
Heller, A., 256.
Helly, K., 17.
Helman 143.
Henneberg 68. 237.
Henrard, E., 99.
Hensen 35.
Hering, H. E., 117.
Hermes 269.
Herzfeld 137. 162. 163. 223*. 235.
Herzog, H., 215.
Hess, 0., 184.
Hetsch, H., 183. 249.
Heubner, 0., 108*.
Hewes, Henry F., 257.
Hey, Julius, 192.
Hezel, Otto, 13.
Hilgermann 168.
Hinsberg 233.
Hirsch, C, 20. 61.
Hirschbruch 183. 248.
Hirschfeld, H., 123. 128. 129.
Hirschfeld, M., 110*.
Hirschlaff, Leo, 62.
Hirt, Wüü, 8.
His, W., 107*.
His d. J., W., 114. 117. 121.
Hitschmann, E., 128. 129. 201. 245.
Hoagland, H. W., 17.
Hochsinger, Carl, 77. 265.
Hödlmoser, C, 71.
Hoeflmayr, L., 15.
Hölscher 142. 159. 162. 163. 164. 22&
Hoerschelmann, Ernst, 250.
Hoffi^ A., 111*. 222*.
"flofmann, A., 245.
Hofmann, F. B., 113. 117. 121.
Hofmeister, F., 210.
Hoke, E., 246.
Holitscher, Arnold, 68.
Hollmann, W., 258.
Holmes, Gordon M., 4.
Holdi, H., 200. 201.
Hopkins, G., 99. 107. 174.
Holzknecht, G., 98. 99. 102. 111*.
Hubbard, J. C, 258. 260.
Huber 122.
Huber, A., 25.
Huber, F. 0., 68.
Huchzermeyer 15.
Hudovernig, C, 4.
Hübl, Hugo, 222*.
Hüfner 51.
Huet 8.
Huguenin, B., 198.
Hülst, H., 100.
Hummel 40.
Hunt, Ramsay, 252.
Hunter, W., 127.
Namen-Register.
361
Jaboalay 184.
Jacobi, A., 68.
Jacobi, R, 221*.
Jaoobeoho, M., 101.
Jaoobson 28. 135. 150.
Jafife, Max, 258.
Jakins 159.
Jakach, R v., 177. 178.
James, 6. T. Brooksbank, 4.
JanoSik 179.
Janowaki, W., 73.
Jansen 43. 45. 46. 132. 172. 173. 174.
Idelsohn, H., 4.
J^row 122.
Jelgeisma, Bernardos, 8.
Jenasen 68.
Jesionek 61.
Jiann, Joan, 246.
Inonye, Z., 73.
Joffiroy, A., 13.
Johannessen, Axel, 207.
JoUes, Adolf, 49.
JoUy 123.
JoUy, F., 66.
JoUy, J., 266.
JMescQ, Thoma, 261.
Joseph 31.
Ito, Sokehiko, 248.
Jorgens 138. 154. 172. 232.
JuDf, C. G., 255.
Jimgnickel, Hans, 71.
Joiasz 230.
Iwanow 39.
Kafemann,R, 111*.
Kahane, Max, 200.
üiserling, Otto, 74.
laihfleisch, E., 112*.
Kampmann 248.
lann, Arthur, 221*.
Karas, 8. R. y., 258.
Karewski, F., 222*.
lasten. F., 54.
lata 28. 147. 148. 172. 238. 240.
KnfinaDn 4. 138. 146.
Kaolmann, Frits, 196. 197.
Kaufmann, M., 85.
Kmftnann, Radolf, 177.
Kaaach267.
Kayaer 47. 138. 145. 159. 160. 204.
225.
K]UH[>p 132. 158. 235.
Ketys, L. Lowell^ 195.
Kaü^ Arthur, 198.
Kdling, Oeorg, 73. 195. 196.
Kenefiek 151.
Kien 172.
Kienböck, B., 100. 102.
Kiknchi2a
Kffiani, Heinrich, 218*.
Kinnaizd, J. B., 107.
ßppl46.
lireh, Radolf, 61.
Brchner 139. 140. 142. 143.
ßrikow, N. N., 124. 125.
Ester, J., 23.
Ehrali, E., 98.
Dein, A., 20.
Donschmidt 33.
Demperer, F^ 222*.
ISemperer, Oeorg, 109*.
Dienebemr. Carl, 198.
Pimeoko, W ., 249.
tlopetock, M., 108*.
tBoop,H., 244.
Med. Jahrbb. Bd. 281. Hft 3.
Kobert, F. W., 112*.
Kobert, Radolf, 112*.
Koch 287.
Koch, £., 257. 259.
Koch, Ph., 196. 197.
Köbel 238. 241.
Eöddermann, 0., 8.
Köhler, A., 98. 99.
König 150.
König, F., 222*.
Koeppen, A., 194.
Körmöcsi, £., 127. 128.
Kömer, 0., 48. 136. 141. 159. 160.
162. 163. 170. 173. 174.
Koettlitz, H., 195.
Kohn, A., 179.
Eohn, Hans, 68.
Kokabo, K., 23. 249.
KoUarits, Jenö, 8.
KoUe, W., 108*. 183.
Koller 159. 163.
Kollmann 188.
Komija, 0., 50.
Konstantinowitsch, W. N., 197. 198.
Kopczynski 66.
Korff 225.
Korobkow, K. J., 125.
Kosamann, R., 243. 244.
Eouindjy, P., 15.
Kowarsky, A., 108*.
Kraft, H., 99.
Kramm, William, 62.
Kraus, Fr., 109*.
Kraus, 0., 99.
Kraus, W., 107*.
Krecke, Albert, 198.
Krehl 114.
Kreidl 35. 238. 240.
Krepuska 45.
Kretschmann 230.
Kreuter, £., 209.
Krönig 91.
Krogius, AU, 104. 258.
Krone 69.
Kroneoker 116.
Kronfeld 104.
Kropf, Leo, 74.
Kuoharzewski, H., 56.
Külz 48.
Kümmel 162. 225.
Kuhn, Franz, 256. 257.
Kutscher, Fr., 53.
liaborde 137.
Lachs, Johann, 112*.
Lamann 143.
Lambotte, U., 246.
Lambret, 0., 100.
Lancashire 100.
Landolt, Edm., 110*.
Landow, M., 101.
Lang, G., 73.
Lange 248. '
Lange, £mil v., 50.
Langley 115. 117. 121.
Langstein, Leo, 49. 91.
Lannois 48. 131. 141. 231.
Lanz 268.
Laporte, G. L., 25.
Laqueur, Aug., 50.
Larger, Henri, 255.
Lassar, 0., 109*.
Lau 175.
Laurens 156. 158. 159. 168.
Laurent, £., 110*.
Lawson, D., 101.
Lazarus, A., 25.
Leber, Th., 110*.
Leclerc, M., 195.
Legres, G., 248.
Lehndorff, H., 128. 129. 201.
Lejeune, Felix Auguste, 15.
Leimgruber 31.
Leiner, Carl, 181.
Leiser 40.
Lemoine, G., 15.
Lemonnier 77. 78.
Lentz, C, 183.
Leonard, Ch. L., 107.
Leopold, G., 265.
Lepine, Jean, 4. 195.
Leredde, L. £., 15. 16.
Lermoyez 162. 165.
Lesser, Fritz, 63.
Lessing 103.
Leubuscher 217.
Leutert 162. 168. 173. 225.
Levene 168.
Levin, Ernst, 57.
Levi-aimgue 256.
Levy, L., 187.
Levy-Dorn, M., 99. 101.
Lexer, £., 59.
Leyden, E. v., 4. 109*. 222*.
Lewin 44.
Lichte, G., 4.
Lichtenstem, Robert, 195.
Lichtwitz 144.
Lindenmeyer 62.
Lindenthal 245.
Lindner, H., 71.
Linser, P., 4.
Lintvart 151.
Lissauer, W., 243.
Lochte 80.
Locke, £. A., 124. 125.
Lockwood, C. B., 71.
Lodge 162.
Löhnbera 232.
Loewit, M., 246.
Lohmann 53.
Loison, £., 101.
Lombard 162.
Lommel, Felix, 73. 101.
Lortat-Jacob 8.
Lossen, J., 71.
Love 225.
Lovelt 162.
Lucae 40. 150. 152. 167. 175.
Ludloff, K., 100.
Lumi^re, A., 25.
Lumiere, L., 25.
Lund, F. B., 101.
Lundborg, Hermann, 191.
Lutaud 4.
niaas, Otto, 5. 254.
Maass, F., 59.
Mc Adam Eccles 258.
Mc Auliffe 136.
Mc Bride 43.
M'Cormack 100.
Mo Cuen Smith 45.
Mo Keown 42.
Mc Kernen 173. 230.
Macleod, J. J. R., 73. 100. 103.
Mader 34. 39.
Madsen, Th., 56.
Maggiora, A., 248.
Magnus 112*.
46
362
Namen-Begister.
Maljean 258.
Manasse 132. 159. 160. 162. 188. 236.
Mann, Ludwig, 8. 30. 162. 165. 225.
Mantoux, Gh., 8.
lifaguin 251.
Haragliano, Y., 200. 201.
Harchais 257. 259.
Harchand, F., 202.
Marie, Pierre, 8. 13.
Marina, Alessandre, 2.
Marinescu, G., 192.
Marion 225.
Marsh, J. R, 105.
Marshall, £., 98. 200.
Martin, A., 222*.
Massier 225.
Mathes 217.
Mathieu, Albert, 7. 3. 195. 198. 199.
Matte 175.
Matthes, M., 25.
Maunsell, R. Charles B., 195.
Max 135. 174.
May 159. 225.
Mayer, Ludwig Carl, 200. 201.
Mayet, M., 25. 156. 217.
Maylard, £., 211.
Mayou, M. S., 106.
Meinel, Arthur, 74.
Meisel, R, 271.
Mense, C, 49.
Monzer 193.
Merkens 146. 160. 162. 168. 171.
Merklen, Pierre, 8.
Messedaglia, L., 20.
Meyer, Adolph H., 90.
Meyer, Ernst, 8. 250.
Meyer, Otto, 8.
Meyer, Robert, 243.
Moyjes 159.
Michaelis, H., 244.
V. Mikulicz 103.
MiUs, Gh., 101.
Minovici, St, 23.
Mintz, 8., 195. 196.
Miron 206.
Möbius, P. J., 1.
Moeli, C, 193.
Mohilla, K., lll*.
Mohr, H., 105. 185.
Mohr, L., 192.
Moll 131.
Molen, C, 20.
Moltrecht, M., 98.
Moor, Wm. Ovid, 63.
Moos 235.
Morax, V., 213. 272.
Morel, A., 20.
Morgenroth, J., 20.
Moritz 8.
Morris, M., 107.
Morris, Robert T., 262.
Morton, W. J., 104. 105.
Moser, R, 181. 196. 197.
V. Mosetig-Moorhof 71.
Moskowicz, Ludwig, 258. 260.
Moullin, C. W. MansoU, 195.
Moure 136. 173.
Mouselles 140.
Moynihan, B. G. A., 195. 197. 198.
Mraiek 221^
Muck 154.
Mühsam, R., 270.
Müller 134. 135. 159. 225.
Müller, Johannes, 73.
Müller, Leopold, 95. 96.
Müller, P. Th., 180. 247.
Müller, R., 143. 145. 173.
Münch, Karl, 178.
Munro, John C, 195.
Munter, 8., 16.
Mury8.
Musehold 150.
Muskens, L. J. J., 8. 9. 120.
IVagano, J., 52. 208.
Nageotte, J., 2.
Narath, A., 94.
Nattan-Larrier 168.
Nebecky, 0., 84.
Negro, C, 5.
Neisser, £., 123. 124.
Nespor 69.
Neuber, G., 91.
Neuberg, C, 49.
Neuburger 112*.
Neufeld, F., 181.
Neuhaus 269.
Neumann, Alfred, 74.
Neumann, F., 80.
Neutra, Wilhelm, 9. 183.
Newcomet, "W. S., 107.
Nicolas, M., 25.
y. Niessen 98.
Nonne, M., 5.
Nothnagel, H., 256.
Nutall, G. H. F., 23.
Obermaier, G., 216.
Obrastzow, W. R, 74.
Oelrich, J. D., 187.
Ogarkow, Alexander, 73.
Ggston, A., 123. 124.
Okamoto, Y., 23.
Olivetti, Bonainto, 71.
Opitz, Erich, 185.
Oppe, W., 258. 260.
Oppenheim, A., 258.
Oppenheim, H., 189.
Oppenheim, Moriz, 49.
Oppikofer 138. 141. 145. 159. 160.
161. 162. 168. 173. 225. 227.
Oppler, Bruno, 9. 74.
Orgler, A., 49.
Osterloh 204.
Ostino 47.
Ostmann 35. 41. 173.
Otto, R., 183.
Pacchioni, Dante, 50.
P&ndy, Coloman, 2. 5.
Panichi, Luigi, 69.
Pause 36. 133. 159. 168. 235.
Panzer 162.
Park, Roswell, 187.
Passow 173.
Paton 51.
Paviot, J., 198.
Payr, F., 270.
Peake, W. Harland, 195.
Pehu, M., 62.
Peiser, Julius, 258. 260.
Pels-Leusden 71.
Pelzl, Otto, 69.
Pennington, J. R., 107.
Pernet, G., 100. 107.
Perpere, Eugene, 9.
Perthes, G., 103.
Pesthy, Stefan v., 74.
Petrone, A., 17.
Petruschky, J., 216.
Pettersson, A., 56.
Pfahler, G. E., 101. 107.
Pfeiffer 198. 200.
Philippe, a., 9.
Phülips 225.
Phleps, Eduard, 67.
Pick, Alois, 143. 145. 198. 199. 23u.
Pierret 9.
Piffard, H. G., 99.
Piffl 48. 159. 162. 167. 168. 173.225.
228.
Pütz 122.
Hnard 87.
Pirquet 181.
Pistor 223*.
Pitres, A., 5. 9.
Plaut 73.
Poirier, £., 9.
Pohino, Oscar, 205.
Politzer, Adam, 28. 162. 235.
Pollak 141.
Polguere 13.
Pooley 225.
Pope, Curran, 16.
Poper 159. 161.
Pourreyron, Alfred, 5.
Pozzi, 8., 263.
Prausnitz, C, 182.
Pray, A., 180.
Preindlsberger, Jos., 213.
Preysing 159. 160. 161. 162.
Prince, L. H., 102.
Probst, M., 65.
Proesoher 57.
Proksch, J. K., 82.
Prota 46.
Prutz, W., 208.
Pstrokowski, Josef, 196. 197.
Pusch, H., 216.
Pusey, W. A., 107.
Putzurianu, Jon, 262.
9uinke, H., 82.
abinowitsch, L., 248.
Rad, Carl v., 5.
Raimondi, Raphael, 89.
Randall 39. 156. 235.
Raoult 46.
Raudnitz, R. W., 177.
Ravaut 14.
Raymond, F., 9.
Reach, Felix, 73.
Reokzeh, P., 127.
Read, D. M., 128. 129.
Rehn, L., 258. 261.
Reik 136. 138. 148.
Reinbaoh, Georg, 258. 261.
Reinhard, R, 140. 141. 147.
Reissmann 143.
Reitter, K., 123.
Reko 154.
Rene 255.
Rennie, George E., 9.
Renvers, R., 109*.
Revol, Louis, 198.
Rey, J. G., 208.
Rhein, J. H. W., 9. 16.
Riohter 141.
Rieder, H., 98.
Riegel, F., 73.
Riehl, G., 78.
Rigler, G. v., 20.
Rinehart, J. F., 105.
Ringel 93.
Rissmann, P., 265.
Namen-Register.
363
Biviero 238. 239.
RiTieie, dive, 197.
Boasenda, 0., 200. 201.
Bobio, Albert, 69. 257. 259.
Bobin, W., 197. 198.
Boeder 69.
BöhmaoD, F., 52.
Bomer, P. H., 215.
Bopke 42. 141.
Bohrer 144.
BoUins, W., 99. 101.
BoUy 60. 61.
Bommel 95.
Boosa, D. B. St John, 159. 161.
Böse, ü., 64.
Bosenbach, E., 219*.
Boeenbach, 0., 109*.
Boeeofeld, Georg, 195. 197.
Bosenfeld, M., 252.
BoflenqTiat, £., 127. 128.
Bosenthal, Werner, 52.
Boein, H., 25.
Boss, 0., 101.
de Roesi 47.
Boax, J. Ch. 73. 195. 198. 199.
Boy des Barres 258. 260.
Budolphy 139.
Bäbencamp, R., Dr. phil., 110*.
Buhle, W., 206.
Bnprecht 143.
Bulfeld, Edmund, 188.
8ibTazes 9.
SMfas, H., 182.
Sachs, H., 247.
8ick, Arnold, 188.
Stemiech, Theodor, 110*.
Sagebiel 174.
8üata, K., 243.
Salomon, H., 195. 197.
Stlvioli, J., 17.
Siodberg, Georg, 74.
Saadberg, MUe., 5.
SaDfeüoe, F., 184.
Saoz, Enriqae Femändez, 64.
Sarbo, Arthur y., 9. 16. 232.
8ato29.
Sauerbmch 94.
Savn, Mihafl, 189.
Schifer39.
Sdiattenfroh, A., 247.
Sehech, Philipp, 111*.
Scheibe 148.
Befaeiber, L. H., 9.
Sehern, M., 106.
Schengelidxe 153.
Schenke 156. 158. 160. 162. 165. 168.
225.229.
Schidlowsky 5.
Schiff, A., 74.
Schiff, £., 106.
Scfaüoher, E., 188.
Schilling, F., 71. 91. 152.
Schindler, C, 25.
Sohittenhelm , Alfred, 49. 177. 189.
Sehlesinger, A., 181.
Schlesinger, Herrn., 257. 259.
SehHppe, Paul, 73. ^
fichloiefor^ H., 210.
Sohlonmann, A., 88.
Sohliiter 119.
Schmidt, H. £.. 106.
Schmidt, P., 123.
Schmidt-Bimpler, H., 215.
Schmiegelow 162.
Schmilinsky 256. 257.
Schmitt, Adolf, 195.
Schoeiderlin 258. 259.
Schoedel, Johannes, 246.
Schönholzer 92.
Schölten, R., 85.
Soholtz, W., 108*. 249.
Scholz, W., 106.
Schrameok 13.
Schridde, Hermann, 258.
Schroeter, F., 49. 177.
Schubert 238. 241.
Sohürmayer, B., 97. 99. 102.
Schulhof, M., 258.
Schuhes 261.
Schultz, V., 264.
Schulz 258.
Schulz, Johannes, 195. 196.
Schulze 156. 159. 162. 168. 225.
Schumacher 46.
Sohum bürg 215.
Schupfer, F., 9. 128.
Schuster 5.
Schutter 225.
Sohwabaoh 140. 149. 163. 238. 239.
Schwalbe, E., 17.
Schwartze 162. 225. 229.
Schwendener, B., 204.
Schwer 183.
Schwidop 144.
Scott, J. A., 126.
Secchi 33.
Seifert 64.
Seligmann, C. G., 126. 127.
Senator, H., 126. 127. 189.
SoDdziak 154.
Senn, N., 106.
Sepp, E., 17.
Sequeira 100. 105.
Sergent, Edmond, 251.
Seyer, Raymond, 9.
Sicard 14.
Siok, P., 267.
Siebenmann 138. 141. 145. 149. 159.
160. 161. 162. 173. 174.
Siemerling, £., 192.
Sievers, K., 71.
Sigel, Julius, 187.
Sikkel 159.
Silberschmidt 89.
Silberstein, James, 250.
Simon, Max, 85. 215.
Singer 145.
Singer, Gustav, 257. 258.
Singer, Heinrich, 200. 201.
Sinkler, Wharton, 14.
Sinnhuber 71.
Sjögren, F., 98.
Smimow 122.
Smith, Mc Cuen, 45.
Sobotta, J., 218*.
Söllner, J., 212.
Sokalski 145.
Solowjew, N. S., 257. 259.
Sommer, M., 255.
Sonntag 30. 64. 148.
Sorgo 237.
Sonques, A., 14.
Spalteholz, W., 107*.
Spanje, N. P. van, 74.
Speoker 46.
Spieler, Fritz, 258. 260.
Spira 231.
Ssaweljew, N. A., 258. 260.
Ssobelew, L. W., 179.
Stanculeanu 28. 168.
Starck, Hugo, 71.
Starling 53.
Stebbins 187.
Stefansky, W. E., 248.
Stein, Berthold 195. 257. 259.
Steinitz, F., 91.
Stejskal, Karl v., 73.
Steneer 29. 159. 162. 164.
Stephensoo, S., 107.
Stepler, A., 182.
Stemberg, J., 211.
Stewart 121.
Stewart, D. D., 128. 129.
Stewart, Purves, 65.
Stich, R., 266.
Sticker, Georg, 5.
Stieda, A., 213.
Stoenesou, N., 23. 218.
Stolz, Max, 63.
Strasburger, J., 256.
Strauss 5. 53. 208.
Strauss, H., 128. 129. 198. 199.
Strebel, H., 97. 99.
Streit 162. 164.
Stromayer, Wilhelm, 254.
Strominger, L., 95. 189. 211.
Strube, G., 23.
Strubell, A., 25.
Strunz, Franz, 224.
Strzeminski 213.
Strzyzowski, C, 23.
Sturm 48. 146. 156. 158. 162. 175.
225.
Suckstorff 46. 156. 158. 162. 225.
Sudhoff 112*.
Süsswein, Julius, 65.
Sugar 143.
Sunn, John R, 8.
Swan, Roscoe W., 198.
Tallqvist, T. W., 25*.
Talma, a, 124. 126.
Tansley 141. 151.
Tappeiner, H. v., 61.
Tavel, E., 258. 261.
Tavemier, M., 195.
^Taylor 100.
Taylor, A. Frank, 69.
Taylor, E. W., 9.
Taylor, James, 9.
Terson 97.
Texter 46.
Theilhaber, A., 83.
Theobald 173. 225.
Theohari, A., 57.
Theuveney 205.
Thiem 14.
Thomas, A., 2.
Thomas, W. Thelwall 195.
Tirelli, V., 17.
Tobias, E., 129.
Tobold 101.
Tömquist, G. W., 95.
Török, L., 106.
Toff, B., 87.
Tomka 130.
Tormene, E., 20.
Touche 2.
Tousey, Sinclair, 101. 105.
Trantas 213.
Trautmann 28. 140. 145. 165.
Treitel 34. 38. 131. 140. 150.
Trendel 94.
Treves, Frederiok 267.
364
Namen-Register.
Thboulet 162.
Teillais 213.
Tripier, Raymond, 198.
Triplett, J. S., 126.
Tröitsch 235.
Trommsdorff, R., 20.
Tsohiriow, H., 82.
Türk, "W., 25. 128. 129.
Toma, Jos., 9.
Turro, R., 180.
ITchermann 238.
übloDhuth 23.
Uibeleisen, Karl, 256.
Ungar 217.
Urbantschitsch 28. 150. 156. 232.
238. 241.
Ury, Hans, 257. 258.
Vacher 136.
Valenti, Adriano, 107*.
Yalenti, 0. L., 248.
Vallejo, E., 249.
Van AUen, H. W., 104. 105.
Van den Brink, J. A., 250.
Vaquez 14.
Varay, F., 186.
Variot, G., 197.
Veit, J., 85.
Verhoogen, Rene, 16.
Vernon 53.
Vierordt, Herrn., 108*.
VUlaret 258. 260.
Viola, G., 20.
Völker, Otomar 243.
Vogel, K., 97.
VoUanann 146. 147.
Voomyeld, H. J. A. van, 17.
Voorthuis, J. J., 50.
Voss 130. 158. 162. 225. 227. 228.
231.
Voss, G. V., 83.
Voss 142.
Vnlpius, 0., 222*.
ÜTagner, Max, 195. 197.
Wagner, Paul, 97.
Wainstein 5.
Waldeyer, W., 107*.
Waldheim, Fritz v., 220*.
Waldvogel, R, 107*.
Walker 100.
Walko, Karl, 198. 200.
Waller, A. D., 50.
Walsh 107.
Walter, B., 97.
Walthard, Max, 186.
Walther 121.
Wandel, 0., 69. 209.
Waring 225. '
Warthin, A. S., 127.
Washboum, W., 69.
Wassermann, M., 124. 125.
Waterhoose 159. 162. 165. 168. 225.
230.
Watson 225.
Watts, S. H., 208.
Weber, F., 195.
Weber, Hermann, 16.
Wecker, L. de, 214.
Wehmer, R, 112*.
Weidenreich, F., 17.
Weinberger, M., 128. 129.
Weintraud, W., 108*.
Weir, Robert F., 258.
Weiss, A., 124. 125.
Weiss, L. D., 101.
Wendt 99.
Werth, Richard, 202.
Wertheim 127.
Wertheim Salomonson 98.
Wessely, R, 54. 60.
Whipham, T. R. C, 71.
White, C. Y., 25.
Widal 14.
Wiener, E., 17. 249.
Wiesner, B., 99. 111*.
Wilbert, M., 101.
Wilbur, Hubert G., 195.
Wild 62. 100.
Wilde, K., 9.
Wilks 144.
Williams 100.
Williams, F. W., 100.
Williamson 69.
Winckler 225.
Windscheid, F., 5.
Wisohnowitzer, 8., 251.
Witte 48. 150. 158. 162. 225.
Wittmaaok 162. 189.
Witzel, 0., 222*.
Wlassov^, K., 17.
Wolf, Paul, 71.
Wolff, A., 123. 128. 182.
Wolff, H., 23.
Wolff, R, 101.
Wolffberg, L., 272.
Wright 51.
Wright, A. E., 20.
Wunschheim, Oscar y., 181.
yaa Sandt 69.
Zangger, H., 55.
Zaudy 17. 123. 124.
Zaufal 162. 165. 173. 174.
Zeroni 47. 168. 170.
Ziegenspeok, R., 111*.
Zimmermann 33. 38.
Zinn, W., 202. 255.
Zoth 36.
Zuelzer 108*.
Zunz, Edgar, 73.
Zuppinger, C., 89.
Zur Mühlen 225. 227.
Zweifel, F., 203. 244.
Zweig, Walter, 73.
Für die Kedaklion voran twortlich : Dr. P. J. Mdblu in Leipilf . — Vorlag von S. Blr«el in Ldpsig.
Dmck von Walter WIgand in Leipzigs
SCHMIDTS
• •
JAHRBUCHER
DER
IN- UND AUSLÄNDISCHEN
GESAMMTEN MEDICIN
HERAUSGEGEBEN
VON
P. J. MÖBIUS UND E DIPPE
IN LEIPZIG.
JAHRGANG 1904. BAND 282.
— i N.
LEIPZIG
VERLAG VON S. HIRZEL.
1904.
c
^•r/^^Oc:^;; ,
/[\:
±.
l A.
•^
L>
der
itit^ unb ati0{änbifc$en c^tfammitn (Ulebicin.
Bd. 282.
1904.
Heftl.
A. Originalabhandlungen und Uebersichten.
Bericht über einige wichtigere Forschungsergebnisse auf dem
Gebiete der Chirurgie in den Jahren 1901 und 1902.
Von
Professor Helferich
in Kiel.
Anch die nachfolgenden Zeilen sollen, wie der
ietste Bericht (siehe Jahrbb. CCLXXn. p. 113),
Ifidiglich den Interessen der chirurgisch thfttigen
Aente gewidmet sein. Von sehr zahlreichen als
Fortsebhtt zu bezeichnenden Neueningen soll nur
Weniges, was eine allgemeine Bedeotung besitzt
und rar Zeit einen gewissen Äbschluss erlangt hat,
enrShnt werden«
Von neuen Lehrbüchern, die in der obigen
Zeitperiode vollendet sind, ist die Encyklopftdie
der geflammten Chirurgie, herausgegeben von Prof.
Kocher und Dr. de Quervain, im Verlage
von F. C. W. Vogel in Leipzig, zu erwähnen, da
äireVoUendnng erst neuerdings erfolgt ist. Dieses
Wak enthält die allgemdne und specielle Chirurgie
in dner Fülle alphabetisch geordneter Artikel aus
adiTerstftndigen Federn; das deutsche Aerzte-
poUicum mnss sich wohl erst an diese encyklopft-
difloheForm gewöhnen, die zum raschen Aufsuchen
nnd Nachlesen grosse Vorzüge besitzt.
Arbeiten über die Narkose stehen auch in
nnserer Berichtseit noch auf der Tagesordnung,
snd es sind auf diesem Gebiete grosse Fortschritte
ni verzeichnen. Sud eck 's Anregung zur „Ope-
ntion im eraten Äetkerrauseh^^ hat fleissige Be-
ttbeiter gefanden. Interessant ist dazu Prof. H e i -
denhain's Mittheilung (Ver.-Bl. d. Pfölz. Aerzte
XVIL Oct. 1901), dass Dr. Kingsoherf in
Kaiaerslautem schon im Februar 1808 im Ver.^BL
d. PfBz. Aerzte die „Methode der kurzen Aßiher'
Med. Jahrbb. Bd. 282. Hft 1.
anäathsne" beschrieben und in Hunderten von
Fällen angewendet hat; theoretisch angreifbar ist
Kingsoherf 's Erklärung dieses Rauschzustan-
des als Eohlensäurenarkose. In einer recht über-
sichtlichen Weise beschreibt und rühmt Prof.
Eüttner (v. Bruns' Beitr. z. klin.Chir. XXXV.
p. 823. 1002) die Vorzüge der kurzdauernden
Aethernarkosa Das Verfahren dürfte überall ziem-
lich gleichartig angewendet werden : es kann im
Liegen, wie in sitzender Stellung ausgeführt wer-
den; vorherige Nahrungsenthaltung ist nur kürzere
Zeit erforderlich. Alles zur Operation vorbereitet
und zur Hand, damit der Eintritt der Schmerz-
losigkeit sofort benutzt werden kann ; vorher der
Patient über den Vorgang so weit erforderlich
belehrt und psychisch beruhigt; rasche Aether-
befeuchtung der Maske und Vorhalten derselben
bei tiefen Athemzügen, unter möglichstem Äb-
schluss der Luft (wir lassen oft vorher einen Arm
hochhalten und fangen an, sobald er herabsinkt) ;
die Wirkung geht dann rasch wieder vorüber und
nur sehr selten wird das Befinden durch Eintritt
von Erbrechen gestört.
Sehr brauchbar ist auch eine Art verlängerten
Aeiherrauaohee^ wie er sich durch eine vorherige
Morphiuminjektion erzielen lässt; auch Eüttner
kennt diesen Zustand und bezeichnet ihnals^^Cbm-
binaiion von Aether- und Morphiumrauseh", Wird
10 — 30 Minuten vor der Operation eineMorphium-
injektion gemacht, wie sie von Vielen der Chloro-
1
Helferioh, Forsohungsergebnisse auf dem Gfebiete der Chirurgie.
formnarkose vorausgeschickt zu werden pflegt, so
kann der Aetherrausch , d. h. die kurze Aether-
anftsthesie auf 20 — 30 Minuten Dauer verl&ngert
werden, zumal wenn von Zeit zu Zeit die Aether-
darreichung wiederholt, bez. fortgesetzt wird. Utk
halte diese Verfahren fiir die IVaxis für ausser'
ordentlich tverÜivoU; die nicht immer rasch herzu-
stellende Lokalanästhesie kann zu Gunsten des
Aetherrausches etwas eingeschränkt werden.
Dieselben Mittel führen bei anderer Anwen-
dungsweise andere Wirkungen herbei: das gilt
auch hinsichtlich der neuerdings von Prof. Witzel
in Bonn empfohlenen Morphtum - Aether - Tropf-
tnethode (MQnchn. med. Wchnschr. XLIX. 48. 1902),
die sich viele Freunde erworben hat und zu vielen
Publikationen Veranlassung gab. Sie stellt nichts
eigentlich Neues dar, da ihre einzelnen Vorschriften
mehr oder weniger vollständig schon von Qarrö,
Riedel, H. Braun u.A. erwähnt und empfohlen
waren, aber sie bedeutet doch eine recht vollkom-
mene und durchdachte methodische Anwendung
aller möglichen Einzelheiten. Die Witzel 'sehen
Vorschriften umfassen in der Hauptsache folgende
Punkte: Morphiuminjektion '/i — 1 Stunde vor
Einleitung der Narkose, vorher Desinfektion des
Mundes (durch Zahnreinigung und Ausspülungen
mit ThymoUösung) und der Luftwege (durch Ein-
athmung von Terpentindämpfen u. s. w.) ; mit Be-
ginn der Narkose zählt der Kranke von 200 rück-
wärts und wird zu tiefen Athemzflgen angehalten ;
während der Narkose Tieflagerung des Kopfes mit
stark hintenüber gebeugtem Nacken („forcirte Re-
clination^^), um das Einfliessen von Schleim in die
Trachea zu verhindern, bez. dessen Ausfliessen
aus den Luftwegen zu erleichtem ; nach der Ope-
ration wieder fleissige Mundreinigung, systema^
tische Athemübungen und möglichst frühzeitiges
Aufstehen. Die Aetherdarreichung erfolgt streng
tropfenweise und aus circa ^j^m Höhe, so dass der
auf die Maske fallende Aethertropfen sofort zer-
stäubt und nebst reichlicher Luft eingeathmet
wird, um völlig ruhigen Schlaf zu erzielen, wird
zeitweise ein wenig Chloroform (15 — 30 Tropfen)
zur Inhalation gebracht.
Witzel rühmt die Ungeffthrlichkeit und den
ruhigen Verlauf einer derartig geleiteten Narkose
und das Ausbleiben von Gomplikationen, nament-
lich Seitens der Athmungsorgane.
Modifikationen des Verfahrens sind von ver-
schiedenen Seiten angegeben unter Anerkennung
des von Witzel empfohlenen Qesammtvorgehens ;
so ist an der Kieler Frauenklinik (Qeh.-R. Werth,
Mittheilung von Dr. Fuchs, Münchn. med. Wo-
chenschr. L. 46. 1903) statt der Morphiuminjek-
tion eine solche von Codein (0.16) empfohlen, um
das Erbrechen nach Laparotomien zu vermeiden.
Auch die in unserem vorigen Berichte erwähnte
Sauerstoff' Chlorofonnnarkose, die durch Wohl-
gemuth gerühmt war, hat weitere Bedeutung
gewonnen. Ein neuer Apparat für diese Methode
wurde in Lübeck von Dr. Roth, in Verbindung
mit der Firma Dräger („Sauerstoff- Chloroform-
Apparat Dr. Roth-Dräge r") construirt und auf
Orund gemachter Erfahrungen empfohlen (Dr.Roth,
Deutscher Chirurgen - Gongress 1002). Hiemach
wurden aber von verschiedener Seite Bedenken
erhoben, die nicht ganz unberechtigt waren: die
Möglichkeit einer Zersetzung des Chloroforms durch
den hindurchströmenden Sauerstoff wurde theore-
tisch bewiesen und praktisch wahrscheinlich ge-
macht (Dr. Falck, Deutsche med. Wchnschr.
XXVIII. 48. 1902); ausserdem wurde der Vor-
wurf erhoben, dass die Dosirung des Chloroforms
mittels desselben eine ungenaue sei (Dr. Michae-
lis, Deutsche Ztschr. f. Chir. LXVL 2. 1902).
Auf diese Mittheilungen gestützt, kam eine ent-
schiedene Warnung vor dem Roth-Dräger'-
schen Apparat Seitens des Oberarztes des Hambur-
ger Seemannskrankenhauses (Dr. Lauenstein,
Centr.-Bl. f. Chir. XXX. 6. 1903). Weitgehende
Untersuchungen und Erfahrungen, die indessen
mit dem im November 1902 verbesserten Roth-
Dräge r 'sehen Apparat in verschiedenen Kranken-
häusern und Kliniken gemacht wurden, führten zu
besseren Resultaten; so wurde aus Heidelberg
(Chir. Klinik, Jahresbericht für 1902), Hamburg-
Eppendorf (Oberarzt Prof. Kümmell), Rostock
(Dr. Wex) Oünstiges berichtet. An meiner Etinik
hat sich Oberarzt Dr. 0 e r t e 1 eingehend mit dieser
Frage beschäftigt und Folgendes festgestellt : Bei
der Chloroform-Sauerstoffnarkose zeigen Puls und
Blutdruck zunächst ein leichtes Herabgehen unter
die vor Beginn der Narkose festgestellte Norm,
wie es bei der reinen Chloroformnarkose in höheren
Grade die Regel ist Bei Eintritt der völligen
Anästhesie beginnt massige Zunahme der Puls-
frequenz und dauerndes Steigen des Blutdruekes;
die jähen Schwankungen, die in dieser Hinsicht
der reinen Chloroformnarkose zukommen, fehlen
vollständig. Die Chloroform -Sauerstoff- Narkose
nähert sich also in ihrem Charakter der Aether-
narkose. Was Einzelheiten betrifft, so ist bei der
Chloroform -Sauerstoffnarkose die Ezcitation sel-
tener und geringer, Asphyxie und sonstige Stö-
rungen, Erbrechen während der Narkose sind nicht
beobachtet, dagegen auffallend gutes Auseehea der
Narkotisirten (rosige Lippen u. s. w.). Die Atfaem-
züge sind fast immer frequenter, dabei oberflädi-
lich und regelmässig; die Erhöhung der Athem-
frequenz ist vielleicht auf die aktiv zu überwin-
denden Widerstände zurückzuführen, die durch die
Einschaltung von Ventilen im Athmungsapparate
gegeben sind. Die Nach wehen dieser Mischnarkose
zeigten sich weniger unangenehm: Breohreiz bei
Männern sehr, bei Frauen (meist Laparotomirte!)
etwas herabgesetzt; Kopfschmerz, Uebelbeftnden,
lautes Schreien, hysterische und andere Paroxya*
men sind nicht beobachtet worden. Der Chloro-
formverbrauch erwies sich dabei als aasserordest*
lieh gering, nämlich im Mittel 0.63 g pro MinQt6^
Helferich, Forschangsergebnisse auf dem Gebiete der Chirurgie.
Es ergiebt sieh somit aus diesen üntersuohun-
gen ein ähnliches Resultat, wie es von Dr. Wohl-
gemuth (s. den yorigen Bericht) gerühmt wurde;
Dr. Oertel hat dabei aber auch die Untersuchung
des Blutdruckes vorgenommen und verwerthet
Man wird hiemach die Anwendung der Chloroform-
Sauerstoffnarkose mit dem Both-Dräger 'sehen
Apparate Nr. 2 direkt empfehlen kGnnen. In meiner
Klinik ist der letztere Apparat so eingebürgert,
dass ich ihn nicht mehr missen möchte; vielfach
lasse ich mittels desselben bei langwierigen Nar-
kosen, besonders gegen Schluss, reinen Sauerstoff
luffihren, wodurch die Erholung der Patienten
beschleunigt wird. Wenn auch der Apparat etwas
unhandlich erscheint, so wird er doch überall, wo
ein Operationtisoh mitZubehGr aufgestellt ist, Ver-
wendung finden kGnnen.
Srwfthnenswerth scheint mir noch eine neue
Art der Narkose, die von Schneiderlin zuerst
▼ersucht, von Eorf f in Freiburg i. B. weiter aus-
gebildet wurde, nftmlich die Marpkkim'Scopolainin-'
narkoM. Dieselbe kann z. Z. nicht empfohlen
werden (unter 280 Fällen 3 Todesfälle und ein
schwerer CoUaps), bedeutet aber eine sehr interes-
sante Art allgemeiner AnAsthesirong, die vielleicht
bei weiterer Ausbildung gefahrloser wird. (Vgl.
Fla tau, Münchn. med. Wchnschr. L. 28. 1903.)
Was das Gebiet der Böniffenteehnik betrifft,
so ist dasselbe für diagnostische und therapeutische
Zwecke weiter ausgebaut worden. Brwfthnens-
werth erscheint mir der von verschiedenen Seiten
eapfohlene Versuch, die Röntgendiagnostik direkt
in die therapeutische Aktion einzuschalten. So
katPerthes vorgeschlagen, Fremdkörper z. B. in
Hand oder Fuss bezüglich ihrer Ldige bei Röntgen-
durchleuchtung zu Studiren und gleichzeitig dabei
durch eine bis dahin vorgeschobene Nadel kennt-
lich zu machen ; diese Nadel dient dann als eine
Art Leitsonde bei der sofort vorgenommenen Ope-
raüoD. Zur Entfernung kleiner metallischer Fremd-
körper aus dem Magen hat Stephen Mayen
(Lancet Dec. 1902) die Röntgendurchleuchtung
benutzt; es handelte sich um einen Knaben, der
8 Wochen vorher eine Haarnadel verschluckt hatte,
die leicht nachweisbar war. Indem er nun die
Spitse einer gewöhnlichen Magensonde abgeschnit-
ten und durch ein umgelegtes Silberband kennt-
lich gemacht hatte, brachte M. in das Lumen der
Röhre einen länglichen Elektromagneten, der durch
einen Draht gehalten und verschiebbar gemacht
wurde. Der Leib des narkotisirten Knaben wurde
nun durchleuchtet, die Sonde eingeführt, der Magnet
bis au die Nadel so weit vorgeschoben, bis er die
Nadel angezogen hatte, dann in das Innere der
Sonde zurückgezogen und Alles entfernt Diese
etwas umständliche Beschreibung zeigt, wie die
BfintgendunMeuchtung zu therapeutischen Maass-
nahmen direkt benutzt werden kann ; Andere haben
ähnfiche Beobachtungen und Vorschläge berichtet.
Es verdient aber dabei immer berücksichtigt zu
werden, dass auch eine massig lange dauernde
Durchleuchtung gelegentlich einmal (glücklicher
Weise sehr selten!) zur Oangrän der beairahiien
Hamt und damit zu einer wegen ihres langsamen
Verlaufes höchst unbequemen Schädigung führen
kann.
Die Wirkung der Röntgenstrahlen auf mensch-
liche und thierische Qewebe ist namentlich von
Perthes und Albers-Schönberg studirt
word^i; trotz einzelner hochinteressanter, auch
experimenteller Erfahrungen erscheint diese Frage
aber noch nicht spruchreif.
Wichtig ist jedenfalls, dass die Anwendung
des Röntgen Verfahrens , dessen hohe Bede\itung
für die Diagnose und Behandlung der Frakturen
schon im vorigen Berichte gewürdigt wurde, in
weiten ärztlichen Kreisen, nicht nur von den
Aerzten chirurgischer Abtheilungen erlernt und ge-
übt werde. Hierzu sind von grossem Nutzen die
an verschiedenen Orten in regelmässiger Wieder-
holung stattfindenden Curse, so in Aschaffenburg
(elektrotechnisches Institut), Hamburg (Dr. A 1 b e r s -
Schönberg), Berlin (Dr. Immelmann) u.s.w.
Die Wundbehandlung ist namentlich in kriegs-
chirurgiaeher Hituieht der Qegenstand von Mitthei-
lungen und Verhandlungen besonders bei dem
deutschen Chirurgencongress von 1002 gewesen,
doch sind djiese Fragen auch für die Friedens-
praxis, in der so viele Schussverletzungen zu be-
handeln sind, von Bedeutung. Unsere deutschen
Aerzte, die in Südafrika und China gewesen sind,
besonders Küttner, Bertelsmann, Hilde-
brandt u. A. haben werthvolle Berichte geliefert
V. Bruns hat unseren heutigen Anschauungen in
einem Vortrage Ausdruck gegeben. Die moderne
Schusswunde ist als aseptisch anzusehen ; die Be-
netzung derselben mit desinficirenden Flüssig-
keiten ist unnöthig, weil unwirksam, auch die
umgebende Haut braucht nicht desinficirt zu wer-
den. Das Beste ist baldigste Bedeckung mit ste-
rilem Mull, um die Bildung eines trockenen Wund-
schorfes zu begünstigen. Deshalb ist auch die
üeberdeckung von wasserdichtem Stoffe unzweck-
mässig, wohl aber ist die Befestigung des Ver-
bandes durch ein paar Heftpfiasterstreifen oder
durch ein Stück ckirchlöeherten Heftpfiasters zu
empfehlen. Die Schusswunden unserer modernen
kleinoalibrigen Geschosse begünstigen die Heilung,
weil die Hautöffnungen nur klein und zur Ver-
klebung sehr geeignet sind. Die aUe Begel, dass
eine Sehusstvunde nicht sondirt werden soll, bleibt
auehjetxi zu Becht bestehen; möchte sie doch auch
von allen Aerzten, die die Schussverletzten in
Friedenszeiten zuerst sehen, beherzigt werden I
Bezüglich der Bauehsehüsse und deren Behand-
lung im Kriege bestehen noch mancherlei verschie-
dene Meinungen. Sicher und in allen Kriegen der
Neuzeit constatirt ist jedoch, dass die Arterienr
Verletzungen viel häufiger als früher zu späterer
Aneurysmabildung führen«
Helferich, Forschungsergebnisse aof dem Gebiete der Chirurgie.
Auf dem Gebiete der speciellen Chirurgie
scheinen mir die neueren Erfahrungen und Arbeiten
fiher AppendieiHs und Periiyphlüis zur Klärung der
betreffenden Fragen viel beigetragen zu haben.
Dass eine entzündliche Erkrankung des Processus
vermiformis für fast alle hierher gehörigen Er-
krankungsformen den Ausgangspunkt abgiebt, dass
eine primäre reine Typhlitis zu den allerseltensten
Ausnahmen gehOrt, ist längst allgemein anerkannt
Ebenso steht fest, dass die Appendicitis seltener
durch Fremdkörper, die in das Lumen des Fort-
satzes eingedrungen sind (auch Eothsteine ge-
hören hierher), bedingt ist, als vielmdir in Form
einer' zunächst die Schleimhaut allein betreffen-
den Entzündung durch Ausbreitung einer katarrha-
lischen Darmaffektion auf diesen engen, am freien
Ende geschlossenen, an seiner Basis zur Verenge-
rung geneigten Gang. Es kann dann zur Ver-
schlimmerung des Katarrhs in der Appendix kom-
men : es folgen Infiltration der subserOsen Schichten,
ülceration und in Folge davon oft genug Perfora-
tion und Peritonitis. Die Gefahr des Leidens ist
dadurch genügend gekennzeichnet und selbst kein
einseitig urtheilender Arzt steht darin mit uns im
Widerspruche, dass bei bestehender Eiterung oder
bei durch ülceration drohender Peritonitis ein
operativer Eingriff indicirt sei. Verschiedenheit
herrscht nur, v^enn wir die extremsten Meinungen
anführen, darin, ob nun einfach jeder Fall von
Appendicitis baldmöglichst operirt werden soll
(d. h. die sogen. „Frühoperation*S „Operation der
Appendicitis im Anfalle*^) oder ob ein eklektischer
Standpunkt berechtigt ist, der eine Auswahl trifft
zwischen den leichteren durch „medicinische Be-
handlung^' heilenden Fällen und denjenigen, die,
sei es durch Eiterung, sei es durch drohende Per-
foration und dadurch bedingte peritonitische Rei-
zung, gefahrdrohend fflr den Patienten werden.
Man muss es den Nichtchirurgen nachrühmen,
dass sie zur Sicherung der Diagnosenstellung bei-
getragen haben ; Curschmann hat uns neuer-
dings gezeigt, wie eine durch Appendicitis be-
dingte Eiterung mit einer beträchtlichen Leuko-
cytenvermehrung im Blute einhergeht. Dennoch
ist der Standpunkt derjenigen Chirurgen, die sich
zur Frühoperation bekennen, nicht erschüttert
Payr (Arch. f. klin. Chir. LXVIIL p. 306. 1902),
Sprengel(Ebendap.346), Rehn, Riedel u.A.
haben sich als unbedingte Anhänger der Frühope-
ration bekannt Sonnenburg, dem die deutsche
Chirurgie viel Anregung auf diesem Gebiete ver-
dankt, hat seinen anfänglichen Standpunkt, von
dem aus er die Frühoperation rflhmte, etwas ein-
geschränkt Ich hatte selbst Gelegenheit, bei dem
Münchener Congresse für innere Medicin im April
1895 als chirurgischer Correferent die Vortheile
der Frühoperation zu rühmen : „Die Frühoperation
ist technisch leichter, weil feste, die Orientirung
erschwerende Adhäsionen fehlen; sie giebt bessere
Endresultate, weil alle, complicirenden schweren
Verwachsungen in dem Entzündungsgebiete, die
bei einer Spätoperation nicht wegzuschaffen sind,
gar nicht zur Entstehung gelangen; sie sohfltst
vor ausgedehnten Abscessen und vor diffaser Peri-
tonitis durch die Perforation der Appendix oder
des Abscesses; sie führt zur rascheren Heilung
und schützt mehr vor Recidiven, als es bei der
Heilung ohne Operation im Allgemeinen vorkomot^
Gerade auf diesem Congresse machte Sonnen-
burg dann in der den Vorträgen folgenden Dis-
kussion die Einschränkung, dass er in leichteren
Fällen nicht mehr operirt, weil dieee auch idme
Operation zur Heilung kämen, und dass nan
wohl im Stande sei, diese leichteren, prognostiioh
günstigen, durch rein medicinische Behandlunf
heilenden Fälle zu diagnosticiren. Wenn ioh tlAi
irre, ist die allgemeine Ausbreitung der Frikli-
operation hierdurch wesentlich gehemmt und ein-
geschränkt worden.
Wie stehen nun heute die Verhältnisse? Die
Frühoperation hat unter den Chirurgen an An-
hängern gewonnen. Noch in allerneuesterZeit hat
Riedel werthvolle Mittheilungen gemacht, die
einestheils die immer noch enorme Mortalität an
Appendicitis erkennen lassen (und an Appeodicitii
darf doch eigentlich Niemand sterben, wie Diea-
lafoy m it Recht sagt I), andererseits aufs Wärmste
fQr die Frühoperation plaidiren und deren Ungeflhr-
lichkeit betonen. Er geht dabei so weit, einen Ve^
gleich mit der Operation des eingeklemmten Bracbes
anzustellen: so wie früher die Herniotomie bei
Brucheinklemmung allmählich eingeführt werden
musste und von der Gesammtheit der Aerzte und
dem Publicum nur langsam aber doch jetzt voll-
ständig als Grundsatz der Behandlung anerkannt
ist, so müsse es mit der Appendicitis auch ge-
schehen; jetzt noch bekämpft und nur hi^ luui
da, je nach der Stellung des betrefifenden Chirurgen
und der Aerzte, ausgeübt, müsse und werde die
Frühoperation bei Appendicitis allgemein und grund-
sätzlich ausgeübt werden. Es ist vielldcht gat,
hier hinzuzufügen, dass auch der Chirurg sich wohl
bewusst ist, inwiefern dieser Vergleich etwas hinkt:
die incarcerirte Darmschlinge zeigt mit physika-
lischer Nothwendigkeit eine zunehmende Schädi-
gung ihrer Wand bis zur Gangrän; die Appendidtii
dagegen ist nicht durch mechanische Momente einer
steten Verschlimmerung unterworfen; sie kann
einerseits im ersten Beginn wie während einai
längeren Verlaufes rasch todtbringende Ver&nde»
rangen herbeiführen, andererseits aber audi ii
jedem Stadium eines eventuell sehr langwieriges
und Wechsel vollen Erankheitzustandes spontan nu
Heilung gelangen, oft genug freilich nur %u eüM
vorübergehenden Scheinheilung, die Recidive nad
sich zieht
Wer auf einem einseitigen Standpunkte dei
inneren Medicin steht, wird eher geneigt sein, d»
Appendicitis etwa mit einw exsudativen Pleunti
zu vergleichen; auch diese zeigt leichte und adiwen
Helferioh, FonchungsergebniBse auf dem Gebiete der Chinirgie.
5
Yeriademngen, BerOsen und eiterigen Charakter,
akuten nnd chroni8ch«i Verlauf, Complikationen
aller Art Und es fftllt doch keinem Arzte ein, in
allen FftUen sogleich zu operiren, wenn auch jeder
die Indikationen zur Operation, soweit sie durch
eiteriges Bxsudat oder durch alte BmpyemhOhlen
IL 8. w. gegeben sind, anerkennt. Kann man nicht
bei der Appendicitis ebenso Torgehen? Kann man
nioht die leichteren, harmlosen Veränderungen durch
die altgewohnte, nicht operative Behandlung zur
Heilung bringen und die Operation für die schwe-
FBren und complicirten Erkrankungsformen auf-
sparen? Auf diese Weise bliebe doch eine wissen-
flchaltliche Basis gewahrt! Man kann ja die
Bohwereren Verftnderungen einer anfangs serOsen
Pleuritis klinisch verfolgen, den eiterigen Charakter
des Exsudates, die Lage und OrOsse der Biter-
ansammlung, den Zustand der anliegenden Lungen-
partien durch die Erankenuntersuchung, besonders
durch die physikalischen Methoden feststellen.
Qeht das bei der Appendicitis nicht eben so gut?
So ist meines Erachtens die Hauptflrage für
mDb wissenschaftlich denkenden und urtheilenden
Aerzte : Kann man die verschiedenen pathologischen
Zustände bei einer Appendicitis diagnosticiren?
Diese Frage ist mit „Ja" zu beantworten, insofern
in typischen Fällen gewisse Symptome auf be-
stimmte pathologische Veränderungen hindeuten;
die Antwort lautet aber „Nein'S wenn wir die Oe-
sammtheitderAppendicitisfälle in Betracht ziehen,
denn die Zahl der unregelmässigen Fälle, in denen
der klinische Symptomencomplex und der patho-
logiache Befund sich nicht entsprechen, ist recht
gross, und die Diagnose einer eventuell inkürxetter
Zeit und spontan bevorstehenden eekweren Ver^
iehUmmerung, wie z. B. einer Perforation, ist wohl
m Voraus nicht mOglich. Darin liegt eben der
frosse unterschied gegenüber einer Affektton wie
der ezsudativen Pleuritis, bei der die sorgfältige
klinische und physikalische Untersuchung während
des Krankheitverlaufes ausreichendes Material zur
Diagnoae ergiebt. Bei der Appendicitis ist das
gas anders; weder die Allgemeinerscheinungen,
Boeh der Lokalbefund sind da entscheidend. Ich
habe wiederholt eine beginnende flbrinOs-eiterige
Peritonitis bei der Operation gefunden, ohne dass
Temperatur und Puls verändert waren, und eine
nloeiüse, ja schon in die Bauchhöhle perforirte
Appendicitis, ohne dass ein umschriebener Tumor
Biohauweisen gewesen war. Eine etwa vorhandene
fitemng kann wohl mit hoher Wahrscheinlichkeit
erkannt werden, aber ob sie fest eingehüllt ist, ob
sie nicht an irgend einer Stelle zur fortschreitenden
ftrinte- eiterigen Peritonitis führt, ob sie nicht
dnndi Platzen der Wandung eine freie Eiterergies-
aong in die unverklebte Bauchhühle herbeiführen
virdy ob sie nicht zorPyämie durch Infektion eines
Tenenthrombus, oder zum Durchbruche in benach-
barte Oi^gaiie führt, das kann Niemand früh genug
iffcenneD« Der Durchbruch in den Darm war ja bei
vielen Aerzten früher der beliebteste Ausgang ; es
wurde vor einer Beihe von Jahren im Hamburger
ärztlichen Verein stark gerügt (Deutsche med.
Wchnschr. XXn. 44. 1896), dass ich den Ausdruck
gebraucht hatte: wenn ein perityphlitischer Abscess
in den Darm durchbräche, so sei das eigentlich ein
Eunstfehler, natürlich nicht vor dem Staatsanwalt,
sondern als ein Defekt unserer ärztlichen Kunst und
Wissenschaft Ob die Kritik des betreffenden Herrn
CoUegen heute wohl noch ebenso ausfallen würde?
Ich müchte glauben, dass er jetzt mehr zu meiner
Ansicht herüberneige, zum Wohle seiner Kranken.
Denn ob ein erwünschter (in den Darm z. B.) oder
unerwünschter Durchbruch des Eiters erfolgen wird,
wer kann es wissen? Und selbst wenn er in den
Darm erfolgt, kommt es nicht durch sekundäre
KothfüUung dieser AbscesshOhle vom Darme aus
zuweilen zu sehr hässlichen, auch für die Ope-
ration unangenehmen Complikationen? AUen diesen
Zweifeln gegenüber ist deijenige Chirurg, der die
Frühoperation in allen Fällen fordert, in guter
Stellung. Er steht freilich nicht auf einem streng
wissenschaftlichen Standpunkte, sondern nur auf
einem praktischen. Aber während Jener mit aller
seiner Wissenschaft (weil sie eben für eine sichere
Brkenntniss heute noch nicht ausreicht) unliebsame
üeberraschungen, verspätete Operation, Todesfälle
erlebt oder gar herbeiführt, muss dieser nur zu-
geben, dass mehr oder weniger häufig ein Kranker
operirt und definitiv von seiner Appendix befreit
wird, der auch ohne Operation vielleicht zur Hei-
lung gekommen wäre. Wer also seinen Appen-
dicitiskranken die grüsste Chance einer raschen
und sicheren Genesung bieten, auch die Möglich-
keit des Eintrittes von Recidiven vermeiden will,
der bringe sie frühzeitig zur Operation; nicht
deshalb, weil der Kranke den schwersten und ver-
hängnissvollsten Zuständen entgegen geht, wie ein
Mensch mit eingeklemmtem Bruch, sondern weil
bei der mangelnden Sicherheit der wissenschaft-
lichen Diagnose ein praktischer Standpunkt fQr den
Kranken nützlicher ist Wer aber das Risiko des
Zuwartens mit der Chance einer ohne Operation
erlangten Heilung übernehmen will, der sorge
dafür, dass chirurgische Hülfe rasch, ohne Ver-
zögerung einsetzen kann, wenn sie noththut; denn
wenn bedrohliche Erscheinungen eintreten, ist in
der Regel nur rasche und vOllig sachgemässe Ope-
ration im Stande, den Kranken zu retten. Ich für
meine Person bleibe aber dabei, dass es besser ist,
sich nachher zu sagen: „vielleicht wäre der Patient
auch ohne Operation gesund gewordenes als „durch
rechtzeitige Operation wäre der Kranke zu retten
gewesen^' (Verhandl. d. Congr. f. innere Med. im
Jahre 1895. p. 260).
Ich bin länger bei diesem Thema verblieben
und habe die verüffentlichten Arbeiten weniger
herangezogen, als eigentlich recht ist MOge man
es mit der Wichtigkeit der Sache entschuldigen
und mit meinem Wunsche^ zur Verbreitung heil^
6
Bresler, Erbsyphilis und NerTensystem.
bringender Anschauungen bei den Aerzten mit-
zuhelfen. Wer auf diesem Gebiete mit einem
grossen Materiale zu thun hat, der kommt wohl
leicht dazu, aus den eigenen Erfahrungen zu
schöpfen, wo es sich um Anregungen dieser Art
handelt
Auch die Therapie der Peritaniiis selbst hat
Fortschritte aufzuweisen; allem Anscheine nach
werden die betrefifenden Fragen demnächst soweit
geklärt sein, dass wir im nächsten Berichte uns
damit zu beschäftigen haben. Auch die Nkrm-
ehwurgie bietet solche Aussichten.
Heute wünsche ich noch auf Grund eigener B^
fahrung die Kill i an 'sehe Bronchoskopie zu er«
wähnen ; die Technik ist mit Hülfe der von K. zq*
gegebenen Instrumente weit einfacher als man sich
wohl vorstellt, und es gewährt eine hohe Befriedi-
gung, einen Fremdkörper, der etwa seit Jahr und
Tag im Bronchus feststeckt, auf dem natürlichen
Wege herauszubefOrdem.
Erbsyphilis und NervensysteuL
Von
Oberarzt Dr. Job. Bresler
in Lublinitz (Schi).
Einleitung.
Der Zusammenhang zwischen hereditärer
Syphilis und Erkrankungen des Nervensystems
wird seit ca. 20 Jahren von Nerven- und Einder-
ärzten mit zunehmendem Interesse verfolgt; die
Zahl der einschlägigen Beobachtungen und Ver-
öffentlichungen ist eine ganz beträchtliche. Hier
und da finden sich bereits kleine Anläufe zu einer
zusammenfassenden Darstellung; gewöhnlich wird
diese Frage jedoch anhangsweise bei der Nerven-
syphilis der Erwachsenen behandelt und dem-
gemäss ziemlich kurz abgethan. Es. bedarf aber
keiner besonderen Auseinandersetzung, dass der
Gegenstand eine selbstAndige Bearbeitung verdient
Im Nachfolgenden wird versucht, eine möglichst
erschöpfende üebersicht zu geben, über das, was
die ärztliche Forschung über dieses vor einigen
Jahrzehnten noch fast unbekannte Gebiet zu Tage
gefordert hat
Der Gesichtspunkte, nach denen sich die Er-
scheinungen der angeborenen Nervensyphilis ein-
theilen lassen, giebt es drei: man kOnnte unter-
scheiden die Formen der sekundären und der
tertiären Periode der Erbsyphilis, die eigent-
lichen syphilitischen und die metasyphilitischen
Krankheiten ; man kOnnte nach anatomisch-patho-
logischen Grundlinien die einzelnen Formen be-
schreiben und schliesslich die klinischen Erank-
heitbilder, die durch hereditäre Syphüis oder unter
ihrer Mitwirkung zu Stande kommen, zur Richt-
schnur dienen lassen. Wir wollen hauptsächlich
die letztere Art wählen, weil sie sich für den prak-
tischen Zweck dieser Studie am besten eignet Es
lässt sich bei der Erbsyphilis sehr schwer und nur
höchst unsicher eine Grenze zwischen der sekun-
dären und der tertiären Periode bestimmen und es
3ind hier noch Öfter und inniger als bei der Syphilis
der Erwachsenen, wo Erb es neuerdings besondere
betont hat (Bemerkungen zur pathologischen Ana-
tomie der Syphilis des centralen Nervensystems.
Deutoche Ztschr. f. Nervenhkde. XXII. 1 u. 2. p. 100.
1902), die metasyphilitischen, d. h. rein degenera-
tiven Befunde mit specifisch syphilitischen anato-
mischen Veränderungen in einem und demselben
Falle vergesellschaftet
Oeechiehtliches.
Die Erbsyphilis erwähnt bereits Paracelsns
(1603), die Nervensyphilis der Erwachsenen Massa
(1532).
Morgagni ist der Entdecker der syphili-
tischen Erkrankung der Gehimarterien (siebe
Procksch, Geschichte der venerischen Krank-
heiten p. 417). Plenk (gest 1807) besdiretbt
den Verlauf der Lues bei Kindern, nachdem er den
Ausschlag geschildert hat: . . „Inde vox ranot,
clamores noctumi, nootes insomnes, deglutitiodiffi-
cilis, tabes, mors.^' Femer berichtet er von einen
seit fast dem 3. Lebensjahre an Krämpfen leiden-
den, 6 Jahre alten Knaben (ausserdem Tinea capitis
ac quatuor Spinae ventosae dorsum manuum et
pedum obsidentes), den er durch Quecksilber (Me^
curius gummosus), Aquila alba und Asa foetidi
innerhalb 7 Monate sine excitata mercuriali hdUa
(Procksch p. 503), die Ulcera der Spina ventosi
mit Solutio mercurialis balsamica, unguentum nea-
politanum. Ausserdem gebrauchte der Knabe jedel
2. TagThermae budenses. PL empfiehlt auch eim
leichte antisyphilitische Kur bei Schwangeren, di^
Mutter und Kind zugleich heilte. Sanohei
(gest 1783) lehrt, dass man bei Kranken, die,^!
die heut zu Tage so ausgebreitete Klasse der ZM
linge, der Reizbaren und Empfindsamen g^ören*
wenn sonst kein Leiden vorliegt, Verdacht auf Ab
stammung von syphilitischen Eltern haben müfli
Pres 1er, Erbsypbilis und Nervensystem.
(Prookschp. 603. 504)^ Schon Daniel Tur-
ner (geet 1740) gab Galomel jeden 3. oder 4. Tag
mit dem gewöhnlichen Einderbrei vermischt, den
er aber fQr die Dauer der Behandlung mit einem
Decootum sarsaparillae zubereiten liess (siehe
Prockschll. p. 377).
Im Jahre 1712 heilte Hoffmann die Tochter
eines syphilitischen Vaters, die mit 9 Jahren an
Krftmpfen erkrankte, mit Quecksilber (oitirt bei
Oasne).
1781 erwähnt Nil Rosen v. Rosenstein
bei Kindern eine ),Art des Jammers, die von vene-
rischer SohArfe kommt" (p. 86), und erzählt den
Fall eines Patienten, der nach einer „Speichelkur"
heirathete und erst gesunde Kinder zeugte, später
aber verschiedene Söhne, „welche insgesammt ge-
brechlich waren und die Englische Krankheit und
einer von ihnen die /a220fu20iSu^Ä< bekamen". Unter
j^ammer^^ versteht v. Rosenstein, wie er aus-
drücklich hervorhebt, die „Epilepsia infantilis", die
„Ton Hippokrates aber Eklampsie genannt
▼ird". Die meisten Schriften über die Syphilis
der Neugeborenen oder die hereditäre Syphilis aus
der 2. Hälfte des 18. und der 1. des vorigen
Jahrhunderts erwähnen Symptome von Seiten des
Nervensystems mit keinem Worte. B e r t i n (Trait6
de la maladie v6n6rienne chez les enfans nouveau-
oes, Paris 1810, ein auf sehr reiche Erfahrung sich
attltzendes Werk) erwähnt neben den anderen be-
^nten, nicht nervösen Symptomen „La flaociditö
et quelquefois la paralysie momentan^ des mem-
bres thoraciques et abdominaux" (p. 106), die bald
nach der Geburt auftritt. Es handelt sich hier
Yohl um die später sogen. Parrot'sche Pseudo-
paralyse.
Häufigkeit von Nervenkrankheiten bei
Brhgyphilis. üntersehied der angeho-
rtnen und erworbenen Nervensyphilis.
Nach Rumpf betheiligt sich das Nerven-
lyitem mit 13*/^ an den hereditär-syphilitischen
Symptomen.
Jullien zählte bei 43 syphilitischen Ehen
206 Schwangerschaften ; 162 Kinder blieben am
Leben and vi)n diesen hatte die Hälfte Symptome
von Qehimhautentzündung und Krämpfe.
Nach Nonne unterscheidet sich die ererbte
Hervensyphilis von der erworbenen dadurch, dass
bei eraterer häufiger mehrere Abschnitte des Nerven-
systems gleichzeitig befallen sind, und dass die
1 versdiiedenen Formen der Syphilis, Arteriitis,
Mmingitis, Onmmat» und einfache Sklerose com-
binirt vorkommen. (Von einer reinen Rücken-
Barksyphilis kann man nach Nonne bei der
hereditftren Nervensyphilis nicht reden.) Dem
ülapreehen die zahlreichen complicirten Sym-
mplexe: „Kopfschmerz, Schwindel und
len, epileptische Attacken, aphatische Zu-
JHnde, multiple Hirn -Nervenlähmungen, Hemi-
und Hemiplegien, Coordinationsstörungen
und Anomalien im Verhalten der Sehnenreflexe,
sowie bis zur Idiotie gehende In telligenz- Defekte;
dabei Auf- und Abschwanken in der Stärke der
Symptome entsprechend dem partiellen gummösen
Charakter der anatomischen Erkrankung. Schon
Heubner sagt 1870: „Schnelle Besserung und
grosse Veränderlichkeit der Symptome spricht für
syphilitische Oehimaffektion*^
Migräne.
Die speoifischen luetischen Kopfschmerzen, die
bei der Syphilis der Erwachsenen ein so wichtiges
Symptom bilden, kommen nach S a c h s bei here-
ditärer Syphilis sehr selten vor und sind diagnostisch
nur bei Gegenwart anderer Erscheinungen zu ver-
werthen. Diese Meinung wird aber nicht von allen
Autoren getheilt. v. Halban widmet der Frage
der symptomatisohen Hemikranie in seiner Arbeit
über juvenile Tabes eine besondere Betrachtung.
Einer seiner Tabesfälle gelangte nur zufällig zur
Beobachtung, da die Patientin wegen der Hemi-
kranie ärztlichen Rath suchte. Hemikranieartige
Kopfschmerzen wurden von verschiedenen Autoren
als Frübsymptom der juvenilen Paralyse erwähnt,
verhältnissmässig selten bei der Paralyse und Tabes
der Erwachsenen, v. Halban glaubt, dass die
hereditäre Lues auch ohne Tabes die specifisch
migränOse Veränderung im Gehirn hervorruft, und
dass sich dann die hereditäre Lues während der
Pubertät nur durch die Hemikranie verräth. Er
berichtet aus seiner Beobachtung über 3 solcher
Fälle: die Patienten boten selbst keine Anhalte-
punkte für Lues congenita, in der Ascendenz war
Lues sicher; die Hemikranie war als einziges Spät-
symptom einer Lues hereditaria aufzufassen.
„I. BeobaohtuDg: Junge, 17 Jahre alt. Mutter
42 Jahre alt, giebt zu, mit 20 Jahren Lues acqnirirt zu
haben ; sie heirathete 3 Jahre später. Der Geburt des
Pat. gingen 2 Abortus voraus. In der Asoendenz keine
Hemikranie. Beim Pat. weder anamnestisoh, noch soma-
tisch Anzeichen von hereditärer Lues. Mit 13 Jahren
erster Anfdl von Parästhesien, Paraphasie mit Flimmern
nnd Schwindelgefilhl. Die Kopfschmerzen waren sehr
gering. Seither jede 3—4 Monate Anfall. Mit 16 Jahren
trat zum 1. Male nach starken Kopfsohmerzen Erbre-
chen auf.
II. Beobachtung: Frau, 27 Jahre alt, verbeirathet,
2 gesunde Kinder, ein Abortus im 4. Monate. Vater ge-
storben an progressiver Paralyse, war luetisch inficirt
In der Famiue keine Hemikranie. Für Lues kein Anhalts-
punkt Kurze Zeit nach dem Auftreten der Menses An-
fälle von Flimmern, welches sich bis zur Hemianopsie
steigerte, Parästhesien in den oberen Extremitäten und
Zunge, Paraphasie, starke Kopfschmerzen mit Erbrechen.
Die AnßÜle traten in Zwischenpausen von mehreren
Monaten bis zu 2 Jahren auf; ihre Dauer war verschieden,
mehrere Stunden bis zu 3 Tagen. Nachher fühlte sich
Pat. einige Tage hindurch wie nach einer schweren
Krankheit.
ni. Beobachtung: Mann, 25 Jahre alt, Bruder der
Vorigen. Erster Anfall noch während der Schulzeit.
Hemicranie ophthalmique mit ähnlichen Nebenerschei-
nungen wie bei der Schwester, nur dauerte der Anfall
nie länger als 3—4 Stunden und trat noch viel seltener
auf; bei Akme des Schmerzes starkes Erbrechen grüner
Flüssigkeit, wonach Pat. gewöhnlich für einige Stunden
in tiefen Sohlaf verfiel. «^
8
B r e B 1 e r , Erbsyphilis und Nerrensystem.
Neurasthenie,
Die Neurasthenie der hereditär-luetischen Kin-
der findet bei Nonne besondere Würdigung: ihre
allgemeine Schwfiche zeigt sich nicht selten vor-
wiegend am Nervensystem („Fraisen^S „Gichter",
„nervöse'^ Form der Rhachitis), d. h. die Kinder werden
durch ungewöhnlich leichte Anlässe und ungewön-
lich schwer von Convulsionen befallen ; meningi-
tische Erscheinungen in Form von Gontrakturen
der Nacken- und Gliedermuskeln, Somnolenz und
Koma, schwerer Glottiskrampf mit tätlichem Aus-
gange (Heubner); bei der Sektion findet man
keine greifbare Ursache im Centralnervensystem.
Eine reizbare allgemeine Schwäche des Nervensystems
beim Kinde ist oft die Folge einer schon Jahre lang
zurQckliegenden Infektion des Vaters, wofür Nonne
2 instruktive Fälle aus seiner Praxis anführt. In-
fektion des Vaters 6 Jahre vor der Geburt des
5jähr. Knaben; 2 Jahre vor letzterer specifische
Iritis, Schmierkur. Eltern und Verwandte nicht
neuropathisch. Der Knabe war von Geburt an
stark erregbar, litt später viel an KopfiBchmerzen,
Stimmungsanomalien, hartnäckiger Schlaflosigkeit,
Unregelmässigkeit des Appetits. Keine äusseren
Zeichen von Lues. Jodkalium in grossen Dosen
von bestem Erfolge, so dass der Knabe „geradezu
aufblühte'^ — Bei Nervosität der Kinder, bei hyste-
rischen oder hysteriformen Erscheinungen oder bei
solchen reizbarer Schwäche weisen intercurrent
auftretende nächtliche Kopfschmerzen, plötzliche
Schwindelanfälle, epileptische Anfälle auf die lue-
tische Natur, besonders aber Charakterveränderung,
Zornmüthigkeit neben Intelligenzabnahme, Eigen-
sinn, Rohheit, Unbelehrbarkeit, welche psychischen
Symptome meist erst nach der zweiten Dentition
zur Beobachtung kommen.
Hartnäckige SMaflosigkeit, unter antisyphili-
tischer Behandlung, speciell Sublimatbädern, hei-
lend, beobachteten auch ältere französische Autoren,
z. B. Bert in, bei hereditärsyphilitischen Kindern
(nach Lancereaux).
„Das Sehreien bei habitueller, mitunter die ersten
2 Lebensjahre hindurch andauernder Agrypnie",
kann nach Politzer (1884) hier und da der con-
genitalen Syphilis zugeschrieben werden.
Hysterie.
Nach Jelly sind bei der hereditären Nerven-
syphilis (neben unbestimmter allgemeiner Nervosität
und schwererer Neurasthenie) ganz auffallend oft
hysterische Erscheinungen zu beobachten. „Hyste-
rische Kinder, die durch Syphilis erkrankt sind,
sind unter Umständen gar nicht von einfach hyste-
rischen Kindern zu unterscheiden. Aber selur oft
zeigen sich doch einzelne bedenkliche Erschei-
nungen bereits neben den Zeichen der Hysterie."
Er führt aus seiner Klinik folgenden Fall an.
Ein S—Ojfthr. Knabe bot neben aasgesproohenen
hysterischen Anfällen und charakteristisohen hysterischen
Delirien das Symptom der Papillenstarre. Die Hysterie
schwand , der Knabe blieb gesund bis zum Alter tod
12 Jahren, wo znerst ausgesprochene epileptische Anfille, *
nachher Opticosatrophie and endlich eine ziemlich weit-
gehende Verblödung auftraten.
Chorea,
Nonne beobachtete den Eintritt von Chorea im
6. Lebensjahre eines sicher angeboren syphilitiBcbeD
Knaben, der sich körperlich und geistig normal entwickelt
hatte, nur (bei grossem Eifer) schwer lernte, weil er seine
Aufmerksamkeit schwer fiziren konnte; er wir nhi
lebhaft und schreckhaft, schlief unrohig und wir ein
schlechter Esser. Arsenik ohne jede Wirkung ; Jodkaliom
erzielte eine schnelle Besserung aller Symptome. Der
Vater war 3 Jahre vor der Verheirathung syphilitiadi ge-
worden; die Matter hatte erst 3mal hintereinander abor-
tirt; nach einer Pause von 4 Jahren gebar sie den Knaben.
Ein 2 Jahre spfiter geborenes Mädchen zeigte verlang-
samte geistige Entwickelang.
Die Fälle H. Alison's von syphilitisdier
Chorea betreffen :
1) Ein 7 Jahre altes Mädchen (hereditäre SyphiÜB
sicher), das in diesem Alter an rechtseitiger Chorea er-
krankte; auf antisyphilitische Behandlang Heilong. Das
Mädchen, das bald daraaf nach einem Fall aof die Stira
heftige Schmerzen and eine Lähmang der linken Körper-
hälfte (erst des Armes, dann des Gesichts, später aoch dea
linken Beines) bekam« die sich ebenfalls auf antisyphili-
tische Kar besserte, starb später an Con volsionen. 2) Eiaen
Erwachsenen mit Chorea. (Ref. in Jahrb. f. Kinderhkde.
1878.)
Bei No n n e (p. 202) findet Bef. erwähnt, dass
Eowalewski eine Familie besdirieben hat, in
der alle Kinder des syphilitisch gewesenen Yaten
an Chorea litten.
B r ü n i n g hat neuerdings unter 65, mit Chona
minor idiopathioa behafteten Kindern des Leipziger
Kinderkrankenhauses 5 gefunden, bei denen Syphilis
der Eltern wahrscheinlich war. — Mettler, der
ebenfalls bei hereditärer Syphilis Chorea beobaohtele,
bemerkt, dass es sich in solchen Fällen meist um
Hemichorea handelt (Amer. Journ. of med. Be.
Sept 1903. Ref. in BerL klin. Wchnaohr. XL
1903.)
Epilepsie,
Unter den älteren Autoren erwähnt v. Rosea
(1862) 2mal das Vorkommen von filpilepaie aal
ererbt syphilitischer Grundlage.
Soltmann (Gerhardt, Handb. d. Kinder
krankh. Bd. Y. p. 26. 1880) sagt in Beiug auf die
Aetiologie der Epilepsie der Kinder*: „ESs nntV'
liegt mir nach eigenen Erfahrungen gar keinea
Zweifel, dass die Epilepsie ex Syph. heredit vis
häufiger ist als allgemeinhin angenommen wiH
wenigstens spricht dafür die Heilung gewisss
atypischer epileptiformer Krämpfe nach antisyphi
litischer Behandlung.'* Soltjnann erinnert daiai
dass schon P. Frank von einer „LustaeuchenU
sucht'* gesprochen hat
Der Ffül, den Soltmann beschreibt, betiüR ä
6 Monate altes Kind, za dem er wegen heftigen Laxyag
spasmas htnsngeholt worde; er konnte feststalleii, m
der Larynxkrampf nur dss einleitende Symptom des M
leptischen Erampfanfalles war. Pigmentflecke aa 4
Lippen, eine höchst verdächtige Rachenaffektion imd 4
erheblicher Milztamor, gegen den sich Chinin anwiila^
gezeigt hatte, liessen ina die Diagnose auf oongeall
6 r e 8 1 e r , Erbsyphilis und Neirensystein.
9
Syphilis mit Epilepsie stellea, was die erfolgreiohe anti-
syphilitische Bebandlaog alsbald bestätigte. Nacbträg-
lich wurde bekannt, dass die Matter bereits 2 syphilitische
Eioder (darunter ein fanltodtes) geboren hatte.
S. setzt hinzu, dass es sieh in solohen Fällen
meist um oortikale Epilepsie handelt; sie seihftuflg
die ,,einzige mementane Manifestation'* der con-
genitelen Syphilis.
8. refeiirt femer einen Fall von congenital-syphili-
tischer Epilepsie von Althansbei einem 9jähr. Knaben,
der durch Jodkalium geheilt wurde, nachdem alle an-
deren Mittel fehlgeschlagen hatten, und oitirt als Autoren,
die mehrere ¥me von congenital-syphilitischer Epilepsie
mitgetheilt haben, Heubner, Reder und Berger.
Nach Eowalewsky (1894) ftussert sich die
ererbte Syphilis des Nervensystems, wenn sie zur
^jnkpste führt, in zwei Formen der letzteren: in
der Form der essentiellen, die sich gar nicht von
der gewöhnlichen Epilepsie unterscheidet und einen
reoht grossen Prooentsatz dieser bildet ; sie beruht
anf syphilitischer Diathese — auf Metasyphilis —
und in der Form der oortikalen Epilepsie, die, auf
solitäre, gummöse Neubildungen zurfickführbar,
mit monoplegischen und hemiplegischen Ersohei-
mrngen einhergeht Der gummöse Process kann
aber auch ein diffuser, an dem Oefftsssystem sich
verbreitender sein und mit Entwickelungsverzöge-
ning und angeborenen Missbildungen einhergehen.
Der Verlauf solcher FUle soll folgender sein: „Ein
gesundes Kind beginnt ohne jegliche Ursache zu
fiebern, wird unruhig, schlaflos, delirirt, hat Krämpfe
n. 8. w., 3 oder 5 Tage nachher wird leichte Parese
der einen oder anderen Extremität beobachtet, in
der Folge erscheinen bei diesem Kinde mannig-
fidtige AnfiUle oortikaler Epilepsie und einige Ent-
wickelungshemmungen der genannten Extremität
Sewöhnlich wird dieses Unglück völlig unrichtig
unvorsichtiger oder sorgloser Behandlung dee Kin-
de« zugeschrieben, wie z. B. einem Sturze des
Kindes, Erkältung u. s. w.; in der Wirklichkeit
wird die Krankheit durch angeborene gummöse
syphilitiache Alteration bedingt worden und vor-
sagswaae von der Mutter ererbt sein." K. spricht
die Vermuthung aus, dass medulläre hereditär*
^philitische Epilepsie (d. i. die essentielle) ihre
Äitatehung in der Krankheit des Vaters findet,
cortikale hereditärsyphilitische Epilepsie in den
fülen erscheint, in denen die Krankheit von der
Jlntter herrührt, eine Ansicht, die er durch seine
BeotMU^tnngen fiast ausnahmelos gestützt glaubt
2 von ihm beschriebene Fälle sind sehr instruktiv ;
wir geben sie mit seinen Worten wieder.
Hereditär-syphilitische idiopathische Epilepsie:
,N. 8., 11 Jahre alt, Tochter eines 8n>hilitiker8 und
einer anämischen Mutter. Der Vater der Kr. hat 5 Jahre
vor der Geburt des Mädchens Syphilis erworben, in deren
lüge Uloerationen auf den Füssen nachgeblieben sind,
' welehe oft wieder wund werden und sogar noch anhalten.
fKe Matter der Sir. ist ein sehr gesundes und kräftiges
en gewesen ; sie heirathete 3 Jahre nachdem ihr
sich mit Syphilis inficirt hatte. Nach der Heirath
3 Aborte hinter einander gehabt, nach denen
Kr. geboren wurde. Sowohl die Aborte wie das
odbenbett hatten keine besonderen Blutveriusta im
Med. Jahrbb. Bd. 282. Hf^. 1.
Oefolge, dennoch begann die Frau schwach zu werden,
an Fluor albus und Anämie zu leiden. Das kranke Mäd-
chen ist sehr sei) wach und eben so sehr scrofulös.' Die
lymphatischen Drüsen am Halse, sowie die submaxillaren
sind sehr angeschwollen, auch die Mandeln sind an-
geschwollen. Die obere Lippe der Er. ist erbeblich ver-
dickt, sogenannte Hutchinsonzähne , das Gesicht etwas
aufgedunsen, was auch auf verschiedenen Körpertheilen
zu beobachten ist Auf der Kopfhaut sowohl wie auf
dem Körper erscheinen sehr oft verschiedene Ausschläge.
Die grossen Gelenke sind etwas verdickt. Das Mädchen
ist reoht anämisch, schwach, kränlclich und apathisch.
Sie ist rechtzeitig geboren, hat Masern gehabt, welche
glücklich überstanden worden sind, erkältet sich zuweilen.
Vor anderthalb Jahren, nach einem leichten nächtlichen
Schreck, hat die Kr. den ersten Anfall epileptischer
Krämpfe gehabt, welche den ganzen Körper ergriffen, mit
vollem Bewusstseinsverlust und nachfolgender Amnesie
verbunden waren. Der zweite Anfall folgte nach einem
halben Jahre schon ohne jede Ursache, der dritte nach
4 Monaten, die folgenden nach 2 Monaten. Wegen der
Syphilis des Vaters, der Dyskrasie der Mutter, des scro-
fulösen Znstandes des Kindes und Abwesenheit jeder
anderen radikalen Ursache für die Erscheinung der Epi-
lepsie halte ich diesen Fall für hereditäre syphilitische
medulläre Epilepsie und verschrieb ausser der gewöhn-
lichen antiepileptisohen Behandlung eine antisyphilitische,
nämlich Jodsalze, und habe reoht guten Erfolg gehabt.
Cortikal hereditär-syphilitische Epilepsie:
S. B., 5jähr. Knabe, leidet an Anfällen epileptischer
Krämpfe ohne Bewusstseinsverlust Der Vater des Kr.
ist ein gesunder Mann, die Mutter des Kr. ist in zweiter
Ehe verneirathet; ihr erster Mann hatte die Syphilis und
ihre zwei Schwangerschaften der ersten Ehe endeten mit
Aborten. Sie hat sichtbare Periostitis auf den Füssen,
Narben nach Ulcerationen im Pharynx, leichte Periostitis
der Nasen knochen, chronischen Schnupfen, Spuren von
gewesener Iritis und Periostitis der Schädelknochen.
Unser Kr. ist also Sohn eines gesunden Vaters und einer
syphilitischen Mutter. Die Entbindung ist normal ge-
wesen. In den ersten Monaten hatte das Kind Ausschlag
auf dem Körper ; weiter entwickelte sich der Knabe ganz
genügend, obgleich er recht anämisch war. Mit 4 Jahren
erschienen sehr starke Kopfsohmerzen, besonders in der
Nacht Diese Kopfschmerzen wurden immer stärker und
stärker und verursachten Schlaflosigkeit Der Gang des
Knaben wurde unsicher und er fiel oft um. Vor 3 Monaten
erschienen epileptische Anfälle, welche in der rechten
unteren Extremität und rechten Körperhälfte sich äusser-
ten. Selten verbreiten diese Krämpfe sich auf den Arm.
Das Bewusstsein wird dabei nicht verloren, oder sehr
schwach, aber nach jedem Anfalle konnte der Kr. während
einer Stunde nicht den rechten Fuss bewegen, gehen aber
konnte er nicht vor 3 Stunden nach dem Anfall. Die
Anftlle kamen immer öfter und öfter, zuletzt bis 12mal
in 24 Stunden vor. Seit einer Woche kann das Kind
nicht nur nicht gehen, sondern auch den rechten Fuss
nicht bewegen. Die Muskulatur des Fusses ist ab-
geschwächt, die lymphatischen Drüsen angeschwollen,
starke Anämie, bei Perkussion des Craniums erweist sich
eine oiroumscripte schmerzhafte Stelle in der linken
parietalen Region, an dem rechten Auge Stauungspapille.
Die verschriebenen Quecksilbereinreibungen und Jod-
präparate machten den Knaben in 4 Monaten ganz gesund.
Schon 4 Jahre sind ohne Anfälle verstrichen und der
Knabe ist gesund, dennoch macht er jährlich eine Jodkur
durch."
Zu erwähnen sind auch Erlenmeyer 's
6 Fälle von Jackson'soher Epilepsie mit einseitigen
Krämpfen: 3 Knaben im Alter von 12 — 16 Jahren
und 2 Mädchen von 15, bez. 16 Jahren. In 3 Fällen
war der Vater vor der Verheirathung luetisch ge-
wesen und es waren bei den Kranken zur Zeit der
10
Bresler, Erbsyphilis und Nervensystem.
Qeburt, bez. danach Symptome von hereditärer
Syphilis beobachtet worden. In den übrigen beiden
Fällen, die symptomatisch jenen dreien glichen,
konnte Lues nicht ermittelt werden. Die bei den
Krämpfen betheiligten Glieder waren in allen Fällen
etwas schwächer und in der Entwickelung gegen-
Ober denen der anderen Seite etwas zurückgeblieben,
ohne jedoch irgend welche BewegungstOrung, Pa-
rese, Steifheit, abnorme elektrische Reaktion zu
bieten ; nur das Lokalisationgefühl war etwas ver-
mindert In einem Falle bestand auf der zurück-
gebliebenen Seite Hemiatrophie des Gesichts und
der Zunge, sowie Ptosis. Wahrscheinlich handelte
es sich in diesen Fällen um die Folgen einer lue-
tischen Meningitis, da bei diesen Kindern die An-
fälle nach fieberhaften Erkrankungen aufgetreten
sein sollten.
Zur hereditär-sypbilitischeD Epilepsie stelle ich auch
eine BeobachtuDg Gh aroot^s, der bei einer SOjähr. Frau
eine hereditäre Lues auf Grund folgender Erscheinungen
diagnosticirte : monatelange heftige Schmerzen in der
linken Parietalgegend, die Abends bsgannen und die Nacht
hindurch fortdauerten, häufiges Erbrechen; später ver-
breitete sich der Schmerz über den ganzen Kopf, Anfälle
von Bewusstseins Verlust mit unwillkürlicher Harnent-
leerung, Zungenbiss und Krämpfen des rechten Armes.
EmpfindUchkeit des Sohädelknochens bei Druck und Per-
kussion an der dem rechten Armcentrum entsprechenden
Stelle. Goncentrische Gesichtsfeldeinschränkung, link-
seitige Sehnerventzündung, rechts Schwund der Aderhaut
nebst Glaskörpertrübung. Defekt der Unken unteren
Nasenmuschel, der seit einem Nasenleiden aus der Kind-
heit herrührt. Eine zugleich bestehende Hemianästhesie
fasste Gharootals hysterisch auf. Durch die Anamnese
ist nicht festgestellt, ob hereditäre Lues vorlag.
Bei Homen ist ein Fall Dowse's citirt, ein 4jähr.
Kind, bei dem neben anderen Symptomen hereditärer Lues
epileptische Krämpfe auftraten, die auf antiluetische Be-
handlung sich besserten, sowie ein Fall Hutchinson *s,
einlljähr., hereditär-syphilitisches Kind, bei dem spasmo-
dische Zuckungen der linkseitigen Glieder begannen,
ferner ein Fall Abner's, einseitige epUeptische Anfälle
im 18. Jahre neben verschiedenen anderen Zeichen here-
ditärer Lues, unter Anderem die Hutchinson 'sehe
Zahndeformität
Auch Binswanger widmet der hereditären
Syphilis in seinem umfangreichen Werke über
Epilepsie eine eingehende Betrachtung. Nach ihm
ist schon von Oros und Lancereaux auf den
Zusammenhang zwischen Epilepsie und angebo-
rener Lues hingewiesen worden und Oowers hat
ebenfalls auf den Unterschied zwischen hereditär-
syphilitischer Epilepsie auf Orund von luetischer
Dyskrasie und solcher auf Grund von specifischen
anatomischen Veränderungen hingewiesen. B. ist
der festen üeberzeugung, dass die hereditäre Lues
viel häufiger unter den prädisponirenden Ursachen
der Epilepsie eine Rolle spielt, als dies gemeinhin
angenommen wird. Er findet es auffallend, dass
Qber die dyskratische Form der hereditär-syphi-
litischen Epilepsie so wenige Mittheilungen vor-
handen sind, und ffihrt dieses darauf zurück, dass
man bei blosser Uebertragung der syphilitischen
Dyskrasie meist nicht die äusseren Zeichen der
ererbten Lues zu sehen bekommt ; man findet nur
die klinischen Merkmale einer allgemeinen Ent-
wickelungstOrung, die uns in den Krankheitbildero
der Rhachitis und Scrofulose in mehr oder weniger
bestimmter Form entgegentritt Durch die Ana-
mnese aber, auf die man demzufolge allein an-
gewiesen ist, hält es schwer, die Wahrheit zn
erfahren.
Bei einem von Binswanger beobachteten Knabeo,
der sich geistig langsam und ungenügend entwickelt
hatte, traten im 13. Lebensjahre angeblich in Folge
Sohreckes die ersten epileptischen Krämpfe auf, anfiiog-
lieh mit dem Charakter der vollentwickelten, grofisea
Anfälle. Diese häuften sich, die Intelligenz nahm ab, «b
kamen Zornesausbrüche vor. Der Kr. hatte Zähne mit
zackigem Rande, geschwollene Drüsen, vergrosserte Lebern
nur geringe Differenz der Pupillenreaktion ; Gedächtoisa-
sohwäohe. Ein Bruder des Kr. war schwachsiiinig;
2 Geschwister waren an Scharlach in Folge von inneren
Krämpfen gestorben. Eine Tante mütterlicherseits war
geisteskrank. Nach wiederholten eindringlichen Unter-
redungen mit dem Vater gestand dieser, dass er sidi
1 Jahr vor seiner Verheirathung syphilitisch infidit
hatte; aus dem Journal derPoHklinik, in der er sich hatte
behandeln lassen, konnte dieses bestätigt werden.
Nach B. giebt es aber auch — als Zwischea-
stufe zwischen der dyskratischen, auf JTetmaßAoä-
gung beruhenden und der durch Keiminfektum be-
dingten und durch anatomische Verändenmgen
gekennzeichneten Form — Fälle, in denen die
specifischen Kennzeichen vererbter Syphilis durch
Haut-, Schleimhaut-, Knochenaffektionen u. s. w.
bei den Kindern aufgetreten sind oder späterhin
erst zur Zeit der Pubertätentwiokelung zum Vor-
schein kommen (Syphilis hereditaria tarda), daneben
aber, gewissermaassen als selbständiger Krankheit-
vorgang, sich wahre epileptische Insulte ent-
wickeln. Das unterscheidende Merkmal von d^
Fällen der vorigen Gruppe bestehe darin, dass
keinerlei Zeichen einer organischen (specifischen)
Erkrankung des Oehirns oder seiner Hüllen wäh-
rend des ganzen Verlaufes vorhanden sind, vor
Allem alle Zeichen einer partiellen Epilepsie fehlen.
Hierfür bringt B. einen Beleg in der Beobachtung
eines Knaben, dessen Vater syphilitisch war (Beci-
div zur Zeit der Zeugung), und der mit 16 Jahren
von Krämpfen befallen wurde. Oeburt und kürper-
liche, wie geistige Entwickelung verliefen normal;
die Krämpfe traten anfangs als „Zungenkrämpfe^
mit dyspnoischen Erscheinungen bei erhaltenem
Bewusstsein auf; später waren es ausgebildete ep-
leptische Anfälle ; unter antisyphilitischer Behand-
lung und Beseitigung von Schleimhautneubildon-
gen im Nasenrachenraum, die specialärztlicherseits
als syphilitische angesehen wurden, erfolgte Bes-
serung.
Bratz hat unter 400 epileptischen Kindern
und Jugendlichen der Anstalt Wuhlgarten, bei
denen die Anamnese genau bekannt war, bei 5%
Syphilis der Eltern gefunden ; nicht eingerechnet
sind dabei die Fälle von oongenitaler Himsyphilia
mit multiplen Himsymptomen , selbst wenn sie
Krämpfe zeigten. Nur ein Fall von Epilepsie anJ
hereditär-syphilitischer Basis war in obigw 5*/|
B res 1er, Erbsyphilis und Nervensystem.
11
einbegriffen worden, der das Symptom der Stauungs-
ptpUle bot und in dem auch die Sektion ein apfel-
grosses, central zerfallenes Syphilom im linken
Stirnhim nachwies.
Der Vater dieses Kr. war Potator und geschlechts-
Inak. Die ersten 6 Kinder starben früh anter Ersohei-
DQDgen hereditärer Laes. Pat. ist das 7. Kind ; bis zum
3. Jahre Hantausschläge, Ozaena; er blieb in der Schule
zurück. Im 10. Lebensjahre erster Anfall: petit mal,
spftter typische epileptische Anfftlle, daneben nallaoina-
torische Verwimingznstände ; im 17. Jahre beiderseits
Neoiitis optici, die unter antisyphilitischer Behandlung
etwas zurückging. Pat erstickte bald darauf in einem
Anfalle.
In einem zweiten Falle mit Sektion^ einen 14jähr.,
blassen, schwächlichen, rhachitischen, aber geistig gut
entwickelten Knaben betreffend, bei dem mit 6 Jahren
innerhalb einer Woche 3 Krampf anfalle (bei Bewusstlosig-
keit und eingekniffenem Daumen) eintraten, später anter
schneller Verblödung die Anfälle sich häuften und bei dem
ach einige Wochen vor dem Tode aus 2 kleinen Tumoren
Doter der Kopfhaut auf Incision Eiter entleerte, fanden
sich 2 Defekte in der Schädeldecke, deren vorderem
innen eine verkäste Geschwulst in der fest angelötheten
Don entsprach; diese Oesohwulst hatte ein haselnuss-
gnnses Loch in die zweite Stirn Windung getrieben ; eine
liischkemgrosse Oesohwulst fand sich noch beim Ab-
ziehen der Pia in der Nachbarschaft. Uebriges Oehim
gesund. Syphilis der Eltern wurde hier als wahrschein-
Bch festgestellt Polymortalität der Kinder; eines war
an Krämpfen erkrankt und nach Erblindung an Gehirn-
entzündung gestorben.
Fi 80 hl (Cortikale Epilepsie oongenital-syphi-
litischen Ursprungs. Ztschr. f. Heilkde. 1890. [Bei
Kowalewsky]) beschreibt Fälle von Erkrankung
zweier Kinder an partieUen Monoapasmen des
^Bebten Beinee; die Eltern der Kinder waren
Syphilitiker. Fi sohl hält diese Erscheinung für
eisen circumscripten gummOsen Process in der
B^n der Hirnrinde (?).
Unter den mehr als 1000 Epileptikern, die ich
im Laufe der Jahre längere Zeit hindurch beobach-
ten konnte, hebt sich mir eine Gruppe von Kranken
tb, deren Epilepsie man zu der „idiopathischen"
rechnen wOrde; eine solche giebt es bekanntlich
nicht, oder vielmehr man bezeichnet damit das Groa
(ter Epilepsien, deren Ursache wir nicht kennen.
Jene Gruppe ist charakterisirt durch schnelle Ver-
bifidung, erhebliche Sprachstörung, besonders was
den motorischen Theil der Sprache, das Sprechen
selbst, anlangt, eine Störung, die in den höheren
Graden an diejenige bei der progressiven Paralyse
erinnert, nur daas hftufiger die artikulatorische
Störung auf dem Gebiet des Intentiontremor der
Sprachmuskein (eine Art Stottern) liegt, Tremor
der Finger und Ataxie der Hände und Beine, bei
stark gesteigerten Kniesehnenreflezen. Die Kranken
gdien Terhältnissmässig frühzeitig entweder an
gehäuften Anfällen oder — in ihrem Marasmus —
ao einer interourrenten Krankheit zu Grunde. So
sehr ich vermuthe, dass es sich bei dieser Gruppe
der ,4^opathiachen^ Epilepsie um eine hereditäre
„metasyphilitische'* Erkrankung handelt, so vermag
ich doch leider noch keine Beweise dafür anzu-
führen.
Eklampsie,
Schon Geige 1 (1867) nennt unter den Todes-
ursachen bei Kindern mit „wirklich hereditärer
Syphilia'* „Oedem und Anämie des Gehirns mit
Eklampsie*', ohne indessen Näheres anzugeben.
H e u b n e r (1896) sieht die ekiampiiaehen Con-
vulsianm als eine der wichtigsten parasyphilitischen
Erkrankungen an. „Man sieht noch leidlich ge-
nährte und constituirte Kinder manchmal plötzlich
in heftigste Krämpfe verfallen, nach deren stunden-
langer Dauer der Tod eintritt. Im Gehirne und
im ganzen Centralnervensysterae sucht man dann
vergebens nach einer greifbaren Ursache dieser
plötzlichen Katastrophe. Oder die Kinder ver-
fallen in tiefe Somnolenz, in Contrakturen, Opistho-
tonus u. dgl., auch hier zuweilen ohne nachweis-
bare anatomische Ursache. Oder unter dem Auf-
treten schweren Glottiskrampfes (der ja seinem
Wesen nach zur Eklampsie gehört) sterben die
Kinder an Erstickung." H. theilt eine eigene Be-
obachtung eines solchen Falles mit, in dem der
Tod wahrscheinlich in Folge von Lähmung der
Glottiserweiterer bei einem sicher syphilitischen
Kinde eintrat
Nach Schuster kommt die Eklampsie der
Neugeborenen nicht aelten bei Kindern vor, die
von latent syphilitischen Eltern stammen. Er
wandte mit Erfolg subcutan lOproc. Jedipin, 10 bis
16 Injektionen zu je 1.0 g an.
Tetanie.
Hochsinger berichtete in der Sitzung der
Wiener dermatologischen Gesellschaft (25. Januar
1899) über 2 Beobachtungen von Tetanie bei Säug-
lingen mit angeborener Syphilis. Die Tetanie
wurde bei Quecksilberbehandlung geheilt Einen
3. Kranken stellte er in derselben Gesellschaft am
8. März 1899 vor: Ein 10 Wochen altes Kind mit
schnüffelnder Nasenathmung, rhagadenartiger In-
filtration der Lippen, krustösem Syphilid an Kinn
und Oberlippe, mit atlasglänzenden infiltrirten
FussBohlen, eingeschlagenen, mit den Nägeln fest
in die Hohlhand gepressten Fingern, rechtwinkelig
eingeschlagenen Daumen. Tonische Beugecontrak-
tur an den Ellenbogengelenken. In seinem am
19.Sept 1899 bei der 71. Versammlung deutscher
Naturforscher und Aerzte in München erstatteten
Referate über „Tetanie und tetanieähnliche Zu-
stände bei Kindern der ersten Lebenswochen^'
äusserte sich H. dahin, dass ein gewisser Grad
von pathologischer Myotonie, sowie die Erregbar-
keit des Faustphänomens, das er als einen direkten
Rückenmarkreflex bezeichnet, fast regelmässige
Begleiterscheinungen der congenitalen Frühsyphilis
der Neugeborenen und jener Säuglinge seien, die
den 3. Lebensmonat noch nicht überschritten
haben, sowie dass die direkte Abhängigkeit dieser
Myotonie von der Syphilis durch die prompte Wir-
kung der antiluetischen Therapie erwiesen werde.
12
B r e 8 1 e r , Erbayphilis und Nervensystem.
Degenerationen der Yorderwurzeln und Yorder-
hornzellen des Säuglingsrflckenmarkes, wie sie
Zappert mit der Marchi'schen und Nissl'-
schen Methode gefunden hat, werden von ihm als
anatomische Grundlage der Myotonie und als durch
toxische Störungen bedingt betrachtet. Myotonie
und Pseudoparalysis kOnnen nach H. an einer und
derselben Extremität vorkommen.
Tonische Gontraktur der tiefen Nackenmus-
kulatur, die nach Soltmann überhaupt keine
seltene Erscheinung bei Kindern ist (Tetanus und
TrismuB neonatorum bei den verschiedenen For-
men der Meningitis), beobachtete S. auch hflufig bei
luetischen Säuglingen. Contrakturen , die durch
antiluetische Euren geheilt wurden, beobachtete
auch Henoch bei Kindern (1887, Vorlesungen
über Kinderkrankheiten).
Katalepsie.
Kohts erinnert daran, dassRioord (Reder,
Pathologie und Therapie der venerischen Krank-
heiten. Wien 1868) die Syphilis als ätiologisches
Moment der Katalepsie anführt K. selbst hatte
Gelegenheit, bei einem 2jährigen Kinde, das mit
Lues hereditaria behaftet war, einen eigenthüm-
lichen katalepiieehen Zustand zu beobachten.
^Der kleine Fat, welcher Condylomata lata ad anam
und in der logüinalfalte darbot und der an Psoriasis uad
Rhagaden an den Mundwinkeln litt, war auffallend fett
und für sein Alter ausnehmend gut entwickelt. Der Kopf
erschien gross (umfang 48 cm), die Fontanellen waren
geschlossen. Keine Convolsionen, kein cri hydrocepha-
liqae. Auffallend erschien es nun, dass die Extremi-
täten oder der Kopf, in eine aossergewöhnliche Stellung
gebracht, in derselben Minuten lang verharrten. So
wurde beispielsweise, während der Pat im Bette lag,
das eine Bein erhoben und stark gestreckt, das andere
im Hüft- und Kniegelenke stark flektirt und die Hacke
gegen das Oesäss gesenkt, endlich der Kopf und der
Rücken etwas erhoben. Das Kind lag nur mit dem
Kreuzbeine auf. Es blieb mit starrem Oesichtsausdrucke
mehrere Minuten in dieser Stellung, bis die Glieder all-
mählich der Schwere nach auf die Unterlage herabsanken.
Dieser Zustand währte vom 10. Nov. 1887 bis zum Tode
des Pat, der am 4. Jan. 1888 in Folge ausgedehnter
Diphtheria faucium eintrat
Bei derÄtiiopsie am 5. Jan. (v.Recklinghausen)
fand sich an der Schädelbasis ziemlich viel klare Flüssig-
keit, die Venen der Pia mater, besonders an der (Kon-
vexität, waren stark iigicirt Die Ventrikel nicht be-
sonders weit, enthielten wenig klare Flüssigkeit Das
Gehirn im Allgemeinen von derber Ck>nsist6nz, sehr blut-
reich. Pens auffallend derb; von der Hyperämie ab-
gesehen nichts Besonderes, Die Dura mater zeigte stark
geftUlte Venen. '^
Progressive Paralyse.
Die Aufmerksamkeit der Kliniker hat sich erst
in den letzten Jahrzehnten auf das Vorkommen der
progressiven Paralyse im Kindesalter gelenkt, bis
dahin ist sie zwar beobachtet, aber anders gedeutet
worden. So hat z. B. Mendel im Jahre 1868
einen Fall von Oeistesstörung bei einem hereditär-
syphilitischen Kinde beschrieben, die er jetzt als
progressive Paralyse bezeichnen würde, wie er
sich gelegentlich äusserte ^). Jedenfalls hat aber
wie bei der Paralyse der Erwachsenen eine Zu-
nahme der Erkrankungen nicht blos der Beobach-
tungen stattgefunden und die Fälle von progres-
sirer Paralyse im Kindesalter sind keine Selten-
heit mehr.
Bei keinem Nervenleiden des Kindesalters nun
ist die Rolle der Erbsyphilis eine so sicher fest-
gestellte und' so umfangreiche wie bei der pro-
gressiven Paralyse. Alzheimer hat im Jahre
1896 41 Fälle zusammengestellt ^j, darunter drei
eigene Beobachtungen, und ist dab^ bezüglich des
Einflusses der Lues zu folgendem Resultate ge-
langt In 14 Fällen war die Erbsyphilis sicher
anzunehmen, in 13 sehr wahrscheinlich, in 2 wahr-
scheinlich, in 3 ergaben die Verhältnisse keine
Anhaltepunkte für Lues, in 7 Fällen waren die
Verhältnisse nicht oder sehr mangelhaft bekannt,
in 3 war eine direkte Infektion mit Lues fest-
gestellt. Lässt man also die 7 Fälle mit dürftiger
oder fehlender Anamnese und die 3 mit direkter
Lues weg, so bleiben immer noch 28 Fälle mit
ererbter Syphilis, d.h. ca. 70^/o. Alzheimer
bemerkt, dass sich unter allen Fällen kein einziger
befand, in dem num einen Einfluss der angeboreoea
wie direkten Syphilis als sehr unwahrscheinlich
oder gar als ganz sicher auszusohliessen bezeichnen
könnte.
Wichtig ist, dass, während bei der Paralyse
der Erwachsenen die Zahl der erkrankten lUoner
diejenige der Frauen bei Weitem übertrifft (etwa
6 — 7mal), das Verhältniss der Oeechleohter bei
der Jugendparalyse wie 1:1 ist, ein YerhSltniss,
das eben durch das Vorhandensein eines ererbten
Momentes verständlich wird. Der Binfluss der
angeborenen Syphilis reicht in einzelnen FUlea
bis über das 20. Lebensjahr hinaus. Nicht so
selten kommt es vor, dass die Kinder, die an pro-
gressiver Paralyse erkrankten, körperlich gering
entwickelt und von Jugend auf schwachsinnig
waren, und es lässt sich auf Orund solcher Fälle
eine Brücke schlagen zu der Bedeutung der Syphilis
bei Idiotie.
Der früheste Termin der Erkrankung ist das
9. Lebensjahr, am häufigsten beginnt das Leiden
im 15. und 16. und wird gegen das 20. seltener.
Die durchschnittliche Dauer ist eine längere ab
die bei Erwachsenen, nämlich 4.6 Jahre.
Was den Verlauf der Jugendparalyse anlangt,
so werden die Orüssenideen der klassiaehen Para-
lyse und überhaupt Wahnideen hier selten beob-
1) Als älteste Beobaohtung von infantiler Panlyae
dürfte die von Stolz (Med. Jahrb. d. österr. Staiien
1844. p. 257) aufzufassen seio : ein nicht originär blöd-
sinniges, soodero nach „Manie* in geistige Schwäche mit
Aphiuie verfallenes Kind zeigte bei der Sektion Destruk«
tionen in beiden Vorderlappen des Gehirns.
*) In seiner Arbeit findet sioh bei den einielnea
Fallen die literaturstelle angegeben, so dass ich dannl
verzichten kann, ein solches Verzeichniss von Neuem
aufzustellen.
Breeler, Erbsyphilis und Nervensystem.
13
aditet and es äussert sich der Prooess auf geistigem
Odläete unter einfacher Abnahme aller seelischen
nhigkeiten mit zeitweiligem Auftreten yon Er-
r^Dgsuständen ; in Beziehung auf die körper-
lichen Symptome ist das frühzeitige Einsetzen von
paralytischen Anfällen bemerkenswerth , die von
Terh<nissmftssig schweren und langsam vorüber-
gehenden L&hmungserscheinungen begleitet sind.
Paresen und Tremor treten ebenfalls schon früh
aof. Pupillen- und Sprachstörungen verhalten sich
wie bei erwachsenen Paralytikern. In 5 Fällen
fand Alzheimer Opticusatrophie verzeichnet,
2mal neben fehlendem, 3mal bei gesteigertem
Patellarreflexe.
Der anatomische Befund bei der Jugendpara-
lyse ist im grossen Ganzen der gleiche wie bei der
Paralyse Erwachsener : Verdickung, Trübung und
Oedem der Pia, die oft mit der Rinde verwachsen
ist, Atrophie der Bindungen, besonders der Stirn-
lappen, Erweiterung der Ventrikel, Oranulirung
des Ependyms, zuweilen Pachymeningitis haemor-
rhagica und Erweichungsherde; mikroskopisch:
Untergang der markhaltigen Fasern, fettig pigmen-
tOse und sklerotische Entartung der Ganglienzellen,
Degeneration und Infiltration der Oefässwandungen,
Anhäufung von Spinnenzellen.
Fälle von Jugendparalyse sind, wie gesagt,
keine Seltenheit mehr ^) ; wir dürfen deshalb von
einer eingehenden Berücksichtigung aller später-
hin veröffentlichten Fälle Abstand nehmen, um so
mehr, als es uns nur darauf ankam, den ätiologi-
sehen Standpunkt der Frage gekennzeichnet zu
haben, der übrigens immer wieder bestätigt wor-
den ist, und begnügen uns mit der Y^iedergabe
emiger typischen Krankengeschichten, zunächst
einer solchen aus der Beobachtung Alzheimer 's.
iSn Midcheo, das von Matters Seite erblich belastet
var, deasMi Vater vor der Ehe syphilitisdi war, das femer
auf hereditfire Lues verdächtige Erscheiouogen zeigte, in
den ersten Lebensjahren Hydrocephalos hatte, sich in
der Schule als massig beanlagt erwies, häufig Eopf-
■ehmerzeD und Neigung zam Einschlafen hatte, erkrankte
im 9. Lebenqahre (1886) mit einem paralytischen An-
£i]le (Zwangsbewegungen des Kopfes ohne vollständigen
Veiiiist des Bewnsstseins). Danach einige Tage Schwäche
im Gange, ünbesinnliohkeit In der Folge erre^^,
iagstliches Wesen. Abnahme der geistigen Fähigkeiten.
Im: 2 AnfiUle von tonischen Krämpfen mit nsoh vor-
nbergehender Bewasstlosigkeit , danach Erbrechen and
in^äznstände (Hailadnationen). 1889 : Häufige Anfälle
von sehr verschiedenem Charakter. Wesentliche Ver-
seUimmerung des psychischen Zastandes. Differente,
tiig leagiiende Papillen, Sprach* und Sohriftstörang,
Jfukelzackangen im Gesicht, Erhöhung^ der Patellar-
nSeze, Fassdonas, Blasenstörangen , zeitweilig Angst-
sostinde, Gehörshalluoinationen. Gegen Ende des Jahres
BemisssQn, die bis März nächsten Jahres anhielt. 1890:
Zeitweilig Terwirrt, zunehmende Verblödung, zaneh-
neode spastische Contraktar der rechten Seite. Li den
hlgeiiden Jahren allmählich zunehmende Contraktar der
Inkeo Seite. JHäafige Anfälle. März 1894: Aufnahme
ia die Irrenanstalt Schwere Demenz, linke Seite und
leofatee Bein in spastischer Contraktarstellang, rechter
<) NeaereBeobachtangen siebe im literatarverzeich-
Arm schlaff paretisoh. Starb nach 3 Wochen anter den
Erscheinungen von Himlähmang.
Sehr instruktiv siod auch die beiden Beobach-
tungen von Jagendparalyse, über die Kaplan
und Meyer am 16. Dec. 1899 im psychiatrischen
Vereine zu Berlin berichteten.
„Die eine Kr. wurde im Beginne ihres 12. Jahres
in die städtische Irrenanstalt Herzberge aufgenommen
and verstarb dort nach ca. 10 Monaten. Der Vater in-
ficirte sich specifisch 4 Jahre vor der Geburt der Fat.,
die Matter hatte 2 Aborte. 7 Geschwister zeigten Er-
scheinungen von hereditärer Lues. Fat seibat war das
zweitgeborene Kind, hatte kurz nach der Geburt speci-
fische Erscheinungen (Fingernägel und Handfiäche schil-
ferten sich ab, Ri^ am After u. s. w. Calomelkur). Im
2. bis 3. Lebensjahre Haarausfall, im 6. bis 7. Stinknaso.
Bis zum 6. Lebensjahre geistig gut entwickelt, seitdem
zurückgegangen, so dass das Kind aus der letzten Klasse
nicht berausifam, konnte aber noch bis zum 11. J. in der
Wirthschaft helfen, seitdem enorm verschlechtert, fing
an, beim Sprechen zu stammeln und zu stocken, dann
,i8teifigkeit* der Glieder, Zittern der Arme; im An-
schlüsse an ein anscheinend ganz leichtes Kopftrauma
soll sich der Zustand noch verschlimmert haben. Bei
der Aufnahme im Wesentlichen geistige Schwäche, meist
vergnügtes Wesen. Fupillen sehr weit Licbtreaktion
fehlt Convergenzverengerung nicht sicher zu prüfen.
Keine gröberen Lähmungserscheinungen des VII. oder
der Extremitäten, leichte Beugecontraktur des rechten
Armes. Bei Bewegungsversuchen Tremor, besonders
der rechten Hand, Kniephänomen beiderseits lebhaft,
rechts > links. Gang steifbeinig, unsicher. Spricht
wenig, singt aber: ,,Ich kleid' mich stets nach neuester
Fagon*^. Im weiteren Verlaufe Contrakturen wechselnder
Stärke in allen Extremitäten und fortschreitende geistige
Schwäche trotz Schmierkur. Maskenartiges Gesicht, der
Gesiohtsausdruck bleibt nach dem Lachen oder Weinen
oft noch längere Zeit stehen, andererseits bricht das
Lachen oder Weinen oft plötzlich ab, um wieder dem
unbeweglich maskenartigen Ausdrucke Flatz zu machen.
Unter zunehmenden Contrakturen u. s. w. Exitus. In
den letzten Tagen ante exitum Störungen im Gebiete des
rechten Oculomotorius.
Makroskopischer Befund: Fia über den vorderen
Fartien desGrosshims sehr dick, über der rechten Hemi-
sphäre stellt sie eine tiefdunkelrotbe, salzige Masse dar,
die diffus in die Rinde übergeht, und zwar über Stirn-
and Farietallappen, während Hinterhaupt and Schläfen-
lappen fast frei erscheinen. An den entsprechenden
Tbeilen der linken Hemisphäre nur ziemlich starke Ver-
dickung und milchige Trübung der mit der Rinde ver-
wachsenen Fia, besonders dem Verlaufe der grossen Ge-
fässe entsprechend; keine speckigen Massen, speciell
nicht an der Himbasis. Im rechten Hemisphärenmarke
eine gänseeigrosse Höhle mit rauher Wandung, in welcher
zahlreiche Gefässe sichtbar sind, eine ähnliche kleinere
Höhle im linken Schläfenlappen. Ventrikel weit, Epen-
dym granulirt.
Mikroskopisch fand sich zunächst nirgends sicher
gummöses Gewebe, nur fanden sich an einigen Stellen
der Fia kemarme Stellen. Die Rinde der rechten Hemi-
sphäre zeigt an den makroskopisch schon als verändert
erkennbaren Stellen enorme Verdickung der Fia, klein-
zellige Infiltration derselben, Blutungen. Die Rinde
selbst lässt uns nur noch minimale Reste von Fasern und
Zellen erkennen, hingegen ist fast das ganze Bild von
Unmassen von meist sehr dickwandigen Gefässen und
massenhaften Blatun^en eingenommen, so dass die
Rindenstruktur fast völlig verschwanden ist (Encephalitis
angiomatosa) ; in der Rinde der linken Hemisphäre hin-
gegen findet sich nur bedeutende Verdickung und
kleinzellige Infiltration der Fia, sowie Infiltration der
Rinde, Verwischung der Zellsohichtung, Zahlverminde-
rung und Form Veränderung chronischen Charakters an
14
Bresler, Erbsyphilis und Nerrensystem.
don OaDglienzelloD, VerdickuDg und etwas Vermehrang
der Oefässe; aar im liDken Schläfenlappen finden sich
Bilder, welche auch in Bezug auf die Oefässe u. s. w.
denen der rechten Hemisphäre sehr ähnlich sind. End-
lich sehr deutliche Endarteriitis specifica, u. A. an der
Basilaris, sowie an der Art spin. ant. ; im Rückenmarke
fand sich übrigens ausserdem Massenhaftigkeit und Ver-
dickung der Oefässe, sowie Pyramiden- und Hinter-
strangs - Degeneration. Combinaiion von Endarteriitis
specifica, Encepbalomeningitis und cortikaler, bez. sub-
corti kaier Oefässerkrankung; Perteneephtüomeningüia
interstittalis diffusa chronica anteriGr der linken Hemi-
sphäre, welche übrigens der Ausbreitung des erwähnten
krankhaften Processes an der rechten Seite entspricht,
nämlich nur, bez. vorwiegend an den vorderen Partien
des Oehirns sich findet, also unter relativer Schonung
des hinteren Theiles des Parietal- und des Hinterhaupt
lappens, welche also eine Art und Lokalisation zeigt, wie
sie sich regelmässig hei progressiver Paralyse findet,
kurz also der Nachweis einer einfachen Periencephah'
tneningitis interstiticUis diffusa chronica anterior als
Theilerscheinung einer offenbar als Oehimsyphüis an-
zusprechenden Erkrankung.
Der xiceite Fall betrifft ein hereditär in nervöser
Beziehung schwer belastetes Mädchen« dessen Vater sich
6 Jahre vor deren Oeburt syphihtiach infioirt hat und
jetzt Zeichen von Tabes cervicalis bietet; die Mutter,
welche bei der Hochzeit inficirt wurde, leidet jetzt an
Dementia paralytioa. Pat. selbst hatte bei der Oeburt
typische Zeichen von hereditärer Lues (wunde Füsse,
Ausschlag an den Nates, stinkender Ausflnss ans der
Nase u. s. w.). Schon stets etwas schwach, ist jedoch
bis zur 2. Klasse, dann noch auf die Fortbildungsschule
gekommen. Bis zum 15. Lebensjahre allmähliche Aende-
rung. Arbeit wurde sohlechter, Sprache und Schrift
unsicher. Zu 16 Jahren tonisch - klonischer Krampf-
anfall, unsicherer, steifbeiniger Oang, exorbitante, hypo-
chondrische Klagen: habe keine Füsse u. s. w., fort-
schreitende geistige Schwäche, fing wieder an mit Puppen
zu spielen u. s. w. Einige Monate später zweiter Anfall,
progressive Schwäche u. s. w. Bei der Aufnahme in
Herzberge zu I874 Jahren euphorische Demenz, dabei
hypochondrische Wahnideen (habe keinen Magen, keine
Beine u. s. w.). Linke Pupille doppelt so gross als die
rechte, beide entrundet B/L fehlt beiderseits. C/V nicht
zu prüfen. Linker unterer VIL Spur schwächer als
rechter, beim Sprechen fibrilläre Zuckungen in der Mund-
und Kinnmuskulatur. Hochgradige, typische, artikula-
torische Sprachstörung, Tremor manuum. Spastisob-
unsichere Bewegungen der Hände, spastisch- paretischer
Gang. Kniephänomen sehr lebhaft, beiderseitiger Fuss-
und Patellarclonus, totale Analgesie an den Unterschen-
keln. Unter absolut typischem Weitersohreiton nach
ca. V« J&bf Exitus.
Autopsie: Dura schlottert in grossen Falten über
dem Stirnhirn. Pia im Ganzen verdickt und milchig ge-
trübt, besonders dem Verlaufe der grossen Oefässe ent-
sprechend, weitaus am stärksten über Stirn und Parietal-
lappen, hier fast nirgends ohne Substanzverlust abzieh-
bar; an einzelnen Stellen (Sulc. front, snp. etc.) einige
gelbliche, annähernd linsenförmige, ziemlich feste Partien
in der Pia. Gefa&se an der Basis zeigen stellenweise
leichte Gelbfärbung und Verdickung. Windungen schmal,
Furchen klaffen. Ventrikel weit Ependym granulirt
Mikroskopisch findet sich zunächst der absolut
typische Befund der progressiven Paralyse. Die er-
wähnten gelblichen Stellen zeigen zum grössten Theile
nur eine sehr kernarme, opake Partie mit zahlreichen
geschwungenen Bindegewebefasern, welche diffus in die
Umgebung übergehen. Manche lassen Anhäufung von
Rund- und epitbelioiden Zellen und Blutungen im Ge-
webe erkennen; in zweien dieser Gebilde findet sich aber
auf fast sämmtlichen Schnitten nicht nur diese opake,
kernarme Zone u. s. w., es zeigt sich ausserdem eine
ausgedehnte opake fein granulirte Mittelxcne mit deut-
lichen Kemfragmenten, also im Ganzen ein Bild, wie «
für infektiöses Oranulationsgewebe charakteristiBch ist;
da Tuberkulose ausgeschlossen erscheint (es fand sich
weder in den Organen Tuberkulose, noch gelang es, io
den Präparaten bei speoiell darauf gerichteter Firbong
Tuberkel bacillen nachzuweisen), so muss in Anbetracht
der sonstigen Umstände die erwähnte Bildung als eine
gummiartige, syphilitische angesehen werden. Es fand
sich ferner ausgesprochene Endarteriitis mit verdoppelter
Elastica und Oefässneubildung an der Basilaris.*
Weitere typische Fälle von hereditär-
luetischer progressiver Paralyse.
Stewart hat 3 Fälle von Jugendparalyse beob-
achtet und konnte in zweien angeborene Syphilis nach-
weisen. Das Leiden begann zwischen dem 13. und
15. Jahre.
Das 13jähr. Mädchen, über das Zappert berioh-
tete, war im Alter von 6 Wochen wegen ausgesprochener
hereditär-luetischer Symptome antiluetisch behandelt wor-
den. Die Paralyse begann im 12. Jahre mit Schwer-
fälligkeit des Ganges, Nachschleppen des linken Beines;
Sprachstörung, Demenz kamen später hinzu.
Sehr bemerkenswerth sind 2 Beobachtungen tod
Kar plus: hereditär -syphilitische Jungfrauen, die in
progressiver Paralyse erkrankten. In dem einen Falle
hatte die Mutter 3 faultodte Kinder geboren ; der 4. Gra-
vidität entetemmte die Kranke; sie hatte bsld nach der
Oeburt einen Ausschlag gehabt
R e g i s , Paralysie generale juvenile d*origine berede-
syphilitique. Bull, de T Acad. de Med. XXXUI. 19. p. 486.
1866.
I. 17jähr. Jüngling. Bei den Ascendenten mehrere
Fälle von Apoplexie. Die Mutter war 6mal schwaoger
und abortirto darunter 5mal. Der Kr. ist dns eüaifp
lebende Kind; eeweckt und intelligent. Hatte eine Zeit
lang Eiterung hinter dem rechten Ohre ; am linken Auge
Reste einer Keratitis ulcerosa. Mit 12 J. apoplektischer
Anfall mit nachfolgender linkseitiger Lähmung, sowie
Ptosis; das linke Augenlid blieb seitdem etwas häagead.
Der Kr. war seitdem weniger intelligent Mit 14Vt p^d
und 15Vs ^ unbestimmte Krisen, bestehend in heftigem
Kopfschmerzen und Leibschmerzen, Parese des linken
Beines. Mit 14 Vi J- zeigte sich zum 1. Male ein auf
allgemeine Paralyse deutendes Symptom: znnehmeode
Schwierigkeit beim Gehen. Bald darauf Abnahme der
Geisteskräfte, Sprachstörung, Tremor der Glieder uid
Zittern am ganzen Körper. Fibrillärer Tremor and Ataxie
der Zunge, fibrilläres Zucken der Oesichtsmuskeln, anch
der Angen- und Stimmuskeln. Kniereflexe gestiBigeit,
leichter Fussclonus ; cutane und Scrotalreflexe erloscfaei.
Pupillenungleichheit L^R; Lichtreaktion links erloschea,
rechte schwach. Papillen blase.
IL 17jähr. Mädchen. Geburt und Entwickelang nor
mal; Menses seit dem 14. J., seit einigen Monaten aus-
geblieben, seitdem war die Entwiokelung gehemmt and
datirte ein geistiger und körperlicher Rückgang. Gege»
wärtig: demente Form der allgemeinen Paralyse (wa
oben).
Beim Vater von Nr. I wurde eine alte Sohanker
narbe unter der Vorhaut nachgewiesen und er gab aod
selbst eine Infektion, die vor 25 J. stattgefunden hatte, fi
Eine antiluetisohe Kur hatte er nicht gebraucht Of
seh wollene Lymphdrüsen. Alopecie. Zittern and Di
Sicherheit der Finger und der Zunge, gesteigerte Kbm
reflexe, leichte Sprachstörung, PupiUenungleichheit, V«
engung der PnpUlen.
Die Mutter von Nr. II war mit 42 J. an FhÜä
gestorben ; sie hatte zwei Aborte gehabt; qiehrere Kiadi
waren im frühen Alter gestorben. Der Vater, 60 J. al
hatte eingestandenermaassen 1 J. vor der Hdnth harti
Schanker mit allen obligaten Symptomen der sekondln
Syphilis gehabt, die auch specifische Behandlung erfol
JSß fand sich bei ihm noch Pupillenungleicliheit ■
B r e 8 1 e r , Erbayphilis nnd Neryensyateiii.
15
Miosis und erloechener lichtreaktion. Fibrilläres Zittern
der Zooge und der Finger, gesteigerte KniercdSiexe.
R^giB hat selbst bis zum Jahre 1901 5 FftUe
700 juveniler Paralyse entwiokelt
W. 7. Spey r beobachtete eine tabische Mutter,
die x^ Knaben mit juveniler Paralyse hatte.
Nonne stellte in dem Hamburger ärztlichen
Vereine am 28. Juni 1898 einen 12j&hn paraly-
tischen Knaben vor, dessen Mutter 1 Jahr vor der
Heirath bei der Pflege einer florid syphilitisch
Eranken, also extragenital sich inficirt und eine
Schmierknr durchgemacht hatte.
Sie abortirte zunächst im 6. Monate; die zweite
Schwangerschaft endete zu früh und das Kind bekam im
5. LebeDJahre einen allgemeinen Ansschlag und starb
bild darauf an Gehirnentzündung. Pat entstammt der
3. Giaviditit, die 1 Monat zu früh endete. Das 4. Kind
vnrde rechtzeitig geboren, leidet aber seit dem 4. Lebena-
jahie an Albuminurie; das 5. Kind, rechtzeitig geboren
lud geeond, starb mit 2 J. an Brechdarchfall. Der Pat,
ufaogs schwächlich, entwickelte sich gnt nnd erkrankte
Bit 12 J. unter Vergesslichkeit, Zerstreutheit, Abnahme
der Intelligenz, Tremor des rechten Arms, Mydriasis,
reflektorischer PnpUIenstarre , artikolatorischer Spraoh-
>tönuig. Später Parese der rechten Facialis- nnd Zungen-
kilüte. Keine Orössenideen, keine Erregnngzustände.
fiom^D berichtet von 5 Geechwistern , die
ämmtlich im jugendlichen Alter ein der Dementia
piialytiea ähnelndes Bild boten. Bei zweien bes-
serte sich der Zustand unter antisyphilitischer
BehandlaDg, eines davon starb jedoch; bei der
Sektion fand sich Verwachsung der Dura und
Atrophie der Hirnwindungen, namentlich der vor-
deren.
Nach Jelly (1901) ist die Dementia paraly-
tica des kindlichen und jugendlichen Alters über-
viogend eine syphilitische Pseudoparalyse.
An diese Fälle reiht sich wohl ein von Le vy-
Dorn beschriebener, „an Lues cerebri hereditaria''
Wender Kranker an.
Der 3Qjähr. Pat. hatte vom 17. Jahre ab hässlichen
iuflnis ans der Nase, mit circa 21 Jahren eine Angen-
ofainknog; bei letztgenannter Gelegenheit machte er
Hoe Schmierkur durch. Geistig bisher normal. Der
yeter des Pat. hatte vor der Verheirathnng Lues aoqui-
öt aod die Mutter infioirt, die an Tabes litt; 1 Bruder
1V1 Cod auf an Augenkrankheiten und Hautgeschwüren
hideod. Pat selbst hat sich niemals inficirt; Zeichen
*eD Loes hereditaria sind an ihm nicht beobachtet wor-
in. Oleichwohl glaubt L.-D., da Fälle mit fast eben so
■■Serlatenz schon von Hungren, Lepine, Char-
jetbeBchrieben wurden, auf Grund der nachfolgenden
Bscheifiunfen Lues cerebri diagnostioiren zu müssen:
f^or 2 Janren allmählich fortschreitende Gedächtniss-
Hkviohe mit Verwirrtheit und schlechter Sprache. Seit
^Jahren starke Parese des rechten Arms, vorüber-
pkflBde anch des linken. Beides besserte sich wieder.
n>^als traten paralytische Anfälle, Kopfschmerzen, £r-
pchen, Somnolenz auf. Status praesens: Der rechte
■advinkel hingt herab, oberer Facialis frei, rechter Arm
wohniigeschickt, rechte Hand zittert Es besteht Myopie
ml Glaakörpertrübung, dagegen keine Augenmuskel-
ftnogen, Zunge zittert, Sehnenphänomene sind lebhaft.
^ welcher zuerst sehr verwirrt war, ist jetzt ruhiger,
ms Oedanken sind aber sehr schwach.*
Hier dörften am besten die nachfolgenden Fälle
^ Bary angefttgt werden, die er als „Idiotie
fkr Demena*' anfCasst, die aber wohl zum Theil
als infantile progressive Paralyse, wenn auch in
den einzelnen Fällen als atypische, zu gelten haben.
Idiotie,
Bary beschrieb 6 Fälle von ,Jdiotie oder
Demenz^^ auf Grund hereditärer Syphilis.
1) lljähr. Mädchen; bis zum 3, Jahre angeblieh ge^
eund; 13 Geschwister vor der 13. Woche gestorben, die
alle den Schnupfen und Krämpfe hatten. Das Mädchen
bekam einen eklamptischen Anfall mit Hemiplegie, dann
weitere Anfälle, verlernte allmählich das Gehen, Sprechen,
Essen ; wurde vollständig idiotisch, lag abgema^rt, zu-
sammengekrümmt im Bett Mittlere obere Schneidezähne
typisch eingekerbt und gespitzt Discus opticus kalkig
weiss, Chorioidealspatien sehr hell, im linken Auge
schwarze Pigmenthäufchen. Tod nach Krämpfen. Sektion :
An der inneren Fläche der Dura der rechten Seite eine
dicke, fleischfarbige, vaskularisirte, falsche Membran; Pia
allenthalben dick, zäh, an vielen Stellen milchig getrübt.
Hemisphären unsymmetrisch, stellenweise geschrumpft.
Gewicht 28V4 Unzen. Mittlere und vordere Hirnarterien
standen vor wie Schnüre; Oberfläche milchig, Wandungen
verdickt Der kleine Flügel desKeübeins und der Felsen-
theil ausnehmend dick, vorzüglich Unks; die linke Schuppe
ist 80 dick, dass dadurch die mittlere Sohädelgrube redu-
cirt ist An der Spitze des Unken Lungenunterlappens
haselnussgrosser, eingekapselter, von fibrinösen Bändern
durchzogener Knoten, ein ähnlicher im oberen Lappen
mnd in der rechten Lunge. Mikroskopisch : syphilitische
Arteriitis der Himarterien. Knoten in der Lunge:
Gummata.
2) 15 jähr. Mädchen ; als Kind „braune Flecken und
Schnupfen*^. Bia xu/m 8» Jahre xiemlich gute Entictcke^
lung. Mit 12 Jahren Anfall mit rechtseitiger Pare&e.
Oft Kopfschmerzen. Noch 2 Anfälle ; den letzten 9 Monato
vor dem Tode ; seit dem letzten Anfalle sprach die Kr.
nicht mehr. Abmagerung, gänzliche Verblödung. 6 Ge-
schwister waren an Krämpfen gestorben ; 2 sind gesund ;
alle hatten jung braune Flecke und Schnupfen. Mittiere
obere Schneidezähne typisch zapfenförmig , aber nicht
gekerbt, alte Narben an den Mundwinkeln. Sektion:
Starke Abmagerung und Contrakturen. Flüssigkeit in
der Arachnoidealhöhle, Pia dick, sehr opak, viele milchige
Stellen. Fast alle Spalten mit gelblicher, dicker, zäher
Lymphe gefüllt. Windungen etwas geschrumpft Mikro-
skopisch : Hyaline Verdickung der Wandungen der kleinen
Pia- und ändengefässe. Auffällige Abwesenheit von
Nervenzellen ; in einigen Schnitten der grauen Substanz
nicht eine einzige, in anderen sehr wenige ; die Mehrzahl
der gefundenen ist nicht grösser als ein weisses Blut-
körperchen. Garminschnitte zeigen atrophische Pyra-
midenzellen mit weiten PericelluTarräumen. Im oberen
Theile des Rückenmarkes Sklerose der seitlichen Säulen
und der inneren Seite der Vordersäulen. Nieren : Gruppen
von kleinen Körnern, die aus wohlgestalteten, geschwänz-
ten und spindelförmigen Zellen bestehen (nicht in so be-
stimmte Haufen geordnet wie bei Tuberkeln).
3) lljähr. Mädchen ; 9 Geschwister, nur 1 gesund;
die meisten jung gestorben ; 2 Fehlgeburten. Als kleines
Kind Schnupfen, Flecke ; schrie viel. Beginn der Oeistes-
sehwäehe mit 4 Jahren, Zähne nicht typisch, aber eine
seichte Kerbe in den unteren Schneidezähnen. Disse-
minirte Chorioideitis. Sprache schleppend. Fassungs-
kraft sehr schwach. Sinne anscheinend normal. Knie-
reflexe sehr gesteigert.
4) 16jähr. Mädchen (Bruder hat syphilitische Zähne).
Mit 6 Monaten verblödet, taub. Nachts sehr unruhig,
greift nach Dingen in der Luft, schwankender Gang. Die
oberen mitüeren Schneidezähne typisch. Adhäsion der
Iris ; symmetrische disseminirte Chorioideitis.
5) Sjähr. Knabe. Von Geburt an Schnupfen, Erup-
tion an den Hinterbacken. Mit 15 Monaten Leisten-
abscess; schlechte Zähne. Gaumen oft geschwollen.
Mit 4 Jahren lernte er Buchstaben und Verse, mit 6 Jahren
16
Bresleri Erbsyphilis und Nervensystem.
begann die Sehkraft %u sehivinden, klagte über Kopf-
sehmerx; vom 5. bis 7. Jahre Abnahme des Verstandes;
Gehen anmögliob (jüngerer Bruder hat Hydrooephalas).
Jetzt ganz bund. Die Beine können gestreckt werden,
ziehen sieh aber wieder krumm. Keine Kniereflexe.
Die oberen Zähne bestehen aus abgenutzten Stumpfen.
Pupillenunbeweglich. Discus opticus kalkig weiss. Dreh-
bewegungen des Kopfes.
6) 9VtJähr. Mädchen. Bald nach der Geburt Haut-
eruption. Jetzt anämisch, fast taub, ohne Intelligenz,
typische Zähne, alte Iritis, Hypermetropie, Strabismus int,
leichter Nystagmus, interstitielle Keratitis ; hnks Chorioi-
deitis disseminata.
Die BetrachtODg der Bary 'sehen F&lle zeigt,
wie die Autoren noch gewöhnt sind, syphilitische
Oehirnkrankheiten des Kindesalters, die mit Oeistes-
schwftche einhergehen, einfoch als Idiotie zu be-
zeichnen, als syphilitische Idiotie. Ich glaube
jedoch, dass viele der gemeinhin so genannten
FftUe der progressiven Paralyse des Kindeealters
angehören (sie haben meistens einen progres-
siven Verlauf) und verstehe unter syphilitischer
Idiotie diejenige Geistesschwäche der Kindheit, die
nicht direkt durch Infektion oder Intoxikation des
wachsenden Gehirns verursacht, sondern durch
allgemeine Schwäche des Nervensystems, durch^
eine metasyphilitische constitutionelle Entartung
bedingt ist In solchen Fällen von „Idiotie'' dOrften
sich vielleicht Zeichen von Syphilis selbst nicht
mehr finden und die Wirkung der letzteren aus
dem Vorhandensein greifbarer hereditär-luetischer
Symptome bei den Eltern oder den Geschwistern
sich schliessen lassen. Diese Oruppe aus der
Sammelbüchse der „Idiotie^' auszuscheiden, dürfte
eine schwierige, aber um so dankbarere Aufgabe
der Forschung sein. Wenn auch immerhin die
Zahl der Kinder mit Erbsyphilis im Vergleich zur
Verbreitung der Syphilis bei den Erzeugern deshalb
so gering ist, weil eben die meisten Früchte in der
Gebärmutter bereits sterben (also nur aöheiimbcar
gering), so ist doch daran derUmstand auch Schuld,
dass diese metasyphilitische Geistesschwäche noch
zu wenig erforscht ist Fast Alles, was bisher als
syphilitische „Idiotie^' beschrieben ist, ist weiter
nichts als Gehimsyphilis, mit den groben Zeichen
der Einwirkung des Syphilisvirus selbst auf das
Gehirn. Es fehlt die Kategorie derjenigen Fälle, in
denen die Entwickelung des Keims durch Syphilis
zwar geschädigt ist, aber diese an sich in keiner
Weise mehr dem kindlichen Organismus anhaftet
Und dieser Fälle giebt es gewiss sehr viele, von
den tiefsten Graden der „Geistesschwäche^^ bis zur
„Nervenschwäche*^ hin sich erstreckend. Auf Letz-
teres hat ja bereits Sanchez (s. Geschichtliches)
hingewiesen.
Schon Griesinger (1861) giebt Syphilis als
eine der Ursachen der Idiotie an.
Guislain erwähnt ein blödsinniges Kind,
dessen Vater bestimmt syphilitisch war, das aber
noch gesunde Geschwister hatte (citirt bei Mendel;
Guislain, klinische Vorträge über Geisteskrank-
heiten 1854.
Herabminderung der Intelligenz, in leichterem
und stärkerem Grade, relativ häufig bis zur Jtüoti0
gehend, ist, wie auch Nonne sagt, überhaupt ein
häufiges Vorkommniss bei hereditär-syphilitischer
Erkrankung des Nervensystems. Die Idiotie T6^
läuft nach diesem Beobachter meistens mit Pupillen-
Anomalien, basalen Lähmungserscheinungen, häufig
auch mit Epilepsie (was ich eben nicht als ,Jdiotie^
bezeichnen würde).
Binswanger (p. 86), hat von dem Leiter
einer Anstalt für schwachsinnige und theüweise
epileptische Kinder (ausschliesslich aus bessefen
Familien) eine Statistik über Lues der Erzeug«
eingeholt; es hat sich dabei herausgestellt, dass
unter 74 Fällen sich 7mal beim Vater Lues sicher
nachweisen liess und in 9 Fällen diese Ursache
als wahrscheinlich gelten konnte. Wenn sich das-
selbe Verhältniss für alle „Idioten*'- Anstalten nadh
weisen Hesse, so wäre vielleicht bei maochesi
„Idioten" durch antisyphilitische Kur noch etwis
zu erreichen. Aber selbst in grosseren Werkes
über Idiotie finden wir nichts über die Häufigkeit
der Lues.
Ziehen, der bei lO^o der Idioten sicher, bei
17<^/0 wahrscheinlich hereditäre Syphilis fand, hat
bei einem „debilen" ISjähr. Mädchen unter ener-
gischer antisyphilitischer Kur sogar die fehlendes
Sehnenphänomene sich einstellen und den Intdli-
genzdefekt völlig schwinden sehen.
Nach Wildermuth sind 11.8^0 ^^^ l^\o\e^
hereditär-syphilitisch.
Brown hat in döjähr. Erfahrung an der
Idiotenanstalt in Barres (Massachusetts) nur in
1 — iVsVo ^^^ ^^® ^0^ Idiotie congemtüs
Syphilis nachweisen kOnnen ; D o w n bei 2% seiner
Beobachtungen.
Wachsmuth konnte bei 185 Idioten nicht
ein einziges Mal hereditäre Syphilis naohwäaen.
Shuttleworth fand unter 1000 Idioten
Lues nur bei 10 als wahrscheinliche und nur bei
4 als sichere Ursache der Idiotie, ist aber der
Ueberzeugung, dass hereditäre Syphilis thatAsh-
lich viel häufiger der Idiotie zu Orande liege. Ek
betont, wie es seine 4 Beobachtungen lehrtSD,
dass, nach einer Periode verhäitnissmäaaignomiatai
Entwickelung, zur Zeit der 2. Dentition räe vat
nehmende Verschlechterung des Befindens, phy-
sisch wie psychisch, einsetze unter Verlust de
vorhandenen Fähigkeiten und Fertigkeiten. L
2 Fällen Chorioideitis , in 2 Ungleichh^t de
Pupillen, in 1 Hydrocephalus , in 1 apoplekü
forme An^e. Quecksilber-Leberthran-Behandlim
brachte in einzelnen Fällen theilweiae Booeotmi
Hutchinson fand bei 170 Kindern nüt apes
fischen Augen- und Ohrenaffsktionen nur 3m
Idiotie, darunter ein Mädchen, das aidi bis »1
7. Jahre gut entwickelt hatte und auch Bdhxm, i
eine Pension aufgenommen war, erblindele (
Folge Sehnervenschwundes neben beideraeitii
Chorioideitis) und vertdAdete, so daas ea i
Bresler, Erbsyphilis und Nervensystem.
17
10 J. fast Idiot war (was man heute eher als Para-
lyse bezeichnen wflrde); Languelon-Down nur
M2*/«. NachFletoher-Beach fQhrt die here-
ditaie Syphilis nur selten zu Idiotie, viel eher hin-
gegen EU geistigen Störungen in den Pubert&tjahren.
Hydroeephalus,
flase beschrieb 1828 die Nachkommen-
Bchaft eines Ehepaares, bei dem der Mann die
fnn infioirt hatte und diese erst 3 todte Kinder,
dann eins mit Htfdrooephalus und linkseUiger Läh-
mung uid blaurothen exooriirten Fleoken auf dem
Körper gebar; ea starb im Alter von 7 Monaten an
Tkbes mesaraica. Das 4. Kind, ebenfalls syphi-
litisch, inficirte die Amme an der Brustwarze.
▼. Rosen erwfthnt 1862 einige Fälle von
coQgenital-luetischem Hydrooephalus, desgleichen
berichten über hierher gehörige Beobachtungen
Ingelberg und Howitz (1862), v. B&ren-
8prttng(1864).
Yirchow (in den „krankhaften Geschwülsten**)
&iid bei Hydrooephalus auf angeboren luetischer
Onmdlage starke Verdickung des Ependyms und
du Yorhandensein kleiner Fettdegenerationen in
letiterem«
Mendel (1868) seoirte ein Vti^^M an Hydro-
eephalus zu Grande gegangenes Kind ; ea war das
11. Ton deraelbeii Mutter, auch die übrigen Kinder
varen m frühester Kindheit, zum Theil an Krämpfen,
nm Theil an oholeraartigen Erscheinungen ge-
storben. Vater früher 49ekundärsyphilitisch.
Sandoz hat 4 hierhergehOrige Beobachtungen
gemacht, in denen die Lues sicher festgestellt war.
Auch waren syphilitische Hauterkrankungen con-
itatirt Nach S. kann sich der Hydroeephalus
Bi^on intrauterin entwickeln. Die Prognose ist
aehr ungünstig, da wenigstens in den Sandoz '-
sdien Fällen im Verlaufe einiger Monate der Tod
«folgte. Dieses scheint aber doch nicht für alle
KDe zuzutreffen. 8. fand bei der Sektion Ent-
itndung dee Ependyms und der Plexus chorioidei,
die wohl die Ursache der Flüssigkeitansammlung
in den HimhGhlen gebildet haben mag.
Heubner (Virchow's Arch. LXXXIV.) beob-
tthtete einen Fall, in dem der Hydroeephalus durch
^B^Smernngüis kaemorrhagiea verursacht war.
Bei einem Kinde, das mit Schnupfen und Fleoken auf
der Haut zur Welt gekommen und bereits antisyphilitisoh
Idiaodelt worden war, wurde etwa in der 14. Woche eine
iflnihlich sanehmende Vergrössernn^ des Kopfes be-
^*eAt; ee folgten Gonvolsionen, die sich häufig wieder-
iMteo. Nach 2 Monaten ergab die Untersuchung einen
j&pfamfanevoD 43 cm, von einem Ohr zum anderen über
m Schäd^ gemessen 27 cm. Auseinanderdrängung der
Kmtabaht bis auf dieOlabella; enorme Erweiterung der
iPBBttDellen. Älter. Qesichtsausdruck. Orimassiren und
rohe in den Gliedern. Milz- und Lebervergrösserung.
nach 8 Tagen durch Magendarmkatarrh, uie Sektion
Schädels ergab eine ausgesprochene Pachymeningitis
norrhagica.
^ Steffen beobachtete bei Hydroeephalus auf
tiad hereditftrerLues Entaündung der die Plexus
rioidei bekleidenden Pia.
Med. Jahibb. Bd. 282. Hft 1.
Auch Oppenheim (Lehrbuch der Nerven-
krankheiten. 3. Aufl. 1902. p. 810) beschuldigt
neben Trunksucht und Kachexie der Erzeuger, die
Syphilis der letzteren als Ursache des Hydro-
eephalus congenitus und hat selbst einige Male bei
HereditAr- Syphilitischen einen massigen Hydro-
eephalus gefunden, der erst im Pubertätalter und
später zu schweren Erscheinungen führte.
Eatzenstein hat hier und da chronischen
Hydroeephalus und Spina bifida als parasyphili-
tische Erscheinungen congenitaler Syphilis beob-
achtet ; ferner auffallend spätes Sprechenlernen.
A u d e 0 n t sah bei einem 4monat., von syphilitischer
Mütter stammenden Kinde, das schon mit 4 Wochen
wegen luetischer Haut- und Schleimhautaffektionen mit
Erfolg specifisch behandelt worden war, einen Hydro-
eephalus sich entwickeln, der bis zum 5. Monate sich voll
ausbildete, aber nach antilaetischer Behandlung inner-
halb eines Jahres schwand.
Solovtzoff fand in 4 Fällen von Hydroeephalus
und Hydromyelus eine chronische Arteriitis, die er als
hereditür-syphilitische und als die Ursache der Ezsuda-
tion lymphatischer Flüssigkeit in die Oehirn-Rückenmarks-
höhle während des intrauterinen Lebens betrachtet.
Der von Sutherland veröffentlichte Fall eines
Hydroeephalus bei einem 6jähr., hereditär-syphilitischen
Kinde ist eigentlich nur wichtig wegen des dabei ge-
machten Versuches, durch Punktion des Seitenventrikels
das Leiden zu beseitigen. Der Schädelumfang wurde
zwar viel kleiner, jedoch starb das Kind 3 Monate später
an Basilarmeniogitis.
Nach Biedert-Vogel beruht der angeborene
chronische Hydroeephalus in vielen Fällen auf syphili-
tischer Induration der Hirnhäute mit Verlegung der
OefSsse.
Der angeborene syphilitische Hydroeephalus
wird nicht allein durch die syphilitische Erkran-
kung des Bpendyms, der Gehirnhäute und der Oe-
f&sse bedingt, sondern zuweilen durch degenerative
und dystrophische Veränderungen der Oehirn-
substanz selbst (d ' A s t r o s).
Eisner untersuchte den Zusammenhang zwi-
schen Hydrooephalus und hereditärer Syphilis auf
statistischem Wege, der bis dahin von den Autoren
so gut wie gar nicht betreten worden sei. Das
Material entstammt den Jahrgängen 1890 — 1896
der Kinder-Poliklinik des Dr. N e u m a n n in Berlin,
unter den dabei beobachteten 18 sicheren Fällen
von Hydroeephalus aus dem 1. Lebensjahre (nur
dieses wurde berücksichtigt) fanden sich 3 mit
gleichzeitig bestehender Syphilis «> I6.6V01 ^^'
gegen war sonst das Verhältniss der Kinder mit
manifester Syphilis zu der Oesammtzahl der er-
krankten Kinder der Poliklinik wie 0.6 bis höchstens
1.4<^/o. Auch folgende Betrachtung spräche fflr
jenen Zusammenhang.^ Es fand sich:
Milz- und Milz- Leber-
Lebertumor tumor tumor
bei den behandelten Kin-
dern überhaupt . . . 4.6*/o 5.3^0 —
bei syphiUt Kindern . . 27.2»/« 10.0»/o 5.8%
bei hydrocephal. Kindern
ohne manifeste Syphilis 13VtVo 13VtVo —
Man dürfe also annehmen, dass Kinder mit
Hydroeephalus und Milz- und Lebersohwellung an
3
18
B r e 8 1 e r , Erbsyphilis und Nervensystem. .
latenter Syphilis leiden, wenn sie keine offenbaren
Zeichen der letzteren bieten.
Ein anderer Weg, der Saohe auf die Spur zu
kommen, war der, die Aborte bei den Frauen über-
haupt, bei den MQttem syphilitischer Kinder und
bei den MQttern hydrocephalisoher Kinder ohne
manifeste Syphilis procentualisch festzustellen :
Frauen überhaupt
Zahl Zahl der Partus Zahl Zahl Zahl der
der bei den ein- der der Aborte
Frauen zelnen Frauen Kinder Aborte in %
157 1—3 287 7 2.04
64 4—5 286 15 5.02
45 6—7 288 34 11.08
29 8—10 255 41 16.00
81
18
17
9
Mütter syphilitischer Kinder
1— 3 141 6
4-5 90 19
6— 7 • 107 27
8-10 77 27
4.25
24.00
25.02
35.00
Mütter hydrocephalischer Kinder ohne numifeste Syphilis
12 1—3 22 2 9.00
5 5—8 31 10 32.08
Eisner glaubt, dass der Hydrocephalus auf
interstitiellen Entzündungen speoiflscher Natur be-
ruht, die die Plexus ergreifen; andererseits könnten
andere specifische Erkrankungen z. B. der Oefässe
vorliegen, die bei günstiger Gelegenheit, z. B. Trunk-
sucht der Eltern, psychischen Affekten der Mutter
während der Schwangerschaft, Kopfverletzungen
bei derOeburt, sowie in den ersten Lebensmonaten,
zum Hydrocephalus führen. Schliesslich käme bei
denjenigen Formen von Hydrocephalus, die mit
Entwickelungshemmungen des Gehirns verbunden,
dabei aber selbst nicht syphilitischer Natur seien,
der dystrophirende Einfluss der Syphilis, die Para-
syphilis, zur Geltung, da nach Rumpf, im Ge-
folge der elterlichen Syphilis die verschiedensten
Entwickelungshemmungen des Nervensystems vor-
kommen. Das Fehlschlagen der antisyphilitischen
Behandlung ist eben so wenig wie bei Tabes ein
Beweis gegen die Syphilis als Ursache des Hydro-
cephalus. Obwohl es sich intra vitam niemals fest-
stellen lasse, ob man es mit einem syphilitischen,
parasyphilitischen oder nichtsyphilitischen Hydro-
cephalus zu thun hat, so solle man doch immer
eine merkurielle Behandlung einleiten ; manchmal
treten erst nach dem Hydrocephalus die luetischen
Symptome auf (eventuell auch die Infektion bei der
Ammei Fall von d'Astros, L'hydroc6phalie
h6r6do8yphilitique. Revue mens, des Mal. del'Enf.
IX. 1891.)
E. ist selbstverständlich weit davon entfernt,
jeden Hydrocephalus für syphilitisch anzusehen.
Die oben erwähnten 18 Fälle werden einzeln in
kurzer Beschreibung mitgetheilt
Neumann hat einen hereditär-syphilitischen
Wasserkopf unter Jodkaliumbehandlung (täglich
0.26 g, im Ganzen 75 g, daneben 42 g üng. Hydr-
argyri cinereum, täglich 1 g) heilen sehen.
Die Mutter stand wegen syphilitischer Plaques in
firztlicher Behandlang, vor der Kr. hatte sie im 8. Monate
eine todtfaule Fracht geboren. Die Pat hatte bei der
Gebart einen schuppenden Ausschlag. Der Kopf war bei
der Gebart klein, wm*de aber etwa im 5. Monate sehr
gross. Umfang 46.5 — 47 cm; die vordere FoDtaneU«
misst, wenn man die Entfernung der gegenüberiieg^den
Seiten misst, 6.5x6.5 om, Pfeil-, 8tim- and Eraoznaht
klaffen, die Bänder der angrenzenden Knochen sind weich.
Typischer hydrocephalischer Blick. Bräunliche Gesichts-
farbe. Milz and Leber vergrössert. Der Kopfamfa&g
ging aaf 45 cm zurück, die Mähte schlössen sich. Der
geistige Zustand machte Fortachritte; ebenso schwud
auch eine gleichzeitige Retinitis.
Neuerdings hat Hoch sin ger (Studien fiber
die hereditäre Syphilis. 11. Theil. Leipzig tl Wien
1904. Franz Deuticke. p. 506) seine eigenen Be-
obachtungen von syphilitischem Wasserkopf in
frfihen Eindesalter zusammengestellt und gesichtet ;
es sind 35 Fftlle unter 362 Fällen von hereditärer
Frahsyphilis (»> 9^/o). Bei allen Kindern, mit
Ausnahme eines einzigen, bestanden neben dem
Hydrocephalus manifeste Syphilisersoheinungen;
in jenem Falle konnte aus der Anamnese mit Wah^
scheinlichkeit auf Syphilis geschlossen werden. la
28 Fällen bestanden gleichzeitig oder vor dem Auf-
treten des Hydrocephalus syphilitische Bxaotheoie)
in 8 Knochenerkrankungen, in 13 Leber- undHüi-
tumoren. Specifische Coryza fehlte bei Säuglingen
der ersten Lebensmonate niemals; bei älteren Säug-
lingen mit Hydrocephalus bestand 4mal Sattelnase,
Imal Perforation der Nasensoheidewand. Der Be-
ginn des Hydrocephalus fiel in den 3. bis 11. Monat
in 15 Fällen, in das Fötalleben in 6, in 14 blieb
der Zeitpunkt unbekannt • 5mal war der Hydro*
oephalus schon beim Ausbruche der ersten Loes-
symptorae vorhanden, in 4 Fällen trat bei Oelegea*
heit eines exanthematisohen Recidives die Schädel-
vergrösserung in Erscheinung. In 1 1 Fällen vedief
der Hydrocephalus ganz ohne fwUUioneüe Störun'
gen von Seiten des Oenirainervensyeteme : neben dei
Ausdehnung der Schädelkapsel und -Nähte und der
Vorwölbung der Fontanelle bestand nur ünfihig-
keit, den Kopf spontan zu heben; schleichendei
Verlauf (vielleicht in Folge langsamen Zustande*
kommens des serösen Ergusses); dabei war in
diesen Fällen die Schädelausd^nong nicht immei
eine geringe. Von 3 Kindern, die einer Dauer
beobachtung unterzogen werden konnten, zeigte
eines am Ende des 2. Lebensjahres normale In-
telligenz, das 2. (mit l^a Jahren 52 cm Schädel'
umfang) war mit 3 Jahren ein ganz gesundes, v6Ui|
intelligentes Kind, ebenso das 3. mit 2 Jahrei
normal und intelligent In 24 Fällen manifeali
Gerebralsymptome : zunächst in 6 akuter menia^
tischer Beginn (3 Kranke genasen, 1 starb, Imia
entstand dauernde Idiotie, bei einem fehlten näher
Daten) ; bei 4 von diesen 6 Kindern achlosa eid
an das akute meningitisähnliche Stadium ein Latem
Stadium, in dem die SchädelvergrOssemng das eti
zige Symptom blieb, während alle fünktioneUe
Hirnerscheinungen verschwunden waren, bei de
übrigen 2 von diesen 6 ging die akute Affsktio
in einen chronischen Zustand mit Streckoontrml
B r e 8 1 e r , Erbsyphilis und Nervensystem. 1 9
turen und dauernder Apathie über. Beobachtete Hierauf wurde stets noch wochen- und monatelang
Himsymptome (bei den 24): Jodnatrium in wässeriger Losung gereicht. Die
i\ TT 1. j a VI n • u A n ^ Behandlungsdauor der geheilten Fälle schwankte
1) Unruhe und Sohlaflosigkeit . . . 7m«l .. r ^ tr^ %» ^ ^ xr ^ ^/»
2) Andauerndes Erbrechen .... 5mal zwischen 7 und 19 Monaten." Von den löge-
3) Nackoncontraktnr lOmal heilten Kranken konnten 13 einer längeren Be-
4) Gonvolsionen lOmal obachtungseit unterzogen werden , so dass bei
5) Streckßteifigkeit der Extremitäten . 6mal j^nen mit einiger Sicherheit von Dauerheilung des
6) Bengecontrakturen der Extremitäten 5mal „, li l-i-^. i j
7) Apathie llmal Hydrocephalus syphiliticus gesprochen werden
8) Andauernde Idiotie 3mal kOnne; in 6 Fällen wurde noch im 2., in 2
9) Stimmritzenkrampf Imal im 3., in 2 im 4., in 2 im 5. und in 1 im 6. Lebens-
10) Nystagmus . . . ... . . Imal j^hre ein vollkommen normaler Inteiligenzgrad
11) Gesteigerte Sehnenreflexe in allen Fällen. f f ♦ 11t © »
Der Schädelumfang schwankte zwischen 39 Nach H. geht in einer Reihe von Fällen dem
and 56.5cm. 16mal Heilung, 3mal Besserung, Hydrocephalus eine entzündliche Beizung des
Smal blieb dauernde Idiotie bestehen, 5 Kinder inneren Schädelperiosts voraus, die auf die weichen
starben mit floridem Hydrocephalus und anderen Hirnhäute flbergreift, oder eine periostale Hyper-
Syphilisaymptomen (1 im 8., 1 im 10., 2 im 11., ostose des Sohädelknochens an den Tubera frontalia
1 im 20. Monate), 3 starben unabhängig von der und parietalia bei noch offener Fontanelle (mit
Syphilis. In einem Falle begann im 9. Lebens- Nackensteifigkeit und Convulsionen, Unruhe und
monate eine erneute plötzliche VergrOsserung des Schlaflosigkeit , intracranieller Drucksteigerung).
Schädels, nachdem vorher schon unter Quecksilber- Der Process macht nach mehrwöchigem Bestände
bebandlung ein Stillstand eingetreten war; später in der Regel Halt, in einzelnen Fällen verringert
definitive Heilung. 2mal handelte es sich um auf- sich die Spannung der Fontanellen spontan und
einanderfolgende Kinder einer Familie, beide hatten geht sogar vielleicht der Schädelumfang ein wenig
sur Zeit dee Hydrocephalus Milz- und Leber- zurück, meist aber tritt VerknOcherung der Schädel-
schwellang und Exanthem ; Beseitigung der cere- kapsei im Zustande der maximalen Ausdehnung
bralen Symptome unter specifischer Behandlung, ein. Diese Form der syphilitischen Hydrooephalie
eins dieser beiden starb in Folge einer durch Sturz im Säuglingsalter reagirt sehr günstig auf die
erlittenen Schädelfraktur mit l^i Jahren, das an- merkurielle Behandlung. In anderen Fällen ent-
dere blieb gesund bei normaler geistiger Entwicke- wiokelt sich ein der Meningitis basilaris tubercu-
lang. „Ein ganz merkwürdiges Verhalten zeigt losa (die ausserdem thatsächlich bei und neben der
dar chronische Wasserkopf der Säuglinge bezüg- hereditären Lues häufig vorkommt) äl^iches Bild
lieh seiner Reaktion auf antisyphilitische Behand- in Folge seröser Ergüsse in die Hirnventrikel und
lang. Auf der einen Seite reagiren Fälle, bei die Subarachnoidealräume durch diffuse syphilitische
^reichen Lues sich nicht ermitteln lässt, ausge- Erkrankungen der Meningeal- und Himgefässe und
zeichnet und auf der anderen Seite sehen wir veri- der Hirnsubstanz ; die gefässführenden Gehirnhäute
table syphilitische Wasserköpfe durch die Behand- und Plexus reagiren während der lebhaftesten
lang anbeeinflusst bleiben.^* Es gelingt nicht Wachsthumsperiode des Qehims besonders leicht
immer, den Schädelumfangaufganz normale Zahlen in pathologischer Weise. Die Eruption der ersten
zarficksubringen, vielmehr sind, wie Hochsinger Syphilisereeheinungen geht sehr häufig mit einer
bemerkt, die Heilungen in seinen Fällen in dem Spannungsvennehrung der StimfantaneUe einher.
Sinne aufzufassen, dass ein Rückgang der Druck- Bei dem erst im extrauterinen Leben zur Entwicke-
symptome, ein Zurückgehen der Fontanellenspan- lung kommenden syphilitischen Hydrocephalus ist
Bung and Srzielung einer normalen Intelligenz die Ursache fast immer eine entzündliche Erkran-
herbdgefQhrt wurde. Ausgebreitete Himarterien- kung der weichen Hirnhäute (Meningitis serosa) ;
erknudkungen, Erweichungsprocesse oder Sohrum- hier ist die Ausdehnung fast niemals eine so be-
pfongen der Plexus und des Yentrikelependyms trächtiiche wie bei der congenitalen Form des
dürften durch die Therapie wohl wenig zu beein- Hydrocephalus. In Folge der bei hereditär- lue-
finaseii sein, dagegen diffuse perivaskuläre Infiltrate tischen Kindern frühzeitig eintretenden Yerdich-
der Pia, solitäre Oummata, die eine Compression tung der Schuppenknochen, besonders im Bereiche
md die vom Chorioidealplexus abgehenden Venen der Tubera, ergiebt sich eine besondere Form des
ausüben und dadurch einen Stauungshydrocephalus Schädels, bestehend in der Ausdehnung der Schädel-
^ervorrufen. Bei der Mehrzahl der Säuglinge kapsei nach oben, Hebung der Fontanelle, Yorwärts-
wendete H« ausschliesslich Protojoduret, 0.02 bis drängen des Stirnschädels, starkem Auseinander-
0.03 pro die, an, bei 4 Kindern Schmierkur mit weichen der Kranznaht, massigem Auseinander-
Ung. cinereum, 0.5 pro die, bei Kindern im 2 Lebens- weichen der Pfeilnaht. Da in manchen Fällen mit
jähre abwechselungsweise Protojoduret und Jod- dem Abnehmen des meningitisohen Processes die
Jiatriimi, letzteres 0.2 — 0.3 pro die. „Als Maass- Hyperostose an den Schädelknochen eher zuzu-
«tab fOr dieSistirung der merkuriellen Behandlung nehmen schien, glaubt H., einen innigen Zusammen-
^leDte der Rfhokgang der Fontanellenspannung, hang zwischen beiden Processen annehmen zu
20
Bresler, Erbsyphilia und NerTensystem.
1
mfissen. Der SchAdelumfang bei dem hereditär-
syphilitischen Hydrooephalus braucht nicht immer
sehr bedeutend zu sein („Hydrocephalus in Miniatur-
ausgabe*^): starke Prominens der Fontanelle, hydro-
cephalische Stellung der Bulbi, Dehisciren der
Schädelnähte, üeberwiegen des Himschädels Aber
den Qesichtschädel , Prominenz der Tubera. Es
sind aber auch andere Formen möglich bei Fehlen
der Hyperostose oder Üeberwiegen rhachitisoher
Erweichungsprocesse zur Zeit der Entstehung des
Hydrooephalus. Bei frühzeitiger Synostose der
Stirnbeinhftlften Oberwiegt die Ausladung der
Scheitelbeinhöcker bei Weitem diejenige der Stirn-
höcker und daher der trigonoosphtäB Charakter.
Zur Differentialdiagnoee zwischen rhachitisoher
und syphilitisch - hydrocephalischer Kopfform be-
merkt H., dass bei derersterendieSchädelrhachitis,
die Weichheit der Schädelknoohen und ihre Nach-
giebigkeit gegenüber dem wachsenden Gehirn die
primäre Ursache der Vergrösserung und Form-
anomalien des Kopfes i^t, letztere sich nie vor dem
2. Lebensemester entwickelt und nie unter den Er-
scheinungen des entxüfMichen Hydrooephalus ein-
hergeht; die Yorwölbung der Fontanelle fehlt,
ebenso die eigenthümliche Blickrichtung derBulbi,
der Kopf ist eher eckig als rundlich. Bei dem syphi-
litischen Hydrooephalus sind die Nahtränder hart,
die Schuppenhöcker prominent. Der Befund eines
unregelmässig deformirten Schädels bei einem
hereditär-syphilitischen Kinde beweist, dass dieses
später von schwerer Schädelrhachitis befallen wurde.
Charakteri^sch für den syphilitischen Wasserkopf
sind die Strecksteifigkeit der Glieder, der krampf-
artige Faustschluss der Hände (wie bei Myotonia
syphilitica neonatorum, bei der aber .Bni^econtrak-
turen bestehen), die Nasenconfiguration , Coryza,
Kahlheit des Schädels, Haarschwund an den Augen-
bögen und Lidrändern. Die Erweiterung der sub-
cutanen Venen am Schädel ist nur ein Symptom
mechanischer Hindemisse für die Entleerung des
Venenblutes am Schädel (gesteigerten intraorani-
ellen Druckes) oder einer exorbitanten Hyperämie
der osteogenen Gewebe am Schädel, aber kein
ausschliesslieh der hereditären Lues zukommendes
Symptom, wie esFournier behauptet ; es findet
sich am häufigsten bei schwerer Rhachitis. Die
Alopecie der Kopfhaut lässt bei hereditärer Syphilis
die Hautvenen stärker zu Tage treten, so dass der
Irrthum von d'Astros und E. Fournier er-
klärlich wird, die dieses Symptom als eine charakte-
ristische Erscheinung der hereditären Syphilis be-
trachteten. Schliesslich sei bemerkt, dass H. auch
die Ansicht A. Fournier 's nicht theilt, der die
mit angeborenen Entwickelungstörungen im Central-
nervensystem auftretende (d'Astros, Hostal-
r i c h) Hydrocephalie als parasyphilitische Erschei-
nung erklärt, sondern auch den Missbildungen
eine diffuse, vom Blutgefftssapparate der wachsen-
den Organe ausgehende Entzündung zu Grunde
legt
Cerebrale Kinderlähmung,
W. Koenig, der in seinen früheren Stadien
über die cerebrale Kinderlähmung als Mtere ätio-
logische Momente nur deren 3, nämlich die schwere,
bez. asphyktische Geburt, das Kopftrauma und die
Infektionkrankheiten kennen gelernt hatte, be-
schreibt nun 3 Fälle, in denen der Einfloss der
Lues zweifellos festgestellt ist, nämlich :
1) Ein Knabe mit Hemiplegia deztra spsstioa cnm |
dispasmo. Pupillenstarre. Beiderseits ziemlich starke |
grauweisse Verfärbung der Papillen mit verwascheoen
Grenzen (neuritische Atrophie). Geistig: ganz blöde. |
Vater nach eigener Angabe vor der Heirath syphilitiseb; !
die Matter bekam bald nach der Hochzeit ein spedfisches
Exanthem. Erste Gebart ein Abort im 3. Monate. PaL
ist das 2. Kind (Zangengebart) and bekam im 4. Monate
Zaokangen, die Lfihmang des rechten Armes und Schwäche
des rechten Beines zurüokliessen. 2) Ein Knabe mit Pan-
plegia oerebralis. Beide Eltern syphihtisch. Fat 1. Kind
(Zangengebart); nachher 4 Aborte. Fat. erhielt bald
nach der Geburt eine specifische Kar wegen eines Aus-
Schlages. Seit dem 2. Jahre aaffftlliger geistiger Verfall
and Versohleohterang des Ganges. Strabismas ooD^erg.
sinister. Fapille rechts grösser als links. Sehschärfe
rechts vorhanden; leichte nystagmasartige ZackoDgeo.
Fapillen beiderseits blass. Linlm Retinitis pigmentosa.
Spasmen in den Beinen. Patellarefleze lebhaft Schmier-
kur ohne Einfloss. 3) Ein 7jähr. Mädchen mit Diparesis
oerebralis. Eltern leiden an progressiver Faralyse. Vater
naoh eigener Angabe syphilitisch infioirt und specifisch
behandelt. Fat. ist einziges Kind ; keine Aborte. PaL
hatte bei der Geburt Blasen (Pemphigus?) an den Finger-
spitzen und Fasssohlen und eine Lähmung des rechten
Armes, die nach 14 Tagen geschwunden sei Bis zn
3 Jahren ganz gesund; fing dann plötzlich an zuschieleii,
verlernte das Laufen. Mit 4Vt Jahren Schlaganfall mit
Krämpfen ; 8 Tage bewusstlos, erholte sich aber wieder
und fing wieder an zu gehen. Allmählich bildete sich
dann erst vollständige Lähmung aus. Seitdem keine An-
fälle. Pupillenstarre; Pupillen von gleichem umfange.
Gehen und Stehen unmöglich ; Füsse in SpitzfusssteUang
fixirt. PatoUa- und Achillosreflexe klonisch. Geistig wie
ein 3— 4jähr. Kind.
Die Ikipillenatarre Scheint auch bei dieser Form
der erblichen Nervensyphilis eine wichtige RoUe sa
spielen. E oen i g theilt noch einen solchen Fall nut :
öjfthr. Knabe, Idiot Vater Potator, als Soldat w^gen
Schankers lokal behandelt Mutter an „Rückenmark-
syphilis^^ (Tabes!) gestorben. 5 Geburten, die erstfl
ein Abort im 4. Monate. Fat ist 2. Kind.
In 2 weiteren Fällen Koenig's warderldioli«
OptieuMiropkie beigesellt
1) 4VtJähr. Mädchen. Beide Eltern waren syidiili-
tisch ; beide wurden antiluetisch behandelt 2 GebaiteD
1 Abort. Fat 1. Kind, hatte einige Wochen nach de
Geburt Ausschlag an Fusssohlen, £uidteller und Mond
dieser schwand auf Sublimatbäder nach einigen Wociiea
Später häufig wiederkehrender „Juokaossohlag*. LenA
nie gehen, noch stehen, nur einzelne Worte sprechei
Seit 1 Jahr andauerndes Schreien Abends. Beiderseil
stark grauweiss gefärbte Papillen ; starke Gefässvereng«
rung, Pnpilienreaktion erhalten. 2) 13jähr. Knabe. Vwta
gesund, massiger Potator; Matter als Mfiddhen syplkil
tisch. 6 Geburten und 3 Aborte. 3 Kinder geshoa^Mi
Fat. 6. Kind (die 3 Aborte hatten vorher statt^fuadea
Hat nie ordentlich sprechen gelernt; mit 2 Jahren gehe
Niemals Krämpfe. Rechts leichte Ptosis. Optici
phisch verfärbt, Unks stärker als rechts. Oefitese
Ganz neuerdings (1904) hat König bei
braler Kinderlfihmung Lues in 4% ala sicher, 1i
B r 6 B I e r , Erbsyphilis und NerTensysiem.
31
3% ils wahracheinlioh (also bei l^j^) nachgewie-
860, bei einfacher Idiotie in 6.5^/e als sicher, bez.
hoohwahnoheinlioh, bei 4.2^/0al8 mOglich. Relativ
Uofig waren Dementia paralytioa und Tabes in
der AfloendeDs.
ilthans geht so weit, eu behaupten, dass er
keine spastische infantile Hemiplegie ohne ange-
borene Syphilis gesehen habe. Wenn man dem
aoch nicht in vollem Umfange beipflichtet, so wird
die Häufigkeit von Zerstörungen der Nervensub-
stans durch Blutungen doch leicht verständlich
durch die bekannte hämorrhagiseke Diaiheae der
Neugeborenen, die als eine charakteristische Er-
scheinung der Erbsyphilis gilt Von Ribemont-
Dessaignes und Elsasser sind einige Fälle
Ton Hämorrhagien in die Nervensubstanz (bei
letzterem in den Rüokenmarkskanal) beschrieben.
Bei den vielen F&Uen von cerebraler (intra-
uterin entstandener) Kinderlähmung will Sachs
sich nur in einem von dem Einflüsse der Syphilis
der Eltern überzeugt haben.
Ashbey Uaid in dem Oehim eines syphilitischen
Codes, das an Krämpfen mit linkseitif^er spastischer
Fkniyse gelitten hatte und im Beginn des 2. Leben^ahres
gestorben war, Verdickang der Oeßteswände, weisse Er-
veichoog der granen and weissen Substanz, Trübung
der Arachnoidea.
ibercrombie hat 4mal bei Hemiplegie der
Kinder ererbte Syphilis nachgewiesen, und zwar
wies die Sektion in einem Falle einen adhärenten
Thrombus in der Mitte des Sinus longitudinalis,
Atrophie der linken Hemisphäre, verdickte und
aneinander klebende Meningen nach. Die mittleren
Oehimarterien waren erkrankt
Ueber die durch Jodkalium erzielte Heilung
einer Lähmung des rechten Armes, nebst Aphasie
nnd Amnesie bei einem 5 Y^ jähr. Kinde, das er
■dbst frQher an hereditärer Syphilis behandelt
bstte^ berichtet A. Baginsky in seinem Lehr-
boche der Kinderkrankheiten. 2. Auflage.
Liitle'aehe Krankheit,
Die Ldttle'sohe Krankheit steht offenbar in
engstem Zusammenhange mit der hereditären
Syphilis; denn da bei letzterer sehr häufig Früh-
geburten vorkommen und andererseits dieLittle'sche
Innkheit bei frühgeborenen Kindern (oder recht-
i^tig geborenen, aber schwächlichen) auftritt, so
Asst sieh dieses schon a priori annehmen. Da bei
Angeborenen die Markscheidenentwickelung noch
ucht abgeschlossen ist, so dürfte allerdings dieser
Umstand die eigentliche Ursache der Krankheit
sein und daher der Zusammenhang mit der Syphilis
aar ein mehr indirekter. Fälle von Little'soher
tiankheit auf Grund hereditärer Syphilis wurden
mehrfach beobachtet
Vizioli berichtet über 4 Yon einem syphili-
tittdien Vater abstammende Geschwister, die neben
8chMe1anomalien und Hutchinson'schen Zähnen
sa lämmtlichen Kürpermuskeln eine auffallende
zeigten, so dass das Qehen unmüglich.
die Bewegungen der Arme, des Halses und Kopfes,
das Schlucken und Sprechen behindert waren.
Steigerung der Sehnenreflexe. Elektrische Erreg-
barkeit, Sensibilität und Intelligenz normal.
D e A m i 0 i s beschreibt die Entwickelang der little*-
Bchen Krankheit bei einem 3jähr. Knaben, dessen Vater
syphilitisch war. Die Steifheit besann in den ersten
Monaten an den Beinen und mit 0 Monaten konnte der
Knabe diese gar nicht mehr bengen ; er lernte auch nicht
gehen und stehen. Die Fasse waren einwärts rotirt and
gekreuzt bei Dorsalstreckang. Flexionoontraktar der
Arme, rechts mehr ala links. Steigerang der Patella-
reflexe. Strabismas altemans.
Foarnier andOilles de laToarette beobach-
teten einen mit 7 Monaten geborenen Knaben, der bald
nach der Gebart Schwäche und Steifheit an Armen und
Beinen zeiffte. (Spastische Parese.) Die Fasse befanden
sich in Folge von Verkürzung der Muskeln in Eqüinus-
stellung. Der Vater dieses Knaben war syphilitisch ; die
Matter hatte mehrere Aborte darohgemacht. Der Knabe
selbst hatte hereditär- syphilitische Stigmata. Queck-
silberbehandlung war von erheblichem Erfolge. Femer
berichten sie über ein 11 Monate altes Mädchen, dessen
Vater ebenfalls syphilitisch war und dessen Schwester,
17 Monate alt, an dem gleichen Nervenleiden gestorben
war ; das Mädchen zeigte allgemeine Muskelschwäche, so
dass es sogar ausser Stande war, sich aufrecht zu halten.
Die Beine boten Spasmus. Auch hier erzielte Queck-
silber Besserung. Die Pupillen waren in beiden Fällen
normal, im ersteren auoh die Sphinkteren.
Herediiär-syphilitisehes Oummi.
Heubner äussert sich über die hereditäre
Nervensyphilis folgendermaassen : „Das Qehirn-
und Nervensystem endlich scheint im FötaUeben
in apeeifisch syphilitischer Weise nicht oder äusserst
selten zu erkranken. Zwar flnden sich einige Be-
schreibungen von käsigem Exsudat zwischen Dura
mater, weichen Häuten und Oehim, das alssypbili-
tisohes Inflltrat gedeutet worden ist, indessen sind
diese Deutungen nicht hinreichend gesichert." Er
oitirt eine Beobachtung von Schott, der in einem
Falle an der Dnterfläche des Vorderhirns Oallert-
geschwtUste (Oummata) fand, wobei jedoch die
syphilitische Natur des Leidens nicht ganz sicher
stand, und einen ähnlichen von Jürgens.
Späterhin scheinen sich die Verhältnisse so zu
ändern, dass selbst Oummata des Gehirns nicht zu
den Seltenheiten der Heredo-Syphilis gehören.
Vandervelde fand bei der Obduktion eines 5jähr.,
mütterlicherseits belasteten Kindes, das linkseitige athe-
toseartige Bewegungen, dann Convulsionen mit vollstän-
diger linkseiti^er Hemiplegie, Nystagmus gehabt hatte :
ausser syphilitischen Veränderungen der Brust- und
Bauchorgane ein Oummi, das die äusseren Abschnitte des
rechten Sehhügels, die benachbarten Theile der inneren
Kapsel und die oberen Theile des Pedunculus oerebri
einnahm. Dazu luetische Oefäss Veränderungen.
Henoch (1878) fand bei einem 2 Jahre alten, an
Diph^erie gestorbenen Knaben mit osteomyelitischen
Verdickungen mehrerer Fingerphalangen und mehrfachen
Narben und offenbar gestörter Intelligenz, in der Oross-
himrinde und im Stammhim mehrere bis kirschengrosse
an der Dura stark adhärirende höckerige Tumoren, sowie
einen im linken Kleinhirn, die sich als Oummata syphi-
litica erwiesen ^im Centrum theils verfettet, theils ver-
kalkt, in der Penpherie grau, durchscheinend, medullär).
Bei einem von Barlow beobachteten 15 Monate
alten hereditär-syphilitischen Kinde (Nystagmus beider
22
B res 1er, Erbsyphilis und Nervensystem.
Augen, Lähmuiig des linkeD Facialis) ergab die SdUum
symmetriBoh an den Aostrittstellen des 3., 4., 5., 6., 7.
und 8. Hinmervenpaares eine gummatöse Anschwellung,
in der die Axency linder geschwunden waren und an ihre
Stelle eine kleinzellige Wucherung mit eingestreuten
Corp. amylaceis getreten war, Verdickung der Basilar-
arterien und aller an der Bildung des Girc. Willisii be-
theiligten Arterien, Verkl^inorung des Lumens, Bnd-
arteriitis luetica. (Ref. im Jahrb. f. Kinderhkde. 1878.)
Gummata im oberen Theile des rechten Parietal-
lappens, am hinteren Parietallappen und am Oyrus supra-
marginalis links, nebst Endarteriitis luetica (Heubner)
an der Gehirnbasis und Verdickung, Schwellung, dunkler
Färbung, zäh-gelatinöser Gonsistenz des 5. und 7. Gehirn-
nerven links, fand Dowse bei der Sektion eines 12jähr.
Mädchens, dessen beide Eltern syphilitisch waren und
das folgenden Erankheitverlauf geboten hatte: bis zum
5. Lebensjahre angeblich gesund, dann Ophthalmie und
Ozaena, ein Anfall von Convulsionen mit 4 Stunden
dauernder Bewusstlosigkeit. Später Syphilid der Nasen-
spitze, das letztere zerstörte : dann : Kopfschmerzen, epi-
leptiforme Anfälle, Diplegie, Papillitis und Anosmie,
Anästhesie der rechten Gesichtshälfte, Lähmung des
6. rechten und des 7. linken Gehimnerven. Tod durch
Häufung epileptiformer Anfälle besonders der rechten
Eörperhälfte. In den letzten Lebenstagen Aphasie und
Lähmung des rechten Armes. (Ref. im Jahrb. f. Kinder-
hkde. p. 143. 1879.)
Cnopf beobachtete ein ca. 15 Wochen altes Kind,
das eine Zeit lang neben Ontraktionen der Nacken- und
Rücken muskulatur und häufigem Schreien (in Folge irgend
welcher nicht zu lokalisirender Schmerzen) keine anderen
Erscheinungen, als die einer chronischen Dyspepsie bot
und dabei sehr herunterkam. Es stellten sich zuletzt
hydropische Ausscheidungen an den Beinen, der Bauch-
liaut und dem Gesicht ein und schhesslich allgemeine
Convulsionen; unter den Symptomen einer erschwerten
Athmnng und steigendem Collaps (Fieber war nie vor-
handen) erfolgte der Tod. Die Organe der Bauch- und
Brusthöhle waren intakt bis auf eine wenig umfang-
reiche hypostatische Pneumonie. Dagegen fand sich im
Schädel Hydrops cerebri externus und internus, Syphi-
lom (circumscriptes , grauröthliches , sulziges Exsudat)
der Streifenhügel beiderseits und Sklerose des Occipital-
lappens.
Es hat sich nun späterhin herausgestellt, dass der
Vater des Kindes vor Jahren syphilitisch inficirt war und
auch nach einer anfänglichen merkuriellen Kur später
noch 2 Präventivkuren durchgemacht hatte. Das erste
Kind war gesund, und zwar noch zur Zeit der Veröffent-
lichung der Beschreibung dieses Falles (des zweiten
Kindes), d. h. im Alter von 3 Jahren.
Cnopf stellte (1892) 12 Beobachtungen von
Hirnsyphilis der Kinder zusammen (Dowse,
Schott, Buhl und Hecker, Q. Sandoz,
Chiari, Heubner, Mfiller in Königsberg,
Henoch, Thomas Barlow, A. Morey,
Siemerling, Declerque und Massen); in
der Hälfte der Fälle fanden sich Hirngummata, die
in den verschiedensten Theilen des Gehirns sassen
und theils als diffuse, ockergelbe Erweichungs-
herde, theils als umschriebene, weiche graugelbe,
central verfettete oder verkalkte Geschwülste be-
schrieben worden sind. Dieser gummöse Process
im Gehirn sei jedoch durchaus nicht immer mit
der Arteriitis syphilitica vergesellschaftet und eben
so wenig hänge von ihm die Betheiligung der Ge-
hirnnerven ab. Bei der mikroskopischen Unter-
suchung der Gummata hat man in der gallertartigen
Orundsubstanz freie Kerne, runde, spindelförmige
Zellen und hin und wieder anastomosirende Biode-
gewebekörperchen gefunden.
Die nachstehenden 2 äusserst interessanten
Fälle von Gehirnsyphilis im Kindesalter, von
Demme in seinem Bericht Aber das Jenner'-
sehe Kinderspital in Bern für das Jahr 1882 be-
schrieben, gebe loh nach dem Citat bei Kohtg
wieder :
Der erste dieser Fftlle betraf einen Knaben im Altar
von 7 Jahren 2 Monaten, der an multiplen Knochen-
affoktionen luetischen Ursprungs, sowie an amyloider
Degeneration der Leber, Milz und Nieren litt 14 1^
vor dem Tode des Pat. traten, durch das FortBchreiteo
der Entzündung vom rechten Stirnbein nach der Dan-
mater und der angrenzenden Birnsubstanz bedingt, anfangs
rechtseitige Muskelkrämpfe, später allgemeine epilep-
tische Anfälle, anhaltend massiges Fieber (Abends bis
B9.29Q.) und schhesslich während der letzten 48 Standen
vollkommener Verlust des Bewusstseins auf. Bei der
Sektion (Prof. Langhans) fand sich eine cariöse Zer-
störung des rechten Stirnbeines in der Ausdehnung einer
kleinen £jndorhohlhand. Eiine 5 cm im Durchmesser
haltende, von einem wulstigen Rand umgebene Oeffoung
der inneren Knochentafel führte zu einem wallnoss-
grossen, die Dura-mater nach aussen vorwölbenden Tumor.
Die harte Hirnhaut zeigte sich an dieser Stelle von einer
dicken Schicht grünlich-gelben Eiters bedeckt Der Tumor
erwies sich als eine weiche, gallertartige, zellenreiche,
durch ein zartes Bindegewebegerüst gestützte, als Oummi
anzusprechende Masse. Gegen die Himsubstanz fand sich
ein ca. 2 cm in die Tiefe eingesprengter, von einer festem
Wandung begrenzter Abscess.
In dem 2. Falle handelte es sich um einen Knaben,
der mit dem Beginn des 3. Lebensmonats an multiplen
Gelenkentzündungen, sodann an Dactylitis syphilitica,
Induration des linken Hodens, Anschw^ung der Schild-
drüse, mannigfachen Knochenauftreibungen , sowie an
Amyloidleber gelitten hatte. 68 Monate ut, fiel der xum
Skelet abgemagerte Knabe plötzlich in CoUaps und itarh
bei noch bis zuletzt erhaltenem Bewusstsein nach einigen
Stunden an totaler Erschöpfung der Kräfte. Die Sdiio»
ergab, abgesehen von den der klinischen Beobachtung
entsprechenden Veränderungen, ein von der umgebenden
Himsubstanz scharf abgegrenztes Ouinmt, vonderOrtae
einer massigen Haselnuss in der linken KleinhimhSifte^
Die übrige Hirnsubstanz bot keine Veränderungen dar;
die Ventrikel enthielten nur wenig Flüssigkeit mit nor-
maler Färbung.
Horwitz beschrieb (nach Eohts) gumma-
töse Veränderungen an den Hirnhäuten bei 2 su
früh geborenen Kindern syphilitischer Mfitter.
Bei dem einen bestand die Masse in den HirahinteB
und am Knochen aus Stollen und Fett, und ^ioh der
Masse, die man oft als Infarkte in den Lungen neogebo-
rener syphilitischer Kinder findet Im 2. Falle fand sich
eine grössere Menge hellgelben Serums in den Seiten-
ventrikeln. An der vorderen und hinteren Fläche beider
Lobi frontales war das Gehirn an der Dura wie angeleimt
Die Pia war hier in der Grösse eines 2-MarkBtäcke8 ver-
dickt, in ihren Maschen war eine gelbweisse käsige Masse
infiltrirt In gleicher Weise war die Dura afficirt; auf
beiden Seiten war eine gleiche gelbe Masse abgeb^gert,
80 dass sie 1''' dick war.
Nach Sachs sind allerdings luetische Tamorei
des Gehirns bei Kindern ein seltenes Yorkomav
niss ; am ehesten kommen sie noch an der MeduUi
oblongata vor; sie in erster Linie nehmen fiast fll
Bestimmtheit, wo sie sich an der Rinde entwickdij
in der Nähe der Oberfläche ihren Anfang, ebeM
wie die Tuberkel und Gliome, während S^rkoiä
B r e B 1 e r , Erbsyphilis und Nervensystem.
23
und Cysten eben so häufig suboortikalen als corti-
ktlen Ursprungs sind. Nach einer Statistik yon
Petersen fand sich unter 336 Fällen von
Tumoren nur einmal ein Qummi.
Daas die syphilitischen Erkrankungen des
Nerrensystems , auch das Gummi, in einer sehr
frühen Zeit einsetzen kOnnen, beweist der nach-
folgende Befund, den Mathewson beobachteta
Bei einem im 7. Monate frisch todtgeborenen Foetus
TOD 34 cm Länge and 870 g Gewicht war die Haut allent-
halben mit linsen- bis erbsengrossen Bläschen besetzt, die
lomTheil schon geborsten waren. Schädel von normaler
Oröfise; Nähte ziemlich stark klaffend. Gehirn zum
grossen Theile erweicht, d. h. in eine gelbliche Breimasse
Qiid eine klare gelbliche Flüssigkeit umgewandelt (Ence-
phalitis). Nur an der Basis waren noch einzelne Theile
des GehimsL, so das Cbiasma, die Pedunculi cerebri, der
PoDS und die Medulla oblongata, erhalten. Innere Menin-
gOD allenthalben von linsengrossen und auch etwas grös-
nreo gelblichen Herden durohsetzt; solche Herde fanden
sich auch in der Pachymeninz der Schädelbasis; letzteren
Herden entsprechend waren die Knoohen der Scbädel-
bans verdünnt Die übrige pathologisch - anatomische
Diagnose lautete: Gummata glandulae thymicae, pulmo-
DQiD, myocardii, bepatis, renum et femoris dextri, Tumor
lienis, Osteochondritis, Ecchymoses multiplices, Hydro-
thoraz et Hydrops ascites. Infarctus placentae. — An der
Mutter waren Symptome von Syphilis nicht zu cocsta-
tiroD gewesen. — Bakteriologische Untersuchung: ohne
fieeultat Mikroskopisch: Die Herde in der Pachymeninz
an der Schädelbasis waren wirkliche Otimmata, insofern
sie aus Granulationgewebe bestanden. Sie wiesen einen
auffallend hohen Grad von Verkalkung auf. Die den
gummösen Stellen der inneren Meningen anhaftenden
spärlichen Reste der Hirnsubstanz waren durchweg stark
kleinzellig infiltrirt In Pens und Medulla waren keine
eigentlichen Gummata, wohl aber da und dort kleinzellige
Infiltration mit Ealkablagerung. — Die fortgeschrittene
Verkalkung der Gummata weist daratff hin, dass die
Syphilis des Foetus sehr frühzeitig begonnen hatte.
Nachgewiesenermaassen syphilitisch war der Vater
eines von Siemerling beobachteten Mädchens, das mit
4 Jahren einen Schlaganfall mit Aphasie und rechtseitiger
Hemiplegie erlitt, mit 6 Jahren von doppelseitigem Seh-
nervenschwund und Ataxie aller Glieder befahlen wurde.
Später traten hinzu Kopfschmerzen, Erbrechen, Schwin-
del- und epileptische Anfälle, Taubheit beiderseits. Sen-
äbihtät erhalten; auch die Intelligenz. Grosser Kopf.
Der Tod erfolgte durch gehäufte Anfälle, nachdem nach
früheren Anfällen einmal Parese der rechten Körper-
kilfte, zweimal rechtseitige Facialisparese und Ptosis
beobachtet worden waren. £s fand sich bei der Sektion
neben Hydrocephalus internus an der Basis des Gebirns
One von der Pia ausgehende, ausgedehnte gummöse NeU'
Inkbmg, eine eben solche an der Pia des Rückenmarks,
Ton der aas zapfenartige Geschwulstmassen in die weisse
Sabstanz eindrangen, wodurch der Untergang der Nerven-
bsem (namentlich an den Hintersträngen, in der letzten
Zeit fehlten die Kniesehnenreflexe) bedingt war. Erheb-
liche Gefissyerändemngen.
Endarteriitis, Sklerose.
Der klinische Yerlanf der Endarteriitis oerebri
in dem Obiari'Bchen Falle — wohl dem ersten,
der auf hereditärer Loee bemhenden veröffentlich-
ten — war folgender.
15 Monate altes Kind einer 21jähr, Mutter, die mit
änem syphilitischen Manne verheirathet war, erst ein
lodtesKind zur Welt gebracht, später wegen syphilitischer
beschwüre nnd Ausschlags in Behandlung gestanden
kitte. Das kranke Kind, das sweite, nach der antisyphi-
fitiaehen Kar geboren, war bei nnd nach der Geburt
anscheinend gesund und ausgetragen und gedieh bis zur
6. Woche ganz gut, dann traten Papeln und Rhagaden
am Anus, Psoriasis in den Handtellern und Fusssohlen
auf. Anscheinende Heilung. Nach 6 Monaten wurden
ein neues Exanthem, Geschwüre an den Tonsillen, dann
"Erweiterung der linken Pupille, Ptosis des rechten oberen
Cides, Lähmung des rechten N. facialis und gummöse
Geschwulst in der rechten Zungcnbälfte beobachtet ; bald
darauf (mit 15 Monaten) führte eine rechtseitige Hemi-
plegie mit epileptischen Anfällen (3— 4mal tägUch sich
wi^erholend) zum Tode. Sektion : Sohädeldeclen blass,
Schädeldach von gewöhnlicher Form, grosse Fontanelle
noch offen; harte Hirnhaut glatt und blass. Innere
Meningen im Allgemeinen von mittlerem Blutgehalte,
stark ödematös und leicht verdickt An vielen umschrie-
benen , bis 1 qcm grossen Stellen , sowohl an der Con-
vezität wie an der Basis, fanden sich in ihnen platten-
förmige, weissliohe Herde (Granulationgewebe), die theils
die Arachnoidea, theils die Meninx vasculosa, theils dss
lockere Balkengewebe zwischen den beiden inneren
Meningen betrafen. Ueber der linken Grosshirn hemi-
sphäre im Ganzen etwa 20 grössere solche Herde, neben
vielen sehr kleinen und beiläufig eben so viele über der
rechten Grosshirnhemisphäre. Am Kleinhirn waren die
Meningen ganz zart und frei von solchen Herden. Um
die grossen basalen Hirnarterien zeigten sie zwar auch
diffuse Verdickung leichteren Grades, waren aber sonst
nicht von besonderer auffälliger Beschaffenheit. Die
meisten basalen Arterien waren in der Wand verdickt,
härtlich, streckenweise obliierirt, die beiden Carotid. int,
wie die Art fossae Sylvii zeigten ungleich massige Wand-
vordickung. Substanz des Grosshirns sehr weich; in der
Markmasse, wie in den grossen Ganglien stecknadelkopf-
grosse, weisslich-gel bliche, deutlich umgrenzte Herde
(Zelleninfiltration). Ventrikel nicht erweitert.
Kohts beschreibt folgende beiden, besonders
auch anatomisch sehr genau untersuchten Fälle
von Arteriitis syphilitica mit Hirnsklerose.
1. Fall. 17 Monate altes Kind, stammt von einer
syphilitischen Mutter, die zu wiederholten Malen früh-
zeitige Kinder zur Welt brachte, und einmal einen Abortus
im 4. Monate der Gravidität überstand. Bis zum S.Monat
scheinbar ganz gesund, wurde bis dahin von der Mutter
selbst gestillt, dann entwöhnt um diese Zeit stellten
sich 2 Tage hindurch eigenthümliche Verdrehungen der
Augen und des Kopfes ohne allgemeine Krampferschei-
nungen ein, doch blieb zunächst eine vollständige, dann
nach und nach etwas zurückgehende Lähmung des rechten
Armes und des rechten Beines zurück. Vorübergehend
bestand eine (Kontraktur der Finger, der Daumen war
stark gegen die Vola manus eingeschlsgen. Ausser der
Hemiplegia dextra waren Lähmungen im Bereiche der
Augen und des Gesichtes nicht eingetreten. Eine irgend-
wie auffallende Intelligenzstörung war nicht vorhanden,
das Kind machte keineswegs den Eindruck eines Idioten.
Nach diesem apoplektischen Insult begannen sich bei
dem Kjnde täglich 3 — 4mal allgemeine Convulsionen ein-
zustellen, die ca. 10 Minuten anhielten; sie schwanden
mit 14 Monaten unter Jodkalium- Behandlung. Tod mit
17 Monaten an Diphtherie.
Bei der Sektion fand sich eine ausgesprochene Skle-
rose der linken Hirnhälfte. ,Die Pia-mater des Gehirns
war ziemlich blutreich, der linke Seitenventrikel war
stark dilatirt, das Ependym stark verdickt Oedem an
der Pia-mater der 0)nvezität, wie der Basis, viel
Flüssigkeit in den Arachnoidealräumen. Zwischen der
rechten und linken Himhälfte besteht eine grosse Di£fe-
renz, rechts 7 cm breit, links 4i/scm, die Län^e des Ge-
hirns rechts 18, links IGVtcm. links ziemhch starke
Abfiachung. Hier fühlt man beträchtliche Härte. Die
Windungen beträchtlich verschmälert und ausserordent-
lich dünn sind sklerotisch, und in der Tiefe in den hin-
teren Ausläufern der Fossa Sylvii ist die Sklerose und
Verkleinerung am stärksten geworden. Die Sklerose ist
24
Bresler, Erbsyphilis und Nervensystem.
über die gSDze linke Hemisphäre verbreitet Das Corpus
striatam ist links viel kleiner als rechts, kaum gewölbt,
der Thalamns opticus ist ebenfalls verkleinert, an der
Oberfläche ungemein höckerig und ungewöhnlich derb.
Die Arteria basüaris zeigt sich in dem ganzen mittleren
Theil und zwar auf die Strecke von 13 mm in einen 3 mm
dicken Strang obliUrirt, Eine Strecke der Arteria basi^
laris, und zwar in der Ausdehnung von 6 mm, ist mitOe-
rinnsei erfüllt, das sich in die Art. profunda sin. fortsetzt
Auf dem Durchschnitt zeigt das Rückenmark von oben
bis unten eine gallertige Beschaffenheit der Pyramiden-
seitenstrangbahnen. MeduUa oblongata : Die Pyramiden
zeigen starke Differenz. Die linke hat an ihrer breitesten
Stelle eine Ausdehnung {Breite) von 5 mm, die rechte
von 6 mm. Die linke Pyramide ist durchscheinender als
die rechte. Der linke Pedunculus ist platter und ent-
schieden schmäler. Die grösste Breite des rechten beträgt
16 mm, des linken 12 mm.*^
,Die mikroskopische Untersuchung ergab, dass es
sich um ein Fehlen der zur rechten Pyramide gehörenden
Faserzüge handelt ... Es handelt sich offenbar um
sekundäre Degenerationen der rechten Pyramidenseiten-
strangbahnen während des fötalen Znstandes, die sich
im Verlauf der linksseitigen Hirnsklerose entwickelten
und zur vollständigen Atrophie führten. Auffallend war
es, dass bei einer so ausgedehnten Obliteration der Arteria
basilsris auf die Strecke von 13mm, die doch schon
Monate lang bestanden haben muss, keine schweren Him-
symptome auftraten.*^
Kohts nimmt an, dass die engen Rami com-
mnnioantes ohne deutliohe Brweiterung einen Aus-
gleich der BlutstrOmung besorgen kOnnen, und
dass das Hirn des kindlichen Alters gegen eine
Thrombose der Basilararterie toleranter ist als das
eines Erwachsenen.
2. Fall. Ein l>/t Jahre altes Kind syphilitischer
Eltern wurde im Alter von 6 Monaten antisyphilitisch be-
handelt Rhagaden an den Mundwinkeln und nässende
Geschwüre ad anum. Ungefähr 10 Monate später fiel es
plötzlich wie bei einer Apoplexie um, bekam Nacken-
starre, Opisthotonus, verbunden mit tonischen und klo-
nischen Krämpfen in den Extremitäten. Man merkte an
dem ziemlich kräftig entwickelten fieberfreien Pat an
verschiedenen Stellen des Körpers eine Anzahl mark- bis
thalergrosser Flecke. Es bestand Opisthotonus, der sich
schon bei leichten Hautreizen steigerte. Zuweilen traten
tonische Krämpfe in den Beinen auf. Im Schulter- und
Ellenbogengelenke leicht lösbare Contrakturen. Läh-
mungserscheinungen waren weder im Gesichte, noch an
den Extremitäten nachweisbar. Das Kind machte ent-
schieden einen vollständig blödsinnigen Eindruck. Dieser
Zustand währte 4Vt Wochen und das Kind erlag dann
seinen Leiden.
Ausser Veränderungen an den Schädelknochen und
einer vergrösserten Milz fand sich bei der Autopsie aus-
gedehnte Sklerose in beiden Hemisphären, links stärker
als rechts. Der linsenkem erschien reducirt, von evident
gelber Färbung. Beide Seitenventrikel dilatirt. Die
Centralganglien ganz abgeflacht, am stärksten die Cor-
pora striata, wo sogar Einsen kungen vorhanden waren.
Diesen entsprach eine körnige Verdickung des Ependyms.
Die Corpora striata sehr weich. An der Himbasis waren
die Arterien zum grossen Theile verdickt, theils obliterirt
Die Carotiden wie die Venen und auch die N. ooulomotorii
in ein derbes Gewebe eingeschlossen. ,Auch die Caro-
tiden und die Art foss. Sylvii zeigen starke Verdickung
der Wandungen und* Verengerungen ihres Lumens. Die
Artt vertebnles und Art. basilaris zeigen an der Zu-
sammenflussstelle eine intensiv weisse, derbe Partie, an
der Basilaris 1 cm, an den beiden Vertebrales 7 mm lang.
Die Gefässe fühlen sich hier ungemein derb an. Von
beiden Vertebrales ans lässt sich Luft duroh die knorpel-
harte Stelle nicht durchtreiben. Der vordere Theil der
Art. basilaris enthält Blut Bei der Sondirung lässt sich
eine Borste von den Artt vertebrales aus durch die ver-
dickte Stelle der Art basilaris mit Mühe durchfübrco.
Die Art cerebelli anterior beiderseits undurehgingig,
die Art. profunda cerebri ist zu einem derben ungieioh-
mässigen Strange verschlossen, der sich namen&h in
die ebenso veränderte Art communioans posterior fort-
setzt Das Rückenmark zeigt in seiner ganzen Aosdeh-
nung sklerotische Stellen im Bereiche der Vorder- uod
Seitenstränge in verschiedener In- und Extensität Der
Conus terminalis ist durchweg transparent Die vor-
deren Wurzeln sind entschieden etwas dünn, im oberen
Brusttheile etwas transparent*^
In dem B u s s 'sehen Falle von „diffuser Hin-
sklerose*^ auf ererbt syphilitischer Grundlage han-
delte es sieh um einen Knaben, der bis zum
6. Monate gesund gewesen war, von da ab in
der Entwiokelung stehen blieb, zuletzt ein halbes
Jahr lang fast täglich Erbrechen hatte, dabei ganz
herunterkam und alle Zeichen von Oeistesthätig-
keit vermissen liess.
Spastische Contraktur aller Glieder, Muskelatrophie.
Lues ist bei den Eltern zwar nicht nachgewiesen, jedoeh
wird solche wegen des anatomischen Befundes angenom-
men. Die Sektion ergab: Porencephalie, Atrophie und
Induration der Grosshim Windungen , partielle Degene-
ration im Rüokenmarke (syphilisartige Veränderungen
der Knoohenknorpelgrenze der Rippen und Epiphyteo-
grenze der Böhrenknochen). Mikroskopisch: ErhebUoher
Schwund der feinen markhaltigen Nervenfasern der
grauen Hirnrinde der Stirn-, Central- und Schläfen-
windung. Degeneration der Pyramidenseitenstrangbahn
nebst Schwund der grossen multipolaron GangUeaxellen
in den Vorderhömem. Die Befunde in der Himiinde
glichen den bei erwachsenen Paralytikern gefundeneo.
A. M., SVtjähr. uneheliches Emd, gesund bis zn
2 Jahren, dann Krampfan fälle, seitdem verwirrt, sprach-
los, unfähig zu^hen, spastische Giiederstarro, Opistho-
tonus. Kam in Hospitalbehandlung und starb da. Sdi-
tion: Dura-mater verdickt, Oedem der Pia, Trübung and
Verdickung. Gehirn atrophisch, besonders die linke
Hemisphäre bei auffallend fester Oonsistenx, Oeflafie
der Pia fast alle thrembosirt BasUargefSsse erkrankt
Eiteriger Mittelohrkatarrh. Diffuse Sklerose des Rücken-
markes und der Brücke.
In dem Bullen 'sehen Falle von angeboren-
syphilitischer „Idiotie" ist über Syphilis derBlteni
nichts angegeben, also die Aetiologie fraglich.
Es bestanden tiefste Idiotie, Epilepsie (seit 3 Jahren
Aphasie), rechtseitige Lähmungen und bontraktureo.
Bei der Sektion fanden sich Pachy- und Leptomentngitia,
Verdickung und fleckige Trübung der Gefässe, Hydro-
cephalus internus. Stellenweise ausgedehnte Skleroae
der Himsubstanz. Granulation des Ependyms (abnomke
Enochenbrüchigkeit bei einem Alter von 16 Jahren). In
den Pyramidenzellen der motorischen Region VaeuoleQ-
bildung. Vermehrung der Neurogliazelleo. Vermiode-
rnng der Pyramiden zellen.
Naunyn sah 2 Fälle von „diffuser Sklerose
zahlreicherGroBshimwindungen undHydrocephalns
internus^' bei einem ly^fthr. und einem 2</s)tiir.
Kinde mit angeborener Lues. Jodkalium und
Quecksilber ohne Erfolg (citirt bei Kohts).
Homön beobachtete bei 3 Geecbwiatem fol-
genden im 20., 12., bez. 20. Lebensjahre einaetaei^
den und ganz in derselben Weise Terlanfendei
Sy mptomencomplex : Schwindel, Schwere im Kopfe
MüdigkeitgefQhl , abnehmender Appetit, Sdiwft
chung der Intelligenz unddesOedftchtniaaee. 6aA|
Bresler, Erbsyphilis und Nervensystem.
25
nnächer, schwankend, diffuse Schmerzen in den
Beinen und hier und dort im EOrper. Kei ne Krämpfe.
Nachdem alle diese Symptome sich gleichmftssig ge-
steigert hatten, trat nach ungefähr 2jäbriger Dauer der
Eraoliheit eine gewisse Langsamkeit und Schwerfällig-
keit der Sprache ein. Die Krankheit wäbiie 3Vti 7i hez.
6 Jahre; der geistige Zustand war schliesslich deijenigo
Tollständiger Demenz. Es kamen noch Steifheit in den
Beioen, Cootrakturen (anfangs in Knie- und Hüftgelenken,
später auch io anderen, speciell in Finger- und Ellen-
bogengeleokeo) hinzu. Zuletzt war auch der Schluckakt
erschwert Bei zweien trat zuweilen leichter Tremor,
besonders in Armen und Händen, ein, bei einem wfihrend
der letzten Wochen einzelne leichte Krampf anfalle.
Leichte gastrische Störungen bei allen dreien, bisweilen
sogar Erbrechen. Keine deutlichen Gesichtstörungen
(Papillenreaktion nur etwas trüge) oder eigentliche Läh-
maosen und Anästhesien (vielleicht eine aligemeine
HeraMetzung der Sensibilität). Eins der Geschwister
starb an £ntkriiftung, die beiden anderen starben durch
hinzutretende Krankheiten. Der Gehirnbefund war fast
der gleiche: Geringes Gehimgewicht. Dura etwas ver-
dickt, Pia stellenweise mit der Rinde verwachsen. In
deo HiragefäBsen der Basis einzelne kleine sklerotische
Flecke. Io allen 3 Fällen Erweichunffsberde in den
lioseokeraen ; ausserdem auch Lebercirrhose, in zweien
auch Milzvergrössernng. Bei der mikroskopischen Unter-
socbong des einen Gehirns fand sich sklerotische und
hyaline Wandverdickung der Gefffsse, Degeneration der
myelinhaltigen Fasern und geringe Atrophie der Ganglien-
2eIIen. namentlich im vorderen Theile des Gehirns. Ob-
wohl Syphilis bei den Eltern nicht festgestellt wurde,
glaubt H. aus diesen Befunden auf das Vorhandensein
angeborener Syphilis sohliessen zu müssen.
Buchholz beschreibt in einer sehr ausführ-
lichen Arbeit das Krankheitbild einer auf hereditftr-
Byphilitisoher Grundlage entstandenen multiplen
SUerosa
Der Kr. litt seit dem 15. Lebensjahre an Zittern, im
22. Jahre traten Reizbarkeit, Beeinträchtigungsideen auf,
dann kam ein Anfall von Bewusstlosigkeit ohne Krämpfe.
B. {and lebhaften Intentiontremor , erhebliche Steige-
ning aller Beflexe, motorische Schwäche der Glieder,
S|»stische Erscheinungen an den Beinen, Sprachstörun-
gen, jedoch nicht ausgesprochen scandirender Art, Stö-
ningeo der Pupillenr^tion, keinen deutlichen Nystag-
niis, Sehnervenatrophie , ausserordentliche körperliche
Hinfiiligkeit, ängstliche Erregung und Verwirrtheit, Sym-
ptome, die sämmtlich an Intensität dauernd zunahmen
ud bis zum Tode bestanden, der im Beginne des
21 Lebensjahres eintrat Die Sektion ergab Gummata
in den Hoden, grosse Höhlenbildung im rechten Schläfen-
iappeo, eine Anzahl kleinerer höhlenartiger Herde in der
Sobstaaz des Oehirns, die central erweichte Qummata
darstellten, luetische Gefässveränderungen, Verdickungen
der weichen Häute au Gehirn und Bückenmark, diffuse
Vermehrung der Stutzsubstanz im Rückenmarke, herd-
aitige Erkrankungen der Nervenfasern in letzterem.
Auch Fournier hat sich nach Buohholz's
Oitat dahin ausgesprochen, dass es möglich und
wahrscheinlich sei, dass die hereditäre Syphilis
hei der Entstehung der multiplen Sklerose eine
Bolle spiele. Andere bestreiten dies bekanntlich
oder behaupten, dass Lues eine Sklerose vortäuschen
Unne.
Nach Schupfer 's Untersuchungen und Be-
tnchtungen hat die erbliche Syphilis im AUgemei-
Mi die Neigung, diffuse Sklerose hervorzubringen
vad wenn man zerstreute Herde findet, so haben
diese den Charakter der hypertrophischen Sklerose
Med. Jahrbb. Bd. 282. Hft. 1.
oder man findet mehrere gut umgrenzte, sehr
harte Knoten, die über die Hirnoberfläche hervor-
ragen mit einer Vertiefung in der Mitte, aus fibrö-
sem Gewebe bestehend, in dem die nervösen Ele-
mente fehlen oder sehr spärlich sind; diese Knoten
hängen nicht an der Pia fest und die Veränderun-
gen nehmen gegen das Hemisphärenmark hin ab.
Die Eigenschaften dieser Knötchen entsprechen
jedoch nach Seh. nicht entfernt denen der Herde
der disseminirten Sklerose. Diese letztere werde
durch die multiplen hereditär-syphilitischen Läsio-
nen des Nervensystems vorgetäuscht
Der Zusammenhang einer von ausgedehnten Qe-
webeerweiohungen begleiteten Himgewebesklerose
mit ererbter Syphilis war in dem folgenden von
V. Bechterew berichteten Falle über jeden
Zweifel erhaben.
16jähr. Patient. Mutter hatte 8mal geboren, 2mal
abortirt. Ein Bruder des Pat. war früh an Zahnkrämpfen
gestorben, eine Schwester plötzlich mit 7 Jahren; eine
andere zeigte im Alter von 13—14 Jahren allmähliches
Sinken der Intelligenz, Sprachstörungen, Zittern in den
Gliedern, schwankenden Gang, später epileptiforme An-
fälle; Aphasie, Parese und Contraktur aller Gliedmaassen,
Schluokbeschwerden. Tod wfihrend eines Anfalles. Eine
dritte Schwester, anfänglich gut entwickelt, bekam im
12. Leben^ahre Abnahme der Intelligenz, Schwäche in
den Beinen, Sprachstörung ; 4 Jahre später epileptiforme
Anfälle ; Verlust der Sprache, Parese der Glieder ; später
Cbntrakturen, Schluckbeschwerden; mit 16 Jahren Tod.
Der in Rede stehende Pat. bot nach Angabe des Vaters
ganz die nämlichen Erankheiterscheinungen dar wie die
beiden Schwestern: wurde völlig ausgetragen geboren,
entwickelte sich normal, machte in der Schule gute Fort-
schritte, bis im 14. Lebensjahre „Zerstreutheit, Schwer-
fälligkeit, Apathie, ausserordentliche Vergesslichkeit und
gewisse Veränderungen des Charakters mit Trotzigkeit
bei ihm sich einstellten'^. Sprachstörung, epileptoide
Anfälle, Erscheinungen von Apraxie, Pupillenungleichheit,
Zittern der Zunge und der Finger, Schwanken bei ge-
schlossenen Augen, unsicherer Gang. Die Krämpfe hatten
den Charakter der Jackson*schen Epilepsie (links be-
ginnend). Parese, Flexioncontrakturen. Völliger Verlust
der Sprache; Schluokbeschwerden. Tod. Sektion: obere
Fläche des Gehirns im Gebiet der Gyri frontales und cen-
trales in beträchtUcher Ausdehnung eingesunken, das
darunterliegende Gewebe gallertartig zitternd, die Gyri
im Gebiete der Oberflächendepression sklerotisch ver-
dickt. Links eine gleiche Einsenk ung entsprechend dem
Fasse der ersten und zweiten Stirnwindung und dem
oberen Abschnitte des Gyrus centralis anterior. „An
dieser Hemisphäre bestand Depression der Himoberfläche
mit Zittern des darunterhegenden Gewebes in der Gegend
der zweiten und zum Theil auch der ersten Hinterhaupt-
windung, sowie im hinteren Bezirk des Gyrus angularis.
An der rechten Hemisphäre finden sich die erwähnten
Erscheinungen von Oberflächendepression und Zittern
des darunterliegenden Gewebes annähernd an den näm-
lichen Stellen der Stirn- und Centralwindungen wie auf
der linken Seite, ferner entsprechend dem Gyrus occipi-
talis primus und secundus, dem Gyrus angularis und
oberen Scheitelläppohen, sowie im Gebiete der zweiten
und dritten Schläfenwindung. Auf dem Durchschnitt
der eingesunkenen Partien erkenht man ausgedehnte Er-
weichungen der Marksubstanz, welche, wenigstens linker-
seits, auch die tiefen Schichten der Rinde ergriffen haben,
während der unversehrte Theil der letzteren im Gebiete
der Erweichung etwas indurirt erscheint. Die grossen
Gefasse an der Gehirnbasis weisen keine besonderen patho-
logischen Veränderungen auf, die zu den Erweichung-
4
26
Bresler, Erbsyphilis und Nervensystem.
statten heranziehenden Gefösse erscheinen dünn und
leer.*^ Pia getrübt, im Bereich der Erweichungen mit
anhaftenden Hirnmassen, an anderen Stellen frei ablösbar.
Sonst keine wesentlichen Veränderungen. Mikroskopisch :
Die Gefässe der Pia und die gröberen Rindengefässe
zeigten am Ort der Erweichungen starke Wandverdickung
unter dem Bilde der syphilitischen Arteriitis; die feineren
Gefässe der Rinde waren hyperämisch, die perivaskulären
Räume erweitert, stellenweise bis zur Bildung grosser
Höhlen. Nervenzellen geschrumpft, Pericellulärräume
erweitert, umgebendes Gewebe reich an Neuroglia-
dementen und Leukocyten. „Die Ränder der Höhle be-
kunden alle Erscheinungen von Zerfall des Nerven-
gewebes mit reichem Gehalt an granulirten Kugeln und
mit Blutkörperchen überfüllten Gapillaren. Bemerkens-
werth ist femer der Umstand, dass am Orte der Rinden-
indurationen Nervenzellen fast völlig vermisst werden,
während am Rande der durch Einschmelzung der sub-
cortikalen und cortikalen Substanz entstandenen Höhle
reichliche Neurogliaentwickelung zu bemerken war. An
dem umgebenden Marke war eine derartige sklerotische
Induration nicht wahrnehmbar.'' V.Bechterew hält
die Sklerose für das Primäre. Es fand sich ausserdem
eine gummöse Veränderung an der Tibia (röthiich-graues,
kömiges Infiltrat).
Jacobson, D. E., Et Tilfälde af diffus Perience-
falitis og dissemineret Hjerneskierose hos en 10 Aars
Dreng med congenit Syülis. Hosp.-Tid. 4. R. II. 17. 1894.
— Ref. im Neurol. Centr.-Bl. p. 736. 1895.
Mit 4 Jahren Kopfschmerz, Fieber und Parese der
linken Glieder und des linken unteren Facialisgebietes.
Sensibilität nur am linken Arme etwas herabgesetzt
Linke Pupille grösser als rechte. Unter Jodkalinm-
behandlung ging die Parese vollständig zurück; die
Pupillendifferenz blieb. An beiden Händen beständig
(nicht besonders bei intendirten Bewegungen) ein Spreizen
und Strecken der Finger, namentlich deutlich an der
nicht paretisch gewesenen rechten Hand. Sonst gute
Entwickelung ; lebhaft, geweckt; lernte gut Vor 1 Jahre
Keratitis, erst links, dann rechts. Das Kind starb rasch,
nachdem Ikterus, Unruhe und Unklarheit, Brechreiz
ziemlich plötzlich eingetreten waren. Fieber hatte nicht
bestanden. Befund : Pia stark injicirt, zum Theil fibrös
verdickt, überall an der Hirnoberfläche vollständig adhä-
rent, desgleichen am Kleinhirn, nicht jedoch an Pens und
Medulla. Im Gehirn zerstreut in der grauen und weissen
Substanz zahlreiche gräuliche, indurirte Stellen von der
Grösse eines Hanf korns bis zu der einer Haselnuss ; der
grösste Herd in der 3. rechten Stirnwindung, unmittelbar
vor der Fossa Sylvii, ein anderer grosser dicht nach
aussen vom rechten Linsenkern. Mikroskopisch in den
sklerotischen Herden starke Bindegewebevermehrung um
die Gefässe herum und einzelneZüge vermehrter Neuroglia.
Hepatitis, Perihepatitis, Hyperplasie der Milz, Peri-
splenitis, parenchymatöse Nephritis.
Moncorvo, De l'influence etiologique de Theredo-
syphilis sur la sclerose en plaques chez les enfants.
Revue mens, des Malad, de TEnf. XIII. Sept 1895.
Schon in den 80er Jahren hat Monoorvo auf
Qrund einschlägiger Beobachtungen die Ätiologische
Bedeutung der hereditären Syphilis für die mul-
tiple Sklerose der Kinder gelehrt. Er theilte 1895
wiederum 3 solche Fälle mit, in denen die Sicher-
heit der Aetiologie und Diagnose und der Erfolg der
Therapie vereint seine Ansicht bestätigen. 2 der
Kranken sind BrOder ; ein 3. Kind derselben Familie
war vorher anscheinend ebenfalls mit den Sym-
ptomen der multiplen Sklerose behaftet gestorben.
Mikrogyrie,
Heubner berichtete in der Qesellschaft der
Charitö-Aerzte (Febr. 1901) über ein Kind, das mit
IV« Jahren an Schlaganfall der rechten Körper-
hälfte erkrankte. Es hatte früher nur an Drfisen-
schwellungen gelitten.
Nachdem der Schlaganfall vorüber war, befand sich
das Kind eine Zeit lang wohl. Mit 2 Jahren epilepsie-
artige Krämpfe, die sich häufig wiederholten. Mit
2Vt Jahren kam die halbseitige Lähmung wieder. Stra-
bismus. Nase sattelförmig eingedrückt Halbseitige
Stimmbandlähmung. Zeichen von Rhachitis. Tod ao
Masern Pneumonie. Die Sektion ergab , primäre Eod-
arteriitis syphilitica der Hirnarterien von einer so klas-
sischen Entwickelung, wie ich sie in den schönsten der
Fälle, die ich vor 30 Jahren studiren konnte, nicht besser
ausgebildet gesehen habe*^. Obliteration der rechten Art
vertebr., der Unken Art. cerebri prof. und der linken Art
Fossae Sylvii. Erweichung des linken Qyrus angularis.
„Ein grosser Theil der linken Hirnrinde befindet sich,
wie Sie bemerken, im Zustande einer ganz bedeutenden
Mikrogyrie. Sowohl der Scheitel-, wie Schläfen- ood
der Hinterhaupttheil des linken Orosshims zeigt an zahl>
reichen Bezirken eine Kleinheit und VerkümmeraDg der
Windungen, wie wir sie nicht selten bei gewissen Formen
von Idiotie antreffen.*^ Diese Mikrogyrie, d. h. mang^-
hafte Entwickelung des Gehirns, ist bedingt durch die
starke Erschwerung des Blutzuflusses. Die Diagnose auf
Hirnsyphilis war bei Lebzeiten gestellt worden auf Grand
einer durch Prof.Greeff bei dem Kinde nachgewiesenen
Retinitis syphilitica.
Hirnapoplexien
sind nach Nonne bei hereditär-syphilitischen Kin-
dern ein seltenes Yorkommniss ; er citirt den Oo-
w er s 'sehen Fall (in dessen „Syphilis und Nerven-
system'*) : Hirnblutung, von der syphilitischen Er-
krankung der Artt. vertebr. und der Artt prof undae
cerebri ausgehend, mit Durchbruch in die Ventrikel
und tödtlichem Ausgang bei einem 12j&hr., here-
ditfir-syphilitischen Knaben.
Foerster (1863) fand bei einem ISmonat Kinde,
das an syphilitischen Geschwüren gelitten hatte, einen
wallnussgrossen, scharf umschriebenen Erweichungsherd
in der Mitte des linken Operculum.
Meningitis.
Steffen schrieb im J. 1880 : „Bei Syphilis der
Kinder hat man bis jetzt diese Pachymeningitis
nicht beobachtet'* (sc. die Pachymeningitis interna).
M. Sachs, der gewiss über eine grosse Er-
fahrung verfügt, hat bei Kindern noch keinen ein-
zigen Fall von hereditärer oder erworbener Syphilis
gesehen, in dem die Diagnose einer spedfischen
Meningitis mit besonderer Wahrscheinlichkeit ge-
stellt werden konnte.
Dagegen kann nach Heubner 's Erfahrung
Pachymeningitis haemorrhagica im Anschluas an
ererbte Syphilis vorkommen. Er macht audi auf
den unterschied der letzteren und der bei syphi-
litischen Kindern hftufig durch MisohinfektioD, von
der Nasenhöhle (Rhinitis) oder vom Mittelohre her
erfolgenden eiterigen Meningitis aufmerksam, die
sich durch das plötzlich eintretende, meist hohe
Fieber und Yorwölbung und Spannung der Fonta-
nelle kennzeichnet
Pachymeningitis wird auch vorgetftuBoht durch
im Subarachnoideal- oder Subduralraume erfolgende
Blutungen, die bei schwerer hereditär- hietiscfaec
B res 1er, Erbsyphilis und Nervensystem.
27
Mrankung — faultodt zur Welt gebrachte Kinder
oder Früchte, die nur wenige Stunden am Leben
blieben — in Folge allgemeiner Blutdissolution zu
Stande kommen (K o h t s).
Spiller hat die Sektion eines Ojähr. rhachitischen
Qod hereditär-syphilitischen Kindes (IdioteD) gemacht,
vrobei er ao der Innenfläche der Dura eine deutliche
bimorrhagische Entsünduog, membranöse Auflagerungen
und Blatergüsse zwischen den Membranen fand.
Wahrscheinlich auf einer Basilarroeningitis beruht
der von P i p p i n g beschriebene Fall ; ein 5jähr., hereditär-
syphilitischer Knabe zeigte nach voraufgegangenem mehr-
tägigen Kopfschmerz Lähmung des linken oberen Augen-
lides, der Gaumensegel, später Somnolenz, Strabismus,
Schwindel, Unfähigkeit sich aufrecht zu erhalten bei
Mangel von Sensibilität und Fehlen von Lähmung der
Extremitäten. Unter Einreibung von Quecksilbersalbe
auf den Kopf und künstlicher Ernährung trat Besse-
mng ein.
Eine vollkommen reine typische Meningo-
myelitis luetica hereditaria beschreibt A. Boet-
tiger bei einem 9 Jahre alten Mädchen, das mit
8 Jahren plötzlich unter 3 Wochen andauernden
Hirndrucksymptomen , später an Augenmuskel-
lähmnngen erkrankte, die ebenfalls (nach 1 1/2 bis
2 Monaten) vorübergingen, gleichzeitig aber Stö-
rungen des Qesichts und OehOrs und 3mal Anfälle
von Bewusstseinsverlust hatte.
Stauungspapille beiderseits mit Atrophie, sehr träge
Lichtreaktion der gleich weit dilatirten Pupillen, voll-
kommene Taubheit links, rechts nur für Töne. Oeschmack-
störuBg ; irregulärer, verlangsamter Puls. Schwäche der
Beine, zuweilen Bettnässen, Nackensteifigkeit, Mono-
spasmen, Hemispasmen, allgemeine Coovulsionen mit
dem Charakter der Rindenepilepsie. Rechts Erlöschen
des Patellareflexes, Schwächerwerden links; intensive
Schmerzanfälle in den Beinen, seltener in den Armen.
Intelligenz und Sensibilität ohne erheblichere Störung.
Endlich unter Pulsbeschleunigung und Vaguslähmung
Tod. Die Sektion ergab Verwachsung der Pia mit der
Rinde, Hydrocephalus internus, etwas Ependymitis, Ver-
fichluss des 4 Ventrikels durch eine mit dem Boden ver-
vachsene Geschwulst des ünterwurms, besonders des
Nodnlns und der Uvula, chronische meningitische Pro-
ceese an derHimbasis; Degeneration verschiedener Hirn-
nerven; diffuse Infiltration in Pens, Medulla oblongata,
Ueinhim, Meningitis spinalis, Infiltrationen in das Rücken-
mark, Degeneration Vorgänge an den Nervenzellen und
Nervenfasern ; luetische Gefässveränderungen. B. citirt
den von Siemerling beobachteten, seinem sowohl
kiiniach wie pathologisch-anatomisch fast bis in die klein-
sten Einzelheiten gleichenden Fall von congenitaler Hirn-
und RuckeDmarksyphilis, nur war in diesem die graue
Sabstanz des Rückenmarkes frei geblieben und es fehlten
daher spastische Erscheinungen in den Gliedern. Als
Unterscheidungsmerkmal gegenüber einer tuberkulösen
Xrkrankong (Tuberkel fehlten übrigens) betont er den
protrahirtea Verlauf.
Nach Oppenheim (1903) scheint die Menin-
gitis basilaris syphilitica bei hereditärer Lues eine
Vorliebe für die hintere Schftdelgrube zu besitzen.
Bb besteht dann Retraktion des Kopfes (andauernder
Opisthotonus).
Caro, Walter J., Gase of serons pachymeningitis
with atrbphy of the cerebrd convolutionsin a syphilitic
ehfld. Transact of the pathol. Soc. of London XLYI. p. 1.
1895.
Es bandelte sich um ein 19 Monate altes Mädchen.
Gebart leicht. Vater wl^end der Militärdienstzeit syphili-
tisch inficirt; die Mutter hatte 4 Fehlgeburten ; das Kind
war das erste lebend ausgetragene ; mit 7 Wochen kam es
in Hospitalbehandlung mit deutlicher congenitaler Syphilis.
Anämie; seit Monaten Schnupfen und Nasenbeschwerden.
Trotz fortgesetzter Merkurialbehandlung trat wenige
Wochen vor dem Tode eine leichte Epipbysitis an den
distalen Enden beider Oberschenkel auf; dieselbe ging
jedoch wieder zurück. Seit der 2. Lebenswoche Con-
vulsionen. Das Kind blieb stumpf; es sass noch nicht
allein und war beim Tode wie ein 3 Monate altes £jnd.
Steifheit der Glieder wurde nicht beobachtet. Der Tod
trat ziemlich plötzlich ein. Beiderseitige Pneumonie,
sonstige Brust- und die Bauchorgane gesund. Geringe
rhachitische Veränderung an den Knochen. Fontanelle
nicht ganz geschlossen. Kopf nicht vergrössert, doch der
Schädel knochen leicht verdickt. Dura aussen normal,
innen mit einer leicht abzieh baren Membran belegt, die,
an der Convexität dick, nach der Basis zn dünner wurde,
von etwas gelatinöser Beschaffenheit. Solche gelatinöse
Substanz befand sich auch über den Windungen und an
der Basis neben einer Vermehrung der Arachnoideal-
flüssigkeit. Mikroskopisch erwies sich die Membran als
aus feinfibrillärem Bindegewebe bestehend; nichts von
frischer Hämorrhagie. Pia und Gefässe normal. Keine
Gummata. Gewicht des Hirns */^ des für dieses Alter nor-
malen. Windungen beiderseits in der Gegend der Fossa
Sylvii blass, eingedrückt und hart. Rechts erstreckte sich
diese Affektion vom hinteren Rande der Fossa Sylvii zum
oberen Rande der mittleren Stirnwindung und hinten bis
zum Gyrus angularis, links auf die der Fossa Sylvü be-
nachbarten Windungen. Im Bereiche des übrigen Ge-
hirns waren die Windungen zwar blass, doch von natür-
lichem Aussehen. Ventrikel nicht erweitert. In der Hirn-
substanz entsprechend der linken Insula Reilii befand sich
eine mit einem dünnen Netzwerke von Bindegewebe-
niem brauen erfüllte Höhle, ohne Bluterguss (alter Er-
weichungsherd). Rückenmark und seine Häute normal.
G. hält diese seröse Pachymeningitis, die auch
Qowers als bei Kindern vorkommend erwähnt,
für eine speciflsch luetische, wenigstens in seinem
Falle, die Affektion der Windungen für Atrophie
und Sklerose.
Eneephalitis.
Dass eine interstitielle Encephalitis bei here-
ditär-luetischen Kindern vorkommt, hat schon 1S62
Virchow erwähnt (Virchow's Arch. XXXVIII.
p. 129 u. XLIV. p. 476).
Simon (bei Steffen) hat 3 aus einer Familie
stammende hereditär-syphilitische Kinder gesehen,
die spät und undeutlich sprechen lernten, deren
Intelligenz sich mangelhaft entwickelte und die an
Parese sämmtlicher Glieder, neben Krämpfen und
soporOsen Anfällen litten; die Krankheiterschei-
nungen begannen erst im 2. Lebensjahre. Das
mittlere dieser Qeschwister war gestorben; die Sek-
tion ergab eine Erweichung der linken Hemisphäre,
die fast das ganze Marklager einnahm, im Stirn-
lappen fast bis an die Oberfläche ging und auch
die Rinde mit erfasst hatte. Der Schläfelappen, die
Umgegend des Unterhorns und die Insel waren er-
weicht Im Parietallappen viele kleinere und
grössere Herde ; in der rechten Hemisphäre eben-
falls eine grosse Zahl grosserer und kleinerer Er-
weichungsherde. S. glaubt, dass diese Herde an-
geboren, aber bis zum 2. Lebensjahre latent ge-
blieben seien.
28
B res 1er, Erbsyphilis und Nervensystem.
Rückenmarkerkrankungen bei Heredo-
syphili».
Die hereditftr-sypbilitisohen Erkrankungen des
Rückenmarks theilt Qilles de la Tourette ein
in angeborene (intrauterin entstandene), in früh-
zeitige und späte. Erstere bestehen, abgesehen
von den durch die Syphilis bedingten Hemmungs-
bildungen, in einer diffusen embryonalen Meningo-
myelitis, ähnlich der angeborenen syphilitischen
diffusen interstitiellen Hepatitis. Höchst wahr-
scheinlich ist die Little'sche Krankheit auch durch
hereditäre Syphilis bedingt Vf. hat dieses für
5 Fälle der Little'schen Krankheit feststellen können. .
Frühzeitige, etwa in das 2. bis 8. Lebensjahr fallende
Krankheiten der hereditären Syphilis der MeduUa
spinalis sind: Paraplegien, besonders spastische
Paraplegien des Typus Gharcot- Erb, und die
Poliomyelitis anterior. Die 3. Kategorie, obgleich
vom 8. Jahre ab gerechnet, umfasst Fälle, in denen
Symptome von Erbsyphilis erst mit 20, 30, selbst
60 Jahren auftreten. Interessant sind Mittheilungen
von Fällen hereditär- syphilitischer Tabes, die im
18., bez. 20. und 31. Lebensjahre aufgetreten war.
Es sei also bei Tabeskranken, wenn erworbene
Syphilis nicht nachweisbar, nach ererbter zu
fahnden.
Qasne hat das Bückenmark von 30 Föten
untersucht ; 26 stammten von syphilitischen Eltern ;
4mal fand er specifisohe Veränderungen, 7mal
waren sie nur angedeutet, jedoch nicht zweifelhaft.
Seine Befunde stimmen mit denen von Siemer-
ling, Boettiger, Jürgens und Gangi-
ta no überein: Zuerst ergriffen waren die Rücken-
markhäute und die Oefässe, sekundär erst das
Rückenmark selbst. Die Behauptung von J a r i s c h ,
dass die Zellen der grauen Vorderhörner zuerst er-
griffen würden, fand sich nicht bestätigt. Die
syphüitischen Veränderungen nehmen immer vom
Bindegewebe und von den Oefäasen ihren Ausgang,
Sie sind unregelmässig über das Rückenmark ver-
streut, doch so, dass es keine intakte Partie giebt,
das Halsmark ist verhältnissmässig häufig ergriffen,
auf den einzelnen Querschnitten wiederum in be-
sonderem Qrade das Qebiet der Hinterstränge und
hinteren Wurzeln.
lieber die Symptomatologie berichtet Gasne,
dass die ersten Erscheinungen, die Paraplegie, bei
neugeborenen Kindern naturgemäss der Beobach-
tung oft entgehen, und dass es dann nicht ersicht-
lich ist, ob nicht das Leiden schon intrauterin vor-
handen war. Manchmal setzt es plötzlich mit
Monoplegie oder Paraplegie ein ; in der Regel je-
doch allmählich und dann zuweilen ohne sich in
etwas anderem als in Schmerzen, von der Wirbel-
säule in die Glieder ausstrahlend oder auf letztere
beschränkt, oder Einschlafen der Glieder, Gefühl
von Ameisenlaufen, zu offenbaren. Vereinzelt bildet
Incontinentia urinae das erste Zeichen. Die Sensi-
bilität war objektiv nachweisbar gestört in einem
Falle Hutchinson 's und Jackson's (Anästhesie
aller 4 Glieder) und einem Falle von Oaene
(Hyperästhesie des rechten Armes). Die bei der er-
worbenen Rückenmarksyphilis so seltene Lähmoog
sämmtlicher 4 Glieder hat man bei der angeborenen
wiederholt beobachtet, was mit der Bevorzugnsg
des Halsmarks zusammenhängt. Die Glieder sind
nicht in gleicher Stärke gelähmt, die Lähmung ist
meist eine spastische. Von Seiten des verlängerten
Markes und der Gehirnbasis treten meist eben^
Symptome hinzu: Schwindel, Ptosis, Diplopie,
Sprachstörung, Lähmung des Facialis und des
motorischen Astes des Trigeminus, Gastralgie mit
Erbrechen, Dyspnoe. Befindet sich der Sitz der
Erkrankung vorwiegend im Brust- und Lenden-
marke, so entsteht das klassische Bild der syphili-
tischen Meningomyelitis Erb's : spastische Paralyse
mit Sphinkterenlähmung, eine Form, die sich bei
Kindern schwer von spastischen Oehimlähmangea
unterscheiden lässt. Nur ein Fall von angeboreoer
Spinalsyphilis ist bis jetzt beobachtet, in dem die
Läsion auf die Cauda equina beschränkt war (von
Gilles de la Tourette): Paraplegie, Sphinktero-
plegie, Anästhesie des Perinaeum.
Die Prognose dieser syphilitischen Meningitis
spinalis ist nicht ganz ungünstig; in einigen Fällea
wurde ein Stillstand der Erscheinungen, in an-
deren Heilung beobachtet ; andere wiederum führten
zum Tode. Der schubweise, oft remittirende Ver-
lauf ist fast charakteristisch zu nennen.
Sachs, der der Syphilis des Rückenmarks bei
Kindern, der specifischen Myelitis und Meningo-
myelitis, ein besonderes Capitel widmet, schreibt:
In fast allen Fällen ist die Entwickelung der Krank-
heit eine allmähliche, die Arme und Beine (auch um-
gekehrte Reihenfolge) zeigen anfangs nur Schwäche
und erst nach und nach tritt Lähmung ein. Mandi*
mal ist die Lähmung auf der einen Seite stärker.
Sie ist häufiger spastischer Natur als atrophischer,
oft mit Schmerzen oder mit Anästhesie verbundoi;
Anästhesie und Paralyse können gekreuzt seia
(Brown-S6quard'soher Typus). Die Sehnenreflexe
sind gewöhnlich gesteigert, selten f^en sie. S.
glaubt nicht, dass der Erb'sche Typus der „syphili-
tischen Spinalparaiyse^V für alle Fälle von Rücken-
marksyphilis hinreicht, und bezeichnet als hervor-
stechendste Eigenthümlichkeit der Syphilis des
Rückenmarks die ungewöhnliche Verbreitung der
Krankheit über den grösseren Theil dee Rücken-
marks, indem oft sowohl das Cervikal- und Dorsal-
mark, als die Lendenansch wellung betroffen sind;
wichtig ist ferner die geringe Intensität der Ver-
änderungen im Vergleiche zu der grossen Aus-
dehnung des erkrankten Gebietes, wie dies durch
das Erhaltenbleiben einiger Funktionen des Rfieken-
marks bei vollständigem Verluste anderer dar-
gethan wird; drittens das schnelle Versohwindea
mancher Symptome und das hartnäckige FocV
bestehen anderer (z. B. der Anästhesie einerseili
und der Paralyse andererseits), viertens das Vor-
Bresler, Brbsyphilis und Nervensystem.
29
kommen anderer Symptome, die auf eine speci-
fiBohe Erbanknng in dem gleichen (?) oder in ent-
fernteren Theilen des centralen Nervensystems
hinwei8en(hftufigde8 Gehirns, Augen- und Pupillen-
symptome); schliesslich die oft schnell und un-
erwartete Heilung und die RQckf&lla In der Regel
nimmt das Leiden in der Pia seinen Ausgang und
schreitet von hier zum Rttckenmarke vor ; das Um-
gekehrte ist nur selten der Fall. Die Pia ist ver-
dickt nnd oft von einer gelatineartigen Substanz
bedeckt; es finden sich die charakteristischen Ver-
ioderungen der specifischen Arteriitis. Die Pia ist
mit dem Rfleken marke verwachsen und es erstreckt
sich eine cellulftre Infiltration von der Pia aus
in die Substanz des Rückenmarks. Die Seiten-
Btränge werden häufig zuerst ergriffen. Eigent-
liclie Gummibildung kann vorkommen neben der
Meningomyelitia und die Differentialdiagnose sehr
erschweren.
Kahler und Pick fanden bei einem 6monat.
linde mit Zeichen hereditärer Lues Oeftsswand-
Terdiokungen an einer umschriebenen Stelle des
Bfickenmarks.
Lanoereaux (bei Soltmann p. 266) be-
obachtete bei hereditärer Syphilis Sklerose des
Rückenmarks.
Eine syphilitische Frau gebar im 6. Monate der
Schwangerschaft Zwillinge, die 3 Tage am Leben blieben.
Bei dem einen Kinde zeigte die Sektion Tamoren in der
Leber, bei dem anderen war die Medalla hart, verkleinert,
das Gewebe fast von fibröser Beschaffenheit, die Farbe
n»&gnn. Nervenfasern und Nervenzellen waren im Ge-
vebe niigends zu entdecken.
Sibelius fand in den Spinalganglien von
^eogeborenen mit hereditärer Syphilis atypische,
defonnirte Ganglienzellen und vermuthet, dass
diese Yerändening durch die Wirkung des Syphilis-
texins entstanden, und zwar als eine Entwicke-
Inngshemmung aufzufassen ist, da er diese Art von
Ganglienzellen auch bei normten, noch nicht aus-
getragenen Früchten, theilweise augh bei normalen
zugetragenen fand.
Tabes dorsalis hei Kindern,
Die Literatur der infantilen Tabes bei Be-
tthrmbung eines selbstbeobachteten Falles sichtend,
^t L V. Dydyftski auch der Syphilis here-
ditaria seine Aufmerksamkeit zugewendet Die
Zahl der bis dahin beobachteten Erkrankungen an
Tabes im Eindeealter schmilzt unter seiner Sich-
tuig allerdings sehr zusammen, da er von den
damals beschriebenen nur die FUe von Remak,
Strümpell, Hendel undBloch,imQanzen6,
den seinigen eingerechnet also 7, als echte Tabes
9Blten Ifisst, wflhrenderdie übrigen (Leubuscher,
'reyer, Jakubowitsch u. A.) als zur Fried-
nich'schen Ataxie gehörig vermuthet. Jene 6 Fälle
Wen in der That unzweifelhaft solche von Tabes;
iMsonders auf fallend war in allen die frühzeitige Be-
theiligung der Harnblase unter Incontinentia urinae
VBd die Sehnervenabrophie, letztere in Bemak's
F&llen und in denjenigen StrümpelPs und
Mendel 's. Die Ataxie trat erst spftter und in
verhältnissmftssig geringem Grade auf, im Gegen-
satze zur Friedreich 'scheu Krankheit. In der Aetio-
logie aller 7 Fälle herrscht die hereditäre Syphilis.
Remak's Fälle: I. 12jähr. Mädchen. Vater luetisch.
Matter abortirte4mal, dann starben 3 Kinder im 1. Lebens-
jahre, von 3 lebenden ist die Kr. das filteste. Beginn der
Krankheit im 9. Jahre.
n. 14jtthr. Knabe. Beim Vater Verdacht anf Lues,
der seine Bestfltigang fand, darin, dass von 5 Kindern
das 1. mit Ausschlag zur Welt kam, das 2. bald nach der
Geburt starb, das 4. todt geboren wurde. Beginn des
Leidens vor einigen Jahren.
III. 16jähr. Knabe. Beginn des Leidens mit dem
13. Jahre. Vater syphilitisch und tabetisoh.
M e n d e l 's Fall : 21 jähr. Jüngling, seit dem 11. Jahre
Abschwächnng der Sehkraft bis zur Erblindung. Vater
syphilitisch. Der Kr. hatte bald nach der Gebart einen
Ausschlag, der unter Sublimatbädem schwand.
Strümpell *8 Fall: 13jähr. Mädchen, seit dem
11. Jahre an pro^essiver Paralyse nnd zugleich Tabes
leidend (reflektorische Pnpillenstarre). Vater syphili-
tisch.
B 1 0 0 h *8 Fall : 13jähr. Knabe, schon seit dem 5. Jahre
Pupillendifferenz, mit 12 Jahren Krämpfe. Vater syphili-
tisch, paralytisch.
V. DydyAski's Fall: 8jähr. Knabe. Beginn der
Tabes mit 5 Jahren. Vater syphilitisch ; Matter abortirte
5mal (im 2., 4., 5., 7. andS. Monate der Schwangerschaft);
die Kr. ist das 1. Kind nach den Aborten; die 3 folgenden
Kinder leben und sind gesund. Vater jetzt im Anfange
der Tabes stehend.
An diese Fälle schliessen sich diejenigen der
hereditär-syphilitischen Spättabes an, wie sie von
Qowers, Fournier u. A. bei Personen im Alter
vom 15. bis zum 20. Lebensjahre unter Constati-
rung des Vorhandenseins ererbter Lues beobachtet
wurden.
Da die Abgrenzung der Friedreich'schen Ataxie
von der Tabes dorsalis der Kinder eine schwierige,
jedenfalls keine sichere ist, so scheint es nicht
wunderbar, wenn die Autoren bei der Aufzählung
der Fälle zu verschiedenen Resultaten kommen.
So hatte Hildebrandt, obgleich ebenfalls unter
genauer Trennung beider Krankheiten, bereits im
Jahre 1892 10 Fälle von infantiler Tabes dorsalis
zusammengestellt, nämlich 1 Fall von Qombault
und Mallet, 3 Fälle von Freyer, 2 Fälle von
Remak, 1 Fall von Strümpell, 2 Fälle von
Kellog und 1 Fall von ihm selbst in Mendel's
Poliklinik beobachtet. Bei diesen 10 Fällen war
der früheste Termin des Beginns der Erkrankung
das 6., der späteste das 14.1iebensjahr. Immerhin
sind nach Angabe H.'s wegen ungenügender Be-
obachtung die K e 1 1 0 g 'scheu Fälle nicht verwerth-
bar; die Frey er 'sehen Fälle gehören zwar einer
Familie an, der deshalb ganz besonders nahe
liegende Verdacht auf Lues Hess sich aber nicht
erhärten, wenn auch andere Qeschwister sehr früh
an Ausschlägen zu Qrunde gingen. In den 2 Fällen
von Remak und dem einen von Strümpell
lernten wir die congenitale Lues schon oben kennen.
In dem Falle von Qombault und Mallet, dem
einzigen mit genauem Sektionbefunde, wird von
30
B r e 8 1 e r , Erbsyphilis und Nervensystem.
den Beobachtern leider nur von einer „hereditären
Belastung'^ gesprochen. Sicher ist der Fall wiederum
deshalb nicht, weil eine Atrophie der grauen Sub-
stanz vorhanden war neben der Hinterstrang-
erkrankung. Endlich bezüglich der Aetiologie des
von ihm selbst beobachteten Falles sagt Hilde-
brandt, dass Tabes so gut wie sicher ausge-
schlossen war. Das Leiden begann hier (bei einem
21jähr. Mädchen) im 9. Lebensjahre, angeblich
nach einem Falle auf den Hinterkopf, mit schiessen-
den Schmerzen in Armen und Beinen, Blasen-
Btörungen, wozu im 12. Jahre eine bis zum 14.
complet werdende Opticusatrophie sich gesellte,
später Pupillenstarre, Ataxie der Arme und Beine,
Bomberg'sches und Westphal'sches Phänomen,
Parese der Abducentes. Schwäche der Glieder.
Herabsetzung der Sensibilität. Die meisten der
ca. 30 in der Literatur damals schon vorhandenen
Fälle von infantiler Tabes glaubt erzurFriedreich'-
schen Ataxie rechnen zu müssen.
V. Rad beobachtete eben falls Tabes dorsalis bei
2 Kindern. In beiden Fällen lag Lues des Vaters
vor, im 2. litt ausserdem die Mutter an Lues
cerebri.
Es handelte sich im I.Falle am ein 11 jähr. Mädchen
mit Optioasatrophie^ Papillonstarre, concentrischer Oe-
ßichtsfeldeinschränkang , Störung der Farbenperception,
Westphal'schem und Romberg'schem Phänomen, Hyp-
ästhesie und Hypalgesie an den Beinen, deutlicher Ataxie
der Arme und Beine, lancinirenden Schmerzen und Par-
ästhesien der Beine. Blasenfunktion ungestört. Rhagaden
um den Mund und schmerzlose Schwellung der Lymph-
drüsen. Das Leiden begann im 10. Lebensjahre.
Der 2. Fall betraf einen 9jähr. Knaben ; bei ihm be-
gann das Leiden mit Erschwerung des Urinlassens und
Incontinenz. Es fanden sich leicht differente, etwas
träge reagirende Pupillen, normaler Augenhintergrund.
Westpbal'sches und Romberg'sches Phänomen, keine be-
sondere Ataxie. Hypästhesie und Hypalgesie an den
Beinen, sowie eine gürtelförmige bypästhetische Zone um
den Thorax.
W i 1 m s demonstrirte im Mai 1900 in der med. Ge-
sellschaft zu Leipzig einen 25jähr. Mann, der schon seit
dem 18. Lebensjahre unsicheren Gang an sich bemerkt
hatte. Mit 23 Jahren leichte Knieverletzung, die zu
einer schweren Zerstörung führte. Gelenkflächen zer-
stört, Enochenwucherung und Neubildung. Ataxie, Rom-
berg'sches Phänomen, Fehlen der Patellareflexe, herab-
gesetzte Schmerzempfindung an den Beinen waren vor-
handen. Die 3 älteren Geschwister des Mannes waren
bald nach der Geburt gestorben, sie waren mit Hautaus-
schlag behaftet gewesen. Der Pat. und seine jüngere
Schwester zeigten Maculae corneae. Der Vater war an
den Folgen eines grossen Geschwüres an der Brust ge-
storben.
Neuerdings hat Nonne 2 Fälle von Tabes
auf hereditär-luetischer Grundlage bei einem 32jähr.
Manne (Beginn mit 30 Jahren) und einem SOjähr.
(Beginn mit 26 Jahren) beobachtet..
Ersterer war als Kind im Altonaer Erankenbause an
schwerer hereditärer Lues behandelt worden und hatte
sich später zu einem leidlich kräftigen Manne entwickelt.
Keine syphilitische Infektion, kein Potus. Seit 2 Jahren
lancinirende Schmerzen in den Beinen, seit einigen
Monaten Ataxie, Argyll-Etobertson'sches Symptom, keine
Patellareflexe, statische und lokomotorische Ataxie, hyp-
algische Zonen am Rücken und an den Füssen, Hypo-
tonie. Unter Qaeoksilber-, Jodkar und F r ä n k e 1 'scher
Uebungstherapie Besserung der Ataxie, so dass der Kr.
nach ca. 2 Monaten seine Arbeit wieder aufnahm.
Interessant ist eine Mittheilung Goldflam's,
wonach ein sehr wahrscheinlich syphilitischer
tabisoher Vater unter seinen 10 Kindern 1 mit
Tabes, 1 mit spinaler Kinderlähmung, 1 mit an-
geborenem Schielen und 2 mit nervösen Magen-
leiden hatte.
Die letzterschienene Zusammenstellung der bis-
her beschriebenen Fälle von infantiler und juveniler
Tabes stammt aus der Feder Marburg 's (KU-
nische Beiträge zur Neurologie des Auges. Wien,
klin. Wchnschr. XVI. 47. 1903). War es schon
den ersten Beobachtern juveniler Tabes aufgefallen,
dass die Patienten zuerst den Augenarzt aufsucht^,
so verdankt auch M. die Kenntniss seines Falles
einer durch beginnende Opticusatrophie bedingten
zunehmenden Sehschwache. (Es handelte sich dabei
um extragenitale Infektion eines lOjähr. Knaben,
nämlich durch die Amme.) Seine Zusammeostd-
lung umfasst 34 Fälle. Danach ist Eulenburg
der Erste gewesen, der einen Fall von infantiler
Tabes beobachtete (Lehrbuch d. Nervenkrankh. IL
p. 459. 1877). Das Ergebniss der M.'sohen Sta-
tistik ist folgendes: 19 weibliche, 15 männliche
Kranke, also im Verhältniss 4:3; bei Erwachsenen
bekanntlich weibliche zu männlichen Tabikem wie
1 : 10 bei reicheren Patienten, 1 :2.7 bei ärmeren
(Mendel). Erklärung dieser Verschiebung in der
Jugend durch Nochnichtvorhandensein ätiologischer
Httlfsursachen beim männlichen Geschlechte (Alko-
holismus). In 22 Fällen war die hereditäre Loes
erwiesen oder so wahrscheinlich, dass sie als er-
wiesen zu betrachten ist, in 4 Fällen war erwoi^
bene Syphilis vorangegangen. Nur in 2 Fällen
kann Lues mit grosser Sicherheit aasgeschlossoi
werden. In einem Falle von hereditärer Lues
(Babinsky 1902) war der Vator Tabiker^ in
einem Falle, wo solche nicht bekannt war, war
der Vater paralyseverdächtig (Halban'a 3. Fall),
in einem Falle von Crohn (Lues im 1. Jahre
acquirirt) war der Vater Paralytiker. In einzelnen
Fällen bestanden nach einander zahlreiche Kinder- 1
krankheiten. Der jfingste Patient (beim BeginM
der Tabes) ist der von Didy Aski mit 6 JahreOiil
Lancinirende oder rheumatoide Schmerzen ii
2 1 Fällen, Parästhesien weit seltener, in 4 FÜk
Qürtelgefühl, in 5 initiale Kopfschmeraen, in
Sensibilitätstörungen, in 7 Störung der Schmerzlel-
tung, in einigen neueren Fällen das BiematxkiV
Symptom. Lichtstarre der Pupillen in 25 FiUi
1 mal sehr träge Reaktion, 2mal fehlen die Angal
also war in 8 Fällen dieses Symptom nicht ▼<
banden. In 13 Pupillenungleiohheit, in 3 St
der Accommodationreaktion , im grossen Oani
bezüglich der Pnpillenerscheinungen dasselbe
centverhältniss wie bei den erwachsenen Tabiki
Kniereflexe fehlten in 27 Fällen, waren 4mal
mal, Imal fast fehlend, Imal lebhaft, Romi
sches Phänomen in ca. 23 Fällen, Ataxie in
Bresler, Efbsyphilis und Nervensystem.
31
(bei Erwachsenen ca. 66^/0). Opticusatrophie und
Ataxie kommen bei der kindlichen Tabes neben
einander vor. In 12 Fällen totale Opticusatrophie
oder beginnende Abblassung der Papillen, sie stellt
sich hftafig frühzeitig oder initial ein ; Häufigkeit :
mkr als m Drittel der Fäüe (bei Erwachsenen nur
ca. 20%)> welchen Umstand M. dadurch erklärt
findet, dass hereditäre Lues gerade von Seite des
Auges vielfach Erscheinungen hervorruft (Lang
and Wood [OphthalmoL Hosp. XIL 4] fanden
bei Keratitis parenchymatosa in lO^/o der Fälle
fehlenden, in 30<^/f herabgesetzten Patellarreflex).
In einzelnen' Fällen sind AugenmuskelstOrungen
angefahrt (Rem ak: Hereditäre Lues, Atrophia N.
opt, Ptosis, Doppeltsehen; Wilson: Lues nicht
erwiesen, Strabismus ; Hudovernig: hereditäre
Lues, Ptosis, Atrophia N. opt, partielle Trigeminus-
lähmung; Berbez: hereditäre Lues, Miosis, Diplo-
pie). BlasenstOrungen 20mal (bei Erwachsenen
60— 80*/i), darunter 7mal initial. Incontinenz,
nur vereinzelt Retention. Krisen : 3mal gastrische,
3mal Larynx-, 2 mal Herz-, Imal Blasen krisen
(fliofigkeit ungefähr wie bei Erwachsenen), in
3 Fällen trophische Störungen. Die kindliche und
jorenile Tabes verläuft milder und langsamer als
die der Erwachsenen.
Friedreieh'sehe Ataxie.
Oppenheim sagt in seinem Lehrbuche: „Auf
dem Boden der hereditären Lues können sich
Knnkheitbilder entwickeln, die der Friedreich'schen
Krankheit nahe verwandt sind. Ich habe Fälle
dieser Art gesehen, in denen die Unterscheidung
sine unsichere war. Indessen geben die akute
oder schubweise Entstehung des Leidens, das aus-
gesprochene Remittiren der Symptome, die Häufig-
keit der Opticus- und Augenmuskelnervaffektionen,
die spastischen Störungen, die apoplektiformen
lud epileptiformen Anfälle u. s. w. gewöhnlich eine
•ichere Handhabe für die Unterscheidung der Lues
o^brospinalis von der hereditären Ataxie.^^
Bajet beobachtete familiale Friedreich'sohe Ataxie
kä 4 Oeschwistern im Alter von 9 — 17 Jahren. Die
Mitter hatte zahlreiche Aborte gehabt, an den Kindern
Ntiist fiinden sich sichere Symptome von Syphilis (selbst
^eerireode Gummata). Gleichwohl wollten die filtern
voo einer Infektioa nichts wissen. Bei einem der Kinder
*v die Ataxie aUerdings nur angedeutet, die Patella-
t^Bflexe waren bei ihm vorhanden.
äEalischer ist der Ansicht, dass die Er-
Kkeinungen derTabee im Eindesalter fast stetsauf
Mrebrospinalen syphilitischen Processen (Pseudo-
itbes syphilitica, Meningitis spinalis syphilitica,
isBOBders die hinteren Rückenmarkswurzeln er-
tnifend, gummöse Infiltration der Hinterstränge
iBd eine die Hinterstrangsgegend besonders be-
Ntoide Arteriitis neben psychischen und oere-
talen Symptomen) beruhen oder es sich um eine
lUsdrmch'sche Ataxie handelt und dass die wenigen
pe klinisch festgestellter Tabes im Kindes- und
tgendalter in jedem Falle mit Syphilis der Eltern
im Zusammenhange stehen. Die echte Friedreich'-
sehe Ataxie scheine keinerlei Beziehungen zur Lues
zu haben.
E. beschreibt folgende beiden Fälle von here-
ditär-luetischer Cerebrospinalerkrankung, die eine
Tabes vortäuschten.
I. „Der Öjähr. Knabe stammt von einem Vater ab,
der Kellner ist, 1883 Lues acquirirte und im Jahre 1884
wegen syphilitischer Halsentzündung eine Schmierkur
durchmachte. Die Mutter hatte 3mal fohlgeboren und
3 Kinder ausgetragen, von denen 2 ganz jung starben.
Der überlebende Knabe, ein Achtmonatskind, hatte 1 Jahr
lang nach der Geburt eine gonorrhoische Augenentzün-
dung mit Eiterung und litt schon in den ersten Wochen
an Halsdrüsenvereitening. Er entwickelte sich sonst leid-
lich gut und lernte im zweiten Ijobcnsjahre sprechen, im
dritten gehen. Nie traten Hautausschläge, Schleimhaut-
oder Knochenaffektionen bei ihm auf, und fehlten Kopf-
schmerzen, Schwindel, Convulsionen u. dergl. In den
letzten Jahren blieb er jedoch in seiner geistigen Ent-
wickelung erheblich zurück; er spielt nicht mehr mit
anderen Kindern, isst nicht allein, sitzt stundenlang stumpf
da, oder er hat Zeiten der Unruhe, in denen er alles an-
fasst, beständig Fragen stellt oder alles nachspricht, was
er hört. Sein Alter weiss er nicht anzugeben und in Allem
zeigt er eher einen geistigen Stillstand und Rückgang als
Fortschritt, so dass er die Stufe eines 3 — 4jähr. Kindes
nunmehr einnimmt. — Gegenwärtig (Ende 1896) besteht
an beiden Augen ein Leucoma adhaerens, das rechts fast
die ganze Iris einninunt, während links nur eine kleine,
stecknadelkopfgrosse Stelle der Iris am inneren Rande
verwachsen ist. Die äussere Hälfte der weiten Pupille
ist frei beweglich, erweitert sich gut auf Atropineinträu-
felung und zeigt bei Lichteinfall gar keine Reaktion.
(Reflektonsche Pupillenstarre.) Die Pupille links erscheint
grau und in der Peripherie finden sich zahlreiche kleine
helle, weisse und schwarze, eckige Herde. (Chorioretinitis
specifica und wahrscheinlich auch Sehnerven atrophio,
Dr. G i n s b e r g.) Die Sehkraft ist erheblich herabgesetzt,
und bringt der Knabe, sobald er fixiren will, die Gegen-
stände dicht an das Unke Auge ; mit dem rechten sieht er
fast gar nicht. Gehör, Geruch, Geschmack sind gut,
ebenso wie die Funktion der Himnerven (Facialis, Oculo-
motorius, Ti-igeminus, Hypoglossus). Die Sprache klingt
etwas gehackt und infantil, doch nicht scandirend. Die
Zähne zeigen glatte Schnittflächen, und die oberen Milch-
schneidezähne sind an den Flächen abgekaut, verfärbt
und cariös, die Eckzähne haben geringe Erosionen, und die
unteren eben durchgebrochenen permanenten Schneide-
zähne normale dreizackige Flächen. Am Schädel springen
die Tubera frontalia stark hervor, und die grosse Fonta-
nellengegend ist vertieft, die Obei-schenkel sind ver-
krümmt (abgelaufene Rhachitis). Eine Narbe über dem
linken Schienbein rührt von einer Verbrennung her;
anderweitige Narben fehlen, ebenso wie Knochenauftrei-
biingen oder Schwellungen von Milz, Leber, Drüsen ; nur
rechts vom am Nacken finden sich kleine Drüsen. Bei
der Bewegung zeigt der Knabe eine gi'osse Ungeschick-
lichkeit ohne ausgeprägte Ataxie der Extremitäten ; der
Gang ist etwas unsicher und schwankend, und bei Augon-
schluss tritt geringes Wanken auf. — Die Hände zeigen
eine gewisse Unruhe, ohne dass die Bewegungen einen
choreiformen oder athetoiden Charakter annehmen. Es
fehlen Spasmen, wie LÄhmungen, Atrophien oderContmk-
turen an den Extremitäten. An dem Kopf tritt zuweilen
beim Fixiren eine schiefe Haltung auf, die wohl auf die
hochgradige Sehstorung zurückzuführen ist; mit dieser
hängen wohl auch die beim Fixiren zuweilen auftretenden
nystagmus-artigen Zuckungen der Augen zusammen. Die
Patellarreflexe fehlten dauernd und waren auch bei Ab-
lenkung der Aufmerksamkeit und der Willensintention
nicht zu erzielen ; ebenso fehlten stets Sclmierzen und Sen-
sibilitätsstörungen. — In den nächsten Monaten (November
32
Bresler, Erbsyphiliö und Nervensystem.
December 1896) wurde eine Schmierkur (Einreibung
von 60 g Unguent. einer.) und danach der Jodkalium-
gebi*auch eingeleitet, doch ohne jeden Erfolg. Vielmehr
trat bald eine Blasenlähmimg hinzu und es zeigte sich
beständiges Urin träufeln. In der geistigen Entwickelung
trat ein Rückgang ein ; der Knabe lernte nichts mehr zu,
er singt nicht mehr Lieder, die er früher auswendig
konnte, zählte nicht mehr so weit, wie früher und wurde
immer kindischer und stumpfer. Es wechselten bei ihm
Tage, an denen er völlig apathisch blieb. Auch dleBlasen-
la^ung, resp. dasHamträufeln trat nicht immer in glei-
chem Grade, wenn auch anhaltend, auf. Dazu trat eine
auffallende Abmagerung. Die Symptome von Seiten des
Rückenmarkes bheben bis zum Juh 1897 ziemlich unver-
ändert.*
n. „Die 7 — 8jähr. Tochter, das einzige Kind der
ebenfalls an Lues cerebrospinalis leidenden Mutter, war
mit syphilitischem Hautausschlag geboren worden; sie
lernte mit l>/i J- laufen und erst mit 4 J. sprechen, und
1895 machte sie wegen eines Augenleidens zweimal
Schmierkui"en durch, doch ohne jeden Erfolg. Nie waren
Krämpfe, Schwindel oder erhebliche Kopfschmerzen auf-
getreten. Die geistige Entwickelung war anfangs massig,
um seit 1894 erheblich nachzulassen, Januar 1896 wusste
sie ihr Alter kaum anzugeben, hatte alles wieder ver-
gessen, was sie in dem halben Jahre ihres Schulbesuches
mühsam erworben hatte; während sie früher bis 20 zählen
konnte, bringt sie es jetzt kaum bis 10. Die Pupillen
waren weit und starr auf Lichteinfall, die Patellarreflexe
waren abgeschwächt. Es fehlten Lähmungen von Seiten
der HirmieiTeu, Stönmgen der Sensibilität, der Sphink-
teren, der Sprache, Ataxie, Gürtelgefühl, Romberg'sches
Phänomen u. s. w. Eine erneute Untersuchung nach
1 J. (Januar 1897) ergab einen weiteren Rückgang der
geistigen Fähigkeiten (progressive Demenz). Die 2 J. des
Schulbesuchs waren völlig erfolglos, das Gedächtniss
wurde immer schwächer und kürzer. Gegen Morgen imd
Nachts traten öfter Kopfschmerzen auf ; der Urin musste
sehr häußg gelassen werden, und auch spontaner Abfluss
desselben kam wiederholt vor. Die Zähne zeigten nur
die noimalen Zacken der neuen pennanenten Schneide-
zahne und einige Erosionen, jedoch nichts, was auf Syphilis
hinwies, und dasselbe war der Fall am Knochen-Drüsen -
System, an Schleimhäuten, Leber, Milz. Die Pupillen
waren weit und ein wenig different (linke > rechte) und
völlig starr auf Lichteinfall, wie beiConvergenzbewegung,
Beide NN. optici waren ati-ophisch, die Papillen blass und
verwaschen, die Gefässe nicht besonders eng. Am hin-
teren Bulbusabsclmitt, besonders in der Nähe der recht-
seitigen Papille, fanden sich hellröthliche chorioditischo
Herde und unregelmässige Pigmentalterationen; links
wai'en zahllose kleine weisse und schwarze Herde im hin-
teren Bulbusabschnitt sichtbar ; in der rechten Hornhaut
konnte man tiefliegende Gefässe und feine Glaskörper-
tmbungen wahmelunen. (Dr. G i n s b e r g.) Der Patellar-
reflex fehlte links völüg und war rechts nur mit den be-
kaimten Hülfsmitteln zu erzielen. Andere Symptome,
speciell der Tabes fehlen.*
J. üoffmann beschrieb im J. 1894 folgenden
Fall von heredo-syphilitischer
spastischer Spinalparalyse,
Vater nach Angabe der Mutter syphilitisch; deren
l)eide erste Schwangerschaften abortiv im 6. Monat;
das 3. Kind hatte Hautausschlag und starb mit 14 Tagen
(Behandlung Sublimatbäder). Eine jüngere Schwester des
unten beschriebenen Kranken wurde wegen eines Augen-
leidens operirt. Ijetzterer hatte in den ersten Lebens-
monaten einen Hautausschlag und bekam Giftbäder;
später hatte er Drüsenschwellungen ; kam in der Schule
schlecht fort. Mit 1 2 Jahren allmähliche Steifheit in den
Beinen, reissende Schmerzen in beiden Fussrücken nach
längerem Gehen; Ameisenlaufen in beiden Fusssohlen.
Mit 13 Jahren Lesen einige Monate erschwert; durch
Augentropfen Besserung. Ob Doppeltsehcn vorhanden
gewesen war, blieb unsicher. Status praesens : Exquisit
spastischer (>ang. Die im Kniegelenk sich so gat m
nicht beugenden Beine werden nachgezogen, l^um auf
den Zehen stehen, schlechter auf den Fersen. Beim
Liegen Bewegungen in den Gelenken der Beine langsam
und mühsam. Starke Muskelspannungen bei normaler
motorischer Kraft ; keine Ataxie, nur leichte Unsicheriieit
in Folge der Muskelspannungen. PatellaiTefiex lebhaft,
Fussclonus beiderseits. Sensibilität nicht gestört Pbuitar-
reflexe herabgesetzt, Hodenreflexe leichter auszulösen,
Bauchreflexe lebhaft. An den Armen gesteigerte Sehnen-
reflexe, gelinge Steifigkeit. Stimhöcker stark vorgewölbt
desgleichen der ScheitelbeinhÖcker. Umfang des Kopfes
56.5 cm. Narbe am ' rechten Mundwinkel ; am Halse
Lymphdrüsenschwellung und Narben. linke PuDÜle
grösser als rechte. Beiderseits reflektorische PapilleD-
starre, Mydriasis, keine Reaktion bei Conveigenzstellung
der Bulbi, starke Accommodationparese. Sonst keine
AugenstÖnmgen. Augenhintergrund normal. Der Knabe
ist für sein Alter zu klein. Quecksilber und Jodkaliiiin
ohne Erfolg. — Geistig massig beschränkt; leicht gereizt
Innerhalb der nächsten l>/t Jahre, während der das Kind
beobachtet werden konnte, keine wesentliche Verände-
rung. — Es handle sich bei diesem ganz sicher hereditü"-
syphilitischen Kinde theils um eine Entwickelungshemmnng
im Gehirn, theils um einen aktiven KrankheitpioceäS
meta- oder parasyphilitischer degenerativer Natur im
Rückenmarke und verlängerten Mark. — H. unterscheidet
diesen Fall von der Uttle'sohen Ki*ankheit, weil die Er-
scheinungen nicht angeboren waren und weil sich eine,
ein Jahrzehnt lang normale Motilität der Beine nüt einem
angeborenen Entwickelungsmangel der Pyramidenbahnen
nicht vereinbaren lässt. H. eiinnert an den Fall Min -
k 0 w R k i 's und an die hereditäre spastische Spinalpara-
lyse StrümpelTs und stellt seinen Fall in Parallele zu
den noch selten im Kindesalter beobachteten fallen von
Tabes dorsalis.
Friedmann beschrieb auf Grund zweier
Fälle eine bei hereditärer Syphilis entstandene, der
Erbrachen Form der syphilitischen Spinalparaljae
Erwachsener verwandte Krankheit; er glanbt, dass
die die correspondirende Form bei Kindern dar-
stellende spastische Spinalparalyse eine einhetk-
liehe und typische pathologisch-anatomieohe Oroad-
läge im Bfiokenmarke besitzt Diese Form eoU ffich
von der sogen, oongenitalen spastischen Paraplegi«
unterscheiden und sich klinisch durch volist&adtg^
Heilbarkeit, Neigung zu Recidiven und durch di<
Abwesenheit aller Oehirnsymptome auszeichnen.
Sein 1. Fall betraf einen 10 Jahre alten Knaben
dessen eine Schwester ein verdächtiges Zungengedchvüj
hatte, dessen andere an Krämpfen und Schwachsixin liü
Der Knabe hatte 3 AnMle von spastischer Lähmang da
Beine mit Blasenschwäche (mit l>/t Jahren, mit 7^ bei
10 Jahren) durchgemacht.
Im anderen Falle handelte es sich um einen 5jilu
Knaben. Die Mutter hatte vor diesem Knaben eine
Abortus durchgemacht. Im Alter von 4 Wochen hatt
der Knabe einen den ganzen Körper bedeckenden, er
vesikulären, später ulcerirenden Ausschlag, der s<£!Bei
lieh durch Abschuppung schwand. Normale Entwi^
lang. Es entwickelte sich mit 3 Monaten, im 2. iq
4. Jahre eine Lahmung, und zwar betraf der 1. Ai^j
sämmtliche GHeder ; Genesungnach 1 Jahre ; der 2. d(
linken Arm; Heilung nach 6 Wochen; der 3. die beidl
Beine (spastische Lahmung) und die Harnblase (Eksehw
nmg des Urinlassens). Die Arme waren bei diesem Jk
fall frei. Besserung nach Imonatiger antisyphilitisiGl
Kur. Die Sensibilität war ganz normal; die Reflexe
etwas gesteigert
Bresler, Brbsyphilis und Nervensystem.
33
Sachs reiht diesen Fällen einen ähnlichen
Fill an.
Ein 6 Jahre altes Mädchen, das bis zum 5. Jahre
ganz gesund gewesen war, erkrankte an einer eigenthwm-
lichen St^'ifiieit der Beine ; es blieb auch in dor geistigen
Entwickelung etwas zumck. Die Untereuchung ergab
eine siMstisch-paralytische Gangart ; spastische Paraplegie
der Beine, auf der linken Seite bedeutender; linker Arm
in leichtem Gi-ade paretisch und rigid. Patellarreflexe
beiderseits gesteigert ; Reflexe des Triceps und des Hand-
gelenks links lebhaft. Pupillen ungleich, reagiren träge,
hez. gar nicht, auf Licht. Sensibilitilt intakt. Die Mutt^^r
hattt» 2 Aborte gehabt, 8 Kinder waren in frühem Alter
gestorben. Sie litt selbst an Tabes.
Lnzen berger, der die spasHsehe Spinal-
fNira/yM bei zwei Brüdern beobachtet hat, deren
fltern wahrscheinlich an Syphilis litten, beobachtete
bei diesem Leiden ein langsames Fortschreiten.
h spricht sich direkt fflr die metasyphilitische
Natur des Leidens aus.
Mendel (1895) hat bei einem 35 Jahre alten gebil-
deten Manne, der angab, dass seine Mutter bei der C/on-
oeption, der er sein Leben verdankte, syphilitisch inficirt
wurde, das vollständige Krankheitbild der Erb 'scheu
(1892) sjfpküiiisehen SpinalparcUyse beobachtet. Der
Pat., der erst sehr gut hatte gehen lernen, wui-de im
6. Lebensjahre unsicher auf den Beinen ; diese Unsicher-
heit entwickelte sich unter zeitweisen Stillständen und
Nacbschüben der Krankheit so sehr, dass er (mit 35 J.)
DQT kürzere Strecken machen konnte und leicht ermüdete.
Keine Muskelatrophie. Gang spastisch. Starke Patellar-
reflexe; beiderseits Fussclonus; Abstiimpfimg des Be-
nihrungsgefuhls bei nicht alterirtem Schmerz- und Tem-
peraturgefühl. Gewisse Dysurie, keine Incontinenz.
hieuz vorhanden, jedoch schwach. Pupillen, Him-
n*T?en, Arme normal. Antisyphilitische Kui*eu ohne
Erfolg.
Nonne (p. 409) theilt folgenden Fall mit.
Eb 7jähr. Mädchen, im 7. Monate lebensschwach
pboreo, wurde mit grosser Mühe am Leben erhalten,
uiieb sehr schwächlich, lernte spät sprechen, zahnte spät
und schlecht, wurde spät reinlich. Lernte das Gehen
DHrlit; spastische Parese der Beine. Behandlung mit
Wpsverbänden ohne Erfolg. Imbeciller Eindruck ; leich-
terStrabismus convergens sinister. Schädel leicht mikro-
cephal, Zahne stark cariös und abnonn gestellt. Keine
SeaabUität- und Sphinkterenstörungen. Sprache normal.
Ölfische syphilitische Stigmata fohlten. Der Vater
we 3 Jahre vor der Verheirathung einen harten Schan-
ker gehabt, der niit „Quecksilber innerlich* geheilt wor-
deo irar.
Multiple Neuritis.
Sachs rechnet (p. 199) zu den Ursachen der
DQltiplen Neuritis bei Kindern auch Syphilis.
Nonne (p. 377) berichtet über Polyneuritis acuta
^ einer „wahrscheinlich hereditär-syphilitischen"
Kranken.
20 Jahre alt, Hymen intakt, keine Spur extragenitaler
lofektion, eingesunkener Nasenrücken seit dem 1. Lebens-
jihr; anstelle der Uvula eine strahlige, schräg von rechts
üch links verlauf ende Narbe; eine ebensolche an der
biglöttis, starke Verdickung und Trübung der Stimm-
poder; Heiserkeit seit dem 10. Jahre. 5. Kind ihrer
Bfcem, die 4 Geschwister vorher waren in den ersten
Lebenswochen an Lebensschwäche zu Grunde gegangen.
h war plötzlich unter Paritethesien in Oberschenkeln,
lääBeii nnd Händen von einem Schwächezustand der
pniie befallen worden, der in 3 Tagen so zunahm, dass
ife Kr. sich nicht auf den Beinen halten konnte ; dabei
lieiDlidL heftige reissende Schmerzen; auch die Hände
Med, Jahrbb. Bd. 282. Hft. 1.
und Arme wurden unter Parästhesien etwas schwächer.
Leichte Hj^pästhesien an Vorderarmen, Händen, Unter-
schenkeln, Füssen. Hirnnenen, Augenhintergrund nor-
mal, ürinentleerung etwas erschwoi-t. Nerven und
Muskeln auf Druck empfindlich. Sehnen- und Poriost-
refle^e nicht auszulösen. Elektrische Erregbarkeit für
beide Stromesarten herabgesetzt. Andeutung von Ent-
artungsreaktion an Medianus, Ulnaris, Peronaeus. I leilung
innerhalb 4 Woclien unter (^uecksilber-Jodkur.
Auch bei der Land ry 'sehen , d. h. der auf-
steigenden Lähmung, die im Eindesalter ausser-
ordentlich selten ist, wird nach Sachs von man-
chen Autoren angenommen, dass gelegentlich
Syphilis die Ursache sei ; einen Beleg konnte ich
jedoch daffir nicht finden.
Netzhautent Zündung,
Von der Neizhautentzündung hei angeborener
Lues hat J. Hirsch borg 1895 eine bemerkens-
werthe Darstellung gegeben. In den von ihm an
dieser Stelle mitgetheilten 6 typischen Fällen von
hereditär-syphilitischer NetzhautentzQndung begann
die Krankheit im Alter von 5 — 18 Monaten, in 5
zwischen dem 5. und 8. Monate ; dieser frühe Be-
ginn ist nach H. sowohl wichtig als beweiskräftig.
Solche Kinder werden meist nur aus dem Grunde
zum Arzt gebracht, weil sie den Kopf schief halten
oder schielen ; es muss dann eine genaue Augen-
spiegeluntersuchung unter Pupillenerweiterung
stattfinden. Leichter ist das Leiden zu entdecken,
wenn wie oft zugleich mit Netz- und Aderhaut die
Regenbogenhaut von Entzündung befallen wird
(rosiger Qefasskranz rings um die Hornhaut, zarte
Unregelmässigkeiten am Pupillenrande). Jede
scheinbar selbständige Regenbogenhautentzündung
bei ganz kleinen Kindern, immerhin ein seltener
Befund, ist als Ausdruck der angeborenen Lues zu
betrachten und regelmässig mit Veränderungen des
Augengrundes vergesellschaftet (Chorioiditis und
Retinitis, meist auch mit Betheiligung des Qlas-
kürpers und des Sehnerven). Die mit der diffusen
Hornhautentzündung verbundene Retinitis ist häu-
figer als die selbständige; die Retinitis geht häufig
der Hornhautentzündung voraus (bei einseitiger,
bez. beginnender Hornhautentzündung feststellbar).
„Im Anfiang ist entschieden der Sehnerv-Eintritt
und die Netzhaut um denselben getrübt. Blutungen
und bläuliche Flecke sind selten und vorübergehend.
Sehr rasch treten helle Stippchen im ganzen Augen-
grund auf, die im Laufe der Zeit an Zahl und
Orüsse zunehmen und schliesslich auch feine
Pigmentpünktchen gewinnen. Die Netzhautmitte
zeigt frühzeitig eine dunkelgraue Färbung, die aber
später wieder etwas abblassen kann." Nach Ab-
lauf der Hornhautentzündung durch angeborene
Lues sind ganz regelmässig Veränderungen der
Netzaderhaut nachweisbar, ausser wo etwa sofort
eine gründliche Quecksilberbehandlung durch-
geführt worden war. H. beschreibt folgende For-
men der Augengrundveränderungen : „a) Nicht so
selten . . . sind über die Peripherie des Augen-
grundes zerstreut jene hellen, rosafarbenen, später
5
34
Bresler, Erbsyphilis und Nervensystem.
weisslichen Flecke, die wir von derNetzhautentzfln-
dung durch erworbene Lues genügend kennen,
b) Häu^ger beobachtet man scheckige oder dunkel-
schwarze Flecke in der Netzhaut, die das Sehen
meistens nicht so erheblich beeinträchtigen, wenn
sie in der Peripherie oder doch wenigstens nicht
gerade in der Mitte liegen. Diese schwarzen Flecke
können ausnahmeweise in der Peripherie so dicht
sich zusammendrängen, dass eine gleichförmige
Schwarzfärbung eintritt ... o) In anderen Fällen
ist die Peripherie von hellen (atrophischen) Flecken
gepflastert Der Pigmentgehalt der Herde ist nicht
entscheidend, d) Nicht selten ist das Bild der
sogenannten areolären Netzaderhautentzflndung,
d. h. rundliche, helle, mit Pigmentsäumen und
-Inseln versehene Herde sind Ober den Augen-
grund zerstreut. Sie fliessen auch zusammen und
bilden Zflge und Windungen (sogen. serpiginGse
Form). Oelegentlich nehmen einige oder alle Herde
das Aussehen einer Schiessscheibe an, indem con-
centrische helle und dunkle Ringe mit einander ab-
wechseln. In vielen Fällen sind die Herde man-
nigfaltig und aus den erwähnten Typen gemischt.'^
Weit häufiger sind die abgelaufenen Verände-
rungen, die man gelegentlich der Brillenbestimmung
bei Kindern findet: OlaskOrpertrübung, fortschrei-
tende Entartung des wichtigeren (mittleren) Theiles
der Netzhaut, Netzhautablösung, bindegewebige
Schrumpfung des Sehnerven, Veränderungen, die
vollständige oder nahezu vollständige Erblindung
verursachen. Nicht allzu selten kann selbst Jahre
lang nach Ausheilung der Hornhautentzündung
eine Fortentwickelung jener Pigmentveränderungen
im Augengrunde stattfinden, die besonders ver-
hängnissvoll für die Sehkraft wird, wenn sie die
Netzhautmitte befällt Antisyphilitische Kur ist
dann ohne Erfolg. Auch im 2. Lebensjahrzehnt
kann die hereditär-syphilitische Netzhautentzün-
dung rückfällig hervortreten. Auf 1000 Augen-
kranke kommen 1 Fall von Netzhautentzündung
durch angeborene Lues und 6 Fälle von ebensolcher
diffuser Hornhautentzündung. Diese Netzhaut-
entzündung tritt immer doppelseitig auf, während
die nach erworbener Lues einseitig bleiben kann. H.
behandelt das Leiden mit Quecksilbereinreibungen.
„Säuglinge erhalten 0.5 g, kleine Kinder 0.75 g,
grössere 1.0g graue Salbe einmal täglich; nur in
Ausnahmefällen, die rasche Einwirkung erheischen,.
2 mal täglich; so 5 Tage hindurch, dann ein Bad
und 3 — 5 Tage Pause. Nie lasse ich vor 100 Ein-
reibungen aufhören und suche die Nachbehandlung
1 — 2 Jahre fortzusetzen; öfter war ich genöthigt,
wegen der Rückfälle bis zu 300 Einreibungen zu
verordnen. Die Erfolge sind sehr befriedigend,
mitunter geradezu überraschend.^^ Fast blinde
Kinder werden wieder sehkräftig, allerdings bleiben
doch gewisse Sehstörungen zurück : Ausfälle in der
Qesichtsfeldmitte beim Lesen ; stärkere Schwach-
sichtigkeit und Schielstellung des einen Auges
nebst Abblassung seines Sehnerven.
Diese Form der Netzthautentzündung wird
selbst in neueren Werken gar nicht berücksichtigt
oder nur kurz erwähnt, während doch Hutchin-
son ihr schon 1863 ein besonderes Gapitel widmet
(allerdings nur abgelaufene Fälle, Hirschberg).
Augenmuskelsiörungen.
I\ipiUen8tarre als einziges Zeichen ererbter
Syphilis neben Hutchinson'scher Zahndeformation
und leichtem intellektuellen Schwachsinn fand
N 0 n n e (p. 396) bei einem lOjähr. Knaben, dessen
Vater sich nach der Geburt seines ersten lebenden
und gesunden Kindes ausserehelich angesteckt and
dem darauf seine Frau 2 lebenssohwache Kinder
zu früh geboren hatte. Nach specifischer Kur der
Frau Qeburt des obigen Knaben im 8. Monate.
Bei dem Knaben hatte seit dem 0. Jahre die Ent-
Wickelung stillgestanden, er warvergesslich, gleich-
gültig. Jodbehandlung ohne Erfolg. An dieser
Stelle berichtet derselbe Autor von einem Falle
neuritischer und einem solchen primärer, nicht
neuritischer Opiicusatraphie bei einem 5- und einem
8jähr. Knaben (nicht Geschwister), beide sicher
hereditär-syphilitisch; im ersten Falle brachte
Quecksilber-Jodkaliumbehandlung die Neuritis op-
tici zum Stillstand.
Ein von Zappert beobachtetes öjähr. MMchen war
dem Alter entsprechend entwickelt, etwas schwachlJdi,
hatte seit einiger Zeit Otitis media suppurativa. An der
rechten Scheitelgegend der behaarten Kopfhaut eine circa
4-kreuzergrosse Stelle mit Haarausfall. Augenwimpern
stellenweise verkümmert, ausgefallen. Psoriasis linguae.
Linkseüige Ptosis; das linke obere Lid konnte nur oiit
Zuhülfenahme der Stimmuakulatur gehoben werdeiL
Strabismus divergens sin.; nur nach aussen konnte da^
Auge bewegt werden, wobei es auch gesenkt wurde;
sonstige Motilität fehlte vollkommen. Linke Pupille
mittelweit, grösser als die der anderen Seite, auf liebt
\md Accommodation gar nicht reagirend. Augonhinter-
grund normal. Rechtes Auge intakt ; sonstiges Xerren-
s^ystem nicht gestört; keine Kopfschmerzen. Innere
Organe ohne nachweisbare Veränderung; desgleichen
Haut und Knochen. Die Mutter hatte vor diesem Kinde
2mal abortirt, nach ihm waren 2 Kinder mit 3 Wochen
gestorben. Gfeburt leicht und rechtzeitig; mit 6 Wochen
eine Hautkrankheit, die sich durch Abschuppen der
Hände und Füsse charakterisirte. 1889 im Kasse-
witz 'schon Institut wegen Lues hereditaha mit Hg
behandelt und seitdem gesund. 1895 erkrankte e?»
mit Erbrechen, Kopfschmerz und Misslaunigkeit ; nach
Stägigem Krankenlager zeigten sich eines Moii^ns die
erwähnten Augenmuskelerscheinungen, die weiter be-
standen, nachdem die anderen Symptome schon gi^
Schwund en waren . Auf Jodkalium, später Hg-Behandluug
gingen sie zurück und waren nach 3 Monaten nicht mehr
vorhanden. Das Ohrenleiden blieb dabei unveriUidert
bestehen. Z. glaubt, dass eine peripherisehe Tühimiwg
des linken Oculomotorius zu Grunde gelegen hat
H 0 m e n citirt einen Fall L e p i n e 's, einen 32jähT^
mit vielen Spuren und Narben hereditär-luetischer Sym^l
ptome aus der Kindheit behafteten Kr., der an sdii9i?erFd
Kopfschmerzen und Ptosis des rechten Augenlides litt '
Knies (citirt bei N o n n e , p. 396) beobachtete
rechtseitige isolirte Lähmung des Sphincter pu{uUae
einem 9jähr. Mädchen^ dessen Vater nachweLslich
litisch gewesen war und selbst an einseitiger M;;
litt, deren 7 jähr. Schwester eine interstitielle Eei
diffusa hatte und deren 2 älteste Geschwister bald
der Geburt unter syphilitischen Ki'sclieinungen gestoi
B realer, Erbsyphilis und Nervensystem.
35
wareiL V. G r ä f e beobachtete ein 2jähr. Kind, das auf dem
rechten Auge durch syphilitische Iritis erblindet war. Es
hatte sich einige "Wochen, ehe es in v. Gräfe 's Be-
obachtung eintrat, eine linkseitige Ptosis entwickelt. Ob-
jektiv fanden sich Strabismus divergens und Mydriasis
linkerseits neben einem papulösen Syphilid. Die speci-
fische Therapie beeinflusste nur das Syphilid. Die Sektton
deckte Erweichungsherde im linken Corpus striatum und
in der rechten Hemisphäi-e, sowie gummöse Neubildungen
in der Scheide des linken Oculomotorius auf. (Wörtßch
nach Nonne citirt p. 396.) Nettieship beobachtete
bei einem 14jahr. Mädchen mit deutlicher angeborener
Syphilis Ijähmung des Nervus oculomotorius und abducens
und theilweise Anästhesie im Gebiet des 1. und 2. Astes
des Trigeminus der rechten Seite. Siehe auch Law-
f 0 r d (Literaturverzeichniss) und Galezowski.
Verschiedenes.
Neuralffta trigemini. S o 1 1 m a n n beobachtete eine
diffuse Trigeminusneuralgie bei einem 11 jähr. Knaben
mit Sj-philis tarda ; das Kind bot ausserdem serpiginöse
Iu|jusähnliche Ulcerationen am Ann, Auftreibungen an
den Stirnbeinen und an der Mandibula.
Polyurie und Polydipsie. Demme beobachtete
einen 6jähr. Knaben mit Polydipsie und Polyurie^ als
deren Veranlassung sich Lues hereditaria ergab. D. ver-
nmthete gummöse Neubildungen auf dem Boden der
Bautengrube ; eine Schmierkur führte zur Heilung, nach-
dem yeigeblich Eisen, Chinin und Bromkalium gebraucht
vorden waren. Das Leiden hatte mit hartnäckigem, lang-
dauerndem Hinterkopfschmerz begonnen, dann folgten
AVuthausbrüche und Stumpfsinn.
Lieber Facialisparcdyse berichtet B r u h n s bei
einem 5 Monate alten Kinde (M e n d e 1 's Poliklinik), das
^t'ichzeitig an einem maculo-papulösen Exanthem und
Schnupfen erkranlct war.
Nach Kaposi (Wien, dermatol. Oesellscbaft
8. MArz 1899) gehen in manchen F&llen von kind-
licher Syphilis dem Auftreten des Exanthems Läb-
mungserscheinungen aller Muskeln voraus; siever-
ediivbden mit dem Entstehen des Ausschlages.
Symmetrische Gangrän,
K r i s o w s k i , M., Ein Fall von symmetrischer Gan-
^n auf hereditär-luetischer Grundlage. Jahrb. f. Kinder-
hkde. XL. 1. 1895.
Elsenberg hat 1892 5 Fälle von sym-
metrischer Gangrän, darunter einen selbst beobach-
teten, zusammengestellt, in denen frühere Syphilis-
infektion nachgewiesen worden war; dazu kommt
noch ein von Morton im Journ. of cutaneous and
gsnito-urinary diseases (June 1894) beschriebener
Fall. K. verGfFentlicht als der Erste einen Fall von
symmetrischer Gangrän auf hereditär-luetischer
Orandlage.
Der im April 1892 geborene Knabe stammt angeblich
von gesunden Eltern ; doch haben in deren 14jähr. Ehe
9 Aborte im 3. bis 6. Monate stattgefunden und sind
2 lebend geborene Kinder in der ersten Lebenswoche ge-
6trjrben. Der Knabe hatte wenige Tage nach der Geburt
einen blasenähnlichen Ausschlag anFusssohlen und Hand-
tellern gehabt, der durch Kleiebäder und Pulver (Calomel ?)
beseitigt wurde. Entwickelung gut; nur war der Knabe
sehr l^ass, verdriesslich und hatte einen „grossen Leib".
1893 Lungenentzündung, später wegen Husten bettlägerig.
Seit Mitte Februar 1894 wurde bemerkt, dass die „Hände
und Fasse und Ohrmuscheln, die auf der Strasse blass
varen^ etwa Vi — l'/t Stunden nach Eintritt in das Zimmer
Kim wurden und offenbar schmerzhaft waren". Die
Empfindlichkeit nahm 2 — 3 Stunden hindurch an Stärke
la, bis Pat darüber einschliet üeber Nacht kehrte die
normale Hautfarbe wieder ziuiick. Bei jedesmaL'gem
Aufenthalt im Freien wiederholte sich die Erscheinung.
Mitte April blieb die Blaufärbung an den Ohrmuscheln
constant, an den Gliedern ging sie fernerhin Nachts immer
wieder zurück. Anfang Mai entstanden an erateren
schwarze Blasen, die nach wenigen Tagen platzten ; die
betroffenen Stellen salien dann wie verkohlt aus. Das All-
gemeinbefinden verschlechterte sich auffallend ; Appetit-
losigkeit, heftige DurchfäDe, in der Nacht vom 25. zum
26. Mai ErbrecheUj blutiger Urin und hohes Fieber,
Erscheinungen, die nach 2 Tagen schwanden. Bis dahin
hatte das Kind alle möglichen Arzneien in buntem Durch-
einander erhalten; sie wurden ausgesetzt. Die Unter-
suchung ergab am 28. Mai .^Ernährung und Entwickelung
gut. Haut und Schleimhaut sehr blass. Gesichtsausdruck
und Stimmung weinerlich. Zähne sehr mangelhaft, im
Oberkiefer nur wenige schmutzig- schwarze Stümpfe.
Zunge noch belegt. Mund und Rachen frei. Abdomen
auf^etri(*b<»n, nicht gespannt und nicht dnickempfindlich ;
Leber und Milz reichen beiderseits fast bis zur Ciista
iliaca, fühlen sich steinhart an und sind von glatter Ober-
fläche; oberhalb des Nabels überall absolute Dämpfung,
unterhalb desselben hohler tympanitischer Schall. Sämmt-
liche der Palpation zugänglichen Drüsen sind mehr oder
weniger vergrössert; besonders sind die Occipital- und
Cubitaldrüsen stark vergiüssert, letztere vielleicht bolmen-
gross". . . . Urin klar, strohgelb, sauer, ohne Eiweiss
und Zucker. Temperatur in ano 37. 5* C. „An Händen
und Füssen keine merkliche Abweichung ; Nägel gut ge-
formt und erhalt^m ; Haare sehr spärlich und kurz, doch
festsitzend. Ohrläppchen blass; Ohrmuscheln tiefblau,
und zwar von unten nach oben an Intensität zunehmend,
so dass die obere Partie fast schwarz ist. Auf der Con-
vexität des HelLx beiderseits auf exquisit symmetiischen
Stellen sitzt eine schneidebohnenförmige , tief schwarze,
glänzende Hautpartie auf, welche in schichtenartiger Auf-
lagerung die Convexität des Helix nachahmt. Das Ganze
sieht etwa so aus, als ob die gleichen Hälften einer pech-
schwarzen, der Länge nach durchschnittenen Schneide-
bohne mit ihren planen Flächen auf symmetrische Stellen
der Conchae auricularum aufgeklebt wären, Rings henmi
ist dieses Gebilde von einem Kranz aufgeki-ämpelter
Schüppchen umgeben, so dass es den Eindrack einer ein-
gefassten Perle hervorruft Die Gangrän hat nur die
Haut ergriffen und ist die befallene Stelle über dem
Knoi-pel leicht verschieblich." Von den Farben verände-
mngen an den Händen und Füssen überzeugte sich K.
ebenfalls. Er leitete eine Inunktionkur ein und gab Jod-
kaüum, nach Verbrauch von 12gUngt. einer, und 6.0 Jod-
kalium waren die Ohrmuscheln von ganz nomialer Farbe
und an Stelle der Gangrän blieben ol^erflächliehe Narben
zurück (ohne lokale Therapie). Zum Schwinden der
übrigen Erscheinungen der hereditären Lues waren noch
weitere 24 g Ungt. und 18 g Jodkalium notbwendig, sowie
Hg-Pflaster auf die Drüsen. Wegen eines Jodschnupfens
und Bronchialkatarrhs musste die Jodkaliumkur eimnal
14 Tage imterbrochen werden . Bei der schnellen Wirkung
der antiluetischen Kur ist die Annahme einer spontanen
Heilung ganz ausgeschlossen. EinRecidiv ist bisher nicht
eingetreten. Die Erklärung der Erscheinungen stösst auf
grosse SchwiSrigkeiten.
Ein ähnlicher Fall findet sich im Brit med. Journ.
(p. 1083. 1892) von F. Marsh beschrieben: Ray-
naud's disease associated with hereditary Syphilis.
NeuroL Centr.-BL p. 279. 1893. (S.a.Durante.)
Hemmung shildun gen, Misabildungen.
1 1 b e r g fand bei einem 6tagigen syphilitischen
Kinde ausgedehnte Missbildungen im Centralnerven-
System : fast vollständigen Mangel eines ausgebilde-
ten Grosshirns bei entwickeltem Hirnsohädel, Fehlen
der Falx cerebri ; die unentwickelte Grosshirnblase
36
B realer, Erbsyphilis und Nervensystem.
}
war trotz ihrer Ausdehnung nahezu unpaar ge-
blieben. Fehlen der vorderen Commissur, des
Balken, der Corpora mammillaria, des Forniz, des
dorsalen Abschnittes der hinteren Commissur, der
Pyramidenbahn bis in das Rückenmark, Verkümme-
rung der Thalami optici, Defekte der medialen
Schleife u. A. m. Ausserordentliche Kleinheit der
Nebennieren (7:5:1 mm statt 4 : 2 : 7.5 mm). Wie
Ilberg gefunden hat, ist schon seit Jahrhunderten
das gleichzeitige Vorkommen dieser Anomalie der
Nebennieren und der Anencephalie bekannt Die
Diagnose Syphilis wurde gesichert durch eine tiefe
strahlige Lebemarbe, das vermehrte Oewicht der
Milz, und Rundzellenherde, von denen namentlich
einer in den weichen Rückenmarkshftuten ein
strukturloses Centrum erkennen liess.
Einen Fall von im 3. Lebensmonate entstandenem
Hydrocophalus, in dem sich nach dem im 6. Lebensmonate
erfolgten Tode ein rudimentäres Gehirn fand, beschrieb
d ' A s t r 0 s (1891, citirt nach H o c h s i n g e r) ; es wuixien
specifisch syphilitische Veränderungen am Gefässapparat
mid in der Schädelhöhle jedoch vermLsst. Die Diagnose
Syphilis wurde gestellt auf Grund im 5. Lebensmonate
aufgetretener papulöserEfflorescenzen an Vulva und Anus.
Einen Hydrocephalus mit Himbruch in der klaffenden
Stirnnaht, von der grossen Fontanelle bis zur Nasen-
wurzel reichend, und mit s\TnmetrischerSyndaktylie (der
Erzeuger des Kindes hatte sich vor 14 Jahren inficirt)
beschrieb M a y g r i e r (bei H o c h s i n g e r citirt).
Hoch Singer beobachtete bei einem sehi* wahr-
scheinlich hereditär-syphilitischen Kinde eine beiderseitige
herniöse Vorstülpimg des Schädelinhaltes durch die Augen-
höhlen ; ein rapid angewachsener intracitmieller Flüssig-
keitorguss hatt« zu einer üsur des Orbitaldaches und
darauf zu dieser Vorsttilpung geführt.
11 u g u e n i n beobachtete doppelseitige Porencephalie
))ei (?iiiem im 8. Monate diu'ch Abortus geborenen, von
syphilitischen Eltern stammenden Foetus. Die Mutter hatte
3mal hintereinander abortirt und brachte erst nach langen
Kuren ein gesundes und ausgetragenes Kind zur Welt.
Shukowsky beschrieb kürzlich 2 Fälle von Hemi-
cephalie bei hereditärer Syphilis.
Parroi'sche Pseudoparalyse.
Bedna¥ (1853) war der Erste, der auf das
Vorkommen der Parese der Arme (er fand sie unter
68 syphilitischen Kindern bei 16, ausserdem Imal
solche der Beine, 2mal aller Glieder) aufmerksam
machte; er führte sie auf eine Schlaffheit der
Muskeln zurück.
Im Jahre 1873 beschriebe harr in eine Pseudo-
paralyse des linken Armes als Folge einer Ver-
änderung des Knochengewebes bei einem syphili-
tischen Neugeborenen. 1878 gab Parrot (Pro-
grds m6dical) eine ausführlichere Beschreibung
dayon und eine Unterscheidung von der spinalen
Paralyse (willkürliche Beweglichkeit der Muskeln
und elektrische Erregbarkeit sind bei jener erhalten).
A. Baginsky berichtete 1878 über Heilung
eines lähmungsartigen Zustandes des linken Armes
bei einem 9wöchigen Kinde und Besserung einer
totalen Lähmung beider Arme (mit heftigen Schmer-
zen bei Bewegungen) bei einem 8 monatigen Kinde
durch Calomel und Sublimatbäder.
Soltmann, der als am häufigsten bei here-
ditärer Syphilis vorkommend die Ptosis und die |
Hemiplegia brachialis bezeichnet (die ersftere wurde
von Sandras sogar als diagnostisches Merkmal
geschätzt), sah im Jahre 1878 unter 40 Fällen von
hereditärer Syphilis 2mal eineHemiplogia brachialis,
die eine mit Ptosis verbunden; in beiden FSUeo
ging die Lähmung dem Ausbruche des Syphihds
voraus und schwand vor der Heilung desselben.
Ein von B 6 z y beobachtetes 2 Monate altes Kind M
die Zeichen einer wirklichen Brachialdiplegie seit einigen
Tagen (nicht die Parrot' sehe Pseudoparalyse). Der Vater
hatte kurze Zeit nach der Geburt des ersten Kindes (jenes
war das zweite) Syphilis acquirirt und die Matter an-
gesteckt. Auf specifische Behandlung erfolgte Heilong.
J. Zappert (Jahrb. f. Einderhkde. XLVl.
1897) beschreibt folgenden Fall.
Bei einem 14 Tage alten, hereditär-luetischen, mit
angeborener Keratitis parenchymatosa und Iridocykiitis
behafteten Kinde, das eine Lähmung beider Anne bot
war die Diagnose auf syphilitische Pseudoparalyse g»*-
stellt worden. Bei der baäd erfolgenden Sektion erwiesen
sich beide Oberarmknochen als frei von groben Verände-
rungen ; das Gefühl der Crepitation war augenscheinlich
in dem ziemlich trockenen Schultergelenke voi^tänscht
woixien. Die Untersuchung des Rückenmarks ergab in
der ganzen Oervtkalanscktaellung eine Meningitis mit
Verdickung der Pia und stellenweiser Verwachsung mit
dem Rückenmarke. „Das Fehlen von Tuberkelknotehen,
sowie die anderen Krankheitserscheinungen des Ende>
machten die Annahme, dass es sich hierbei um eine im
Embryonalleben begomiene luetische Entzündung handle,
sehrwahi'seheinlich.'* Degeneration der hinteren Wunein,
beginnend an der durch die Arbeiten von Obersteiner
und Redlich bekannten Einschnürungstelle der hinten^)
Wurzein beim Durch tritte durch die Pia (Punctum minons-
rosistontiae), in das Innere des Rückenmaiks sich fort-
setzend (ähnlich wie bei Tabes). Rechts waren die Er-
scheinungen deutlicher als links. Inneriialb des Rücken-
marks waren die Hinterwui'zeln schwarz gekörnt (Mar-
c h i 'sehe Methode) ; diese Degeneration liess sidi bis in
den Burdach' sehen Strang verfolgen, woselbst eine bnate
Degenerationzone cerebralwärts stieg. Der die hinten-n
Wurzeln aus tieferen Rückenmarksbezirken führende
GoU'sche Strang war frei von Degenerationen. Auch di»»
vorderen Rückenmarkswurzeln des Cervikalmarks waren
degenerirt; eine geringe De^neration fand sich auch im
Lendenmarke. Im rechtseitigen Plexus brachiahs einige
degenerirte Faserbündel. Die Beobachtung berechtigt sa
dem Zweifel, ob wirklich alle Falle mit anscheinendem
Knochen befunde als Pseudoparalyse im Sinne Parrot V
aufzufassen sind, ein Zweifel, den auch schon He noch,
und H e u b n e r ausgesprochen haben.
Untersuchungen des Rückenmarks sind in Um*
liehen Fällen bisher nur selten vorgenommen wor-
den. Oangitano (Contributo allo studio della
sifilide del medullo spinale. Axch. ital. di oÜn.
Med. p. 448. 1894) hat bei 3 hereditftr-luetiwhai
Neugeborenen eine diffuse Meningomyelitis mit
Endarteriitis syphilitica, Degeneration der hinterea
Wurzeln und Veränderungen in denOanglieftieUea
des Vorderhorns gefunden, bei zweien davon ebeafalli
aufsteigende Degeneration in den Hinterstrftagen
Oberwarth hat in 12 Fällen die pseodo
paralytische Armlähmung syphilitischer NeogoIlM
rener genauer untersucht und in sämmtlictMi
durch antisyphilitische Behandlung Heilung ermiotl
er glaubt, dass es sich um eine durch Enooliea
affektion bedingte, nicht um einenervteeLUuuim
B r e 8 1 e r , ürbsyphilis und Nervensystem.
37
handelt, wie es schon von Parrot behauptet
wurde.
Von Reuter wurden folgende Fälle beobachtet.
1) 20 Tage alter Knabe; nach Angabe der Mutter
waren seit den ersten Tagen nach der Gebnrt die Arme
gelähmt, die Beine krampfhaft an den Körper gezogen.
(Das vorhergehende Kind war an Syphilis gestorben.)
Objektiver Befund : An Dppen, Zange und hartem Gau-
men Geschwüre. «Beide Arme hängen schlaff am Körper
herunter; ohne jede Schmerzensäusserung hervorzurufen,
kann man sie in jede beliebige Lage bringen; sie ver-
harren in dieser; auch an den Fingern, wo die Mutter
Bewegungen beobachtet haben will, keinerlei aktive Be-
wegungen nachzuweisen. Beide Beine sind in spastischer
Contraktur hoch gegen den Leib angezogen und im Knie
tlektirt; jeder Versuch, sie zu strecken, bleibt selbst bei
Anwendung grösserer Kraft erfolglos und ruft lebhaftes
Winseln hervor. Die genauere Untersuchung der Extremi-
täten ergiebt: starke Verdickung der unteren Epiphyse
des linken Humerus, der unteren Epiphyse des rechten
numerus, der oberen Epiphyse der rechten ülna, der
ganzen rechten Fibula, der oberen Epiphyse der linken
Tibia und der unteren Epiphyse der hnkeu Fibula. Die
A'erdickungen sind sehr beträchtlich, so dass z. B. die
rechte Fibula von Daumendicke ist, und scheinen ausser
den Knochen auch die darüber liegenden "Weichtheilo mit
zu betreffen ; wenigstens ist es an den meisten Stellen
nicht möglich, die Haut über den Verdickungen zu einer
Falte zu erheben.* (Am Tage darauf Pemphigusblasen
an den HandteUem.) Therapie : Hydrargyrum oxydulatum
nigrum O.Ol, 2mal täglich, aromatische Bäder. Später
Syrupus Ferri jodati. Nach ca. 8 Wochen war nichts
mehr von den Bewegungstörungen der Glieder nach-
zuweisen. Die Anschwellungen der Knochen hatten ab-
genommen.
2) 8 Wochen altes Kind. Contraktur eines Beines im
Kniegelenk, erst antirheumatisch behandelt, ohne Ei-folg ;
nach Auftreten eines papulösen Syphihds und Feststel-
lung von Syphilis der Eltern Verabfolgung von Calomel.
In Kurzer Zeit gingen Syphilid und Contraktur zurück.
Knochenverdickung konnte nicht nachgewiesen werden.
3) Lähmung des rechten Armes, bei der Geburt von der
Hebamme bereits festgestellt, am Tage darauf auch von R. :
Kechter Arm vollständig bewegungslos, Verdickungen am
unteren Ende des rechten Humerus und am unteren Ende
des rechten Radius. Therapie : Calomel. Nach 14 Tagen :
in der Schulter kräftige spontane Bewegungen, Strecken
der Hand und Finger noch schwach (paretisch). Nach
weiteren 9 Tagen : Anschwellungen völlig geschwunden ;
auffällig welke Abmagerung des Armes, Bewegungsfähig-
keit desselben eben so gut wie die des linken. Nach
11 Tagen: Entleerung blutigen, stark eiweisshaltigen
Urins ; nach wenigen Tagen Tod. Das vorhergegangene
Kind war „unter Erscheinungen gestorben, die die Mög-
lichkeit hereditärer Syphilis nahe legten*.
R. glaubt im 1. Falle an eine Erkrankung der
peripheriaohen Nerven, da, wo sie in ihrem Ver-
lauf der syphilitischen Neubildung begegnen (erst
Reizzustand und daher Contraktur, spftter bei stei-
gendem Druck auf den Nerv Lähmung), wodurch
sich auch fthnliche FUle von Lähmungen erklären
würden, bei denen Affektion der Röhrenknochen
nicht besteht
Pollak ist mit dieser Erklärung nicht zu-
frieden, da nach der Lage der peripherischen Ner-
ven ohne bedeutende Enochenauftreibungen eine
Lähmung nicht möglich sei, auch das Fehlen der
Sensibilitätstörung gegen den peripherischen Sitz
der Lähmung spräche. Er vermuthet, dass bei der
hereditär -luetischen Epiphysenentzflndupg durch
gleichzeitig vorhandene centrale nervöse Erkran-
kungen oder auch durch das mangelhafte physio-
logische Bewegungsvermögen des neugeborenen
Kindes eine Lähmung hervorgerufen, bez. vor-
getäuscht werden könne.
Unter 11 Fällen von „Parrot'scher Pseudo-
paralyse*^ fand Scherer nur in 4 die specifischen
Enochenveränderungen , in 7 keine Spur davon.
Er hatte Oelegenheit, in 2 Fällen von „Parrot'scher
Pseudoparalyse** mikroskopische und bakterio-
logische Untersuchungen anzustellen. Er fand
hier weder die bekannten syphilitischen Processe
an den Epiphysengrenzen, nodi Veränderungen im
Nervensystem, dagegen Streptokokken im Rflcken-
marke, in den Spinalganglien und in allen anderen
Organen. Daher meint er, dass die Lähmung wie
bei anderen durch Mikroben bewirkten Tozin-
lähmungen, so hier durch das Streptokokken-
toxin erzeugt sei. Nach Seh er er entstehen
die Lähmungen bei angeborener Syphilis nur in
seltenen Fällen auf Orund von Wegn er 'sehen
specifischen Veränderungen an der Epiphysen-
grenze; die letzteren können völlig symptomlos
verlaufen, wie sich aus nachträglich bei der Sektion
gemachten Befunden ergeben habe.
Neuerdings hat Hochsinger mittels Radio-
skopie nachgewiesen, dass die sogen. Pseudopara-
lysis heredosyphilitica auf Veränderungen am
Enochensystem des betroffenen Gliedes (Blähung
und Aufhellung des Diaphysenschattens, periostale
Hyperostose u. s. w.) beruht, und nicht auf einer
spinalen Erkrankung (sofern nicht etwa eine ein-
fache Entbindungslähmung bei einem syphilitischen
oder nichtsyphilitischen Einde oder eine ander-
weitige toxische Lähmung in Frage kommt).
Sonstige Bewegungstörungen bei der
hereditären Syphilis. Myotonie.
Hochsinger (1904) behandelt in seinem
bereits weiter oben erwähnten Werke die „Bewe-
gungsstörungen bei der hereditären Frühsyphilis**
sehr eingehend. Er sagt , dass in der Literatur
unttf Parrot'scher Pseudoparalyse sehr verschicr
dene Erankheitbilder durcheinander geworfen seien.
Es giebt, meint H., Contrakturbilder, die auf einer
Einschränkung der Bewegung durch ,.generelle
Flexionshypertonie der Extremitätenmuskeln, unab-
hängig von specifischen Enochenaffektionen** be-
ruhen, und „überall dort im frühesten Eindesalter
in Form von Dauerspasmen erscheinen, wo eine
tiefe Beeinflussung des Centralnervensystems oder
möglicherweise auch der Muskulatur durch Toxin-
Wirkung vorliegt*^ Er bezeichnet diese Contrak-
turen als „Myotonie der Neugeborenen und Säug-
lingef'; gerade bei der hereditären Frühsyphilis
sind sie nach H. „an der Tagesordnung** : „hereditär-
syphilitische Myotonie junger Säuglinge**. H. unter-
scheidet eine Hyotonia physiologica neonatorum
(mit leichter Rigidität der Oliederbeuger und Ten-
denz zu leicht flektirter Finger- und Zehenhaltung
38
Breslor, Erbsyphilis und Nervensystem.
bei sonst vollkommenem Wohlbefinden des Säug-
lings) und eine pathologische Myotonie, letztere
ersten Qrades (Erregbarkeit des Faustphftnomens
und gesteigerte allgemeine Flexorenhypertonie im
Ruhezustande) und zweiten Grades (permanente
tonische Flexionkrftmpfe der Eztremitätenmusku-
latur, zumal der Hände und Füsse; bei Autointoxi-
kationen, schweren Darm- und Hautkrankheiten,
hereditärer Lues und Verbrennungen) ; endlich den
Pseudotetanus (Uebergreifen dieses myotonischen
Processes auf die Rumpf- und eventuell auch Oe-
sichtsmuskulatur). H. sah des öfteren, dass bei
hereditär-syphilitischen Kindern der ersten Lebens-
tage und -Wochen die Hand- und Fingergelenke
beiderseits symmetrisch genau inderTrousseau'-
schen Tetaniestellung oder in Schreibfederhaltung
oder in Form einer geballten Faust tage- und
wochenlang versteift waren, dabei die Handgelenke
selbst in PfOtohenstellung fixirt; auch Flexion-
contraktur der Ellenbogen- und Kniegelenke war
zu constatiren. Oberarme gleichzeitig krampfhaft
an den Thorax angepresst, Handgelenke intensiv
palmarwärts abgebogen, pronirt undabducirt, Haut
über den Handgelenken cyanotisch oder leicht
GdematOs.
Bei hereditär-syphilitischen Kindern ist inner-
halb der ersten beiden Lebensmonate die Erzeug-
barkeit einer Faustcontraktur durch den Trous-
seau'schen Versuch (Compression im Bereich des
Sulcus bicipitalis internus) nach H. eine häufige
Erscheinung, die aber von echter Tetanie, zu der
er sie früher rechnete, zu trennen ist. Unter anti-
syphilitischer Behandlung schwanden diese spon-
tanen Muskelspasmen prompt, ein Beweis ihrer
Nichtabhängigkeit von etwaigen gleichzeitigen
Darmstörungen. Gerade 4 gut verdauende Brust-
kinder mit solchen Dauerspasmen fanden sich unter
seinen Beobachtungen. Die von ihm bebandelten
hereditär-syphilitischen Säuglinge mit Myotonie
zeigten durchweg floride exanthematische Con-
genitalsyphilis ; die Spasmen und das Faustphäno-
men schwanden innerhalb 4 — 6 Wochen unter
Protojodure^ oder Einreibungsbehandlung. H. ist
der Ansicht, dass die schlaffen, lähmungsartigen
Extremitätenhaltungen der luetischen Säuglinge
stets auf Knochenaffektionen (Parrot'sche Pseudo-
paralyse) oder MuskelafPektionen zurückzuführen
sind. (Beide Zustände — die letzteren und die
Myotonie — können aber combinirt vorkommen.)
Es kommen bei hereditär-syphilitischen Säuglingen
Gliederlähmungen vor, die auf diffusen syphili-
tischen Muskelentzündungen beruhen ; wobei diese
letzteren entweder selbständiger Natur sein oder
von einer unscheinbaren, palpatorfsoh nicht nach-
weisbaren, schmerzlosen Epiphysenaffektion, bez.
Periostitis herrühren können. Die erste Arbeit
über diesen letztgenannten Gegenstand ist (nach H.)
die von Doberenz (Myositis diffusa luetica neona-
torum. Ungedruckte Inaug.-Diss. Leipzig).
Hydrocephalus und menirigitische Processe be-
dingen häufiger Streckoontrakturen als Beoge»
contrakturen.
Erbliehe Nervensyphilis der 3. Oeneration,
Von besonderer Wichtigkeit schien es mir,
wie weit das Nervensystem bei der Syphilis der
3. Generation betheiligt ist Fälle, in denen die
bei den Eltern, bez. einem der Erzeuger schon erb-
lich vorhandene Syphilis auf die Kinder übertragen
wurde, sind schon in grosser Zahl beobachtet wor-
den, wenn auch das Beobachtungsmaterial im Ein-
zelnen nicht immer einwandfrei ist. M e n s i n g a i)
berichtet über folgenden Fall.
Der Grossvater hatte vor der Verheirathung Lues
erworben ; bei seinen sämmtlichen 6 Kindern fanden sich
bei oder bald nach der Geburt Symptome von hereditärer
Syphilis ; eins davon, die Zweitälteste Tochter, heirathett*
mit 20 Jahren einen dem Arzte auf Grand der Unter-
suchung als syphilisfrei bekannten Maim ; von den 5 der
Ehe entsprossenen Kindern war da<5 1. luetisch (Exanthem),
das 2. gesund, das 3. erkrankte im Alter von 1 Jahr an
einer Meningitis, die auf Jodkaliambehandlung heilte,
das 4. und 5. wai'en ebenfalls luetisch und inficirten ihre
Ammen.
. In 2 Beobachtungen yon Oalezowski be-
stand in der 3. Generation auf Grund von Seiten der
heredit&r-syphilitischen Erzeuger ererbter Syphilis
disseminirte Retinitis pigmentosa, die in beiden
Fällen sich auf Quecksilberbehandlung besserte.
Dasselbe Leiden sah Strozminski ebenfalls auf
derselben Basis sich entwickeln, nftmlich bei einem
Kinde, dessen Vater wegen heredit&rer Syphilis im
Alter von 16 Jahren behandelt worden war. Die
Retinitis pigmentosa besserte sich auch hier auf
antiluetische Behandlung. Gibert (Normandie
m6dioale 1890) lernte ein idiotisches Kind kennen,
dessen Mutter hereditär-syphilitisch war. Inter-
essant ist auch der folgende Fall von Tarnowsky:
die von ihrem Manne infioirte Frau gebar ein
hereditär - syphilitisches Mädchen; im Alter von
19 Jahren heirathete es einen gesunden Mann ; das
erste ihrer beiden Kinder ist taubstumm, das an«
dere imbecill. Gilles de laTourette lernte
einen hereditär- syphilitischen Vater kennen, dessen
Frau Aborte hatte und dessen eines Kind an Menin-
gitis starb. Barth616my sah von einer here-
ditär-syphilitischen Mutter eine Idiotin abstammen,
in einem anderen Falle einen Epileptiker von einem
Vater, der an progressiver Paralyse starb und
dessen Erzeuger sicher syphilitisch gewesen war.
Eine Frau, die mit 43 Jahren an spastischer Spinal*
paralyse litt und deren Eltern sicher syphilitiaoh
waren (mehrere Aborte und lebensohwache Kinder)^
hatte eine Tochter mit hydrocephalem und asym-
metrischem Schädel und Schielen ; auch war du
Kind zurückgeblieben (Beobachtung von A. Fonr«
nier). Auch E. Fournier 8ah2Kinder, die voi
hereditär-syphilitischen Mt&ttern stammten und ai
>) £. Finger hat im Jahre 1900 eine sehr weil^
volle Zusammenstellung aller Fälle von Erbsyphilis in da
3. Generation gegeben (Wien. klin. Wehnschr. XU
17. 18. 19. 1900), aus der wir oben citiren.
Bresler, Erbsyphilis und Nervensystem.
39
Meningitis starben, ein drittes mit hydrocephalem
Kopfe behaftet Lannelongue (bei Fournier)
einen mikrooephalen Idioten, ebenfalls von here-
dittr- sjphilitisoher Mutter, Ictamanoff (bei
Finger) ein epileptisches Kind von einem here-
ditär-sjphilitiflohen Vater.
Fournier hat 45 hierher gehörige Beobaoh-
tongen gesammelt und darunter 18 solche, bei
denen der Nachweis der ererbten Syphilis ganz
einwandfrei ist; im Folgenden sind sie mitge-
theUt
,/. Beoifoehtung (Dr. Barthelemy). Inaag.-DiBs.
NoffliDer 384.
1) Orossvater mütterlicherseits syphilitisch ;
2) hereditär-syphilitische Mutter, an einen gesunden
Mann verheirathet;
3) Eiod mit 5 Jahren.
Zurückbleiben der Entwickelung, grosser Kopf,
As^mmelrie des Schädels und Oesichies, übermässige
Aosbildoflg der Venengeflechte, kleine, missbildete, ge-
riffte Zähne.
IL Beobachtung (Dr. Etienne). Inaug.-Di8s.
Nommer 389.
1) Orossmutter väterUcherseits syphilitisch ;
2) hereditär -syphihtischer Vater, an eine gesunde
PitQyerheirathet;
3) 5mal Abortus, 2 früh verstorbene Kinder.
8 lebende Kinder, bei denen ich notirt finde : grosser
Scbidei, mehrfache 2^nanomalien, fehlerhafte Implan-
tition, tiefe Biefenbildang, Sprachstörungen, geistige Stö-
niDg^D, Hysterie.
UL Beobachtung, Inaug.-Di8S. Beobachtungsnu'm-
mer390.
1) Syphilitische Orosseltern ;
2) hereditär-syphilitische Mutter, an einen gesunden
Mann verheirathet;
3) dystrophisches Kind.
Zurückgebliebener Thorax, Infantilismus, seitlicher
Budcd, Oesichtsasymmetrie, Strabismus extemus, ovale
htpüleny dystrophische Zähne, streifenförmige Erosionen,
Verbüdung der Mahlzähne.
IV. Beobachtung (Dr. Gas ton). Inaug.-Diss. Obser-
ntionsnunmier 222.
1) Syphilitische Orossmutter;
2) hereditär-syphilitische Mutter, an einen gesunden
Kaonverheirathet;
3) Kind zeigte eine congenitale Amputation des
VordeiiimeB und Olossitis exfoliativa marginalis.
F.B0o6ae^iifi^(Dr. Caubet). Inaug.-Diss. Obser-
ntioosnnmmer 396.
1) Syphilitische Orossmutter ;
2) hereditär-syphilitisohe Mutter, an einen gesunden
Mnui vBiheirathet;
3) rier Schwangerschaften, die so endigten :
a) todtgeborenes Kind ;
b) Foetus ;
c) Abortus ;
d) monströses Kind, das nach 3 Tagen starb ; es
Migte folgende Missbildungen: Hasenscharte, Plattfnss,
VefBchlnas der Urethra, Fehlen der Uvula, Missbildung
^ Ohren und Finger, der Zehen, Naevus.
VL Beobachtung (Prof. Tarnovsky). Inaug.-Diss.
Kammer 397.
1) Syphilitische Orossmutter;
2) hereditär - syphilitischer Vater, an eine gesunde
Fna Terheirathet ;
3) 11 folgendermaassen beendigte Schwangerschaften :
a) acht todtgeborene Kinder;
b) ein hystero-epileptisehes Kind ;
c) ein tuberkulöses Kind ;
d) ein mit Kropf behaftetes Rind.
VIL Beobachtung (Prof. Pinard). Inaug.-Diss.
Nummer 225.
1) Syphilitischer Orossvater ;
2) hereditär-syphilitische Mutter, war 2mal an einen
gesunden Mann verheirathet :
a) ein todtgeborenes Kind ;
b) 4mal Abortus ;
c) ein lebendes Kind mit verschiedenen Merkmalen
hereditärer Sy()hilis.
VIII. Beobachtung (Prof. Lannelongue). Inaug.-
Diss. Beobachtungsnummer 32.
1) Syphilitischer Orossvater ;
2) Mutter, die jetzt keine scheinbaren Merkmale hat,
heirathet einen gesunden Mann :
a) 2mal Abortus;
b) lebendes , ganz kleines Kind , Mikrocephalus,
idiotisch, mit Convulsionen behaftet.
IX. Beobcu^htung (Dr. P e r n e t). These Armenteras.
Brit Journ. of Dermatol. Nr. 134 V. Beitrag zum Stu-
dium der Syphilis der 3. Oeneration. Beobachtung 37.
1) Syphilitischer Orossvater;
2) hereditär-syphilitische Mutter, an einen gesunden
Mann verheirathet;
3) sieben folgendermaassen endigende Schwanger-
schaften :
a) nach 3 Tagen gestorbenes Kind ;
b) Abortus ;
c) Abortus nach 6 Monaten von 2 Zwillingen ;
d) lebendes Kind , klein , zart , schläfrig , wenig
intelligent;
e) Abortus ;
f) Abortus von Zwillingen ;
g) Abortus.
X Beobachtung (Dr. J u 1 1 i e n). These Armenteras.
Beobachtungsnummer 38.
1) Syphilitischer Orossvater;
2) hereditär-syphilitische Mutter, an gesunden Mann
verheirathet ;
3) zwei Schwangerschaften, von denen :
a) Abortus :
b) ein lebendes Kind, das nicht untersucht ist
XL Beobachtung (Dr. Suarez de Mendoza).
These Armenteras. Beobachtungsnummer 29.
1) Syphilitischer Orossvater;
2) Vater ohne sichtbare Merkmale, an eine gesunde
Frau verheirathet;
3) vier Schwangerschaften, die so endigten :
a) Abortus;
b) lebendes Mädchen, Mikrocephalus, mit greisen-
haftem Aussehen, mit abgeschliffenen Zähnen, verküm-
merten Eckzähnen, beiderseitiger Iridoohorioideitis und
einem ulcerirten Oumma des einen Unterschenkels ;
c), d) lebende Kinder mit greisenhaftem Aussehen.
XII. Beobachtung (Dr. Davasse). These Armen-
teras. Beobachtungsnummer 4.
1) Syphilitischer Orossvater;
2) Mutter ohne sichtbare Merkmale, heirathet einen
gesunden Mann ;
3) sieben Schwangerschaften, so endigend :
a) sechs Kinder im frühesten Alter gestorben ;
b) ein lebendes Kind, rhachitisch.
Multiple Caries der Knochen mit Sequesterbildung
und Einsenkung des Nasenrückens, Zahndystrophien.
XILI. Beobachtung (Dr. D u r e u i 1). These Armen-
teras. Beobachtungsnummer 7.
1) Syphilitische Orossmutter hatte 10 Kinder, davon
7 gestorben, 1 gesund, 2 hereditär-syphilitisch ;
2) Vater hereditär - syphilitisch , heirathet gesunde
Frau;
3) acht Schwangerschaften endigten in :
a) zwei Abortus ;
b) 5 Kinder, früh gestorben, davon 3 an Meningitis ;
40
B real er, Erbsyphilis nnd Nervensystem.
o) ein Kind, das mnltiple, syphilitische Arthro-
pathien zeigt. Hyperostosen der Epiphysen an der Tibia
und Ferneres, Gelenksyerdiokangen , gummöse Ulcera-
tionen.
1) Hereditär-syphilitische Muttor, an gesunden Mann
verheirathet ;
2) vier Schwangerschaften endigten in :
a) zwei Abortus ;
b) zwei frühzeitig gestorbene Kinder.
• XIV. Beobachtung (Dt. YAßilief!).
1) Syphilitischer Orossvater;
2) an allgemeiner Paralyse gestorbener Vater, der
an gesunde Frau verheirathet war ;
3) zwei Schwangerschaften endigten in :
a) Mädchen mit 25 Jahren, klein, zeigt eine atu-
gebattchie Stirrif einen kleinen, schleckt gefomüen Kopf.
Exostosen an den Rippen und am Humeras, maxillare
Tumoren und eine Missbildaoe des Beckens;
b) neuropathtseher Sonn,
XV. Beobachtung (Dr. L e m o n n i e r).
1) Syphilitischer Grossvater;
2) hereditär - syphiUtischer Vater, an gesunde Frau
verheirathet;
3) zwei Schwangerschaften, endigend in :
a) Sohn, 27 Jahre alt, wunderbar gebaut, hat aber
Gumma nasi, Sarkooele, speoifische Verkümmerung des
Hodens;
b) Sohn, 24 Jahre alt, ohne Stigmata, aber spe-
cißsche Ulceratiooen an den Beinen.
X VI. Beobachtung (Prof. A. F o u r n i e r).
1) Syphilitischer Orossvater;
2) Vater ohne sichtbare Merkmale, an gesunde Frau
verheirathet;
3) Kind, mit 16 Monaten Periostitis frontalis, Spina
ventosa.
X VIL Beobachtung (Dr. Barthelemy).
1) Syphilitischer Grossvater;
2) hereditär- syphilitischer Vater, an gesunde Frau
verheirathet ;
3) zwei Schwangerschaften endigten in :
a) Mädchen mit 18 Jahren (Jungfrau), hatte syphi-
litische Gummen an der linken Brustwarze, die für Tuber-
kulose der Mammae gehalten worden waren und durch
speoifische Behandlung geheilt wurden;
b) Mädchen mit 5 J., ungeheuer kindlich, mit ver-
unstaltendem, congenitalem Gelenkrheumatismus behaftet.
XVUI. Beobachtung (persönlich). Inaug.-Diss.
Nummer 393.
1) Syphilitischer Grossvater;
2) hereditär-syphilitische Mutter, an gesunden Mann
verheirathet;
3) zwei Schwangerschaften endigten in zwei Todes-
fällen in frühem Alter. *^
Man ersieht auch daraus, dass Nervenleiden
unter selbst so wenigen Fällen eine erhebliche
Rolle spielen. Die Idiotie scheint besonders hftufig
vorzukommen. Die übrigen Fälle Fournier's
übergehe ich; zum Theil sind sie bei Finger
citirt und weiter oben wiedergegeben.
Das Vorkommen von Nervenleiden bei von
heredit&r - syphilitischen Eltern stammenden Kin-
dern wird sehr gut durch nachstehende Tabelle
Fournier's veranschaulicht. Aus 46 ihm be-
kannten hereditär -syphilitischen Ehen entstan-
den 143 Schwangerschaften, die folgendermaassen
endigten: 43mal Abortus, 39 todtgeborene oder
bald verstorbene Kinder, 63 lebende Kinder. Bei
diesen 63 Kindern konnte Fournier folgende
Fälle von Dystrophie erheben :
Zahndefekte 19
Angendefekte 19
Missbildungen des Oehims, MikroeepheUus . U
Knochen- und rhachitische Erkrankungen . . 11
Zurückgebliebene Entwickelung in der Kindheit 6
Intellektuelle und idiotische Dystrophien . . 5
Epilepsie und Hysterie 4
Decrepides und gealtertes Aussehen .... 4
Stigma auriculare 3
Misfibildungen des Herzens 3
Asymmetrien 3
Nervöse Oonvulsionen 2
Plattfuss 2
Incontinentia urinae
Einsenknng der Nasenknochen
Erweiterung und übermässige Ausbildung der
Hautvenen
Hasenscharte
Luxation der Hüfte
Angeborener Verschluss der Urethra . . .
Missbildung der Finger und Zehen ....
Amputation des Vorderarmes
MissbilduDg der Ohren
Atrophie der Zunge
Dilatation der Bronchen, Naevus, Tuberkulose,
Kropf, Landkartenzunge 6
106
Also fast der 3. Theil der Dystrophien sind
solche des Nervensystems.
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gressiven Paralyse.)
Westphal, Ein Fall von progressiver Paralyse
bei einem 15jiÄr. Mädchen mit anatomischem Befunde.
Charite-Ann. 1893.
Westphal, Zur Lehre von der congenitalen Him-
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Williams, E. H., Hereditary syphilis and general
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1896.
Wilms, Lues hereditaria mit Tabes u. Arthropathia
tabica. Münchn. med. Wchnschr. 1900.
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geborener Syphilis. Corr.-Bl. f. schweizer. Aerzte 1872.
— Schmidt's Jahrbb.
Zapper t, J., Beitrag zur sogen. Pseudoparalyse
hereditär-syphiUtischer Säc^nge. Jahrb. f. Kinderhkde.
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Zappert, üeber isolirtes Vorkommen von Augeu-
muskellähmung als Spätsymptom der hereditären Syphilis.
Arch. f. Kinderhkde. XIX. 3 u. 4. p. 161. — Wien. med.
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vorstellung. Wien. klin. Wchnschr. Nr. 12. 1897.
Ziehen, Behandlung der Idiotie, Imbecillität, Debi-
lität. Penxoldi u. Stinixdng's Specielle Therapie der
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Ziehen, Die Geisteskrankheiten des Kindesalters.
BerUn 1902.
48
L Medioinische Physik, Chemie vtnd Botanik.
B. Auszüge.
I. Medioinische Physil^, Chemie und Botanilc.
1. Untersnohangen über thierisohe Leim-
stoffe. l.Mittheilung: Ueber Sehnenglutin. 2. Mit-
theilung: üeber Knorpelgluiine (OltUeine) ; von
\V1. S. Sadikoff. (Ztschr. f. physiol. Chemie
XXXIX. 5. p. 396. 411. 1903.)
S. hat auf 3 verschiedene Arten Bindegewebe-
glutin aus Sehnen dargestellt, durch Trypsin-
verdauuDg, durch Behandlung mit Kalilauge, sowie
durch Behandlung mit Kali und Soda. Die ver-
schiedenen so erhaltenen Präparate stimmten in
ihrer Elementarzusammensetzung, abgesehen vom
Schwefelgehalt, sowie in den Reaktionen überein.
Sie unterschieden sich theilweise hinsichtlich der
Löslichkeit in kaltem und heissem Wasser, sowie
der Gelatinirbarkeit.
Enorpelglutine stellte S. aus der knorpeligen
Nasenscheidewand des Schweines, aus der Rinder-
trachea, sowie aus der Schweineohrmuschel dar,
und zwar nach einer von C. Th. Mörner ange-
gebenen Methode, durch Digestion mit täglich ge-
wechselter schwacher Kalilauge, Auswaschen mit
Wasser, Erhitzen mit Wasser bei 110<>.
Die dargestellten Präparate unterscheiden sich
vom Sehnenglutin einmal durch niedrigeren Ge-
halt an Kohlenstoff und Stickstoff, sowie höheren
Schwefelgehalt, dann auch durch zwei Reaktionen :
Sie reduciren nach Spaltung mit Salzsäure in
schwachem Maasse Kupferoxyd in alkalischer
Lösung und sie geben eine näher beschriebene
Reaktion mit Phloroglucin und Salzsäure-Alkohol.
Wegen des vom Sehnenglutin abweichenden
Verhaltens schlägt S. vor, die Knorpelglutine als
Gluteine zu bezeichnen. V. Lehmann (Berlin).
2. Ueber die Herkunft der sohwefelhaltigen
Stoffweohselprodnkte im thierisohen Organis-
mns; von J. Wohlgemut h. 1. Mittheilung.
(Ztschr. f. physiol. Chemie XL. lu.2. p.81. 1903.)
Seit kurzer Zeit ist der Zusammenhang des
Taurins mit der im Eiweiss enthaltenen Cystin-
gruppe wahrscheinlich gemacht. W. hat nun aus
Eiweiss stammendes Cystin (aus Menschenhaaren
dargestellt) an Kaninchen verfüttert. Danach stieg
im Harn die Menge des neutralen Schwefels be-
deutend, während der oxydirte nur eine geringe
Steigerung erfuhr. Es wurde aber nur der kleinere
Theil des Cystinschwefels resorbirt und theils in
der Galle deponirt, theils nach Uebergang in den
Blutkreislauf in den Harn übergeführt. Der grössere
Theil des Cystins wurde durch den Darm wieder
ausgeschieden. Der in die Galle übergegangene
Antheil geht in Taurin über und bildet Taurochol-
säure. Nach der Cystinfütterung erschien andi
regelmässig unterschweflige Säure im Harn.
y. Lehmann (Berlin).
3. Ueber Uroferrinsänre ; von Dr. O.Thiele.
(Ztschr. f. physiol. Chemie XXX VIL 4. p. 251. 1903.)
Es ist von verschiedenen Seiten versucht wor-
den, aus dem Harne eine stickstofifschwefelhaltige
Säure darzustellen, die dann einen Theil des „nen-
tralen'* Schwefels enthalten würde („OxyproteiD-
säure'S „üroprotsäure^^ u. A.). Ein sicheres Re-
sultat ist nach T h. aber dabei nicht herausgekom-
men. Th. verarbeitete eine grosse Harnmenge mit
Hülfe der S i e g f r i e d 'sehen Eisenmethode. Diese
besteht im Wesentlichen darin, dass der phosphat-
freie, ammonsulphatgesättigte Harn durch eine am-
monsulphatgesättigte Eisenammoniakalaun- LOsung
gefällt wird. Nach mannigfachen Abänderungen
konnte er nach verschiedenen Darstellnngsarten
Salze einer Säure und auch die freie Säure gewin-
nen, die er Uroferrinsäure nennt und der er die
Formel CssHseNgSOio giebt.
Die Säure giebt keine Reaktion naoh Milien,
keine Biuret-, keine Xanthoprotein-, keine Adam-
kiew i c z 'sehe Reaktion, nicht die M o 1 i s c h'sche
Probe. Alkalische Bleiacetatlösung spaltet selbst
bei langem Kochen keinen Schwefel ab. Fällun-
gen werden erzeugt durch Phosphorwolf ramsäare,
Quecksilbersulphat, Quecksilbemitrat Die Säore
ist linksdrehend. Bei der Spaltung konnte mit
Sicherheit nur Asparaginsäure nachgewiesen wei^
den. V. Lehmann (Berlin).
4. Bine einfache Methode der quantita-
tiven Bestimmung der Balioyls&are im Harn ;
von Dr. F. Zeigan. (Centr.-Bl. f. innere Med.
XXIV. 36. 1903.)
Die Vorschriften zum quantitativen Nachweis
von Salicylsäure im Harn waren bisher so schwierig
mnd complicirt, dass die Bestimmungen nicht ge-
macht wurden. Z. hat nun eine einfache Methode
gefunden, deren Princip darauf beruht, dass doit^
den geringsten Zusatz von Salicylsäure zu einer
Salicylsäure- Eisenchloridlösung Violettnuancinmg
hervorgerufen wird. Der Vorgang des Verfahrens
muss im Originale nachgelesen werden. Erwähnt
sei nur, dass man hierdurch im Stande ist, den
Gehalt des Urins an Salicylsäure in Milligrammen
zu bestimmen. Neu mann (Leipzig).
5. Bine neue Methode der qiumtitatiT«a
Biweiasbestimmang ; von Dr. E. Reise. (Arok
f. experim. Pathol. u. Pharmakol. XLL 1. p. 1&
1903.)
n. Anatomie und Physiologie.
40
Mit Hülfe des Totalrefraktometer von Pulf-
rich bestimmt R. in minimalen Mengen Blat,
Ex- und Transsudaten, Cerebrospinalflüssigkeiten
mit uDgeflUir + 0.2^0 Fehler quantitativ den Ei-
weissgehalt Für Beurtheilung pathologischer Fälle
hat man sich an Normalcondtanten zu halten. Die
Bearbeitung der Bestimmung des Harneiweisses
wird in Aussicht gestellt W. Straub (Leipzig).
6. Anwendung der physikalisohen Chemie
auf das Stadium der Toxine und Antitoxine ;
TOD Svante Arrhenius und Th. Madsen.
(Ztschr. f. physikal. Chemie XLIV. p. 7. 1903.)
Die Vff. untersuchten die chemische Kinetik
der Antitoxinwirkung, und zwar an echten Bak-
terienprodukten. Sie wählten Tetanolysin und Anti-
ijsin, weil in diesem Falle die quantitative Analyse
nicht durch das immerhin unklare Thierexperiment,
aondem in vitro durch die Menge der jeweils ge-
lösten Blutkörperchen der verwandten Blutlösungen
genau ausgeführt werden kann. Gleichzeitig bietet
sich dabei derYortheil, die Vorgänge bei der Toxin-
Antitoxinwirkung in Analogie zu setzen mit der
Hämolyse durch anorganische Substanzen (Basen),
bez. deren Beeinflussung durch Zusätze. Zunächst
stellten die Tff. bezüglich des durch verschiedene
Mengen hämolytischer Substanzen erzielbaren End-
nistandee fest, dass der endliche Orad der Hämo-
lyse ungefähr proportional dem Quadrat der vor*
handenen hämolytischen Substanz (Tetanolysin und
Ammoniak) ist Als Fehler schiebt sich der Um-
stand ein, dass ein Theil des Lysins vorerst ohne
Wirkung an die rothen Blutkörperchen gebunden
wird, d. b. dass die Reaktion der Hämolyse mit
einer gewissen Latenz einsetzt. Besonders aus-
gesprochen ist diese Erscheinung bei der Hämo-
lyse durch Ammoniak, so dass die Vff. den Process
der Bämolyse in Analogie bringen mit der Fällung
«'nes Thonerdsalzes durch Alkali und der L(^sung
des gebildeten Hydroxyds durch überschdssiges
raiungsmittel. Die Reaktiongeschwindigkeit ist
dem Quadrat der Toxinmenge proportional, der
finflues der Temperatur ist, analog anderen che-
niachen Reaktionen, ein beschleunigende)*. Da der
schwach dissociirte Ammoniak etwa 20mal stärker
hSmolytiach als stark dissociirte Natronlauge wirkt,
kann diese Wirkung nicht von OH- Ion verur-
eacht sein.
Die Hämolyse durch Alkali wird durch Znsatz
Yen Neotralsalz bedeutend vermindert, ganz beson-
ders die Ammoniak-Hämolyse; die Hemmung ist
nidit proportional der Menge der Zusätze, sondern
steigt in flacherer Curve. Die Wirkung des Lysins
wird durch Zusatz von Neutralsalz in variabler
Weise geändert Eieralbumin setzt die Wirkung
des Tetanolysins herab, die Hemmung ist bis zu
einem gewissen Orade proportional der Albumin-
menge, um von da ab constant zu bleiben, was auf
Bildung einer Verbindung Albumin-Lysin deutet,
die jedenfalls fester ist, als die Verbindung Lysin-
BlutkOrperchen. Die Ammoniak-Hämolyse reagirt
nicht auf Eieralbum in zusatz.
Zur völligen Hemmung der Lysin Wirkung durch
Antilysin ist ein scheinbarer grosser Ueberschuss
an Antilysin n5thig, so dass die Vermuthung
naheliegt, als bände ein Mol. Toxin mehrere Mol.
Antitoxin. Durch Untersuchung des Gleichgewichts
während der Neutralisation konnten indessen die
Vff. nachweisen, dass der Vorgang analog dem
Processe der Neutralisation einer starken Base
durch eine schwache Säure verläuft Als analoges
Schema mit anorganischen Substanzen diente das
jeweilige Maass der NH^-Hämolyse von BlutlAsung
durch Gemische von mit Borsäure theilweise ge-
sättigtem Ammoniak. Es stellte sich heraus, dass,
wenn 1 Bo(OH)| zu einer gewissen Menge NHg halb
neutralisirt, der Zusatz der doppelten Menge Bo(OH)|
nicht noch den Rest fertig neutralisirt, sondern blos
zu 2/,, 3 Bo(OH), »/i, 4 Bo(OH), Vä «-s-w. Aehn-
lich verhält sich die Neutralisation von Toxin durch
Antitoxin. Damit gehört also die Antitoxin Wirkung
in die Kategorie der Oleichgewichtreaktionen,
d. h. eine völlige Neutralisation ist überhaupt nicht
möglich. Die Componenten des im Gleichgewichte
befindlichen Systems sind: Blutkörperehen, Toxin,
Antitoxin ; das Toxin vertheilt sich zwischen Blut-
körperchen und Antitoxin, wie viel Toxin das Anti-
toxin für sich nimmt, hängt nur vom Verhältniss
seiner eigenen Menge zu der der Blutkörperchen
ab, d. h. der Vorgang untersteht dem Massen-
wirkungsgesetze. Damit ist aber auch die bis-
herige Annahme einer Vielheit der Toxine als Irr-
thnm erwiesen, die Toxine, Proto-, Deutero- u.s. w.
Toxine sind nur Gleichgewichte zwischen ver-
schiedenen Mengen desselben Toxins mit seinem
Antitoxin. Die Vff. berechnen noch die zuge-
hörigen Gleichgewichtconstanten. Die Neutrali-
sation von Toxin durch Antitoxin ist ein Vorgang,
der mit positiver Wärmetönung verläuft, die Vff.
berechnen die Neutralisationwärme von 1 Mol.
Toxin -|- 1 Mol. Antitoxin zu -f 6000 Cal., etwa
der Hälfte der Neutralisation wärme einer starken
Base mit einer starken Säure.
W. Straub (Leipzig).
II. Anatomie und Physiologie.
71 X>U BegeüenKÜon der Uteruasohleimhaat
ih ÖBT Geburt; von E. Wormser. (Arcb. f;
ejDftkoL LXIX. 3. p. 449. 1903.)
Nadi einem gesohichtlichen üeberblicke über
die Botwiekelung unserer Kenntnisse vonder Rück-
Med. Jahrbb. Bd. 282. Hft. 1.
bildung der Uterusschleimhaut nach der Geburt be-
richtet W. eingehend über in der Baseler Klinik
Yon ihm ausgeführte Untersuchungen von 7 kurz
nach dem Tode entnommenen Uteri, 36 Ausscha-
bungen mit der Curette und 5 Abkratzungen mit
50
n. Anatomie und Physiologie;
dem Finger. Die Präparate vertiieilten sich auf den
1. bis 60. Tag nach der Geburt und wurden zumeist
mit Pikrinsfturealkohol fixirt und gehftrtet und der
Paraf Aneinbettung unterworfen. Die äusserst mühe-
volle, mit grOsster Sorgfalt durchgeführte und bild-
lich reichlich erläuterte Arbeit gipfelt in folgenden
Schlussfolgerungen :
Die Trennung der Eihäute bei der rechtzeitigen
Qeburt erfolgt innerhalb der Spongiosa, so dass in
jedem Falle mehr oder weniger Spongiosagewebe
auf der Innenfläche des Uterus verbleibt Die Dicke
der zurückgelassenen Spongiosaschicht ist an ein
und demselben Uterus sehr wechselnd, umfasst
aber an den dünnsten Stellen mindestens eine Lage
von flachausgezogenen Drüsen, die durch die Lösung
erOfifhet und zur Oberfläche werden ; an allen an-
deren Stellen (und diese bilden die überwiegende
Mehrzahl) besteht die zurückgebliebene Schicht aus
mehreren Lagen von Drüsenräumen. Eine Unter-
scheidung von 2 Typen der Regeneration, wie sie
Klein annimmt, ist nicht gerechtfertigt; dieUn
schiede sind nur gradueller Natur. Die
gebliebene Spongiosa zeigt vom 2. Tagef ao) eine
Scheidung in eine oberflächliche, nekr
eine tiefe, gut gefärbte Schicht, die
Demarkationlinie getrennt sind. Diese
nutzt die basalen Flächen aller in ihrer
findlichen Drüsenräume, die dadurch zur sp
Oberfläche werden. Sobald durch Ausstossung der
nekrotischen Oberflächenschicht der Raum zwischen
2 erüfl^eten Drüsenschalen freigelegt ist, wird er
durch seitliches Verschieben, durch Abplattung und
auch durch amitotische Vermehrung der zunächst
liegenden Epithelien provisorisch gedeckt; weiter-
hin sorgen, ebenfalls auf dem Wege der Amitose,
die Drüsenepithelien in der Tiefe für genügendes
Material zur üeberhäutung der Defekte (Mehr-
schichtigkeit, Syncytiumbildung). In allen Stadien
des Wochenbettes, bis zum Ende der 3. Woche,
bieten die Epithelzellen neben den Erscheinungen
der Proliferation solche der regressiven Metamor-
phose dar: Unregelmässigkeit der Lagerung, poly-
morphe Beschaffenheit der Zellen und Zellenkerne,
Vacuolenbildung, Pyknose, peripherische Verlage-
rung, Fragmentation, körnigen Zerfall und chemische
Deconstitution der Kerne. Indirekte Kemtheilung
findet in den ersten 14 Tagen des Wochenbettes
im Epithel nicht statt Die Decidua bildet sich
auf zweierlei Weise zurück: eine oberflächliche,
schmale, nicht überall ausgebildete Zone zeigt
fettige Entartung und Zerfall der Deoiduazellen, so
dass nur das sehr deutlich gewordene intercelluläre
Maschen werk übrig bleibt: areolärer Typus; die
Neubevölkerung mit Stromazellen geschieht durch
Wucherung der Bindegewebezellen, sowie durch
Nachschub von unten. In der tiefen, die ganze
übrige Dicke der Schleimhaut umfassenden Schicht
bilden sich die Deoiduazellen unter Verkleinerung
von Kern und Protoplasma zu normalen Stroma-
zellen zurück, die alsbald auf mitotischem Wege
sich zu vermehren beginnen. Die Placentastelle
und die übrige Schleimhaut bilden sich in gleicher
Weise zurück, wie auch der Bau der beiden fiber-
einstimmend ist Die serotinalen RieseDsellen
gehen im Wochenbette in kurzer Zeit unter Frag-
mentation zu Qrunde; mehr oder weniger uÜ-
reiche Deberreste finden sich aber bis in die 3. Woche
fast regelmässig (dieses vielleicht nidit ganz no^
maier Weise). Alle Regenerationvorgänge spielen
sich nebeneinander verschieden rasch ab, so dass
zu jeder Zeit in den ersten 2 Wochen alle Stadien
gefunden werden können, was die Bestimmung von
Regelmässigkeit in der Zeit des Ablaufes des einen
oder anderen Vorganges sehr erschwert und viel-
leicht auch für einige Angaben in der literatni
über abnorm rasche Regeneration die Erklämog
bietet Am Ende der 3. Woche ist die Regenoation
so weit gediehen, dass alle Bestandtheüe der
Schleimhaut annähernd normal vorhanden sind^
ohne jedoch ihren puerperalen Charakter ganz ab-
haben. Kurt Kamann (Wien).
Unterraolnmgen Aber das
ebe der weibliohen Oenital-
Ferd. Schenk u. Dr. Lothar
(Ztschr. f. HeUkde. XXIV. 6. p. 126.
A. haben die schon von vielen Autoiea
vorgenommenen Untersuchungen fortgesetzt und
gefunden, dass das elastische Gewebe in allea
Organen des weiblichen Qenitaltraktes mit in-
nehmendem Alter reichlicher und dichter wird.
Immerhin bleibt, wenn man sich ni(^t in Hypo-
thesen einlassen will, die Frage über die Funktion
des elastischen Qewebee der weiblichen Oenital-
Organe noch offen. N e u m a n n (Leipzig).
9. Die anatomiflohe Gestaltung de« Knie*
atreokapparatea beim Kenaohen; von Oeor^
Schmidt ( Arch. f. Anat u. Physich [anat Abth.]
2. 3 u. 4. p. 107. 1903.)
Schm. beschreibt ausführlich unter dem voftj
Mikulicz eingeführten Namen „Ligamenta paiai^
patellaria'* den su beiden Seiten der Knieaoh«
gelegenen, ziemlich complicirten Bandapparat,
aus den 3 trennbaren Schichten der Fasde, A]
neurose und Kapsel besteht Es wäre bei kliiili
Untersuchung von Patellafrakturen Werth di
zu legen, welche dieser Schichten im einzelnea Fi
eventuell erhalten bleibt, da hierdurch mOg'lii
Weise ein besseres Verstftndniss für die so i
ordentlich grosse Verschiedenheit der nachf i
den Funktionstürungen gewonnen werden kOm
a. F. Nicolai (Berliny
10. Zur BLenntniM des
Menaohen ; von Dr. F. P i n k u s in Berlin. (]
matol. Ztschr. X. 3. p. 225. 1903.)
Mikroskopische Untersuchungen euM
Haare benachbarten, bisher unbekannten, ^on
n. Anatomie und Physiologie.
61
zuerst beschriebenen Organes, der BaarmihtiibB,
klärten die Bedeutung dieses Gebildes auf und er-
gaben eine Reihe von Thatsacheu, die als neue Be-
funde an der Haut des Menschen unser Interesse
in Anspruch nehmen müssen : 1) Die Haarscheibe
ist ein ungeaiein reich innervirtes Gebiet. 2) Es
handelt aich bei der Haarscheibe um einen beson-
deren typisch gebauten Nervenendapparat , ver-
mothlich um ein Hautsinnesorgan, von der Art,
vie es bei anderen Tbieren als Tastscheibe bekannt
ist 3) Wenn ein Organ unserer Haut vom Tast-
fecke der Reptilien abgeleitet werden soll, so kann
es nur die Haarscheibe sein. 4) Der Fund dieses
oeoen menschlichen Organes muss dringend zur
Yorsicht mahnen bei der Ableitung der Haare von
weit entfernten epidermoidalen Bildungen, wie es
Maurer wollte. Denn bei Einhaltung des phylo-
genetischen Gedankenganges M a u r e r 's kann man
aaf dem Wege von der Sinnesknospe des Lateral-
organes Aber Perlorgan - Tastscheibe nicht zum
flaar selbst kommen, sondern zu einem anderen
Punkte, nämlich zu der Haaraeheibe.
Friedlftnder (SohOneberg).
1 1. QnalitatiTe differenoe of apinal reflez
oorresponding wlth qualitative dilTerenoe of
eDtaoeoiia atimalus; by C. S. Sherrington.
(Joum. of Physiol. XXX. 1. p. 39. 1903.)
M einem ,3ückenmarkshunde'S d. h. einem
Hunde, dem ein kurzes Segment des untersten
Gerrikalmarkes entfernt ist, lassen sich durch verr
Khiedenartige Beizungen der Hinterpfote auch sehr
verschiedene Reflexbewegungen auslösen : Streck-
nflez der Pfote auf Druck des Fussballens, Beuge-
reflex bei Stich oder Verletzung der Haut, Kratz-
nflex bei sehr leichter, streichender Berührung.
Bne weitere Verfolgung dieser Beobachtungen er-
fiih, dass in der Haut des Hundes verschiedenartige
Herrenendigungen vorhanden sein müssen, die
im Bdckenmarke verschiedene Reflexapparate be-
kenBchen.
Die Unterscheidung der Nervenendigungen in
fa Haut, wie sie auf Qrund der psychologischen
Kietiode beim Menschen gelang, Iftsst sich also
keim „Bückenmarkshunde^' schon auf rein physio-
J^i^sm Wege, d. h. durch Beobachtung der durch
'is verschiedenen Reize ausgelösten Muskelbewe-
{Qogen durchführen. Q a r t e n (Leipzig).
1 2. The taste flbres and their independenoe
QfUwnervustriseininiuu Dedudionfromthirteen
P<*tt of Qasserian ganglion exsHrpaiion; by Har-
's J C u 8 h i n g. (BulL of the Johns Hopkins Hosp.
3UV. U4. 145. p. 71. March— April.)
Auf Orund seiner mit allen Cautelen ausge-
Urtoi Untersuchungen kommt C. zu gerade eht-
N^geeetzten Resultaten wie 0 o w e r s und S t b -
Isrt, die ihre Beobachtungen über das Verhalten
brQesohmacksempfindung der Zunge nachExstir-
pation des Oanglion Gassen in den letzten Jahren
publicirt haben. Er fand nach diesem BingrifFe
die Oeschmaoksempfindung auf dem hinteren Theile
der Zunge nicht gesohftdigt und niemals einen
dauernden oder völligen Verlust auf den vorderen
2 Dritteln. Bine vorübergehende Aufhebung oder
Verminderung der Oesohmackschftrfe kann wohl
einige Tage nach der Operation auf dem vorderen
anästhetischen Theile der Zunge bestehen und muss
auf die Beziehungen des mechanisch oder toxisch
geschAdigtenN. lingualis zur Chorda zurückgeführt
werden. Der N. trigeminus führt mit hoher Wahr-
scheinlichkeit weder von der vorderen, noch von
der hinteren Zungenhftlfte Oeschmacksfasem zum
Qehirn. S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
13. Ueber PopUlenTeriadenuigen nach
dem Tode; von Dr. Placzek in Berlin. (Vir-
chow's Aroh. CLXXIL 1. p. 172. 1903.)
Die Pupillen von Thier und Mensch verftndern
sich nach dem Tode in einer Art, die PI. als das
Gesetz der postmortalen Pupillenstarre bezeichnet.
Die Einwirkung der Mydriatica und Miotica (mit
Ausnahme des Nebennierenextraktes), wie stark
auch die lebende Pupille durch sie umgeformt wird,
ist ohne Ein fluss auf die postmortale, gesetzmftssige
Pupiilenveränderung. Das die Pupillen erweiternde
Nebennierenextrakt verzögert die gesetzm&ssigen
Pupillenverftnderungen wesentlich und beeinträch-
tigt ihre Intensität. Die postmortale Pupillenstarre
ist ein rein muskulärer Vorgang.
Noesske(Eiel).
14. üeber die Innenration der Tlirinen-
drfise; von Dr. H. Landolt (Arch. f. d. ges.
Physiol. XGVIIL 3 u. 4. p. 189. 1903.)
Durch Versuche an Kaninchen und Affen konnte
L. die, namentlich von Köster vertretene An-
schauung bestätigen (vgl. die klinischen Befunde
bei Facialislähmung), dass die in der Peripherie im
N. lacrymalis, bez. N. subcutaneus malae zur
Thränendrüse verlaufenden sekretorischen Fasern
intracraniell im Facialis liegen. Sie gehen, wie L.
fand, bis zum Ganglion geniculi im Facialis, dann
aber durch den N. petrosus superficialis major zum
Ganglion spheno-palatinum (also nicht, wie man
vor Köster annahm, durch die Chorda tympani),
und vom Ganglion spheno-palatinum zum 2. Ast
des Trigeminus,' bez. dem N. subcutaneus malae.
Andererseits steht der N. subcutaneus malae durch
regelmässige Anastomosen mit dem N. lacrymalis
in Verbindung.
Durch schwierige Operationen, deren Beschrei-
bung im Originale nachgelesen werden muss, ge-
lang es L., den intracraniellen Theil des Facialis
am lebenden Thiere bloss zu legen und mit Hülfe
von Durohschneidung- und Reizungsversuchen den
beschriebenen Verlauf der zur Thränendrüse ziehen-
den sekretorischen Nervenfasern sicher nachzu-
weisen. Garten (Leipzig).
52
IL Anatomie und Physiologie.
16. Dm anatomisohe Verhalten der Kusoa-
laris maooaae in BeBiehong au ihrer physio-
logischen Bedentong ; von Bianoa Bienen-
feld. (Arch. f. d. ges. Physiol. XCVIII. 7 u. 8.
p. 389. 1903.)
Es wurde die Dicke der Muscularia mucosae
an verschiedenen Thierarten untersucht, die als
Fleisch- oder Pflanzenfresser verschieden stark
durch spitze Gegenstände, Oräten, Knochen u. s. w.,
in ihrer Kost gefährdet sind. Es ergab sich, dass
im Magen und oberen Theile des Darmes bei den,
solchen Verletzungen ausgesetzten Thierarten (bei-
spielsweise Hund , Katze, Fuchs, Fischotter), die
Muscularis mucosae stark entwickelt ist
Garten (Leipzig).
16. Beiträge aar Physiologie der Drfisen*
IL Mittheilung: lieber eine neue Methode zur Unier*
suchung des Scheidevermögens der Drüsen, nebst
einer Anwendung derselben auf die Leber; von
Leon Asher. (Ztschr. f. Biol. XLV. 2. p. 121.
1903.)
Von A. wird zum Studium der Drüsenthätig-
keit ein neues Verfahren, die ,yÄkiwitätsrneihode''
empfohlen.
Durch gewisse EinflQsse werden chemische
Processe in der Drüsen zelle eingeleitet, in der Leber
z. B. durch Ammoniaksalze ^oder Zucker die Bil-
dung von Harnstoff, bez. Glykogen, in der Niere
durch Benzoesäure und Glykocoll die Bildung von
HarustofF, und dann wird untersucht, ob unter
dieser gesteigerten Aktivität die Scheidekraft der
Drüse, d. h. die Fähigkeit, ^ie\mVl\xi\B vor gebildeten
Stoffe in bestimmten prooentischen Verhältnissen
in das Sekret überzuführen, verändert ist Neben
dieser „lokalen oder direkten Aktivitätsmethode^^
ist nach A. zur Untersuchung der Drüsentbätigkeit
die correlative oder indirekte Aktivitätmethode an-
zuwenden, die davon ausgeht, dass „die Thätigkeit
gewisser Zellen dazu dient, um andere entfernt
davon befindliche Zellen in ihrer correlativen Thätig-
keit zu beobachtend^
Bei Versuchen über das Scheidevermögen der
Leber für Kochsalz bei gesteigerter Thätigkeit der
Leberzellen (intravenöse Injektion von Ammoniak-
salzen, wie auch Pepton) fand A., dass der Procent-
gehalt an Kochsalz in der Galle steigt, die Akti-
vität der Leberzellen also das Scheidevermögen für
Kochsalz steigert.
III. Mittheilung: Das Scheidevennögen der Niere
für Kochsalz und eine Anwendung der AktinntäiS"
methode hierauf; von E. Trepp. (Ebenda p. 143.)
Durch langsame, intravenöse Injektion von
hypertonischer Kochsalzlösung wird beim Hunde
keine Zunahme der Kochsalzconcentration im Blute
herbeigeführt, obgleich nur 20 — 40<^/o des ein-
geführten Salzes durch die Nieren ausgeschieden
werden. Da während Koohsalzinjektion der osmo-
tische Druck des Blutes zunipimt, ohne dass, wie
erwähnt, der Kochsalzgehalt steigt, muss Kpohsala
in den Geweben abgegeben und dafür müssen
andere Stoffe aus diesen in das Blut eingetreten
sein.
Die künstliche Steigerung der Thätigkeit des
Nierenepithels (Injektion von Benzoesäure und
Glykocoll — Hippursäureeynthese) begünstigt die
Ausscheidung des Kochsalzes, was dafür spricht,
„dass das Soheidevermögen der Niere für Kochatlx
ein aktiver Zell Vorgang ist^S Garten (Leipsig).
17. ünteraaohangen über die Stroktni-
veränderuDgen des Pankreas und deren Be-
Biehangen sa dem funktionellen Zustande bei
normalen and bei entmilsten Händen ; von Dr.
G. Fichera in Rom. (Beitr. z. pathol. Anat. u.
allgem. Pathol. XXX. 1. p. 104. 1903.)
F. studirte die Frage des Einflusses der liih
auf die Funktion des Pankreas und kommt bei
seinen histologischen Untersuchungen an in ver-
schiedenen Zeitintervallen entmilzten Hunden tu
folgenden Ergebnissen. Das histologische Aus-
sehen der Sekreüonzellen des Pankreas zeigt in
den verschiedenen Perioden der Verdauung und im
nüchternen Zustande dieselben Yerändemngen bei
entmilzten, wie bei normalen Hunden. SoDsch
vollzieht sich die Erzeugung des tryptischen Zymo-
gens unabhängig von jedem Einfluss der Milz. Die
Langerhans'sohen Inseln zeigen in den verschie-
denen Stadien der Verdauung funktionelle ond
morphologische Veränderungen, die bei normalea
und bei entmilzten Hunden gleich sind. Die Weg-
nahme der Milz hat also keinen Einfluss auf die
Funktion jener Inseln. Das Epithel der Aas-
führungsgänge der Pankreasdrüse ist mit d^ Fähig-
keit zu secernrren ausgestattet. Die Milz erzeugt
besonders während der Verdauungsperiode ein oxy-
direndes Enzym, das in dieser Periode in raidi-
lichem Maasse in den Kreislauf übergeht; von
diesem gelangt es in Folge einer besonderen Funk-
tion, die an Veränderungen des Epithels der Pan-
kreasausführungsgänge geknüpft ist, in das Lumen
der Drüsenkanäle. Hier zeigt es seine Thätigkeit,
verwandelt die Zymogenkürnchen und ermöglicht
so die Bildung des mit den oharaktmistischen
proteolytischen Eigenschaften versehenen Pankreas-
Saftes. Die Fähigkeit des Epithels der Pankreas-
ausführungsgänge, zu secemiren, ist bei den ent-
milzten Hunden sichtlich gestört. Bei den Hunden,
die der Splenektomie unterworfen wurden, ist der
Pankreassaft unwirksam gegenüber den Albumi-
noiden, weil die Wegnahme der Milz d^ oben
erwähnten Sekretion jede oxydirende Fähigkdt
weggenommen hat. Der Panki^assaft bleibt des
wichtigsten und specifischen Antheiles beraubt, den
dem Sekret erst seine besonderen Eiigens(^iafteii
verleiht.
Die histologischen Einzelheiten dieser Arbeit
die eine umfangreiche Literaturüberaicht enthält
sind durch eine Figurentafel illustrirt
Noesske (Kiel).
n. Anatomie und PhyBiologie.
53
18. Die BmUiniiig ohne SsIb und ihre
Wirkungen auf den Organiemne, ipeoiell auf
die Assimilation der Nahrnngamittel nnd auf
den StiokstoflWeohael des Kenechen ; von Dr.
CM. Belli. (Ztschr. f. BioL XLY. 2. p. 182.
1903.)
B. ftlhrte an sioh sellwt den Yereiioh durch,
sich wAhrend einiger Zeit ohne jeglichen Eochsalz-
vmtt zu den Speisen zu em&hren. Der Versuch
terfiel in eine Vorperiode von 4 Tagen, während
der B. in's Stickstoffgieichgewicht kam ; eine zweite
Periode, während der unter -Beobachtung der vorigen
Diit der rohen Nahrung kein Kochsalz zugesetzt
vurde. Diese Periode wurde auf 10 Tage aus-
gedehnt Eine weitere Verlängerung erschien nicht
angezeigt, da sich in Folge der „Einförmigkeit der
Brnfthrung und Fadheit der Speisen eine Ermüdung
und Appetitlosigkeit eingestellt hatte". Die dritte
oder Schlussperiode, bei der die Emährungsbedin-
gongen die gleichen wie in der ersten Periode
waren, betrug 3 Tage.
Eb ergab sich auf Chrund ausführlicher ünter-
SQchongen, dass während der Periode II die ge-
ringere Eochsalzzufuhr weder die Verdauung, noch
die Assimilation der NahrungstofFe beeinträchtigte.
Dagegen war der StickstofFwechsel während dieser
Zeit deutlich gesteigert B. kommt daher in üeber-
einstimmung mit den Erfahrungen Anderer zu dem
Sdilosee, dass das Kochsalz bei dem Maischen bei
gemischter Diät ein Sparstoff für das Eiweiss sei.
Garten (Leipzig).
19. üeber die Beelnflaeaong der Beaorption
der Fette Im Dünndarm dnroh ArsneimitteL
NachArbeiten von IL Esohenbach, L. Licht-
vitz and Omeiner; mitgetheilt von H.v.Tap-
peiner. (Ztaohr. f. BioL XLV. 2. p. 223. 1903.)
Die Resorptionversnche wurden meist an Hun-
mit einer Thiry-Vella 'sehen Fistel an-
gestellt, und zwar wurde bestimmt, wie viel von
einer in die Darmschlinge eingeführten Olivenül-
emnlsion nach 1 Stunde bei gründlichem Nach-
ap&len wieder erhalten wurde. Vor der Injektion
▼orde der flmulsion das Arzneimittel zugesetzt.
8b ergab sich, dass von aUen geprüften Stoffen in
der Hauptsache nur durch SenfÖl die Resorption
geordert wurde (1 Tropfen Senf51 auf 1000 g
Knolsion). Zu dem gleichen Ergebniss kam man
^ Besorptionversuchen, die an Stelle der T h i r y*
^ella 'sehen Fistel in einer abgebundenen Darm-
Khlioge vorgenommen wurden. Ausserdem zeigten
diese letzteren Versuche, dass in den von den
Sekreten der grossen Verdauungsdrüsen (Leber
ud Pankreas) gereinigten Darmschlingen noch
ncht bedeutende Fettmengen resorbirt werden,
venn wie in den vorliegenden Versuchen das Fett
als Emulsion eingeführt wird.
Setzt man bei einem Hund mit permanenter
flallenfistel SenfBl dem Futter zu, so lässt sich
dadurch keine Zunahme der Fettresorption erzielen,
was wohl darauf zu beziehen ist, dass das SenfSl
bereits in den obersten Theilen des Verdauungs-
tractus resorbirt wird. Im Gegensatz zu der Be-
günstigung der Fettresorption durch SenfOl ergab
sich unerwarteter Weise, dass die Resorption von
Seifenlüsungen durch Senföl herabgesetzt wurde.
Garten (Leipzig).
20. üeber die Beeinflasanng der Beeorption
von Seifen und Fetten Im Dünndarm dnroh
SenlOl mit Analyse desFietehrücketandea; von
A. Jodlbauer. (Ztschr. f. Biol. XLV. 2. p. 239.
1903.)
J. fand, dass die ResorptionerhOhung durch
Zusatz von Senföl (vgl. die vorausgehende Abhand-
lung) auch bei Einführung von natürlicher Emul-
sion (Sahne mit Brunnenwasser verdünnt), ab-
gesehen von einer Ausnahme, eintritt Die Analyse
der Spülflüssigkeit ergab, dass durch Zugabe von
Senfül eine vermehrte Bildung von Fettsäure im
Darminhalt stattgefunden hatte, und J. vermuthet,
dass die Resorptionerhühung durch die vermehrte
Spaltung des Fettes in Fettsäure bedingt ist
Garten (Leipzig).
21. ünterenchongen über die Beaiehongen
des Abdominaldruckes aar Bespiration; von
Dr. Ferdinand Winkler. (Arch. f. d. ges.
Physiol. XCVIII. 3 u. 4. p. 163. 1903.)
Zur Beobachtung und Verzeichnung des Ab-
dominaldruckes an Hunden und Kaninchen wurde
ein mit 4 breiten Schlitzen versehener Troikart
quer durch die Bauchhöhle gestochen und das Rohr
mit einem Wassermanometer verbunden, das die
Druckschwankungen aufschrieb. In den meisten
Fällen wurde durch Einführen eines Rohres in den
Oesophagus der Intrathorakaldruck mit Hülfe der
Luftübertragung verzeichnet und ausserdem wurde
die Contraktion der Bauchmuskulatur registrirt.
Die absoluten Werthe des intraabdominalen
Druckes sind, wie sich zunächst ergab, sehr wech-
selnd. Beim Hunde betrug er im Durchschnitt
10 — 12 mm H)0; beim Kaninchen, bei dem stets
der Magen stark gefüllt ist, wurde ein Druck von
58 mm Wasser gefunden. Eine künstliche Auf-
blähung des Magens führt zunächst zu einer Druck-
zunahme im Abdomen, der aber eine Druckabnahme
folgt. Diese letztere kann auf eine reflektorische
Erschlaffung des Zwerchfells oder Contraktion der
Bauchgefässe bezogen werden. Weiterhin ver-
folgte W. die Veränderung des Abdominaldruckes
bei Narkotisirung (besonders starkes Absinken des
Abdominaldruckes in der Ghloroformnarkose als
Folge der Erschlaffung der Bauchdeoken).
Es wurde nun versucht auf Grund der intra-
thorakalen und der intraabdominalen Druckcurve,
sowie der von der Bauchmuskulatur gezeichneten
Ourve den Einfluss der Zwerchfell- und Bauch-
muskelthätigkeit auf den Abdominaldruck festzu-
stellen. W. fand, dass je nach dem Zustand des
Thieres (ruhige Athmung, Dyspnoe, Nar kose, Strych«
54
III. AUgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
ninvergiftuDg u. s. w.) 4 verschiedene Athmungs-
typen aufgestellt werden können : Typus I, reine
Zwerchfellathmung, bei der Exspiration sinkt der
Abdominaldruck, während der Intrathorakaldruck
steigt und umgekehrt : also gegensinniger Druck-
verlauf im Thorax und Abdomen. Dieser Fall
entspricht der reinen Z werohfellathmung. Typus II,
gleichsinniger Verlauf beider Druckcurven. Typus
III, bei der Inspiration gleichsinniger Verlauf, bei
der Exspiration anfangs gegensinniger, dann gleich-
sinniger Verlauf. Typus IV tritt bei angestrengter
Athmung auf, wobei die Bauchmuskulatur krftftig
mitarbeitet. „Die Exspiration f&llt in das SiDken
des Abdominaldruckee ; die Inspiration aber, die
sich über einen längeren Zeitraum erstreckt, be-
ginnt noch während des Sinkens des AbdomlDil-
druckes, fasst das Steigen desselben in sich und
dauert noch in das Sinken der nächstfolgende!
Abdominaldruckphase hinein.^' Typus 11 wird be-
obachtet bei angestrengter Athmung in Folge von
Krämpfen (Strychnininjektion), Athmungstillstand
bei Ghloroformnarkose u. s. w. Durch Dyspnte
nach Trachealcompression lässt sich leicht Typus I
in Typus II aberfQhren« 0 a r t e n (Leipiig).
ill. Allgemeine Pathologie und patliologlsclie Anatomie.
22. Die Arten und Abarten der Mikroben
und ihr Verh<niss in den höheren Organis-
men ; von Prof. V. B a b e s. (Ann. d. rumän. Akad.
2. S. XX VI. Sitzung vom 2. Mai 1903.)
B. ist der Ansicht, dass die H a e o k eTsohe Theorie
der Abstammung höherer Lebewesen von den Amöben,
dahin geändert werden müsse, dass vor den niederen
Protozoaren die Bakterien zu stehen kämen. Thatsäch-
lich sind diese viel niederere Lebewesen und haben eine
unvergleichlich grössere Widerstandskraft. Es ist viel
gerechtfertigter, die Bakterien als den üebergang aus der
anorganischen in die organische Welt anzusehen. Im
Allgemeinen zeigen die Bakterien sowohl Uebergänge zu
den Protisten, als auch zum Pflanzenreiche, obwohl sie
keine Pflanzen sind. Sie haben eine gewisse Verwandt-
schaft mit den Algen und namentlich mit den Cyano-
phizeen, sowohl was Form und Entwiokelang, als auch
was die Eroäbrung mit einfachen Mineralsubstanzen an-
langt. Andere Bakterien sind mit den Schimmelpilzen
verwandt, und zwar mit den Streptotricheen , die eine
Uebergangsgmppe zwischen Bakterien und Schimmel-
pilzen bilden. Der von B. entdeckte Mikrobe der Hämo-
globinurie oder des Texasfiebers bildet sowohl durch seine
morphologischen Charaktere, als auch durch seine che-
mischen Reaktionen einen üebergang zu den Protisten,
und zwar zu den Protozoaren. Ausserdem besitzen viele
Mikroben peitschen förmige Anhänge und metachroma-
tische Körperchen, wodurch sie den Protozoaren ähneln.
Zahlreiche Bakterien zeigen unter gewissen Umständen
Ramifikationen, Verdichtungen ihrer Enden, wodurch sie
sich den Aktinomycespilzen nähern. So z. B. ausnahme-
weise die Tuberkel- und Leprabacillen, sowie auch die
Streptokokken. Die von B. gefundene Gruppe der Asko-
bakterien zeigt die mannigfachsten Uebergänge vom Bac-
terium zu den höheren Pilzen, durch ihre wechselnden
Wachsthum- und Theilungsformen , sowie auch durch
die verschiedenen Ramifikationen und Kapselbildungen.
Man kann sagen, dass dieser Wechsel in den Charakteren
der Form und des Lebens der Bakterien einen wichtigen
Beweis für ihre Inferiorität und die Möglichkeit derDiffe-
renzirung anderer Organismen giobt Der Diphthene-
bacillus zeigt unter gewissen Culturbedingungen Ver-
zweigungen und keulenförmige Enden, gerade so wie der
Aktinomycespilz, ebenso auch der Anthrazbacillus. End-
lich konnte B. in Verbindung mitLevadite nachweisen,
dass die Tuberkelbacillen unter gewissen Umständen
derart ihren Charakter verändern, dass sie sich genau wie
Aktinomycespilze entwickeln. E. Tof f (braUa).
23. Experimentelle Studie lur Frage der
AuMoheidung Ton Bakterien ana dam Körper
von Dr. W. Noetzel in Frankfurt a. M. (Wien.
Hin. Wchnschr. XVI. 37. 1903.)
N. beschäftigte sich mit der Frage, ob Bak-
terien physiologischer Weise durch die Sekreäcn-
organe, vor Allem durch die Nieren ausgeschieden
werden oder ob die in Erankheitf&llen beobachtete
Ausscheidung ein Symptom der Erkrankung der
Drüsen, also ein pathologischer Torgang ist Nach
seinen hauptsächlich an Kaninchen angestellten
Versuchen findet physiologischer Weise, d. h. bei
gesundem Organ, eine Ausscheidung der im Blut-
kreislauf vorhandenen Bakterien durch die Nieren
nicht statt und eben so wenig durch andere Drflsen.
Noesske (K\e\).
24. Bnr rövolution et le röle ptaagooytaiie
da la oellule endotheliale dana lea öpanahe*
mants dea aöreoaae; par Widal, Ravaut et
D 0 p t e r. (Gaz. des Höp. LXXV. 84. p. 841. 1903.)
Die ursprünglich nur eine Bindegewebeielle
darstellende Endothelzelle ist ausserordentlich diile-
renzirungsfähig in morphologischer, wie in funk-
tioneller Beziehung. Diese Eigenschaften entwickelt
die Endothelzelle hauptsftchlich bei den Entxfin*
düngen der ser&sen Häute, wo sie als Bxsudat-
zelle, als Phagocyte auftritt und durch Aenderung
ihrer morphologischen und ihrer funktionellen
Eigenschaften den Charakter von mononuclearen
Leukocyten und Makrophagen annimmt
Noesske (Eiel^
25. BeitrSge aar Lehre von dernatürliohea
Immnnit&t. /. Die cutane Infektion ; von K. K i ss-
kalt. (Ztschr. f. Hyg. u. Infektionskranklu XLV.
1. p. 1. 1903,)
E. inficirte Hautwunden weisser Mftnse mit
verschiedenen Bakterien und zieht aus seinen Ver>
suchen den Schluss, dass die natflrliche Immunitit
auf der Thfttigkeit der Leukocyten beruht. Gegen
die Annahme, dass die Bakterien durch im Plaaina
cirkulirende vorgebildete Stoffe abgetOdtet werden,
spricht die Thatsache, dass sich auch nicht patho-
gene Bakterien in den Qewebesäften Termebrei
können. Das Verhalten der Leukocyten gegea
nicht pathogene und gegen pathogene Bakteriei
ist verschieden ; es ist dadurch zu erklären, da«
erstere ein Qift bilden , das die Leukocyten ii
m. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
55
miflogen Mengen bis zur Phagooytose anlockt und
sie erst in solchen Mengen lihmt, wie sie nur von
gehr wenigen Bakterien produoirt werden. Auch
dann ist das Qift noch so schwach, dass es nur auf
geringe Entfernung wirkt Das Öift der patho-
genen Bakterien wirkt ebenfalls anlockend, doch
leigt sich die Ifthmende Wirkung schon in ge-
ringeren Mengen, indem die Leukocyten nicht bis
lu den Bakterien herankommen oder sie wenigstens
nicht aufnehmen. In grosseren Mengen wirkt das
Qift schon auf die Entfernung lähmend. Die Viru-
lenz eines Mikroorganismus beruht daher vor Allem
auf demOrade seiner Giftigkeit, die die Leukocyten
Terhindert, ihn aufounehmen oder dicht zu um-
geben. Woltemas (Solingen).
2ß. üeber die Vererbung der Prftoipitin-
rsiktlon ; von Dr. H. M e r k e 1. (Mfinchn. med.
Wcbnschr. LL 8. 1904.)
Spritzt man einem Kaninchen Menschenblut-
seroffl unter die Haut, in die Yenen, in den Bauch,
80 bilden sich in seinem Blute u. A. besondere
Antikörper — I^tie^ine, die, unter gewissen Vor-
sichtmaassregeln mit dem Mensoheublute zu-
Bammengebracht, einen charakteristischen Nieder-
Bchlag geben („serodiagnostische Methode der
forensischen Blutuntersuchung^^). Diese Prficipitine
gehen, wieM. festgestellt hat, durch Vererbung auf
die Jungen über. D i p p e.
27. üeber Analogien der Wirkungen oolloi-
daler Kieaels&are mit den Reaktionen der
Immunkörper and verwandter Stoffe ; von Dr.
K. Landsteiner und Dr. N. Jagid (Wien.
Win. Wchnschr. XVH, 3. 1904.)
Verschiedene ümstftnde legten den Vff. die
Vernmthung nahe, dass der colloidale Zustand eine
wesentliche Bedeutung für die Wirkung der aktiven
Stoffe des Serum und der verwandten Substanzen
babe and Versuche mit einer coUoidalen Lösung
ron Kiesels&ure bestätigten diese Annahme.
Die VfL stellen Genaueres in Aussicht D i p p e.
28, Ueber die Binwirkung der Bakterien
nf venohiedene Zuokerarten; von A. Segiu.
(Ceotr..BL t Bakteriol. u. s. w. XXXIV. 9. p. 202.
1903.)
S. hat auf Anregung Dieudonn6's eine
grosse Zahl von Bakterien auf ihr Verhalten gegen-
fi^ verschiedener Zuckerarten untersucht. Trau-
ttenaocker wird in viel höherem Maasse als Milch-
SQcker zersetzt. Von keinem der untersuchten
Bakterien wurde Erythrit unter Sfturebildung an-
t^grillen. In Maltose erzeugten Bact typhi, coli
^ icteroidee Goagulation ohne Säurebildung.
B^laktose verh< sich ähnlich wie Traubenzucker
^ Fruktose. In Mannit zeigte sich wie bei Mal-
tose bisweilen vorflbergehende saure Reaktion,
Dolcit und Baffinoee wurden nur von wenigen
Stkterien angegriffen. In mit Zucker versetzten
S^onmährbMen war die Coagulation häufiger als
in correspondirenden Nutrosenährböden , wohl
weil die Eiweisskörper des Serum durch Säure
leichter ausfftllbar sind als das Ossein der Nutrose.
In dem Verhalten von Typhus und Paratyphus
gegenüber den verschiedenen Zuckerarten zeigten
sich im Allgemeinen keine scharfen Qegensätze.
Walz (Stuttgart).
29. üeber das Verhalten einiger patho-
gener Bakterien in der Buttermilch ; von Dr.
S. Rubinstein. (Arch. f. Einderhkde. XXXVL
3—6. 1903.)
R. fiind, dass Typhus-, Diphtherie*, Tuberkulose-
und Pyocyaneusbacillen in roher Buttermilch in
24 Stunden zu Grunde gehen. In sterilisirter
Buttermilch halten sich Typhus-, Diphtherie- und
Pyocyaneusbacillen 4 — 7 Tage lang am Leben.
Durch 3 Minuten langes Kochen oder ^/^stündig^
Erhitzen auf 80<^ werden diese Keime sicher ab-
getddtet Es genflgt nicht, die Buttermilch bei
der Säuglingsemährung zu sterilisiren , sie muss
auch sorgfältig und sauber abgefQllt werden, um
das Einwandern von pathogenen Keimen zu ver-
hindern. Das Absterben der Keime in der rohen
Buttermilch wird bewirkt durch die Säure und
durch die Thätigkeit der anderen darin enthaltenen
Keime. Brückner (Dresden).
30. üeber das Waohsthum von Bakterien
in Salilösongen von hoher Oonoentration; von
F. Lewandowsky. (Arch. f. Hyg. XLIV. 1.
p. 47. 1904.)
In 25proc. Kochsalzbouillon fand nooh reichliche
VermehroDg eines Mikroooocos und eines Bacillus statt,
die näher beschrieben wird. Vergleiche mit LosaDj^en
von Kalium- und Natronsalzen ergaben, dass die £nt-
wickeliingshemmung der Mikroorganismen in Salzlösun-
gen zunächst von der moleknlaren CoDcentration ab-
hängt. Von den einbasischen Salzen der Alkalien ist
das Kochsalz, abgesehen vom Wohlgeschmacke, zu Con-
servirungzwecken am geeignetsten, weil es bei Lösung
gleicher Gewichtstheile eine höhere molekulare Concen-
tration hat als die anderen Salze. Daneben kommt noch
eine specifische lonenwirkung der Salze zur Geltung;
die Natriumsalze wirken bei gleicher molekularer Oon-
oentration etwas stärker entwickelungshemmend als dio
Kaliumsalze, vielleicht aus dem Grunde, weil sie, ent-
sprechend der Pflanzennatur der Bakterien, weniger assi-
milirt werden als diese. Woltemas (Solingen).
31. Naphthoibian ala Beagena auf Bak-
terienfett; von A. Meyer in Marburg. (Centr.-
Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIV. 6. p. 578. 1903.)
M. hat die kömchen- und tröpfchen förmigen Gebilde
im Bakterienprotoplasma in Zellenkeru, Volutin, Fett,
Glykogen und logen eingetheilt. DaVolutin durch Naph-
thoibian nicht gefärbt wird, wie M. darthut, so sind die
von Dietrich und Liebermeister im Milzbrand-
bacillus dargestellten Körnchen sicher Fett und ist Naph-
thoibian als gutes Fettreagens zu bezeichnen, dem leider
die geringe Haltbarkeit der Lösung entgegensteht.
Walz (Stuttgart).
32. Zar Frage der Differensirnng ein-
aelner Hefearten mittele der Agglutinine ; von
A. S c h ü t B e. (Ztsohr. f. Hyg. u. Infektionskrankh.
XLIV. 3. p. 423. 1903.)
56
in. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
Eine sichere Differenzirung der obergährigen,
untergfthrigen, Oetreide- und Eartoffelhefe mit Hülfe
der Agglutinine war nicht mOglioh.
Woltemas (Solingen).
33. üeber ein akat wirkendes Bakterien-
tozin; von R Erauss. (Centr.-Bl. f. Bakteriol.
u. s. w. XXXIV. 6. p. 488. 1903.)
Nach den Untersuchungen Kr. 's liefert der
dem Choleravibrio nahestehende Vibrio Naskin
ein Toxin, das, ähnlich dem Schlangengifte, ohne
Incubationstadium akut toxisch wirkt Oegen dieses
Toxin ist im normalen Serum mancher Thiere be-
reits Antitoxin enthalten. Das durch Immunisi-
ruDg gewonnene Antitoxin dagegen wirkt sofort
auf das Oift neutralisirend. Das Immunantitoxin
wirkt auch curativ, indem es bei getrennter, aber
gleichzeitiger Injektion das Oift noch zerstört. Die
Abschw&chung des Immunantitoxins erfolgt wahr-
scheinlich in der Weise, dass die Avidität des
Immunantitoxins abnimmt und sich damit dem
Typus des normalen Antitoxins nähert.
Walz (Stuttgart).
34. Untersuchungen über natürliche and
künstliche Hilabrand-Immanitftt ; von 0. Bail
und A. Pettersson. 7. Mittheil. (Centr.-Bl. f.
Bakteriol. u.s. w. XXXIV. 5. 6. p.445. 540. 1903.)
Die weiteren Versuche der V£f. ergaben, dass
die starke Vernichtung von Milzbrandbacillen, die
durch Kaninchenserum im Reagenzglase erfolgt, im
Thiere selbst entweder gar nicht oder nur unter
ganz bestimmten Bedingungen (während kürzester
Zeit in den grossen Qefässen, vielleicht in der
Peritonäalhöhle) stattfindet Der Orund hierfür
liegt darin, dass der im Serum enthaltene Immun-
körper überall dort, wo das Blut in Verbindung
mit EOrperorganen tritt, von Zellenreceptoren im
Sinne Ehrl ich 's gebunden wird. Die Affinität
zu diesen Zellenreceptoren ist eine grössere als zu
den Milzbrandbacillen. Mittels des Immunkörpers
tritt ein seiner Natur nach noch nicht näher be-
kanntes, jedenfalls aber nicht bakteriologisches
Complement an die Zellenreceptoren heran, so dass
auch das im Serum enthaltene baktericide Comple-
ment mangels eines passenden Immunkörpers wir-
kungslos wird. Der Milzbrandbacillus ist daher
trotz der imponirenden baktericiden Kraft, die das
Eaninchenserum ausserhalb des Thierkörpers ent-
faltet, innerhalb der Eaninchenorgane keiner Ge-
fährdung ausgesetzt. Walz (Stuttgart).
36. Beitrag aar Lebenedaner der Milabrand-
eporen; von A. v. Sz6kely. (Ztschr. f. Hyg. u.
Infektionskrankh. XLIV. 3. p. 359. 1903.)
In eingetrockneter NährgeUtine, die bei Zim-
mertemperatur und diffusem Lichte ausgesetzt auf-
bewahrt worden war, hatten sich Sporen des Milz-
brandbacillus und des Bacillus des malignen Oedema
187s Jahre lang Vermehrung- und infektionfähig
erhalten. Woltemas (Solingen).
36. Veranohe snr Aafündang des Woth-
mikroben; von Prof. Babes. (Sitzung des rum.
Akad. 3. Oct 1903.)
Bei seinen üntersudiungen hat B. in den nU*
sehen Herden kleine Kömchen oder Stäbchen in
der Umgebung der veränderten Nervenzellen oder
auch im Inneren der Leukocyten gefunden. Sie
sind metachromatisoh und konnten wegen ihrer
Kleinheit den Untersuchungen entgehen. Dnich
vergleichende Filtrationen konnte B. feststellen,
dass ihre Grösse zwischen 0.1 — 0.2 — 0.3 Mikren
schwankt B. kann nicht angeben, ob der Er-
reger der Wuth ein Bacterium oder ein anders-
artiger Organismus ist und ob die hyalinen oder
pigmentirten Bildungen, die in der Umgebung der
rabischen Knoten gefunden werden, etwa seiner
Entwickelung angehören.
Ein anderer interessanter Umstand ist der,
dass diejenigen Filter, die den Mikroben der Wath
nicht durchlassen, doch solche toxische Substantea
durchgehen lassen, die den Tod der Versuchsthiere
durch Kachexie oder Paralyse bewirken. Nicht
jeder Filter lässt gleiche Mengen kaohektisirender
Substanz durchgehen, was schwer zu erklären ist
Möglicher Weise sind die rabischen Toxine an ver-
schiedene albuminoide Substanzen gebunden, deren
Durchgangsfähigkeit ungleich ist, aber im All-
gemeinen mit derjenigen der specifischen Mikroben
parallel geht. E. T o f f (Braiia).
37. üeber Bot«; von F. K. Klei na (Ztschr.
f. Hyg. u. Infektionskrankh. XLIV. 2. p. 183. 1903.)
Es gelang nicht, einen ganz avirulenten Rots
zu züchten. Von auswärts als avirulenter Bots
bezogene Stämme erwiesen sich bei der Prftfusg
mit Agglutination nicht als Rotz. Versuche, Meer-
schweinchen gegen echten Rotz zu immunisiren,
waren vergeblich; auch ein hochagglutinirendes
Serum in verhältnissmässig grosser Dosis schütile
die Thiere nicht vor der nachfolgenden Rotsinfek-
tion. Der Rotzbacillus verhält sich in dieser Be*
Ziehung wie der Tuberkelbacillus , da auch eia
Serum, das Tuberkelbacillen in den grössten Ver-
dünnungen agghitinirt, die Thiere nicht gegea
Tuberkulose immunisirt. Woltemas (SoUngei^
38. üntersnohaDgen über die Peat-Immo»
nität; von W. Kolle und R Otto. (Ztaohr.
Hyg. u. Infektionskrankh. XLV. 3. p. 607. 1901
Durch abgeschwächte lebende Peetcultaren
zielten die Vff. bei Versuchsthieren eine Immi
sirung, die sich der gebräuchlichen Immonii
mit den abgetödteten Impfstoffen weit über!
zeigte, namentlich bei denfürPestsoempfindli<
Meerschweinchen. Eine Immunität für lange
lässt sich wahrscheinlich auch mit dieser M<
nicht erreichen. Woltemas (Solingen).
39. Poikilothermism in rabiea; by B
rat (Joum. of PhysioL XXIZ. 4 u. 5. p.
L903.)
nL AUgemeine Pathologie und pathologiflohe Anatomie.
57
Die mit dem Gifte geimpften KaDinchen zeigten
in den letzten 24 Stunden die BrscheinuDgen der
Poikilothermie. Die Temperatur der Tbiere sank
i»8 auf wenige Orad Qber Zimmertemperatur, Herz-
schlag und Athmung waren sehr verlangsamt
Garten (Leipzig).
40. Noch einmal der KeniDgoooocQS Intra-
oelloJirif; Ton 0. üeubner. (Jahrb. f. Kinder-
hkde. 3. F. VI. 2. p. 359. 1902.)
Älbrecht und Ghon haben demHeubner'-
schen Heningococcus intracellularis eine ätiolo-
gische Bedeutung abgesprochen. Angesichts der
Kritik der beiden hat H. erneute Untersuchungen
«Dgeetellt Er hält danach daran fest, dass der
TOD ihm beschriebene Organismus der Erreger der
epidemisdien Genickstarre ist, und widerlegt die
TOD Albrecht und Ghon erhobenen Binwftnde.
Brückner (Dresden).
41. Die epeoiflsohe Agglatination der
Keningokokken als Hülfsmittel an ihrer Art-
bestimmung and sor bakteriologieohen Dia-
gnote der epidemiachen Qenickstarre ; von
fl. Jftger. (Ztachr. f. Hyg. u. Infektionskrankh.
XLIV. 2. p. 225. 1903.)
Durch Behandlung von Kaninchen mit Jäger'-
fichenund mit Weichselbaum'schen Meningo-
kokkenculturen gewann J. Sera, die Meningo-
kokken in specifischer Weise agglutinirten und
üire Di£ferenzirang von ähnlichen Culturen anderer
Herkunft erlaubten. Die von Jäger und die.
roD Weichsel bäum und seinen Schfllern iso-
lirten Meningokokken erwiesen sich als identisch,
üeojngokokken und Staphylokokkenserum , und
UDgekehrt Staphylokokken und Meningokokken-
wnim beeinfluBsten einander nicht
Woltemas (Solingen).
42. Diplooooooa iDtraoellalaria meningi-
ttdis (Weiohselbaam) in the noae. E^jHjrt of a
OM müiout meningüis and rwiew of the literaiure;
byl". T.Lord. (Gentr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w.
IXXIV. 7. p. 641. 1903.)
L hat in einem Falle von Meningitis, sowie bei
3 Gesunden den Diplooooous intracellularis im
Vaaensekret nachgewiesen; 59 in der Literatur
tt^iehhebene Fälle hält er nicht fQr beweisend.
Iba darf die Diagnose nicht einfach auf das mikro-
>kopitcheBild stützen, sondern muss die Gultur und
die Differenzirong von anderen in Frage kommen-
den Diplokokken ansohliessen. Walz (Stuttgart).
43. Die Z-ZeUen des spitien Condyloms ;
von P. G. U n n a. (Monatsh. f. prakt Dermatol.
IXXVIU. 1. p. 1904.)
Die neue Darstellung der Epithelfasern mit-
der Wasserblau -|- Orcein -|- Bosin - Safranin-
Xethode brachte an dem ausschliesslich dazu ver-
wendeten Material des spitzen Condyloms regel-
Btaig eigenthflmliche Gebilde zur Anschauung,
die U., um vorläufig eine nichts prl^udicirende
Med. Jahrbb. Bd. 282. Hft. 1.
Bezeichnung zu haben, X-Zellen nennt. Sie ähneln
den Leukocyten durch ihre freie Lagerung in
interepithelialen Saftspalten und die Vielgestaltig-
keit ihrer Form, die sich nur gut durch Annahme
amöboider Bewegungen erklären lässt Sie unter-
scheiden sich indessen scharf und deutlich von
den Leukocyten durch ihre Färbung, sowie durch
Zahl, Grösse und Form ihres Kernes. Die X-Zellen
sind ferner nie, wie die Leukocyten, regelmässig
auch in der Cutis des spitzen Condyloms zu fin-
den. Ihre Heimath scheint ganz allein die basale,
der Cutis zunächst gelegene Staohelschicht zu
sein. Sie fehlen in keinem Condylom, sondern
gehören zu seinen regelmässigen und charakte-
ristischen Begleitern. Endlich unterscheiden sie
sich von den Leukocyten durch ihre Grösse. Beide
ZellenarteB sind also trotz aller Aehnlichkeit grund-
verschieden. Debergänge zwischen beiden liessen
sich nicht erkennen. U. kam dann, nachdem er
den Gedanken, die X-Zellen seien sich amöboid
bewegende einzellige Lebewesen von bisher unbe-
kannter Art, Form und tinktorieller Affinität, auf-
gegeben hatte, zu der Ansicht, dass, wenn Ober-
haupt zwischen den X-Zellen und irgend einem
bekannten histologischen Element des spitzen Con-
dyloms Uebergänge zu finden sein möchten, die
Stachelzellen am ehesten dafür in Aussiebt zu
nehmen wären. Diese Uebergangsmöglichkeit wird
an der Hand von Präparaten in farbiger Tafel nach-
gewiesen. Damit ist aber die Sache nicht erledigt,
denn es kommen sehr häufig Formen vor, die sich
ohne die Annahme selbständiger Bewegung zwi-
schen den Epithelzellen kaum erklären lassen.
Die X-ZeUen stammen also mit grosser Wahr-
scheinlichkeit von den Epithelzellen ab, verhalten
sich aber durchaus nicht wie absterbende oder
abgestorbene Degenerationprodukte, sondern unter-
nehmen, analog den Leukocyten, Wanderungen in
der Stachelschicht Sie bleiben also vor der Hand
noch räthselhafte Gebilde — X-Zellen.
J. Mayer (Lübeck).
44. Szperimentelle Beiträge BOT Kenntniaa
des TranssudationsTorganges am Bauchfell,
sowie lor Kenntniss einiger klinisch wichtigen
Bigenaohaften des Qlyoerinnm officinale ; von
Dr. G. Sehr ad er. (Deutsche Ztschr. f. Chir.
LXX. 6 u. 6. p. 421. 1903.)
S c h r. hat seine Versuche im Laboratorium der
Leipziger Universität-Poliklinik unter Friedrich's
Leitung ausgeführt. In allen Fällen kam eine ein-
heitliche Versuchstechnik zur Anwendung.
Als peritonäale Reizmittel wurden zunächst
Flüssigkeiten verwandt und durch eine kleine
SchnittöfFnung in der Linea alba direkt in die
Bauchhöhle eingebracht Die Ergebnisse waren
folgende: naubmxueker- und Eoehscdxlösungen
niederer Concentration fallen der Resorption an-
heim; gesättigte Lösungen pflegen in der Abdo-
minalhöhle den Transsudationstrom anzuregen. Die
8
58
m. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
Menge des Transsudates ist dann direkt proportional
dem Quantum der Injektionflüssigkeit. OlyceHn-
injektionen in das Abdomen pflegen fast stets eine
Absonderung seröser peritonäaler FlQssigkeit zur
Folge zu haben, deren Menge proportional der
Menge der injieirten Dosis ist. W&hrend kräftige
Thiere auf 2, bez. 4ocm nicht zu reagiren brauchen,
ist bei kleineren die durch diese Dosen hervor-
gerufene Transsudatmenge ziemlich beträchtlich.
Werden 6 com injicirt, so wird auch bei kräftigen
Thieren ein ergiebiger Transsudationstrom an-
geregt; 10 com stellen im Allgemeinen das höchste
zulässige Maass dar ; bei noch höheren Dosen tritt
meist unter klonisch-tonischen Krämpfen der Tod
ein, die Menge der freien Abdominalflüssigkeit ist
dann am beträchtlichsten und kann bis 8% des
Oesamtntkörpergewichtes betragen. Das Qlycerin
geht sehr schnell und in grossen Mengen in den
Blutkreislauf über, wo es als toxische Wirkung
Krämpfe klonisch-tonischen Charakters und Opistho-
tonus auslöst; das Transsudat enthält dann nur
noch ganz geringe Mengen der injieirten Oabe.
In bakteriologischer Hinsicht zeigt sich das
IVansstuUU als nicht bakterieid für Bact. coli und
Staphylococcus pyogenes aureus.
Sterile corpuskuläre Elemente sind, sofern sie
das Bauchfell weder mechanisch schädigen, noch
chemisch reizen, nicht im Stande, eine Flüssig-
keitabsonderung zu bewirken.
Sehr, suchte dann durch weitere Versuche
festzustellen, ob das Peritonaeum auf eine intra-
abdominale Injektion von BakterienreineuUuren mit
einer unmittelbaren Flüssigkeitabsonderung zu ant-
worten pflegt oder nicht Es ergab sich, dass die
Einbringung von Staphylococcus pyogenes aureus
und Bact coli in Beinculturen in eine normale
Bauchhöhle im Allgemeinen keinen Flüssigkeit-
erguss hervorbringt. Sind die Mikroorganismen
mit einer indifferenten Flüssigkeit zusammen ein-
gespritzt, so findet vielmehr bald eine Resorption
des injieirten Materiales statt; langsamer geht sie
von Statten, wenn die Culturen mit Bouillon dem
Abdomen einverleibt werden. Nach Anregung des
Transsudationstromes zeigt sich eine Bakterien-
injektion ebenfalls ausser Stande, weiter trans-
sudation befördernd einzuwirken; dagegen treten
schon nach verhältnissmässig kurzer Zeit deutlich
Erscheinungen einer beginnenden Peritonitis auf,
die den Tod zur Folge haben. Bakterien-Infiltrate
und -Sterilisate von Staphylococcus pyogenes aureus
und Bact. coli haben weder für sich allein, noch
bei künstlich erzeugtem Transsudat eine Einwir-
kung auf das Peritonaeum auszuüben vermocht;
sie sind im Allgemeinen, ohne das Versuchsthier
krank zu machen, resorbirt worden.
P. W a g n e r (Leipzig).
45. Di« perfortrend^n LymphgefttBse des
Zwerohfalls und ihre pathologiBOheBedeatong;
von Prof. H. K ü 1 1 n e r. (Beitr. z. klin. Chir. XL.
1. p. 136. 1903.)
Die wichtigsten Ergebnisse der anatomiacfaea
Untersuchungen E.'s sind folgende : 1) SowDhl der
pleurale , wie der peritonäale Ueberzug des Dia-
phragma sind ausserordentlich reich an Ljmph-
gefässen. 2) Die Wurzeigeflechte des parieUlen
Peritonai^um- und Pleurablattes stehen mit denen
der Zwerchfellserosa in continuirlicher Verbindoiig.
3) Es giebt am Diaphragnoa sehr zahlreiche perfo-
rirende Lymphgefässe, und zwar durchbohren sie
das Zwerchfell sowohl in der Richtung vom Peri-
tonaeum zur Pleura, als auch umgekehrt von der
Brust- zur Bauchhöhle. 4) Die regionären Lymph-
drüsen, denen die Zwerchfelilymphe zufiiesst,
liegen an der Brustfläche auf den yorderen, an der
Bauchfläche unter den hinteren Partien des Dia-
phragma. 5) Jede Zwerchfellhälfte ist ein ge-
schlossenes Lymphgebiet. 6) Von den Nachbai-
organen tritt nur die Leber, diese aber in sehr enge
Lymphgefässverbindung mit dem Z werchfelL 7) Ein
Theil der Leberlymphbahnen mündet nach Darch-
bohrung des Zwerchfells in Lymphdrüsen der
linken, selten der rechten Fossa supra-daviculaiia
Des Weiteren vergleicht K. diesen anatomischen
Befund mit pathologischen Zuständen des Mens^m,
Am häufigsten nehmen akut entxündUehe Bvcem
den Weg durch das Diaphragma, um von der Baudn
höhle zur Brusthöhle zu gelangen oder auch in
umgekehrter Richtung fortzuschreiten. Das prir
gnanteste, hierher gehörige Rrankheitbild ist wohl
die Pleuritis im Gefolge des subphrenisehen ASh
soesses. Der Sitz der Pleuraafifektion entspricht
dem Sitz des Abscesses. Das Zwerchfell hat eine
grössere Neigung, entzündliche Processe durch
seine Dicke hindurch, als seiner Fläche nach fortzn-
leiten.
Nicht minder wichtig ist die RoUe, die diese
Lymphbahnen bei der Pleuritis im Gefolge diffuser
eiteriger Peritonitis und bei den stUiphrenischen Ab-
scessen nach Jhoraxempyem spielen. K. thdlt aus
der v. Beck 'sehen Abtheilung einen Fall mit, in
dem die Entstehung eines subphrenisehen AbsoesaeB
nach Thoraxempyem auf dem Wege der Zwerohfeil-
lymphbahnen mikroskopisch sicher gestellt wurde.
Von geringerem praktischen Interesse als die
Oebertragung akuter Entzündungen ist das Uebec-
greifen t^ronisch-enixündlieher Processe von einer
der beiden grossen Körperhöhlen auf die andere.
P. Wagner (Leipzig).
46. Ueber Haattemperataren bei flebera-
den Kranken; von Dr. Th. Orünenwald.
(Deutsches Arch. f. klin. Med. LXXVIH 3 u. 4.
p. 333. 1903.)
Man hat behauptet, dass bei Fiebemdeü in
Oegensatze zu Oesunden beständig unregelmtesigc
Schwankungen der Hauttemperatur stattl&ndeB
bedingt durch beständig wechselnde Vereiigerun(
und Erweiterung der oberflächlichen Hautgei&aae
ähnlich wie es Senator an den QhrgefljBMi
fiebernder Kaninchen nachgewiesen hat Dieai
in. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
59
BebauptQDg ist nach Qr. nicht richtig. Er kommt
anf Grund sorgfältiger Beobachtungen zu folgenden
SrgebDissen: „Bei fieberhaften Zuständen ist die-
Hauttemperatur (Wärmeabgabe durch Leitung und
Strahlung) an allen Punkten der Körperoberfläohe
gesteigert. Die Hauttemperatur geht in den von
uns beobachteten Fällen der Innentemperatur
parallel und sie läuft an den verschiedenen Stellen
der Oberfläche im gleichen Sinne. Wenn durch
die Leitung und Strahlung von Wärme auf der
Körperoberfläche die gesteigerte Wärmeproduktion
nicht ausgeglichen wird, so liegt das entweder an
der zu geringen absoluten Grösse von Leitung und
Strahlung oder an der mangelhaften Wärmeabgabe
durch Wasserverdampfung. Eine an verschiedenen
Orten der Körperoberfläche oder zu verschiedenen
Zeiten su ungleichmässige Leitung und Strahlung
Ton Wärme Hess sich in unseren Beobachtungen
wenigstens nicht verantwortlich machen.'^
Dippe.
47. Die maltiple Fettgewebsnekroae ; von
Dr. C. Hart (Mfinchn. med. Wchnschr. LI. 2.
1904.)
Ueber diese Krankheit sind die Ansichten immer
noch recht getheilt Beruht sie auf einer Erkran-
kung des Pankreas oder auf einer Infektion, die
das Pankreas erst sekundär in Mitleidenschaft sieht?
H. geht die Literatur kurz durch, berichtet über
eigene Beobachtungen und kommt zu dem Ergeb-
nisse, dass ee sich bei der multiplen Fettgewebe-
nekrose überhaupt nicht um eine selbständige, ein-
heitliche Krankheit handelt, sondern lediglich um
die Wirkung des Sekretes eines irgendwie geschä-
digten Pankreas. Der Zusammenhang der kli-
niachen Erscheinungen mit den anatomischen Ver-
ittderungen ist noch durchaus unklar. Dippe.
48. üeber Fettomaats und Fettwanderung
in der Oornea; von Prof. Arnold. (Gentr.-Bl.
f.allgem. Pathol. u. pathol. Anat. XIV. 19. p. 785.
1903.)
A. berichtet über seine Versuche an Fröschen,
deren Ergebnisse er wie folgt zusammenfasst :
1)1) Es findet auch noch supravital in der Cornea
durch die Zellgranula eine Umsetzung von Seife
in Fett statt. 2) Bei vitaler Einführung von Seife
in den Nickhautsack führen die Granula der Epithe-
lien, Comeazellen, Endothelien und Leukocyten
auagiebig Fett Ausgesprochene Degenerations-
eracheinungen sind nur bei höherer Concentration
der Seifenlösungen nachzuweisen. 3) Bei centraler
Aetzung der Cornea und gleichzeitiger Zufuhr von
Seife enthalten die genannten Zellformen, und zwar
aowohl solche mit, als auch solche ohne Degene-
ntionserscheinungen, viel mehr Fett, als bei der
Aetskeratitis ohne Seifenzufuhr."
Bergemann (Husum).
49. Ueber granuläre Fettayntheae in Wan-
.deraellen nnd Sitenellen ; von Prof. J. A r n o 1 d.
(UQnchn. med. Wchnschr. L. 43. 1908.)
A. hat experimentell nachgewiesen, dass die
Wander- und Eiterzellen nach vitaler und stipra-
vitaler Seifenfütterung Fett in granul&rer Form
fahren. Und zwar wird dieses Fett aus der Seife
gebildet. Extracellulftre Fettbildung aus Seife
konnte nicht nachgewiesen werden, es musste viel-
mehr intracellulftre Bildung angenommen werden.
Es geschieht dies durch die Plasmosomen. Freilich
ist noch nicht erwiesen, ob nicht auch durch Zer-
fall von Zelleneiweiss — „Degenerationfett** —
Fettbildung bei den Wander- und Eiterzellen vor-
kommt Jedenfalls lässt die granulAre Fettsynthese
in diesen Zellen Schlüsse auf cellulftre Stoff wechsel-
vorgänge ziehen, die schliesslich zu weiterer Auf-
kl&rung der Erscheinung „innere Sekretion** führen.
Neu mann (Leipzig).
50. Die Morphologie und Ohemie der
fettigen Degeneration; von Prof. Ribber t.
(Deutsche med. Wchnsohr. XXIX. 44. 1903.)
Die fettige Degeneration ist eine pathologische
Fettinfiltration, d. h. die Einlagerung von Fett in
erkrankte Zellen. Als physiologische Fettinfiltra^
tion wftre eine Aufspeicherung von Fett in nor-
malen Zellen anzusehen. Das in den Zellen bei
stärkerer Degeneration enthaltene Fett wird ihnen
zum grOssten Theil zugeführt. Die Zellen werden
stärker, umfangreicher, die Muskelfasern breiter.
Durch diese Anhäufung wird das Protoplasma der
Zellen nicht nur nicht eine Vermehrung erfahren,
im Oegen theil durch Compression eine steigende
Verminderung. Das in den Zellen abgelagerte
Fett liegt aber nicht als todtes Capital da, sondern
wird andauernd umgesetzt Die chemische Unter-
suchung vermag natürlich solchen biologischen
Verhältnissen nicht zu folgen. Der Chemiker kann
wohl die Qesammtfettmenge eines Organs bestim-
men, die einzelnen Organtheile aber, die sich in
Bezug auf die Fetteinlagerung sehr verschieden
verhalten können, nicht. Die Bestimmung der
Fettmenge im ffanxen Organ kann keinen Aufschluss
geben über die Herkunft des Fettes in den einzelnen
Theüen. Hier tritt also die histologische Betrach-
tung in ihr Recht, die lehrt, dass eine Vermehrung
des Fettes in der morphologisch entarteten Zelle
stattgefunden haben muss. Und zwar wird das in
den Zellen vorhandene Fett nach der von R. ver-
tretenen Ansicht in allen Fällen mit dem Blute
zugeführt. Eine über die Norm hinausgehende
Anhäufung erklärt sich damit, dass mit der zu-
nehmenden Erkrankung des Protoplasma die Ver-
brennung immer mangelhafter wird. Die Synthese
des Fettes erfolgt zwar noch auf Orund einer Art
Fermentwirkung, seine weitere Verarbeitung aber
bleibt aus. N e u m a n n (Leipzig).
51. üeber fetthaltige Pigmente; von Prof.
0. Lubarsch in Posen. (Centr.-Bl. f. allgem.
Pathol. u. pathol. Anat. XIII. p. 881. 1902.)
Das braune Pigment der HerzmuskuLatur, der
Leber, Niere und Nebenniere bei den braunen
CO
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
Atrophien der Oanglienzellen , Samenblftschen,
Nebenhoden und Hoden, sowie des Corpus luteum
der Ovarien gab in mehr oder weniger ausgespro-
chener Weise die Sudanreaktion, indem es zum
Theil leuchtend roth wurde. Alle die genannten
Pigmente, die L. früher unter dem Namen „Ab-
nutzungspigmente" zusammenfasBte, sind demnach
fetthaltig, doch sind sie nicht mit den Lipochromen
zu identifioiren , von denen sie sich durch ihr
chemisches Verhalten unterscheiden.
Noesske (Kiel).
52. Thiervenaohe über rabootane Emfth-
rung mit eiweisshaltigen NAhrlSsong^n ; von
Dr. T r 0 1 1 d e n i e r. ( Berl. klin. Wchnschr. XL. 40.
1903.)
Um festzustellen, ob nicht durch subcutane
Einspritzung von BiweissstofTen dem EOrper Nähr-
material zugeführt werden kannte, nahm Tr. Ver-
suche an Hunden vor, denen er eine lOproc. Ei-
weisslGsung einspritzte, ein von der ifeyefen'schen
Fabrik hergestelltes Präparat, das eine Zwisohen-
stufe zwischen echtem Eiweiss und den im Handel
vorkommenden Albumosen darstellt Der Urin der
Versuchsthiere , der sorgfältig aufgehoben wurde,
zeigte sich eiweissfrei, woraus sich ergiebt, dass
das eingespritzte Ei weiss im Körper verwertbet
wurde. Tr. machte sich schliesslich die bjek-
tionen selbst und stellte nochmals fest, dass der
Urin eiweissfrei blieb. Indessen waren die Injek-
tionen doch so schmerzhaft, dass eine Aenderung
nöthig war. T r. fand schliesslich eine klare steriie
Nährlösung mit 8^/o Eiweiss- und 0.6% Koch-
Balzgehalt als geeignet
S 0 b 0 1 1 a (Heilanstalt Sorge).
IV. Pharmakologie
53. 1) üeber künstliche Blatleere. Eine
Ehqi)erimental8tt4die der Wirkung dea Supraremns
auf die organischen Oewebe und deren Verwendung
hei chirurgisehen Operationen; von Dr. Benno
Müller. (Münchn. med. Wchnschr. LI. 5. 6.
1904.)
2) Suprarenin; von Dr. Hecht (Ebenda.)
8) Hoohgradige Hantverfärbong nach In-
jektion von Nebennierenextrakt; von Dr. A.
Schücking. (Ebenda.)
Die bisher bekannten Präparate von Neben-
nierenextrakt sind das Epinephrin, das Adrenalin
und neuerdings das Suprarenin. Während das
erste, ein amerikanisches Präparat, sich nicht ein-
gebürgert hat und sozusagen obsolet ist, ist über
das Adrenalin in seiner Wirksamkeit und über die
damit erzielten Erfolge bei der Blutstillung viel
Oünstiges berichtet worden. Immerhin hat dieses
englische Präparat, das von der Firma Parke,
Davis dt CJo. in London vertrieben wird, den Nach-
theil, verhältnissmässig theuer zu sein. Die che-
mische Fabrik vorm. Meister, Lucius <it Brüning in
Höchst a. M. hat nun ein dem Adrenalin voll-
kommen gleichwerthiges, aber billigeres Präparat
in den Handel gebracht. Von Müller und Hecht
sind Versuche, mit diesem Suprarenin genannten
Präparate angestellt worden, die zu dem denkbar
günstigsten Ergebniss geführt haben.
Vor allen Dingen kommt dem Suprarenin eine
starke Einwirkung auf die kleineren Blutgefässe
zu, die darin besteht, dass die Muskelfasern der
Oefässwand zur Contraktion heftig angeregt wer-
den, so dass das Lumen des Gefässes dadurch ver-
engt, bez. ganz verschlossen werden kann. Capil-
laren, kleinere Arterien und Venen kommen zu
vollkommenem Verschlusse, bei grösseren Oefässen
bewirkt das Mittel eine Verkleinerung des Lumens.
Hier und bei stark spritzenden Oefässen wird die
Unterbindung nicht zu umgehen sein. Es ist damit
aber schon viel gewonnen, denn der Chirurg muss
und Toxikologie.
in den weitaus meisten Fällen sparsam mit dem
Blute der Kranken umgehen.
Eine volle Wirkung ist natürlich am ehesten
zu erwarten, wenn man das Suprarenin in die Oe-
webe einspritzt. Man erkennt die Suprarenin-
wirkung, die lange Zeit bis zu mehreren Stunden
anhält, an der gelben Verfärbung der Oewebe.
Man bewirkt Anämisirung einer Lösung von
1:1000 und 1:2000 momentan in sämmtlicben
Oeweben, doch verwendet man gewöhnlich diese
hohen Lösungen nur zur Anämisirung von par-
enchymatösen, blutreichen Organen (Leber, Nieren),
weil ein solches Organ in Folge seines Blutreich-
thuros die injicirte' Flüssigkeit sofort stark ver-
dünnt und weiter transportirt Um Haut-, Felt-
und Muskelgewebe zu anämisiren, genügen Lösun-
gen von 1 :5000 und 1 : 10000. Man kann ohne
Furcht vor Vergiftungserscheinungen ruhig lOccm
einer Lösung von 1 : 1000 gebrauchen. Die Lö-
sungen sind übrigens durch Kochen loicht zu sterili-
siren und, vor Luftzutritt geschützt, lange Zeit
haltbar. Dunklere Färbung und Trübung zeigen
eine zersetzte Lösung an, die natürlich nidit tu
verwenden ist Die Lösungen werden mit phy*
siologischer Kochsalzlösung hergestellt, sind sehr
genau zu dosiren und in Folge der hohen Lösungs-
potenz billig. Die Injektionen, die man gleieh-
zeitig mit lokaler Anästhesie verbinden kann, sind
schmerzlos und werden am besten mit einer Spritze
von 5 com Inhalt mit sehr langer, dünner Nadel
vorgenommen. Nur zur Anämisirung der Leber
benutze man eine stumpfe Nadel mit aeiUichef
Oeffnung, um die grossen Oefässe der Leber nicht
zu verletzen, die der stumpfen Kanüle ausweiohen.
Müller schildert das Vorgehen bei einzelnes
Operationen an Leber und Niere unter SupFarenifr
an Wendung und bringt am Schlnss eine Zusammen-
stellung grösserer Operationen, bei d^ien die new
Methode ein chirurgisches Arbeiten ohne weeeiil
liehen Blutverlust gestattete und die gläaaendela
lY. Pharmakologie und Toxikologie.
61
Resultate lieferte. Oleioh gute Resultate erzielte
H ec h t auf dem Speoialgebiete der Rhino-Laryngo-
Oto]ogie. Er empfiehlt, das Operationfeld mit
einer oombinirten Suprarenin-Cocain-LOaung —
Sopraren. hydrochL 1.0:2000.0 mit Zusatz von
10*/o Cocain — vermittelst getränkter, jedoch fest
aoagedrfickter Wattestreifen auf die Dauer von
einer Viertelstunde in Gontakt zu bringen. Er
prophezeit dem Suprarenin eine Ähnliche souveräne
Stellang wie dem Cocain.
Schficking hat bei gynäkologischen Ope-
rationen von Adrenalininjektionen die bekannte
hämostatische Wirkung gesehen. Er bemerkte
aber in einigen Fällen bei seinen Patienten vorflber-
gehend Cyanose, die in dem einen Falle eine tief-
donkelblane oder schwarzblaue Färbung der Haut
erkennen liess, wie sie bei Morbus Addisonii vor-
kommt Er schliesst daraus, dass bei einer zur
gentlgenden Wirkung gerade ausreichenden Dosis
deeMebennierenextraktes bei submukGser Injektion
Folgeerscheinungen eintreten können, wie sie bei
der chronischen Nebennierenerkrankung typisch
sad. N e u m a n n (Leipzig).
54. Keochhnsten und Cypreesenöl; von
0. Soltmann in Leipzig. (Therap. d. Gegen w.
N.F.VL3. 1904.)
Das aus Cupressus sempervirens gewonnene
Oel iat bereits früher als Mittel gegen den Eeuch-
kosten empfohlen, dann aber wieder vergessen
worden. S. hat es von Neuem erprobt und ist mit
aäaen Erfolgen sehr zufrieden. Die Anwendung
ist einfach. Man giesst täglich etwa 4mal, in
schweren Fällen auch während der Nacht 10 — 15 g
einer alkoholischen LOsung 1 : 6 auf Oberbett, Kopf-
iinen and Leibwäsche des Kindes. Die Kinder
haben den (3enich gern, unangenehme Wirkungen
^f^n (abgesehen von Flecken auf der Wäsche)
nicht auf, das Leiden wird erheblich gemildert und
^kftrst Concentrirtere Inhalationen mittels
Zerttäobung sind nicht zu empfehlen. Die innere
I^ureichung ist augenscheinlich nutzlos.
8. theilt 19 gut klingende Krankengeschichten
feit Zd beachten ist, dass die Kinder sehr sorg-
Mm gepflegt wurden. D i p p e.
55. ITeber die BrUshmngen mit dem neuen
^i^thraaolpTftparat ; von Dr. Arnold Sack.
(Honatsh. f. prakt Dermatol. XXXVIL 11. p. 497.
1903.)
Das complicirte Mixtum compositum, das wir
Vheer nennen und aus dem die moderne Chemie
ichon mehrere 100 Binzelbestandtheile zu isoliren
^cnnoehte, passt gar nicht mehr in unsere Zeit.
So 80 in seiner Zusammensetzung schwankender
Krper mit wechselndem Gehalte an verschiedensten
^hstaozen mase doch sicher Manches enthalten,
vaa seiner therapeutischen Wirkung zum Mindesten
kaderlich ist. Nach den Untersuchungen von
Vieth sind im Theer 4 verschiedene Gruppen von
Bestandtheilen zu unterscheiden: 1) solche, die
mit Alkali extrahirbar sind, also vorwiegend sauer-
stofiThaltige Verbindungen wie Phenole und Säuren;
2) solche, die mit Mineralsäuren extrahirbar sind,
also vorwiegend stickstofiThaltige Basen wie Pyridin
und Chinolin ; 3) weiterhin alle im Vacuum ab-
destillirbaren Bestandtbeile, also hauptsächlich die
Theerkohlenwasserstoffe und schliesslich 4) das
bei der Destillation sls Rückstand bleibende Pech.
Durch die Extraktion der schädlichen Basen mit
Säure, durch dss Abdestilliren des Peches, durch
complicirte Reinigung des zurflckgebliebenen Qe«
misches von Kohlenwasserstoffen und Phenolen,
schliesslich durch den Zusatz von Wachholder-
theer, der die merkwürdige Eigenschaft hat, die
festen Bestandtbeile dieses Gemisches vollständig
zu lösen, gelanges, einen gereinigten, dflnnflüssigen
und entfärbten Theer zu erhalten, der die Consistenz
und Farbe des Olivenöles besitzt, nicht nachdunkelt,
nicht eindickt und dazu alle wirksamen Bestand-
tbeile des Steinkohlen- und des Wachholdertheers
enthält Das Präparat wurde von Vieth und S.
Anthrasol genannt. S. hat das Anthrasol in vielen
Fällen angewandt und als ein relativ sehr reizloses
Präparat kennen gelernt Eine allgemein gültige
Schablone der Anwendung giebt es natürlich nicht.
Je nach der Art der Hautaffektion und je nach dem
Stadium richtet sich auch die Wahl der Formel,
bez. der Composition, in der Anthrasol verabreicht
wird. Seiner vielseitigen Anwendbarkeit kommt
der umstand zu gute, dass es sich mit den ver-
schiedensten Substanzen wie absolutem Alkohol,
Aether, Benzol, Aceton, Fetten, Gelen, flüssigem
Paraffin und Vasogen in beliebigem Verhältnisse
mischt, ohne Rflckstände zu hinterlassen. Im ge-
wöhnlichen 90proo. Spiritus lösen sich nur circa
5 — 10«/o Anthrasol
Kommt es in erster Linie auf die juckstillende
Wirkung des Theers an, so sind die flüssigen Ver-
ordnungsweisen des Präparates angezeigt. Bei
Pruritus ani bewährt sich mitunter glänzend eine
starke Lösung, ja auch das unverdQnnte Anthrasol.
In Salbenform kann Anthrasol entweder als Vaselin-
salbeoder nach folgender Formel angewandt werden :
Rp. Anthrasol ... 3.0
Lanolin .... 3.0
Ung. Glycerin. ad 30.0
Bei parasitären Hautaffektionen hat S. stets eine
grüne oder Kaliseife sowohl, wie Schwefel dem
Anthrasol beigefügt, um seine baktericide Kraft zu
erhöhen. J. Mayer (Lübeck).
56. Thirty yearsT ezperienoe with orude
Petroleum as a therapeutio agent; by A. D.
Binkerd, West Monterey (Pa.). (Therap, Gaz.
Nr. 12. p. 799. Dec. 15. 1903.)
Das rohe Petroleum, so wie es von der Natur
geliefert wird, ist ein sehr com plicirter Körper und
wechselt je nach den verschiedenen Oelfeldern sehr
in seiner Zusammensetzung. Die schweren Oele
sind dunkel, fast schwarz und enthalten einen
62
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
grossen Prooentsatz von Schwefel und Erdharz.
Die höheren Oele haben je nach der Beleuchtung
eine roth braune oder grfinblaue Farbe. Die dunkeln,
schweren Oele haben einen unangenehmen Oeruch,
w&hrend die leichten weniger unangenehm riechen
und an Qesohmack dem der guten Milch ähneln,
wie sie frisch von der Jersey-Kuh gemolken wird,
nur nicht so süss.
B. hat nur das leichte Petroleum angewandt,
wie man es in den Thftlern des Allegheny- Gebirges
erhält. Zuerst wurde das Petroleum nur angewandt
bei allen akuten Erkrankungen der Athmungs-
Organe, und zwar mit grossem Erfolge. Darauf
kam B. durch Versuche am eigenen Körper zu der
Ueberzeugung, dass das Petroleum eine sehr be-
trächtliche antifermentative Wirkung besitzt. Das
Petroleum wird im Uebrigen im Körper in keiner
Weise verändert, sondern erscheint unverändert
im Stuhlgange wieder. Es ist daher nach B. zu-
nächst als ein vorzügliches Dannantisepticum an-
zusehen, das im Uebrigen völlig harmlos ist. Die
Dosis, in der B. das Oel anwandte, betrug 4 Thee-
lölTel täglich. Diese Menge bewirkt ausserdem
meistens eine leichte Stuhlentleerung und An-
regung des Appetits.
Kürzlich hatB. das Petroleum auch bei Typhus
angewandt in der Menge von ^/^ Theelöffel alle
4 Stunden. Auch hier ist der Erfolg nach seiner
Angabe höchst zufriedenstellend gewesen.
J. Mayer (Lübeck).
57. Xeroform bei Ulcus molle; von Dr.
A. W. Blanche de la Roche. (Allg. med.
Centr.-Ztg. LXXIII. 6. 1904.)
Yf. empfiehlt dringend das Xeroform gegen
weiche Schanker. Das Xeroform zersetzt sich in
das antibakterielle Tribromphenol und das adstrin-
girende Bismuthoxyd. Wichtig ist, dass man das
Geschwür sorgfältig reinigt und das Xeroform in
dünner Schicht aufträgt. Der Vf. theilt 29 Kranken-
geschichten mit. D i p p e.
58. 1) KÜDisohe Srfahnmgen über ein neusa
Bchlaftnittel, das Isopral; von Dr. M. Ur stein.
(Therap. d. Gegen w. N. F. VI. 2. 1904.)
2) Ueber ^in neaesHypnotioaninlsopral**;
von Dr. J 0 s e f M e n d 1. (Ebenda.)
1) Das Isopral (Trichlorisopropylalkohol) steht
dem Chloraldydrat nahe, wird leicht resorbirt und
ausgeschieden, ist etwa 2mal so wirksam wie das
Chloralhydrat und weniger schädlich, besonders
auch für das Herz. In der Heidelberger Irren-
Klinik hat sich das Isopral gegen Schlaflosigkeit
bei verschiedenen Leiden gut bewährt Dosis
0.5 — 1.0, selten mehr. Darreichung am besten in
Tabletten (je 0.26 und 0.6). Der Schlaf tritt meist
schnell ein. Unangenehme Nebenerscheinungen
sind augenscheinlich selten. Gewöhnung tritt nicht
ein. Man kann zuweilen mit der Dosis herunter-
gehen.
U. stellt Genaueres in Aussicht.
2) Der Bericht von Mendl stammt aus der
Prager med. Klinik (v. Jak seh) und lautet eben-
falls günstig. Meist genügt die Dosis von 0.5, bei
massigen Schmerzen 1.0 ; bei heftigen SchmeneD
tritt meist kein Erfolg ein. Unangenehme Erschei-
nungen, namentlich von Seiten des Herzens, traten
nicht auf. Einige Kranke bekamen über einen
Monat lang täglich 1.0 mit gleichbleibendem guten
Erfolg. Bei der Darreichung in Pulverform ist der
brennende Ge^hmack unangenehm. Dippe.
69. Ueber das Verhalten des Morphins Im
Organismus und die Ursachen der Angewöh-
nung an dasselbe; von M. Cloetta. (Arch. f.
exper. Pathol. u. Pharmakol. L. 5 u. 6. p. 453. 1903.)
Gl. hat quantitativ die Vertheilung und die
chemische Verarbeitung des Morphins im Körper
des Warmblüters untersucht Die 2. Frage wurde
kürzlich schon von Faust (1900) su dem BiK^
nisse geführt, dass die Angewöhnung ihren Grund
darin hat, dass der Körper lernt, mehr Morphin bei
chronischer Darreichung zu zerstören. I^ damit
aber jedenfalls das Wesen des Morphinismus niobt
getroffen ist, unternahm Cl. auch die genaue Nicli-
prüfung der Faust 'sehen Angaben. Die Ergeb-
nisse sind die folgenden : Eingespritztes Morphin
ist 20 Minuten nach der Injektion im Blute nicht
mehr zu finden, es ist innerhalb dieser Zeit an das
Plasma abgegeben worden. Auf diesem Wege
durch das Blut findet eine nachweisbare Zerstfimng
nicht statt. (Es wäre daran zu denken, dass es in
den rothen Blutkörperchen oxydirt wird.) Det
endliche Ort, an dem das Alkaloid festgehalten
wird, ist das Gehirn, wo es eine sehr feste Bindung
erfährt und durch die angewandten ExtraktioB-
methoden nicht mehr abgeschieden werden konnta
Die Untersuchung des (}ehirns morphinvergifbeter
Thiere war dementsprechend negativ, wfthrend die
Leber positive Reaktion gab. Als aber G L zu nov*
malem Gehirn bekannte Mengen Morphin sosetzte^
konnte er nach kurzer Zeit im festen abcentnfiH
girten Rückstande des zermahlenen und mit Wasser
angerührten Organs Morphin finden. Die im ParalU
versuche ebenso behandelten Lieberzellen
morphinfrei. Das Gehirn besitzt also die
Affinität zum Morphin. Den Widersprach
Resultate der Analysen des aus dem vergil
Thiere entnommenen Gehirns zu denen des in
vergifteten erklärt C 1. dadurch, dass er nadiw4
konnte, dass bei Behandlung des Morphins doi
überlebendes Gehirn in vitro, das AlkaJoid in ai
giebigem Maasse zerstört wird. In der Leber fin<
dieses nicht statt. Wenn also im Gehirn morpl
vergifteter Thiere kein Alkaloid gefunden ir<
kann, so rührt dieses von dessen ZerstGmng
Die Zerstörung muss eine oxydative sein, F^
Wirkungen können nach den Befunden C L*8 ni^
zur Erklärung herangezogen werden. Zum Z^
der Untersuchung der chronischen Morphin^
tung immunisirte Cl. Monate lang Battea
IIL Pharmakologie und Toxikologie.
63
Morphin und analysirte die ganzen Thiere nach
einer letiten todüichen Dosis. Die erhaltenen
Zahlen sind nicht h(}her als die vom akut ver-
gifteten Thiere gelieferten, weshalb Gl. die oben
erwähnte Faust 'sehe Hypothese nicht anerkennt
Die weiteren Erkl&rungsversuohe brachten kein
beweisendes Resultat. W. Straub (Leipzig).
60. Zur Trage de« Antimorphinaenmui ;
von Dr. Morgen roth. (Berl. klin. Wchnschr.
IL 21. 1903.)
Es ist bisher noch nicht gelungen, durch Im-
munifiinmg mit Qiften bekannter chemischer Gon*
stitotion Antitoxine zu erzielen. Am meisten ge-
ügnet für Immunisirungsversuche war das Morphin
wegen seiner bekannten OewOhnungserscheinungen.
fiirschlaff glaubt auch durch Behandlung von
Kaninchen mit steigenden Dosen von Morphium
ein Serum gefunden zu haben, das Thiere gegen
die Oiftwirkung dieses Alkaloids zu schützen ver-
mag. M. hat diese Versuche Hirschlaff's naoh-
geprQft, doch kommt er auf Qrund seiner Versuchs-
reihen zu dem Schlüsse, dass keine Schutzwirkung
des Immunserum zu erkennen ist Bei der Morphin-
gewöhnung scheint weniger die Bildung eines Anti-
toxins in Betracht zu kommen, als eine Zerstörung
des Qiftes, etwa durch Oxydation, wie Faust auf
Qnmd seiner Versuche annimmt. Die ganze Frage
ist demnach noch eine ziemlich offene.
N e u m a n n (Leipzig).
61. Die moderne Aethemarkose ; von Dr.
C. flofmann. (Münchn. med. Wchnschr. L. 46.
1903.)
Die moderne Aethemarkose, wie sie unseren
beotigen Kenntnissen Aber die Narkotica entspricht,
t^erOoksichtigt zunächst einen uneingeschränkten
Zatritt der atmosphärischen Luft, sie arbeitet mit
möglichst niedrigen Aetberdosen und greift da, wo
diese nicht ausreichen, zu Unterstützungsmitteln.
Der Hauptzweck ist, die der alten Methode an-
Wtenden sogen. Aethersymptome zu vermeiden,
veil diese bisher die allgemeine Anwendung des
Aethers, und sicher mit Recht, unmöglich gemacht
b^bea. Alle diese an die moderne Aethemarkose
geioQpften Bedingungen gewährleistet die TVopf-
^i^eihodt. Wer bisher beim Chloroform die Tropf-
ttethode angewendet hat, braucht fQr die Aether-
Tropfmethode keine besondere Maske, kein neues
Instranaentariam, keine andere Tropfflasche, keine
iM>u zu erlernenden Manipulationen. „Die moderne
Aethemarkose, das kann man wohl ruhig behaupten,
vird berufen sein, das Chloroform aus seiner
dominirenden Stellung zu verdrängen; sie ist
Kveifellos die Narkose der Zukunft'^
P. Wagner (Leipzig).
62. Die Aethemarkoae in Verbindung mit
Isopolamin-Injektionen; von Dr. C. Hartog.
[HfiDchn. med. Wchnschr. L. 46. 1903.)
Aufgrund eigener Erfahrungen in der Lan-
iaa 'sehen Frauenklinik empfiehlt H. die Jäher-
narkow in Verbindung mit Morphium- Seopolamin-'
Injektionen, da diese einmal die Gefahr der Aether-
narkose ausserordentlich einschränken, andererseits
die unangenehmen Neben Wirkungen der Inhalation«
narkose vermindern. Bei dieser Narkose sind fol-
gende Punkte bemerkenswerth : 1) Uebliche Vor-
bereitung : Mundspülen, Abführen, Nüchternbleiben.
2) IVi) eventuell auch 1 Stunde vor Beginn der
Inhalation subcutane Injektion von Vi Spritze Sco-
polamin. hydrobrom., O.Ol Aq. 10.0 (LOsung frisch
bereitet, darf höchstens 3 — 4 Tage alt sein), sowie
unmittelbar darauf an anderer Stelle Injektion von
leg Morphium. 3) Nach ^s — ^ Stunde Beginn
der Aethemarkose mit Wan scher 'scher Maske
nach der einschleichenden Methode. Nach etwa
10 Minuten ist die Narkose tief genug zum Be-
ginne der Operation, bez. der Vorbereitungen. In
seltenen Fällen dauert die Einleitung der Narkose
länger, aber auch dann empfiehlt H., lieber Geduld
zu üben als nach der asphyxirenden Methode vor-
zugehen. P. W a g n e r (Leipzig).
63. Morphin-Soopolamin-Narkoae ; von Dr.
B. K 0 r f f. (Münchn. med. Wchnschr. L. 46. 1903.)
K. berichtet über seine eigenen weiteren Er-
fahrungen über die Morphin-Scopolamin-Narkose,
die in der Hauptsache sehr günstig waren. Er hat
die Dosimng jetzt in folgender Weise verändert:
Soopolamio. hydrobrom. O.Ol
Morph, mar 0.25
Aq. dest. ooct. . . . 10.00
Vi /Vam»-Spritze wird 2 Vt Std. vor der Operation gegeben,
Also im Oanzen Scopolamin. 0.001, Morphin.
0.025.
In den nicht ausgesuchten Fällen K.'s hat die
Narkose vollkommen genügt Sollte es nöthig
sein, so könnte man in besonders schmerzhaften
Momenten der Operation die Wir)[ung der Narkose
durch Einathmenlassen von einigen Tropfen Chloro-
form oder Aether verstärken.
P. W a g n e r (Leipzig).
64. Qewöhnnngsversaohe mit Codein ; von
Jac. Bouma. (Arch. f. experim. Pathol. u. Phar-
makol. L. 5 u. 6. p. 351. 1903.)
*/s des einverleibten Codeins werden mit Harn
und Koth ausgeschieden, hauptsächlich mit dem
Harne (im Gegensatze zu Morphin), bei fortgesetzter
Einverleibung lernt der Körper nicht, das Gift in
höherem Maasse zu zersetzen (was vom Morphin
behauptet wird). W. S t r a u b (Leipzig).
65. Zar Toxikologie des Fliegensohwamms ;
von E^Harmsen. (Arch. f. experim. Pathol. u.
Pharmakol. L. 5 u. 6. p. 361. 1903.)
Der Reinmuscaringehalt der frischen Fliegen-
pilze ist etwa 16mgMuscarin in 100 g frischer
Pilzsubstanz. Die Schmiede borg 'sehe atropin-
artige Base wird nicht gefunden. Neben dem
04
V. Nöuropathologie und PsyohiAtrie.
Muscarin ist nooh ein anderes oentralwirkendes
Gift in den Pilzen enthalten. Die Fliegenpiizver-
giftuDg ist demnach eine oombinirte Muscarin-Pilz-
toxinwirkung. Im Harn vergifteter Thiere konnte
kein Muscarin gefunden werden.
W. Straub (Leipzig).
V. Neuropathologie und Psychiatrie.
66. Ueber verschiedene Aagenmaskelstö-
rangen.
A. V. Eornilow (Zur Frage der Associations-
l&hmungen der Augen. Deutsche Ztschr. f. Nerven-
hkde. XXIII. 6 u. 6. p. 417. 1903) sah bei einem
6jähr. Knaben Unfähigkeit, die Augen nach oben
oder nach unten zu drehen, bei einem 4jfthr. Mäd-
chen Unfähigkeit, nach oben zu sehen. In beiden
Fällen bestanden andere Symptome (Ataxien, s.w.),
die auf die VierhOgelgegend deuteten. E. bespricht
die ähnlichen Beobachtungen Anderer und kommt
zu dem Schlüsse, dass man Centra der Goordina-
tion in der Nähe der VierhQgel annehmen müsse.
Raymond und R. Cestan (Sur un nouveau
cas de paralysie des mouvements de lateralit6 des
globes oculaires. Revue neurol. XI. p. 644. 1903)
theilen folgende Beobachtung mit
Bei einem 6Qjähr. Manne bestand ausser Pareso,
Ataxie, Anästhesie des linken Armes UDmögjlichkeit, den
Blick seitwärts zu wenden. Man fand einen grossen
Tuberkel im oberen Theile der Brücke. Die Kerne des
3. and des 6. Nerven, sowie die Worzelfasern waren un-
versehrt
GarloMolon (Della emicrania oftalmoplegica
periodica. Gazz. degli Osped. XXIV. 165. Die. 27.
1903) bespricht die wiederkehrende Oculomotorius-
lähmung, zu der er folgende Beobachtung rechnet
£in 37jähr. Mann litt seit dem 7. Jahre an Migräne:
Schmerzen in der linken Stirn and Erbrechen. Erst
seit mehreren Jahren waren Zeichen von Oculomotorias-
lähmnng beim Anfalle aufgetreten : links Ptosis, Doppelt-
sehen, Mydriasis. Die Lähmung dauerte nach einem
Anfalle 3 Monate. Auch in der Zwischenzeit scheint
etwas Parese bestanden zu haben.
Der Yf. betont, dass gewöhnlich Di&tfehler den An-
fall hervorriefen und dass der Kr. an den Beinen erwei-
terte Venen hatte. Er glaubt, dass Störungen des Kreis-
laufes im Schädel die Hauptsache gewesen seien.
Gh. Miralli6 und Desolaux (De Pdtat des
nerfs oculomoteurs dans Ph6mipl6gie organique
de l'adulte. Revue neurol. XI. 12. p. 649. 1903)
haben durch eine besondere Art von Prismen-
prOfung gefunden, dass die Drehmuskeln des Auges
bei flemiplegischen deutlich schwächer sind als
bei Qesunden und dass die Augenmuskeln der ge-
lähmten Seite mehr beschädigt sind als die der
anderen. Bei Qesunden ist der Internus stärker
als die anderen Muskeln, bei Hemiplegischen ver*
liert er sein Uebergewicht
B. W. Oowring (A case of complete oph-
thalmoplegia occurring during whooping- cough.
Brit med. Journ. Dec. 26. 1903) hat bei einem
4jähr. Knaben akute doppelseitige Ophthalmoplegie
während des Keuchhustens gesehen.
Das Kind erwachte eines Morgens mit Ptosis und
konnte nicht sehen. 0. fand Lähmung aller Augen-
muskeln. Nach 2—3 Tagen lief der Knabe wieder, die
Ptosis war beseitigt, die Drehmoskeln aber waren nodi
gelähmt WeiterMn Besserung.
A. B. Marfan und A. Delille (Paralysie
faciale cong6nitale du cÖt6 droit; ag6n6sie de U
portion p6riph6rique du nerf facial avec agönteie
des diverses parties oonstituantee de Toreüie da
mdme cöt6; atrophie pröbablement secondairede
la racine et du noyau du facial. Bull, de la Soa
m6d. des Höp. de Paris. Revue neuroL X. 6. p. 255.
1902) haben die im Titel angegebenen Verände-
rungen bei einem 3monat Kinde gefunden. Vom
Facialiskem waren nur ein paar Zeilen da.
J. Comby (Paralysie faciale cong6nitale. Ibid.)
hat 3mal angeborene einseitige Facialislähmung
ohne weitere Symptome gesehen.
Nach EL Berger und Bobert Loewy (Snr
la contraoture secondaire du releveurdelapaupiöre
8up6rieure dans le oours de la paralysie faciale.
Bevue neurol. XL 23. 1903) erkennt man die su-
weilen die Orbicularislähmung begleitende Gon-
traktur des Levator palpebrae daran, dass 1) der
Rand des Lides höher als sonst gehoben ist,
2) dass das Lid beim Abwärtssehen nur wenig und
zOgernd folgt, 3) dass ZudrQcken des Auges mit
dem Finger dem Kranken nachher zuweilen den
willkürlichen Augenschluss mOglich macht Das
Stell wagische und das Grafische Zeiche bei
Basedow 'scher Krankheit seien auch Zeichen der
Levator-Contraktur.
In dem von Caspar (Herpes zoster ophthal-
micus und Trochlearislähmung. ArcL f. Augen-
hkde. XLVm. 2. p. 177. 1903) beschriebenen Falle
erkrankte ein 69jähr. Mann mit starkem Herpes
zoster des rechten 1. Trigeminusbezirka, der Hyp-
ästhesie hinterliess, 4 Wochen später an rechtseitiger
Trochlearislähmung, nach 3 weiteren Wochen an
linkseitiger Facialislähmung. Beide Lähmangea
heilten ziemlich rasch.
J. Sabrazds (Mydriase unilaterale et oorps
6tranger du conduit auditif externe. Hevueneurcd.
XI. 4. 1903) sah bei einem 47jähr. Manne, den
beim Schlafen am Boden ein Stückchen Grasähre
in das rechte Ohr geglitten war, Erweiterung dec
rechten Pupille. Nach Entfernung des Fremd-
körpers waren beide Pupillen gleich.
Bud. Finkeinburg (Ueber Pupillenetarre
bei hereditärer Syphilis. Deutsche Ztsohr. f. Nerven*
hkde. XXUL 5 u. 6. p. 473. 1903) theilt folgende
Beobachtungen mit
Bei einem 9jähr. Knaben, dem Sohne einee an
erkrankten Syphilitischen^ bestand ausser y<
der Leber und Albuminurie rechts Erweiterung mit
heit der Pupille (geringe Ck>nvergenzreaktion), links
heit der Pupille bei Erweiterung.
Ein 16jähr. Mädchen, dessen Eltern nach
an Tabes-Panüyse erkrankt waren, das seit dem 5J
Y. Neuropafhologie und Payolüatrie.
65
an Mi^DeanfllleD litt, körperlich klein and schwach-
sfaoig war, zeigte lichtetarre (differente) Papillen, von
denen die linke auch bei Convergenz unverändert blieb,
und Zittern der rechten Hand.
Ein 30jftbr. Mann zeigte doppelseitige reflektorische
Pupillenstarre als erstes Symptom bei Diabetes insipidas.
Die Milz war vergrössert and F. vermuthet auch hier
ererbte Syphilis.
J. Piltz (üeber den diagnostischen Werth der
Unregelmässigkeiten des Pupillarrandes bei den
sogen, organischen Nervenkrankheiten. Neurol.
Centr.Bl. XXII. 14. 15. 1903) hat bei progressiver
Paralyse und bei Tabes häufig Verziehungen des
Pupillenrandes beobachtet, durch die die Pupille
ausgeboohtet, eckig, elliptisch oder im Ganzen ver-
sehoben werden kann. Natürlich sind Synechieen
u.AehDl. auszusohliessen. P. konnte ähnliche Yer-
xiehoDgen durch Reizung des Ciliamerven bei
Thieren hervorrufen und nimmt daher an, dass
sie in der Regel Ausdruck partieller Irisläbmung
seien. Ausser bei Metasyphilis hat P. die Ver-
ziehungen gelegentlich bei Katatonie und höchst
selten bei sonst nonnalem Verhalten beobachtet
Besonders wichtig ist, dass sie der reflektorischen
Pupülenstarre yorausgehen kOnnen.
A. Friedl&nder und Kempner (Beitrag
zur Eenntniss der hemianopischen Pupillenstarre.
Neurol. Gentr.-Bl. XXni. 1. 1904) haben in einem
falle, in dem ausser der Hemianopsie noch andere
auf eine Basis-Schädigung hinweisende Symptome
bestanden, die hemianopische Pupillenreaktion
nachweisen können. Sie bedienten sich einer
Ueinen elektrischen Lampe, mit der ein dünner
Lichtstrahl auf die Netzhaut gelenkt werden kann.
Raecke (Zur Liehre vom Westphal-Piltz'-
Bchen Pupillenphänomen. Journ. f. Psychol. u.
Neorol. II. 5. p. 202. 1903) hat in einem Falle
peripherischer Oculomotoriuslähmung lebhafte Lid-
sdiiuBsreaktion, in einem Falle centraler Lähmung
keine solche Reaktion gesehen. Er räth, die Oe-
setzmässigkeit des Verhaltens weiterhin zu prQfen.
A. Westphal (Beitrag zur diagnostischen
Bedeutung der ,Jjidschlussreaktion** der Pupille.
Neorol. Centr.-Bl. XXIL 22. 1903) hat in einem
Falle von Oculomotoriuslähmung einseitige „Lid-
schlussreaktion*' beobachtet.
Bei einem 53jahr. Säufer war nach einer Eopfver-
letzoDg vollständige Lähmang des linken Ooulomotorias
äofetreten. Die erweiterte, nioht auf lioht reagirende
linke Pupille wurde bei dem Bestreben, die Lider za
schliessen, deutlich enge und erweiterte sich dann nur
langsam. Am rechten Auge war keine Lidschlussreaktion
i^weisbar. Die deutliche Lidsoblussreaktion blieb
Hnka, als die Pupille schon wieder gut reagirte und nur
Doeh wenig erweitert war.
W. glaubt, man könne eine einseitige Lid-
schlussreaktion auf Trägheit der reflektorischen
Thätigkeit der Iris beziehen und unter umstän-
den dann, wenn die direkte Prüfung zweifelhaft
lässt, aus einseitiger Lidschlussreaktion auf ein-
seitige Pupillenträgheit schliessen.
A. Westphal (Ueber Bewegungserscheinun-
gen an gelähmten Augenmuskeln in einem Falle
Med. Jahrbb. Bd. 282. Hft. 1.
von Eorsakow'scher Psychose. Berl. klin. Wochen-
schr. XLL 8. 1904) beschreibt einen Mann, bei
dem wahrscheinlich eine alkoholische Oehirnerkran-
kung bestand und der die Augen weder nach oben,
noch nach unten drehen konnte. Hielt man aber
mit den Fingern die Lider auseinander und forderte
den Kranken auf, das Auge zuzumachen, so rollte
der Augapfel rasch nach oben. Diese unwillkQr-
liche, mit der Orbicularis-Contraktion verbundene
Bewegung des anscheinend gelähmten Muskels
bezeichnet W. als Mitbewegung. Die Pupillen
reagirten auf Licht sehr träge, verengten sich aber
bei jenem Versuche stark. Bei Convergenz senkten
sich die Augenachsen etwas. —
Vgl. a. Jahrbb. GCLXXXL p. 213. 214.
MObiuB.
67. Ueber eine mit der Lichtreaktion der
Papille einhergehende Mitbewegung des Aog«
apfels; von Dr. Freund. (Prag. med. Wchnschr.
XXVIIL 44. 1903.)
Fr. bespricht die klinische Beobachtung einer 20jähr.
Hysterica, die 1900 durch eine SchädeWerletzung an link-
seitiger Opticusatrophie erblindet ist. Die Pnpillenreak-
tion erfolgt auf diesem Auge bei Convergenz und Accommo-
dation, sowie bei consensueller Reizung regelrecht. Das
rechto Auge ist gesund ; seine consensuelle Pupillen reak-
tion fehlt. Bei consensueller Pnpillenreizung von rechts
aus findet mit der Verengerung eine Anfwärtsbewegung,
mit der Erweiterung eine Abwärtsbewegung des linken
Auges statt. Das rechte Auge ändert dabei seine Stellung
nicht. Die Erklärung der Erscheinung bleibt hypothetisch.
Bergemann (Husum).
68. Taste and the flfth nenre ; by Sir W. R.
Q 0 w e r s. (Journ. of Physiol. XXVIII. 4 ; Juli 21.
1902.)
G. ist seit langer Zeit der Ansicht, dass der
Trigeminus, toenigsiens in der Mehrzahl der Fälle,
den Oeschmack sowohl fflr die vordere, wie fQr die
hintere Zungenhälfte zum Hirnstamm leite. Die
Fasern mQssen in der Chorda und dem Facialis
einerseits und dem Qlossopharyngeus andererseits
auf den bekannten Umwegen wieder zum Trige-
minus gelangen; nach G. wahrscheinlich beide
Tbeile zum 2. Aste. Neuer Beweis ist ihm, dass
in 5 Fällen von Exstirpation des Ganglion Gasseri
nach Krause der Geschmack auf der operirten
Seite sowohl hinten wie vorn auf der Zunge fehlte.
Kurze Zeit nach der Operation war 2 mal der Ge-
schmack scheinbar erhalten; G. meint, dass es
sich hier um Geschmacksfasem der vorderen Seite
handelt, die die Mittellinie der Zunge Qberschreiten.
Diese mQssen aber nachher degeneriren, da in
beiden Fällen der Geschmack später verloren war.
Von Interesse ist noch, dass nach klinischen Erfah-
rungen von G. im Himstamm die Geschmacks-
fasern die sensiblen Theile des Trigeminus ver-
lassen und sich mehr an die motorischen halten.
Läsionen hier können also zu totaler Anästhesie im
Trigeminusgebiete ohne GeschmackstOrung führen.
L. B r u n s (Hannover).
9
66
y. Neuropathologie und Psychiatrie.
69. Le fttiaoeau pyramidal homolatiral« le
o6tö flain dea hömipiögiqaea ; par Pierre
Marie et Georges Quillain. (Revue de
MM. XXIIL 10. p. 797. 1903.)
Nachdem M. und Q. in einer früheren Arbeit
die sekundären Degenerationen des Vorderstranges
erOrtert haben, theilen sie in der vorliegenden
Arbeit ihre Ergebnisse über die sekundäre Degene-
ration der homolateralen Pyramidenfasern mit.
Nach einer kurzen historischen üebersicht über
die heute bestehenden Anschauungen und über die
Symptome an der gesunden Seite der Hemiplegiker
suchen sie sich folgende Fragen zu beantworten :
1) Bestehen die Störungen auf der gesunden Seite
wirklich bei den Hemiplegischen? Wenn ja, in
welchen Fällen zeigen sie sich, und in welchen
fehlen sie? 2) Findet man bei der Hemiplegie des
Menschen degenerirte Pyramidenfasern in beiden
Seitensträngen ? 3) Erklärt die beiderseitige Degene-
ration, falls sie existirt, die klinischen Erschei-
nungen?
Ad 1) fanden sie an dem grossen Materiale in
Bic6tre, dass die Störungen bei den meisten er-
wachsenen Hemiplegikern fehlen, und dass, wenn
man sie findet, man an doppelseitige Hemiplegie
denken muss, die auf der sogen, gesunden Seite
unvollständig ist Das sieht man oft bei den
senilen Arteriosklerotikern, deren lacunäre Herde
am häufigsten in beiden Hemisphären liegen.
Ad 2) Beim Studium einer grossen Zahl von
Rückenmarken haben M. und 0. niemals mit der
Weigert 'sehen oder Pal 'sehen Methode eine
gleichseitige Sklerose gesehen, wofern nicht bilate-
rale Herde im Gehirn bestanden. Bei der Färbung
nach Marchi sahen sie, wenn auch nicht immer,
so doch sehr häufig, jene Fasern degenerirt, so
lange die Oehimaffektionen noch frisch waren,
aber nicht in dichten Bündeln, sondern entspre-
chend ihrer Vertheilung im Seitenstrange, einzelne
Körnungen in einer grossen Ausdehnung dieses
Systems. Die Fasern sind eben wenig zahlreich.
Sobald man eine stärkere homolaterale Degene-
ration sah, konnte man sicher sein, dass im Oehim
doppelseitige Herde existirten. Diese kommen be-
kanntlich eben so oft im beiderseitigen Hemi-
sphärenmarke, wie in den grossen Ganglien und in
der Brücke vor. Es schien M. und G., dass jene
Fasern unter der Gervikalanschwellung fast eben
so bedeutend waren als darüber, woraus man wohl
schliessen kann, dass sie allein für die Beine be-
stimmt sind. Das ist deshalb interessant, weil die
Beine sowohl im Stehen als im Gehen synergisch
arbeiten, im Gegensatze zu den Armen, die mehr
unabhängig von einander thätig sind, unterhalb der
Lumbalschwellung nehmen die erwähnten Fasern
sehr ab. M. und G. verwerfen nach ihren Studien
die Ansicht von Marchi und ügolotti, dass
die homolateralen Fasern durch den Balken in das
dem Herde gegenüberliegende Pyramidenbündel
eintreten, und die Hypothese von Rothmann,
der annimmt, dass die „gesunden*^ Fasern in der
Decussation von den degenerirten comprimirt wer-
den. Nach ihnen sind die homolateralen Fasern
constant und kommen aus der in Degeneration be-
findlichen Pyramide. Die 3. Frage verneinen dem-
gemäss M. und G. Wenn die Degeneration dieses
Bündels die beobachteten Symptome (Eraftabnahme,
Reflexsteigerung, Fussclonus) erklärte, so müsste
man diese Störungen auf der gesunden Seite in
cUhn Fällen von Hemiplegie finden. Dem ist aber,
wie oben gezeigt, nicht so. Andererseits sind diese
Fasern viel zu wenig zahlreich, als dass sie einen
Einfiuss auf die Muskelkraft haben konnten.
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
70. Ueber einige biaher wenig beachtete
Baflexbewegnngen bei der Diplegia apaatioa
inHantilia; von Prof. H. Oppenheim. (Mon.-
Schr. f. Psych, u. NeuroL XIV. 4. p. 241. 1903.)
0. hat schon früher auf die abnorme Schreck-
haftigkeit, d. h. das gewaltsame Zusammenfahren
in Folge des geringsten Geräusches, bei der Diplegia
spastioa infantilis aufmerksam gemacht Er hatte
sich schon mehrmals die Frage vorgelegt, ob es
sich hierbei nur um eine erhöhte motorische oder
auch um eine gesteigerte psychische Reaktion oder
Erregbarkeit handle. In einem Falle glaubt er den
Beweis für die Richtigkeit der ersten Annahme
erbracht zu haben. Von dem Erschrecken als
psychischer Reaktion wissen wir nämlich, dass es
sich bei Vorbereitung auf den auslösenden Reiz
und mehrfacher Wiederholung abschwächt oder
schwindet. In diesem Falle konnte 0. aber dar-
thun, dass die motorische Reaktion, nämlich ein
kurzdauernder tonischer Krampf in der Muskulatur
des Stammes und der Glieder, bei Wiederfaolang
des Reizes (z. B. Aufschlagen des Perkussion-
hammers auf den Tisch) stets in gleicher Weise
hervortrat und auch dann erfolgte, wenn das Kind
den Vorgang mit den Augen verfolgte. Es handelt
sich also jedenfalls im Wesentlichen um einen ge-
steigerten acustico-motorischen Reflex. Ob dabei
überhaupt das Grosshirn getrofiPen wird, läaat 0.
dahingestellt sein.
Dieser Erscheinung reiht 0. die Schilderung
der Steigerung anderer niederer Reflexe bei der
Little'schen Krankheit auf Grund von 2 Beobach-
tungen an, die bisher wenig studirt sind. Berührt
man die Lippen, die Zunge (oder andere Theile
der Mundrachenhöhle) mit einem Glasstabe und
zieht ihn dann wieder aus dem Munde hervor, so
stellen sich rhythmische, in kurzen Intervallen er-
folgende Schmeck-, Saug-, Kau- und Schlaok-
bewegungen ein. Der physiologische Saugrefiax
des Säuglingsalters ist also hier ausserordentUdi
gesteigert ; er wird durch einfache Berührong aoa-
gelöst und hat sich bei den im 4. und 5. Laebena-
jahre stehenden Kindern erhalten. 0. fand diese
etgenthümliche Erscheinung bei Kindern, die an
der von ihm als ,4nfantUe PseudobulbäriMiralyB^^
V. Neuropathologie und Psydiiatrie.
G7
abgegrenxten Form der Diplegia spastioa litten,
bei denen also die Beeintr&ohtig:ung der Arüku-
lation-, Deglutition- und Mastikation- Funktionen
besonders hervortrat 0. weist auf die von einigen
Forsebern in den Thal. opt. gefundenen Centren
hin, die beim „Fressakt' tbätig sind. Es wftre
denkbar, dass diese bei einer dureh doppelseitige
Orosshiroherde bewirkten Ausschaltung höherer
cortikaler Centren, die auch als Hemmungsapparate
wirken, eine ungewöhnliche Vorherrschaft erlangen.
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
71. Beitrag sor klinischen Bedeutung dea
Babinski*80hen FussBohlenreflexea und des
Oppenheim'aohen Untenohenkelreflexea ; von
Dr. B. Pfei f er. (Mon.-Schr. f. Psych, u. Neurol.
IIV.4.p. 270. 1903.)
Im Gänsen wurden 547 Pat untersucht, 200 Er-
wachsene und 64 Kinder mit normalem Nerven-
system and 283 Nervenkranke, darunter 83 mit
funktionellem, 200 mit organischem Nervenleiden.
Dss Material stammte zum gr^testen Theile aus der
IfoD ne 'sehen Abtheilung des Eppendorfer Kranken-
hanses. Von den Resultaten seien folgende als be-
mefkenswerth hervorgehoben. Bei den 200 Ner-
Tengeeunden trat Dorsalflexion aller Zehen niemals
ein; dagegen war eine solche in 3 Fällen an der
1. Zehe zu beobachten, bei normaler Plantarflexion
der übrigen Zehen; sonst erfolgte stets Plantar-
flexion der Zehen, Von der B a b i n s k i 'sehen Be-
obachtung, dass die Intensität der Reflexbewegung
bei Reizung des äusseren Fussrandes stärker als
bei Reizung des inneren ist, konnte sich Pf. nicht
überzeugen. Bei 34 neurasthenischen Individuen
ergab der Fusssohlenreflex 32 mal normale Plantar-
flezioo, Imal keinerlei Zehenbewegung und Imal
einseitige Dorsalfiexion der 1. Zehe. In 13 Fällen
ron Hjsterie zeigte sich nach Reizung des Dnter-
a^henkels in einem Falle einseitige Dorsalflexion
der grossen Zehe. 4mal fand keinerlei Zehen-
bewegung statt. In diesen Fällen war durch die
objektive Untersuchung theils Anästhesie, theils
HypSsthesie hysterischer Natur an den Beinen nach-
weisbar. Besonderes Interesse bot die Reflex-
nntersuchung bei einem stark hysterischen Mädchen
▼OB grosser Suggestibilität. Sie war sehr leicht
in Hypnose zu versetzen und liess sich dann in
klassischer Weise Lähmungen, Anästhesieen, kata-
ieptische Starre u. s. w. suggeriren. Sie hatte fQr
gewöhnlich vollkommen normale Reflexe, während
in Hypnose sowohl beim Fusssohlen-, wie beim
ünterschenkelreflex je nach der ertheilten Sug-
gestion Plantarflexion, Stillstehen oder Dorsal-
fiexion der Zehen erfolgte.
Der Ünterschenkelreflex stand an Constanz und
Intensität, wie dieses Oppenheim selbst schon
hervorhob, hinter dem Fusssohlenreflex zurück,
indem geringe Abweichungen von der normalen
Plantarflexion und besonders Stillstand der Zehen
dabei häufiger zur Beobachtung kamen ; letzteres
meist dann, wenn der Reiz durch ein starkes Fett-
polster, derbe verdickte Haut oder Oedeme an den
Unterschenkeln abgeschwächt wurde. Anderer-
seits aber eignete sich der ünterschenkelreflex
wieder besser zur Untersuchung bei wirklicher oder
psychischer Hyperästhesie und grosser Lebhaftig-
keit der Reflexbewegungen.
Bei Kindern unter einem Jahre fand sich von
der Fusssohle aus in 62^/o, vom Unterschenkel aus
in 35®/o der Fälle typische Dorsalflexion der Zehen.
Bei Kindern zwischen 1 und 12 Jahren war diese
von der Planta aus noch in 21^/o der Fälle nach-
weisbar, und zwar nur bei Kindern zwischen dem
1. und 3. Lebensjahre. In 2 Fällen von Epilepsie
wurde im Anfalle Dorsalflexion sämmtlicher Zehen
beobachtet, während in der anfallfreien Zeit normale
Plantarflexion der Zehen bestand.
Bei Tabes und Poliomyelitis anterior war die
Reflexbewegung der Zehen entsprechend der Herab-
setzung oder Aufhebung der sensiblen und moto-
rischen Leitung häufiger abgeschwächt oder auf-
gehoben, oder sie trat bei verlangsamter Schmerz-
leitung verspätet ein. Bei den mit dem spastischen
Symptomencomplex einhergehenden Krankheiten
des Gehirns und RQckenmarks waren beide Reflexe
mit nur seltenen Ausnahmen positiv. In den
Fällen von multipler Sklerose lieferte der Fuss-
sohlenreflex im Ganzen etwas mehr positive Resul-
tate an aUm Zehen.
S. Auerbach (Frankfurt a. H.).
72. Ueber iwei doroh seitweiligea Fehlen
des Patellarreflexea anageseiohnete Fälle von
Hysterie ; von Dr. H. N o n n e. (Deutsche Ztschr.
f. Nervenhkde. XXIV. 6 u. 6. p. 474. 1903.)
Bei einem hysterischen Kr., den N. 6 Jahre lang be-
obachtete, und der während dieser Zeit wiederholt in N.'s
Abtheilang aufgenommen wurde, folgten sich regellos
hysterische Convalsionen, Monoplegie, Hemiplegie, Para-
plegie und Astasie- Abasie. Die Lähmungen charakteri-
sirten sich als hysterische durch ihre psychogene Ent-
stehung, durch die entweder akute oder, wenn langsame,
80 doch nur durch Psychotherapie erfolgende Rückbil-
dung, ferner durch die Art und Yertheilung der Sensi-
bilitätstöruDg. Von hysterischen Stigmata waren ausser
der Anästhesie noch Störungen der sensorischen Funk-
tionen, Oesichtsfeldeinengung , vasomotorische üeber-
erregbarkeit, psychische Labilität und Hyperästhesie vor-
handen. Die Patellarefleze fehlten in 2 Perioden der
Krankheit : Das erste Mal, als der Er. das klassische Bild
der Astasie- Abasie bot, und das zweite Mal, als die Beine
von hysterischer Paraplegie befallen waren. Sie fehlten
das erste Mal ca. 2 Monate und kehrten wieder, als die
Oehmöglichkeit wiederkehrte; das andere Mid circa
1 i/i Wochen lang und waren wieder zu erzielen, als die
funktionelle Paraplede geschwunden war. Die Anästhesie
überdauerte beide Msde die Lähmung und auch das Sta-
dium der Aufhebung der Patellareflexe. — Die zweite Be-
obachtung betraf eine hysterische Paraplegia inferior, und
zwar der schlaffen Form. Die hysterische Natur ging
daraus hervor, dass die Lähmung durch Suggestion zu
beeinflussen war ; femer, dass trotz der langen Dauer der
Lähmung (ca. 2 Jahre) es nicht zu Amyotrophie und
nicht zu Veränderungen der elektrischen Erregbarkeit
gekommen war. Ausserdem waren die Begrenzung der
Sensibilitätstörung und das psychische Verhalten charakte-
68
V. Neuropathologie und Psyohiatrie.
ristisch. Die Frage, ob neben der Hysterie noch ein orga-
nisches Nervenleiden vorlag, wurde immer wieder von
Neuem eingehend erörtert; aber die Annahme einer Er-
krankung des Rückenmarks oder der Cauda equina, oder
der Nerven der Beine musste immer wieder hinfällig
werden.
Nur sehr wenige in der Literatur verstreute
Beobachtungen fand N. , die die Möglichkeit des
Ausfalls des Patellareflexes auf der Basis von
Hysterie illustriren; diese zeigten aber mit Be-
stimmtheit, dasB auch ein Intaktsein der gesammten
ffir die Bahn des Reflexbogens in Betracht kom-
menden Theile bei Ausfall des Patellareflexes und
auch sonst Unversehrtheit des Centralnerven-
systems anatomisch sicher gestellt ist. In patho-
genetischer Beziehung liegt es am nftchstcD, auf
die wiederholt nachgewiesene starke Herabsetzung
des Muskeltonus der Beine hinzuweisen. Indessen
bemerkt N. selbst, dass man dieser Erklärung die
Thatsache entgegenhalten kann, dass in der bei
Weitem fiberwiegenden Mehrzahl der Fälle bei
schlaffen hysterischen Lähmungen die Sehnen-
reflexe Lebhaftigkeit bis Steigerung zeigten. N.
lässt es dahingestellt, ob das Phänomen bei Hysterie
wirklich so selten ist, wie man bisher glauben
muss, oder ob einschlägige Beobachtungen bisher
anders gedeutet wurden.
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
73. Ery thromölagie iuivie de gangröne des
extremitös, aveo autopaie; par Lannois et
A. Po rot. (Revue de M6d. XXIII. 10. p. 824.
1903.)
L. und P. schildern einen, freilich keineswegs
reinen Fall von Erythromelalgie bei einer 55jähr.
Schneiderin. Da die Atrophie der Zellen des
Tractus intermediolateralis und die an der Basis
der entsprechenden Hinterhömer die ältesten Ver-
änderungen im Rückenmarke waren, und die
«rythromelalgischen Symptome auch schon 14 Jahre
bestanden hatten, so nehmen sie an, dass die letz-
teren auf jene Veränderungen im RQcken marksgrau
zurQckzufQhren seien. Im üebrigen sind L. und P.
nicht exciusiv in Bezug auf die Pathogenese
der Erythromelalgie, sondern erkennen auch die
peripherische, neurotische und vaskuläre Theorie
an. Nur stimmen sie nicht mit Lew in und
Ben da fiberein, die in der Erythromelalgie ledig-
lich ein Symptom sehen wollen, sondern sie glauben
auf Orund mehrfacher Beobachtungen, dass es eine
selbständige Krankheit gebe, die auf eine Läsion
des vasomotorischen Systems, sei es an der Peri-
pherie, sei es im Rfickenmarke, zurfickzuf Ohren sei.
Ffir viele Fälle schreiben sie der Arteriosklerose
des RQckenmarks eine bedeutende Rolle zu, indem
sie annehmen, dass diese die dort gelegenen vaso-
motorischen Centren zerstöre.
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
74. Le pseudo - oeddme oatatonlque; par
MauriceDide,de Rennes. (Nou v. Iconogr. de
la Salpßtr. XVI. G. p. 347. 1903.)
D. beschreibt Anschwellungen des Fussrfickeni
und des Handrfiokens, die er bei einem Theile der
an Katatonie Leidenden beobachtet hat. Es han-
delte sich meist um stuporöse Kranke weiblichen
(Geschlechts. Zuweilen war Gyanose mit der
Schwellung verbunden, einige Mal kam oberflSoh-
liche Nekrose vor. Auf andere Theile als Fflsse
und Hände breitete sich die Schwellung nur an»-
nahmeweise aus. In einem Falle (Tod durch
Tuberkulose) wurde Entartung der SohilddrQse ge-
funden. Die Thyroidin- Behandlung hatte niemals
deutlichen Erfolg.
Der Vf. vermuthet, dass mit der Oehimerkran-
kung eine Schädigung der Schiiddrfise und viel-
leicht auch anderer Blutdrfisen verbunden sei
MObius.
75. Bin weiterer Beitrag nur amaorotiBohen
familiären Idiotie, einer Brkranknng hanpt-
säotilioh der granen Substans des Central*
nerTenaystema ; von Dr. B. Sachs. (Deutsche
med. Wchnschr. XXIX. 28. 1903.)
Im Zusammenhange mit einer neuen klinischen
und anatomischen Beobachtung bespricht S. aaa-
ffihrlich das Wesen der von ihm beschriebeoen
Erkrankung. Der Zustand wurde bisher hsX
ausschliesslich bei Kindern jfidischer Abkunft
beobachtet. Die Kinder erkrankten im 2. oder
3. Lebensjahre mit Erbrechen, Krämpfen, Schluck-
beschwerden und Erblinden, die Qlieder nahmen
Gontraktursteliungen an, nach marantischem Siech-
thum erfolgte der Tod. Die charakteristischen ana-
tomischen Veränderungen finden sich hauptsächlich
in der grauen Substanz des Oehims und Rficken-
marke. Der ZellenkOrper ist vollständig verändert,
der Kern meist an die Peripherie des ZellenkOrpers
verschoben. Die veränderten ZellenkOrper sind
von deutlichen perioellulären Räumen umgeben und
bedeutend vergrOssert Nirgends sind entzfind-
liche Vorgänge nachweisbar. Ueber die Entstehung
der Krankheit sind endgfiltige Urtheile noch nicht
möglich. Am wahrscheinlichsten dfirfte es sein,
dass Störungen in der normalen Weiterentwicke-
lung des Centralnervensystems den Anlass geben.
Bergemann (Husum).
76. Ueber Simulation von GeiateMtfouif ;
von Dr. C. Q. J u n g. (Journ. f. PsychoL o. NeoroL
n. 5. p. 185. 1903.)
J. bespricht unter Anffihrung von Beiapielea
die Erfahrungen, die im BurghOlzli an sogenanntett
Simulanten gewonnen worden sind. Er kommt zt
folgenden Schlusssätzen : „1) Es giebt Mensofa
die eine abnorme Nachwirkung starker AflEek
(namentlich Schrecken und Angst) in Form ein
anhaltenden Fassungslosigkeit zeigen, welche
als „emotionelle Stupidität" bezeichnen kani
2) Affekte und deren specifisohe Wirkung auf d
Aufmerksamkeit begfinstigen das Auftreten v
psychischen Automatismen im weitesten S
3) Aus abnormerAffektnachwirkungund AutO!
YI. Innere Medicin.
69
sation (oder Autohypnose) ist wahrsoheinlich eine
gewisse Anzahl von Simalationa-Failen zu erklären
und deshalb als krankhaft aufzufassen. 4) Auf
gleiche Weise ist wahrsoheinlich auch der Qanser'-
sohe Complex bei üntersnchungsgefangenen zu er-
klären und als eine der Simulation nahverwandte,
aber automatisirte Erscheinung aufzufassen".
Möbius.
VI. Innere Medloln.
77. Ueber Scharlach«
1) Bakteriologische und anatomische Studien hei
Seharlaehf mit besonderer Berücksichtigung der Blut-
mtersuchung; von Dr. Georg Joch mann. (Deut-
sches Arcb. f. Win. Med. LXXVIII. 3 u. 4. p. 209. 1903.)
2) lieber Agglutination; von Dr. Hasenknopf
ü. Dr. 8alge. (Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F. VUI. Erg.-
Bd. p. 218. 1903.)
i) La scarlatine latente et son importance fyi-
demiohgique; par le Dr. P. Caziot. (Semaine med.
XXm. 25. p. 205. 1903.)
4) Beitrag xur Kenntniss der Scharlach-Infektion ;
von A u g u 8 1 V. S z e k e 1 y. (Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F.
Vm. 6. p. 779. 1903.)
5) Eine bösartige Scharlaehepidemie ; von Dr. G ü n -
ther in Hochstadt a. A. (Münchn. med. Wohnschr. L. 24.
im.)
^Bemerkungen xu Dr, Ä, v. Sxikely^s Aufsatx
inBandLVn. Heft 6 des Jahrbuchs: von Dr. Camillo
Lederer. (Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F. VIII. 1. p. 100.
1903.)
7) Die Erfolge der Serumbehandlung des Scharlachs
an der Üniversitäts-Kinderklinik in Wien; von Prof.
Theodor Escherich. Wien.klin. Wchnsohr.XVI.23.
1903. — Neue Therapie L 3. p. 65. 1903.)
8) Die Serumbehandlung bei Scharlach; von Dr.
Paul Moser. (Wien. med. Wchnsohr. Uli. 44. 1903.)
um ein ürtheil über die Rolle zu gewinnen,
die die Streptokokken beim Scharlach spielen, hat
lochmann(l) ausgedehnte und sorgfältige unter-
sochnngen angestellt Er berichtet zunftchst über
i(äUeriologisehe Blutuntersuchungen an 161 Seharlaehr
tranken. Es ergab sid), dass nur in etwa lö^/o
der FSUe während des Lebens Streptokokken im
Blute vorhanden waren. Es wurde stets der Strepto-
coccus pyogenes erysipelatis gefunden. Auf der
Höhe der Erkrankung während der ersten beiden
Krankheittage fehlten die Kokken stets. Der kli-
lUflche Verlauf in den positiven Fällen war nicht
verschieden von demjenigen schwerer mit nega-
tivem Befunde. In foudroyanten Fällen wurden
die Kokken während des Lebens vermisst. Die
Prognose der Fälle mit positivem Streptokokken-
befände erwies sich fast stets als letal. Sieht
man yon denjenigen Kranken ab, die an Nephritis
zuOrunde gegangen waren, so hatten 50% ^^^
ÜB Scharlach Verstorbenen kurz vor dem Tode
Streptokokken im Blute. Die Menge der gefun-
denen Kokken war eine yerhältnissmässig geringe
imYergleiche zu den Leichenuntersuchungen. Aus
den Befunden geht mit Deutlichkeit hervor, dass
der Eintritt von Streptokokken in das Blut nicht
liotfawendig sum Bilde der Scharlacberkrankung
^ört Die Untersuchung von 70 Scharlachleichen
(meist war schon am Kranken eine bakteriologische
Prilfung des Blutes vorgenommen worden) bezog
äcfa auf das Blut, bei 16 daneben auf das Knochen-
mark, bei 54 auf das Parenchym der Niere, bei
65 auf dasjenige der Milz. In 36 Fällen wurden
Schnitte durch die Tonsillen, in 25 weiteren Fällen
solche durch die Nieren untersucht Es wurden
50mal Streptokokken im Blute gefunden. In der
Hälfte der Fälle waren kurz vor dem Tode Kokken
im Blute anwesend. Aus Thierversuchen erhellt,
dass die Kokken nicht nach dem Tode in das Blut
übergeben, sich hingegen sehr rasch vermehren.
In 16 Fällen war das Blut steril (darunter 6 sogen,
foudroyante Fälle). Die meisten Fälle mit posi-
tivem Befunde stammten aus der 1. Krankheit-
woche ; sehr häufig bestand eine Angina necrotisans.
Die Kranken mit positivem Befunde aus der 3. und
4. Woche waren meist an Nephritis zu Grunde ge-
gangen. Aus den Untersuchungen der Tonsillen
schliesst J., dass die Nekrose durch die Strepto-
kokken erzeugt wird. [Weshalb fehlt die Nekrose
aber so häufig bei anderen Streptokokkenanginen ?
Muss man da nicht an die Mitwirkung oder Vor-
bereitung einer anderen Noxe denken? Bef] Die
Allgemeininfektion erfolgt meist von den Mandeln
aus, indem die Kokken direkt in ein arrodirtes
Oefäss eindringen, oder auf dem Umwege über die
Lymphbahn. Das Knochenmark, der Parenchym-
abstrich der Milz und Nieren ergab in einer grossen
Anzahl von Fällen positiven Kokkenbefund, dem
fast stets ein positiver Befund im Blute entsprach.
Das Studium von Schnittpräparaten der Nieren
(25 Fälle, darunter Smal klinisch nachgewiesene
Nephritis) führte J. zu dem Schlüsse, dass die Ent-
stehung der Scharlach -Nierenentzündung „durch
eine Streptokokken-Invasion keineswegs in allen
Fällen erwiesen ist, dass vielmehr eine nicht ge-
ringe Anzahl von Fällen vorkommt, bei denen der
anatomische und bakteriologische Befund es in
hohem Orade wahrscheinlich machen, dass diese
Nephritis weder mit einer lokal in der Niere ent-
falteten Thätigkeit der Streptokokken, noch etwa
mit einer Toxinwirkung derselben etwas zu thun
hat'^ Nach einer Zusammenfassung aller seiner
Ergebnisse kommt J. zu folgendem Schlüsse : „Die
Streptokokken-Infektion spielt bei der Scharlach-
erkrankung eine sehr bedeutsame Rolle, so be-
deutsam, dass im Vergleiche mit ihr der eigent-
liche Scharlachprocess oft ganz in den Hintergrund
tritt; aber für die Annahme einer ätiologischen
Bedeutung der Streptokokken beim Scharlach ist
ein sicherer Anhalt nicht zu gewinnen".
Einen anderen Weg schlugen Hasenknopf
und Salge (2) auf die Anregung von Heubner
hin ein, um zu ergründen, wie weit den Strepto-
kokken eine ätiologische Bedeutung beim Scharlach
zukommt. Bisher ist es noch auf keine Weise
70
VI. Innere Medioin.
gelungen, die beim Scharlach gefundenen Strepto-
kokken von anderen zu trennen. H. und S. ver-
suchten es mit dem biologischen Verhalten auf
Orund der Agglutination. Aus den Versuchen,
über deren Methodik das Original einzusehen ist,
ergab sich, „dass Scharlachstreptokokken durch
Serum von Scharlachkranken agglutinirt werden,
dass diese Eigenschaft des Scharlachserum jedoch
gegen Ende der Reconvalescenz erlischt, dass die
meisten andersartigen Streptokokken durch Schar-
lachserum nicht beeinflusst werden und dass
schliesslich sowohl von Gesunden, wie von an-
deren Streptokokken - Erkrankungen stammende
Serumarten Scharlachstreptokokken nicht agglu-
tiniren^^ AuffUlig war, dass ein von einer cysti-
schen Diphtherie herrührender Stamm agglutinirt
wurde. H. und S. stellen weiter zusammen, was
bisher über die Agglutination der Streptokokken
bekannt war, und berichten im Anschlüsse hieran
über Versuche mit 3 Immunseris von Aronson,
Menzer und Moser. Alle drei gaben mit Stam-
men, die direkt vom Menschen herrührten, Agglu-
tination. Das Aronson 'sehe Serum war gewon-
nen von Pferden, die mit hochvirulenten Schar-
lachstreptokokken vorbehandelt waren, nachdem
diese vielfache Mäusepassagen durchgemacht hatten.
Das Menzer 'sehe Serum stammte von Pferden,
die durch unmittelbar vom Menschen stammende
Streptokokken, das Moser 'sehe von solchen, die
durch ein Gemenge verschiedener direkt vom
Menschen stammender Streptokokken immunisirt
waren. Das Aronson 'sehe Serum agglutinirte
einen anderen von einem nicht scharlachkranken
Menschen stammenden Streptokokkenstamm (Bubo)
ebenfalls, einen durch 8 Mftuse gegangenen Schar-
lach-Streptokokkenstamm nicht, dagegen denselben
Stamm nach 14 Mftusepassagen. Das Menzer'-
sche Serum agglutinirte nur Stämme, die direkt
vom Menschen stammten, solche, die Thierpas-
sagen durchgemacht hatten, hingegen nicht. Das
Moser 'sehe Serum endlich agglutinirte direkt
vom Menschen stammende Scharlachstreptokokken,
solche, die Thierpassagen durchgemacht hatten,
nur in hoher Goncentration , Streptokokken, die
direkt von nicht scharlachkranken Menschen stamm-
ten, nicht Das Serum von Scharlachkranken zeigte
Scharlach - StreptokokkenstAmmen gegenüber, die
Thierpassagen durchgemacht hatten, eine herab-
gesetzte Agglutinationfähigkeit Der positive Aus-
fall der Reaktion mit dem Menzer 'sehen Serum,
der positive Ausfall der Reaktion von Scharlach*
serum und Streptokokkerum , die von septischer
Diphtherie stammten, spricht ebenso gegen eine
specifische Bedeutung der Streptokokken wie die
klinische Betrachtung. H. und S. kommen zu dem
Schlüsse, dass sie nach ihren Versuchen „den
bei Scharlach gefundenen Streptokokken nicht die
Holle des Scharlacherregers zutheilen, wenn auch
die Streptokokken zu dem Scharlach kranken Orga-
riismus direkt in biologische Beziehungen treten^S
Unter der Bezeichnung „latentes Scharladi*^
haben Graves und Trousseau sehr ab-
geschwächte, milde Infektionen beschrieben, die
ohne ausgesprochene örtliche Erscheinungen ▼«<>
laufen, bei denen nur eine bestimmte Organerknn-
kung, z. B. eine Nephritis, eine Pleuritis, auftritt,
die aus epidemiologischen Gründen als eine scu^
latinöse angesehen werden muss.
C a z i o t (3) beobachtete in einem Militärwaiaen-
hause drei sehr milde Scharlach-Infektionen und
bespricht nach deren Beschreibung die leichten
Scharlachformen, von denen er unterscheidet
„scarlatinette'S scarlatine apyr6tique, scarlatine
f rüste und scarlatine ambulatoire s. scarlatine
latente. Diese Fälle haben nur eine Bedeutung
mit Rücksicht auf die Verschleppung der Krankheit
V. S z 6 k ely (4) theilt folgende Beobachtung mit.
Der Brader eines scharlachkrankea Knaben wurde
sofort nach Ausbrach der Erkrankung nach einem andern
Ort geschickt und blieb f^esund. 7 Wochen später, nach-
dem der Kr. genesen, seine Abschappnng vollständig ab-
gelaufen war, kehrte der Brader zurück. 10 Tiage apiter
erkrankte er mit einem Bronchialkatarrh und einer «Hala-
entzündang^. Am 14. Tage stellte sich unter geringem
Fieber (bis 38.2o), von der Hinterfläche der Oberschenkel
ausgehend, ein Scharlaohausschlag ein. Nach 11 Tageo
begann die Schappung. Der Knabe war 2 Tage vor Ana-
brach der Erkrankung mit einer Zinksalbe eingerieben
worden, die auch bei seinem kranken Brader verwendet
worden war. v. Sz meint, dass der Scharlach darch die
Salbe übertragen und das Gift durch die Zinksalbe ab-
geschwächt worden ist Auf Grund dieser Reobacbtong
schlägt er allen Ernstes vor, Hautschuppen Schariack-
kranker 1 — 2 Wochen in Zinksalbe aufzubewahren ood
damit bei Personen, die nicht abgesperrt werden können,
„Schutzimpfungen'' vorzunehmen.
L e d e r e r (6) macht dazu einige Bemerkungen. £r
bezweifelt, dass es sich bei dem 2. Kranken übeihanpt
um Scharlach gehandelt habe.
üeber eine Scharlachepidemie, die ungeOhr
150 Personen umfasste, berichtet Günther (5).
Es wurden vorwiegend Erwachsene, und iwar
häufig von der „toxischen*^ Form dea Scharlach,
befallen. Zuweilen trat der Tod schon nach
24 Stunden ein. Nach ganz unbedeutendem Un-
wohlsein stellten sich in der Regel Ehebrechen,
Diarrhoe, hohes Fieber ein. Der Puls war stark
beschleunigt, die Bindehaut injicirt Es beatanden
starke Angina, oberflftohliche beschleunigte Ath-
mung, Unruhe, Koma oder Aufregung. Häufig
stellten sich Delirien und Krämpfe ein. Der Aus-
schlag hatte bei den tödtlich verlaufenden Erkran-
kungen meist einen Stich in's Violette. Benommen-
heit im Beginne schien ein ungünstiges pro-
gnostisches Zeichen zu sein. Die Beobsditung
des Pulses sprach für eine Schädigung des Yaso-
motorencentrum durch das Erankheitgift
Escherich (7) theilt mit, dass im St Anna-
Einderhospital nun im Ganzen 112 Kranke mit
dem Moser 'sehen Serum behandelt worden sind.
Zur Immunisirung der Pferde, von denen das
Serum gewonnen wird, werden Streptokokken ver-
wendet, die direkt dem mensohlidien KOrper ent-
nommen sind, nicht vorher Thierpassagen dnrdi-
VL Innere Hedidiu
71
gemacht haben. Ee werden gleiobzeitig verschie-
dene Stämme verwendet Zur Verwendung kommen
bei den Kranken 100 — 200 com. Daher stellen
sich hflufig, etwa in Tö^^/o der Fälle, die bekannten
Seramnebenwirkungen ein. Die StichOffnungen
mümü gut verschlossen werden, um eine nach-
trSgliche Abscedirung zu verhüten. Das Moser'-
Bohe Serum hat einen auggesprochenen Einfluss
auf die toxischen Erscheinungen. In 4 — 12 Stun-
den erfolgt ein Abfall der Temperatur um 1 — 2^
ohne Schweiss und Collaps. Gleichzeitig vermin-
dert sich die Zahl der Pulsschläge und der Athem-
iflge, die Höhe des Blutdruckes. Auff&llig ist die
Besserung des Allgemeinbefindens. Auf die Rachen-
er&rankuog hat das Serum insofern eine Wirkung,
als es das Diphtheroid nicht zum Ausbruch kommen
Ü86t Bereits vorhandene Gomplikationen werden
nicht beeinflusst, die Nachkrankheiten nicht ver-
hütet Ton den am 1. und 2. Tage mit Serum be-
handelten Kindern ist keine geetorben. Die Sterb-
Jichkeit ist um so grösser, je später die Einspritzung
erfolgt Die Ausführungen werden durch eine
Anzahl Diagramme erläutert
Moser (8) bringt in einem neuen Aufsatz über
die Serumbehandlung, soweit von deren Technik
abgesehen wird, nichts wesentlich Neues. Zur
Einspritzung empfiehlt er eine 100 g fassende
Spritze mit Duritstempel, den Di eulafoy 'sehen
Apparat und ein nach dem Prinoip der W o o 1 f 'sehen
fksche zusammengestelltes Instrument (bei LÖb-
ück db Dohnai in Wien zu haben). Von 15 neuer-
dings im St Anna- Spital behanddten Kindern starb
keins, von 33 im Jubiläums-Einderspital behan-
delten gingen 13 zu Gründe, 4 bald nach der Ein-
spritzung, 9 an schweren Complikationen.
Brückner (Dresden).
78. Ueber Srythema nodosam; von Dr.
tk Kuhn. (Arch. f. Kinderhkde. XXXVI. 3—6.
1903.)
Nach einem geschichtlichen üeberblick über
die Ansichten von der Aetiologie des Erythema
Bodosum berichtet K. über 22 idiopathische Er-
baakungen dieser Art aus der Baginsky 'sehen
Dinik. 8 Kinder hatten nur an den Beinen
Knoten, 14 auch an anderen KOrperstellen Efflo-
J^noenzen Ahnlich wie bei Erythema exsudativum
noldforme. Die locubation betrug 1 — 12 Tage.
Während dieser Zeit bestanden Schmerzen un-
bestimmter Art, Magen- Darmstürungen, Fieber. In
2 Fällen ging der eigentlichen Erkrankung Angina
voraus. Das Fieber hatte einen remittirenden Ver-
littf mit lytiechem Abfall. In 3 Fällen zeigte sich
nne Schuppung. Die durchschnittliche Dauer der
frkrankong betrug 2 bis 3 Wochen. Von Compli-
ittioaen fanden sich in 2 Fällen vorübergehende
Bdenkschmerzen, in 7 Fällen vorübergehende Stö-
ningen am Endokard und Myokard, in 2 Fällen
Inehte Albuminurie, in 1 Falle eine Polyneuritis.
Bn. fiecidiv verlief ungestört. 8 Kinder stammten
aus tuberkulösen Familien. Daraus kann man
jedoch keinen Rückschluss auf einen Zusammen-
hang zwischen Erythema nodosum und Tuber-
kulose machen. Das Erythema nodosum ist nach
der Form des Hautausschlages nicht vom Erythema
exsudativum zu trennen. Die idiopathische Form
ist eine vorzugsweise das Kindesalter heimsuchende
Infektionkrankheit, nicht, wie behauptet worden
ist, ein Vorläufer der Tuberkulose. Ein sympto-
matisches Erythema nodosum kommt nach oder
im Verlauf von anderen Infektionkrankheiten vor.
Der Arbeit sind 22 Krankengeschichten im Auszug
mitgegeben. Brückner (Dresden).
79. Bzperimen teile Untersuchungen über
Kreislaufstörungen bei akuten Infektions-
krankheiten ; von Dr. P ä s s 1 e r und Dr. R o 1 1 y.
(Deutsches Arch. f. klin. Med. LXX VII. 1 u. 2. p. 96.
1903.)
In einer früheren Arbeit haben Rom borg
und P ä s 8 1 e r die Anschauung ausgesprochen, dass
im Collaps bei akuten Infektionkrankheiten eine
Vasomotorenlähmung eintritt, die die Ursache der
Oefässlähmung und der Kreislaufschwäche ist.
Das Herz wird zunächst durch die Infektion gar
nicht oder nur in untergeordneter Weise geschä-
digt; die Erlahmung der Herzkraft ist vielmehr
sekundär die Folge des durch die Oefässparalyse
bedingten Blutdruckabfalles. Auch die Unter-
suchungen Anderer bestätigten das Auftreten der
Vasomotorenlähmung ; betreffs des Verhaltens des
Herzens gehen aber die Ansichten auseinander.
Dieser Widerspruch wurde namentlich durch die
Verschiedenheit der angewandten Methoden bei
der Blutdruckmessung hervorgerufen, auf die näher
einzugehen zu weit führen würde. Von prin-
cipiellen Fragen abgesehen ergab es sich vor Allem,
dass diese Methoden sämmtlich nicht scharf genug
waren, um in absoluten Zahlen ausdrückbare und
vergleichbare Werthe für die Beurtheiluug der Herz-
kraft zu liefern.
P. und R. stellten sich die Aufgabe, die Herz-
kraft während der im Collaps auftretenden Blut-
drucksenkung zu bestimmen. Hierbei ist unter
Herzkraft die Arbeit zu verstehen, die das Herz in
einem gegebenen Augenblicke leisten kann, nicht
die, die wirklich geleistet wird. Sie haben hierzu
die bisher angewandten Methoden in geeigneter
Weise combinirt Es kam vor Allem darauf an,
festzustellen, ob eine im Experiment aus unbekann-
ten Ursachen auftretende Blutdrucksenkung auf
einer Oefässlähmung oder auf einer Schädigung
des Herzmuskels oder auf beiden beruhe. Ein
Qift, durch das es gelingt, eine Vasomotorenlähmung
ohne gleichzeitige Schädigung des Herzens zu er-
zeugen, giebt es nicht. Den nicht ganz einwand-
freien Weg der Durchschneidung der Oefassnerven
im oberen Halsmark umgingen P. und R. dadurch,
dass sie bei den Versuchsthieren den Nervus
splanchnicus beiderseits in der Bauchhöhle aus-
72
VL Innere Medicin.
rotteten. Der Versuoh selbst bestand nun darin,
dass vor und nach der Operation in der Carotis
und im linken Vorhof der Mitteldruck gemessen,
sowie die Druckänderungen bei sensibler Beizung,
Bauchmassage, vorübergehender Compression der
Brustaorta oberhalb des Zwerchfells und bei asphyk-
tischer Reizung festgestellt wurden.
Das Resultat der Versuche war, dass man einen
brauchbaren Maassstab, der die Vergleichung der
Herzkraft an demselben Individuum zu verschie-
denen Zeiten und bei wechselnder Oefässweite in
ausreichender Weise gestattet, dann erh<, wenn
man die Methode der gleichzeitigen Messung des
Blutdruckes in der Arterie und im linken Vorhof
mit der Anwendung von Bauchmassage oder Aorten-
compression verbindet Man erhält dann ein ürtheil
darüber, wie grosse Anforderungen das Herz zu
erfüllen im Stande ist, ohne insufficient zu werden.
Weiterhin ergab sich,- dass das Auftreten einer
Oefässlähmung allein Verschlechterung der Herz-
arbeit zur Folge haben kann. Die Herzkraft bleibt
dabei zunächst unverändert ; nach einiger Zeit ent-
wickelt sich jedoch Herzschwäche. Sie ist die
Folge einer mangelhaften Durchblutung des Her-
zens und Ufost sich durch eine Beseitigung ihrer
Ursache ebenfalls wieder beseitigen.
Ein zweiter Theil der Arbeit betrifft die Resul-
tate, die bei Kreislaufstörungen an erkrankten
Thieren beobachtet wurden. Die Vergiftungen der
Thiere wurden zuerst mit Diphtherietozin vorge-
nommen, später aber auch auf Pneumonieinfektion
ausgedehnt WasRomberg undPässler früher
behauptet haben , fand hierbei eine weitgehende
Bestätigung : Die auf der Hohe verschiedener akuter
Infektionkrankheiten auftretenden Kreislaufstörun-
gen beruhen auf einer Lähmung der Vasomotoren.
Das Herz ist an der im Collaps auftretenden Blut-
drucksenkung nicht betheiligt Die im Collaps
schliesslich doch auftretende Schwächung der Herz-
kraft darf nicht auf eine direkte Schädigung durch
die Infektion bezogen werden, sie ist vielmehr eine
Folge der Oefässlähmung, d. h. der durch sie be-
dingten ungenügenden Durchblutung des Herz-
muskels. N e u m a n n (Leipzig).
80. Neaere Arbeiten über Physiologie and
Pathologie der Blatgefässe; von Dr. Karl
K 0 m p e in Friedrichroda. (Vgl Jahrbb. CCLXX VIL
p. 66.)
/. Allgemeines (Physiologie, twrmale und
pathohgieche Anatomie).
1) lieber einen neuen Sphygmographen; von Prof.
GustavOaertnerin Wien. (Therap. Monatsh. XVU.
9. p. 443. 1903.)
2) Ueber ein modificirtes Verfahren der BhUdruck-
bestimmung ; von P. H a m p e 1 n in Riga. (Petersb. med.
Wchnschr. XX. 1. 1903.)
3) Die Messung des Druckes im rechten Vorhofe;
von Prof. GustavOaertner in Wien. (Mönchn. med.
Wchnschr. L. 47. 1903.)
'4) Ä researeh inio the means ofeoniroUing iheblood
pressure; by George Crile. (Boston med. a. 8Qi]g.
Journ. CXLVIII. 10. p. 247. Marcb 5. 1903.)
5) The resuUs ofsome observaiions onblood pressure
in morbid eonditions inaduÜs; by John Bradford
Briggs. (Ball, of the Johns Hopkins Hosp. XIV. 143.
p. 35. Febr. 1903.)
6) The clinical value of blood^essure determina-
iions OS a guide to Stimulation in sieh children; by
Henry Wireman Cook. (Ibid. p. 37.)
7) The rise of bhod-pressvre in later lift; by
T. Clifford Allbutt (Med.-chir. Transact LXXXVI.
p. 323. 1903. — Lancet March 9. 1903.)
8) A contribuiion of the study of the human blood-
pressure in some pathologieal conditüms ; by George
William Norrie. (Amer. Joarn. of the med. Sc. CIXV.
ö. p. 888. May 1903.)
9) De l'importance prognostique et therapeutique dt
la pression arUrieUe; parCb. Joardin etG. Fischer.
(Revae de Med. XXIL 11. 1902.)
10) A practical elinical method for determinnig
bhod pressure in man, wüh a discussion of the methodi
hitherto employed; by William St an ton. (UniTera.
of Pennsylv. med. Ball. XV. p. 466. March 1902— Febr.
1903.)
11) Ueber das Verhalten des BUUdruekes des jungen
und bt^ahrten Mensehen bei Muskelarbeit; von £. Ma-
sin g. Aus der Hospitaikiinik des Prof. Karl Dehio
in Dorpat Mit 9 Curven a. 1 Tafel. (Deutsobes Arch.
f. klin. Med. LXXIV. 3 u. 4. p. 253. 1902.)
12) Zur Kenntniss der pathologischen ßtutdruet-
Veränderungen nach Beobachtungen von weilani Dr.
H. Hensen; von A. Gross. Aus d. med. Klinik in Kiel.
Direktor: Geh. Rath Quincke. Mit 5 Curven. (Ibid.
p. 296.)
13) Blutdruckmessungen bei Morbus Basedou^i; ?od
B. Spiethoff. Aus der med. Universität-PolikUnik in
Jena. (Centr.-Bl. f. innere Med. XXIV. 34. 1902.)
14) Ueber klinische Bküdmekmessung und diu Ver-
halten des BltUdruckes bei hydriatisehen Prooeda^tn;
von Gotthelf Markuse. (AUg. med. Centr.-Ztg.
LXXII. 19. 1903.)
15) Ueber den Mnfluss von Bädern und Douehen
auf den Blutdruck des Mensehen; vonOtfried Müller.
Aus d. med. Klinik zu Leipzig. Mit 6 Curven im Text o.
Tafel IV. 1. 2. 3. (Deutsches Arch. f. klin. Med. LXXIV.
3 u. 4. p. 316. 1902.)
16) Ueber Blutdruckmessung in der BadeproxM;
von H. Stillmark. (Petersb. med. Wchnschr. N. P«
XX. 37. 1903.)
17) Beitrag xur Wirkung der Moorbäder bei
muskelerkrankungen auf Orund von Büädruek'
neuramöbimetrischen Methoden; von Arthur Loebi
in Wien-Doma. (Ztsohr. f. diätet u. physik. Thor. VI.
p. 308. 1902.)
18) Die blutdruekredudrenden Werthe der
bäder; von Arthur Loebel in Wien-Doma. (Deut
Med.-Ztg. XXIV. 46. 1903.)
19) Axione delTeroina suUa pressume m
pel Z a V a 1 d i. (Gazz. degli Osped. XXIIL 51. 1902.)
20) Zur Kenntniss der öefässwirkung des Jod,
des Jodipins ; von B. T h a u s 8 i g. (Wien. med. W<
UI. 29. 1902.)
21) Gelatine als Haemostatieum und be
hing der Aneurysmen; vonHeinrioh Berger.
d. med. Klinik (Prof. GTl u z i n s k i) in Lemberg. (Wi^
med. Wchnsohr. LUI. 11—13. 1903.)
22) Die subcutanen Oelatineu^dUionen wtd
Gefahren; von Marge niner u. Hirsch. (Tb<
Monatsh. XVI. 7. p. 334. 1902.)
23) TUanus nach Oelatineif^ektionen; von Kn
(Ebenda XVI. 6. p. 282. 1902.)
24) Ueber den Binfluss mechanischer und
scher Einwirkungen auf den Blutsirom tsnd €h/a
von Friedel Pick. (Ztsohr. f. Heilkde. N. F.
p. 49. 1903.)
YI. Innere Hedioin.
73
Beiträge xur Lehre über den Einfluss ther-
miteher Anwendungen auf das Blutgefässsystem ; von
Alfred Martin. Aus der med. Klinik, in Zürich.
Direktor : Prof. Eichhorst. (Ztschr. f. difitei u. physik.
Thor. Vn. 8 u. 9. p. 131. 1903.)
2^) Zur Lehre vom Ihdsus paradoacus ; von 0. B e i n.
(loterDai Beitr. z. inneren Med. IL p. 209. 1902.)
27) Veber ein neureisihenisehes Pulsphänomen. Vor-
trag auf der Karlsbader Natarforsoher Versammlung; von
LBrann and A. Fuchs. (Centr.-Bl. f. innero Med.
XXIII. 49. 1902.)
28) Analyse des Pulsus irregtUaris perpetuus ; von
Prof. e. E. Bering. (Prag. med. Wchnschr. XXVIII.
30. 1903.)
29) Ein Fall von Verlauf der Oarotis interna durch
diePtnAenhöhle; von £. H a n s e n in Hamburg. (Münchn.
med. Wchnschr. L. 22. 1903.)
30) lieber den Bau der Nahelaefässe ; von J. B o n d i
in Wien. (Mon.-Schr. f. Oeburtsh. u. Oynäkol. XVI. 3.
p. 265. 1902.)
31) Oase ofright aoriie areh with abnormal dtspo-
iüwn of the lefl innominaie vein and thoraei<: duet;
by 8. Ca m e r 0 n. (Lancet Sept. 6. 1902.)
32) lieber den physiologischen Verschluss der Nabel-
orterien und das Vorkommen von LängsmusktUcUur in
den Arterien des weiblichen Oenitales; von Bukura.
iCentr.-BL f. Gynäkol. XXII. 12. 1903.)
33) Varietäten im Gebiete der unteren Hohivene;
roo Siegfried Oberndorfer. Aus d. pathol. Inst,
der UoiversitSt München (Ober-Med.-Rath Prof. Bol-
ÜDger). (Münchn. med. Wchnschr. L. 10. 1903.)
34) Einige Thierversuehe über Vereinigung und
Transplantation von BkUgefässen ; von A. Exner.
(Wien. klin. Wchnschr. XVI. 10. 1903.)
33) Ätresia of the conus pulmoncUis ; by E. C a a t -
ley. (Edinb. med. Joum. N. S. XII. 3. p. 257. Sept.
1902.)
36) 11 ealibro delle principdli arterie alla hose
id^eneefalo nei sani di mente e negli alienati; pel
6. Feli, Bologna. (Bull, delle So. med. di Bologna
Nr. 18. 1903.)
37) Persistenx des Ductus Botalli; von G. Arn-
heim in Berlin. (Berl. kiin. Wchnschr. XL. 27. 1903.)
38) Sur la lesion dite stenose congenitale de Vaorte
^ la region de Visthme; par L. M. B o n n e t. (Revue
de Med. XXIIL 2—6. p. 198. 255. 335. 418. 481. 1903.)
39) Ueber die reine Mediaverkalkung der Extremi-
toienarierien und ihr Verhalten xur Arteriosklerose;
voqJ. 0. Mönckeberg. Aus d. pathol. Inst. d. allgiin.
Erankenhauses Hamburg-Eppendorf. (Vircho^'s Arch.
CLXXL 1. p. 141. 1903.)
40) U^>er Knochenbildung in der Arterienwand;
TOD J. G. M ö n c k e b e r g. (Virchow's Arch. CLXVII. 2.
I». 191. 1902.)
41) Udter KnoehenbUdung in verkalkten endokardi-
^ieehen undendoarteriitischen Herden ; von P. R o h m e r.
(Virchow's Arch. CLXVI. 1. p. 13. 1901.)
42) Ueber die Häufigkeit von arteriosklerotischen
Veränderungen in der Aorta jugendlicher Individuen ;
Ton 8. V. Simnitzky. Aus Prof. Ghiari's pathol.-
aoat losi in Prag. (Ztsohr. f. Heilkde. N. F. IV. 4.
p. 177. 1903.)
43) Beiträge xur Pathologie des Pfortaderkreislaufes;
TOD Fr. Saxer. Aus d. pathol. Inst, in Leipzig. Mit
1 Abbild. (Gentr.-Bl. f. allgem. Pathol. u. pathol Anat.
im. 15. 1902.)
44) Ueber die Sklerose der Pfortader ; von B u d a y.
ffbeada XIV. 5. 1903.)
45) Ueber 2 FUÜe von Intimatuberkulose der Aorta;
von 8. V. 8 i m n i 1 2 k y. (Prag. med. Wchnschr. XXVIII.
7. 1903.)
Oaertner (1) hat in Verbindung mit einem
^dflcontroller (zur Deberwachung des Pulses in
fer Narkose) nach dem gleichen Prinoip eine
Med. Jahrbb. Bd. 282. Hft. L
registrirende Vorriohtung hergestellt, die die Puls-
verhältnisse auf dem Eymographium fixirt (Ab-
bildung), und zwar ist hierbei die Hohe der Puls-
curve ausschliesslioh abhängig von der Beschaffen-
heit des Pulses. Man erhält also von ein und
demselben Menschen stets gleich hohe Pulsbilder,
so lange nicht die Cirkulation stOrende Bedingungen
einwirken. Die Höhe der gewöhnlichen Sphygmo-
graphencurven dagegen hängt nicht nur von ge-
wissen Qualitäten des Pulses ab, sondern auch von
vielen Zufälligkeiten, die man nicht beherrschen
kann , so besonders von der Oeschicklichkeit des
Untersuchers. 0. fQgt noch theoretische Erklä-
rungen fflr die Ursachen des Grösser- oder Eleiner-
werdens der Pulscurve an, auf die hingewiesen
werden soll. [Nach den Ausführungen des Prof.
Madelung im unterelsässischen Aerzteverein
vom 26. Juli 1908 haben sich die Erwartungen,
die M. auf Gaertner's Pulscontroller setzte, bei
200 Narkosen in keiner Weise erfüllt, denn im
Excitationatadium sei der Apparat gana unbrauch-
bar. Bßf.]
Hampeln (2) hat eine Combination des
V. Hasch 'sehen Sphygmomanometers und des
Oaertner 'sehen Tonometers construirt, die ihm
eine genaue Blutdruckmessung zu versprechen
scheint. Das Nähere muss im Originale nach-
gelesen werden.
Nach Gaertner(3) wird der Druck im rech-
ten Vorhofe dadurch bestimmt, dass man den ge-
senkten Arm langsam und unter stetiger Beobach-
tung erhebt. Man sieht dann die zuerst gefüllten
Hautvenen zusammenfallen, sobald der Arm in ein
bestimmtes Niveau gelangt. Beim gesunden Men-
schen soll dieses Niveau in der Höhe der Insertion
der 3., 4. und 5. Rippe am Sternum liegen. Je
höher der Druck im Vorhofe, desto weiter entfernt
sich das Niveau, in dem das angeführte Venen-
phänomen eintritt, von dem, in dem der Vorhof
gelegen ist. Der Druck wird direkt gemessen,
indem man den Vertikalabstand zwischen beiden
Höhen feststellt.
Die Amerikaner und Engländer beschäftigen sich
jetzt häufig mit Blutdruckuntersuchungen, so bespricht
Crile (4) die medikamentöse Hebung des Blutdruckes
bei Shock und Collaps und giebt dazu graphische Dar-
stellungen, während Briggs (5) und Cook (6) ihre Er-
fahrungen mit dem Sphygmomanometer von Riya-
Rocci/bez. von v. Basch mittheilen. Diese Aufsatze
bieten für den deutschen Leser nichts Neues.
Allbutt (7) behandelt den Zusammenhang
zwischen Blutdrucksteigerung und Arteriosklerose.
Er unterscheidet 3 Formen der Arterienverkalkung :
1) Alterssklerose, 2) mechanische Entstehung durch
langdauemde Steigerung des Blutdruckes, 3) toxi-
sche Arteriosklerose durch Blei, Alkohol und Lues.
Die Steigerung des Blutdruckes bei allen diesen
Formen ist nach A. das Primäre, die Sklerose der
Arterien das Sekundäre.
Norr i s (8) berichtet über seine Untersuchungen
der Blutdruckverhältnisse (nach Riva-Roooi) in
10
74
VI. Innere Medlcin.
pathologischen Fällen unter Zugrundelegung der
bisherigen Literatur^ (Mittheilung von Blutdruck-
werthen bei Typhus, croupöser Pneumonie, inter-
stitieller Nephritis und chronischer parenchyma-
töser Nephritis [subnormaler Blutdruck], Arterio-
Bolerosis, Vergiftungen und Herzkrankheiten.)
Jourdin und Fischer (9) veröffentlichen
eine ausführliche Studie über die Prognose und die
Therapie der Blutdrucksteigerung, die keine neuen
Gesichtspunkte bringt
Stanton(lO) hat sich in einer sehr genauen
Arbeit die Aufgabe gestellt, die verschiedenen be-
kannten Blutdruckmesser (Riva-Rocci^ Oaert-
ner, Hill und Barnard, Oliver) unter Be-
zugnahme auf die vorhandene Literatur und Bei-
gabe sehr guter Abbildungen auf ihre Brauchbar-
keit zu prüfen und empfiehlt sein eigenes Modell,
dass dem Bilde nach als eine Combinatlon von
Riva-Rocci und Hill und Barnard aufzu-
fassen ist.
Das Ergebniss der Untersuchungen M a s i n g 's
(11) mit dem Sphygmomanometer von Riva-
Rocci ist folgendes : 1) Bei gleicher Arbeitleistung
steigt der Blutdruck des bejahrten Menschen hoher
an, als der des jugendlichen. Bei Wiederholung
des Versuches fallen die Blutdrucksteigerungen
häufig geringer aus. Die einseitige Arbeit mit
einem Beine bringt meist bedeutendere Blutdruck-
steigerungen mit sich, als die abwechselnde Thätig-
keit beider Beine. Bei alten Leuten erfährt die
Pulsfrequenz in den letzten Versuchen eine er-
heblichere Steigerung als in den ersten. 2) Muskel-
arbeit hat in der Regel Blutdrucksteigerung zur
Folge, und zwar ist diese um so grOsser, je grOsser
die geleistete Arbeit ist. 3) Die Steigerung des
Blutdruckes bei Muskelarbeit fällt aber um so ge-
ringer aus, je kleiner die angewendete Willens-
anstrengung ist. Die Willensanstrengung ist ceteris
paribus um so geringer, je grOsser die Uebung ist.
4) Beim jugendlichen Menschen scheint das Ver-
halten des Blutdruckes während der Arbeit in recht
weiten Grenzen unabhängig von der Dauer der
Arbeit zu sein, indem der Blutdruck sich im Ver-
laufe der Arbeit im Grossen und Ganzen auf der
einmal erreichten HOhe erhält. Dagegen sinkt der
Blutdruck des bejahrten Menschen häufig bei längerer
Dauer der Arbeit. Das Altersherz wird unter dem
Einfluss von Muskelarbeit leichter insufficient und
reagirt auf Reize, die seine Thätigkeit beschleunigen,
weniger prompt, als das Herz des jungen Menschen.
In Folge des partiellen Verlustes seiner contraktilen
Substanz (senile Myofibrosis cordis nach Dehio)
vermag das alternde Herz nicht mehr die Arbeit
zu leisten, der es im jugendlichen Zustande noch
gewachsen war, es wird daher leicht der geforderten
Mehrarbeit gegenüber insufficient.
Gross (12) hat die hinterlassenen Beobach-
tungen des verstorbenen Dr. Hensen über patho-
logische Blutdruckveränderungen (nach Riva-
Rocci an der Cubitalis ausgeführt) zusammen-
gestellt: l) Bei Morbus BaseeUnoU war der Blut-
druck zeitweise erhöht, wohl in Folge erhöhter
Herzaktion, weniger in Folge eines starken Coo-
traktionzustandes der peripherischen Arterien.
Vielleicht ist die erhöhte Herzaktion wieder Folge
von toxischen Stoffwechselprodukten. 2) DigitaM»
blieb in einigen Fällen unter Fortschreiten der
Kreislaufstörung ohne jeden Einfluss auf den Blut-
druck, beseitigte aber in einigen anderen F&Uen
die GompensationstOrung unter Steigerung des Blut-
druckes. In wiederum anderen Fällen schwaad
die Kreislaufstörung ohne Steigerung des Blut-
druckes, der manchmal sogar abnahm, in anderen
Fällen ging der Blutdruck in die Höhe, während
die Gompensationstörung fortschritt 3) Bei Dramie
in Folge von chronischer interstitieller Nephritis
fand sich meist ein erhöhter Blutdruck (Aetio-
logie : ein blutdrucksteigerndes Gift als auslösendes
Moment der Urämie), weshalb therapeutisch voa
Aderlass, feuchten Qanzeinpackungen, Ableitung
auf den Darm (Senna) oder Anregung derSchweiss-
sekretion(Jaborandi, Pilocarpin, Schwitzbett) Erfolg
erwartet werden kann.
Spiethoff (13) hat in 20 Fällen von Morbus
Basedowii Blutdruckbestimmungen vorgenommen,
und zwar vergleichsweise mit dem Sphygmomano-
meter von Riva-Rocci und dem von v. Reck-
linghausen. Er hat gefunden, dass Riva-
Rocci 's Apparat ca. 14 mm habere Werthe gab,
als V. R e c k 1 i n g h a u s e n 's, was darauf zurQcktu-
fQhren ist, dass bei dem Apparate von v. Reck-
linghausen eine breitere Manschette benutzt
wird als bei R i V a - R 0 c c i. Aus den beigegebenen
Tabellen (Puls und Blutdruck) ist zu ersehen:
1) Dass der Blutdruck bei Basedow'scher Krank-
heit nicht constant nach bestimmter Richtung bin
verändert ist Unzutreffend ist die Meinung, dass
bei Basedow'scher Krankheit der Blutdruck immer
erhöht sei, aber ebenso unrichtig ist die Annahme
des Gegentheils. 2) BeL leichteren Formen ent-
fernt sich im Allgemeinen der Blutdruck nidit
wesentlich von der Norm. Erhöhungen und Er-
niedrigungen des Blutdruckes kommen gerade bei
den schweren Formen vor. Eine Erklärung bierfär
ist zur Zeit nicht möglich. Bei einer Erkrankung,
die das Herz so ausgesprochen am Symptomenbild
betheiligt und die in ihren Erscheinungen so viel
Wechselvolles darbietet, kann die Herzthfttigkeit
selbst Schwankungen unterworfen sein, anderer-
seits wird man aber auch vasomotorische EinflQsse
nicht in Abrede stellen können.
Marku8e(14) giebt eine durchaus nicht erschöpfieDde
Darstellung der Entwickelong der Blutdruckmessung aia
Menschen und knüpft daran die Erörterung der filot»
druckresultate bei hydriatischen Proceduren. Da die voa
M. herangezogenen Arbeiten bereits früher in diesen Jahr*
büchem besprochen worden sind, so genügt der HinweM
auf M.'s Zusammenstellung.
Die Untersuchungen 0 tf r i e d M ü 1 1 e r 's (15)<, difl
nach Riva-Rocci angestellt wurden, ergaben tolg^dol
Resultat: „1) Wasserbäder innerhalb der ihdifiterenzzool
(33—35* C.) bewirken eine während des ganzen BaM
YI. Innere Medlcln.
76
audauemde Steigerung des Blutdruckes bei Herabsetzung
der Pulsfrequenz. 2) Wasserbäder von der Indifferenzzone
bis zu etwa 40® C. bewirken nach einer einUntenden kurzen
Stei^rang ein Sinken des Blutdruckes auf, Ixiz. unter den
Xormalwerth, dem dann wieder ein erneuter Anstieg folgt.
Unterhalb von 37' C. sinkt bei dieser Gruppe von Bädern
die Pulsfrequenz , oberhalb steigt sie. 3) Wasserbäder
über 40» C. bewirken während des ganzen Bades an-
dauernde Steigerung des Blutdnickes bei Vermehmng der
Pulsfrequenz. Bei den heissen Bädern eiiolgt das An-
steigen von Blutdruck und Köri>ertümperatur gleichzeitig.
4) Bei den künstlichen Nauhetmer Bädern wird der Blut-
druck mehr von der Temperatur, als vom CX)i-Gehalt(» des
Bades bestimmt. An der Veränderung der Pulsfrequ<mz
habeü beide Momente annähernd gleichen Antheil. Tritt
bei Savheimer Bädern eine Senkung des Blutdruckes auf,
so muss dieses zur grössten Vorsicht mahnen. 5) Alle
i<?iiw'itzproceduren , wie Sand-, Dampf-, Ileissluft- und
elektrische Lichtbäder steigeni bei Gesunden den Blut-
druck und vermehren die Pul8fre<iuenz. 6) Halb- und
Wellenbäder steigern den Blutdruck. Bei lebhafter Be-
w^np des Pat. ist in ihnen die Pulsfrequenz vermehrt,
M ruhigem Verhalten ist sie vermindert. 7) Duschen
fglicher Temperatur steigern bei genügender Intensität
den Blutdruck. Die Steigerung nimmt mit der Entfernung
der Temperatur vom Indifferenzpunkte zu. Die Puls-
fwinenz ist oberhalb des letzteren vermehrt, unterhalb
vermindert. 8) Wir sehen aus diesen Beobachtungen, dass
^*i Anwendung einer grossen Anzahl der genannten physi-
kalischen Heilmethoden die Arbeitleistimg des Herzens
^z ausserordentlich gesteigert wird. Dieses muss nun
rar grössten Vorsicht mahnen bei Leuten mit orgam'schen,
Vz. muskulären Herzerkrankungen imd bei Arterio-
>üefotikem. Unsere Erfahrungen mahnen aber zugleich
auch daran, mehr als bisher es der Fall war, auf etwaige
funktionelle Schädigungen des Herzmuskels zu achten.
&) iaben wir in mehreren Fällen mit wahrscheinlich rein
funktioneller Schädigung des Herzmuskels sofortiges Ab-
sinken des Blutdruckes, Pulsbeschleunigung, Ohnmachts-
infalle u. B. w. bei blutdrucksteigemden Proceduren ge-
sehen.' (Grasse literaturangabe.)
Stillmark (16) giebt in einem Vortrage eigentlich
Bur ein kurzes Referat über die Erfahrungen anderer
Autoren bei ihren Blutdruckmessungen in verschiedenen
Iraniheitzuständen. Bezüglich der Verwerthung der
Blutdnickmessung bei Bädern betont er mit Recht, dass
in ereter linie die Temperatur des Bades, in zweiter ei-st
<fie chemische Zusammensetzung von Enüuss auf den
Blutdruck ist : Kalte BSder steigern den Blutdruck, warme
ffe 40* C.) erniedrigen ihn, heisse (über 40«G.) Wasser-,
Sind-, Dampf- und elektrische Lichtbäder erhöhen ihn.
I^gegen hat man gefunden, dass bei elektrischen Schwitz-
^em im GlühJicht- und Heissluftkasten nach kurzer
Steigerung ein erhebliches Sinken des Blutdruckes zu be-
reiten war. Schlammbäder wirken im Allgemeinen Blut-
«frock erniedrigend. COf-Bäder nehmen eine besondere
Steüung ein : In gewissen Fällen tritt regelmässig eine
Blatdmcksteigerung nach den COf-Bädem ein, in anderen
»her ein Sinken (besonders bei akuten Herzerkrankungen,
f^^mer bei weit vorgeschrittener Myokarditis, Arterioskle-
Rfee and Aneurysmen). In solchen Fällen ist das COi-
B>d verboten. S t. hält es daher für äusserst wichtig,
^^ jeder Arxt, der Bäder verordnet, der Veränderung
da BhUdmckee während und nach dem Bade die grössie
^fnerksamkeü schenkt und die grösste Vorsicht walten
^Mt auch bei indifferenten Bädern oder Massage und
Gjfmnattik.
Loebel (17) hat gefunden, dass Moorbäder den
Biotdruck, die Puls- und Athmungsfrequenz reduciren,
ferner die Erregbarkeit des Centrahiervensystems dadurch
Weinflubsen, dses nach ihrem Gebrauche eine promptere
Ibtbsformaiion von Sinneseindrücken in intendirteMiiskel-
Hiwegungen stattfindet. Daher empfiehlt L., die Moor-
^er bei Herzneurosen und Arteriosklerose, bez. bei Cor
idiposum mitBegleitei'Scheinungen von hohem Blutdrucke
anzuwenden. Gegenanzeige sind Compensationstörungen
des Herzens (mit dem meist vorhandenen niedrigen Blut-
drucke), bei denen L. die COf-Bäder und leichte Wasser-
kuren für angezeigt hält.
In einem 2. Aufsatze „über die blutdruckreduciren-
den "Werthe der Moorbäder* werden die vorher ange-
führten Thatsachen von Loebel (18) in wissenschaft-
licherer Form eingehend besprochen und imter Beigabe
von Tabellen die Blutdruckschwankungen vor und nach
dem Bad(? genau mitgetlieilt. In einem 2. Theile geht L.
auf die Wechselbeziehungen ein, die die Moorbäder zwi-
schen der Eigenwänne des Körpere imd dem Blutdrucke
herzustellen vermögen. Dieser Aufsatz eignet sich nicht
zu einem kurzen B^femte, es sei daher auf ihn hiermit
aufmerksam gemacht, umsomehr, als eine Literaturüber-
sicht beigegeben ist.
Zavaldi (19) glaubt aus 4 Beobaohtungen den
Schliiss ziehen zu dQrfeD, dass das Heroin auf den
Blutdruck erniedrigend wirkt, besonders in den
Fällen, in denen der Blutdruck besonders hoch ist
Er hat diese Wirkung feststellen kOnnen bei der
Qblichen Dosis (0.005) und bei innerlichem Ge-
brauche. Eine allmähliche Erhöhung der Dosis
wurde ohne Störung gut vertragen.
Thaussig (20) gab seinen Patienten zum
Zwecke der Oefftsserweiterung Jodipin, das von
allen Jodpräparaten am wenigsten Nebenerschei-
nungen hervorruft, per os, rectal und subcutan
(20ccm pro dosi). Die Ausscheidung des Jod er-
folgte am schnellsten bei Darreichung per os, am
langsamsten bei subcutaner Anwendung (nach
50 Stunden). Die Erfolge Th.'s bei Asthma,
Aneurysma aortae, Arterienerkrankungen waren
sehr gute, besonders aufföllig aber in 3 Fällen von
Bleikolik, wo nach den Einspritzungen bald Ruhe
eintrat, die Schmerzen nachliessen und der Blut-
druck rasch (24, 10 und 8 Tage) und bedeutend
(von 220 mm Hg auf 110, von 200 auf 90, von
160 auf 80, mit dem Tonometer von Qaertner
gemessen) sank. Aus diesem Grunde empfiehlt Th.
das Jodipin als hervorragendes Mittel zur Oefäss-
dilatation bei Colica saturnina.
Berger (21) veröffentlicht seine im Allge-
meinen guten Erfahrungen mit der innerlichen und
subcutanen Anwendung der OekUine bei Endo-
metritis baemorrhagica, Nierenblutungen, Purpura
rheumatica, Hämoptoe und Aneurysmen. Es wur-
den subcutan meist 100 — 160 com einer 2proc.
Qelatinelösung oder 15 — 20 g Gelatine als (}el6e
innerlich verabreicht. Böse Erfahrungen sind in
keinem Falle gemacht worden. In den 3 Fällen
von Aneurysmen (1 Todesfall) wurden bis zu 4 In-
jektionen der 2proc. Gelatinelösung von je 150 bis
200 com gemacht B. meint, dass die Gelatine-
injektionen den Körper nicht gefährden, oft von Er-
folg begleitet sind und daher in Fällen stärkerer Blu-
tung stets angewendet, bei Aneurysmen wenigstens
versucht werden sollten (s. auch Nr. 140 u. 141).
Margoniner und Hirsch (22) betonen mit Recht,
dass, um die Gefahren einer Te^anu^infektion nach Oela-
tineinjektionen zu vermeiden, die bisher geübte Sterili-
sationmethode nicht ausreicht. Sie empfehlen folgendes
Verfahren: 2g der käuflichen Gelatine werden unter
leichtem Ei-wäi'men in 100 ccm physiologischer Kochsulz-
76
TL Innere Medioln.
1
lösung gelöst. Diesü so gewonnene Gelatinelösung wii^d
1 Stunde lang strömendem Wasserdampfe ausgesetzt.
Zur Injektion wird eine völlig zerlegbare und in ihren ein-
zelnen Theilen gut sterilisirbare Spritze benutzt.
Krug (23) hebt hervor, dass in allen Fällen von
Tetanus nach OelatineinioktHonen diese Infektion allein
durch die Gelatine, nicht etwa durch ungenügendes Rei-
nigen der Instrumente hervorgerufen worden ist Nach
mangelhafter Reinigimg der Haut oder der Spritze ent-
wickelt sich niemals Tetanus, sondern Dermatitis, Phleg-
mone oder Abscedirung. Die Gelatine allein ist der
Träger des Tetanusgiftes gewesen, weil sie nicht genügend
sterihsirt worden war. Zur Vermeidung dieser Gefahr
empfiehlt K r., jedesmal die Gelatine aus frischem leim-
gebenden Gewebe herzustellen (nach Kühn in Cassel).
A\'o aber schnelles Handeln und rasches Eingreifen noth-
wendig ist, da wird man sich mit einer in einer Apotheke
bereiteten imd genügend sterilisirten Lösung behelfen,
allerdings dann aber auch mit der Gefahr einer Tetanus-
infektion rechnen müssen.
Die Studie Pick '8 (24), die von der Hufe-
land'sehen Oeaellsohaft zu Berlin mit einer
Ehrengabe bedacht worden ist (Alvarenga-Preis),
zeigt, in welch' hohem Orade mechanische und
thermische Einwirkungen den Blutstrom zu beein-
flussen im Stande sind. Es muss auf das Ori-
ginal verwiesen werden, da ein kurzes Referat
über die verschiedenen Methoden der von P. an-
gewandten mechanischen und thermischen Reize
(Massage, passive Bewegungen, Kälte und W&rme)
ohne die dazu gehörigen Tabellen nicht verständ-
lich erscheinen würde.
Martin (25) versucht die in der Literatur
widersprechenden Angaben über den Einfluss ther-
mischer Reize, besonders Eältereize auf das Oe-
fässsystem unter Berücksichtigung selbst erhobener
Befunde zu klären. Auch diese Arbeit eignet sich
wegen der eingehend beschriebenen Versuche nicht
zu einem Referate. Es soll nur als Hauptresultat
hervorgehoben werden, dass lokale Wärmeappli-
kation am Arme eine Verspätung der Radialis-
pulswelle gegenüber der Carotis zur Folge hat,
und zwar in Folge von Qefässerweiterung am Orte
der Anwendung der Wärme. Andererseits be-
wirkten Eisbeutel längs der Wirbelsäule Verenge-
rung der Hauptgefösse an den Extremitäten und
gleichzeitig antagonistische Erweiterung der Muskel-
gefässe.
B e i n (26) bespricht das von Kussmaul zu-
erst als „Pulsus paradoocua" bezeichnete, arterielle
Pulsphänomen. Er sieht die Ursache für dessen
Zustandekommen in: 1) Behinderung des freien
Luftzutrittes in die Lungen durch Stenose der
Bronchen, behinderter Ausdehnungsfähigkeit der
Lungen durch Compression (Exsudate u. dgl.);
2) mechanischer Behinderung des freien * Blut-
abflusses aus dem Oefässsystem, am Herzen selbst
(Compression durch perikarditische Exsudate,
schwielige Verwachsungen, Myodegeneratio cordis,
Herzschwäche) und an den grossen (befassen
(mediastinale Affektionen, Aneurysmen, Arterio-
sklerose). Im Anschlüsse hieran folgt die genaue
Beschreibung eines in Leyden's Klinik beobach-
teten Falles mit anatomischer Untersuchung (3 Puk-
curven).
Braun und Fuchs (27) sehen als ein fürdie
Neurasthenie charakteristisches Pulsphänomea die
Erscheinung an, dass eine regellose Allorhythmie
(raschere oder regel massigere Schläge, abwechselnd
mit langsameren oder anderen), die bei Ruhelage ,
des Kranken verschwunden ist, bei irgend einer
Widerstandsbewegung sofort wieder eintritt Ur-
sache: zu grosse Labilität des herzhemmendea '
Vaguscentrum. Als Beweis dafür führen Br. und
F. Beobachtungen an, dass diese Allorhythmie nicht
eintritt, wenn dem Patienten vorher Atropin ein-
gespritzt wird.
Hering (28) kommt zu dem Ergebnisse, dass
der Pidsiu irregularis perpetuua sich auf eine Irre-
gularität des Herzens trayopen^n Ursprunges zurfick-
führen lässt, hervorgerufen durch Elxtrareize und
daher als eine myoereÜiMche Unregelmässigkeit des
Herzens aufzufassen ist.
Hansen (29) beschreibt den seltenen Fall, dass dio
Carotis interna an der Schädelbasis am Boden der Paukt^n-
höhle, da, wo normaUter der Bulbus venae jugularis liegt
in die Paukenhöhle eintritt, und dass somit der ganze
aufsteigende Theil und ein ca. 7 mm langes Stüeii des
horizontal verlaufenden Tbeiles des Canalis caroticus voi\
der Paukenhöhle ersetzt wird. Das Knie der Cawtis Iw-
fand sich auf dem Promontorium (Abbildung). Da das
betreffende Schläfenbein einer Sammlung entstammte, s«'
waren Vergleiche mit dem der anderen Seite ausg»^-
schlossen. H. vermuthet, dass der Besitzer dieser Ab-
normität an heftigen Ohrgeräuschen gehtten haben muss,
da die pulsirende dicke Arterie hi der Paukenhiihle nii ht
nur das Trommelfell und die Gehörknöchelchen, >oadeTO
auch das Promontorium und die Endapparate des Nenu'^
Cochleae erschüttern musste. An diese Frage ankniipfen-l
verbreitet sich H. darüber, ob bei einer Ohruntersuchung
im Leben diese verhängnissvolle Abnormität erkannt und
so gegebenen Falles die Ausführung der Paracentese ver-
hindert worden wäre. Er bejaht diese Frage.
B 0 n d i (30) untersuchte zur Klärung der Frage
über den Aufbau und den Verschluss der Nabel-
gefösse eingehend die Nabelschnur unter Anwen-
dung der Unna 'sehen Oroeinfärbung und des
Weigert 'sehen Verfahrens zur Darstellung d«r
elastischen Substanz. Er fand in der Arterien-
wand regelmässig 2 Muskellagen, eine äussere
Ringmuskulatur, die arm an Bindegewebe und
elastischer Substanz war, und eine innere, zarte
Längsmuskulatur, reich an Bindegewebe und
elastischer Substanz (elastisch - muskuläre Lage).
Die innere Muskulatur rechnet B. der Intima zu,
weil sich oft zwischen den beiden Muskellagen eine
elastische Membran nachweisen liess, nach Ana-
logie bei anderen Oefässen als Grenze zwischen
Intima und Media. Alle „Buckel^' im Verlaufe der
Oefässe sind Contraktionerscheinungen , Klappen
fehlen. Bei den Venen fand B. regelmässig eine
gut ausgebildete elastische Orenzmembran. Klappen
fehlen auch hier. Der Verschluss der Arterien ge-
schieht dadurch, dass die Ringmuskulatur durdi
Contraktion die Lumina verengt, während haupt-
sächlich die Contraktion der mit Elastica untei'
VL Innere Medioin.
77
mischten InnenmuBkulatur das Lumen durch Vor-
treibung des Endothels Tersohliesst.
Cameron (31) beschreibt die ini Titel enthaltene
anatomische Curiosität und giebt 2 Abbildungen dazu.
In den Nabelarterien sind schon mit blossem
Auge leisten- und polsterartige VorsprQnge zu er-
kennen, die von längsverlaufenden Muskelfaser-
strängen gebildet sind und bei lebend geborenen
Kindern das Lumen der Nabelstrangarterien ver-
engen oder verschliessen. Bei iodi geborenen
Kindern dagegen fand Bucura (32) das Lumen
offen, klaffend, meist kreisrund oder auch ovaL
Dieser Unterschied im Verhalten der Lumina der
Nabelarterien lässt es nach B. als wahrscheinlich
erachten, dass diese Buckel und Polster ein funk-
tioneller Zustand der Längsmuskulatur sind, und
dasTbierexperiment, sowie die histologische Unter-
suchung der Nabelschnurpräparate von lebend- und
todtgeborenen FOten haben die Annahme bestätigt,
dass es sich bei diesen Längsmuskelvorsprüngen
um den physiologischen Verschluss der Nabelarterie
handelt. Aehnlich wie bei der Nabelarterie ver-
hält sich der Bau der kleineren Arterien im Uterus
und in seinen Adnexen, im Lig. rotundum, in der
Vagina und im Schwellgewebe der Clitoris und der
Vulva. Auch hier scheinen die Anhäufungen von
Längsmuskulatnr in Form von Buckeln und Polstern
in der Arterieninnenwand eine funktionelle Be-
deutung zu besitzen, da sie beim Foetus und beim
Neugeborenen nicht vorhanden sind.
Oberndorfer (33) berichtet über f olgondt» Varie"
täten im Gf^biete der unteren Hohlvene : a) Persistenz der
linifD Vena cardinalis inferior bei Verlaf^ening der linken
Niere (Abbildung) ; b) Persistenz der beiden Venae cardi-
nalH> poist. in Fomi einer Duplicität der Vena cava infer.
(Abbildung). Es folgt eine Besprechung der entwicke-
lun|!s^esehichtlichen Frage des Zustandekommens dieser
ixwmalien der Venen.
Exner (34) hat gefunden, dass bei seinen
Versuchen einer operativen Vereinigung von Venen
imd Arterien die Venen stets zu thrombosiren
pflegten, so dass also eine verloren gegangene
Arterie niemals durch eine benachbarte Vene er-
setzt werden konnte. Eben so wenig gelangen
seine Versuche, Venen und Arterien zu transplan-
tiren, weil auch hier die Thrombose an den be-
treffenden Stellen eintrat. Die Ursache des aus-
bleibenden Erfolges sieht E. in der ungenügenden
Ernährung der Theile.
Das von Cautley (35) beschriebene Kind mit fast
xvüiger Atresie des Conus pulmonalis erreichte ein Alter
Ton 12 Monaten und zeigte ausser leichter Cyanose, be-
vhl*»aniMer Respiration und Herzaktion, Herzverbreite-
rnnir und einem leichten systolischen Geräusche über der
Pulmonalis gar keine Symptome. Aetiologisch macht C.
die Syphilis der Eltern vei*antwortlich für das Zustande-
kommen dieser Abnormität.
Peli (36) hat 40 Geistesgesnnde und 270
Geisteskranke genau auf die Weite der das Gehirn
versorgenden Arterien untersucht und gefunden,
dass die Lnmina der Carotis interna und Arteria
vertebralis beiderseits bei den Geisteskranken durch-
gehend weiter sind als bei Geistesgesunden.
Ambe im (37) beschreibt einen 3jähr. Knaben, der
ohne« Cyanose darzubieten eine 4 cm lange, bandförmige
Dämpfiing am linken Stemalrande, enorme Ilerzhyper-
tropliie besonders nach links und Veränderung der Herz-
töne zeigte. Aiif Grand dieser Zeichen diagcosticiii A.
Persiatenx des Ductus BotaÜi (Röntgogi*amm). A. glaubt
auch an ein Vorhandensein einer Verengerung des Isth-
mus der Aorta und an einen abnormen ürspmng der
Subclavia und Carotis.
Im Anschlüsse an einen selbstbeobachteten Fall von
congenitaler Aoi-tenstenose in der Isthmusgegend (2 Ab-
bildungen) hat Bonnet (38) sich der Mühe und der
dankenswerthen Aufgabe imterzogen, aus der Ijteratur
aller lünder die bisher bt»schriobenen analogen Fälle zu-
sammenzustellen (27 Fällo im jugendlichen Alter, 49 bei
Neugeborenen gefunden).
Hönckeberg (39) hat bei einem grosseren
Hateriale (Ober 60 Fälle) gefunden, dass die Media-
verkalkung an den Arterien der Glieder sehr viel
häufiger vorkommt als die Arteriosklerose. Er
hebt hervor, dass bei allen Extremitätenarterien,
die als ,^tarre, geaehlängelte, fragile Bohre*' (S t r Q m -
pell's Atherom) zu fQhlen sind, es sich in der
Oberwiegenden Mehrzahl der Fälle nicht um Arterio-
sklerose, sondern um „reine MedtaverkaUcung*'
handelt Ferner betont M., dass aus dem Grade
eben so wenig, wie aus der Ausdehnung der peri-
pherischen Mediaverkalkung ein Schluss erlaubt
ist auf eine Arteriosklerose der centralen Gefasse.
Beide Erkrankungen finden sich Öfters combiniit.
Doch kommt es auch vor, dass trotz starker Media-
verkalkung eine Arteriosklerose der inneren Ge-
fässhaut vollständig fehlt.
Mönckeberg (40) hält die Enochenbildung
in den Arterien wänden fQr keine seltene Erschei-
nung und für einen Folgezustand der Arterio-
sklerose. Unter 100 Fällen von Arteriosklerose
fand er 10 derartige Verknöcherungen, von denen
er 6 ausfQhrlich beschreibt. Im Allgemeinen stimmt
er mit der Anschauung Rohm er 's (s. Nr. 41)
überein, dass Vorbedingung für die Knochenbildung
das Herantreten vaskularisirten Bindegewebes an
Ealkablagerungen ist. In einem Falle fand M. auch
Knorpel, so dass dieser möglicherweise die Knochen-
bildung vermitteln kann. Von im Ganzen 17 Kno-
chenherden lagen 9 in der Intima und 8 in der Media.
Rehmer (41) hat in einem Falle von ver-
kalkten Aortenklappen, in einer Mitralklappe und
einer Art femoralis echtes Knochengewebe nach-
weisen können. Das Knochengewebe hatte sich nur
an der Stelle gebildet, wo lockeres, gefässreiches
Bindegewebe mit Kalkeinlagerungen zusammen-
stiesB, und zwar ohne Vermittelung von Knorpel-
gewebe. Das sklerotische Klappengewebe war
nirgends an der Knochenbildung betheiligt. Die
Knochenbildung an der Art. femoralis war als ein
Folgezustand der gewöhnlichen Veränderungen
starker Arteriosklerose mit Verkalkung aufzufassen :
In die stark verdickte Intima drang junges, gefäss-
reiches Bindegewebe von der Media und Adventitia
aus vor. Wo dieses an Kalkeinlagerungen stiess, wur-
den diese durch lacunäre Resorption aufgelöst und
es wurde durch Abkömmlinge der Bindegewebezelleu
78
VI. Innere Medicin.
Knochen aufgebaut Während öfters der Knochen
lamellösen Bau zeigte, war er anderwärts ohne
ausgesprochene Schichtung. Die Markräume wur-
den durch Resorption von verkalktem oder un-
verkaiktem Intimagewebe gebildet, nicht etwa aus
präformirten Hohlräumen. R. sieht in seinem Be-
funde einen neuen Beweis fQr eine echte meta-
plastische Knochenbildung aus Bindegewebe, da
eine embryonale oder postembryonale Oewebe-
verlagerung bei dem multiplen Auftreten der Kno-
chenherde innerhalb des Oefässsystems ohne per-
forirendes Trauma unwahrscheinlich ist.
Aus den Untersuchungen v. Simnitzky's (42)
geht hervor, dass die Jrierioaklerose im jugendlichen
Alter, wenigstens im Anfangstadium der Ent-
wickelung, eine durekaus nicht seltene Erscheinung
ist, da sie bei 27.5<^/o der von v. S. daraufhin unter-
suchten Individuen (38 Fälle) im Alter bis zu
25 Jahren constatirt werden konnte. Aetiologisch
muss den Infektionkrankheiten unbedingt eine sehr
wichtige Rolle zuertheilt werden. Diese Beobach-
tungen sprechen aber auch weiter dafür, dass die
Arteriosklerose überhaupt nicht in erster Linie und
ausschliesslich das Ergebniss einer specifischen
Wirkung des Alters ist, sondern dass die Verände-
rungen der Oefässwände durch die verschiedenen
Schädlichkeiten, die auf den Körper im Allgemeinen
und die Oefässwände im Besonderen einwirken im
Laufe der Jahre, hervorgerufen werden. Was die
juvenile Arteriosklerose betrifft, so ist es recht wohl
möglich, dass unbedeutende Veränderungen der
Intima wieder spurlos vergehen, d. h. ausheilen
können. Wenn aber die schädliche Einwirkung
auf die Intima sehr intensiv war oder längere Zeit
gedauert hat, so wird sich eine solche juvenile
Arteriosklerose ebenso weiter entwickeln, wie die
Arteriosklerose der Erwachsenen.
Saxer ^43) theilt ausführlich einige seltene Fälle
aus der Pathologie ^^^ Pfortaderkreislaufes mit: 1) colos-
saler Varix anastomoticus lieno-gastrico-suprarenalis bei
Lobercirrhose. Tödtliche Magenblutung (Abbildung);
2) Thrombose der Pfortader und ihrer sämmtlichen Zweige
und Wurzeln. Tod durch Danngangrän in Folge von
Thrombose der Wurzeln der V. mesenterica superior. Im
Anschlüsse an die ganz besondei*s ausführlichen Beschrei-
bungen (s. Original) wird von S. auf die in der Literatur
beschriebenen Fälle ahnHcher Art eingegangen (Literatur-
übersicht mit 109 Nummern).
Buday(44) veröffentlicht 2 Fälle, in denen er die
Annahme einer primäreti deformirenden Endophlebitis
der Pfortader für berechtigt hält und die ThromlK)se, ent-
gegen den von Saxer (s. 43) mitgetheilten Fällen, für
eine sekundäre Veränderung ansieht.
Von den 2 Fällen von Intimaiuberladose der Aorta,
die V. Simnitzky (45) beschreibt, handelt es sich im
1. Falle um einen chronischen Tuberkuloseherd in der
Intima der Aorta, der augenscheinlich als Metastase einer
chronischen Phthise entstanden war. Im 2. Falle fand
V. S. ein ganz frisches Tuberkelknötchen auf der Litima
(l«'r Aorta als coordinirte Theilerscheinung einer akuten,
allgemeinen Miliartuberkulose, v. S. glaubt, da diese
2 Fälle unter 155 Fällen von florider Tuberkulose ge-
funden w^irden, dass die Tuberkulose der Aorta bei ge-
nauerer Uutei*suchung der Intima gar nicht so selten vor-
Jv<jmmt. (Schluss folgt.)
81. On obliteratioii of the superior Tena
oava ; by William Osler. (Bull, of the Johns
Hopkins Hosp. XIV. 148. p. 169. 1903.)
0. hat 29 Fälle von Obliteration der Vena cara
superior in Folgte von Compression durch Aorten-
aneurysmen, Mediastinaltumoren, tuberkulöse Pro-
cesse u. dgl. zusammengestellt, die er einzeln kun
aufführt, und berichtet ausfQhrlicher über 2 Fälle
von Obliteration der Cava superior.
In dem einen Falle (22jähr. Mann) war es in Folg»-
chronischer sklerosirender Tuberkulose zu einer OWiti>
i-ation der oberen Hohlvene, sowie der VV. iimominatae
gekonmien. Es hatte sich von beiden VV. subclaviae und
mammariae internae aus eine ausgedelinte subcutane
Anastomosenbildung mit den seitlichen Thoraxvenen und
den W. epigastricae supei-ficial. gebildet, von welchen lt»tz-
teren das Blut nach der V. cava sup. abgeführt wurde.
Dieser Fall wird duixih gute Abbildungen illustrirt.
Der 2. Fall betraf einen 31 jähr. Lackiror, der an
ilodgkin'scher Krankheit litt und bei dem die urnfsrnp-
reichen mediastinalenDiüsenpackete eine Obliteration d^^r
oberen Hohlvene bedingt hatten. Auch hier war ein au.s-
gedehnter venöser CoUateralkreislauf zu Stande gekommen.
Noesske (Kiel).
82. ünteniuohangen über Pellagra; von
Dr. G. Pro ca. (Spitalul. Nr. 19. p. 671. 1903.)
P r. hat in einer Pellagroserie und in mehreren
von Pellagra heimgesuchten Bezirken Nachforschnn-
gen, namentlich mit Bezug auf Entwickelung, Prl-
disposition und Recidive angestellt und ist zu fol-
genden Schlüssen gelangt Damit sich die Krank-
heit entwickele, muss eine eigene Prädisposition
des Körpers bestehen ; von Hanchen werden Malaria,
Syphilis und Alkoholismus als prädisponirende
Momente angesehen, obwohl dieses nicht sicher fest-
gestellt ist Die im Alter von über 4 1 Jahren stehen-
den Personen werden am meisten heimgesucht, wäh-
rend Kinder gewöhnlich verschont bleiben. Frauen
liefern einen bedeutend grosseren Procentsatz als
Männer, was P r. auf die Atonie des Verdauungs-
traktes, auf eine grossere Schwäche des Nerven-
systems und auf verschiedene durch die Matemität
hervorgerufene Störungen zurückführen will Dt
das Maistoxin eine relativ geringe Giftigkeit be-
sitzt und die eingeführten Mengen immer klein
sind, muss auch das Vorhandensein einer indi-
viduellen Idiosynkrasie angenommen werden.
P r. ist der Ansicht, dass die sogen. Pellagra-
recidive in Wirklichkeit auf eine neue Intoxikation
hindeuten und keineswegs das Wiederaufleben
einer latenten chronischen Krankheit darstellen.
Die Thatsache, dass sie immer im Frühjahre auf-
treten, ist darauf zurückzuführen, dass der neue
Mais gewöhnlich gegen das Ende des Winters in '
Gebrauch genommen wird und somit in diese Zeit
die Neuinfektion fällt E. T o f f (Braila).
83. Die Aetiologie der PellagrA; von Dr,
Theodor Darmanescu. (Inaug.-Diss. Bul
rest 1908.)
Die Auffassung D.'s über die Aetiologie di<
in Rumänien so sehr verbreiteten Krankheit weicht
VI. Innere Hedloin.
79
durchgehends von der allgemein angenommenen
ab. Er betrachtet die Pellagra als eine specifisehe,
auf ausschlieealicher Maisnahrung beruhende Er-
krankung. Es ist seiner Ansicht nach gleichgültig,
ob es sich um guten oder verdorbenen Mais handelt
Nur auf diese Weise ist es erklärlich, dass auch solche
Personen erkranken, die keinen verdorbenen, son-
' dem nur tadellosen Mais für ihre Nahrung ver-
wendet haben. Auch ist in Rumänien ein stetes
Wachsen der Sjtmkheit zu verzeichnen, ganz gleich-
gültig, ob gute oder sohlechte Maisjahre waren.
Andererseits beobachtet man, dass ein Pellagra-
kranker nur dann geheilt werden kann, wenn man
die Maisnahrung durch Weizen ersetzt, aber nicht,
wenn man ihm auch den besten Mais verabreicht
Die Ursache, warum der Mais diesen krankhaften
£influ88 ausübt, erklärt D. daraus, dass er ein un-
ToUst&ndiges Nahrungsmittel ist, und die Verluste
des Körpers nicht zu decken im Stande ist
KToff (Braila).
• 84. Die Hamatologie der Pellagra; von
Maria C. Grigorescu u. Dr. F. Galasescu.
(SpitaJül. Nr. 19. 20. 21. p. 682. 1903.)
Qr. und 0. haben in 26 Fällen von Pellagra
eingehende Blutuntersuchungen angestellt und sind
>a folgenden Schlüssen gelangt : Es besteht immer
eine leichte Anämie, in Verbindung mit einer
schwachen Vermehrung der Leukocyten und einer
Verminderung der Hämoglobinmenge und der
Dichte; ausserdem besteht eine eharakterüiiaehe
^^ononuekose. Wenn die Pellagra in Verbindung
mit anderen Krankheiten auftritt, so wird hierdurch
^t mononucleare Typus nicht geändert Diese
Befände sind charakteristisch für Pellagra und er-
lauben diese Krankheit von Erythemen zu unter-
«iieiden. E. Toff (Braila).
85. Zur Pemphigusfirage ; von Dr. S. P r i s s -
mann. (Petersb. med. Wchnschr. N. F. XXVIII.
9. 1903.)
Um die Mitte des 1 8. Jahrhunderts führte S a u -
vages den Namen Pemphigus als Sammelbegriff
fflrsämmtliche Hautkrankheiten ein, die sich durch
Blasenbildung charakterisiren. Zur Zeit unter-
Kheiden wir folgende von den meisten Dermato-
sen aoceptirte Hauptformen : P. vulgaris, folia-
<^ vegetans, acutus neonatorum syphiliticus und
aon syphiliticus. Pathologisch-anatomisch fassen
die meisten den Pemphigus als entzündliche Haut-
Erkrankung auf, nur Vereinzelte bekennen sich zur
^Qapitz 'sehen Lehre von der Wachsthumstürung
der Haut, der Acantholysis. Bezüglich der Actio-
ne stehen sich vor Allem 2 Ansichten gegen-
über: die eine spricht sich gestützt auf gewisse
hakterioiogische Befunde für die infektiöse Natur
der Erkrankung aus, die andere nimmt als Ursache
Stdningen des Nervensystems an.
Pr. kommt bei BerQcksichtigung der Literatur
Süd eigener Beobachtungen zu der Annahme, dass
<Üe viel selteneren akuten Formen infektiöser Natur
sind, die chronischen dagegen auf nervöser Basis
zu Stande kommen. Bei dem Pemphigus neona-
torum kommt auch noch die Wirkung zu heisser
Bäder in Frage. Die Prognose ist in akuten Fällen
in jedem Lebensalter schlecht, dagegen sind die
chronischen Fälle im Grossen und Ganzen harm-
loser, abgesehen von dem Pemphigus foliaceus und
dem Pemphigus vegetans. Fast ganz ungünstig
sind die Fälle, in denen die Blasen in kurzer Zeit
in grösserem umfange hämorrhagisch, gangränös
oder croupös werden. Der Tod tritt alsdann auch
bei geringer Ausdehnung der Erkrankung stets
sicher ein.
Pemphiguserkrankungen gehören im Allge-
meinen zu den seltenen Dermatosen. Per akute
Pemphigus und der Pemphigus foliaceus, von denen
Pr. je einen selbst beobachteten Fall näher be-
schreibt, gehören zu den medicinischen Raritäten.
Der 1. Fall betraf ein Mädchen^ das am 9. Lebens-
tage einzelne, auf gesunder Haut stehende grosse Blasen,
die durch ihre Schlaffheit auffielen, bekam. Befalieii
waren Abdomen, Rücken, seitliche Halspartien, spöter
auch Finger und Zehen. Handteller und Fusssohlen waren
frei, ebenso auch die sichtbaren Schleimhäute. Tempe-
ratur in ano 38.0 — 39.0. Nach 12 Stunden platzten die
Blasen, Borkenbildung trat nicht ein. £inige Blasen
waren nach 2mal 24 Stunden in eine nekrotische Masse
verwandelt. Dieinguinaldrüsen zeigten deutliche Schwel-
lung und Druckempfindlichkeit. Uebermässig viele Bla.seu
waren im Allgemeinen nicht aufgetreten. Tod am
13. Lebenstage unter Erscheinungen von Herzschwäche.
Sektion verweigert. Therapeutisch kamen leicht des-
inficirende Bäder und Puderungen in Anwendung. P r.
bezeichnet den beschriebenen Fall als Pemphipis neona-
torum acutus gangraenosus malignus. Bei der Differential-
diagnose zwischen Pemphigus acutus und foliaceus kamen
hier für die Diagnose P. acutus in erster Linie der un-
gewöhnlich stürmische Verlauf (3— 4 Tage) und das Fehlen
des Nikolsky - Symptoms , das anatomisch in einer Er-
schlaffung des Zusammenhanges zwischen Stratum cor-
neum und lucidum besteht, in Betracht.
Der 2. Fall betraf ein 17jähr. Mädchen, das 14 Tage
nach der Extraktion eines Zahnes mit Erscheinungen im
Munde, leichter Empfindlichkeit und Zahnfleischbiutung
erkrankte. In den nächsten Tagen schössen veratreut aiif
dem ganzen Körper Blasen auf, die nach kurzem Bestände
platzten. Die zurückgebliebenen Hautdefekte bedeckten
sich zum Theil mit dünnen Borken, zum Theil blieben sie
feucht glänzend mit einem zarten Hautrande, dem Reste
der Blasendecke. Keine einzige der Stellen kam zur
Ueberhäutung. Auf dem Höhestadium des Leidens war
der Anblick ein geradezu erschreckender. Pat. lag
regungslos auf dem Rücken. Jede leise Bewegung war
mit grossen Schmerzen, mit Losreissen der lockeren
Blasendecken und Krusten verbunden. Der Mund konnte
nur minimal geöffnet werden. Aus der Nase sickerte
übelriechender Eiter. Die Augen konnten nur nach Er-
weichung der den Lidern aufliegenden Krusten mit grösster
Anstrengimg geöfiEnet werden. Aus dem Conjunctival-
sacke quoll reichlich Eiter hervor. Die Cornea schien
intakt zu sein. Permanente Wasserbäder hatten nur sub-
jektiv einigen Erfolg. Objektiv blieb jeder Erfolg aus.
Unter zunehmender Entkräftung Tod in der 6. Krankheit-
woche. Bis auf die erwähnten Veränderungen war an
der Pat. nichts Pathologisches nachzuweisen. Sie war
bisher stets gesund und von blühendem Aussehen ge-
wesen. In der Familie bisher keine Hautkrankheiten.
P r. bezeichnet den letzteren Fall als P. folia-
ceus sabacutus. Die Diagnose gründet sich auf
80
VI. Innere Hedicin.
das Vorhandensein des Nikolsky- Symptoms:
Schlaffheit der Blasen, Ausbleiben der Ueberhäu-
tung der einmal befallenen Stellen.
J. Mayer (Lübeck).
86. Pemphigus neonatorum aive oontagio-
bub; von A. Hengge. (Mon.-Schr. f. Oeburtsh.
u. Gynakol. XIX. 1. p. 53. 1904.)
H. berichtet über eine kleine Endemie in der
Oreifswalder Frauenklinik.
Eine WöchDerin I hatte vom 5. bis 9. Tage übel-
riechende Lochien ; wegen ausserdem bestehender lang-
samer Rückbiidang des Uterus wurden heisse Scheiden-
spülungen verabfolgt. Allgemeinbefinden ungestört, keine
Temperatursteigerungen. Vom 11. Tage ab betheiUgte
sich die Wöchnerin an der Pflege ihres Kiodes, das wegen
ungenügender Nahrung der Mutter noch an der Brust
einer anderen Wöchnerin 11 trank. Am 13. Tage er-
krankte nun das Kind der Wöchnerin 1 an typischem
Pemphigus und in unmittelbarem Anschluss auch die
Wöchnerin 11, deren eigenes Eiod und noch ein drittes
Eiud einer Wöchnerin 111, das sie bei derMilcbfüUe ihrer
Brüste ausserdem stillte. Als die Krankheit bei allen
Betheiligten im Abheilen war, wurden die bis dahin
streng isoliiien Kranken in der Klinik vorgestellt. Zu-
gleich wurde ein Neugeborenes wegen Schädelverschie-
bung gezeigt und von den Zuhörern naturgemäss am
Kopfe betastet. Dieses Kind erkrankte 2 Tage später
ebenfalls an Pemphigus, und zwar nur der behaarten
Kopfhaut, während das Leiden bei den anderen Kindern
allgemein namentlich am Bauche und an den Schenkeln
und bei der Wöchnerin 11 auf der Brust auftrat und mit
zahlreichen kleinen Furunkeln vergesellschaftet war.
Die kleine Endemie ging aus von den fOtiden
Lochien der Wöchnerin I, in deren Afterfurche bei
der Untersuchung unmittelbar nach dem Auf-
schiessen des Pemphigus bei ihrem Kinde frische
und in Abheilung begriffene Bläschen und kleine
Furunkel gefunden wurden. In allen 6 Krankheit-
fällen wurde als Erreger der Bläschen und Furun-
kel der Staphylococcus aureus nachgewiesen ; aus
den Lochien selbst gelang der Nachweis nicht,
wohl in Folge der zahlreichen desinficirenden Spfl-
lungen.
Die Behandlung bestand in Isolirung, Eröff-
nung der Bläschen, Abtragung, Reinigung mit
öOproc. Alkohol, später mit Iprom. Sublimat. Er-
öffnung der Furunkel Tägliches Bad und tüch-
tiges Einstäuben. Nach längstens 12 Tagen trat
Genesung ein.
Im Anschlüsse an die eigenen Beobachtungen
bespricht H. noch kurz die Aetiologie, die Pro-
gnose und die Häufigkeit der Erkrankung auf
Qrund der einschlägigen Literatur und begrüsst
schliesslich freudig die den preussischen Heb-
ammen seit 1900 auferlegte Meldepflicht als wirk-
samste Prophylaxe in der Praxis.
Kurt Kamann (Wien).
87. Ueber Pemphigns oontagiosuB ; von E.
Hagenbach- Burckhardt (Jahrb. f. Einder-
hkde. 3. F. VIL 5. p. 521. 1903.)
Ein 12 Tage altes Mädchen mit Pemphigus, der über
den ganzen Körper ausgebreitet war, auch die Handteller
und Fusssohlen nicht frei liess, steckte seine Eltern und
nach der Einlieferung in's Baseler Einderspital 6 Sander
im Alter von 8 — 15 Monaten an. Die Incubatioozeit
betrug etwa 3 Wochen. Aeltere Kinder, die ebeDfalls
mit der kleinen Kranken in Berührung kamen, erkrankten
nicht. Die Uobertragung war wohl durch die WSrterin
erfolgt. Im Blasen in halt fand sich der Staphyloooociu
aureus. Brückner (Dresden).
88. Angeborener ByphilitiBoher Pempbigat
ohne Affektion der Fasssohlen nnd Handteller;
von Dr. Shukowsky. (Arch. f. Kinderhkde.
XXXIV. 3—6. 1902.)
Sh. beschreibt ein neugeborenes, von einer syphili-
tischen Mutter stammendes Kiod mit einem Pemphigos-
ausschlag, dor Handteller und Fusssohlen frei lieu.
Daneben bestanden Milztumor und Aiopeoie. Alsdann
entwickelten sich eine Rhinitis nnd Ikterus, es bildeten
sich Fissuren in der Haut des Gesichtes. Der Tod erfolgte
am 10. Lebenstage. Die Sektion ergab Pneamonia alba,
Milztumor, Nephritis, Hepatitis, Encephalitis interBtitialis.
Die Oberschenkelepiphysen wurden auffälliger Weise
nicht untersucht. Brückner (Dresden).
89. BpidermolysiB bnllosa hereditaria ; von
Prof. Bettmann in Heidelberg. (DermatoLZtschr.
X. 6. p. 561. 1903.) •
Neben der einfachen Form der Epidermolysis
bullosa hereditaria giebt es Fälle, die die eigen-
artige Neigung der Haut, auf leichte traumatische
Reize mit einer Blasenbildung zu reagiren, in einer
Combination mit Narbenbildung und Atrophie der
Haut, mit einer Verkümmerung der Nfigel und
meist auch mit der Bildung von Milien aufweisen.
Die einfache Epidermolysis bullosa wurde bisher
nur in Deutschland beobachtet, während die meisten
Beobachtungen jener dystrophischen Form aus dem
Auslande kamen. B. berichtet Ober einen Fall ans
einer Pfälzer Familie, in dem sich das Leiden über
4 Generationen fortgepflanzt hat und der dadurch
interessant ist, dass sich die atrophischen Begleit-
erscheinungen nur an den Armen zeigten, während
sie an den Beinen völlig fehlten. Erkrankt sind
in den 4 Oenerationen 11 Mitglieder, 5 männliche
und 6 weibliche, von denen jeder einzelne Patient
eine Mischung der beiden Varietäten in der oben
angedeuteten Weise zeigta J. Mayer (Lübeck).
90. Ueber eine eigenartige benigne Strepto-
myooBlB bullosa in der Blindenanstalt Könits
bei Bern; von Dr. M. Wink 1er. (Corr.-BL f.
Schweiz. Aerzte XXXIII. 17. 1903.)
W. berichtet über eine Endemie einer oon-
tagiösen Hautkrankheit, die sich folgendermaassen
darstellte : Innerhalb kurzer Zeit traten bei Kin*
dem von 6 — 15 Jahren an den Fingern prall-
gespannte serüse Blasen von verschiedener Orüest
auf, die gegen Berührung sehr empfindlich waren.
Der Inhalt bestand in einer wasswhellen Flüaaig«
keit, die, auf Schrägagar und Bouilloncultur
impft, Streptokokken in Reincultur zeigte. D
Abheilung ging ohne Entzündung in der Dmgeb
und mit einem allen Fällen eigenthümliohen gn
artigen Verlauf vor sich. Eine ähnliche Er;
kung ist von Jabourraud als „tourniole vi
culeuse et phlyctöne streptocooeique de« doi
VI. Innere Medioin.
81
beschrieben und mit Impetigo contagiosa identi-
ficirt worden. Die Dicke der Hornschicht an den
Händen verhindert die sekundäre Infektion mit
Staphylokokken. Als ausführlicheren und allge-
mein verständlichen Namen schlägt W. vor : Der-
matitis streptogenes bullosa oder Streptomycosis
bullosa superficialis. N e u m a n n (Leipzig).
91. Ueber Syphilis.
Vder StfphüisimmtmiUU , besonders in Hinsicht
auf das sogenannte Profeta'sehe Oesetx; von Prof.
T. Döring. (Berl. klin. Wchoschr. XL. 1. 1903.)
Auf Qrund seiner in Eleinasien ' angestellten
Beobachtungen über endemische Syphilis kommt
T. D. SU wesentlich anderen Anschauungen über
die Syphilisimmunität Zunächst ist ein Irrthum
betreffend das später sogenannte Profeta'sehe
Gesetz richtigzustellen, wonach Nachkommen Syphi-
litischer mehr oder minder dauernd gegen Syphilis
immun sein sollen. Profeta hat dieses Oesetz
niemals in dieser Verallgemeinerung aufgestellt,
sondern nur behauptet, dass ein gesundes (d. h.
Bymptomfreies) Kind einer syphilitischen Mutter
▼OD dieser gesäugt werden kann, ohne angesteckt
tu werden. Bei der endemischen Syphilis zeigt
sich nun, dass die Krankheit durch 3 — 4 Oene-
lationen hindmph ungeschwächt weiter verbreitet
vird, es giebt demnach weder eine ererbte Immu-
nität gegen Syphilis, noch eine Abschwächung der
Infektion bei den Nachkommen Syphilitischer.
Die Vererbung der Syphilis. Ist eine paieme Vor-
erkmg erwiesen? von Dr. Rad. Matzenauer. (Wien,
klin. Wchnschr. XVI. 7. 1903.)
Die Möglichkeit einer Vererbung der Syphilis
anf genninativem Wege, spedell eine pateme Ver-
eng durch spermatische Infektion, wird heute
fast allgemein angenommen, zumal durch diese
Annahme am besten jene Fälle erklärt werden, in
denen von anscheinend gesunden Müttern, kranke
Kinder geboren werden. M. kommt nun auf Grund
eingehender kritischer Sichtung des bisherigen
^laterials, sowie durch seine eigenen Beobach-
|ongen (niedergelegt in einer umfangreichen Arbeit
in Areh. f. Dermatol. u. Syph.) zu wesentlich ab-
weichenden EiTgebnissen, die hier in möglichster
Kfirze mitgetheilt werden sollen.
Das Sperma eines Syphilitischen ist nicht in-
fektiös, wie ee auch in gleicher Weise bei keiner
anderen Infektionkrankheit der Fall ist. Daher
aeugen frisch syphilitische Väter gesunde Kinder,
▼(^nsgesetst, dass die Mutter gesund blieb. Eine
Stütze erhält diese Behauptung durch die That-
aaehe, dass bei Placentauntersuchungen trotz an-
geblich rein patemer Vererbung der Syphilis eine
frkrankung derPlacenta materna, also eines Theils
des mütterlichen Organismus, nachgewiesen wurde.
^ bei Frauen der Primäralfekt der Lues häufig
ftbersehen wird, ist die Annahme der rückläufigen
Infektion der Mutter vom patern inficirten Kinde,
^ sog. Ghoc en retour, sehr zweifelhaft. Eine Aus-
Med. Jahfbb. Bd. 282. Hft. 1.
nähme vom Celles 'sehen Gesetz giebt es nicht,
jede Mutter eines hereditär-luetischen Kindes ist
ausnahmelos immun, da es nun eine Vererbung
einer dauernden Immunität nicht giebt, muss jede
anscheinend gesunde, aber immune Mutter selbst
(latent) syphilitisch sein.
Es ergeben sich aus diesen Sätzen folgende
praktische Schlflsse: Die Mutter eines syphili-
tischen Kindes muss, auch wenn sie keine Sym-
ptome bietet, mit Quecksilber behandelt werden,
darf aber, da sie immun ist, ungescheut ihr Kind
selbst stillen. Die syphilitischen Eltern eines
gesunden Kindes können möglicherweise ihr Kind
inficiren. Ein syphilitischer Mann sollte, um die
Infektion seiner Frau zu verhüten, nicht vor Ab-
lauf mehrerer Jahre nach der Infektion und nicht
ohne gründliche Quecksilberbehandlung in die Ehe
treten. Bäum er (Berlin).
Einige Fragen aus der Lehre von der Vererbung
der Syphilis; von Prof. v. Düring. (Münchn. med.
Wchoschr. L. 31. 1903.)
Die fast allgemein angenommene Anschauung
von der Uebertragung der elterlichen Syphilis auf
das Kind ist neuerdings von Matzenauer für
irrthümlich erklärt worden: nach ihm giebt es
keine Syphilis des Kindes ohne Syphilis der Mutter,
er leugnet die spermatische, wie die ovuläre Ueber-
tragung, es giebt nach ihm nur eine placentare
Infektion. Er verwirft das Celles 'sehe Gesetz
und erklärt jede Mutter eines syphilitischen Kindes
für syphilitisch.
Matzenauer kann aber unmöglich die vielen
guten Beobachtungen aus der Welt schaffen, aus
denen doch das Celles 'sehe Gesetz erst hervor-
gegangen ist; er hat auch die Ungültigkeit der
bisher beobachteten Ausnahmen von diesem Ge-
setze noch nicht bewiesen. Allerdings ist es
möglich, dass bei anscheinend symptomfreien
Müttern syphilitischer Kinder die Symptome über-
sehen werden, aber darum sind doch nicht alle
Beobachtungen falsch.
Die Thatsache, dass erst kranke, dann, nach
specifischer Behandlung des Vaters, gesunde Kinder
geboren werden, beruht nach Matzenauer nicht
auf der Behandlung des Vaters, sondern auf spon-
tanem Erlöschen der alt werdenden Syphilis bei
der Mutter. Danach brauchten also syphilitische
Väter nicht behandelt zu werden, um gesunde
Nachkommenschaft zu erhalten. Dazu dürften wir
uns aber, allein auf Matzenaue r's Beobachtungen
und Erfahrungen hin, doch nicht entschliessen.
Nach V. D.'s Ansicht kann allerdings eine
latente Infektion der Mutter, die sich später im
Tertiarisme d'embl6e äussert, durch die Placenta
zu Stande kommen, wenn diese erkrankt ist ; ist
sie gesund, so kommt Immunisirung der Mutter zu
Stande. Man findet auch oft bei anscheinend nicht-
syphilitischen Kindern, die an intercurrenten Krank-
heiten sterben , chronische syphilitische Verände-
rungen innerer Organe.
11
82
VI. Innere Medicin.
Wir verlieren es nach v. D. beim Studium der
Syphiliserscbeinungen zu leioht aus dem Auge,
dass wir fQr die klinischen Erscheinungen bei
anderen Infektionkrankheiten oft gar kein Analogen
haben. Die Matzenauer 'sehe Arbeit hat jeden-
falls kritisch anregend gewirkt, aber so leicht wie
Matzenauer darf man sich die Sache nicht
machen.
Betträge mit hereditären Spätsyphilü; von Prof.
Jordan. (Münchn. med. WcbDSohr. L. 31. 1903.)
J. hat 2 Fälle vod Laes hereditaria tarda im ongercQ
Sinne (ohne in früher Kindheit aufgetretene Erscheinungen)
beobachtet. In dem einen Falle, bei einem 22jähr. Manne,
handelte es sich um allmählich auftretende Synovitis
beider Kniegelenke, die, nach anderweitiger vergeb-
hcher Behandlung, durch Jod und Quecksilber geheilt
wurde. Der Vater war syphilitisch gewesen.
Der andere Fall, ein 5jähr. Knabe, zeigte ebenfalls
doppelseitigen Kniegelenkerguss, dem bald Keratitis par»
enchymatosa folgte. Auch hier Heilung durch Jodkalium
und Quecksilbereinreibung.
üeher die Häufigkeit von Oelenkerkrankungen bei
hereditär Syphilitischen ; von Prof. Eugen v. Hippel.
(Münchn. med. Wohnschr. L. 31. 1903.)
Die hereditär-syphilitischen Oelenkerkrankun-
gen sind viel häufiger, als von den Chirurgen an-
genommen wird, besonders häufig bei Personen,
die Keratitis parenohymatosa bekommen. In den-
jenigen Keratitisfällen (77), die v. H. als sicher
syphilitische gesammelt hat, waren in b^^j^ der
Fälle Gelenkerkrankungen vorhanden oder vorhan-
den gewesen; die meisten Kranken hatten einen
doppelseitigen Kniegelenkerguss. Fast immer ging
die Gelenkerkrankung der Keratitis voraus, worin
eine Erschwerung der Diagnose für den Chirurgen
oder praktischen Arzt liegt Ausserdem ist die
Funktionstörung gewöhnlich nicht beträchtlich, so
dass oft überhaupt kein Arzt in Anspruch genom-
men wird. Die Gelenkerkrankungen sind bei here-
ditärer Syphilis wesentlich häufiger, als Hutchin-
son 'sehe Zahndeformitäten oder Labyrinthtaubheit.
y. Lehmann (Berlin).
Zur Uebertragungsweise der Syphilis; von Dr. W.
Friedländer. (Berl. khn. Wchnschr. XXXIX. 3. 1902,)
Aus der Lesser 'sehen Univ.-Poliklinik berichtet
Fr. über eine Familie, in der der inficirte, doch specifisch
behandelte Mann 2 Jahre mit seiner nicht immunen Frau
verkehrte, ehe er sie inficirte. Er zeugte mit der Frau
2 gesunde Kinder und erst 1 Jahr nach der Oeburt des
2. Aindes wurde auch die Frau inficirt. Beide Kinder
wurden gleichfalls nach der Oeburt angesteckt, bei dem
jüngeren Kinde war der Primäraffekt auf der rechten
Wange noch sichtbar, während er bei dem 1. Kinde
wahrscheinlich am Munde sass. B ä u m e r (Berlin).
Zur Pathogenese der syphilitischen Anämie und des
syphilitischen Ikterus ; von Dr. F. Sam berger in Prag.
(Arch. f. Dermatol. u. Syph. LXVII. 1. p. 89. 1903.)
Der syphilitische Ikterus ist in letzter Reihe
ein hepatogener Ikterus, wenngleich es nicht von
der Hand zu weisen ist, dass hinsichtlich des
Zustandekommens des syphilitischen Ikterus auch
die anderen Theorien zu Recht bestehen bleiben.
Die Lues kann wie auf die Erythrocyten, so auch
auf die Leberzellen einen deletären Einfluss ent-
falten ; ist dieser Einfluss auf das Leberparenchym
ein geringer, so resultirt hieraus eine alimentäre
Glykosurie, bei einer stärkeren Störung entsteht
daneben auch noch die Urobilinurie und endlich
bei schwereren Formen oder längerer Dauer der
Syphilis und einer intensiveren Wirkung auf die
Funktion der Leberzellen entsteht der Ikterus. —
Im therapeutischen Einfluss des Hg bei Syphilis
unterscheidet S. zwei Componenten: das Hg wirkt
einestheils als ein Specificum, wir können fast
sagen Antisepticum , gegen das Contagium der
Syphilis, deren Grundlage uns bisher unbekannt
ist; weiter aber wirken die Hg- Dosen bei Lues als
ein Hämolyticum ; sie zerstören die Erythrocyten
in grösserem Maassstabe und reizen dadurch die
hämopodtischen Organe zu erhöhter Thätigkeit
So wird der durch die Grundkrankheit bedingte
Ausfall der Blutkörperchen rasch ausgeglichen.
Friedländer (Schönebeig).
Beiträge xum Studium der Lungensyphilis beim
Erwachsenen; von A. flönig. (Inaug.-Diss. Bakarot
1903.)
Lungensyphilis ist eine viel häufigere Erkran-
kung als gemeinhin angenommen wird, man soll
daher bei einem Kranken, der eine chron. Lungen-
affektion darbietet, immer auch an ihre Möglichkeit
denken. Gewöhnlich tritt sie im tertiären, seltena
im sekundären Stadium auf. Immer bestehen
gleichzeitig, oder gingen voraus, auch andere Er-
scheinungen der Syphilis. Im Allgemeinen sind
die Symptome der Lungensyphilis denen der
Tuberkulose ähnlich, doch fehlen Tuberkelbacillen,
ausgenommen bei Coexistenz beider Erkrankungen.
Der Allgemeinzustand ist aber relativ gut und es
sind die Lungenspitzen seltener ergriffen; meist
lokalisirt sich die Krankheit im mittleren und
unteren Lappen. Wird die Behandlung energisch
und bei Zeiten vorgenommen, so ist die Pro-
gnose gut. £. T o f f (Braüa).
üeber diePrognose der Syphilis; von Dr. O.Mayer.
(Berlin 1004. 8. Karger. Gr. 8. 87 8. 2 Mk.)
Das vielumstrittene Gebiet der Progoose der
Syphilis erfährt von M. auf Grund einer Jahre
langen Beobachtung eines annähernd gleichmäsaig
zusammengesetzten grossen Materials eine ein-
gehende Beleuchtung und Wflrdigung. AIb Bade-
arzt in Aachen bearbeitete M. in 32 Jahren 4870
verschiedene Fälle von Lues und sohliesst dal^ei
vorsichtig alle anderen in der Stadtpraxia beob-
achteten Fälle aus. M. steht auf dem Standpunkte,
dass man vor Ausbruch des Exanthems mit der
specifischen Behandlung beginnen mQsse, sobald
der Primäraffekt mit Sicherheit als syphilitiach er-
kannt sei. [Dem ist zu entgegnen, dass eine voll-
kommen sichere Diagnose aus klinischen EritoieB
nicht möglich ist, so lange uns das Wichtigste
fehlt, die Kenntniss des Erregers der Lues. Nidht
einmal histologisch ist in jedem Falle die syphi-
litische Natur eines verdächtigen Oeachwftres
sicherzustellen. Man sollte doch die Prftventiv-
behandlung nur da einleiten, wo Gefahr im Ver-
VI. Innere Mediein.
83
sage ist, also z. B. bei extragenitalen und intra-
urethralen Sklerosen. Rtf,]
Die Prognose der Lues lässt sich nur im Ein-
lelnen, je nach ihrem Sitze, beurtheilen, wenn
auch im Allgemeinen die Syphilis als eine heilbare
fonkheit zu gelten hat
Es ist sehr nothwendig, wie es in diesem Buche
geschieht, darauf hinzuweisen, wie sehr die Pro-
gnose der Syphilis durch Alkoholismus verschlech-
tert wird, ein Zusammenhang, dessen Bedeutung
noch vielfach übersehen wird.
Eb folgt dann, durch zahlreiche instruktive
Krankengeschichten erlftutert, eine Besprechung
der einzelnen syphilitischen Organerkrankungen
und ihrer Prognose.
Da eine auch nur annähernde Wiedergabe des
Inhaltes hier nicht möglich ist, verweisen wir auf
das Bach selbst, dessen Werth und NtltzHchkeit
8088er Frage stehen.
Hygiene und Diätetik bei der Syphüiabehandltmg ;
TOB Dr, Felix Block. (Ztschr. f. diäte t. u. physikal.
Ther. VI. 10. 1903.)
Die grOsste Gefahr der Syphilis liegt in ihrem
Auftreten in lebenswichtigen Organen und in ihren
Kachkrankbeiten, die häufig der specifischen Be-
handlung nicht mehr weichen. Ganz besonders
gefährdet sind das Gefäss- und Nervensystem, es
sei hier nur an den Zusammenhang der Syphilis
mit Gehirnblutungen, Aortenaneurysma, Tabes und
Paralyse erinnert
Zweifellos ist eine wohlgeleitete Queoksilber-
Jodbehandlung, am besten in der chronisch-inter-
mittirenden Form, die beste Behandlung der
Syphilis. Man hat aber gerade wegen der guten
Erfolge dieser Behandlung die Hygieine und Diä-
tetik der Syphilis sehr vernachlässigt Der Grund-
satz, dass man nicht Krankheiten, sondern Kranke
bebandelt, wird gerade bei der Lues am meisten
ausser Acht gelassen. Wo es irgend möglich ist,
sollte man Syphilitiker in Krankenanstalten be-
handeln, schon um der Verbreitung m()glichst vor-
zubeugen, ebenso verkehrt wäre es aber, einen
Irankenhauaaufenthalt oder ein Aufgeben der Be-
schäftigung da zu verlangen, wo die psychische
Beschaffenheit des ohnehin deprimirten Kranken
leiden könnte oder wo es die socialen Verhältnisse
einfach verbieten. Von grosser Bedeutung ist eine
gute ausreichende Ernährung ohne Ueberlastung
der Verdauungsorgane, die Milch und die neueren
Nährpräparate können hier gute Dienste leisten.
Bei dem notorisch schweren Verlaufe der Lues
bei Alkoholismus ist jeder Missbrauch solcher Ge-
tränke zu yerhindem, ohne jedoch in allen Fällen
eine völlige Enthaltsamkeit zu verlangen, da diese
häufig psychisch deprimirt Starkes Rauchen ist
za verbieten, doch sollte man massigen Tabak-
g^uss den leidenschaftlichen Rauchern erlauben.
Oesohleohtsverkehr verbietet sich in der ersten
Zeit von selbst, eher kann man 2 Jahre nach
der Infektion durch die Finger sehen, wenn die
erforderlichen Vorsichtmaassregeln (Condom) ge-
troffen werden. Excesse in Venere sind auch
in späteren Jahren gefährlich als disponirendes
Moment für Störungen des Nervensystems. Ein
werthvoUes Unterstützungsmittel sind Bäder, in
den ersten Jahren warme Bäder, später Schwitz-
bäder, die häufig ausserordentlich gfinstig wirken,
ohne jedoch als alleiniges Heilmittel gelten zu
können. Besser als specifische Kuren in Schwefel-
bädern ist Erholung nach der Kur im Gebirge oder
an der See. Die psychische Behandlung erfordert
mehr als alle übrigen Faktoren Individualisiren.
Den allzu Deprimirten aufrichten, den allzu Leicht-
fertigen überwachen ! Heilsam ist stets eine aus-
führliche Belehrung des Kranken über Wesen und
Verlauf der Lues, eventuell ihnen gedruckt in die
Hand zu geben und sie vor anderen falschen
Belehrungen zu schützen. Neben den specifischen
Medikamenten sind auch die allgemeinen nicht
zu vernachlässigen, zu nennen sind hier Eisen-
präparate, Arsen, Tinct Strychni und Chinin.
Auch dem von der Syphilis Genesenen sollte man
dringend anrathen, wie ein Vernünftiger zu leben
und in Anstrengungen und Genüssen stets weise
Maass zu halten I ^ B ä u m e r (Berlin).
MerkurioWl, ein neues Queoksüber-Injektiansmitiel;
von Dr. Magnas Möller in Stockholm. (Arch. f. Der-
matol. u. Syph. LXVI. 1 u. 2. p. 89. 1903.)
Oleum mereurioli (BOproe. Bg). EHn neues Injek-
tionspräparat aus nietaüischem Quecksilber; von Apo-
theker A. Blomqaist (Ebenda.)
Mit Merkuriol wird das von Blomquist
zwischen Quecksilber und einer sehr geringen
Menge Magnesium und Aluminium dargestellte
Amalgam bezeichnet Das Quecksilber wird nur
sehr lose gebunden gehalten, das Amalgam zerfällt
bei Zutritt von Wasser in freies Quecksilbermetali
und Oxyhydrate der respektiven Metalle. Zur In-
jektion verwendet M. eine Mischung des OOproc.
Merkuriolöles mit gleichen Theilen Mandelöl. Von
diesem 45proc. Merkuriolöl injicirt er mittels der
Lang 'sehen Spritze 0.06 — 0.135 g, für gewöhn-
lich 0.10 g, wiederholt die Einspritzung ungefähr
jeden 6. Tag bis zu einer Anzahl von 6 — 10 In-
jektionen innerhalb einer Zeit von 4 — 8 Wochen.
M. glaubt das Ziel, das er sich «gestellt hatte, er-
reicht zu haben, nämlich ein kräftig wirkendes
Injektionpräparat, das nur minimale lokale Irri-
tationsymptome zur Folge hat M. empfiehlt warm
die Nachprüfung dieser bequemen, sauberen, be-
züglich der Dosirung exakten, in der Regel schmerz-
losen, therapeutisch kräftigen Methode.
Zur Behandlung der fötalen Syphilis nach Rieht;
von Dr. Hans Voernerin Leipzig. (Arch. f. Dermatol.
11. Syph. LXVI. 1 u. 2. p. 127. 1903.)
Auf Grund zahlenmässiger Beobachtungen lässt
sich behaupten, dass in Fällen frischer Syphilis
der Mutter die exakte Allgemeinbehandlung nicht
imstande ist, denEinfluss der hereditären Syphilis
auf den Foetus wesentlich zu beschränken. Die
Differenz zwischen Behandelten und Unbehandelten
84
YII. Qeburtshülfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
ist 80 gering, dass ffir reoent luetische Schwan-
gere auch bei sorgfältiger Allgemein behandlung
keine Aussicht besteht, ein gesundes Kind zu ge-
bären. Von der VoraueuBetzung ausgehend, durch
Applikation von Hg auf die Portio vaginalis uteri
diesen wie seinen Inhalt vor den Veränderungen
zu schützen, die die Syphilis hervorruft, und durch
diese lokale Hg- Wirkung die Entstehung luetischer
Krankheitherde im Uterus oder am Foetus zu ver-
hindern oder zu heilen, bevor sie Schaden stifteten,
und dadurch eine Verhütung vorzeitiger Geburten
zu erzielen, leitet Prof. Riehl neben regelrechter
Schmierkur eine regionäre (vaginale) Therapie ein:
Olobuli vaginales, aus je lg officineller graner
Salbe und 1 — 2 g Butyrum de cacao, werden bis
zur Portio vaginalis geführt Diese Ortliche Be-
handlung soll, vom Eintritte bis zum Ende der
Gravidität durchgeführt, günstigere Resultate zei-
tigen als die ausschliessliche AUgemeinbehandlang.
(Nur 12<^/o Aborte und Frühgeburten gegen 41*/|
anderer Autoren, 6<^/o todtgeborene Kinder gegen
38<^/o anderer Autoren, 6<^/o Morbidität der Kinder
gegen 58<^/o anderer Autoren.)
W. Friedländer (SchOnebeiig).
Vii. Geburt8haife, Frauen- und Kinderheilkunde.
92. Vaginale oder abdominale Operation
bei gynäkologiBohen Brkranknngen ; von Dr.
Karl Abel in Berlin. (Berl. klin. Wchnschr.
XL. 49. 1903.)
A. bespricht die Indikation zur Operation der
Ovarialtumoren, der Retroflexio uteri und zuletzt
ausführlich die Myomotomie. Nach seiner Ansicht
ist die beste Operation dieser Erkrankungen die
vaginale Koeliotomie ; die Laparotomien müssen
deshalb auf ein Minimum beschränkt werden. Die
jetzt noch vielfach hinderlich im Wege stehende
Schwierigkeit der Technik muss nach A. von dem
einzelnen Operateur überwunden werden, da die
vaginale Koeliotomie ungleich ungefährlicher Ist
als die Laparotomie.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
93. Metro-abdominale Fistel in Folge von
aabtotaler abdominaler Hysterektomie ; von
Dr. R Pich ev in. (Semaine gyn6col. VIII. 2.
p. 9. 1903.)
Metro-abdomiDale Fisteln sind nicht selten nach ab-
dominalen Hysterektomien mft Fixirung des Oebärmutter-
stampfes an die Banchwand. P. hatte Gelegenheit, einen
solchen Fall zu beobachten ; die Reste des Dtemscavam
und der Cervikalkanal seoernirten eine reichliche Eiter-
menge aod man konnte mit der Sonde von der Banch-
öffnung aus in die Vagina gelangen. Da alle angewendeten
Waschungen und Kauterisirungen nichts nützten, wurde
die vollständige Ahkratznng der nbng gebliebenen Schleim-
hautpartien vorgenommen und so die Schliessung der
Fistel erzielt P. ist der Ansicht, dass man in allen Fällen,
in denen die Cervix krankhaft verändert ist, die loial-
exstirpcUion vorneBmen soll, um sich vor den, wenn
auch seltenen, doch immerhin im gegebenen Falle un-
angenehmen Fisteln zu schützen. E. Toff (Braila).
94. Vaginale Totalezatlrpation ohne Nar-
kose ; von R. Oradenwitz. (Mon.-Schr. f. Qe-
burtsh. u. Qynäkol. XVII. 5. p. 623. 1903.)
0. berichtet Ober drei Totalexstirpationen der
Gebärmutter durch die Scheide, die in der Abthei-
lung von R. V. Asch in Breslau ohne Narkose
vorgenommen wurden. Zu bemerken ist, dass die
Kranken vor der Operation O.Ol Morphium ein-
gespritzt erhielten. Im 1. Falle handelte es sich
um starke Blutungen und Knickungsbeschwerden
bei einer Schwindsüchtigen, im 2. Falle um einen
Vorfall bei einer 69jfthr. Frau mit grossem Kröpfe,
im 3. Falle um ein Portiocarcinom bei einer Frau
mit Kyphoskoliose und Myodegeneratio cordiB.
Schmerzen erregten in den beiden ersten Fallen
das Umschnüren der untersten Theile der breiten
Mutterbftnder und die Abbindung der Tubenansfttze,
bez. des Spermatikastiels ; im 3. Falle verliefen
diese Vornahmen durch vorherige Injektion von
Schleich 'scher Lösung schmerzlos.
Die 3. Pat. starb 2^/« Stunden nach der Ope-
ration plötzlich. Die Sektion ergab Myodegeneratio
et dilatatio ventriculorum cordis.
J. Praeger (Chemnitz).
95. Ueber Bohlaimhaatpolypen der Utwoa*
höhle; von Dr. Oscar Beuttner in Genf.
(Beitr. z. Geburtsh. u. Gynftkol. VI. 3. p. 394. 1902.)
1) Kleinhaselnnssgrosser, in der rechten Tnbenecke
sitzender gestielter Tumor von theilweise unebener Ober-
fläche. Uterasschleimhant ohne besondere Verioderan-
gen. Es handelte sich nm eine gutartige hyperplastische
Wucherung der Schleimhaut, nm eine Hyperpiasia glan-
dularnm endometrii polyposa mit oystischer Dräsea-
erweiterung und reichlicher Vaskolarisation.
2) Polypöse Wucherung, die die ganze Uterashöhle
ausfüllte und genau deren Form wiedergab. Der Tumor
sass in der rechten Tubenecke fest und erwies sich als
Hyperpiasia endometrii totius polyposa. Neben den za
Cysten erweiterten Drüsen fanden sich auch zahlreiche
normale Drüsen vor und auch dieser Tumor war m-
gemein reichlich vaskularisirt.
Arth. Hoffm an n (Darmstadt).
96. Die Fibromyome der Tube and Mitthel-
Inng eines Falles; von M. Stolz. (Mon.-Schr. f.
Geburtsh. u. GynÄkol. XVII. Erg.-H. p. 1 122. 1903.)
8 1 fügt den 12 in der Literatur vorhandenen und
kurz von ihm referirten Fällen eine eigene Beobachtung
hinzu: Bei der Sektion fand sich eine aus dem mitt-
leren Drittel der oberen Tubenwand rechterseits hervor-
gegangene, 7 cm lange, 6 cm breite, 5 cm dicke, Umgs-
ovaie, knollige Geschwulst in die Bauchhöhle Üingeod.
Die Tube selbst stark verlängert, Lumen nicht erweitert,
Schleimhaut zart Aof dem Durchschnitte sehr hartes,
seidenglänzendes Filzwerk. Mikroskopisch : Beines^ vor-
wiegend faseriges, zellenarmes Fibrom, keine Muskel-
fasern. Kurt Eamann (WienV
97. Beitrag rar klinischen Diagnostik der
Tabenwinkel-Adenomyome nebst Bemerkmi-
gen über die volaminösen Adenomyomo ; von
Dr. Funke in Strassburg i. E. ( Deutsche med.
Wchnschr. XXIX. 49. 1903.)
VIL Oeburtflhülfe, Frauen- und Einderheilkunde.
86
F. berichtet zunlohst über ein von ihm selbst ope-
rirtee xuid vor der Operation richtig erkanntee kleines
Tubenwinkeicuienomyam. Die Diagnose wurde gestellt
ans der Lokalisation des Tumor, aas seiner diflhisen in-
filtrirten Beschaifonheit, aus der Schmerzhaftigkeit bei
Betastung, aus den heftigen Beschwerden bei der Regel,
am der vollkommen normalen Beschaffenheit der rechten
Tabeond schliesslich, weil das Vorkommen circumscripter
Eotzündong des Uterus bei gesunder Umgebung nicht
bekannt ist. Bei der Operation der 36jfthr. Frau wurde
eio Dussgroeses Stück der rechten Tubenecke, das den
Tamor enthielt, resecirt. Nach der Operation verliefen
die Menses gänzlich schmerzlos.
Zur Illustration des klinischen Bildes der volu-
minösen Adenovnyome theilt F. 2 Fälle noit. Der
1. Fall stammt noch aus dem Jahre 1896 aus der
Freund 'sehen Klinik. Yen den objektiven Sym-
ptomen, die W. A. Freund und v. Reokling-
hausen (vgl. Jahrbb. CCLVI. p. 264) für die
voluminösen Adenomyome angaben, traten auch
in diesen beiden Fällen in den Vordergrund:
I) Die Lokalisation der Tumoren am Uterus in der
Hinterwand dea Uterus von der Tube abwärts und
ihr nach abwärts gerichtetes Wachsthum, 2) die
begleitende Pelveopentonitis , sowie die häufige
Gomplikation mit Adnextumoren.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
98. Fibroid removed firom Bisters; by
Macpherson Lawrie. (Brit gynaecol. Journ.
Kof. 1902. p. 231.)
L entfernte je ein Myom bei 37jähr. und 39jähr.
Schwestern. Eine 3. Schwester war aus gleichem Orunde
operirt worden und 2 weitere Schwestern standen vor
der gleichen Operation. Unter im Ganzen 0 Schwestern
httea 5 an Katarakt und 3 an Katarakt und Uterus-
myomen. L. kennt keinen Zusammenhang zwischen den
beiden Erkrankungen. Taylor berichtete in der Diskus*
sion über den Befund von Myomen a) bei einer Mutter
ood ihren beiden Töchtern und b) bei 2 Schwestern.
Kurt Kamann (Wien).
99. Ueber das maligne üteruamyom (Lelo-
uyoma malignnm uteri); von K. P. Ulesko-
Stroganoiva. (Mon.-Schr. f. Geburtsh. u. Gy-
Bäkol. XVIII. 3. p. 357. 1903.)
Verfasserin bespricht 12 Fälle, von denen 6 kli-
oiBofa und mikroskopisch Paradigmen eines malignen
Myoms sind. Yen den übrigen 6 waren 4 als Sar-
kom diagnosticirt, erwiesen sich aber als Tumoren
nuskulAren Charakters. Sie unterscheiden sich
^ 6 ziemlich scharf mikroskopisch wie klinisch
TOD den GeschwüUsten der 1. Gruppe. Sie be-
stehen mikroskopisch aus jungem Muskelgewebe
tiad sind klinisch relativ gutartig. Die mikrosko-
pischen Untersuchungen sind sorgfältig durch-
geführt und gut illustrirt. Die Schlösse des Auf-
ntxes sind folgende : Das seltene Vorkommen des
naiignen Myoms in der Literatur ist dadurch zu
«ridftren, dass es als Sarkom oder einfaches Myom
besehrieben wird. Es ist klinisch sehr bösartig,
Bscht schnell Becidive und Metastasen. Der Aus-
gangspunkt der Bntwickelung ist die Muskelzelle,
die degenerirt und dabei viele Veränderungen
erleidet, bis sich wenig von Sarkomelementen
unterscheidende Zellen entstehen. Charakteristisch
ist die ausserordentliche Verschiedenartigkeit der
Zellenformen, das Vorhandensein von vielkernigen
Zellen wie auch zahlreicher und verschiedenartiger
Theilungsflguren. Die Entwickelung erfolgt meist
sekundär aus früher vorhanden gewesenen Myomen,
seltener Fibromyomen. OeschwQlste, die die Struk-
tur jungen Muskelgewebes besitzen und von einigen
Autoren als Sarkome, von anderen als gewöhnliche
gutartige Myome angesehen werden, müssen als
verdächtig gelten wegen schnellen Wachsthums
und der Neigung, in maligne Myome flberzugehen.
Kurt Kamann (Wien).
100. De la degeniresoenoe maligne da
moignon oervioal apres l'hystereotomie snb-
totale ponr flbrome; par L. 0. Richelot.
(Ann. de Gyn6col. et d'0bst6tr. LX. p. 401. D6c.
1903.)
R. tritt nachdrücklich der Ansicht entgegen,
dass die supravaginale Amputation wegen Uterus-
myomen der Totalexstirpation schlechthin über-
legen sei. Letztere ist nicht schwieriger, nicht
gef&hrlicher, weder hinsichtlich des Blutverlustes,
noch hinsichtlich der aufsteigenden Infektion. Die
Scheide birgt gewöhnlich keine pathogenen Keime.
Finden sich solche in ihr, dann kOnnen sie eben
so leicht auch im Cervikalkanale getroffen werden.
In gewissen Fällen verdient andererseits thatsäch-
lich die supravaginale Amputation den Vorzug:
zur Vermeidung einer Verletzung der Blase oder
der Ureteren, bei sehr dicken Bauchdecken, tief
im kleinen Becken fixirtem Uterus. Ein unschätz-
barer Vortheil der Totalexstirpation ist aber der,
dass kein Stumpf zurückbleibt, der später der Sitz
einer bösartigen Neubildung werden kann. Die
Fälle von bösartiger Entartung sind zwar schein-
bar selten, im Wesen des Spitalmaterials liegt es
aber, dass man von vielen Patienten später nichts
mehr hört, und demzufolge kann man dann nicht
von diesen behaupteUi sie seien verschont geblieben.
R. beobachtete 3mal krebsige Entartung des
Cervixstumpfes. Bei 2 dieser Patienten hatte er
selbst die supravaginale Amputation ausgeführt.
Die eine hatte bereits nach 6 Mon. ein inoperables
Carcinom, die andere nach 4^/4 Jahren, nachdem
bereits 3 ^/| Jahre post operat. Krebssymptome auf-
getreten waren. Bei der 3. Pat war von anderer
Seite der myomatöse Uterus supravaginal amputirt
worden. Auch diese Frau bekam ein inoperables
Cervixcarcinom.
Auf Grund dieser eigenen Beobachtungen und
der in der Literatur niedergelegten einschlägigen
Fälle, die kurz mitgetheilt werden, ist R. zu der
Ueberzeugung gelangt, dass der so häufige Befund
von Myom und Carcinom in einem Uterus kein
zufälliger ist Der myomatöse Uterus stellt viel-
mehr den Wachsthumboden für die bösartige Neu-
bildung dar. Die Myome bedingen Ernährung-
störungen im Parenchym wie in der Schleimhaut ;
86
VII. Qeburtshülfe, Frauen- und Einderheilkunde.
in jenem kommt es zur Sklerose und recht selten
zum Sarkom, in dieser zur Hyperplasie der Drüsen,
die bekanntlich sehr zur bösartigen Entartung hin-
neigt und geradezu den Vorläufer des Krebses dar-
stellt. Diese Thatsachen mO.ssen bei der Wahl der
Operation berücksichtigt werden.
Die conservative Myomektomie lässt R. nur
gelten für die verbftltnissmässig seltenen Fälle, in
denen der Uterus bei der Operation nicht zu sehr
verstümmelt wird, bei jungen Frauen, die noch
Aussichten haben, Kinder zu bekommen. Das ist
nicht der Fall, wenn der Uterus selbst sklerotisch
verändert und die Schleimhaut stark hyperplastisch
ist. Lässt man hier den Uterus zurück, so hat
man nur halbe Arbeit verrichtet. Ein solcher
Uterus bleibt krank und trägt in sich die ernste
Gefahr, krebsig zu werden.
Schliesslich wendet sich R. gegen die über-
trieben abwartende Behandlung der Myome. Diese
sind nicht durchweg gutartige Geschwülste und
man soll daher die Trägerinnen nicht inthörichtem
Skeptioismus Gefahren preisgeben und erst, wenn
ein Nothstand eintritt, operiren, sondern der heut-
zutage aussichtvollen Frühoperation zuführen.
Kurt Kamann (Wien).
101. Weitere Erfahrungen über Myom-
operationen an der Hand von 140 in den
letiten 12 Jahren operirten Fällen; von Dr.
A. C z e m p i n in Berlin. (Ztschr. f. Geburtsh. u.
Gynäkol. XLIX. 3. p. 365. 1903.)
C. operirte in der vorwiegenden Zahl der Fälle
nur wegen andauernder starker menstrueller Blu-
tungen, die den Körper schwer schädigten, wartete
aber nicht so lange mit der Operation, bis die
Anämie eine Höhe erreicht hatte, die die Indikation
zur Radikaloperation auch dem Laien begreiflich
macht und die Prognose der Operation in be-
denklicher Weise trübt. Ganz unabhängig von
Blutungen, sogar öfters bei bereits erreichtem
Klimakterium operirte C. mehrfach wegen cystischer
Entartung, Einklemmungserscheinungen intraliga-
mentärer Myome, Druckbeschwerden und Ascites.
Von den 140 Myomoperationen hatC. 58 vagi-
nal, 82 abdominal ausgeführt Bei den 58 vagi-
nalen Operationen hat 0. 19 mal per vias naturales
mehr oder weniger tief in der Uterussubstanz ein-
gebettete Myome ausgeschält; alle 19 Frauen ge-
nasen glatt. 12 Fälle gehören der 2. und 3. Gruppe
an, zu denen 0. die submukösen und subserösen
Geschwülste rechnet, bei denen die Lage des Myoms
derartig ist, dass per vias naturales die Colpotomia
anterior und Spaltung der vorderen Uteruswand
oJer eine Colpocöliotomie zur Enucleation sub-
beröser Myome erforderlich wurde. Die vaginale
Totalexstirpation hat C. 17mal ausgeführt, und
zwar meist mit medialer Spaltung des Uterus nach
Doyen, bez. mit Morcellement.
Unter den 82 abdominalen Operationen mit
insgesammt 10 Todesfällen — 120/^ sind 2 Fälle
von Castration, 7 Fälle von abdominaler Myom-
enucleation und 8 Fälle von Myomektomie ohne
Todesfall verlaufen. Hierzu kommen 19 Fälle von
supravaginaler Amputation mit 4 Todesfällen und
44 Fälle von abdominaler Totalexstirpation mit
6 Todesfällen. Die beiden letztgenannten Opera-
tionen werden hinsichtlich ihrer Lebenssicherheit
weit übertroffen von den conservativen Methoden :
der Myomenucleation, der abdominalen Myomotomie
und der Myomektomie. Intraligamentäre Myome
enucleirte C. 2mal ohne Entfernung des Uterus mit
günstigem Erfolge.
C. operirt vaginal überall da, wo die Entfernung
der Geschwulst nach ihrer Lage und Grösse und
nach der Zahl der Gteschwulstknollen eine glatte and
klar übersichtliche Operation ermöglicht In allen
zweifelhaften Fällen, wo die Gefahr des VersagenB
der Technik vorliegt oder wo die Operation gani
erhebliche Schwierigkeiten lediglich in der Wahl
des vaginalen Weges vermuthen läsat, geht C.
abdominal vor. Bei diesen abdominalen Opera-
tionen hält er es für richtiger, nicht mit bestimmter
Marschroute an die Operation heranzugehen, son-
dern erst während der Operation je nach Lage des
Falles zu entscheiden, ob eine conservative Myom-
ektomie oder eine Enucleation von Myomen mit
oder ohne Castration bessere operative Chancen
bietet als die radikalen Operationen. Sind letz-
tere ohne grosse Schwierigkeit ausführbar, so zieht
C. sie vor. Je nach den anatomischen Verhält-
nissen macht C. die Totalexstirpation oder die
supravaginale Amputation. 0. hält es für rich-
tiger, bei diesen radikalen Operationen die Adnexe
oder doch ein Ovarium zurückzulassen.
Zum Schlüsse erläuterte, die von ihm befolgte
Technik der abdominalen Radikaloperationen.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
102. Myomektomie an der sohwangeren
Qeb&rmntter; vonProf. R. Condamin. (Chimrg.
Gesellsch. in Lyon. Sitzung vom 10. Dea 1903.)
Die Schwangerschaft giebt eine Indikation zur
Myomektomie, falls das Fibrom ihren Verlauf
unterbrechen könnte, oder voraussichtlich ein
ernstes Geburthinderniss bilden wird. In einem
der von C. beobachteten Fälle bestand ausser
Schmerzen ein retro-cervikales Fibrom, das das
Collum hinter die Symphyse drückte und in der
Sacralhöhle gleichsam eingezwängt war. Dnrch
die Vagina konnte eine grosse, gestielte, snbperi»
tonäal gelegene Masse entfernt werden und die
Schwangerschaft endete normal.
In einem zweiten Falle wurde ein intraligameiH
tär gelegenes, dem Uterus breit anliegendes Fibrom
glücklich entfernt, doch abortirte die Fraa nadi
12 Tagen, trotz aller getroffenen VoreichtntiaaBa*
regeln. Im Allgemeinen sind die uterinen Fibro*
myome selbst Ausgangspunkt und Veranlasansg
von uterinen Contraktionen, wodurch in den meistoi
Fällen Fehlgeburten bewirkt werden, so dass
VII. Geburtshülfe, Frauen- und Einderheilkimde.
87
operativer Eingriff schon aus diesem Grunde ge-
rechtfertigt erscheint. Dieses namentlich da, wo
bereits mehrfache Fehlgeburten vorausgegangen
sind.
Ausserhalb der Schwangerschaft ist die Myom-
ehomie bei Frauen unter 38 — 40 Jahren der
Hysterektomie vorzuziehen, falls die Zeugungs-
Ahjgkeit erhalten werden soll. E. Tof f (Braila).
103. Les Symptom 68 pregravidlqasB ; par
le Dr. K e i f f e r. (La Gyn6col. Avril 1903.)
Wenn man klinisch von Schwangerschaft
spricht, so befindet sich gewöhnlich das Ovulum
bereits in der Gebärmutter und die Symptome be-
ziehen sich auf die beginnende Placentation, auf
die Veränderung der Gebärmutter und ihrer Schleim-
hant E. fragte sich nun, ob es keine Symptome
giebt, die sich auf die Dehiscenz des Graafschen
Follikels, auf die Imprägnation, die Wanderung
des Eichens durch den Eileiter, zu einer Zeit, wo
sich die letzten Phasen der nucleären Befruchtung
and die ersten Theilungen des Eies abspielen, be-
ziehen. Es treten mitten im besten Wohlsein plötz-
Me Schmerzen in der Ovarialgegend einer Seite,
leichter Blutausfluss ausserhalb der Menstruation,
eFentuell auch Uebligkeiten und leichte Dysurie
auf. Bei der Untersuchung findet man das be-
troffene Ovarium grösser, den Eileiter ausgedehnt
und die Gebärmutter etwas vergrOssert. Man denkt
an eine Ovariitis oder Salpingitis mit uteriner
Congestion, während es sich in Wirklichkeit um
den Beginn einer Schwangerschaft handelt. Der
akute Schmerz wird wahrscheinlich im Augen-
blicke der follikulären Dehiscenz gefühlt und ist
vielleicht auf eine spastische Zusammenziehung
des Eileiters . zurückzuführen. Auch die , wenn
auch leichte Blutung dürfte ein tubares Symptom
Bein, da alle Erkrankungen der Eileiter mit tubp-
otaiaen Blutungen einhergehen. Die Symptome
aind also nichts als die objektive und subjektive
Steigerung sonst physiologischer Vorgänge. Prak-
tisch ist aber darauf zu achten, um in derartigen
Allen nicht durch therapeutische Eingriffe die
Schwangerschaft zu vereiteln oder in ihrem Ver-
laufe zu stören . . E. T o f f (Braila).
104. Beitrag sum Stadium des EinflaBBSs
der Beaoh&ftigang und der Buhe der aohwan-
geren Frau aaf das Qewioht des Kindes ; von
Mme. Dr. Bernson. (Revue prat. d'Obstötr. et
de Paed. p. 370. D6c. 1903.)
B. fand, dass die Kinder derjenigen Frauen, die
iich in den letzten Sohwangerschaftwochen von
ikrer Arbeit enthielten, ein viel höheres Gewicht
•ofweisen, als diejenigen, deren Mütter bis zu ihrer
Siederkunft gearbeitet hatten. Ermüdende Be-
KbAftigungen haben einen nachtheiligeren Einfluss
^ leichte. So konnte z. B. festgestellt werden,
to Näherinnen und Corsettarbeiterinnen, die an
der Maschine arbeiten, viel schwächere Kinder ge-
blreo, alB sitzende Arbeiterinnen. Landarbeite-
rinnen, deren robuste Constitution auf kräftige
Kinder sohliessen lassen würde, die aber schwere
Arbeit zu leisten haben, bekamen Kinder mit unter-
normalem Gewichte. E. T o f f (Braila).
105. Ueber die AbreiBaangen der Scheide
and des mnakalösen Beckenbodena als Ur-
aaohen von Qenltalprolapa ; von Prof. Schatz
in Rostock. (Münchn. med. Wchnschr. L. 44. 1 903.)
Bei unverständigem Mitpressen kann unter
ungünstigen Umständen, d. h. wenn der sich contra-
hirende Uteruskörper Collum und Vagina nicht
über den Kopf zu sich heraufzieht, der tiefgepressto
Kopf die Scheide dermaassen tief mit herabschieben,
dass deren seitliche Befestigung theil weise oder
ganz vom Arcus tendineus abreisst. Dasselbe kann
geschehen, wenn die Extraktion am Steiss oder die
Extraktion des Kopfes mit der Zange schon vor-
genommen wird, ehe die Scheide vom Uteruskörper
möglichst emporgezogen ist. Häufig reisst dann
auch die Scheide selbst von oben nach unten
schlitzartig ein. Das Schlimmste ist aber nach
Seh., dass bei solchen Längsschlitzen der Scheide
und Abreissungen von deren hinterer, manchmal
sogar auch der vorderen Wand recht häufig, be-
sonders bei Zangenextraktionen, nicht blos die
Scheide zerreisst und abreisst, sondern auch der
Ansatz des muskulösen Beckenbodens, der mit der
seitlichen Befestigung der Scheide nahezu zu-
sammenfällt. Das Abreissen des muskulösen Becken-
bodens trifft freilich gewöhnlich nur das vordere
Dritttheil, also den eigentlichen Levator ani. Ge-
lingt es nicht, die zerrissenen Theile wieder exakt
durch Nähte zu vereinigen und in ihrer richtigen
Lage zu befestigen, so wird dadurch Descensus
und Vorfall sehr begünstigt. Da eine derartige
exakte Naht Vereinigung aber sehr schwierig ist,
schneidet Seh. in den Fällen, in denen eine solche
Schlitzung mit Abreissung der Scheide und dann
auch leicht des Levator zu fürchten ist, prophy-
laktisch nicht nur die Vulva seitlich, meist links,
tief ein, um den Damm zu erhalten, sondern führt
auch weiter hinauf einen vollständigen Paraproktal-
schnitt von der Scheide aus bis mindestens zur
halben Höhe der Scheide und eventuell noch höher.
Dieser Paraproktalschnitt ist nach Seh., selbst
wenn er bei der Geburt noch etwas weiter gerissen
wäre, viel bequemer und erfolgreicher zu vernähen,
als es die sonst entstehenden Risse und Abreissun-
gen sind.
Um Wöchnerinnen und auch Frauen mit De-
scensus zu veranlassen, ihren muskulösen Beoken-
boden oft und energisch ein-, bez. emporzuziehen,
lässt Seh. von ihnen Sitzstühle mit central an-
gebrachtem, etwa 5 cm hohem Höcker benutzen,
auf die sich die Wöchnerinnen vom 10. Tage an
setzen. Der Höcker drückt den erschlafften Becken-
boden in ähnlicher Weise hoch, wie dies bei den
Thure-Brandt 'sehen Uebungen geschieht.
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
88
YIL Geburtshülfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
106. Evisoerfttion und Spondylotomie mit
naohfolgender Wendung und Perforation bei
inoompleter Utemsraptor ; von Dr. Gustav
Vogel in Aachen. (Münehn. med. Wchnschr. LI.
3. 1904.)
37jähr. Sechstgebärende. Querlage. Nachdem die
Wehen 3 Tage angedauert hatten and die Blase 12 Stan-
den vorher gesprangen war, rief die Hebamme erst den
Arzt, der vergebliche Wendangsversache machte und
schUesslich noch den vorgefallenen linken Arm exarti-
kuiirte. Als V. später hinzukam, bestand schon stinkender
Ausfluss aus der Scheide, Uterus in dauernder tetanischer
Contraktion, Kopf in maximaler seitlicher Bengong hinter
der Symphyse, Hals selbst mit der ganzen Hand nicht zu
erreichen, rechts hinten ziemlich hoch incompleter Uterus-
riss, hinter dem Riss Bluterguss unter dem Peritonaeum.
Da der Hals nicht zu erreichen war, setzte V. in die vor-
liegende Schulter eine Zange ein, eröffnete die Brust- und
Bauchhöhle mit der Liebold'soheü Scheere und entfernte
alle Eingeweide. Vom Bauche aus Durchtrennung der
Wirbelsäole, dann Tieferdrängen des Steisses vom Bauche
aas, Extraktion am Knie, bez. Fuss. Der nachfolgende
Kopf, der mit dem Kinne nach vorn stand, wurde per-
forirt und dann leicht entwickelt Manuele Placenta-
lösunff. Lysolausspülung, Einlegen eines Jodoformdochtes.
Der Uterusriss begann etwas unterhalb der Gegend des
inneren Muttermundes und ging naoh hinten rechts circa
5cm weit hinauf, das Peritonaeum war abgelöst, sein
Ansatz aber überall zu fühlen. Puerperium nach einigen
leichten Temperatursteigerungen normal.
V. mOohte auf Qrund der mitgetheilten Be-
obachtung keineswegs die Wendung nach der
Evisceration als häufig zu übendes Verfahren
bei incompleter Ruptur empfehlen. Bemerkens-
werth war die Leichtigkeit, mit der es gelang,
vom Bauche des Kindes aus einen Fuss herab-
zudrftngen. Nach V. muss dem Arzte gerade bei
der Embryotomie der weiteste Spielraum gelassen
werden, damit er denjenigen Weg wfthlen kann,
der ihm in dem vorliegenden Falle als der richtige,
d. h. der schonendste und am wenigsten mit In-
sulten des Uterus verbunden erscheint; in den
seltensten Fällen ist dieses aber die Decapitation,
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
107. L*avenir obstetrloal des femmes qui
ont gxkiti d*ane rupture de PaterasBabpartn;
par A. Couvelaire. (Elevue prat. d'Obst^tr. et
de Paed. p. 300. OcL— D6c. 1903.)
C. hat im Anschlüsse an einen selbst beobach-
teten Fall, in dem bei einer Frau, die während
einer vorhergehenden Schwangerschaft eineüterus-
ruptur erlitten hatte, bei einer neuen Schwanger-
schaft die Caesareotomie mit Entfernung der Ge-
bärmutter vorgenommen wurde, bibliographische
Nachforschungen angestellt, um sich über das
Schicksal der Frauen, die einen uterusriss intra
partum erlitten hatten, zu unterrichten und festzu-
stellen, welches das beste therapeutische Vorgehen
unter diesen Umständen ist. Er gelangt zu fol-
genden Schlüssen: Unter 17 Frauen, die eine
Uterusruptur erlitten hatten und, von Neuem
schwanger, eine zeitige Geburt hatten, erneuerte
sich die Ruptur bei 9 und hiervon starben 6 Frauen.
Diese Zahlen rechtfertigen eine prophylaktische
Therapie, doch sind die Resultate, die durch die
verschiedenen vorgeschlagenen Maassnahmen erzielt
wurden, nicht gleichwerthig. Der künstliche Abor-
tus giebt im Allgemeinen gute Erfolge, dodi ist er
nicht gerechtfertigt, da man die Schwangerschaft
bis zu ihrem natürlichen Ende verlaufen lassen
kann. Die künstlich eingeleitete Frühgeburt giebt
keinerlei Gewähr dafür, dass nicht auch bei ihr ein
neuer Riss auftrete, und die Aussichten für das
Kind sind zweifelhafte. Es bleibt also als bestes
Mittel das Abwarten des normalen Seh wangersohaft-
endes und die Vornahme des Kaiserschnittes mit
gleichzeitiger Sterilisirung der Frau, durch die
utero- ovarische Amputation oder die Salpingektomie.
Diese prophylaktische Therapie ergiebt die besten
Resultate, sowohl für die Mutter, als auch für das
Kind. E.Toff(Braila).
108. l)üeber die Behandlung des firisohan
DammriBses ; von Dr. Karl H e g a r. (Münehi.
med. Wchnschr. L. 44. 1903.)
2) Ueber die Behandlung das fHsohen
Dammrisses; von Dr. Constantin J. Bucnra.
(Ebenda LL 1. 1904.)
1) Hegar hält es für unrichtig, sich bei der A*
Handlung des frigchen Dammrisses principiellfftreiQ
vollständig passives Verhalten oder stets für ein
aktives Vorgehen zu erklären, und will in jedem
einzelnen Falle die Aussichten für oder gegen die
Naht abwägen. Er empfiehlt für die Privatprazis
folgende Richtschnur: „Die Naht ist bei allen
Dammrissen angezeigt, bei welchen eine Insnffi-
cienz des Scheidenschlusses und des Beckenbodens
zu erwarten steht, sobald folgende Bedingungen
vorhanden sind: 1) Eine Beschaffenheit der Wunde,
welche eine Prima intentio mit Sicherheit oder
grosser Wahrscheinlichkeit erwarten läset, bei
welcher also kein zu weitgehender Riss imSeptOB
rectovaginale , keine Quetschung und Sugilktion
besteht 2) Der Allgemeinzustand der Entbundenen
muss so sein, dass der Eingriff gut und ohne Naoh«
theil ertragen werden kann. Insbesondere ansa
eine bereits bestehende Infektion mit Sicherheit
oder grosser Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen
werden können, es darf keine Temperatursteigenug,
kein auf Endometritis oder Golpitis zurOcksufÜh-
render Ausfluss bestanden haben. 3) Die äusseren
Verhältnisse müssen derart sein, dass die Operation
mit allen Cautelen der Asepsis und Antisepeta tecb»,
nisch gut durchgeführt werden kann, und weiteriiis
müssen alle Bedingungen gegeben sein« die
günstigen Heilungsverlauf unter Anssohlnss
Spätinfektion gewährleisten.^*
Bei der Leitung der Oeburt noefc
gegangener Kc^pop&rinaeorrhaphie empfiehlt H., s
nächst abzuwarten, ob sich der Damm von seil
dehnt. Ist der Widerstand zu gross, so wird un
dem andrängenden Kopfe der Damm in sa^
Richtung der Länge nach gespalten. Dadn
VII. Oebartshfllfe, Franen- und Einderheilkuiide.
89
wild die ursprüngliche Anfrisohung wieder her-
gestellt, die für eine primäre Heilung gute Chancen
bietet Bin Weiterreissen in den After wurde von
H. selbst bei ausgiebiger Spaltung nie beobachtet.
[B. stellt unter Anderem die Behauptung auf, dass
in der allgemeinen Praxis bei der Naht des frischen
Dammrisses „in den meisten Fällen '^ gerade das Oegen-
tbeil von primärer glatter Heilung einträte, dass die
Damronaht da ihre grossen Gefahren hätte und häufig die
Prima intentio entweder gar nicht oder nur unvollkom-
men gelänge, nicht selten aber noch dazu schwere Er-
krankungen, Tod oder dauerndes Siechthum einträten.
Dieser Behauptung wird wohl kaum von einem Arzte,
der über eine grosse geburthülfliche Erfahrung verfugt,
beigestimmt werden, eben so wenig wie der weiteren
Behauptung H.*s, dass bei nicht genähten Dammrissen
,8ehr häufig*^ eine primäre Heilung einträte und wenig
Neigung zur Infektion der Wunde vorhanden wäre.
Wären diese beiden von H. aufgestellten Behauptungen
aber wirkUch richtig, so wäre es nach Ansicht des Jxef.
logischer Weise unverantwortlich, in der allgemeinen
Pnxis überhaupt einen frischen Dammriss zu nähen.]
2) Buoura spricht sich für dievonE.Hegar
(siehe oben) bestrittene Zweckmässigkeit der Naht
des Irischen Dammrisses ans. B. wendet sich be-
sonders dagegen, dass He gar die früher von B.
verüffentlichte Wochenbettstatistik als zu Ungunsten
der Dammnaht sprechend gedeutet hat.
B. hat nun die Dammrisse, die im Jahre 1901
in der Chrobak 'sehen Klinik vorkamen, zu-
sammengestellt Auf 3333 Geburten kamen 313
genähte Dammrisse, von denen 279 «» 89.2^/oper
primam verheilten und 290 Frauen «» 93.6®/o
afebrile Wochenbetten durchmachten. Es ergiebt
sich hieraus nach B., dass beim genähten Damm-
risse in den seltensten F&Uen eine nachträgliche
Sekundftmaht oder Perinaeoplastik erforderlich ist.
InChrobak's Klinik gilt der Grundsatz, jeden
Dammrias, sowohl den inoompleten, als den com-
pleten, gleich nach der Geburt genau zu vernähen.
JDie Erfahrungen, die bei diesem Verfahren ge-
sammelt wurden, sind so beschaffen, dass wir uns
mit He gar 's Ausführungen nicht einverstanden
erklären können, denn wir sahen auch den weit-
gehendsten Riss im Septum recto-vaginale trotz
bestehender Quetschung und Sugillation bei Naht
desselben oft genug per primam verheilen. Eben
so wenig kann für uns die Naht durch eine muth-
maassliehe — und sicherstellen lässt sich dieselbe
sur Zeit der Naht wohl in den seltensten Fällen —
Infektion oontraindicirt erscheinen. Auch von
Seiten des Zustandes der Frau sahen wir uns in
der Klinik nienutls verhindert, die Dammnaht zu
machen, obschon in selteneren Fällen letzteres wohl
denkbar wäre. Eine grössere Gefährdung der
Wöchnerin durch Infektion bei der Naht im Ver-
gleich zum Offenlassen des Dammrisses erscheint
uns, bei richtiger Nachbehandlung der Wunde,
mdit wahrscheinlich. Das grösste Uebel, auf das
man sich dabei gefasst wird machen müssen, ist
nur eine nicht per primam erfolgende Heilung des
betreffenden Dammrisses.'^
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
Med. Jabrbb. Bd. 282. Hft 1.
109. üeber sekundäre Dammnaht im
Wochenbett; von D. Abuladse. (Mon.-Schr.
f. Geburtsh. u. Gynäkol. XVIII. 4. p. 532. 1903.)
Die sekundäre Dammnaht, die sich in voranti-
septischer Zeit kein Bürgerrecht erwerben konnte,
ist jetzt vollkommen unverdient in Vergessenheit
gerathen. A. hat aus 126 in der Literatur nieder-
gelegten und von ihm besprochenen Fällen, sowie
aus 1 1 eigenen ausführlich mitgetheilten Beobach-
tungen von der sekundären Naht eine hohe Mei-
nung bekommen ; er hält sie als prophylaktische
Maassnahme vielen gynäkologischen Erkrankungen
gegenüber für unerlässlich ; sie ist in Anbetracht
ihrer Einfachheit und leichten Ausführbarkeit völlig
gefahrlos, und ein Erfolg gehört zur Regel; sie
sollte für jeden zu einer Wöchnerin mit nicht hei-
lendem Dammriss gerufenen Geburthelfer obliga-
torisch sein.
Die sekundäre Naht kann meist ohne Narkose
und ohne lokale Anästhesie, nöthigenfalls selbst
ohne Assistenz ausgeführt werden. Eine unerläss-
liche Bedingung ist bei Fehlen anderer Contra-
indikationen die Reinheit der granulirenden Flächen.
A. bestreicht diese nach gründlicher Desinfektion
mit Jodtinktur, führt tiefe Nähte unter dem Wund-
boden durch, kratzt rasch die Granulationen ab
und knüpft die Nähte, um sie nach 5 — 6 Tagen zu
entfernen. Voller Erfolg ist von der Naht bis zu
4 Wochen post partum zu erhoffen. Wenn in der
Wunde destruktive Processe bei Erkrankung der
Wöchnerin beobachtet werden, so soll die Ge-
nesung, Reinigung der Wunde und das Auftreten
von Granulationen abgewartet und dann erst zur
Operation geschritten werden.
Kurt Kamann (Wien).
110. Lea merea qni ne peuvent allaiter au
sein lenra enüants; par le Dr. R. Mesnil. (Thöse
de Paris 1903.)
Die Ursachen, die das Stilleo der Kinder verhindern,
sind mannigfacher Art und hängen nicht nur von den
Müttern, sondern auch von den Säuglingen ab. In letz-
terer Beziehung führt M. an: Appetitlosigkeit, oder Fehlen
des Bedürfnisses zutrinken, angeborene Schwäche, Nioht-
vertragen der Frauenmilch und endlich angeborene Miss-
bildungen des Mundes. Von Seiten der Mütter sind
hervorzuheben: angeborene Fehler der Brustdrüsen,
wie mangelhafte Entwickelung , Atrophie, Polymastie,
krankhafte Processe, wie Narben, Tumoren, Oalaktooele,
Mastodyoie ; Entzündungen, Abscesse, Fissuren u. s. w.
Allgemeine Krankheiten bilden mitunter eine Contra-
indikation des Stillens, so z. B. Herz-, Blut-, Lungen-
und Nierenkrankheiten, Störungen im Bereiche des ver-
dannogsapparates, akute, chronische, nervöse, ansteckende
Krankheiten, Vergiftungen u. s. w.
Statistisch konnte M. nachweisen, dass 86<^/o der
Frauen ihre Kinder von den ersten Tagen angefangen
anstandlos stillen könnten, 4.2*/« können es nicht, 9.4Vo
müssen ausser der Brust auch zur künstlichen Ernährung
greifen. Ausserdem giebt es eine sehr grosse Anzahl von
Frauen, die aus sociiQen Gründen ihre Kinder nicht stillen
können. Die öffentliche Wohlthätigkeit xmd die Gesetz-
gebung müssten eingreifen, um hier Abhülfe zu schaffen.
E. Toff(Braila).
12
90
YIL Geburtshülfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
111. L*allaitement mixte; par le Dr. 0.
y 0 i X. (Thöse de Paris 1 903.)
Die gemisehte Ernährung der Sftuglinge, be-
stehend in Verabreichen der Mtäierbrtist und künst-
licher Milehnahrung, ist angezeigt bei frühzeitiger
oder späterer Insufficienz der Milchsekretion, bei
Erkrankungen der Mutter und endlich, wenn diese
durch ihre Arbeit vom Hause femgehalten ist. Am
häufigsten kommt Hypogalaktie, Insufficienz der
Milohsekretion vor. Etwa 1 Drittel aller Frauen,
reiche, sowie arme, kann nicht während der
ganzen Zeit die reine Brusternährung durchführen.
In diesen Fällen ist es von Yortheil, zur gemisch-
ten Ernährung überzugehen, und zwar entweder
alternativ oder oomplementär. Letzteres ist vorzu-
ziehen, indem nach jedesmaligem Säugen, die in
der Brust fehlende Milchmenge durch künstliche
Milch ersetzt wird. Es ist dies die beste Methode,
um die Anzahl der selbststillenden Frauen zu ver-
mehren. V. theilt seine in einem Pariser Dispen-
sarium gemachten Erfahrungen mit, wo im Laufe
von 4 Jahren die gemischte Ernährung von 12.5%
auf 20.8<^/o gestiegen war, während die einfache
künstliche Ernährung von 31.2o/o auf 18.7<^/o ge-
fallen war. In einem anderen Dispensarium hatte
die gemischte Milchemährung um O^^/o zugenom-
men, während in derselben Zeit (15 Mon.) die künst-
liche Ernährung um 22.7<^/o gesunken war. Für
die Kinder ist das gemischte Säugen, im Verhält-
nisse zur künstlichen Ernährung von unbestreit*
barem Vortheile. K T o f f (Braila).
112. FhyBlkalisoh-chemiBohe Untersnohun-
gen über Kuhmlloh; von Dr. Hotz. (Jahrb. f.
Kinderhkde. 3. F. VEL 2. p. 355. 1903.)
H. hat gleichzeitig die Gefrierpunktemiedri-
gung und die elektrische Leitungsfähigkeit be-
stimmt an roher Vollmilch, abgerahmter Milch bei
verschiedenen Temperaturen, gekochter Milch, ge-
ronnener Milch (Lab- und Säuregerinnung), künst-
lich verdauter Milch und Backhaus-Üiloh.
Ueber die zum Theil auch praktisch nicht un-
wichtig erscheinenden Ergebnisse ist das Original
einzusehen. Brückner (Dresden).
113. Meningitis bei Neugeborenen; von
Dr. LudwigOoldreich. (Jahrb. f. Kinderhkde.
3. F. VL 6. p. 808. 1902.)
Die tuberkulöse Meningitis gehört mehr dem
mittleren Kindesalter an ; im frühen Säuglingsalter
ist sie selten. Die meisten zu dieser Zeit zur
Beobachtung kommenden Erkrankungen der Hirn-
häute sind seröser und eiteriger Natur. Beim Neu-
geborenen mit der vielfach gegebenen Möglichkeit
der Infektion überwiegen die eiterigen Menin-
gitiden.
G. beschreibt ein solohes Kind, das asphyktisoh zur
Welt kam, an Diarrhöe mid Krämpfen litt und nach
54 Stunden starb. Die Sektion ergab eiterige akute
Meningitis, frische fibrinöse Plearitis, diffuse eiterige
BroDchitiB, allgemeinen Ikterus, Blutungen im Epikard.
Aus dem Eiter konnten Colibaoillen gezüchtet werden.
Die Mutter war gesund. G. nimmt an, dass die Infektion
durch aspirirtes Fruchtwasser von den Lungen aas er-
folgt sei. Brückner (Dresdeo).
114. Qrippe und eiterige Meningitis mit
dem Befand der InflaenaabaoiUen; von Dr. A.
Hecht. (Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F. VH 3.
p. 333. 1903.)
Ein 2jahr. Knabe erkrankte an einer Pneamonie des
rechten Ober- and Unterlappens, MittelohrentzündoDg
und Meningitis. Durch Lumbalpanktion worden lOccm
einer eiterigen Flüssigkeit entnommen, in der Inflaenza-
bacillen nachgewiesen werden konnten. Das Kind starb.
Aus den inneren Organen, dem Herzblate nnd Ohreiter
konnten keine BaciUen gezüchtet werden. Hingegen
fanden sie sich in Schnitten doroh die Exsudatmasse, in
der kein Fibrinnetz nachzuweisen war.
Die klinische Diagnose der echten Inflaenxa-
meningitis kann nur mit Hülfe der Lumbalpunktion
gestellt werden. Mangelnde Lenkocytose kann
vielleicht bei der Diagnose mit verwendet werden.
Brückner (Dresden).
115. Ein Fall von Keningo - Bnoephalitii
heredo-syphilitioa bei einem Sftogling unter
dem Bilde des HydrooephaluB externns; von
Dr. T u g e n d r e i c h. (Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F.
VIII. 2. p. 423. 1903.)
Ein erblich syphilitisches Kind erkrankte im Alter
von 2 Monaten unter leichten Fiebererscheinnngen mit
hartnäckigem Schnupfen. Dazu gesellten sich Nystag-
mus, Kurzathmigkeitf Cyanose, Pulsbeschleunignng, Trü-
bung des Bewusstseins, Zuckungen in den Augenlidern.
Einige Zeit später wölbte sich die Fontanelle vor nnd der
Kopfumfang nahm zu. Es bestanden keine Spasmeo,
keine erhöhten Reflexe. Erfolglose antiluetische Behand-
lung. Tod mit 6 Monaten an CapiiULrbronchitiB. Die
Sektion ergab Meningoencephalitis der Convexitat, Hydro-
cephalus internus massigen Grades. Die stärksten Ver-
änderungen fanden sich über der linken 3. Stimwindung.
Histologische Untersuchung: Kernwuchernngen in der
Adventitia der Oefässe, Endarteriitis der Rindengeßase,
herdförmige, kleinzellige, perivaskuläre Infiltration.
T. sucht den Nachweis zu führen, dass der
sogen. Hydrocephalus externus meist einer ent-
zündlichen Erkrankung der Hirnhäute entspricht
Brückner (Dresden).
116. Ueber Psychosen nnd Spraobatöraii*
gen naoh akat fieberhaften Brkranknngen im
Kindesalter; von Dr. M. Heine mann. {Atcku
f. Kinderhkde. XXXVI. 3—6. p. 173. 1903.)
Unter den kindlichen Psychosen sind die poet-
febrilen ziemlich häufig. Sie können nach fast
allen fieberhaften Erkrankungen auftreten. Yer-
hältnissmftssig am h&ufigsten sind sie nach Typhus,
Influenza, Pocken beobachtet worden, recht selten
nach Pneumonie. Am häufigsten treten Sprach*
Störungen auf, theils allein, theils im Yerein mit
anderen Erkrankungen, und z war Bradyphasie oder
öfter motorische Aphasie. H. theilt drei einschUl-
gige Beobachtungen aus der Baginsky'sohen
Klinik mit.
1) Motorische Aphasie, die sieh bereits vor der Eiit->|
fieberung im Verlaufe einer croupösen Pneumonie ein*
stellte. Am 15. Tage nach der Krisis 6 Tage anhsltsiwl
YII. Gteburtshülfe, Frauen- und KinderheükuRde.
91
der geistiger Depressionzastand. Dauer der Aphasie
4 Wochen.
2) 1 Woche Dach der Erisis einer Pnenmonie trübe
Stimmung. Nach 1 1 Tagen Aufregung, geistige Schwäche.
Mit Eintritt der Ensis Aphasie, <üe nach 3 Wochen
schwand. Heilung.
3) 3 Tage nach der Pneumonie schwere Delii'ien,
maniakalische Zustände und melancholische Stimmung
öfter abwechselnd, zugleich Aphasie. 5 Tage lang Amaurose
ohoe objektiven Befund am Auge. Nach 3 Wochen Heilung.
Sprachstörungen treten u. A. am häufigsten
nach Typhus auf. H. beobachtete Folgendes:
1) 3 Tage lang anhaltende Aphasie in der Re-
convalescenz , melancholische Stimmung, Stupor.
2) Nach der Entfieberung mit neuem Anstieg der
Temperatur 3 Wochen lang anhaltende Aphasie.
3) Nach raschem Temperaturabfall maniakalische
Zustände, Delirien, Sinnestäuschungen. Dazwischen
Perioden von normalem psychischen Verhalten oder
Ton Depression und Stupor. Bradyphasie.
Hinsichtlich der Pathogenese kommt in Be-
tracht die Erschöpfung des Gehirns und die Wir-
i'DJDg der specifischen Toxine. Daneben wirken
wohl auch andere stoffliche Zerfallsprodukte, „die
in Folge des beschleunigten Stoffwechsels im Heber-
process gebildet werden*', schädigend auf das
Gentralorgan ein. Eine grosse Rolle spielt die
nearopathische erbliche Disposition. Die Prognose
der Störungen ist im Allgemeinen eine günstige,
ibre Dauer eine sehr verschiedene.
Brückner (Dresden).
117. PolymyoBitis im Kindesalter; von
Dr. Arthur SchQller. (Jahrb. f. Kinderhkde.
3. F. VIII. Erg.-H. p. 193. 1903.)
Eäo Tjähr. Knabe erkrankte im Anschluss aa Keuoh-
hosteo mit Fieber, üebelkeit und flüchtigem Erythem.
Nach 4 Tagen Schwellung der Lider, schmerzhafte Ver-
iilrtoog der Muskeln des Gesichts und Nackens. Sen-
sorinm frei. Allmähliche gleiche Erkrankung der Mus-
keln des Rampfes und der Qlieder. Auf der Höhe der
Erkrankung ausserordentlich heftige, in Anfällen auf-
tretende Schmerzen in der Stirn und beiden Schultern.
Nach 3 Wochen Nachlass der Erscheinungen, noch wei-
teren 8 Wochen Heilung.
Seh. bespricht zunächst die Diagnose (Trichi-
^^) giebt alsdann eine Zusammenstellung der in
der Kindheit ▼orkommenden Muskelerkrankungen
auf Omnd der vorliegenden Literatur und stellt
schliesslich 5 Fälle von Polymyositis bei Kindern
ZQsammen. Bei seinem Kranken war bemerkens-
werth die Entwickelung des Leidens im Anschluss
an Keuchhusten, der wohl nur disponirend wirkte.
Eine direkte Ursache der Muskelerkrankung konnte
nicht ausfindig gemacht werden. Klinisch waren
am meisten auffallend die Steifigkeit und Härte der
Muskeln, die zu Contrakturen und YerkOrzungen
der Sehnen führten, sowie die erhebliche Aus-
dehnung des Proeesses. Die Schmerzen traten
weniger bei Druck oder Bewegungen, sondern
spontan in abendlichen Anfällen auf. Auffallend
war im Verlaufe der elektrischen Untersuchung
die Zucknng^trägheit bei direkter faradischer Rei-
zung. Brückner (Dresden).
118. Syphllitisohe Pseudoparalyse eines
Neugeborenen; von A. Broca. (Revue prat
d'Obstötr. et de Paed. p. 161. Juni 1903.)
Diese merkwürdige Erkrankung, die eine Zeit
lang als Lähmung durch eine Erkrankung des
Nervensystems angesehen wurde, hat als Örund-
läge, wie schon Parrot gezeigt hatte, eine syphi-
litische Erkrankung des unteren Endes des Ober-
armknochens. Es handelt sich um gummöse
Veränderungen, die vom Bindeknorpel, der sich
zwischen Epiphyse und Diaphyse befindet, aus-
gehen, sich auf das Periost und den Knochen er-
strecken und im weiteren Verlaufe sogar zu Con-
tinuitättrennungen führen können. Die Bewegungs-
losigkeit des Armes ist eine Folge des Schmerzes
und keine wirkliche Lähmung. Durch Palpation
fühlt man sehr oft die verdickte Stelle und es
schreien hierbei die Kinder schmerzhaft auf. Die
Krankheit erscheint einige Wochen nach der Ge-
burt, meist vor dem 6. Lebensmonate, (j^wöhn-
lich findet man auch noch andere Zeichen heredi-
tärer Lues, doch nicht immer. Während Parrot
die Prognose auch für das Leben als ganz schlecht
angab, hat B. alle seine Patienten genesen sehen ;
es muss hierbei nicht vergessen werden, dass
früher alle diese in Hospitälern gepflegten Kranken
an fehlerhafter Ernährung zu Grunde gingen, da
die Milchsterilisation u. A. noch unbekannt war.
Bezüglich der Behandlung empfiehlt B. Queck-
silbereinreibungen, unter Umständen in Verbin-
dung mit Jod ; für schwere Fälle subcutane Injek-
tionen. E. Toff (Braila).
119. Ueber eine akut aufgetretene tropho-
neurotische Brkrankung einer gansen unteren
Extremität; von Prof. Grawitz. (Deutsche
med. Wchnschr. XXIX. 27. 1903.)
Bei einem leicht hysterisohen 17jäbr. Mädchen stellte
sich aktit und ohne f*ieber anter aUgemeinen Krankheit-
erscheinangen eine Atrophie der Haut der ganzen linken
unteren Extremität ein mit. Ausnahme der Zehen nnd
Fasssohlen. Die kleineren and grösseren Hautgefässe
erschienen sekundär erweitert Die Sache war nach
7 wöchigem Bestände noch unverändert.
Brückner (Dresden).
120. Frühieitige Diagnose des angeborenen
Myxödems; von Dr. Luis Agote, Buenos Aires.
(Aroh. de M6d. des Enf. p. 540. 1903.)
A. hebt die Wichtigkeit des frühzeitigen Er-
kennens dieser Krankheit hervor, und zwar noch
im Invasionstadium. Die in Betracht kommenden
Symptome sind folgende: Das Kind entwickelt
sich ohne Störung bis zum Alter von 6 Monaten ;
zu dieser Zeit bemerken die Eltern, dass die seit
der Geburt bestehende NabMemie nicht mehr
reduktibel ist. Gleichzeitig beginnt die Hyper-
irophie der Zunge; diese erfüllt die ganze Mund-
höhle und ragt sogar zwischen den Zfthnen hervor.
Hierdurch wird das Saugen erheblich erschwert,
das Kind hat Erstickungsanfftlle und sein Schreien
nimmt einen eigenthümlichen, rauhen, gutturalen
92
YII. Oeburtsbülfe, Frauen- und Elinderheilkunde.
Charakter an. Zu diesen ErsoheinuDgen tritt später,
nach etwa 10 Monaten, ein hartes gelbfarbiges
Oedem hinzu. Dann erscheint die andauernde Er-
niedrigung der KörpertempercUur ; das Kind hat
immer kalte Glieder, ein diagnostisch wichtiges
Zeichen. Die hartn&okige Verstopfung und die Un-
regelmftssigkeiten in der Qewichtcurve , bei all-
wöchentlichen Wägungen, sind weitere Zeichen der
Invasionperiode. Diese Erscheinungen bessern sich
nur auf Verabreichung von Thyreoideapräparaten
und diese Behandlung spielt auch eine wichtige
diagnostische Bolle, etwa wie das Quecksilber in
iweifelhaften Syphilisfällen, doch muss hervor-
gehoben werden, dass die Thyreoideabehandlung,
die so rasch die anderen Symptome, wie Ver-
stopfung, Hypothermie, Hernie u. s. w. beeinflusst,
eine viel schwächere Wirkung auf die Zungen-
hypertrophie ausQbt, und man kann selbst bei er-
heblich gebesserten Kranken, nach langer Zeit,
noch die Zeichen dieser Difformität beobachten.
BezQglich der Nabelhernie hebt A. hervor, dass
sie eines der frühesten Symptome ist; in Wirklich-
keit ist es eine falsche Hernie, ohne Darminhalt.
Dieses Symptom hat in keinem der 16 von A. be-
obachteten Fälle von angeborenem Myxödem ge-
fehlt E. Toff (Braila).
121/ Zar Kenntnias der Hypertrophie
oerebri als Krankheitsbild im Kindesalter ;
von Dr. B61a Schick. (Jahrb. f. Kinderhkde.
3. F. VII. 4. p. 423. 1903.)
8 oh. theilt die ErankeDgeschiohten eines 7jähr.
Mädohens und eines 2>/]dähr. Knaben mit Bei der Sektion
fand man in beiden Fällen eine persistirende Thymus und
ein auffallend grosses Gehirn. Die wesentlichsten kli-
nischen Symptome waren klonische Krämpfe ohne be-
stimmte Lokalisation bei aufgehobenem Bewusstsein,
Herabsetzung des cerebrospinalen Druckes, bez. Ergeb-
nisslosigkeit der Lumbalpunktion. In den letzten Tagen
vor dem Tode trat hohes Fieber auf.
Brückner (Dresden).
122. Du traitement speoiflqae dans les
hydrooephalies; par le Dr. E. Chavialle.
(Inaug.-Diss. Paris 1903.)
Ch. geht von der Annahme aus, dass, wenn
nicht alle, so doch ein gewisser Theil der Wasser-
köpfe auf hereditärer Syphilis beruhe. Man kann
diesen Ursprung, sei es aus der von den Zeugem
überstandenen Lues, aus vorausgegangenen Fehl-
geburten, oder aus specifischen Zeichen des Hydro-
cephalischen herleiten, bez. erkennen. Es kann
sich entweder um einen teratologischen Hydro-
cephalus, beruhend auf einer Entwickelungshem-
mung, oder um einen pathologisch-syphilitischen
handeln. In letzterem Falle lokalisirt sich die
Syphilis an den choroiden Oefleohten, dem Epen-
dym und den optischen gestreiften Kernen. Derart
Kranke können durch eine antisyphilitische Be-
handlung geheilt werden. Da man aber am Leben-
den schwer die beiden Formen unterscheiden kann,
60 ist es anzurathen, in jedem Falle eine anti-
syphilitische Behandlung einzuleiten. Empfehlens-
werth sind merkurielle Einreibungen, und zwar in
grossen Dosen, da die Kinder sie gut vertragen.
Die Kinder sollen die Mutterbrust erhalten. Fflr
spätere Schwangerschaften soll eine vorbeugende
specifische Behandlung der Eltern stattfinden.
E. Toff (Braila).
123. Ueber den Werth der systematlsoheB
Lambalpunktion bei der Behandlang des
HydrooephaluB .ohronioos internos bei Kin-
dern; von Dr. Johann v. Bökay. (Jahrb. f.
Kinderhkde. VII. 2. p. 229. 1903.)
B. hat mehr als 30 Kranke mit angeborenem
und erworbenem Hydrocephalus mit Lumbalpunk-
tionen behandelt und ist mit dem Erfolge zufrieden.
Eine besonders lehrreiche Beobachtung theilt er
mit Wenn die Punktionen in längeren Zwischen-
zeiten vorgenommen werden und man nicht zu viel
auf einmal abzapft, wird die Behandlung gut ver-
tragen. Sie hat nur da einen Sinn, wo eine Com-*
munikation zwischen den Hirnventrikeln und dem
subduralen Räume besteht Das ist aber nach B.
beim akuten und chronischen angeborenen oder er-
worbenen Hydrocephalus in der Regel der Fall.
Brückner (Dresden).
124. Die Diastase der Mosonli reoti abdo-
minls in der Pathologie des Kindes, nebst
einigen Bemerkungen über die Hysterie im
Kindesalter; von Dr. Josef K. Friedjung.
(Arch. f. Kinderhkde. XXXVI. 3—6. p. 361. 1903.)
Die Diastase der geraden Bauchmuskeln ist
beim Kinde gewissermaassen der physiologische
Zustand. Fr. fand sie bei der Untersuchung von
50 Knaben und 50 Hftdchen 75nial. Im Allge-
meinen macht sie keine krankhaften Ersoheinnogm.
Wenn es sich um hysterische Kinder handelt, so
treten jedoch öfter Schmerzanfälle auf« die eine
Incarceration vortäuschen können. Be ist alsdann
auch in der anfallsfreien Zeit eine Hyperästhesie
der Baucheingeweide vorhanden. Herabsetzung
des Cornealreflexes und Fehlen des Rachenreflexee
bei sonst gesunden Kindern ist kein zuverlässiges
Kriterium der Hysterie. Sicherer ist die Dmok-
empfindlichkeit der Domfortsätze und des Bauches.
Brückner (Dresden).
125. Ueber den Stimmritsenkrompf dar
Kinder; von Dr. Alfred Japha. (BerL klin.
Wchnschr. XL. 49. 1903.)
J. kommt in seinen Ausführungen su folgendeoi
Ergebnisse : „Der Stimmritzenkrampf der Kinder
vereinigt sich mit einer gewissen Art von Coa-
vulsionen und gewissen lokalen Krampfznstftnden
zu einem Krankheitsbilde, welches oharakterisirt
ist durch eine erhöhte Erregbarkeit des Nwven-
Systems gegenüber allen Arten von Beizen. In
Analogie mit ähnlichen Zuständen beim Erwwdi»
senen mag man von einer Kindertetanie spredheiB,
ohne dass dabei gesagt ist, dass die Ursacdie der
YUI. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
93
StOroDg eine gleichartige ist. Die Ursache dieser
Kindererkrankung ist nicht ganz geklärt. Die
winterliche Jahreszeit, vielleicht durch Vermitte-
loBg von Wohnungsschftdlichkeiten, begünstigt den
AüBbruch der Erkrankung, von allergrOsster Be-
deutung sind aber Ernfthrungsschädlichkeiten, be-
sonders kann die Kuhmilch die Erscheinungen
hervorrufen, während Hilchentziehung dieselben
oft prompt fQr die Zeit des Aussetzens, manchmal
dauernd beseitigt, wofern man nur für eine Rege-
long der Diät sorgt. Der Einfiuss der Eruährung
scheint sich aber erst sekundär in Folge einer
funktionellen OrganstOrung geltend zu machen."
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
126. Ueber liieamatiBohe Ohorea und die
aatirbeunifttisehe Therapie; von Dr. Erwin
Kobrak. (Arch. f. Einderhkde. XXXVI. 1—2.
p. 28. 1903.)
E. hat aus der Neu mann 'sehen Poliklinik
ans den Jahren 1895—1902 122 Fälle von Chorea
zusammengestellt. Von diesen 1 22 Kranken hatten
50 Rheumatismus gehabt, 1 1 stammten aus rheu-
matisch veranlagten Familien. Akuter Oelenk-
rbeamatismus wurde in demselben Zeiträume nur
d2mal beobachtet Häufiger waren rudimentäre
Formen von Rheumatismus. Werden diese mit
eingerechnet, so kommt man auf 99 Erkrankungen
an Rheumatismus gegenüber 122 Erkrankungen an
Chorea. Letztere stellt bei den zu Rheumatismus
disponirten Kindern häufig den I.Anfall dar. Wie
im Beginne akuter rheumatischer Erkrankungen
wurde auch im Beginne der Chorea häufig Angina
beobachtet Rheumatismus und ■ Chorea treten
häufiger und hartnäckiger in der schlechten Jahres-
zeit auf. Den Ausbruch der Chorea begünstigt eine
gewisse nervOse Disposition (G^eschlecht, familiäre
Grundlage, Eintritt der Pubertät). Auf den Zu-
sammenhang zwischen Rheumatismus und Chorea
deutet auch der Erfolg der Behandlung mit Aspirin
hin, das bei den Kranken mit rheumatischen Ante-
cendentien dem Arsen überlegen war. Die Ent-
Wickelung der Herzerkrankung konnte durch Aspirin
nicht verhindert werden. Neben der Medikation
wurden Bettruhe, schweisstreibende Einpackungen
angewendet. Letztere werden von Kranken, deren
Herz betheiligt ist, oder die sehr blutarm sind,
schlecht vertragen, daher besser durch einfache
beruhigende Umschläge ersetzt
Brückner (Dresden).
VIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
127. üeber offene Wandbehandlungdaroh
loiolfttioii und Eintrooknong (sugleioh Biniges
aber klimatiBoheBiiiflüBBe des Hochgebirgea) ;
▼OD Dr. 0. B e r n h a r d. (Hünchn. med. Wchnschr.
U 1. 1904.)
Als B. seine Praxis 1886 im Oberengadin be-
gann, fiel es ihm auf, wie günstig gewöhnlich die
Wundheilung sich dort gestaltete; ähnliche Be-
obachtungen hatte bereits früher Ludwig in
Pontresina gemacht Nicht nur die Lungentuber-
kulose, sondern auch die chirurgische Tuberkulose
wird durch die klimatischen Verhältnisse des Hoch-
gebirges günstig beeinflusst Gestützt auf diese
Sr&hrangen und die Forschungsergebnisse der
Physiologie lag es nun nahe, gewisse Faktoren des
Höhenklima zu lokaler und specifischer Therapie
heranzuziehen ; es sind ihrer 2, die sich B. zu Nutzen
gemacht hat: die Sonne und die Trockenheit der
Utft. Neben den Wirkungen der Besonnung (direkte
Schädigung der Mikroorganismen und eine durch
aktive Hyperämie bedingte Besserung der lokalen
EhiähniDgsverhältnisse, die sich in reichlichen ge-
smiden Granulationen und einer Beschleunigung
der üeberhäutung kundgiebt) unterstützt die Wund-
bdiandlaog noch besonders die trockene Lufl, die
in derBntwickelungshemmung der Bakterien durch
Wasserentziehnng den besten Verbandstoff und die
sergflUtigsten Verbände ersetzt Die Wunden wer-
den entweder im Freien, oder sonst b6i offenem
FeDStmr Sonne und Luft ausgesetzt und nach der
BntrocknuDg nor mit einem Oazestreifen zur Ver-
bfitmig des Beibens an Kleidern und Bettzeug ver-
bunden. Einzelheiten sind in der Originalarbeit
nachzulesen. P. Wagner (Leipzig).
128. Wandbehandlang nftoh biologisohem
Prinolpe; von Dr. L. Ihrig. (Beitr. z. klin. Chir.
XL. 1. p. 285. 1903.)
Vf. wendet sich sehr energisch gegen den „kost-
spieligen, umständlichen, geist- und zeitraubenden
Apparat^^, dessen sich die moderne Chirurgie be-
dient, um die Wundinfektion hintanzuhalten. Dieser
ganze Apparat ist zwecklos ; weder Asepsis, noch
Antisepsis vermag Infektionkeime abzuhalten, noch
ihr Auskeimen zu vereiteln.
Seine biologischen Untersuchungen haben den
Vf. zu folgenden Ergebnissen geführt: „1) Das
Aufgehen von Wundinfektionen hat zwei Compo-
nenten : a) die Lebenskraft parasitärer Keime und
b) jene der Gewebszellen. Die Zunahme jener, die
Abnahme dieser sind gleichwerthige Bedingungen.
2) Das Verhindern von Infektionen ist nur prophy-
laktisch erreichbar durch Fernhalten der Keime.
3) Diese Prophylaxe ist blos durch physikalische
Maassnahmen erreichbar bis zu einer gewissen
Orenze; was darüber geht, ist heute zweckloser
Ballast an der Wundbehandlung. 4) Die statt-
gehabte Infektion vermag nichts, ausser der Wunde
selbst, zu vernichten, auch nicht abzuschwächen,
ohne dass die Gewebszellen den gleichen Schaden
erleiden. 6) Dessen bedarf es auch nicht, da die
Infektion in dem Stoffwechsel des Gewebelebens
untergeht — ausschliesslich da und unbedingt —
ausser den Fällen absoluter Toxicität. Dagegeu
94
Yin. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
kennen wir keinen Schutz. 6) Jeder Ineult der
Wundzellen ist ein doppelter : er hftlt die natflr-
liehe Regeneration hintan und bringt die Infektion
auf lebensgeschwächtem Gewebe zum Auskeimen.
7) Aus diesem Grunde ist eine ausgesprochene Be-
schädigung der Lebenskraft ein grösserer Schaden
für die Wunde wie die Infektion. 8) Die Heilung
wird nur yon dem Zellenleben ausgefochten. Eine
Unterstützung dessen aber leistet die Behandlung
durch Fernhalten physikalischer und chemischer
Insulte und indem sie den Bedürfnissen des Ge-
webelebens nachkommt 9) Das biologisch ent-
sprechendste Medium der Wunde ist Blut und jene
Fldssigkeit, die diesem physisch und chemisch am
nächsten steht 10) In inficirten Wunden und Ge-
weben verfolgt der Ausgleich der beiderlei Lebens-
energien physiologische Gesetze und ist unverändert
lieh, folglich hat eine Abänderung der Behandlung
auch keine Berechtigung/* Zur Wundbehandlung
gebraucht Vf. folgende Lösung in Körpertempe-
ratur: CaCl, 0.030/0, NaHGO, O.O40/0, NaC10.9Vo.
Aus dieser Lösung gelangen Tupfer, Verbandstoff,
Fäden zur Wunde. P. Wagner (Leipzig).
129. üeber die fiier^sohe Staaang; yon Dr.
Habs. (MQnchn. med. Wchnschr. L. 22. 1903.)
H. hat die Bier'sehe Stauung in Ober 300 Fällen
als schmerzlos und gefahrlos erprobt und berichtet
über seine Erfolge.
In allen Fällen von lokdUr Tuberkulose wurde
die Stauungshyperämie als einleitende Behandlung
versucht und besonders bei geschlossenen Tuber-
kulosen waren die Erfolge recht befriedigend, manch-
mal überraschend gut; bei offenen Tuberkulosen,
Enochenzerstörung und Sequesterbildung waren
die Erfolge nicht ermunternd ; X)perationen konnten
durch die Stauung meist nicht erspart werden.
Bei gonorrhoischen Odenkenixündungen wird
das rasche Verschwinden der Schmerzen, die spon-
tane Aufsaugung von Gelenkergflssen gerühmt,
während Eapselverdickungen und Funktionbehinde-
rungen nicht vermieden werden konnten.
Wenig günstig waren die Erfolge bei der
Ärihrüia deformane, bei der eigentlich nur eine
günstige Beeinflussung der Schmerzen in einzelnen
Fällen festgestellt werden konnte. Wesentlich
günstiger waren die Resultate der Stauung bei
traumatischen Contrakturen , Gelenksteifigkeiten
nach Verletzungen, Entzündungen oder längerer
Ruhigstellung. H. bezeichnet hier die Erfolge
allerdings bei gleichzeitiger medico-mechanischer
Massagebehandlung als sehr gute.
Auch bei akuten Er frierungen 1. und 2. Grades
wurde die Stauung mit grossem Nutzen angewandt
und die Heilung wesentlich beschleunigt
F. Krumm (Karlsruhe).
130. Bin Fall yon oaTemöaemAngiom der
Finger, duroh AlkoholiQjektionen geheilt ; von
Dr. S. L i 1 i e n f e 1 d. (Beitr. z. klin. Chir. XXX VIII.
2. p. 486. 1903.)
9jähr. Mädchen mit eavernosem Angiqm des rechten
3. und 4. FiDgers. Nach Alkoholinjektionen im Veriiafe
von 8 Monaten vollkommene Heilung. Begonnen wnrde
mit der Injektion von Iccm 50proc. Alkohols; nach
eiqigen Injektionen wurde dann zu 70proo. Alkohol über-
gegangen. Im Oanzen worden über 50 Injektionen vor-
genommen. P. W a g D e r (Leipzig).
131. Üeber Gefftsenaht, GtoftsetranfplaD-
tationen und Beplantation yon amputirtan
Extremit&ten ; von Dr. Edm. HOpfner. (Arch.
f. klin. Chir. LXX. 2. p. 417. 1903.)
H. hat auf Anregung von Lexer zunflchst die
Payr 'sehen Versuche an Hunden nachgeprüft.
Das Ergebniss ist folgendes: Bei Gefässverletsun-
gen, die mehr als die Hälfte des ümfangee be-
treffen, macht man an Stelle der reinen Naht die
drkuläre Oeßesvereinigung mit Majgneaiumpraiheim
nach Payr. Das Verfahren bietet bei einiger
Uebung geringe technische Schwierigkdten , die
sich jedoch mit abnehmender OrGsse des GeAss-
durchmessers vermehren. Die Vereinigung pflegt
in 10 Tagen so fest zu sein, dass man dann, wo-
fern Prima intentio eingetreten ist, den Operirten
leichte Bewegungen machen lassen kann, üeber
die Resorptiondauer der Prothese Iftsst sich kein
bestimmtes Gesetz aufstellen.
Was die Th^ansplaniaiion von Ocßsestüdun an-
betrifft, so kommt diese in Betracht, wenn grossere
Theile der Qefässe bei Tumoroperationen, bei
Aneurysmen und sonstigen ZerstCrungen des n<Nr-
malen Qefftsses fortgefallen sind und sich trotz
Beugung des Qliedes, z. B. bei der Art femoraL,
in der Mitte ihres Verlaufes eine Vereinigung der
beiden Enden nicht erzielen Ifisst Grundbedin-
gung für das Gelingen der Implantation ist strenge
Asepsis. Die GrOsse der Transplantation ist nicht
begrenzt Zur Transplantation eignen sich für die
Arterien die Schlagadern von demselben oder tod
einem anderen Individuum der gleichen Art Die
Gefftsse sollen nicht zu sehr verschiedenes Oaliber
haben.
VenentransplaniaÜonen bieten keine Aussicht
auf Durchgängigbleiben des Gefässes.
Zum Schlüsse berichtet H. noch über 3 Bz-
perimente, die (gegründet auf die Möglichkeit einer
cirkulären Gefässvereinigung) sich auf die Ab-
setzung von Gliedern mit darauffolgender Wieder-
vereinigung bezogen. Die Resultate waren keinee*
wegs so befriedigend wie man gewünsdit hüte,
jedoch Hessen sie immerhin erkennen, daea die
Möglichkeit der Erhaltung eines Gliedea Torhan-
den ist P. Wagner (Leipsig).
132. Beitrage aar Statistik der op«rmttf
behandelten Aneurysmen; von Dr. H. Jacobs*
thal. (Deutsche Ztschr. f. Chir. LXVUL
p. 239. 1903.)
Die Arbeit behandelt die Operation des
rystna der Art, subdavißL J. hat die Souchon'echs
Statistik berichtigt und ergänzt und berichtet übet
eine neue erfolgreiche Operation von Brann:
VIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
96
51 jähr. Er. mit idiopathiaehem Aneurysma der rechten
ArL nMaoia; peripheriaehe Ligatur; Heilung.
Tumor seit 2 Jahren verschwunden.
J. hat die S o u c h 0 n 'sehe Statistik (3 1 trauma-
tische, 81 idiopathische Aneurysmen der Art. sub-
däfii) am weitere 21 Fälle ergänzt Die Operation
bestand in distaler Ligatur 6mal, proximaler 9mal,
distaler und proximaler 2mal, Exstirpation 4mal.
In einem Falle konnte die Operation nicht vollendet
werden. 3 Kranke starben im Ansclüusse an die
Operation, unter 19 verwerthbaren Fällen sind
13 gflnstige Resultate. Als beste Methode muss die
Eatirpaiion gelten (3 Heilungen unter 4 Fällen).
Abgesehen davon, dass sie bei ihrem Gelingen eine
Eadikalheilung gewährleistet, beseitigt sie auch
die Störungen, die auch nach vollständiger Throm-
bosirung des Aneurysma in Form von Schmerzen
sorückbleiben können. Leider ist aber die Exstir-
pation nur für einen Theil der Fälle verwendbar.
Ist das Aneurysma nicht thrombosirt, sondern mehr
oder weniger dünnwandig und pulsirend, so kann
rar Exstirpation nur gerathen werden, wenn es
wenig yoluminOs ist und keine stärkeren Yerwach-
songen zeigt. Wichtig ist die breite Freilegung
des Operationterrains mit temporärer Resektion der
Clavicula.
Ist die Exstirpation nicht ausführbar, so ist,
wenn möglich, die proximale Ligatur vorzunehmen.
Tritt danach eine Consolidirung des Sackinhaltes
flicht ein, so ist die distale Ligatur hinzuzufügen.
In den Fällen, in denen nur die distale Ligatur aus-
geffihrt werden kann, muss die Aussicht auf eine
Dinerheilung als zweifelhaft betrachtet werden.
P. Wagner (Leipzig).
133. Beiträge aar Statistik der operativ
behandelten Anearysmen; von Dr.H.Jacobs-
thal. UL Mittheil. (Deutoche Ztschr. f. Chir.
LXVHL ö u. 6. p. 447. 1903.)
Das bisher vorliegende Material über die ope*
fokse Behandlung des Aneurysma der Aorta ist
licht gross genug, um zu endgültigen Schlüssen
m gelangen. Es geht daraus nur so viel hervor,
te beim Aneurysma der Aorta ascendens die
gkiehzeitige Unterbindung der rechten Carotis und
Subclavia, beim Aneurysma des Bogens die Ligatur
te linken Carotis , bez. die gleichzeitige Unter-
bindung der linken Carotis und Subclavia, Ope-
rationen, die bei Berücksichtigung des Allgemein-
soatandes als besonders gefahrvoll nicht bezeichnet
werden können, in einer Anzahl von Fällen zu
^ioer zeitweisen Besserung der subjektiven und
oi^ektiven Erscheinungen führten. Um über die
Dioer derartiger Erfolge ein objektives Urtheil zu
tthalten, wird man die weitere Veröffentlichung
ton Endresultaten abwarten müssen.
P. Wagner (Leipzig).
134. Das Aneurysma der Arteria ocoipitalia;
«M Dr. A. Käppis. (Beitr. z. klin. Chir. XL. 3.
JL 673. 1903.)
Wenn man vom Aneurysma cirsoides s. race-
mosum, d. h. der Erweiterung und Schlängelung
eines ganzen Arteriengebietes absieht, so kommen
Aneurysmen der Schädeldecken recht selten vor.
Besonders die Aneurysmen der Art. oeeipitalis sind
ausserordentlich selten. E. theilt eine Beobachtung
aus der v. Bruns 'sehen Klinik mit und schliesst
daran 20 Fälle aus der Literatur, von denen aber
nur 1 1 ausführlicher beschrieben sind. Die weitaus
grösste Mehrzahl dieser Aneurysmen ist trauma-
tischen Ursprungs ; ein grosser Theil dieser Fälle
sind u?ahre Aneurysmen. Die beste Behandlung ist
die Exstirpation des Aneurysma na^h vorhergehender
centraler und peripherischer Unterbindung. Tech-
nisch kann diese Operation durch starke Erweite-
rung vieler Aeste der Art. oeeipitalis auf Schwierig-
keiten stossen ; aber die Blutung wird immer zu
beherrschen sein. P. W a g n e r (Leipzig).
135. Beitrag la den extraoraniellen Anea-
rysmen der Carotis interna ; von Dr. C. B 1 a u e L
(Beitr. z. klin. Chir. XXXIX. 3. p. 620. 1903.)
In der v. Bruns'schen Klinik warde eine 58jähr.
Frau beobachtet, die seit 10 Jahren an einem Aneurysma
der (Jarotis interna litt Ihre Beschwerden bestanden
in leichten Stöniogen des Sohliogaktes and anangenehmen,
durch die Palaation hervorgerafenen SeDsationen. Das
Bild änderte sich mit einem Schlage, als durch Platzen
des Sackes aas dem wahren Aneurysma ein falsches
wurde und derlamor dadurch plötzlich um das Vielfache
seines Volumens zunahm. Sogleich setzten erhebliche
Schlingbeschwerden und heftige Neuralgien am Hinter-
kopfe ein. Während der Behandlung mit subcutanen
Oelatine- Injektionen erfolKte eine weitere Vergrösserung,
als deren unmittelbare Wirkung ein Anfall schwerster
Dyspnoe auftrat: sofortige Draeheotamie. Das Weiter-
wachsen des Aneurysma, die drohende Ruptur der Wan-
dung zwang zuT LdgcUur der Carotis communis^ die einen
augenblicklichen Erfolg durch Stillstand der Puisation
und eine dauernde Wirkung durch Röckgang der ent-
zündlichen Erscheinungen in den nächsten Tagen zu ver-
zeichnen hatte. Die pariieüe Exstirpation der AneU"
rysmawand und die Ausräumung des Inhaltes führte
schliesslich zu einer vcUhommenen Heilung,
In der Epikrise zu diesem Falle hebt B 1. be-
sonders hervor, wie die mAchtige Ausdehnung der
GTeschwulst Verhältnisse schuf, wie sie bisher in
der Literatur nicht beobachtet worden sind. Der
Fall lehrt namentlich auch die grossen Schwierig-
keiten würdigen, die einer genauen Diagnosen-
stellung, besonders hinsichtlich des eigentlichen
Ausgangspunktes des Aneurysma, erwachsen kön-
nen, wenn es eine so m&chtige Ausdehnung er-
langt hat P. W a g n e r (Leipzig).
136. Zar ohronisohen Arthritis des Eindes-
alters ; von S p i t z y in Graz. (Ztschr. f. Orthopäd.
Chir. XL 4. 1904.)
Ausführliche Bearbeitung des Themas auf Orund
von 17 eigenen Fällen, deren Krankengeschichten
in extenso mitgetheilt werden, und unter Yer-
werthung der bisherigen Literatur.
Nach näherem Eingehen auf die bisherige un-
genügende Klassificirung der Krankheit stellt S p.
folgende Bintheilung auf: 1) Chronische Arthritis
96
YIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
aufOrund recidivirender akuter Arthritis. 2)Chro-
nisohe Arthritis als Folge versohiedener Infektion-
krankheiten. 3) Primäre chronische Arthritis (Rhu-
matisme noneux der Franzosen).
Es folgt eine genauere Schilderung des Ver-
laufes und der pathologischen Anatomie. Die Ver-
änderungen sind nach Untersuchungen Sp.'s im
Grossen und Ganzen immer dieselben und zeigen
nur graduelle Unterschiede, je nach der Dauer und
dem mehr oder weniger raschen Verlaufe der Er-
krankung.
Differentialdiagnostisch machen eventuell Tuber-
kulose oder Lues Schwierigkeiten. Prognostisch
sind die beiden ersten Formen relativ günstig, in-
sofern, als es in jedem Stadium zu einem Stillstand
der Erkrankung kommen kann, dagegen führt die
3. Form sicher zum Tode. Therapeutisch hat sich
S p. vor Allem die Gelenkmassage bewährt, auch
die lokale Anwendung von trockner und feuchter
Wärme erwies sich als vortheilhaft Bestehende
Contrakturen sind in Narkose leicht zu beseitigen,
falls sie wiederkehren, lassen sie sich durch Sehnen-
plasüken mit Sicherheit beheben. Bei primär chro-
nischer Arthritis bleibt jede Therapie erfolglos.
V u 1 p i u s (Heidelberg).
137. Ueber die jovenile Osteoarthritis de-
formans des Hüftgelenkes ; von Dr. M. v. Brunn.
(Beitr. z. klin. Chir. XL. 3. p. 660. 1903.)
V. Br. theilt aus der Bruns'schen Klinik
2 Fälle von juveniler Oateoarikrüia deformans des
Hüfigelenkea mit (23jähr. Mann und 12jähr. Mäd-
chen), in denen genaue Röntgenuntersuchungen
vorgenommen werden konnten.
Die Ergebnisse deiner Untersuchungen fasst
V. Br. in folgenden Sätzen zusammen: 1) Es giebt
auch im jugendlichen Alter eine dem Malum ooxae
senile entsprechende Arthritis deformans coxae.
Sie kommt bei beiden Geschlechtern in gleicher
Weise einseitig oder doppelseitig vor. 2) Aetio-
logisch spielen Traumen nicht, wie bisher an-
genommen wurde, die allein ausschlaggebende Rolle,
jedenfalls kommt auch eine idiopathische Form der
Erkrankung vor. Die letzte Ursache der Knochen-
umbildung ist uns noch unbekannt. 3) Es liegt
im Wesen der Erkrankung, dass je nach der Ge-
staltung der Gelenkflächen die Symptome wechselnd
sind ; sie können der Coxa vara sehr ähnlich wer-
den. 4) Von Stellungsanomalien ist die häufigste
die AuBsenrotation , daneben kommen aber auch
Innenrotation, Abduktion und Flexion in mannig-
facher Combination vor. 5) Die Bewegungs-
beschränkungen kOnnen sehr hohe Grade erreichen
und die schwersten Funktionstörungen veranlassen.
Sie können alle Bewegungen betreffen. Stets sind
Ab- und Adduktion, sowie Rotation behindert,
seltener die Flexion, noch seltener die Extension.
Besonders charakteristisch scheint ein Wechsel des
Befundes bei Rotationbewegungen zu sein, je nach-
dem man in Beuge- oder Streckstellnng untersucht
6) Therapeutisch sollte zunächst exspektattv ver-
fahren werden. Eine zeitweise Ruhigstellong in
möglichst corrigirter Stellung kann besondere bei
Reizzuständen des Gelenkes von Vortheil sein, im
wichtigsten aber sind Bewegungsübungen, die der
fehlerhaften Stellung entgegenwirken. Nar im
Nothfall kommt die Resektion in Frage.
P. Wagner (Leipzig).
138. Die Folgen der Unterbindung der
Vena femoralis unterhalb des Ligamentam
Fonpartii; von Dr.L.Halberstaedter. (Beitr.
z. klin. Chir. XXX VIU. 2. p. 408. 1903.)
Iq der Garre 'sehen Klinik wurde einem 52j2hr.Kr.
ein grosser ulcerirter Tumor der rechten Inguintlg^end
exstirpiri Unterhalb des lig. Poupartii musste die
Femoral vene in einer Ausdehnung von ca. 5cm reeeoirt
werden. Zunehmende Gangrän des rechten Beines;
Exarticulatio femor. ; Ibd, Bei der Sektion zeifte sich
ein ^raurother, obturirender Thrombus in der V. femor.
oberhalb der Ligatur, der sich noch ein Stück in die
y. iUaoa oomm. hinauf fortsetzte und die Einmündong
der V. circumflexa ilei umlagerte. Die Y. obtuntoria
erwies sich als durch atheromatöse Verdickung der Intiott
verlegt
Bei im Ganzen 64 isolirten Unterbindungen
der Y. femoralis ist nur 2maliger Ausgang in Gan-
grän mitgetheilt worden. Eine genaue Durchsidit
der einschlftgigen Literatur fOhrt H. su folgenden
Sohlusssätzen : „1) Die Unterbindung der Y. femo-
ralis unterhalb des Lig. Poupartii bedeutet keinen
gleichgültigen Eingriff fflr die Cirkulation der be-
troffenen Extremität Sie ist häufig von schweren
Cirkulationstörungen gefolgt, die sich bei einer
Combination ungünstiger Yerhältnisse, die sich
meist von vornherein nicht absehen lassen, bis rar
Gangrän der betroffenen Extremität steigern k5nn6o.
2) Bei Yerletzungen der Y. femoralis sind zunfldist
Mittel der Blutstillung zu versuchen, bei denen das
Lumen erhalten bleibt, als solches ist am zweck*
massigsten die Yenennaht 3) Bei Reeektioa von
Tumoren, die mit der Y. femoralis verwachsen sind,
ist so wenig wie mOglich von der Yene zu ent»
fernen und m(yglichst viel von Seitenfieten zu er-
halten. 4) Unter allen Umständen muss man die
Art. femoralis zu erhalten suchen. 5) Durch sorg»
fältige Blutstillung ist eine stärkere Blutinfiltiati(
des Bindegewebes möglichst zu vermeiden. 6) Ii
den Fällen, wo die Arterie erhalten und der Bin
druck gut ist, soll die Extremität naoh der 0
ration suspendirt oder elevirt werden; oon
indicirt ist dieses bei gleichzeitiger Unterbind
der Art femoralis und bei schlechtem aUgemei:
Blutdruck.'' P. W a g n e r (Leipzig).
139. üeber doppeleeitige Obersehenk«
ampatation bei emboUsoher Ghuigriii ; von
R. Mühsam. (Deutsche Ztsohr. f. Chir.
3 u. 4. p. 339. 1903.)
M. berichtet aus der Sonnenburg'i
Abtheilung über 2 Fälle von Oangrän, m der
durch Erkrankung de» Hertens b^dü^gU
den Grund abgab.
Vm. Chirurgie, Augen- und Ohrenheillninde.
97
Im 1. Faüe haDdelte es sich um eineD 48jähr. herz-
letdeodeD Mann, der früher an LuDgenentzüodang ^-
litteD hatte nnd bei dem die Gangrän sich allmählich
eot wickelte. £& kam zanäohst zu Gangrän des rechten
Beioes uod erst während des Spitalaufenthaltos traten
auch EiDäbrangstörangen im linken Fusse auf. Klinisch
Würde eine Thrombose der Iliaoao angenommen ; erst die
Sekium klärte die wahre Ursache, Embolie durch einen
aus einem Herxaneurysma stammenden Embolus, an f.
Im 2. Falle (41jähr. Mann) bandelte es sich um
eioea plötzlichen Beginn der Erkrankung 8 Tage nach
einer ambulant darchgemachten Influenza. Während der
Kr. umherging, löste sich ein Thrombns und versperrte
die Beckenscblagader. Gangrän heider Unterschenkel
mit Demarkation unterhalb der Kniee. ÄmpiUation beider
Obersehenkel innerhalb 24 Standen. Heilung.
M. zieht aus seinen Beobachtungen folgende
Schlfisse : 1) Langsamer Beginn der Oangrän spricht
nicht unbedingt gegen die embolische Natur der
Erkrankung. 2) In jedem Falle von embolischer
Gangrän soll, sobald eine Demarkation unterhalb
des Knies eingetreten ist, die Doppelamputation
am Oberschenkel je nach dem Zustande des Kran-
ken in einer oder in zwei Sitzungen versucht
werden. 3) Von einer Stumpfversorgung ist ab-
zusehen, die Wunde ist zu tamponiren. 4) Das
durch die Blutuntersuchung nachgewiesene Vor-
handensein von Bakterien im Blute ist keine Contra-
indikation gegen die Operation.
P. Wagner (Leipzig).
140. üeber die genuine diflbae Fhleb-
irtoriektasie an der oberen Bztremit&t; von
Dr. La wen. (Deutsche Ztschr. f. Chir. LXVIII.
3 0.4. p. 364. 1903.)
Bei der genuinen diffusen Phkbarieriekiasie
handelt es sich um eine von selbst entstandene,
höchstwahrscheinlich in ihren ersten Anfängen an-
geborene, fortaohreitende Erweiterung eines gan-
zen arteriellen Oefftssbezirkes einschliesslich der
(kpillaren und der abführenden Venen, wobei sich
die Erweiterung durchaus nur an bestehende Qe^
toe h<. Als Complikation können sich sekundär
Verbindungen zwischen arteriellem und venOsem
System herstellen.
L. theilt einen Fall von genuiner diffuser Phleb-
ttteriektasie am rechten Arme mit, der bei einem
43jähr. Er. im Leipziger Diakonissenhause be-
obachtet wurde. Trotz operativen Bingriffes ist
die Krankheit nicht zum Stillstande gekommen.
In der Literatur 'finden sich noch 6 ähnliche
Beobachtungen. Bei 4 Er. musste meist wegen
lebensgefthrlicher Blutung der Oberarm amputirt
werden. P. Wagner (Leipzig).
141. Beiträge lar Pathologie and The-
Kftpie der Kniegelenkserkrankangen ; von Prof.
A H 0 f f a. (Berl. kUn. Wchnschr. ELL 1.2.1 904.)
H. lenkt die Aufmerksamkeit auf einige recht
kiofigeEniegelenkleiden, die das gemeinsam haben,
iiss uns die Kranken wegen Schmerzen in ihren
Kniegelenken aufsuchen. Bs handelt sich in diesen
lall«! meiet nicht um einfache Neuralgien des
Med. Jahrbb. Bd. 282. Hft. 1.
Gelenkes, sondern im Wesentlichen um vier ver-
schiedene Affektionen. Die eine bezeichnen wir als
arihriüeche MuskekUrophis nach früher bestandener
Eniegelenkserkrankung; die zweite wird gewöhn-
lich als DSrangement interne des Eniegelenkes be-
zeichnet; bei der dritten Erkrankung handelt es
sich um eine Art von lApombüdung im Gelenke
und bei der vierten um das Vorhandensein eines
freien Oelenkkörpers. H. bespricht eingehend die
Differentiaidiagnoae dieser verschiedenen Erkran-
kungen und die einzuschlagende Therapie,
Bei der arthrüischen MuskekUrophie ist die Be-
handlung der Streckmuskulatur mittels Massage
und Gymnastik einzuleiten. Bei dem Dirangement
interne, wo es sich um eine Abreissung, bez. Luxa-
tion eines, viel seltener auch wohl beider Enie-
gelenkmenisken handelt, wird die Exstirpation des
Meniscus wohl nicht zu umgehen sein. Bei der
Lipombildung im Eniegelenke handelt es sich ent-
weder um solitäre subsynoviale Lipome oder um
eine entzündliche fibrOse Hyperplasie des normaler
Weise unterhalb und zu beiden Seiten des Lig.
patellae gelegenen Fettgewebes. Die Symptome
bestehen im Wesentlichen in Einklemmungserschei-
nungen ; als Therapie kommt nur die Exstirpation
in Betracht ebenso wie bei den freien Oelenkkörpem.
P. Wagner (Leipzig).
142. Die iaolirte Zerreiaaang der Kreaa-
bänder des Kniea; von Dr. Pagenstecher.
(Deutsche med. Wchnschr. XEIX. 47. 1903.)
P. berichtet über 3 eigene Beobachtungen von
Zerreieeung der Kreuzbänder des Knies, sowie über
Leichenversuche, die er zur Erklärung der Ent-
stehung dieser Verletzung angestellt hat Er kommt
zu folgenden Ergebnissen : Die Verletzungen der
Ereuzbänder finden sich nicht allzuselten ; wegen
der versteckten Lage werden sie vorläufig mehr
geahnt als diagnosticirt werden können. Da die
Ereuzbänder bis zu einem gewissen Grade den
ganzen übrigen Bandapparat ersetzen können, müs-
sen sie den Traumen auch in hervorragender Weise
exponirt sein. Ihre Zerrung, Einrisse, ihre Aus-
reissung aus der Insertion mit oder ohne Enochen-
knorpelstück wird man zweckmässig als „innere
Distorsion" des Enies zusammenfassen und sie so
in einen Gegensatz zu dem „Dirangement interne^',
der Lossprengung der Menisken, bringen. Rota-
tionen, Hyperflexion und Hyperextension sind im
Stande, die Distorsio interna zu erzeugen. Im
klinischen Bilde treten Hämarthros und starke
Schmerzhaftigkeit hervor, die zur Ruhighaltung
des Gelenkes zwingen. Nur bei Einwirkung einer
sehr starken (Gewalt, die Nebenverletzungen, min-
destens Zerrungen anderer Bänder, bewirkte, kommt
es zur abnormen Beweglichkeit Die Heilungs-
bedingungen für ernstere Verletzungen der Ereuz-
bänder liegen nicht ganz günstig. Es kommt leicht
zur Bildung eines Schlottergelenkes, auch wohl zur
chronischen Arthritis und Osteoarthritis, Arthritis
13
98
vjJU. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
deformans traumatica. Yielleicht bilden sich danach
auch freie GelenkkOrper.
Therapeutisch empfiehlt P. ein akiwes Vorgehen,
sowie ein grosserer Bluterguss oder stärkere Be-
schwerden nach Ablauf der ersten entzündlichen
Periode bestehen bleiben: Entleerung des Blutes
und der entzündlichen Produkte durch einen Bogen-
schnitt, eyentuell Naht der Kreuzbänder u. s. w.
P. W a g n e r (Iieipzig).
143. Ueber die sapraoondyläre Osteotomie
des Femar bei Gena valgamy mit besonderer
Berüokaiohtigang der definitiven Knoohen-
form; von Dr. M. v. Brunn. (Beitr. z. klin. Chir.
XL. 1. p. 213. 1903.)
In der v. Bruns 'sehen Klinik wurden von
1878 bis jetzt wegen Oenuvalgum an 138 Kranken
172 Operationen am Oberschenkel ausgeführt, und
zwar 147mal die lineare Osteoiamia femoria eupra-
eandyUca, 5mal die Osteotomia femoria cuneifonnie,
18mal die Osteoklaee, 2mal die Ogston'sche
Operation.
In der vorliegenden Arbeit beschäftigt sich
V. B. nur mit der linearen eupraeondyUaren Osteo-
iomie deeFemur, die wegen aiätiechen Oenu valgum
an 108 Kranken und an 137 Beinen ausgeführt
wurde. Wegen rhachitischer Genua valga wurde
lOmal osteotomirt
Die in der v. B.'schen Klinik übliche Methode
weicht nur wenig von der M a c e w e n 'sehen Ori-
ginalvorschrift ab, nämlich nur darin, dass die
Blutleere wegfällt, die ganze Knochendurchtren-
nung mit ein und demselben schmalen Meissel
ausgeführt wird und in der Nachbehandlung mittels
Qipsverband, der dem Kranken schon am Tage
nach der Operation das Herumgehen gestattet
22 Operirte konnten nachuntersucht und zum
Theil rOntgographirt werden; es ergab sich die
bekannte Thatsache, dass die aupraeondyläre Oateo-
tomia femoria prakiiaeh auagexeiehnete Beauliate
liefert.
Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit fasst
V. B. in folgenden Schlusssätzen zusammen : „1) Die
supracondyläre, lineare Osteotomie des Femur bei
Genu valgum ist eine ebenso rationelle als ein-
fache, ungeßlhrliche und dankbare Operation. Sie
liefert funktionell und kosmetisch sehr gute Resul-
tate. 2) Die zur Ausgleichung der Deformität er-
forderliche Dislokation der Fragmente bleibt zwar
in den meisten Fällen dauernd bestehen, doch
findet in der Regel eine bald geringere, bald stär-
kere Streckung des Knickungswinkels, also eine
Annäherung an die normale Knochenform, statt
3) Der Grad dieser spontanen Transformation des
difform geheilten Femur scheint von der Weich-
heit und Plasticität des Knochens zur Zeit der
Operation abzuhängen. Diese kann unabhängig
vom Alter beträchtlichen individuellen Schwan-
kungen unterliegen. 4) Die höheren Grade von
Genu valgum erfahren durchschnittlich eine voll-
ständigere Correktion der Knochen form als die ge-
ringeren Deformitäten.*' P. Wagner (Leipzig).
144. Die osteoplaatiaohen , in der Höbe
des Kniea auegeführten Operationen ; von Dr.
Balacescu. (Revista de Chir. p. 482. Nov. — Dec.
1903.)
Die fleissige, mit zahlreichen Photographien
und radiographischen Bildern ausgestattete Arbeit
giebt einen guten Ueberblick Ober dieses Oebiet
der Chirurgie. B. ist ein eifriger Anhänger der
osteoplastischen Operationen, da nur durch diese
ein gebrauchfähiger und schmerzloser, also idealer
Stumpf zu erzielen ist. Im Allgemeinen giebt er
fQr die Knieamputationen den Vorzug der von
Gritti im Jahre 1857 angegebenen Femurampu-
tation mit Befestigung der Patella an der Schnitt-
fläche des Knochens, die unter aseptischen Cau-
telen hervorragende Resultate liefert Auch ist
sie der von Sabanejeff vorgeschlagenen Modi-
fikation vorzuziehen, da bei letzterer ein viel
grösserer vorderer Lappen noth wendig ist, der
leichter nekrotisch werden kann. Ausserdem i8t
für die Gritti 'sehe Operation nur eine gesunde
Kniescheibe noth wendig, während Sabanejeff
auch ein gesundes oberes Femurendc verlangt
Endlich muss auch das ästhetische Resultat mit
in Betracht gezogen werden, das bei der Gritti'-
sehen Operation ein viel besseres ist Von den
111, nach letzterer Methode seit EinfOhrung der
Antiseptik Operirten, die B. in der Lateratnr fin-
den konnte, wurde Heilung bei 103 erzielt und
starben 8, also eine Mortalität von7.2Ve> doch sind
auch diese Todesfälle nicht der Operation, sondern
verschiedenen Nebenumständen zuzuschreiben.
RToff (Braila).
146. Die habituelle Luxation der PateUa;
von Bade in Hannover. (Ztschr. f. Orthopäd. Chir.
XL 3. 1004.)
B. berichtet über 4 selbstbeobachtete Fälle und
giebt dann eine eingehende Schilderung des Krank-
heitbildes. Von den prädisponirenden Momenten
gesteht er der Vererbung eine gewisse Bedeutung
zu, während das oft angeschuldigte Genu valgum
keine Bedeutung habe. Die Beschaffenheit der
Condylen, bez. ein graciler Bau des Kniegelenkes
scheint nicht ohne Einfluss zu sein, während die
Erschlaffung des Bandapparates mehr als Folge
denn als Ursache anzusehen sei. Auch Muskel-
erschlaffungen am Oberschenkel, speciell des Vaatos
int können gelegentlich mitwirken. Das direkte
Trauma spielt bei der ersten Luxation eine grosse
Rolle, während bei den Recidiven mehr das in-
direkte Trauma (Contraktion des Quadrioeps) Tor-
waltet. Die Luxation erfolgt, wenn bei Beugung
des Kniegelenkes der Unterschenkel sich in Ab-
duktion und Aussenrotation stellt Es felgt dann
eine ausführliche Schilderung der Symptome, von
denen die Lageveränderung der Patella und der
begleitende Qelenkerguss die Hauptrolle spielen.
VIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
09
Die Behandlung besteht bei der frischen Luxation
vor Allem in Reposition und entsprechender Nach-
behandlung. Zur Verhdtung recidivirender Luxa-
tionen empfiehlt B. vorzugsweise Bandagenbehand-
long. Das von ihm selbst angegebene Modell be-
steht ans einer Ober- und DnterschenkelhQlse, die
im Kniegelenke nur Charnierbewegungen , keine
ibduktion oder Aussenrotation zulassen. Ausser-
dem zahlt er tlie yersohiedenen Operationen auf,
die im Wesentlichen darauf hinauslaufen, dass eine
Verengerung der erweiterten Eniegelenkskapsel
herbeigeführt werden solL
y u 1 p i u s (Heidelberg).
146. Klinlaohe und pathologisch -anato*
mische Beiträge lar Lehre Yon den Gtolenk-
fflfiiuen ; von Dr. E. B o e r n e r. (Deutsche Ztschr.
f.Chir. LXX. 3 u. 4. p. 363. 1903.)
In dieser aus der Rostocker Chirurg. Klinik
st&Dimenden Arbeit berichtet B. zunächst über
4 mie, 4n denen ein Lipom Qelenkmauserschei-
nnngen hervorrief, dann Ober 2 Beobachtungen, in
denen ein mehr oder weniger gelöstes Stück eines
Meniscus die Erscheinungen einer Qelenkmaus er-
zengte. Dann bespricht B. 28 Fälle von echten,
i h. aus Knorpel oder aus Knorpel und Knochen
bestehenden Qtlenkmäuaen ; in 9 Fällen war die
Beobachtung unvollkommen, weil das Präparat
zur histologischen Untersuchung fehlte.
^on den 28 nicht durch Arthritis deformans
"entstandenen GhelenkkOrpern betrafen 27 dasmänn-
Jiche Geschlecht. 20 Kranke waren jünger als
SO Jahre. In 20 Fällen wurde die Entstehung des
OelenkkOrpers auf ein Trauma zurückgeführt. Das
Kniegelenk war mit 21 Fällen am meisten be-
troffen ; es folgte das Ellenbogengelenk mit 5, das
Schulter- und Intercarpalgelenk mit je 1 Falla
Die wesentlichsten Ergebnisse seiner Arbeit
fasst B. in folgenden Sätzen zusammen: 1) Das
Vorkommen der allmählichen LGsung von Qelenk-
Urpem aus den artikulirenden Qelenkenden wird
^)€8tätigt- Der zumeist nur zum Thoil gelöste
K^r kann lange, vielleicht oft Jahre lang, mehr
^ weniger in seinem Defekte festsitzen, und
macht während dieser Zeit bald grössere, bald ge-
nngere allgemeine Beschwerden. 2) Im Gegen-
sätze zu König neigt sich B. bezüglich der Vor-
singe bei der völligen Lösung dieser Stücke aus
^ Gfelenkfiäohe der Auffassung Völker 's zu,
<^ diese Lösung rein mechanisch zu erklären sei.
3) Den Untersuchungen Barth 's kann 6. für die
frage der Entstehung der Corp. mobilia eine enU
'cMdeyufe Bedeutung nicht zusprechen. Im Gegen-
sätze zu ihm hat er nur ausserordentlich selten in
den Gelenkmftusen normalen Gelenkknorpel, ge-
wöhnlich aber solchen mit Zeichen der Nekrose ge-
funden. Die gn^teKemfärbung, auf die sich Barth
besonders stützt, kann nicht als Beweis für das
I^ben eines Gewebes betrachtet werden. 4) Für
einen mixündUchen Vorgang bei der Entstehung
freier Gelenkkörper, wie solcher dem Namen Osteo-
chondritis dissecans entsprechen würde, hat auch
B. keinen Anhalt gefunden.
P. W a g n e r (Leipzig).
147. Die Spannang im Auge; von Prof.
G. S o k 0 r. (2. Congress d. rumän. Oesellsch. f.
d. Fortschr. u. d. Verbreitung d. Wissensch. Sitzung
vom 22. Sept 1903.)
S. hebt hervor, dass man die genauesten Resul-
tate bezüglich der intraoculären Spannung mit
Hülfe des Manometers erhält; er hat im Vereine
mit Braileanu ein doppeltes Manometer con-
struirt und damit die Veränderungen der inneren
Augenspannung bei verschiedenen Thieren (Meer-
schweinchen, Hase, Hund), unter der Einwirkung
verschiedener Medikamente, wieAtropin, Duboisin,
Eucain, Heroin, Cocain, Dionin und Adrenalin unter-
sucht. Dabei wurde bemerkt, dass das Queck-
silber der Manometerröhre mit den Herzschlägen
synchrone Oscillationen zeigte, dass also der intra-
oculäre Druck durch die Herzthätigkeit beeinflusst
wird. Adrenalin, Sekale u. s. w. vermindern den
Druck, während das Cocain ihn erhöht Ebenso
wird Druckverminderung nach Iridektomie, Sym-
pathicusdurchschneidung u. s. w. beobachtet
E.Toff (Braila).
148. Ezperimentellea über rabooi^imoti-
▼ale Ii^ektionen ; von Dr. W e s s e 1 y. (Deutsche
med. Wchnschr. XXIX. 7. 8. 1903.)
W. berichtet über seine lehrreichen Versuche,
die er zur Aufklärung über die Wirkung der sub-
conjunctivalen Einspritzungen auf das Auge beim
Kaninchen angestellt hat Die Ergebnisse seiner
rein physiologischen Untersuchungen über die Wir-
kung der Injektionen auf den Flüssigkeit Wechsel
fasst er folgendermaassen zusammen: „Weder
wirken sie direkt durch ihre osmotische Kraft auf
die Binnenflüssigkeiten des Auges, noch durch eine
lymphtreibende oder direkt leukocytenanlockende
Eigenschaft des Kochsalzes. Sie wirken nicht
anders wie jeder Reiz, der die Conjunctiva trifft,
sie sind ein sehr kräftiges, und besonders die Koch-
salzinjektionen ein selbst bei häufiger Anwendung
unschädliches lokales Reizmittel für das Auge. Sie
bringen auf dem Wege des Reflexes (vermuthlich
von den Gefässnerven der Conjunctiva aus) das be-
nachbarte Gefässgebiet des Ciliarkörpers zur Hyper-
ämie; die Gefässe desselben werden durchlässig
und das Resultat ist die Absonderung eines eiweiss-
reichen Kammerwassers an Stelle des sonst nor-
malerweise fast eiweissfreien." W. prüfte nun
weiter, welchen Einfluss die Kochsalzeinspritzungen
sowohl auf die im normalen Serum enthaltenen
Schutzkörper ausüben, als auch auf die durch
Immunisirung künstlich zu erzeugenden Antikörper.'
Schon die ersten Versuche mit Hämolysinen und
Agglutininen hatten das Ergebniss, dass die Schutz-
stoffe durch die Einspritzungen in erheblich ge-
steigertem Maasse im Kammer wasser auftreten,
100
VIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
während sie ohne Ortliche Reizung gar nioht oder
in kaum messbarer Menge vorhanden waren. (Vgl.
hierzu auch das Referat über Wessely's Abhand-
lung „Auge und Immunität". Jahrbb. CCLXXXI.
p. 54.) W. knOpft an seine Befunde noch einige
Erwägungen über die Anzeige der Einspritzungen
zu Heilzwecken. Er ist der Ansicht, dass sie bei
schon vorhandenen heftigen Reizerscheinungen
nicht berechtigt sind. Von günstigem Einflüsse
sind sie, wie erfahrungsgemäss feststeht, bei
schleichenden Erankheitformen wie chronischer
Iritis, Iridocyklitis , Chorioiditis. Sie sind auch
weiter zu verwenden bei GlaskOrpertrübung und
NetzhautablOsung, obwohl wir bisher noch keine
einleuchtende Erklärung für ihre besondere Wir-
kung hierbei haben. Bergemann (Husum).
149. L'aotion deaiDjectionsaouflooQjonoti-
▼ales de aublime snr Tophthalmie biennor-
rhagiqae de Tadulte; par M. Th. de Speyr.
(Ann. d'Oculist. CXXX. p. 281. 1903.)
de Sp. injicirte bei einem Erwachsenen mit
gonnorrhoischer Ophthalmie, nachdem die übliche
Behandlung das Fortschreiten der Erkrankung und
das Entstehen eines Hornhautgeschwüres nicht
hatte verhindern kOnnen, subconjunctival 3 dg
einer Sublimatlösung (1 : 2000). Schon am nächsten
Tage war die Absonderung geringer, das Qeschwür
stand still und vernarbte innerhalb 3 Tagen. Eine
2. Injektion am 4. Tage brachte die eiterige Sekre-
tion zum Schwinden, vom Geschwür blieb nur eine
geringe Hornhauttrübung zurück. Qleich günstige
Beobachtungen machten mit dieser Behandlung
Prof. Dufour und Dr. Siklossy. de Sp.
glaubt deshalb sein Verfahren weiter empfehlen zu
können, besonders auch zur prophylaktischen An-
wendung. Bergemann (Husum).
150. Heber traamatlBohe Hornhauterkran-
kungen (EroaioneD, Keratitis diBoiformia und
Uloua serpens) und ihre Bealehungen lum
Herpes corneae; von Prof. A. Peters. (Arch.
f. Ophthalmol. LVII. 1. p. 93. 1903.)
P. vertritt eine Auffassung von dem Wesen
dieser Augenerkrankungen, die in mannigfacher Hin*
sieht von den bisherigen Anschauungen abweicht :
80 z. B., ,,dass zwischen den herpesartigen Erkran-
kungen einerseits und den Erosionen, der Keratitis
disciformis und dem Ulcus serpens andererseits
ein principieller unterschied nicht besteht. Ein
solcher ist vielmehr nur in dem Sinne vorhanden,
dass bei letzteren die peripheren Nerven durch
ein Trauma geschädigt werden, während beim
Herpes eine dem Wesen nach noch nicht weiter
bekannte Reizung zu Grunde liegt, die den peri-
pheren Nervenapparat und das davon innervirte
Gewebe in erheblichem Grade schädigen kann^*.
Die Keratitis disciformis ist nach P. nur graduell
von den Erosionen verschieden, „indem dasOedem
[neurogenen Ursprunges, Sßf.] die Endothelien
schädigt und dadurch die Trübung in Folge des '
Eindringens des Kammerwassers deutlicher in die
Erscheinung tritt Die getrübte Scheibe ist nur
ausnahmsweise als Ausdruck einer Infektion oder
eines Abscesses anzusehen'^ Pathogenetisch ver-
wandt hiermit wäre auch das Ulcus serpens, weil
„die bei den Hornhauterosionen und bei der Keratitis
disciformis gefundenen Gewebsveränderungen auch
hier wieder zu finden sind und einen wichtigen
Einfluss ausüben auf die Ausbreitung der Infektion
in die Fläche und die Tiefe'S
P. begründet seine Schlussfolgerungen in der
Hauptsache mit seinen klinischen Beobachtungen
und mit Angaben aus der Literatur, die er im Sinne
seiner Auffassung deutet. Manches Hypothetische
dürfte noch weiterer Nachprüfung bedürfen.
Bergemann (Husum).
151. Die sichtbare körnige Strömung und
der Zerfall der Blutaäulen in den Netshaot ,
Hornhaut- and Bindehaatgefäsaen ; von Dr.
Bei mar. (Ztschr. f. Augenhkde. IX. 3. p. 173.
1903.)
R. erOrtert mit Berücksichtigung der theilweiae
abweichenden Auffassung Anderer nochmals seine
eigenen Beobachtungen, die er in gleichem Sinne
schon 1899 verOfifentlicht hat Er nimmt an, dass
die kOrnige und die CylinderstrOmung und der
Zerfall der Blutsäulen rein physikalische Vorgänge
sind, indem es bei Verlangsamung der Blutstrümung
zur Sedimentirung und Agglutination der geformteik
Bestandtheile, zu einer Scheidung der Blutkörper-
chen und des Plasma kommt Alle diese Erschei-
nungen lassen sich auch an gesunden Augen in
Conjunctiva und Retina experimentell nachweisen,
wenn man durch entsprechenden Druck auf die
Gefässe die BlutstrOmung verlangsamt Nach R.
ist eine vollständige Unterbrechung der Blutströ-
mung erst dann anzunehmen, wenn die Blutsäulen
zerfallen und die einzelnen Abschnitte stillstehen.
Mögen die Blutsäulen streckenweise noch so dünn,
selbst durch Wandverdickungen und Trübungen
ganz verdeckt sein, das Blut kreist, wenn im wei-
teren Verlaufe des Qefässes kein Zerfall der ge-
formten Bestandtheile festzustellen ist „Das Fehlen
spontaner oder Druckpulsation ist durchaus kein
Zeichen, dass Blutcirkulation nicht stattfindet**
Bergemann (Husum).
152. Ueber Phyaiologie und PaÜu^ogie
der fliegenden Müoken (Mnsoae volatUaa»
Mouohea Yolantea, Myodeaopaie, bewegUoha
Skotome) ; von Dr. M. B u c h. (Deutsches Ardt
f. klin. Med. LXXVIIL 1 u. 2. p. 110. 1903.)
B. giebt eine vorzügliche Beschreibung der
fliegenden Mücken, wie er sie Jahre lang bei sich
selbst genau beobachtet hat und auch von Euvev^
lässigen Personen hat nachprüfen lassen. Die
Anschaulichkeit des interessanten Inhaltes gewinnt
noch durch 21 beigegebene Abbildungen. Doroh
die Abhandlung wird die vielfach noch recht
Böhm und v. Dayidoff, Lehrbuch. — Ledermann, Mikroskop. Technik.
101
vorrene Anschauung Ober diese verbreitete Er-
scheinang wesentlich aufgeklärt. Eine verständ-
liche Wiedergabe der beobachteten Thatsachen ist
aof engem Räume, zumal ohne Abbildungen, nicht
möglich. Jedenfalls handelt es sich aber nicht um
rein Bubjektive Vorgänge, sondern um körperliche
Gebilde im QlaskOrper. B. nimmt an, dass ge-
oaaere anatomische Untersuchungen des Glas-
körpers weiteren Aufschluss bringen würden.
Bergemann (Husum).
153. Ueber Verknöoherangen und Kalk-
ablagerongen im Auge; von Dr. Rumsche-
witsch. (Arch. f. Augenhkde. XLVIIL 2. p. 113.
1903.)
R. berichtet im Zusammenhang mit einer um-
fangreichen Literaturvergleichung ausführlich über
9 eigene klinische und anatomische Untersuchungen.
Aas den bisherigen Beobachtungen geht hervor,
dass das Knochengewebe sich am häufigsten in der
iderhaat entwickelt. Die günstigsten Bedingun-
gen für die Enochenbildung sind in der Chorio-
GspiJlaris und in der Lamina elastica gegeben.
Daneben kann jedes Bindegewebe im Auge den
Grund zur Entwickelung von Knochengewebe
geben, ohne dass die Gefässhaut dabei betheiligt
ist. Kalkablagertmgen werden am häufigsten in
Hornhaut, Netzhaut, Glaskörper und Linse ge-
funden, seltener in der Aderhaut, Regenbogenhaut,
Sklera und im Sehnerven. Die Neubildungen
können sich gemeinschaftlich entwickeln oder un-
abhängig von einander selbständig auftreten. Die
von R. enudeirten Augen waren zu Grunde ge-
gangen an den Folgen perforirender Erkrankungen
oder Verletzungen. In allen Fällen hatten die Ver-
änderungen im kranken Auge sympathische Rei-
zung des anderen Auges hervorgerufen, ohne dass
eine neue Verletzung des kranken Auges voran-
gegangen war. Die wichtige klinische Bedeutung
der VerknOcherungen und Kaikablagerungen im
Auge erhellt auch daraus, dass „ungeachtet der
recht grossen Casuistik der sympathischen Erkran-
kung bei Verknöcherungen im Auge bisher noch
nicht ein einziger Fall einer solchen Erkrankung
publicirt worden ist, in dem die Erkrankung durch
eine traumatische Verletzung des verknöcherten
Auges bedingt worden wäre".
Bergemann (Husum).
C. BOcheranzeigen.
1. Lehrbuch der Histologie des Menaohen;
von A.A. Böhm u.M. v. Davidoff. 3. um-
gearb. Aufl. Wiesbaden 1903. J. F. Bergmann.
Gr. 8. XIV u. 417 S. mit 278 Abbildungen.
(7 Mk.)
Das Buch zerfällt in dTheile: Eine Einführung
in die mikroskopische Technik, einen allgemeinen
und einen speciellen Theil der Oewebelehre. In
derEinfllhruDg in die mikroskopische Technik sind
die Fixirungs- und Einbettungsmethoden ausführ-
lich besprochen, ebenso die Mikrotomtechnik und
die Weiterbehandlung der Schnitte. Das Mikroskop
mit seinen Hülfsapparaten , das auf den ersten
Seiten des Werkes behandelt wird, kommt hierbei
etvas schlecht weg. Von den zahllosen Färbungs-
methoden ist im ersten Theile eine für den An-
ftoger hinreichend grosse Anzahl gegeben, um so
^er, als sich viele Einzelheiten der Technik in
den späteren Capiteln finden. Am Schluss eines
jeden Abschnittes im 2. und 3. Theile wird eine
Besdireibung der speciellen, für die entsprechenden
Objekte besonders geeigneten Untersuchungsmetho-
dea mitgetheilt Meist sind die hier gegebenen
Methoden uAlreich und gut ausgewählt. Nur
fiel dem Bef. auf, dass beispielsweise für die Dar-
BteUnng der Nissl- Körper in den Oanglienzellen
die alte Nissl 'sehe Färbungsmethode empfohlen
vtrd, obgleich wir doch jetzt viel bessere Färbungs-
methoden besitzen. Auch wird bei der Färbung der
Nervenfibrillen nur die v. Eupffer'sche Methode
erwähnt, während die B e t h e 'sehe Fibrillenfärbung
doch wohl mindestens eben so gute Resultate liefert ?
Doch sind das nur Ausnahmen. Die technischen
Methoden sind meist kurz und klar dargestellt, so
dass auch der Fortgeschrittene, insbesondere jeder
histologisch weiter arbeitende Arzt, das Buch gern
zur Hand nehmen wird, um sich Rath zu holen.
Dasselbe gilt von den die Oewebelehre behandelnden
Abschnitten. Durch zahlreiche Abbildungen (278 !)
ist dafür gesorgt, dass der Leser fast alle im Text
beschriebenen anatomischen Verhältnisse sich selbst
vor Augen führen kann. Ausser Namen- und Sach-
register enthält das Buch auch ein kurzes Literatur-
verzeichniss, das für eine erste Orientirung aus-
reicht. Q a r t e n (Leipzig).
2. Mikroakopisohe Technik ; von Dr. R. Leder-
mann. [Bd. VI der medicin. Handbibliothek.]
Wien u. Leipzig 1903. Alfred Holder. EI.-8.
VIII u. 226 S. mit 24 Abbildungen im Text
u. 5 Tafeln. (4 Mk. 40 Pf.)
Das Buch ist nur für den praktischen Arzt ge-
schrieben und setzt dem zu Folge gewisse Kennt-
nisse und Fertigkeiten, die sich der Student erwirbt,
voraus; da es ausserdem nur die Methoden (vor
Allem die Färbemethoden) giebt und nicht etw^
102
Maas. — Rosenthal. — Lindetädt.
ein mikroskopisch -diagnostisches HQlfsbuch sein
will, ist es mOglich geworden, aufverhältnissmässig
kleinem Räume Alles zu geben, was der unter-
suchende Kliniker braucht. Im Oanzen ist eine
recht gute Auswahl getroffen und man wird kaum
eine brauchbare und bewährte moderne Methode
vermissen.
Da auch die Ausstattung eine gute ist, kann
das Buch dem Praktiker nur empfohlen werden.
G. F.Nicolai (Berlin).
3. BinffthruDg in die experimentelle Ent-
wiokelaDgsgesohiohte ; von Dr. Otto Maas.
Wiesbaden 1903. J. F. Bergmann. Or. 8.
XVI u. 203 S. mit 135 Figg. im Text. (7 Mk.)
Das Buch fQIlt insofern eine Lücke aus, als die
moderne Entwickelungsmechanik mit ihren viel-
seitigen und ausgebildeten Experimentalmethoden
eine Zwitterstellung zwischen der Physiologie
einerseits und der allgemeinen vergleichenden Ent-
wickelungslehre andererseits einnimmt und in den
Lehrbflchern der einen oder der anderen Disciplin
meistens zu kurz kam. Hier findet man nun die
wesentlichsten Methoden der jungen Wissenschaft
in objektiver und übersichtlicher Form zusammen-
gestellt und das Buch kann Jedem empfohlen wer-
den, der anfängt, sich auf diesem Gebiete zu be-
thätigen. Ein ausführlicheres Literaturverzeichniss
wäre zu wünschen. Die Anführung derjenigen
Schriften auf die auch im Texte Bezug genommen
ist, nützt wenig. Wenn das Werk auch kein Hand-
buch sein will, so kann es doch gerade als einer
der wesentlichsten Vorzüge solcher Zusammen-
stellungen betrachtet werden, dass sie durch ein
möglichst vollständiges systematisches Literatur-
verzeichniss wenigstens in etwas das fehlende
Handbuch ersetzen. G. F. Nicolai (Berlin).
4. Der physiologische Unterricht und seine
Beden tnng für die Aasbildang der Aerite;
von Dr. J. Rosen thal, Prof. d. Physiol. in
Erlangen. Leipzig 1904. Georg Thieme. 8.
96 S. (2 Mk.)
Der Student soll sich nach der neueren Prü-
fungsordnung in 5 Semestern neben all' den ande-
ren Fächern auch mit der gesammten Physiologie,
einschliesslich der physiologischen Chemie, vertraut
machen, sowie die wichtigsten Apparate undünter-
suchungsmethoden kennen lernen. Diese Aufgabe
hält R. — und mit ihm wohl mancher Fach-
genosse — vor Allem auch darum für fast un-
durchführbar, weil ein volles Verständniss der
verwickelten Vorgänge des Lebens sich erst dann
entwickeln kann, wenn der Schüler nach zweck-
mässiger Vorbereitung durch den Physiologen an
die Lösung pathologischer Aufgaben herantritt,
denn erst dann beginnt er das Gelernte zu be-
greifen. Da aber die Physiologie als Prüfungs-
gegenstand im Staatsexamen nicht mehr figurirt
und wohl auch kaum je wieder figuriren wird, so
wäre es wünschenswerth, dass nach dem Vorbilde
Oesterreichs selbständige Lehrstühle für exp^i-
mentelle Pathologie geschaffen würden. Derartige
Vorlesungen, an das Ende der Studienzeit gelegt,
hätten dann gleichsam die Summe aus allen vorher-
gegangenen physiologischen und pathologischen
Studien zu ziehen, und das würde erst dem theo-
retischen Studium der Medicin denjenigen Ab-
schluss geben, der den jungen Arzt befähigt, seinem
schweren Berufe ganz gerecht zu werden. Nach-
dem R. in dieser Weise die Stellung der Physio-
logie im medicinischen Unterricht scharf und be-
stimmt charakterisirt hat, geht er daran, zu zeigen,
wie man auch unter den gegebenen Verhältnissen
eine möglichst vollständige Durchbildung erreichen
könne. Er vertheidigt die an deutschen Universi-
täten übliche Unterrichtsweise gegenüber dem von
Porter für die Harvard Medical scool ausgearbei-
teten neuen Lehrplan, nach welchem das Haupt-
gewicht auf die praktischen Uebungen gelegt we^
den soll, und alle Wissensgebiete nach einander
abgemacht werden in 4monatigen Cursen, wäh-
rend deren sich der Student ausschliesslich mit
dem jeweiligen Fache zu beschäftigen hat Er
fürchtet, und wohl mit Recht, dass hierdurch dem
mechanischen Einlernen Vorschub geleistet wird
und der allgemeine Zusammenhang verloren geht
Besonders gilt dieses für die Physiologie, die ihrer
Natur nach so ausserordentlich innig mit den ver-
schiedensten Nachbargebieten verwebt ist Nor in
einem systematischen Vortrage — allerdings in
Verbindung mit praktischen Uebungen — kann
der physiologische Unterricht das bieten, was er
soll, nämlich zur Beobachtung des Thatsäohlichen,
zur Kritik des Wahrgenommenen und zur scharfen
Beurtheilung dessen, was daraus geschlossen wer-
den kann, den Studirenden zu erziehen. Wenn
hierfür hauptsächlich das experimentell physio-
logische Prakticum in Betracht kommt, so spielt
das Moment der theoretischen Schulung bei dem
physiologisch-chemischen Curs eine geringere RoUe
und hier kommt es hauptsächlich auf die Einübung
der Methoden zu unmittelbarem Gebrauch in der
Praxis an.
Die ebenfalls ausserordentlich beachtenswertbea
Bemerkungen über die Vorbildung zum Universi*
tätstudium und über den Platz, der der Nator-.
forschung in der Schule zukommt, übergehen wir
uns kam es hier hauptsächlich darauf an, su
in welcher Weise der gerade als akademisch
Lehrer hochgeschätzte Vf. seine Stellung zur
Prüfungsordnung in scharfer und fesselnder W
fixirt G. F. N i c o 1 a i (Berlin).
5. Neaere Foraohnngen über die Verri«
tang der Schilddrüse ; von C. Lindstäd
Oberrossarzt a. D. 2. Aufl. Berlin 19(
Fischer's med. Buchh. (H. Kornfeld). Or.
40 S. (1 Mk. 50 Pf.)
Auf Grund eines einzigen beobachteten Stnn
falles, den L. durch Massage mit zweif«
V. Baumgarten q. TangL — Penzoldi — Penzoldt u. Stintzing. — y. Holst.
103
Erfolge behandelte, baut er phantaatisohe Theorien
Ober die Schilddrflae auf, deren anormales Funk-
tioniren unter Anderem der wesentlichste Grund
fb BpUepsie und Tuberkulose sein soll. Da die
Sohrift es schon zur 2. Auflage gebracht hat, mag
sie hier erwähnt werden, um eventuellen Inter-
essenten mitzuthellen, dass sich etwas Beachtens-
werthes in ihr nicht findet
e. F. Nicolai (Berlin).
6. Jahreaberioht über die Fortaohritte in
der Lehre von den pathogenen Mikro-
organismen, umfassend Bakterien, Filie
und Frotosodn. Herausgegeben von Prof.
P. V. Baumgarten in Tübingen und Prof.
F. Tangl in Budapest 17. Jahrg. 1901.
Leipzig 1903. S.HirzeL Gr. 8. Xnu.lll4S.
(32 Mk.)
Wieder einmal liegt ein neuer Band der Baum-
garten'sehen Jahresberichte vor und wieder
einmal legt er Zeugniss ab von dem Umfang der
bakteriologischen Literatur, wie von dem Geschick
des Redakteurs und dem Fleiss seiner Mitarbeiter,
die der 3151 Nummern dieser Literatur Herr ge-
worden sind. Kaum eine andere Wissenschaft
zeigt in so auffälligem Maasse wie die Bakterio-
logie gewisse ZeitstrOmungen des Interesses ihrer
Vertreter ; Probleme, die eine Zeit lang das Feld
beherrschten, werden, mehr oder weniger abge-
schlossen, verlassen, andere tauchen auf und wer-
den alsbald von allen Seiten in Angriff genommen.
Von dieser Erscheinung geben die „Jahresberichte*^
ein besonders anschauliches Bild. Der neue Band
enthllt vor Allem eine Fülle von Referaten Aber
Arbeiten, die die Seitenkettentheorie und die Fragen
der Immunität, der Agglutination u. s. w. beleuch-
ten; so weit wie mOglich sind sie systematisch ge-
ordnet, wodurch auch die fortlaufende Lektfire, die
gerade bei diesem Gegenstand eine geschickte Zu-
aammenfassunjg besonders wünschenswerth macht,
O'lachtert wird. Weiterhin bildet die Bearbeitung
der Protozoon (662 Originalarbeiten) durch Luhe
in Königsberg einen hervorragenden Abschnitt;
gegen 400 dieser Arbeiten sind speciell der Malaria
des Menschen gewidmet; die gründliche BerQck-
aichtignng der ausländischen Literatur ist gerade
hierbei besonders dankenswerth durchgeführt Einen
ihnücheii Umfang hat sonst nur noch die Tuber-
koloeeliteratur mit 446 Arbeiten erreicht; alle
Probleme der Tuberkulose, histologische, bakterio-
kgiBche, wie epidemiologische, werden mehr oder
weniger eingehend berührt, namentlich aber klingt
tier von allen Seiten das Echo auf den Trompeten-
stoes des berühmten Londoner Vortrages von
Bobert Koch über die Nichtidentität von Men-
sdieii- und Thiertuberkulose. Dass in diesen Fragen
wie in zahlreichen anderen die in gewohnter Weise
angefügten kritischen Randbemerkungen Baum -
gart en's von besonderem Interesse sind, brauchen
wir nicht hervorzuheben. In einem Nachtrag:
„Der Jahresbericht und seine kritischen Anmer-
kungen^S der eine Controverse gegen Hueppe
enthält, erwähnt Baumgarten, dass die An-
siditen der Referenten für die Jahresberichte be-
züglich der Opportunität dieser Randbemerkungen
auseinander gingen. Wir kOnnen unsererseits nur
wünschen, dass der Herausgeber nicht ermüden
müge, in der gleichen Weise wie bisher seine
persönliche Stellungnahme zu wichtigen in der
Literatur berührten Problemen den Lesern der
Jahresberichte anzudeuten und dadurch den letz-
teren ein einheitliches persönliches Gepräge und
einen weit über das Niveau einfacher Referate
hinausgehenden Werth zu verleihen.
B e n e k e (Königsberg).
7. Lehrbaoh der klinischen Arineibehand-
lang. Für Studirende und AerzU ; von Prof.
Franz Penzoldt 6. veränderte u. ver-
mehrte Aufl. Jena 1904. Gustav Fischer.
Gr. 8. XVI u. 379 S. (6 Mk. 50 Pf.)
Das Penzoldt 'sehe Lehrbuch ist neu er-
schienen. Mehr ist darüber nicht zu sagen. Dass
diese neue Ausgabe gründlich durchgearbeitet und
ergänzt ist, ist selbstverständlich und ebenso selbst-
verständlich wird sie eben so freudig und dankbar
aufgenommen werden, wie ihre Vorgängerin.
Dippe.
8. Handbaoh der Therapie innerer Krank-
heiten in 7 Bänden; herausgeg. von Prof.
F. Penzoldt und Prof. R. Stintzing.
3. umgearb. Aufl. Jena 1903. Gustav Fischer.
Gr. 8. (90 Mk.)
Die 3. Auflage in kurzer Zeit 1 Das will bei
einem so umfangreichen und dementsprechend
nicht ganz billigen Werke etwas heissen. Die
meisten Abnehmer sind wohl unter den praktischen
Aerzten zu suchen, von denen ein nicht unbeträcht-
licher Theil zur Zeit sein therapeutisches KOnnen
aus dem „Penzoldt und Stintzing" schOpft. MOgen
sämmtliche Mitarbeiter dafür sorgen, dass die
Quelle stets ergiebig und heilbringend bleibt.
Dippe.
9. Brfahningen aus einer 40Jtthr. nenro-
logiaohen Praxis; von Dr. V. v. Holst in
Riga. Stuttgart 1903. Ferd. Enke. Gr. 8.
67 S. (1 Mk. 60 Pf.)
Das Heft enthält ausser einer Einleitung und
einem Aufsatze über die eigentliche Aufgabe des
Arztes eine Arbeit über Heilanstalten für Nerven-
kranke und 2 Arbeiten über Hysterie. In jener
bemerkt der Vf. gegen den Bef,, er habe bei der
Behandlung der Nervenkranken das Seelische zu
wenig betont, ein Vorwurf, der kaum begründet
ist, und er habe zu viel Gewicht auf die Arbeit
gelegt, ein Vorwurf, den der Bßf. wiederholt hat
hOren müssen, der sich aber erledigt, wenn man
bedenkt, dass der Rbf. nicht von jedem Kranken
Arbeit verlangt. Im Uebrigen stimmen der Vf. und
i
104
Forel. — Dühren. — Cnyrim. — Freud. — Eurella.
der Bßf, ziemlich Qberein. Auch in dem, was der
Vf. über Hysterie sagt, verdient er Zustimmung.
Im ersten Aufsatze wird streng individualisirte
seelische Behandlung gefordert, im zweiten (der
schon früher veröffentlicht worden ist) werden die
Verschiedenheiten der hysterischen Zustände bei
Ungebildeten und bei Gebildeten besprochen.
M 0 b i u s.
10. Hygiene der Nerven und des Geietee
im gesunden und kranken Zustande ; von
Prof. Dr. August Forel. [Bibliothek der
Gesundheitspflege Bd. IX.] Stuttgart 1903.
Ernst Heinrich Moritz. E1.-8. 282 S. mit
16 Illustr. (3 Mk.)
Ein sehr empfehlenswerthes Büchlein, nament-
lich für Eltern und Erzieher. Besonders gelungen
sind einzelne Capitel des ersten Theiles: Seele,
Gehirn und Nerven im Normalzustand, und des
dritten Theiles : Hygiene des Seelenlebens und des
Nervensystems. Der zweite Theil (Pathologie des
Nervenlebens) ist entschieden zu umfangreich und
geht zu viel in's Einzelne. Um einem verständigen
Menschen die Nothwendigkeit zu beweisen, einen
sachverstftndigen Arzt um Rath zu fragen, bedarf
es nicht der Kenntniss der einzelnen Gruppen von
Psychosen. Die photographischen Abbildungen
eines Paralytikers, eines Katatonischen u. s. w.
gehören wohl auch nicht unbedingt in eine Hygiene
der Nerven und des Geistes. Sehr dankenswerth
sind das X. Capitel : über Nervenhygiene der Zeu-
gung oder der Vererbung (Hygiene der erblichen
Anlagen) mit seiner Empfehlung eines vernQnftigen
Neomalthusianismus ; ferner die Abschnitte : Ner-
venhygiene der Schule, des Hauses und der Familie.
In der speciellen Nervenhygiene der Erwachsenen
hätte vielleicht das Gesetz von der Abwechselung
zwischen Arbeit und Ruhe und die Verurtheilung
der so überaus schädlichen Hast unserer Zeit etwas
nachdrücklicher betont werden kOnnen. Dass für
die eigentlichen Neuro- und Psychopathen eine
zweckmässige Beschäftigung die Hauptsache ist,
hat F. mit Recht hervorgehoben. Es bedarf kaum
der Erwähnung, dass F. bei seiner bekannten
Stellung zur Alkoholfrage den Alkoholmissbrauch
als wichtigste Ursache der neuropathischen Degene-
ration wiederholt und scharf geisselt.
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
11. Daa Geaohlechtsleben in England; von Dr.
Eugen Dühren. Berlin 1903. M. Lilien-
thal. 8. II. 481 S. m. 535 S. (Je 10 Mk.)
Wenn auch die eingehende Darstellung des Vfs.
in der Hauptsache nur einen engeren Kreis näher
beschäftigen mag, so findet doch wohl Jeder dabei
Interessantes. Der Vf. selbst bezeichnet sein Werk
als eine auf Quellenstudien beruhende cultur-
geschichtliche Arbeit. Hauptgegenstand sind das
17. und das 18. Jahrhundert, doch ist auch die
neuere Zeit berücksichtigt. M 5 b i u s.
12. Ethiaohe Forderungen im Gfresohleohtfl-
leben ; von Dr. Y. Cnyrim. Frankfurt a. M.
1903. J. Alt 8. 71 S. (60 Pf.)
In seinen „der männlichen Jugend gewidmeten"
Ausführungen zeigt der Vf. ernst und überzeugend,
welche schwere Verantwortung der in Qeschlechts-
verkehr Tretende übernimmt Er widerlegt die
Irrthümer und tadelt die schlechten Sitten der
Gegenwart. Möchte er Erfolg haben. Die Aerzte
können die kleine Schrift mit gutem Gewisaen
em pfehlen. M 0 b i u 8.
13. Zar Psychopathologie des Alltagsleben!
(über Vergeesen, Verspreohen, Vergreifen,
Aberglaube und Irrthnm) ; von Prof. 8 i g m.
Freud. Berlin 1 904. S. Karger. Gr. 8. 92 S.
(3 Mk.)
Obwohl F.'s psychologische Erürterungen aich
nicht direkt auf Krankhaftes beziehen, ist doch
der Zusammenhang mit dem Medicinischen klar,
denn der Hauptinhalt ist der, dass ähnlich wie bei
Hysterischen auch bei den sogenannten Gesunden
unbewusste Wünsche und Gedanken das Thun und
Lassen verändern. Auch Der, der dem Vf. nicht
überall hin folgt, wird Anregung und Belehrung
empfangen. Da in dem Buche viel vom Erinnern
und Vergessen die Rede ist, so stören zwei Austria-
cismen sehr. Der Vf. sagt, ich erinnere etwas und
ich vergesse an etwas, das ist aber doch kein
Deutsch. Es fällt umsomehr auf, als der Vf. sonst
recht gut schreibt. M ö b i u s.
14. Zureobnungefihigkeit, Criminalantluro-
pologie; von Dr. H. Kurella. Haliea.d.S.
1903. Gebauer-Schwetschke. Gr. 8. 123 a
(3 Mk.)
Des Vfs. Absicht war, zu zeigen, ^wba die
jetzt geltenden gesetzlichen Bestimmungen über
die Zurechnungsffthigkeit zu Widersprüchen in der
Theorie und zu Unzweckmässigkeite^ in der Praxis
führen müssen". Dieser Absicht sind besonders
die ersten Abschnitte gewidmet HerkOmmUcher-
weise entrüstet sich K. darüber, dass der Arzt vom
freien Willen reden solle. Da aber dieser freie
Wille gar nichts anderes ist als die normale Moti-
vation, so könnte man sich wohl beruhigen. Im
Weiteren schildert K. kurz Lombroso's Auf-
fassung. Es ist nicht recht verständlich, wie der
Vf. behaupten kann, das Wort Entartung sei nodi
heute nicht mit einem bestimmten Begriffe ver-
bunden, und wie er die Behauptungen der Italieiie^
über Atavismus der klaren Lehre von der £0!^-
artung vorziehen kann. Aber abgesehen von dies«^
und von anderen Deutungen besteht sachlich Ueber«
einstimmung (abges^en von Einzelheiten), un^
„die Grundlehren" der Criminalanthropologie
auch der den Atavismus und ähnliche Lehren
lehnende anerkennen. Gegen den Schloae hin
richtet K. über eine Anzahl neuer bemerk
werther Arbeiten. M 0 b i u s.
Loewenfeld. — FOrster. — Flatau, Jaoobsohn, Minor.
105
15. Die pflychiflobenZwangserscheinaiigeD;
von Dr. L. L 0 e w e n f e 1 d. Wiesbaden 1 904.
J. F. Bergmann. 0r. 8. XI u. 568 S. (13 Mk.
60 Pf.)
Lk hat sich ein entschiedenes Verdienst er-
worben, indem er ausser seinen eigenen zahlreichen
Beobachtungen die ganze Geschichte und Literatur
der psychischen Zwangsvorgänge zusammenge-
tragen und kritisch verarbeitet hat Die Klinik
dieses psychopathisch hochinteressanten Gebietes
ist durch die mühsame Arbeit L.'s bedeutend ge-
fordert worden. Den Zweck, den er bei der Be-
arbeitung im Auge gehabt hat, „die Eenntniss der
Zwangserscheinungen unter den Aerzten zu fördern,
lange fortgeschleppte Irrthflmer definitiv zu be-
seitigen nnd für künftige Forschung eine Grundlage
za schaffen, welche die Erzielung eines stetigen Fort-
schrittes in der Pathologie der Z wangsersoheinungen
ermöglicht'^ hat L. in vollem Maasse erreicht.
Von den 4 Kriterien Westphal's: Intaktheit
der Intelligenz, Mangel einer affektiven Grundlage,
dem eigentlich Zwangsmässigen der Vorgänge und
derBrkenntniss der Fremdartigkeit und Abnormität
der Vorstellungen seitens des Kranken lässt L. als
JD jedem Falle charakteristisch und deshalb die
Zwangserscheinungen allein erklärend nur das
dritte bestehen. Er bezeichnet die letzteren als
„psychische Elemente, welche der normalen Yer-
dringbarkeit durch WillenseinflQsse ermangeln und
in Folge dieses ümstandes den normalen Verlauf
der psychischen Processe stOren^*. In ätiologischer
und nosologischer Beziehung kommt er zu dem
Resultate, dass hereditäre Veranlagung zwar nicht
stets, aber doch in der grössten Mehrzahl der Fälle
nachzuweisen sei ; keineswegs sei sie da, wo sie
rorliegej als ausschliessliche Ursache zu betrachten,
sondern nur als „Prädisposition'S die die Wirksam-
keit der essentiellen Ursachen erhöhe. Unter den
letzteren hebt L. besonders die sexuellen und die
emotionellen Noxen hervor. Zu diesen treten dann
noch accessorische Umstände und auslesende
Momente. L/s Erfahrungen decken sich darin mit
denen der meisten anderen Autoren, dass sich die
in Rede stehenden Symptome am häufigsten bei
Neuraslhenie finden, aber nicht lediglich bei der
heredit&ren Form der letzteren. Oft überdauern
sie alle anderen Erscheinungen dieser Krankheit
noch lange Zeit und stellen sich bei Rückfällen
zuerst wieder ein. In therapeutischer BeziehuDg
empfiehlt L. ausser der nothwendigen Allgemein-
behandlung am meisten die Opiumcur und die
hypnotische Suggestivbehandlung.
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
16. I>ie Kitbewegnngen bei Gtoaimdeii,
Verven- und Oeiateskranken ; von Dr.
Otf rid Förster in Breslau. Jena 1903.
Gustav Fischer. Gr. 8. 63 S. (IMk. 60Pf.)
F.'s Schrift bietet einen Beitrag zur Physiologie
und Pathologie der Coordination. Bei der Fülle
Med. JahTbb. Bd. 282. Hft 1.
von Einzelheiten kann das Refeirat kein Bild des
Inhaltes geben, will es nicht den vorgeschriebenen
Rahmen weit überschreiten. F. geht aus von der
Theilung der Zweckbewegung in 2 Componenten,
die HauptbewegUDg mit den Hauptagonisten und
die zweckmässige Mitbewegung mit den agonisti*
sehen Synergisten, neben denen häufig auch bei
Gesunden sogen, „normale unzweckmässige Mit-
bewegungen*^ beobachtet werden ; z. B. wenn ein
Kind beim Schreibenlemen die Zunge herausstreckt.
Insbesondere besteht die Tendenz, die homologe
Muskelgruppe der anderen Seite mit zu innerviren.
F. kommt dann auf die pathologischen Mitbewe-
gungen zu sprechen, die er ebenfalls wieder in
zweckmässige und unzweckmässige eintheilt, und
die er dann gesondert bei peripherischen Lähmun-
gen, bei Erkrankung der Pyramidenbahn, bei Tabes
dorsalis, bei Chorea, bei progressiver Paralyse,
Alkoholismus, Idiotie und akinetischen und hyper-
kinetischen Motilitätpsychosen bespricht. Zwei
Schemata zum Verständnisse der zweckmässigen
und der unzweckmässigen Mitbewegungen bilden den
Schluss der Ausführungen, die darin gipfeln, dass
bei jeder gewollten Bewegung möglichst viel moto-
rische Mittel herangezogen werden, die, normaler
Weise durch Hemmungsmittel eingedämmt, unter
pathologischen Verhältnissen in den Mitbewegungen
zum Ausdrucke kommen. E. H ü f 1 e r (Chemnitz).
1 7. Handbuch der pathologisohen Anatomie
des Venrensystems ; herausgeg. von Dr. E.
Fla tau, Dr. L. Jacobsohn, Dr. L. Minor.
2.— 5. Abth. Berlin 1904. S. Karger. Gr. 8.
1564 S. mit 428 Abbild, im Text u. 25 Taf.
(62 Mk.)
Der bereits besprochenen 1. Abtheilung des
Handbuches (Jahrbb. CCLXXIX, Heft 1) sind die
übrigen rasch gefolgt. Die anfangs in Aussicht ge-
nommenen 3 — 4 Abtheilungen mussten auf 5 aus-
gedehnt werden. Die bei der Anzeige der ersten
Abschnitte anerkannten hervorragenden Eigen-
schaften dieser bedeutsamen Erscheinung der neuro-
logischen Literatur zeigen sich auch in den übrigen
Theilen. In dieser Hinsicht könnte das früher Ge-
sagte nur wiederholt werden.
Das 1. Capitel des speciellen Theiles (Patho-
logische Anatomie des Qross- und Kleinhirns) ent-
hält in der Fortsetzung Entwickelungsanomalien,
Compression und Oedem des Gehirns, Hydro-
cephalus von Anton, Anämie, Hyperämie und
die entzündlichen Processe des Gehirns, sowie die
Hämorrhagie und Erweichung von Friedmann.
B r u n 8 hat die Tumoren und Parasiten des Ge-
hirns, V. Bechterew die Syphilis des Central-
nervensystems, Cassirer die Erkrankungen der
Medulla oblongata und der Brücke, H. Oppen-
heim die Bulbärparalyse ohne anatomischen Be-
fund, Rossolimo die multiple Sklerose und
Hoc he die sekundären Degenerationen des Ge-
hirns bearbeitet
14
106
Stratz, Der EOrper des Kindes. — v. Win ekel, Handbuch der Oeburtshülfe.
Im 2. Capitel folgt die pathologische Anatomie
des Rückenmarks. Es zerfftllt in folgende Ab-
schnitte: Erkrankungen der Wirbelsäule und der
Bückenmarkshüllen von H. Stroebe, Entwicke-
lungsanomalien des Rückenmarks von Karl Pe-
trin, Rückenmarkserweichung, Compression, Mye-
litis, Rückenmarksabsoess von A. Pick, Polio-
myelitis von Qoldscheider und Brasch,
Strang- und Systemerkrankungen des Rücken-
marks von Hom6n, sekundäre Degenerationen
im Rückenmark von B. Flatau, amyotrophische
Lateralsklerose von Ballet, traumatische Affek-
tionen des Rückenmarks von L. Minor, Erkran-
kungen des Conus medullaris von Raymond,
Hydromyelie, Qliose, Syringomyelie und Tumoren
des Rückenmarks von Herm. Schlesinger.
Der 3. Abschnitt des speciellen Theiles enthält
die pathologische Anatomie der peripherischen
Nerven und ist von Lugaro (Erkrankungen der
cerebrospinalen und sympathischen Nerven, Plexus-
affektionen und Spinalganglien) und Elschnig
(N. opticus, Papilla optici und Retina) übernommen.
In der 4. Unterabtheilung wird die pathologische
Anatomie der Muskeln, soweit sie in das Gebiet
der Neurologie fällt, abgehandelt, und zwar von
Darkschewitsch (Amyotrophia neuropathica
und myopathica) und K Mendel (Hemiatrophia
faciei). Im 5. Capitel folgen die sogen. Neurosen,
und zwar Epilepsie und Eklampsie von Jelly,
Tetanus von E. Flatau, Tetanie, Chorea, Para-
lysis agitans von L. Jacobsohn und Morbus
Basedowii von E. Mendel. Der 6. Abschnitt
umfasst die pathologische Anatomie der Haut
(J. Heller), der Knochen und Qelenke (Joachims-
thal) und der Drüsen (Ben da). Das (7.) Schluss-
capitel bildet die pathologische Anatom ie bei (Geistes-
krankheiten und zerAllt in 2 Theile: die patho-
logischen Schädelformen (mit einem Anhange über
kraniologische Untersuchungsmethoden) von L. W.
Weber und die patholog. Anatomie der Psychosen
von Cramer. S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
18. Der Körper des Kindes; von Dr. C. H.
Stratz. Stuttgart 1903. Ferd.Enke. Gr. 8.
250 S. u. 187 Abbild, nebst 2 Taf. (10 Mk.)
In ähnlicher Weise, wie er früher den Leib des
Weibes besprochen hat, bespricht der Vf. jetzt den
des Kindes. Natürlich spielt das Wachsthum dabei
eine grosse Rolle : die Trennung des Eindesalters
in Abschnitte, die Erörterung, wie sich das Ver-
hältniss zwischen den Leibestheilen , besonders
zwischen EopfhOhe und Eörperlänge, in den ver-
schiedenen Abschnitten gestaltet Anhangsweise
werden die Rassenverschiedenheiten besprochen.
Die vielen guten Bilder steigern natürlich den
Werth des Buches sehr. M ü b i u s.
19. Handbuoh der Oebortehtllfe; herausgeg.
von F. V. Winckel. In 3 Bänden. I. Bd.,
1. Hälfte. Wiesbaden 1903. J. F. Bergmann.
Or. 8. Xn u. 667 8. (13 Mk. 60 Pf.)
Wenn, wie v. W. in der Vorrede erwähnt, die
Behauptung aufgetaucht ist, dass die Geburthfllfe
ein längst abgeschlossenes Gebiet sei, so ist nichts
mehr geeignet, diese Behauptung gründlich zu
widerlegen als dieser 1. Theil des unter Kit-
wirkung zahlreicher hervorragender Fachgenossen
entstehenden Werkes, das eine seit einer Reihe von
Jahren schon schmerzlich empfundene Lücke aus-
füllen wird, da seit dem Erscheinen des ersten auf
breiter Grundlage herausgegebenen Handbuches
der Geburthülfe von P. Müller bereits 15 Jahre
vergangen sind. Die immer mehr zunehmende Fflile
der Veröffentlichungen macht derartige zusammen-
fassende und kritisch sichtende Handbuch«: zom
unabweisbaren Bedürfnisse.
Die Einleitung zum I.Bande bildet der 1. Theil
eines von v. W. verfassten Ueberblickes über die
Quchichte der Gynäkologie von den ältesten Zeiten
bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Zunädut
skizzirt v. W. kurz die Gebräuche und Kenntnisse
der aüen Culturvülker auf dem Gebiete der Gebort-
hülfe und der Gynäkologie, der Aegypter, Indier,
Assyrer und Babylonier, Perser, Israeliten, dann der
Griechen, Alexandriner und Römer, während im
Mittelalter nur Araber und Italiener bemerkens-
werth auf diesem Gebiete sind. Die neue Zeit be-
ginnt mit einem Deberblicke über die Tfaätigkeit
der italienischen Aerzte im 16. bis 18. Jahriiundert,
während in den nächsten Abschnitten die Ent-
wickelung der Geburthülfe und Gynäkologie im
16. bis 18. Jahrhundert abgehandelt wird mit
kurzen biographischen Notizen über die hervor-
ragendsten Vertreter dieser Wissenschaft
In die Bearbeitung der Änatomis und Phiftkh
logis der Sckwangeradiaft haben sich Strast-
mann, Pfannenstiel, Gönner und v. Rost-
horn getheilt.
Insbesondere die von den beiden ersten Autoren
verfassten Abschnitte lassen erkennen, wie viel
neue und grundlegende Arbeiten auf diesem Ge-
biete in den letzten 10 Jahren entstanden sind.
Strassmann giebt eine Darstellung des Be-
ginnes und Begriffes der Sckwangersehaß, besonders
eingehend auf die Verhältnisse der Menstruatioa
und Ovulation, und schildert dann weiter die Vor*
gänge bei der Befruchtung, sowie 4ie ersten Ve^
änderungen des Eies.
Das nächste Capitel, die ersten Veränderungen
der OebärmtUter in Folge der Sdnoangersckafly die
Einbettung des Eies, Bildung der Plaoenta, Eihäute
und Nabelschnur und die weiteren Verändeningea
dieser Gebilde während der Schwangerschaft, be«
handelnd, hat J. Pfannen stiel zum Verfttsec;
Auf Grund der neueren Arbeiten, die jün
menschliche Eier beschreiben, wie der Besul
der vergleichend anatomischen Forschung, die nm
soweit zu benutzen sind, als die Plaoentation
Thiere der menschlichen wirklich ähnlich ist,
Pf. eine interessante Darstellung der modern
Lange. — Burnm. — Waibel.
107
Anschauungen Ober die Eieinbettung geschaffen.
Selbstverständlich wahrt er dabei auch seinen
subjektiven Standpunkt, indem er z. B. mit der
Minorität der Forscher fQr die Entstehung desSyn-
cjtium von den Wandungen der mfltterliohen Ge-
fisse eintritt ; aber gerade diese subjektive Färbung
der einseinen Abschnitte eines von zahlreichen
hervorragenden Gelehrten bearbeiteten Handbuches
verleiht diesem, weil eben die Verfasser sich
besonders eingehend mit der betreffenden Materie
beschäftigt haben, den besonderen Werth.
Die dann folgenden Abschnitte: Die Frucht,
weiierer Verlauf der Schwangereehafi , das auege-
tragene Kind, die Nabeleehnur, die Plaoenta, dae
FhidUwaseer, die Bhmährung und der Stoffwechsel
des Embryo und Foetus sind von A. Gönner in
Basel kurz und klar bearbeitet
In seiner Einleitung zu dem Capitel „Ana-
iomisehe Veränderungen im Organismus während
der Schwangerschaft" betont v. Rosthorn, dass
trotz der Unsumme von vorliegenden neuen Arbeiten
zur LOsung der einschlägigen Fragen noch überall
Mängel vorherrschen und eine intensive Beschäfti-
gung mit fast jeder derselben lohnenden Erfolg
bietet v. R. geht ausführlich ein auf die Yerände-
ningen des Blutes während der Schwangerschaft,
die Veränderung an dem Herzen und denGefässen,
die Veränderung der Schilddrüse, dieStoffwechsel-
veränderungen, die Veränderungen der Haut (be-
sonders der Bauchhaut), der Knochen, Zähne und
Gelenke. Auch in dem die Veränderungen an den
Geschlechtsorganen behandelnden nächsten Ab-
schnitte hatte V. R. neben den Arbeiten aus seiner
eigenen Klinik eine reiche neuere Literatur zu be-
rücksichtigen ; erwähnt seien nur die die Histologie
und Struktur derGebärmutterwand und dieCervix-
frage behandelnden Arbeiten. Für die Beurthei-
long aller dieser Fragen konnte kein competenterer
Gelehrter und scharfsichtigerer Kritiker als v.R. ge-
fanden werden, dessen Darstellung auch durchweg
eine interessante ist.
In die Bearbeitung der Symptomatologie der
Sdtwangerschaft haben sich GOnner, dem die
Erscheinungen an den Oenitalien in den einzelnen
Monaten der Sehwangersehafi , die leichteren Be-
sdni?erden der Sehwangeren und die Lagerung des
Kindes zufielen, und der Altmeister v. Winokel,
der die geburthülfliche Auskultation und die Dauer
der Schwangerschaft behandelt, getheilt
Die Anführung des reichen Inhaltes dieser
1. Hälfte des 1. Bandes des Handbuches der Ge-
burthülfe genügt, um darzulegen, welche grosse
Fülle nicht nur für den Frauenarzt, sondern auch
für den inneren Mediciner, pathologischen Ana-
tomen und Embryologen wichtiger zusammen-
fassender Arbeiten er enthält Besonders lobend sei
die Ausstattung des Buches, insbesondere die vor-
zügliche Wiedergabe der sehr zahlreichen Abbil-
dungen, die zum Theil Originalzeichnungen sind,
zum Theil den citirten Arbeiten entstammen, er-
wähnt J. Praeger (Chemnitz).
20. Vademeoum der Oebortahftlfe ; von M.
Lange in Königsberg. 3. Aufl. Würzburg
1904. A. Stuber's Yerkg (C. Kabitzsoh). 8.
Vniu. 302S. (4Mk. 60Pf.)
Nach einer längeren Pause (die 1. Auflage er-
schien 1891, die 2. 1893) liegt L.'s Compendium
von einem neuen Verleger herausgegeben, in 3. Auf-
lage vor. Gegenüber der 1. Auflage ist die Zahl
der Seiten (296) um fast 100 vermehrt, die Zahl
der Abbildungen um das 8fache. Soweit die Com-
pendien überhaupt ihre Berechtigung haben (zur
Repetition für den Studirenden, zur schnellen
Orientirung für den praktischen Arzt; für eingehen-
deres Studium empfehlen sich die ausführlicheren
Lehrbücher) kann L.'s Yademecum empfohlen wer-
den, da es kurz, gut und anschaulich das Wesent-
liche bringt und besonders auf die für die geburt-
hQlf liehe I^axis noth wendigen Dinge eingeht.
J. Praeger (Chemnitz).
21. Grandriaa aam Studiam der Geborte*
hülfe in 28 Vorlesungen und 578 bildUehen
Darstellungen; von Prof. Ernst Bummln
Halle a. d. S. 2. verbesserte Auflage. Wies-
baden 1903. J.F.Bergmann. Lex.-8. XI u.
783 S, (Geb. 14 Mk. 60 Pf.)
Schon nach Jahresfrist ist B.'s Grundriss in
2. Auflage erschienen. Im Texte sind keine wesent-
lichen Aenderungen vorgenommen worden; nur
wurde jeder Vorlesung eine kurze Literaturüber-
sicht beigefügt Die mustergültigen, künstlerisch
vollendeten Abbildungen sind um 3 neue vermehrt
Bef kann dem Lobe, das er in der ausführ-
lichen Anzeige der I.Auflage (Jahrbb. CCLXX VII.
p. 1 12) ausgesprochen hat, nichts hinzufügen. Stu-
dirende und Aerzte kOnnen B. nicht dankbar genug
sein, dass er sie mit einem so vortrefflichen Werke
beschenkt hat, dessen Studium nicht eine Arbeit,
sondern einen reinen Genuss bedeutet
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
22. Leltfiaden für die VaohprflAingen der
Hebammen; von Dr. Karl Waibel in
Kempten. 4. verbesserte u. mit 8 forbigen
Abbildungen vermehrte Auflage. Wiesbaden
1903. J.F.Bergmann. Kl. 8. XXII u. 98 S.
mit 8 Tafeln. (2 Mk.)
W.'s Leitfaden, dessen 1. und 3. Auflage Bef.
früher (Jahrbb. CCXLIL p. 208; CCLXI p. 216)
schon angezeigt hat, liegt nun in 4., wenig ver-
änderter Auflage vor. Ein Beweis dafür, dass das
Büchlein viel benutzt wird. Trotz der Erinnerung
des Bef, bei der Besprechung der 3. Auflage wird
in Frage 249 noch immer für die WOchnerin das
kritiklose Klystiergeben angeordnet und das Ver-
abreichen von Abführmitteln in gesperrtem Drucke
verboten. Nur ein unterschied ist in beiden Auf-
lagen ; in der 3. Auflage ist das Klystierwasser
108
Frank. — Bapin. — Winter.
„lauwarmes ^^ ^^^ ^* dagegen kurzweg „warm^^
„Lauwarm" ist entschieden angenehmer. Uebrigens
haben nach demPapyros Ebers die alten Egypter
schon 1500 Jahre vor Chr. ihr RioinusGl in Bier
verrührt eingenommen. Bef. giebt deshalb die
Hoffnung noch immer nicht auf, dass dies vielleicht
in der demnächstigen 5. Auflage des W.'schen Leit-
fadens auch den bayerischen Wöchnerinnen ge-
stattet wird.
Die zur Erläuterung der äusseren Untersuchung
beigegebenen 8 Tafeln sind dem Leopold-Zwei-
fel'sehen Hebammenbuche entnommen.
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
23. Die ErriohtoDg gebartshülflioher Poli-
kliniken an Hebammensohaleny ihre Be-
deutung f&r die Ausbildung der Heb-
ammen und für die allgemeine Hygiene ;
von Dr. F r i t z F r a n k in COln. Berlin 1 904.
S. Karger. 8. 46 S. (1 Mk.)
Fr. bespricht den Werth geburthülflicher Poli-
kliniken für die Ausbildung der HebammenschQle-
rinnen und die sociale Bedeutung dieser Einrich-
tung. Im Interesse der Erhaltung des Familien-
sinnes und des Familienglückes, des Pflichtgefühles
des Einzelnen gegenüber der Familie hält Fr. es
für erstrebens werth, dass die Frauen in ihrem Hause
niederkommen kOnnen ohne Gefährdung ihrer Ge-
sundheit. Eine Poliklinik mit Hebammenschüle-
rinnen wurde in CÖln am 1. Juni 1892 errichtet.
Vom 1. Januar 1895 bis 31. December 1902 wur-
den 4354 Frauen entbunden; 99mal wurde die
Zange angelegt, 40mal bei Querlage gewendet,
67mal die Placenta künstlich gelOst, Imal Kaiser-
schnitt an der Todten ausgeführt und 9 mal wegen
Placenta praevia die Wendung gemacht. Damm-
risse kamen 127mal vor, darunter 77 Risse ersten
Grades, 48 zweiten Grades und 2 mit Durch-
trennung des Sphincter ani. Die Risse heilten bis
auf 3 alle, unter den 3 nicht geheilten sind auch
die beiden tiefen Dammrisse; die Wochenbetten
verliefen gut, nur in 6 Fällen trat eine Tempe-
ratursteigerung über 38<^ auf, in 2 Fällen war die
höchste Temperatur 39<^. Unter 4354 Gebärenden
waren 377 Fieberfälle mit zusammen 1070 Fieber-
tagen; auf 100 Entbindungen kamen demnach
8.65 Fieberfälle. Von den 4469 Gebärenden der
Jahre 1892—1902 starben 7 — 0.15; in keinem
einzigen Todesfalle traf die Schülerin im Entfern-
testen eine Schuld.
Der Dienst in der COlner Poliklinik ist so ein-
gerichtet, dass immer 2 Schülerinnen zur Kreissen-
den gehen, eine vorgebildete und eine Anfängerin.
Nur die vorgebildete untersucht und schreibt den
Befund auf einen vorgedruckten Zettel. Die An-
fängerin kehrt dann mit dieser Meldung zurück
und die Oberhebamme oder der poliklinische Arzt
begiebt sich hin, controlirt, bespricht den Fall und
ist, wenn möglich, bei der Geburt zugegen. Je
nach dem Berichte der Hülfesuchenden geht auch
sogleich der Arzt und die Oberhebamme mit
Die pflegende Hebamme [wohl die vorgebildete
Schülerin?] besucht täglich 2 mal, der Arzt, bez.
die Oberhebamme Imal. Die Schülerin muss ein»
Wochenbettzettel führen und eine vollständige
Krankengeschichte [Wochenbettgeschichte ?] an-
fertigen.
Fr. kann auf die Erfolge der von ihm ein-
gerichteten Poliklinik mit Befriedigung zurflok-
blicken. Der Nutzen dieser Einrichtung sowohl
für die Ausbildung der Hebammenschülerinnen, als
auch fflr die ärmere Bevölkerung ist unbestreitbar.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
24. Manoal d'aooouohement a Pasage dea
aages-femmes; par le Dr. 0. Rapin,
Lausanne. Lausanne 1903. Th. Sack. 8.
373 pp. aveo 200 blanches.
Das vorliegende Hebammenlehrbuch, das erst
nach dem im December 1902 erfolgten Tode R.'s
erschienen ist, soll einerseits dem unterrichte der
Hebammenschülerinnen zu Qrunde gelegt werden,
andererseits aber auch den Hebammen in ihrer
späteren praktischen Thätigkeit als zuverlässiger
Rathgeber dienen. Die Bintheilung ist die all-
gemein übliche. Im 1. Abschnitte werden Ana-
tomie und Physiologie, die normale Schwanger-
schaft, die normale Geburt und das normale
Wochenbett besprochen; im 2. Abschnitte folgt
dann die Besprechung der Pathologie der Schwan-
gerschaft, der Geburt und des Wochenbettes. Ein
Anhang enthält schliesslich ftathschläge zur «raten
Hülfeleistung in Erkrankungs- und ünglQckslällen
und Aehnliches.
B. bezeichnet sein Hebammenlehrbuch als die
Frucht langer Studien und Forschungen ; man sieht
den einzelnen Abschnitten auch an, dass sie mit
grosser Gründlichkeit und Liebe zur Sache be-
arbeitet sind. R's Buch, das im Canton Waadt
officiell eingeführt ist, wird sicher gute Dienste
leisten. Instruktive Abbildungen sind in weit
grosserer Zahl beigefügt, als diee in deutschen
ähnlichen Büchern gewöhnlich der Fall ist
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
25. Die Bek&mpfang des üteraakrebsei,
ein Wort an alle Krebsoperaieure ; von Prof.
Georg Winter in Königsberg i.Pr. Stutt-
gart 1904. Ferd. Enke. 8. 76 S. (2 Mk.)
Die wenig erfreulichen Erfolge der Krebsopeim-
tionen sind im Wesentlichen dadurch bedingt, dass
die Krebskranken zu spät zur Operation kommen.
W. hat sich die schwierige, aber um so dankens-
werthere Aufgabe gestellt, diesen Missstand zu
beseitigen, und dabei gefunden, dass die Ver-
schleppung des üteruskrebses wesentlich aus drei
umständen erfolgt Es ist dies 1) mangelnde
Sachkenntniss und Sorglosigkeit der Hausftntei
2) Gewissenlosigkeit der Hebammen und B) das
Verhalten der erkrankten Frauen selbst
M an z , Chinirg. üntereuchungsarteD. — HessingtuHasslauer, Orthopäd. Therapie. 100
W. hat sich nun im December 1902 an alle
AencJiib OstpreusBens gewandt und diesen eine
BroBchfire zugesandt, in der alle Punkte, die sich
ihm aus langjähriger Erfahrung ergeben haben,
KQsammengefasst sind. W. stellt die Fordenmg
aof, dass bei allen auf Krebs verdächtigen Kranken
die sichere Diagnose innerhalb einiger Tage er-
swangen werden muss. Jede Frau mit Ausfluss
oder Blutungen muss sofort untersucht werden,
ror Allem, wenn die Blutungen in der für Krebs
bezeichnenden Form auftreten. Die Technik der
Probeexcision und Probeausschabung wird dann
genau beschrieben. Sobald die Diagnose auf Krebs
feststeht, fordert W. sofortige Deber Weisung der
Kranken an den Operateur. Auch an die Eth-
ammen hat W. ein Flugblatt gerichtet und den
Hebammen in leicht fasitlicher Weise auseinander-
gesetzt, welche grosse Verantwortung sie auf sich
laden, wenn sie Frauen, die sie wegen Blutungen
umRath angehen, nicht sofort zum Arzte schicken.
Dieses Flugblatt ist im December 1902 durch Yer-
mittelung der Kreisärzte in 1100 Exemplaren allen
Hebammen der Provinz Ostpreussen zugegangen.
W. ist nun noch weiter gegangen und hat, um
die Fnxuen direkt aufzuklären, in allen gelesenen
Zeitungen Ostpreussens einen Aufsatz „üeber die
Gefahren des Unterleibskrebses, ein Mahnwort an
die Frauen^' veröffentlicht In diesem Aufsatze hat
W. besonders darauf hingewiesen, dass der Krebs,
wenn er unmittelbar nach den ersten Symptomen
operirt wird, heilbar ist und dass sich deshalb
jede Frau bei den ersten verdächtigen Symptomen
irztlich untersuchen lassen muss.
W. hat schon jetzt als thatsächlichen Erfolg
der Belehrung einige krebskranke Frauen früh-
leitig zur Operation bekommen, die eingestandener-
maassen ohne die Belehrung durch die Zeitung
ihr Leiden noch lange mit sich herumgeschleppt
hätten. Wie gross der Erfolg der verdienstvollen
Bestrebungen W.'s ist, wird allerdings erst später
festzustellen sein.
W. fordert zum Schlüsse die Chirurgen auf,
auch ihrerseits einen systematischen Kampf gegen
die in ihr Wirkungsgebiet fallenden Krebsarten zu
eröffnen.
Die an die Aerzte gerichtete Broschüre, das
ffir die Hebammen bestimmte Flugblatt und das
von W. veröffentlichte Mahnwort an die Frauen
sind in der vorliegenden Abhandlung wörtlich ab-
gedruckt Arth. Hofimann (Darmstadt).
26. Die ohirturgiaohen ünteraaohangaarten.
JEmßihrende Vorlesungen über allgemeine chir-
urgische Diagnostik; von Dr. 0. Manz in
Freiburg. I. Theil. Jena 1 904. Oustav Fischer.
8. 322 S. mit 20 Abbild, im Text. (6 Mk.)
Dieses „kleine Buch^S ^^n dem bisher die erste
HUfto vorliegt, soll den Studirenden in die all-
gemeinen Grundsätze der chirurgischen Kranken-
«ntersuchung einführen. Die Haupteintheilung
dieses Gebietes ist folgende: M. bespricht zu-
nächst diejenigen Untersuchungsmethoden, die
ihren Angriffspunkt an der Aussenfläche des Kör-
pers haben, um dann diejenigen zu erörtern, die
uns über Zustände seiner Innenfläche, d. h. des
Innenraumes tiefliegender, aber von aussen zu-
gänglicher, schleimhautbekleideter Hohlorgane auf-
klären. Jener 1. Theil zerßllt naturgemäss wieder
in zwei grosse Abschnitte, je nachdem wir eine
in ihrem Zusammenhange erhaltene, eine unver-
letzte Körperoberfläohe vor uns haben oder eine
Läsion voraussetzen.
In dem bisher erschienenen 1. Theile macht
M. zunächst einige Bemerkungen über die chir-
urgische Anamnese und bespricht dann die chir-
urgischen Unlersuehungsmethoden der unverletzten
Körperaussen fläche : Inspektion (krankhafte Farben,
Formen und Bewegungsvorgänge) und Palpaiion.
Bei den chirurgisehen Dniersuehungsmeihoden der
Läsionen der Körperaussenfläehe werden zunächst
die gegebenen Läsionen (frische Wunde, Geschwür
und Fistel), dann die xu diagnostischen Zwecken
gesetzten Läsionen (Probepunktion und diagnostische
Freilegung) besprochen.
Sobald das Buch vollständig vorliegt, werden
wir nochmals darauf zurückkommen. Eine Be-
fürchtung möchten wir aber schon jetzt aus-
sprechen : für Studirende wird das Buch zu dick
und umfangreich werden. P. Wagner (Leipzig).
27. Orthopädische Therapie; von Friedrich
Hessing und Dr. Ludwig Hasslauer.
Berlin u. Wien 1903. ürban & Schwarzenberg.
Gr. 8. IV u. 238 S. mit 72 Illustrat. (6Mk.)
Da von den beiden Verfassern der Arzt das
Yorwort unterzeichnet und offenbar auch das Buch
geschrieben hat, so muss sich die Kritik auch an
ihn halten. Ist es an sich eine höchst bedauer-
liche Erscheinung, dass ein Arzt sich „unter die
Aegide" eines Bandagisten stellt, so gehört vollends
eine beachtenswerthe Kühnheit dazu, wenn ein
solcher Mann eine objektive Beurtheilung der Ver-
herrlichung seines grossen Meisters beansprucht,
in einer Schrift, die so subjektiv wie nur irgend
denkbar abgefasst ist. Ein solches Elaborat ver-
dient eine sachliche Besprechung von ärztlicher
Seite eigentlich nicht. Doch zwingt uns das alte
Wort, dass Schweigen Zustimmung bedeutet, die
Feder in die Hand, um Inhalt, Tendenz und Werth
des Buches zu charakterisiren.
Ein Capitel behandelt den Werth des Leim-
verbandes für die Frakturbehandlung. Er ist viel
besser als der Gipsverband, den man nach Hass-
lauer nicht direkt auf die Haut legen kann [!].
Der Leim wird von ihm aber noch zu ganz
anderen Dingen verwendet, er heilt damit Zellen-
gewebeentzündung, Oedeme verschiedener Aetio-
logie, Gesichtsrose, Parotitis, Insektenstiche u. s. w.
Eins fällt auf, dass nämlich über dem Leim-
verbande ein Schienenhülsenapparat zu tragen ist,
110
Qocht, Handbuch. — Preiswerk, Lehrbuch u. Atlas. — Pohl, Das Haar.
Und eigenthümliob, es dauert „nur wenige Tage'S
bis z. B. bei einem Schenkelhalsbruche dieser
Apparat hergestellt ist, während im üebrigen doch
zur Genüge bekannt ist, dass die Patienten Wochen
und Monate in dieser Anstalt auf ihre Apparate
zu warten verpflichtet sind.
Ein anderes Capitel schildert die Vorzfige
des sogen. Eriegsapparates , eines verstellbaren
Schienenapparates. Dieser hat nach H. nur einen
Nachtheil, dass er nicht gut transportabel ist Er
wird in drei QrOssen gebraucht, für beide EOrper-
seiten gesondert. Wo bleibt da die Eriegsbrauoh-
barkeit I
Bezüglich der Frakturbehandlung hat sich H.
auch sehr gut unter Hessing's Aegide zu stellen
verstanden, die gelungene bildliche Darstellung
des Wundverbandes beweist dies : Der Arzt scheint
den Oberschenkel zu halten, während Hessin g
im schwarzen Rocke und mit Manschetten ge-
schmückt den Wundverband anlegt [I]. Auch sonst
hat H. die minderwerthige Schulmedicin über
Bord geworfen : Die Radiusfraktur heilt man ohne
Abduktionstellung, die Coxitis in leichter Adduk-
tion, den Fungus des Eniegelenkes durch Schnü-
rung der Hülsen seines Apparates, bei der an-
geborenen Hüftluxation heilt man erst die Lordose
mittels He ssing- Apparates, dann macht man
erst die Einrenkung, bei Spondylitis gelingt es
ihm, die compensirenden paragibbären Erümmun-
gen zu beseitigen 1 Diese kleine Blüthenlese dürfte
dem ärztlichen Leser genügen, um das Haas-
lauer 'sehe Buch vertrauensvoll bei Seite zu
werfen.
Erwähnt sei nur noch, dass das Yerzeichniss
der über He ssing erschienenen Literatur ein
wenig unvollständig ist, die gegen die H e s s i n g '-
sehe Praxis erschienenen Publikationen sind von
Hasslauer zufällig weggelassen.
Y u 1 p i u s (Heidelberg)«
28. Handbaoh der RöntgoDlehre. Zum Oe-
brauche furMediciner; von Dr. Herm. Gocht
in Halle a. d. S. 2. umgearb. u. vermehrte
Auflage. Stuttgart 1903. Ferd.Enke. Gr. 8.
406 S. mit 104 in den Text gedruckten Ab-
bildungen. (10 Mk.)
Wie sehr sich gerade in den allerletzten Jahren
die Technik der Rüntgenuntersuchung nach jeder
Richtung hin entwickelt hat, erkennt man deutlich,
wenn man die vor 5^/| Jahren erschienene 1. Auf-
lage des Gocht 'sehen Handbuches mit der kürz-
lich erschienenen, um fast 200 Druckseiten ver-
mehrten 2. Auflage vergleicht. Die neue Ausgabe
ist aber nicht nur erweitert, sondern auch nach
der weiteren Ausbildung der ROntgenlehre gründ-
lich umgearbeitet worden. Dem Buche, das wir
bereits in seiner 1. Auflage ausführlich be-
sprochen haben, ist ein sorgsam angefertigtes
Literaturverzeichniss beigegeben.
P. Wagner (Leipzig).
29. Lehrbuch and Atlas derZahnheilkonde
mit Binaohlusa derMandkrankheiten; ?on
Dr.G.Preiswerk inBaseL Münchenl903.
J. F. Lehmann. 8. 352 S. mit 44 farbigen
Tafeln u. 152 schwarzen Figuren. (14 Mk.)
Der vorliegende Atlas der Zahnheilkunde, der
den XXX. Band der Lehmann 'sehen media-
nischen Handatlanten bildet, zeichnet sich dorch
ein ganz vorzügliches Bildermaterial aus. Der
weitaus grOsste Theil der als Vorlage dienenden
Präparate stammt von Pr. selbst; die meisten
Bilder malte der von den früheren Atlanten her
bekannte Maler Fink,
Was der Leser von dem Lehrbuche und Atlas
der Zahnheilkunde alles zu erwarten hat, geht am
besten aus einer kurzen Inhaltsangabe hervor. Die
einzelnen Capitelübersohriften lauten: Anatomie;
Corrosionsanatomie der Zähne und der pneuma-
tischen Gesichtshohlen; Speoielle Anatomie der
Zähne; Histologie; Physiologie; Bakteriologie;
Mundkrankheiten; Geschwülste der Mundhöhle;
Geschwülste der harten Zahnsubstanien ; Fnk-
turen des unter- und Oberkiefers ; Luxationen dea
Unterkiefers; Empyem der Highmorshöhle; I!^
worbene und angeborene Spaltbildnngen des Ge-
sichtes; Zahn- und Eieferanomalien ; ZahnbeUge;
Angeborene Defekte der harten Zahnsubstanien;
Erworbene Defekte der harten Zahnsubstansen;
Therapie der Zahndefekte; Erkrankungen der
Pulpa; Erkrankungen der Wurzelhaut; Extraktion
der Zähne ; Anästhesie ; Vorbereitung des Mundes
für den künstlichen Zahnersatz.
Wir sind sicher, dass auch dieser XXX. Band
der L e. h m a n n 'sehen medicinischen Handatlanten
seinen Zweck voUkommen erfüllen wird.
P. Wagner (Leipzig).
30. Das Haar, die Haarkrankheltaii, ihre
Behandlung and die Haarpflege; von Dr.
J. Pohl« 5. erweiterte Auflaga Stattgart u.
Leipzig 1902. Deutsche Verlaga-Anatalt 8.
170 S. (2 Mk. 50 Pf.)
Die 170 Seiten starke Schrift war aeitmehienn
Jahren vergrüfen und erscheint, von J. Pohl selbst
zum Theil, neu bearbeitet Sie bringt, aoch Ar
den „gebildeten Laien" verständlich, nach einem
erschöpfenden Ueberblicke über die anatomischen
und physiologischen Verhältnisse der m^iaohliohea
Haare (Bau, Farbe, Bildungstätte, Waohsthum,. nor-
malen typischen Wechsel der Haare) eine genaoe
Darstellung der krankhaften Zustände des Kopf-
haares und der Haarpfiega
Nächst den akuten Krankheiten des Kopfhaares
widmet der auf diesem Sondergebiete wohlbekanats
Vf. der Prophylaxe des chronischen Haarschwofr
des, der Haarpflege eingehende Beeprechang. IM
Pilzkrankheiten des Kopfhaares, deren Hygiäai
in inficirten Ortschaften, die Alopecia areata, ^
Bedeutung der Röntgenstrahlen bei der BehaMl
lung der Alopecia, der Weichselsopf, das vqc
Schwarz. — Roth. — Schneidemühl.
111
zeitige, wie das plötzliche Ergrauen werden er-
8ch(^pfend besprochen. Die Krankheiten des Bartee
und ihre Behandlung und Pflege, ebenso dieHyper-
trichosis im Gesicht, an den Armen und auf Mutter-
malen folgen in kürzerer Darstellung. Den Schluss
bildet eine Abhandlung über das Geheimmittel-
wesen. „Ob ein Haarausfall krankhaft ist oder
Bicht, erkennt man hauptsftchlich an der Beschaffen-
heit der Spitzenstüoke, nicht an der Zahl der aus-
ge&llenen Haare.^' Friedlftnder (SohOneberg).
31. Die Fonktionaprüfiing dea Angea and
ihre VerwerthoDg für die allgemeine Dia-
gnoetik; Yon Prof. 0. Schwarz. Berlin
1904. S. Karger. Gr. 8. 322 S. (7 Mk.)
Sohw. stellte sich die Aufgabe, „die Funk-
tionsprflfungen im Zusammenhang mit den Funk-
tionsstörungen und ihren nfichsten Ursachen dar-
SQBtellen und zu zeigen, wie die Ergebnisse der
Fimktionsprüfungen für sich und im Verein mit
aaderweiten üntersuchungsergebnissen noch weiter
disgnostisoh zu verwerthen sind'^ Das schwierige
Werk ist ihm ausgezeichnet gelungen. Die ganze
Fonktionprüfung ist so zu sagen Tom Lichtstrahl
an logisch entwickelt, der gesammte Stoff bei all'
seiner Fülle und Mannigfaltigkeit meisterhaft an-
schaulich und übersichtlich aufgebaut. Neben
einer erschöpfenden sachlichen Berücksichtigung
der vorhandenen Literatur treten aUenthalben
selbständige Gedanken hervor. Das Titelblatt
vidmet bescheiden das Buch Aerzten und Studi-
lenden; es dürfte jedoch kein Zweifel obwalten,
daas auch Fachgenossen und besonders Neurologen
ond innere Mediciner mit Vortheil sich darin ver-
tiefen and Anregung zu neuen Aufgaben gewinnen
werden. Bergemann (Husum).
32. Die WaohaelbesiehimgeD swiaohen SUdt
und Land in geaundheitlicher Beslehong
imd die Sanirnng des Landes; von Reg.- u.
Geh. Med.-R. £. Roth. Braunschweig 1903.
F. Vieweg & Sohn. 8. 74 S. (2 Mk. 50 Pf.)
Während die StAdte grosse Fortschritte im
Mfentlichen Gesundheitwesen gemacht haben, ist
das Land vielfach zurückgeblieben, besonders auf
dem Gebiete der Wasserversorgung und Abwässer-
beeeitigong, femer im Wohnwesen, im Nahrungs-
mittelverkehr, in der Armen- und Krankenpflege,
im Scfaniweeen u. s. w. Bei dem Wachsthum der
Slidta, der Hinausverlegung der Industrie auf das
Land und der Zunahme des Verkehrs werden die
Wecheelbeziehungen zwischen Stadt und Land
immer enger und damit wächst die Gefahr, dass
aasteokende Krankheiten, die auf dem Lande un-
genUgend bekämpft werden, in die Städte ver-
acUeppt werden. In erster Linie gilt das vom
Parmlyphus. Diese Gefahren und die Haass-
iflhmeii zur Besserung der Yeriiftltnisse werden
Von B. in anschaulicher lebendiger Weise geschil-
dert AIb Anhang ist eine Anweisung für Einzel-
anlagen für Trink- und Hauswasser, sowie für
Anlagen von Aborten, Jauche- und Düngergruben
beigefügt Woltemas (Solingen).
33. Die animalischen Nahrungsmitteh Em
Bandbueh %u ihrer ünterauehungundBeurihei^
hing für Thierärxte, Aerxte, Sanüätabeamte,
Riehter und Nahrungsmüiel' ürUermickunga'
ämter; von Prof. Dr. Georg Schneide-
müh 1 in Kiel. Wien u. Leipzig. Urban &
Sohwarzenberg. Gr. 8. Mit 224 Abbildungen
u. 1 farbigen Tafel. IIL Abth. 1901. IV. Abth.
1902. (Je 4 Mk. 80 Pf.) V. Abth. (6 Mk.)
Mit 3 Abtheilungen liegt auf 1011 Seiten nun-
mehr das Schneidemühl'sche Werk, dessen
erste 2 Abtheilungen hier bereits früher besprochen
waren, vollendet vor. Das Buch wurde auf Grund
eines seit 1892 vom Vf. gesammelten Materiales,
u. A. unter Benutzung von etwa 2500 frischen
Präparaten, die er für seine den Marinestabs-
ärzten abgehaltenen Curse von zahlreichen grossen
Schlachthäusern erhielt, und auf Grund von Be-
obachtungen auf Reisen im Auslande, wie in der
eigenen Amtsthätigkeit abgefasst.
In den bereits erschienenen beiden Abtheilungen
waren der c%efiieifta7%«i/(Geschichteundgesetzliche
Bestimmungen, Organisation der Fleischbeschau,
allgemeine Nahrungsmittelkunde) und vom beson-
deren Theile 1) die Untersuchung der Schlachtthiere
im Leben, sowie 2) das gewerbsmässige Schlachten
und Zerlegen der Thiere erörtert, auch im 3. Ab-
schnitte die normale Beschaffenheit der einzelnen
Theile und Organe bei den versekiedenen eehlaehi-
baren Thieren und die für die Beurtheilung ufiek-
iigsten Veränderungen theilweise erörtert; in den
vorliegenden Lieferungen wird die vorbezeichnete
Erörterung auf Lungen und BrustfeU, femer Kreis-
laufsorgane, Harn- und Geschlechtsapparat, Euter,
Nervensystem und Lymphdrüsen unter Beibringen
zahlreicher Abbildungen fortgesetzt
Der 4. Abschnitt lehrt die üntereuchung und
Beurtheilung des Geflügels, des WHdpreis, der Fische
und einzelner anderer als Nahrungsmittel verwendeter
Thiere (Austern, Hummern, Schildkröten, Krebse,
Miesmuscheln und Frösche), wobei besonders be-
merkenswerth die mit Abbildungen versehene Be-
schreibung der verschiedenen Fischarten und ihrer
Unterscheidungsmerkmale, die Unterscheidung ge-
sunder und kranker Fische, epidemische Krank-
heiten, Schmarotzer, femer die verschiedenen Arten
der Conserven eingehend geschildert sind. Auch
auf ^Epidemien durch Genuas von Thieren u. dgl.
ist eingegangen.
Der 5. Abschnitt handelt über die Ihierischen
Parasiten, die für die Beurtheilung des Fleisches
der Schlachtthiere von Wichtigkeit sind, und zwar
u. A. Würmer, Finnen, Bandwürmer, Trichinen,
deren Nachweisung im Fleische gelehrt wird und
bezüglich derer eine Anzahl von gesetzlichen Be-
stimmungen, Erlassen, Regulativen und Gerichts-
112 Lesser, Stereoskopischer gerichts&rztlioher Atlas. '— Busse, Das ObduktionsprotokiolL
erkenntnissen beigefügt ist, sodann über Arthro-
poden (Milben, Insekten), über Protozoon und
Myxosporidien , Coccidien , Sarkosporidien und
HAmosporidien , vobei dann das Texasfieber und
die durch die Tsetsefliege bedingte Surrakrankheit
näher beschrieben werden.
Der 6. Abschnitt schildert die durch pflanxliehs
Parasüefi hervorgerufenen KrankheiUn der schlacht-
baren Thiere und stellt eine Art compendiOser
Bakteriologie dar, wobei allerdings auch Pocken
mit geschildert werden, obwohl deren Erreger noch
nicht gefunden ist Am ausführlichsten wird
hierbei die Tuberkuloae behandelt, wobei indessen
die neueste Phase in der Entwickelung dieser Frage
noch nicht Berücksichtigung finden konnte. Im
üebrigen hat Sehn, mit Recht immer die prak-
tischen Gesichtspunkte betont, sich aber gleich-
zeitig gegen die gelegentlich eingerissene zu milde
und schlaffe Handhabung der rechtlichen und
gesetzlichen Bestimmungen entschieden ausge-
sprochen.
Im folgenden kurzen 7. Abschnitte sind die
bisher noch nicht besprochenen Bkkrankungen des
Blutes und Störungen des Stoffwechsd8(ConBtit\iüon'
krankheiten) der Schlachtthiere, Ikterus, Rhachitis,
Osteomalacie und Urämie kurz erörtert.
Der 8. Abschnitt befasst sich mit der Unter-
suchung und Beurtheilung conservirter Fleischwaaren
und der Erörterung der verschiedenen Conservi-
rungsverfahren, insbesondere der im Allgemeinen
vom Vf. verworfenen chemischen Mittel, von denen
ein ausführliches Verzeichniss mit Hinzufügung
der Zusammensetzung der Mittel gegeben wird.
Gesetze und Judikatur sind dabei eingehend be-
rücksichtigt, auch die Untersuchung der Würste
besonders gründlich erOrtert.
Im sehr umfänglichen 9. Abschnitte ist die
Untersuchung und Beurtheilung der Milch abgehan-
delt, wobei u. A. die physiologischen Veränderungen
derselben unter dem Einflüsse von Individuum,
Rasse, Alter u. s. w. der Milchthiere, die Verände-
rungen der Milch beim Aufbewahren, sowie ihre
Beeinflussung durch Medikamente und Thierkrank-
heiten, sowie durch Hineingelangen menschlicher
Erankheitkeime (Typhus, Scharlach, Diphtherie),
andererseits die Milchconservirung (etwas zu kurz
ist hierbei die Eismilch weggekommen I) , weiter
Milchuntersuohung und Milchbeurtheilung be-
sprochen, auch Verordnungen und Judikatur be-
rücksichtigt werden.
Die nächsten 3 Ähschnüte befassen sich in ent^
sprechender Weise mit Butter, Käse und Bäkner'
eiern. Es folgen dann als Nachträge kurze, wäh-
rend der Drucklegung als erforderlich erschienene
Ausführungen über das sogenannte Besehlagen des
Fleisches, über die Beurtheilung sq^iischen Fleisches
durch die Kochprobe und über die praktische Ver-
werthung specifischer Sera nur Unterscheidung des
Fleisches verschiedener Thiere, sowie endlich über
Unterschiede zwischen Büffel' und Rindfleisch,
Ein Anhang enthält Gesetze, Verordnungen und
Gerichtsentscheidungen, die sich auf die Controle
der animalischen Nahrungsmittel beziehen, insoweit
sie nicht bei den Einzelcapiteln bereits Erwähnung
fanden, u. A. das Deutsche Schlachtvieh- undFleieth-
beschau- Oesetx vom 3. Juni 1900 mit seinen um-
fänglichen Ausführungsbestimmungen vom 30. Mai
1902, das Berliner Schlachtvieh- Regulativ a. dgL
mehr. Den Schluss bildet ein alphabetisches Sach-
register.
Die äussere Ausstattung des Werkes in Druck,
Papier und besonders in den sehr klaren Abbil-
dungen ist vortrefflich.
Das fleissige und zuverlässige Werk kann den
Kreisen, für die es bestimmt ist, zur AnsohafTnng
bestens empfohlen werden.
R. W eh m er (Berlin).
34.8tereoakopiaohergerioht8&rstlioherAtlai;
von Prof. A. Lesser. IL Abtheilung. Bres^
lau 1903. 8. Schottländer. Qu.-8. 75 S. mit
50 Tafeln. (15 Mk.)
Der ersten Abtheilung des Werkes (siehe
Jahrbb. CCLXXVIIL p. 101) ist die zweite ver-
hältnissmässig schnell gefolgt, sie behandelt in
50 Tafeln die Verletzungen und sonstige foren-
sisch wichtige Veränderungen der Hals- und Brust-
organe. Auch in dieser Abtheilung verdienen die
gute Auswahl und die vorzügliche Ausführung der
Tafeln alles Lob, ebenso der kurze erläuternde
Text Woltemas (Solingen).
35. Das ObdaktionaprotokoU ; von Prof. 0.
Busse. 2. Aufl. Berlin 1903. R. Sohoets.
8. 130 S. (5 Mk.)
Die erste, unter dem Namen das Sektions-
protokoll im Jahre 1900 erschienene Auflage ist
in den Jahrbüchern (CCLXVIU. p. 103) eingehend
besprochen worden. Der Umstand, dass schon so
bald eine zweite Auflage erschienen ist, spricht
dafür, dass sich das Werk gut eingeführt hat Die
neue Auflage ist den Bedürfnissen der Praxis noob
besser angepasst als die frühere; die Fremdwörter
sind durch deutsche Ausdrücke ersetzt, und aa
den Stellen, wo eine mikroskopische Untersudimiig
im Regulativ angerathen wird oder zur Diagnoee
geboten erscheint, ist eine kurze Anltttung dan
gegeben. Als Anhang ist ein äeftchen Schemati
für Obduktionen beigegeben, die alle sa beachten-
den Punkte in Form kurzer Schlagworte enthalten
Bei der praktischen Brauchbark^t dee Werka
wird die dritte Auflage nicht lange auf sich wart«
lassen. Woltemas (Solingen).
Für dio KodtÜLÜoQ vuiAütwuitüch : Dr. P. J. MOblH in Leipilf • — Verlag von S. Ulnel in Leidig«
Dmrlc von Waltor WtgtiMl in Lelpzlf •
JaßtJucp^t
der
in^ unb att0fönMfc$en gefamm^en (UleMcin.
B(L 282.
1904.
Heft 2.
A. Originalabhandlungen und Uebersichten.
Bericht über die wichtigeren Fortschritte der Einderheilkunde
im Jahre 1903.^)
Von
Prof. Dr. O. Heubner und Dr. B. Salge
in Berlin.
C am er er sen. (1) hat eine werthYolle Studie
fiber die sticketofiPhaltigen Bestandtheile im mensch-
lichen Urin veröffentlicht und daran interessante
Betrachtungen geknüpft, die besonders wichtig sind
für die Ammoniakausscheidung des stoffwechsel-
kranken Sftnglings und die so vielfach diskutirte
Addoeetheorie.
Untersuchungen und Beobachtungen über den
Stoffwechsel und die Bmfthrung des gesunden
Säuglings finden sich in den Veröffentlichungen
des vergangenen Jahres ziemlich zahlreich. Gra-
mer (2) nimmt, namentlich gestützt auf die Ver-
suchsergebnisse von Gaus (3), seine früheren
Anschauungen über das Nahrungsbedürfniss des
Neogeborenen wieder auf und behauptet, dass für
den Neogeborenen 50 Galerien pro Kilogramm
genflgen und dass sein Stoffwechsel demnach erheb-
lich von dem des älteren Sftnglings, für den nach
Heubner 100 Galorien pro Kilogramm noth-
wendig sind, abweicht.
Stoffwechselversuche am Neugeborenen sind
ferner von Aronstamm (4) gemacht worden.
Wesentlich Neues ergiebt sich aus ihnen nicht, Ein-
selheiten müssen im Originale nachgesehen werden.
Die Mengen von Milch, die der gesunde Neu-
geborene an der Brust seiner Mutter trinkt, sind
von Per r et (5) beobachtet worden. Die Kinder
0 VgL Jahrbb. CCLXXVIU. p. 217.
Med. Jahrbb. Bd. 282. Bft 2.
erhielten am 1. Lebenstage nichts, dann wurden sie
in 24 Stunden lOmal angelegt und tranken am
2. Tage
S.Tage
4. Tage
5. Tage
6. Tage
7. Tage
S.Tage
9. Tage
10. Tage
160 g
285
360
430
470
490
500
515
540
Die Wiedergabe dieser Tabelle hier erscheint
gerechtfertigt, weil die Zahlen doch recht gross
sind und weder mit der Anschauung Budin's,
wonach das Nahrungsvolumen gleich ^/|o des
Kürpergewichts sein soll, noch mit den Angaben
Gram er 's, die oben referirt wurden, überein-
stimmen.
Weitere dankenswerthe Beitrftge zur Emäh-
rungsphysiologie des Säuglings sind von Seiter (6),
Paffenholz (7) und Würtz (8) [Beobachtung
des eigenen Kindes] geliefert worden. Einen in-
teressanten Beitrag zur Brnfthrungsphysiologie des
Säuglings hat Lissauer (8a) geliefert, der die
Bedeutung der Oberfläche, ihre Beziehungen zu
Gewicht, Alter und Nahrungsbedürfniss studirt hat.
Die Wiedergabe der beachtenswerthen Ergebnisse
muss des Raumes wegen unterbleiben.
üeber das Vermögen der Mutter zu stillen,
erhalten wir eine Mittheilung von Mesnil (9).
15
114
H 6 u b n e r und S a 1 g e , Fortschritte der Einderheilkunde.
Von 3069 entbundenen Frauen hatten 86.2%
genügende Milchsekretion, 9.4% ungenügende
Milchsekretion, 4.2% keine Milchsekretion. Wie
lange sich die Fähigkeit einer Frau, das Stillen
fortzusetzen, erhalten kann, geht aus einer Mit-
theilung von Siegert (10) hervor, der 5 Fälle
mittheilt, in denen Orossmütter ihre Enkel still-
ten. Eine Orossmütter stillte 22 ^/i Jahre nach-
einander im Ganzen 12 Kinder.
Perret (11) bestätigt an einigen Beispielen
die bekannte Erfahrung, dass fieberhafte Erkran-
kungen der Stillenden nicht zum Absetzen des
Kindes nOthigten.
Georges Yoix (12) hat eine recht lesens-
werthe Zusammenstellung der über das Allaite-
ment mixte bekannt gewordenen Thatsachen ver-
öffentlicht. Er folgt dabei besonders den bekannten
Anschauungen Marfan 's und hält es für richtig,
bei jeder einzelnen Mahlzeit Brust und Flasche
zusammen zu geben«
Raimondi(13) tritt für die Verwendung der
rohen „lebenden" Milch ein und behauptet, dass
dadurch die Bhachitis verhindert würde und die
so ernährten Kinder durch ihre gute Entwiokelung
und ihre rosige Hautfarbe sich auszeichneten.
Oute Erfolge sah Eleonore Fitschen (14)
(Oppenheimer) von der Ernährung mit Voll-
milch.
Die Buttermilch hat sich definitiv einen her-
vorragenden Platz in der Diätetik des Säuglings
erorbert, wofür im letzten Jahre Bestrebungen ver-
schiedener Art sprechen, Buttermilchconserven
herzustellen. Ein solcher Versuch ist von Sei-
ter (15) gemacht worden, auch sei hier der Aus-
führungen von Siegert und Bommel auf der
Naturforscherversammlung in Gassei gedacht
Rubinstein (16) hat sich mit dem. Verhalten
einiger pathogener Bakterien in der Buttermilch
beschäftigt und gefunden, dass Diphtherie, Typhus,
Tuberkelbacillen, Pjocyaneus in roher Buttermilch
innerhalb 24 Stunden abgetödtet werden. In ge-
kochter Buttermilch halten sie sich Tage lang
virulent, werden aber durch 3 Minuten langes
Kochen abgetüdtet.
Versuche über die Haltbarkeit gekühlter Milch
hatBischoff(17) angestellt Milch, die unter
10<^ aufbewahrt wird, hält sich nur einige Tage.
Auch bei einer Temperatur von 0* wird dasWachs-
thum der Bakterien nur verzögert Länger haltbar
ist die gefrorene Milch, doch kommt es hier wesent-
lich auf die Schnelligkeit der völligen Durohküh-
lung an.
Biel (18) empfiehlt eine Modifikation der
Liebig^Bchen Suppe, die nach seiner Meinung zu
viel Kali enthält
Mit Odda hat Erich Mueller (19) gute Er-
fahrungen gemacht
W. Cronheim und Erich Mueller (20)
haben Untersuchungen über den Einfiuss der Steri-
lisation der Milch auf den Stoffwechsel des Säug-
lings mit besonderer Berücksichtigung der Knochen-
bildung angestellt und kommen zu dem Resultate,
dass der Kalkstoffwechsel durch das Sterilisiren
ungünstig beeinflusst wird.
Mit den Darm- und Stoffweohselstörungen des
Säuglings beschäftigen sich folgende Arbeiten.
Hei nach (21) hat den Einflüss der gelabten
(Pegnin) Kuhmilch auf die Ernährungstörangen
des Säuglings untersucht und kommt zu dem Re-
sultate, dass Magenbeschwerden durchweg gflnetig
beeinflusst werden, dass das Verfahren für die Aus-
heilung akuter VerdauungstOrungen gute Chancen
bietet, dagegen für die Behandlung derchronisohen
Störungen kein besonderer Vortheil mit dieser
Methode zu erzielen ist
Siegert (22) hat versucht, Indikationen fQr
eine rationelle Fermenttherapie der Säuglings-
atrophie aufzustellen. Es handelt sich um man-
gelnde Sekretion der Verdauungsdrüsen: Magen,
Dünndarm, Pankreas. Zum Ausgleich dieser St&-
rung dienen S. namentlich das Pegnin, die Butte^
milch und das Pankreon.
Das Problem der chron. Ernährungstörangea
ist von Steinitz (23) bearbeitet worden. Auf
dem Boden der Anschauungen der Breslauer Schule
stehend, konynt St zu dem Resultate, dass die
Acidose durch eine Alkalientziehung im Darme tu
Stande kommt, die hauptsächlich bei fettreicher
Nahrung zu beobachten ist
Auf anderem Wege ist Salge (24) zu ähn-
lichen Anschauungen gekommen. Er fand, dass
die bei schwerem Bnterokatarrh vorkommenden
sogen, blauen Bacillen durch Fett in ihrem Waoha-
thum sehr begünstigt werden und aus Fett und
Zucker grosse Mengen von Fettsäuren bilden, die
zu einer Alkalientziehung und Bindung im Darme
führen können.
Nicht nur künstliche fettreiche Nahrangea
werden beim Enterokatarrh sohlecht vertragen,
sondern auch die Frauenmilch kann bei gewissen
Formen von Enterokatarrh schädlich wirken, wie
Salge (25) in einer Reihe klinischer Beobaoh-
tungen nachgewiesen bat
üeber die Pylorusstenose im Säuglingsalter
hat Freund (26) eine Arbeit veröffentlicht, in
der der Stand der Frage übersichtlich besprochen
wird. Zur Therapie empfiehlt Fr. Fortsetzung
der Brustemährung unter Beigabe von Karlabttder
Mühlbrunnen, eventuell Operation.
Mit histologischen Untersuchungen des S&og«
lingsdarmes beschäftigen sich folgende Arbeiten:
0. Delamare (27) hat vergleichende Unter«
suchungen des Dünndarms bei Neugeboren^i und
bei erwachsenen Menschen und Thieren angeetellt
und gefunden, dass die epithelialen Oewebean
beim Neugeborenen schon voll entwickelt sind.
Zwei sehr schöne Arbeiten in dieser Riohtni
verdanken wir Bloch (28. 29). In der
Arbeit wird der physiologische Zustand deB S4ai
lingsdarmes behandelt, in der «weiten '
Heabner und Salge, Fortschritte der Kinderheilkunde^
115
anatomische Studien über den Magen-Darmkatarrh
bei Säuglingen mitgetheiit Aus Raummangel ist
68 nicht mOglioh auf die üntersuohungsergebnisse
einzugehen, beide Arbeiten seien aber eingehen-
dem Studium empfohlen.
Mit der Anstaltpflege und den hygieinisohen
fiestrebungen zur Verminderung der Säugling-
sterbliohkeit besohftftigen sich eine Anzahl Ton
Veröffentlichungen, von denen folgende erwfthnt
seien. Finkelstein und Ballin (30) beschrei-
ben das neue SAuglingsasyl in Berlin und geben
auf Grund des grossen Materials, das ihnen zur
Verfllgung steht, eine Reihe sehr interessanter
klinischer Mittheilungen.
Deutsch (31) schildert seine Anstalt in Buda-
pest Die Anstalt hat zur Aufgabe die Unter-
stützung der Schwangeren und Wöchnerinnen,
Belehrung der Mütter, Erziehung geeigneten Pflege-
personals und Verabreichung pasteurisirter Milch.
üeber die bekannten derartigen Bestrebungen
in Frankreich giebt Maygrier (32) eine gute
Uebersicht
Ueber das Ziehkinderwesen, besonders die Ein-
richtungen in Halle a. d. S., hat Pütter (33) eine
Mittheilung gemacht, in der übersichtliche Zu-
sammenstellungen des Materials, der Polizeiverord-
nungen u. s. w. gegeben werden.
Interessante statistische Beobachtungen über
das Verhältniss von Säuglingsterblichkeit und
Blasenseache der Kühe theilt Wyss (34) mit
Es geht aus den Beobachtungen hervor, dass ein
Einfluss der genannten Thierkrankheit nicht zu
verkennen ist, und die Forderung W.'s erscheint
verständlich, dass die Milch von Kühen, die an
Blasenseuche gelitten haben, dauernd für die Er-
nährung des Säuglings als untauglich zu gelten hat.
Paffenholz (35) erwartet von der Schaf-
fung der Möglichkeit, gute Säuglingsmilch in trink-
fertigen Portionen zur Vertheilung zu bringen, eine
erhebliche Verminderung der Sommersterblichkeit
der Säuglinge.
Bei diesen Arbeiten, die sich mit der Schaffung
guter Milch für den Säugling beschäftigen, mögen
zwei Arbeiten über die Barlow'sche Krankheit
besprochen werden.
Heubner (36) bespricht die Krankheit auf
0rund der Erfahrungen an 80 Kranken. Sie hat
mitBhachitis nichts zu thun, mit demScorbut sind
wohl Aehnlichkeiten vorhanden, aber auch so viele
Unterschiede, dass eine Identificirung nicht müg-
tioh ist Für die Entstehung spielt neben der
Stenlisirong auch noch das Kochen eine Rolle.
Aus der sehr lebhaften Diskussion, die sich an
den Vortrag schloss, sei erwähnt, dass ein beson-
deres Gewicht auf die Anämie bei der Krankheit
und die Veränderungen im Knochenmark gelegt
wurde. Letztere werden auch ganz besonders in
der Arbeit von Stoss (37) betont, dej 5 Fälle der
Alfektion mittheilt, von denen einer genau histo?
logisch untersucht werden konnte. Mit Rhachitis
hat derProcess nichts zu thun. In der Darreichung
der künstlichen Nährpräparate kann der Qrund
der Erkrankung liegen. Ausser Sterilisation und
namentlich wiederholter Erwärmung bis zur Siede-
hitze, muss ein noch unbekanntes Agens angenom-
men werden.
Zum Schlüsse dieses Abschnittes, der die
wesentlichsten Verüffentlichungen auf dem Ge-
biete der Säuglingsernährung wiedergiebt, seien
hier einige Arbeiten von rein physiologischem Inter-
esse erwähnt, die theils dem Säuglingsalter allein,
theils auch dem späteren Kindesalter gelten.
Schilling (38) hat zu der alten Frage nach
der Sekretion aktionÄhigen Speichels beim jungen
Säuglinge einen neuen Beitrag geliefert. Er fand,
dass die Submaxillaris 3 — 3 Wochen alter Kälber
Ptyalin enthält und ebenso der Speichel 9 Tage
bis 6 Wochen alter Säuglinge.
Cohnheim und Soetbeer (39) haben,
Pawlow's üntersuchungsmethode folgend, ge-
funden, dass 4tägige, ja selbst Itägige Hunde auf
Scheinfütterung bereits einen „psychischen^^ Magen-
saft secerniren, der sicher freie Salzsäure enthält.
J. K. Friedjung und A. F. Hecht (40)
haben Untersuchungen über katalytische und
fermentative Funktionen der Milch verüffentlicht,
die im Originale nachzusehen sind.
Greenfield (41) hat über die Assimilation-
grenze für Zucker im Kindesalter gearbeitet und
gefunden, dass sie unabhängig ist vom Körper-
gewichte, Ernährungzustand, von Tuberkulose, Lues,
Rhachitis, Anämie u. s. w. Einfluss hat das Alter.
Die Assimilationfähigkeit steigt allmählich an und
erreicht mit etwa 10 Jahren die Grösse wie beim
Erwachsenen. —
H. P fister (42—44) hat 3 Arbeiten ver-
öffentlicht, die sich mit dem kindlichen Gehirn-
gewichte, mit Theilwägungen kindlicher Gehirne
und mit der Oapacität des Schädels beim Säuglinge
und älteren Kinde beschäftigen.
Anna Perlin (45) hat über die physiologi-
schen Grenzen des Hämoglobingehaltes und der
Zahl der Blutkörperchen im Kindesalter gearbeitet.
Der Hämoglobingehalt ist in den ersten 3 Lebens-
tagen am grOssten, sinkt dann bis zum Ende des
1. LfObensjahres, dann steigt er ununterbrochen an.
Die rothen Blutkörperchen verhalten sich ziem-
lich ebenso.
Die Zahl der weissen Blutkörperchen ist in
den ersten 2 Tagen nach der Geburt am grOssten,
sinkt bis zum 4. Lebensjahre, bleibt oonstant bis
zum 8. Jahre, sinkt dann rasch weiter bis zum
16. Lebensjahre. Bei Rhachitikern wurde ein er-
heblich geringerer Hämoglobingehalt gefunden als
bei Gesunden, während die Zahl der rothen Blut-
körperchen nicht wesentlich vermindert war.
Zangemeister und Meissl (46) haben
vergleichende Untersuchungen über mütterliches
116
Heubner und Salge, Fortschritte der Einderheilkunde.
und kindliches Blut und Fruchtwasser, nebst Be-
merkungen über die fötale Harnsekretion veröffent-
licht Eine Besprechung der interessanten Unter-
suchungen würde hier zu weit führen ; sie müssen
im Originale nachgelesen werden.
Eine interessante Studie über die Gesetzmässig-
keit im Längen wachsthum des Menschen verdanken
wir Emil v. Lange (47). Die an Tabellen,
Curven und vielen Wissens werthen Einzelheiten
reiche Arbeit eignet sich nicht zu kurzem Referate,
sondern muss im Originale gelesen werden.
Mit* der Rkachüis beschäftigen sich folgende
Arbeiten. Stoeltzner (48) hat den Stand unserer
Kenntnisse über diese Krankheit in einer Mono-
graphie wiedergegeben, in der die neueren For-
schungen, an denen St. ja mit zahlreichen Arbeiten
betheiligt ist, eingehend gewürdigt werden.
Von demselben Autor (49) ist eine Arbeit ver-
öffentlicht, in der die Frage der sogen, visceralen
Rhachitis kritisch beleuchtet wird. An keinem der
in Betracht kommenden Organe sind Veränderungen
gefunden worden, die mit Sicherheit der Rhachitis
zugerechnet werden könnten. Nur bei dem benignen
Hydrocephalus und der sogen. Gehirnhypertrophie
glaubt Stoeltzner eine ätiologische Bedeutung
der Rhachitis nicht mit Sicherheit ausschliessen zu
können.
Derselbe Autor (49 a) hat farbenanalytische
Untersuchungen am rhachitischen Knochen ange-
stellt und muss nach einer Reihe von Versuchen
mit den verschiedensten Farben zugeben, dass seine
seiner Zeit gemachten Angaben, dass die Neben-
nierenbehandlung einen Einfluss ausübt, aufzugeben
sind. An mit Alkohol oder Formalin üxirten und
dann entkalkten Präparaten ist eine scharfe Differen-
zirung der osteoiden von der verkalkt gewesenen
Substanz nicht mehr sicher möglich.
Stoeltzner (49b) hat ferner Gelegenheit ge-
habt, die Knochen rhachitischer Kinder, die mit
Phosphor behandelt waren, zu untersuchen. Er
konnte nichts irgendwie für eine specifische Beein-
flussung des rhachitischen Processes Sprechendes im
histologischen Bilde nachweisen, möchte aber die
Folgerungen aus seinen Untersuchungen insoweit
einschränken, als es sich um sehr elende atrophische
Kinder handelte, bei denen auch nach klinischer Er-
fahrung der Phosphor gewöhnlich nichts hilft. Zur
weiteren Klärung der Frage erwartet Stoeltzner
am meisten von Kalkstoffweohselversuchen.
Rudolf Neurath (50) macht auf ein bisher
nicht gewürdigtes Symptom der Rhachitis auf-
merksam. Er fand bei Rhachitikern des I.Lebens-
jahres eine spindelförmige Schwellung aller Finger-
phalangen, die den Fingerconturen ein perlen-
schnurartiges Aussehen verleiht N. bezieht auf
Grund von Radiogrammen die Verdickungen auf
kalklose periostitische Auflagerungen, die im
Röntgenbilde keinen Schatten werfen.
Anders fasst Siegert (51) das Zustande-
kommen der Perlschnurfinger auf. Er glaubt viel-
mehr, dass es sich um eine Erhöhung des Abstandes !
zwischen den Gelenkenden durch den rhachitiscben
Process, das mangelhafte Knochen wachsthum und
ein Einsinken der schlaffen Weichtheile an dieser
Stelle handelt. Nicht die Auftreibung ist also das
Pathologische, sondern die Einschnürung.
Derselbe Autor (52) legt in einer weiteren
Arbeit grossen Werth auf den Einfluss der Hereditftt
für die Entstehung der Rhachitis und fflhrt für
seine Meinung eine Reihe von Beobachtungen aus-
führlich an.
Pacchioni (53) hat mikrochemische Unter-
suchungen bezüglich der Phosphorsäure imd des
Kalkgehaltes des sich verknöchernden Knorpels
angestellt und kommt zu dem Schlüsse, dass nicht
Knochenveränderungen entzündlicher Natur, son-
dern Stoffwechselstörungen der Knorpelzellen die
Rhachitis verursachen. Einzelheiten im Originale.
Pfaundler (54) hat experimentelle Unter-
suchungen über den biochemischen Process der
Verkalkung des osteoiden Gewebes und die Natur
der Rhachitis angestellt. Erfand, dass verkalkungs-
fähiges Knochen-, bez. Knorpelgewebe aus einer
Lösung von Chlorcalcium das Calciupi zum TheU
aufnimmt, nicht das Chlor, so dass eine Adsorption
von dem elektropositiven Ion der Verbindung lu
Stande kommt. Näheres im Originale.
Michael Oohn (55) berichtet über Messun-
gen des Winkels zwischen ^emurhals und Femnr-
Schaft, die er an einem grossen Materiale ausgeführt
hat Eine leichte Abbiegung des Schenkelhalses
nach unten mit Hochstand des Trochanter major
ist nicht selten als Folge schwerer infantiler Rha-
chitis zu beobachten. Er theilt femer einen Fall
von schwerer Ooxa vara bei einem 1 Ijähr. Mädchen
mit, die nach seiner Ansicht auch auf eine schwere
Rhachitis zurückzuführen war.
Abt (56) und Ooncetti (57) empfehlen den
Phosphor für die Behandlung der Rhachitis. —
Von grossem Interesse für die Pädiatrie ist
eine Reihe von Arbeiten, die die Tuberkulose inm
Gegenstande haben.
Rullmann (58) hat gefunden, dass ^/| atün-
diges Erhitzen mit Sputum inficirter Milch auf 65*
unter ständigem Schütteln nicht genügt zum Ab*
tödten der Tuberkelbacillen.
Zu anderem Resultate gelangte Hesse (59),
der entsprechend den Angaben Smith 's fand, dass
Tuberkelbacillen in der Milch bei 20 Minuten langer
Erwärmung auf 60* absterben.
Für die Frage der Uebertragbarkeit der Rinder-
tuberkulose auf den Menschen theilt K ober (60)
86 Fälle von tuberkulöser Darminfektion durch
Milch mit
Den Standpunkt, dass die primäre Darmtuber-
kulose häufig sei, vertritt von allen deutschen Patko-
logen ziemlich allein aber sehr energisch Heller.
In einer aus seinem Institut hervorgegangenem
Arbeit von Wagen er (61) ist ein grösseres Material
gesammelt, dass die Anschauungen He 11 er 'a
Heubner und Salge, Fortschritte der Einderheilkunda
117
stQtsen boII. In gleichem Sinne spricht sich
Hof (62) in seiner Dissertation aus, die unter
Heller gemacht ist
Nebelthau (63) glaubt, nach den Sektionen
an 26 Kindern im Alter Ton 3 Monaten bis 5 Jahren,
dass die Infektion mit Tuberkulose vom Darme aus
erfolgen kann und im kindlichen Alter auch nicht
selten erfolgt. Neben der Uebertragung durch den
Respirationapparat ist auch die Ansteckung mit
menschlicher und thierischer Tuberkulose durch
den Verdauungsapparat sehr zu berücksichtigen.
Mit derselben Sektiontechnik und einem thun-
lichst ähnlichen Materiale kam Oanghofner (64)
zn einem ganz anderen Resultate als Heller.
Unter 973 Sektionen fand 0. nur in 6 Fällen sicher
primftre Darmtuberkulose. G. glaubt auch nicht,
dass die Perlsuchtbacillen enthaltende Milch eine
wesentliche Ursache der Ansteckung durch Ent*
atehung einer Darmtuberkulose ist. Er beruft sich
dabei darauf, dass vielfach die Sterblichkeit an
Tuberkulose und die Frequenz der Rindertuber-
kolose durchaus nicht Hand in Hand gehen, wie
Biedert das im Allgftu, 0. in Böhmen nach-
gewiesen hat
Am meisten angeregt zu neuer Diskussion auf
diesem Gebiete haben dieneuesten Arbeiten v.B eh -
ring's (65). v. B. glaubt, dass sowohl beim Rinde,
wie beim Menschen der Sftuglingsinfektion die
grösste Bedeutung fQr die Entstehung der Tuber-
icalose Oberhaupt zukommt. Nach seiner Ansicht
ist die Inhalationtuberkulose nicht die Regel, son-
dern die praktisch wichtige Infektionpforte ist der
Verdauungschlauch. Die Schleimhaut des In-
testinalkanals, besonders des Magens, ist beim Säug-
linge ganz besonders für den Durchtritt corpusku-
lärer Elemente, also auch der Tuberkelbacillen ge-
eignet Zur Stütze dieser Ansicht beruft sich v. B.
aosser auf eigene Versuche besonders auf Römer,
der beim jungen Säuglinge (Fohlen) den unge-
hinderten Durchtritt von Antitoxin constatiren
konnte, der beim älteren Individuum nicht statt-
fand, woraus der Schluss gezogen wird, dass eine
bessere Durchlässigkeit der Schleimhaut fQr grosse
genuine EiweissmolekQle vorhanden sein muss.
Diese Annahme gewinnt an Wahrscheinlichkeit
durch die Untersuchungen Disse's (66), der be-
wieeen zu haben glaubt, dass beim neugeborenen
Säogethiere die oberflächlichste Lage der Schleim-
haut nicht wie beim erwachsenen Individuum aus
einer ununterbrochenen Schleimschicht besteht,
sondern dass einzelne Schleimpfropfen dem Epithel
aufsitzen, die durch freies Zellenprotoplasma von
einander getrennt sind.
V. Beb ring glaubt nun auf Grund seiner An-
Bchauangen, dass eine Tuberkulosebekämpfung so
Beglich sei, dass man Milch von tuberkulose-
immuneD Thieren verfüttert und so eine Immuni-
airung durch Antikörper herbeiführt
▼. B. hat diese Anschauungen in ausführlicher
Form in Cassel bei der Naturforscherversammlung
und im Anfange des Jahres 1904 im Verein für
innere Medicin in Berlin vorgetragen und hat in
Bezug auf die Sädglingsernährung überhaupt den
Vorschlag gemacht, rohe Milch zu verfüttern, um
den Säuglingen die baktericiden Kräfte der rohen
Kuhmilch zuzuführen. Zur Conservirung für kurze
Zeit hat v. B. den Zusatz von 1 : 10000—1 : 20000
Formalin empfohlen.
Den Ausführungen v. B e h r i n g 's ist bereits
von einigen Autoren, z. B. Orth und Cornet,
entgegengetreten worden, da indessen diese Dis-
kussionen im Jahre 1904 stattgefunden haben und
auch zur Zeit noch nicht abgeschlossen sind, so
muss ihre Besprechung auf das Referat des nächsten
Jahres verschoben werden.
Zur Frage des Eintrittes der Tuberkulose durch
die Tonsillen giebt Koplik (67) einen inter-
essanten Beitrag.
Hugelshofer(68) berichtet über das Schick-
sal von 215 Patienten, die seit dem Jahre 1870 an
Spondylitis tuberculosa behandelt wurden. 35 Pat.
lebten noch, bei 33 Hess sich der Verlauf bis zum
Tode verfolgen.
H 0 ff a (69) und Damianos (70) geben werth-
volle Beiträge zur Behandlung der Gelenktuber-
kulose. —
Die Vererbung der Syphilis ist der Gegenstand
einer Arbeit Matzenauer's(71). Die Regel ist
die Uebertragung durch die Placenta. Vererbung
durch das Ovulum stellt M. in Abrede, ebenso die
rein spermatische Infektion.
Die immunen Mütter syphilitischer Kinder sind
immun durch latente Syphilis und kOnnen un-
bedenklich ihr Kind stillen. Das Prof eta 'sehe
Gesetz lehnt M. ab. Dauernde Immunität kann
nicht durch Vererbung, sondern nur durch Deber-
stehen der Krankheit erworben werden.
Gegen diese Ausführungen wendet sich v. D ü -
ring (72). Die vorgebrachten Einwände sind im
Wesentlichen die bereits in der bekannten Wiener
Diskussion vorgebrachten. Eine eingehende Wieder-
gabe würde hier zu weit führen.
Einen klinisch und anatomisch gut studirten
Fall von Meningo- Encephalitis heredo-syphilitica
bei einem Säuglinge unter dem Bilde des Hydro-
cephalus externus theilt Tugendreich(73) mit
L i n s e r (74) veröffentlicht einen sehr interessanten
Fall von juveniler Tabes in Zusammenhang mit
hereditärer Syphilis. Namentlich sei auf die be-
merkenswerthe Familienanamnese hingewiesen. —
Mit den Erkrankungen der Lunge beschäftigen
sich folgende Autoren. Czerny (75) hat die
wichtigen Untersuchungen seines verstorbenen
Schülers G r e g o r in Cassel vorgetragen. Gregor
fixirte die Lungen bald nach dem Tode durch In-
jektion von lOproc. Formalin in die Vena cava und
erzielte dadurch eine bedeutend grössere Sicherheit
in der Beurtheilung der Lokalisation der patho-
logischen Processe in den Lungen. So ergab sich
118
Heubner und Salge, Fortschritte der Kinderheilkunde.
die interessante Thatsaohe, dass die häufigen Pneu-
monien der Kinder, die noch nicht stehen und laufen
können, vom Hilus der Lunge ausgehen. Sobald
die Kinder das Stehen und Qehen erlernen, ver-
schwinden diese Pneumonien, die Gregor para-
vertebrale Pneumonien genannt hat.
- Auch fOr die Histologie der Lungentuberkulose
von Säuglingen ergeben sich nach dieser Methode
sehr interessante Resultate, auf die hier aber aus
Raummangel nicht näher eingegangen werden kann.
Stanley (76) hat sich mit dem Asthma im
Kindesalter beschäftigt. Er hält echtes Asthma
fQr selten. Empfiehlt zur Behandlung Belladonna,
Aconit u. s. w. Die Prognose ist f flr die Abheilung
in der Pubertät nicht immer günstig.
Nathan (77) berichtet über die Behandlung
der Empyeme im Kindesalter (145 Fälle mit 65^/o
Mortalität). Er empfiehlt die Aspiration des Ex-
sudats und 24 — 48 Stunden später die Rippen-
resektion.
Engel (78) hat in schweren Fällen von Bron-
chiolitis und katarrhalischer Pneumonie gute Er-
folge von der Anwendung der Schnitze 'sehen
Schwingungen gesehen.
Interessante Krankengeschichten betreffend eine
tuberkulöse Mediastino- Perikarditis und bemerkens-
werthe Bildungsanomalien des Herzens hat H o c h -
8 i n g e r (79) veröffentlicht.
Ueber 20 Fälle von Bronchopneumonie bei
Keuchhusten berichten Jochmann und Molt-
recht (80). J. und M. fanden im Sputum ein
Stäbchen, das nahe verwandt, wenn nicht identisch,
mit dem Influenzabacillus ist und das sie „Bacillus
pertussis Eppendorf* genannt haben. Sie halten
das Stäbchen für specifisch für Keuchhusten.
Reiher (81), der sich ebenfalls mitder Aetio-
logie des Keuchhustens beschäftigt hat, fand con-
stant in 34 Fällen ein Stäbchen, das er mit dem
von Czaplewski gefundenen identificirt und von
dem Influenzabacillus scharf getrennt wissen wilL
N e u r a t h (82) hat bei 1 7 keuchhustenkranken
Kindern, die an verschiedenen Todesursachen ge-
storben waren, das Centralnervensystem untersucht
und in einem Theile der Fälle entzündliche Ver-
änderungen namentlich der Pia gefunden, und zwar
waren es hauptsächlich FäUe, die Convulsionen und
meningitische Symptome gezeigt hatten. In einem
Falle fanden sich in den Schnitten influenzaähn-
liche Stäbchen.
Einen sehr interessanten Fall von Polymyositis
im Anschlüsse an Keuchhusten, mit schliesslich
vollständiger Heilung beschreibt Seh ü Her (83).
Sippel (84) theilt eine Casuistik mit, aus der
der grosse Werth der Intubation bei Keuchhusten
mit Laryngospasmus, bei Laryngospasmus ohne
Keuchhusten, ferner bei Maserncroup, Verätzung
des Kehlkopfes u. s. w. hervorgeht.
Derselbe Autor (85) giebt eine lehrreiche
Casuistik über 100 Intubationen bei diphtherischer
Larynxstenose.
W. Pipping (86) hat bei 67 wegen Larynx-
Croup tracheotomirten Kindern Nachforsohnagen
über das spätere Befinden angestellt. Bei 40 Fat.
waren 7 — 20 Jahre nach der Tracheotomie ver-
flossen. Die Tracheotomie kann nicht bescholdigt
werden, ungünstig auf die körperliche Entwicke-
lung einzuwirken und schafft keine Disposition
zur Tuberkulose wie Landouzy behauptet; nur
leichte Beschwerden seitens der Athmungsorgane
wurden in 32.8<^/o der Fälle beobachtet
Lein er (87) beschreibt 0 Fälle von mediasti-
nalem Emphysem bei tracheotomirten Kindern.
Rosenthal (88) empfiehlt vor der Intubation
und nach der Extubation die Anwendung eines
Sprayes von Wasserstoffsuperoxyd.
0 u n 0 (89) giebt für das erschwerte DekanQle-
ment eine Methodik an, die in der Anwendung von
fixirten Kanülen besteht Die Trachealstenosen
erweitert C. mit rechtwinklig abgebogenen Bolzen,
die von der Trachealfistel aus nach oben in den
Kehlkopf geschoben werden. Technische Einiel-
heiten im Originale.
Eine sehr lesenswerthe Studie über die Wir-
kungsweise und die Leistungsgrenzen des Diph-
therieheilserum bei operativen Larynxstenosen ver-
danken wir W i e 1 a n d (90).
Menzi (91) macht auf die Häufigkeit nasaler
Diphtherie bei Säuglingen aufmerksam und em-
pfiehlt energische Heilserumbehandlung auch in
zweifelhaften Fällen.
Ball in (92) fand bei 63 mit gewöhnlichem
Schnupfen behafteten Säuglingen 11 mal Diphtherie-
bacillen, die er als zuföliige Schmarotzer ansieht
Er leugnet eine leichte katarrhalische Form der
Nasendiphtherie, die, auch in ihren chronischen
Formen, ein so markantes Bild giebt, dass die Dia-
gnose ohne bakteriologische Untersuchung gestellt
werden kann. Die Kinder können aber selbst an
Diphtherie erkranken oder andere anstecken.
Eemann (93) fand in den Nasenhöhlen von
100 Kindern, die an chronischer Rhinitis litten,
beinahe stets L ö f f 1 e r 'sehe Bacillen. ESneraeits
kann dadurch eine schnelle Weiterverbreitung von
Diphtherie ermöglicht werden, andererseits komm^
Autoimmunisationen der Kinder vor, die an chro-
nischer Rhinitis mit begleitenden Löffler'sc^en
Bacillen leiden.
Simon (94) behauptet, durch folgende Kriterien
einen Anhalt für die Prognose der mit Serum be-
handelten Diphtherie-Kranken gewinnen zu können.
Tritt 4 Stunden nach der Seruminjektion eine
Hyperleukocytose und eine procentisohe Vermeh-
rung der neutrophilen polynuoleären Zellen ein, so
ist die Prognose gut Bleibt diese Reaktion nament-
lich auch nach Wiederholung der Seruminjektk»
aus, so ist die Prognose schlecht
Longo (95) hat untersucht, ob sich ans den
Formen der Diphtheriebacillen ein Anhalt für ihrs
Virulenz gewinnen lasse. Er kommt au
Schlüsse, dass das nicht der Fall ist
Heubner und Salge, Fortschritte der Einderheilkunde.
119
Aubiniöre (96) beschäftigt sich mit der
Diphtherie prolong6e und yersteht hierunter solche
Fllle, in denen die Krankheit nach Injektion ge-
nOgender Heilserumdosen noch fortbesteht Er
unterscheidet: 1) Angine diphth6rit. prolong6e;
2) Group prolongi^; 3) Diphtherie proL characte-
riste par Tatteinte de l'6tat g6n6ral.
Srik Faber (97) theilt sorgfältige Dnter-
SQchttBgen über den Blutdruck bei diphtherie-
kraoken Kindern mit und glaubt, dass die haupt-
sSchliche Frühwirkung des diphtherischen Giftes
auf einer vasomotorischen Lähmung beruht, die
durch die Wirkung des Giftes auf das yasomoto-
riaohe Oentrum in der Medulla bedingt ist. Sie
kann in schweren Fällen in wenigen Tagen zum
Tode fahren. Die spätere Wirkung des Giftes ist
durch Muskellähmungen charakterisirt
Siegfried Weiss (98) hat Untersuchungen
über die Jodreaktion im Blute bei Diphtherie an-
gestellt und kommt zu dem Resultate, dass die Jod-
reaktjon sich nur in schweren Fällen Ton Rachen-
und Kehlkopfdiphtherie findet, besonders wenn sie
mit RespirationstOrungen und starken Schwellun-
gen der Halsorgane complicirt sind. Die Jodreak-
tion ist nicht eine Wirkung des Diphtherietoxins.
Racaz (99) lenkt die Aufmerksamkeit auf die
primäre Diphtherie der Bachen mandel, die wegen
der schweren Diagnose (Allgemeinbefinden, bak-
teriologische Untersuchung desNasenrachenraumes)
eine iweifelhafte Prognose hat.
Papava88ilion(100) bringt einen statisti-
ichen Beitrag, der die günstige Wirkung des Heil-
serum in Athen darthut Berücksichtigt sind die
Jihre von 1880—1900.
Kasso witz (101) setzt seinen Kampf gegen
<b8 Diphtherieserum fort und prophezeit die nahe
Wrorstehende Tollständige Niederlage der Serum-
freunde.
Bouroart (102) hat Untersuchungen über
die Persistenz der Diphtheriebacillen angestellt
nnd in üebereinstimmung mit den bisherigen Er-
Umingen gefunden, dass in 15% der behandelten
ItUe Diphtheriebacillen noch längere Zeit nach-
weisbar waren. 18% der gesunden Kinder der
(Umgebung, die untersucht wurden, zeigten Diph-
theriebacillen, Erwachsene nia
Martin (103) theilt einen interessanten Yer-
saoh mit, das HeilBcrnm auch örtlich anzuwenden.
Pistillen aas Oammi und Heilserum wurden Patien-
ten mit Rachendiphtherie in den Mund gegeben.
IL behauptet, dass die Membranen sich rasch ab-
bten und die Menge der örtlich nachweisbaren
Bicülen rasch abnahm.
Au bertin (104) hat eine eingehende inter-
MHuite Studie Ober die diphtherischen Lähmungen
■itgetheilt
Labb6 (105) verüfTentlicht sehr eingehende
Untersuchungen über die physikalische und che-
■ische Beschaffenheit des Urins bei Diphtherie
Bnd Scharlach.
Heubner (106) konnte durch histologische
Untersuchungen, die nach einem besonderen Ver-
fahren vorgenommen wurden, nachweisen, dass es
sich bei der Scharlachnephritis um eine schwere,
mit Nekrose einhergehende, vom Oefässbaume und
den Olomeruli ausgehende hämorrhagische Ent-
zündung handelt. Bei Diphtherie finden sich Blu-
tungen selten und dann nur in den geraden
£anälchen. Es fand sich dagegen bei Diphtherie
eine primäre Degeneration derNierenepithelien be-
stimmter Abschnitte der Nierenkanälchen (Schlei-
fenschenkel, Tubuli contorti), während andere Ab-
schnitte verschont blieben. H. vergleicht diese
partielle Schädigung der verschiedenen Nieren-
abschnitte mit den isolirten Erkrankungen, die
durch experimentelle Vergiftungen hervorgerufen
werden können und die auch je nach der Art des
Giftes verschieden sind.
Die Bestrebungen, eine ätiologische Behandlung
des Scharlachs zu schaffen, die im vorigen Jahre
hervorgetreten sind, haben auch im Jahre 1903
einige wichtige Arbeiten hervorgebracht
Moser (107) hat zu seinem in Karlsbad ge-
haltenen Vortrage eine ausführliche Ergänzung
über die Behandlung des Scharlachs mit Scharlach-
streptokokkenserum gegeben. Es sei auf das um-
fangreiche ausführliche Material von Kranken-
geschichten hingewiesen. Derselbe Autor (108)
hat dann ein weiteres Material von 38 Fällen bei-
gebracht, die seine Ansichten und die Wirksamkeit
seines Serum stützen sollen.
Von besonderer Wichtigkeit für diese Frage
ist eine Veröffentlichung von Escherich (109).
Die Streptokokken gelten als Scharlacherreger.
E. hat vorzügliche Wirkung gerade bei den
schweren toxischen Formen des Scharlachs ge-
sehen. Bei ungenügender Dosis des Serum
kommt ' es wenigstens zum lytischen , eine ab-
gekürzte Fiebercurve zeigenden Verlauf. Auf ein-
getretene eiterige Complikationen wirkt das Serum
nicht, ja es verhütet nicht einmal das Zustande-
kommen solcher. Es kommt viel darauf an, dass
das Serum frühzeitig in genügender Dosis ein-
gespritzt wird. Am 1. und 2. Krankheittage be-
handelte Patienten zeigten keinen TodesfalL E s c h.
betont, dass objektive Beobachtungen am Kranken-
bette zur Beurtheilung der Frage wichtiger sind
als Betrachtungen über die Beeinflussung der Mor-
talität.
Dionys Pospi8chill(110) hat günstige Er-
fahrungen mit dem Moser'schen Serum gemacht.
Deber die Frage, ob die Streptokokken als die
Erreger des Scharlachs anzusehen sind, haben
Hasenknopf und Salge (111) in Ergänzung
des von Salge in Karlsbad gehaltenen Vortrages
eine ausführliche Arbeit veröffentlicht, in der H.
und S. unter Benutzung des Phänomens der Agglu-
tination versuchen, biologische Beziehungen zwi-
schen den Streptokokken und den scbarlachkranken
Organismen nachzuweisen. Obgleich die Agglu-
120
Heubner und Salge, Fortschritte der Kinderheilkunde.
tination in vielen Fällen fQr eine specifisohe Be-
deutung der Streptokokken zu sprechen scheint,
so kommen H. u. S. doch auf Qrund klinischer und
bakteriologischer Ueberlegungen zu dem Schlüsse,
dass die Streptokokken nicht die Erreger des Schar-
lachs sein können, sondern dass nur durch den
Scharlachprocess eine gewisse Beeinflussung der
Streptokokken hervorgerufen wird, die dem Schar-
lach eigenthümlich ist •
Ekholm (112) hat mit einem Berichte über
G Familien-Krankengeschichten einen Beitrag zur
Uebertragung des Scharlachs durch Milch geliefert.
Aubertin(113) beobachtete bei einer Reihe
von Scharlachkranken, auch bei sich selbst, eigen-
thümliche Parästhesien in den Händen, ein Yer-
taubungsgefübl , beginnend mit dem Ausbruche
des Exanthems und 1 — 2 Tage andauernd. Diffe-
rentialdiagnostisch ist das Symptom nicht ver-
werthbar.
Widowitz (114) empfiehlt die Darreichung
von ürotropin im Beginne des Scharlachs und zu
Beginn der 3. Woche. " Es kam nie zur Nephritis,
eingetretene Albuminurie schwand schnell, ehe es
zu nephritischen Erscheinungen kam.
Die Bedeutung der Koplik'schen Flecke für die
Frühdiagnose der Masern hat Aronheim (115)
untersucht. Er konnte sie nur in 6% bei einem
Materiale von 150 Fällen finden, die theilweise
auch schon im Incubation- und Prodromalstadium
untersucht wurden. Dagegen hat sie M o n r a d ( 1 1 6)
bei 60<^/o der Masernkranken gefunden, nie bei
anderen Krankheiten. Uebereinstimmend hiermit
sieht Sippel (117) die Koplik'schen Flecke für
ein werthvolles Frühsymptom der Masern an.
Untersuchungen über die Anwesenheit von
Streptokokken in der Mundhöhle von mit Frauen-
milch ernährten Säuglingen hat Herzberg (118)
veröffentlicht Er fand in den 10 untersuchten
Fällen stets Streptokokken.
Einen sehr interessanten Fall von Soor-AU-
gemeininfektion theilt Heubner (119) mit, der
dadurch noch besonders wichtig wird, dass die
Diagnose bereits während des Lebens gestellt
werden konnte. Die Pilze wurden in den Ton-
sillen und im Innern der Organe nachgewiesen.
Experimente an Kaninchen gaben übereinstim-
mende Resultate mit der klinischen Beobachtung.
E. Fränkel(120) hat Untersuchungen über
die Erkrankung des rothen Knochenmarkes bei
akuten Infektionkrankheiten angestellt und ge-
funden, dass bei Affektionen, die durch Pneumo-
kokken, Streptokokken, Staphylokokken, Diph-
therie- und Tuberkelbacillen hervorgerufen waren,
sich die entsprechenden Bakterien selbst oder Sekun-
där-Infektionen im rothen Knochenmarke nach-
weisen Hessen. Tuberkelbacillen wurden niemals,
Diphtheriebacillen Imal gefunden ; es fanden sich
aber auch bei diesen Affektionen Strepto- und Sta-
phylokokken im Marke.
Emil Heim (121) theilt ^inen Beitrag zur
Pathogenität des Proteus vulgaris mit Er sah bei
Typhus dünnflüssige, sehr übelriechende, schleimig
schaumige Stühle und konnte aus ihnen eineo
Proteus züchten, der durch das Blutserum der be-
troffenen Patienten agglutinirt wurde.
Mit der Behandlung des Typhus beschäftigen
sich Arbeiten von Richardidre (122) und
Mery (123). Ersterer bestätigt die allgemeine
Erfahrung, dass kalte Bäder von Kindern schlecht
vertragen werden. Er fängt bei 30® C. an und
geht nicht unter 22 — 24® C. herunter und badet
nur bei Temperaturen über 39®. M. empfiehlt
neben lauen Bädern Natr. salicyl., Antipyrin u.aw.
zur Herabsetzung des Fiebers. Dass kalte Bäder
bei der Behandlung des Kindertyphus zu vermeiden
sind, geht aus den Verhandlungen der New York
Academy of Med. (124) hervor, von deren Ver-
handlungen über den Typhus noohintere88irt,4MB
Koplik den Typhus im Säuglingsalter nicht fQr
so selten hält, wie das von anderer Seite behauptet
wird.
C h u r c h i 1 1 (1 25) hat in 47 Fällen von Kinder-
typhus das Blut untersucht (2 — 12 Jahre alt). Er
fand: Hämoglobin 66%, massige Reduktion der
Erythrocyten. In Fällen ohne Complikationen stets
Leukopenie, Abnahme der multinukleären , Zu-
nahme der Lymphocyten. Gh. hält die Leako-
penie für eben so wichtig für die Diagnose wie die
W i d a 1 'sehe Reaktion. —
Fr. Barth61emy (126) betont den Einfluss
des Milieu hospitalier auf die Krankheiten des
Kindes, der trotz aller Verbesserungen immernoch
vorhanden ist, und zieht die ambulatorische Be-
handlung vor.
K 0 pl i k (1 2 7) bespricht die grosse Ansteckangs-
gefahr der Gonorrhöe der Mädchen im Hospital
Er empfiehlt energische Isolirung in Bezug auf
Wäsche, Geschirre, Badewanne u. s. w. Bei allen
Mädchen, auch den gesunden, ist ein Vulvavwband
anzulegen.
Keller (128), Doli (129) geben gute Deber-
sichten über die Maassnahmen, die in der Praxis
für die Isolirung und die Pflege von Kindern, die
an Infektionkrankheiten leiden, nothwendig sind.
Sürensen (130) giebt auf Qrund von 60 Fäl-
len von epidemischer Cerebrospinalmeningitis eine
sehr ausführliche Schilderung der Krankheit
Kobrak (131) bespricht 122 Fälle von rheu-
matischer Chorea und glaubt von der Anwendung
des Aspirins neben Arsen und hydrothermpan-
tischen Maassnahmen Erfolge gesehen au haben»
Die Endokarditis wird durch das Aspirin nicht be»
einflusst
Reeder (132) warnt vor der Anwendung
Arsens bei der infektiösen Chorea. Er hat dadui
Verschlechterung des Allgemeinbefindens, Temj
ratursteigerung , Verbreiterung der Herzgrens<
Deutlicherwerden systolischer Geräusche
Die Erscheinungen besserten sich, nachdem
Arsen ausgesetzt war.
Heubner und Salge, Fortsohritte der Einderheilkunde.
121
Smith (133) sah von Ergotin bessere Erfolge
bei Chorea als von Arsen.
Emil Hai m (134) hat interessante ROntgen-
ontersnchungen bei akutem Qelenkrheumatismus
aogeetellt, die auf Veränderungen an den Gelenk-
enden schon in den ersten Tagen der Krankheit
Bchliessen lassen. —
Mit Nervenkrankheiten und psychischen Stö-
niDgen im Kindesalter haben sich folgende Autoren
hescbäftigt
Neter (135) giebt ein gutes Sammelreferat
Aber die neueren Arbeiten auf dem Gebiete der
Tetanie.
Bartenstein (136) hat eine sehr interessante
Studie über H e a d 'sehe Zonen bei Kindern ver-
öffentlicht, die im Originale nachzusehen ist.
Sehr werthvoU war das Referat, das vonThie-
mich (137) und Bruns (138) in der 20. Yer-
sammlong der Gesellschaft für Kinderheilkunde in
Gassei über die Hysterie im Kindesalter erstattet
vQrde. Es giebt eine ganz ausgezeichnete Dar-
stellung unserer jetzigen Kenntnisse und bereichert
ietstere durch eine Anzahl wichtiger Beobachtungen.
Hervorgehoben sei an dieser Stelle die Ansicht
Thiemioh's, dass viele Fälle von Enuresis und
auch von Obstipation u. s. w. im frühen Kindes-
alter als hysterisch aufzufassen sind.
Eine eingehende Darstellung der Bedeutung
der Stimmungschwankungen bei Epileptikern ver-
danken wir Aschaffenburg (139).
Oppenheim (140) giebt eine gute Darstel-
lung von den ersten Zeichen der Nervosität im
Kindesalter.
Seinach (141) beschreibt ausführlich 2 Fälle
von Pollakinrie und Enuresis im Kindesalter und
deutet sie als zur Hysterie gehörig.
Kapsammer (142) hat in 37 Fällen gute
Srfolge mit epiduralen Injektionen bei Enuresis
gehabt.
Heinemann (143) hat über Psychosen und
Sprachstörungen nach akut fieberhaften Erkran-
kungen im Eindesalter gearbeitet und giebt neben
einer guten Literaturzusammenstellung eine Be-
schrdbung einiger eigener interessanter Fälle.
Praetorius (144) theilt anatomische Stu-
dien in 3 Fällen von Poliomyelitis acuta mit.
Stadelmann (145) fordert nicht nur für
•diwach begabte, sondern auch für nervenkranke
Cnder besondere Schulen ; er belegt seinen Wunsch
eingehend, aber leider ohne praktische Vorschläge
/flr die Ausführung.
W. V. Stark (146) hat einen werthvollen Bei-
trag ZOT Kenntniss des S tokos- Adams'schen
Symptomencomplexes im Kindesalter geliefert mit
der Krankengeschichte und dem Sektionbefunde
ttnes sehr ausführlich beobachteten Falles. —
König (147) hat interessante Untersuchungen
in 787 Dorfschulkindern vorgenommen und nur
bei ^/^ beiderseits normale Hörschärfe gefunden.
Die Sohwerhörigkeit war in 9<^/o ^^^ ^^^^ durch
Jied. Jahrbb. Bd. 282. Hft. 2.
Eiterung, in 17^1^ durch vergrösserte Bachen-
mandeln, in ca. 60^/o durch katarrhalische Leiden
der Ohrtrompete und des Mittelohres bedingt.
Robert Kronfeld (148) verdanken wir eine
recht lesenswerthe Monographie über die Zähne
des Kindes.
Czerny (149) gUubt einen Zusammenhang
zwischen reichlicher Fettansammlung und einer
dazu führenden Ernährung und sorofulösen Haut-
affektionen erkennen zu können.
Messe und Orünbaum (150) haben zur
Pathologie des Blutes im frühen Kifidesalter eine
Arbeit veröffentlicht, die werthvoll für das Studium
der Anämien im Kindesalter ist.
Kuhn(151)hat21 Fälle von Erythema nodo-
sum veröffentlicht mit ausführlicher Würdigung
der Literatur.
Th. Fröhlich (162) verdanken wir genaue
Untersuchungen besonders auch des Stoffwechsels
bei Diabetes mellitus bei 5 Kindern im Alter von
2 — 14 Jahren.
Wilhelm Ebstein (153) bespricht an-
knüpfend an 2 Fälle von Sklerodermie im Kindes-
alter diese seltene Affektion ; er räth, möglichst früh- ^
zeitig mit sachgemässer Massage zu beginnen, ehe
die irreparablen Schrumpfungen eingetreten sind.
Hagenbach-Burckhardt (154) beobach-
tete in seinem Spitale eine Epidemie von 7 Pem-
phigusfällen, die ihmAnlass zur Zusammenstellung
der Literatur über derartige Vorkommnisse giebt.
Eine ausführliche und praktisch werthvoUe
Zusammenstellung von Fällen mit protrahirtem
Fieber im Kindesalter giebt Mya (155). —
Soholder (156) hat über die Schulskoliose
und deren Behandlung geschrieben und eine ein-
gehende Besprechung der Entstehung und Pro-
phylaxe der Skoliose gegeben. Das orthopädische
Corset ist nicht zu verwerthen. Die besten Resul-
tate liefert die medico-mechanische Behandlung.
Yulpius (157) empfiehlt für die Behandlung
des Klumpfusses das frühzeitige Redressement.
Die blutige Behandlung kommt erst in zweiter
Linie in Betracht Beim paralytischen Klumpfusse
ist am meisten von der Sehnenüberpflanzung zu
erwarten.
Aehnlich empfiehlt auch Armann (158) die
unblutige Behandlung mit Brisement forc6 mög-
lichst bald nach der Geburt und die spätere Nach-
behandlung mit Roser'schem Bügel, Heuss-
n er 'scher Schiene u. s. w. 75% der Fälle gaben
als Resultat eine gute Funktion.
H. Schramm (159) giebt eine eingehende
Beschreibung der Tuberkulose der Knochen und
Oelenke am kindlichen Fusse und bespricht die
Operationsmethoden.
M. Reiner (160) giebt genaue Kranken-
geschichten mit guten Röntgenbildern von der
multiplen chronisch-rheumatischen Gelenkentzün-
dung im Kindesalter mit reichlichen Literatur-
angaben.
16
122
Heubner und Sa Ige, Fortschritte der Kinderheilkunde.
Buxbaum (161) giebt eine gute Anleitung
fQr die Anwendung abhärtender Methoden in der
Praxis. Er warnt vor Uebertreibungen und be-
tont, dass Säuglinge nicht abgehärtet werden dür-
fen im gewöhnlichen Sinne.
Eine Kritik der Ansichten Hecker's (Münchn.
med. Wchnsohr. L. 2. 1903) enthalten die Arbeiten
von Krebs (162) und Baum (163). Trotz man-
cher berechtigter EinwQrfe dürften Heck er 's
Anschauungen in den wesentlichen Punkten doch
als zu Recht bestehend angesehen werden.
TherapetUiseke Vorschläge.
Unser mangelhaftes Vermögen, den Keuch-
husten wirksam zu beeinflussen, zeigt sich in
einer Beihe von therapeutischen Vorschlägen für
die Behandlung dieser Krankheit, von denen fol-
gende erwähnt sein mögen.
Schreiner (164) empfiehlt den Oxykampher
und das Citrophen, v. Noorden (165) das Chino*
phenin, Kittel (166) und 8woboda(167) das
Aristoohin.
V. Bökay (169) hat bei der Behandlung
des chronischen Hydrocephalus mit 4w0chentlich
wiederholten Lumbalpunktionen (50 — 60 com) gute
Erfolge gesehen.
F. Kraus (170) vertritt zur Sauerstofftherapie
den Standpunkt, dass sie nur indicirt sei bei Ste-
nosirung der Luftwege.
Hecht (171) hat bei Larynxstenosen, Broncho-
pneumonien u. s. w. keine Besserung der Dyspnoe
gesehen. Er glaubt als wichtigste Indikation auf-
stellen zu müssen solche Zustände von Dyspnoe,
bei denen sich ein Nachlassen der Herzkraft, die
sich als Tachykardie bekundet, nachweisen lässt
Für solche Fälle hat er von der Sauerstoff-Inhala-
tion günstige Resultate gesehen.
Spiridonoff-Nedensky (172) empfiehlt
die Darreichung frischen Knochenmarkes für die
Behandlung der Rhachitis, Anämie, Bronchial-
drüsentuberkulose u. s. w.
Cuvillier (173) empfiehlt für die Behand-
lung der adenoiden Wucherungen im 1. Lebens-
jahre die Operation, auch bei sehr jungen Kindern,
wenn Einträufelungen von Menthol oder Resorcinöl
1 : 50 in die Nase bei Rückenlage nicht zum Ziele
führen.
Hopfengärtner (174) zeigt in seiner Be-
sprechung der interimistischen Einrichtungen der
Kinderklinik der Charit^, dass die Einrichtung
des Boxensystems schon in der kurzen Zeit von
9 Monaten einen günstigen Einfluss auf die Ver-
meidung von Hausinfektionen und auf die Sterb-
lichkeit erkennen lässt
Lüeraiurverxeichniss.
1) Gamerer, Die stickstoShaltigen Bestandtheile
im mensoblicheD Uria u. die sogeoaoote Acidose. Mon.-
Sohr. f. Kinderhkde. April 1903.
2) Gramer, Zur EnergiebilaDZ beim Neugeborenen.
Münchn. med. Wohnsohr. L. 27.
3) Gaus, Die Nahroogsausnutzang des Neogebo-
renen. Jahrb. f. Kinderhkde. LVII.
4) Aronstamm, Stoffwechselversache an Neu-
geborenen. Arch. f. Kinderhkde. XXXVII. 66.
5) Per r et, Quantites de lait que doivent prendre
au sein de leur meie les noaveaa-nesiterme. UObstetr.
Vm. p. 435. 1903.
if
6) Seiter, Ein Beitrag zum Gapitel: Nahrang»-
mengen n. Stoffwechsel des normalen Brastkindes. Arch.
f. Kinderhkde. XXXVU. p. 91.
7) Paffenholz, Beitrag zur Kenntniss der Nah-
rungsmengen natürlich ernährter Säuglinge. Arch. f.
Kinderhkde. XXXVII. p. 104.
8) Würtz, Ein Beitrag zur Ernäbrongsphysiologie
des Säuglings. Jahrb. f. Kinderhkde. LVIlf. p. 528.
8a) Lis sauer, W. , Ueber OberflfichenmessaDgeD
an Säuglingen u. ihre Bedeutung für den Nahmogsbedarf.
Jahrb. f. Kinderhkde. LVIII. p. 392.
9) Mesnil, R., Les meres qui ne peuvent pas allaiter
au sein leur enfant. These de Paris 1903.
10) Siegert, Grossmütter, die ihre Enkel stiileo.
Münchn. med. Wchnsohr. XXXI. p. 1343.
ll)Perret,De Tallaitement dans ces rapports avec
les etats pathologiqnes de la nourrice. Progres med.
Nr. 21. 1903.
12) Voiz, Georges, Uallaitement mixte. These
de Paris 1903.
13)Raimondi, Gonsequences pratiques de Tnsage
du lait vivant Arch. de Med. des Enf. VI. p. 612.
14)Fitschen, Eleonore, Ueber Sänglingseroäk-
rung mit Vollmilch. Arch. f. Kinderhkde. XXX VII. p. 1.
15) Seiter, Buttermilohconserven. Xn. Sitzung
rheinisch- westfälischer Kinderärzte in Düsseldorf am
1. Febr. 1903.
16) Rubinstein, üeber das Verhalten einiger
pathogener Bakterien in der Buttermilch. Arch. f. Kinder-
hkde. XXXVI. 3—6.
17) Bischoff, Ueber Eismilch. Arch. f. Byg.
XLVU. 1.
18) B i e 1 , H., Ueber künstliche Säuglingseroährung.
Petersb. med. Wchnsohr. Nr. 29. 1903.
19) Mueller, Erich, Gasuistischer Beitrag zar
Ernährung von Kindern mit Odda. Therap. Monatsh.
p. 340. Juli.
20) Gronheim, W., u. Erich Mueller, Unter-
suchungen über den Einfluss der Sterilisation der Milch
auf den Stoffwechsel des Säughngs, unter besonderer Be-
rücksichtigung der Knochenbildung. Jahrb. f. Kinder-
hkde. LVfl. p. 45.
21) R e i n a c h , Beitrag zur Behandlung von Ernih-
rungsstörungen im Säuglingsalter. Verhandl. d. GeseUsch.
f. Kinderhkde. Gassei 1903.
22) Siegert, Die Fermenttherapie der Atrophie im
Säuglingsalter. Ebenda.
23) 8 1 e i n i t z , Zur Kenntniss der chronischeo Er*
nährungsstörungen der Säuglinge. Jahrb. f. Kioderfakde^
LVII. p. 689.
24) Salge, Ueber den Entero-Katarrh der Säug-
linge. Verhandl. d. Gesellsch. f. Kinderhkde. Oassel 1900.
25) Salge, Die Frauenmilch in der Therapie des
akuten Dünndarmkatarrhs. Jahrb. f. Kinderhkde. LVIIL
p. 641.
26) Freund, Ueber Pylorusstenose im Säugling^
alter. MittheiL a. d. Grenzgeb. d. Med. u. Ghir. Nr. 2»
p. 309.
27) Delamare, G., Recherches sur la Btructiim
de rintestin grele du nouveau-ne. Gompt. rend. de W
Soo. de Biol. Nr. 28.
28) Bloch, Anatomische Uotersuchnngen über d
Magen-Darmkanal des Säuglings. Jahrb. f. Kiiiderhk<
LVm. p. 121.
29) Bloch, Studien über Magen-Dannkaturrh
Säuglingen. Jahrb. f. Kinderhkde. LVIU. p. 733.
30) Finkelst.ein, H., u. L. Ballin, Die W
Säuglinge Beilius und ihre Verpflegung im st&dtisc
H e u b n e r und S a 1 g^e , Fortschritte der Einderheilkunde.
123
Kinderasyl. Ein Beitrag zar Frage der Anstaltabehand-
Inng YOQ SäugliDgen. Berlin u. Wien 1904. ürban k
Sehwarzenberg.
31) D e u 1 8 c h , Gratismiloh n. Ordinationsanstalten
far Stogiinge. Gentr.-Bl. f. Einderhkde. Nr. 7 n. 8.
32)Maygrier, Gh., Les consaltations de noorris-
8008. Monographies oliniqaee snr les qaestions neu volles
en medeoine, en Chirurgie, en biologie Nr. 35. Paris.
Masaon k Cie.
33) Pütter, £., Das Ziehkinderwesen. Schriften
d. denteohen Vereins f. Armenpflege n. Wohltbätigkeit.
Heft 59.
34) Wyss, Eindersterblichkeit im ersten Lebens-
jahre ond Blasenaenche der Milchthiere. Corr.-Bl. f.
Schweizer Aerzte Nr. 33.
35)Paffenholz, Weitere Mittbeilungen über die
Prophylaxe der Sommersterblichkeit der Säuglinge.
Gentr.-Bl. f. aUgem. Geshpfl. XXII. p. 349.
36) Heubner, üeber die Barlow'sche Erankheit.
Vortrag, gehalten in der Berliner med. Gesellschaft vom
11. März 1903. Berl. klin. Wchoschr. XL. 13.
37) Stoss, Barlow'sche Erankheit (Skorbut der
kleinen Einder). Ck>rr.-Bl. f. Schweizer Aerzte Nr. 15 u. 16.
38) Schilling, Zur Sekretion der Speicheldrüsen,
inabesondere der Glandula submazillaris im S&uglings-
üUsr. Jahrb. f. Einderhkde. LVIII. p. 518.
39) Cohnheim u. Soetbeer, Die Magensaft-
sekretion des Neugeborenen. Ztschr. f. phys. Chemie
XXXVII.
40) Friedjung, J. E., u. A. F. Hecht, üeber
kaislytisohe u. fermentative Funktionen der Milch. Wien,
med. Wchnschr. LIII. 37.
41)Greenfield, Die Assimilationsgrenze für Zucker
im Eindesalter. Jahrb. f. Einderhkde. LVIII. p. 666.
42) Pf ist er, H., Neue Beiträge zur Eenntniss des
kindlichen Himgewichts. Arch. f.Eanderhkde. XXXVII.
p.239.
43)Pf ister, H., Theilwägungen kindlicher Gehirne.
Ebenda p. 243.
44) Pf ister, H., Die Eapacität des Schädels (der
Kopfhöhle) beim Säugling u. älteren Einde. Mon.-Schr.
f. Psych, u. Neurol. XIII. 6. p. 577.
45) Perlin, Anna, Beitrag zur Eenntniss der phy*
Bolodschen Grenzen des Hämoglobingehalts u. der Zahl
der Blutkörperchen im Eindesalter. Jahrb. f. Einderhkde.
LVm. p. 549.
46) Zangemeister u. Meissl, Vergleichende
Untersuchungen über mütterliches u. kindliches Blut u.
Fruchtwasser, nebst Bemerkungen über die fötale Harn-
tekretion. Münohn. med. Wchnschr. L. 16.
47) Lange, Emil v.. Die Gesetzmässigkeit im
Ungenwachsthum des Menschen. Jahrb. f. Einderhkde.
LVn. p, 261.
48) Stoeltzner, Pathologie u. Therapie der Rha-
ishitia. Berlin 1904. S. Earger.
49) Stoeltzner, Pathologisch- anatomische Be-
fände an den Weichtheilen RhaohitiBcher. Giebt es eine
Tisoerale Bbachitis? Gharit^-Annalen.
49a) Stoeltzner, Farbenanalytische Untersuchun-
gen ao rhachitischen Enochen. Verhandl. d. Gesellsch.
f. Kindeihkde. Caasel 1903.
49b) Stoeltzner, Die Einwirkung des Phosphors
auf den rhachitischen Enoohenprooess. Ebenda.
50) Neurath, Rudolf, Ueber ein bisher nicht
gewürdigtes ^mptom der Rhachitis. Wien. klin. Wo-
dienschr. XVL 23.
51)Siegert, Die rhachitische Hand. Verhandl. d.
QeaeDsch. f. Einderhkde. Cassel 1903.
52) Siegert, Die Erblichkeit der Rhachitis. Ver-
kaodL d. Oesellsch. f. Einderhkde. Cassel 1903. — Jahrb.
f. Einderhkde. LVIII. p. 929.
53) Pacohioni, Beschreibung u. Pathogenese der
Verinderongen der ohondralen Verknöcherung bei der
Rhachaig- Jahrb. f. Einderhkde. LVU. 1.
54) Pfaundler, Ueber die Ealkadsorption thie-
risoher Gewebe u. über die Grundlagen einer modernen
Rhachitistheorie. Mnnchn. med. Wchnschr. L. 37.
55) Cohn, Michael, Zur Coxa yara in Folge Früh-
rhaohitis. Jahrb. f. Einderhkde. LVIII. p. 572.
56) Abt, Treatment of Rickets. CliDical Review.
Chicago, Maroh 1903.
57)Conoetti, La cura del fosforo nel rhachitismo.
Rivista di CUn. Nr. 1. 1903.
58) R u 1 1 m a n n , Ueber die Abtödtung von Tuberkel-
bacillen in erhitzter Milch. Münchn. med. Wchnschr.
L.3L
59) Hesse, Ueber die Abtödtung der Tuberkel-
bacillen in 60^ C. warmer Milch. Ztschr. f. Hyg. u. In-
fektionskrankh. XLII. 1.
60) E ober, The transmission of bovine-tuberoulosis
by milk etc. Amor. Joum. of med. Sc. Oct. 1903.
61) Heller-Wagener, Ueber primäre Tuber-
kuloseinfektion durch den Darm. Münchn. med. Wchnschr.
L. 47.
62) Hof, Ueber primäre Darmtuberkulose. Eiel
1903.
63) Nebelthau, Beiträge zur Entstehung der
Tuberkulose vom Darm aus. Münchn. med. Wchnschr«
L. 29. 30.
64)Ganghofner, Zur Frage der Fütterungstuber-
kulose. Verhandl. d. Gesellsch. f. Einderhkde. Cassel
1903.
65) B e h r i n g , £. v., Tuberkulosebekämpfung. Berl.
klin. Wchnschr. XL. 11. — Vgl. a. den Vortrag auf der
75.Versamml. deutscher Naturforscher u. Aerzte in Cassel
u. die Verhandlungen des Vereins für innere Med. in
Berlin.
66) Disse, Untersuchungen über die Durchgängig-
keit der jugendlichen Magendarm wand für Tuberkel-
bacUlen. Berl. klin. Wchnschr. XL. 1.
67) Eoplik, Tuberculosis of the tonsils and the
tonsils as a portal of tubercular infection. Amer. Journ.
of med. So. Nov. 1903.
68)Hugel8hofer, Ueber Spondylitis mit beson-
derer Berücksichtigung des späteren Verlaufes derselben.
Jahrb. f. Einderhkde. LVIII. p. 806.
69) Hoffa, Traitement des tuberculoses articulaires
de Tenfance. Ann. de Med. et Chir. inf. Nr. 10. 1903.
70) Damianos, Beitrag zur operativen Behand-
lung der Eniegelenkstuberkulose, mit besonderer Be-
rücksichtigung der Jodoformplombe n&Gh Mosetig. Deut-
sche Ztschr. f. Chir. LXVIII. p. 50.
71)Matzenauer,R., Die Vererbung der Syphilis.
Ist eine pateme Vererbung erwiesen ? Wien. klin. Wo-
chenschr. XVI. 7.
72) V. D ü r i n g , Ueber Syphilisimmunität, besonders
in Hinsicht auf das sogenannte Profeta'BohQ Gesetz. Berl.
klin. Wchnschr. XL. 1.
73) T u g e n d r e i c h , G., Ein Fall von Meningo-
Encephalitis heredosyphilitica bei einem Säugling unter
dem Bilde des Hydrocephalus externus. Jahrb. f. Einder-
hkde. LVIII. p. 425.
74) Linser, P., Ueber juvenile Tabes u. ihre Be-
ziehungen zur hereditären Syphilis. Münchn. med. Wo-
chenscbr. L. 15.
75) Czerny-Gre^or, Ueber die Lokalisation der
Lungenerkrankungen bei Säuglingen. Verhandl. d. Ge-
sellsch. f. Einderhkde. Cassel 1903.
76) Stanley, Asthma in childhood. Birmingh.
med. Review p. 104. 1904.
77) Nathan, Beiträge zur Behandlung der Em-
pyeme im Eindesalter, mit besonderer Berücksichtigung
der Folgezustände. Arch . f. Einderhkde. XXXVII. p. 252.
78) Engel, C. S., Ueber die Anwendung der
Schultze'schen Schwingungen bei Bronchiolitis u. katar-
rhalischer Pneumonie junger Einder. Deutsche med.
Wchnschr. XXIX. 9. 1903.
79) Hochsinger, Diagnostische Betrachtungen
über seltene Fälle infantiler Eardiopathien. Jahrb. f.
Einderhkde. LVH. 1.
124
Heubner und Salge, Fortschritte der Einderheilkunda
80) Joohmann u. Moltrecht, 20 Fälle von
BroDchopneamonien bei Eenohhusten-Eindem, hervor-
gemfen daroh ein inflaenzaähnliohes Stäbchen : Bacillas
pertussis Eppendorf. Gentr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w.
XXXIV. 1.
81) Reiher, F., Zar Aetiologie u. Pathogenese des
Eeuchhastens. Jahrb. f. Einderhkde. LVIII. p. 605.
82) N e Q r a t h , R., Veränderangen im Cenbiünerven-
system beim Eeuchhusten. Wien. klin. Wchnschr.
XVI. 46.
83) S c h ü 1 1 e r , Folymyositis im Eindesalter. Jahrb.
f. Einderhkde. LVIII. p. 193.
84)8ippel, Fr., üeber Intubation bei Larynx-
stenosen nicht diphtheritischer Natar. Württemb. med.
Corr.-Bl. Nr. 16—17. p. 261.
85) 8 i p p e 1 , F r., Bericht über 100 Intubationen bei
diphtherischer Larynxstenose. Ebenda Nr. 4—5. p. 57.
86) Pipping, "W., Ueber das Vorkommen von Stö-
rungen nach der [^acheotomie bei Croup. Finska läkare-
säUsk. handl. Nr. 41903. — Zlschr. f. klin. Med. XLIX.
1—4
87) Lein er, Mediastinales Emphysem bei tracheo-
tomirten Kindern. Jahrb. f. Einderhkde. LVIII.
88) Rosenthal, ChaDges in the management of
laryngeal diphtheria treated by Intubation. Aroh. Fe-
diathc Juny 1903.
89)Cuno, Fizirte Tuben u.. Bolzenkanülen bei er-
schwertem Decanülement. Münchn. med. Wchnschr.
L. p. 781.
90) W i e 1 a n d , Das Diphtherieheilsemm, seine Wir-
kungsweise u. seine Leistungsgrenzen bei operativen
Laryoxstenosen. Jahrb. f. Einderhkde. LVII. 5.
. 91) Menzi, Sulle complicazioni faringo-lariogee
della difterite primitiva nasale nei lattanti. Oiom. della
R. Acad. di Med., Torino Nr. 2—3. 1903.
92) B a 1 1 i n , Ueber das Vorkommen von Diphtherie-
bacillen beim gewöhnlichen Schnupfen der Säuglinge.
Jahrb. f. Einderhkde. LVIIL 2.
93) Eemann, Ueber die Rhinitis diphtheritica.
Soc. belg. d'OtoL-Rhinol. Juni 1903.
94) Simon, Des elements de pronostio, qu'on peut
tirer de Texamen du saog des malades atteints de diph-
therie. Arch. de Med. des Enf. Nr. 10. p. 604. 1903.
95) Longo, Sulla morfologia del bacillo di Loeffler
in rapporto alla prognosi delle forme difteriche. Rivista
di Clin. ped. VII. 1903.
96) A u b i n i e r e , Gontribution ä l'etude de la diph-
therie prolongee. These de Paris 1903.
97) Faber, Erik, Die Todesursachen bei Diph-
therie. Inaug.-Diss. Eopeohagen 1903. 170 S.
98) Weiss, Siegfried, Die Jodreaktion im Blute
bei Diphtherie. Jahrb. f. EiDderhkde. LVIII. p. 55.
99) Racaz, Adenoidite diphtherique primitive.
Oaz. hebd. de Med. de Bordeaux.
100) Papavassilion, La diphtherie äAthenes de
1880—1900. Ann. de Med. et Chir. inf. Nr. 20. 1903.
101) Eassowitz, Die Erfolge des Diphtherieheil-
serums. Vierter Artikel. Therap. Monatsh. p. 333. Juli.
102)Bourcart, Recherches sur la persistance du
bacille de la diphtherie chez les sujets convalescents de
cette maladie et sur sa presence chez des sujets sains en
contact avec des diphtheriques. Revue mens, des Mal.
de TEnf. p. 393. 1903.
103) Martin, L., Proprietes du semm antidiphthe-
rique. Compi rend. de la Soo. de Biol. 1903.
104) A über tin, Gontribution ä Tetude des para-
lysies diphtheriques. Arch. gen. de Med. VI. 1903.
105) Labbe, Le Syndrome urinaire dans la scarla-
tine et de la diphtherie de Tenfance. These de Paris
1903.
106) Heubner, Bemerkungen zur Eenntniss der
Scharlach- u. Diphtherienephritis. Münchn. med. Wo-
chenschr. L. 4.
107) Moser, Ueber die Behandluog des Scharlacha
mit einem Scharlachstreptokokkenserum. Jahrb. f. Kinder-
hkde. LVII. 1 u. 2.
108) Moser, Die Serumbehandlung bei Sohiilach.
Wien. med. Wchnschr. Uli. 44.
109) Esoherich, Die Erfolge der Semmbehand-
lung des Scharlachs an der Universitätskinderklinik in
Wien. Wien. klin. Wchnschr. XVL 23.
110) Pospischill, Dionys, J/o««r'« Scharlich-
Streptokokkenserum. Wien. klin. Wchnschr. XVL 15.
111) Hasenknopf-Salge, Ueber AgglntinatioD
bei Scharlach. Jahrb. f. Einderhkde. LVIU. Erg.-Heft
112) Ekholm, Zur Soharlachübertragung durch
Milch. Ztschr. f. kUn. Med. XLIX. 1—4.
113)Aubertin, L'engourdissement des mains dans
la scarlatine. Arch. de Med. des Enf. Nr. 4, 1903.
114) Widowitz, Urotropin als Prophylakticam
gegen Scharlach nephritis. Wieo. klin. Wchnschr. XVL 40.
115) A r 0 n h e i m , Sind die Koplik' %G\iBu Flecke ein
sicheres Frühsymptom der Masern ? Münchn. med. Wo-
chenschr. L. 28.
1 16) M 0 n r a d , Die JKbpZife'schen Flecke bei Masern,
ügeskr. f. Läger Nr. 27. 1903.
117) Sippel, Fritz, Das Zop/ifc'sche Frühsym-
ptom der Masern. Württemb. med. Corr.-Bl. p. 19.
118) Herz her g, J., Sind in der Mundhöhle mit
Ammenmilch ernährter Säuglinge Streptokokken vor-
handen ? Deutsche med. Wchnschr. XXIX. 1.
119) Heubner, üeber einen Fall von Soor- All-
gemeininfektion. Deutsche med .Wchnschr. XXIX. 33. 34.
120) Fränkel, E., üeber die Erkrankungen des
rothen Knochenmarkes, besonders der Wirbel u. Kippen,
bei akuten Infektionskrankheiten. Mittheil. a. d. Grenz-
geb. d. Med. u. Chir. XII. p. 419.
121) Heim, Emil, Beitrag zur Pathogenität des
Bacillus Proteus vulgaris. Wien. klin. Wchnschr. XVL
122) Richardlere, Les bains froids dans le traite-
ment de la fievre typhoide chez les enfants. Revue
d^Obstetr. et de Pediatrie 1903.
123) Mery, Le traitement de la fievre typhoide.
Ann. de Med. et Chir. inf. Nr. 17. 1903.
124) Sitz.-Ber. d. New Torker Acad. of Med.
125) Churchill, The blood in the typhoid of
ohildren. Boston med. and surg. Joum. XXV. 6. 1903.
126) Barthelemy,De Tinfluenoe du miheu hospi-
talier dans Tevolution des maladies inCantUes. These de
Paris 1903.
127) Koplik, Prophylaotic measuree to prevent
the spread of vulvo-vaginitis in hospital Service. Arch.
Ped. Oct. 1903.
128) Keller, üeber Isolirong der an Infektions-
krankheiten leidenden Kinder in der Praxis. Die Kran-
kenpflege II. 11. p. 992.
129) Doli, Die häusliche Pflege bei ansteckenden
Krankheiten, insbesondere bei ansteckenden Kinderkrank-
heiten. VeröfifenÜ. d. deutschen Vereins f. Volkahyg.
Heft 5.
130) Sörensen, Fieber u. Krankheitsbild der epi-
demischen Cerebrospinalmeningitis. Jahrb. f. KinderhkdeL
LVm. 1.
131) Kobrak, üeber rheumatische Qiorea n. ihre
antirheumatische Behandlung. Arch. L Kinderhkde.
XXXVI. 1 u. 2. p. 28.
132) Reeder, Beobachtunjen bei der Aisenthenpia
der Chorea. Fortschr. d. Med. XXI. 19.
133) Smith, Behandlung der Chorea mit SrgotiiL
Brii med. Joum. p. 133. 1903.
134) Haim, üeber Knochen veränderangen bei
akutem Gelenkrheumatismus. Ztschr. f. Hdlkde. XXIV.
8. p. 260.
135) N e t e r , Die Tetanie. Sammelreferat über dia
neueren Arbeiten. Arch. f. Kinderhkde. XXXV. p. 437.
136) Bartenstein, Head'sohe Zonen bei KuideiiL
Jahrb. f. Kinderhkde. LVIU p. 473.
137) Thiemioh, Ueber Hvsterie im Kindeealtar.
Jahrb. f. Kinderhkde. LYIII. p. 881.
Heubner und Salge, Fortsohritte der Einderheilkunde.
125
138) 6r an 8, Die Hysterie im Eindesalter. Ebenda
f. 895.
139) Asohaffenburg, Ueber dieBedeatang der
Stimrooiigschwankangen bei Epileptikern. Y. Versamml.
i Vereins f. Kinderforsohong am 11. a. 12. Oct in Halle.
140) Oppenheim, Die ersten Zeichen der Nervo-
sität im Kindesalter. Ebenda.
141) Rein ach, üeber Pollakiarie u. Eonresis im
Kiodesalter. Jahrb. f. Einderhkde. LVIII. p. 795.
J42j Xapsammer, Ueber Ennresis u. ihre Be-
hodlüDg mittels epidaraler Injektionen. Wien. klin. Wo-
cbeoschr. XVI. 29.
143) fleinemann, Ueber Psychesen n. Sprach-
stonugeD nach akut fieberhaften Erkrankungen. Arch.
f. Kinderhkde. XXXVI. p. 173.
144) Praetorins, Zor pathologischen Anatomie
der Poliomyelitis acuta infantam. Jahrb. f. Kinderhkde.
LVni. p. 175.
145) Stadelmann, Schulen fär nervenkranke
Kinder. Berlin 1903. Reuther & Reichard.
146) Stark, W. y., Zur Kenntniss des Vorkommens
des8tokes-Adams*schen Symptomencomplexesim Eindes-
alter. MoD.-Schr. f. Einderhkde. April 1903.
147) König, Ohrenuntersuchungen in der Dorf-
schale. Samml. zwangl. Abhandl. a. d. Gebiete d. Nasen-,
Obren- n. s. w. EranUieiten, herausgeg. von Heermann
ms.
148) Krön feld, Robert, Die Zähne des Kindes.
Lapzigl903. Arthur Felix.
149) Czerny, üeber die Besiehungen zwischen
MästoDg u. scrofulöser Hautaffektion. Mon.-Schr. f.
iioderhkde. Mai 1903.
150) Mosse-Qrünbaum, Zur Pathologie des
Blutes im frähen Eindesalter. Jahrb. f. Einderhkde.
LVUI. 2. p. 435.
151) Euhn, üeber Erythema nodosum. Arch. f.
Xiiiderhkde. XXXVI. p. 195.
152) Froehlioh,Th., Studium über den Diabetes
mellitus im Eindesalter. Yidonskabs sitskobets skrifter.
J. Mathem.-natiirw. Elasse Nr. 1. Ghristiaoia 1903. 139 S.
153) Ebstein, Wilhelm, Zur Pathologie u. The-
rapie der Sklerodermie im Eindesalter. Deutsche med.
Vcfanschr. XXIX. 1 u. 2.
154) Hagenbach-Burckhardt, üeber Pem-
phigus contagiosuB. Jahrb. f. Einderhkde. LVII. 5.
155) Mya, G., Sulla nature di alcune forme difebbre
protratta, considerate neU'etä infantile. Rivista di Clin.
ped.Nr. 11. 1903.
156) Scholder, Die Schalskoliose u. deren Be-
handlung. Arch. f. Orthop., Mechanother. u. ünfallohir.
I. 3. p. 327.
157) Vulpius, 0., Die Behandlung des Elump-
fusses. Arch. f. Orthop., Mechanother. u. Unfallchir. I. 3.
p. 374.
158) Armann, Die Behandlung des Elumpfusses
an der Poliklinik des Baseler Einderspitals. Jahrb. f.
Einderhkde. LVII. p. 631.
159) Schramm, H., Beitrag zur Eenntniss der
Tuberkulose der Knochen u. Oeleoke am kindlichen Fusse.
Wien. med. Wchnschr. Uli. 16—19.
160) Reiner, Max, üeber die multiple, sogenannte
chronisch-rheumatische GelenksentzünduDg im Kindes-
alter. Ztschr. f. Heilkde. XXIV. 1. p. 157.
161) Buxbaum, B., üeber die Abhärtung. Die
Krankenpflege II. 5. p. 396.
162) Krebs, W., Zur Frage der Abhärtung. • Berl.
klin. Wchnschr. XL. 7.
163) B a u m , S., Zur Abhärtung mittelst hydriatischer
Proceduren. Bl. f. kUo. Hydrother. Nr. 2.
164) Schreiner, Maximilian, üeber den heu-
tigen Stand derKeuchhustenbehandlung mitOxykamphor
u. Citrophen. Therap. Mooatsh. p. 230. 294. Mai, Juoi.
165) V. Noorden, Ueber Chinaphenin. Therap. d.
Gegen w. Nr. 1.
166) Kittel, Herrmann, Eurzer Beitrag zur
Therapie des Eeuchhustens. Therap. Monatsh. p. 408. Aug.
167) Swoboda, Norbert, üeber Behandlung des
Eeuchhustens mit Aristochin, einem neuen geschmack-
losen Chininpräparat. Wien. klin. Wchnschr. XVI. 10.
168) Stepp, Zur Behandlung des Eeuchhusteos.
Prag. med. Wchnschr. XXVIIL 11—14.
169) V. B 6 k a y , üeber den Werth der systematischen
Lumbalpunktion bei derBehaudlungdesHydrooeph. chro-
nicus internus bei Eindem. Jahrb. f. Ejnderhkde. LVII.
p. 229.
170) Er aus. F., Zur Sauerstofftherapie. Therap.
d. Gegen w. Nr. 1.
171) Hecht, üeber Sauerstoffinhalationen bei
Einderkrankheiten. Jahrb. f. Kinderhkde. LVII. p. 204.
172)8piridonoff-Nedensky,La moelle osseuse
comme moyen de traitement. These de Lausanne.
173) Ca villi er, H., Traitement des vegetations
adenoides pendant la premiere aonee de Tenfance. Ann.
de Med. et Chir. inf. Nr. 21. 1903.
174) Hopfen gärtner. Die jetzige Einrichtung der
Kinderklinik. Charite-Annalen p. 266.
126
Wagner, Neuere Beitrage zur Niereoohirurgie.
Neuere Beiträge zur Nierenchirurgie. ^)
ZusammeDgestellt yon
Dr. Paul Wagner
in Leipzig.
Aus ftusseren Orfinden sind dieses Mal 4 Jahre
verflossen, seitdem wir die letzte Zusammenstellung
nierenchirurgischer Arbeiten veröffentlicht haben.
Auch in diesem Zeiträume ist wieder sehr fleissig
gearbeitet worden, und zwar, wie wir besonders
dankbar anerkennen müssen, in vorwiegend con-
servativer Richtung.
In den letzten Jahren sind es ganz besonders
zwei Capitel der Nierenchirurgie gewesen, die
grosse Fortschritte aufzuweisen haben, wenn sie
auch noch nicht abgeschlossen sind und keines-
wegs von allen Seiten als gleich bedeutungsvoll
gewürdigt werden: auf diagnostischem Gebiete
sind es die Methoden der sogen, funktionellen
Nurendiagnostik , ganz besonders die Kryoskopie
und die Phlorhizinprobe ; auf therapeutischem Oe-
biete die Bestrebungen, gewisse Formen der Bright*-
sehen Nierenkrankheü durch chirurgische Eingriffe
XU heilen.
Bei der grossen Reichhaltigkeit der Literatur
haben wir uns auch in diesem Berichte in der
Hauptsache auf die Arbeiten rein chirurgischen
Inhaltes beschrftnkt; anatomische und pathologisch-
anatomische Mittheilungen aber wenigstens in so-
weit berücksichtigt, als wir die hervorragenderen
in das Literaturverzeichniss aufgenommen haben.
/. Lehrbücher, grössere Monographien und Beriehte,
1) Blake, J. A., Some problems in the major sur-
gery of the kidneys ; with a report of cases. Med. News
AprU 11. 1903.
2) C a n t w e 1 1 , F. Y .. Six Dephrectomies. New York
med. Reoord Maroh 17. 1900.
3) Gas per, L., Lehrbach der Urologie mit Ein-
Bchloss der mäDDÜchen Sexualerkrankungen. Wien n.
Berlin 1903. Urban & Schwarzenberg. §. 515 8. mit
zahlreichen Abbildungen.
4) Frisch, A. v., u. 0. Zackerkandl, Hand-
buch der Urologie. Lief. 1. Wien 1903. Alfred Holder.
5)Qreiffenhagen, W., Ueber den gegenwärtigen
Stand der Nieren- u. Harnleiterchirurgie. Petersb. med.
Wchnschr. XXV. 45. 1900.
6) 0 r 0 h e , ß., Weiterer Beitrag zur Nierenchirurgie.
Arch. f. klin. Chir. LXVI. p. 178. 1902.
7)Harri8on,R., Diseases of the kidneys (surgical),
of the Ureters and of the bladder. Twentieth Century
praotioe XXI. 1903.
8) Hart mann, H., Organes genito-nrinaires de
rhomme. Paris 1904. 0. Steinheil.
9) H 0 c h e , L., Les lesions du rein et des capsules
surrenales. Paris 1904. Massen & Cie. 8. 332 8. mit
81 photographischen Tafeln u. 87 mikrophotographischen
Figuren.
>) Vgl. Jahrbb. CCLXVL p. 65.
10) Jessop, T. B., On nepbreotomy, nephroütbo-
tomy and lithotomy. Brit. med. Jonm. Dec. 14. 1901.
ll)Jone8cu, T., Nephrektomie. Revista de Ghir
5. 1903. — Centr.-Bl. f. Chir. XXX. 41. 1903.
12) J 0 8 e p h 80 n , CD., Beiträge zur consenratiyeD
Nierenchirnrgie. Nord. med. ark.XI. 1901. — Ceotr.-BL
f. Chir. XXVIII. 25. 1901.
13) Israel, J., Chirurgische Klinik der Nieren-
krankheiten. Berlin 1901. A. Hirschwald.
14) Küster, E., Die Chirurgie der Nieren, der
Harnleiter u. der Nebennieren. 2. Hälfte. Stuttgart 1902.
Ferd. Enke.
15) Kü stet, E., Die Nieren-Chirurgie im 19. Jahr-
hundert. Ein Ruck- u. Ausblick. Arch. f. klin. Cbir.
LXIV. 3. p. 559. 1901.
16) L a d i n 8 k i , L. J., Nepbrectomy ; a clinical study
of four cases. New York med. Reoord Febr. 8. 1902.
17) Lequeux, Quelques cas de Chirurgie renale.
Ann. des Mal. des org. gen.-urin. XX. p. 1234. 1902.
18) Lob st ein, E., Die Wandernieren u. Hydro-
nephrosen der Heidelberger Klinik. Beitr. z. klin. Chir.
XXVIL p. 251. 1900.
19) Morris, H., Surgical diseases of the kidoey
and Ureter includinginjuries, malformationsandmisplaee-
ments. 2 Bände. C)ndon 1902. CasseU & Co.
20) Mouchet, Contribution aux Operations prati-
quees sur le rein, d'apr^s seize obserrations. Add. des
Mal. des org. gen.-urin. XX. p. 230. 1902.
21) Newman, David, History of renal sui^ery.
Lancet March 2. 9. 23., April 6. 1901.
22) N e w m a n , D., Surgical diseases of the kidney ;
their general symptomatology and physical diagnosis,
with illustrative cases. Olasgow med. Joum. LV. 2. 4. 5;
LVI. 1. 2. 3. 5. 1901 ; LVH. 1. 4.
23)Prochownik, Nephrektomie. Deutsche med.
Wchnschr. XXVL 37. 1900.
24) Röchet, Chirurgie du rein et de Turetere^di-
cations ; manuel operatoire). These de Paris 1900.
25) Ro u V i 1 1 e , 0. d e , Consultations sur les mala-
dies des voies urinaires ä Tusage des pratidens. Pana
1903. J.-B. Bailliere & fils. 8. 268 pp.
26) Schede, M., Verletzungen u. Erkrankungen
der Nieren u. Harnleiter. Handbuch d. prakt Chir. m.
2. p. 283. Stuttgart 1901. Ferd. Enke.
27) Schmieden, V., Die Erfolge der NiereDohir*
urgie. Deutsche Ztschr. f. Chir. LXIL 3 u. 4. p. 205. 1902.
28) Ssamochotzki, S. 0., Aus dem Gebiete der
Nierenchirurgie. Ann. d. russ. Cbir. 4. 1900.
29) Wagner, P., Behandlung der Erkrankung d«
Nieren u. der Harnleiter (ausschliesslich der diftnea
Nierenerkrankungen). Handbuch d. Therapie in
Krankh. 3. Aufl. VE. Bd. Jena 1903. Oustav Fisch
30) Warschauer, E., Beobachtungen aus d
Nieren- u. Ureterenphysiologie. Berl. klin. Wc:
XXX Vra. 15. 1901.
31) Wyss, M. 0., Zwei Decennien Nierenchi
Beitr. z. klin. Chir. XXXIL 1. 1901.
Von Lehr- und Bandbudhem der Nu
deren Ersoheinen in die Beriohtzeit fällt,
namentlich drei zu nennen: die 2. Hftlfke
Küster 'sehen Nierenohirurgie ; die Sched
sehe Bearbeitung der Verletzungen und Er]
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenchinirgie.
127
knngeii der Nieren und Harnleiter in dem von
T. Bergmann, t. Bruns and v. Mikulicz
herausgegebenen Handbuch der praktischen Chir-
urgie, sowie endlich die grosse zweibändige Nieren-
chinirgie von H. Morris.
Auch die imRahmendesgroseenNothnagel'-
schen Handbuches der speciellen Pathologie und
Therapie erschienene Senator 'sehe Arbeit : „Die
Erknmkungen der Nieren'* ist fCir den Chirurgen
TidAicb von grossem Werthe.
Der 1. Theü der Küster 'sehen Nierenchirur-
gie ist im CCLI V.Bande dieser Jahrbücher (p. 81)
besprochen worden. Nicht nur die grosse Ffllle
dee SU bewältigenden Stoffes, sondern auch eine
Reihe äusserer Umstände sind die Veranlassung
gewesen, dass die 2. Hälfte der Nierenchirurgie (14)
erat jetzt erscheinen konnte. „Mein Buch — sagt
Vf. mit allzu grosser Bescheidenheit — füllt keines-
wegs eine fühlbare Lücke aus ; aber es darf viel-
leieht für sich als Besonderheit in Anspruch nehmen,
dass es zum ersten Male die gesammte Literatur,
selbst die Casuistik in einem Umfange verwerthet
hat, wie es in früheren Werken nicht geschehen
ist" Das Literaturverzeichniss des E.'sohen Werkes
nimmt über 100 engbedruckte Seiten ein und ist
von einer bisher jedenfalls unerreichten Vollstän-
digkeit Die grosse Arbeit, die in einer solchen
Literaturzusammenstellung steckt, weiss nur der
richtig zu schätzen, der, wie Ref., selbst seit län-
geren Jahren die Arbeiten über Nierenchirurgie
gesammelt und zusammengestellt hat
Die 1. Hälfte der K. 'sehen Nierenchirurgie um-
fasste folgende Capitel : L Oeeehiehilieke Einleüung
und Orenzen der ikerencMruirgie. U, Anatomie und
Pktfeiologie der Nieren. IIL Uniersuehungsmetkoden,
Mffemeine Symptomatologie und Diagnostik. IV, Eni-
tffiekehmgegeschiehte und Misebildungen der Niere.
V. Die enocrhene Verlagerung, Ektopie, Luxation
der Nieren. DieWandemiere. Ben mobüis. Vl.Ver»
läumgen der Nieren. VIL Die Entzündung der
NierenfeWcapeel, die Lendenphlegmone, Paranepkritie,
Die 2. Hälfte des Buches beginnt mit den Entxün-
dimgen des Nierenbeekens und der Niere: Pyelo-
nepkriiis, Empyem des Nierenbeekens und Nieren-
K. bezeichnet die Eäterstauungen im Verlaufe
ier PyeloDephritis als Empyeme des Nierenbeckens
Bad die darch Zerfall des Nierengewebes zustande
kommenden Eiteransammlungen alsNierenabscesse.
nffieraach stellt das Empyem einen der Ausgänge
der Pyelonephritis dar, bei der die Eiterung einer
etwa sp&ter hinzutretenden Verhaltung voraufging,
seltener ihr folgte, ehe die Verhaltung höhere Orade
erreicht hatte. Die Sackniere dagegen entsteht
duroh eine Hemmung für den Abfluss des zunächst
•BTerftnderten Harnes (Hydronephrose), der erst
aaditräglioh durch Infdition eiterig werden kann
(PyonephroseV^ Die Pyonephritis darf in keinem
Falle als eine ursprüngliche Krankheit angesehen
irerden, d. h. als eine solche, die ohne weitere
Vorbereitung an Ort und Stelle zur Entwickelung
kommt, sondern als ein Leiden, dem durch Allge-
meininfektion oder durch Örtliche Veränderungen
der yerschiedensten Art erst der Boden bereitet
werden muss. Die gebotene Operation in allen
▼orgeschrittenen und hartnäckigen Fällen von
Pyelonephritis, in denen das Nierengewebe noch
nicht gar zu arge Zerstörungen erlitten hat, ist die
Eröffnung des Nierenbeckens, die Nephrotomie
und die Anlegung einer Nierenbeokenfistel. K. zieht
für die Pyelonephritis fast immer die Pyelotomie
vor, die zudem noch den Vortheil bietet, dass die
kranke Schleimhaut länger und Tollkommener zu-
gängig bleibt Kommt die Heilung der Niere durch
Nephrotomie nicht zu Stande, sondern bestehen
Eiterung und Schmerzhaftigkeit unverändert fort,
oder bildet sich eine Nierenflstel aus, die in jedem
Falle eine ausserordentliche Belästigung des Kör-
pers darstellt, oder bedingt der Verlauf der Krank-
heit Ton vornherein eine hohe Lebensgefahr, so ist
die Ausschälung des erkrankten Organs angezeigt,
oder, wo diese technisch unausführbar erscheint,
eine Resektion oder Zerstückelung des Organs zu
versuchen.
Als Anhang zu diesem Capitel bespricht K.
kurz die Nierensyphüis , die unseres Erachten s
besser dem folgenden Abschnitte, der Tuberkulose
der Nieren anzuschliessen gewesen wäre. Bezüg-
lich der Aetiologie der Nierentuberkulose hebt K.
hervor: 1) dass die aus den Nieren absteigende
Tuberkulose im pathologisch-anatomischen Sinne
wahrscheinlich immer, oder doch in der weit über-
wiegenden Zahl der Fälle sekundär ist ; 2) dass es
eine aufsteigende Tuberkulose in den Harnorganen
zwar giebt, aber erheblich seltener als die abstei-
gende, dass die aufsteigende Tuberkulose der Niere
unter allen Umständen als eine sekundäre Erkran-
kung zu betrachten ist Die Eintheilung in pri-
märe und sekundäre, sowie in medicinische und
chirurgische Tuberkulose verwirft Küster. Die
beste Eintheilung ist diejenige in akute und chro-
nische Formen, die gleichwerthig ist mit derjenigen
in miliare und verkäsende, oder endlich in allge-
meine und Ortliche Tuberkulose, die übrigens sehr
wohl ineinander übergehen kOnnen. „In allen
denjenigen Fällen, in denen eine nach allen Rich-
tungen hin verfeinerte Untersuchung des Kranken
eine Heilung überhaupt noch als mOglich erschei-
nen lässt, kommt als die bei Weitem zuverlässigste
Methode die Wegnahme des Qesammtorgans, die
Nephrektomie in Frage; und zwar sollte, wenn die
Diagnose gesichert und die Zustimmung des Kran-
ken erlangt ist, keine Zeit mit anderweitigen Maass-
nahmen verloren werden, da jeder Aufschub die
Gefahr einer weiteren Ausbreitung des Leidens
oder unangenehmer Complikation mit sich führt.
Je früher die Operation unternommen werden kann,
desto besser ist das Ergebniss und desto leichter
die Ausführung." Mit der Wegnahme des Harn-
leiters, auch wenn er verdickt und tuberkulös ent-
128
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenchirurgie.
artet ist, braucht man es nicht allzu eilig zu haben.
Vielmehr wird man in den meisten F&llen gut thun,
nur 80 Tiel wegzunehmen, als von der Wunde her
leicht erreichbar ist, und den Stumpf zu kauteri-
siren oder zu übernähen. Die totale Ureterektomie
ist bei geschwächten und heruntergekommenen
Kranken ein zu gefahrlicher Eingriff, der auf
Ausnahmefälle zu beschränken ist Die partielle
Nierenexstirpation ist nur in ganz bestimmten
Fällen von Nierentuberkulose indicirt. Die Nephro-
tomie ist entweder nur eine vorbereitende Operation
oder ein symptomatischer Eingriff, um bei in*
operablen Kranken die Schmerzen zu lindem.
Das 10. Capitel behandelt die SteinhrankheU
der Nieren; NephroUtkiasia ; Oalculosis renalia. Die
Steinbildung in den Nieren ist an 3 Örtliche Be-
dingungen geknüpft, nämlich : 1) an das reichliche
Yorhandensein von Steinbildnern ; 2) an das Vor-
handensein eines Klümpchens organischer Substanz
oder eines anderweitigen Fremdkörpers ; 3) an die
Zurückhaltung und Aufstauung des Urins in Niere
und Nierenbecken. Keineswegs müssen aber in
jedem Falle alle 3 Faktoren zusammenwirken, um
eine Steinbildung zu ermöglichen. Ein grundsätz-
licher Unterschied zwischen dem, was man als
primäre und als sekundäre Steinbildung bezeichnet,
ist nicht vorhanden, höchstens kann man von grad-
weisen Verschiedenheiteu sprechen. „Man wird
deshalb gut thun, jenen wenig zutreffenden Aus-
druck fallen zu lassen und an seiner Stelle von
Nierensteinen ohne und mit Eiterung zu sprechen.*'
Für die Nephrolithotomie im engeren Sinne sollen
nur Steine in der Nierensubstanz und in den
Kelchen, zumal wenn sie in grosserer Zahl auf-
treten, sowie stark verzweigte Korallensteine auf-
bewahrt bleiben; denn unter solchen Umständen
ist die Zerlegung der Niere vom convexen Bande
her, d. h. der Sektionschnitt, das schonendere und
sicherere Verfahren ; auch in allen den Fällen ist
der Sektionschnitt vorzuziehen, in denen weder
die Diagnose des Steines, noch sein Sitz ganz
zweifellos sind. Bei beweglichen Steinen im
Nierenbecken ist, zumal bei aseptischer Sackniere,
die Pyelolithotomie das entschieden einfachere
Verfahren. Ist der Ureter durchgängig, so steht
der Naht des Nierenbeckens nichts im Wege, die
bei sorgfältiger Ausführung eine Heilung fast mit
Sicherheit erwarten lässt. Ist die freigelegte Niere
von Abscessen durchsetzt, das Parenchym in
Narbengewebe verwandelt, hat sich bereits eine
Paranephritis entwickelt, die Durchbrüche nach
der einen oder anderen Richtung veranlasste, oder
zeigt die Sondirung des Harnleiters neben schweren
Veränderungen des Nierengewebes Verengerung
oder gar Verschluss des ableitenden Kanals, so
sind die conservative Pyelo- oder Nephrolithotomie
nicht, mehr am Platze; an ihre Stelle tritt die
Nephrektomie. Sie kommt auch dann in Frage,
wenn die oonservativen Methoden versagt haben.
Auch doppelseitige Operationen hat man nicht zu
scheuen, selbst nicht in der Form, dass eine ver-
eiterte Niere vollkommen beseitigt wird. Man
operirt in 2 Sitzungen, indem man zuerst die
schwerst erkrankte Seite angreift Bezüglich der
Behandlung der Anuria calculosa schliesst sich
K. ganz den bewährten Israel 'sehen Anschau-
ungen an.
Eine ganz ausgezeichnete klare Bearbeitimg
hat im Capitel 1 1 die Saekniere oder Ckfetiiupkironi
{Hydranephrose und Pffonepkroee) erfahren. Unter
dem Namen der Sackniere fasst K. alle diejenigen
Geschwulstbildungen der Niere zusammen, die am
einer primären aseptischen Stauung des Harns im
Nierenbecken hervorgegangen sind. Wir halten
diese Benennung, die zahlreiche Angriffe erfahren
hat, für sehr glücklich und haben ihr von Anfiang
an das Wort gesprochen. Pathologisch-anatomisch
unterscheidet K. 3 Gruppen der Krankheit: 1) die
auf einen oder doch nur wenige Kelche beschrftokte
Erweiterung: Cystinephrosis calycina; 2)die&^
Weiterung des Nierenbeckens und sämmtlicber
Kelche : C. pelvina totalis. Ist das Becken zwei-
theilig und nimmt nur die eine Hälfte desselben
an der Erweiterung theil, so entsteht die Fem
der C. pelvina partialis ; 3) die Erweiterung eines
längeren oder kürzeren Stückes der Harnleiter,
sowie des Beckens und der Kelche: C. uretero-
pelvina. Ebenso wie Bef., so vertritt auch K. die
Anschauung, dass bei der Saekniere die transperi-
tonäalen Operationen jeder Form als minderwerthig
zu betrachten sind, zu denen man bei feststehender
Diagnose niemals sich entschliessen sollte. „Die
lumbalen Operationen sind die gegebenen, aber
doch so, dass auch sie keineswegs als nntereinan-
der gleichwerthig betrachtet werden können. Der
typische Eingriff bei jeder Sackniere bleibt die
Pyelotomie; aber es muss als eine unabwetsliche
Aufgabe von dem Chirurgen gefordert werden, da»
er sich mit der Eröffnung des Nierenbeckens nicht
zufrieden gebe, sondern sofort zur AnfiBuohungmid
Beseitigung des Hindernisses übergehe. Will das
nicht gelingen, so muss man sich allerdings zu-
nächst mit der Anlegung einer Nierenbeckenfistel
begnügen und das Weitere abwarten. — Die lam-
bale Nephrektomie kann nur unter scharf begrani*
ten Anzeigen zur Verwendung kommen; sie ist
nur berechtigt, wenn entweder das Nierengewebe
ganz oder bis auf einen geringen Beet zerstört ist,
oder wenn Eiterung im Sacke mit Fid)er auf-
getreten ist, oder wenn seit mehr als 1 — 2 Jabrea
eine hartnäckig absondernde Fistel besteht Jede
Ausdehnung der Nephrektomie über dieee Linie
hinaus würde als ein arger Bückschritt beceiehnel
werden müssen.**
Das 12. Capitel enthält eine Beaprechmig der
öysimniere und Niertneysten, Die echten Cyateft-
geschwülste der Niere und ihrer Umgebung lassen
sich zwanglos in 3 Gruppen ordnen ; ee sind das:
1) das Kystom der Niere; 2) Einzeloysten der
Nierensubstanz ; 3) Cysten der NierenkmpaeL
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenchirurgie.
129
Bexflglich derAetioIogie AesNierenkystoma oder der
OjfsimHiierB steht E. nicht an, „mit grosser Wahr-
scheinlichkeit die Cystenniere in allen ihren For-
men für eine Krankheit zu erklären, die aus yer-
sprengten Schläuchen des Wol ff sehen E(}rperB
ibi&i Ursprung nimmt". Unzweifelhafte Merk-
male ffir die Cystenniere giebt es nicht. Die Aus-
aoliAlnng einer Cystenniere hält E. selbst dann
für ungerechtfertigt, wenn die zweite Niere gesund
oder nur wenig verändert ist Für die Behand-
lung der Einxdcysten der Nierensubitanz, sowie der
pcaranq^brUis^mn Cysten stellt E. den Satz Toran,
dass diese Erkrankungen fast niemals eine Weg-
nahme des ganzen Organs rechtfertigen, selbst
dann nicht, wenn der grössere Theil von ihnen
zerstört ist
ESn besonders wichtiges Capitel ist das 13.:
Die Neubildungen der Niere, der NierenhiiUen und
der NAenniere.
K. theilt die NeMidungen der Niere in 3 Grup-
pen: 1) Geschwülste mit bindegewebiger Grundlage
(Fibrome, Myxome, Lipome, Sarkome). 2) Ge-
acb Wülste mit epithelialer Grundlage (papilläre Ge-
ichwülste, Adenome, Carcinome). 3) Geschwüste,
die von fremden, während des Bmbryonallebens
Teraprengten Eeimen ausgehen (die embryonale
Drüsengeschwulst, Struma suprarenalis accessoria
oder Hypemephrom). Bezüglich der Symptomato-
logie hebt E. besonders hervor, dass für die Früh-
diagnose die Blutung nur bei Erwachsenen eine
erhebliche Rolle spielt, während wir bei Eindern
an/ den frühen Nachweis der Geschwulst ange-
viesen sind. Bei den Neubildungen der Niere,
die noch ganz frei beweglich sind, sich also noch
im Anfange ihrer Entwickelung befinden, ist die
Nephrektomie mittels extraperitonäalen Lenden-
achnittes dem Bauchschnitte weitaus vorzuziehen.
I^terer ist angezeigt bei Tumoren, die bereits
schwer beweglich geworden, demnach mit der
Nachbarschaft schon krankhafte Yeränderungen
eingegangen sind. Festsitzende Geschwülste dür-
fen als Gegenstand chirurgischer Eingriffe nicht
mehr betraditet werden. Der partiellen Nieren-
ezatirpation bei büsartigen Geschwülsten, so lange
aie im ersten Anfange ihrer Entwickelung stehen,
ist K. verhftltnissmässig günstig gesinnt, jedenfalls
bedeutend günstiger als Bef,, der ebenso wie bei
der Tukerkulose, so auch bei den malignen Neu-
bildungen partielle Exstirpationen nur für ganz
besondere Ausnahmeftlle reservirt wissen mOchte.
Im 14. Capitel werden die ihieriechen Sehma-
ndxer der Niere, die Bülsentcunnkrankheit der Niere
und ikrerUtnffebung abgehandelt Nach E.'s ünter-
anchungen sind diejenigen Organe den Echino-
kokken - Bmbryoneneinwanderungen am meisten
ausgesetzt, die dem Magen und dem Zwölffinger-
därme am nftohsten liegen. Die mechanische Ver-
Bcfaleppungstheorie kann zwar nicht gut angezwei-
felt werden, sie bedarf aber einer Einschränkung
zu Gunsten einer aktiven Betheiligung des Schma-
Med. Jabfbb. Bd. 282. Hft. 2.
rotzers, der wahrscheinlich die Gewebe in belie-
biger Richtung zu durchbrechen vermag. Bezüg-
lich der operativen Behandlung des Nierenechino-
coccus schliesst sich E. ganz und gar dem vom
Bef, vertretenen Standpunkt an : die typische Ope-
ration für den Nierenechinococcus besteht in der
Eröffnung und Ausräumung des Sackes von der
Lendengegend her. Alle übrigen Operationen dür-
fen nur als ein Nothbehelf betrachtet werden; vor
Allem sollte die Nephrektomie nur bei gänzlicher
Zerstörung der Niere in Betracht gezogen werden.
Im letzten Capitel giebt E. eine zusammen-
fassende Darstellung der Operationen an der Niere,
der Nephrektomie und Nephrotomie.
Wie wir schon bei der Besprechung des 1 . Theiles
der E.'schen Nierenchirurgie hervorgehoben haben,
ist E. einer der Hauptverireter der eonservativen Bieh-
tung in der Nierenehirurgie, der seit Jahren immer
und immer wieder betont hat, dass die Indikationen
der Nephrektomie nach Möglichkeit einzuschränken
seien. Da JRef. auf dem gleichen eonservativen
Standpunkte steht, so freut er sich ganz besonders,
dass gerade E. die Bearbeitung der chirurgischen
Nierenerkrankungen in dem grossen Sammelwerke
der „Deutsehen Chirurgie^' übernommen hat Wir
hoffen, dass seine ausgezeichnete, nach jeder Rich-
tung hin klare und übersichtliche Arbeit der eon-
servativen Nierenchirurgie neue Anhänger gewin-
nen wird.
Dadurch, dass das Buch in zwei Hälften heraus-
gegeben worden ist, deren Erscheinen beinahe
6 Jahre auseinanderliegt, ist das in der 1. Hälfte
enthaltene 3. Capitel über die üntereuchungefnetho-
den, die allgemeine Symptomatologie und Diagnostik
insofern unvollständig, als es nichts über die erst
in den letzten Jahren hinzugekommenen Methoden
der funktionellen Nierendiagnostik, insbesondere die
Eryoskopie und Phlorhixinmeihode enthält ; auch die
Badiographie konnte noch keine Erwähnung fin-
den. E. hat diese neuen wichtigen üntersuchungs-
methoden in der jetzt erschienenen 2. Hälfte seines
Buches nur gelegentlich der Diagnose der Nephro-
lithiasis kurz erwähnt Zweckentsprechender wäre
es wohl gewesen, wenn E. diese neuen diagnosti-
schen Hülfsmittel, ebenso wie die erst in den letz-
ten Jahren ersonnenen Methoden, den Harn beider
Nieren auch ohne üreterenkatheterismus gesondert
zu erhalten, in einem Nachtrage ausführlicher be-
sprochen hätte. Fernerhin vermissen wir in dem
Buche einen besonderen Abschnitt über die renalen
Hämaturien und Nephralgien hei seheinbar unverän-
derten Nieren und über die Stellungnahme E.'s zu
den Bestrebungen der allerletzten Zeit, auch be-
stimmte Fälle von Morbus Brightii operativer Be-
handlung zugänglich zu machen.
Bei dem grossen Interesse, das die Nieren-
chirurgie gerade in den allerletzten Jahren wieder
bei inneren Medicinern und Chirurgen findet, wird
die Vollendung der E.'schen Nierenchirurgie aller-
seits mit grosser Freude begrüsst werden.
17
130
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenchirorgia
In dem von t. Bergmann, v. Bruns und
T. Mikulicz herausgegebenen Handbaehe der
praktischen Chirurgie hat Schede (26) die Be-
arbeitung der Verletzungen und Erkrankungen der
Nieren und Harnleiter übernommen. Auf circa
300 Druckseiten giebt er eine klare und übersicht-
liche Darstellung des ganzen gi*088en Gebietes der
Nierenchirurgie. Nach ausführlichen anatomischen
Vorbemerkungen, denen eine grosse Anzahl guter
Abbildungen beigegeben ist, kommt ein allgemeines
Capitel über üntersudiungsmethoden der Nieren, in
dem auch die funktionelle Nierendiagnostik ge-
bührende Würdigung erfahren hat Das 3. Capitel
enthält Allgemeines über Operationen an der Niere
und am Harnleiter. Auch Schede vertritt den
Standpunkt, dass im Allgemeinen für alle Nieren-
operationen der von vornherein gegebene Weg der
von der Rückseite her ist (lumbale Methode). Nach
2 kurzen Capiteln über angeborene Veränderungen
der Nieren und angeborene Anomalien der Bam^
leüer kommt eine ausführliche Darstellung der Ver-
letzungen der Nieren, der sich in Capitel 7 die
Wanderniere anschliesst Die BeteniiotigesohunUste
der Niere bilden den Inhalt des nächsten Ab-
schnittes ; S c h. giebt hier auch eine kurze, aber
übersichtliche Darstellung der traumatischen Hydro-
nephrose. Bei der Therapie der üronephrose wer-
den die neueren conservativen Operationmethoden
gebührend gewürdigt. Die Nephrektomie hält
Schede für angezeigt bei ganz grossen alten
Hydronephrosen, bei hartnäckigem Bestehen von
Urinflsteln nach der Nephrotomie, bei Eiterung des
Sackes mit allen seinen Folgen. Die Nephrektomie
muss natürlich auf lumbalem Wege vorgenommen
werden. Schede kennt nur eine Indikation, die
Operation transperitonäal zu machen, wenn die
Sackniere sich in einer sehr beweglichen Wander-
niere oder an einer congenital verlagerten Niere
entwickelt hat Das 9. Capitel enthält eine Dar-
stellung der eiterigen Nierenentzündungen und der
eiterigen Eetentiongeeehunilete der Niere (Pyelitis,
Nephritis suppurativa und Pyonephrose), In den
folgenden Abschnitten werden die Steinkrankheit
derHamwege und die Nierensteine, sowie die Tuber*
kiUose der Nieren besprochen. Es folgen dann
Capitel über die Parcmq^hritis, über die essentielle
Nierenbluiung und die Nierenneuralgie, über die
syphilitischen Erkrankungen der Niere. Im 1 6. Capitel
giebt Schede eine sehr klare Darstellung der Oe-
schunüste der Niere und des Nierenbeckens: gut-
artige Geschwülste, b(^sartige Geschwülste (Carci-
nome und Sarkome), Hypernephrome, cystische
Geschwülste der Niere, primäre Neubildungen des
Nierenbeckens, Aneurysmen der Nierenarterie.
Capitel 16 enthält eine kurze Besprechung der
Chirurgie der Nebennieren. Die beiden letzten Ab-
schnitte handeln von den Verktxmigen und Er*
krankungen der Harnleiter.
Der bekannte englische Chirurg H. Morris
hat bereits 1884 ein kleineres, ausgezeichnetes
Werk über die chirurgischen Nierenerkrankuogen
herausgegeben; jetzt liegt von ihm ein grosses
zweibändiges Buch über die chirurgischen Krank-
heiten der Nieren und üreteren vor (19), in dem
auch die Nieron- und Ureteronverletznngen, sowie
die vielfachen, chirurgisch wichtigen Missbildiiogea
dieser Organe eingehend berücksichtigt und nament-
lich auch durch zahlroiche Abbildungen ^liuteii
werden. In jedem Capitel des Boches finden wir
die ausgedehnten eigenen Erfahrungen M.'8 V6^ '
werthet, daneben aber auch eine grosse Eenntniss
der in- und ausländischen Literatar. Ganz beson-
deres Interesse bietet natürlich die Lektüro deijenigen
Abschnitte der Nieron- und Uroterenchirurgie, die
vonM. selbst durch vielfache eigene Arbeiten gefO^
dort worden sind, so namentlich der über die verschie-
denen operativen Eingriffe bei derSteinerkrankong
der Niero und die plastischen Uroteronoperationeo.
M. hat bis März 1898 folgende Operationen
wegen Nierensteinen ausgeführt: 34 Nephrolitho-
tomien (1 Todesfall — 2.9%); ^3 Nephrotomien
(10 Todesfälle «- 23.26*/e); 17 Nephrektomiea
(5 Todesfälle — 29.4 Vo)- Bei jedem Verdachte auf
Nieronstein ist die Diagnose mittels der verschie-
denen Hülfsmittel möglichst zu sichern. Jeder
Nierenstein ist operativ zu entfernen, auchwouiec
ruht und nur geringe Beschwerden v^ntnksst« Der
richtige operative Eingriff ist die N^phrcHtko-
tomie; bei calculöser Pyonephrose die Nephrotomie.
Die Nephrektomie ist nur in ganz seltenen Aus-
nahmefällen berechtigt.
Ein allerdings nur auf eigenen Erfahrongea
aufgebautes Lehrbuch der Nierenohirurgte ist auch
die „chirurgische EHnik der Nierenkrankheiten" von
J. Israel (13).
„Vorliegende Arbeit*' (sagtlsr. am Eingänge
seines Vorwortes) „ist das Resultat 16jähriger mit
dem Jahre 1884 beginnender Erfahrungen. Der
glückliche Umstand, dass mir in dieser Entwioke-
lungsperiode der Nieronchirurgie ein besonders
roiches Beobaohtungsmaterial zugefloesen iat, kgl
mir die Pflicht auf, Rechenschaft über seine Ver-
waltung zu geben und das daraus Gelernte mit-
zutheilen. Deshalb lege ich hier Alles vor, was
ich erfahron und gethan habe, währood das Bioht
selbst Erlebte und praktisch von mir Geprüfte keine
Stelle gefunden hat'S Wenn Jemand unter den
jetzt lebenden Chirurgen die Bereohtigang hat,
eine chirurgische Klinik der NieronkrankheiteD sa
schroiben, so ist es ohne Frage Isr., deaaen per-
sünliche Erfahrungen auf diesem Gebiete wohl von
keinem anderen Chirurgen an Reichhaltigkeit imd
Vielseitigkeit übertroffen werden. Das vorliegende
Werk enthält 297 Einzelbeobaohtttngen l Isr. hat
es aber auch von jeher in ausgezeichneter Weiae
verstanden, sein Beobaohtungsmaterial wiasen*
schaftlich zu verwerthen. Die zahlroichen, snm
Theil grundlegenden Arbeiten, die wir gerade auf
dem Gebiete der Nieronchirurgie von ihm
geben hierfür den besten Beweis.
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenchirurgie.
131
Die grosse Bedeutung des Isr.'sohen Werkes
nditfertigt ee, wenn wir etwas genauer auf seinen
Inhalt eingehen.
Gftpitel 1. GoDgenitale Anomalien der Niere
tutd des Ureters. Unter den angebormien Anomalien
der Niere ist die schwerwiegendste der totale De-
fekt oder die Aplasie, die Isr. einmal als un-
erwartetes Sektionergebniss bei einem Diabetiker
Iknd. Unter seinen operirten Nierenkranken ist
ein angeborener Nierendefekt nicht vorgekommen.
Oongenitale Dystopien der Niere wurden 3 be-
obtchtet, Yon denen eine, richtig erkannt, zu einem
operatiTen Eingriffe Veranlassung gab, während
die beiden anderen erst bei der Sektion entdeckt
warden. Hufeisennieren wurden 2mal beobachtet;
in dem einen Falle konnte die Diagnose auf Hydro-
nephrose der rechten H&lfte einer Hufeisenniere
Tor der Operation gestellt werden. Anomalien des
Dreters wurden verschiedentlich beobachtet; Näheres
findet sich in den Capiteln über Harnretentionen
und Steinnieren.
Capitel 2. Abnorme Beweglichkeit und er-
worbene Dystopien der Nieren. Isr. findet nur in
den wenigsten mien von Wandemiere eine Ope-
ntionindikation. Seine Zurückhaltung liegt in
folgenden Gründen: In einer grossen, vielleicht
überwiegenden Zahl von Fällen werden Beschwer-
den auf die Wandemiere bezogen, die sicher ganz
iaderen Quellen entstammen, nämlich neuropathi-
aohen Zuständen und Oenitalstörangen, sowie ganz
besonders einer Combination beider. Dann fallen
die der Nierensenkung allein aufgebürdeten Sym-
ptome bei der häufigen Combination mitEnteroptose
den Lageveränderungen mehrerer ünterleibsorgane
nr Last, so dass der Antheil der Niere an dem
Inmkheitbilde gar nicht mit irgend welcher Sicher-
heit oder auch nur Wahrscheinlichkeit vor der Ope-
ntion bestimmt werden kann. Der letzte Orund
üegt in der Thatßaohe, dass unter der Leitung
eines die gesammte Kürperoonstitution wie das
P9chische Verhalten berücksichtigenden Arztes
eine hygieinisoh-orthopädische Behandlung in den
mosten Fällen eben so weit führt, wie eine ope-
tttive. Isr. berichtet nur über 8 einfache Nephro-
peQden; hinza kommen 6 Nephropezien in Ver-
bindung mit Nephrolithotomie und 5 Nephropexien
bei Hydronephrosen in beweglichen Nieren.
Capitel 3. Subcutane Nierenwunden. Die von
Isr. beobachteten Wunden heilten sämmtlich bei
oonservatiYer Behandlung bis auf einen Fall, der
ttnen operativen EingrifiT wegen einer hämatogenen
Sekundärinfektion des verletzten Organs erforderte.
Capitel 4. Pyelonephritiden und entzündliche
B^erkrankongen der Niere. 5 Fälle hämatogener
Hierenabsoesse ; 6 IHle aufsteigender Pyelo-
nephritis ; 1 FaJl von grossen chronischen Nieren-
nbicessen nach aufsteigender chronischer Pyelo-
nephritia. Einselne dieser Beobachtungen zeigen,
dass eine pyelonephritische, zu schwerer septischer
Allgemeininfektion führende Erkrankung auf eine
Niere beschränkt sein und dann mit Erfolg ent-
fernt werden kann, sowie dass auch conserva-
tive Methoden, wie die Nephrotomie und par-
tielle Abtragungen, mit Erfolg Anwendung finden
können.
Capitel 6. Aseptische und inficirte Hydro-
nephrosen. Isr. stellt zunächst seinen Standpunkt
klar bezüglich der Begriffbestimmung und der
Nomendatur der Retentiongeschwülste der Niere.
Er will unter Hydro- oderüronephrosenBetention-
zustände verstanden wissen, die ihre Ursache in
einem primär vorhandenen Abflusshindernisse haben,
zunächst aseptisch sind, später inficirt sein künnen
(inficirte Bydronephrosen) ; unter Pyonephrosen
solche, die unmittelbar aus einem infektiös - ent-
zündlichen Processe hervorgegangen sind, der ent-
weder gleichzeitig zur Abflussbehindemng geführt
hat oder dieser vorangegangen ist. Der grosse
Fortschritt, den die letzten Jahre in der Therapie
der Hydronephrosen gebracht haben, besteht im
Wesentlichen darin, dass wir jetzt nicht mehr in
der Entfernung des Sackes oder der Entleerung
der gestauten Flüssigkeit durch die Nephrotomie
die einzige Möglichkeit der Behandlung sehen,
sondern bestrebt sind, der Aetiologie des Einzel-
falles gerecht zu werden. Die Exstirpation ist
indicirt bei Säcken mit obliterirtem Hamleiter;
ferner bei wiederholtem Misslingen unserer con-
servativen Bestrebungen. Endlich dürften sehr
ausgedehnte Säcke mit fast verschwundenem Par-
enchym, sowie solche, die aus einer im kleinen
Becken gelegenen Niere hervorgegangen sind, am
besten der Exstirpation verfallen, weil hier sowohl
die Aussicht auf eine conservative Heilung ver-
hältnissmässig gering ist, als auch die aus dem
Leiden erwachsenden Beschwerden erheblich sein
künnen."* Isr. hat bei 40 Hydronephrosekranken
52 Operationen vorgenommen, und zwar 15 primäre
und 6 sekundäre Nephrektomien, 16 Nephrotomien,
2 Nephropezien, 3 Nephropexien mitPyeloplicatio,
1 Nephrotomie und Hamleiterresektion mit Uretero-
cystoneostomie u. s. w.
Capitel 6. Pyonephrosen. Es ist eine der
schwierigsten Aufgaben der Pyonephrosebehand-
lung, im Einzelfalle die Grenze zu bestimmen, an
der die conservativen Bestrebungen aufzuhören
haben, um der Nephrektomie das Feld zu räumen.
Der Standpunkt, principiell zu nephrotomiren und
erst im Falle des Misserfolges die Sekundärexstir-
pation auszuführen, ist unhaltbar und gefährlich.
Die Nephrotomie muss als Normaloperation in den
leichten und mittleren Fällen gelten, in denen die
Ureteritis keine irreparablen Abflusshindernisse ge-
schaffen hat und man im Stande ist, eine völlig
freie Entleerung nach aussen zu erreichen, ohne
genöthigt zusein, durch eine zu ausgedehnte Durch-
brechung der Zwischenwände die noch vorhandenen
Gewebereste funktionell unbrauchbar zu machen.
Von 19 Pyonephrosen wurden 9 durch primäre,
1 durch sekundäre Exstirpation, 1 durch Nephro-
132
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenchirurgie.
tomie und Fisteloperation geheilt, 2 Er. blieben un-
geheilt, 6 starben.
Capitel 7. Renale, pararenale und parapelvi-
kale Cysten. Mittheilung des Sektionbefundes
einer grossen parapelvikalen Cyste. Die operative
Behandlung sowohl der renalen, wie der pararenalen
und der parapelvikalen Cysten muss eineoonserva-
tive sein : die Cysten müssen entfernt oder resecirt
werden unter Erhaltung der Niere.
Capitel 8. Nierentuberkulose. Die primäre
chronische Nierentuberkulose ist keine seltene
Alfektion ; in den frühen und mittleren Entwicke-
lungstadien kommt sie überwiegend einseitig vor.
I s r. unterscheidet die käsig-cavemOse Form, aus
der sich durch Misohinfektion die tuberkulöse Pyo-
nephrose entwickeln kann ; die tuberkulöse Uloe-
ration der Papillenspitzen und die tuberöse oder
Enotenform. Auch bei doppelseitiger Erkrankung
entwickelt sich die Tuberkulose gewöhnlich nicht
gleichzeitig in beiden Nieren, sondern ergreift die
zweite erst längerer Zeit nach Erkrankung der
ersten. I s r. hat 30 Eranke wegen Nierentuber-
kulose operirt : 28 Totalezstirpationen mit partieller
oder totaler Entfernung des Harnleiters (8 Er. star-
ben), 1 Resektion des oberen Nierenpols, 2 Nephro-
tomien (1 Er. starb). Yen 13 Fat. mitTotalexstir-
pationen ohne Blasenerkrankung sind 10 dauernd,
bis zu 11 Jahren, geheilt geblieben.
Capitel 9. Nierensyphilis. Hittheilung der
beiden bekannten Fälle von Nephrektomie wegen
syphilitischer Nierenaffektion.
Capitel 10. Primäre Aktinomykose der Niere.
Mittheilung eines während des Lebens diagnosti-
cirten Falles, des ersten seiner Art; Heilung durch
Nephrektomie.
Capitel 11. Nieren- und üretersteine. Eine
zwingende, vitale Nothwendigkeit, bei Nieren- und
Hamleitersteinen zu operiren, bieten die calculöse
Anurie und die akute pyelonephritische Infektion
einer Steinniere. Die Sorge für die Erhaltung der
Niere indicirt in allen denjenigen Fällen die Ope-
ration, in denen der Stein durch Störung des Ab-
flusses Retentionerscheinungen erzeugt hat. Aber
auch wenn keine unmittelbare Gefahr dazu zwingt,
so soll man den Eranken zur Operation zu bewegen
suchen, wenn auf Qrund einer eiterigen Trübung
des Urins eine pyelitische, bez. chronisch-pyelo-
nephritische Infektion erkannt werden kann, wenn
häufige ergebnisslose Eolikanfälle auftreten, wenn
ein Ureterstein nachweisbar ist, da ein solcher Zu-
stand stets mit Retention oder Infektion der Niere
endet. Isr. berichtet über 61 Operationen bei Nephro-
lithiasis mit 9 — 14.70/o Todesfällen; 12 Ope-
rationen bei Harnleitersteinen mit 4 «=» 33.3^/o
Todesfällen und 5 Operationen bei calculöser An-
urie mit 2 — 40.0<>/o Todesfällen. 29 ideale Nephro-
lithotomien wiesen nur 1 Todesfall auf; 13 con-
servative Operationen bei schwer inficirten Stein-
nieren 5 und 15 primäre Nephrektomien bei schwer
inflcirten Steinnieren 2 Todesfälle.
Capitel 12. Anurien und Oligurien. Isr. be-
spricht zunächst nochmals kurz die calottUtae An«
urie : „Unter den möglichen operativen Y erCsJuea
ist das einzig sichere die Eröffnung der znktat
occludirten Niere mittels des Sektionsschnittes^;
weiterhin die Anurie bei diffuser Nephritis, die
Anurie bei aufsteigender Pyelonephritis, bädoppd«
seitigem und einseitigem nicht calculösem Harn*
leiterverschluss, sowie endlich die verschiedenea
Formen der reflektorischen Anuria I s r. hat durch
einen früheren Schüler, Qötzl, Experimente an-
stellen lassen, durch die über jeden Zweifel fest«
gestellt wird, dass Drucksteigerung in der einen
Niere Sekretionhemmung der anderen zu bewirken
vermag.
Capitel 13. Ueber renale Hämaturien, Nephr«
algien und Koliken bei scheinbar unveränderten
Nieren. Die wesentlichsten neuen Erfahrungen,
die Isr. aus 14 hierher gehörigen OperationftUen
gesammelt hat, stellt er in folgenden Sätzen zu-
sammen : „Es giebt einseitige Nephriten. Nephriten
können mit renalen Schmerzanfällen einhergeben,
die völlig den Nierenkoliken bei Abflusshinder-
nissen gleichen. Bei rein einseitigen Schmerzen
und Koliken können doppelseitige- Nephriten von
gleicher Stärke gefunden werden. Eß giebt bei
Nephriten Schmerzirradiationen auf die Blase und
die Harnröhre. Bei schweren Nephriten können im
Harn dauernd Eiweiss und Cylinder fehlen. Trotz
grossen Reichthums an hyalinen, gekörnten und
epithelialen Cylindem kann der Urin eiweissfrei
sein. Es giebt Nephriten mit anfallsweiae aaf-
tretenden oder andauernden profusen Massenblu-
tungen, die sich hinsichtlich Stärke und Dauer, der
Launenhaftigkeit ihres Auftretens, der Beschrän-
kung auf einzelne Miktionen nicht von Hämaturien
bei malignen Tumoren unterscheiden Inssen. Nephii-
tische Blutungen können mit oder ohne Koliken ein-
treten und verlaufen. Blutung ist nie die üsache der
Kolik. Beide Erscheinungen sind Folgezust&nde der
Nierencongestion. Eine grosse Zahl der bisher als
Nephralgie, Nephralgie h6maturique, angioneoro-
tische Nierenblutung bezeichneten Krankenbilder
sind auf nephritische Prooesse zu beziehen. Die
Incision der Niere beeinflusst in vielen Fällen die
Krankheiterscheinungen günstig. Die Niereo wunde
sollte nicht durch die Naht verschlossen werdoL"
Capitel 14. Bösartige Tumoren der Niere, des
Nierenbeckens, der Nebenniere und pararenale Ge-
Bchwülsta Wegen bösartiger Qeschwülate des
Nierenparenchyms wurden 43 Kranke operirL Die
direkte operativeSterblichkeit betrug 18.6*/o(50pe-
rirte starben an Herzparalyse!). Für das Fem*
resultat kommen 29 Kranke in Betracht. Von
diesen sind 7 abzuziehen, die theils der Operation
erlegen sind, theils nach weniger als 3 Jahren tnk
von Becidiv an interourrenten Krankheiten ge»
sterben sind. Yen den übrigbleibenden 23 süid
14 an Becidiven zu Grunde gegangen, 8 •>« 36.3*/t
sind 3 Jahre 6 Monate bis 14 Jahre geheilt ge>
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenchirurgie.
133
blieben. OeechwQlste des Nierenbeckens und des
Harnleiters kamen 2, Neubildungen der Neben-
nieren und pararenale embryonale Oeschwttlste
i lor Operation.
Capitel 15. Polycystische Nierendegeneration
der Erwachsenen. Hittheilung von 4 an Lebenden
richtig diagnosticirten F&Uen. Der Werth einer
pricisen Diagnose liegt in der Warnung vor einem
unnöthigen und sch&dlichen operativen Eingriffe.
Hat man sich aber über die Natur der Geschwulst
getäuscht und ihre polycystische Beschaffenheit
erst nach ihrer Freilegung erkannt, so muss auf
eine weitere FortfOhrung der Operation yerzichtet
werden.
Capitel 16. Krankheiten des Ureters. Dieser Ab-
schnitt enthält 7 ausführliche Operationgeschichten
(YerletzuDgen des Harnleiters und der Hamleiter-
fistehi; Ureteritis; Strikturen des Harnleiters; Harn-
ieitersteine).
Capitel 17. Die Entzündungen der Nieren-
fettkapsel (Perinephritis s. Paranephritis s. Epi-
nephritis). Isr. versteht unter Perinephritis die
Sntzündung der die Niere unmittelbar bekleidenden
membran(}seii fibrösen Kapsel ; unter Paranephritis
entxihidlidie Affektionen der Massa adiposa retro-
peritonealis : unter Epinephritis die Entzündung
der Ißerenfettkapsel. Neben den specifischen Ent-
xfindungen des Nierenfettes, nämlich der tuber-
büSsen, syphilitischen und aktinomykotischen Epi-
nephritis, unterscheidet Isr. die fibrüssklerotische,
die lipomatOee und phlegmonöse Epinephritis.
ftnkdsch am wichtigsten ist die letztgenannte
F(mn, wegen der Isr. 45 Kranke operirt hat Der
oberste Grundsatz der Behandlung ist die früh-
seitigste Eröffnung, sobald ein begründeter Ver-
dacht auf Eiterung vorliegt Findet man dabei die
Niere in einem Zustande eiteriger Zerstörung derart,
dass ihre Entfernung unabweisbar ist, so steht
nichts im Wege, bei genügendem Kräftezustande des
Fat die subkapsuläre Nephrektomie sofort anzu*
aefah'eesen; besonders leicht wird man sich zu
diesem ESngriffe entschliessen, wenn ohne ihn kein
freier Abfluss einer oberhalb oder median von der
banken Niere befindlichen epinephritischen Eiter-
ansammlnng zu erreichen ist Dagegen ist es im
Allgemeinen nicht rathsam, grüssere conservative
fiogriffe, wie Nephrotomie, Nephrolithotomie, zu-
gleich mit der Eröffnung einer epinephritischen
Phlegmone vorzunehmen, weil eine Verwundung
der Niere im Bereiche der inficirten Umgebung
nicht ohne Gefahr ist
Dem von der Hirschwald'schen Verlagsbuch-
handlung vorzüglich ausgestatteten Werke sind
15 Tafeln mit Abbildungen beigegeben.
Für die kürzlich vollendete 3. Auflage des
Pensoldt- Stintzing'schen Handbuches der
Therapie innerer Krankheüen hat JRef. (29) wiederum
die Bearbeitung der ekirurgisehen Erkrankungen der
Nieren und Hamleiier übernommen. Der etwas
grossere Umfang der Arbeit ist in erster Linie durch
eine gedrängte Darstellung der neuen diagnostischen
Methoden bedingt, in zweiter Linie durch eine
kritische Uebersicht der vielfachen Bestrebungen,
den Morbus Brightii auf operativem Wege zu heüen.
Bef. möchte sich hier in der Hauptsache der Pel'-
schen Ansicht anschliessen, dass wohl die meisten
der auf operativem Wege geheilten „medicinischen^*
Nephritiden nicht dem gewöhnlichen Bilde des
akuten und chronischen Morbus Brightii entspra-
chen. Dass Bef. bei der Indikationstellung zu opera-
tiven Eingriffen bei chirurgischen Nierenerkran-
kungen jetzt ebenso wie früher einen möglichst
conservativen Standpunkt vertritt, soll hier nur
nochmals kurz betont werden.
unter Mitwirkung einer Reihe von Autoren
geben A. v. Frisch und 0. Zuckerkandl (4)
ein Handbuch der Urologie heraus, „das unter kri-
tischer Verwendung der Forschungsergebnisse ein
Bild vom modernen Stande der Lehre in wissen-
schaftlicher Darstellung liefern soll, doch soll
dabei der klinische Standpunkt der leitende sein^'.
Das Werk soll in 12 — 16 Abtheilungen von je
circa 10 Druckbogen erscheinen. Bisher liegen
6 Lieferungen vor mit folgendem Inhalte :
E. Znckerkandl: Anatomie der Hara- und Ge-
schleohtsorgane.
H. E 0 e p p e : Physiologie der HarDabsonderung.
S. Exner: Physiologie der man Dliohen Geschlechts-
fanktionen.
J. Manthner: Chemische Untersuchung des Harns.
R. Kraus: Die Bakterien der gesunden und kranken
Harnwege.
0. Znckerkandl: Die Asepsis in der Urologie.
A. V. Frisch: Klinische Untersuchungsmethoden.
0. Zuckerkandl: Allgemeine Symptomenlehre
(noch nicht abgeschlossen).
Den Praktiker mOchten wir ganz besonders auf
die vorzügliche Bearbeitung der klinischen ünter-
suchungsmethoden aufmerksam machen.
In seinem kürzlich erschienenen Lehrbuche der
Urologie hat Casper (3) auch die chirurgischen
Nierenerkrankungen einer allerdings dürftigen Be-
sprechung gewürdigt: in dem fast 500 Seiten
starken Buche sind den gesammten Nierenerkran-
kungen, inneren wie chirurgischen, nur 70 Seiten
gewidmet. In der Hauptsache vertritt auch C.
bei den chirurgischen Nierenerkrankungen conser-
vative Grundsätze.
Hartmann (8) giebt in seiner operativen
Chirurgie der Oenital'Hamwerkxeuge eine sehr
klare, gedrängte Darstellung der opercUiven Ein-
griffe an den Nieren, den Nierenbecken und Harn'
leitem. Die Arbeit zeichnet sich namentlich durch
eine grosse Zahl guter Abbildungen aus, die sich
auf die operative Technik beziehen.
Die Nierenchirurgie im 19. Jahrhundert, ein
Rück- und Ausblick, bezeichnet Küster (15) sei-
nen Vortrag, den er bei dem Chirurgencongresse
1901 gehalten hat.
Die 3 Jahrzehnte der Entwickelung zeigen
drei Perioden von je einem Jahrzehnt: die Periode
des vorsichtigen Tastens, die Periode der naiven
134
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenchirnrgie.
Freude an der Operation, endliöh die Periode der
wissenschaftliohen Vertiefung. Vorwiegend ist es
aber die Operation der Nephrektomie, an der sich
die schrittweise Entfaltung der Lehre am besten
verfolgen lässt Vor Simon haben zwar schon
Wolcott, Spencer Wells und Peaslee
Nierenausschaiungen gemacht oder zu machen
versucht, alle aber auf Grund unrichtiger Diagnosen
und mit ungQnstigem Ausgange. Die im Jahre
1869 von Simon ausgeführte Nephrektomie bleibt
daher nicht nur die erste wohlüberlegte und be-
absichtigte, sondern auch die erste glückliche
Operation der Art. Zunftchst waren freilich die
Erfolge sehr massig. Der Amerikaner Qross
berechnet im Jahre 1886 aus 293 Nephrektomien
eine Sterblichkeitziffer von 44.63®/o ; dagegen hat
E. aus 1146 Operationen mit 287 TodesfftUen
eine Sterblichkeit von 25.04®/o festgestellt Von
diesen kommen auf das letzte Jahrzehnt 526 Ope-
rationen mit 84 Todesfällen *» 16%. Die Ope-
ration ist also fast um das Dreifoche aussichtvoller
geworden als früher. Dieses Brgebniss ist zwar
zum Theil auf die bessere Technik und die Aus-
bildung der Wundbehandlungsmethoden, aber mehr
noch auf das Eindringen .in die pathologischen
Vorgänge und auf die Vollendung unserer dia-
gnostischen Hülfsmittel zurückzuführen. In letz-
terer Beziehung hat die Feststellung der qualitativen
und quantitativen Veränderungen des Urins schon
vortreffliche Anhaltepunkte geboten, wenn auch
noch nicht zur sicheren Entscheidung der Frage, ob
eine oder zwei Nieren vorhanden sind, ob beide
Nieren gleich oder verschiedenartig erkrankt sind
und ob eine übrig bleibende Niere im Stande sein
wird, die gesammte Arbeitlast des Stoffwechsels
zu übernehmen.
Gerade in dieser Beziehung hat eine Anzahl
neuerer üntersuchungsmethoden unsere Kenntnisse
sehr weit vorgerückt; dahin gehören die Cysto-
skopie, der Harnleiterkatheterismus, endlich die
Methode der funktionellen Diagnostik: die Oe-
frierprobe (Eryoskopie) und die Phlorhizinprobe.
Dennoch bleiben Fälle übrig, in denen alles das
noch nicht im Stande ist, uns vollste Sicherheit
zu gewähren. Dann steht als letztes Mittel die
operative Freilegung und Betastung beider Nieren,
und zwar von der Lendengegend her, zu Gebote.
Unter dieser Vervollkommnung der Diagnostik
hat auch die Behandlung ungemein an Sicherheit
gewonnen ; sie ist erheblich conservativer geworden,
als dies ursprünglich der Fall war. Das zeigt uns
sofort ein kurzer Ueberblick über die hauptsäch-
lichsten Nierenerkrankungen.
Bei der Wandemiere ist die Nephrektomie, die
eine Zeit lang gegen das Leiden zur Anwendung
kam, mit Recht verlassen worden. Dagegen hat
die Nephropexie immer bessere Erfolge erzielt
Küster hat nach der von ihm seit Jahren ge-
übten Methode nur noch 6®/o RückföUe zu ver-
zeichnen. Bei den eubeukxnen Zereprengungen der
Niere sollte die Nephrektomie nur nooh dann m
Anwendung kommen, wenn die Niere in mehrere
Bruchstücke zerrissen ist, die kaum nooh Zusam-
menhang haben ; sonst wird man die oft heftigen
Blutungen durch Naht der Risslinien, bez. Aus-
stopfung des Nierenbeckens zu beherrschen sucheo.
Die eOerigen Proeeeee bedürfen vor allen Din-
gen einer pathologisch -anatomisch begründeten
Benennung. E. nennt die den Ausgang der
Pyelonephritis bildenden Eiterungen im Nieren-
gewebe Nierenabscess, die im Nierenbecken auf-
gestauten, stets sekundären Eiterungen Bmpjem.
Als Sackniere, Cystinephrosis, bezeichnet er die
durch primäre Stauung entstandenen sackförmigen
Geschwülste, die zunächst ein keimfreies Sekret
beherbergen (Hydronephrose), später aber infidrt
werden k(}nnen (Pyonephrose). Diese Dinge müssen
scharf auseinander gehalten werden. Treten die
genannten Leiden als Complikationen anderer Er-
krankungen, der Tuberkulose oder der Stein-
bildung, auf, so k(}nnen sie durch ein Beiwort
(Pyelonephritis tuberculosa, Cystinephrosis calon-
losa) gekennzeichnet werden. Unter den eiterigen
Processen spielt die Ikiberkulase der Niere die
wichtigste Rolle. Es ist kaum mehr zu bezweifeln,
dass es eine primäre Nierentuberkulose im patJio-
logisch-anatomischen Sinne nicht giebt; dennoch
erfolgen dauernde Heilungen selbst dann, wenn
auch die zweite Niere nicht mehr ganz gesund war.
Es ist deshalb nur zu billigen, wenn man vieUach
begonnen hat, die tuberkulöse Niere schonender
als bisher zu behandeln, d. h. an die Stelle totaler
in manchen Fällen die partielle Nephrektomie,
bez. die Eröffnung und Ausschabung tuberknlüser
Abscesse zu setzen. In sonderbarem Gegttisatae
dazu steht das Bestreben, selbst auf die Gefahr
einer hOchst lebensgefthrlichen Operation hin der
Verbreitung des Leidens durch das gesammte Uro-
genitalsystem mit dem Messer zu folgen. Wenn
man einem solchen Vorgehen auch nicht unbedingt
die Berechtigung absprechen kann, so liegt doöh
kein Grund vor, sich mit der Wegnahme des tober-
kulösen Harnleiters zu übereilen. Nicht bAUxl
erfolgen nach Beseitigung der Niere vollstftndige
Heilungen und Verödungen des Eanales und wen
das nicht geschieht, so kann man den Harnleiter
wenigstens zu einer Zeit wegnehmen, in der die
Eörperkräffce sich bereits wesentlich gehoben haben.
Dagegen dürfte die Wegnahme eines TheileB der
tuberkulös erkrankten Blase wohl unter allen Uni<^
ständen von der Hand zu weisen sein.
Die Diagnose der Steinknmkkeii der Hnmwege
hat durch die Aktinographie eine nicht au untere
schätzende Förderung erfahren. Freilich können
bisher mit Sicherheit nur die Oxalate erkannt
werden, weniger sicher die Phosphate, am wenig*
sten die Urate. Indessen ist ea wahraoheinliok
geworden, dass bei kürzerer Belichtnngxeit aoek
die leicht zu durchstrahlenden Steinarten im Bilde
sichtbar gemacht werden können. Die opentinf
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenohirurgie.
186
Behandlung der Steine ist yerschieden, je naohdem
sie imNierenbeoken oder im oberen, mittleren und
QDteren Abschnitte des Harnleiters stecken. Im
1. Falle genügt die Nephrotomie am besten durch
den Convexschnitt der Niere, im 2. Falle kommt
weitgehende Ablösung des Bauchfelles, im 3. end-
lich ein Vordringen mittels osteoplastischer Ereuz-
beinresektion oder mittels Bauchschnitt in Frage.
Bei der Saehuere ist die Nephrektomie bis auf
seltene Ausnahmefälle durch conservative Metho-
den ersetzt worden. Nach E.'s Meinung muss es
hentsutage als ein Eunstfehler angesehen werden,
wenn man ohne Noth mehr oder weniger er-
hebliohe Theile des Nierenparenchyms entfernt,
nur am eine schnellere Heilung zu erzielen.
Was endlich die Neubüdungm anlangt, so ist
man von dem operativen Enthusiasmus der ersten
2 Jahrzehnte längst surAckgekommen , um sich
eine weise Selbstbesohränkung aufzuerlegen. Die
Fortschritte liegen hier namentlich auf pathologisch-
aflatomischem Gebiete. Ein grosser Theil der
Nierengeeohwülste ist angeboren und geht aus
Terirrten embryonalen Zellenhaufen hervor. Man
icann diese embryonalen Geschwülste nicht ein-
fach in den grossen Topf der bOsartigen Geschwülste
werfen, da sie oft bis in das hohe Alter hinein
eine nur massige Entwickelung zeigen. Da sie
alflo wahrscheinlich sämmtlich zunächst ein rein
Ortliches Uebel darstellen, so kann man während
dieser ihrer Entwickelungsperiode ihnen auch mit
Theiloperationen beikommen, falls sie früh genug
erhnnt worden sind.
Im Allgemeinen ist stets die lumbale Methode
der Nephrektomie zu wählen ; nur für die nicht
mehr frei beweglichen Neubildungen empfiehlt
aoch E. den inmeperüonäaien Weg.
Unter dem Titel: „Zwei Deeennien Nieren^
Mntr^* hat Wyss (31) das reiche Material von
HierenerkrankuDgen bearbeitet, das von 1881 bis
1901 in der Züricher Chirurg. Elinik zur Beobach-
tong gelangt ist. Der Arbeit sind 22 Tafeln mit
Abbildungen beigegeben, die mittels Dreifarben-
druckes ganz hervorragend schün ausgeführt sind.
Daa Material setzt sich folgendermaassen zusammen :
Wimdamiere 18, maligne Tumoren 15, Oyeten-
(MRorm 2, Eehinocooeue 1, Hydronephroee 10,
^ierenkiberkuloee 36, Pyonephrose 7, Steinniere 8,
UrfimiffMionen 3, NiererUrauma 14 Fälle. Dazu
iommen noch 1 Fall von Probeincision auf die
Niere bei Schnürleber und 4 Fälle von Nteren--
9dubiUungen. Während im 1. Decennium von
24 Kr. 14 operirt wurden, betrug die Zahl der
Operirten im 2. Decennium 74 von 94 Eranken.
An diesen 88 operirten Eranken wurden 98 Ope-
.nktionen vorgenommen.
1) Wandemiert: 1 Nephrektomie (Todesfall), 13 Ne-
ikropexieD, 2 Probelaparotomien, 2 Nephrotomien.
% Maligne linnaren: 10 Nephrektomien (1 Todesfall).
3) CkfstijNshe 7k»moren: 2 Nephrektomien. 4) Echino-
eeecus: 1 Nephrostomie. 6) Bydranephrose : 5 Nephr-
ektomien (1 Todesfull), 2 Nephrostomien , 4 Nephror-
rhaphien, 2 Probepunktionen. 6) Nierentuberkulose :
21 Nephrektomien (2 Todesfälle), 3 partielle Ezstirpa-
tiooen (1 Todesfall), 2 Nephrostomien (1 Todesfall), 2 In-
cisionen (1 Todesfall). 7) Pyonephrosen : 4 Nephrekto-
mien (1 Todesfall), 3 Nephrostomien, 1 Incision. 8) Stein-
nieten: 2 Nephrektomien (1 Todesfall), 3 Nephrolitho-
tomien, 1 Probeincision (Todesfall). 9) üreleraffektionen :
3 Nephrektomien (1 Todesfall). 10) Nierentraumen:
UnXle (4 Todesfälle). 11) Nierenmissbildung : 1 Pyelo-
ureteroanastomie (Todesfall).
Von den 47 Nephrektomirten starben 8 ^^ 17«/o.
Nimmt man aber nur die 32 Nephrektomiefälle, die seit
1893, also seit der alleinigen Anwendung des Aethers
zur Narkose und dem vollkommen aseptischen Opera-
tionverfahren vorkamen, dann sind nur 2 Todesfälle im
1. Monate nach der Operation za verzeichnen ^^ 6.34%
Mortalität Was die Dauerheilungen der 75 die Operation
überlebenden Kranken anlangt, so konnte bei 5 Kranken
keine Naobrioht über ihr Schicksal erhalten werden.
Sonst ergab sich Folgendes : Bei 14 Wandemieren 7, bei
9 malignen Tamoren 2, bei 2 cystischen Tumoren 1, bei
1 Echinococcus 1, bei 8 Hydronephrosen 8, bei 24 Tuber-
kulosen 17, bei 6 Pyonephrosen 3, bei 4 Steinnieren 2,
bei 3 Ureteraffektionen 2, bei 4 Traumen 3 Danerheilun-
gen, d. b. bei im Ganzen 75 Operirten dauernden Heil-
erfolg in 46 Fällen — 61%.
Die aus der Arbeit sioh ergebenden Resultate
lassen sioh in der Hauptsache kurz in Folgen-
dem zusammenfassen: l)J72/^ofu^AroMn entstehen
nicht bei akutem üreterverschlusse, so lange das
Nierenbecken intakt ist, wohl aber bei intermittiren-
dem Verschlusse und Ureterstenosen, zumal d^nn,
wenn gleichzeitig eine Veränderung der Nieren-
beckenmuskulatur zu Stande kommt. 2) Nieren-
tuberkulösen sind hftufig primär, wenigstens was
den ürogenitaltraotuB betrifft Die tuberkulöse
Erkrankung verleiht der Niere häufig ein gelapptes
Aussehen; in den Fällen W.'s konnte das Vor-
kommen von Tuberkulose in einer primär gelapp-
ten Niere nicht nachgewiesen werden. 3) Es giebt
spontane Ausheilungen der Nierentuberkulose; sie
sind aber äusserst selten, unsicher und es besteht
ganz besonders bis zur Ausheilung eine grosse
Oefahr für die andere gesunde Niere. 4) Es giebt
echte Knoehentumoren der Niere, die aus der Niere
selbst entstanden sind. 5) Auch bei den grOssten
Nierentumoren ist die Bzstirpation auf extraperi-
tonäalem Wege (Flankenschnitt) mOglich, insofern
eine Ezstirpation überhaupt noch vorgenommen
werden darf. 6) Die Aeihemarkoee ist bei Nephr-
ektomien, um eine Nephritis der anderen Niere
zu vermeiden, der Chloroformnarkose vorzuziehen.
7) Die Exetirpaium der tuberkulöa erkranMen Niere
ist eine der erfolgreichsten Operationen. 8) Inter-
mittirende Bydronephraeen, die aus dem Zustande
einer Wandemiere hervorgegangen sind, indioiren
vor Allem die Nephropexie. 9) Bei akutem, irre-
parablem Dreiervereehlues ist die Nephrektomie bei
gutem Eräftezustande und normalem Verhalten der
anderen Niere nur dann geboten, wenn renale
Schmerzanfälle vorliegen oder ein ungenügender
Verschluss (intraperitonäale Ligatur) des oberen
Dreterstumpfes besteht. 10) Es giebt eine poly-
cyetiaehe Degeneration nicht nur einer einzelnen
Niere, sondern auch eines einzelnen Nieren-
136
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenohirurgie.
abschoittes bei makroskopiach yollständig nor-
malem Verhalten des übrigen Theiles der Niere.
Diese gewiss sehr seltenen Fftlle verhalten sich
in therapeutischer Hinsicht nicht anders als genuine
Tumoren einer Niere.
Eine umfangreiche Arbeit Ober die Erfolge der
Nierenchirurffie von Schmieden (27) entstammt
der Schede 'sehen Klinik.
Sc hm. hat zunächst aus der Literatur 2100
Nierenoperationen zusammengestellt, und zwar
1118 Nephrektomien, 700 Nephrotomien, 54 Pyelo-
lithotomien, 34 Nierenresektionen, 141 Spaltungen
paranephritischer Abscesse, 53 Probefreilegungen
ohne Nierenschschnitt Von den 1118 Nepkr-
ektomien wurden ausgeführt 722 lumbal (22.9<^/o
Todesfälle), 365 abdominal (33.20/« Todesfälle).
Von den 700 Nephrotomien wurden ausgeführt
626 lumbal (I6.30/0 Todesfälle), 57 abdominal
(29.80/o Todesfälle). Wenn man die Nierenchirurgie
in 3 Jahrzehnte eintheilt : 1869—80, 1881—90,
1891 — 1900, so ergiebt sich fiJir die N^hrektomien
Folgendes: Lumbale Methode: 1. Jahrzehnt 43.9,
2. Jahrzehnt 26.9, 3. Jahrzehnt 17% Mortalität.
Abdominale Methode: 1. Jahrzehnt 55, 2. Jahrzehnt
48.1, 3. Jahrzehnt 19.4% Mortalität. Bei der
abdominalen Methode überwogen die Todesfälle
an Collaps, Peritonitis und Verblutung, bei der
lumbalen Methode die an Krankheiten der anderen
Niere. Nach S c h e d e 's Ansicht ist in allen Fällen
von Nierenexstirpation der lumbale Weg einzu-
schlagen, ausgenommen bei Nierendystopie, wobei
die Niere erstens vom lumbalen Schnitte aus manch-
mal gar nicht zugänglich sein kann und wobei
ferner meist auf Grund einer falschen Diagnose
mit der Laparotomie begonnen wird.
Bei 700 Nephrotomien wurden völlig geheilt
44.6*/o ^^^ Kranken, mit Fistel geheilt 20.1, mussten
später nephrektomirt werden 17.2, starben 1 8. l<^/o.
Die FieteUnldung betrug hier also etwa 37.3%,
gegenüber 22.2, bez. 29.4<^/o bei der Pyelotomie
und Nierenresektion.
Die Nephrektomie hat Schede 92mal aus-
geführt: 24 Kr. ■■ 26.1<^/o starben, 4mal wurde
abdominal operirt (3 Todesfälle). Unter den Todes-
ursachen finden sich 6mal Collaps, 4mal Peritonitis,
2mal Krankheit, Imal Fehlen der anderen Niere,
9 Nephrektomien waren sekundär.
Nierenexstirpationen wegen malignere Tumore
hat S ehm. 329 genau beschriebene Fälle in der
Literatur gefunden (102 M., 110 W., 117 Kinder).
32.8<^/o der Kranken starben im Anschlüsse an die
Operation, und zwar im 1. Jahrzehnt der Nieren-
chirurgie 64.3, im 2. 43.0, im 3. nur 22.0%. Bei
Kindern beträgt die operative Mortalität auch jetzt
noch immer 28.1<^/o. Von den lumbal Nephrekto*
mirten starben 28.2%, von den abdominal Nephr-
ektomirten 38.0%.
Dauerheilungen über 3 Jahre sind erst 20 be-
kannt, darunter 5 Kinder. Unter Schede's
Nephrektomien befinden sich 18 wegen maligner
Tumoren: 10 Kr. genasen, von diesen sind 4 noch
nach 4, 8 und 9 Jahren gesund und reeidi^frei
(22.2% Dauerheilungen).
Nierenexstirpation wegen Ihiberkutoee. 201 Ope>
rationen mit 29.4<^/o operativer Mortalität Die
Erfolge der lumbalen Operation waren bedeutend
besser als die der abdominalen (26.8 : 42.4%).
Der heutige Standpunkt der Wissenschaft ist
der, dass eine sicher tuberkulöse Niere beiOesnnd-
heit der anderen total exstirpirt werden muss. Im
Allgemeinen ist es als Fehler zu bezeichnen, sich
bei Tuberkulose «iner Niere mit der Nephrotomie la
begnügen. Unter den 201 Nephrektomien w^gen
Tuberkulose finden sich 112 primäre (28.7<»/« Todes-
fälle) und 44 sekundäre (31.8% Todesfälle). Die
Todesursache war 15mal Collaps, 11 mal Krankheit
der anderen Niere, 1 1 mal rapide Verallgemeinenuig
des Leidens u. s. w. Schede hat 25 Nephrekto-
mien wegen Tuberkulose vorgenommen mit 24*/«
Mortalität und 48% Dauerheilungen.
Nierenexstirpation wegen Hydronq>hro»e: 124
Fälle mit 18.5% Mortalität; im 3. Jahrzehnt der
Nierenchirurgie betrug diese aber nur 5.7%
65 lumbalen Operationen mit 10.8% Mortalität
stehen 59 abdominale Operationen mit 27.1%
Mortalität gegenüber. 9 7 mal handelte es sich um
primäre (20.6% Todesfälle), 27mal um sekundäre
Exstirpationen (1 1.1 Vo Todesfälle). S c h ed e be-
vorzugt bei genauer Diagnose und in den Fällen,
in denen die Operation den Nachweis liefert, dass
nur noch minimale Reste von Nierenparenchym
da sind und bei zweifelloser Gesundheit der an-
deren Niere die primäre Ezstirpation. Schede
hat 17 Nierenexstirpationen wegen Hydronephrose
ausgeführt, darunter 5 sekundäre. In 3 Fällen von
Hydronephrose bei ausgesprochener Wanderniere
wurde abdominal operirt (2 Kr. starben).
Nierenexstirpation wegen Pyonepkroee: 1 38 RUe
mit 23.20/0 Mortalität, bez. 15.3% Mortalität im
3. Jahrzehnt der Nierenchirurgie. In 100 Fällen
handelte es sich um eine einfiushe Pyonephrose;
3 Imal war Stein verschluss nachzuweiaen. Die
Todesursachen waren 8mal Collaps, 12mal Krank-
heit der anderen Niere u. s. w. 87 primären Nephr-
ektomien mit 27.6<^/o Mortalität stehen 51 aekan-
däre Operationen mit 15.7% Mortalität gegenüber.
Schede hat 11 Nephrektomien wegen Pyi>-
nephrose ausgeführt (27.2% Mortalität).
Nierenexstirpaiion wegen PgehnephriÜB urm\
Nephrolithiasis : 108 Fälle, darunter 23 reine, d.
nicht vereiterte Steinnieren. Die Durchaduiit
mortalität von 33.3<^/o ist im 3. Jahixehnt
Nierenchirurgie auf 16.7% heruntergegangeo.
Todesursachen waren 9mal Collaps, 7mai
der anderen Niere, 4mal Sepsis u. s. w. Schedi
hat 11 Steinnieren exstirpirt mit 36.4% H01
Am ungünstigsten ist die Prognose der
pation von mit grossen Pyonephrosen oompli<
Steinnieren.
Wagner, Neuere Beiträge sur Nierenehirurgie.
137
Nierenexstirpation wegen Nierenverleixung : 47 F.
mit 17% Mortalität 16 Kranke wurden abdo-
minal operirt (18.7<>/o starben).
Ntätnexatirpaiion wegen Ureter fiatein, hex. nach
operaliim Dreterverktxung : 39 Fälle (17.9% Er.
starben). Im letzten Jahrzehnt betrug die Iforta-
litftt nar 9.1<^/o. Operirt wurde fast stets lumbal.
Schede hat 6 Kranke operirt (1 =» 16.6%
starb).
NierenexainjHXtian wegen kleincysiücher Nieren-
mlartung: 26 Fälle. Die lumbale Operation ergab
23.1% die abdominale 33.3^0 Mortalität. Unter
den 7 Todesfällen war die Ursache 5mal Erkran-
kung der anderen Niere.
NierenexsiirpcUian wegen solitärer Niereneyste:
11 Fälle mit 36.40/o Mortalität, die sich nur auf
abdominale Operationen bezieht.
EscstirpcUion van gesunden Wandemieren: 25 F.
mit 32.0®/o Mortalität Diese Operation ist zum
Olflck stillschweigend aufgegeben worden.
Nepkrektamie wegen gutartigen JkAtnars: 24 Fälle
mit 12.6<^/o Mortalität. Es waren 6 Fibrome,
6 Adenome, 6 Fibrome der Nierenkapsel, 4 Papil-
bme des Nierenbeckens, 1 Myxom, 1 Cystom,
1 Teratom.
Nierenezsiirpaiion wegen unilateraler Hämaturie
und wegen N^hritie: 16 Fälle mit 18.7% Mor-
talität In 12 Fällen konnte mikroskopisoh eine
häflBonhagische Nephritis nachgewiesen werden.
Unter den 13 Heilungen befinden sich 12 dauernde.
Niermexstirpatian loegen Eohinocoocue : 14 Fälle
iD^ii 8% Mortalität, die sich nur auf abdominale
Operationen bezieht Die Operation muss heut-
zutage im Allgemeinen als unberechtigt angesehen
▼erden.
Zq erwähnen sind ferner noch Nephrektomien
wegen dgeioper Nieren (8 Fälle, 1 Er. starb) ; wegen
Bufeisenniere , deren eine Hälfte erkrankt war
(5 Fälle, 3 Er. starben) ; wegen gummöser Syphilis
(3 Fälle) ; wegen paranephrüischen Jbsoesses (2 Fälle,
1 Er. starb); wegen Aneurysma der Art. renaL
(2 Alle); wegen Infarktniere (2 Fälle); wegen
^Ütinomf^tose, stenosirender Dreteritis, Nephralgie,
Bakteriurie (je 1 Fall).
Die Nqfkrotomie ist ebenso wie die Nieren-
exstirpation ein nothwendiger, segensreicher Ein-
gnff gewordeOi den die Chirurgie nicht wieder ent-
bdiren kann. „Ihre Statistik zeigt natürlich bessere
fiesoltate als die Exstirpation ; aber sie würden
Aoch besser sein, wenn die Nephrotomie nicht eine
Menge ungünstiger Fälle mitzuschleppen hätte, in
denen sie deswegen ausgeführt wurde, weil die
Bzstirpation w^en der Schwäche des Eranken oder
vegen sonstiger ungünstiger Umstände nicht mehr
nOglich war. Sie muss also der Nephrektomie ge-
wissermaassen ihre ärgsten Sorgenkinder abneh-
men.» Von 700 Nephrotomien endeten 18.1*/o
tUtlioh (Mortalität des letzten Jahrzehntes 14.3%).
Ue Sterblichkeit betrug bei 626 lumbal Operirten
16.3Vt, bei 57 abdominal Operirtoi 29.8%- Völlig
Med. Jahrbb. Bd. 282. Hft 2.
geheilt wurden 44.6<)/o; mit Fistel geheilt 20.1o/o;
sekundär nephrektomirt 17.20/o. In 36 Fällen be-
stand die Todesursache in Erankheit der anderen
Niere.
Nephrotomie wegen Pyonephrose: 248 Fälle.
Völlige Heilungen S^J^j^; Heilungen mit Fistel
27.0%; sekundäre Nephrektomien 19.8%; Todes-
fälle 18.5<^/o. Schede hat 2mal wegen Pyo-
nephrose nephrotomirt (1 Fistelheilung, 1 Todesfall).
N^hrotomie wegen N^hroUthiasis und wegen
Pyelonephritis: 211 Fälle. Völlige Heilungen
58.3%; Fistelheilungen 13.3%; sekundäre Nephr-
ektomien 8%; Todesfälle 20.4%. Schede hat
8 hierher gehörige Nephrotomien gemacht (2 Er.
starben).
Nephrotomie wegen Hydronephrose: 88 Fälle
mit 36.2o/o TÖlliger und 27.3o/o Fistelheilung;
sekundäre Nephrektomie 20.6%; Todesfälle 17.0%.
Schede 's Erfahrungen erstrecken sich über 8 Fälle
(1 Er. starb); 5mal musste sekundär nephrektomirt
werden. Schede trägt kein Bedenken, in allen
Fällen Ton Hydronephrose die Exstirpation zu
machen, in denen sich auf keine andere Weise der
natürliche Abfiuss wieder herstellen lässt und in
denen die Gesundheit der anderen Niere sicher ist
Die Nephrotomie wegen Tuberkulose ist eine Ope-
ration, die nur für ganz verzweifelte Fälle eine Be-
rechtigung hat, und zwar im Wesentlichen für Fälle,
in denen eine radikale Entfernung nicht mehr mög-
lich ist Von 74 Operirten wurden 9.6% völlig,
24.30/0 mit Fistel geheilt; 37.8% sekundär nephr-
ektomirt; 28.4% starben. Die Todesursachen
waren u. A. 6mal Erankheit der anderen Niere,
6mal rapide Verallgemeinerung des Leidens.
Schede hat nur Imal wegen Tuberkulose nephro-
tomirt und dann später die sekundäre Nephr-
ektomie angeschlossen.
Die Nephrotomie wegen Echinococcus ist eine
sehr erfolgreiche und günstige Operation. Von
30 Operirten genasen Sß.l^lQ völlig, mit Fistel
10%; kein Todesfall, 1 sekundäre Nephrektomie.
Schede hat auch einen Eranken mit Erfolg operirt.
Die Nephrotomie wegen Nephritis mit und ohne
Hämaturie wurde im Ganzen 20mal ausgeführt.
76% der Eranken wurden völlig, 16% nur für
kurze Zeit geheilt; 1 Eranker starb, 1 musste
später nephrektomirt werden.
Wegen Nephralgie wurde 8mal nephrotomirt
(6 völlige Heilungen); zu diagnostischen Zwecken
6mal; wegen Nierenverletxungen 6mal (4 völlige
-Heilungen). 3mal wurde bei Solitämiere, 3mal
wegen kleincystischer Nierendegeneration die Nephro-
tomie gemacht
Die PyeMithotomie ist als Ersatz der Nephro-
lithotomie gedacht und wird namentlich auch in
glatten, uncomplicirten Fällen ihre Bedeutung be-
halten. Von 64 Operirten genasen 66.7% völlig;
22.20/0 mit Fistel ; 1 1.1% starben. S c h e d e hat
auch öfter das Nierenbecken in seinem freien Theile
eröffnet und es wieder mit genauer Naht ge-
18
138
Wagner, Neuere Beitrftge zur Nierenchirurgie.
Bchlossen. üncomplicirte , typische Pyelolitho-
tomien hat er nur 2mal ausgeführt: ToUkommene
Heilung ohne Fistel.
Die Nierenresektian ist ein auf ganz spärliche
Ausnahmefälle zu beschränkender Eingriff, der
jedenfalls bei malignen Tumoren, aber auch bei
Tuberkulose yerboten ist. Yon 34 Operirten ge-
nasen 58.8«/o völlig, 11.8«/o mit Fistel; bei 17.6%
wurde sekundär total ezstirpirt; 11.8% starben.
Schede hat bei einem 16jähr. Knaben das untere
Drittel der Niere, das von Abscessen durchsetzt
und sklerotisch war, mit Erfolg resecirt.
D'\Q Probefreüegung der Niere ohne NiereneehniU
kann nicht warm genug empfohlen werden. Sie
ist nicht nur geeignet, uns über den Zustand der
Niere in vielen Fällen genügende Klarheit zu ver-
schaffen, sondern sie kann auch heilend wirken.
Vf. hat 53 hierher gehörige Fälle gesammelt:
73.6<^/o Heilungen mit Beseitigung der Klagen;
11.3<^/o Todesfälle. Die Indikationen für diesen
operativen Eingriff waren Verletzungen, Stein-
verdacht, Tumorverdacht, Nephralgien, Hämaturie
Schede hat viele Probefreilegungen gemacht, nur
selten ohne Befund. Fast stets konnten entweder
Reste einer Paranephritis , oder aber beginnende
Wanderniere festgestellt werden, die schon Be-
schwerden machte.
Die Spaltung paranephrüieeher Äbseesse betraf
141 Fälle: 44.7% völlige Heilungen; 8.50/« Fistel-
heilungen; 6.4% sekundäre Nephrotomien; 31.2%
sekundäre Nephrektomien ; 9.2% Todesfälle.
Schede hat 30 paranephri tische Abscesse ge-
spalten mit 73<^/o völligen Heilungen.
Die Nephropexie hat Schede 38mal vorge-
nommen. In allen 38 Fällen wurde fistellose Hei-
lung erreicht; in bl.^^l^ blieben die Kranken von
allen Beschwerden befreit.
Endlich berichtet Yf. noch ganz kurz über
29 Fälle doppeleeUiger Nierenoperationen.
Schede hat im Ganzen 184 operative Ein-
griffe an den Nieren vorgenommen, und zwar:
92 Nephrektomien, 19 Nephrotomien, 2 Pyelo-
lithotomien, 1 Nierenresektion, 1 diagnostische
Freilegung, 30 Spaltungen paranephritischer Ab-
scesse, 1 Pyeloplastik, 38 Nephropexien.
In einem toeiteren Beitrage zur Nierenchirurgie
thei^ Oroh6 (6) aus der RiedeTschen Klinik
44 Fälle mit, nämlich 3 Nierenabscesae, 3 Pyelo-
nephritiden, 8 Sacknieren, 8 Nierensteine, 1 Nephr-
algie, 15 Tuberkulosen, 1 Nierencyste, 2 Nieren-
echinokokken, 3 Nierenfisteln. Hierzu kommen
noch 2 Nierenanomalien.
Nierenabscess, In allen 8 Fällen wurde die primäre
Nephrektomie vorgenommen. Eine Er. starb an einer
vom Oenitaitrakt ausgehenden Peritonitis.
PyeUmephriiis. In einem Falle wurde die Nephr-
ektomie (1 Kr. starb), in den beiden anderen die Nephro-
tomie (1 Er. starb) ausgeführt.
Sia.cknieren. In 4 Fällen von Eydronepkrose wurde
Imal transperitonäal , Smal lumbal vorgegangen. In
2 Fällen wurden zuerst Nierenbecken-, bez. Hamleiter-
plastiken versucht, schliesslich aber doch wie in denbeidea
anderen Fällen die Nephrektomie ausgeführt. Eine Kr.
starb; die Ursache war der seltene Defekt der anderea
Niere. Die Dauerresultate sind gut, indem alle 3 durch-
gekommenen Er. gesund geblieben sind. In 4 Fällen von
Pyonepkrose wurde ebenfalls zunächst die Nephrotomie
vorgenommen. In 3 Fällen musste aber sekundär xur
Nephrektomie geschritten werden ; die 4. Er. starb, ehe
es dazu kam. „Bei unseren Nieren war in Vt der FÜk
die Bedeutung des restirenden Nierenparenchyms physio-
logisoh funktionell wohl wenig oder gar nicht in Betncht
kommend. Das soll uns aber nicht in unserer Anschanoog
beirren, dass auch wir die Nephrotomie als ersten £in-
griff für den zweckentsprechendsten halten*^.
Nierensteine. Unter diesen Fällen befindet sichaach
eine sogen. Nephralgie^ zu der eine alte Nephrolithiasis
den Anlass gegeben hatte. Es wurde bei dem Er. die
Nephrotomie gemacht ; es fand sich kein Stein mehr, Pat
wurde aber seine Beschwerden los. Unter den Ope-
rationen befindet sich eine Nephrektomie mit gleich-
zeitiger Sectio alta und späterem Nierensohnitte; eine
beiderseitige Nephrotomie bei vereiterten Nierensteioen ;
diese beiden Er. genasen. Ueberhaupt starb von den
8 Operirten nur einer.
litberkulose. In 16 Fällen wurden 6mal Tuberkel-
bacillen gefunden. Eine nachgewiesen ermaassen nur ein-
seitige Nierenaffektion bestand in 5 Fällen. In 9 Fällen
war die Nierenerkrankung mit anderen tuberkulösen Er-
krankungen verbunden. 8 Er. starben gleich oder bald
nach dem chirurgischen Eingriffe ; 7 Er., darunter 6 Nephr-
ektomirte, überstanden die Operation ; 6 von diesen sind
dauernd geheilt, und zwar 1 Er. 2 Jahre, die anderen
aber 9—12 Jahre.
Nierencyste. Sehr interessanter Fall von beider-
seitigen uniloculären Cysten, die auf der einen S«ta
enuaeirt, auf der anderen Seite, mehrere Wochen später,
abgetragen wurden.
Nierenechinococeus. In dem einen Falle handelte
es sich um eine rechte postoperative abdominelle Fistel
bei rechtem Nierenechinococeus ; Revision und Drainage
der Wunde ; Tod an Peritonitis. Der andere Fall betnf
einen rechten uniloculären Nierenechinococeus. EiBtir-
pation der Cyste ; Heilung. Im Ganzen sind bis jetzt
108 Fälle von Nierenechinococeus zur Operation ge-
kommen.
Nieren- und Hamleiterfieteln. Nierenbeckeofiatel
nach Ueberfahren ; Nephrektomie, Heilung. Die beiden
anderen Fälle sind Ureterverletzungen im Anschlösse an
Tumorexstirpationen (Rectumcarcinom , Ovarialtomor).
Nephrektomie (1 Er. starb).
Nierenanomalien. Fall von doppelter Anlage der
linken Niere ; Fall von Defekt der rechten Niere.
Lobstein (18) berichtet Ober die operaim be-
handelten Wandemieren und Hydronephnmn der
Heidelberger chirurgischen Klinik.
A, Wandemieren,
In manchen Fftllen von uncomplicirter Wander-
niere kann von einer chirurgischen Behandlang,
speciell von einem blutigen Eingriffe abgesehen
werden. Es sind dies erstens diejenigen FttUe, ia
denen das Organ gar keine oder nur so geringe
Beschwerden verursacht, dass diese das allgemeine
Wohlsein nur in geringem Orade stören ; derartige/
Kranke werden gar nicht in chirurgische Behani
lung kommen. Zweitens giebt es eine Anzahl
Fällen, in denen durch äussere Behandlang, dm
Bandagen, eine Besserung oder vollkommene H<
lung — wenigstens insofern, als alle Beechwi
gehoben werden — erzielt wird. Seit vielen Ji
wird in der Heidelberger Klinik eine einfache,
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenchirurgie.
139
sitzende Leibbinde allen anderen complioirten Ban-
dagen Torgezogen. In allen jenen Fällen aber, in
denen die bewegliehe Niere stärkere Beschwerden
Tenmacht, die orthopädische Behandlung im Stich
]&88t, ist die Nephrorrhaphie geboten, um die Niere
in annähernd normaler Lage dauernd zu befestigen.
In der C z e r n y 'sehen Klinik wurde bei 23 reinen
Wandernieren — nach Beendigung der Arbeit
kamen noch 3 Kranke zur Behandlung — die
Nephrorrhaphie vorgenommen: lumbo-abdominaler
Schiefschnitt parallel der 12. Rippe, Hervordrängen
der Niere in die Wunde, Ausschälen aus der Fett-
kapael, theil weise Ablösung und Resektion der
Capsula propria; Catgutfäden werden in etwa 2 bis
3 cm Entfernung durch das Nierenparenchym der
unteren Nierenhälfte durchgeführt und durch den
oberen und unteren Muskelfascienrand der Wunde
so durchgeführt, dass die Niere beim Anziehen der
Aden und Schürzen der Knoten emporgehoben
und fest an die Yorderfläche des lumbalen Muskel-
Schlitzes angenäht wird. Mehrtägige Tamponade
des unteren Wundwinkels; Bettlage mit hoch-
liegendem Becken. Von .den 28 Operirten starben 2
— an Oallensteinkrankheit, bez. an Magencarcinom.
Von 18 Operirten ist das EndreeuUai bekannt: bei
11 » 61.5 Vo vollkommener Erfolg, bei 3 be-
deutende Besserung. „Die angeführten Zahlen be-
weisen, daes die Anheflung der Niere bei uncompli-
drter Wandemiere eine Operation ist, die wegen
ihrer Ungeßhrliehkeit und gtäen Erfolge ihre volle
Beredüigung hat,"
B. Bydronephrosen.
Was die Frage der Behandlung der Hydro-
n^osen anlangt, so wird in jedem Falle genaue
Beurtheilung und Ueberlegung am Platze sein.
Xleine hydronephrotische Säcke, die vielleicht nur
geringe Symptome verursachen, lässt man wohl
am besten ganz in Ruhe, wenn sie überhaupt wahr-
nehmbar sind. Grossere werden erst dann in den
B^ch einer Operation zu ziehen sein, wenn sie
^ne betrflohtliche 0r(y8se erreicht haben und hef-
tige Beschwerden verursachen. Bei Hydronephrose
in Folge beweglicher Niere hat sich die Behand-
Inng in erster Linie gegen die Beweglichkeit der
Siere zu richten. Bei grosser stationärer Hydro-
nephrose kommt die ehirurgisehe Behandlung in
frage: Nephrotomie oder Nephrektomie, L. ist ein
Anhänger der Nephrotomie, die „das einfachere,
kürzere und ungefährlichere VerJfahren darstellt,
welches auch unserem heutigen conservati ven Stand-
punkte entspricht.^^ In der Heidelberger Klinik
vorden in den letzten 20 Jahren 11 Bydronephrosen
i^ativ behandelt 4mal wurde die lumbale Nephro-
tomie gemacht ; 1 Kranker starb mehrere Monate
nach der Operation an FunktionstOrung der anderen
Niere. 3 Kranke genasen, und zwar 2 mitvOUigem
Schlüsse der Fistel. Die Nephrektomie wurde 7mal
Torgenommen, 4mal lumbal, 3mal transperitonäal.
4 Kranke genasen, 3 starben an Pyämie, Sepsis
und Anurie in Folge von Atrophie der anderen
Niere. Mortalität der Nephrotomie bei reiner Hydro-
nephrose 25%, der Nephrektomie 42.8%.
Cantwell(2) berichtet über 6 Nephrektomien :
1) 35jähr. Mann mit XQQYiiA&iiÄgBxNierenqueieehung.
Schwere anhaltende Hämatarie. 3 Wochen später Nephr-
ektomie, lod im Collaps. Die exstirpirte Niere zeigte
einen intracapsnlären Riss.
2) 34jähr. Mann mit rechtseitiger Steinniere, Nephr-
ektomie. Heilung. Die Niere war in einen Sack um-
gewandelt, der Hunderte von kleinsten Conkrementen
enthielt.
3) 28jähr. Frau mit tuberkulöser linkseitiger Nieren^
eüerung. Nephrektomie. Zurückbleibende Fistel. Meh-
rere Monate später Excision eines grösseren Ureterstückes.
Heilung.
4) 25jähr. Mann mit rechtseitiger Nierenxerreissung.
Sofortige Nephrektomie. Heilung.
5) 2jäbr. Knabe mit rechtseitigem Nierensarkom.
TT2ai%^nUMiÄs\<Q Nephrektomie. Heilung. 7 Monate später
Tod an Recidiv.
6) 81 jähr. Mann mit rechtseitiger eiteriger Pyelo-
nephritis — „typical surgioal kidney*^ — im Anschlass
an eine Blasensteinoperation. Nephrektomie, Heilung
mit Fistel. Die üreterektomie ist noch in Aussicht ge-
nommen.
Jessop (10) hat hei Kindern llmal, und zwar
stets wegen Oeeehumlstbildung die Nephrektomie
vorgenommen : 9mal lumbal, 2mal transperitonäal.
Den günstigen Operationerfolgen (2 Todesfälle)
stehen sehr schlechte Enderfolge gegenüber. Die
längste Lebensdauer nach der Operation betrug
2 Jahre 5 Monate. Bei Envaehsenen hat J. 16mal
die Nephrektomie ausgeführt : 6mal wegen Tumor ;
3mal wegen Pyelitis mit Steinbildung ; 4mal wegen
Tuberkulose; 2mal wegen Fistelbildung nach
Nephrolithotomie, Imal wegen unstillbarer Blutung
nach Nierensteinextraktion. 5 mal wurde die Nephr-
ektomie transperitonäal (4 Todesfälle), llmal lum-
bal (2 Todesfölle) vorgenommen. J. nephrektomirt
grundsätzlich lumbal in allen der Infektion ver-
dächtigen Fällen ; transperitonäal bei grossen Tumo-
ren. Die Nephrolithotomie hat J. 24mal ausgeführt ;
in den letzten 6 Fällen so, dass er die Niere nach
aussen luxirt und mittels Sektionschnittes spaltet.
Die Blutung war gut zu übersehen, die Nieren-
wunde heilte glatt.
Jonescu (11) hat die Nephrektomie 17mal
ausgeführt mit 14 Heilungen und 3 Todesfällen.
Bezüglich des einzuschlagenden Weges zieht er
den transperitonäalen vor, da er damit die relativ
geringste Mortalität zu verzeichnen hatte. Ausser-
dem muss bei Benutzung des lumbaren Schnittes
fast immer drainirt werden, was einerseits die
Heilung verzögert, andererseits oft langwierige
Fisteln entstehen lässt. Der transperitonäale Weg
erlaubt eine direkte Untersuchung der anderen
Niere, es können selbst umfangreiche Geschwülste
leicht entfernt und ausgedehnte Verwachsungen
gelöst werden.
Bei der lombaren Methode macht J. einen langen
Schnitt parallel der 12. Rippe oder, falls diese zn karz ist,
längs der 11. Rippe. Dieser giebt ein viel besseres licht
als alle anderen vertikalen oder schiefen Schnitte. Zur
Ausführang der paraperitonäalen Nephrektomie, die
namentlich in Fällen von Harnleiter- Soheidenfistel an-
140
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenohirurgie.
gezeigt ist, führt man den Schnitt vom Ende der 12. Rippe
bis zur Mitte des Ponpart'schen Bandes. Man löst vor-
sichtig das Bauchfell ab und gelangt in die Darmbein-
grnbe und an den Harnleiter. Ist eine lokale Wieder-
herstellung des Harnleiters anmöglich, so wird er nach
oben hin verfolgt and sammt der Niere entfernt Bei
transperitonäaler Nephrektomie wird der Schnitt je nach
der Nothwendigkeit des Falles and der Grösse der za
entfernenden Geschwalst median, halb anter, halb über
dem Nabel, oder lateral, längs dem äusseren Rande des
Rectas aasgeführt, um einen Abschlass des Operation-
feldes von der Peritonäalhöhle za erzielen, wird nach
Durch trennang des Peritonaeum laterocolicum das Colon
von der vorderen Fläche der Niere abgelöst, wodurch
das Bauchfell der hinteren Bauch wand auf eine grosse
Ausdehnung, gegen die Wirbelsäule hin, freigemacht wird.
Dieses peritonäale Stück, enthaltend das Colon und dessen
Gefässe, wird gegen die abdominale Oeffhung gehoben
und hier mit Klemmzangen gehalten. Auf dieselM Weise
wird der laterale Theil des parietalen Bauchfelles abgelöst
und 80 ein zweiter peritonäaler Lappen gebildet, der
ebenfalls in die Bauchwande gezogen und hier mit Zangen
gehalten wird. Auf diese Weise kann ein Ergiessen
eventuell vorhandenen Eiters aas der Niere in die Bauch-
höhle verhütet werden.
Die interessante Arbeit enthält des Weiteren
die Krankengeschichten, ausgeführten Operationen,
makroskopischen und mikroskopischen pathologisch-
anatomischen Befunde aller Fälle.
Jo8eph8on(12) berichtet über folgende Fälle :
1) 50jähr. Frau mit Pyonephrose in einer ektopiseh
fixirien Niere. Nephrotomie. Heilung,
2) 47jähr.Frau m\\,Bltüungen aus einer rechUeüigen
Wandemiere, Prohenephrotomie; Nephropexie; Heilung,
3) 37jähr. Frau mit durch interstitielle Nephritis
vergrösserter Wandemiere, Pyelitis durch Lapisinstilla-
tionen in das Nierenbecken geheilt. Schmerzanfälle mit
Erbrechen und Anurie. Probmephrotomie; Nepkropeode;
Heilung,
4) 54jähr. Frau mit apfelsinengrossem Hypemephrom
am unteren Pole der rechtseitigen beweglichen Niere.
Enueleation der Geschwulst. Nierenbeckenfistel. 2 Wochen
später Nephrektomie. Heilung,
Prochownick (23) hat 14mal lumbar, Smal
transperitonftal wegen Nierenkrankbeit oder Nieren-
geschwulst operirt Folgende 2 Fälle sind be-
sonders bemerkenswerth :
1) Frau im 6. Monate schwanger, schwere Nieren-
koliken. Klinische Diagnose : Hydronephrose durch Con-
kremente im Nierenbecken und Ureter. Die lumbale
Nephrektomie ergab eine muUiloeuläre grosse Oysten-
niere. Durch einen Peritonäaleinriss konnte die andere
Niere abgetastet werden ; sie war in Form und Grösse
durchaus normal. Heilung. Niederkunft zum richtigen
Termine. Nach 2 Jahren deutliches, ziemlich schnelles
Wachsthum der anderen Niere.
2) Lumbale Nephrektomie wegen reohtseitiger pri-
märer Nierentuberkulose, Bezüglich der klinischen Dia-
gnose war bemerkenswerth, dass erst nach der Anwendung
von Tuberkulin Tuberkelbacillen im Harn nachgewiesen
werden konnten ; ebenso trat danach eine schmerzhafte
Anschwellung der rechten Niere auf und bot eine Hand-
habe zu operativem Eingreifen. Die Kr. genas.
In allerletzter Zeit ist noch ein nach jeder
Richtung hin vorzüglich ausgestattetes Werk von
L. Hoc he (9) erschienen, in dem ^{^pathologische
Anaiomie der Nierenerkrankungm , der inneren,
sowohl wie der chirurgischen, eine ausgezeichnete,
klare Darstellung erfahren hat Was das durch
ein Vorwort von Y. Cornil eingeleitete Buch
ganz besonders werthvoll macht, sind die vorxflg-
lich ausgeführten photographischen Tafeln und
mikrophotogra|>hi8chen Textfiguren. Sftmmtliche
Abbildungen sind Originale nach Präparaten aos
den Hospitälern von Nancy.
IL Topographische Anatomie; angeborene Mm»
bildungen.
32) A b r a j a n 0 f f , A., Contribution k Tetude da rein
ectopie: cas de lithiase dans un rein ectopie. Ano. dei
Mal. des org. gen.-urin. XXII. 2. 1904.
33) Bauer, Absence congenitale du rein, de rare-
tere et de la vesicule s6minale gauche. Ano. des Ihl.
des org. gen.-uiin. XX. p. 1120. 1902.
34) fi 1 u m e r , Further notes od abnormalitiee of tbe
urinary System. Albany med. Ann. Jan. 1901.
35) C a t h e 1 i n , F., Le rein ectopique croise. Aon.
des Mal. des org. gen.-urin. XXI. 23. 1903.
36) Cohn, Th., Fall von angeborener Cyste im
Blasenende eines überzähligen Ureters. Deutsche med.
Wchnschr. XXIX. 31. 1903. Ver.-Beil.
37) C 0 h n , T h., Ueber cystenartige Erweitenug des
Harnleiters innerhalb der Harnblase. Beitr. z. klio. Chir.
XLI. 1. p. 45. 1903.
38) C r 0 i 8 i e r , Anomalie renale. Ann. des Mal. des
org. gen.-urin. XIX. p. 216. 1901.
39) David so ho, C, üeber die Hufeisenoieie.
Charite-Ann. XXVI. p. 509. 1902.
40) Delore, Xavier, De Tectopie congenitale da
rein. Considerations chirurgictdes. Revue de Chir. XXIL
9. 1902.
41) Dewis, J. W., Congenital pelvic malposition of
left kidney in a woman. Boston med. a. suig. Joarn.
CXLV. 2. 1901.
42) Elliesen, Ein Fall von Verdoppelung eioes
Ureters mit cystenartiger Vorwölbung des einen derselbeo
in die Blase. Beitr. z. klin. Chir. XXXVI. 3. 1902.
43) Engström, 0., Ueber Dystopie der Niere in
klinisch-gynäkologischer Beziehung. Ztsohr. f. klin. Med.
XLIX. 1—4. 1903.
44) Oould, A. H., Two cases of complete bilateral
duplication of tlie Ureters. Amer. Joum. of med. 8c
CXXV. 3. 1903.
45) Mankiewicz, üeber NierenoperatioDea bei
Mangel oder Erkrankung der zweiten Niere. Moo.-Ber.
über d. Oesammtleistungen auf d. Oeb. d. Erankh. d.Harn-
u. Sexual- Apparates V. p. 511. 1900.
46) Mendelsohn, M., Ueber Bau u. FniiktioD
des hamableitenden Apparates (Nierenbecken n. Ureter).
Wien. Kün. 11. 12. 1899.
47) Meyer, £., Ueber einige EntwickelaDgahem-
mungen der Niere. Munchn. med. Wchnschr. L. 18. 1903.
48) Müllerheim, B., Diagnostische u. küiusohe
Bedeutung der congenitalen Nierendystopie, speciell der
Beckenniere. Deuteche med. Wchnschr. XxVni. 46.
1902. Ver.-Beil.
49)Owen, £., An adress on some of the anatomicd
associations of the kidneys, from a surgical point of view.
Brit. med. Journ. June 8. 1901.
50) Preindlsberger, J., Beitrag zur Niem-
Chirurgie. Wien. klin. Rundschau XV. 11. 1901.
51) R 0 r i e , A case of malformation of kidney. Biit
med. Journ. Apnl 27. 1901.
52) Schuhmacher, S.v., EinFall von geknastar
Dystopie der Niere mit Lageveränderungen in den Gc«
schlechtswerkzeugen. Wien. klin. Wchnschr. XVI. 29l
1903.
53) Scudder, C. L., Double ureter of the nght
kidney; one Ureter ending blindly ; acate Symptoms; Ope-
ration; death; autopsy. Amer. Jouro. of the med. Sg.
July 1901.
54) T a n 1 0 n , Anomalie renale. BulL de la Soc.
de Paris p. 216. 1901.
I
Wagner, Neuere Beitrflge zur Nierenchirurgie.
141
55) Th n m i m , It., Ureier-Doppelbilduo^ a. Ligatar
in der Blase in cystoskopisoh-pbotofrraphiBoher Dar-
sialliiDg. MoD.-Ber. über d. Oesammtleistungen auf d.
Oeb. d. Erankh. d. Harn- n. Sexnal-Apparates Y. p. 582.
1900.
56) Tschudy, E., üeber einen Fall von Doppel«
bilduDg der linken Niere mit Pyonephrose des einen
Nierenbecken-Harnleitersystems. Gorr.-Bl. f. Schweizer
Aerate XXXIL 13. 1902.
57) Warschauer, Beobachtangen aas der Nieren-
iLÜreterenphysiologie. Berl. klin. Wchnschr. XXXVIII.
15. 1901.
58) Winter, 0. J., üeber einseitige angeborene
Niereodefekte, nebst einem Fall von Nierencyste in der
Soiitämiere. Arcb. f. klin. Chir. LXIX. 3. p. 611. 1903.
59) Young, H., Ueber einen Fall yon doppeltem
Nierenbecken u. Ureter bifidus. Eatheterisation des ge-
sunden Theiles. Febldiagnose. Tod nach der Operation.
Mon.-Ber. f. Urologie VIII. 10. 1903.
60) Zondek, M., Die Topographie der Niere u.
ihre Bedeutung fär die Nierenchirurgie. Berlin 1903.
Aug. Hirschwdd.
In einer grosseren Monographie: Die Topo-
graphie der Niere und ihre Bedeutung für die Nieren-
ekürurgie bespricht Zondek (60) zunächst die
Lage der Niere zu ihrer Umgebung. Was die nor-
male Lage der Niere anlangt, so kommen mannig-
faltige Abweichungen innerhalb erlaubter Grenzen
Tor. Die Lage der Niere ist abhängig von dem
ganzen Körperbau. Die verschiedenen Formen des
Thorax , die verschiedene Länge der Wirbelsäule
11. 8. w. sind unzweifelhaft von Einfluas auf die
Lage der Niere. Soweit diese constitutionellen
Verschiedenheiten innerhalb der normalen Grenzen
liegen, müssen auch die entsprechenden Lage-
Verhältnisse der Niere zu dem unteren Rippen-
bogenrande, gleichviel, ob sie ihn mit ihrem unteren
Pole nur kaum erreicht oder ob sie ihn wesentlich
überragt, als normal aufgefasst werden. Bei diesen
zahlreichen Verschiedenheiten in der normalen Lage
ist aber auch die Form der Niere keine gleich-
massige; denn sie ist abhängig von ihrer Um-
gebung — der knöchernen, sowie derjenigen der
Weichtheile -:-, wie von den modellirenden Ein-
wirkungen der sie umlagernden inneren Organe.
Bezüglich der Oestali der Niere bleibt die beim
Neugeborenen physiologische renkuläre Form der
Niere in einer nicht geringen Zahl der Fälle auch
im späteren Leben vollkommen oder theilweise
erhalten. Eine etwa nothwendig werdende In-
ctston in die Niere ist in den Saum zwischen und
paraU^ den Furchen zu legen.
Das 3. Capitel handelt von der Topographie in
der Niere^ und zwar zunächst von dem arteriellen
Qefas89tf9tefin der Niere, Gewöhnlich versorgt je
ein Haaptast der Nierenarterie die ventrale, bez.
dorsale Nierenschale, zuweilen einen Pol, zuweilen
einen mehr oder weniger grossen Theil der Niere.
Die vordere Wand dee Nierenbeckens wird von
Artmen bedeckt, dagegen liegt die hintere Becken-
wand frei vor und ist dem chirurgischen Eingriff
trA zQgäDglich.
Was das v&nöee Oeßeseyetem der Niere anlangt,
so anastomosiren sämmtlidie Yenen mit einander
und bilden im Gegensatz zum arteriellen Gefäss-
baum ein dichtes Flechtwerk. Ein ideal im Raum
der natürlichen Theilbarkeit der Arterien angelegter
Schnitt wird darum immer zahlreiche Venen durch-
schneiden, eine Blutung wird also nie zu umgehen
sein. Während aber die Durchschneidung eines
Astes der Nierenarterie die vollkommene funktio-
nelle Ausschaltung des von diesem Ast versorgten
Nierentheiles bedeutet, dürfte die Durchschneidung
einer Nierenvene keine dauernde funktionelle Stö-
rung zur Folge haben, denn die Nierenvenen sind
keine Endgefässe, und bei Thrombosirung einzelner
venöser Aeste wird das Blut in den übrigen ge-
räumigen , dünnwandigen , leicht ausdehnungs-
föhigen, in verschiedensten Richtungen verlaufen-
den Collateralen einen bequemen Abfluss finden;
femer dürfte eine venöse Blutung bei dem geringen
Blutdruck in den Yenen im Gegensatz zu einer
arteriellen Blutung an der Niere von selbst zum
Stillstand kommen. Die Kürze der rechten Y.
renalis mahnt besonders zur Vorsicht bei der Ex-
stirpation der rechten Niere.
Im 4. Abschnitte wird die Verlagerung der Niere
besprochen, und zwar sowohl die congenüdle Hetero-
topie der Niere, wie die Wandemiere, Auf einzelne
Punkte der Zondek 'sehen Anschauung über die
Pathogenese und Therapie der Wandemiere werden
wir noch an anderer Stelle zu sprechen kommen,
ebenso wie auf seine Ansichten bezüglich der
Nephrotomie, Nephrolithotomie u. s. w.
In einer Arbeit über NierenopertUionen hei
Mangel oder Erkrankung der ztveiten Niere fügt
Mankiewicz (45) den von Beumer gesam-
melten 213 reinen Fällen von einseitigetn congeni-
talen Nierenmangel 21 weitere F^lle an. Diesen
Beobachtungen stehen in klinischer Betrachtung
alle jene Fälle gleich, in denen von der einen
Niere nur ein nicht sekretionfähiges Rudiment
oder eine Yerschmelzung beider Nieren zu einem
Organe mit einem oder mehreren Ausführungs*
gangen in normaler Lage oder in pathologischer
Verlagerung besteht. Eine Statistik dieser Fälle
beizubringen ist nicht möglich. M. fügt noch
6 weitere Fälle von eongenital atrophischer oder ver-
wacheener Hufeisen- und Kuehenniere an. Weiter-
hin hat M. aus den letzten Jahren 32 klinische
Operationfälle an den Nieren bei Krankheit der
anderen Niere zusammengestellt 26 Kranke star-
ben, weil der Operateur nicht im Stande war, die
Insufficienz der zweiten Niere festzustellen.
M. kommt zu folgenden Schlüssen: 1) Die
Chirurgie der Nieren muss möglichst conservativ
sein. 2) Ein chirurgischer Eingriff an einer Niere
darf niemals stattfinden, wenn der Operateur sich
nicht mit allen Mitteln bemüht hat, die Anwesen-
heit und Funktiontüchtigkeit der anderen Niere
festzustellen. Im Zweifelfalle darf niemals die
Exstirpation der kranken Niere vorgenommen wer-
den, sondern primär nur die Nephrotomie oder
Nephrostomie, der später, nachdem man sich von
142
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenchirurgia
der genügenden Funktion der anderen Niere über-
zeugt hat, die Nephrektomie folgen kann. 3) Die
bisher sicherste Methode, die Funktiontüchtigkeit
der Nieren zu prüfen, besteht in der Untersuchung
der durch den Ureterenkatheterismus getrennt auf-
gefangenen Nierensekrete, besonders nach der durch
subcutane Injektionen von Phlorhizin hervorgeru-
fenen Glykosurie.
Aus dem Berliner pathologischen Institute theilt
Davidsohn (39) einen interessanten Fall von
Bufeisenniere mit. Hufeisennieren sind kein gar
zu seltener Befund bei Sektionen ; in den letzten
4 J. (1897—1900) hatD. unterca. 6200 Autopsien
6 mal derartige Missbildungen gesehen. In dem
vorliegenden Falle war bereits durch die Klinik
darauf hingewiesen worden, dass eine Dystopie der
Nieren, welcher, blieb zweifelhaft, vorliegen würde.
Das Präparat zeigt die typische Form eines Huf-
eisens, einen ans 2 Schenkeln und einem Qaerstücke be-
stehenden Bogen (ren arcuaius), bei dem die freien
Schenkelenden, die nach oben stehen, einander genähert
sind. Ausser den beiden Nierenarterien besteht ein drittes
grosses Oefäss : Ärteria renalis ima, die 7 om unterhalb
der ersteren rechtwinklig vorn ans der Aorta entspringt
und nach 2om langem verlaufe sich in das Mittelstück
einsenkt. Für das Mittelstück ist vom linken Nieren-
becken ein besonderer Theil abgetrennt. Die Nieren-
becken befinden sich alle aaf der Vorderseite des Organs,
die üreteren verlaafen, der rechte und der linke ge-
trennt, vorn über das Querstück des Hafeisens hinweg
nach unten zar Blase, wo sie, wie bei normalen Nieren,
an der gewöhnlichen Stelle einmünden. Die ganze
Nierensubstanz ist nach unten und medianwärts ver-
schoben. Die Lage der üreteren bringt es vielleicht mit
sich, dass die Nterenbeoken dilatirt sind, denn, ein-
geschlossen zwischen die derbe Nierensubstanz hinten
und die Därme vorn, verlaufen sie nicht so geschützt
wie bei normalen Nieren, sind stärkerem, oft wechseln-
dem Drucke ausgesetzt und können deswegen leichter zu
Dilatation der Nierenbecken Veranlassung geben.
In der Sammlung des Berliner pathologischen
Instituts finden sich 15 Hufeisennieren. Der atui-
tamiseke Befund giebt nach zweierlei Richtungen
hin gewisse Anhaltepunkte , an die sich die kU-
niaehe Diagnose in erster Linie zu halten hätte:
das erste sind die Folgen des üreterverkmfes, eine
Dilatation der Nierenbecken oder gar eine Hydro-
nephrose; das zweite die der Oompression der
Äoria durch das dicke Querstück, die Herzhyper-
trophie.
Zu dem beschriebenen Falle macht Burghart
einige klinische Notizen. Das Präparat stammte von
einem 62jähr., ziemlich dementen Kr., der die Symptome
starker Arteriosklerose, ausgedehnter chronischer Bron-
chitis und Emphysem darbot. In der Höhe des Nabels
liess sich vor der Wirbelsäule und rechts von ihr ein
faustgrosser, elastischer, lebhaft: pulsirender Tumor füh-
len, dessen linke Grenze sich der Palpation entzog. Die
klinische Diagnose liess es zweifelhaft, ob ein Aneurysma
oder eine Nierendystopie mit leichter Compressian der
Aorta vorliege. Bezüglich der klinischen Diagnose der
Bufeisenniere glaubt B., dass in solchen Fällen, in denen
einzelne Symptome, wie Hydronephrose und Erschei-
nungen von Oompression der V. cava, fehlen, namentlich
aber, wenn es sich gar um alte Leute handelt, die eine
chronische Bronchitis und Arteriosklerose besitzen, bei
denen also Herzhypertrophic und etwaiges Oedem der
Fnsse schon hieraus sich erklären, die Möglichkeit der
klinisohen Diagnose stehen und fallen wird mit dem
Nachweise eines grossen, pidsirenden, etwas elastisekm
Tumors unregelmässiger Oonfiguration vor und neben
der Bauchaorta, an dem und über dem systolisekes
Blctsen hörbar ist hei fehlender Pulsverspätung in den
eentrifugalen Arterien,
In einer Arbeit übeV die eongeniiale E^topie der
Niere hebt Dolore (40) folgende Unterschiede
gegenüber der erworbenen Nierenektopie hervor.
Die congenital-ektopische Niere ist in ihrer Lage
fixirt, ohne dass man auch nur eine Spur von
Entzündung bemerken kOnnte. Die congenital-
ektopische Niere ist selten normal gestaltet; ihre
Arterien sind mehrfach und entspringen getrennt
aus den benachbarten Arterienstftmmen ; der Ureter
ist immer kürzer als normal.
Macht die congenital-ektopische Niere stärkere
Beschwerden, so muss sie auf transperitonftalem
Wege entfernt werden, vorausgeeetzt, dass die
andere Niere vorhanden und gesund ist
Unter gekreuxier Nierenekiqpie versteht man
den Zustand, wo die eine Niere unter der anderen
liegt, auf derselben Seite der Wirbels&ule; die
Nieren sind entweder mit einander verschmolzen
oder nicht Von gekreuxier Nierenektopie mü Nieren-
versehmelxung sind im Ganzen 14 Fälle mitgetheilt
worden, darunter eine Beobachtung von Cathe-
lin (35), über die dieser nochmals ausführlich be-
richtet Oekreuxie Nierenektopie ohne Nterenper-
sehmeixung ist bisher ömal beobachtet worden.
Besonders beaohtenswerth ist, dass bei der ge-
kreuzten Nierenektopie, wo die Form der Nieren
meist verändert ist, die üreteren mit zwei ißn-
dungen in vollkommen normaler Weise in die Btase
einmünden.
Abrajanoff (32) stellte bei einem 42Sfihr. Kr. die
Diagnose auf Pyonephrose wahrscheinlich ealeulösen
Ursprungs in einer rechtseitigen, congenital ektopieeken
Niere, Der Tumor befand sich rechts, direkt neben der
Linea alba und begann in der Höhe, des Nabels. Zitti-
zeitige transperitonäale Nephrotomie, Entfernung eines
150 g schweren üratsteines. Beihmg, ^
Entgegen Hochen egg ist A. der Meinung,
dass gesunde ektopische Nieren nicht entfernt
werden sollen, auch wenn sie etwa ein Qebort-
hindemiss abgeben sollten; vielmehr ist in aoichai
Fällen die Sectio caesarea zu machen. Da die ekto-
pische Niere öfters zwei Üreteren hat, ist auch
durch eine Ureterenkatheterisation keine sichere
Entscheidung möglich, ob gegebenen Falles wirk-
lich zwei Nieren vorhanden sind.
Tschudy (56) berichtet über eine 25jahr. Fiaa
mit Doppelbildung der Unken Niere und Pyon^hrose
des einen Nierenbecken- Bamleitersystems. Die Unter-
suchung der seit längerer Zeit an intermittirender Pynrie
leidenden Er. ergab keine Vergrösserung oder Disloka-
tion der Nieren ; der linke Ureter war als daumendicker
Strang fühlbar. Die kUnische Diagnose wurde mit Wahr«
scheinlichkeit auf multiple A bscesse im linken Nieren«
parenchym gestellt; die intermittirende Pyurie wi
durch successives Durchbrechen dieser Absoesse
dem Nierenbecken erklärt. Erst die pathologiach-i
tomische Untersuchung der lumbal ezstirpirten Nu
ergab den wahren Sachverhalt Eine gewisse Vei
rung in die Diagnosenstellung war durch das Eigel
Wagner, Neuere Beiträge zur Niorenohirargie.
143
der üreterkatheterisatioD hineiDgebraoht worden. Die
KatheterisatioD des linken Ureters ergab vollständig kla-
ren Tuid normalen Urin ; das ist nur so za erklären, dass
eben der Katheter in die zn jener Zeit allein passirbare
Oeffnoog des gesunden linken Ureters hineingelangte und
also den normalen Urin der gesunden unteren Nieren-
bälfte in !hge förderte.
Winter (58) beobaohtete bei einem 21 jähr.
Kranken eine Niereneysie in einer Soliiämiere.
Die klinische Diagnose wurde mit Wahrscheinlich-
keit iof ein rechtes Nterenaarkom gestellt. Jkransperi-
Umäale Nephrektomie, 5 kg schwere Nierencyste ; von
dem eigentlichen Nierengewebe nur ein schmaler Streifen
übrig. Tod am 5. Tage an Urämie, Die linke Niere
fehlte völlig; vom linken Ureter war nur ein ca. 8 cm
laoges Stück vorhanden, mündete in die Blase, am
anderen £nde geschlossen. Ureterenmündung in der
Blase an der gewöhnlichen Stelle und von normaler
Grösse. Keine weiteren Abnormitäten, weder in den
Oenitalieo, noch in den übrigen Organen.
Im Anschlüsse an diesen ungünstig ausgegan-
genen Fall bespricht W. die „eigentlichen angebo-
renen, einseüigen Nierendefekte, hei denen die andere
Niere schon von Geburt an vöüig spurlos fehW,
Im Ganzen finden sich in der Literatur 237 Fälle
(129 links, 98 rechts, 124 Fälle bei Männern, 76
bei Weibern). In 18 Fällen war der Ureter wenig-
stens zum Theil vorhanden. In etwa dem 3. Theile
slier Fälle wurden grössere oder kleinere Defekte
in den Zeugungsorganen bemerkt. 11 Kranke mit
Solitäraiere wurden operirt (7 Nephrektomirte star-
ben, 4 Nephrotomirte genasen).
W. bespricht dann die verschiedenen Unter-
suchungsmethoden , um das Nichtvorhandensein
einer Niere festzustellen, und kommt zu dem
Schlüsse, dass die Diagvu>sticirung der Soliiämiere,
fint wenigen Ausnahmen, im Allgemeinen möglieh
iä. Bei gewissen Krankheiten der Solitärniere
(Nierenstein, Hydro- und Pyonephrose, gewissen
Nierenabsoessen, Para- und Perinephritis) ist die
chirurgische Behandlung, vorzugsweise die Nephro-
tomie, nicht nur angezeigt, sondern auch unver-
meidlicb.
Prein dl s berger (50) giebt einen pathologisch-
anatomischen Bericht über 2 Fälle von angeborener
Solitärniere (8-, bez. 45jähr. Kr.). In beiden Fällen
Vir die vorhandene linke Niere grosser, als es der Norm
eptsphcht: in beiden Fällen war nur je ein Ureter und
eine Nierenarterie vorhanden ; Sexaalorgane sonst nor-
mal entwickelt. In beiden Fällen fehlte auf der Seite
<l6r Agenesis jede Spur eines Nieren- oder Nebennieren-
nidimeDtes, dagegen fand sich beide Male eine radimen-
tira Entwickelang des Blasentheüs des Ureters.
Cohn (36. 37) beobachtete in der Oarrd'-
Khen Klinik einen 20jäbr. Kr. mit angeborener
Oyste am Blasenende eines überxäMigen Ureters,
Der Kr. litt von Jagend auf an Harndrang and An-
^Ukn von Harnverhaltung. Die cystoskopische Unter-
audmog ergab einen bohnengrossen Tamor, der von der
^end des rechten Ureters herabkam; dahinter eine
abnorm weite, trichterförmige Uretermündang. Aaf
dem linken Ureterwolst zwei normal gestaltete Mündan-
ff^ aas denen klarer Harn hervorspradelte. Sectio aUa,
'Aiiiragtmg der Oyste; Heilung. Beseitigang aller Be-
schwerden.
In der Literatur finden sich im Ganzen 40 Be-
obschtungen Ton cystenartigen Enoeüerungen des
Masenendes des Harnleiters. Der im BUseninnern
erblickte Tumor kann an einer Reihe von Bigen-
thümlichkeiten als sackartig erweitertes Blasen-
ende eines Harnleiters erkannt werden : 1) er be-
sitzt eine glatte Oberfläche von unveränderter oder
in gleicher Weise wie die umgebende Blasen-
schleimhaut veränderter Schleimhaut ; 2) je nach
der Dicke der Wand und bei einer gewissen Grösse
kann er durchleuchtet erscheinen ; 3) er entspringt
bei einer gewissen mittleren GrGsse breitbasig aus
der Blasenwand ; 4) bei verschiedenen Füllungen
der Blase, also bei verschieden starkem Innen-
druoke, wechselt dieGrOsse der Prominenz ; 5) eine
Beziehung zum Harnleiter wird sich beim Auf-
suchen der gewöhnlichen Mflndungstellen aus dem
Sitze und der Yerlaufsrichtung der Anschwellung
ergeben, die möglicher Weise auf ihrer Kuppe noch
die feine Ureterenmündung erkennen lässt
Alle 40 bisher berichteten Fälle von inira-
vesikalen üretereysten lassen sich anatomisch und
genetisch etwa in folgender Weise gruppiren : die
Hamleüermündung war entweder abnorm eng oder
geschlossen. I. Abnorm enge Mündung: 1) die
Cysten sitzen an normaler Stelle im Lieutaud'schen
Dreiecke: a) verursacht durch alleinige Verenge-
rung der Mündung, b) Tumoren, bez. Steine tragen
zur Erweiterung bei ; 2) der verengerte Harnleiter
endigt distal vom Sphincter vesicae. II. Die ge-
sdUossenen Cysten: 1) an der normalen Stelle des
Orifia ureteris ; 2) die Harnleiter münden abnorm
tief: a) im Bereiche des Sphincter vesicae, b) distal
von demselben ; 3) es besteht eine Communikation
mit den Samenwegen.
E 1 1 i e 8 e n (42) beschreibt einen Fall von Verdoppe-
Itmg des Ureters der einen Seite und cystenartiger Vor-
stülpung des einen ohne Mündung in die Harnblase.
Die Niere war in einen mit schmutzig graabrauner Jauche
angefüllten Sack amgewandelt. Der 26jähr. Kr. starb
an allgemeiner Sepsis. Der verschlossene und durch die
permanente Ueberlastang mit dem Harn beträchtlich aas-
geweitete Ureter hatte zu Lebzeiten des Kr. mit seinem
prall gespannten and ampallenförmig in das Blasenlamen
vorgetriebenen Ende die dicht neben ihm gelegene offene
Mündangstelle des anderen Ureters comprimirt, so dass
er zeitweise vollkommen verlegt wurde.
Scudder (53) fand bei einem 20monat Mädchen,
das plötzlich unter Leibschmerzen and allgemeinen
schweren Symptomen erkrankte, in der rechten Bauch-
seite eine wurstformige, weich - elastische Geschwulst.
Probelaparotomie: Geschwulst retroperitonäal im Za-
sammenhange mit der rechten Niere. Tod am Operation-
tage. Sektion : Die Geschwulst war ein enorm ausgedehn-
ter, an der weitesten Stelle 11 cm im Durchmesser hal-
tender, vielfach gewundener, im kleinen Becken blind
endigender Harnleiter. Er entsprang aus einem beson-
deren Becken am oberen Nierenpole. Der 2., in die Blase
mündende Harnleiter entsprang mit seinem Becken den
unteren '/s der Niere.
Young(59) berichtet über einen interessan-
ten Fall von doppeltem Nierenbecken und Ureter
bifidus, in dem durch die Katheterisation des ge-
sunden Theiles eine Fehldiagnose gestellt wurde.
Der öSJjähr. Kr. hatte seit 7 Jahren Cystitis; vor
2 Jahren einen Anfall von Nierenkolik in der linken Seite ;
einige Stunden später Abgang eines Steines. Seitdem
144
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenchirurgie.
keine bestimmten Nierensymptome. Palpation ohne Er-
gebniss. Der üretoreukatheterismos zeigte normalen Urin
der linken Seite, eiterigen Harn der rechten Seite. Die
Radiographie ergab einen grossen Stein in der rechten
Seite, keinen Schatten in der linken Niere. Demzufolge
wurde die linke Niere als gesund angesehen ; rechtseitige
Nephrotomie, Extraktion eines grossen Steines atM dem
Nierenbecken. 2 Tage später Tod anÄnurie, Die Sektion
ergab eine sehr grosse linke Niere mit 2 Becken und
2 üreteren; leixtere vereinigten sich in einer Entfernung
von 2 cm von den Vasa iliaea. Das untere Nierenbecken
war normal; das obere enthielt einen grossen, den ganzen
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Das Problem, den Harn beider Nieren in voll-
kommen eintvandfreier Weise zu trennen, ist durch
den direkten Katketerismus der Ureteren gelöst wor-
den. Dieses Verfahren ist aber in seiner Technik
nicht ganz einfach und bedarf einer sorgfältigen
längeren üebung, will man mit ihm in rascher
und schonender Weise zum Ziele gelangen. Und
doch gelingt es auch dem geübtesten Untersucher
nicht immer, die Ejitheterisirung auszuführen. Nur
wenn die Ureterenmündungen mitteis des Eysto-
skopes gut sichtbar zu machen sind, gelingt es
fast steta sie zu katheterisiren. Ausnahmeweise
sind aber die Hamleitermündungen so tief in die
Blasenschleimhaut eingebettet oder von vorsprin-
genden Schleimhautwülsten überlagert, dass sie
überhaupt nicht sichtbar zu machen und in Folge
dessen auch nicht zu katheterisiren sind. Auch
Falten und Elappenbildungen im Verlaufe des
Ureters, Abknickungen und Verengerungen können
das vollkommene Eindringen des Katheters hindern.
Hierzu kommt, dass die Ureterenkatheterisation
jedenfalls kein ganz gleichgültiger und gefahr-
loser Eingriff ist ; leichte Blutungen kommen auch
bei geübten Untersuchern nicht selten vor. Bei
vorhandener Cystitis kann trotz sorgsamer, vor-
heriger Blasenauswaschungen doch leicht eine In-
fektion des gesunden Harnleiters und der gesun-
den Niere erfolgen. Man muss deshalb bei nach-
gewiesener Cystitis — ebenso natürlich auch bei
Blasen- und einseitiger Nierentuberkulose — den
Ureterenkatheterismus möglichst einschränken und
darf unter diesen Umständen nur bei ganz swin-
genden Gründen einen Harnleiter katheterisiren,
aus dessen Blasenmündung klarer Urin hervor-
spritzt
Um die Schwierigkeiten und eventuellen Nach-
theile der Ureterenkatheterisation zu vermeiden,
sind in den letzten Jahren von verschiedenen
Seiten wieder Versuche unternommen worden, auf
einfachere Weise den Drin jeder Niere gesondert xu
erhalten. In unseren vorigen Zusammenstellungen
haben wir die Meihoden von Böse und A. Neu-
mann besprochen, die beide nur bei Weibern an-
wendbar sind. Neumann ist von dem Gedanken
ausgegangen, dass es gelingen müsse, mittels einer
künstlichen Scheidewand einen wasserdichten Ab-
schluss im unteren Theile der Blase beim Weibe
herzustellen, der die Blase sagittal in zwei seit-
liche Abschnitte zerlegt, und der sich zwischen
vorderer und hinterer Blasenwand durch Drook
festhalten lässt Das aus dünnem Metall her-
gestellte, leicht zu desinficirende Instrument wird
im Sitzen der Kranken eingeführt
In letzter Zeit sind nun von Luys-Hart-
mann (95. 96. 97. 98. 138. 139. 140) und
Cathelin (77. 78. 79. 80. 81) Verfahren an-
gegeben worden, die im Principe der Neumann^-
schen Methode ähneln, aber auch beim männlichen
Geschlechte anwendbar sind.
Das Luys'sche lostrament besteht aus 3 miteio-
ander verbundeneD Theilen : 2 Metallkathetem und einem
zwischoD diese eingefü^en Mittelstuck. Es besitzt die
Krümmung nach Benique und hat ein Galiber von
C h a r r i e r e Nr. 21 . Die Katheter haben kleines Caliber,
ihre Fenster sind an der inneren Seite nahe dem Schnabel
angebracht Das Mittelstüok besteht aus einer dünnen
Metallplatte, in deren Goncavität, der Sehne des Bogeos
entspreohend, sich eine Kette befindet, die sich an* und
abspannen lässt. Das Mittelstück ist mit einem Kautschok-
überzuee versehen, der, wenn die Kette durch eine im
freien Ende des Handgriffes befindliche Schraube an-
gespannt wird, in die Höhe gehoben wird und eine Scheide-
wand zwischen den beiden Hälften der Blase bildet Bei
der Anwendung dieses Instrumentes hat man darauf la
sehen, dass seine Gonvexität genau dem Blasenboden an-
liegt, was durch ein leichtes Andrncken erreicht werden
soU. Femer hat man durch Vorziehen des Instmmentes
darauf zu achten, dass die Oe£fnungen der Katheter mög-
lichst nahe dem Biasenhalse liegen, und endÜch muss es
völlig ruhig gehalten oder unverrückbar an einem Stutz-
punkte befestigt werden.
In ähnlicher Weise stellt Cathelin eine, wie er
meint, sich der individuellen Capacität jeder Blase an-
passende und jeden unangenehmen Gontakt mit der Blasen-
wand vermeidende Scheidewand mit einem InstrumeotB
her, das folgende Zusammensetzung hat : Es hat die Form
eines kurzgesohnäbelten Katheters von grossem Caliber
(Nr. 25 Charriere) und besitzt in der Mitte einen Kanal,
der an der Gonvexität des Schnabels in einer spaltJormigen
Oeffnung endet Dieser Kanal dient zur Fühmng eines
Mandrins, dessen hinteres Ende mit einer Oradeintheünng
versehen ist. An das freie Ende ist mittels einer kleinen
Federvorrichtung eine mit einer Kautsohukmembran über-
zogene Metallfeder einzupassen, die sich beim VorschiebA
des Mandrins entfaltet, beim Zurüokxiehen aber in Fatten
gelegt in die Bohre zurückweicht Zu beiden Seiteo dei
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierencbirurgie.
147
iDstromeotes sind 2 um ihre Längsachse drehbare Metall-
htbeter angebracht, die sich mit ihren Schnäbeln an den
gekrümmten Theil des Mittelstückes anlegen, nach Ein-
führuDg des Instrumentes in die Blase aber ähnlich wie
an dem Instrumente von D o w n e s durch Drehung um
dieLingsachBe so auseinandergelegt werden können, dass
die GoorexitSt der Schnäbel nach aufwärts gerichtet ist
und die an ihrer Spitze angebrachten Fenster gegen den
Blaseoboden nach abwärts zu liegen kommen. Durch
Vorschieben des Mandrins bildet die Membran eine ver-
tikal in der Blase aufgestellte Scheidewand. Das Instru-
ment wird an der Symphyse angehakt, horizontal ge-
balten, derMandrin vorgeschoben und nach der an seiner
hinteren Partie ablesbaren Skala der jeweiligen Capacität
der Blase aogepasst. Das freie Ende des Instrumentes
wird mittels eines eine Gabel tragenden Statives fixirt
uid nnn der Urin von beiden Seiten in 2 vorgelegten
üproQvetteo gesondert aufgefangen.
Gathelin hat noch besonders hervorgehoben, dass
die Priorität des Verfahrens, die Blase durch ein Kaut-
scbukaegei in 2 je einem Harnleiter entsprechende Hälften
ZQ theilen, nicht, wie L u y s angiebt, N e u m a n n , son-
dern dem Brüsseler Chirurgen Lambotte zukommt, der
diese Methode bereits 1891 veröffentlicht hat.
In einer grösseren Arbeit über die intravesikale
Thnnung des Urins beider Nienen mittels des von
ihnen construirten Urinsegregators berichten Hart-
mann und Luy 8 (97) über 80 Kranke/ bei denen
sie ca. 200mal das Instrument angewendet haben.
Bei richtiger Desinfektion sind mit der Anwendung
des Separators keinerlei Uebelstände verknüpft.
Das Instrument kann bei beiden Oesohlechtem
und aaoh bei relativ kleinen Blasen, die nur 60 g
üusen, angewendet werden. Nur bei Geschwülsten
am Dterus und bei Gravidität ist seine Anwendung
untersagt In der letzten Zeit haben sich H. und
L einen Separator von sehr geringen Dimensionen
|Nr.l5 Charriöre) construiren lassen, der schon
bei einem 14jfthr. Knaben und einem Gjähr. Mäd-
chen Anwendung gefunden hat.
Lichtenstern (136) berichtet über Ver-
8Qche, die in der 0. Zuckerkandl'schen Ab-
theilung mit dem Luys 'sehen Harnsegregaiar bei
Frauen vorgenommen worden sind. Danach ver-
dient dieses Instrument eine grosse Verbreitung,
da man mit ihna, ohne jede Vorbereitung und ohne
BeBchwerden oder Gefahr einer Infektion für die
Kranken den Harn bei Frauen gesondert auffangen
bnn, und zwar selbst da, wo der Hamleiter-
btheterismus versagt.
6arr6 (90) hat den Luy s 'sehen Urinseparator
mehrfach mit Erfolg angewendet und als recht
bnachbar schätzen gelernt ; er kann in entsprechen-
den Fällen den Ureterenkatheterismus ersetzen.
Herescu und Eremia (100) haben das
Oathelin'sohe Instrument in einigen Fällen mit
gntem Erfolge angewendet, obgleich manchmal das
finfähren und Einstellen sehr schmerzhaft und
die nieilung nur für kurze Zeit durchzuführen ist
Ausserdem heben H. und E. hervor, dass leicht
blutende Geschwülste, die seitlich an der Blasen-
vand sitzen, den Harn dieser Seite blutig färben
und so zu falschen Schlüssen bezüglich der Niere
flhren können.
Eine Modifikation des bei uns in Deutschland
sehr wenig bekannt gewordenen Harris 'sehen
Urinsegregator ist das von Down es construirte
und als S^kiraie-Ürine Siphon bezeichnete In-
strument, mit dem Freudenberg (89) Unter-
suchungen angestellt hat
Das Instrument ist nicht nur für die Frau, sondern,
mit einer kleinen Abweichung, auch für den Mann be-
stimmt Es besteht im Wesentlichen aus 2 Theilen, von
denen der eine durch die Harnröhre in die Blase ein-
geführt wird, während der andere bei der Frau in die
Vagina, bez. beim Manne in den Mastdarm eingelegt wird.
Eine genauere Beschreibung ist ohne Abbildungen schwer
verständlich.
F r. glaubt nicht, dass das D o w n e s 'sehe In-
strument in allen Fällen geeignet ist, den cysto-
skopisohen Ureterenkatheterismus zu ersetzen ; da-
gegen erscheint das Downes'sche Instrument
von allen (Konstruktionen, die sonst angegeben sind,
um den Urin beider Nieren gesondert zu erhalten,
das zweckmässigste zu sein.
Um das Sekret jeder Niere gesondert aufzufangen,
hat auch Hock (103. 104) ein Instrument con-
struirt, das sich namentlich dadurch auszeichnet,
das es nicht so dick ist, wie die Instrumente von
Nitze, Downes, Gathelin.
Es besteht aus einem Blasentheile (ein gewöhnlicher
dünner Metallkatheter mit Merci er- Krümmung) und
einem Mastdarm-, bez. Scheidentheile, der sich von dem
des Downes 'sehen Instrumentes dadurch unterscheidet,
dass er nicht fix ist, sondern dass mittels einer Vorrich-
tung eine Scheidewand durch Auf- und Zurückschrauben
hergestellt, bez. wieder aufgehoben werden kann.
Als Vorzüge seines Instrumentes, das praktisch bis-
her wohl noch nicht erprobt worden ist, hebt H. hervor,
dass die Methode bei Erwachsenen beiderlei Geschlechtes,
aber auch bei Kindern trotz enger Harnröhre anwendbar
ist. Da es schmerzlos ist, kann das Verfahren beliebig
oft wiederholt werden, und schliesslich beeinträchtigt
eine geringe Blasencapacität nicht die Präcision.
Ueber das „allerneueste^^ Verfahren von Rö-
chet und P ^1 1 a n d a (1 49), bei dem die Trennung
des Urins dadurch herbeigeführt wird, dass das
eine oder das andere Ureterostium in der Blase
selbst durch einen mit Luft gefüllten Oummiballon
verschlossen wird, liegen unseres Wissens noch
keine klinischen Erfahrungen vor.
C 0 h n (83) berichtet über praktische Versuche,
die in der Posner 'sehen Klinik mit den fam-
segregatoren von Neumann, Downes, Luys
und Cathelin angestellt worden sind. Er kommt
zu dem Schlüsse, dass der Hamleiterkatheterismus
durch keinen dieser Hamsegregaioren ersetzt werden
kann. Der Hamleiterkatheterismus, namentlich
der doppelseitige, ist ein ausgezeichnetes und er-
probtes Verfahren, über dessen Güte und Yerläss-
lichkeit keine Zweifel bestehen.
Nach der Ansicht des Bef kann die Bedürfniss-
frage nach einem unschädlichen und zuverlässigen
Ersatzmittel des Hamleiterkatheterismus nicht ver-
neint werden, trotz aller gegentheiligen Meinungen
der Specialisten. Leider kann allerdings bisher
noch keine der Ersatzmethoden vollkommen be-
148
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenohirurgie.
friedigen. Weitere Versuche müssen hier noch
vorgenommen werden.
Für die nicht gar zu seltenen Fälle, in denen
auch geübten Händen der Ureterenkatheterismus
nicht gelingt oder aus anatomischen Gründen über-
haupt unmöglich ist, empfiehlt Nicolioh (144)
ein sehr einfaches Verfahren, um den Urin heider
Nieren gesondert zu erhalten. Dieses Verfahren,
das bereits 1898 von 0 i o r d a n o beschrieben wor-
den ist, besteht darin, dass man die Blase zunächst
sorgflQtig auswäscht und dann gründlich entleert;
dann führt man einen Katheter in die Blase ein,
macht eine „lumbo-abdominale** Massage der einen
Niere und sammelt den darauf entleerten Urin;
dann macht man die Massage auf der anderen
Seite und sammelt den Urin wieder. N. theilt
3 Beobachtungen mit, in denen sich diese Methode
anscheinend sehr gut bewährt hat.
Warschauer (167) hat in der Casper'-
schen Klinik interessante Untersuchungen über die
Nieren- und üreterenphysiologie angestellt, aus
denen er folgende Schlüsse zieht: Werden die
Ureterenkatheter bis in das Nierenbecken geführt,
so tropft der Urin in dauernder Folge aus den
Kathetern ab; das Nierenbecken ist drainirt und
der gesammte Urin fliesst durch den Katheter ab.
Zieht man den Katheter etwas zurück, so entströmt
der Urin nicht mehr continuirlich tropfenweise,
sondern in kürzeren Zwischenzeiten entleert sich
immer eine grössere Anzahl von Tropfen hinter-
einander, wie durch eine Gontraktion veranlasst,
und zwar erfolgen die beiderseitigen Contraktionen
nicht synchron. Die jedes Mal entleerte Urin-
menge ist verschieden, doch ist im Allgemeinen die
im selben Zeiträume auf beiden Seiten bei gesun-
den Nieren entleerte Quantität ziemlich die gleiche.
Das Sondiren der Ureteren ist nicht schmerz-
haft, wohl aber das Einspritzen von Flüssigkeit,
wodurch die Ureteren Wandungen gedehnt werden.
Der reno-renale Reflex kommt vor, wie W. in einem
Falle deutlich feststellen konnte.
Kapsammer (144) \ieX experimenteüe Unter-
suchungen über Ureterenkatheterismus und funktio-
neUe Nierendiagnostik angestellt, die ergaben, dass
beide normale Nieren in derselben Zeit ungleiche
Mengen eines ungleichen Sekretes ausscheiden.
Die Filtration und die Elimination gehen nicht
Hand in Hand. Ein Alterniren findet in der Regel
nicht statt ; vielmehr secemirt immer ein und die-
selbe Niere mehr als die andere.
Schmidt und Kolischer (154) empfehlen
von Neuem ihre Methode, kugelig abgeschmolzene
Sonden aus Bleidraht in den Ureter und in das
Nierenbecken einzuführen und dann ein Röntgen-
bild aufzunehmen. Dieses Verfahren sichert die
genaue Feststellung des Verlaufes der Ureteren;
die genaue Lokalisation einer eventuellen Obstruk-
tion des Ureters; die genaue topographische Lokali-
sation der Nierenbecken, Aufschluss über ihre
Grösse u. s. w.
Bei seinen Untersuchungen über die BesiMr
gung der Harnleiiermündungen hat Suarez (161)
gefunden, dass man in den Fällen, in denen man
bei empfindlicher Blase, sei es in Folge renaler
oder vesikaler Affektion, sowie bei chronisch er-
krankten Ureteren Veränderungen oystoskopirt,
nur ausnahmeweise das Herausspritzen des Drins
aus der Ureterenmündung sieht Das einzige Mittel,
das wir besitzen, um uns mit Sicherheit in zweifd-
haften Fällen über das Funktioniren des Ureters
Gewissheit zu verschaffen, ist der Hamleiter-
katheterismus.
C a 8 p e r (68) hat sein Hamleitereystaekop dahin rer-
bessert, dass man mit ihm jetzt auch Katheter verschie-
dener Stärke in die Ureteren bringen kann (bisChar-
riere Nr. 8), ohne dass das Metallinstmment danim
stärker geworden wäre.
Weitere Beobaohtnngen über denKatheUristmu der
Ureteren werden von Kr eps (127) mitgetheilt, n. A. ein
Fall von doppelseitiger cystöser Nierendegeneration, der
nur durch die Katheterisation beider Ureteren sicher dia-
gnosticirt werden konnte.
In sehr klarer und Übersichtlicher Weise hat
Senator(155) in einem in der Hufeland 'sehen
Gesellschaft gehaltenen Vortrage die Diagnostik der
Krankheiten und der Leistungsßhigkeü der Nieren
besprochen. Die Hülfsmittel, die uns zu Gebote
stehen, kann man in zwei ungleich grosse Gruppen
eintheilen. Die eine umfasst diejenigen Methoden,
die direkt auf die Untersuchung der Nieren und
ihres Sekretes, des Harns, gerichtet sind, die andere
enthält solche Zeichen, die nicht die Niere oder
den Harn selbst betreffen, sondern andere Organe
und Organsysteme, aus denen wir aber auf Stö-
rungen der Nierenfunktion seh Hessen können. Sie
sind nicht alle in gleicher Weise charakteristisch,
aber einige, allerdings wenige, weisen doch sofort
auf die Nieren hin.
Die erste, bei Weitem grossere Gruppe um&sst
die mechanisch- physikalischen (einschliesslich der
mikroskopischen) , chemischen und bakteriologi-
schen Methoden. S. bespricht nach einander die
Inspektion, Palpation, Perkussion, Badiographie,
Punktion, Akidopevrastik , Blosslegung der Niere,
Oystoskopie und Ureterenkatheterisirung ; die Onkr-
sückung des Urins, S. bespricht dann die in
neuerer und neuester Zeit geübten Untersuchungs-
methoden, „die man vorzugsweise als „funktianelk
DiagnosOkf' bezeichnet, warum, ist mir nicht ver-
ständlich, denn der grGsste Theil der bisher be-
sprochenen Methoden gehört zur funktioneUen
Diagnostik, die übrigens wohl die ftlteete und am
längsten von den Aerzten aller Zeiten mit den
ihnen gerade zu Gebote stehenden Hülfsoütteln
geübte Diagnostik bildet^'.
Von den indirekten Zeichen erwähnt S. die
Wassersucht, die Blässe der Haut, die BetinMs
albuminurica, Migräne, Herxkgperiropkie , aowie
endlich die Prüfung der molekularen C&nceHtroticm
des Blutes oder des Serum oder der hydropiadim
Transsudate.
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenohirurgie.
U9
Wer sich über die unssenaehafUiehen Grundlagen
der Kryo8kopie in ihrer klinischen Anwendung orien»
tiren will, dem sei ganz besonders ein kürzlich
erechienenee Sdiriftcben von Koran yi (124) em-
pfohlen. K. bespricht zunächst van't Hoff's
Theorie der Losungen; dann die Messung des
osmotischen Druckes mittels der Kryoskopie und
die Methodik der Kryoskopie. Der grOsste Theil
der Arbeit handelt von den pkysiologiseh-paiho'
hffiseken Grundlagen der klinischen Anwendung der
Kryoskopie.
In einer Arbeit über den üreterenkaiheierismus
im Dienste einiger neuerer Methoden der Nieren-
diagnostik bespricht Uly 68 (106. 107) zunächst
die verschiedenen Methoden des Harnleiterkathe-
terismus. „Vollkommen sind die von Nitze und
ii bar ran construirten Uretercystoskope/' Der
gesondert aufgefangene Urin wird dann auf ver-
schiedene Weise untersucht: die chemische TJntQT'
sachong hat keinen grossen Werth, weil die er-
haltenen Zahlen auch unter normalen Verhältnissen
insserordeDtlich schwanken; die Prüfung mit
Mäktfienblau gestattet schon mehr zu folgern ; die
genauesten Resultate ergiebt unter allen Umständen
Ai&Kordnyi *sche Gefrierungsverfahren, Bei chir-
urgischen Nierenkrankheiten ist es jedoch ein un-
bedingtes Erforderniss, das Verfahren gleichzeitig
mit dem Ureterkatheterismus vorzunehmen. Auch
die Bestimmung des Gefrierpunktes des Blutes ist
in jedem einzelnen Falle sehr wichtig, einerseits
nm zu erfahren, ob eine Niereninsufficienz vorliegt,
andererseits vom Standpunkte der Prognose aus,
die wir bei grösserer Gefrierpunktserniedrigung
weniger günstig, als bei normalem Gefrierpunkte
stellen müssen.
In einem sehr genauen kritischen Sammel-
referate Aber die diagnostische Bedeutung des Vre-
^enkatheierismus kommt Adrian (61) zu folgen-
den Schlusssfttzen : 1) Der Ureterenkatheterismus
gwtattet die Entscheidung, ob die Blase oder die
liiere oder ob beide Organe Sitz der Erkrankung
und. 2) Er gestattet aber auch die Entscheidung
darflber, ob eine Erkrankung des uropoStischen
Apparates überhaupt vorliegt Damit ist aber
3) in der Regel schon festgestellt, welche Nieren-
seite befallen und 4) welches der Zustand der Niere
der anderen Seite ist, und zwar ob sie überhaupt
vorhanden ist und ob ihre Leistungsfähigkeit
^gemessen an demErgebniss derkryoskopischen
Urinuntersuchung — eine derartige ist, dass sie
erentuell allein im Stande ist, den Körper von
Beinen Stoffwechselschlacken zu befreien. 5) Der
Ureterenkatheterismus wird im Stande sein, zu
^tscheiden, welcher Art die Erkrankung der Niere
oder der Harnleiter ist, wobei auch angeborene
Anomalien von Nieren und Harnleiter unter Um-
ständen einer Diagnose zugänglich werden. 6) Der
Ureterenkatheterismus erlaubt eine scharfe Dia-
gnostik bei Fistelbildungen am Urogenitaltractus,
Unterbindungen und Verletzungen des Ureters.
V. Hargulies (141) berichtet über 200 FäUe
von Kaiheterismus der üreieren; an einigen Kran-
ken wurde der Katheterismus zu therapeutischen
Zwecken 2 — 15mal ausgeführt, v. M. verwendet
die N i t z e 'sehen Cystoskope und ist nicht in der
Lage, an ihnen etwas zu tadeln ; die Technik der
Ureterenkatheterisation wird von ihm sehr ein-
gehend und ausführlich besprochen.
Herescn (99) beobachtete eine 42jähr.Kr., die seit
ca. 8 Monaten ao hfinfigem Harndrang und Schmerzen
beim Uriniren litt; Urin blat- and eiterhaltig. Die rechte
Niere gross, tiefstehend, etwas empfindlich; die Unke
Niere nicht fühlbar. Die Sondirung der üreteren in
Verbindung mit gleichzeitiger subcutaner Binsprüxung
von 0.05 eg Methylenblau ergab die vollkommene Oeeund-
heit der rechten friere ; dagegen bestand Tuberkulose der
linken Niere (Bacillen !). Exstirpation verweigert.
Durch die Fortschritte der physikalischen Che-
mie und durch die Einführung der Harnleiter-
sondirung in die Praxis hat die Nierendiagnostik
in den letzten Jahren einen erfreulichen Aufschwung
genommen. Casper und P. F. Richter (72)
haben auf diesem Gebiete erfolgreich mitgearbeitet
und sie übergeben nunmehr das Material, das sie
im Laufe der letzten Jahre gesammelt und unter-
sucht haben, der Oefifentlichkeit.
Es sind zwei Richtungen, in denen wir von
der funktionellen Nierendiagnostik Aufschlüsse er-
warten: 1) Wir haben zu untersuchen: Wie ver-
schaffen wir uns eine Vorstellung von der GrOsse
der gesammten Nierenarbeit und wie können wir
schliessen, ob diese Arbeit eine für den Körper
ausreichende oder nicht genügende ist? 2) Wie
gewinnen wir einen Einblick in die Art der Arbeit-
theilung der beiden Nieren, wie stellen wir fest,
wie gross die Arbeit jeder einzelnen Niere ist?
Bei chirurgischen Niereneingriffen ist es nicht nur
noth wendig zu wissen, dass eine zweite secernirende
Niere vorhanden ist, sondern man muss sich auch
darüber Rechenschaft ablegen, ob diese zweite
Niere in normaler Weise so funktionirt, dass sie
beim Fortfall der anderen die Funktionen dieser
zu übernehmen vermag. Zur Entscheidung dieser
Frage sollen alle hierfür angegebenen Unter-
suchungsmetboden herangezogen werden : bald wird
die eine allein, bald werden mehrere zusammen
zum Ziele führen. Die sicherste von allen ist die
Gystoskopie in Verbindung mit dem Harnleiter-
katheterismus. In den hOchst seltenen Fällen, in
denen die Operation drängt und die Beleuchtungs-
methoden zu zeitraubend sind, ist ausnahmeweise
ein blutiger Eingriff am Platze.
Das Resultat ihrer Untersuchungen und Be-
funde fassen die beiden Autoren in folgenden
Sätzen zusammen : 1) Die Insufficienz der Nieren
lässt sich aus der Untersuchung des Nierensekretes
allein nicht feststellen. Die einzige, theoretisch
begründete Methode hierfür ist die Untersuchung
der molekularen Blutconcentration nachKor&nyi.
Es wird Aufgabe der Nierenchirurgie sein, in
grosserem Umfange als bisher die Grenzen dieser
150
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenchirurgie.
Methode und ihre praktische Yerwerthbarkeit dar-
zuthun. 2) Dagegen Iftsst sieh aus dem Nieren-
produkt, dem Harne, die Grösse der Arbeit jeder
Niere (funktionelle Nierendiagnostik) bestimmen,
aber nur mit Hülfe des Harnleiterkatheterismus.
Die in Anwendung kommenden beweiskräftigen
Methoden hierfür sind : a) Die quantitative Bestim-
mung einzelner chemischer Bestandtheile in dem
getrennt aufgefangenen Nierensekrete, insbesondere
des Stickstoffes, b) Werthvoller als diese erweist
sich die Bestimmung der molekularen Concentra-
tion des Sekretes jeder Niere, c) Den allgemeinen
Indikator für die GrOsse der Nierenfunktion liefert
die Phlorhizinmethode, d. h. die quantitative Be-
stimmung der nach Phlorhizininjektion von jeder
Niere ausgeschiedenen Zuckermenge, d) Beson-
derer Werth ist auf die üebereinstimmung dieser
Indikatoren zu legen, von denen namentlich die
zwischen den Resultaten der Gefrierpunkt- und der
Phlorhizinmethode eine sehr ausgesprochene ist
e) Es ist für diese Methode nicht erforderlich, den
Harn aus beiden Nieren, eventuell aus einer Niere
und Blase während einer längeren Zeitdauer ge-
trennt aufzufangen, sondern es genügt, da es sich
nur um Vergleichswerthe handelt, hierfür die kurze
Zeit 10—20 Minuten.
Ueber die Fortsekritle der Nierenchirurgie mit
ganz besonderer Berücksichtigung der funktionellen
Diagnostik hat Gas per ferner (69) auf dem Chir-
urgencongress 1901 einen Vortrag gehalten.
Für eine vorzanehmende eiDgreifende Nierenopera-
tioD kommt es nicht allein darauf an, ob die andere Niere
gesund ist, denn ein Mensch kann auch mit einer kranken
Niere leben, soodern vielmehr darauf, ob die andere
arbeitfähig genug ist, um nach Ausschaltung der ersteren
die für das Leben unentbehrhche Thätigkeit allein zu
übernehmen. Die Arbeitkraft und -tüchtigkeit der Niere
misst man an ihrem Ärbeitprodukt y an dem von jeder
Niere getrennt und gleichzeitig aufgefangenen Harn.
Aus vorhandenem Eiter, Albumen, Cylindern, rothen
Zellen, Mikroorganismen ist die anatomische BescbafiPen-
heit des Organs zu ersehen, über die Funktionkraft be-
lehren 3 andere Werthe, nämlich die Quantität des in
der Zeiteinheit ausgeschiedenen N, die Höhe des Gefrier-
punktes und die Quantität des ausgeschiedenen Zuckers,
dessen Entstehen künstlich durch eine vorherige sub-
cutane Phlorhizininjektion hervorgerufen wird. Die Ver-
hältnisse bezüglich des N sind bekannt, über den Gefrier-
punkt (/\) hat sich schon Eümmell auf dem vorigen
Congresse ausgesprochen. Der Gefrierpunkt misst die
molekulare CoDcentration einer Flüssigkeit: je grösser
die Zahl der in einer Flüssigkeit gelösten Moleküle, um
so tiefer liegt der Gefrierpunkt unter dem des destillirten
Wassers. Je grösser also die Zahl der Moleküle, die die
Niere aus dem sie durchströmenden Blute herausgearbeitet
hat — mit anderen Worten, je arbeittüchtiger die Niere,
um so tiefer hegt der Gefrierpunkt ihres Harnes unter
dem des Wassers. Die Normalzahlen liegen zwischen
1 und 2. — Was das Phlorhizin betrifft, so ist das ein
Stoff, von dem seit Langem bekannt ist, dass der mensch-
liche Körper auf seine subcutane Einverleibung mit einer
Zuckerausscheidung im Harn reagirt. Und zwar handelt
es sich um eine aktive chemische Thätigkeit des Nieren-
parenchyms. Es steht fest, dass die Niere der Angriffs-
punkt der Phlorhizinwirkung ist, dass ohne Thätigkeit der
Nieren die Zuckerausscheidung nicht zu Stande kommt.
C. hat nun festgestellt, dass bei Gesunden, sobald
man den Harn getrennt und ^fetcAii^t^ aus beiden Nitren
auffängt, die Werthe für den N, für den Gefrierpunkt osd
die ausgeschiedenen Sacohammmengen auf bdden Seiten
immer gleich oder annähernd gleich sind. Hat man es
mit einer kranken Viere zu thun, so ist zu beobachteo,
dass alle 3 Faktoren der kranken Saite gegen die geBonde
minderwerthig sind. Wie die kranke Niere weniger N
ausscheidet, so arbeitet sie auch Alles in Allem eine
kleinere Zahl von Molekülen aus dem Blute henos;
daher ist ^ geringer, je weniger funktionfähiges Nieren-
parenchym da ist, und um so weniger Saoeharum wird
producirt. Ist das Nierengewebe zum grossen Theile zer-
stört, so findet überhaupt keine Zuokerbildung mehr statt.
C. berichtet über 12 Er., die auf die geschilderte
Weise untersucht und danach operirt, hez. secirt worden
sind, so dass es möglich war, eine Probe auf das Ezempel
zu machen. Bei 10 Er. konnte die Nephrektomie gut-
geheissen werden ; die Er. genasen sämmtlich. Bei 2 Er.
wurde auf Grund der funktionellen UntersuchuDgen die
Operation unterlassen ; die späteren Sektionen ergaben in
beiden Fällen eine vorgeschrittene Erkrankung auch der
„anderen*^ Niere.
Ueber die Bedeutung der Oefrierpunktbestim'
mungen von Blut und Harn ßtr die Nierenchirwrgm
hat auch Rampe 1(161) eingehende Untersuchun-
gen angestellt, und zwar an dem Materials der
Eümmell 'sehen chirurgischen Abtheilong in
Hamburg-Eppendorf. R. stellte bei den Eranken
fest: 1) die Conoentration des Blutes; 2) die Gon-
centration des Urins, beide gemessen durch die
dem osmotischen Drucke entsprechende Oefrier-
punkterniedrigung. Als Ergänzung dieser beiden
Werthe ndiente 1) die Bestimmung der im Urin aus-
geschiedenen Harnstoffmenge : 2) die vergleichende
Goncentrationbestimmung der vermittelst der Ure-
terenkatheter aufgefangenen Nierenurine.
Die Ergebnisse seiner Untersuchungen stellt
R. in folgenden Sätzen zusammen: 1) Der oemo-
tische Druck des normalen Blutes entspricht einer
Herabsetzung des Gefrierpunktes von — 0.56^ C.
Schwankungen von 0.55 — 0.57® scheinen inn^alb
der physiologischen Grenzen, sowie der durch die
Fehlerquellen der Versuche bedingten zu liegen.
2) Eine tiefere Senkung des Bhägefrierpunktcs lässt
auf eine Störung der Nierenfunktion schliessen.
Diese kann eine vorübergehende sein, bedingt z.B.
durch Stauungserscheinungen in Folge von Hen-
insufficienz, oder aber eine auf Organverftndenmg
beruhende dauernde. Auch Stoffweohselstöningen
im Sinne eines abnorm gesteigerten Eiweisaxerfalles
scheinen den osmotischen Druck des Blutes er-
höhen zu können. 3) Vor jedem chirurgischen Em-
griff bei Nierenerkrankungen ist es ratbsam, sich
durch die Gefrierpunktbestimmungen von Blut und
Harn eine Vorstellung von der Funktiontflchtigkeit
der Nieren zu machen. Bei einem Gefrierpunkt
von 0.56 kann ohne Gefahr die kranke Niere ent-
fernt werden. Dass man sich durch den Ureteren*
katheter, wenn nöthig, von dem Vorhandensein
zweier Nieren überzeugt hat, ist Voraussetsung.
Bei Sinken des Blutgefrierpunktes unter 0.58^ darf
nur mit aller Vorsicht ein chirurgischer Eingrif
vorgenommen werden. Sind andere MöglidikeileB,
auf die ein tieferes Sinken des Blutgefrierpnnktei
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenohirurgie.
151
bezogen werden kann (Stauungaerscheinungen, er-
höhter Ei weiaazerfall bedingt durch Tumoren), aua-
g88chlo68en, so ist eine Nierenexstirpation in ihren
Erfolgen unsicher und geffthrlich. 4) Der Oefrier^
jnmki des normalen Urins schwankt je nach den
Stoffwechselverhftltnissen zwischen 0.9 — 2.2<^ C.
Dauernde Erniedrigung des Gefrierpunktes unter
0.9*]288t auf Niereninsufficienz schliessen. 6) Beide
Nieren bQden anscheinend zu gleichen Zeiten nicht
gleiche Mengen Urin, doch ist unter normalen Ver-
hütniseen die Concentration beider Nierensekrete
eine annähernd gleiche, was osmotischen Druck
und Harnstoffg^iait anlangt 6) Die sicherste
Dntersuchnngamethode zur vergleichenden Fest-
stellung der Nierenfunktion besteht in der physi-
kalischen und chemischen Untersuchung der durch
den Ureterenkatheterismus entleerten Sekrete beider
Nieren.
R hat in einer Tabelle 9 F&lie zusammen-
gestellt, in denen wegen Pyonephrose, bez. Hydro-
aephroee die Nephrektomie vorgenommen werden
mufiste, nachdem Oefrierpunktbestimmungen u. s. w.
Toigenommen worden waren. Die vor der Ope-
ration auf Orund der Untersuchung angenommene
Gompensationfähigkeit der zurückbleibenden Niere
eotaprach vollkommen den auch nach der Operation
lor Gontrole angestellten Nachuntersuchungen.
Kümmell (129) spricht sich dahin aus, dass
eine ungenügende ^umcAmo^^ des Harnstoffes, ein
Heruntergehen der Tagesmengen unter die Hälfte,
ca. 16 g, die Annahme einer Niereninsufficienz
nahelegt und die eventuelle operative Entfernung
einer Niere bedenklich erscheinen läset Bei normal
Mnktionirenden Nieren beträgt die Oefrierpunkt-
omiedrigung des BkUes 0.66. Eine Niere mit nor-
maler Arbeitleistung reicht zur Erhaltung des Oe-
Merpunktes auf 0.56 aus. Eine Zunahme der Oe-
frierpunkterniedrigung auf 0.58 — 0.60 und darüber
leigt an , dass beide. Nieren mangelhaft funktio-
&iren. Von einem operativen Eingriffe ist so lange
Abstand zu nehmen, bis der Gefrierpunkt von
annähernd 0.56 erreicht ist. Die Gefrierpunkt'
Erniedrigung des Urins unter 0.9 legt die Annahme
einer Niereninsufficienz nahe. Einen weit sichereren
inluiltepunkt über die Funktionfähigkeit jeder ein-
lelnen Niere giebt die Untersuchung des jedem
Organ gesondert durch den Ureterenkaiheterismus
ffitnommenen Urins auf Hamstoffmenge und vor
^^iiem auf Oefrierpunkiemiedrigung. Hierdurch er-
kennen wir am sichersten, welches die kranke
Niere ist, und ob die nach Entfernung des einen
Organs zurückbleibende die Arbeit zu übernehmen
im Stande ist.
In seinen praktischen Erfahrungen über Dia-
pioee und Therapie der Nierenkrankheiten hebt
Kfimmell (130) weiter hervor, dass er auf Orund
ieiner eingehenden weiteren Untersuchungen, die
Oefrierpunktbestimmung des Etutes, sowie die des
jeder einxelnen Niere durch den Ureterenkatheteris-
Mttf entnommenen Urins für eins der wichtigsten
diagnostischen Hülfsmittel zum Nachweise der
Funktionfähigkeit der Nieren vor operativen Ein-
griffen empfehlen zu dürfen glaubt. Während die
erstere in einfacher Weise uns angiebt, ob über-
haupt eine Funktionfähigkeit der Niere vorhanden
ist, zeigt uns die letztere in Verbindung mit dem
Ureterenkatheterismus, welches die kranke Niere
ist, welches die funktionfähigere ist und gegen
welche der operative Eingriff gerichtet sein muss.
Die Oefrierpunktbestimmung des Blutes und
der Ureterenkatheterismus mit den sich daran an-
schliessenden weiteren Untersuchungen der ge-
wonnenen Sekrete geben der Nierendiagnostik eine
grosse Sicherheit Zu diesen weiteren Untersuchun-
gen gehören: die Gefrierpunktbestimmungen, die
Hamstoffbestimmung und die Zuckerbestimmung
nach Anwendung der Phlorhizinmethode des durch
den Ureterenkatheterismus jeder einzelnen Niere
entnommenen Urins und die vergleichende Gegen-
überstellung der Befunde jeder einzelnen Niere.
„Wenden wir uns nun zu den praktischen Er»
fakruf^en, welche wir mit der geschilderten Unter-
suchungsmethode gewonnen haben, so handelte es
sich um 26 operativ behandelte Fälle, bei denen
vorher die Funktionsfähigkeit der Nieren fest-
gestellt war. In 17 Fällen handelte es sich um
Pyo-, resp. Hydronephrosen, in 7 Fällen um tuber*
kulüse Nieren. In diesen 24 Fällen wurde die
Nephrektomie ausgeführt mit 22 Heilungen und
2 Todesfällen. In 2 Fällen handelte es sich um
doppelseitige Erkrankung der Nieren, in dem einen
um eine seit 5 Tagen bestehende calculOse Anurie
mit hochgradiger Gefrierpunktserniedrigung von
0.65<^, welche nach Entfernung der Steine geheilt
wurde; Gefrierpunkt später normal; im anderen
Falle um eine doppelseitige Cystenniere mit einer
Gefrierpunktserniedrigung von 0.69<^. Fat ging
urämisch zu Grunde.
Die vor der Operation auf Grund der Unter-
suchungsresultate angenommene Gompensations-
fähigkeit der zurückgebliebenen Niere entsprach
voll und ganz den nach der Operation zur Controle
angestellten Nachuntersuchungen. Der Blutgefrier-
punkt zeigte durch seine absolute Constanz, dass
auch nach der Entfernung der erkrankten Niere
keine Retention N-haltiger Moleküle eingetreten
war. Interessant ist ferner die nach der Nieren-
exstirpation zunächst auftretende Steigerung des
osmotischen Druckes des Urins, Hand in Hand
gehend mit einer erhöhten Harnstoffausscheidung,
gleichsam als ob die nun allein arbeitende Niere
noch nicht das volle RegulirungsvermOgen besässe,
während nach einiger Zeit die normale Druck-
insufficienz wieder nachweisbar war. Im Allge-
meinen wurde der Eingriff der Nierenexstirpation
auffallend leicht überstanden, die Beconvalescenz
war eine glatte, und diese Momente sprachen für
die Richtigkeit der angenommenen vollen Funktions-
fähigkeit der zurückgebliebenen Niere.
Im Allgemeinen gingen wir so vor, dass wir
152
Wagner, Neuere Beitrfige zur Nierenchirurgie.
bei jeder in Betracht kommenden Nierenoperation
den Gefrierpunkt des Blutes und Urins, sowie die
im Urin ausgeschiedene Harnstoffmenge, die beiden
letzteren an mehreren hintereinander folgenden
Tagen, bestimmten. Ergab sich ein normaler Blut-
gefrierpunkt von 0.55 — 0.57^ sowie entsprechende
Werthe des Urins, so wurde dies als ein Zeichen der
bestehenden vollen Funktionsfähigkeit wenigstens
einer Niere angesehen und als eine sichere Garantie,
die als erkrankt angesehene Niere nöthigen Falles
entfernen zu können. Alsdann wurde durch den
Ureterenkatheter die Beschaffenheit des Urins jeder
einzelnen Niere und ihre Funktionsffthigkeit fest-
gestellt In den Fällen, in welchen, nach der Be-
schaffenheit des Urins zu schliessen, die eine Niere
bereits vollständig verOdet und ausser Funktion
gesetzt ist, genügt die Bestimmung des Gefrier-
punktes des Blutes und Urins, sowie des Harn-
stoffes zur Feststellung der Funktionsfähigkeit der
einen Niere. In den Fällen aber, in welchen die
Funktionsfähigkeit der anderen Niere nicht fest-
steht und eine Erkrankung beider Nieren vorhanden
ist, wie sie bei Pyelitis calculosa, gonorrhoica oder
besonders bei Tuberkulose nicht so selten vor-
kommt, könnte die Arbeitstheilung der beiden
Nieren eine derartige sein, dass jede derselben zu
etwa gleichen Theilen an der Ausscheidung der
Stoffwechselprodukte sich betheiligt und beide zu-
sammen noch so viel gesundes Gewebe besässen,
als etwa eine normal funktionirende Niere. Nach
Wegfall der einen arbeitenden Hälfte würde der
nach der Operation übrig bleibende Theil eine in-
sufficiente Niere vorstellen und nicht mehr funk-
tionsfähig sein. Hier würde also die Gefrierpnnkts-
bestimmung des Blutes normalen Werth angeben,
welcher sich jedoch auf beide Nieren zusammen
bezöge. Um derartige Fehler zu vermeiden, ist d&r
üreterenkalheieriamua nothtvetuUg, durch ihn lernen
wir in Verbindung mit der Gefrierpunktsbestim-
mung die Funktionsfähigkeit jeder Niere gesondert
kennen.^^
Bei Beobachtung dieser Untersuchungsmethoden
hat K. in keinem seiner Fälle nach der Nephr-
ektomie die gefürchtete Anurie beobachtet Eine
solche Anurie kann immerhin nach operativen Ein-
griffen vorkommen, obwohl vor dar Nephrektomie
die andere Niere als vollkommen gesund befunden
wurde und es auch war (schwere Degeneration der
Nierenepithelien der Glomeruli durch die Ein-
wirkung der Operation, vor Allem durch die Nar-
kose). Diese Verhältnisse treten nicht nur bei
Operationen an der Niere, sondern auch bei solchen
an anderen Körperregionen auf und werfen ein Licht
auf das als sogen, reflektorische Anurie bezeichnete
Krankheitbild. K. glaubt, dass eine derartige Anurie
ohne anatomische Veränderungen vorkommt
^^Schon V, Kordnyi machte darauf aufmerksam,
dass eine Oefrierpunktsemiedrigung des Blutes auch bei
grösseren TSimoren der Niere — seien es gutartige,
Pyonephrosen oder desgleichen, oder maligne —
oder anderer Organe des Bauches vorkomme. In
einer grösseren Anzahl von Fällen fanden wir diei
bestätigt Es ist von grosser Wichtigkeä, dies Momad
XU kennen und zu berücksichtigen, voeü unicr der*
artigen umständen eine Oefrierpunktsemiedrigwig
desBttäes auch bei einer funJUionsfähigen Niere vor-
kommen kann. In derartigen Fällen, in wichen
eine Gefrierpunktserniedrigung unter den normaleD
Grenzen bei Vorhandensein eines Tumors ans eot-
gegentritt, wird durch die genaue Gefrierpunktt-
bestimmung des Urins und Feststellung der Han-
stoffmengen Zweifel über die Funktionsfähigkeit
der anscheinend gesunden Niere beseitigt werden.
Diese Fälle sind meiner Ansicht nach beeonders ge-
eignet für die Anwendung der Phlorhizinmethode.*^
In einer jüngst erschienenen Arbeit über die
Grenzen erfolgreicher Nierenexstirpaiion und üb
Diagnose der Nephritis nach kryoskqpisehen Erfah-
rungen berichtet Kümmell (131) zunächst übet
die kryoskopischen Grenzwert he, die nach seinen
Erfahrungen nicht überschritten werden dürfen,
wenn man ohne die Gefahr einer Funktionstönmg
die eine Niere operativ entfernen will. Bis jetzt
hat den Vf. die Gefrierpunktbestimmung des Blutes,
die in 265 Fällen ausgeführt wurde, niemals im
Stiche gelassen, sondern sich stets als zuverlässig
erwiesen. K. hat bis jetzt nicht gewagt, die bereits
früher festgesetzte Grenze der Gefrierpunktemiedh-
gung des Blutes von 0.6 in den Fällen zu über-
schreiten, in denen es sich um die operative Ent-
fernung der einen Niere handelte.
K. hat bisher 170 Operationen an den Nieren und
Ureieren aasz af ü hren Gelegenheit gehabt Dabei handelte
es sich um 12 Hydronephroeen mit 6 Nephrektomiea und
6 Nephrotomien, die sammtlich geheilt sind. 37 Pydo'
nephritiden mit 4 Todesfällen, darunter 14NephrotomieQ
und verschiedene plastische Operationen, 2 mit spiterer
Nephrektomie und 21 Nephrektomien mit 4 Todesfällen.
33 Nierensteine mit 2 Todesfällen, darunter 11 Nephro-
tomien und 22 Nephrektomien. 10 primäre Steinopera-
tionen, sämmtliohe Kr. geheilt 23 inficirte Nierensteine,
21 geheilt, 2 gestorben. 3 doppelseitige Niereosteioe mit
Anurie ; 1 Kr. geheilt, 2 gestorben. 25 Nierentuberku-
losen mit 21 Heilungen und 4 Todesfällen; darunter
2 Nephrotomien mit 1 Todesfall und 23 Nephrektomiea
mit 20 Heilungen und 3 Todesfällen. 1 7 NierengesehaHUte,
darunter doppelseitige Gystennieren, Sarkome und Oaici-
nome in zum Theil weit vorgeschrittenen Stadien mit
7 Heilungen und 10 Todesfällen. 36 Operationen von
Wandemieren und 8 von Paranephriiiden, sämmtliche
Kr. geheilt. Bei den erwähnten 170 Nierenopexatioaea
wurden die in den letzten 2>/« Jahren zur Behmodlung
gekommenen Kr. vor dem Eingriffe kryoskopisoh unter-
sucht, so dass bei 50 später Operirten die genaue Ot-
frierpunktbestimmung des Bltäes, meistens auch die
Untersttchtmg jeder einzelnen Niere durch den üreieren-
katheterismus vorgenommen tüurde. , Während yod den
in der Zeit vor Einführung der Kryoskopie und des
Ureterenkatheterismus vorgenommenen Nephrektomiea
4 starben, weil auch die andere Niere erkrankt and fiuk-
tionsunfähig war, und wir ausser Stande waren, das
vorher auch nur annähernd sicher au erkennen, ist um
iu den später kryoskopisoh untersuchten Fällen kein der-
artiges Missgeschick begegnet In allen diesen openrtea
Fällen hatten wir vorher genau die Funktion der anderem
Niere festgestellt, nach der Operation erwies steh stets
unsere Annahme als richtig.*^
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenchirargie.
153
Unter den vor der Operation kryoskopisoh anter*
sachten 50 Kr. befanden sich 6 mit Hydronephrose,
15 mit Pyonephrose, 13 mit Nierenstein, 14 mit Vieren-
toberknlose, 2 mit Tamor. In allen Fällen, in denen ein
fnnküonfähiges Organ vorhanden war, zeigte der Blat-
gefrierpnnkt die normalen Werthe von 0.56; Sohwan-
iaogeo von 0.55 — 0.57 kamen zuweilen vor, Sinken aaf
0.58 und Steigen auf 0.54 sehr selten. Bei 38 Nephr-
ektomien hat keine Funktionstörang des zurückgeblie-
benen Organs stattgefunden. Die Keoonvalesoenz und
Urinsekretion war um so günstiger, je mehr der Gefrier-
punkt den normalen Werth zeigte oder je näher er ihm
lag. Weiter fand sich bei 8 später zur «SeX^fon Gelangten
die Annahme einer gesunden zurückgebliebenen Niere
bei einem zur Zeit der Operation vorhandenen normalen
Gefrierpankt vollauf bestätigt. In 77 Fällen mit einem
Geftierponkt von 0.68—0.81 wurde das Vorhandensein
der angenommenen Niereninsuffioienz meist durch die
Autopsie oder die Operation bestätig. AU Orenxwerth,
der eme operative Entfernung der etnen Niere nicht mehr
ffestaitä, erscheint nach den Erfahrungen K*s der Blut-
gefrierpunkt von 0.60.
Zum Schlüsse berichtet K. noch kurz über seine
Erfahrungen, die er mit der EkUgefrierpunläbesiim'
mung und dem Dreterenkaiheterismus hei Nephritis
gesammelt hat 35 Fälle von nephritischen Er-
krankungen der verschiedenen Art und in verschie-
denen Stadien konnte E. genauer untersuchen.
Der Blut- und Harngefrierpunkt wurde in allen
Men bestimmt, in 9 Fftllen wurde der Eatheteris-
mus jeder einzelnen Niere ausgeführt ; in 5 Fällen
bandelte es sich um starke Blutungen. Die meisten
Kranken noit chronischer interstitieller Blutung
gingen zu Gründe ; stets handelte es sich um eine
doppelseitige Erkrankung. Auch die anscheinend
einseitigen Nierenblutungen wurden bei der Sektion
als doppelseitige festgestellt Auch die parenchyma-
töse Nephritis war stets doppelseitig. BXne ein-
seitige Nepkriiia hat K bis jetzt nicht featsteUen
können. In allen vorgeschrittenen Fällen war die
Öefrierpunkterniedrigung des Blutes und des Urins
auffallend.
Bezüglich der Aetiologie der Nierenblutungen
und Nierenkoliken bei anscheinend gesunden Nieren
achliesst sich E. den Anschauungen I s r a e 1 's an :
sie haben ihre Ursache in einer nephritischen Er-
krankung.
Auch bei dem Chirurgencongresse 1903 hat
Eümmell (133) wiederum einen Vortrag über
ÜB neueren üntereuehungsmethoden und die ope-
rativen ßrfolge bei Nierenkrankheiten gehalten,
dessen Inhfilt sich zum Theil mit dem der folgen-
den Arbeit vonEümmell undBumpel deckt
E. ist unermüdlich darin, den neueren dia-
gnoetischen Untersuchungsmethoden, ganz beson-
ders der JKryaekopie zu der Anerkennung und all-
gemeinen Verbreitung und Anwendung zu verhelfen,
die sie naoh seiner Erfahrung verdienen, aber noch
nicht gefunden haben.
Er hat seine Untersuchungen in 3 Gruppen
eingetbeilt, aus denen sich Folgendes ergiebt :
1) Bei intakten Nieren ist die molekulare Con-
eentration des Blutes (dank der prompten Nieren-
regnlirung) eine constante, sie entspricht im Durch-
Med, Jahrbb. Bd. 282. Hft. 2.
schnitte einem Gefrierpunkte von 0.56. 2) Bei
doppelseitiger Nierenerkrankung tritt meist eine
Erhöhung der Blutconcentration ein, Hand in Hand
gehend mit einer Verminderung der molekularen
Goncentration des Urins. Ist eine Erhöhung der
Blutconcentration nicht vorhanden, so ist das eine
Organ, wenn es auch nicht vollständig gesund ist,
doch so fünktionffthig, dass es die Arbeit für das
andere mit zu übernehmen im Stande ist 3) Ein-
seitige Nierenerkrankung bedingt keine Störung
der Gesammtfunktion, die die Erhöhung der mole-
kularen Blutconcentration und Verminderung der
Harnconcentration zum Ausdrucke bringt.
„Wenn wir jetzt auf die praktische Nutzanwen-
dung zu sprechen kommen, die wir aus der Methode
gezogen haben, so zeigten die Vortheile derselben
sich in erster Linie dem Chirurgen, der vor der
Frage eines operativen Eingriffes steht ; denn sie
sagt uns zunächst mit Sicherheit, obeineFunktions-
stöning der gesammten Nierenthätigkeit vorliegt
Nach unseren Untersuchungen nun deckt sich die
Störung der Gesammtfunktion meist mit der doppel-
seitigen Erkrankung. Gewiss wird man — vom
rein theoretischen Standpunkt aus — annehmen
können, dass zwar eine doppelseitige Erkrankung
besteht, dass aber auf beiden Seiten noch so viel
secernirendes Parenchym vorhanden ist, um die
ganze Menge der urinhaltigen Moleküle zu elimi-
niren, ohne dass eine Erhöhung der molekularen
Goncentration des Blutes eintritt Die Erfahrung
hat uns aber gezeigt, dass diese Theorie den That-
sachen meist nicht entspricht Wir haben bei
doppelseitiger Nierenerkrankung, die klinisch fest-
gestellt war und durch den chirurgischen Eingriff
oder die Sektion bestätigt wurde, höchst selten
eine normale molekulare Blutconcentration gefun-
den, andererseits bei durch normaien Gefrierpunkt
festgestellter einseitiger Nierenerkrankung später nie
die Erfahrung gemacht, dass eine doppelseitige vor-
gelegen hätte. Wenn eine doppelseitige Erkran-
kung bei normalem Blutgefrierpunkt vorliegt, so
war nach unserer Erfahrung die Erkrankung der
einen Seite eine relativ geringe, jedenfalls war die
Funktion des einen Organs nicht gestört, vielmehr
war dies im Stande, die Arbeit für das andere
schwer erkrankte mit zu übernehmen. Das haben
wir öfter bei Nierentuberkulose zu beobachten Ge-
legenheit gehabt, wo das eine schwer kranke Organ
entfernt werden konnte, obwohl das andere, wie
der Ureterenkatheterismus ergab, auch nicht ab-
solut gesund, wohl aber funktionsfähig war, wie
der Blutgefrierpunkt zeigte. Nach derEzstirpation
des schwer kranken Organs trat keine Funktions-
störung in diesen Fällen ein."
Wenn nun schon bei einseitiger, selbst gering-
fügiger Erkrankung die Funktion dieser Niere er-
heblich beeinträchtigt ist, um so schwerer muss
natürlich die Funktionstörung bei doppelseitiger
Erkrankung sich gestalten. Die beiden geschä-
digten Nieren vermögen nicht die Ausscheidung
20
154
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenchirurgie.
der Stoffwechselprodukte ausreichend zu vollziehen,
so dass eine Retention im Blute eintreten muss,
wie E. in zahlreidien F&Uen nachweisen konnte.
Er glaubt also den Satz auch umgekehrt vertreten
zu mQssen : Bei normaler molekuiarer Ooneentraiion
des Blfäes besteht keine allgemeine Funktionstörung,
die sich in der grossen Mehrxahl der FäUe mit einer
doppelseitigen Nierenerkrankung deckt, tväkrend Gon-
Centrationerhöhung stets auf eine solcheschliessen lässt.
„Die Vortheile dieser Erkenntniss machen sich
nun in zweifacher Richtung geltend, einmal was
die Diagnose, zum zweiten, was die Indikation eines
operativen Eingriffes anbetrifft. In allen von uns be-
obachteten differerUialdiagnosHseh schwierigen FäUen
hat sich die Bestimmung der molekularen Ooncen-
tration von Blut und Harn bewährt. So z. B. in
den Fällen von Hämaturie ohne klare Aetiologie
bringt die Eryoskopie oft sofort Aufklärung oder
doch vorläufige Orientirung. Sie ist uns in dieser
Beziehung geradezu unentbehrlich geworden und
gestattet, mit Hülfe desUreterenkatheterismus eine
sichere Diagnose zu stellen. In erster Linie kommt
hier in Betracht : die DifferentiMiagnose zwischen
Stern (oder auch Tumor) und hämorrhagischer Ne-
phritis mit einseOigen Nierenschmerxen, Wir haben
mehrere Fälle zu beobachten Gelegenheit gehabt,
in denen ausser Hämaturie Schmerzen in einer
Nierengegend vorhanden waren und so den Ver-
dacht auf Steine nahe legten. Die Erhöhung der
molekularen Concentration des Blutes bis 0.65 und
zugleich dauernde Concentrationsverminderung des
Urins zeigte uns aber an, dass eine doppelseitige
Erkrankung vorliegen musste, und die weitere kli-
nische Beobachtung bestätigte denn auch unsere
Annahme. In zwei Fällen handelte es sich um
Schrumpfniere, wie später auch durch die Sektion
nachgewiesen wurde, in einem sehr interessanten
Falle um doppelseitige Cystenniere."
„Der Tüweiie Gesichtspunkt der Venoertkung der
Eryoskopie bezieht «ic^ auf die IndikationssteUung
bei chirurgischen Eingriffen. Schon bei früheren
Gelegenheiten haben wir uns diesbezüglich ein-
gehend geäussert, so dass wir uns hier kurz fassen
können. Auf Orund unserer Erfahrungen sind wir
zu dem Sohluss gekommen, dass bei bestehender
funktioneller Niereninsufficienz, die durch Erhöhung
der molekularen Concentration des Blutes nach-
gewiesen wird, die Ezstirpation einer Niere nicht
rathsam ist, da die zurückbleibende Niere in diesem
Falle ebenfalls nicht funktionell intakt und den er-
höhten Ansprüchen dercompensatonschen Leistung
der Nierenelimination nicht gewachsen ist, dass
dagegen bei normalem Blutgefrierpunkt die er-
krankte Niere — wenn nöthig — ganz entfernt
werden kann ohne Gefahr einer Gompensations-
störung. Wir sind in der neueren Literatur ver-
schiedentlich der missverständlichen Auffassung
begegnet, dass bei Niereninsufficienz überhaupt
nicht operirt werden dürfe. Das ist selbstverständ-
lich nicht unsere Anschauung. Spaltungen der
Niere zwecks Exstirpation von Steinen b^ doppel-
seitiger Erkrankung oder zwecks Entleerung von
Eiter aus dem Nierenbecken müssen auch vor-
genommen werden bei Niereninsufficienz, nnr soll
man die Nephrektomie nicht wagen, da sie in ihren
Folgen durchaus unsicher ist.^'
Von 245 Nierenoperationen, die Eümmell
auszuführen Gelegenheit hatte, waren 107 Nephr-
ektomien, 80 Nephrotomien, 4 Resektionen, 4 Ent-
fernungen der Capsula propria bei Nephritis,
35 Fixationen, 6 Ureterenimplantationen, 9 Ind-
sionen bei Paranephritis. Nach den einzelnen
Erankheitgruppen handelt es sich mit Ausschlass
der operativen Eingriffe bei Nephritis, Paranephritis,
Wandemiere und an den Ureteren um 168 Opera-
tionen, und zwar:
vor
nach
Anwendung der neuen Unter-
suchungsmethoden
/. Hydro-
neph'osen.
26 Fälle.
1 Ezit. lethal.
HPyO'
nephrosen,
31 Fälle.
5 Exit. lethal.
HI. Nephro-
lithiasis,
55 Fälle.
10 Exit. lethal.
8 Fälle.
Kein Exitus lethalis.
IV, Tuber-
kulose,
39 Fälle.
(35 Nephrek-
tomien.)
5 Exit. lethal.
V, lümoren.
17 FäUe.
7 Exit. lethal.
14 FäUe.
3 Exitus lethalis in
Folge doppeis. Er-
krankung der Nie-
ren.
R)Nichi infie. Steine,
11 FäUe.
Kein Exitus lethalis.
b) Infietrte Steine,
9 FäUe mit 2 Exitus
lethalis bei doppeis.
Erkrankung.
o) Doppels. Steine.
4 Fäüe, 4 Exitus
lethalis an Urämie.
18 FäUe.
1 Exit lethal. nach
Nephrektomie bei
doppelseit,voxiier
festgestellter Er-
krankung und Oe-
frierpunktemiedr.
ff ~ 0.64.
UFmie.
2 Exit lethaL, einer
an Erschöpfung,
einer in Folge von
Oomplikation mit
LungenabscesB.
10 Fäüe.
Kein Exit lethalis.
14 Fäüe. 1 Exitus
lethalis nach Ke-
phrotomie an Er-
schöpfung.
Summa: 168,
28 Todesfälle.
17 FäUe.
5 Exitus lethalis, da-
von 3 nach Nephr-
ektomien in Folge
doppelseit Erkran-
kung, 2 nach Ne-
phrotomien.
7 Fäüe,
6 Exit lethalis nach
Nephrektomie in
Folge doppeis. Er-
krankung oder Ka-
chexie.
7FnUe, 3
lethalis nach Ne-
phrotomie, i —
0.65, ^ — ae2,
(f— 0.63 (oombin.
mit Tuberkolaee).
22 FäUe.
Kein Exit lethalis.
10 Fälle.
1 Exit lethal. nach
Nekrotomie bä
doppeU. Cystea-
niere." 4 ^ 0.69.
70 Fäüe,
20 Todesfälle.
98 TäUey
STodeaffile.
„Die Qesammtmortalit&t der 168 operirten FlUa
beträgt demnach 28 Exitus lethali& Vor
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenohirurgie.
165
duDg der neuen Untersuchungsmethoden beträgt die
Mortalität 28<^/5, nach Anwendung derselben 8<^/o.
Unter den 98 mien der letzten Zeit befinden sich
f)2 Nephrektomien mit nur 3 Todesfällen, von denen
einer i *- 0.64 hätte vermieden werden kOnnen.
Demnach beträgt die Mortaliiät für Nephrektomien
naih Anwendung der neuen üntersuehungametkoden
jetzt nur noch 4.80Iq/'
Auf Grundlage eines ausserordentlioh reich-
baltigen Krankenmaterials haben Efimmell und
Rumpel (132) weitere chirurgieche Erfahrungen
über Nierenkrankheiien unier Anwendung der neueren
üfäertuekungsmethoden mitgetheilt Die moderne
Nierenchirurgie steht unter dem Zeichen des JiXaeen-
spiegele, der Hamleüersande, der Röntgenröhre und
jener funktionellen Untersuohungsmethode, die in
der Sryoekopie zum Ausdrucke gelangt
Diese verschiedenen Untersuchungsmethoden
Verden von K. u. R. genau besprochen und dabei
wird nochmals ganz besonders auf die hohe dior
gnoetiedie Bedeutung des mit der Kryoskopie un-
trennbar verbundenen üreterenkaiheteriemue hin-
gewiesen. Während bei normaler Nierenfunktion
die molekulare Conoentr^tion der Sekrete beider
Nieren eine beinahe vollkommen gleiche ist, tritt
bei einer Erkrankung, die das Nierenbecken oder
auch die Substanz einer einzelnen Niere betrifift,
sofort eine ganz erhebliche Störung der Funktion
dieser Niere auf. Diese einseitige Funktionstörung
wird nachgewiesen durch die veränderte molekulare
(hneenbraiion des Urins, Hand in Band gehend mit
einer verminderten Hixmstoffäusseheidung, u?ährend
die andere Niere keine Störung der Funktion zeigt.
Was die Röntgographie anlangt, so sind K. u.
R. der Deberaeugung, dass jeder Nierenstein auf
einer guten Bönigenplatte sichtbar unrd und um-
gekehrt, dose beim Fehlen eines Nierensteinsehattens
Ml (hnkrement vorhanden ist.
Im speeieUen Theüe haben K. u. R. 204 Fälle
io 8 grOsjsere Gruppen eingetheilt.
I. Angeborene Veränderungen der Nieren und Harn-
käer. 3 Fälle : 3 Nephrektomien, 3 Heilungen.
n. Hydran^hrose. 20 Fälle: 10 Nephrektomien,
9 HeilongeD, 1 Todesfall ; 9 Nephrotomien mit Fiximng,
9 Heilnngen ; 1 Plastikbildung.
m. Pyelonephritis und Pyonephrose, 28 Fälle:
15 primfire Nephrektomien, 11 Heilungen, iTodesföUe;
6 Nephrotomien mit sekundärer Nephrektomie, 6 Hei-
lnngen; 6 Nephrotomien, 6 Heilungen; 1 Resektion,
1 Heilang. Unter den 28 beobachteten Fällen von Pyelo-
oepbritis, bez. Pyonephrose wurde nicht weniger als
23mal eine schwere Oystüis als Entstehungsursache ge-
fonden ; nnter diesen 13 Fällen konnte 20mal als Erreger
der Cystitis der Oonococcus mit grosser Wahrscheinlich-
keit festgestellt werden.
IV. Nepkrolithiasis, 17 Fttlle von primären, nicht
inßcirten Nierensteinen: 17 Nephrotomien, 17 Heilun-
gen. 23 Fälle von infi4nrten Nierensteinen : 5 Nephro-
tODuen, 3 Heilangen, 2 Todesfälle; 6 Nephrotomien mit
sekundärer Nephrektomie, 5 HeUungen, 1 Todesfall;
10 primäre Nephrektomien, 10 Heilungen. 11 Fälle von
domelseiiigen infioirten Steinnieren : 9 Nephrotomien,
4 Heilungen, 5 Todesfälle; 2 Nephrektomien, 2 Todesfälle.
«Der nihendei, dem Patienten nur geringe Beschwerden
Tenmachende Nierenstein bedarf kaum der Behandlung,
aber auch der wandernde, vorübergehende Koliken und
Beschwerden veranlassende kann durch entsprechende
Diät und genügende Mineralwasserkuren lange Zeit in
ein unschädliches Stadium versetzt oder zur Ausstossung
gebracht werden.* Bei primären, nicht infioirten Stei-
nen wird beim Fehlschlagen der nicht ohirurgischen
Behandlung wohl stets die Nephrotomie die anzuwen-
dende Operation sein ; bei mit Pyelonephritis complioirten
wird man sich nach dem vorhegenden Falle richten
müssen. Ist noch genügendes Nierengewebe vorhanden
und der Ureter frei, wird man den Stein entfernen und
die Niere erhalten. Handelt es sich um sehr grosse
Steine, um weitgehende Zerstörung des Nierenparenchjjrms
und ausgedehnte Eiterung, so tritt die Nephrektomie in
ihr Recht
V. Ikiberkulose, 34 Fälle: 30 Nephrektomien, 27 Hei-
lungen, 3 Todesfälle; 4 Nephrotomien, 2 Besserungen,
2 Todesfälle. Was die DauerresuUcUe anlangt, so leben
7 Er. noch 3—7 Jahre nach der Operation, 1 Kr. war
4 Jahre naoh der Operation noch gesund, sein späteres
Schicksal ist unbekannt, 1 Er. starb 4Vi Jahre nach der
Nephrektomie an Tuberkulose der anderen Niere. Im
2. Jahre nach der Operation sind noch 7 Er. gesund.
VI. Tumoren (echte und unechte), 15 Ffille : 5 Ne-
phrotomien, darunter 2 Resektionen, 4 Heilungen, 1 Todes-
fall; 10 Nephrektomien, 4 Heilungen, 6 Todesfälle (2 naoh
8, bez. 6 Monaten.
VII. Die chirurgische Behandlung der Nephritis.
K. u. R. halten es für ungemein schwierig, an der frei-
gelegten luxirten, in der Hand des Chirurgen zur Spal-
tung ruhenden Niere eine sichere und maassgebende
Diagnose zu stellen. Auch Stückchen, die aus der
Niere zur mikroskopischen Untersuchung entnommen
sind, können kaum über den Zustand des ganzen Organs
mit seinem complioirten Aufbau Auskunft geben. E. u.
R. haben 35 Fälle von nephritischen Erkrankungen der
verschiedenen Art und in verschiedenen Stadien genauer
untersucht. Von vornherein fiel in den vorgeschrittenen
Fällen die starke Oefrierpunkterniedrigung des Blutes
auf. Eine einseitige Nephritis haben E. u. R. bis jetzt
nicht feststellen können. Operativ haben E. u. R. in
3 Fällen eingegriffen, 2mal ohne Erfolg, in einem Falle
trat allerdings erst nach Monaten, zugleich unter Ab-
nahme des Eiweissgehaltes , eine Besserung des All-
gemeinbefindens ein.
Vin. Nephrektomien in Folge von üreterenfisteln.
5 Fälle, 5 Heilungen. Im Ganzen wurden 205 Er. ope-
rativ behandelt, und zwar wurden an diesen 228 Opera-
tionen vorgenommen: 95 Nephrektomien, 72 Nephro-
tomien, 4 Resektionen, 3 Entfernungen der Caps, propria
bei Nephritis, 34 Fixationen, 6 Üreterimplantationen,
9 Incisionen bei Paranephritis.
Von den 205 Er. sind im Ganzen 31—14.7% ge-
storben, unter den 95 Nephrektomien finden sich im
Ganzen 16 Todesfälle — 16.8«/©. »Wenn wir hierbei aber
in Betracht ziehen, dass die grosse Mehrzahl der Todes-
fälle aus früherer Zeit stammt, wo wir noch nicht die
neuen üntersuchungsmethoden anwandten (wobei allein
6 Todesfälle auf Rechnung der vorher nicht erkannten
Doppelseitigkeit der Nierenerkrankung zu setzen sind)
und damit vergleichen die seit Einführung der neuen
Untersuchungsmethoden ausgeführten 62 Nierenexstir-
pationen mit 4 Todesfällen (von denen sogar zwei sich
sicher hätten vermeiden lassen, wenn wir damals genau
unsere jetzt feststehenden Grundsätze befolgt hätten), so
ergiebt sich für diese das ungleich günstigere Resultat
von 6.4% Mortalität. '^ Der Arbeit sind grössere Tabellen
und eine Anzahl ausgezeichneter Abbildungen beigegeben.
Straus(160) konnte bei seinen Untersuchun-
gen über Physiologie und Pathologie der Nieren-
funktion im Allgemeinen dieCasper-Bichter'-
schen Angaben bestätigen. Er hat es sich weiter-
hin zur Aufgabe gemacht, zu untersuchen, wie
166
Wagner, Neuere Beitrage zur Nierenchirurgie.
unter normalen und pathologischen Verhältnissen
die Funktion jeder Niere sich verhält bei wechsel-
seitiger Vergleichung mit einander im gleichen
Zeitabschnitte, aber in verschiedenen aus einander
liegenden Zeitfolgen, und wie ein und dieselbe
Niere einer jeden Seite, fQr sich allein sowohl, als
auch im Vergleiche zur anderen Niere betrachtet,
arbeitet Es ergab sich die Thatsache, dass die
Werthe für molekulare Concentration fQr Harnstoff
und Chlorgehalt und fQr Zucker nach Phlorhizin-
injektion der zeitlich mittelbar oder unmittelbar
nach einander abgesonderten Sekrete in gleichen
Zeiteinheiten für beide Nieren normaliter gleiche
sind, dass sie aber fOr ein und dieselbe Niere in
eben dieser Zeit wechselnde sind, und zwar gleich-
sinnig wechselnde für jede Niere unter physio-
logischen Verhältnissen sowohl wie unter patho-
logischen.
In einer neueren Arbeit über die Diagnostik
der physiologischen und paihologischen Niermfunk-
tion hebt St raus (158) hervor, dass sich die Zahl
seiner Untersuchungen inzwischen auf 55 ver-
mehrt hat. Sie bestätigen die von Casper und
Richter gefundenen Thatsachen: Normale Nieren
sind in der Weise tbätig, dass sie in gleichen Zeiten
ein Sekret liefern, in dem gleiche Mengen Stick-
stoff, meistens gleiche Mengen Chlor (Str. fand die
Chlorzahl constanter als Casper und Richter),
sowie gleiche Mengen Zucker nach Phlorhizin-
injektion enthalten sind, und dessen molekulare
Dichte gleich ist Pathologisch funktionirende
Nieren verarbeiten keine so grosse Molekülzahl wie
ihr gesundes oder gesünderes Schwesterorgan. Ihr
Produkt hat eine geringere molekulare Dichte und
sie scheiden weniger Zucker nach Phlorhizininjek-
tion aus, weniger Chlor, weniger Stickstoff, bez.
Harnstoff-Phosphorsäure.
Femer fand Str. die von ihm erweiterten Frage-
stellungen hinsichtlich der Thätigkeit der physio-
logisch und pathologisch arbeitenden Niere durch
seine neuen Untersuchungen bestätigt. Er kam
zu folgenden Ergebnissen: Die Funktion physio-
logisch arbeitender Nieren ist zu gleichen Zeiten
stets die gleiche, verglichen linke mit rechter Niere.
Diese Funktion ist eine wechselnde, und zwar eine
von Augenblick zu Augenblick wechselnde in ein
und derselben Niere. Die Funktion pathologisch
arbeitender Nieren weist, verglichen linke mit
rechter Niere, gleichzeitig stets analoge Differenzen
auf und ist in ein und derselben Niere in jedem
Augenblick eine wechselnde, nie eine constante.
Dabei scheint vielfach zwischen den Werthen der
Reihen eines Reihenversuches ein constantes Ver-
hältniss zu bestehen.
In 2Ver8acheD bei Wanderniere lieferte die Wander-
niere vermehrte Werthe für Chlor and Harnstoff- Phosphor-
saare, Zucker nach Phlorhiziniigektion ; ihr Urin hatte
eine erhöhte Gefrierpunkterniedrigang. In einem Falle
von intermittirender Hydronephrose entsprach die ver-
minderte Funktionfähigkeit nicht der a priori als kränker
angesehenen Niere. Die für gesund gehaltene Niere war
fonktionell in Aussoheidane von Harnstoff-Phosphorsäare,
Chlor, Zacker nach Phlorhizineinverleibang and in der
Oefrierpankterniedrigang minderwerthig gegenüber der
anderen Niere. Ein Er., bei dem vor vielen Jahreo die
mikroskopische Diagnose Nierentaberkaloee gestellt vir,
lieferte anfangs in zahlreichen Versuchen links wie rechts
gleiche WerÜie. Später zeigten sich Differenzen, iosr
besondere in der molekularen Concentration, aber auch
im Chlor-, Harnstoff- Phosphorsäure- und Zuckergehiit
nach Phlorhizinii\jektion.
Die Operation eines Nierencarcinoms bestätigte die
auf Grand des üreterenkatheterismas und der Analyse
der gesonderten Sekrete gemachte Vorhersage. Durch
diese konnte bestimmt vorausgesagt werden, dass bis tof
minimale Reste alles Nierenparenchym in dem Tumor
aufgegangen sein mosste. Die Operation ergab, dass aof
dem Durchschnitt eine Rindenzone von der Grösse eines
lO-Pfennigstückes erhalten war, das übrige Nierengewebe
war carcinomatös degenerirt. Während der Ureter der
gesunden Niere eine starke Urinfluth in rasch aaf
einander folgenden Contraktionen aaswarf, warf der
Ureter aaf der Seite des Nierentamor nur in einigen
Contraktionen einige Cubikcentimeter Blat aas. Wfih-
rend des grössten Theiles der Untersach ungzeit arbeitete
dieser Ureter überhaapt nicht mehr.
Str. zeigt dann fernerhin an einer Pyonephrose,
ein wie geringer Rest von Nierenparenchym nui
noch erhalten zu sein braucht, um sein Vorhanden-
sein in vivo duroh Ureterenkatheteriemus und ver-
gleichende quantitative Analyse der gesondert auf-
gefangenen Sekrete nachvireisen zu k^Jnnen. Str.
pimmt an, dass die Olomeruli die Stätte darstellen,
wo in der Niere der Umbau des Phlorfaizins za
Zucker vor sich geht.
Eoeppe (120) kommt bei s^nen Unter-
suchungen zur Kryaskapie des Harns zu dem
Schlüsse, dass eine unmittelbare Verwerthung der
gefundenen Werthe von molekularer Concentration
und Reaktion ausgeschlossen ist, da der Harn das
Produkt zweier Nieren ist, und auch zeitlich grosse
Unterschiede zwischen den einzelnen Harnmengea
bestehen. Jedenfalls ist aber aus Gefrierponkt-
bestimmungen der von beiden Nieren gleichzeitig
abgesonderten, aber getrennt aufigefangenen Ham-
menge manches wichtige Ergebniss zu erwarten.
In einem ausfflhrlichen Vortrage über die
physikalische Diagnostik der NierenÜuäigkeü hebt
Eoeppe(119) hervor, dass man aus einer Qefrier-
punkterniedrigung eines Harns niemals direkt die
für diesen Harn nOthige osmotische Nierenarbeit be-
rechnen kann. Eine einzelne Oefnerpunktbestim-
mung des Harns kann deshalb nur einen geringen
diagnostischen Werth für die Nieren thfttigkeit haben.
Anders jedoch, wenn Aou/^e Untersuchungen unter
den verschiedensten VerhäUnissen, unter denen der
Harn producirt wurde, vorgenommen werden.
EOnnen wir den Einfluss des Blutdruckes als con-
stant annehmen, d. h. sind wir sicher, dass grobe
Blutdruckschwankungen, Herzschwäche oder der-
gleichen in der Zeit ffer Untersuchung nicht vor-
kommen, so gestatten die Oefrierpunktbestim-
mungen zwei diagnostische Schlüsse: 1) war die
Oefrierpunktemiedrigung des Harns niemals Idemer,
als die Oefrierpunktemiedrigung des Blutes, auch
wenn durch reichliche Flüssigkeitzufuhr oder der-
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenchirurgie.
157
gleichen ein diluirter Harn auftreten muBste, so ist
mit einiger Sicherheit auf mangelhaftes Funktio-
Diren des Apparates der Niere zu sohliessen, der
düB Auftreten des diluirten Harns bewirkt (das
wftre nach der Hypothese die einseitig halbduroh-
Jässige Wand in den Olomerulis); 2) ist die Ge-
frierpunkterniedrigung des Harns niemals gr^Jsser
oder nur unbedeutend grösser als die des Blutes
(Iftsst Werthe über 1^ vermissen) , so funktionirt
der Apparat der Niere nicht, der die Gonceniration
des Harns besorgt (die Nierenepithelien).
In einem Vortrage Über funktioneüe Nieren-
dkgnosiik hebt Israel (113) zunächst hervor,
dass der Gefrierpunkt des Mutes auch unabhängig
von der Nierenihätigkeit durch verschiedene Faktoren
heeinflusst werden kann. So findet man zuweilen
trotz sufficienter Nierenfunktion eine abnorme Er-
niedrigung des Gefrierpunktes bei malignen Nieren-
tuffloren, bei einseitigen Pyonephrosen, bei manchen
Abdominaltumoren, im Vorstadium eines Malaria-
anfalles, im akuten Oichtanfall ohne Betheiligung
der Nieren. Auf der anderen Seite kann die Ge-
frierpunkterniedrigung zu gering ausfallen bei
Hfdrftfflie. „Wir können demnach unter gewissen
Umständen trotz sufficienter Nierenthätigkeit eine
^\moTm starke Gefrierpunkterniedrigung des Blutes
finden, wie eine normale Höhe bei unzureichender
Kerenfunktion.*^ Aber selbst in solchen Fällen
von Niereninsufficienz kann die Methode versagen,
in denen keine dieser bisher bekannten Ursachen
f&r die Abweichung von der Regel erkannt werden
kann. Einen eklatanten Fall dieser Art theilt I.
mit: Obwohl nur eine Niere funktionirte, obwohl
diese schwer erkrankt war, trotz einer Anurie von
4X24 Stunden, trotz ausgesprocHen urämischer
Erscheinungen, die auch nach Flottwerden des
Hamstromes immer wiederkehrten, war der Blut-
gefrierpunkt nicht unter die Norm erniedrigt.
I. wendet sich dann zur Betrachtung der Qe-
fwpimkt- und der Phiorkizinmethoden , die das
l^erhältniss der Arbeitvertheilung zwischen beiden
Nieren mit Hülfe gesonderter Harnauffangung
nessen wollen. Da die Qefrierpunktemiedrigung
einer Lösung nur von der Z(M der gelösten Mole-
kftle abhängt, nicht aber von ihrer Art, so kann
das Yerh&itniss der Gefrierpunkte nur unter der
Bedingung genau dem Verhältnisse des Funktion-
werthes beider Nieren entsprechen, wenn die Zu-
sanunensetzung der Harne beider Seiten sicher als
gleich betrachtet werden darf. Diese Voraussetzung
gilt, streng genommen, höchstens für Menschen
mit normalen Nieren.
Die der Phhrhixinmethode zu Grunde liegende
Vorstellung, dass das Verh<niss der Zucker-
taascheidongen sich mit dem Verhältnisse der
jederseits vorhandenen funktionfähigen Parenchym-
uengen deckt, findet jedenfalls keine StOtze an
den Ergebnissen der Kryoskopie, denn die von
Casper-Richter hervorgehobene Uebereinstim-
niQng fehlt häufig. „Wir sehen demnach — sagt
I. am Schlüsse seiner Ausführungen — , dass die
Phlorhizinmethode uns keine Gewissheiten, son-
dern nur einige mehr oder minder grosse Wahr-
scheinlichkeiten bieten kann; dass sie Irrthümer
in derErkenntniss der Funktionfähigkeit der Nieren
nicht ausschliesst, da die von ihr gelieferten Zahlen-
werthe durchaus nicht immer dem Verhältnisse
des funktionfähigen Parenchyms beider Seiten ent-
sprechen, und dass sie selbst dann, wenn sie rich-
tige Werthe für das Verhältniss der Arbeittheilung
lieferte, dadurch noch keine genOgende Unterlage
fOr die Entscheidung über die Zulässigkeit einer
Nephrektomie geben würde, weil diese von der
absoluten Grösse und der Compensationfähigkeit
der zurückbleibenden Niere abhängt, über die die
Phlorhizinprüfung nichts auszusagen vermag."
In ihrer Entgegnung auf die Israel 'sehen
Angriffe heben Casper und Richter (71. 72)
nochmals die wesentlichen Punkte der Leistungen
der funktionellen Nierendiagnostik hervor. Sie
fOhren eine Reihe von weiteren Fällen an, die den
Beweis erbringen sollen, dass die Methode der
funktionellen Nierendiagnostik im Vereine mit den
anderen Untersuchungen die für die praktischen
Ziele wichtige Schärfe der DiagnosensieUung ge-
währleistet, dass sie vor allen anderen Frühdiagnosen
ermöglicht, dass sie endlich hinsichtlich der Frage
der Funktioniüchtigkeit der zurückbleibenden Niere
sich bisher stets als zuverlässig erwiesen hat
Israel (112) erwidert und stellt nochmals
fest,- dass von der Phlorhizinmethode nichts anderes
übrig bleibt, als folgende beide Leistungen: 1) bei
erheblicher Differenz der Zuckerwerthe beider Sei-
ten entspricht der niedrigere der schlechteren Niere ;
2) bei den höchsten Grenzwerthen auf der einen
Seite und dem niedrigsten auf der anderen darf
man die eine Niere als gut, die andere als schlecht
funktionirend betrachten.
Aus den weiteren Ausführungen L's geht hervor :
1) dass man aus einer Statistik der Operation-
resultate überhaupt keinen bindenden Schluss auf
die Zuverlässigkeit der Phlorhizinprüfung machen
kann, weil diese nicht allein bestimmend für die
Auswahl der zur Operation geeigneten Fälle ge-
wesen sein kann, vielmehr noch andere diagnostische
Kriterien theils ohne Rücksicht auf die Phlorhizin-
prüfung, theils im Widerspruch zu ihr an der
Indikationstellung mitgewirkt haben ; 2) dass die
Casper 'sehe Statistik nichts für die Phlorhizin-
methode beweist, weil die ohne diese von I. ge-
wonnenen Resultate mindestens eben so gute sind ;
3) dass bei Anwendung der Phlorhizinprüfung eine
Anzahl Heilbarer ungeheilt bleibt, weil sie auf
Grund ungenügender Zuckerwerthe mit unrecht
als inoperabel bezeichnet werden.
In einem Vortrage über funktionelle Nieren-
diagnostik berichtet Barth (63) über 36 Fälle, in
denen er den Harnleiterkatheterismus, meist doppel-
seitig, ausgeführt und die funktionelle Untersuchung
nach Casper-Richter angeschlossen hat. Der
158
Wagner, Neuere BeitrAge zur Nierenchirurgie.
Schwerpunkt der neuen Methode liegt im kunst-
gerechten HarnleiterkatheterismuB. B. hat sich
stets der C a s p e r 'sehen Instrumente bedient. In
12 Fällen kam es zur operativen und in 1 Falle
zur postmortalen Autopsie und man gewann so
eine Gontrole Qber die Deutung der festgestellten
Funktionwerthe.
Aus den Untersuchungen B.'s geht hervor, dass
keine der funktionellen üntersuchungsmethoden
im Stande ist, uns in jedem Falle ein sicheres Ur-
theil Qber die Leistungsfähigkeit der Nieren zu
geben, und dass sich damit auch die Forderung,
lediglich hiernach dieLeistungsfähigkeit der zweiten
Niere bei beabsichtigter Nephrektomie zu beurthei-
len und die Indikation zum Eingriff hiervon ab-
hängig zu machen, von selbst erledigt. Einen
absoluten Massstab hierfür geben weder die Gefrier-
punktemiedrigung, noch die Phlorhizinprobe, son-
dern nur einen relativen, der allerdings von hohem
und höchstem Werth sein kann, wenn wir uns
durch den Harnleiterkatheterismus und die che-
mische und mikroskopische Untersuchung des ge-
trennt aufgefangenen Harns ein Urtheil über dessen
Beschaffenheit und seiner pathologischen Bei-
mengungen gebildet haben. Meist ist ja hierdurch
allein schon die Diagnose gemacht und ein ge-
nügender Einblick in den Zustand der Nieren
gethan. In einzelnen Fällen kann uns aber die
funktionelle Methode einen Einblick gewähren, wie
wir ihn früher nicht gekannt haben. Jedenfalls
haben wir nach Ansicht B.'s begründete Aussicht,
mit Hülfe der funktionellen Diagnostik unnOthige
Nierenspaltungen zu vermeiden, und wenn die
Methode weiter keinen praktischen Nutzen brächte,
als diesen, so wäre das allein schon Qewinn
genug.
Zangemeister (171) macht darauf auf-
merksam, dass das Verdünnen des Harns uns ge-
stattet, die Diurese beliebig grosser und kleiner
Zeitintervalle, den Harn verschiedener Individuen
und unter verschiedenen Verhältnissen in Bezug
auf seinen Salzgebalt zu vergleichen, während die
Verwerthung des unmittelbar beobachteten Gefrier-
punktes zu bedenklichen Fehlern führen kann.
Interessante Beiträge zur funktioneUen Nieren-
diagnostik giebt GObell (91) aus der Heife-
r i 0 h 'sehen Klinik. Nach seinen Erfahrungen kann
man mittels der verschiedenen Methoden nicht
feststellen, wie viel funktionirendes Parenchym
von einer Niere noch vorhanden ist, man kann
häufig, aber nicht immer angeben, dass eine
Niereninsufficienz besteht, aber nicht, ob eine
solche nach der Nephrektomie auftreten wird. Die
Methoden gewähren uns aber einen Einblick in
die Funktion der Nieren, wenn wir gewisse Maass-
regeln anwenden und Folgendes berücksichtigen:
Es empfiehlt sich 1) den Nierenkranken vor der
Untersuchung mehrere Tage eine allgemein ver-
abredete Probediät zu geben und 2) zu einer be-
stimmten Zeit nach der Nahrungsaufnahme den
Urin von beiden Nieren mittels Ureterenkatheten
zu entnehmen ; 3) längere Zeit (2 — 3 Stunden) den
Katheter liegen zu lassen und den Urin von Ter-
sohiedenen auf einander folgenden Zeitabecbnitten
zu untersuchen; 4) die Urinmenge in den ?er
Bchiedenen Perioden zu messen und die Molenubl
zu bestimmen.
Dies Alles geschieht deshalb , weil 1) chir-
urgisch kranke Nieren das angebotene Material
nicht gleichmässig verarbeiten ; 2) das Verfa<niss
von /\,''/Si ^^^ Mo:MO| in den verschiedenen
Zeitabschnitten kein constantes ist; 3) das Ver-
hältniss von A*Ai ^^^^^ ^^ Stande ist, dem
Untersucher eine richtige Vorstellung von der
Funktion zu verschaffen.
„Nur Derjenige, der alle diese Punkte berfick-
sichtigt, wird ein annähernd richtiges Urtheil über
die Nierenfunktion erlangen kOnnen. Nach unseren
bisherigen Kenntnissen kOnnen wir nicht immer
sagen , ob nach der Nephrektomie eine 'Nieren-
insufficienz eintritt oder nicht Wer Öfters die
Funktion der Nieren zu prüfen versucht and
dadurch werthvoUe Aufschlüsse über die Nieren
erhalten hat, wird trotz der Mängel, die den
Methoden noch anhaften, nur sehr ungern auf
diese Hülfsmittel für die Diagnose verzichten. Das
Resultat der Funktionsprüfung wird bei ihm aber
niemals bei der Entscheidung (Nephrektomie oder
nicht) einzig und allein den Ausschlag geben, so
lange S kein absolut sicherer Faktor für die Be-
stimmung der Niereninsufficienz ist"
Stookmann (156) behandelte einen 48]ähr. Kt.^
der IVfl Jahre nach einem Sturze an Hämatorie und
später auoh an Pyurie erkrankt war. Schmerzea in der
rechten Nierengegend und in der Blase. Kein Abgang
von Gries oder Conkrementen, keine Tuberkeibacilien.
Cystoskopie unmöglich. Urinmenge ca. 1500, Hara-
Stoff — 10.6. Phlorhizinprobe der gesammten Harnmenge
negativ. Oefrierpunktbestimmung des EkUes -■ 0.550,
also normal. Sohliesslich trat Annrie ein und 8 t wollte
die Nephrotomie vornehmen. Seiner Ansicht nach konnte
es sioh nnr am zwei Dinge handeln, entweder am Reflex-
anurie in Folge von Stemeinklemmang oder um Urämie
in Folge von Insafficienz heider Nieren. Der Pat timrh
vor der Operation.
Die Sektion ergab: Linke Niere stark vergroesert,
schwer taberkalös, nur wenig gesunde Substanz. Keimt
rechte Niere, kein rechter Harnleiter,
Der Er. hatte von Haas aus nur eine Niere ond
diese war demgemäss auch mit einer eiiiöhten Fooktioo-
kraft ausgerastet. Als das einzig vorhandene Organ non
zu erkranken begann, war für jedes gesund vorhandene
Nierenelement so viel Arbeitkraft vorhanden, dass der
Körper bestehen konnte; daher wurde der Gefrier|mnkt
des Blutes normal gefanden. Die Kryoskopie giebt dv
an, dass sioh der Körper im Oleichgewichte befindet,
nicht, welches die kranke Niere ist Können hier nicht
andere Methoden (Cystoskopie and üreterenkatheterismns)
angewendet werden, so ist bei der alieinigen Anwendm§
der Kryoskopie dringeiid Vorsieht geboten,
Cohn (82) kommt auf Orund allgemeiner Br^
wägungen und der Zusammenstellung fremder nni
eigener Beobachtungen zu dem Brgebniase, daat
der Blutgefrierpunkt nicht als Maassstab für die
allgemeine Nierentüchtigkeit betrachtet werdei
Wagner, Neuere BeitrAge zur Nierenchirurgie.
159
darf und somit bei einseitigen Nierenerkrankungen
Dicht zu der Feststellung dienen kann, ob die
andere Niere ausreichend funktionirt.
Pielicke (145. 146) berichtet aas der Sonnen-
bnrg 'sehen Abtheilang über einen Fall von Nieren-
reixung nach Einspritzung von 6 mg Phlorhixin. Der
drin des 27jähr., an Nierenkoliken leidenden Er., der
froher niemals makroskopisch Blut enthalten hatte, wurde
Vt Stunde nach der Phlorhizin-Injektion stark bluthaltig
und enthielt zahlreiche EpithelcyUnder. Dieser Zustand
dauerte 3 Tage lang. P. hat in ca. 100 Fällen von Ure-
tereokatheterismus ohne Anwendung des Phlorhizin nie-
mals eine solche anhaltende Blutung erlebt. „Da die
PhlorhiziDprobe sooait nicht ganz gefahrlos ist, so darf
äß nicht allgemein statt der Kryoskopie angewandt
werden. Nur in den operativen Fällen, in denen das Er-
gebniss durch Kryoskopi^ noch Bedenken zulässt, ist
(he PhlorhiziDprobe als Ergänzung der Kryoskopie er-
laabt«
Warschauer (167) glaubt nicht, dass es sich in
Pielicke*B Falle um eine Nierenreizung durch Phlo-
rhixin gehandelt hat; vielmehr sprechen adle Thatsachen
da/ar, dass es sich bei einer iV^p/rrt^ia-^ranken um eine
Blutung während der Untersuchung handelt, die durch
eine Verletzung des Ureters durch den Katheter und
durch stundenlanges Liegenlassen desselben verursacht
worden ist
W. steht nach wie vor auf dem Standpunkte, dass
^Phlorhixin völlig unschädlich ist; es reizt die Niere
Bur insoweit, wie es auch andere Diuretica thun : es ver-
ofsacht Polyurie. W. würde nicht anstehen, es bei
Oiiinie, wo OeCahr im Verzuge ist und die Kranken
nfflnolent sind, als bestes subcutanes Diuretioum anzu-
wenden.
Strans (157) hat weitere Untersuchungen
über die Physiologie und Pathologie der Ureteren-
und Nierenfunktion mit besonderer Berücksichtigung
^ verdünnenden Nierenthätigkeü nach Flüssigkeit'
^fukr angestellt. Es ergab sich, dass die unter
dem Einflüsse der Flüssigkeitzufuhr und der urin-
Terdünnenden Nierenthfttigkeit eintretende einsei-
tige Verminderung der Oefrierpunktsemiedrigung
das Zeichen einer funktionell minderwerthigen
Niere ist, dass diese Minderwerthigkeit sich äussern
bnn zu einer Zeit schon, wo die gewöhnliche
fanktionelle PrQfung und die funktionelle Prüfung
ifli Reihenversuche noch nichts darüber auszusagen
Termögen und dass der Versuch der Urinverdün-
ODog durch Flüssigkeitzufuhr eine latente funk-
tionelle Minderwerthigkeit einer Niere aufzudecken
im Stande ist
▼. IllyöB und KOvesi (110) haben Unter-
sochangen über denVerdünnungsverstush im Dienste
^ fmktioneUen Nierendiagnostik angestellt.
Bm Gesunden ist der der Oefrierpunkterniedrigung
pioportionale osmotische Druck des Harns gewöhnlich
erheblich grösser als der des Blutes. Die bedeutende
^'heit, die die Nieren zur Erhöhung des osmotischen
l^r^es des Harns leisten müssen, wird als Wasser-
morptionarbeit bezeichnet y. Koränyihat bewiesen,
^ die Fähigkeit der Nieren, diese Arbeit zu leisten,
bei diffusen Nierenkrankheiten abnimmt. Obgleich die
Hteren gewöhnlich einen oonoentrirten Harn entleeren,
^ lie auch fthig einen Harn zu bereiten, dessen mole-
^Blare Conoentration bedeutend geringer ist, als diejenige
te Blutes. Wird ein sehr verdännter Harn entleert, so
^ihertrifft die Wassersekretionarbeit der Nieren die Re-
aerptionarbeit Auf dieser Fähigkeit beruht die bedeu-
teode Bolle der Nieren bei der Regelung der Wasser-
ökonomie im Körper. Bei den diffusen Erkrankungen
der Nieren ist aber auch ihre wassersecernirende Thätig-
keit mehr oder weniger eingeschränkt. Es hat sich
weiterhin ergeben, dass der Grad dieser Verdünnungs-
fähigkeit in enger Beziehung mit der Art der Erkrankung
ist. Bei interstitiellen Entzündungen kann die Verdün-
nun^fähigkeit der Nieren theilweise erhalten bleiben;
bei Erkrankungen des Nierenparenchyms ist das Sekre-
tionniveau der Nieren erniedrigt und constanter, d. h. die
normaler Weise bestehende Unabhängigkeit zwischen
der Ausscheidung der festen Moleküle und der Wasser-
diurese wird eingeschränkt. Diese abnormen Verhält-
nisse sind als Zeichen der gestörten Funktion anzusehen,
und hauptsächlich gelangen darin die Störungen des
Wasserausscheidungsvermögens zum Ausdruck.
Der Zweck der Untersuchungen der Vff. war, den
Grad der Störung der einzelnen Nieren näher zu bestim-
men, und zwar mit Hülfe der Untersuchung der wasser-
secemirenden Thätigkeit der Nieren bei reichlicher
Flüssigkeitaufnahme, verbunden mit dem Ureteren-
katheterismus. Der Untersuchnngsgang war folgender:
Bei chirurgischen Nierenkrankheiten wurden die Gefrier-
punkterniedrigung und der NaCl-Gehalt des gesondert
gesammelten Harns bestimmt, ausserdem wurde die
rblorhizin probe vorgenommen. Nachher trank der Kr.
1.8 Liter Salvatorwasser im Verlaufe einer kurzen Zeit,
worauf der Harn womöglich in halbstündigen Zwischen-
zeiten gesammelt und auf seine Menge und seinen Gefrier-
punkt untersucht wurde.
Die VfP. kommen zu folgenden Schlusss&tzen :
1) Für die richtige Beurtheilung der Funktion-
ffthigkeit der einzelnen Niere ist das Auffangen
der Nierensekrete durch längeres Liegenlassen des
üreterkatheters erforderlich. 2) Durch die Einfüh-
rung des Verdünnungsversuches erfährt die funk-
tioneUe Nierendiagnostik eine weitere Ergänzung,
die um so berechtigter ist, nachdem bisher keine
eindeutige Methode in Anwendung gebracht wurde.
3) Die Ergebnisse specieU der Verdünnungsunter-
suchungen bei chirurgischen Nierenkrankheiten
lassen sich in Folgendem zusammenfassen : a) die
Verzögerung des Eintrittes der Verdünnung, b) der
Unterschied in der während derselben Zeit secer-
nirten Harnmenge, c) die relative Beständigkeit
der molekularen Conoentration, die sich durch eine
grossere Flüssigkeitaufnahme nicht beeinflussen
lässt, und in einer nur beschränkten Veränderung^
der Werthe der Qefrierpunkterniedrigung sich
kundgiebt, weisen auf eine Funktionverminde-
rung hin.
Ein neues Verfahren für die Praxis : FunkiiO'
neue Nierendiagnostik ohne üreterenktUheier haben
ganz kürzlich Voelcker und Joseph (165) aus
der Heidelberger chirurgischen Klinik mitgetheilt.
Die funktionellen diagnostischen Methoden
leisten nicht einmal in der Theorie alles, was man
von ihnen erwartet, und im praktischen Gebrauche
noch viel weniger, schon deshalb weil sie zu com-
plicirt sind, um Qemeingut aller Derjenigen zu
werden, denen die schliessliche Entscheidung eines
Eingriffes zufällt. Um eine gute Nierendiagnose
zu machen, braucht man neben einer genauen Urin-
untersuchung und einem genauen Palpationbefund
jedenfalls noch die Oystoskopie. Die Vff. sind nun
auf die Idee gekommen, „dem Kürper Farbstoffe
^
160
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenchirurgie.
einzuverleiben und deren Ausscheidung aus dem
Ureterlumen cystoskopisch zu beobachten, also
den Nieren auf hämatogenem Wege gleichsam ein
Probefrfihstück zu geben und durch die Beobach-
tung in der Blase zu erkennen, wie sie sich in die
Erledigung dieser Arbeit theilen." Nach zahl-
reichen Versuchen kamen sie auf das fQr die
Nieren vollkommen ungefährliche /n(%oan?i«n, das
besonders deswegen ein so ausgezeichnetes Mittel
zur Controle der Nierenarbeit ist, weil es fast
allein durch die Nieren ausgeschieden wird. Die
Vff. spritzten von einer frisch bereiteten, keim-
freien 4proc. Lösung 4 com tmnn in die Olutaeal-
muskulatur. Der Schmerz ist kaum nennens-
werth, wenn man langsam injicirt. Führt man
bei einem Menschen mit gesunden Nieren 20 Min.
nach der Injektion das Cystoskop ein, so kann
man bereits eine schön sichtbare Sekretion des
Indigcarmins beobachten; meist trifft man um
diese Zeit den Höhepunkt der Farbenintensität
Bei diesem Verfahren kann man ohne Weiteres
das Zeitintervall zwischen den einzelnen Ureteren-
contraktionen, die Stärke des ausgestossenen Strah-
les und seine hellere oder tiefere Tinktion be-
stimmen.
Die Vff. fahren eine Reihe von Beispielen an
über den Nutzen ihrer Methode bei verschieden-
artigen Nierenerkrankungen. Alles, was die Vff.
von der Indigcarmin-Methode erhofft hatten, hielt
sie nicht ; aber sie leistet jetzt schon so viel, dass
sie ihre HQlfe nicht gern missen möchten. „Durch
die sicher zu erreichende Färbung des Urinstrahles
* erleichtert das Indigcarmin ungeübten die Orien-
tirung im Blasenboden, vermittelt bei schwierigen
Verhältnissen (Cystitis, Tumoren) mit Sicherheit
das Auffinden der Ureterenmündungen, verschafft
einen vollständig einwandfreien Aufschluss über
das Vorhandensein oder Fehlen einer funktioniren-
den Niere. Dadurch, dass es den Ausscheidungs-
typus einer Niere dem Beschauer vor Augen führt,
gestattet es diagnostische Schlüsse auf Stauungen
*im Nierenbecken und auf die funktionelle Hyper-
trophie einer Seite und erlaubt bei auffallenden
Differenzen in der Farbintensität zwischen rechts
und links auch ein ungefähres ürtheil, welche
Niere die grössere sekretorische Arbeit für den
Körper leistet"
Eapsammer (116) hat die Voelcker-
Josep hasche Indtgocarminprobe geprüft. Nach
seinen Erfahrungen liegt der Hauptwerth der
Methode in dem Markiren der üretermündungen
durch den blau ausspritzenden Harnstrahl. „Alle
jene, welche noch Schwierigkeiten im Erkennen der
üretermündungen haben, werden den Vorschlag
von Voelcker und Joseph mit Begeisterung
aufnehmen. Für die Schule des üreterenkatheteris-
mus hat die Methode einen grossen Werth." Auch
für ein genaues Studium des Typus der Ureter-
entleerungen ist die Indigocarminmethode unter
gewissen Einschränkungen von hohem Werthe.
Anders steht es aber mit ihrer Verwerthung fQr
die funktionelle Nierendiagnostik. Hier ist die
Indigocarminprobe nur im Vereine mit dem Uie-
terenkatheterismus brauchbar. „Wenn uns cle^
artige exakte und verfeinerte üntersuchungsmetho-
den zur Verfügung stehen, so dürfen sie nicht
ignorirt werden, sondern sie müssen erlernt W6^
den.«
Engelmann (86) hat im Laufe des letzten
Jahres eingehende Untersuchungen über die dA-
irische Leüfähigkeü von Blutserum und Um ^
sunder und kranker Mensehen vorgenommen. Die
LeitfäkigkeU des BhUserum ist ausserordentlicli
constant; sie ändert sich auch bei Niereninsuffi-
cienz so gut wie gar nicht. Dagegen verändern sich
Concentration und Leüßhigkeü der durch denUre-
terenkatheterismus getrennt aufgefangenen ürm
in paralleler Weise. Ist beispielsweise die eine
Niere krank, ab bekommt man entsprechend der
niedrigen Zahl für den Oefrierpunkt auch einen
geringen Werth für die Leitfähigkeit
Bazy (164) giebt einige Fingerzeige fürFiUle,
in denen die Diagnose «umsehen einer Blasen- oder
einer NierenaffeMion schwankt In manchen Fällen
entsteht bei bimanueller Palpation der Niere oder
bei Druck auf die vordere Bauch wand, 2— 3 cm
neben der Linea alba, ein typischer Schmerz, ver-
bunden mit schmerzhaftem Urindrang: pyeknt^r
kdkr Beflex. Drückt man nach entleerter Blase
von der Vagina aus, bei Männern vom Mastdärme
aus, gegen die untere Blasenwand, so trifft man
einen charakteristischen schmerzhaften Punkt, der
auch plötzlichen Urindrang auslöst. Er ist bei ein-
seitiger Pyelitis einseitig, bei doppelseitiger doppelt
und entspricht dem Orificium uretericum ; ureienh
vesikcder Beflex, Bei einer Cystitis ist nur das
Collum vesicae druckempfindlich. Setzt man eiter-
haltigem Urin tropfenweise Fehl! n-g 'sehe Lösnng
zu, bis der Urin blassblau oder blassgrün ge&rbt
ist, so bilden sich bei renalem Eiter durch Schütteln
kleine Oasblasen. Bei cystitischem Eiter ent-
wickeln sich diese Oasblasen nicht Erwärmt man,
so steigt bei renalem Eiter in Folge der Qia-
entwickelung ein Coagulum in die Höhe; bei
cystitischem Eiter fällt das Coagulum zu Boden.
P 0 u s s 0 n macht auf diejenigen Störungen auf-
merksam, die von der einen, erkrankten Niere auf
die andere, gesunde zunächst in funktioneller, dann
auch in pathologisch-anatomischer Beziehung über-
tragen werden können.
1) Fk^nktionelle Störungen von Seiten der ge-
sunden Niere bedingt durch die erkrankte andere
Niere, In typischer Form tritt dieser renorenak
Beflex bei calculöser Anurie auf, bei der man eän%
vollständige Sistirung der Hamsekretion beobaoht»
kann, auch wenn nur einer der beiden UretoreA
durch einen Stein verstopft ist und die andere
Niere gesund ist Die Oligurie, die so häufig aia
Begleiterscheinung der Ni^enkolik auftritt, auch
wenn keiner der Ureteren verstopft und der Seimen
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenchirurgie.
161
einfach durch den Durchgang eines mit Harngries
überladeDen , bez. hyperaciden Harns verursacht
ist, stellt die Folge der inhibitorisohen Wirkung
dar, die von dem betreffenden Ureter ausgeht und
nicht nur die Niere der correspondirendcD, sondern
auch die der entgegengesetzten Seite trifft Weiter-
hin gehören hierher die Oligurie, eventuell sogar
Annrie, die bei einseitiger Nierenoperation durch
Bei2UDg des Plexus splancbnicus hervorgerufen
▼erden kann. Die Schmerzkrisen, die bei mit
Wandemiere behafteten Individuen so hftufig auf-
treten, können, wenn auch nur in Ausnahmefällen,
von reflektorischer Suspension der Harnausschei-
dung der anderen, nicht verlagerten Niere be-
gleitet werden. Das Vorkommen eines reno-
renalen Reflexes bei nicht chirurgiseken NephrUiden
ist äusserst selten, aber über allem Zweifel er-
haben.
2) Anatomische Veränderungen der einen, ge-
mnden, Niere in Folge des Erkranktseins der an-
deren Niere, Experimentelle Thatsachen sowohl
wie klinische Beobachtungen bestätigen nach P.'s
Meinung die Hypothese, dass es eine sympaihische,
Nephritis giebt.
Nach den Untersuchungen von Sternberg
gehören zu den regelmässigen Erscheinungen der
gewohnliehen Nierenkolik Magen- und Darmstörun-
gen; letztere bestehen meist in schmerzhafter
Verhaltung von Stuhl und Winden. Die Darm-
störung schwindet mit dem Nachlassen des Schmerz-
anfalles. Während des Anfalles wird sie am besten
durch Opium bekämpft. Mit ausgeprägten Darm-
erscheinungen iat ein erhöhter Druck im arteriellen
System verbunden. Es giebt Fälle von Nierenkolik,
in denen die gastro-intestinalen Erscheinungen so
sehr in den Vordergrund treten, dass das Erank-
heitbild wesentlich verändert wird und eine „gastro-
intestinale Form der Nierenkolikf' entsteht. Bei der
diagnostischen Erwägung solcher atypischen Fälle
hat man zu beachten, dass bei der Nierenkolik eine
Druckempfindlichkeit des Ureters amMacBur-
ney 'sehen Appendixpunkte auftreten kann, sowie
dass in manchen Fällen des Leidens Veränderungen
des Harns sehr lange vollständig fehlen können.
Ein wesentliches diagnostisches Hfilfsmittel kann
die Besänftigung des Schmerzes durch steiles Er-
heben des unteren Rumpfendes abgeben.
Als neues diagnostisches Verfahren zur Erken-
nung von Nierenkrankheiten, bez. zur Bestimmung
der erkrankten Seite empfiehlt endlich Gold-
flam (02) die Erschütterung oder Succussion der
Nieren, Das Verfahren besteht in Folgendem.
Der Er., dessen Oberkörper entblösst ist, sitzt oder
steht mit nach vom geneigtem Rumpfe, den Rücken dem
CnterBachenden zugewendet. Führt man mit der Ulnar-
seite der geballten Faust gegen die Lumbalgegend kurze,
leichte Stösse, sei es senkrecht zur Masse der Sacro-
lumbalmuskeln oder etwas seitwärts von diesen, so ent-
steht eine Erschütterung dieser Region, die bei Gesunden
vollkommen schmerzlos ist, bei manchen Nierenleiden
jedoch einen Schmerz erzeugt, der dem durch bimanuelle
Palpation und Ballotement hervorgerufenen ähnelt, ihn
manchmal an Lebhaftigkeit übertrifft und sich zuweilen
selbst dann constatiren lässt, wenn die letztgenannten
Methoden ihn nicht nachweisen konnten. Sehr deutlich
tritt der unterschied zu Tage beim Beklopfen beider
Lendengegenden in den chirurgisch anzugreifenden lullen,
wo die Nierenaffektion gewöhnlich einseitig ist Hier löst
nur die Erschütterung der attaquirten Seite einen Schmerz
aus, während die gesunde Niere durch diese Manipulation
nicht alterirt wird.
G. hat diese Erschütterungs-SchmerxhaftigkeU
der Nieren namentlich bei Nephrolithiasis, Harn-
gries, Pyelitis, Tuberkulose, Abscess, Tumoren der
Niere gefunden. (Fortsetzung folgt.)
Med. Jahrbb. Bd. 282. Hft 2.
21
163
L Anatomie und Physiologie.
B. Auszüge.
I. Anatomie und Physiologie.
164. Das Leben vor der Qeburt; von P.
StrasBmann in Berlin, (v. Yolkmann's Samml.
kÜD. Vortr. N. F. Nr. 353. Mai 1903.)
Nach Str. beginnt das Leben eines neuen wer-
denden Individuum, oder das Leben vor der Geburt,
„dort, wo eine aus der Befruchtung, d. h. aus der
Vereinigung einer männlichen mit einer weiblichen
Geschlechtzelle hervorgegangene Stammzelle ge-
bildet wurde, die selbst und in ihren zelligen Ab-
kömmlingen einen Stoffwechsel aufweist, aus Nähr-
stoffen den Aufbau desEOrpers bewirkt (assimilirt)
und nach gewissen Umsetzungen auch Ausschei-
dungen vollzieht (dissimilirt).^'
Str. schildert nun im Einzelnen die verschie-
denen Lebensäusserungen des werdenden Indivi-
duum in dessen verschiedenen Entwickelungstadien.
Der Tag an dem das Leben vor der Geburt endet,
der Geburttag, bringt wie kein anderer Gefahren ;
3^/0 der Menschenleben sinken an diesem Tage
dahin. Die Lebenden treten in den zweiten Ab-
schnitt ihres Daseins ein.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
1 55. Beoherohes ezperlmentales aar IHiere-
dite morbide; par Gabriel Delamare. (Journ.
de TAnat et Physiol. XXXIX. 6. p. 537. 1903.)
Wenn man auch mit Weismann annimmt,
dass eine üebertragung erworbener Eigenschaften
auf dem Wege der Keimzellen nicht stattfindet, so
wäre es nach D. doch immerhin möglich, dass
erworbene Eigenschaften der Mutter während der
Schwangerschaft übertragen würden, sei es in
Folge nervOser Einflüsse, sei es — und dieser An-
sicht scheint D. mehr zuzuneigen — in Folge des
üeberganges gewisser löslicher Zellenprodukte von
der Mutter zum Kinde. In derThat gelang es ihm
einige Male zu zeigen, dass, wenn bei trächtigen
Thieren auf operativem Wege Verletzungen der
Leber oder der Nieren hervorgerufen werden, sich
diese auf die Nachkommenschaft vererben.
G.F.Nicolai (Berlin).
156. Zur Frage von den geaohleohtsbilden-
den Ursachen; von Oskar Schnitze. (Arch.
f. mikroskop. Anat. LXIII. 1. p. 197. 1903.)
Seh. giebt ein ziemlich ausführliches und er-
schöpfendes Referat über die gesammte Frage. In
kritischer Würdigung des vorhandenen Materials
kommt er zu dem Schlüsse, dass die Geschlechts-
anlage schon bei der Anlage des Eies bestimmt sei,
und dass demnach eine Bedeutung der Befruch-
tung für die Geschlechtsbildung nicht ezistire.
Wenn er nun auch weiter glaubt, aus den Ver-
suchen an Pflanzen und Thieren könne mitSidier-
heit geschlossen werden, dass die Erzengnng des
männlichen Geschlechtes eine geringere Leistung
des weiblichen Erzeugers repräsentire, so ist dies
für die höheren Thiere nicht so leicht nachzuweisen.
Auch seine eigenen zahlreichen und vielseitigen
Versuche, die er Jahre lang an Mäusen angestellt hat
und die sich zum Theil über viele Generationen
erstrecken, haben nur zu negativen Resultaten
geführt Weder das Alter der Zeugenden, noch
das der betr. Geschlechtsprodukte, weder starke
geschlechtliche Inanspruchnahme von Vater oder
Mutter, weder Hunger, noch sonstige Nahrungs-
änderungen hatten einen irgendwie erkennbaren
Einfluss auf das Geschlecht der Nachkommenschaft
Es scheint also, als wären bei höheren Thieren die
Verhältnisse für eine experimentelle Untersuchung
noch zu complicirt und müssten wir uns vorläufig
begnügen, die orientirenden Untersuchungen an
Wirbellosen vorzunehmen.
G. F. Nicolai (Berlin).
157. Die Bntstehang der Gtosohleohts-
oharaktere; von Dr. Josef Halban in Wien.
(Wien. klin. Wchnschr. XVL 28. 1003.)
H. führt unter Hinweis auf gewisse Missbil-
dungen, so auf die angeborene beiderseitige Anor-
chie, aus, dass weder für die Entstehung der männ-
lichen Genitalorgane der Hode, noch für die Ent-
stehung der weiblichen das Ovarium nothweodig
sei. Daas beim befruchteten Ei schon in den aller-
ersten Stadien seiner Entwickelung das Geschlecht
bestimmt ist, schliesst H. aus der Thatsache, dass
eineiige Zwillinge stets dasselbe Geschlecht haben.
Wenn den Keimdrüsen auch kein Einfluss auf die
Entstehung der Geschlechtsorgane zukommt, so
betont H., dass die Keimdrüsen jedenfalls einen
bedeutenden Einfluss auf die volle Entwickelung
und volle Ausbildung der übrigen Geschlechts-
organe besitzen. Als beweisendes Beispiel hierfQr
nennt H. die männlichen, in der Jugend Castrirten.
Diesen entwickelungfördernden Einfluss bezeich-
net H. als „protektiven^*, im Gegensatze zu dem
„formativen" Einfluss. H. führt nun eine Reihe
von Beispielen dafür auf, dass sich die aeknndärea
Geschlechtsoharaktere auch entwickeln können,
wenn die homologe Keimdrüse nicht vorhanden
ist Auch die sekundären Gesohleohtacharaktere
müssen freilich a priori in einem bestimmten Ge-
schlecht angelegt sein, ihre volle Entwickelang ist
aber in der Regel von der Keimdrüse abhängig*
Für die protektive Wirkung hält es H. für gana
gleichgültig, ob die Keimdrüse des Menschen'
L Anatomie und Physiologie.
163
männlich oder weiblich ist; es scheint nach ihm
überhaapt nur darauf anzukommen ^ dass eine
fanktionireode Keimdrflse, gleichgültig welchen
Seschlechts, im Körper vorhanden ist
In der Regel, d. h. beim normalen Menschen,
sind die Anlagen für die Genitalien und die sekun-
dären Oeachlechtscharaktere bei einem Individuum
in tmm Geschlecht gebildet Doch giebt es auch
Ausnahmen von dieser Regel. Besteht ein ge-
schlechtlicher Oegensatz in der Anlage der Genital-
organe einerseits und der Anlage der sekundären
Geschlechtscharaktere andererseits, so handelt es
sich nach H. um eine bestimmte Form des Herma-
phroditismus. H. rechnet demnach auch jene In-
diriduen zu den Hermaphroditen, die z. B. ein nor-
males mftnnliches inneres und äusseres Genitale,
aber eine Mamma besitzen. H. fasst weiterhin
auch gewisse psychische Eigenschaften als sekun-
däre Geschlechtscharaktere auf und sucht auf
diesem Wege die contrftre Sexualempfindung zu
erklären. Art h. Hoffmann (Darmstadt).
158. Studien über die Entwiokelang der
Lymphdrüsen beim Hensohen; von Karl A.
Kliny. (Arch. f. mikroskop. Anat LXIIL 3. p. 606.
1904.)
Der Anlage von DrQsen geht eine Plexusbildung
derLjmpbgefässe vorauf. Innerhalb dieses Plexus
bilden sich zellen- und blutgefässreiche Partien,
die sich zu Nestern — den Drfisenanlagen — son>
dem. Die umspinnenden Lymphgefässe — der
Marginalplexus — verschmelzen und bilden den
Marginalsinus, der eine Stelle, den Hilus freilässt.
Vom Hilus aus wachsen dann sowohl die Blut-
ge/Ssse, als auch die Lymphgefässe, die aus dem
den Hilus umgebenden Theil des Marginalsinus
stammen, in die Drfise ein. Die Lymphgefässe
bilden nahe dem Hilus den Terminalsinus, dann in
reicher Verzweigung das Mark, während sie in die
Peripherie, wo sie sich zum Theil wieder mit dem
Maiginalsinus vereinigen, nur spärlich einwachsen;
in Folge dessen bleibt die Rindenzone parenchym-
reich. Die Reticulumzellen treten erst sekundär
tnf und stammen vom Lymphgefässendothel, wäh-
rend die Trabekel Bindegewebereste sind. Die
Drüsen bleiben oft rudimentär und mikroskopisch
ilein, oft aber verwachsen auch mehrere getrennte
Anlagen und geben Anlass zu ZwillingsdrQsen
oder anderen Missb^dnngsformen.
G. F. Nicolai (Berlin).
159. Ueber die Brustdrüsen mensohlicher
Veogeborener; vonCand. med. H. Raubitschek
m Wien. (Ztschr. f. Heilkde. XXV. 1. p. 16. 1904.)
Auf Grund der Untersuchung einer grossen
Anzahl von Brustdrüsen menschlicher Früchte
beiderlei Geschlechts vom 8. Lunarmonat bis etwa
snm S.Lebensmonat kommt R. zu dem Ergebnisse,
dass die von der Brustdrüse vieler menschlicher
Nengeborener seoemirte dicke, rahmartige, gelb-
liche Flüssigkeit (sogen. Hexenmilch) nichts mit
wahrer Laktation zu thun hat, sondern im Wesent-
lichen aus abgestossenen nekrotischen Drüsen-
zellen besteht, die aus den stark erweiterten Drfisen-
gängen herrQhren. Die mächtige Dilatation der
Drüsengänge und die damit verbundene Sekretion
der Drüse bei Neugeborenen kommt so häufig vor,
dass man sie als ein physiologisches Stadium auf-
fassen muss. N 0 e s s k e (Kiel).
160. Beoherohes ezperimentales sur la
transplantation de la glande salivaire soas*
mazillaire; par Ottolenghi. (Arch. ital. de
Biol. XXXIX. 1. p. 18. 1903.)
Kleine Stücke der Glandula submaxillaris des
Kaninchens, die in Niere oder Milz eines Thieres
derselben Gattung eingepflanzt werden, zeigen nur
in ihrem Randtheil ein anfangs starkes Wachsthum,
das, wie namentlich die Beobachtung in den ersten
Tagen ergab, auf eine Vermehrung der Korbzellen
zu beziehen ist. Im Inneren der Stücke gehen alle
Zellen bald zu Grunde. Eine Bildung von wirk-
lich soliden Epithelknospen, wie sie Lubarsch
beschrieben hat, konnte, wie 0. hervorhebt, nicht
beobachtet werden. Garten (Leipzig).
161. Disoassion of some points in oon-
neotion with the saprarenal glands — cortioal
and meduUary ; by SwaleVincent (Journ.
of Anat and Physiol. XXXVIIL 1. p. 34. Oct. 1903.)
In einer literarisch kritischen Auseinander-
setzung kommt Vf. zu Resultaten, die sachlich
etwa mit denen übereinstimmen, wie sie Kohn in
seinen „Paraganglien^* niedergelegt hat Haupt-
sächlich in der Nomenclatur möchte er abweichen
und die alten Namen „Mark** und „Rinde" bei-
behalten, weil sie nun einmal eingebürgert seien.
Er selbst aber zeigt gerade in einer übersichtlich
zusammengestellten Tabelle, dass das, was wir bei
den Säugern Mark und Rinde nennen, in den
anderen Thiergruppen durch die verschiedenartig-
sten und zum Theil selbständigen Organe vertreten
wird, so dass hier also die der menschlichen Ana-
tomie entlehnte Nomenclatur zweifellos wenig
glücklich erscheint G. F. N i c o 1 a i (Berlin).
162. Die Anlage der Zwisohenniere bei
den Haiflsohen ; von Heinrich Poll. (Arch.
f. mikroskop. Anat LXIL 1. p. 138. 1903.)
Gestützt auf das Studium der Organogenese
der Zwischenniere von Scyllium stellare und Spi-
nax niger kommt P. zu dem Resultate, dass die
Zwischenniere nicht von derUrniere abzuleiten sei,
sondern aus selbständigen Zellenwucherungen des
Coelomepithels an der GekrOswurzel hervorgehe.
Die Spuren der Continuität zwischen Gekröswurzel
und Zwischenniere bleiben besonders bei Spinax
verhältnissmässig sehr lange erhalten.
G.F.Nicolai (Berlin).
163. Ueber Bntwiokelangsstörangen der
Niere; von Dr. K Meyer in Basel. (Virchow's
Arch. CLXXIIL 2. p. 209. 1903.)
164
I. Anatomie und Physiologie.
M. berichtet zunächst Ober eine bisher noch
nicht beobachtete Störung im Aufbau der Niere,
die mit anderen EntwickelungstOrungen verbun-
den war.
Es handelte sich um ein wegen Atresia ani congenita
operirtes Owöchiges Mädchen, das neben mehrfachen
Missbildungen (Gaumenspalte, Uterus bicornis, abnormer
Peritonäalfaltung, Atresia ani) ein eigenartiges Verhalten
der Nieren darbot. Sie zeigten eine fleckige Oberfläche
mit einzelnen, leicht prominenten, helleren, sich scharf
gegen die anderen Theile der Oberfläche absetzenden Par-
tien, theil weise von dreieckiger Gestalt, Infarktherden
ähnelnd. Diese sehr dicht stehenden Herde nahmen fast
die Hälfte der Gesammtoberfläche der Niere ein.
Mikroskopisch fand sich streckenweise völlig nor-
males Gewebe, daneben eingestreut ein Gewebe, das mit
der normalen Niere gut entwickelte Malpigbi*sche Kör-
perchen und Tubuli recti gemeinsam hatte, dem aber die
das normale Bindeglied zwischen letzteren beiden Ele-
menten bildenden Tubuli contorti fehlten. An Stelle von
diesen fand sich ein zellenreicbes Gewebe, dessen Zellen
nach Grösse, Form und Anordnung dem Epithel der ge-
wundenen Eanälchen glichen. Vielfach Hess sich eine
blinde Endigung der geraden Kanälchen im Zwischen-
fewebe beobachten. Entzündliche oder neoplastische
'rocesse waren nicht nachweisbar.
M. betrachtet diese Nierenanomalie als eine
Entwickelungshemmung, die einerseits eine Stütze
für die Anschauung bildet, dass sich das Kanal-
system der Niere aus zwei getrennten Anlagen
entwickelt, und andererseits Beziehungen zu den
von dem Nierenparenchym selbst ausgehenden
Tumoren in sich trägt. Auch für die Genese der
Cystenniere, von welch' letzterer er mehrere Fälle
ausführlich beschreibt, nimmt M. eine Entwicke-
luDgstürung in dem erwähnten Sinne an, des-
gleichen für die im frühen Eindesalter auftreten-
den Tumoren. N o e s s k e (Kiel).
164. Die fötale Bieaenniere und ihre Be-
Biehangen sur Bntwiokelangageaohiohte der
Niere; von Dr. med. vet. 0. Schenkel. (Vir-
chow's Aroh. CLXXIH. 2. p. 247. 1903.)
Seh. beschreibt die Nieren eines Kalbes, die ihrer
Grösse halber ein Geburthindemiss gebildet hatten. Ihr
Gewicht betrag 3000 g, bei einem L^gsdarchmesser von
21 cm, einer Breite von 16 cm and einer Dicke von 5 cm.
Sie bestanden ausschliesslich aus Rindensubstanz , der
Gefftssapparat war stark verkümmert gegenüber dem
Drüsenabschnitt.
Seh. betrachtet diese Anomalie als eine Hemmangs-
bildung und giebt einen üeberbhck über die Gasaistik
dieses Gebietes. N o e s s k e (Kiel).
165. Ueber Befunde an Nieren mit ge-
hemmter Entwiokelung ; von Dr. med. vet. G.
Beck. (Virchow's Aroh. CLXXIII. 2. p. 267. 1903.)
B. beschreibt 7 Fälle von verkümmerten Nieren bei
Hunden, Katzen, Schweinen und Kälbern. Er kommt za
dem Ergebnisse, dass bei der Zwerghaftigkeit der Niere
stets ein Missverhältniss in der Menge der drüsigen,
arteriellen und bindegewebigen Bestandtheile vorhanden
ist in der Weise, dass einer überwiegt die zwei anderen
ungebührlich zurückgedrängt sind. N o e s s k e (Kiel).
166. The „uDsymmetrioal^ kidney — Its
oompenaatory enlargement; by Frederick
Craven Moore. (Journ. of Anat. a. PhysioL
XXXVIIL 1. p. 71. 1903.)
M. hat 2 Fälle von totaler Aplasie ^er Niere
beobachtet, die andere Niere war beide Male im
Ganzen doppelt so gross wie normaler Weise, und
zwar war hierbei haupteOchlich die Rindeaportion
mit den Bertini'schen Säulen betheiligt Da die
mikroskopischen Dimensionen sich nicht verändert
zeigten, führt M. die compensatorische YefgrOsae-
rung auf eine Verdoppelung der 8eoeniirende&
Tubuli zurück, während eine gleichzeitige Ver-
doppelung der SammelrOhren nicht stattfinden aolL
Da die hier geschilderten Aplasien offenbar an-
geboren sind , stimmen diese Angaben mit den
experimentell erzeugten Befunden von Galeotti
und Villa Santa fiberein, die zeigten, dass auf
die Exstirpation einer Niere bei sich entwickelnden
Thieren eine Vermehrung, bei ausgewachsenen Thie-
ren eine VergrGsserung der Olomeruli folgt Ein-
mal fehlten nur die Niere und der Ureter, das andere
Mal der gesammte Urogenitaltraotua. Letitecer
Fall ist auch interessant in Bezug auf die strittigen
Beziehungen zwischen Mesonephros und Meta-
nephros. G. F. Nicolai (Berlin).
167. Weitere Beiträge aar NierenfanktiOB
ondWirkangsweise der Diaretioa. Ueber die
Veränderung der Nierenepithelien anter dem
Binfluaa veraohiedener Diaretioa ; von W. v. S o -
bieranski. (Arch. f. d. ges. Physiol. XCVHI.
3 u. 4. p. 135. 1903.)
Die Epithelien der Tubuli contorti zeigen bei
genau der gleichen Fixirung je nach der Art der
Diurese verschiedene morphologische Verftndemn-
gen. Wird bei einem Kaninchen die Diureee darch
intravenöse Injektion einer stärkeren SalzlOaung
(5proc. NaCl-Lösung) angeregt, so sind die Lomina
der Tubuli contorti weit und die Epithelzellen mit
einem hohen Bfirstenbesatz versehen. Nach Coffein-
injektion zeigen die Epithelzellen der gewundenen
Harnkanälchen öfters ein unregelmässiges AasBehen
und nur selten findet man einen und dann weniger
vollkommen entwickelten Bfirstenbesatz. Die Bil-
der, die man bei Harnstoffdiureee erhält, stehen
zwischen den beiden beschriebenen. Wird die
Diurese durch „physiologische*' Eoohsalzlöaong ker-
beigeffihrt (S. verwendete eine 0.6-, bez. 0.65proa,
also eine ffir das Kaninchen stark hypotoniac^e
LOsung), so zeigen die Bpitheüen der gewundenen
Harnkanälchen eine starke Quellung, so dass das
Lumen der Kanälchen oft nur als ein unregel-
mässiger Strich andeutungsweise sichtbar ist.
unterhalb der Zone des BürstenbeeatxeB fuA
S. bei der Coffein- und der Harnstoffdiureee nach
AI tm an n 'scher Fixirung Vacuolen, denen er
aber im Gegensatz zu Our witsch u. A. keine
Bedeutung für den Sekretionvorgang sueohieilit
Zum Schluss begründet er, dasa duroh seine
Beobachtungen die Bowman-Heidenhain*-
sehe Theorie nicht gestützt wird.
Garten
I. Anatomie und Physiologie.
165
168. Kryoskopie thierisoher Organe, unter
besonderer Berüoksiohtignng der Qefrier-
ponkUbeatimmung der Nieren; von Dr. Blanck
in Potadam. (Virohow's Arch. CLXXI V. 2. p. 366.
1903.)
B. kommt zu folgenden Resultaten: Der Ge-
frierpunkt des Nierengewebes ist bei dem gleichen
(gesunden) Thiere beiderseits annähernd gleich.
Er schwankt bei dem gleichen Thiere um 0.05<^ C.
nach oben oJer unten und liegt bei verschiedenen
Thieren zwischen —0.86* und — 1.35« C. (im
Mittel gleich — 1.03* C). Reichliche Durchspü-
Ittng der Niere mit Wasser verändert den Gefrier-
punkt minimal, die mit alkalischen Wässern stärker.
Erheblich wirkt die Anregung der sekretorischen
Thätigkeit durch Diuretin oder Agurin. Diese
Mittel wirken im Sinne einer Verminderung der
osmotischen Spannung der Niere. Dagegen ist
Phlorhizin wirkungslos, ebenso die Veränderung
der Nierensubstanz durch Kai. Chromat und Harn-
staoang. N o e s s k e (Kiel).
169. Contribution a l'etnde des reflezes
spinaux; par G. F a n o. (Arch. ital. de Biol. XXXIX.
l.p. 85. 1903.)
F. geht von der Voraussetzung aus, dass im
Centralnervensystem in Folge der Stoffwechsel-
vorgänge Perioden gesteigerter und herabgesetzter
Erregbarkeit mit einander wechseln. Wäre dieses
der FaU, so müsste bei immer der gleichen starken
sensiblen Reizung die ihr entsprechende Reflex-
bewegung je nach dem wechselnden Erregbarkeit-
znstande des Gentralnervensystems verschieden
gross ausfallen und ausserdem mtlsste man er-
warten, dase bei gesteigerter Erregbarkeit die Zeit
roffl Reizmoment bis zum Beginn der Reflex-
bewegung verkürzt wäre. In äusserst zahlreichen
Versuchen, die namentlich an Gliedern und Kopf
der 8ohildkr(}te (Emys Europaea) vorgenommen
vnrden, fand er, dass thatsächlich periodische
Schwankungen in der H5he der Contraktion und
Latenzzeit auftreten. Sie sind, wie besondere
Contraktionyereuche ergaben, zum grössten Theile
▼enigstene, durch Zustandänderungen des Central-
nerrensystems bedingt Auf Grund von Durch-
sehneidungsversuchen , Abtrennung der einzelnen
Himtheile (32000 Bestimmungen der Reflexzeit,
einige Tausend Bestimmungen der ContraktionhOhe
der Reflexe) kommt F. zu dem Schluss, dass diese
periodischen Schwankungen der Erregbarkeit durch
Vorgänge in der bei der Schildkröte so besonders
reich entwickelten Hedulla oblongata bedingt sind.
Garten (Leipzig).
170. Ueber die Beiirang des Biechorgans
duroh direkte Binwirknng riechender Flüssig-
keiten; von Dr. Ehm4r Veress. (Arch. f.Phy-
«iol. XCV. 7 u. 8. p. 368. 1903.)
y. prflfte eingehend die Versuche Aron-
Bohn'e nach, der den Satz E. H. Weber's be-
stritt, „dass eine Geruchsem pflndung nur dann ent-
steht, wenn das Riechbare mittels eines Luft-
stromes dem Geruchsorgan zugeführt wird, dass
also riechende Flüssigkeiten, als solche in die Nase
gebracht, direkt nicht riechbar sind^S Eine ein-
gehende anatomische Untersuchung der Nasenhöhle
ergab, dass bei einer bestimmten Neigung des
Kopfes sich alle Luftbläschen aus der Regio olfac-
toria entfernen lassen. Wird unter diesen Be-
dingungen am Lebenden nach Füllung der Nasen-
höhle mit einer indifferenten Salzlösung die den
Riechstoff enthaltende Flüssigkeit durch die Nasen-
höhle geleitet, so fehlt die charakteristische Ge-
ruchsempfindung. Es werden zwar auch dann
Empfindungen durch dieRiechstoff haltende Flüssig-
keit hervorgerufen, die durch Reizung der Nerven-
endigungen des Trigeminus und des Olfactorius be-
dingt sind, doch „kommen weder Intensität, noch
Charakter des durch die Flüssigkeit hervorgerufenen
Reizzustandes der Intensität und dem Charakter
jener Empfindung nahe, welche beim Beriechen
derselben Flüssigkeit an der Luft ausgelöst wird^^
Garten (Leipzig).
171. Beagiren die Viaohe auf Töne? von
J. Z e n n e k. (Arch. f. d. ges. Physiol. XCV. 7 u. 8.
p. 346. 1903.)
Mit Hülfe einer elektromagnetisch angeschla-
genen Glocke, die bis zum Rande im Wasser des
Flusses versenkt war, wurde beobachtet, dass
Fische bis zu 8 m Entfernung auf das Anschlagen
der Glocke reagirten, und zwar entfernten sie sich
rasch von dem schallgebenden Körper. Mecha-
nische Schwingungen des Apparates und „Stoss-
schwingungen^S wie sie beim Anschlagen der Glocke
auftreten, können auf Grund besonderer Control-
versuche, wie Z. meint, nicht als Ursache der
Reaktion der Fische angesehen werden.
Garten (Leipzig).
172. Unteranohnngen über das Abklingen
der Erregung im Sehorgan nach knndaaernder
BeiauDg ; von Prof. Hess. (Arch. f. d. ges. Phy-
siol. XCV. 1 u. 2. p. 1. 1903.)
H. giebt ein leicht verständliches Verfahren an,
mit dem seine Beobachtungen nachgeprüft werden
können. Nach kurzdauernder Reizung des Seh-
organs sind 6 Phasen des Abklingens der Erregung
unterscheidbar, von denen abwechselnd 3 heller
und 3 dunkler sind als der Hintergrund, auf dem
sie gesehen werden. Von besonderem Interesse
sind die Erscheinungen im Bezirke der Fovea. Die
Erregungen klingen in der nur Zapfen tragenden
Zone ebenso ab, wie in den Stäbchen haltenden
Theilen. Phase 3 tritt jedoch etwas später auf
und verschwindet früher. Dieses kommt darin
zum Ausdruck, dass das helle streifige Nachbild
etwas nach rückwärts ausgebogen und schm&ler
ist als extrafoveal. Mit dem Hessischen Ver-
fahren lassen sich ebenso die Nachbilder von farb-
losen, wie von farbigen Prüfungsgegenständen
166
n. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
untersuchen. Besonders beaohtenswerth ist die
Feststellung, dass eine total Farbenblinde die
foveale Ausbuchtung in Phase 3 in der gleichen
Weise wahrnahm wie der Farbentüchtige.
Bergemann (Husum).
173. HelligkeitsbestimmiiDgen farbiger
Papiere; von A. Brückner. (Arch. f. d. ges.
Physiol. XCVIII. 1 u. 2. p. 90. 1903.)
Für die Vergleichung der HeUigkeü eines far-
bigen Papieres mit der Helligkeit eines farblosen
sind, wie Br. näher ausführt, zahlreiche Methoden
angegeben worden : Direkter Vergleich , Methode
des eben merklichen Unterschiedes, Flimmerphoto-
metrie, Pupiliophotometrie und Nachbildmethode,
ein Beweis dafür, wie schwierig ein solcher Ver-
gleich ist. Die von B r. benutzte Methode gründet
sich darauf, „ein dem farbigen Papier gleich helles
Grau an die Stelle eines kleinen Bezirkes des zu
untersuchenden Papieres zu bringen. Thut man das
auf einer Scheibe, welche dann mittels des Farben-
kreisels in Rotation versetzt wird, so entsteht ein
weniger gesättigter Ring, welcher dunkler, heller
oder ebenso hell wie die übrige Scheibe erscheinen
kann. Durch Aenderung der Helligkeit des sub-
stituirten grauen Papieres kann die Helligkeit des
ungesättigten Ringes beliebig variirt werden". Anf
diesem Wege wird also der sehr schwierige Hellig-
keitvergleich zwischen farbigem und farblosem
Papier auf die viel leichtere Vergleichung der
Helligkeit zweier aneinander stossender Flachen
zurückgeführt, die die gleiche Farbe besitzen, die
nur auf der einen Seite etwas weniger gesättigt ist,
wie auf der anderen.
Nach Bestimmung der Helligkeit verschiedener
farbiger Papiere wurden mit den auf ihre Hellig-
keit bestimmten Papieren auf dem Kreisel Mischun-
gen vorgenommen, z. B. von Otelb und Blau, und
es ergab sich, dass die Helligkeit der Mischong
immer in gleichem Sinne und so bedeutend Ton
der berechneten Helligkeit der Gomponenten ab-
wich, dass der unterschied nicht durch Beobich-
tungsfehler bedingt sein konnte.
Garten (Leipzig).
11. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
174. Anaerobies et Symbiose; parBien-
stock. (Ann. de Tlnst. Pasteur XVII. 12. p. 850.
1903.)
Es ist durch die Untersuchungen Pasteur's
U.A. seit Langem bekannt, dass obligate Ana^roben
in flüssigen Medien aerob, selbst unter Sauerstoff-
durchleitung, gezüchtet werden können, wenn sie
symbiotisch mit irgend einem lebenden Aeroben
gezüchtet werden. B. konnte jedoch eine Aus-
nahme feststellen, die die Pasteur'scbe Hypo-
these, wonach die Aeroben hierbei den feindlichen
Sauerstoff absorbiren, etwas umändert. Der Bac.
pyocyaneus liefert bei Einwirkung auf Fibrin einen
noch unbekannten Stoff, der die aerobe Züchtung
ohne Symbiose möglich macht ; dieses gilt wenig-
stens für die B. putrificiens, cadaveris |sporogenes
Klein, des malignen Oedems, Rauschbrandes u. A.,
die z. B. leicht in Ascitesflüssigkeit, in der B. pyo-
cyaneus einige Wochen gewachsen war, nach Steri-
lisation a&rob sich züchten Hessen, während dieses
bei Tetanusbacillen und anderen, nicht putrificiren-
den, nicht gelang. Bekanntlich löst die Pyo-
cyanase Emmerich 's und Low 's Fibrin auf
und ist hitzebeetändig. B. sah die erwähnte Wir-
kung erst auftreten, wenn das Fibrin anfing, sich
zu lösen, und die Wirkung bestand auch nach mehr-
stündiger Sterilisation durch Hitze.
Walz (Stuttgart).
175. Beoherohes aar les poiacna mioro-
biena; par J. Auclair. (Arch. de M6d. exp^rim.
1. S. XV. 6. p. 725. Nov. 1903.)
Die pathogenen Mikroben üben nach Ansicht
A.'s ihre Wirkung vermittelst zweier Hauptarten
von Oiften aus: die einen sind löslich im Cultur-
medium, verbreiten sich im Körper auf dem Blni-
oder Lymphwege oder entlang den Nerven und
erzeugen Allgemeinwirkungen; die anderen sind
unlöslich, haften an den Bacillenleibem, diffundiren
nur langsam und wirken nur lokal. Die meistea
Infektionkrankheiten entstehen durch die Wirkung
dieser beiden Qiftarten, bei den einen überwiegt
die Allgemein Wirkung: Diphtherie, Tetanus, bei
den anderen die lokale: Gonorrhöe, Tuberkulose,
Aktinomykose. Die unslöslichen adhärenten Gifte
lassen sich wenigstens theilweise durch Aether
ausziehen; bei subcutaner oder intratrachealer
Injektion lassen sich charakteristische Verände-
rungen hervorrufen: Erysipelatöse Dermatitis,
Eiterherde , Pseudomembranen , Bronchopneumo-
nien. Es folgt daraus, dass die cellulftren Reak-
tionen nicht die Wirkung der LebensthAtigkeit
dieser Mikroben, sondern ihrer Toxine aind, dass
also ein chemischer, nicht ein vitaler Prooeea vor-
liegt. Femer können diese Gesiohtpunkte für die
Differenzirung von Bakterien yon Bedeutung sein,
da jene Toxine von speoifischer, für jedes Bactehum
charakteristischer Wirkung sind. Wenn man die
Schutzimpfung als Resultat einer Beizung der
Eörperzellen durch Bakteriengifte auffasst, muss
man den genannten Toxinen auch eine Bedeutung
für das Zustandekommen der Immunität zuerkennea.
Walz (Stuttgart).
176. Heber die intraoellulftren Toxine ge-
wiaaer Mikroorganismen; von A. Macfadyen
und S. R 0 w 1 a n d. (Gentr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w.
XXXV. 4. 1904.)
Die Methode von M. und EL, die darin besteht, diM
von anhaftender Materie befreiten OrgSDismeo vermittelt
intensiver Kälte hinreichend bröckelig zu machen^ oan
n. Allgemeine Pathologie iind pathologische Anatomie.
167
üuemechaDischeZerkleiDenuigza ermögliohen, gestattet,
in dem gewonneoea Extrakt intracellaläre Toxine bei
Typhnsbi^eD, Streptokokken, Staphylokokken, Bacillus
eoteritidis (Gärtner), Diphtherie- nnd Tuberkelbacillas
Dichznweiseo. Während nach dem Verfahren bei der
HeistellQDg des neuen Taberkulins nach E o c h 7 Tage
zur Extraktion der Bakterienleiber nöthig sind, ist dieses
nach dem angegebenen Verfahren in eben so viel Stunden
möglich. Walz (Stuttgart).
177. Weitere Veniaohe sor DanteUung
speeiiisohar Subatansen aus Bakterien ; von M.
Majer. (Deutsche med. Wchnsohr. XXX. 2. 1904.)
Mit Filtraten, die aus Cholerabacillen durch die
rerschiedeusten Methoden (Schütteln, Autolyse)
gewonnen werden, lassen sich leicht Eiemlich hohe
bakterioide Werthe des Serum der behandelten
Kaninchen erreichen. Schon durch einfaches Schfit-
teln bei Zimmertemperatur während 6, bez. 48 Stun-
den werden specifische Substanzen aus lebenden
Cholerabacillen abgespalten und finden sich in der
filtrirten Suspen sionflQssigkeit Walz (Stuttgart).
178. Zur Frage der paaslwen Immanl-
drang; von R. Kraus und J. Joachim. (Wien.
klin.Wchnschr. XVL 50. 1903.)
Pfeiffer und Friedberger fanden, dass
Sernm von Kaninchen, die mit Ziegencholera-
immunserum vorbehandelt waren, die Eigenschaft
erwirbt, die bakteriolytische Wirkung der Ziegdn-
choleraamboceptoren im Meerschweinchenperito-
; naenm zu hemmen, bez. aufzuheben, und glauben,
' dass diejenigen Gruppen, an die die Amboceptoren
des Serum sich wieder anheften, unter gewissen
YerhAltnissen gewissermaassen hypertrophiren und
, ihrerseits als Antiamboceptoren in die Blutbahn
Obergeben können. Dieser Fall ist nach den ünter-
SQchuDgen von K r. und J. jedoch ezceptionell und
nicht auf die Immunitftt anzuwenden. Die wieder-
holten Injektionen von Diphtherieantitoxin rufen
im Organismus der passiv immunisirten Thiere
bine Antiantitozine hervor, bedeuten demnach
^6 Schädigung des Körpers, denn die Thiere
Bind gegen das Diphtherietoxin immun.
Walz (Stuttgart).
179. Ueber Katalasen in Bakterienliltraten ;
vonELLoewenstein. (Wien. klin. Wchnschr.
IVl 50. 1903.)
In den sterilen Bakterienfiltraten von Diph-
theriebacillen und Staphylokokken sind Körper
Torbanden, die die Reaktion der Low 'sehen Kata-
hsea, Zersetzung von HiOg, zeigen. Die Ent-
giftongsweise durch das Antitoxin ist eine völlig
^dere als die durch H^Os, durch letzteres wird
das Qift völlig zerstört Das Antitoxin kann aus
dem neutralen Gemische Toxin-Antitoxin durch
B|0| wieder freigemacht werden.
Walz (Stuttgart).
180. I/etat aotael de la question d'immu-
niiation contre le staphyloooqae ; par J. M.
Paltchikovsky. (Arch. des Sc. biol. de St.
P^tersb. IX. 6. p. 463. 1903.)
Durch Injektion lebender Culturen des Sta-
phylocoocus aureus unter die Haut von Pferden
kann man ein Serum erhalten, das gegen die intra-
venöse Injektion des Staphylococcus aureus und
albus sohfitzt, wenn diese nicht die doppelte tödt-
liche Dosis überschreitet Die auf die Injektion
folgenden Infiltrationen werden im Anfange der
Immunisirung resorbirt; doch beobachtet man, je
nach Injektion stärkerer Dosen, eine mehr oder
minder grosse Neigung zu lokaler Eiterung. Die
sich bildenden subcutanen Abscesse führen keine
Entkräftung der Thiere herbei. Die individuellen
Eigenschaften spielen bei der Immunisirung gegen
den Staphylococcus dieselbe Rolle wie bei der
gegen den Diphtheriebacillus , weshalb man die
Immunisirung mit sehr kleinen Dosen beginnen
muss. Die intravenöse Injektion beim Pferde, das
selbst grosse subcutane Dosen vertragen hat, ist
sehr gefährlich und giebt keine guten Resultate
hinsichtlich der Antitoxinbereitung. Die Wirkung
des Antistaphylokokkenserum kann weder seiner
baktericiden, noch seiner antihämolytischen Kraft
zugeschrieben werden, da die gleichzeitige Ein-
führung von Serum und Mikroben bei Meerschwein-
chen keine positiven Resultate ergiebt. Der the-
rapeutische Werth des Antistaphylokokkenserum
ist somit noch problematisch. N o e s s k e (Kiel).
181. Ueber Immunisirung mit Diphtherie-
baoillen; von A. Lip stein. (Gentr.-Bl. f. Bak-
terioL u. s. w. XXXIV. 5. p. 421. 1903.)
Im Serum gegen Diphtheriebacillen immuni-
sirter Thiere fehlt jede baktericide Quote. Die
durchaus negativen Resultate bei den Versuchen,
mit dem Serum aktiv immunisirter Thiere zu
schützen, sprechen dafür, dass ein baktericid
wirksamer Amboceptor bei der Immunisirung mit
lebenden Diphtheriebacillen nicht entsteht. Viel-
leicht dürfte ein günstigeres Resultat von einer
combinirten aktiven und passiven Immunisirung
bei grösseren Thieren zu erwarten sein.
Walz (Stuttgart).
182. Aotion de la tozine et de l'antitozine
diphterique snr le sang et les organes hemato-
poietiques ; par L. 0. Simon. (Arch. de M6d.
expörim. 1. S. XV. 6. p. 763. Nov. 1903.)
Nach den Untersuchungen S.'s bedingt die In-
jektion tödtlieher Dosen Diphikeriegiftes ausgedehnte
und frühzeitige Degeneration aller häqiatopoötischen
Gewebe. In kleinen Dosen, die eine Spontanhei-
lung zulassen, ruft es der Reihe nach folgende
Veränderungen hervor: Es zerstört eine gewisse
Zahl von Blutzellen, besonders polynukleäre neutro-
phile, deren Trümmer durch die Makrophagen der
tiefen Organe absorbirt werden; es ist dies die
Phase der Hypoleukocytose. Gegen diese Zer-
störung reagirt der Körper mit üeberproduktion
(Hyperleukocytose und Hyperpolynukleose). Wäh-
rend der Reoonvalescenz werden die im üeber-
maasse gebildeten Zellen, besonders die rothen,
168
n. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
zerstört, worauf der Körper mit üeberproduk-
tion kernhaltiger rother Zellen im Knochenmarke
reagirt.
Diphihmeantüoocin, allein injicirt, ruft gleiche
Reaktionen, nur von kürzerer Dauer, hervor, was
bei der therapeutischen Anwendung von Wichtig-
keit ist. Bei schweren Diphtherien kommt es
nicht zur Zellenproduktion. Walz (Stuttgart).
183. De l'inflaenoe des tozines diphthi-
rique et tetanique snr Themoglobine, la mor-
phologie et le poids speoiflque da sang; von
H. Kucharzewski. (Centr.-Bl. f. BakterioL
u. s. w. XXXIV. 4. 1903.)
Nach den Untersuchungen K.'s bedingt das
Tetanustoxin , je nach der eingeführten Menge,
Abnahme der rothen Blutkörperchen und des Hämo-
globins. In grossen Dosen setzt es die Blutdichte
herab. In geringerem Qrade als das Diphtherie-
toxin bedingt es Hyperleukocy tose , die nicht in
direkter Beziehung zur Qiftmenge steht. Die Zahl
der Pseudoeosinophilen nimmt zu, die derLympho-
cyten nimmt ab, besonders nach grossen Dosen.
Die eosinophilen Zellen sind relativ vermindert,
die grossen mononukleären und üebergangsformen
bleiben gleich. Das Gewicht der Thiere nimmt
progressiv ab, die Temperatur schwankt unbedeu-
tend. Controlversuche mit Injektion erhitzten
inaktivirten Toxins ergaben, dass das Toxin selbst
und nicht das Medium die Ursache dieser Erschei-
nungen ist. Walz (Stuttgart).
1 84. Ein Beitrag sur Kenntnias der Faeudo-
diphtheriebaoillen ; von J. Schwoner. (Wien,
klin. Wchnschr. XVI. 50. 1903.)
Schw. konnte bestätigen, dass dieNeisser'-
sche Färbung nicht vollkommen charakteristisch für
Diphtheriebacillen ist. Er unterscheidet 2 Grup-
pen von Pseudodiphtheriebacillen. Die Oruppe A
zeigt starke Alkaliproduktion, rasches, massiges
Wachsthum auf Agar, rahmiges Waohsthum auf der
Kartoffel, Agglutinirbarkeit durch poly- und mono-
valentes Serum, leichte Differenzirung g^enüber
dem LGffler 'sehen Bacillus. Gruppe B zeigt
geringe Alkaliproduktion, eventuell geringe Säure-
bildung, geringes, langsames, zartes Wachsthum
auf Agar, ganz geringfügiges Waohsthum auf Kar-
toffel, morphologische und culturelle Aehnlichkeit
mit dem LO ff 1er 'sehen Bacillus.
Walz (Stuttgart).
185. Zar Aetiologie der akaten Gastro-
enteritia (Cholera nostraa); von Dr. Schott-
müller. (Münchn. med. Wchnschr. LI. 7. 8. 1 904.)
Die Aetiologie der Cholera nostras ist noch
durchaus nicht aufgeklärt Weder die F i n k 1 e r -
Prior 'sehen, den Kommabacillen der Cholera
ähnlichen Stäbchen, noch das Bacterium coli und
seine Verwandten haben sich als Erreger feststellen
lassen, man weiss nur, dass gewisse Fälle von
Brechdurchfall, die eogen. Fleisehverffiftungm durch
den Bacillus enierüidia Gärtner, hervorgerufen
werden. Seh. ist nun zu der üeberzeugang
gekommen, dass dieser Bacillus überhaupt der
wesentliche Erreger aller Fälle von Brechdurch&il
ist und ferner, dass er identisch ist mit dem
PäratyphusbaeiUus alealifaeiens. Er vermag alao
Gastroenteritiden hervorzurufen, die das eine Hai
unter dem Bilde der Cholera nostras, das andere
Mal mehr unter dem des Typhus verlaufen, lUm-
lieh meint Seh., wie der nahe verwandte Typhus-
bacillus meist einen richtigen Typhus, zuweilen
aber auch nur eine Gastroenteritis erzeugt Dieee
letztere Gastroenteritis verläuft fast immer guUrtig
und meist milder als die durch den Gärtneri-
schen Bacillus hervorgerufena Dippe.
186. lA flevre jaune. Rapport de la mi»-
sion franQaise composöe de Marchoux, Salim-
beni et Simon d. (Ann. de Tlnst. Pasteur X VE.
11. p. 665. 1903.)
Dem reichhaltigen Berichte der frani^teisohen
Gelbfiebercommission ist zu entnehmen, dass das
Serum des Gelbfieberkranken am 3. Tage der
Krankheit virulent ist, am 4. jedoch kein Yinu
mehr enthält 0.1 com. virulenten Serums erzeugen
bei subcutaner Injektion Gelbfieber, cutane Impfung
ist erfolglos. Im Serum des Kranken passirt das
Virus die Chamberlandkerze F; es wird, an der
Luft bei 24— 30<» conservirt, nach 48 Std. inaktiT.
In defibrinirtem Blute unter Oel verschluss bei 24—
30^ gehalten ist es noch nach 5 Tagen wirksam ;
es wird durch Erhitzen auf 55^ nach 5 Std. inaktiv.
Injektion solchen erhitzten Serums verleiht relative
Immunität, die durch nachträgliche Injektion sehr
kleiner Dosen des Virus complet wird. Beoon-
valescentenserum hat immunisirende und scheio-
bar auch therapeutische Wirkung. Das Gelbfieber
wird, wie Reed, Carroll und Agramonte
nachwiesen, durch den Stich derStegomya fasciata
flbertragen, die sich durch Stich bei einem Kr. vor
dem 3. Krankheittage inflcirt hat Die Stechmücke
ist nur in den ersten 12 Tagen nach Aufnahme
des Giftes gefährlich. Der Stich zweier Mücken
kann schwere Krankheit hervorrufen. Der Stich
scheint um so gefährlicher zu sein, je später
er nach Infektion der Mücke erfolgt E^ ist
nicht unbedingt infektiös, erfolgloser Stich einer
inficirten Mücke verleiht keine Immunität Ausser
der genannten Mücke kommt in der Gegend von
Rio de Janeiro und Cuba keine andere Art in
Betracht Gontakt mit Kranken oder deren Ex»
kretionen ist nicht infektiOs. Nur wo jene Mfidie
vorkommt, nimmt die Krankheit contagiOaen Cha-
rakter an. Die Prophylaxe beruht allein in Ver-
meidung von Stichen. Beaehtung verdient, dass
die Incubationzeit bis zu 13 Tagen betragen kann.
In derStegomyafasciata finden sich oft Pilse, Hefe-
arten und Sporozoen, ohne dass ein bestimmter &*
reger sich bezeichnen liesse; auch die Blutnnter»
Buchung ergab keine Resultate. Walz (Stnttgait^
n. A^Ugemelne Pathologie und pathologlsohe Anatomie.
169
187. Beitrag aar bakteriologiaohen Brfor-
sohuDg dea Gelbflebera« Eine neue Methode fu/r
dm ratehen Naehtüeis dee Baeülua iäeroidea Oana-
reih; ron J. B a n d 1. (Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. 8. w.
XXXIV. 5. p. 463. 1903.)
Die neue Methode B.'s beruht darauf, in dem
SU antereuchenden Medium den Bacillus ioteroides
dem schfldlichen Einflüsse der übrigen antagoni-
stischen, mit ihm häufig in Symbiose getretenen
Mterien zu entziehen, indem er daiu die Spe-
cifit&t der Absorptionprocesse der Mikroben und
daa specifische Agglutinationvermögen des den
Gultormedien sugesetzten Antiserum verwendet
Walz (Stuttgart).
188. Zur Fathogeneae dea Keachbaatena ;
ron Dr. 0. Arnheim. (Berl. klin. Wohnsohr.
XL 29. 1903.)
Bei einer Reihe von mit Keuchhusten behaf-
teten Kindern konnte A. im Ausstriche aus der
Trachea Polbakterien nachweisen, die sich gegen-
über anderen Mikroorganismen durch eine cha-
rakteristische Haufenbildung auszeichneten. Je
nach Schwere und Dauer der Krankheit wechselte
der Oehalt an Bakterien. Durch den Reiz der in
der Schleimhaut eingenisteten bakteriellen Herde
vird die Trachea in einen entzfindlichen Zustand
versetzt: es kommt zur Hyperästhesie, so dass
selbst geringfügige Reize Hustenanfölle auslösen.
Die Psyche und erhöhte Reflexerregbarkeit bei Kin-
dern, sowie die Zähigkeit des secemirten Schleimes
kommen als unterstützende umstände in Betracht
N e u m a n n (Leipzig).
189. Ueber Aetiologie and Serotberapie des
KenohhtiBtena ; von M. Manicatide. (Ztschr.
f.Hyg. u. Infektionskrankh. XLV.S. p.469. 1903.)
Im Sputum keuchhustenkranker Kinder fand
M. einen Bacillus, den er fflr specifisch hält. Er
winde durch das Serum der keuchhustenkranken
Kinder agglutinirt Das Serum von Schafen und
Pferden, die mit dem Bacillus vorbehandelt worden
waren, hatte bei Keuchhustenkindern gute Erfolge.
Woltemas (Solingen).
190. 20 Fälle von Bronohopneamonie bei
Kenobbaatenkindem» bervorgerofen dorob ein
hiflneiisaähnlicbea Stäbeben: BaoUloa pertaaeia
Sppendorf ; von G. Jochmann und Moltrecht.
(Centr.-BL f. Bakteriol. u. s. w. XXXIV. 1. p. 16.
1903.)
Auf Ghrond ihrer Beobachtungen halten J. u. M.
die Wahrscheinlichkeitannahme nicht mehr fflr un-
berechtigt, daas dem influenzaähnlichen Stäbchen
Bacillus pertussis Eppendorf (Jochmann und
Krause) bei der Keuchhustenerkrankung eine
ätiologiscdie Bolle zukomme, da es fast stets im
Keuchhttstensputum vorkommt und fast in allen
Fällen die connplicirenden Bronchopneumonien be-
dingt Walz (Stuttgart).
Mod. Jabrbb. Bd. 2S2. Hft 2.
191. üeber die bakteriellen AaBOoiationen
in gewiaaen Bpidenoiien; von Dr. Constantin
Costea. (Inaug.-Diss. Bukarest 1903.)
Diese unter der Leitung von Babes aus-
gefflhrte Arbeit ffihrt C. zu folgenden Schlüssen.
Es giebt Epidemien, bei denen man in den inneren
Organen verschiedene Mikroben findet, die ge-
wöhnlich unschädlich, unter ungünstigen sanitären
Umständen, eine besondere Virulenz erlangen und
zur Bntwickelung von wahren Epidemien führen.
Derartige Krankheiten wurden unter den Bukarester
Lumpensammlern, die in ungesunden Stadttheilen
leben und schlecht genährt sind, aber auch in
den Spitälern gefunden. Einige dieser Epidemien
zeigten influenzaähnliche Symptome, andere näher-
ten sich mehr dem typhösen Fieber oder dem
Typhus exanthematicus. In einigen Fällen wurde
der Pfeiffer 'sehe Bacillus gefunden und war
die Widal'sche Seroreaktion positiv, ohne dass
gleichzeitig typhöse Läsionen bestanden hätten.
IMe Association von Streptokokken mit Pfeiffer '-
schem, vielleicht auch mit Eberth'schem Bacillus
kann also bei herabgesetzter Resistenzfähigkeit
der Individuen zu eigenartigen Epidemien mit
einem besonderen Symptomencomplexe Veranlas-
sung geben. B. T o f f (Braila).
192. Ueber Bntifindang bei den niederen
wirbellosen Tbieren ; von 0. M e s s i n g. (Gentr.-
Bi. f. allg. Pathol. u. pathoL Anat XIV. 22. p.916.
1903.)
Metschnikoff kam auf Orund seiner Ver-
suche bei den verschiedensten Thieren zu dem Re-
sultate, dass die Entzündung eine Reaktion des Kör-
pers gegen Reize darstelle, die Reaktion vollziehe
sich mit Hülfe der Verdauungsfähigkeit der Phago-
oyten. Den Regenerationvorgäugen schenkte er
keine Beachtung. M e s s i n g hat die Entzündung-
vorgänge studirt, die nach Durchziehen von Fäden
bei Mollusken, Würmern und Coelenteraten auf-
treten, und kommt zu dem Schlüsse, dass, je tiefer
entwickelungsgeschichtlich das Thier steht, desto
mehr die für die typische Entzündung charakte-
ristischen exsudativen Erscheinungen verschwin-
den und an deren Stelle Regenerationprocesse
treten. Walz (Stuttgart).
193. Ueber dieVertbeilnng der atickatoff-
baltigen Sabatanaen des Harnes bei einigen
akuten Infektionakrankbelten ; von Dr. Franz
Erben. (Ztschr. f. Heiikde. XXV. 2. p. 33. 1 904.)
Bei Fieber ist die Stickstoff- und namentlich
die HamstofEausscheidung vermehrt E. führt aus,
wie sich diese Vermehrung bei den verschiedenen
Infektionkrankheiten in verschiedener Weise ge-
staltet. Eine Erklärung für diese Verschiedenheit
geben zum Theil 2 Thatsachen, dass nämlich die-
selben Veränderungen in der Vertheilung des Stick-
stoffes im Harne, wie bei dem Fieber auch hervor-
gerufen werden durch einen Eiterherd und durch
170
n. Allgemeine Pathologie und pathologieche Anatomia
die Resorption lymphatisohen Gewebes. Als Qe-
sammtergebniss seiner Untersuchangen stellt E.
den Satz auf: „Wenn EOrperei weiss zerfällt, sei
es nun ein lokaler Process (Histolyse), oder ein
nicht lokalisirter (Autophagie), kommt es lu einer
vermehrten Ausscheidung von intermediftren Ei*
weissabbauprodukten im Harne/* Dippe.
194. Ueber den StofEWecbael bei Hyper-
tbermie; von Dr. Paul Linser u. Dr. Julius
Sohmid. (Deutsches Arch. f. klin. Med. LXXIX.
5 u. 6. p. 514. 1904.)
Die durch interessante Einzelheiten werthvoUe
Arbeit kommt zu folgenden Ergebnissen: „Eine
Erhöhung der Eigenwärme durch äussere Wärme-
zufuhr hat beim Menschen auch bei mehrtägiger
Dauer (im Sinne einer remittirenden Continua),
wenn die Körpertemperatur die Grenze von 39<^
nicht wesentlich fiberschreitet, keinen Eiweiss-
zerfall zur Folge. Dieser tritt regelmässig ein,
wenn die Körperwärme gegen 40^ und darüber er-
reicht. Bei fieberhaften Krankheiten, bei welchen
die Körpertemperatur nicht diese HOhe erreicht,
ist demnach anzunehmen, dass der regelmässige
N-Zerfall auawhliesslich Folge der Infektion, bez.
Intoxikation ist Bei künstlicher Hyperthermie
lässt sich durch Kohlenhydratzulage der N-Zerfall
nicht im selben Maasse einschränken, wie bei nor-
maler Eigentemperatur. Mit der durch Erhitzung
bewirkten Erhöhung der N-Ausscheidung im Urin
steigen auch die Werthe für Purin-N, Ammoniak,
Amidosäuren-N und Phosphorsäure parallel an.
Im Urin lassen sich dabei Zucker, Aceton, Acet-
essigsäure, /^-Oxybuttersäurealbumen, sowie mor-
phologische Bestandtheile nicht nachweisen. Der
Respirationsstoffwechsel erfahrt bei massiger Er-
hitzung des Körpers (auf SS^) eine Aenderung dahin,
dass neben einer geringen Zunahme der Athem-
volumina der O-Verbrauch erheblich, bis ca. lOO^/o,
steigt, während die COs-Produktion relativ nur
wenig zunimmt (bis 40<)/o). Es sinkt dabei der
respiratorische Quotient^' Dippe.
195. Beoherohea experlmentales sor la
pathogAiie de ia mort par br&lure; par E.
S 1 0 c k i s. (Arch. Internat de Pharm, et de Th6r.
XL 3 u. 4. p. 201. 1903.)
Hautverbrennungen bei Hunden und Kaninchen
haben zunächst eine Reizung der Nervencentren
der Medulla oblongata zur Folge, die dann in Läh-
mung fibergeht Der Schmerz ist nicht als Ur-
sache davon zu betrachten, da bei narkotisirten
Thieren im Wesentlichen dieselben Erscheinungen
auftreten wie bei nicht narkotisirten. Der Tod kann
schnell durch Shock erfolgen, oder es kommt zu
einer Art von verlangsamtem Shock, einer fort-
schreitenden Lähmung der Centren besonders im
verlängerten Marke. Wenn die nervösen Erschei-
nungen weniger ausgesprochen sind und keinen
baldigen Tod bewirken, so treten mannigfache
Störungen von Seiten der Organe auf, dazukommen
Veränderungen des Blutes, von denen eine V6^
minderung des an Hämoglobin gebundenen 8tiia>
Stoffes am wichtigsten ist FQr die Betheiligung
einer Ptomainvergiftung am Tode durch Verbren-
nung lieferten die Untersuchungen keinen Anhalt
Woltemas (Solingen).
196. üeber artUloielle Hautgängrin; Ton
Dr. A. Gross in Kiel. (Deutsches Arch. f. klin.
Med. LXV. 1 u. 2. p. 181. 1902.)
0 r. beschreibt ein der multiplen neurotischen
Hautgangrän sehr ähnliches Krankheitbild and
giebt Abbildungen der beobachteten Nekrosen.
Diese wurden von der hysterischen Pat mehrere
Jahre hindurch künstlich mit roher Salzsäure er-
zeugt, bis nach experimenteller Herstellang der
Nekrosen durch Selbstversuche die Entlarvung der
Pat gelang. 0 r. weist darauf hin, dass nach seinen
Beobachtungen entgegen den gewöhnlichen An-
gaben in der pharmakologischen Literatur Nekrosen
in der Umgebung des Mundes bei der Salzsäore-
vergiftung nicht fehlen, wenn nur die Säure lange
genug einwirken kann. N o e s s k e (Kiel).
197. üeber Weohaelbeiiehaiigen iwiBOhen
Haut- and Nierenthätigkeit ; von Dr. Ernst
Bendix. (Deutsche med. Wchnschr. XXX. 7.
1904.)
B. hat auf verschiedene Weise, namentlich auch
durch Oefrierpunktbestimmungen des Blutes, einen
Einblick zu erlangen gesucht in die bekannten
mannigfaltigen Wechselbeziehungen s wischen Haot>
und Nierenthätigkeit Das wichtigste Ergebniss
. seiner Untersuchungen ist die Thatsache, „dass es bei
Niereninsufficienz — ausgedrückt in einer patho-
logischen Depression des Blutgefrierpunktes —
durch energische Anregung der Schweissbildung
des Oefteren gelingt, den Blutgefrierponkt der
Norm zu nähern, dass es jedoch nicht gelingt, den
normalen Blutgefrierpunkt durch gleiche Einwir-
kungen zu beeinflussen^^ Dippe.
198. Ueber Fabertätaalbuminarie ; von Dr.
Felix Lommei in Jena. (Deutsches Arch. L
klin. Med. LXXVIU. 6 u. 6. p. 541. 1903.)
Die„Pubertätsalbuminurie*' ist nach sorgftltigeii
an den Arbeitern der Jenaer Firmen CM Znn und
Sohott und Genossen angestellten Untersochongen
recht häufig, sie fand sich bei etwa 20^/o der Unter-
suchten. Die Eiweissmengen (Globulin und Albu-
min) sind gering und sind durchaus nicht bei jeder
Untersuchung vorhanden. Besonders beaohtens-
werth ist, dass L. recht oft auch eine VergrOsse-
rung des linken Ventrikels und eine vermdirte
Arterienspannung fand. Diese Erscheinongen, die
wahrscheinlich durch dieselben Umstände hervor-
gerufen werden, wie die Albuminurie, dQrfen also
nicht differentialdiagnostisoh ohne Weiteres für die
Annahme einer Nephritis verwandt werden.
Dippa
IL Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
171
199. Sor Frage der aogenannten febrilen
Albomlnarle, nebst einigen Bemerkongen über
die Bedeutung der Cylinder; von Dr. Hugo
Lüthje. (Ther. d. Qegenw. N. F. V. 11. 1903.)
Eine „febrile Albuminurie" in dem vielgebrauch-
ten Sinne: EiweissauBScheiduDg in Folge der er-
höhten Temperatur bei gesunder Niere, giebt es
flicht Sieht man genauer zu, so zeigt sich, dass
die EiweissauBSoheidung von der Hohe der Tempe-
ratur unabhängig ist, und dass sie stets mit der
Aosecheidung von geformten Elementen, Cjlindem,
BlutkArperchen u. s. w. einhergeht, die mit Sicher-
heit auf eine Erkrankung der Nieren schliessen
lassen. Die „febrile Albuminurie'* ist wohl stets
der Ausdruck einer infektiösen Nephritis, die kurz
ablaufen, gutartig sein kann, aber dochgenfigender
Beachtung bedarf. D i p p e.
200. Fathologisob - anatonoiiaobe Beobacb-
toogen über Heilangsvorgänge bei ITephritia ;
von Thorel. (Deutsches Aroh. f. klin. Med.
LXXVIL p. 29. 395. 470. 1903.)
L hat die durch Einspritzung von doppelt-
cfaloreaurem Kali (3cg in einer Iproc. LOsung) er-
zeugten NierenverAnderungen eingehend studirt,
nnd zwar an einzelnen überlebenden Thieren bis
zum 8. Tage der Nephritis. Am 2. Tage fanden
sich die schwersten Verftnderungen in den gewun-
denen Kanälchen der Nierenrinde. Die Zellen
waren meist vollständig zerstört, die Lumina mit
Zellendetritus angefüllt. Das Gleiche war in den
aufsteigenden Schleifenschenkeln der Fall. Da-
neben fanden sich bald hier, bald dort, besonders
aber in den unteren Cortikaliswinkeln auch noch
kleinere oder grössere Complexe völlig unversehrter
HamkanAlchen. An allen Stellen aber kamen ver-
einzelte Mitosen vor.
Bei den 3^/, Tage nach dem Vergiftungs-
anfange untersuchten Thieren tauchen eigenartige
Meine Zellen auf, die als kleine knopfförmige
Erhebungen in das Harnkan&lchen- Lumen hinein-
ragen und im Oegensatze zu der gelben Färbung,
die normale Nierenepithelien nach vanQieson
annehmen, eine ausgesprochen blaue Abschattirung
z^n. Späterhin ordnen sie sich mit einer wech-
selnden Menge von Mitosen zu kleineren oder
Iftngeren Verbänden an, die bisweilen schon als
oontinuirlicher Belag die Innenfläche der Harn-
hanälchen überkleiden.
Von diesen die normale Zahl der Nieren-
epithelien weit übertreffenden neugebildeten Zellen
geht im weiteren Verlaufe ein beträchtlicher Theil
wieder zu Grunde. Soweit sie aber bestehen bleiben,
erfahren sie eine Grössenzunahme, die zeitlich mit
der ausgedehnteren Eröffnung der Sammelröhren
in der Marksubstanz zusammenfällt Es lässt sich
▼ermuthen, daas die hierdurch gegebene Mögiich-
ieit der rasoheren Entfernung aller bisher noch
mehr oder weniger zurückgehaltenen Schädlich-
keiten, wie sie u. A. auch aus dem Zerfalle der
alten und der neuen Zellen entstehen, bei gleich-
zeitiger Verminderung der Innenspannung der
Kanälchen das Wachsthum dieser neuen Zellen
unterstützt.
Somit liegt die Möglichkeit vor, dass die labilen
neuen Zellenbesätze nach Aufhören aller Schädlich-
keiten in der Folgezeit das Beifestadium erreichen,
und dass diejenigen Kanälohen, deren neue Zellen-
verbände sich etwa um den Schluss des 5. Tages
schon in geordnete und ihrem histologischen Ge-
präge nach auch lebensfähige Epithelbesätze um-
gewandelt haben, bestehen bleiben, um sich als-
dann nach stattgefundenem Wachsthum an der
Heilung der Nephritis zu betheiligen.
Aufrecht (Magdeburg).
201. Btnde experimentale de raotion des
flolationo de ohiorare de sodiom aar l'öpi*
theliam renal; par le Dr. Castaigne et F.
Bathery. (Semaine m6d. XXIIL 38. Sept 23.
1903.)
Versuche in vitro ergaben, dass eine Kochsalz-
lösung vom Gefrierpunkte 0.78^ oonservirende
Eigenschaften für das Nierengewebe hat, weil sie
isotonisch ist Die Kochsalzlösungen mit einem
anderen GeMerpunkte sind hypo- oder hyper-
tonisch und schädigen daher die Nierenepithelien.
Die Entziehung des Kochsalzes aus der Nah-
rung kann bei Gesunden zu vorübergehender Albu-
minurie führen. Dasselbe bringt eine übermässige
Zufuhr von NaCl zu Stande. Bei Nephritikern
führt die Steigerung der Kochsalzzufuhr zu noch
stärkerer Eiweissausscheidung. Bei interstitieller
Nephritis ohne Albuminurie führt gesteigerte Koch-
salzaufnahme zu einer vorübergehenden Eiweiss-
ausscheidung. Wenn Oedeme vorhanden sind,
kommt es zu Steigerung der Oedeme und der Albu-
minurie. Unter Umständen kann Urämie auftreten.
Das NaCl übt demnach keinen toxischen Ein-
fluss aus, sondern einen osmotischen. Die Schwan-
kungen des NaCl-Gehaltes beeinflussen die Nieren-
epithelien. S 0 b 0 1 1 a (Heilanstalt Sorge).
202. Bin Fall von hypertrophiaeber tube-
röser Sklerose mit mnltiplenNierengesobwül-
sten oombinirt; von H. C. Jacobaeus. (Nord.
med. Ark. XXXVI. Afd. 2. N. F. 1. Nr. 2. 1903.)
Beschreibung eioes Falles dieser seltenen Erkran-
kung, bei einem 25jähr., einem Oesichterysipel erlogenen,
idiotischen Kr., der lange Zeit an epileptischen Anfallen
gelitten hatte. An mehreren Stellen der Hirnoberfläche
fanden sich grössere und kleinere, blasse Verhärtungen,
die auf Durchschnitten sich mehr oder weniger tief in die
Himsubstanz fortsetzten und aus einer homogenen Masse
bestanden. Mikroskopisch : lebhafte Gliawucherung. Die
Nieren enthielten eine ansehnlige Menge von erbsen- bis
DUSsgroBsen, gut abgegrenzten Geschwülsten, die mikro-
skopisch aus langgezogenen, spindelförmigen Zellen mit
ovalen bis stäbchenförmigen Kernen und einem fibhllär
gebauten Protoplasma bestanden, somit sich als mehr
oder minder veränderte glatte Myomzellen erwiesen.
Ausserdem fanden sich Veränderungen der Oefässe.
Unter 25 in der Literatur mitgetheilten Fällen
von hypertrophischer tuberöser Sklerose waren
172
ni. Pharmakologie und Toxikologie.
7 Fälle mit multiplen Nierengeschwülsten, deren
histologischer Charakter nicht immer näher be-
schrieben worden ist.
Die Arbeit ist durch 5 Figurentafeln illustrirt
Noesske (Kiel).
203. Die Morphologie der Blatgerinnasg
and der Thrombose; von Dr. L. Out seh j in
Qraz. (Beitr. z. pathol. Anat. u. allgem. Pathol.
XL. 1. p. 26. 1903.)
0. fasst seine Untersuchungsergebnisse in fol-
genden Schlusssätzen zusammen : Die Thrombose
ist unter allen Umständen eine Oerinnung des
Blutes innerhalb der lebenden Oefässbahn, die von
der verletzten oder erkrankten Stelle der Oefäss-
wand ausgeht. Hier bildet sich sofort nach er-
folgter Verletzung der Intima eine zarte gallertige
Fibrinaussoheidung aus dem Blutplasma durch Ver-
mittelung der gerinnungbefOrdernden Einwirkung
der abgestorbenen Oefässwandelemente. Eine Be-
theiligung der körperlichen Blutelemente bei der
Bildung dieser „primären gallertigen Fibrinaus-
scheidung'' ist auszuschliessen. Die „primäre
Fibrinmembran'' bildet sich im Oefässe sofort,
bevor noch ein körperliches Element mit der Stelle
in Berührung kommt
Die gallertige Beschaffenheit der primären
Fibrinmembran ist die Ursache des Haften bleibens
der körperlichen Elemente des Blutstromes an der
Oefässwand bei der Bildung des „weissen" Throm-
bus. Bei der Bildung jedes, wie immer gearteten,
Thrombus ist die Oerinnung des Blutes in Form
einer primären gallertigen und membranähnlichen
Fibrinausscheidung aus dem Plasma die erste Ver-
änderung im normalen Verhalten des Blutes, an
die sich sehr verschiedenartige andere Verände-
rungen anschliessen können. Noesske (Kiel).
204. Ueber das Verhalten dee F^ttei and
der Zellgranala bei ohronieohem Meraimof
und akuten Hungersustanden ; von B. Traina
in Freiburg i. Br. (Beitr. z. pathol. Anat u. allgem.
Pathol. XXXV. 1. p. 1. 1904.)
T r. hat eingehende Untersuchungen an Leidien
und Versuchsthieren unternommen, wobei ihm
namentlich eine Combination der Osmiummethode
mit Scbarlachlösung gute Dienste leistete. Be-
sondere Aufmerksamkeit widmete er dem Verhalten
der Altmann 'sehen Qranula, konnte aber nicht
klarlegen, ob diese eine bestimmte Rolle bei der
Fettbildung oder Fettumwandlung spielen. So
viel erscheint ihm sicher, dass das Fett den Zellen
in gespaltenem Zustande geliefert und im Innerea
der Zellen durch deren Thätigkeit wieder aufgebaut
wird. Auch wenn das Fett resorbirt wird, geht
es grOsstentheils in gelöster Form in den Kreislauf
über, um Ersatz für mangelnde Zufuhr zu leisten.
Das Fett bildet in den Drüsenzellen einen con-
stanten und integrirenden Bestandtheil des Zellen-
protoplasma und hat Aehnlichkeit mit den lipo-
chromen und den physiologischen Pigmenten. Im
Einzelnen konnte Tr. feststellen, dass die Fett-
körnohen im Protoplasma der Epithelzellen der
Speicheldrüsen, der Thränen-, Schild- und Bauch-
speicheldrüsen, bei Kaninchen der Harder'schen
Drüse, der Nieren, der Nebennieren, der Hoden,
des Eierstocks, der Talg- und Schweissdrfisen, bei
marantischen und Hungerzuständen unverändert
bleiben ; im Knochenmark und in der Lieber findet
wohl ein bedeutender Schwund statt, aber es bleibt
immer eine oonstante Menge übrig, die als analog
derjenigen angesehen werden kann, wie sie in den
Nierenepithelien und anderen Drüsenorganen ent-
halten ist Walz (Stuttgart).
III. Pharmakologie und Toxikologie.
205. Salioyltberapie ond ITieren; von Dr.
Theodor Brugsch. (Therap. d. Oegenw. N. F.
VL 2. 1904.)
Br. hat an den zahlreichen Rheumatikern des
Altonaer Krankenhauses die Angaben von Lüthje
über die regelmässige Schädigung der Nieren durch
die Salicjlsäure nachgeprüft und hat gefunden,
dass diese Schädigung allerdings häufig auftritt,
sich aber doch bei einer gewissen Vorsicht ziem-
lich sicher vermeiden lässt. Br. giebt folgende
Vorschriften: „Für ehraniache und subakute Fälle
von Oelenkrheumatismus kann man, sofern man
nicht Hesotan anwenden will, unbeschadet bei
Männern bis 3 g, bei Frauen bis 2 g Natr. sal. oder
Aspirin geben. Treten Exacerbationen ein, so
steigere man die Tagesdosis einmalig auf 5 g, gebe
aber in den nächsten Tagen wieder 3-, bez. 2 g-
Dosen. Mehrere Tage hinter einander Dosen von
5 g zu geben, ist nicht rathsam, da wir mit Sicher-
heit eine Nierenreizung zu erwarten haben. Gleich-
falls ist es zu widerrathen, grosse Binseldosea
(schon 4 — 6 g) zu geben." Für den oAiitdfi Oelenk-
rheumatismus: „Zur Zeit dee Anfalles über den
Tag vertheilte grosse Salicyldosen (5 — 6 — 8 g
Natr. salicjl. oder Aspirin in stündlichen Gaben
von 0.6 g); am nächsten Tage, wo meist der Anfall
gebrochen sein wird, Uebergehen zu kleinen Doeea
von 3 g und diese dann lange Zeit bdbehalten,
indem man allmählich auf 2 und dann 1 ghenmter-
geht. Man erreicht auf diese Weise den wbält-
nissmässig grüssten Effekt und schont aaseer-
ordentlich die Nieren, weit mehr, als wenn man
etwa 4 Tage lang 5 g-Dosen giebt"
Ein wesentlicher Schutz für die Nieren liegt in
starkem Schwitzen nach der Salicjldarreichniig.
Worauf das beruht, lässt sich nicht sagen. Der
Schweiss enthält keine Salicylsäure.
Von dem Mesotan ist Br. sehr befriedigt,
namentlich auch bei Muskel- und Fasoienrhemna-
tismus. Rein oder zu gleichen Theilen mit 01iYen(A
III. Pharmakologie und Toxikologie.
173
aufgepinselt (nicht eingerieben) reizte es die Haut
nicht zu sehr. Die Nieren schädigt es gar nicht
Dippe.
206. 1) üeber Theooin aU Diaretioam im
Eindesalter ; von Dr. B e r n h. 0 u t m a n n, (Arch.
f. Einderhkde. XXXVIIL 3 u. 4. p. 195. 1904.)
2) Theooin als Diaretioam; von Dr. F. A.
Suter. (Corr.-Bl. f. Schweizer Aerzte XXXIV. 7.
1904.)
S) &i Beitrag bot diaretiaoben Wirkung
des Theooios, speoiell bei akuter Nephritis ;
Yon Dr. Hundt. (Therap. Honatsh. XVIII. 14.
1904.)
6a t mann hftlt das Theooin zur Zeit ftlr das
wirksamste Diureticum. Wie es wirkt, vermag
SQcb er nicht zu sagen. Auf Herzthätigkeit und
Blutdruck war keine Einwirkung festzustellen,
einen Reiz auf die Nieren, wenigstens einen starken,
unter Umständen schädlichen, übt das Mittel augen-
scheinlich auch nicht aus. unangenehm sind der
schlechte Qeschmack und die oft starke Belästigung
desKagens.
Aach Suter und Hundt sprechen sich sehr
günstig über das Theooin aus, ohne etwas wesent-
lich Neues beizubringen. Dippe.
207. Ein Mittel ror Auflösung von Nieren-
steinen; von Dr. Jae nicke in Breslau. (Centr.-
BL f. innere Med. XXV. 13. 1904.)
Ein solches Mittel ist nach J.'s Erfahrungen
Birkmbiätierthee, Die Blätter werden zu Sommer-
anfang gesammelt, getrocknet und fein zerrieben.
Bn gehäufter Kaffeelöffel von dem Pulver wird
mit f/| Liter kochenden Wassers übergössen, 6 Min.
liehen lassen, 5 Min. kochen, durchgiessen. Früh
Bflchtem und Nachmittags eine solche Portion
Monate lang.
J. theilt eine Krankengeschichte ausführlich
mit und glaubt bestimmt, dass der Theo den Stein
so/gelOst habe. Dippe.
208. Valyl; von Dr. W. Alter. (Therap. d.
ß^genw. N. F. VI. 3. 1904.)
A. ist nach den Erfahrungen in der Provinzial-
Ifrenanstalt Leubus mit dem Valyl ausserordent-
lich zufrieden. Es soll nicht nur bei nervösen
Bmstörungen , sondern auch bei Geisteskrank-
heiten sehr günstig wirken, wobei A. grossen Werth
SQf die von ihm festgestellte Blutdruoksteigerung
^ A. ist zu der üeberzeugung gelangt, „dass
^ in dem Valyl nicht nur für gewisse Herz-
Beorosen und für bestimmte dysmenorrhöisohe Er-
scheinungen, sondern auch für diejenigen psycho-
ptthischen Zustände, die mit Alterationen in der
Vasomotion liirt sind, ein werthvoUes therapeu-
^hes Agens gewonnen haben". Bei Herzneurosen
beginnt A. mit 1 Kapsel pro Tag. Dann 3mal
täglich 1 und täglich um 1 Kapsel mehr bis 3mal
tiglich 3—5. Dabei bleibt er 8—10 Tage und
geht dann langsam zurück. Derartige Kuren (die
übrigens bei dem Preise des Valyl recht kostspielig
sind) können mehrfach wiederholt werden.
Dippe.
209. Ueber die Verwendung dea Soopol-
amlnnm hydrobromioum in der äratlioben
Praxis ; von Dr. K. L i e p e 1 1. (Berl. klin. Wochen-
schr. XLI. 16. 1904.)
L., der das Scopolamin zuerst im Krankenhause
schätzen gelernt hat, empfiehlt es auch für die ge-
wöhnliche Praxis gegen Delirium tremens, Fieber-
delirien und Aufregungzustände der verschieden-
sten Art Man verwendet eine Lösung O.Ol auf
10 Wasser, die frisch zubereitet und klar seinmuss
und spritzt so viel unter die Haut, dass der Kr. je
nach seiner Constitution und dem Orade der Er-
regung 0.4 — 0.8 mg Scopolamin bekommt. Die
Wirkung tritt meist schnell ein und hält 3 bis
5 Stunden an. Versagen kann das Mittel, un-
angenehme Erscheinungen ruft es nach den Er-
fahrungen L.'s auch in der Mazimaldosis (0.001)
n iemals hervor. Dippe.
210. Ueber Voronal ; von Emil Fischer
und J. V. Mering. (Therap. d. Qegenw. N. F.
VI. 4. 1904.)
F. und v.M. stellten fest, dass dasVeronal zum
grOssten Theüe unverändert durch den Harn aus-
geschieden wird.
Sie empfehlen dieDarreichung in Lösung (Theo
verdeckt am besten den bitteren Geschmack), giebt
man die Tabletten zu 0.5, so lasse man einen tüch-
tigen Schluck Wasser nachtrinken. Oblaten sind
nicht zu empfehlen. Dippe.
211. Das laopral, ein neues Hypnagogum;
von Dr. Eschle. (Fortschr. d. Med. XXIL 6.
1904.)
E. kommt in längeren Ausführungen zu dem
Ergebnisse, dass das Isopral lediglich als ein Er-
satzmittel für das Chloralhydrat angesehen werden
muss, dass es aber als solches seiner geringen
Giftigkeit wegen recht werthvoU sein kann.
Dippe.
212. Quantitative ünterauohungen über
das Eindringen von Alkaloiden in lebende
Zellen; von W. Straub. (Arch. di Fisiol. I. 1.
1903.) Autorreferat.
Die Untersuchungen bezwecken Klärung der
chemischen Kinetik der Alkaloid Vergiftung. Die Aus-
führbarkeit ist dem günstigen umstände zuzuschrei-
ben, dass der Herzventrikel der marinen Schnecke
Aplysia limacina das Maximum einer specifischen
Veratrinvergiftung mit so grossen Mengen Alkaloid
zeigt, dass dessen quantitative Bestimmung mit
physiologischer Methode (Froschtoxicität) im ge-
wonnenen Herzextrakt gelingt Es stellte sich
heraus, dass das Alkaloid bei der Wirkung nicht
zerstört wird. Zur Hervorbringung der Wirkung
wird das Alkaloid in den Herzmuskelzellen entgegen
den einfachen Diffusiongesetzen aufgespeichert,
174
IV. Neuropathologie und Psychiatrie.
und zwar noch aus beträchtlicher Verdtinnung
heraus. Diese Speicherung und damit vielleicht
auch die Wirkung ist keine chemische Affinitäten-
sättigung, denn durch Waschen lässt sich das
Alkaloid wieder den Zellen entziehen und damit
die Wirkung rückgängig machen. Es muss sich
dabei um Vorgänge handeln, die in die Kategorie
der umkehrbaren Reaktionen und unter die Qe-
siohtspunkte des Massenwirkungsgesetzes gehören,
so dass man fOr die Reaktionen zwischen Oift,
specifischem Plasma und Blutwasser die OleichuDg
der umkehrbaren Reaktion aufstellen kann :
12 8 4
Plasma -|- OiftlOsung I^ Oiftplasma -|- H,0.
Die Variable der Gleichung ist die Compo-
nente 2, bedingt durch die Organismusverhältnisse,
in dem Organe der Ausscheidung, eventuell Zer-
störung, wirken; ihre stetige Minderung fOhrt zu
entsprechendem stetigen Zerfall derComponente 3,
d. h. zu stetigem Abklingen der Vergiftung.
Die specifische Zelle vermag mehr Alkaloid zu
speichern, als zur Herbeiführung der maximalen
Wirkung nOthig ist, woraus folgt, dass trotz schon
im Gange befindlicher Entgiftung durch die aus-
scheidenden Organe längere Zeit maximale Wir-
kung bestehen kann. Narkose hemmt den Spei-
cherungsvorgang, offenbar muss zum Eindringen
des specifischen Giftes auch die specifische Thätig-
keit der Zelle in Gang sein , so dass also anzu-
nehmen wäre, dass bei der therapeutischen Nar-
kose im Falle einer Strychnin- und Tetanusvergif-
tung auch weiteres Eindringen von Gift verhindert
wird.
213. Ueber die Isolining toh Sohlangen-
gift-Leoithiden ; von Dr.PrestonEyes. (Berl.
klin. Wchnschr. XL. 42. 43. 1903.)
Das Cobragift hat bekanntlich zweierlei Wir-
kung, eine Nerven wirkung und die der Lösung der
rothen Blutkörperchen. Die letztere Wirkung tritt
indessen bei reinem Schlangengift nicht oder
wenigstens nicht regelmässig auf, das Gift muss
vielmehr erst aktivirt werden und diese Aktivirung
erreichte £. durch Lecithin. Es gelang K., das
aktivirte Gift chemisch darzustellen, indem er eine
Chloroform-Lecithinlösung mit einer wässerigen
Schlangengiftlösung schüttelte. Dabei wandert die
hämotoxische Componente in das Chloroform aus
Lecithin, während die neurotoxische in wässeriger
Lösung bleibt Behandelt man die Chloroform-
lösung mit Aether, so fällt das aktivirte Schlangen-
gift (Cobra-Lecithid) aus, es kann getrocknet auf-
bewahrt werden. Es löst sich anfangs leicht in
Wasser. Nach einiger Zeit bildet sich jedoch be-
sonders in Lösungen ein sekundäres Lecithid, das
ausfällt'. Die Untersuchung von 8 anderen Schlin-
gengiften führte zu dem gleichen Ergebnisse, dass
auch diese bezüglich ihrer hämolytischen Wirkung
durch Lecithin aktivirt werden können, auch das
Scorpiongift scheint sich ähnlich zu verhalten.
W. Straub (Leipzig).
214. üeber2F&lleTonAntipyrinezuithem;
von Dr. Karl Low y in Prag. (Arch. f. Dermatol
u. Syph. LXVm. l u. 2. p. 167. 1904.)
Antipyrinexantheme kommen nach Sahra
Welt bei lO^'/o aller mit Antipyrin behandelten
Kranken vor, nach Lewin bei 3 — 38%, nadi
Darembergbei sehr langem Fortgebrauch 80(^
in der Mehrzahl der Fälle.
Fall 1. 46jähr. OeschftfksmaoD, sehr nervös und mit
leichtem Vitium oordis. Hatte schon Jahre lang Anti-
pyrio meeserspitzen weise gegen Kopfsch merzen mit Er-
folg genommen, ohne jede Nebenwirkang. Nahm am
1. Febraar wegen besonders heftiger Kopfschmerzen in
der Drogenhandlnog einen Kaffeelöffel Antipyrin. Eine
Stande später heftiges Jacken und Brennen am ganien
Körper. Zur Linderang des Juckens nahm Pat ein Bad
und bemerkte nun den Aasschlag. Am nächsten Tage
bei Aufnahme in die Klinik machte er einen elenden and
verfallenen Eindruck. Die Haut zeigte leicht gelblichen
Farbenton, war am Scrotnm and Penis der oberflächlicheo
Schichten beraubt, die Decke der Olans in ihrer ganxen
Ausdehnung in Form einer schlaffen Blase abgehoben.
An Stirn, Stamm und Gliedern ein symmetruoh an-
geordnetes Exanthem, bestehend ans thalergrossen, über
das Niveau erhabenen Flecken, auf Druck bis auf einen
gelblichen Farbenton abblassend. Im Harne positive
Antipyinreaktion. Das Exanthem verschwand anter Ab-
Bohuppung und deutlicher BraunfSrbung im Laufe einer
Woone.
FaU 2, Ein 25jähr. Arbeiter bekam nach einer Con-
tusio bulbi in der Angenklinik wegen heftiger Kopf-
schmerzen 1 g Antipyrin. Kurze Zeit darauf entwickelten
sich ein morbillöses Exanthem, stellenweise auoh grössere
erythematose Flecke. An den Lippen und an der Glans
war die Haut blasig abgehoben. Das Gesicht war ge-
schwollen, die Augonspalten und die Nasenhöhlen waren
völlig verlegt. An den Gliedern zeigten sich derbe, weisse,
porzellanartige Quaddeln. Pat war leicht benommen,
klagte über Schwächegefühl und Fortdauer der Kopf-
schmerzen. Temperatur 38.6*. Am nächsten Morgen
waren alle diese bedrohlichen Erscheinungen verschwun-
den. Auch an den Stellen, wo blasenartige Abhebongea
bestanden hatten, zeigte sich keine Spur mehr davon.
Temperatur normal. Fat hatte früher nie Antipyrüi ge-
nommen. J. M e y e r (Lübeck).
IV. Neuropathologie und Psychiatrie.
2 1 5. üeber Morboa Basedowli. (Vgl. Jahrbb.
CCLXXX. p. 178.)
K 1 i e n (Ueber die Bedeutung der bei Morbus
Basedowii im Centralnervensystem naohgewiesenen
pathologisch - anatomisohen Befunde. Deutsohe
Ztsohr. f. Nervenhkde. XXV. 5—6. p. 431. 1904)
berichtet über eine anatomische Untersuchung.
Eine 50jähr. Patientin war rasch unter bnlbirea
Symptomen und bei abnormem Geisteszustände zu
Grunde gegangen. Bei der Sektion hatte mmn aaaser
den gewöhnlichen Befunden in vielen Orgmnen iib4
auoh am Boden des 4. Ventrikels kleine Blutungeii
gefunden. Die genauere Untersuchung ergab, das«
es sich um eine hftmorrhagische Encephalitis haiK
IV. Neuropathologie und Psyohiatrie.
176
delte. Der Vf. berichtet sehr eingehend über den
mikroskopischen Befund: Marksoheidenzerfall in
den Himnerven wurzeln und den Bahnen, die das
rerlfingerte Mark und das Rückenmark mit dem
Kleinhirn verbinden, in der Formatio reticularis,
der Schleife u. s. w. Die bisherigen anatomischen
Befunde hat der Vf. in einer Tabelle zusammen-
gestellt (mit dem seinigen 37 Fftlie mit mikrosko-
pischer Untersuchung). Die Verftnderungen im
Centr&hiervensjstem und besonders die Blutungen
im 4. Ventrikel sind danach so häufig, dass man
sie nicht vernachlässigen darf. Der Vf. nimmt an,
dsss das Basedow -Oift besonders die Oblongata
schädige und weiterhin da und dort Entartungen
des Nervensystems bewirke. -
L B r Q n 8 ( Versam mlung der Irrenärzte Nieder-
sicheens am 2. Mai 1903. NeuroL Centr.-Bl. XXII.
12. 1903) hat über 24 Fälle von Morbus Basedowii
berichtet 4 Kranke waren Männer. Oraefe's Zei-
chen war lOmal deutlich. Insufficienz der Intern!
hat Br. „oft^' gesehen, Seltenheit des Lidsohlages
selten. Combinirte Augenmuskellähmungen kamen
Imal vor (dabei allerdings Nephritis). Langdauemde
Dorchfälie hat Br. 11 mal beobachtet, andauerndes
Srbrechen 3mal, Braunfärbung der Haut 3mal,
Bolbärparalyse Imal (dabei totale Verwirrtheit und
Aufregung). Br. empfiehlt am meisten absolute
Bettruhe und reichliche Ernährung. Ueber Ope-
ntionen hat er keine Erfahrung.
W. V. H 0 1 8 1 (Ueber Morbus Basedowii. Petersb.
med. Wehnschr. N. F. XXI. 9. 1904) hat einen Vor-
trag Aber Morbus Basedowii verOflfentlicht. Er hält
die Krankheit fflr häufig, denn unter 303 Kranken
der Sokolowski'schen Heilanstalt waren 21,
tmter 190 Privaten 13 Basedow- Kranke. Zur Be-
handlung empfiehlt v. H. allmählich kfihlerwerdende
Baltj Shaw (Orave's disease in father and
aon. Transact of the clin. Soc. of London XXX VI.
P- 259. 1903) beschreibt Morbus Basedowii bei
önem 46jähr. Manne und dessen 21 jähr. Sohne;
ia beiden Fällen hatte die Krankheit vor einigen
Jihren begonnen, und zwar bei dem Sohne nach
«nem Fahrrad-Dnfalle. Der Sohn hatte zeitweise
Nachts chylOsen Urin entleert
H. Krieger (Ein Fall von Sklerodermie nach
Toraosgegangenem Morbus Basedowii. Mfinchn.
med. Wehnschr. L. 41. 1903) hat Bajnaud'sche
Krankheit und Sklerodermie bei einer Basedow-
Kranken beobachtet
Die 59jähr. Pat war 1888 nach einer Plenritis an
Morbus Basedowii erkrankt and 1889 deshalb im Heidel-
^iver Krankenhanse behandelt worden. Später traten
tt beiden Händen die Zeichen der Baynaad'schen Krank-
heit auf und allmählich verdünnten sich die Fingerspitzen.
In Jahre 1901 bestand noch Herzklopfen, aber die Struma
var hart geworden und polsirte nicht mehr. Ausser der
SUerodermie an den Händen zeigten sich an Kopf nnd
Bauen verdächtige Stellen.
8. Jellinek (Mittheil. d. Oesellsch. f. innere
Ked. u. 8. w. in Wien III. 4. p. 72. 1904) weist
darauf hin, dass bei Morbus Basedowii nicht selten
bräunliche Färbung der Augenlider vorkommt
Bei den vonBornikoel beschriebenen Sol-
daten mit Morbus Basedowii (Zwei Fälle von Forme
fruste der Basedow- Krankheit Deutsche mil.- ärztl.
Ztschr. XXXII. 11. p. 737. 1903) bestand beide
Male Steigerung der Körperwärme durch längere
Zeit In dem einen Falle traten auch epileptiforme
oder hysterische Anfälle auf.
Wenig Neues enthält die Dissertation von A d.
0 i r 0 d (Maladie de Basedow ä forme fruste. Thöse
de Paris 1903). Der Vf. bespricht besonders die
Fälle, in denen Herzstörungen fast allein vorhanden
sind. Er rfihmt den Einfluss der Digitalis, wenn
die Tachykardie zu Asystolie geführt hat.
N. Oontscharukow (üeber die Herstellung
eines für die SchilddrQse speoifischen Serum. Centr.-
BL f. allg. Pathol. XIII. 4. 1902) scheint zuerst
ein Serum, das bei Hunden als Antithyreoidin
wirkt, hergestellt zu haben. Er injicirte Hammeln
den Brei von Hunde-Schilddrüsen. Ein Hammel
erkrankte nach mehreren Injektionen und sein
Serum machte den Hund krank, d. h. es traten nach
der Einspritzung besonders tetanische und spastische
Erscheinungen auf. Sowohl bei dem Hammel, als
bei den getOdteten Hunden schien die Schilddrüse
atrophisch zu sein.
In der Arbeit von W.O. Maooallum (On the
production of specific cytolytic sera for thyroid
and parathyroid, with observations on the physio-
logy and pathology of the parathyroid gland, espe-
cially in its relation to exophthalmic goitre. Med.
News Oct 31. 1903) wird meist von Thier-
versuchen berichtet: Einspritzung von Saft der
Schilddrüse des Hundes in das Bauchfell von
Qänsen, des Serum dieser Oänse bei Hunden, u. s. w.
Etwas Sicheres kam dabei nicht heraus. Der Vf.
erwägt die Möglichkeit, dass bei der Entstehung
des Morbus Basedowii Erkrankung der Neben-
schilddrüsen eine Rolle spiele. Moussu soll mit
Nebenschilddrüsen vom Rinde in einem Falle von
Morbus Basedowii guten Erfolg erzielt haben. Da-
gegen soll Benjamins in 3 Fällen von Morbus
Basedowii die Nebenschilddrüsen normal gefunden
haben. Der Vf. hat in 8 Fällen von Schilddrüsen-
resektion bei Morbus Basedowii 4mal das Qewebe
der Nebenschilddrüse am Präparat auffinden können.
Immer schien es atrophisch zu sein und 2mal be-
stand deutliche Entartung. In einem Falle, wo der
Tod durch Morbus Basedowii herbeigeführt worden
war, wurde gar keine Nebenschilddrüse gefunden.
Einmal hat der Vf. einer Kranken mit Morbus
Basedowii Nebenschilddrüsen von der Kuh (12 Stück
täglich) eingegeben, ohne dass sich der Zustand ge-
ändert hätte.
JeanL6pine (S6rum antithyroldien. Lyon
m6d. GL 48. Nov. 29. 1903) hat dadurch versucht,
Antithyreoidin zu beschaffen, dass er eine Ziege
durch lange Zeit mit Hammelschilddrüse fütterte.
Im Anfange bewirkten grüssere Dosen Zufälle, all-
176
IV. Neuropathologie und Psychiatrie.
mählich aber gewöhnte sich das Thier daran und
schliesslich konnte es 100 g täglich vertragen. Das
Serum der Ziege schien bei Hunden als Anti-
thyreoidin zu wirken. Bei kleinen Mengen sank
die Harnstoffmenge um mehr als die Hälfte und
der Hund nahm an Gewicht zu. Bei grösseren
Oaben (40 com) wurde der Hund schläfrig.
W. Euhnemann (üeber die Behandlung des
Morbus Basedowii mit Rodagen. Münchn. med.
Wchnschr. LI. 10. 1904) hat bei einer Basedow-
Kranken durch Rodagen (6 g täglich) wesentliche
Besserung erreicht. M 0 b i u s.
216. Zur Pathogenese der sogen, rhenma«
tischen Faoialislähmung; von Dr. A. vonSarbo.
(Deutsche Ztschr. f. Nervenhkde. XXY. 5 u. 6.
p. 398. 1904.)
Der Vf. erzählt von einer Familie, in der Vater,
Mutter und 2 Söhne an Facialislähmung gelitten
haben. Er ist geneigt, als Ursache des familiären
Auftretens dieser Lähmung eine besondere Form
des Schläfenbeins vorauszusetzen, vermöge der ein
durch Erkältung entstandenes Oedem des Nerven
leicht zur Drucklähmung fQhren kann. Man mfisste
dann annehmen, dass in dem Falle des Vfs. Mann
und Frau blutverwandt oder zufällig im Besitze
von Schläfenbeinen mit engen Enochenkanälen ge-
wesen seien. Eine Infektion braucht man, meint
der Vf., nicht anzunehmen. M 0 b i u s.
217. Le spasme fiaoial, ses oaraotöres oU-
niques disUnotlliB ;parHenryMeige. (Revue
neuroL Nr. 20 ; Oct. 30. 1903.)
M. schildert die klinischen Merkmale des
Facialiskrampfes, wie sie sich unterscheiden vom
Tic im Sinne Brissaud's. Er trennt verschie-
dene Orade von den leichten nervösen Bewegungen
des unteren Augenlides bis zur dauernden „zittern-
den" Contraktur (contracture fr6missante). Wichtig
sind in diagnostischer Beziehung die stete Steige-
rung der Erampfersoheinungen im Verlaufe eines
Anfalles, ferner das strenge Beschränktbleiben auf
das anatomische Verbreitungsgebiet des N. facialis,
der Eintritt oder die Andauer während des Schlafes
und endlich die fast absolute Unwirksamkeit jeg-
licher Willensanstrengung und Aufmerksamkeit
Daher ist hier auch die auf der Disciplinirung der
Wiilenshandlungen beruhende Therapie der Tics
meist ohne jeden Erfolg. M. theilt einige charakte-
ristische Krankengeschichten mit. Er ist nicht der
Ansicht, wie Bernhardt und Frenkel, die im
vergangenen Jahre einige derartige Fälle beschrie-
ben haben, dass flbrilläre Muskelzuckungen bei dem
Facialiskrampfe etwas Besonderes seien ; er glaubt
vielmehr, dass diese Erscheinung ein integrirender
Theil des Symptomenbildes sei, den er schon in
seinen ältesten Beobachtungen hervorgehoben habe.
Endlich hält M. es nicht fQr wahrscheinlich, dass der
Facialiskrampf mit allen seinen charakteristischen
Eigenthümlichkeiten ein rein hysterisches Symptom
sein kann; freilich kann ein hysterisdiee Indi-
viduum jederzeit von diesem L^den befallen wer-
den, wie andere Leute auch.
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
218. Lestiosdesyenx; par Henry Meiga
(Paris 1903. Dein. 23 pp.)
Die Tics an den Augen theilt M. ein in solche
der Liider und in solche der Angäpfel. Die ersteren
sind die häufigsten von allen überhaupt vorkommen-
den. Sie befallen zuweilen ein Auge allein, häufiger
beide Augen. M. unterscheidet den Tic der Nicti-
tation und den Blinzeltic. Eine tonische Form ist
der Tic, bei dem das Auge aufgesperrt gehalten
wird. Der Blepharospasmus lässt sich vom Ble-
pharotic diagnostisch durch folgende Merkmale
trennen : jener ist fast stets einseitig, dieser meist
doppelseitig. Beim Krämpfe sieht man öfters sehr
deutlich die Contraktionen in den einzelnen Muskel-
bflndeln sich folgen, was beim Tic nie vorkommt
Der Lidkrampf ist nur ausnahmeweise mit Be-
wegungen des Augapfels verbunden; dieaes ist beim
Tic sehr gewöhnlich. Die Tics der Augäpfel können
die äusseren Augenmuskeln und die inneren be-
fallen ; die ersteren sind bei Weitem häufiger er-
krankt. Sie können ein oder beide Augen ergreifen.
Wenn die Bewegungen häufig sind, sieht man eine
Art von Nystagmus. Auch hier soll es tonische
Formen geben, die zuweilen diagnostischeSchwierig-
keiten wegen der Aehnlichkeit mit Ophthalmo-
plegien bereiten können. M. meint, dass, gleichwie
es einen Accommodationkrampf gebe, auch ein
Accommodationtic vorkomme; er will diesen bei
einem mit allgemeinen Tics und Stottern behafteten
jungen Manne beobachtet haben. Ferner glaubt er,
dass es entsprechend demHippus auch „Tics hippi-
formes^' giebt. Die Behandlung der Augentica ist
die sonstige Tic- Behandlung: die methodische Dis-
ciplinirung der Bewegungen, wie sieBriasaud
und M. seit mehreren Jahren gelehrt haben.
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
219. TiOB des levrea. Oheilophagie. COistto-
phobie; par Henry Meige. (Bruxelles 1903.
Severeyns. 14 pp.)
M. beschreibt zunächst das Lippenkauen, das
ebenso wie das Nägelkauen zu den schlechten Ge-
wohnheiten gehört. Der Reichthum an aeneibeln
Nervenendigungen an Lippen und Nägeln bat eine
grosse Zahl und Stärke von Reizungen aar Folge,
die von diesen Theilen ausgehen und motoriaohe
Reaktionen zur Folge haben. Jede dieeer Be>
wegungen ruft ihrerseits wieder neue Empfindungen
hervor; die Wiederholung fflhrt zur Gtowohnheit.
Die Unterdrückung wird von einem wirklichen Un«^
lustgefQhl begleitet Die Cheilophagie kommt
sonders im jugendlichen Alter vor. Der Ursj
ist gewöhnlich eine Ezcoriation oder eine Fii
an der Lippe; auch durch DentitionstOi
fehlerhafte Stellung der Zähne kann sie
rV. Neuropathologie und Psychiatrie.
177
gerofen werden. Sie muss ebenso behandelt wer-
den, wie die anderen unzweokmftssigen AngewOh-
nnogen. Meistens verschwindet sie nach Absohluss
derPubertAt, wird freilich nm diese Zeit oft ersetzt
durch die Trichophagie, das Kauen der Barthaare.
Dann beschreibt H. eine dauernde Unbeweg-
lichkeit der Oberlippe, die er öfters beobachtet hat,
sowohl beim Sprechen, als auch beim Essen p. s. w.
wild sie vOllig ruhig gehalten. Bine anatomische
Abnormität liegt nicht vor, denn die Personen sind,
wenn man sie dazu auffordert, sehr wohl im Stande,
die Oberlippe zu bewegen. Es handelt sich da um
eine Art „Tic tonique de la Idvre sup^rieure'^ In
einem Falle war dieser Zustand an die Stelle eines
Irlonischen Tic der Lippen getreten. Offenbar lag
diesen FlUlen eine fehlerhafte Beschaffenheit der
Zähne zu Orunde.
Endlich theilt H. noch sehr ausführlich die
Krankengeschichte eines sehr belasteten jungen
Mannes mit, der an allen möglichen Tics, Zwangs-
vorstellungen und Zwangshandlungen litt und von
dem nosophobischen Wahn befallen wurde, er litte
an einer Lippenkrankheit, als er eines schönen Tages
einige weisse Bläschen an seiner Unterlippe ent-
deckte. Er liess sich Jahre lang im In- und Aus-
hnde von unzähligen Aerzten unzählige Salben ver-
ordnen, bis er zu M. kam, der ihn in relativ kurzer
Zeit darch seine „Discipline psycho-motrice^' heilte.
M. betont ausdrücklich (und man kann ihm sicher-
lich bierin nur beistimmen), dass man bei der Be-
bandlang dieser Kranken nur durchaus wahrhaft
vorgehen, sie, soweit es irgend möglich sei, auf-
klären und dann mit Energie ihr ganzes Denken
nnd Wollen in die richtigen Bahnen leiten soll.
S. Auerbach (Frankfurt a. H.).
220. Sin Fall von akut aul^etretener reiner
TftaUähmnng ; von Dr. AlbertEnapp. (Mon.-
Schr. f. Psych, u. Neurol. XIV. 6. p. 428. 1903.)
K. theilt folgende interessante Beobachtung mit.
Ein 44jähT., an schon lange stationär gebliebener
LoDgen- und Hauttuberkulose leidender Mann hatte
Nachts, als er sich aus der Rückenlage auf die rechte
Seite drehen wollte, plötzlich das Oefübl, als ob er
iCtwas Kaltes in die rechte Hand kriegte^. Seine Frau
fflosste Licht machen, weil er behauptete, einen fremden
MeoscbeD an der Hand zu halten. Beim näheren Za-
Behen stellte es sich heraus, dass er seine eigene linke
Haod mit seiner rechten festhielt. Die Besinnung habe
er aach nicht einen Moment verloren, auch Schwindel
oder Uebelkeit habe er nicht empfunden. 14 Tage später
trtteo plötzlich klonische Zuckungen in der linken Oe-
sichts- und Rumpfbälfte und an der linken Hand auf, die
opooterbrochen 3 Stunden lang dauerten. Schmerzen
fühlte er nicht, das Bewusstsein trübte sich nicht, nur
<he Sprache verlor er während dieser Zeit Kleinere
derutije Anfalle traten noch etwa 3mal auf. Der linke
NsaeDflägel und das linke Auge fingen zu zucken an,
doch konnte der Kr. durch Reiben mit Pain Expeller
regelmässig diese Anfälle unterdrücken. Die 3 Monate
später vorffenommene Untersuchung ergab folgenden Be-
fönd: Während die motorischen Funktionen so gut wie
gar nicht beeinträchtigt waren, während die Berührungs-
Qod Schmersempfindung normal und die Temperatur-
empflndong nur ganz minimal herabgesetzt war, war
Med. Jahrbb. Bd. 282. Hft. 2.
das Lokalisationvermögen an der ganzen linken Hand,
besonders aber an den 3 ulnaren Fingern, gestört; den
Orad dieser Störung konnte man durch den Nachweis
der YergrÖsserung der Webe raschen Tastkreise exakt
messen. Ausserdem war die Lageempfindung in den
Gelenken derselben 3 Finger stark herabgesetzt und die
Fähigkeit, durch das Tastvermögen allein Gegenstände
zu erkennen, so gut wie aufgehoben. Die Bewegungen
der Finger der linken Hand waren auch unter Leitung
des Auges unbeholfen, so dass diese zur Verrichtung
feinerer Arbeiten unbrauchbar war.
E. weist darauf hin, dass man hier, auch ohne
Eenntniss von den Jackson'schen Anfällen zu haben,
nur eine cortikale Affektion (vielleicht Embolus mit
circumsoripter Erweichung), und zwar im Oyrus
supramarginalis annehmen könne. Er zieht der
Bezeichnung Lähmung des stereognostischen Sinnes
diejenige der „Tastlähmung'* vor ; jener vermittele
nur ein Urtheil Aber die Form, nicht Ober das
Material. • Das mittlere Drittel der Centralwindun-
gen, bei dessen Erkrankung ähnliche Erscheinun-
gen zu beobachten sind, kommt deshalb nicht in
Betracht, weil man dann zugleich eine Herabsetzung
der Muskelkraft fordern müsste.
8. Auerbach (Frankfurt a. M.).
221. Ueber gekreuste Lähnonmg deaEälte-
ainnes; von Dr. Ernst Mai. (Arch. f. Psych.
XXXVIII. 1. p. 182. 1904.)
Der Erankheitfall, um den es sich handelt und den
der Bef, längere Zeit gemeinsam mit Eohn stamm und
später auch noch beobachtet hat, ist folgender: Der
60jähr. Pat, der seit vielen Jahren an einer chronischen
Nephritis und starker allgemeiner Arteriosklerose litt,
klagte mehrere Tage über heftige Schmerzen auf der
rechten Stirn- und Oesichtshälfte , sowie über ein auf-
fallendes Wärmegefühl am linken Fusse, das sich bald
über das ganze Bein und die linke Rumpfbälfte aus-
dehnte. Die Untersuchung ergab : Dissociirte, gekreuzte
Anästhesie der Schmerz- und Kälteempfiodung auf der
linken Körperhälfte vom 2. Intercostalraume nach ab-
wärts und auf der rechten Kopfbälfte begrenzt durch die
Medianlinie und die Linie Scheitel-Obr-Oberlippe. Eis-
kälte wurde hier als lauwarm bezeichnet. Die Wärme-
und Berührungsempfindung war intakt, während sehr
schmerzhafte Keize gar nicht gefühlt wurden. Ausser-
dem bestand eine ganz geringe Facialisparese im mitt-
leren Aste, die aber vielleicht früher auch schon vor-
handen gewesen war. Die von M. noch erwähnte
Heiserkeit und geringe Ptosis [?], sowie die angeblichen
Schlundinnervationstörungen können wegen ihrer ausser-
ordentlichen Geringfügigkeit zur Lokalisation wohl nicht
mit herangezogen werden. Kohnstamm glaubte im
Anfange, es handle sich bei dem sehr hypochondrischen
Pat. um eine hysterische Störung, während Ref. sofort
von ihrem organischen Charakter überzeugt war. Letz-
terer kann noch hinzufügen, dass 4 Monate nach Beginn
der Affektion alle Störungen geschwunden waren. M.,
bez. Kohnstamm kommen nun auf Grund eingehender
anatomischer Erwägungen und unter Heranziehung der
Literatur, namentlich der Arbeiten von Wallenberg,
zu folgender Lokaldiagnose: Umschriebener Herd im Ge-
biete der rechten spinalen Quintuswurzel , und zwar
hauptsächlich der ventralen Theile und der anliegenden
Substantia gelatinosa nervi Y. Er erstreckte sich nicht
dorsalwärts und nur wenig medialwärts in die angren-
zende Formatio reticularis. Dagegen dehnte er sich
etwas ventral- und ventrolateralwärts durch die aus-
tretenden Yagusfasern längs der Peripherie der Medulla
oblongata in denXractus anterolateralis ascendens hinein.
In pathogenetischer Beziehung war selbstredend die
23
178
IV. Neuropathologie und Psychiatrie.
Arteriosklerose das ausschlaggebende Moment. Wenn
M. jedoch mit Sicherheit, unter entschiedener Ablehnung
einer Thrombose, annimmt, dass es sich hier um einen
allmählichen Oefässverschluss in dem lateralen Versor-
gungsgebiete der Art. cerebelli inf. post. gehandelt habe,
so muss Ref. gestehen, dass er ein Non liquet so lange
vorgezogen hätte, als die anatomische Untersuchung
noch aussteht. Auch wäre es bei der ausserordentlichen
Seltenheit des Symptomencomplexes vielleicht rathsam
fewesen, die lokaldiagnostischen Erörterungen und die
[ittheilung der Beobachtung überhaupt zu verschieben,
um 80 mehr, als nach Lage der Umstände in diesem
Falle die autoptische Controle mit einiger Sicherheit in
absehbarer Zeit zu erwarten ist.
8. Auerbach (Frankfurt a. M.).
222. Zur Casaistik und Aetlologie des inter-
mittirenden Hinkens; von Dr. H. Idelsohn.
(Deutsche Ztschr. f. Nervenhkde. XXIV. 3 u. 4.
p. 287. 1903.)
Id. hatte Gelegenheit, ca. 22 Fälle von inter-
mittirendem Hinken zu beobachten. Das männ-
liche Geschlecht war bei Weitem bevorzugt, darunter
waren viele Juden. Id. glaubt einer abnormen
oder wenig widerstandsfähigen Anlage des Gefftss-
systems eine ganz besondere Rolle in der Aetlo-
logie des Leidens zuertheilen zu müssen. In man-
chen F&llen dürfte der Plattfuss von Bedeutung
sein, d. h. er schafft den Locus minoris resistentiae,
den Boden für die Einwirkung von Giften (Lues,
Alkohol). Thermischen Einflüssen kann ein ge-
wisser ätiologischer Werth nicht abgesprochen
werden. Die Rolle des Tabakmissbrauches, der
Lues, der neuropathischen Diathese schlägt Id.
gering an. R. Pfeiffer (Cassel).
223. Sor an oas de parapiögie spasmodiqae
famtllale ; par le Prof. F. Raymond. (Arch. de
M6d. des enfants VI. p. 705. D6o. 1903.)
Die Krankheit kann hereditär auftreten oder in
famüialer Form, indem die Kinder einer Familie
krank sind, während die Eltern gesund erscheinen.
Es ist anzunehmen, dass das Nervensystem der
Betroffenen fehlerhaft veranlagt ist und unter dem
Einflüsse verschiedener äusserer Umstände kommt
dann die Krankheit zur Entwickelung. Die meisten
familialen Erkrankungen zeigen den Charakter von
systematischen Affektionen, indem gewisse ana-
tomisch - funktionelle Nervencentren befallen er-
scheinen.
In dem letzten von EL beobachteten Falle von spa-
stischer Paralyse handelte es sich am einen 15jähr. Kna-
ben, dessen Vater und ISjähr. Schwester an derselben
Krankheit litten. Anamnestisoh ist nichts nachzuweisen,
das Kind war bis zum Alter von 8 Jahren vollkommen
gesund gewesen. Damals hatten die Füsse steif zu wer-
den begonnen und das Gehen wurde schwer. Die Ver-
änderungen waren schleichend aufgetreten, ohne Fieber
oder sonstige pathologische Störungen; die Intelligenz
blieb immer ungetrübt. Der Zustand blieb stationär bis
zu 12 Jahren, wo eine neuerliche Verschlimmerung ein-
trat und auch die Arme ergriffen wurden. Die Sprache
zeigte keinerlei Veränderungen. Ausserdem wurden inter-
mittirende, spastische Contraktlonen des rechten Stemo-
oleidomastoideus beobachtet, wodurch der Kopf immer
nach links geneigt wurde. Es bestanden weder Mnskel-
atrophien, noch Sehnencontrakturen, noch objektive oder
subjektive Störungen der Sensibilität.
Die Krankheit wird allgemein auf eine Sklerose
des Pyramidenbündels zurückgeführt, doch stebea
dessen Veränderungen, wie R's Schüler Cestan
nachweisen konnte, nicht immer im Verhältnisae
zu der Schwere der Affektion. Mikroekopisoh
kaum nachweisbare Veränderungen der betroffenem
Fasern können dieselben spastischen Symptome
hervorrufen wie die vollständige Degeneration.
DiflSerentialdiagnostisoh ist es interessant, hervor-
zuheben, dass auch die multiple Sklerose als fami-
liale Krankheit auftreten kann.* Anfangs können
die Symptome sogar eine gewisse Aehnlichkeit mit
der spastischen Paralyse aufweisen, doch treten
früher oder später Nystagmus, Intenüonzittem,
Sprachstörungen auf, die über die Natur der Krank-
heit keinen Zweifel aufkommen lassen.
Es giebt noch eine Krankheit, an die man den-
ken muss, wenn man einen Fall von spastischer
Familiarparalyse vor sich hat, nämlich das als
Little'sche Krankheit bezeichnete Syndrom. Dieses
stellt eine besondere Form von Rigidität vor, die
sich auf Glieder und Rumpf, sowie auch auf die
Spraohorgane erstrecken kann, obwohl sie die
grGsste Intensität an den Beinen erreicht R hebt
aber hervor, dass die Little'sche Krankheit in
Wirklichkeit kein in sich abgeschlossenes Kiank-
heitbiid ist, sondern Symptome darbietet, die allen
spastisch-paralytischen Affektionen des Kindesalters
mehr oder weniger eigen sind, so z. B. : der spasti-
schen infantilen Paralyse, der spastischen infantilen
Hemiplegie, der infantilen cerebralen Diplegie.
Pathologisch -anatomisch wird hervorgehoben,
dass in einer gewissen Anzahl von Fällen, die das
Syndrom der spastischen Tabes darboten, man bei
der Sektion eine transversale Myelitis vorfand.
Diese kann primär sein und als Folge einer Infek-
tion (Typhus, Syphilis) oder einer Vergiftung (Blei,
Ergotin, Pellagra u. s. w.) auftreten oder sekundär
als Folge einer extra- medullären Krankheit (Taber-
kulose, Krebs, Tumoren der Wirbeisäule) sich ent-
wickeln. Namentlich in Fällen von familiärer Er-
krankung soll man auch die Möglichkeit einer
chronischen alimentären Vergiftung nicht ausser
Acht lassen. In vielen Fällen sind ätiologische
Momente nicht zu eruiren.
Die Prognose dieser Krankheit ist eine schlechte
und wir kennen kein Mittel, um den fortschrdten-
den Oang aufzuhalten. E. Tof f (Braüa).
224. Betrograde Amnesie nach Stnuacu-
lationversuoh und nach Kopftrauma ; von Dr.
Ed. Hess. (Mon.-Schr. f. Psych, u. Neuroi. X V. 4.
p. 241. 1904.)
Der Vf. theilt 3 Beobachtungen mit Im 1. Falle
handelte es sich um Dementia praecox bei einem
Säufer, einem wenig zugänglichen Kranken. In
den beiden anderen Fällen hatten beide PatienteB,
ein Mann, der vom Fahrrade gestürzt war, und
eine Frau, die vom Wagen gestürzt war, den Un-
fall und das unmittelbar Vorausgehende v<
V. Innere Medicin«
179
Es schiea später trotz der Behauptung des Wieder-
erimierns die Amnesie fort zu bestehen. Ein Ver-
sach mit Hypnose ist nicht gemacht worden.
HObius.
225. ZorEenntniBB derMikropoie und der
degonerativan Zoatande dea Centralnenren-
syttema; von Prof. P fister. (Neurol. Centr.-Bl.
IXin. 6. 1904.)
Der Vf. schildert yortreiflich eine Familie mit
massiger Entartung. Der eigentliche Patient hatte
TOQ Zeit zu Zeit, besonders bei Gesprächen un-
angenehmen Inhalts, den Eindruck, als ob sein
Oegenüber fern und klein wäre, als ob er durch
einen umgekehrten Operngucker sfthe. Merkwür-
diger Weise widerspricht der Vf. der von verschie-
denen Oelehrten aufgestellten Behauptung nicht,
solche Zustände seien auf Veränderungen der
Augenmuskeln, Parese der Accommodation zu be-
ziehen. Diese Behauptung ist doch recht schwach,
denn wir wissen, was für Symptome die Parese des
M. ciliaris macht, dass niemals dabei „Hikropsie'^
besteht Offenbar handelt es sich um eine Illu-
sion, man kann also sagen, wenn man will, es
gehe etwas in der Fissura calcarina vor sich.
Höbius.
V. Innere Medicin.
226. Neaere Arbeiten über Physiologie
und Pathologie der Blatgef&ase ; von Dr. Karl
Eompe in Friedrichroda. (Schluss; vgl. Jahrbb.
CCLXXXir. p. 72.)
R Speciellea (Pathologie und Therapie tnü
ÄU88^U88 der Aneurysmen).
46) üeber Arteriosklerose ; von Hirsch. München
1902. Verlag der „Aerztl. Rundschau* (Otto Gmelin). 8.
16 8. (60 Pf.)
47) L'arterioselerose, Ätiologie et Symptomatologie;
pir Hirtz. (Med. moderne Nr. 6. 1902.)
48) Arteriosklerose und Commotio eerebri; von
ApeJt (Aerztl. Sach verst.- Ztg. 12. 1902.)
49) Üeber intermittirendes Hinken; von H. Idel-
8ohn. (Peteisb. med. Wohnsohr. XXVIII. 5. 1903.)
50) Symposium- on arterioselerosis. Read before the
medical Soc. of the State of New York, at the Ninety-
SoTeoth Afinual Meeting, held in Albany. Jan. 27—29.
1903. (Albany med. Ann. XXIV. 3. p. 127. 133. 137. 140.
March 1903.)
51) Tico cases of obliterative arteritis in young men
kadtng to gangrene in eoUremities ; by E. Michels and
F. Parke 8 W e b e r. (Brit. med. Journ. Sept. 12. 1903.
p.566.)
52) Traumaiische Oangrcm an den Extremitäten
Kwi Arteriosklerose ; von Hirschfeld. (Aerztl . Sach -
veret-Ztg. 1. 1903.)
53) Ein Beitrag xur Diagnostik der Arteriosklerose
<^ Churalnervensystem ; von H n & t e k in Prag. (Wien,
klln. Rundschau XVII. 43. 1903.)
54) Zur Symptomatologie der stenokardischen An-
ßlle; von Kaufmann und Pauli. (Wien. klin. Wo-
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K. Co wen. (Glasgow med. Journ. LVII. 4. p. 260.
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(Wien. klin. Wohnschr. XV. 38. 1902.)
57) ün caso di angina abdominis ; pel Minella.
(Gazz. degli Osped. e delle clin. XXIII. 120. 1902.) '
58) Zur Klinik der Angiosklerose der Darmarterien
iJhfSftragia intermittens angiosderotica intestinalis) y
1«^ einem Beitrage xur Klinik des intermittirenden
Sinkens und des Siokes- Adam' sehen Symptomen-
komplexes; von Norbert Ortner in Wien. (v. Volk-
mann 's Samml. klin. Vortr. N. F. Nr. 347. Leipzig 1903.
Breitkopf k Härtel. Lex.-S. 50 S. 75 Pf. — Wien. klin.
Wchnschr. XIV. 44. 1902.)
59) The treatment of eardio-arterial disease; by
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60) Lues — Arteriosklerose ; von Alban Köhler.
(Fortschr. a. d. Geb. d. Röntgenstr. VI. 6. 1903.)
61) Z^ m6dic€Uion hypotensive(presel6rose et cardio-
pathies arterielles) ; par H. H u c h a r d. (BuU. de V Acad.
de M6d. 3. 8. XUX. 26. p. 812. Juin 30. 1903.)
62) L'arieroipotensione croniea, (Studio fisio pato-
logico- clinico- terapico) ; per il Prof. Andrea Ferran-
nini, Napoli. (Med. ital. I. 1903. Sond-Abdr. 54 pp.)
63) üeber relative temporäre Insufficienx der Semi-
lunarklappen der Aorta; von L. Popow. (Petersb.
med. Wchnsohr. N. F. XIX. 45—47. 1902.)
64) Uaortite abdominale; par T e i s b i e r. (Semaine
med. XXII. 48. 1902.)
65) Gase of aortie disease tcith unusual course; by
E. Bruce- Porter. (Brit. med. Journ. Nov. 21. 1903.
p. 1329.)
66) Diseases of tßie ascending aorta ; byClifford
All butt (Unoet July 18. 1903. p. 139.)
67) Ueber wandernde Phlebitis; von Noisser in
Stettin. (Deutsche med. Wohnschr. XXIX. 37. 1903.)
68) Flebite simmetrica infettiva criptogenetica eon
sindrome pulmonare grave preflebitica ; pel Arthur
Gampani. (Rif. med. XIX. 48. 1903.)
69) üeber Venenentxündung als Frühsymptom der
Lungentuberkulose; von Singer. (Wien. med. Wo-
chenschr. Uli. 13. 1903.)
70) The varicous veins of the under extremities; by
W. Ben Ott. (Lancet Nov. 8. 1902.)
71) Eitrige Thrombophlebitis der Sinus eavemosi
in Folge von Zahncaries ; von N.Damianos. (Wien,
klin. Wohnschr. XVI. 13. 1903.)
72) Aphasie und Hemiplegie in Folge Embolie der
Art. fossae Sylvii nach lyphus abdominalis ; von Brach.
(Wien. med. Wohnschr. LIII. 42. 1902.)
73) üeber autoehthone Thrombose der Himsinus
und der Vena magna OcUeni; von Dr. Karl Walko.
Aus der med. Klinik des Prof. R. v. Jak seh. (Ztschr.
f. Heilkde. N. F. IV. 2. p. 1. 1903.)
74) A case of thrombosis of the cerebral sinuses
foüowing on chlorosis; by P. S. Bichens. (Lanoet
July 26. 1902.)
75) Ileus in Folge von Thrombose der Vena mes-
erUerica; von A. Reitzen stein. (Münohn. med. Wo-
chensohr. L. 6. 1903.)
76) ü^er Thrombose und Embolien bei akuter Peri-
typhlitis, speddl über einen Fall von Embolie in die
rechte Art. femoralis mit Gangrän des Beines; von
Middeldorpf in Heidelberg. (Deutsche med. Wo-
chenschr. XXIX. 31. 1903.)
77) ii note on the eauscUion and treatment of throm-
bosis occurring in connexion unth typhoid fever; by A. E.
W r i g h t and H. G. K n ap p. (Lancet Dec. 6. 1902.)
78) üeber traumatische Herzklappen- und Aorten-
xerreissung ; von Prof. M. B. Schmidt in Strassburg.
(Münchn. med. Wohnschr. XLIX. 38. 1902.)
79) Zur (hsuisiik traunuUischer Herx- und öefäss-
affektionen; von Georg Jochmann. Ausdemallgcm.
180
y. Innere Medioin.
\
Erankenhause Hamburg- Eppendorf. (Mon.-Sohr. f. Un-
fallhkde. u. Invalidenwesen IX. 9. 1902.)
80) Doppelte Ruptur der Nabelvene mit (doppelter)
HämaiimUnldung bei spontaner Geburt; von R. v. West-
p h a 1 e n in Verny (Lothringen). Centr.-Bl. f. Gynäkol.
XXVI. 12. 1902.)
81) Complete transverse rupiure of aorta and left
pulmonary ariery; byMoWeeney. (Brit. med. Journ.
Jan. 31. 1903.)
82) Two cases of obstruction of the inferior vena
Cava; byW. C. Bosanquet (Edinb. med. Journ. N.S.
XII. 3. p. 250. Sept. 1902.)
83) Mn casuistischer Beitrag xur Kenntniss der
Erkrankungen des Oefasssystems , toehhe vermuthlieh
auf nervöser Grundlage entstehen; von v. Oriegern in
Kiel. (Deutsche med. Wchnschr. XXIX. 30. 1903.)
84) Zur Lehre von den Neurosen des peripheren
Kreislaufapparates, (lieber vasomotorische Ataxie);
von Hans Herz in Breslau. Berlin u. Wien 1902.
Urban & Schwarzenberg. 8. 124 8. (2 Mk. 50 Pf.)
85) Tahes dorsale e aortite; pel Arulani. (Rif.
med. XIX. 256. 257. 1902.)
86) Beitrag xur Lehre der Trommelschlägelfinger
bei Herxaffektionen ; von E. v. Cyhlarz. (Wien. klin.
Rundschau XVII. 9. 1903.)
87) Ein seltenes Oefässgeräusch in der Lunge; von
E. Pel in Amsterdam. (Berl. klin. Wchnschr. XL. 15.
1903.)
88) Ueber periphere Verengerung der Pulmonal'
arterie und die klinischen Zeichen derselben; von Maxi-
milian Weinberger. Aus der LH. med. Üniv.-Elinik
Prof. L. V. 8 c h r ö 1 1 e r 's. (Wien. klin. Wchnschr. XVL
42. 1903.)
89) lieber einige seltenere Nonnengeräusche uS ihren
diagnostischen Werth; von Geh. Rath Dr. L. Scheele
in Wiesbaden. (Internat. Beitr. z. inneren Med. II. p. 41.
1902.)
90) Beiträge xur AuskidtcUion des Herzens und der
grossen Oefässe; von Dr. Mad er in Wien. (Wien. med.
Wchnschr. LIII. 1. 1903.)
91) Zur Klinik und pathologischen ÄncUomie des
Adam- St okes' sehen Symptomencomplexes; von Hans
Luce. Aus der I. med. Abtheil, des allgem. Eranken-
hauses Hamburg-St. Georg. Mit 2 Abbildungen. (Deut-
sches Arch. f. klin. Med. LXXIV. 3 u. 4. p. 370. 1902.)
92) Chirurgie des arthres ; ses applieations ä quel-
ques lesions de Tariere femorale; par Jabonlay.
(Semaine med. XXIL 50. 1902.)
93) Zur Casuistik der Unterbindung der Art. carotis
externa; von M. Sattler. (Wien. klin. Rundschau XVII.
4. 1903.)
94) Beitrag xur Unterbindung des centralen Endes
der Vena ßigularis interna na>ch Durchtrennung der
Clavicula bei otogener septischer SintM-jugtäaristhrom-
böse; von E. Zaufal. (Prag. med. Wchnschr. XXVIII.
37. 1903.)
95) Ueber die Naht der Schenkelvene am Leisten-
bände und ihre Indikationen; von Alfred Schön-
wert h in München. (Münchn. med. Wchnschr. L. 9.
1903.)
96) Some cases from the Rothesay cottage hospital;
by J. N. Mars hall. (Glasgow med. Journ. LVH. 4.
p. 253. April 1902.)
97) lieber intraperitonäcUe Digitalcompression von
Beckenblutge fassen ; von Prof. Madelung in Strass-
burg i. E. (Deutsche Ztschr. f. Chir. LXXI. 1 u. 2. p. 1.
1903.)
98) Ueber Ligatur und Oompression der Art. iliaca
communis ; von EarlDreist. ( Ebenda.)
99) Beitrag xur Gelatinebehandlung der Melaena
neonatorum ; von E. Fuhrmann. Aus dem Alexander-
stift für Frauen zu St. Petersburg. (Münchn. med. Wo-
chenschr. XLIX. 35. 1902.)
100) The gelatin ireatement of haemoptysis; by
H. M. T i c k e 1 1. (Lancet Febr. 28. 1903.)
101) Die Behandlung innerer Blutungen; von L
Hecht. (Ther. d. Gegen w. N. F. IV. 9. 1902.)
102) Profuse haemorrhage treadet by culrenalin; by
Blair. (Brit. med. Journ. Sept. 27. 1902.)
103) On ireatement of haemophüia wiih ealeium
Chloride; by Edward Wallis. (Brit. med. Joan.
May 10. 1902. p. 1140.)
104) A case of haemophilia iüustrating the vdm of
calcium ehloride as a local styptie; by T. Wilson
P a r r V. (Lancet Febr. 21. 1903.)
105) SuW uso del caleio come emostatieo; pel Re-
gel i. fRiv. crit. di clin. med. Nr. 51. 1902.)
106) A neu) use for thyroid extraet; by Faller.
.(Med. News LXXXII. 9. p. 385. Febr. 1903.)
Die Monographie von Hirsch (46) fiher Arterio-
Sklerose ist nichts weiter als eine Zusammenstel-
lung der jetzigen Anschauungen über Aetiologie,
Symptomatologie und Behandlung, der er ^ne
Reihe kurzer Krankengeschichten beifQgt
Hirtz (47) unterscheidet 3 Krankheitbilder
der Arteriosklerose nach den Lebensaltem : 1) Die
Arteriosklerose der Greise, die langsame Entwicke-
lung zeigt, selten innere Organe befällt, aber sich
in der Peripherie weit ausdehnen kann. Dieee
Form der Arteriosklerose wird lange 2^it ohne
besondere Beschwerden ertragen. 2) Die Arterio-
sklerose des mittleren Lebensalters, die einzelne
Organe bevorzugt Der Tod tritt meist ein in
Folge von Urämie, Hämorrhagien des Gehirns mit
sekundärer Demenz. 3) Die Arteriosklerose der
jugendlichen Individuen, die mit besonderer Vor-
liebe die Eingeweide ergreift und durch kardiale
Kachexie, bez. Asystolie den Tod herbeiführt
Apelt (48) hat in der UnfalinerTenklinik
„Hermannshaus^* beobachtet, dass die Beschwer-
den der meisten Patienten nach Commotio oerebri
(Hirnquetschung oder nach Rocher Hirnpreesang)
Kopfschmerz, Schwindel und auch Abnahme des
Gedächtnisses, bei Ruhe, roborirender Di&t Milch-
und hydrotherapeutischen Kuren recht bald schwin-
den, während diese Symptome bei Patienten mit
Arteriosklerose nicht weichen wollten. A. findet
die Erklärung dafür darin, dass die bei der „Hirn-
pressung'' sich geltend machende Blutdrucksteige-
rung in den starren, mit Schwund der Maakulatar
behafteten Arterienrohren sich stärker geltend
macht, als in den elastischen, mit ihrem OeAss-
tonus die Blutdruckschwankung ausgleichende
Oefässen. (17 Krankengeschichten.)
Unter den Symptomen des iniermiUirendm
Hinkens hebt Id eis oh n (49) auf Grund eigener
Beobachtungen hervor, dass meist Zeichen alige»
meiner Arteriosklerose bestehen, femer, dass unter
14 Fällen 8mal Plattfuss vorhanden war und drit-
tens, dass die semitische Rasse das grteste God-
tingent der mit dieser Krankheit behafteten Fkt
stellt Eine einheitliche Aetiologie ist wahrschein-
lich nicht vorhanden.
Die 3 Hefte der AWany med. Annais 1903 (50)
sind der Arteriosklerose gewidmet, und zwar be-
handelt de Lancey Rochester die Diagnose
und Symptome, Genthwoorth R Butler die
Y. Innere Medioin.
181
Arteriosklerose des Herzens, Irving Phillips
Ljon die Arteriosklerose der Nieren, Charles
6. Stock ton die Arteriosklerose der Verdau-
UDgsorgane, William Browning die Arterio-
sklerose der Nerven und Adolf Heyer die
Arteriosklerose des Gehirns. Es sei auf diese Auf-
sätze, die sich zu einem kurzen Referate nicht
eignen, hiermit hingewiesen.
Michels und Weber (51) bereichern die
CasQistik der Gangrän der Extremitäten in Folge
von JrienUia obliierans um 2 Fälle bei jungen
Leuten.
Hirschfeld (52) hebt hervor, dass Querrisse
der Intima als Folge stumpfer Oewalteinwirkung
und arteriosklerotische Veränderungen bei alten
Leuten und Diabetikern eine Disposition zur Ent-
stehung der Gangrän darstellen. Ein Trauma kann
von entscheidendem Einfluss auf die Lebensdauer
sein, weil Arteriosklerotiker ohne Trauma noch
Jahrzehnte lang leben können. * Daher kommt es
im conkreten Falle darauf an, nachzuweisen, ob
das Trauma seiner ganzen Natur nach im Stande
war, die Möglichkeit einer Heilung zu verringern.
Tritt der Tod in Folge fortschreitender Oangrän
ein, so ist der Zusammenhang zwischen Trauma,
Oangrän und Tod sicher erwiesen. Das ist aber
nicht der Fall, falls auf dem Boden einer Arterio-
sklerose in Folge von Trauma eine tödtliche Nieren-
schrumpfung sich entwickelt
Hn&tek (53) stellt als wichtigste Frflhsym-
ptome der Sklerose der Hirnarterien auf: Kopf-
schmerzen, Schwindel und Oedächtnisssch wache.
Leider bieten bekanntlich die verschiedenen Ab-
arten der Neurasthenie genau dieselben Kenn-
leichen, ohne dass die kleinste Wahrscheinlichkeit
einer cerebralen Arteriosklerose dabei vorhanden
wäre. Daher ist es meist ausserordentlich schwer,
eine genaue Grenzlinie zwischen Neurasthenie und
cerebraler Arteriosklerose zu ziehen, besonders in
ihren Anfängen. H. theilt zwei in klinischer Hin-
sicht sehr interessante Fälle mit, von denen die
Arteriosklerose im ersten Falle ein fast typisches
Bild eines Oehirntumor vortäuschte, im zweiten
durch Bulbärsy mptome Charakter isirt war. Zugleich
Instand in letzterem Falle Purpura haemorrhagica.
Kaufmann und Pauli (54) haben eine
Heihe von Fällen mit Stenokardü beobachtet, in
denen die heftigen, krampfartigen Schmerzen ihren
Sitz im Epigastrium oder um den Nabel herum
hatten. Die Dauer der Anfälle schwankte zwischen
^ Sekunden und 5 Stunden, unbeeinflusst von der
Qualität der genossenen Speisen, dagegen aus-
gwprochen beeinflusst von deren Quantität und
von körperlicher Anstrengung. Die eine Gruppe
^fasst die Fälle, in denen der epigastrische
Schmerz nur Theilerscheinung vollkommen aus-
gebildeter stenokardischer Zustände ist. Die andere
Oruppe dagegen bildeten die Fälle, in denen krampf-
^ge Schmerzen im Epigastrium bei gefässkranken
Personen auftraten, ohne dass es zu einem wirk-
lich ausgebildeten stenokardisohen Anfall kommt.
Bei einer dritten Gruppe sind die anfallsweisen
epigastrischen Schmerzen ganz isolirt vorhanden.
Therapeutisch empfehlen K. u. P. Dluretin mit Jod.
John Cowen (55) giebt eine pathologisch-
anatomische Darstellung der Ursachen und der
Folgen des Verschlusses der Kranzarterien unter
Beifügung von entsprechenden Krankengeschichte.
Im Anschlüsse hieran will Bef. auf den Vortrag
des Prof. E. Marchiafava in Rom hinweisen
(IL Congress der Societä italiana di Patologia,
Florenz vom 5. bis 7. Oct 1903), in dem der Ge-
lehrte über die Sklerose der Goronarartehen des
Herzens eingehend spricht und u. A. die grosse An-
zahl seiner beobachteten Fälle in 5 Gruppen theilt :
1) In einfoohe Sklerose der Coronararterien ohne
schwere Veränderungen des Myocardium. 2) Skle-
rosen mit akuten oder chronischen Erkrankungen
des Myokards. 3) Sehr beträchtliche Stenose der
Orificien der Coronararterien ohne oder mit leichter
Sklerose derselben, mit oder ohne Läsionen des
Myokards. 4) Lange bestehende Obliteration
einer Coronararterie mit oder ohne Läsion des
Myokards. 5) Akute Obliteration des Stammes
oder eines grossen Astes der Coronararterie mit
anämischem Infarkt oder mit Myomalacie, mit oder
ohne Herzruptur.
Neu SS er (56) betont,, dass ebenso wie die
Sklerose der Kranzarterien durch Ischämie des
Myocardium auf reflektorischem Wege zu bedeuten-
den gastrointestinalen Störungen zu führen vermag,
so auch erst recht bei Mitbetheiligung der Aorta
abdominalis und deren Aesten solche zu Stande
kommen werden. Solche Fälle werden dann meist
falsch begutachtet, es wird die Diagnose Dyspepsie,
Gallensteinkolik u. dgl. gestellt und womöglich eine
Karlsbader Kur verordnet. Nichts ist falscher und
gefährlicher für den Kranken, da bei der Karlsbader
Kur der Kranke Gefahr läuft, dass sowohl die
Koliken, als auch der Meteorismus sich zum
Bilde einer Darmstenose steigern, und so be-
sonders bei Sinken der Herzkraft und des Blut-
druckes in den Darmgefässen sogar eine Throm-
bose heraufbeschworen werden kann. Kranken-
geschichten.
Unter „Angina abdominia" versteht M i n e 1 1 a
(57) Schmerzanfälle bei Aneurysmen der Gefässe
des Plexus coeliacus. Auch bei einfacher Arterio-
sklerose dieser Gefässe soll dieser Zustand vor-
kommen. Wenn hiermit echte Angina pectoris
verbunden ist, so ist die Diagnose nicht schwer.
Anderenfalls spricht für die Annahme dieser Krank-
heit das anfallsweise und heftige Auftreten von
Angst und Schmerzgefühlen in der Tiefe des Ab-
domens und der Nachweis von anderen arterio-
sklerotischen Gefässerscheinungen älterer Indi-
viduen. Der Ausdruck „Angina abdominis" soll aus
der Klinik des Prof. Baccelli in Rom stammen.
* Die sehr lesenswerthe Monographie 0 r t o e r 's (58)
ist eine klinische Erweitemog der Krankengeschichte eines
182
y. Innere Medioin.
55jähr. Mannes, bei dem sich mit unfehlbarer Regelmässig-
kcit 2—3 Stunden nach jeder grösseren Mahlzeit heftige
und brennende Schmerzen im Bauche in der Gegend
des Nabels einstellten, besonders nach der Ileocökal-
gegeud zu, ferner Athemnoth, Kurzathmigkeit, qualvolles
Luftaufstossen und allgemeines üebelbefinden. Das Colon
ascendens und transversum traten unter den Bauchdecken
reliefartig als breite, massig weiche Wülste sichtbar und
fühlbar hervor, während die Flexura sigmoidea contra-
hirt zu tasten war. Nach einigen Stunden gingen die
Erscheinungen zurück. Probelaparotomie, Tod 2 Tage
nachher an septischer Peritonitis. Die Sektion ergab:
chronische Endarteriitis der Brust- und Bauchaorta.
In der darauffolgenden klinischen Besprechung
hebtO. die Aehnlichkeit mit der „Claudication inter-
mittönte'' der Extremitäten (s. Jahrbb. GCLXXVIL
p. 72) hervor, so dass er den beschriebenen Fall
fQr einen solchen einer „Glaudication intermittente''
des Darmes hält. Aetiologisch wird das Erankbeit-
bild als OefässspasmuB in Folge von Arterien-
erkrankung aufgefasst
Campbell (59) verordnet in leichten Fällen
von Arteriosklerose, in denen das Herz, wenn auch
nur geringe, Schwäche zeigt, von Anfang an Bett-
ruhe, erst später wird ganz leichte Körperbewegung
gestattet. Treppen und Berge steigen ist voll-
kommen verboten. Kleine und regelmässig ge-
gebene Dosen von Nitroglycerin sind vortheilhaft,
dagegen sind dieHerztonioa(Digitali8und Strychnin)
verboten. In vorgeschrittenen Fällen eignen sich
nach C. Strophanthus und Jodkalium, später all-
mählich sich steigernde Körperbewegung undCO|-
Bäder. Bei Nierenarteriosklerose und bei besonders
hohem Blutdrucke ist ausschliessliche Milchdiät
von Nutzen. Alkohol wird streng verboten.
Köhler (60), der sich viel mit Röntgenauf-
nahmen von Knochenlues beschäftigt hat, stellt als
typischen Befund dafür Folgendes auf: massige
Krümmungen und leichte Knickungen der Knochen
imOanzen,osBificirendeundrareficirendePeriosteiti8
gleichzeitig nebeneinander, Hyperostose, Sklerose,
Osteoporose und Barefikation an einem und dem- ^
selben Knochen.-
Nach physiologischen und klinischen Vor-
bemerkungen über die arterielle Drucksteigerung
als Form der Präsklerose im Allgemeinen und des
Herzens im Besonderen giebtHuchard (61) in
seinem Vortrage eine wie gewöhnlich äusserst aus-
führliche Darstellung der Heilmethoden für diese
wichtigen Zustände : 1) allgemeine hygieinische und
physikalische Behandlung durch strenge Diät, Ver-
besserung der peripherischen Blutcirkulation durch
Massage und Muskelbewegungen (Oefässerweite-
rung), Bäderbehandlung (Nauheim und viele fran-
zösische C0| - Soolbäder) , Trinkkuren mit diure-
tischen Wässern (nur in der ^n/aw^»periode der
Sklerose) ; 2) medikamentöse Behandlung mit Jod-
präparaten nur im späteren Stadium, für die Prä-
sklerose werden Amylnitrit, Trinitrin, Erythrotetra-
nitrit (also Vasodilatatoren), Salpeter, bei Oligurie
und harnsaurer Diathese Theobromin, Theocin und
Theophyllin, und endlich die Organotherapie mit
den verschiedensten Organextrakten (Nebennieren,
Thymus u. s. w.) verordnet.
Ferrannini (62) bespricht in seiner auf
breiter Grundlage angelegten Monographie den
Folgezustand der Arteriosklerose, die chronische
Hypotension der Artehen, d. h. die Blutdrock-
verminderung. Nach einer Besprechung der kli-
nischen Symptome, soweit sie das Herz, die Arterien
und die Venen betreffen (mehrere Abbildungen nnd
Diagramme), kommt er auf die Theorien Thoma's
und Huchard's betreffend die Arteriosklerose
überhaupt zu sprechen, wobei die neuere Literatur
in sachgemässer Weise benutzt wird. Im Anschlüsse
hieran beginnt das eigentliche Thema, die Hypo-
tension der Arterien. F. beleuchtet die versclde-
denen Theorien nach morphologischen, embiyo-
logischen und chemischen Gesichtspunkten. Thersr
peutisch befindet F. sich gänzlich im Fahrwaaser
der Huchard 'sehen Schule, er empfiehlt diäte-
tische Maassnahmen, Organotherapie, elektrische
Lichtbäder, die „Tremulotherapie*^ nach Henry
K e 1 1 g r e n (Vibrationmassage ?) und die Massage
überhaupt. Daneben wird der Zander 'sehen
Mechanotherapie und dem Sporte im Allgemeinen
(Abbildungen) warm das Wort geredet, sowie auch
nebenbei der 0 er tel 'sehen Terrainkur gedacht
Die medikamentöse Behandiungsweise F. 's deckt
sich in der Hauptsache mit den vorhin (Nr. 61)
angeführten Vorschlägen Huchard's. (Grosse
Literaturangabe.)
Popow (63) hat bei 2 älteren Leuten mit stark ent-
wickelter Arteriosklerose eine relative lemporäre in-
suffieienx der Semüunarklappen der Aorta beobachtet
Bei beiden war eine Dilatation des Arcus aortae fest-
zustellen. Dem Eintreten dieser Insufficienz ging immer
ein krankhafter, die Herzthätigkeit über die Norm in An-
spruch nehmender Zustand voraus. Typisch und geradezu
charakteristisch ist hierbei, dass alle subjektiven Zeichen
( Vergrösserung der Herzfigur, diastolisches Oeräoach über
der Aorta) bei gebesserter Herzaktion völlig zurückgehen.
Daraus schliesstP., dass es sich auch nur um eine tempo-
räre Insufficienz handeln kann.
Teissier (64) sieht die Aariiiis abdomtnahi
für eine Krankheit an, die nur selten für sich allein,
meist in Verbindung mit entzündlichen Vorgänge
des oberen Aortenabschnittes vorkommt oder aber
sekundär durch direkte Uebertragung von entxfin-
deten Nachbarorganen entsteht Als objektive
Zeichen für diese Aortitis nennt T.: Druckschmen-
haftigkeit, Verlagerung und Mobilität der Aorta,
Pulsationen und rhythmisch klopfende Bewegung«!
der Bauchdecken, mitunter auch isolirte Contraktur
des rechten Musculus rectus abdominis. 3 Kranken-
geschichten.
Bruce-Porter (65) und Allbutt (66) bring»
casuistische Mittheilungen.
Neisser (67) berichtet über eine wahrscheinlich
hietische Erkrankung der Oefässwand bei einem Arbeiter,
an dessen rechtem Oberarm an der Aussen- und Innen«
Seite je eine subcutan gelegene, unter der Haut verschieb«
liehe, längliche, spindelförmige Anschwellung bestaDd,
die bei Bewegungen des Armes und auf Druck sehnen'«
haft war. Die Operation ergab, dass es sich am Infiltratct
handelte, die den subcutanen Venen angehörten. Eiwi
y. Innere Medioin.
183
Schmierkar brachte die Erscheinangen zum völligen
Hockgaoge.
Campani (68) theilt eioen Fall von symmetrischer
Phlebitis mit^ wahrscheinlich mit Embolia von infektiösen
leimen ans der entzündeten Vena saphena in die Lunge.
Singe r 's (69) Fall bat grosses Interesse : Ein 26jähr.
Mann erkrankte plötzlich unter den Erscheinungen eines
Langeoinfarktes und einer Pleuropneumonie. Erst mch rere
Tage später erkannte man die Ursache des Infarktes in
einer Thronsbophlebitis des Unterschenkels. Nach Ab-
heilung dieser Processe zeigte sich eine SpitzenafFektion
mit positivem, wenn auch spärlichem Tuberkel baciilen-
befand.
W. B 6 n e 1 1 (70) hält die Varieen an den Beinen
in der Hehrzahl der Fälle für angeboren. Auch die
im spftteren Leben erworbenen sind auf über-
mässige Anstrengungen vor der Pubertät bei
schwach angelegten Venen zurückzuführen. Aetio-
logie in England: die athletische, übermässige Aus-
büdang der Schulkinder. Aus diesem Grunde sollen
in England die Varieen bei jungen Mädchen der
besseren Stände zugenommen haben (Sport). Nach
der Pubertätperiode sollen nach B. normale Venen
sieht mehr varikös werden in Folge von Ueber-
anstrengung. Lieblingsitz der Varieen sind das Ge-
biet der Vena saphena interna, externa und bei
Frauen die Hinter- und Aussenseite der Ober-
schenkel, an welcher letzteren Gegend die Venen
direkt mit den Beckenvenen communiciren. Daher
sind Varieen dieser Gegend häufig mit Varix der
Schamlippen yerbunden. Wegen der Gefährlich-
keit dieser Varieen glaubt B. solchen Mädchen vom
Heirathen abrathen zu müssen. Varieen der Vena
Btphena hält B. für harmloser. Bei congenitalen
Varieen besteht der Varix lange, ohne Schmerzen
und Oedeme zo verursachen^ umgekehrt ist es bei
erworbenen. Therapeutisch empfiehlt B. Regu-
iining des Stuhles, Vermeiden zu heisser oder zu
hlter Bäder, massige Körperbewegung. Bei Varieen
während der Entwickelungsperiode ist Massage
(ias voUkommenste Mittel. Auch von elektrischen
Bädern verspricht B. sich Erfolg. Von compri-
mirenden Strümpfen und Binden macht er nur Ge-
brauch, wenn die Varieen Beschwerden verursachen.
Onmmibinden, weil undurchlässig, werden ver-
worfen, am besten sind Crepebinden. Strümpfe
ond Buidagen müssen die Beschwerden beseitigen
und dürfen keine kalten Füsse hervorrufen, sonst
sind sie nicht gut angelegt oder passen nicht. Als
Operation empfiehlt B. die hohe Ligatur der Vena
saphena, meist verbunden mit nochmaliger Ligatur
^ht unterhalb des Knies. Nur in ganz schweren
hUen wird die ganze Vena saphena von der Leisten-
gegend bis zum Knie resecirt, mit Schonung der
oberflächlichen Beinvenen. Nach der Operation
3 Wochen Bettruhe und mindestens 2 Monate Ent-
balten von jeder schweren Arbeit. Varieen an der
Aoasenseite des Oberschenkels resecirt B. nur,
wenn sie frei mit der Vena saphena communiciren.
Damianos (71) erörtert eingehend die Mög-
lichkeiten des Infektionweges einer Thrombo-
phlebitis der Sinus cavemosi in Folge von Zahn-
caries und bespricht die Aussichten eines opera-
tiven Vorgehens.
Brach (72) erzählt folgenden Fall : Bei einem 23Jähr.
TyphusrecoQvalescenten trat nach einem plötzlichen
Erampfan falle Nachts Verlast der Sprache und eine all-
mähliche Lähmung der ganzen rechten Eörperhälfte (auch
Hypoglossus und Facialis) auf. Die linke Papille, anfangs
verengt, wurde später erweitert, war aber reaktionlos.
Strabismus divergens des linken Auges! Allmähliche
Besserung innerhalb 4 Wochen, danach völliges Ver-
schwinden aller Symptome. Diagnose: Embolie der A.
fossae Sylvii.
Walko (73) berichtet über den klinischen Ver-
lauf und den Sektionbefund einer Thrombose der
Hirnsinus und der Vena magna Oaleni, die sich
bei einer 49jähr. Frau an eine Episiotomie, Exstir-
pation eines fibrösen Polypen mit nachfolgendem
Curettement angeschlossen hatte. Nach Bespre-
chung der Genese solcher autochthonen Thromben
führt W. reichliche Literatur an, so besonders die
Fälle von Bollinger, Pasteur und Kockel,
die genau wiedergegeben werden. In fast allen
Fällen bestand folgender gleichartiger Symptomen-
complex : Die ausgebreitete Sinusthrombose setzt
gleich mit schweren cerebralen Erscheinungen nach
kurzen Initialsymptomen (Kopfschmerz und Er-
brechen) ein: gesteigerter Hirndruck, Reiz- oder
Lähmungserscheinungen, sowohl im Gebiete ein-
zelner Hirnnerven, als auch im Bereiche des Kör-
pers, oft mit Sensibilitätstörungen (Hyperästhesie),
Delirien, Apathie, Schlafsucht und Koma. Wegen
des oft raschen Wechsels an Stärke und Dauer
dieser Erscheinungen wird die Diagnose sehr er-
schwert. Am ausgeprägtesten findet man den
komatösen Zustand bei der Thrombose der Vena
Galeni und der tiefen Himvenen, wobei durch die
collaterale Blutstauung schwere Läsionen der Him-
substanz, besonders der Centralganglien, erfolgen.
Als besondere, zum Theil nervöse Symptome wer-
den genannt: Die meist gegen das Ende auf-
tretende „Zwangslage^* (zusam mengekauerte Stel-
lung mit starker Muskelrigidität), öfters von Opistho-
tonus unterbrochen, ferner die constante Drehung,
zeitweise auch Drehbewegung des Kopfes nach
links. Weniger häufig ist lokale Cyanose im Ge-
sicht (Bereich der V. faciales anteriores) und un-
gleiche Füllung derV. jugular. externa. Ueber das
Verhalten des Blutes bei Sinusthrombose schwanken
die Angaben der Beobachter: Im Falle W.'s be-
stand eine Oligochromämie und beträchtliche Leuko-
cytose (27000). Bezüglich der Temperaturverhält-
nisse ergab sich, dass Anfangs nur geringe Er-
hebungen sich einstellen, dass aber gegen das Ende
zu die Temperatur sich erheblich steigert, ja es
wurde wie bei Tetanus eine postmortale Tempe-
ratursteigerung beobachtet. Folgeerscheinungen
der Sinusthrombose sind hydrocephaUsche Ergüsse
in die Ventrikel, blutige Imbibition, capillare oder
stärkere Blutungen in die Gehirnsubstanz, rothe
Erweichung. Verwechselung der Diagnose mit
Meningitis suppurativa, akuter Encephalitis, Tumor
cerebri ist sehr häufig, da die autochthone Sinus-
184
y. Innere Medicin«
thrombose gegenüber den anderen genannten und
ähnlich verlaufenden Krankheiten ausserordentlich
selten vorkommt.
H i 0 h e n 8 (74) hat einen Fall von Sinusthrombose
beobachtet, der in Heilung ausging. Ein ISjähr., schwer
chlorotisches Mädchen zeigte nach Stirnkopfechmerz eine
bis an Bewusstlosigkeit grenzende Benommenheit, Er-
brechen, Pupillener Weiterung, Neuritis optici duplex und
leichte Temperatursteigernng. Dieser schwere Zustand
dauerte 30 Stunden, nach 5 Tagen kehrte das Bewusstsein
wieder zurück, nach weiteren 8 Tagen waren alle cere-
bralen Erscheinungen verschwunden. Die Veränderungen
am Augen hintergrunde gingen jedoch viel langsamer zu-
rück. 2 Wochen nach diesem ersten Anfalle folgte unter
leichten Fiebererscheinungen Thrombose der rechten Vena
femoralis, begleitet von Lum baischmerzen links und star-
ker Albuminurie. Für letztere hat H. keine Erklärung. Die
Reconvalescenz ging dann ohne Zwischenfall von Statten.
Reitzenstein (75) bereichert die Casuistik der
Thrombose der Vena mesenterica um einen interessanten
Fall, der einen 39 Jahre alten Herrn betraf mit Varicen
an den Unterschenkeln und mit vorangegangener Blasen-
blutung (wahrscheinlich variköse Erweiterungen der
Blasenvenen). Die in die Augen fallenden Symptome
der in 4 Tagen tödtlich verlaufenden Krankheit waren
allmähliches Einsetzen der Erscheinungen (Schmerz, blu-
tige Durchfälle), das plötzliche Aufhören des Schmerzes,
der Mangel eines lokalisirten und allgemeinen Meteoris-
mus, der erst am 3. Krankheittage auftretende Mutige
Ileus, die copiösen blutigen Diarrhöen mit allen Zeichen
innerer Verblutung. Die Sektion ergab einen obturirenden
Thrombus an der Uebergangstelle der Vena mosenterica
in die Vena portae, der zum Theil aus einem wand-
ständigen, alten Thrombus, zum Theil aus frischen,
schwarzrothen Thrombusmassen bestand, in die Vena
portae hineinragte und die Vena mesenterica vollständig
obturirte (Abbildung). Ausserdem fanden sich noch vari-
köse Erweiterungen und kleinere Thromben in den Milz-
und Nieren venen.
Middeldorpf (76) beschreibt einen Fall von Peri-
typhlitis, die durch die Embolie der Art femoralis com-
plicirt war, so dass Gangrän des Beines eintrat und die
Absetzung des Gliedes noth wendig wurde. Als Grund der
Embolie nimmt M. einen wandständigen Thrombus in der
Art. iliaca externa an, hervorgerufen durch das Fort-
schreiten des entzündlichen Processes um den Blinddarm
auf die Arterie.
Vergleichende Blutuntersuchungen Wright 's und
'Knapp'sC??) zwischen Gesunden, Typhuskranken und
Typhusr«convalescenten ergaben eine Abnahme der Blut-
gerinnbarkeit während der fieberhaften Periode und eine
Beschleunigung der Blutgerinnung während der Recon-
valescenz. Die Autoren machen besonders auf diese
Eigenthümlichkeit und den vermehrten Kalkgehalt des
Blutes aufmerksam, weil hierdurch die Entstehung der
Thrombosen in der Reconvalescenz ihre Erklärung fiudet
Die Vermehrung der Kalksaize des Blutes soll Folge der
üblichen Milchdiät bei Typhus sein.
Schmidt (78) hat Gelegenheit gehabt, eine frische
traumatische Ruptur einer Herzklappe anatomisch studiren
zu können : Ein 85jähr. Mann stürzte aus dem Fenster
des 1. oder 2. Stockwerkes und wurde 2 Stunden später
todt aufgefunden. Es fand sich ausser anderen Ver-
letzungen an der hinteren Aortenklappe ein sie ihrer
ganzen Dicke nach durchsetzender Riss, der winkelig ge-
knickt war, und zwar so, dass die Spitze des Winkels
nach rechts gekehrt war und unterhalb des Schliessungs-
randes lag. Der obere Schenkel endete dicht unter dem
Nodulus Arantii. Obwohl an den Klappen eine kleine
kalkige Härte fühlbar war, verlief der Riss durch un-
veränderte Klappensubstanz. Von endokarditischen Auf-
lagerungen oder Schrumpfungen war nichts zu bemerken.
Auch an der unteren Fläche des vorderen Mitralsegels
fand sich ein 2 mm langer Einriss mit blutiger Verfärbung
der nächsten Umgebung. Das Herz an sich war atro-
phisch, das Myokard frei von degenerativen Processen.
Die Aorta wies multiple Einrisse auf mit fettigen Rändeni,
sowohl in der Brust-, wie auch in der Bauchaorta.
Jochmann (79) beschreibt 3 Fälle von tnmmo'
tischen Herxr- und Oefasserkrankungen. Im 1. Falle
handelte es sich um eine Ck)ntusion der Brust (40jibr.
Arbeiter) in Folge eines 10 Centner schweren Ballens,
durch den der Mann gegen einen lagernden Baileo ge-
schleudert wurde. Er^ Diagnose: Bruch des Dorn-
fortsatzes des 8. und 10. Brustwirbels, Bruch der 6. und
7. Rippe. Nach geeigneter Behandlung Entlassung nach
3 Monaten. 4 Wochen später Neuaufnahme wegen Athem-
besch werden, Beklemmungen und Oedemen. Nanmehr
nach genauer Beobachtung Diagnose: traumatisch ent-
standenes Aneurysma der Aorta ascendens und losuffi-
cienz der Aortenklappen. Der Befund und das subjektiye
Verhalten des Kr. hat sich seit 3 Jahren nicht geändert.
Auch im 2. Falle handelte es sich um eine darch
Contusion der Brust herbeigeführte Verletzung der Aorta:
entweder Riss in dieintima und Media mit nachfolgendem
Aneurysma dissecans oder Aneurysma verum in Folge
der durch die Quetschung hervorgerufenen Zerreissaog
der elastischen Elemente der Media.
Der 3. Fall betraf eine traumatische Perikarditis,
deren Diagnose und Aetiologie keine Schwierigkeiten
bot. J. hebt mit Recht hervor, dass Perikarditiden bei
Unfallverletzten viel häufiger vorkommen, als man an-
nimmt, d. h. diagnosticirt , weil meist andere, augen-
fälligere Verletzungen das Eingreifen des Arztes erfordern,
und so die Symptome der Perikarditis übersehen werden.
Für den Verletzten hängt aber von der frühen Diagnose
nicht nur körperlich viel ab, sondern auch später ist auf
Orund der eventuell restirenden Adhäsionen des Peri-
kards die Arbeitunfähigkoit leichter erklärt und daher (är
die Feststellung einer Rente von grosster Bedeutung.
V. Westphalen (80) schildert einen in der Strass-
burger Hebammenschule beobachteten Fall von doppelter
Ruptur der Nabelvene mit doppelter Hämatombildoog
bei spontaner Oeburt ausführlich und macht auf die
forensische Bedeutung derartiger Ereignisse aufmerksam.
Bei einem vom Oerüste gestürzten Manne beobachtete
McWeeney (81) eine traumatische Ruptur der Aorta
und der Pulmonalarterie , ein sehr seltenes Ereigniss:
Der Arcus aortao war */4 Zoll oberhalb des Ursprungs
der linken Art subclavia durchgerissen. Einen gleichen
queren Riss zeigte die Art pulmonalis, ca. >/t ^U ^^
der Bifurkation. Der Bluterguss war in die linke Pleura-
höhle erfolgt, daher war die linke Lunge coUabirt and
fast luftleer. Im Uebrigen war die Intima der Art pul-
monalis ganz normal. Der Riss hatte bei beiden ver-
letzten Gefässen gezackte Ränder.
Versehlttss der Vena cava inf, kann Torkommen
durch Druck von aussen bei Sarkom (Korr) und Aneu-
rysma (Griffith) und durch Gefässwandverfinderungen
tuberkulöser (Griffen) oder einfach thrombotischer
(Haushalterund Etienne) Natur und bei Entwicke-
lungshemmungen (Griffith, Scudder). In den
2 Fällen von Bosanquet (82) handelte es sich einmal
um eine klinische Diagnose, im anderen Falle um dnen
durch Autopsie festgestellten Befund: Obliteration der
Vena cava inf. durch gummöse Hepatitis, die schon vor
6 Jahren hervorgetreten war und so langsam die Vena
cava inf. obstruirte, dass sich ein genügender Collateral-
kreislauf bilden konnte, so dass die Oedeme der Beine
wieder schwanden. Der Tod trat ein durch akate Chole-
cystitis mit Perforation in die Bauchhöhle.
Bei einer an Lues leidenden Pat. stellte ▼. Crte-
gern (83) ein dem Raymon duschen Syndrom ent-
sprechendes Krankheitbild fest, in dem es zu zahlrei^ea
Hautblutungen am ganzen Körper kam. Sie traten in
der gleichen Anordnung in Head 'sehen Segmeotea ai^
wie sie dem Herpes zoster zukommt Als wahxBcheiik*
liehe Ursache dieser Blutungen nimmt v. Cr. einen Oe-
fässkrampf an.
y. Innere Medioin.
185
Herz (84) giebt in einer dem Prof. 0. B o s e n -
bach gewidmeten Monographie eine ausgezeich-
nete kÜDische Darstellung der sogenannten „vaso-
motohflchen Neurosen" oder, wie er mit Solis-
Cohen (Vasomotor ataxia. Amer. Joum. of med.
Sa 1897) sich ausdrückt, „vaaotnoiorisdienAiaxie''.
Unter diesem Ausdrucke versteht er den stets
mannigfaltigen Zustand, der „auf einer Schwftche
in dem Coordinationsmechanismus beruht, in Folge
dessen das Oleichgewicht der Oefftssaktion von
fünflflfisen gestOrt wird, die bei den meisten Men-
schen keine solche Wirkung haben, und sehr ge-
stört TOD Einflüssen, welche normaler Weise nur
eine kleine Wirkung haben, während die Her-
stellung des Oleichgewichtes langsam und unvoll-
sttndig ist". Diese Oef&ssneurosen gehören vor-
zugsweise zu den motorischen. Sensible Oef&ss-
neurosen (Neuralgien, Parästhesien der Oefftsswand)
h< H. für hypothetisch. Zu den sekretorisch-
tiophischen Neurosen rechnet er gewisse Störungen
im Lymphkreislauf (Urticaria , angioneurotisches
Oedem). Eine ausführliche Darstellung der Aetio-
^^^ Symptomatologie (33 Krankengeschichten),
die Connbination mit anderen Störungen, z. B. das
Verhalten des Herzens, des Nervensystems, des
Stoffwechsels, ferner die Beziehungen der vaso-
motorischen Ataxie zum Morbus Basedowii und
schliesslich die Ausgänge, Prognose und Therapie
machen den Aufsatz zu einer lehrreichen Lektüre.
Arolani (85) weist auf die Beziehungen hin, die
zwischen Tabes dorsalis und den Erkrankungen der Aorta
(Aortitis, iDSufficienz und Aneurysma der Aorta) bestehen,
in dem Sinne, dass beiden Erkrankungen ein und dieselbe
Ursache ätiologisch zu Grande liegt : Lues. Aber ebenso
wirken auch Alkoholismas, Malaria und Bleivergiftung.
Voo anderen noch in Betracht kommenden ätiologischen
Momenten fuhrt A. Variola an. Anführung zweier Fälle,
die seine Ansicht beweisen sollen (?).
y. G y h l a r z (86) folgert aus einem genau beobach-
teten und beschriebenen Falle , dass Trommelschtägel'
fififfer im Verlaufe von Herzaffektionen auch unter Ein-
floss eines entzündlichen Agens und nicht nur durch
Teoöse Stauung entstehen können.
P e 1 (87) beobachtete bei einem 3^ähr. tuberkulösen,
öfter an Hämoptoe leidenden Arbeiter ein lautes, con-
tiooirliohes, saussendes Blasen mit systolischer Verstär-
knog, begleitet von einem hohen, pfeifenden, fast musi-
blischen Oberton, hörbar aber dem ganzen Oberlappen
der rechten Lunge, am stärksten in der Fossa supra-
spinata, 3 — 4 cm von der Wirbelsäule entfernt. Die
genaae Untersuchung ergab nur eine leichte Retraktion
der rechten Lungenspitze. P. glaubt, dass es sich um
eine direkte Gommunikation zwischen Arterie und Vene
Uneorysma arterio-venosum, bez. Anastomose) oder um
oae Venenerweiterung, bez. Stenose in der Nähe der
tieiioffenen Arterie gehandelt habe.
Weinberger (88) beschreibt unter Heranziehung
der Literatur klinisch und anatomisch ausführlich einen
Fall von peripheriaeher Verengerung der Pidmonaiarterie
ond bespricht die Differentialdiagnose gegenüber den
^rigen KLappen fehlem. Es mag hier genügen, darauf
liioznweisen, dass in W.'s Falle die Verengerung beson-
^^ der linken Pulmonalarterie als physikalisches Zeichen
oa rauhes gedehntes Oeräusch ergab, das über der linken
Longe nur schwach, dagegen rechts vom und am Bücken
nhi laut und rauh, n^it seiner grössten Intensität neben
dem rechten unteren Brustbeinraude zu hören war. Das
Med« Jahrbb. Bd. 282. Hft 2.
in dem Stamm vor der Theilung entstehende Oeräusch
wurde somit in den rechten Hauptast geleitet, wo die
Bedingungen für seine Fortpflanzung gegeben waren,
während es in dem linken, stark verengten und stark
nmscheideten Hauptaste nicht fortgeleitet werden konnte.
Diese Zeichen soUen, wie W. meint, es ermöglichen,
ähnUche Fälle zu diagnosticiren, natürlich bei Ausschluss
anderer Veränderangen , die ein ähnliches, systolisches
Oeräusch bedingen können. (Literaturangabe.)
Auf Orund von 3 Fällen, in denen es sieh um
leichten Morbus Baaedowii, Tumor (Phlebolithen)
unterhalb des rechten Sternoolavikulargelenkes mit
Venenektasien der rechten vorderen Brustseite,
grossen Yaricen und reohtieüiger Pleuropneumonü
handelte und in denen leichte infraclavikuläre
Nonnengerftusche (Hohlvenengeräusche) zu hören
waren, glaubt Scheele (89) annehmen zu ddrfen,
dass „dieses infraclavikuläre Nonnengeräusch da,
wo eine starke Blutarmuth ausgeschlossen werden
kann, auf einen Erankheitzustand in der oberen
Thoraxpartie hinweist, der die ven5se Blutbahn
mechanisch beschränkt, und dass die betreffenden
Geräusche als eines der frühesten physikalischen
Symptome derartiger lokaler Erankheitsprocesse
zur Diagnose behftlflich sein kennen". Die 3 Eran-
kengeschichten sollen diese Behauptung beweisen.
Bei der Seltenheit der Stenosen am Conus arte-
riosus, am Ostium pulmonare und am Hauptstamm
der Art. ptUmonaUs, die ihren Ursprung tuberkulösen
Infiltrationen, indurativen Processen, abgelaufenen
Pleuritiden des linken Oberlappens verdanken (die
linke Art. pulmon. verläuft so dicht über dem
linken Hauptbronchus, dass der in der Arterie vor-
geschobene Finger auf den Bronchus stOsst, daher
wird bei Verschrumpfungsprocessen des Oewebes
an dieser Stelle der härtere Bronchus in das Lumen
der weicheren Arterie vorgedrängt werden und so
die Blutbahn verengern), betont Mader(90) als
Hauptsymptome der Stenose der linken Art. pulmo-
nalis: 1) systolisches Stenosengeräusch über der
Auskultationstelle der Art pulmonalis ; 2) Accen-
tuirung des 2. Pulmonalistones. Verwechselungen
mit Affektionen der Bicuspidalklappen dürften am
häufigsten vorkommen. Mittheilung einiger neuerer
Beobachtungen.
Im Anschlüsse an einen Fall von primärem
Sarkom der Herzscheidewand, das zu einer doppel-
seitigen infravalvulären obturirenden Herzetenose
geführt hatte und während des Lebens das Bild
der Adam- S tokos 'sehen Symptome gegeben
hatte, kommt Luce (91) zu dem Ergebnisse, dass
der genannte Symptomencomplex in jedem Alter
zu jeder beliebigen Herzerkrankung organischer
oder auch funktioneller Natur hinzutreten könne.
Der Verlauf ist ein akuter, subakuter oder chro-
nisch recidivirender. Heilung kann eintreten,
Arteriosklerose ist keine Conditio sine qua non für
das Zustandekommen des Symptomencomplexes.
Das Auffallendste ist die durch cardiogene oder
neurogene Ursachen bedingte Bradykardie. Die
nervösen Symptome wechseln und sind der Aus-
24
186
y. Innere Medioin.
druck der individuellen Reaktion des Centralnerven-
systems, besonders der Oblongata, auf die durch
die Yerlangsamung der Schlagfolge hervorgerufene
Girkulationstörung innerhalb des Gentralorgans.
Den Herzgeschwülsten kommt kein eigenes Erank-
heitbild %u. Die myogene oder neurogene Brady-
kardie ist aufzufassen als der Ausdruck eines ver-
änderten funktionellen Zustandes des Herzmuskels.
Unterernährung, allgemeine Dyskrasien, toxische
und infekti^e, und nervöse Beeinflussungen des
Herzmuskels beliebigster Art begünstigen das Ein-
treten eines solchen Zustandes.
Jaboalay (92) hat bei einem 16jähr. Meischer-
gesellen, der sich darch Abrutschen des Messers die Art
femoralis hoch oben verletzt hatte, die ünterbindane der
Femoralis ausgeführt. In kurzer Zeit stellte sich in
Folge der elastischen coilateralen Arterien die Cirkulation
wieder her. Bei arteriosklerotischen Arterien würde J.
eventuell die Implantation des centralen Arterienstampfes
in die Vena femoralis versacht haben.
Sattler (93) beschreibt einen Fall, in dem in Folge
einer Explosionverletzung des Gesichtskelettes eine un-
stillbare Nasenblatung die Unterbindung der rechten
Carotis externa noth wendig machte. 11 Tage nach der
Ligatur erfolgten wiederum, wenn auch leicht zu stil-
lende Blutungen aus dem rechten Nasenloche, ein Be-
weis dafür, dass in dieser kurzen Zeit sich der GoUa-
teralkreislaaf völlig hergestellt hatte.
Zaafal(94) berichtet über den sehr interessanten
Fall einer Unterbindung des centralen Endes der Vena
jagularis interna nach Durohtrennung der Clavicula bei
Sinusthrombose, die durch die äusserst schwierige und
sehr gefährliche Operation geheilt wurde.
Die 3 Fälle Schönwerth's (95) über die Naht der
Schenkelvene haben nur casuistisches Interesse. Es sei
jedoch, weil auch ihre Indikationen besprochen werden,
darauf aufmerksam gemacht.
Mars hall (96) berichtet über 3 Fälle: 1) Ruptur
der Aorta bei einem 28jähr. Manne, 2) senile Oangrän
des rechten Fasses, Amputation und Heilung bei einem
73jähr. Manne, 3) Aneuryma spurium der Art. radialis
bei einem ISjähr. Manne.
Madelung (97) bringt ein schon früher von ame-
rikanischer und englischer Seite (Literatur) geübtes Ver-
fahren, nach Laparotomie die Bauchaorta digital zu
comprimiren, in Erinnerung, nachdem ihm dieses Ver-
fahren (aus eigener Initiative und ohne Kenntniss der
ausländischen Priorität) in einem Falle von einem retro-
peritonäal gelegenen arteriellen Hämatom der rechten
Beckenhäifte (Messerstich oberhalb der Mitte des Pou-
part'sohen Bandes mit wahrscheinlicher Verletzung der
Art. iliaca externa) von grossem Nutzen gewesen war.
Der Verletzte wurde in Beckenhochlagerang gebracht.
Die Beine wurden blutleer gemacht. Durchtrennung der
Baachdecken ähnlich wie bei Aufsuchang der Appendix.
Die Hand eines Assistenten wurde in die bauchhöhle ge-
schoben, so dass 4 um den die Linea arouata interna
bildenden Beckentheil gekrümmt liegende Finger den
Hauptstamm der Beckenarterie und Vene gegen den
Knochen andrückten. Durch um die Hand herum ein-
gestopfte Gazecompressen wurde die Bauchhöhle ge-.
schlössen. Dann erst wurde das Aneurysma freigelegt
und gespalten. Es fand sich, dass die Art. iliaca ext
2 cm über dem Poupart'schen Bande und die Art. epi-
gastrica interna angeschnitten waren. Unterbindungen
folgten. Kein Blutverlust. Der comprimirende Assistent
merkte genau, wie seine Hand, als das Hämatom von sei-
nem Inhalte entleert wurde, deutlich tiefer sank. Hei-
lung ohne Oangrän des rechten Beines. M. glaubt, dass
heutzutage nach Laparotomien der Oedanke, digital die
Art ihaca communis zu comprimiren, nahe genug hegt
und dass die Beokenhochlagerung es erlaubt, die grossen
Oefässe des Beckens in schonender Weise zu fasseo ond
zu halten.
Im Anschlüsse an eine genau beechriebene
ünierbindung der Art. iHaea communis in der Con-
tinuität wegen Aneurysma spurium der Art femo-
ralis bespricht Dreist (98) die Indikationen, die
s. Z. schon Kümmell aufgestellt hat A. Unter-
bindung der Art. iliaca communis: a) definitive
Ligatur: 1) zur Stillung von Blutungen, 2) zur
Heilung von Aneurysmen grosserer Oefftssst&mme,
3) zur Verödung gefässreicher pulsirender Tumo-
ren, 4) als präliminare Operation zur Yermeidang
von Blutungen bei (Jeschwulstexstirpationen oder
Oberschenkelezartikulation ; b) temporäre Ligatur.
B. Compression der Art iliaca communis : a] digi-
tale Compression a) extraperitonäal, ß) intraperi-
tonäal; b) instrumentelle Compression. Dreist
theilt eine reiche Casuistik mit genauen Kranken-
und Operationgeschichten mit Schlussfolgerungen:
Trotz der Asepsis ist die definitive Ligatur der
Art. iliaca communis auch heute noch eine sdur
gefährliche Operation, vorzugsweise wegen der
Gefahr einer sekundären Beingangrän. Daher ist
statt der definitiven Ligatur möglichst die tem-
poräre Ligatur oder die Digitalcompression der
Art. iliaca communis auszuführen. Für die Com-
pression kommt hauptsächlich in Betracht die
intraperitonäale Digitalcompression, die bei strenger
Asepsis nicht mehr (gefahren bietet als die Metbo-
den ohne Eröffnung des Bauches, ohne deren
Nachtheile zu besitzen. Bei Mangel an Assistenz
wird SchOnborn^s temporäre Ligatur vorzn-
ziehen sein.
In 3FäUen vonMelamß neonatorum hat Fahr-
mann (99) die OekUtne-If^ekHonen angewend^
Im 1. Falle liessen sie ihn im Stiche, was wohl auf
zu späte Injektion zu schieben ist Dagegen war
im 3. Falle die plötzliche Wendung zur Besserung
sehr auffallend. In dem 2. Falle, der sehr leicht
war, wäre die Heilung, wie F. offen ausspridit,
wohl auch ohne Oelatine vor sich gegangen. F.
räth dringend zu mögliehst frühxeU^er Injektion
und in nicht zu geringen Mengen. Er empfiehlt
folgende Losung : Oelatin. alb. 1.0, Natr. düorat
ehem. pur. 0.3, Aq. dest 60.0. Den Mangel an
Natron macht er für die mitunter unangenehmen
Complikationen , wie Hautnekrosen , verantwort-
lich. F. injicirt 40 — 50 com auf einoud in das
sehr lockere Unterhautzellgewebe zwiachen den
Schulterblättern, wo die FlQssigkeit nngehener
rasch resorbirt wird und ausserdem die Injek-
tionstelle nicht so leicht mit den Exkrementen
der kleinen Patienten in Berührung kommt.
Tickeil (100) kann die Oelatine- Injektion in
das Rectum als Klysma bei Hämoptoe empfehlen,
deren Erfolg er in mehreren Fällen sicher erprobl
hat, und zieht sie der subcutanen Einspritsong vor.
Hecht(lOl) bringt die „hämostaüsehen Piäea^
Huchard's in Erinnerung, die der Verordnung
Eklund's ähnlich sind:
y. Innere Medicin«
187
Er^otin
ChiniD. salph. aoa 2.0
Pulv. fol. digital.
Extr. hyoBcyam. ana 0.2
F. pilal. Nr. XX. s. täglich 5—8—10 P. z. d.
(Hachard.)
Ergotin 2.0
Chioin. snlph. 4.0
F. pilul. Nr. 40. 1— 3mal Ugliob 2 F. z. n.
(Eklond.)
Das wirksame Princip hierbei scheint das
Chinin zu sein, das in Sproo. Lösung ftusserlich
angewendet jede parenchymatöse Blutung stillt,
z. B. nach Operationen in der Nase u. s. w. Hecht
hat mit seinen hftmostatischen Pillen grossen Er-
folg erlebt, so bei einem öjfthr. tuberkulösen Mäd-
chen, das in Folge von Keuchhusten bei jedem
Anfalle helles Blut in bedrohlicher Menge ausspie.
Nach 248tfi]id. Anwendung der Combination von
Chinin mit Ergotin stand die Blutung dauernd
trotz des Fortbestehens der krampfartigen Husten-
anlUle. Auch bei habituellem Nasenbluten hat H.
gnfe Erfolge davon gesehen.
Blair (102) konnte in einem Falle von pro-
/userBectalblutung (vicariirend für die cessirenden
Menses) nach vergeblicher Anwendung anderer
Mittel durch AdrenaUn. fluid, die Blutung zum
Stehen bringen (Morgens und Abends je 1.75 com,
alao pro die 3.6 com). Nebenerscheinungen wur-
den nicht beobachtet. -
Wallis (103) giebt bei Blutern prophylak-
tisch vor Zahnoperationen 3mal täglich 1.0 Ghhr'
toleium, dessen längerer Gebrauch die Oerinnungs-
ßbigkeit des Blutes derart vermehrt, dass man
Vorzelextraktionen ohne jede bedeutendere Blu-
tnng vornehmen kann. Nach Fortlassen des Oe-
branches von Chlorcalcium ist der alte Standpunkt
wieder da und die Hämophilen bluten wieder bei
jeder Gelegenheit
Parrj (104) hat das Calciumchlorid (2:30)
bei einem Bluter mit bedrohlicher Blutung aus
^m Zahnfleische angewandt, nachdem Eisenchlorid
und Adrenalin versagt hatten. Die Blutung stand
in kurzer Zeit
Regoli (105) hat zur Prüfung des Calcium-
eUorids als Hämostatioum Versuche über den Ein-
finas des CaCl^ auf die Gerinnung des Blutes an-
f^stellt theils im Reagenzglase direkte Einwirkung
des CbC\ auf frisches, arterielles Hundeblut, theils
intravenöse Injektion mit solchen Lösungen. Dabei
&nd R, dass die Oerinnungsfähigkeit des Blutes
nicht erhöht wurde, vielmehr die Gerinnung um
•0 später eintrat, je hOher der Concentrationgrad
der GaClf-LOsung war. Schliesslich blieb das Blut
fifcerhaopt flflssig. Hieraus folgert R., dass CaClf
Ar sich allein keine Rolle bei der Blutgerinnung
^Melen kann. Nach den Untersuchungen anderer
Autoren enthält das normale Blut an Calcium mehr,
tb zur Gerinnung nOthig ist. Daher kann die
CaC]|-LOsang nnr in solchen Fällen hämostatisch
wirken, in denen es dem Blute an Calcium mangelt
Nach den Erfahrungen Füll er 's (106) hat
sich das Sehilddrüamextraki gegen Blutungen theils
bewährt, theils war es ohne jeden Erfolg. Bei
Hämophilien und Hämaturien genügten meist Dosen
von 0.3 gf 3mal am Tage gegeben, bei Kindern die
Hälfte. F. warnt daher mit Recht davor, über dem
Schilddrüsenextrakt die gäng und gäben äusseren
Stjptica und event chirurgische Eingriffe zu ver-
nachlässigen.
m. Aneurysmen,
107) Die Äeliologie und Pathogenese der Aorten-
aneurysmen; VCD Hans Arnsperger. Aus d. med.
Klinik zu Heidelberg. (Dentsohes Arch. f. klio. Med.
LXXVIU. 5 u. 6. p. 387. 1903.)
106) Zum heutigen Stand der Aneurysmenfrage ;
von E. Lichtenstein. (loternat Beitr. z. innereD
Med. IL p. 451. 1902.)
109) Zur Statistik der Aneurysmen; von Ernst
Müller. (Ztsohr. f. Naturwissensch. XXXVII. 1902.)
110) JL preliminary report upon the Simulation of
aneurysm by atheroma and tortuosity of the arch of the
aorta; by Jose oh S aller and 6. E. Pfahl er. (Pro-
ceed. of the pathol. Soc. of Philad. N. 8. VI. 2. p. 48.
Deo. 1902.)
111) Zur Diagnose des in der Brusthöhle verborgenen
Aortenaneurysma ; von L. v. 8 c h r ö 1 1 e r. (Wien. klio.
Wchnschr. XV. 38. 1902.)
112) Aneurysm of the ascending portion of the areh
of the aorta, manifested early by intractable intercostal
neuralgia; also report of a ease of aneurysma of the
abdominal aorta; rupture anddeath; by William C.
Krau SS. (Philad. med. Journ. X. 20; Nov. 1902.)
113) Jkvo cases of ligature of the left earotid for
aneurysm of the arch of the aorta uith the post-mortem
specimens of four cases; by Christopher Heath.
(Med. ohir. Transact LXXXV. p. 79. 1902.)
1 14) Aneurysm of the aorta rupturing into right
bronchus; origin ofthe leß vertebral artery directly from
the aortiearch; by David Riesmann. (Proceed. of
the pathol. Soc. of Philad. N. 8. V. 10. p. 326. Oct 1902.)
115) Aneurysm of the ascending areh ofthe aorta
in a smaU boy : a post-mortem surprise ; byA.Jordan.
(Laocet Febr. 21. 1903.)
116) JL case of aneurysm ofthe transverse portion
of the aoriic arch in a girl ofnine years, with table of
reported cases under Irenty years of age; by Theodore
Le Routinier. (Amer. Journ. ofthe med. Sc. CXXV.
5. p. 778. May 1903.)
117) J. case of latent aneurysm of the aorta; by
H. W. 8 y e r s. (Lancet Nov. 8. 1 902.)
118) AnSvrysme de Vaorte thoracique, ouvert dana
la plhre gauehe; par Verhoogen. (Journ. de Med.
de Bruxelfes VII. 41. 1902.)
119) Bypoplasia of the aorta as a cause of aneu-
rysm; by W. Lee Dickin so n. (Lancet Aug. 9. 1902.)
120) Ein Fall von Aneurysma varieosum der Aorta
ascendens und der Vena cava descendena; von Arnold
0 ottlieb. Aus der I. internen Klinik des Prof. Alfred
PHbram. (Prag. med. Wchnschr. XXVIIL 41. 1903.)
121) Ein Fall von traumatischem Aneurysma der
Aorta durch Unfall; von Lotze in Osterode a. H.
(Ztschr. f. Med.-Beamte XVn. 4. 1904.)
122) Intermittent claudication ; by W. Osler.
(Montrejd. med. Journ. Febr. 1902.)
123) A case of aneurysm of the abdomiruil aorta
treated by the introduction of silver uire ; byD*Arcy
Power and G. H. Colt (Lancet 8ept 19. 1903. —
Med.-chir. Transact. LXXXVI. p. 363. 1903.)
124) A case of aneurysm ofthe innominate artery;
ligation of the right commun earotid and subclavian
arteries, foüoued by seeondary hemorrhage anddeath;
188
y. Inaere Medioin.
by John G. Sheldon. (Amer. Journ. of med. Sc.
CXXVI. 5. p. 882. Nov. 1903.)
125) Traumatie aneurysm of ihe left sttbelavian
artery produced by fracture of ihe claviele ; by W i 1 1 i a m
Taylor. (Dubl. Joum. of med. Sc. CXVI. p. 161. Sept.
1903.)
126) De Vanevrysme du canal artiriel; itude dna-
tomique; par G. Oerard. (Journ. de TAnat. et de la
Physiol. XXXIX. 1. p. 1. Janv.— Fevr. 1903.)
127) Änivrysme coelio-m^enUrique; par V. G i 1 1 o t.
(Lyon med. XCIX. p. 572. Oot. 26. 1902.)
128) Sopra tm easo dt aneurisma ddVarteria
mesenterica superiore ; pel M a u r i z i o F o a. (Rif . med .
XIX. 48. 1903.)
129) Das Nierencmeurysma, Sammelreferat; von
Faul Ziegler. ((]entr.-BL f. d. Grenzgeb. d. Med. u.
Chir. VI. 1. 1903.)
130) Zwei Fälle von Aneurysma der Art, hepatica;
von August Sommer in Franzensbad-Graz. Aus der
Grazer med. Klinik. (Prag. med. Wchnsohr. XXVII. 38.
1902.)
131) TJeher das Aneurysma der Arteria hepaiica;
von G r u n e r t. Aus der chir.JLbtheil. der Magdeburger
Krankenanstalt Sudenburg. (Deutsche Ztsohr. f. CMr.
I.XXI. 1 u. 2. p. 158. 1903.)
132) Di un aneurisma vero delVarteria splenica.
Elastoma della tunica media; pel Giulio Tarozzi.
(Rif. med. XIX. 49. 1903.)
133) Ueber einen Fall von Rankenaneurysma der
Arteria ophthalmiea dextra; von A. Kreutz. (Wien,
med. Wchnschr. JJII. 37. 1903.)
134) A case of ruptured gliUeal aneurysm. Trans-
peritoneal ligcUure of the intemai iliae artery ; by H e r -
bertW. Page. (LAnoet Aug. 16. 1902.)
135) A case of aneurysm involving the innominate,
the right subclavian and the right eommun carotid arte-
m«; by Charles A. Balance. (Lancet Nov. 1. 1902.)
136) Remarks of the surgical ireatment ofarterio-
venous aneurysm; by Fr. Treves. (Brit. med. Journ.
May 10. 1902.)
137) Das Aneurysma der Aorta; von Jacobs-
thal. (Deutsche Ztschr. f. Chir. LXVIII. 5 u. 6. p. 239.
1903.)
138)1^ eure opSratoire des anevrysmes; parle Prof.
0. Laurent. (Journ. med. de Brux. VIII. 41. 1903.)
139) Traüement des anSvrysmes des exlremites ; par
Fr. Gross, Weiss et Andre. (Revue med. de l'Est
Nr. 3 u. 4. 1903.)
140) Zur Frage über die Behandlung der Aorten-
aneurysmen mit subeiäanen Gelatineinjektionen; von
M. Hai per D. Aus der inneren Abtheil, des Kranken-
hauses Kindlein Jesu in Warschau. (Ztschr. f. klin. Med.
XL VI. 1—4. p. 13. 1902.)
141) The trecUment of aneurysm by subcutaneus in-
jection ofgelatin ; by G u t h r i e R a n k i n. (Med.-chir.
Transact. LXXXVI. p. 377. 1903. — Lancet July 11. p. 86.
1903.)
Die Ergebnisse der sehr umfangreiohen Unter-
suchungen Arnsperger's (107) über die Äeiio-
logie und Pathogenese der Aortenaneurysmen sind
kurz folgende: Die klinisch-statistische Forschung
ergiebt mit Sicherheit, dass in einem ausnehmend
hohen Proeentsaix in der Anamnese der an Aorten-
aneurysmen Erkrankten Lues festzustellen ist. Es
ist also die Lues das wichtigste ätiologische Moment.
Die pathologisch-anatomischen Untersuchungen auf
diesem Gebiete zeigen, dass die Veränderungen,
die man bei Aortenaneurysmen findet, meist ganz
genau zusammenstimmen mit dem Bilde, das wir
bei luetischer Aortenerkrankung kennen. Das Ex-
periment ferner lehrt uns, dass die künstlich er-
zeugten Processe eine Aneurysmenbildung zur Folge
haben kOnnen, die wir durch traumatische ISd-
wirkungen auf die Gefässwand nicht oder nur
vorübergehend bewirken kOnnen. Alle diese Er-
wägungen berechtigen daher zu dem Schlasae, dass
das Aortenaneurysma in der weitaus überwiegenden
Mehrzahl auf entzündliche Processe in der Aorten-
wand zurückzuführen ist und dass der luetischen
Erkrankung der Gefässwand ein ganz besonders
breiter Baum in der Aetiologie und Pathogenese
der Aortenaneurysmen gegeben werden muas. (Fast
6 Seiten Literatur.)
Im Oegensatze zu diesen Ausführungen steht
der Aufsatz Lichtenatein's (108), der nach
eingehender Besprechung der heutzutage noch strit-
tigen Punkte in der Aneurysmenfrage zu dem
Schlüsse gelangt, dass ein Zusammenhang mit Loes
nach den statistischen Erhebungen nicht ohne
Weiteres angenommen werden kann.
Müller (109) betrachtet die Häufigkdt der
Aneurysmen auf Ghrund des reichen Sektionmate-
riales seines Vaters W. M ü 1 1 e r , des pathologischen
Anatomen zu Jena, nach Lebensalter, Geschlecht
und den einzelnen Arterien. Unter 10360 Leidien
(aus den Jahren 1865—1900) wurden 183 (108
Männer, 75 Frauen) Aneurysmen beobachtet Aus
den Alterstabellen geht hervor, dass die Häufigkeit
bei beiden Geschlechtern in den jüngeren Jahren
l<>/o beträgt. Beim Manne erhöht sie sich am Ende
des 4., bei der Frau am Ende des 5. Jahrzehntes
und bleibt von da ab bei beiden Geschlechtem mit
rund 3.5% annähernd gleich. Anders gestaltet
sich das Yerhältniss, wenn statt der Aneurysmen
überhaupt die der einzelnen Arterien in Betracht
gezogen werden. Die Aortenaneurysmen kommen
z. B. fast doppelt so häufig beim männlichen Ge-
schlecht vor, {ds beim weiblichen. Ursache dafür:
die im Laufe des Lebens sich steigernden und
regelmässig wirkenden Ursachen (Endarteriitis) im
Verein mit den zufälligen Einflüssen (Trauma,
Syphilis). Wegen der Aneurysmen der einzelnen
Arterien muss auf das Original verwiesen werden.
Es sei noch bemerkt, dass in Jena von allen über-
haupt Verstorbenen 80% zur Sektion kommen.
Id einer vorlänfigeQ Mittheilong berichten Sailer
und Pfahl er (110) über 4 Fälle, in denen kiiniach alle
Zeichen eines Aortenanearysma (Trachealtugging, supra-
sterDalePolsation, Verschiedenheit der Pulse rechts g^n
links an der Art radialis, brachialis and axiUaris) vor-
handen waren, während die Sektion nur eine abnorme
Erümmong der Aorta ohne Aneorysma oder Düatatioa
ergab.
In einem anklaren Falle v. Schrötter's (111), der
wegen Abscess des Nasenseptum zur Behandlang kam
und in dem beide Carotiden auffallend weit und stvk ge-
schlängelt waren (Herz von normaler Grösse und mit
reinen Tönen), brachte die Röntgenaufnahme des Thorax
eine merkwürdige Ueberraschung: Aneurysma im onterea
Theiie des Arcus aortae und des Anfangstheües der Aofta.
Irgendwelche Beschwerden, die auf Aneurysma hatten
deuten können, fehlten bei dem 45jähr. Hanne toU-
kommen, nur eine geringere Beweglichkeit des linkea
Stimmbandes war zu constatiren. Daher empfiehlt
V. Sehr., Kranke mit verdächtigen Symptomen der Cur-
V. Innere Medioin.
180
kolatioD- oder Respirationorgane nach jeder Richtung hin
aaf Anenrysmen zu untersuchen.
Kranss (112) theilt ausführlich einen Fall mit, in
dem in Folge eines Aneurysma des aufsteigenden Aorten-
bogens eine lotercostalneuralgie das ganze Erankheitbild
beherrschte. Daran anschliessend berichtet er über ein
ADeorysma der Bauchaorta, das rupturirte.
Heath (113) beschreibt 2 Fälle von Aneurysma des
Aortenbogens, in denen die linke Carotis unterbunden
werde. Daran Anschluss pathologisch - anatomischer
Betrachtungen. (3 Abbildungen.)
Riesmann (114) beschreibt die Ruptur eines
Aoeorysoia der Aorta in den rechten Bronchus und giebt
eine Statistik der Häufigkeit, bez. des Sitzes des ruptu-
rirenden Aneurysma Und desOrganes, in das es rupturirt
ist (Tabelle). Als Nebenbefund in diesem Falle ist eine
Anomalie interessant, indem die linke Art. yertebralis
nicht, wie gewöhnlich, von der Art. subclavia sinistra
entsprang, sondern direkt aus dem Arcus aortae hervor-
ging (vgl. Henle, Handbuch der Oefässlehre des Men-
schen Bd. 3. p. 230. 1868, wo Krause auf diese Ano-
malie aufmerksam macht).
In dem Falle Jordan's (115) erkrankte ein seit
Jahren an Otitis media leidender £nabe von 6Vt Jahren
imter Fieber und Erbrechen. Später Enieanschwellung.
In derReconvalescenz plötzlicher Tod. Die Sektion ergab
ein geborstenes Aneurysma des Arcus aortae, vermuth-
lich als Folge einer septischen Aortitis. (2 Abbildungen.)
Anch der Fall Boutillier's (116) betrifft einen
jugendlichen Pat. (9jähr. Knabe) mit einem Aneurysma
des horizontalen Theiles der Aorta. 6. stellt die in der
Literatar bisher veröffentlichten Fälle von Aneurysmen
bei Individuen unter 20 Jahren zusammen (60 Fälle).
Syers(117) berichtet folgenden Fall: Ein 42jähr.
Mann bekam plötzlich einen Anfall von Blutandrang nach
dem Kopfe und Nacken mit schweren Erstickungserschei-
Bongen (d. h. Ruptur eines Aortenaneurysma in die Vena
cara sup.) und starb erst nach einem Monate. Im Oebiete
der Cava bestand starke Schwellung und Cyanose. Vor
der Boptur hatte das Aneurysma gar keine Symptome
gemacht S. zieht Sibson an, der unter 800 Fällen von
Aortenaneurysma 7mal eine Ruptur in die Vena cava sup.
beobachtet hat
Bei einem Patienten V e r h o o g e n 's (1 18) , 60jähr.
Ggarrenarbeiter, bestanden seit 2 Jahren heftige Schmerz-
anfalle in der linken Lendengegend, die immer mehr zu-
nahmen. Damit in Verbindung standen Wadenkrämpfe
nnd ParSsthesien in den Fnsssoblen. Die Ursache wurde
erst klar, als nach Monaten sich am Rücken, links neben
der Wirbelsäule, ein faustgrosser , synchron mit dem
Herzen pulsirender Tumor zeigte. Danach Exacerbation
derSchmerzeo, Ansteigen eines schon vorhandenen Pleura-
ezsudates mit Verlagerung des Herzens, blutiger Aus-
wurf, OhnmachtanflQle und Tod. Kurz vor dem Ende
konnte eine abnorme Beweglichkeit der an den Tumor
^uistossenden Rippen mit deutlicher Crepitation festgestellt
Verden. Die Autopsie ergab ein kindskopfgrosses Aneu-
rysma der Aorta descendens zwischen 5. bis 9. Brust-
wirbel. Vom Aneurysma führte eine für 2 Finger durch-
gängige Oeffnung in die linke Pleurahöhle. Bedeutende
Zerstörung der Knochensubstanz der 4. bis 7. Wirbel
sammt den entsprechenden Rippen.
Dick ins on (119) schliesst aus 4 Beobachtungen
von Kranken, die zwischen dem 29. und 39. Jahre
starben, dass ohne jedes sonstige begünstigende Moment
eine Hypoplasie der Aorta und der grossen Gefässe ein
ätiologischer Faktor für die Entwickelung von Aneurys-
nen sein kann. Hierdurch dürfte nach der Meinung D.'s
eine Zahl von Aneurysmen bei jugendlichen Personen
Qod bei Frauen (Chlorose) erklärt werden.
Gottlieb (120) giebt eine ausführliche Kranken-
geschichte über einen 59jähr. Tagelöhner mit folgenden
Symptomen : starke Cyanose und sehr starkes Oedem der
oberen Körperfaälfte über dem Rippenbogen scharf nach
Qiiten abgegrenzt Am Herzen und an den Gefässen ein
Befund, der auf Insufücienz der Aortenklappen und ein
Aneurysma der Aorta ascendens hinwiess. Die Sektton
ergab ein Aneurysma sacoiforme der Aorta ascendens mit
Ruptur in die Vena cava sup., Endocarditis chronica.
Epikrise über die Möglichkeit der Diagnose einer solchen
Ruptur und über die Herstellung des 0}llateralk reislau fes
in einem solchen Falle. G. glaubt, dass das Vorhanden-
sein des Venen pulses ein unleugbar pathognomonisches
Symptom für die Perforation des Aortenaneurysma in die
Vena cava sup. bedeutet.
Lo tz e (121) beschreibt die Entstehung eines Aorten-
aneurysma durch Unfall. Ein 60jähr. Mann war SVtMon.
nach einem Unfälle (Contusion der Brust und der linken
Seite) plötzlich gestorben, nachdem er bereits nach dem
Unfälle die Arbeit wieder aufgenommen hatte, die ihm
allerdings, wie er seinen Arbeitgenossen klagte, sehr
sauer wurde. Die Sektton ergab : starken Blutergnss in
den Herzbeutel (100.0 ccm flüssiges und 250.0 com ge-
ronnenes Blut), linker Ventrikel bis 4 cm dick, chronische
Entzündung der Mitralis und der Aortenklappen, letztere
nicht völlig schlussfähig. 2Vt cm oberhalb der Aorten-
klappen zeigte sich auf der inneren Seite der Aorta ein
2 cm langer Riss, der in Form eines Zickzackblitzes verlau-
fend die beiden inneren Häute der Aorta, die zum Theii
massig atheromatös waren, vollkommen durchtrennt hatte.
Der Rissstelle entsprechend war das untere (Herz-) Ende
der Aorta keulenförmig aufgetrieben, und zwar nach der
Innenseite dieses Gefässes. Die Auftreibung hatte ein
dunkelrothes Aussehen, sie bestand aus mit festeingelager-
tem Blute gänzlich durchsetzten Verdickungen der Ad-
ventitia der Aorta -und war innerhalb des Herzbeutels
unregelmässig eingerissen. Die Todesursache war also
Berstung eines Aneurysma der Aorta, dessen Ursprung
L. mit Sicherheit auf den Unfall zurückführte, weshalb
der Witwe die gesetzliche Rente zugebilligt wurde.
Osler (122) hat 2 interessante Fälle von inter-
mittirendem Hinken beobachtet, bei denen in dem einen
Falle ein Aneurysma der Aorta abdominalis, im zweiten
allgemeine Arteriosklerose die Ursache war. Die Be-
handlung bestand im ersten Falle in der Elektropunktur
nach vorangegangener Laparotomie, im anderen Falle in
Bettruhe , Wärme , Massage (I) und grossen Dosen von
Nitroglycerin, jedesmal mit gutem Erfolg.
Power und Colt (123) haben in einem Falle von
Aneurysma der Bauchaorta, dessen Unterbindung aus-
geschlossen war, 2 m Silberdraht eingeführt. Tod. Die
Sektion ergab die interessante Thatsache, dass eine Draht-
schlinge sich im Arcus aorta befand. (6 Abbildungen der
benutzten Instrumente.)
Für den Fall Sheldon^s (124) genügt die Angabe
des Titels.
Der Fall Taylor 's (125) ist deshalb besonders inter-
essant, weil das Aneurysma der Art. subclavia seinen Ur-
sprung einem Schlüsselbeinbruche verdankte, ein Er-
eigniss, das wohl kaum sonst beobachtet sein dürfte.
Gerard (126) beschreibt 17 Fälle von Aneurysma
des Ductus Botalli, Gillot (127) ein grosses Aneurysma,
das von der Art. mesent sup. ausging und den Truncus
coeliacus comprimirte (4 Abbildungen). Aetiologie:
Syphilis oder Malaria. Ein Aneurysma des Mesent. sup.,
dessen Verlauf Foa (128) erzählt, giebt dem Autor Ver-
anlassung, sich mit der Differentialdiagnose zu beschäf-
tigen. (Literaturangabe.)
Ziegler (129) giebt ein Sammelreferat über das
Nierenaneurysma, in dem 20 Fälle aus der Literatur je
nach ihrer ätiologischen Ursache (traumatische und nicht
traumatische Entstehung) eingehend berichtet werden.
Sommer (130) beschreibt 2 Fälle von Aneurysma
der Arteria hepatica (Aetiologie: im 1. Falle Trauma, im
2. vorangegangene Pneumonie, also Infektionkrankheit),
deren Veröffentlichung angesichts der grossen Seltenheit
(im Ganzen sind mit Mester's 19 Fällen nur 27 Fälle
in der Literatur bekannt gegeben) erfreulich ist. Haupt-
symptome des Aneurysma der Art hepatica sind : Schmer-
zen im rechten Hypochondrium oder Epigastrium, inter-
190
V. Innere Medicin.
mittirendor Ikterus, wiederholte, reichliche Blutang aus
dem obersten Darmabschnitte mit kolikartigeu Schmerzen.
In dem einen Falle brach das Aneurysma in den Ductus
choledochus durch, im zweiten in das Duodenum und in
die Bauchhöhle.
Auch Orunert(131) veröffentlicht einen sehr
instruktiven Fall von Äneuryama der Art. hepaiica,
der besonders deshalb interessant ist, weil die Dia-
gnose: Compression des Ductus hepatious durch
Tumor oder narbige Stenose, differentialdiagnostisch
richtig war, wenn auch die Operation erst über die
Art des Tumor (nicht Gallenstein, sondern Aneu-
rysma der Art. hepatica) Klarheit verschaffte. Gr.
verbreitet sich ausführlich über die Aetiologie der
in der Literatur beschriebenen Fälle dieser Art,
wobei sich herausstellt, dass in 73^/o eine Infek-
tionkrankheit vorangegangen war. (Auch in seinem
Falle nimmt G r. eine Infektion an.) Ferner stellt
Gr. fest, dass unter 32 Fällen von Leberarterien-
aneurysma 13 mal der Stamm der Art. hepat. pro-
pria befallen war, und danach 8mal der rechte Ast.
Die Grössenverhältnisse von 26 Aneurysmen wer-
den genau angegeben (von Kirschen- bis zu Kinds-
kopfgrösse), in seinem Falle Apfelgrösse. In
25 Fällen war Berstung eingetreten, lOmal in die
freie Bauchhöhle, 2mal in die Gadlenblase, je Imal
in den Ductus cysticus, choledochus und einen
Gallengang, 5mal in den Ductus hepatious, je 2 mal
in den Magen und das Duodenum, je Imal in das
Colon transversum und die Vena portarum. Die
in allen Fällen gleichmässigen Symptome bildeten
die Trias : heftige SchmerxanfcUle, Blutungen per os
und per anum und Ikterus. Trotzdem wurde in
keinem Falle bisher die richtige Diagnose gestellt,
sondern meist auf Gallensteinkolik, Ulcus ventri-
culi oder duodeni gefahndet. Einmal lautete sogar
die Diagnose auf Typhusrecidiv. Das erklärt sich
daraus, weil alle 3 Symptome zusammen selten
vorkommen und eine Pulsation des Aneurysma
bisher noch nicht beobachtet wurde, ja bei den
operirten Kranken der Tumor auch wirklich nicht
in situ pulsirte und daher einmal für einen
Varix der Pfortader gehalten wurde. Die Pro-
gnose ist unter diesen umständen sehr ungünstig,
da der Beginn der Erkrankung sich nicht fest-
stellen lässt. Die Dauer des Leidens, d. h. seit
dem Auftreten der ersten Symptome, schwankt
zwischen 8 Tagen und 1 Jahr. Der Fall von G r.
ist der 4., in dem es zur Operation (Laparotomie)
kam. (Literaturübersicht.)
Tarozzi (132) bespricht einen Fall von Aneurysma
der Milzarterie, in dem besonders die genaue mikrosko-
pische Untersuchung der Aneurysmenwand (4 Abbil-
dungen) interessirt. (Neubildung von Elastica.) Lite-
raturangabe.
Der Fall von Kreutz (133), ein Rankenaneurysma
der Art. ophthalmica dextra, gehört zu den anatomischen
Earitäten.
Page (134) berichtet über einen 44jähr. Mann, bei
dem ein Aneurysma im rechten Hinterbacken platzte. Die
Operation bestand in Ausräumung der zahlreichen Blut-
gerinnsel nach Freilegung der tiefen Höhle. Danach
wurde das Aneurysma in situ central ligirt und schliess-
lich noch die Art. iliaca interna unterbunden. Die Blu-
tung stand, doch trat der Tod nach einigen Tagen an sep-
tischer Pneumonie ein.
Balance (135) giebt auf Grund eines genau
beobachteten Falles (9 vorzügliche Abbildungen)
einen kurzen Ueberbliok über die Ligatur der Ano-
nyma im Allgemeinen. B. hAlt zur Freilegung der
Arterie es für überflüssig, das Sternum zu rese-
ciren (in dem beschriebenen Falle wurde die tempo-
räre Resektion des Manubrium sterni ausgeführt)
oder gar nach Milton zu spalten. Meist kssen
die Aneurysmen der Art. anonjma ca. 1 Zoll des
proximalen Abschnittes der Arterie frei, so dass
dann die proximale Ligatur ermöglicht ist. Das
Gefäss wurde in seinem Falle mit einer starken,
langsam resorbirbaren Ligatur* (aus Ochsenperito-
naeum) umschnürt, Doppelknoten mit 2 FSden.
Danach Ligatur der Carotis communis, die bereits
thrombosirt war. Tags darauf starb der Kranke an
linkseitiger Hemiplegie. Die Sektion ergab, dass
der Thrombus der Carotis sich bis zur Art oere-
bralis med. erstreckte. B. hält diese Thrombose für
eine marantische als Folge einer vorangegangenen
Valsal va'schen Hungerkur. In den bisher
33 Fällen einer Ligatur der Art anonyma sind nur
6 Er. mit dem Leben davon gekommen. Trotzdem
ist die Unterbindung als das einzigste Mittel zu em-
pfehlen, um einen sonst unheilbaren und unerträg-
lichen Zustand zu beseitigen.
Treves (136) weist darauf hin, dass früher
zur Zeit der oft schlecht ausgeführten Aderlässe
Gefassverletzungen häufiger vorkamen, denen die
Aneurysmen ihre Entstehung verdankten. Jetst
sind diese Verletzungen in der Friedenspraxis fast
verschwunden, im Kriege jedoch haben scheinbar
die kleincalibrigen Geschosse ihre Häufigkeit wieder
vermehrt Tr. berichtet über 4 Fälle, 2mal be-
stand eine direkte Communikation zwischen Arterie
und Vene, 2 mal lag ein falscher aneurysmatischer
Sack dazwischen. Die Prognose ist nachTr. quoad
vitam gut, da Gangrän und Spontanruptur nur
selten vorkommen, dagegen ist die Prognose quoad
functionem recht schlecht, da nur selten spontane
Heilung eintritt, die Extremität meist unbrauchbar
wird und sogar ein Elephantiasis ähnlicher Zustand
sich ausbildet. T r. warnt vor allen conaervativen
Methoden, auch die Hunter'sche Ligatur der zu-
führenden Arterie wird verworfen. Vielmehr hält
er für die idealste Methode die doppelte Ligatur
beider GelUsse, eventuell mit Exstirpation des
Aneurysmasackes. Jedoch ist deren Ausführung
aus anatomischen Gründen mitunter nicht mög-
lich. Auch lässt sich vor der Operation nicht
entscheiden, ob es sich um ein Aneurysma arterio-
venosum oder ein Aneurysma varicosum handelt
Alle 4 von T r. mitgetheilten Fälle, die zum Theil
die Femoralgefässe an der Theilungstelle , theils
die Carotis externa betrafen, wurden geheilt.
Jacobsthal (137) fügt den von O r t i z ge-
sammelten 34 Fällen von operativer Behandlung
y. Innere Medicin.
191
dee Aortenaneurysma weitere 13 F&Ue aus der
Literatur hinzu. lOmal handelte es sich um ein
Aneurysma der Aorta thoracica, 3mal um ein
solchee der Aorta abdominalis. In den ersteren
Fällen wurde meist die Ligatur der Carotis und
Sabclaria bevorzugt (links oder rechts), Imal mit
centraler Abbindung (2 Todesfälle). Bei den Aneu-
rysmen der Aorta abdominalis wurde 2mal die
centrale, Imal die peripherische Ligatur gemacht
(alle 3 Kranke gingen zu Grunde).
Lauren t (138) schildert die üblichen Methoden
lur Behandlung der circumscripten Aneurysmen je
Dich ihrer Lage: 1) Die lAgaiur der betroffenen
oberflächlichen Arterie central oder peripherisch.
d\Q ideale Behandlung für solche Fälle würde aber
die Exstirpation des Aneurysma sein. 2) Ineision
des Sackes nach Antyllus, de Syme und
Key 8 1er. 3) Exstirpation des Sackes besonders
bei kleineren Aneurysmen : E s m a r c h 'sehe Blut-
leere, Ligatur der Arterie, Abtragung des Sackes,
Naht und Drainage. Im Speciellen empfiehlt L.
bei den Aneurysmen der Brustaorta dieAcupunktur
nach B ras der, Gelatineinjektionen, bei Aneu-
rysma des Truncus brachiocephalicus peripherische
Ligatur der Art subclavia, die zwar keine Heilung,
aber doch Besserung der Beschwerden verspricht
Bei Aneurysma der Subclavia peripherische Ligatur,
erentnell sogar in Verbindung mit Schulterexartiku-
lation. Die Ligatur der Carotis communis wird
bevorzugt bei Aneurysma der Carotis interna oder
externa. Bei den grösseren peripherischen Arterien
wird es sich also meist um die Ligatur oder um
Exstirpation des Sackes handeln. Nach seinen und
Anderer Erfahrungen schlägt L. die Oefahr einer
sekundären Gangrän nicht hoch an.
Der gemeinsame Bericht von Gross, Weiss
und An dr 6 (139) bringt für den Chirurgen eine
grosse Ausbeute. Von den 14 Fällen, die Gross
beobachtet hat, wurde ein Aneurysma der Poplitaea
mit Digitalcompression geheilt, 1 1 durch Ligatur
der Hauptarterie der Extremität und 2 mit Exstir-
pation behandelt. In 2 Fällen von Aneurysma der
Art axillaris, die durch Sepsis tödtlich endigten,
^nirde die Ligatur der Subclavia ausgeführt,
2 Aneurysmen der Art brachialis in der Ellen-
beoge heilten nach Ligatur der Art brachialis ober-
halb des Aneurysma. Die anderen Fälle betrafen
die Femoralis 3mal (2mal Unterbindungen im
Sem per 'sehen Dreieck und Imal Unterbindung
der Art iliaoa externa). Niemals ist Gangrän be-
obachtet worden. Weitere 6 Beobachtungen inter-
eesiren dadurch, dass sie in der Mehrzahl (4) als
tranmatische aufgefasst werden mussten. (Art.
brach, in der Ellenbeuge, Art radialis imLSpatium
interosseum der rechten Hand, Art tibialis antica,
Art axillaris.) Der 5. Fall, spontan entstanden,
betraf die Art femoralis dextra an ihrer Ursprung-
fitelle. Gross empfiehlt auf Grund seiner Er-
fahrungen die Ligatur oder die Exstirpation, je
nach Lage des Falles. Li complicirten Fällen be-
ginnt man mit der Ligatur, um später, wennnöthig,
die Exstirpation anzuschliessen.
Weiss berichtet über 3 Fälle von Aneurysma der
Arteria poplitaea (2mal Exstirpation, Imal Ligatur), bei
denen in 2 Fällen Gangrän (Amputation nachträglich)
eintrat
Andre beschreibt ein diffases, durch Messerstich in
die Femoralis entstandenes Aneurysma bei einem löjähr.
Knaben, bei dem die Ligatur der Arterie verschiedene
Zufälle im Gefolge hatte (motorische Lähmung des Unter-
schenkels, Vereiterung der Anenrysmahöhle, schliesslich
Vernarbung, danach Atrophie des Unterschenkels, An-
ästhesie des unteren Drittels und Ausbildung des para-
lytischen Pes equinus).
Halpern (140) hat bei 3 Kranken mit Aneu-
sysma der Aorta Oelatineinjekiionen (14 — 34 g
Gelatine) ohne jeden Erfolg (1 Todesfall) gemacht
Als Ursache hierfür sieht H. den Mangel der ab-
soluten Bettruhe und der Diät, die bei den meisten
Autoren eine wichtige Rolle spielen, an. Er hält
also die Gelatineinjektionen an sich für kein Heil-
mittel, höchstens für ein Hülfsmittel neben Diät
und Bettruhe, um ein Gerinnsel im Aneurysma-
sacke hervorzurufen. Diese Meinung würde mit
den Resultaten der Gebell 'sehen Experimente
über Gelatine als Hämostaticum übereinstimmen.
Der Rolle, die dort ein bedeutender Blutverlust
spielt, entsprechen hier andere Faktoren, vermuth-
lich die durch Diät und Bettruhe bedingten.
Aus der Behandlung von 4 Aneurysmen
(1 Aortenbogen, 1 Abdominalaorta, 2 Aorta ascen-
dens) mit subcutanen Gelatineinjektionen folgert
Rankin (141), dass die Gelatinebehandlung eine
auffallende und schnelle Verminderung aller sub-
jektiven und auch mancher objektiven Symptome
hervorgebracht habe, dass diese Aenderung theo-
retisch sich nur durch Verminderung des Druckes
in Folge von Einschrumpfung des Aneurysma-
sackes erklären lässt, und dass die fortgesetzte
Beobachtung der Kranken, soweit sie später mög-
lich war, die Gewissheit gegeben hat, dass der ge-
besserte Zustand auch von Dauer war.
227. Ueber Albaminarie und Nierenkrank-
heiten*
*
Ä noie on postural dümminuria ; by Sir W i 11 i a m
H. Broadbent. (Brit med. Joum. Jan. 2. 1904.)
Es giebt eine eigenartige Erankheitform , die
Br. Postural albuminuria, d. h. von der Körper-
haltung abhängige Albuminurie zu nennen vor-
schlägt Nach Ausschluss aller anderen Nieren-
erkrankungen bleibt eine Gruppe von Fällen übrig,
die sich charakterisiren durch Albuminurie, die
Morgens beim Verlassen des Bettes auftritt und
gewöhnlich im Laufe des Tages sich wieder ver-
liert. Die Fälle betreffen hauptsächlich Knaben
und junge Männer, die sich auf ein Examen vor-
bereiten. Die Albuminurie ist nicht von der Nah-
rung abhängig, denn sie bleibt aus, wenn der Pat.
sein Frühstück im Bett einnimmt, und sie entsteht
nicht nach Mahlzeiten, die später im Laufe des
Tages eingenommen werden. Sie ist unzweifelhaft
in Verbindung zu bringen mit d^r aufrechten
192
y. Innere Medicin«
Körperhaltung nach der nächtlichen Bettruhe und
mangelhafter Anpassung des Gefässsystems an die
veränderten hydrostatischen Bedingungen. Voraus-
gegangene Schwächung der Nieren durch fieber-
hafte Krankheiten ist nicht erforderlich. Die
Eiweissmenge ist gewöhnlich gering, kann aber
auch sehr beträchtlich sein. Anamnestisch sind
meist eine nervöse erbliche Belastung vorhanden
und Schwäche des Öefässsystems. Der Puls wech-
selt sehr in Spannung und Frequenz, oft während
der Untersuchung und ist immer auffallend ab-
hängig von der Körperlage. Ein stark gespannter
Puls spricht gegen die Diagnose und würde den
Verdacht auf wirkliche Nierenerkrankung oder
juvenile Gicht hervorrufen. Meistentheils besteht
ein auffallend starker Contrast zwischen dem
schwachen Spitzenstoss und den leisen Tönen über
der linken Herzgegend und der starken Thätigkeit
des rechten Ventrikels. Ferner ist meistentheils
der zweite Herzton in liegender Stellung verdop-
pelt. Die Prognose ist günstig. Niemals geht die
Erkrankung bei richtiger Behandlung in wirkliche
Nephritis über.
Die Behandlung besteht im Gegensatze zu der
Milchdiät und Schonung bei Nephritis in guter
gewöhnlicher Nahrung und reichlicher Bewegung
in frischer Luft. J. Meyer (Lübeck).
lieber orthotiscke Albuminurie; von Dr. Jaoob-
8 OD. (Berl. klin. Wohnaohr. XL. 40. 1903.)
Die orthotische Albuminurie ist als ein aus-
gesprochenes Degenerationzeichen aufzufassen, das
meist bei anämischen, schwächlichen, nervösen
Individuen auftritt, zumeist in der Pubertatzeit.
Andauernder horizontaler Lage folgt stets eiweiss-
freier Urin, während aufrechte Haltung, nament-
lich Ermüdung, Albuminurie herbeiführt Langes
Stehen wirkt anscheinend schädlicher als Gehen
und strammes Marschiren ist günstiger als Umher-
schlendern. Der Eiweissgehalt kann ziemlich be-
deutend sein.
J. erklärt die orthotische Albuminurie wie
folgt : Das normale Nierensekret besteht aus einer
Mischung eiweissfreier Flüssigkeit (Nierenepithe-
lien) und eiweisshaltiger Substanz (Glomeruli).
Unter normalen Verhältnissen wird die eiweiss-
haltige Flüssigkeit durch die eiweissfreie derartig
verdünnt, dass unsere Reagentien für den Nach-
weis des Albumens nicht mehr ausreichen. Bei
besonderen Anforderungen aber und bei nervöser
Disposition (Orthotiker) kommt es zu einem Ver-
sagen derNierenepithelien, so dass nur das eiweiss-
haltige Glomerulusfiltrat unverdünnt in die Blase
gelangt.
Ueber die Abhängigkeit der y^eykliseken^ Albumin-
urie van der drkuUUion; von Dr. £del. (Deutsche
med. Wohnschr. XXIX. 36. 37. 1903.)
Die Untersuchungen E.'8 ergaben, dass bei der
cyklischen Albuminurie die Eiweissauscheidung
zustande kommt, sobald eine nach physiologischen
Grundsätzen zu erwartende Steigerung des Blut-
druckes ausbleibt. Während bei Gesunden im An-
schluss an Muskelthätigkeit der Blutdruck gestei-
gert ist, bleibt der Blutdruck beim Albuminuriker
unbeeinflusst oder sinkt. Die cyklische Albumin-
urie ist daher nicht als Zeichen einer NephritiB
anzusehen, sondern beruht auf einer n^TQsea
Störung des Cirkulationapparates. Eine Behand-
lung wird daher zunächst auf eine Kräftigung des
Herzens hinzuarbeiten haben.
E. hält es nicht für ausgeschlossen, auf Onind
dieser Beobachtungen bei chronischer Nephritis
durch eine Uebungstherapie Erfolge zu erzielen.
S 0 b 0 1 1 a (Heilanstalt Sorge).
Ueber eyklisehe Albuminurie; von Dr. Häuser.
(Berl. klin. Wchnschr. XL. 50. 1903.)
Das Wesen der cyklischen, bez. orthotisohen
Albuminurie ist dahin zu präcisiren, dass es sick
„um Cirkulationsstörungen , vielleicht z. Th. um
die Giftwirkung, um den Eleiz von Stoffwechsel-
Produkten gelegentlich grösserer Muskelanstren-
gungen handelt, welche eine durch infektiöse Pro-
cesse anatomisch geschädigte, in ihrer Leistongs-
fähigkeit geschwächte Niere veranlassen, zeitweise
Eiweiss auszuscheiden'^ Nur die E&lle, in denen
Formelemente stets vermisst werden, verdienen
die Bezeichnung der orthotischen Albuminurie im
engeren Sinne. Die Prognose ist nicht, wie dies
bisher geschehen ist, ohne Einschränkung gut lu
stellen; einem gewissen Procentsatze der Wk
liegt zweifellos eine unheilbare chronische Nieren*
Veränderung zu Grunde.
Pkysiological or functional albuminuria; by 8a-
m u e 1 W e s t (LADcet Jan. 16. 1904.)
Die Thatsache, dass eine Albuminurie inte^
mittirend, gelegentlich oder cyklisch auftritt, be-
weist nicht, dass die Niere gesund ist Aber es
ist schwierig, in einem gegebenen Zeitpunkte zu
entscheiden, ob sie wirklich krank ist oder gesund
bleiben wird. Nur im Allgemeinen Iftsst sich
sagen : je grösser die Menge des Albumens ist und
je länger die Albuminurie besteht, desto gröeser ist
die Wahrscheinlichkeit, dass eine Nierenkrankheit
besteht, und die andauernde Beobachtung solcher
Fälle zeigt, dass die sogenannte physiologische
Albuminurie merklich die Lebensgefahr steigert»
und zwar wächst diese mit jedem Jahre über das
dreissigste hinaus.
Ueber die Pubertätsalbuminurie; von Alfred Pfi-
bram. (Prag. med. Wchnschr. XXIX. 1—3. 1904.)
Nach eingehender kritischer Erörterung der
verschiedenen Ansichten über diePubertfitalbamin-
urie weist P. auf Grund eines ausführlich beschrie-
benen Falles auf die vermehrte Ausfuhr fester Be»
standtheile mit dem Harn hin und hält in dieser
Beziehung ein weiteres Studium für erforderlich,
zumal nachdem Bob in hervorgehoben hat, dass
gerade bei Anämien, bez. Chlorosen unter ümstin* j
den eine ganz bedeutende Demineralisation, d. k
Mehrausfuhr von Salzen stattfindet
Aufrecht (Magdebuiig).
Y. Innere Hedicin.
193
La nepkrÜe ioxiqtte appendieulaire; aXbvminwie
appendicukire ; par le Prof. Dieulafoy. (Semaine
med. XXUI. 42. Oct 21. 1903.)
Fast jede ernBte Perityphlitis hat eine Störung
derNierenth&tigkeit zur Folge: schon in den ersten
Tagen atellt sich Albuminurie ein, ohne dassCylin-
der ausgeBchieden werden, und nach Ablauf der
Perityphlitis verschwindet die Albuminurie wieder.
Mitunter aber führt diese Nierenaffektion doch
sohwere Zustände herbei, die auf einer schweren
aligemeinen Vergiftung beruhen. Bei der Sektion
findet man makroskopisch keine Veränderung an
den Nieren, aber die mikroskopische Untersuchung
eigiebt Nekrose und subakute Degeneration der
Nienmepithelien in den Tubuli oontorti und den
Henle'achen Schleifen. Aehnliche Verhältnisse fin-
den sich an der Leber. Es handelt sich um eine
Einwirkung der durch die Perityphlitis gebildeten
Qifte auf die Organepithelien. Der schleichende
Verlauf führt leicht zu einer Untersohätzung der
Gefahr. Die Operation sollte schon im Hinblick auf
diese Gefahr nicht zu lange aufgeschoben werden.
S 0 b 0 1 1 a (Heilanstalt Sorge).
htcxieatio scUumina und Nephritis scUumina;
von Dr. Carl Elieneberger. (MünchD. med. Wo-
chenschr. LI. 8. 1904.)
Kl. hat bei 7 Leuten mit chronischer Bleivergif-
tung während akuter Verschlechterungen stets
fiVeiss, Blutkürperchen und Gylinder im Harne
gefunden. Besonders reichlich waren gekörnte
Nierenepithelien und granulirte Cylinder, Blut-
körperchen spärlich. Es handelte sich also um
eine parenchymatüse Nephritis, und zwar um eine,
die keine Neigung zu rascher und vollständiger
RQckbildung zeigte. D i p p e.
Veber Wesen und Aetiohgie der Schrumpfniere
wd ihre erfolgversprechende Behandlung ; von Dr. P a u 1
£deL Vorlauf. Mittheilung. (Münchn. med. Wchnschr.
L 43. 1903.)
E., der durch systematische Kräftigung^ der
Herzthätigkeit bei cyklischer Albuminurie gute Er-
folge hatte, versuchte das Gleiche auch in 8 Fällen
Ton Nephritis chronica interstitialis. Er fand, dass
varme und kohlensaure Bäder den Blutdruck und
fiweissgehalt herabsetzen; die gleiche Wirkung
tth er von Bettruhe, die nach Art eines milden,
virmen Badee wirkt, um die Herabsetzung des
Blutdruckes festzuhalten, empfiehlt, er nach dem
Bade nicht Ruhe, sondern Bewegung (Spaziergang),
fine geringe Herabsetzung des Blutdruckes und
fiweissgehaltes kann man ferner durch Einathmung
minimaler Dosen Amylnitrit (2 — 6 gtt) erzielen.
Vährend des Bergsteigens sank in gesetz-
mtaiger Weise und oft bedeutendem Maasse der
Bweissgehalt, doch sind ffir die Grösse der Ab-
nahme Haass der Leistung, Tageszeit und Klima
wichtig. Die gflnstigste Zeit sind die Vormittag-
Btonden, nicht der Nachmittag mit seiner Verdau-
vngsperiode. Durch systematische Debung sinkt
nach und nach der Blutdruck auf eine für den
Kiäftezustand angemessene HGhe. Bei 2 Fett-
leibigen war der Erfolg besonders auffallend.
Med. Jahrbb. Bd. 282. Hft 2.
Die Frage der klimatischen Beeinflussung des
Blutdruckes lässt E. noch offen. Nach seiner An-
sicht sind die erzielten Erfolge damit zu erklären,
dass in dem pathologisch verengten Gefässgebiete
eine fQr die Cirkulation in der Niere gQnstige
Erweiterung zu Stande kommt und ferner eine
Besserung der Herzthätigkeit. Das Wesen der
Schrumpfniere sucht er überhaupt in einer Ano-
malie des Gefässsystems, deren Hauptfaktor eine
abnorme Verengerung im Bereiche des Gefäss-
systems ist In den meisten Fällen wird die
Schrumpfniere Folge einer sich durch abnorme
Contraktion von Gefässen äussernden Neurose sein.
Den bekannten ätiologischen Momenten, wie
Gicht, Alkohol, chron. Bleivergiftung, Arterio-
sklerose u. s. w., ist die Neurasthenie als ein wei-
teres hervorragendes Moment hinzuzufflgen. Auch
Fettleibigkeit scheint eine gewisse Disposition zu
geben.
Kräftigung des Herzens und Herabsetzung des
Blutdruckes in der erwähnten Weise, eingehende
Berficksichtigung der Nervosität, ein geeignetes
Maass von Muskelübung und zweckmässige Lebens-
weise sind hervorragende Mittel in der Prophylaxe
und Therapie der Sohrumpfniere.
Neu mann (Leipzig).
Die Diät bei der Nephritis; von H. Röster in
Gothenburg. (Nord. med. ark. XXXVI. 3. Inre Med. U.
4. 1904.)
E. ist sehr für die Milchdiät, die er bei akuter
Nephritis, bei Verschlechterungen in chronischen
Fällen und bei drohender Urämie ganz streng
durchführt Auch bei der chronischen Nephritis :
Milch, Milchmehlspeisen, wenig Fleisch. Bei zahl-
reichen rothen Blutkörperchen im Sediment sehr
wenig Fleisch. Weisses und rothes Fleisch sind
gleich. Die Eiweissaussoheidung wird durch den
Eiweissgehalt der Nahrung nur wenig beeinflusst.
Dippe.
La permSabilitS renale dans les nephrites brigh-
tiques; par LeonBernard. (Revue de Med. Nr. 11. 12.
p. 906. 1059. 1903.)
Das Ergebniss der sehr eingehenden auf eine
ansehnliche Casuistik gestützten Untersuchung über
die Nieren- Permeabilität, die sich auf das Studium
der experimentellen Permeabilität (mit Methylen-
blau) stützt, lautet : Bei den Bright'schen Nephri-
tiden zeigt die Durchlässigkeit der Niere kein ein-
heitliches Verhalten. Die chronischen Nephritiden
mit beträchtlichen Oedemen und reichlicher Albu-
minurie, die sogen, chronischen epithelialen Nephri-
tiden, führen zu durchlässigen Nieren wenigstens
in den Formen, die rasch tüdtlich verlaufen ; bei
den anderen sind die Nieren weniger durchlässig
in der zweiten Periode der Krankheit Die chro-
nischen interstitiellen Nephritiden führen zu einem
abweichenden Verhalten, das durch eine constante
und frühe ündurchlässigkeit charakterisirt ist,
lange Zeit durch Polyurie compensirt werden kann
und beim Fehlen dieser zur Niereninsufficienz führt.
Die Durchlässigkeit der Nieren bei den akuten
25
194
V. Innere Hedioin.
1
NephritidoD wechselt nach der Schwere der Krank-
heit ; sie ist normal in leichten Fällen und um so
mehr verringert, je schwerer der Fall ist
Aafreoht (Magdeburg).
lieber den Einfluas der ConcenircUion des Harns
auf den AusfaU der Eiweissreaktumen ; von Dr. Benno
Hailauer. (Münchn. med. Wchnschr. L. 36. 1903.)
H. kam bei seinen Untersuchungen über den
Einfluss der Harnconcentration auf den Ausfall
der Eiweissreaktionen zu dem überraschenden Er-
gebnisse, dass die Eochprobe im concentrirten Harn
stärker ausfällt als im normalen, dass sie bei sehr
starker Concentration dagegen schwächer wird oder
verschwindet Die Essigsäure -Ferrocyankalium-
Reaktion [die empfindlichste Probe!] versagt am
ehesten, da sie bei Einengung des Harns auf
^/f Volumen fast immer ausbleibt Die Heller'-
sche Probe endlich zeigt bei dieser Concentration
ein wechselndes Verhalten: häufig tritt sie ein,
häufig auch nicht.
um keine trügerischen Reaktionen zu erhalten,
soll man daher jeden hochgestellten Harn vor der
Eiweissprobe mit Wasser verdünnen. Die Ursachen
der Erscheinung sind, dass die Heller 'sehe Probe
durch den Harnstoff, die Eochprobe durch Harn-
stoff und Neutralsalze, die Ferrocyan- Wasserstoff-
Reaktion durch gewisse Salze, insbesondere die
phosphorsauren, beeinträchtigt wird.
Die Diagnostik der Krankheiten und der Lezstungs-
ßkigkeü der Nieren; von Prof. H. Senator. (Berl.
klin. Wchnschr. XL. 21. 1903.)
Eine übersichtliche systematische Zusammen-
fassung aller bis jetzt bekannten Hülfsmittel und
Methoden zu einer vollständigen Untersuchung der
Nieren und ihrer Störungen. Die Hülfsmittel zer-
fallen in 2 grosse Oruppen: Die Methoden, die
direkt auf die Untersuchung der Nieren und ihres
Sekretes, des Harns, gerichtet sind, und zweitens
die Art, aus anderen Organen und Organsjstemen
auf Störungen der Nierenfunktion zu schliessen.
Die erste bei Weitem grössere Gruppe umfaisst
die mechanisch-physikalischen (einschliesslich der
mikroskopischen), chemischen und bakteriologischen
Zeichen. Hierher gehören die einander ergänzende
Inspektion und Palpation. Letztere hat bimanuell
gewöhnlich in Rücken- oder Seitenlage zu ge-
schehen, doch empfiehlt sich zuweilen die Bauch-
lage oder vielmehr die Enie-Ellenbogenlage. Zweck-
mässig ist auch die Palpation im warmen Bade
oder in der Narkose. Häufiger wird man hinten als
vorn Nierensteine durch die bedeckenden Weich-
theile fühlen. Die Palpation vom Rectum oder der
Scheide aus wird nur bei Dislokationen, nament-
lich angeborenen, etwas ergeben. Bei der Inspek-
tion kann man bisweilen eine einseitige Contraktur
der Bauchdecken beobachten, ein Symptom, das
bei Nierensteinen und -Eoliken oft vorkommt und
reflektorisch von der Tiefe aus ausgelöst wird.
Die perkutorischen Resultate sind gering in
Folge der starken Muskulatur der Lendengegend
und des Fettpolsters. Weit mehr leistet die sogen.
Streichauskultation, eine Verbindung der Auskulta-
tion durch das Stethoskop und des Streichens mit
dem Fingernagel. Die Röntgendurchleuchtung ist
jetzt nicht mehr zu entbehren: Vergrösseningen
der Niere, Geschwulst- und Cystenbildung kom-
men dabei zum Ausdruck, ebenso Steine. In kei-
nem Falle darf man aber aus dem negativen Be-
funde bei der Durchleuchtung auf das Fehlen von
Steinen schliessen.
Methoden älteren Datums sind die Panktion
und die Akidopeirastik, die im Allgemeinen extra-
peritonäal von hinten her gemacht werden. Die
neuere Chirurgie legt die Niere bloss, holt sie aus
ihrem Lager hervor und sucht sich durch Pank-
tion, Incision, Längsspaltung und Sondirung von
dem Vorhandensein krankhafter Processe zu über-
zeugen. Noch erwähnt seien schliesslich die Gysto-
skopie und die Ureter-Eatheterisirung.
Die Untersuchung des Urins hat auf Menge,
Reaktion und Aussehen des Harns zu achten, auf
Farbe, specifisches Gewicht und etwaige Sedi-
mente, die eventuell chemisch und mikroskopisch
zu prüfen sind. Mit einer Untersuchung auf EÜ-
weiss und Zucker soll man es nicht abgethan sein
lassen. Polyurie wird bei compensirten Sdurumpf-
nieren und einer Form amyloider Entartung be-
obachtet, doch kommt sie auch ohne Nieren-
erkrankung vor, ebenso wie Oligurie und Anuria
Eine auffälligere Erscheinung ist die reflektorische
Anurie, wo bei einseitigen Nierenkoliken, achmera-
haften Geschwülsten nicht nur die erkrankte Seite,
sondern auch die gesunde keinen Urin liefert.
Neuerdings wird die physiologische Albuminurie
häufiger erörtert : bei ganz gesunden Menschen wird
nach anstrengenden Eörperbewegungen , nament-
lich der Beine, nach Radeln, Rudern, kalten
Bädern, nach starken, eiweissreichen Mahlzeiten,
starken Erregungen Albuminurie beobachtet Dodi
schwindet mit dem Reize auch die B^rsoh^nong.
Uebertreibung und fortgesetzte Ueberanstrengong
können freilich eine Erkrankung der Niere be-
wirken. Albumosurie entdeckt man gewöhnlich
nur mit der kalten Eiweissprobe. Sie kann eine
Albuminurie einleiten oder auch auf ihr Abklingen
hindeuten. Als Albumosurie wird gewöhnlich die
Ausscheidung des Bence- Jon es 'sehen EÜweiss-
körpers mit dem Harne bezeichnet: ein eicherea
Zeichen schwerer, mit Anämie verbundener Kno-
chenerkrankung wie Myelom und Sarkom.
Bei der mikroskopischen Untersuchung der
Sedimente sei auf die Cy linder hingewiesen, die
das Produkt einer gestörten Thätigkeit der Bam-
kanälchenepithelien sind und nicht geronnenes
aus den Glomerulis ausgetretenes Eiweiss. Beine
Cylindrurie ohne Albumen wird oft beobachtet
Vor Jahren hat S. es schon erwähnt, daas die
Leukocyten des Harnsediments bei den als Morbus
Brightii zusammengefassten Nierenaffoktionmi aoa-
schliesslich einkernige Zellen sind sum Untet^
schiede von den multinukieären Zellen (BiterkGrper-
V. Innere Medioin.
195
eben) bei Pyelitis, Cystitis, Urethritis. Sohwierig-
keiten bei der Beurtheilung von Blut und Blut-
körperchen im Urin begegnet man daduroh, dass
bei renalen Blutungen die Blutkörperchen gew()hn-
lieh fragmentirt sind, während sie bei Blutungen
aus den Hamwegen gut erhalten bleiben.
Die ,,fanktionelle Diagnostik^^ gründet sieh
darauf, dass bei Erkrankungen der Niere gewisse
heterogene Stoffe nicht oder weniger gut aus-
geschieden werden als in der Norm. Terpentin
lud Spargel sind seit Alters bekannt. Neuerdings
bedient man sich des Jod oder der Salicyls&ure,
des Methylenblau oder Rosanilins, deren Ausschei-
dung quantitativ bestimmt werden kann. Die
Methode ist aber zu entbehren und nicht correkt.
Umgekehrt gilt dasselbe von gewissen Eiweiss-
Urpern. Hfihnereiweiss , Gelatine wird durch
kranke Nieren leichter hindurchtreten als durch
geBDnde.
Die Untersuchung der Hamgiftigkeit und die
Beetimmong des urotoxischen Codfficienten nach
Bouchard hat sich als unzuverlässig erwiesen,
ebenso ist die Prüfung der molekularen Conoen-
tratioD des Urins eine nicht viel versprechende
Methode. Viel wichtiger sind die Methoden, die
Leistungsfähigkeit jeder einzelnen Niere zu er-
gründen. Hier bedient man sich des Urether-
katheterismus. Yergleichungen der beiderseits ge-
lieferten Absonderungen, die in der Norm keinen
odff nur ganz unbedeutenden unterschied zeigen,
werden die LeistungsAhigkeit der einzelnen Niere
Mcht beurtheilen lassen.
Die Symptome von Seiten anderer Organe oder
OigaDsysteme , die ein Nierenleiden vermuthen
lassen, sind die Wassersucht, bei der gewöhnlich
eine auffallende Blässe der Haut besteht. Wichtig
sind femer die Retinitis albuminurica, andauernde
migräneartige Kopfschmerzen, Hautjucken, das Ein-
schlafen von Fingern, der eigenthümliche Geruch
des Athems.
Zum Schlüsse ist als neueste Methode erwähnt
die Prüfung der molekularen Concentration des
Blotes oder des Serum oder der hydropischen
Transsudate. Der Nachweis einer Ei-höhung dieser
Concentration ist von grosser Bedeutung. Er be-
weist, dass beide Nieren leistungsunfähig sind,
denn ist es nur eine Niere, so kann die andere
vollständig Ersatz leisten. Ein einseitiges Nieren-
leiden macht keine Erhöhung der molekularen Gofi"
ftntration des Ekiies. Wie wichtig fQr Entschlies-
songen bei chirurgischen Eingriffen I
Beäritg xur Bestifnmung der Funktionsfähigkeit
^ Nieren; von Klaus Hanssea and N. B. Grön-
dahL (Nord. med. ark. Afd. IL 3. F. UI. 3. Nr. 12. 1903.)
Zur Bestimmung der Funktionfähigkeit der
Nieren unterzogen H. u. 0 r. den Harn der kryo-
akopischen Untersuchung. Auf Orund ausführ-
licher Versttoheieihen kommen sie zu dem Ergeb-
nisse, dass die Bestimmung der Depression des
Oefrierpunktes des Harns keine anderen klinischen
Aufschlüsse giebt als die Bestimmung des spe-
cifisohen Gewichtes des Harns. Ferner giebt diese
Bestimmung der Depression des Gefrierpunktes
des Harns in Verbindung mit der Bestimmung von
dessen NaCl- und der Hamstoffmenge keinen An-
haltepunkt fOr die Beurtheilung der Sekretionf&hig-
keit der Nieren.
Bin weiterer Abschnitt beschftftigt sich mit der
Phlorhizinprobe, bei der durch subcutane Phlor-
hizin- Injektion künstlich ein Diabetes hervor-
gerufen wird. Der Zucker ist nach v. Mering
das Produkt der Nierenthfttigkeit, wobei den Nieren-
epithelien die wesentlichste Bolle zuzukommen
scheint. Doch wie bei der Yariabilit&tprobe lassen
auch hier Abweichungen, die einer weiteren Auf-
klärung bedürfen, keine sicheren Resultate zu.
N e u m a n n (Leipzig).
Wa/ndemiere und Qenitaierkrankungen; von L.
Lebar. (Gyneool. Aug. 1903.)
Man findet Wanderniere ziemlich häufig, falls
man alle Frauen daraufhin untersucht. So konnte
L. unter 1844 Patientinen 390 Fälle von Nephro-
ptose constatiren ; das Verfaältniss ist beiläufig 28^/o.
Hauptsächlich ist es das Alter zwischen 80 und
85 Jahren, das die grOsste Anzahl von Wander-
nieren aufweist. Merkwürdig ist, das überwiegend
die rechte Seite befallen wird; unter den erwähnten
Fällen war die Wandemiere 375mal rechts, llmal
links und 4mal doppelseitig. Als Grund des Deber-
wiegens der rechten Seite, wird angeführt, dass die
rechte Niere dem Drucke der Leber ausgesetzt ist,
der sich bei tiefem Einathmen und beim Schnüren
steigert, ferner steht die rechte Niere von Natur
aus tiefer als die linke, ausserdem hat Zucker-
kandl ein aponeurotisches Band beschrieben, das
die linke Niere fixirt und das rechts fehlt.
Für das Zustandekommen der Wanderniere sind
mehrfache Ursachen angeschuldigt worden, wie
starkes Schnüren, Schwangerschaft mit nachfolgen-
der Erschlaffung der Bauchdecken, starke Fett-
zunahme, Magenerweiterung, Colitis muco-membra-
naoea u. A. L. findet das Hauptmoment aller dieser
Zustände in der Bolle, die die Genitalerkrankungen
auf den GesammtkOrper der Frau ausüben. Er
nimmt daher als Grundursache der Wanderniere
eine allgemeine Asthenie an, die zu einer Erschlaf-
fung der Aufhängebänder im Allgemeinen und auch
des Fixirungsapparates der Niere führt Es ist
dieses namentlich für die Behandlung von Wichtig-
keit, die Genitalaffektion darf nicht vernachlässigt
werden. Ausserdem muss auch der allgemeine
Eräftezustand gehoben werden.
Ein Fall von Oyatinurie und Oystinsteinen ; von
Prof. E. Riegler in Jassy. (Rom&oia med. u. Presa
med. rom. Nr. 8. p. 169. 1904.)
Die 24jähr. Pat hatte mehrfach an Bückensohmerzen,
täglichem Erbrechen, Diarrhöe abwechselnd mit Ver-
stopfang, Banch- and Blasenschmerzen gelitten. Der
Urin war trübe, von neutraler Reaktion, enthielt keine
Cylinder oder sonstige morphologische Elemente, hin-
gegen schöne hezagonale Erystslle von Cystin. Eines
Tages keilten sich unter grossen Schmerzen 2 etwa
196
V. Innere MedioiiL
kirsohengrosse Steine in der Urethra ein, die eztrahirt
werden mussten nnd sich ebenfalls als aas Cystin be-
stehend erwiesen. Ausserdem wurde im Urin Penta-
methylendiamin und Tetramethylendiamin gefunden und
R. schliesst hieraus, dass der Ausgangspunkt der Krank-
heit in abnormen Gährungsvorgäogen, die sich im Darme
abspielten, zu suchen sei. In diesem Sinne wurde auch
die Behandlung vorgenommen, bestehend in Desinfektion
des Darmtraktes durch Calomel und dann Salol, Naphthol
u. s. w., ausserdem wurde Milch- und Oemüsenahrung
vorgeschrieben. Der Fall ist selten, denn in der Literatur
sind nur etwa 60 ähnliche verzeichnet. £. To f f (Braila).
lieber Pho8ph<xh4/rie; von Fr an z S o e 1 1 n e r. (Jahrb.
f. Kinderhkde. 3. F. LVI. 1. p. 1. 1902.)
S. berichtet über folgende Beobachtung aus der
Heidelberger Einderklinik.
6jähr. Mädchen, das Schmerzanfälle im Leibe und
Bücken hatte. Ausser einem Dickdarmkatarrh und trübem
Urin mit reichlichem Phosphatniederschlage war nichts
Krankhaftes zu finden. Durch Breiumschläge, ,,sorg-
fältige^, nicht näher bezeichnete Diät und Verabreichung
von Salzsäure wurde Heilung erzielt. Vergleichende
Untersuchungen ergaben eine erhöhte Ealkabscheidung
im Urin und eine verringerte Kaikabscheidung im Koth
fegenüber einer gleichgenährten, gesunden Person. Der
lickdarmkatarrh verhinderte, wie S. annimmt, die Ab-
scheidung des Kalkes in den Darm. Er erschien daher an
Phosphorsäure gebunden im Urin. Wie man sich die
Entstehung der Schmerzen erklären soll, bleibt unklar.
Brückner (Dresden).
228. Die Pellagra; von Dr. Gh. Z. Petresou.
(SpitaluL Nr. 3. p. 73. 1904).
P. weist darauf hin, dass diese Krankheit in
Rumänien in fortwährendem Waohsthume begriffen
ist %o ist z. B. in einem einzigen Bezirke im
Laufe von 6 Jahren der Prooentsatz der Kranken
von 1.920/0 auf 7.40/0 gestiegen. Das weibliche
Geschlecht ist numerisch viel stärker vertreten und
das Vorzugsalter ist zwischen 40 und 50 Jahren.
Der Anfang der Krankheit ist schwer zu be-
stimmen ; die Angaben, dass sie meistens im Früh-
jahre beginnt, ist wohl darauf zurückzuführen, dass
in dieser Jahreszeit die Erscheinungen sich ver-
schlimmern und namentlich das Erythem erscheint
Letzteres ist wohl auf den Einfluss des Sonnen-
lichtes zurückzuführen. P. sucht die hauptsäch-
liche Veranlassung der Pellagra in einer Dyspepsie
und leitet von dieser alle Erankheiterscheinungen
ab. Er ist der Ansicht, dass das Pellagragift nicht
im Mais vorgebildet ist, sondern durch die schlechte
Beschaffenheit des Verdauungsapparates kommt es
zur Bildung und Resorption von Ptomainen, die im
weiteren Verlaufe auch die Läsionen des Nerven-
systems bewirken. Sumpffieber tragen, durch Ver-
änderungen der Leber, zur Verschlimmerung der
Krankheit bei, dieses ist hauptsächlich auch der
Grund dafür, dass die Pellagra der Gebirgsbewohner,
• die nicht an Intermittens leiden, viel leichter ver-
läuft, als diejenige der auf dem flachen Lande
Lebenden. Bezüglich der Behandlung, hat P. von
der Behandlung der Dyspepsie und namentlich der
Hyperacidität durch Alkalien in grosseren Dosen,
die besten Resultate gesehen. Von Heilungen kann
aber nicht die Rede sein. E. Toff (Braila).
229. lieber Lioben raber pemphigoide!;
von Prof. E. Finger in Wien. (Wien. med.
Wohnschr. LIV. 4. 1904.)
Es sind in der Literatur einige Fälle nieder-
gelegt, in denen neben den Knötchen eines Liehen
planus so zahlreiche und grosse Blasen auftraten,
dass das Leiden das Bild eines Pemphigus vor-
täuschen konnte. Man kann diese Fälle in 2 Oruppea
eintheilen. Die 1. Oruppe umfasst diejenigen, in
denen im Verlaufe eines allgemeinen akuten Liehen
ruber meist zur Zeit der ziemlich weit vorge-
schrittenen Arsenbehandlung einmal oder in meh-
reren Schüben Bläschen auftreten, die rasch ab-
heilen, ohne dasa der Blasenausbruch der Krank-
heit ein besonderes Gepräge- verleiht. FQr die
Hehrzahl dieser Fälle ist der Zusammenhang mit
der Arsenbehandlung wahrscheinlich. Die 2.0ruppe
zeichnet sich aus durch den schweren Verlauf des
Liehen. Während einer plötzlichen allgemeinen Aus-
breitung des Leidens treten fläohenhafte &7-
theme auf und auf diesen bilden sich zahlreiche
wasserhelle' Blasen und Bläschen. F. beschreibt
einen von ihm selbst beobachteten Fall der letzteren
Oruppe.
Die Kr., ein 27jähr. Mädchen, zeigte eine ziemlich
rasoh auftretende und sich ausbreitende Eruption eines
Lioben raber planus. Auf der Höhe der Krankheit trat
Fieber auf, es bildeten sich Erytheme und auf ihnen äoe
akute wiederholt nachschiebende Blaseneruption. Unter
Einleitung der entsprechenden Arsenbehandlung ver-
schwanden die Licheneffloresoenzen, sowie die Erytheme
und dio Blasen und der ganze Process kam zur Abheiloog.
F. bezeichnet den Fall als liehen ruber pemphigddes
(Kaposi). J. Meyer (Lübeck).
230. Des erythimato-soliroaes et, iMurttoa-
lidrementy de rerythömato-aolöroae pemphi-
goide; par le Prof. Ch. Audry, Toulouse. (Ann.
de Dermatol. et de Syph. V. 1. p. 1. Jan. 1904.)
Neben den polymorphen Erythemen giebt es
eine Reihe von Fällen, die noch ein besonderes
Studium yerdienen. Im Grossen und Ganien kann
man sie in chronische und sklerotische Erytheme
eintheilen. Die chronischen Erytheme umfaseea
eine grosse Anzahl noch nicht genau bestimmtet
Beobachtungen, von denen einige wohl als eine
chronische Abart des polymorphen Ikythem an-
zusehen sind. Die sklerotischen Erytheme zeichnen
sich durch ihre grossere Derbheit aus und duroh
den umstand, dass die erythematösen Effloreeoenzen
deutlich bindegewebebildende VerftnderaDgen ein-
gehen. Man unterscheidet sie in lokalisirte und
allgemein sklerotische Erytheme. Von doi letz-
teren kennt man bis jetzt 3 Abarten: 1) ein Ode-
matös sklerotisches Erythem; 2) das Brythema
elevatum diutinum ; 3) eine pemphigoide Abart.
Einen Fall der letzteren Art beschreibt A. in
sehr anschaulicher und erschöpfender Weise. Es
handelt sich um einen 7jähr. Knaben, der an des
verschiedensten Eörperstellen ein Erythem leigt,
das sich von dem polymorphen Erythem nnter-
Boheidet durch die Derbheit und die sklerotiadM
YI. Geburtshülfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
197
Ümbildnng der einzelnen Erhebungen. Oanz un-
abhftogig von dem Erythem treten schubweise
Blasen und Bläschen auf dem ganzen EOrper auf.
Die obengenannten Abarten sind nur als klinische
nnd pathologisch-anatomische Eintheilungen anzu-
seilen, nicht als besondere Erankheiteinheiten.
üeber Ursprung und Wesen der Krankheit wissen
wir gar nichts Oenaues. Es scheint, dass sie an-
sosehen ist, als ein Zeichen einer allgemeinen In-
toxikation der Haut, die andauernd genug ist, um
eine Sklerosirung und Bildung von Bindegewebe
hervonurafen. J. M e y e r (Lübeck).
231. Contribution a Petnde du pemphlgas
vegetant de Neumann; par le Dr. R. Stan-
liale. (Ann. de Dermatol. et deSyph. V. 1. p. 15.
Jan.. 1904.)
Seit dem Jahre 1876, in dem Neu mann
zuerst den nach ihm benannten Krankheitzustand
beschrieb, sind nicht mehr wie höchstens 50 Fälle
dieser Krankheit veröfifentlicht worden. Trotz der
aofmerksamsten Untersuchungen sind die Ursache
und das Wesen des schweren Leidens noch in
tiefes Dunkel gehüllt
St beschreibt einen von ihm beobachteten Fall,
der, mit Schlei mhautveränderungen in der Mund-
hohle beginnend, sich imUebrigen bis zu demtödt-
liehen Verlauf nicht wesentlich von den bisher be-
richteten F&Uen unterscheidet Die Veränderungen
in der Mundhöhle gingen den Erscheinungen auf
der Haut 5 Monate voran. In den bisher beschrie-
benen 50 Fällen war der Beginn nur dOmal in der
Mundhöhle. St glaubt indessen annehmen zu
dflrfen, dass die Mundhöhle immer als Ausgangs-
punkt der Krankheit anzusehen ist und dass man
in den anderen Fällen nur die ersten Erscheinungen
im Munde übersehen hat In dem wasserklaren
Inhalt der Blasen gelang es S t., einen sehr kleinen
Kplobacillus zu finden und ihn in Beinculturen
düzustellen, indem er dem Nährboden etwas Blut
hinzQsetzta Impfversuche bei Thieren mit den
Beinculturen ergaben kein Resultat Einmal gelang
es, denselben Diplobacillus im Blut festzustellen,
das der Vena mediana basilica der Kranken ent-
oofflmen war. Aus dem ebenfalls wasserklaren
Inhalte der Blasen in der Umgebung der Pemphigus^
Vegetationen gelang es, einen pseudodiphtherischen
Bactllos zu isoliren. Dieser fand sich auch im
Blot, das durch Scariflkationen in der Nähe der
Vegetationen erhalten wurde. St glaubt, dass,
▼enn seine Beobachtung sich in einer grösseren
Anaahl von Fällen bestätigen sollte, man wohl an-
nehmen dürfe, dass der Pemphigus vegetans als
eine Mischinfektion mit dem von ihm gefundenen
kleinen Diplobacillus und dem Diphtheriebacillus
anzusehen sei. J. Meyer (Lübeck).
232. De la dermatite polymorphe donloa-
reuse (Dermatite herpetiforme de Dahring-
Brooq) ches Penfant; par Paul Meynet et
MauriceP6hu. (Ann. de Dermatol. et de Syph.
IV. 12. p. 893. Dec. 1903.)
M. und P. beschreiben einen von ihnen be-
obachteten Fall von herpetiformer Dermatitis bei
einem 8jähr. Mädchen und berichten darauf kurz
über sämmtliche bisher bekannten Fälle dieser Art
bei Kindern, 23 an der Zahl Auffallend ist das
Ueberwiegen des männlichen Oeschlechts, bei den
erkrankten Kindern, 17 von 23. Unna will eine
besondere juvenile Form der Krankheit anerkennen
und bezeichnet sie als Hydroa puerorum. Nach
genauer kritischer Betrachtung der Erscheinungen
beim Erwachsenen und bei Kindern kommen M.
und P. zu der Ueberzeugung, dass es keine cha-
rakteristischen Krankheiterscheinungen beim Kinde
giebt, die die Bezeichnung einer besonderen poly-
morphen, schmerzhaften Dermatitis der Kinder
rechtfertigen. J. M e y e r (Lübeck).
233. Becarrent, progressive, bnlloas der-
matitia in an hysterical sabjeot; by Charles
J. White, Boston. (Transact of the Amer. der-
matol. Assoc. Washington p. 41. 1903.)
Ein 23jähr. Mädchen aus sehr hysterischer Familie,
selbst mit stark hysterischer ADamoese, bekam im Jahre
1900 eine Blase auf dem linken Fussräcken. Nach deren
Ueilnng entstanden Blasen etwas höher hinauf am Fnss,
die immer weiter durch andere höher am Körper sitzende
Blasen abgelöst wurden, bis nach Ablauf eines Jahres die
Hüfte erreicht wurde. Dann trat eine Pause von circa
2 Monaten ein. Darauf begann das Leiden in derselben
Art an den Fingern der linken Hand aufsteigend bis zur
Schulter. Im nächsten Jahre begann der Blasen ausbruch
an der linken Seite des Bauches. Bei der Beobachtung
im Krankenhause zu Massachusetts spielte sich der ein-
zelne Anfall mit Blasenansbruoh immer in der folgenden
Weise ab. Pat fühlte Stechen und Brennen an der be-
troffenen Hautstelle. Diese wurde roth und unter dauern-
den Schmerzen begann nach 2 Stunden die Exsudation.
Eine 2 Zoll lange Blase brauchte zu ihrer Entstehung
4 Stunden. Pat. liess dann den flüssigen Inhalt aus-
fliessen und fühlte sich während der folgenden Stunden
sehr matt. Nach 8 Tagen waren die Blasen wieder ver-
schwunden. Die Haut in der Umgebung war immer
völlig normal. Da die Pat während der Entstehung der
Blasen beobachtet wiurde, so war eine freiwillige Reizung
der Haut durch irgendwelche chemische oder andere
Mittel ausgeschlossen. W h. glaubt, das Leiden als eine
cutane Manifestation der Hysterie ansehen zu müssen.
J. Meyer (Lübeck).
VI. Qeburtshaife, Frauen- und Kinderheilkunde.
234. Zur Heiaslnft- Behandlang gynäko-
logischer Erkrankangen; von Dr. Oskar Bürger
in Wien, (Wien. klin. Wchnschr. XVI. 28. 1903.)
Zur Anwendung kamen der von E obrer an-
gegebene, mittels elektrischen Lichtes gespeiste
Schwitzkasten und der von R eitler oonstruirte
Trocken-Heissluftapparat. Der Kehre r*sche Appa-
rat gestattet die strahlende Hitze auf ein grösseres
Territorium direkt einwirken zu lassen, während
der Reitler'SQbe Apparat leichter transportabel
198
VI. Oeburtshülfe, Frauen- und Einderheilkunda
ist und statt mit Elektricität oder Qas auoh nur
mit Spiritus geheizt werden kann. Nach Anwen-
dung des Apparates wurden die Patienten mit
wollenen Deoken zugedeckt.
Von den Allgemeinwirkungen dieser Therapie
sprang am deutlichsten in die Augen die auf-
fallende und rasche Besserung im subjektiven Be-
finden der Kranken, die hauptsächlich zurückzu-
führen ist auf die schmerzlindernde Wirkung der
erzeugten aktiven Hyperämie. Als unangenehme
Nebenwirkung erwähnt B. die nicht immer ver-
meidbaren Verbrennungen der Bauchhaut Das
dankbarste Gebiet für die Beheizung bilden die
meist in Folge von puerperaler Infektion entstan-
denen diffusen entzündlichen Infiltrationen des
Beckenbindegewebes sowohl an den Wurzeln des
Lig. latum, als auch im lockeren Zellengewebe
zwischen Blase und Uterus und zwischen Uterus
und Mastdarm. Unter 14 hierhergeh()rigen Fällen
wurde in 13 eine rasche und auffallende Besserung
des subjektiven Befindens und Abnahme der Schmer-
zen erzielt. Die objektiven Veränderungen hielten
allerdings nicht ganz gleichen Schritt mit der sub-
jektiven Besserung, aber in allen 13 Fällen konnte
eine mehr oder weniger bedeutende Verkleinerung
der Tumoren festgestellt werden. Bei chronischer
Pelveoperitonitis oder Perimetritis wurde dieHeiss-
luft-Therapie in 12 Fällen angewandt. In 8 Fällen
trat Besserung im subjektiven Befinden auf, in
3 Fällen erfolgte keine Aenderung und in 1 Falle
wurden die Schmerzen heftiger. Objektiv konnte
nur in 5 Fällen eine Besserung des Palpation-
befundes constatirt werden. Von Adnextumoren
wurden 17 mit heissec Luft behandelt, 8 auf
Gonorrhöe beruhende Fälle wiesen subjektive und
objektive Besserung auf. Diese Besserung war
jedoch nur vorübergehend und beruhte offenbar
auf der Resorption des entzündlichen, die Tumoren
umgebenden Oedems. Auch in den Fällen puer-
peralen Ursprungs war eine subjektive Besserung
zu verzeichnen. Eine Aktinomykose der Bauch-
decken wurde durch Heissluftbehandlung wesent-
lich gebessert. 3 Bauchdeckenfisteln, die nach
Laparotomien entstanden waren, kamen rasch zur
Ausheilung.
Nach Allem erblickt B. in der Heisslufttherapie
ein sehr verwendbares conservatives Heilmittel,
das bei strenger Auswahl der Fälle und individuali-
sirender Anwendung mehr leisten wird, als die
gebräuchlichen Mittel.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
236. Ueber die Vaporisation ; von R. Hantke.
(Mon.-Schr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. XVIL Erg.-H.
p. 1133. 1903.)
H. hält die Anwendung der 1894 vonSne-
guireff angegebenen, in Deutschland besonders
durch Pincus eingeführten Vaporisation, d. h.
der Einwirkung heissen Dampfes auf die Uterus-
schleimhaut, auf Grund in der C z e m p i n 'sehen
Anstalt gewonnener Erfahrungen für berechtigt,
wenn hierdurch ein Aufhören der Menatruation
herbeigeführt werden soll. Bei Blutungen im
klimakterischen Alter, mOgen sie nun rein klimtk-
terische sein oder auf einer Hyperplasie der Schleim-
haut beruhen, leistet sie glänzende Dienate, so da»
diese Krankheit aus den Indikationen zur Total-
exstirpation wohl ganz verschwinden kann. Fernere
Anzeigen sind subserGse (ja nicht submuküee) und
gewisse Formen von interstitiellen Myomen, bei
denen eine Radikaloperation nicht mehr ausführbar
ist, unstillbare Blutungen nach Gastration und
Hämophilie. Schliesslich soll sie zur Herbeiführung
der Sterilität angewendet werden an Stelle der
bisher üblichen Methoden.
Unerlässliche Vorbedingung sind die Erweite-
rung des Cervikalkanales, bisweilen auch die Ane-
tastung ; ferner die Abrasio zwecks mikroskopischer
Untersuchung. Danach wird der Uterus gründlich
ausgespült. Narkose ist zur Vaporisation selbst
nicht nOthig, da diese schmeralos ist, aber fOr
genaue Adneztastung wünschenswerth. Asttsteni
ist zur Bedienung des Vaporisationapparates un-
erlässlich. Wegen der ungleichmässigen Wirkung
bei gleichlanger Dampfwirkung musa man ausser
der Dampfspannung noch die Wirksamkeit anderer
Faktoren annehmen, wie Dicke und Contraktilität
der Uteruswand, Grösse und Form der UterushGkle.
Von einer genauen Dosirung der Vaporisation kann
keine Rede sein. Zur v(}lligen Verödung der
Uterusschleimhaut wurde erst 2, dann 2Vi) zuletst
3 Minuten vaporisirt Der klinische Verlauf ist eia
typischer. Am 4. bis 6. Tage beginnt schmutziger
Ausfluss, der durch fleissige Spülungen beseitigt
wird. 3 — 4 Wochen nach der Operation tritt eine
sehr starke Blutabsonderung ein mit Abgang grosser
Schorfstücke. Nun wird der Gervikalkanal bis zur
6. Woche methodisch sondirt, um leichte Ver-
klebungen au sprengen und eine Stenose su ver-
hüten. Stationäre Behandlung und Bettrabe wäh-
rend 12 Tage ist unerlässlich.
Kurt Kamann (Wien).
236. Zur Aetiologie und Anatomie der
Erosio portionis yaginalis; von Dr. H. Voerner
in Leipzig. (Dermatol. Ztschr. X. 3. p.242. 1903.)
V. beschreibt 6 Fälle typischer Portio-Eroaion
im Sinne von Buge und Veit Das klinische
Bild erweckte den Eindruck der einfachen Erosion
mit glatter, glänzender Oberfläche oder der papil-
lären mit höckerigem granulösen Aussehen. Das,
was diese Fälle vor allen übrigen auszeichnet, ist
die Anwesenheit der Gonokokken in den Qewebe-
schnitten. Den Nachweis, dass es sich thatsich-
lich um die specifischen Erreger der Gk>norrhöe
gehandelt hat, glaubt V. mit aller nur möglichen
Sicherheit erbracht zu haben. Von den histo-
logischen Besonderheiten bietet besonderes Inter-
esse der Befund, dass an der Portio das Platten-
epithel ziemlich leicht den Gonokokken anheimfällt,
VI. Oeburtsfaülfef Vhraen* und Einderfaeilknnde.
199
während dasfiimmernde Cylinderepithel der Erosion*
drisen auffallender Weise geradezu immun gegen
die Infektion zu sein scheint Diese Beobachtung
entspricht nicht dem, was man sonst von dem Ver-
halten der verschiedenen Epithelarten zur Gono-
kokkeninfektion kennt. Namentlich herrscht die
Ansicht, dass dickes, mehrschichtiges Plattenepithel
nicht Ton den Gonokokken zu durchdringen sei,
rar Zeit Tor, wie sie u. A. auch Finger in seinem
Lehrbuch vertritt Vielleicht spielt die Lokali-
sation in dieser Beziehung eine besondere Rolle.
Ffir die Therapie empfiehlt V. eine sorgfältig durch-
geführte antiblennorrhoische Behandlung, insbeson-
dere audi der Cervix und des Uterus.
W. Friedlftnder (SchOneberg).
237. üeber HämatOBalpinz bei Qynatre-
sien; von Gustav Rauscher. (Ztschr. f. Oe-
bortsh. u. Gjnäkol. XLIX. 3. p. 416. 1903.)
R behandelt die Veit-Nagel 'sehe Theorie,
wonach der zur Hämatosalpinxbildung unerläss-
liche Verschluss des abdominalen Tubenendee auf
den gleichen infektiösen Process zurückgeführt
werden müsse, der die Gynatreeie bedingt
R. theilt eine bei einem 17jähr. Mftdchen gemachte
eigeoe Beobachtung mit. Bei der Pat. wurde die klinische
Dugnose: Uterus duplex, Hämatometra des linken Horns
snd linkseitige Hämatosalpinx gestellt. Bei der Laparo-
tomie ergab der Befund: Hämatosalpinx sinistr., Hämato-
metra, Hämatocolpos, Atresia vaginalis, Hymen septus.
M der Operation wurde die linke Tube exstirpirt; sie
stellte einen warstförmigen, retortenartig gebogenen, im
iofandibalären Theile über daumendicken Sack dar, der
mit theerartigem Blut angefüllt war. Es erfolgte reak-
tiooloee Heilung, die Periode trat regelmässig ein.
Bei dem steril aufgefangenen U&matosalpinx-
blut ergab sowohl das aerobe, als auch das anaSrobe
Cultarverfahren ein negatives Resultat. Bei der
Untersuchung der exstirpirten Tubenwand wurden
übereinstimmend mit den Angaben früherer Be-
obachter folgende Verftnderungen gefunden : 1) ver-
mehrter Blutgehalt der Schleimhaut und des sub-
serOsen Oewebes, auch Hämorrhagien innerhalb
des letzteren, sowie der fibromuskulären Wandung;
2) Verdickung der Tubenwand, theils auf Hyper-
trophie der Muskulatur beruhend, theilsauf Wuche-
ningdes intermuskulftren Bindegewebes; 3) mehr
oder weniger ausgesprochene kleinzellige Infiltra-
tion des Bindegewebes; 4) fibrinöse Auflagerungen
der Serosa. Die eingreifenden Veränderungen
innerhalb der Pars ampullaris, wie die völlige Ver-
schmelzung zweier Tubenwindungen, dieümwand-
inng eines Theiles der Tubenwand in eine narbige
Schwiele, die Verwachsung gegenfiberliegender
Falten und dadurch bedingte Abschnürung von
grosseren Epithelbuchten, endlich die ülceration
eines circumscripten Schleimhautgebietes, müssen
nach R. auf eine vor Eintritt der Menstruation
Btattgefundene Schädigung der Schleimhaut be-
zogen werden, die nur durch eine Infektion von
onten, durch den früher offenen Genitalkanal, zu
Stande gekommen sein kann. Wie die Ueberreste
von. Fimbrienepithel sowohl innerhalb der narbig
▼eränderten Partie der Tubenwand, als auch an
zahlreichen anderen Stellen derselben in klarer
Weise beweisen, ist auch der Verschluss des abdo-
minalen Tubenoatium auf den gleichen entzünd-
lichen Vorgang zurückzuführen. Die Hämatosalpinx
giebt hier im Sinne der Veit-Nagel'schen
Theorie ein einwandfreies Kriterium für die er-
worbene Natur der Scheidenatresie.
Zum Schluss theilt R noch eine weitere Be-
obachtung von Verschluss der Scheide mit Hämato-
metra und doppelseitiger Hämatosalpinx mit Be-
reits aus dem makroskopischen Befunde ergab sich
ein einwandfreies Kriterium für die Aetiologie der
Hämatosalpinx: beide Tuben erwiesen sich in
ihrem uterinen Abschnitte als undurchgängig, und
zwar an einer Stelle des nicht erweiterten, völlig
gestreckt verlaufenden Kanals. Diese Verschluss-
bildung lässt sich nach R nicht anders erklären,
als durch primäre Tubenatresie, womit der infek-
tiöse Ursprung der Hämatosalpinx bewiesen sein
würde. Art h. Hoffmann (Darmstadt).
238. Sor nn caa de torsion de Pateraa;
par J. L. Faure. (Ann. de Oyn6col. et d'Obstötr.
LX. p. 382. Nov. 1903.)
Eine 37jähr. Frau erkrankte plötzlich an heftigen
Unterleibschmerzen. Sie hielten 3 Tage an und kehrten
wieder, als die nächste Regel fällig war. Diese blieb aber
aus und der Leib wurde immer stärker, so dass sich die
Frau selbst schwanger glaubte. Es kam jedoch zu keiner
Geburt. Obwohl nun eine Geschwulst festgestellt wurde
und offenbar noch mehr wuchs, wartete die Pat. mit der
Operation doch noch bis 2 Jahre nach jenem Schmerz-
anfall, da sie sich leidlich dabei fühlte. Mittels Bauch-
schnittes wurde eine mit dem Netz ausgedehnt verwach-
sene, 11 kg schwere, solide Geschwulst mit achsengedreh-
tem kleinfingerdicken Stiel entfernt. Die Geschwtust war
ein Myom und ging breitbasig vom hnken Hörn des Uterus
ans, der sammt den um ihn herumgerollten Tuben und
Ovarien mit entfernt worden war. Der kleinfingerdicke
achsengedrehte Stiel bestand aus dem völlig atrophischen
Isthmus uteri und den Gefässbüudeln beider Tuben, indem
die Ligamenta infundibnlo - pelvica allmählich auf den
Beokengrund hinabgezogen worden waren.
Der Schmerzanfall 2 Jahre zuvor war offenbar be-
dingt durch eine den üteruskörper mit betreffende Drehung
des Myoms. In Folge dieser Drehung wurde die Uterus-
höhle vollständig verlegt und das Menstrualblut konnte
nicht mehr abfliessen. Dieses Ausbleiben der Menses
kann diagnostisch sehr werthvoll sein.
Kurt Ea mann (Wien).
239. Drehung des Uterua; von Dr. Paul
Petit (Semaine gyn6col. VIIL 26. p. 203. 1903.)
Die 31jähr. Viertgebärende litt seit 4 Jahren an
Schmerzen in der rechten Weiche; sie wurden stärker
etwa 8 Tage vor Beginn der Menstruation, verschwanden
1—2 Tage lang während dieser und setzten dann mit
erneuter Heftigkeit wieder ein. Während der Menses
erfolgte durch 3 Tage normaler Ausfluss, dann kam durch
5 Tage schwarzes, theils flüssiges, theils geronnenes,
übelriechendes Blut. Klinisch wurde eine kleine link-
sei tige Ovarialcyste gefunden. Bei der Laparotomie zeigte
sich das linke Ovarium eigross, cystisch degenerirt, die
Gebärmutter war von einer Membran ganz eingehüllt und
es fand sich, dass das Unke, fast dreifach verlängerte Liga-
mentum latum sich über die vordere Fläche der Gebär-
mutter nach rechts hin erstreckte, auf die hintere Gebär-
200
VI. Oeburtshülfe, Frauen- und Kinderheilkunda
matterflfiohe reiohte und dann wieder nach links gelangte.
Gleichzeitig hatte die Oebärmutter eine halbe Drebang
um ihre I^ngsaohse gemacht, derart, dass die rechten,
sonst gesunden Adnexe hinter das linke Ligamentum
latum und unterhalb des cystisohen linken Ovarium ge-
langt waren. Die Operation bestand in der Abtragung
der linken Adnexe. £. T o f f (Braila).
240. Die Aetiologie der Inversio uteri;
von F. Sohauta. (Wien. klin. Wchnsohr. XVI.
28. 1903.)
Seh. hat schon früher (Jahrbb. CCXL. p. 52)
bei der VerOffentlichang eines Falles von Inversio
uteri bei einer 78jähr. Frau seine Ansichten über
die Entstehung dieser Krankheit erOrtert. Br be-
spricht nun die inzwischen von verschiedenen
Seiten ihm gemachten Einw&nde und weist sie
zurück. Seiner Ansicht nach spielen bei puer-
peraler und bei nicht puerperaler Inversion bei
dem eigentlichen Vorgange der Entstehung der
Umstülpung Contraktionen des Uterus keine wie
auch immer geartete Bolle. Die Wehen wirken
vielmehr dem Zustandekommen der Inversion ge-
radezu entgegen, indem sie im Stande sind, eine
bereits begonnene Inversion wieder aufzuheben.
Alle Vorgänge bei Entstehung puerperaler und
nicht puerperaler Inversion bauen sich auf der
Voraussetzung der Schlaffheit des Organs auf.
Diese Erschlaffung kann bei guter Entwickelung
des Uterusmuskels durch vorübergehende oder
dauernde Lähmung, ferner durch Atrophie, Dege-
neration und Wandverdünnung verursacht werden.
Die Wandverdünnung wird durch Myombildung an
der Stelle der Insertion, aber auch durch passive
Dehnung der UterushOhle hervorgerufen, in manchen
Fällen femer durch den Einfluss des Uebergreifens
von Carcinom auf die Muskelwand.
Unter der Voraussetzung der verminderten
Widerstandsfähigkeit oder Erschlaffung der Uterus-
wand kommt nach Seh. die Umstülpung durch
Zug oder Druck zu Stande. Bei nicht puerperaler
Inversion wird die Zugkraft durch das Gewicht
des Tumor, durch das Herausgleiten eines bis über
die grOsste Peripherie geborenen Myoms aus der
Cervix bei unnachgiebiger Befestigung an der
Uteruswand oder auch durch operative Eingriffe
hervorgerufen. Der Druck von oben wird durch
die allmähliche oder plötzliche Aktion der Bauch-
presse bewirkt In allen diesen Fällen ist Weg-
samkeit der Cervix für das Zustandekommen der
Inversion nothwendig. Eine Inversion wird aber
erst dann zu Stande kommen, wenn die am Uterus
wirkenden Zug- oder Druckkräfte auf ein weiches,
schlaffes und widerstandsunfähiges Organ ein-
wirken. Art h. Hoffmann (Darmstadt).
241. Einige Beobachtungen von Sohwan-
gerachaft - Betrodeviation ; manuelle Behand-
lang; von Dr. H. Pouey. (La OyndcoL Avril
1903.)
P. giebt 10 Krankengeschichten, in denen er
eine Retrodeviation der schwangeren Oebärmutter
beschreibt, und gelangt zu folgenden Schlüssen:
Die einfache uterine Betroversion, ohne Cervix-
oder Adnezläsionen , setzt nur ein schwaohes
Hindemiss der Schwängerung entgegen. Nach der
Geburt kommt ein Rückfall der Retroversion oft
vor. In vielen Fällen von Rückwärtsbeugung der
schwangeren Gebärmutter verläuft die Sohwaoger-
Schaft normal, ohne dass es nothwendig gewesen
wäre, einzuschreiten. Ziemlich selten kommt Ein-
klemmung vor; meist ist in diesen VÜlen die
manuelle Reduktion mOglich. Hierzu ist es von
Wichtigkeit, die Reduktion mit Geduld und zu
wiederholten Malen zu versuchen. Die Tren-
delenburg 'sehe Lage scheint für diese Zwecke
am vortheilhaftesten zu sein ; in manchen FUlen
kommt man zum Ziele in Enie-Ellenbogenlage oder
einfacher Rückenlage. Die Handgriffe werden von
den schwangeren Frauen sehr gut vertragen.
B.Toff(Brtila).
242. Tetanie in der Sohwangersohaft; von
H. V 0 e 1 k e r. (Mon.-Schr. f. Geburtsh. u. GynftkoL
XIX. 1. p. 14. 1904.)
Eine sonst völlig gesunde, nicht erblich nervöe be-
lastete 39jähr. Neuntgebärende, deren iersteSohwioger-
schaften nnd Geburten ungestört verlaufen waren, wude
während der übrigen 5 Schwangerschaften in den letzten
3 — 4 Wochen, in der 9. schon vom 4. Monate ab von
Tetanie, besonders der oberen Extremitäten, befallen. Die
Zwischenzeit zwischen den Schwangerschaften war an-
fallfrei. Die Anfälle endeten mit der spontanen Gebort,
der Akt selbst rief keine Anfälle hervor, eben so wenig
blosse üterascontraktionen und das Stillen. Ein Zo-
sammenhang mit anderen Veränderangen als mit der
Schwangerschaft war nicht nachweisbar, es konnte aich
nnr am eine reine Schwangerschafttetanie handeln; in-
wiefern freilich der Schwangerschaftznstand krampf-
anslösend wirkt, bleibt unklar; der von Neu mann
(Arch. f. Gynäkol. XL VIII. 1895) gefondene Zusammeo-
hang zwischen Krampfanfäilen und üterascontraktionen
bestond in keiner Weise. Chloralhydrat und Bromkalioni
waren wirkungslos. Zn warnen ist vor Ergotindarrei-
chnng, indem nach dieser in mehreren FäUen Tetanie be-
obachtet wnrde. Verhätong weiteren Empfangeos kommt
bei Wiederholnng in mehreren Schwangerschaften in Be-
tracht, in sehr schweren Fällen möglicher Weise die Kin-
leitong der künstlichen Frühgebart
Kurt Kamann (Wien).
243. Stromektomie als Nothop«ratlaii in
der Sohwangeraohaft ; von R. Fellenberg.
(Centr.-Bl. f. Gynftkol. Nr. 42. p. 1833. 1903.)
1) Bei einer SSjähr. hochschwangeren Fraa mit
beiderseitiger, vorwiegend aber linkseitigerColloidstnima
trat nach erst seit 1 Tag bestehender Dyspnoe ein heftiger
ErstickangsanftJl aaf, indem der linke Knoten mit dem
nnteren Pole in die obere Thorazapertor eingetreten war
and die Trachea comprimirte. Nach vergeblichen losseren
Laxationversachen Tracheotomieschnitt ohne Vorbecei-
tnng an der mitÜerweile beBinnan|;8- and athemleeea
Patientin. Da die Trachea gegen die Wirbelsäule platt
gedrückt war, erschien die Tracheotomie onanafahriar.
Der Schnitt warde nach links verlängert and nnn Lnza-
tion des eingeklemmten Knotens aus der Wnnde aadi
aassen. Erfolgreiche Wiederbelebang doioh künstficbe
Athmang. Ezstirpation des linken Knotens, Znrücklafisea
des rechten. Am folgenden Tage vorübergehende Wdies.
Nach 4 Wochen Spontangebart von kräftigen ZwilliqgMt
nach 6 Wochen wnrde die Yna gesand entlassen.
VI. OeburtBhülfe, Frauen- und Einderheilbinde.
201
2) Bei einer 24jähr. Erstgebärendeo mit tief nach ab-
wärts reichender beiderseitiger Golloidstmina trat im
9. Monate ohne Vorboten ein heftiger Erstickan^anfall
auf mit Bewoastlcsigkeit. Naoh Traoheotomieeohnitt ohne
Desinfektion erwies sioh die Trachea als säbelscheiden-
artig coroprimirt Erweiterung des Schnittes nach Unks.
Heransloxiren des grösseren rechten Knotens und wegen
Fortbeatehens der Gompression anch des linken. Exstir-
pation der Stmroa unter Zurücklassen eines Theiles der
Üoken. Prophylaktische Darreichung yon 0.3 g Thyreoidin
erst 4 dann 3mal täglich. Abends noch Einsetzen von
Weben. 2 Tage später Spontangeburt eines 45 cm langen
ifidchens. Heilung der Halswunde durch geringe Eite-
ruDg etwas verzögert
F. empfiehlt die blutige Luxation und Strum-
ektomie bei plötzlicher KropfdyspnOe anstatt der
maDohmal nur mit den grOssten Sohwierigkeiten
ausfahrbaren Tracheotomie, die die Kr. stark be-
Mgt und das Orundübel nicht beseitigt. Der
lÜDgriff ist ohne Desinfektion bu wagen, da nichts
tu yerüeren, nur zu gewinnen ist Zur Verhütung
ron Tetanie muss ein Stück funktiontüohtiger
Schilddrüse zurückgelassen werden, und ist pro-
plijlaktisoh Thyreoidin zu reichen, das vielleicht
auch einer Atrophie des Restes vorbeugt.
Kurt Eamann (Wien).
244. Urobilinurie bei Sohwangertn und
Vermehrung derselben in FäUen endoaterinen
Frudhttodes; von Dr. C. Merletti in Padua.
(Centr.-BL f. GynÄkol. XXVI. 16. 1902.)
M., der das Vorhandensein einer, wenn auch
geringen Urobilinurie bei normalen Personen an-
uimmt, fand nach dem Verfahren von Prof. Riva
rogelmteig eine betrflchtliche Zunahme in der
Elimination des Urobilins während der normalen
Schwangerschaft. Diese Urobilinurie nahm in
einigen Fällen von endouterinem Fruchttode be-
trlchtlich zu und verdient, sobald sie fernerhin als
regelmässig erwiesen wird, als objektives Zeichen
dee Fnichttodes angesehen zu werden.
Qlaeser (Danzig).
245. Beoherohee eomparatives aar lachol-
emie phyaiologique obes la mdre et le nou-
▼eta-ne; par A. Oilbert, F. Lereboullet et
M11& Stein. (Ann. de Gyn6col. et d'0bst6tr.
Li p. 18. Juillet 1903.)
Qestützt auf genaue Untersuchungen stellen
<iie Yff. fest, dass das Nabelschnurblut ungefähr
Smal so viel Oallenfarbstoffe enthält, als das mütter-
liche Blut, und dass das Blut des Neugeborenen
|Qige&hr ein Drittel reicher an Oallenfarbstoffen
ist, als das Nabelschnurblut Es besteht also eine
l^etrlchtliche physiologische Cholämie des Neu-
geborenen, die eine leichte sekundäre Cholämie der
Vntter fOtalen Ursprunges bedingt. Trotz der aus-
gttprochenen Cholämie besteht doch beim Neu-
B^borenen gewühnlioh weder Cholurie, noch üro-
bilinorie. Die Art der Ausscheidung ist noch un*
Mfgelilärt
Fär den mütterlichen Organismus bedeutet die
Zofahr nicht viel Vielleidit stehen die Haut-
pigmentationen der Schwangeren in einer gewissen
Med. Jahrbb. Bd. 282. Hft. 2.
Beziehung zur Ausscheidung der Oallenfarbstoffe
aus dem Blute. EurtEamann (Wien).
246. De raooommodatioD pendaat lagros-
•esse et le travail; par Ch. Majgrier. (Pro-
grds m6d. 3. S. XIX. p. 1. Jan. 2. 1904.)
Im Anschlüsse an den Fall einer 38jähr. Mehr-
gebärenden, die bei 4 verschiedenen Untersuchun-
gen im letzten Sohwangersohaftmonate jedesmal
ganz verschiedene Kindeslagen zeigte, bespricht M.
die Theorien der Entstehung der gewöhnlichen
Eindeslage und die Ursachen der Abweichung vom
Normalen. Die Theorie der Accommodation des
Kindes an die Form des Uterus ist die wahrschein-
lichste. Sie gründet sich auf das folgende von
Pajot aufgestellte Gesetz : Wenn ein fester Körper
in einem anderen enthalten ist, so wird, wenn der
umschliessende Kürper der Sitz von abwechselnder
Ruhe und Bewegung ist und seine Oberflächen
schlüpfrig und wenig eckig sind, der eingeschlossene
Körper ohne Unterlass bestrebt s^in, seine Form
und seine Grösse der Form und dem Fassungs-
vermögen des umsohliessenden anzupassen.
Ferner sind in Betracht zu ziehen die beson-
deren Verhältnisse : 1) des auszutreibenden Theiles,
d. h. desFoetus, 2) des austreibenden Theiles, d. h.
des Uterus und 3) des Kanales, durch den die Aus-
treibung stattfindet. Der Uterus als umschliessen-
der Theil ist als ein Körper von ovoider Form an-
zusehen, dessen dickeres Ende nach oben gelagert
ist. Der umschlossene Theil, derFoetus mit seinen
zusammengebogenen Gliedmaassen, ist ebenfalls
als ein ovoider Körper anzusehen, dessen dickeres
Ende durch den Steiss dargestellt wird. Daraus
folgt, dass der Steiss dem dickeren Theile des
UteruSi d. h. dem oberen entsprechen muss. Zur
Einstellung der Kindslage dienen dann ferner noch
die Ligamente des Uterus, namentlich die runden
Mutterbänder mit ihren reichhaltigen Muskelfasern,
und schliesslich der Muskeltonus der Bauchwand-
muskeln.
Abweichungen von der normalen Eandslage
sind meistentheils in Veränderungen der 3 oben
erwähnten Faktoren begründet. Beim Foetus sind
es zu grosse oder zu kleine Beschaffenheit, Kopf-
wassersucht, Zwillingsentwickelung, die die Ein-
stellung auf den Kopf verhindern, dazu kommen
noch Hydramnion, tiefer Ansatz der Placenta und
zu kurze Nabelschnur. Von Seiten des Uterus
können alle Abnormitäten des Uterus und seiner
Ligamente die richtige Kindseinstellung verhindern,
ferner Missbildnngen des Uterus, Schlaffheit seiner
Wände, Narbenbildung nach Rupturen oder Kaiser-
schnitt. Schliesslich sind alle Veränderungen in
den Geburtwegen, also namentlich die verschiedenen
falschen Beckenformen und Tumoren des Becken-
raumes, Ursachen einer falschen Kindslage.
Als Ergebniss der angestellten Betrachtungen
ist die Forderung anzusehen, dass jede Erstgebärende
am Ende des 7. Monates, jede Mehrgebärende
26
202
VI. (^eburtshülfe, Frauen- und Einderheilkunde.
2 Wochen vor der Entbindung zu untersuchen und
die Kindslage festzustellen ist Je nach dem Be-
funde und seinen Ursachen ist dann eine eventuell
falsche Eindslage zu corrigiren und das Kind durch
geeignete Maassnahmen in der richtigen Lage zu
erhalten. J. Meyer (Lübeck).
247. Zur Oasoistik der Positio vertioalU
(MittelsoheiteÜEge Kehrer'a) ; von Dr. A. Müller
in München. (Mon.-Schr. f. Oeburtsh. u. Gynftkol.
XVL 5. p. 848. 1902.)
Geburt des Kindes ohne Knnsthülfe, leicht, Kopf
relativ wenig oonfigarirt, was nach M.*8 Ansicht die Folge
der verhältnissmässig geringen Widerstände war. Es
handelte sich am eine Positio verticalis posterior deztra
mit Oleichstand der Fontanellen. E. Teuf fei (Berlin).
248. Ueber den Verlauf der Qeburt bei
BieaenwaohB der Kinder ; von J.Ettinghaus
in Berlin, (v. Volk mann 's Samml. klin. Yortr.
N. F. Nr. 358. Jnli 1903.)
unter 13112 Geburten in der Charit6 vom
I.Jan. 1895 bisSO.Sept 1901 wurden 510 Riesen-
kinder, d. h. Kinder über 4000 g Körpergewicht,
beobachtet Das Alter bei ^en Müttern der Riesen-
kinder war durchschnittlich ein höheres als sonst ;
Mütter in ganz jungen Jahren waren sehr selten,
in den höheren Jahren dagegen sehr häufig. Bie
Mütter der abnorm grossen Kinder waren zu zwei
Drittel Mehr- oder Vielgebärende, und zwar lie-
ferten die Vielgebärenden verhältnissmässig den
grössten Procentsatz. Manchmal spielt bei der
Oeburt der aussergewöhnlioh starken Kinder auch
die Heredität eine RoUe. Die Becken der Mütter
hatten im Durchschnitte um 1.5, 1 und 2 cm
grössere Maasse als normal. Die Austreibungzeit
war bei der Oeburt von Riesenkindern im Durch-
schnitte von längerer Dauer als sonst Aerztliche
Hülfeleistung war sehr viel häufiger nothwendig,
und zwar steigerte sich die Zahl der Hülfeleistun-
gen mit der Schwere der Kinder ganz beträchtlich.
Alle anderen Gründe für ärztliches Einschreiten
traten dabei in den Hintergrund gegenüber dem
Hauptgrunde, der in der starken Entwickelung
der Frucht zu suchen war.
Fehlerhafte und abnorme Lage kommen hier
weniger häufig vor als sonst Eine Ausnahme
machen nur Scheitelbeinstellung und Stirnlage,
denn unter den Riesenkindem befinden sich im
Verhältnisse mehr als 8mal so viel Scheitelbein-
stellungen als sonst und Stirnlagen kommen mehr
als 4mal so oft vor. Verletzungen der Weich-
theile sind sehr zahlreich. Der Wochenbettver-
lauf war bei den Müttern der Riesenkinder recht
günstig. Todtgeburten kamen bei den schweren
Kindern verhältnissmässig nicht so oft vor als
sonst ; dagegen war die Zahl der in Folge der Oe-
burt abgestorbenen, frischtodten Früchte im Ver-
gleiche zu normalen Oeburten eine sehr hohe.
Die auffallendste Erscheinung bei Riesenkin-
dem ist das starke Deberwiegen des männlichen
Geschlechts; nach den Beobachtungen der Charitö
ist das Verhältniss von Mädchen zu Knaben —
100 : 213 gegen 100 : 106 unter normalen Verhält-
nissen. Hierdurch wird die Angabe v. W i n c k e l's
(Jahrbb. CCLXXI. p. 163; CGLXXV. p. 113) be-
stätigt, der unter den Riesenkindem 2^/|mal so
viel Knaben fand als Mädchen.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
249. Ueber die sohnelle Erweiterung der
Gerviz nach BobbI; von Dr. Robert Cristo-
f 0 1 e 1 1 i in W ien. (Wien. klin. Wchnsohr. XVL 28.
1903.)
C r. berichtet über 5 Oeburtfälle, bei denen die
Bossi'sche Erweiterung der Cervix angewandt
worden ist; in allen Fällen wurde der von From-
mer angegebene Diktator benutzt
Der 1. Fall betraf eine vorzeitige Lösang der Pia-
Genta bei einer Elftgebärenden : Starke Anämie, Schädel-
lage, Gervikalkanal 2 cm lang, für einen Finger durch-
gängig. Es ^orde naoh Bossi dilatirt und die Eotbio-
dung mit Eraniotomie beendigt Tod direkt nach der
Gebart
Im 2. bis 4. Falle handelte es sich um Eklunpoe
bei Erstgebärenden, deren Gervikalkanal noch erhaitaa
und ziemlich lang war. In einem Falle wurde die Er-
weiterung durch den Eolpeurynter vollendet Die Früchte
wurden gewendet und in Fusslage extrahirt 2 Kinder
kamen todt zur Welt, das 3. war leicht asphyktisch nod
wurde wiederbelebt Wochenbetten fieberfrei.
Der 5. Fall betraf eine an Nephritis Erkrankte. Gra-
vidität im 8. Monate. Gervikalkanal verstrichen, Matier-
mund für einen Finger durchgängig. Wegen drohender
Eklampsie Dilatation naoh Bossi, Extraktion des maoe-
rirten Kindes mit der Zange. Mutter am 11. Tage ent-
lassen.
Nach C r. sind die in seinen 5 Fällen mit dem
Bossi 'sehen Verfahren erzielten Erfolge nicht
ermunternd. Wenn der Gervikalkanal noch ge-
schlossen sein sollte, wird es naoh Gr.'s Ansicht
nicht viel Mühe kosten, ihn mit Hegar 'sehen
Stiften so weit zu erweitem, dass der Eolpeu-
rynter eingeführt werden kann, an dem eventuell
elastischer oder manueller Zug angewandt wird.
Diese Methode wird seit vielen Jahren in der
Wiener Klinik, und zwar stets mit Erfolg, geübt
Die Erweiterung mit intrauterinen elastiachen
Ballons kommt nach C r. der physiologischen Ent-
faltung der Cervix am meisten gleich und die Ge-
fahr einer Verletzung ist dabei ausgeechloesen.
Ist nur noch Muttermundsaum vorhanden, so
empfehlen sich Incisionen. Die Dilatation nach
Bossi ist weder einfach auszuführen, noch un-
gefährlich, besonders den in der Praxis stehenden
Arzt warnt G r. davor, das Bossi 'sehe Verfahren
in Anwendung zu ziehen.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
250. üeber üble Folgen der tiefen Oarrix-
einschnitte bei der Qbbort; von Prof. Hof*
meier in Würzburg. (Münchn. med. Wohneohr.
LI. 3. 1904.)
H. theilt 2 eigene Beobachtungen mit, in denen
die Anlegung tiefer Gervixinoisionen bei späteieft
VI. Geburtshülfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
203
Niederkünften schwere Qeburtoomplikationen zur
Folge hatte. Beide Fälle liefern den Beweis dafür,
da88 tiefe Cervixeinschnitte durchaus nicht immer
iiarmlose Eingriffe sind.
1) Eine 40jähr. Zweitgebäronde war vor 3 Jahren
nach AnlegQDg von 4 tiefen Cerviz-Incisionen mit der
Zange von einem knrz nach der Gebart gestorbenen
£inde entbanden worden. Bei der folgenden Geburt
wurde trotz kräftiger Wehen die Cervix in ihren mitt-
leren Theilen scheinbar vollständig und fest narbig ver-
schloeseD gefanden. Bei abgestorbener Frucht erweiterte
fl. deo Ceryikalkanal mit Sonde, Finger und Frommer'-
Bchem Dilatstor bis auf 7 cm. Perforation, Extraktion,
dabei nach rechts und hinten nicht unerheblicher weiterer
Gerviieinnss. Manuelle Placentalösung. Trotz zersetzter
Frucht normales Wochenbett.
2) Bei einer 21jähr. Person hatte H. bei der ersten
Niederkunft den rigiden Muttermund incidirt, dabei war
eine profase Blutung entstanden, so dass wegen höchster
Lobeosgefahr die Entbindung rasch mit der Zange be-
endet werden musste. Im Speculum wurden dann die
blutenden Gefasse umstechen. Die 2. und 3. Niederkunft
TerM oormal. Bei der 4. Niederkunft wurde rechts eine
tiefe Trennung der Portio gefunden, an die sich nach oben
und in die Scheide hinunter eine feste derbe Narbe an-
setzte. Spontane Gebart. Collaps. Bei der manuellen
Placentalösung zeigte sich in der Cervix oberhalb der
Narbe ein für 2 Finger durchgängiges Loch. Tod. Die
Sektion ergab ein colossales subpentonäales Hämatom in
Yerbindang mit diesem Loche.
In diesem Falle war der tödtliche Ausgang durch
die inoomplete Uterasruptar des starren Cervikalgewebes
erfolgt; offenbar hatte die innere Blutung schon einige
Stunden vor der Geburt begonnen.
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
251. Bin neaer Fall von rapider Qebort
mit Zerreissen der ITabelaohnar and Fallen
des Kindee ; von Prof. B o g d a n. (Ronaänia med.
Nr. 9. p. 208. 1904.)
Derartige Fälle sind selten beobachtet und bis
heute nur 3 in der Literatur verzeichnet, der eine von
Tissier und zwei von Budin. Die 20jähr., von B.
beobtchtete Zweitgebärende hatte stehend geboren, und
zwar geschah die Ausstossung des Kindes mit einer
solchen Schnelligkeit, dass es nicht aufgehaltea werden
konnte und auf den Boden fiel, ohne sich aber irgend
▼eiche Verletzung zuzuziehen, ausser dass die Nabel-
schoorsich vollständig von ihrer Insertionstelle am Nabel
abgelöst hatte und eine reichliche Blutung stattfand, die
dnrch Anlegen einer Klemmzange gestillt wurde.
B.Toff(Braüa).
252. Hebotomie mit bleibender Brweite-
rang des Beokena; von Dr. Th. H. Van de
Velde in Haarlem. (Wien. klin. Wchnsohr. XVL
29. 1903.)
Van d e V. lobt die Vorzüge der Hebotomie, d. b.
der eoEtramedianen Durohsfigung eines der Scham-
beine zur Erweiterung des engen Beckens. Nach
einem achrftg von oben und aussen nach unten
und innen gehenden Hautschnitt wird das Scham-
bein mit einer 0 i gl i 'sehen Drahtsfige durchsägt
and die Wunde alsdann sorgfältig verbunden. Bei
seiner letzten derartigen Operation hat Van de V.
ein&ch durch geringeres Zusammendrücken des
Beckens eine dauernde Erweiterung des Beckens
nm 2cm erzielt; die Bruchflächen waren dabei
durch festen Callus unbeweglich verbunden.
Von 12 Frauen, die 9 verschiedene Operateure
mit Hülfe der Hebotomie entbunden hatten, ist
keine gestorben; alle diese Mütter haben ein gutes
QehvermGgen erlangt und alle 12 Kinder wurden
lebend geboren. Arth. Hoffmann (Darmstadt).
253. Die Zarüokhaltnng des nachfolgenden
Kopfes in der Qeb&rmntter; von Dr. Papa-
nicol. (Revista de Chir. VUI. 1. p. 1. 1904.)
Nach einer historischen Uebersicht giebt P.
die Beschreibung von 2 selbst beobachteten Fällen,
in denen der nschfolgende Kopf sich vom Rumpfe
trennte und gesondert extrahirt werden musste.
1. Fall. Die 25jähr. Erstgebärende befand sich im
5. Monate der Gravidität, als sie von Geburtwehen über-
rascht wurde. Der Foetus präsentirte sich mit voran-
gehenden Füssen und wurde von der assistirenden Frau
mit solcher Kraft herausgezogen, dass der Kopf sich vom
Rumpfe trennte und in der Üterushöhle verblieb. Bei
der Untersuchung wurde die Gebärmutter fast vollständig
geschlossen gefunden derart, dass nur mit grosser Mühe
der Zeigefinger eingeführt werden konnte, aber keines-
wegs im Stande war, den zurückgehaltenen Schädel zu
extrahiren. Erst nach vorgenommener Perforirung mit
einer dünnen Sonde und Erweiterung dieser Oeffnung
wnrden theilweise die Schädelknochen, dann das Ence-
phalum entfernt und es konnte mit .dem Finger der Rest
entfernt werden, worauf es sich herausstellte, dass noch
ein Foetus vorbanden war, der qaer lag und durch Wen-
dung extrahirt wurde. Am folgenden Tage wurde die
zurückgebliebene Placenta manuell entfernt. Ausser
leichtem Fieber bis 38* in den ersten 2 Tagen verlief das
Wochenbett normal.
2. Fall. Die 25jähr. Zweitgebärende im 4. Monate
der Gravidität hatte ohne Assistenz geboren, doch hatte
sich der Kopf spontan abgelöst und blieb im Uterns-
cavum. Am 2. Tage wurde die Frau in das Krankenhaus*
gebracht und als die Vorbereitungen zur Extraktion ge-
troffen wurden, erfolgte eine uterine Contraktion und
wurde der Kopf ausgestossen.
P. ist der Ansicht, dass in allen FAllen von
Eopfretention die Entfernung möglichst bald er-
folgen soll, da ein Abwarten nicht ohne Gefahr
über einige Stunden ausgedehnt werden kann.
Als Vorzugsmethode ist die digitale Ausräumung
anzusehen, event unter Anwendung eines Metreu-
rynters, oder die einfache digitale Ausräumung in
der Narkose. E. T o f f (Braila).
254. Ueber Qeburten bei StelMtamoren ;
von Uthmöller. (Mon.-Schr. f. Geburtsh. u.
Gynäkol. XVIIL 6. p. 823. 1903.)
Bei einer 25jähr. Drittgebärenden mit im 8. Schwan-
gerschaftmonate akut eingetretenem Hydramnios wurde
bei völlig erweitertem Muttermunde und stehender Blase
wegen schlechter Herztöne die Wendung aus Schädel-
lage auf den Fuss versucht. Dabei wurde eine grosse,
dem Steisse aufsitzende Geschwulst erkannt, die nicht
zusammen mit diesem extrahirt werden konnte. Da die
Placenta mitüerweile theilweise gelöst war und es stark
blutete, wurde zwecks rascher Entbindung versucht, die
Geschwulst zu punktiren. Das gelang eben so wenig, wie
das Bemühen, die Verbindungsbrücke mit der Scheere zu
durchtrennen. Die Anwendung des Sichelmessers führte
zum Ziele und nun wnrden Kind und Geschwulst rasch
hintereinander entwickelt. Das Kind, ein 2225 g schwerer
Knabe mit Epispadie, that einen einzigen SchreL Die
Placenta wurde voUends exprimirt Nabelschnur nur
15 cm lang. Die 850g schwere Geschwulst maass im
grössten umfange 40 cm, ging zwischen Steissbein und
204
VL Geburtahülfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
Mastdarm ab. Die kindliche Haat erstreckte sich, düaner
werdend, aaf die Geschwulst hinüber, war vielfach von
dieser durch flache cystische Hohlräume getrennt. Die
Zusammensetzung aus derberen und weicheren Abschnit-
ten rief auf dem Schnitte den Eindruck der Felderung
hervor. Multiple Enoohenstückchen waren fühlbar. Mikro-
skopisch wurden Abkömmlinge aller 3 Keimblätter ge-
funden, so dass es sich um eine Geschwulst embryoiden
Ursprungs imCalbet-Stolper *schen Sinne handelte.
Im Anschluss an diesen Fall bespricht U. in
verschiedener Hinsicht . die in der Literatur be-
schriebenen Geburten bei Steissgeschwülsten, be»
sonders auf Grund der Arbeit C a 1 b e t 's. Danach
kommt 1 Steissgeschwulst auf 84582 Geburten.
Die Kinder sind ungleich häufiger M&dchen als
Knaben. Hydramnios ist eine ziemlich häufige
Begleiterscheinung. Die Geburten erfolgen oft vor
dem regelrechten Schwangersohaftende. Die Kin-
der kommen grOestentheils todt zur Welt. Die
Geburten verlaufen bei kleineren Geschwülsten
zumeist spontan und am häufigsten in Schädellage.
Grössere Geschwülste stellten oft Geburthinder-
nisse dar und machten verschiedene Eingriffe
nöthig. KurtKamann (Wien).
255. Bin StelBStnmor alt Qebnrtshinder-
niaa; von P eiser. (Mon.-Schr. f. Geburtsh. u.
Gyn&kol. XVII. 6. p. 1388. 1903.)
Nach Sprengung der Fmchtblase bei einer 23jähr.
Zweitgebärenden mit Hydramnios am Ende des 7. Schwan-
gerschaftmonates stellte sich eine zweite, dickwandige
Blase ein, nach deren Eröfifhung blutige Flüssigkeit und
Gewebemassen abgingen. Nun wurde ein mit schwam-
.migem Gewebe und anscheinend KnochensttLckchen ge-
füllter grosser Sack im unteren üterinsegment fühlbar,
der nach Herabholen eines Fnsses die weitere Entwicke-
iung hinderte. Nach mühevoller, gewissermaassen aus-
schälender Entwickelung der Geschwulst folgte der mit
dieser verwachsene Steiss und der übrige Körper nach.
Der männliche Foetus sass der fast mannskopfgrossen
sacralen Geschwulst rittlings auf. Kein Anus. Mikro-
skopisch handelte es sich um ein echtes Teratom mit Ab-
kömmlingen aller 3 Keimblätter und üebergängen in
Sarkom. Keine Bildung von Organtheilen. P. fasst die
Geschwulst als Parasitenbildung auf, als eine Stütze der
Calbet 'sehen Lehre von der bigerminalen Entstehung
der sacralen Geschwülste. KurtKamann (Wien).
256. üeber akute Osteomyelitia im Kindes-
alter mit besonderer Berüokaiohtigang der
Endreanltate ; von Rudolf Gonser. (Jahrb.
f. Kinderhkde. 3. F. VI. 1. p. 49. 1902.)
G. hat die Kranken, die in den letzten 15 Jahren
im Cantonhospital zu Münsterlingen wegen Osteo-
myelitis behandelt wurden, zusammengestellt und
zum Theil naohuntersucht, um ein Urtheil über das
Endresultat zu erhalten. Die Untersuchungen um-
fassen 32 Kinder. Eine Bevorzugung des einen
oder anderen Gesohlechtes war nicht zu erkennen.
Die meisten (22) Kranken standen im 1. Deoen-
nium ihres Lebens. Die akute spontane Osteo-
myelitis entwickelte sich meist in den Winter-
monaten. Mit Rücksicht auf die Aetiologie wurden
15 Kinder untersucht. Der bakteriologische Be-
fund war Imal negativ. lOmal fand sich der
Staphylocoocus pyogenes aureus in Reincultur,
Imal daneben Staphylocoocus pyogenes albus im
Blute, je Imal Streptococcus, TyphusbacilluB, Diplo-
coccus lanceolatus. Von den Kindern mit Osteo-
myelitis staphylomycotica boten 2 einen poeitiTen
bakteriologischen Blutbefund dar. Sie starben beide,
das eine an einem Hirnabscess , das andere an
Pyämie. Bei einem Kinde wurde sklerosireDde
nichteiterige Osteomyelitis beobachtet Die El^
krankung entwickelte sich im Anschluss an einen
Furunkel und nahm einen chronischen Verkuf.
Die posttyphüse Osteomyelitis entstand im Ver-
laufe eines in der 5. Woche sich einstellenden Be-
oidives (5. linke Rippe). Ein Trauma war nicht
nachzuweisen. Osteomyelitis streptomycotica wurde
einmal am Calcaneus beobachtet. G. stellt 27 FUle
aus der Literatur zusammen und beschreibt die
vielseitigen Erkrankungen. Die Sterblichkeit be-
trug 48.1%. Als Eintrittpforte derlnfektiontrSger
kommen mehr die Schleimh&ute als die iussero
Haut in Betracht In 4 Fällen waren es nachweis-
lich die Mandeln. Die Prognose ist bei jungen
Kindern schlecht. Jenseits des 1. Deoennium wird
sie besser. Osteomyelitis pneumomyootioa wurde
Imal beobachtet Die Krankengeschichte ist von
Pfisterer mitgetheilt worden (Inaug.- Dies. Basel
1 900). Als Ausgangspunkt der Erkrankung kamen
in Betracht im Wesentlichen Verletzungen oder
Eiterungen der Haut, Furunkel, Traumen ohne be-
kannte Äussere Verletzung zusammen 12mal, Vari-
cellen 2mal, Angina, Typhus, Empyem je Imal,
Pneumonie 2mal. In 8 Fällen war der Au^ngs-
punkt nicht nachzuweisen.
Was die Lokalisation anlangt, so kamen 46 Kno-
chen in Betracht, und zwar am häufigsten Femur
und Tibia, je 14mal, sodann der Humerus GmaL
In 28<^/o der Fälle handelte es sich um multiple
Lokalisation. EpiphysenlOsung stellte sich 5mal
ein. Bei einem Kranken entstand eine Spontan-
luxation des Femur bei Erkrankung des Schenkel-
halses mit eiteriger Exsudation in das Gelenk (Dis-
tentionluxation). Bei einem Kinde mit angebotener
doppelseitiger Hüftgelenkluxation waren Herde in
den unteren Enden beider Tibien vorhanden. Die
Missbildung wird für diese Lokalisation ▼«lant-
wortlich gemacht (Zerrung der Bänder). Hinsicht-
lich des Ausganges der Erkrankungen ergab sich,
dass 4 Kranke im Spital, 2 bald nach der Ent-
lassung starben (18.75<^/o). In 1 Falle bildete sich
eine Verkrümmung aus (Erweidiung des Femur
durch Osteoporose). Bei 4 Kranken stellten Ml
Nachschübe ein, Imal im Anschluss an eine In-
fluenza, Imal in Folge von Ueberanstrengung, Imal
im Anschluss an Furunkulose, Imal ohne beson-
dere Ursache. Bei einem Kranken war die Hei-
lung ohne Nekrose nur eine scheinbare. Nach
Jahresfrist stiess sich noch ein Sequester ab. In
den meisten Fällen waren Störungen im Längen-
wachsthum vorhanden. Die Behandlung bestani
in der Incision oder Aufmeisselung, je nadi Luge
des Falles. Brückner (Dreedoi).
VL Geburtshülfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
205
257. Sor Frage der angeborenen Bhaohitia;
von Dr. G. Esoher. (Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F.
VI. 4. p. 613. 1902.)
Die Ansichten über die Hftufigkeit der angebo-
renen Bhachitis gehen sehr auseinander. E. hat
106 lebende Neugeborene aus der Berner Frauen-
klinik und 25 Leichen (FrQohte aus den letzten
Schwangerschafhnonaten, Neugeborene, Kinder bis
zum Alter von 4 Monaten) klinisch, bez. mikro-
skopisch untersucht Er konnte niemals einen
Behind erheben, der ihm erlaubt hätte, auch nur
ein einziges Mal die bestimmte Diagnose auf Rha-
chitis zu stellen. Wenn er jede Nachgiebigkeit
der Schftdelknochen an den Nahtenden, jeden Vor-
Bpmng an den Epiphysenenden einfach als Rha-
chitiB gedeutet h&tte, so wftre er fflr sein Material
auf einen Procentsatz von 85.87% gekommen, wie
ihnEassowitz und Andere angeben.
Brückner (Dresden).
258. Beachreibong und Pathogenese der
VerftnderaDgenderobondralenVerknöoheriiDg
der Bhaohitia; von Dr. Dante Pacchioni.
(Jaiirb. f. Kinderhkde. 3. F. YIL 1. p. 38. 1903.)
Die Untersuchung der Rippenknorpel von 6 an
a^werer Rhachitis verstorbenen Kindern ergab,
dass im Knorpel eine anffftllige Verminderung
der Phosphorsäure statthat. Es mangelt die
mheaftrmige Anordnung der Zellen ; die Grund-
snbetanz bildet ein netzartiges Gewebe, in dessen
Haschen einzelne Zellen liegen. Diese sind kleiner,
als diegenigen des in normaler YerknOcherung be-
griffenen Knorpels. Ihr Protoplasma enthält keine
oder fast keine Phosphorsfture. Die Kerne sind
Uein und unregelmässig gestaltet. Die Kalksalze
sind wesentlich verringert. Es fehlt die dichte
▼erkalkte Knorpelscbicht, die im normalen Zu-
stande die aktiven Knorpel vom Knochen trennt.
P. bezieht die Abnahme der Phosphorsäure
auf eine verminderte Resorptionfähigkeit, eine
nSehwäohe jener Selektion für die Phosphorsäure",
die von Frommberg und Guggert nachge-
wiesen wurde. Die Abnahme des Kalkes beruht
auf einer Verminderung der metabolischen Akti-
▼itft der Knorpelzellen. „Der fundamentale Krank-
keitsprocess sitzt nicht im Knochen, sondern im
Knorpel, eigentlich im Protoplasma und im Kern
der Knorpelzellen." Brückner (Dresden).
259. Bin Sohaakelaeaael für kleine Bbaohi-
tiker und Sohwäohlinge; von Prof. Alois Ep-
stein. (Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F. YL 6. p. 779.
1902.)
B. empfiehlt zur Behandlung der rhachitischen
Kyphose einen kleinen Schaukelstuhl. Die Kinder
Bitten rücklings darin. Bei den Bewegungen gleicht
aich die Kyphose aus. Die Muskeln der Brust und
des übrigen Körpers kräftigen sich, und der Brust-
kofb erweitert sich. Die Uebungen in dem Sessel
sind auch geeignet für nicht rhachitische schwäch-
liche Kinder, Reconvalesoenten, Gelähmte, Kinder
mit Fussverbänden. Der „hygienische Schaukel-
stuhl^ ist bei Oebrüder Thonet in Wien zu haben.
Der Preis soll niedrig sein.
Brüokner (Dresden).
260. üeber den Stiokatoff-StofiWeohsel bei
einem an Adipositaa nimia leidenden Kinde mit
besonderer Rfiokaioht anf die Abmagernnga-
knren; von Dr. E. Hei lesen. (Jahrb. f. Kinder-
hkde. 3. F. YIL 4. p. 389. 1903.)
Vergleichende Stoffwechseluntersuchungen, die
an einem 12i/|jähr. fettsüchtigen und einem gleich-
alterigen gesunden Mädchen angestellt wurden,
ergaben, dass kein Grund vorliegt, bei dem Fett-
süchtigen eine Herabsetzung von Stoff- und Energie-
verbrauch anzunehmen. Die reichliche Fettablage-
rung wird vielmehr erworben durch absolute
üeberernährung, vielleicht im Verein mit gewohn-
heitsmässig geringer Muskelarbeit Wurden Kost-
formen gewählt, bei denen das fettsüchtige Kind
in Unterernährung war, so konnte es nur sehr
schwer vor N- Verlust geschützt werden. War die
Balancekost um */« vom calorimetrischen Werthe
reducirt, so trat N- Verlust ein, der bis zu einem
gewissen Grade durch reichliche Eiweisszufuhr
aufgehoben werden konnte. War die Balancekost
um i/g reducirt, so ergab sich bei Ei weiss- Fettdiät
N- Verlust, bei Eiweiss- Kohlehydratdiät N- Ansatz
mit einer nicht geringen Gewichtabnahme.
Die Resultate dürfen zunächst nicht verallge-
meinert werdep. Brückner (Dresden).
261. Zar Gaauiatik der Phoaphatnrie im
Xlndeaalter; von Cornelia de Lange. (Jahrb.
f. Kinderhkde. 3. F. VI. 1. p. 93. 1903.)
47Jähr., blasses Mädchen, das über Bauchschmerz
vor der Entleerang klagte. Stahl gut. Zahlreiche Oxy-
nren. Urin des Morgens trübe, mit weissem Nieder-
schlag, schwach saner, frei von Eiweiss und Zucker.
Bei Znsatz von Salpetersäure reichliche Kohlensäare-
entwickelung. Das Sediment bestand aas Phosphaten
und kohlensaurem Kalk. Der Tagesurin war klar and
entwickelte wenig COs bei Salpetersäarezasatz. Nach
Verordnung eiweissreicher, gemüsearmer Kost and Salz-
säure allmähliche Besserung.
de L. glaubt, dass die Schmerzen durch die
Oxyuren ausgelöst wurden, und hält es nicht für
unmüglich, dass diese die Ausscheidung des Kalkes
durch den Dickdarm beeinträchtigten.
Brückner (Dresden).
262. Beitrag anrKenntniaa derBakterinrie
bei Kindern; von Oeorg Meli in. (Jahrb. f.
Kinderhkda 3. F. VIII. 1. p. 40. 1903.)
M. findet in der Literatur nur 11 Fälle von
Bakteriurie bei Kindern verzeichnet. Er selbst
beobachtete innerhalb eines Jahres 10 solche Er-
krankungen bei 5 Knaben und 5 Mädchen, die
fast sämmtlich dem jüngeren Alter bis zum 4. Jahre
angehörten. Schwere Allgemeinerscheinungen fehl-
ten. Nur 2 Kinder fieberten leicht. Bei 5 Kranken
waren Verdauungst^^rungen vorhanden, bei eineiQ
206
Vn. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
entwickelte sieh die Saohe im Anschluss an einen
Analabscess und yerschwand nach dessen Eröff-
nung, bei einem anderen war ein Trauma voraus-
gegangen. Schmerzen bei der Harnentleerung
hatten 5 Kinder, hAufigen Harndrang 3, üblen Ge-
ruch 5. An den äusseren Oenitalien war nichts
Besonderes zu sehen. Der Urin war in 8 Fällen
diffus, in 2 Fällen ungleichmässig getrübt (Staphylo-
kokken). Die Reaktion des Harns war 8mal sauer,
Imal alkalisch, Imal amphoter, der Oerucii bei
S Kranken fade, bei 4 anderen mehr oder weniger
Übel. Bei einem Kinde zeigten sich Spuren to&
Eiweiss. In 8 Fällen wurde durch die bakterio-
logische Untersuchung im Urin Bacterium coli in
Beincultur, in 2 Fällen Staphylocooous albus nach-
gewiesen. In 3 Fällen waren die Bakterien bei
intravenöser Injektion für Kaninchen virulent
Brückner (Dresden).
VII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
263. Zur Trage der oirknlären Vereinigung
Ton Blutgefiasen mit reaorbirbaren Prothesen ;
von Dr. E. Payr. (Arch. f. klin. Chir. LXXIL 1.
p. 32. 1904.)
P. hat vor 4 Jahren ein Verfahren zur Ver-
einigung völlig durchtrennter Oefässe angegeben,
das auf der Verwendung von verschiedenartig ge»
bauten Prothesen aus einem resorbirbaren Metalle,
Magnesium, beruht. In einer ganz erheblichen An-
zahl von Thierversuchen liess sich die Continuität
der getrennten Qefösse ohne Verlegung des Lumens
durch einen Thrombus herstellen. Die Methode
entspricht den an sie gestellten Anforderungen;
sie ist einfach, sicher und technisch ohne besondere
Schwierigkeiten durchführbar.
Die experimentellen Untersuchungen P.'s sind
von Exner, üllmann und Hoepfner be-
stätigt worden. Wenn andere Autoren schlechte
Besultate erhielten, so rührt dieses in der Haupt-
sache daher, dass sie das Verfahren nicht genau
nach P.'s Vorschriften durchgeführt haben.
P. Wagner (Leipzig).
264. neber die Regeneration der unter*
bondenen Saphena ; von Prof. G. Ledderhose.
(Deutsche Ztschr. f. Chir. LXXL 3 u. 4. p. 401.
1904.)
L. hat im Oanzen in über 100 Fällen die
Unterbindung und Durchschneidung der varikösen
Saphena ausgeführt; 2a>al kam es im Anschlüsse
an die Operation zu Phlebitis und Thrombose. Im
Uebrigen waren die erreichten Resultate als günstige
zu bezeichnen, wenn auch von denjenigen, zumal
älteren Kranken, bei denen gleichzeitig mit der
Unterbindung eine operative Behandlung von Bein-
geschwüren ausgeführt worden war, im Laufe der
Zeit eine nicht geringe Zahl mit wieder aufgebro-
chenen Geschwüren zur Vorstellung gelangte. Die
Untersuchung der Unterbindungstelle der Saphena
ergab wiederholt dünnwandige Varicen unter der
Narbe, die nach oben und unten mit Venenstämmen
in Verbindung standen. Meist liess sich deutlich
das Blut aus einem oberen, der Saphena ent-
sprechenden Stamm unter der Narbe her in den
peripherischen Theil der Saphena hineinstreichen,
auch der Trendelen bürg 'sehe Compression-
versuch fiel mehrfach positiv aus. Aber es konnte
durch die äussere Untersuchung kein sicheres Ur-
theil darüber gewonnen werden, in welchen Bahnen
sich der durch die Unterbindung unterbrocheDe
Blutlauf wieder hergestellt hatte. In 2 Fällen
jedoch konnte L. durch eine sorgfältige Präparation
bei Gelegenheit der vorgenommenen Nachoperetion
einwandfrei feststellen, dass hier nicht durch
collaterale Bahnen mit Umgehung der Unterbin-
dungstelle zwischen den beiden Stümpfen der
Saphena eine Verbindung wieder hergeetellt war,
sondern dass die unterbundenen Enden edbsl ßr
den Mutstrom durchgängig geworden und geradUmg
müeinander in Verbindung getreten waren. Die
beiden Befunde werden genau mitgetheilt L ist
deshalb bei seinen Saphena -Operationen in den
letzten Jahren so vorgegangen, dass er jedesmal
ein mehrere Centimeter langes Stück des OeflsseB
exstirpirt hat, um so die Regeneration der Saphena
unmöglich zu machen oder wenigstens wesentlich
zu erschweren. P. Wagner (Leipzig).
265. Das Aneoryama der Babolavia; von
Dr. 0 b e r s t (Beitir. z. klin. Chir. XLL 2. p. 459.
1904.)
Bis 1870 sind in der Literatur 121 FUle von
Subetavta-Äfieurysma zusammengestellt worden; in
der Zeit von 1870—1902 konnte 0. 67 auffinden.
Er theilt dann einen neaen Fall aus der Krask er-
sehen Klinik mit : 51jähr. Er. mit traumatischem, manns-
faastgrossem Aneurysma der rechten Sabclavia. Centrak
Unterbindung der Subclavia, Vorübergehende rechte
Recurrensparese. */4 Jahre nach der Operation wurde
folgender Befund erhoben: Sopraclavikolaignibe ein-
gesunken ; an Stelle des Aneurysma ist nur eine thaler-
grosse, nicht polsirende Resistenz zu fühlen. Der Radial-
puls ist nicht wiedergekehrt Funktion des rechten Armes
andauernd behindert; Pat. bezieht Unfalhrente.
In den letzten 20 Jahren wurde bei Subclavia-
Aneurysmen 32mal das blutige Verfahren in An-
wendung gebracht Von diesen 32 Kranken starben
7 im Anschlüsse an die Operation. Heilung oder
Besserung wurde bei den Uel>erlebend6n in allen
Fällen erzielt, ausgenommen bei 2 pmpheriscAeB
Unterbindungen.
Als Ergebniss seiner Untersuchungen stellt 0.
für die Behandlung der Subclavia- Aneurysmen fol-
gende Grundsätze auf: Von den unblutigen Ver^
fahren ist in geeigneten Fällen der Versuch einer
centralen Compression am ehesten angexeigt Dom
NormaJlverfahren der bhUigen Behandbing der Sitb-
elavia-Aneuryamen eteUt die centrale OfUerbindu^\
Vil. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
207
ßar. Die Exstirpiktion der PulsadergeschwflUte
der Untereohlüsselbeinarterie ist nur unter beson-
den gflnstigen Verhältnissen zu unternehmen. Bei
der Ligatur des Anfangtheiles sowohl als insbeson-
dere bei der Ezstirpation empfiehlt es sich, von
Tornherein die Resektion der Clavicula in's Auge
ZQ fiueen. Die Erfolge der peripherischen Unter-
bindungen sind unsicher. P. W a g n e r (Leipzig).
266. Beitrag nur tmimiatisoben GNtngrin
doroh Buptor der inneren Arterienhftate ; von
Dr. M. 7. Brunn. (Beitr. z. klin. Chir. XLI. 1.
p. 9. 1903.)
In der v. Bruns'soheo Klinik wurde ein 6Qjähr.Er.
aQ^DommeD, bei dem durch eine starke Qewalteinwir-
hog, üeberfahren mittels eines schwerbeladenen Wagens,
eine Qoetsobong des rechten Kniegelenkes entstanden
war. Im Vergleiche zu dieser Gewalt ersohien die ent-
standene Verletzung verhSltnissmässig geringfügig : keine
Fnktor, keine Luxation, sondern nur eine anscheinend
oberfjchliche Wunde. Nach einigen Tagen stellten sich
Zeichen eines gestörten Blutauflusses am rechten Unter-
schenkel und schwere Sepsis ein. 16 Ta^e nach der
Verletzung Aufnahme in die Klinik : volUtändtge Gangrän
^ Unterschenkels, Kniegelenkvereitemng, Sepeis. Trotz
Obeischenkelampntation : Tod. Als üreackeder Gangrän
ftod sich ein Verschlusa der Art. poplitaea in Höhe des
GelenkgpalteB durch einen Thrombus. An der Stelle der
Thromboee waren die beiden inneren Gefässhäute zer-
lissen und etwas abgelöst, die Adventitia verdickt und
Uotig infiltriri
Herzog hat his 1899 62 Fälle dieser Art zu-
sammengestellt; davon 32 mit Ausgang in Gangrän,
23 mit Ausgang in Heilung und 7 mit Ausgang in
Tod durch anderweitige Verletzungen.
P. Wagner (Leipzig).
267. üeber primäre Sohädelplastik doroh
Verlagerung reimplantirter Bobädelbmob-
>t&oke iwiaohen die Lamellen der Sobädel-
kipsely nebst oasnistisohen und klinisohen
Bemerkimgen siir Schädel- und Gtohimohir-
ugie; von Dr. F. Ea jser. (Deutsche Ztschr. f.
Chir. LXi 3 u. 4. p. 226. 1903.)
E. herichtet Ober einen Fall, in dem eine bis
jetzt noch nicht geübte Modifikation der Schädel-
plastik (Verlagerung reimplantirter Schädelbruch-
itflcke zwischen die Lamellen der Schädelkapsel)
Tereucht vnirda Es handelte sich bei dem 21jähr.
Kranken um eine ausgedehnte Schädeldepression
nit ZertrQmmerung eines Theiles der linken Oross-
lurnhemisphäre. Die Einzelheiten dieses ausser-
ordentUch interessanten Falles müssen im Originale
■abgelesen werden.
K. stellt folgende Schlusssätze auf: 1) Es ist
io den meisten Fällen von traumatischen Schädel-
defekten unter individueller Würdigung des Be-
Aindes der Versuch berechtigt, den Defekt durch
ImpUmtation der ausgebrochenen Knochensplitter
>n aohliessen. 2) Zur Deckung eignen sich in be-
Mderer Weise die Bruchstücke der Tabula int,
weil sie gros« sind, sich durch entsprechende Dre-
hung dem Qebrauche leicht anpassen lassen, und
in Folge ihrer glatten Innenfläche keine Verwach-
sungen mit dem Gehirn begünstigen. 3) Die Bruch-
stücke der Tabula int sind durch Drehung in die
Diplo^ zu verlagern. Diese Fixirung schafft be-
sonders günstige Einheilungsbedingungen; sie ver-
meidet den durch lose liegende Splitter leicht
ausgeübten Druck auf das Qehim und verhütet mit
grosser Sicherheit einen Prolapsus oerebri. 4) Die
Methode schafft keine Naohtheile; die Ausführbar-
keit sekundärer Plastikversuche wird durch das
Verfahren nicht beeinträchtigt 5) Die Deckung
des Defektes muss in unmittelbarem Anschlüsse an
die Verletzung erfolgen. 6) Die Methode bietet im
(Gegensätze zu anderen Plastikverfahren den be-
sonderen Vortheil, dass sie bisweilen bei weit-
gehender Zerstörung der Hirnhäute und selbst bei
einer Zertrümmerung des Gehirns eine sofortige
Deckung des Schädeldefektes gestattet
P. W agil er (Leipzig).
• 268. üeber die Bedeutung traamatiaoher
Sohädeldefekte and deren Deckung; von Dr.
Bunge. (Arch. f. klin. Chir. LXXI. 3. p. 813.
1903.)
Nach den Untersuchungen von Kocher und
Berezowski sollen offene Schädeldefekte den
Trägem keinen Schaden bringen, während der Ver-
schluss .der Defekte, besonders dann, wenn beim
Debridement intracranielle Drucksteigerung fest-
gestellt wurde, unzweckmässig sein soll, da den
Kranken dann die Gefahr der traumatischen Epi-
lepsie droht
B. berichtet nun über die Ergebnisse der Nach-
untersuchung von 22 Schädelverletzten, die wäh-
rend der letzten 7 Jahre in der KOnigsberger chir-
urgischen Klinik behandelt wurden. Bei aseptischem
Wundverlaufe wurden die Schädeldefekte auch
dann stets primär gedeckt, wenn eine intracranielle
Drucksteigerung nachzuweisen war. Die typische
Methode der primären Deckung von Schädeldefekten
bestand in der Replantation der entfernten Vitrea-
splitter, die bei aseptischem Wundverlaufe reak-
tionlos knOchern einheilten. Die typische Methode
der sekundären Deckung war die Einpflanzung
eines modificirten Müller-König 'sehen Schädel-
lappens. Zur Nachuntersuchung kamen 13 Kranke
mit offenen Schädeldefekten, 6 mit primärer, 3 mit
sekundärer Deckung, 1 mit sekundär spontan ver-
knöchertem Defekt
Zunächst, als wichtigstes Ergebniss der Nach-
untersuchung, muss betont werden, dass sich B.
durchaus nicht davon hat überzeugen können, dass
die Defekte den Trägern überhaupt keine nennens-
werthen Beschwerden gemacht haben. Nur 3 von
13 Kranken sind völlig frei von Beschwerden. Die
Beschwerden sind um so grösser, je länger die
Defekte bestehen. In 4 Fällen fand sich sogar
ausgesprochene traumatische Epilepsie. Ein ganz
ausserordentlich günstiges Resultat haben die Nach-
untersuchungen der Kranken mit primärer Deckung
ergeben. Von diesen Kranken hat auch nicht ein
208
Vn. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
einziger schwere Schädigungen zurückbehalten,
obwohl sowohl die Ausdehnung der Verletzung,
als auch die duroh sie bedingten klinischen Sym-
ptome theilweise recht schwere waren.
„Wir können auf Orund unserer Nachunter-
suchungen die von Berezowski aufgestellte
Behauptung, dass die primäre Deckung der Schädel-
defekte schwere Nachtheile nach sich ziehen kann,
nicht bestätigen. Wir können aber vor Allem
nicht anerkennen, dass es falsch und gefährlich
ist, bei Verletzungen, die eine an schwacher oder
aufgehobener Pulsation der Dura kenntliche Steige-
rung des intracraniellen Druckes aufweisen, an die
Versorgung der Impressionsfraktur die Deckung
des Defektes sofort anzuschliessen.^'
P. Wagner (Leipzig).
269. Hyperalgetiache Zonen bei Kopf-
Bchüsaen ; von Dr. W i 1 m s in Leipzig. (Mittheil,
a. d. Orenzgeb. d. Med. u. Chir. XL 6. p. 697.
1903.)
W. berichtet über ein neues, in 4 Fällen von
Eopfschuss (Selbstmörder) beobachtetes Symptom.
In allen 4 Fällen handelte es sich um reine Hyper-
algesie der betroffenen Zonen, die Sensibilität war
in den Gebieten normal, die Berührung mit stumpfen
oder spitzen Oegenständen wurde scharf unter-
schieden, das Gefühl für Wärme und Kälte erwies
sich als normal. Es lag demnach eine central aus-
geloste reine Schmerzerregung vor, die auch ohne
Berührung der peripherischen Nervenenden starke
Schmerzen verursachte. Bei zarter Berührung mit
dem Pinsel oder leisem Druck des Verbandes stei-
gerten sich die Schmerzen bedeutend.
Di^ Schmerzen traten in sämmtlichen Fällen
völlig symmetrisch auf beiden KOrperseiten auf
und waren auch in ihrer Stärke auf beiden Seiten
gleich. Sie verschwanden rechts und links gleich
schnell in ca. 8 — 10 Tagen. 3 Patienten wurden
geheilt, 1 starb. Die obere Grenze der hyperalge-
tischen Zone entsprach regelmässig der Grenze der
Sensibilitätzone des Trigeminus, die Ausbreitung
glich nicht Versorgungsgebieten peripherischer
Nerven, erinnerte vielmehr in ihrer Ausbreitung an
die SensibilitätstOrungen , wie sie bei Segment-
läsionen des Hückenmarkes auftreten.
Als Ursache für diese Schm^zzonen nimmt W.,
gestützt auf die Head 'sehen Untersuchungen über
Schmerzzonen bei Segmentläsionen des Rücken-
markes, eine Läsion des Sympathicus an, die die
zu den oberen Gervikalsegmenten gehörigen Sym-
pathicusfasern betroffen hat, d. h. das um die grossen
Gefäese in der Gegend des Sinus cavernosus ge-
legene Fasernetz. Die Sektion in einem tOdtlich
verlaufenen Falle bestätigte auch diese Deduktion,
indem die Kugel in der Gegend des Sinus caver-
nosus gefunden wurde. Der durch die Verletzung
afficirte Sympathicus leitet den Beiz bis zu den
mit ihm communicirenden Gervikalsegmenten des
Rückenmarkes. Dort wirkt der Reiz auf Centra
schmerzempfindender Nerven. Dieser Reiz auf die
Gentra wird als peripherischer reflektirter oder
projicirter Schmerz der zum Segment zugehörigen
Hautzone empfunden.
Die interessante Arbeit ist durch zahlreiche
Abbildungen erläutert N o e s s k e (Kiel).
270, Ueber Stich- und SohossTerletiangen
des Thorax; von Dr. K. Borsz^ky. (Beitr. z.
klin. Chir. XL. 1. p< 243. 1903)
In der 2. ohirurg. Klinik in Budapest wurden
in den letzten 10 Jahren insgesammt 301 Thorax-
Verletzungen beobachtet; darunter waren 153 Stich-
verletzungen (42 penetrirend) und 148 SohnsB-
wunden (89 penetrirend).
Bei den mehi pemirirenden SUehwunden ist
unsere erste Aufgabe das Stillen der Blutung.
Liegt die Quelle der Blutung tief, so kSnnen vir
dieses nur durch Erweitem des Stichkanales e^
reichen. Was die Blutung aus der Art mammaria
int oder aus der Art intercostal. betrifft, so ist
entweder das Unterbinden der blutenden OeAese
nach Rippenresektion oder das Tamponiren noth-
wendig. Bei 91 Kranken wurde die Naht an-
gewendet; in 82 FWen heilten die Wunden per
primam intentionem.
Von 69 niM penetrirenden SekuaeveH^xungen
des Thorax nahmen 3 einen tüdtlichen Ausgang;
56 Verletzte genasen ohne Eiterung unter einem
einfachen Deckverbande. Die Kugel wird nicht
nur in jedem Falle entfernt, in dem sie iigend
welche Störung verursacht, sondern auch dann,
wenn ihr Sitz bestimmt nachzuweisen ist und es
möglich ist, sie ohne grosseren Eingriff zu m\r
fernen. Die Kugel wird niemals durch den Sohuss-
kanal herausgenommen, sondern immer durc^
direktes Einschneiden.
Bei den peneirirenden ThoraxverJeixungen bildet
die häufigsten und wichtigsten Complikationen die
Ijungenverletxungen ; in einigen F&llen kam es zu
einem Lungenprolaps durch die Wunde.
Die Verletzung der grossen Oeßeae der Bmd-
höhle bildet selten den O^enetand chirurgiacber
Behandlung, da die meisten derartigen Verletzun-
gen sehr bfdd den Tod herbeiführen« Das Berz
und der Herzbeutel werden durch Schüsse und
Stiche oft verletzt ; aber auch diese Verletsungen
kommen selten zur Behandlung, da sie oieist den
sofortigen Tod des Verletzten herbeiführen.
Bei der Behandlung der peneirirenden Thorax^
Verletzungen sind die Oogensfttze noch grüsaer, als
bei den nicht penetrirenden. Die von B. nut-
getheilten Elrfolge zeigen, dass friaoheStiohwnndeB
in der Praxis als aseptisch betrachtet werden
künnen und auch als solche zu behandelm sind,
ebenso wie die Schusawunden. Im AUgeazainea
ist bei Lungen-, Herzbeutel- und Hersverletsungea
eine exepeklatifoe Behandlung am Platze. Eine ope-
rative Behandlung soll hier nur auf Grand strenger
i
Vn. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
209
Indikation bei solchen Verletzungen versucht wer-
den, die mit einer das Leben direkt gefährdenden
Bohweren Blutung verbunden sind.
P. W a g n e r (Leipzig).
271. Perforatio thoraois troDBlateralU du-
plex mit Aufgang in Heilang; von Dr. F. Franke.
(Arcb. f. Uin. Chir. LXXL 2. p. 542. 1903.)
Die Beobachtung betraf eine 48jähr. Frau, die bei
einem 2 m hohen Fall von einer Leiter auf die rechte Seite
darch einen in der rechten Hand gehaltenen Handbesen
eine too der rechten nach der linken Achselhöhle im
3. lotercofitalranme durchgehende Perforation des Thorax
erlitten hatte, wobei aber die Haut in der linken Achsel-
höhle anverletzt geblieben war. Nach sofortigem Heraas-
ziehen des Besenstieles stellten sich anter schneller Ent-
wickelnne eines von der linken Achselhöhle ausgehenden
Htntempnysems über Eompf und Kopf schwere Erschei-
ooDgen Ton Eurzathmigkeit and Palsbeschleanigang ein.
5Vs Stunden nach der Yerletzang feste Tamponade nach
loeision in der hnken Achselhöhle, sowohl dieser, als der
rechtseitigen Wände mit folgendem, gut abschliessendem
Verbände. EeiUmg, P. Wagner (Leipzig).
272. Ueber drei Fälle von Hermaht wegen
HenTerletBong ; von Dr. Wolff. (Deutsche
Ztachr. f. Chir. LXIX. L p. 67. 1903.)
W. berichtet über 3 von Barth operirte Herz-
Terletzongen, von denen 2 dnroh die Herznaht znr
HeÜQDg geführt wurden, eine mit Tod endeta
Nach W. finden sich im Oanzen nun 42 Fälle von
Herznaht mit 40^/0 Heiluogen, gegenüber der
Fischer'schen Statistik von lO^/o Heilungen bei
nicht operirten Herzverletzungen, ein beaohtens-
werther Fortschritt Prognostisch am günstigsten
Btellten sich die Verletzungen des linken, dann die
des zechten Ventrikels, ungünstiger sind Wunden
der VorhOfe und Herzohren. 37mal wurde die
linke, Smal die rechte Pleura mitverletzt gefunden,
2inal war sie unverletzt. 41 mal handelte es sich
nm Stichverletzungen, bei denen auch ohne vitale
Indikation zur Vermeidung späterer Schädigungen
die Operation angezeigt ist Bei starker primärer
Blutung und Herztamponade besteht absolute In-
dikation zur Operation. Bei Schussverletzungen
▼ird in der Regel eine zuwartende Behandlung
Platz greifen. Zur Sicherung der Diagnose sollte
Allein die schichtweise Erweiterung der Wunde,
eyentnell die Sondirung mit dem Finger angewandt
werden. Bezüglich der Operationtechnik wird nach
Ansicht W.'s die eztrapleurale Methode der Frei-
I^gimg dee Herzens selten praktisch in Frage
kommen, da die Pleura meist mitverletzt ist und
die primäre Wunde stets den Weg für die Frei-
l^ong des Herzens zeigt; Enopfhähte, in der
Diastole angelegt, sind zu bevorzugen; in der Regel
iit die Herzbeutelwunde durch primäre Naht zu
Behliessen. Tamponade sollte nur bei nicht ge-
stillter Blutung oder Infektion des Herzbeutels An-
wendung finden. Die Hauptgefahr der Operation
bildet die sekundäre eiterige Pleuritis, der unter
26 Todesfällen 10 zur Last fallen.
F. Krumm (Karlsruhe).
Med. Jabri)b. Bd. 282. Hft. 2.
273. Ueber penetrirende Banoh-, Stich-
nnd Boboaswnnden ; von Dr. H. Q e b e 1 e. (Münchn.
med. Wchnschr. L. 33. 1903.)
Die in den Jahren 1897 — 1902 an den pene-
trirenden Stich- und Schussverletzungen des Bauches
gemachten Erfahrungen in der Klinik Angerer's
rechtfertigen auf das Neue den schon früher von
Ziegler vertretenen Standpunkt, jede Bauch-
wunde zu dilatiren und bei Läsion desPeritonaeum
sofort zu laparotomiren.
Bei 30 Stichverletzungen betrug die Mortalität
16.7<^/o, bei 15 Schussverletzungen 46.7^/o. Der
Werth der Frühoperation geht daraus hervor, dass
die Operationen innerhalb der ersten 4 Stunden
14.3<^/o, innerhalb der ersten 8 Stunden 28.6<^/o»
innerhalb der ersten 12 Stunden 57.1<>/o Mortalität
aufweisen. So berechtigt also auf Orund der letzten
Erfahrungen im Kriege ein abwartendes Verhalten
ist, so unberechtigt ist es im Frieden.
Unter Anderem betrafen 6 Stich- und SSchuss- »
Verletzungen den Darm, der Magen war 4mal durch
Schuss, Imal durch Stich, die Leber 4mal durch
Schuss, 9mal durch Stich verletzt Bei 5 com-
binirten Verletzungen des Brust- und Bauchraumes
im rechten Complementärraume wurde 4mal trans-
diaphragmatisch vorgegangen. Der Shock bildet
keine Contraindikation gegen die Operation. Von
subcutanen Kochsalzinfusionen wurde ausgedehnter
Gebrauch gemacht ; postoperative Darmparesen
wurden durch schnelles Operiren, Vermeidung
längerer Eventrationen, Einhüllen der Därme in
warme Kochsalzcompressen prophylaktisch be-
kämpft. Bei perfekter Parese wurde mehrmals
Erfolg mit Physostigminum salicyl. (2 mal täglich
1 mg) erzielt Tamponade der Bauchhöhle wurde
nur bei ausgesprochener Peritonitis angewandt.
Für die Vermeidung des Bauchbruches sind völliger
Verschluss der Bauchhöhle und primäre Heilung
das beste Mittel. F. Krumm (Karlsruhe).
274. SubontaneBuptnren der Gallen wege;
von Dr. F. H a h n. (Arcb. f. klin. Chir. LXXI. 4.
p. 1024. 1903.)
H. berichtet über einen 4jähr. Knaben, bei dem
es sich ohne allen Zweifel nm eine subcutane Ruptur
des Chokdoekue nahe der Einmündungstelle in das
Duodenum handelte; der Knabe war überfahren
worden.
6 Wochen naoh der Verletzung erhob H. folgenden
Befand: Aeusserste Abmagerung, enorme Auftreibang
des Leibes, abgesackte Exsudate; erhebliohe Dyspnoe.
Kein Ikterus, rols 150, kein Fieber. Diagnose : Tuber-
kulose Peritonitis oder Lympherguss. Die Laparotomie
ergab eine ohroDische Gallenperitonitis mit Bildung fester
Verwachsungen und Membranen bis zu mehreren Milli-
metern Dicke. Tamponade. Anamnestisch stellte sich
nachträglich heraus, dass 3 Ta^e nach der Verletzung ein
zunächst sehr starker Ikterus eingesetzt hatte, der im Gan-
zen 5 Wochen dauerte. H. stellte daraufhin die bestimmte
Diagnose auf Verletzung des Choledochos. 11 Tage naoh
dem ersten Eingriffe Moeite Laparotomie. Die Buptur-
stelle wurde nicht gefunden ; die Galle ergoss sich aus
einer hufeisenförmigen Oeffnung rechts von der Wirbel-
27
210
Vn. Ghimrgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
Säule an der ünterfläohe der Pars horizont. inf. daodeni
in die freie Baaohhöhle, hatte also ihren Weg hinter
Duodenum und Pankreas genommen. Feste Tamponade
im Bereiche dieser Oefifnung, um durch Ueberfliessen des
Reservoirs die Oalle dem normalen Wege zuzuführen.
Vom 7. Tage an wieder gallehaltige Entleerungen. Voll-
kommene neüung.
Der Kranke H.'s ist der jüngste von den an
einer Ruptur der Gallenwege Erkrankten und der
erste Patient, der von einer Choledochusruptur ge-
nesen ist durch die Laparotomie. Alle übrigen
Choledoehusruptur-Eranken (6 an der Zahl) sind
gestorben. P. Wagner (Leipzig).
275. Ueber OperaÜoneii am CboledoohuB
wegen Verengerung durch Narben oder Gar-
oinom» nebat Bemerkungen über normales
Pankreassekret ; von Dr. W. Körte. (Arch. f.
klin. Ghir. LXXI. 4. p. 1049. 1903.)
Beim GholedoohuBversohlusse scheiden wir
zwei grosse Gruppen voneinander, die sich klinisch
ziemlich sicher abgrenzen lassen und operativ wie
prognostisch grosse Verschiedenheiten darbieten:
den Sieinverschhus und den JkimorversMuas. Die
Unterscheidung zwischen Steinikterus und Com-
pressionikterus ist sehr wichtig, denn beim chro-
nischen Steinverschlusse ist die Operation ent-
schieden anzurathen und im Allgemeinen von
günstiger Prognose, w&hrend wir uns in den Fällen
von Gompressionikterus gewöhnlich mit palliativen
Operationen begnügen müssen. Die Unterschei-
dung ist aber nicht in allen Fftllen mOglich.
Bei einer 52jähr. Frau, die bis September 1902 ge-
sund gewesen war, entwickelte sich unter Schmerzen in
der Lebergegend, beträchtlicher Abmagerung und Fieber
Ikterus mit starker Ausdehnung der Gallenblase. Am
30. Dec. 1902 wurde sie in die chirurgische Abtheilung
verlegt. Das Krankheitbild liess auf Behinderung des
Oallenabflusses aus dem Choledochus schliessen, mit Zer-
setzung der gestauten Oalle. Die Abwesenheit von eigent-
lichen Koliken und die starke Ausdehnung der Gallenblase
liessen mit grosser Wahrscheinlichkeit einen malignen
Tumor als Ursache annehmen. Das hohe remittirende
Fieber und die lebhaften Beschwerden der Pat. drängten
zur Operation, die am 2. Jan. 1903 vorgenommen wude.
Gallenblase und Gallengänge waren stark ausgedehnt
durch eiterigen Schleim und zersetzte Galle ; em Stein
fand sich nicht. Nach Incision des Duodenum wurde die
Papille vorgezogen und eine enge narbige Stenose der
Oholedoekuerniindung gefunden. Spaltung und Um-
nähuDg der Bänder mit Schleimhaut. Einführung eines
dünnen Nelaton- Katheter in den Pankreasgang, der
durch die neugebildete Choledocho-Duodenalöffnung ge-
führt und durch eine Choledochusinoision weiter leber-
wärts nach aussen geleitet wurde. Naht des Duodenum,
lUsektion und Drainage der Gallenblase, Hepatiousrohr.
Die Heilung erfolg[te ohne Zwischenfall, der Ikterus
schwand, Pat. erholte sich und wurde 5 Monate nach der
Operation bei bestem Wohlsein vorgestellt
Die bei dieser Gelegenheit ausgeführte i)raifia^0
eines sonst gesunden Pankreas hat einige bemerkens-
werthe Resultate ergeben. Es wurde bis zu 1 Liier
farbloser, alkalischer Flüssigkeit abgesondert; im
nüchternen Zustande war die Menge gering, 14 bis
ISocm pro Stunde, sie stieg bis zur 5. Verdauung-
stunde auf 50 com, um dann langsam abzufallen.
Von Wichtigkeit war die Beobachtung (Qlässner),
dass sich das ekoeissepaüende F^rmeni erst bei
Mischung des Pankreassaftes müDarmaaft bildete;
auch die Saccharifioirung wurde durch Darmsaft-
zusatz verstärkt
Das Pankreassekret enthftlt also nur ein Pro-
ferment des Trypsins ; dieses wird durch BerAh*
rung mit dem Darmsafte aktiv und übt dann ener-
gische Ei weiss Verdauung aus. Der Darmsaft hat
also eine sehr bedeutende Einwirkung auf da8Ye^
dauungsgeschäft ; er verstärkt die Wirkung des
Pankreassaftes beträchtlich.
Eine zweite Kr. mit narbiger CholedoekuBstemse
wurde am 29. Mai 1898 operirt Die narbige Vereiige-
rung lag im freien Theile des Choledochus und war durch
einige kleine Steine völlig verlegt Die Gallenblase eot-
hielt zahlreiche Steine. Die Narbenstenose im Chole-
dochus wurde cirkuiär ezcidirt, und die beiden Enden
wurden mit Catgut susammengenfiht 13 Tage poat ope-
rationem starb die Pat. in Folge von Blutung aus einem
Ulcus ventrieuti. Bei der Sektion wurde der GaUeogug
gut vereinigt gefunden.
Ungünstiger als bei der narbigen Verengenuig
liegen die Verhältnisse beim Verschlusse der Chole-
dochusmündung durch Carcinom der Papiüa VaJtm.
2 mal hat E. wegen dieses Leidens eingegriffen.
Das eine Mal (44jähr. Frau) wurde nach Czerny's
und Halstedt's Vorgang der Tumor (Adeno-
carcinom) exstirpirt; die Kranke starb am 9. Tage
nach der Operation an zunehmender Eachexia In
dem anderen Falle (46jähr. Mann) konnte K. nur
eine Palliativoperation machen. Der bereits aehr
kaohektische Kranke starb, ehe die geplante 2. Ope-
ration zur Einleitung der Galle in den Darm aus-
geführt werden konnte. P. Wagner (Leipzig).
276. üeber den heutigen Stand der Chir-
urgie des Pankreas, mit besonderer Büokaioht
auf die Verletiangen nnd Bntsftndangen dea
Organa; von J. v. Mikulicz. (MittheiL a. d.
Grenzgeb. d. Med. u. Chir. XIL 1. p. 1. 1903.)
Dafür, dass sich die Chirurgie des Pankreas so
langsam entwickelt, möchte v. M. im Weeentliobea
3 Gründe anführen : 1) die topographischen Ver-
hältnisse des Organs (versteckte und von allen
Seiten geschützte Lage); 2) die schwierigen dia*
gnostischen Verhältnisse; 3) die Gefihrllohkeit der
operativen Eingriffe, die namentlich durch den
reichlichen Austritt von Blut und Sekret aus dem
Pankreas bedingt ist Deshalb ist jedenfalls nach
allen Operationen, in denen das Pankresagewebe
in erheblichem Umfange bloasgelegt wird, die Bauch-
höhle an der entsprechenden Stelle zu tamponirsD,
bez. zu drainiren.
Was die Panhreasverletxungen anlangt, so khrt
die Erfahrung, dass schwerere Verletxungen, sich
selbst überlassen, fast ausnahmeloe tüdtlioh Ter-
laufen, dass wir bei den heute schon erfreolioben
operativen Erfolgen deshalb die Pflicht haben, ia
jedem Falle, in dem eine schwere Ptokreasver-
letzung in Frage kommt, die LaparotomiB mÖgUeksl
bald auszuführen.
Vn. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
211
Bei den akui einaäzmdm PankreaUiiden müssen
wir I priori ein unverzfigliobee Eingreifen von
Seiten des Chirurgen fordern; einmal, um den
toxisch-septischen Zustand, dem die meisten Kran-
ken sonst erliegen« su beseitigen, dann aber, um
womöglich auoh die in vielen Fällen eintretende
Nekrose nnd Sequestrirung grosserer Theile der
Drflse aufsubalten. Ein unverzügliches Eingreifen
enclieint hier um so gerechtfertigter, als vorlAufig
vor Eröffnung der Bauchhöhle die Dififerential-
diagoose gegenüber anderen Erkrankungen, die
aach eine sofortige Laparotomie verlangen, kaum
ffl^^Mist
Die eknmitehe Pankreaüiu, die nicht selten als
Ptokreaskrebs imponirt, wird häufiger durch Gallen-
steine, als durch echte Pankreassteine hervor-
gerofen; bei der Unsicherheit der Diagnose wird
hier wohl zunächst meist erst die Probelaparotomie
in Frage kommen.
Die eigenen Erfahrungen v. M.'s erstrecken sich
Aber 10 Pankreascjsten (2 Exstirpationen, 8 In-
cisionen, säomitlich geheilt); 2 Pankreatitiden (ope-
nti? geheilt) ; 3 chronische Pankreatitiden ( 1 Todes-
M); 1 Durohquetschung des Pankreas (nach In-
cision nnd Drainage geheilt); 16 bösartige Oe-
sobwfilste (7 ProbelaparotomieD, 5 Cholecystentero-
itomiai u. s. w.). P. Wagner (Leipzig).
277. 'Beitrag aar Pathologie und Therapie
der akuten Paakreaaerkrankungen, nebst Mit-
theUong sweier durch Laparotomie geheilter
Tille; von Dr. F. Pels-Leusden. (Deutsche
Ztscbr. f. Chir. LXX. 1 u. 2. p. 183. 1903.)
P.-L berichtet aus der König 'sehen Klinik in
der Charit^ Aber eine 22jähr. Kellnerin und eine
&3jlhr. Reetaurateurwitwe mit primärer Brkran-
bmg des Ptmkreaa, bez. seiner Äusffihrungswege,
nnd stkundärer Efdwiekekmg von Fettnekrosm. Bei
beiden Kranken findet sich in der Vorgeschichte
Alkoholismus. Das das Krankheitbild beherrschende
Symptom war das unstillbare, die Kranken rasch
herunterbringende Erbrechen, das vom Momente
der Operation an aufhörte. Letztere bestand in
J^foratomie und Jodoformgosudrainage. Beide
Knnken genaaen.
P.-L. stellt folgende Schlusssätze auf: 1) Die
^iMomiiiafefi FettgewAenekrasen sind verh<niss-
iQtoig unschuldige Vorkommnisse, Nebenbefunde,
die, ohne einen dauernden Schaden zu hinterlassen,
Msheilen können, denen aber die Bedeutung eines
wichtigen Symptomes einer Erkrankung im Be-
reiche der Bauchspeicheldrfise, die zu einer Sekret-
Btannng in dieser gefQhrt hat, zukommt. 2) Der
schwere Sk^nyjftameneomplex , die epigastrische
Schmerzhaftigkeit, das unstillbare Erbrechen, der
CoUaps, der unter allen Umständen den Verdacht
auf eine Erkrankung im Bereiche des Pankreas auf-
kommen lassen sollte, ist zuweilen durdi eine
laparotomie gOnstig zu beeinflussen, selbst in den
echwersten Fällen. 3) Diese IxqHxrotamie muss
eine schonende sein, mehr als ein vorsichtiges Ab-
tasten der Pankreasgegend ist besonders in schwe-
ren Fällen mit starkem Collaps nicht erlaubt 4) Ist
bei einer solchen Laparotomie das Vorhandensein
von Fettgewebenekrosen festgestellt worden, so ist
durch Einffihren eines Jodoformgazestreifens die
Wunde zum Theil offen zu halten. 5) Es kann
dadurch einem sich eventuell noch bildenden Er-
guss in der Bursa omentalis der Weg nach aussen
gewiesen werden. 6) Es scheint, als ob durch eine
einfache Laparotomie mit Jodoformgasedrainage in
einer Anzahl von Fällen die Ausbildung eines Ex-
sudates hintenangehalten werden konnte. Man
kann also von einer Art Jboriwbthandlung in solchen
I^len sprechen. P. Wagner (Leipzig).
278. Zur Pathogenese und Therapie der
akuten Pankreashimorrhagle und abdomina-
len Fettgewebanekroae ; von Dr. B u n g e. (Arch.
f. klin. Chir. LXXI. 3. p. 726. 1903.)
Es herrscht zur Zeit, was die Behandlung der
akiäm Pankreaserkrankungen, speciell der Blutungen
anbetrifft, ein grosser Pessimismus, vor Allem be-
treffs der Wirkung einer chirurgischen Intervention.
Die Mehrzahl der Chirurgen räth von einem opera-
tiven Eingriffe ab, sie glauben, dass damit nur ge-
schadet werden kOnne. Erst seit den allerletzten
Jahren scheint sich hier ein Umschwung vorzu-
bereiten (Hahn, Pels-Leusden). B. theilt
aus der Oarrd 'sehen Klinik folgende operativ
geheiUe akute PankreasMmorrhagie mit
Eine 51jähr., sehr fettleibige Frau erkrankte akat
unter Erscheinungen, die anf einen hochsitzenden Darm-
verschlnss Bchiiessen liessen: Erbrechen von zanäcbst
galligen Massen, später von Dünndarminhalt , hänfige
koUkartige Schmerzen, die vom Epigastriam nach unten
ausstrahlten. Leib aufgetrieben , im Epigasthum schmerz-
haft Puls beschleunigt klein. Laparotomie : Netz und
das Mesenterium aller Därme mit Fettgewebenekrosen,
freier hämorrhagischer Srguss im Peritonaeum. Im Lig.
gastro-colicum ein faustgrosses Loch in Folge Zerfalles
des Fettgewebes. In der Tiefe der Bursa omentalis das
hämorrhadsch infarcirte, nach allen Richtungen ver-
frösserte Pankreas. Mesocolon matsch, blutig infarcirt.
ämponade der Bursa omentalis von vom, Tamponade
unterhalb des Mesocolon. Pat kam nach langdauernder
profuser Eiterung zur Genesung. Während 8 Tagen be-
stand Glykosurie.
B. empfiehlt auf Orund dieser Beobachtung,
bei sicherer oder Wahrscheinlichkeitdiagnose auf
akute PankreashAmorrhagie nicht zuzuwarten, son-
dern sofort zu operiren. Die Operation kann in
seltenen Fällen nur in Laparotomie und Drainage
des Peritonaeum bestehen ; mit Rücksicht auf die
meist zu erwartende Nekrose und Eiterung am
Pankreas scheint es jedoch empfehlenswerth, das
Pankreas durch Tamponade durch das Lig. gastro-
colicum hindurch und hinter dem Magen und Meso-
colon gegen die Bauchhöhle abzuschliessen, damit
die Verbreitung der sekundären Eiterung auf das
freie Peritonaeum verhütet wird.
Es sind bisher nur recht spärliche Erfahrungen,
die über die operative Behandlung akuter Pankreas-
213
Vn. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
erkrankungen vorliegen. Sie fangen aber doch
jetzt schon an, etwas weniger entmuthigend zu
werden. Vor Allem scheint es wichtig zu sein,
möglichst frQh zu operiren, bevor eine sekundär
vom Darme ausgehende Infektion die Prognose
noch trüber macht, als sie es an und für sich schon
ist Wichtig für den operativen Eingrifif ist natür-
lich eine möglichst sichere Diagnose. Aber gerade
in dieser Hinsicht lassen unsere Kenntnisse noch
sehr zu wünschen übrig. Als oberstes /Vindp für
die Operation muss festgehaUen loerden, dass sie
nicht zu eingreifend sei
Die Aetiologie der akuten Pankreasblntungen
ist noch vollständig dunkel. Bisher ist nur eine
Reihe disponirender Momente bekannt: Fettleibig-
keit, Lipomatose des Pankreas, Arteriosklerose,
Herzfehler u. s. w. Der mehrfach constatirte Be-
fund von infarktähnlichen Herden im Pankreas bei
Pankreasblntungen, sowie der an embolische Vor-
gänge erinnernde blitzartige Beginn der Erkrankung
veranlassten B. zu experimentellen Untersuchungen
über den Einfluss embolischer Vorgänge am Pan*
kreas. Injektion von Luft, Paraffin, besonders von
Oel in die Hauptarterien des Organs hatten regel-
mässig Pankreasblutung in verschiedener Ausdeh-
nung zur Folge mit ausgedehnten abdominellen
Fettgewebenekrosen. Die Thiere zeigten ähnliche
klinische Erscheinungen wie die Menschen, das
anatomische Bild war ebenfalls ein ausserordentlich
ähnliches. B. glaubt daher, dass möglicher Weise
bei der Entstehung der Pankreasblutungen embo-
lische Vorgänge eine grössere Rolle spielen, als
man bisher angenommen hat
P. Wagner (Leipzig).
279. Zar Aetiologie der Blasenektopie ;
von Prof. Enderlen. (Arch. f. klin. Chir. LXXL
2. p. 562. 1903.)
E. erörtert vom entwickelungsgeschichtlichen
Standpunkte aus das Zustandekommen der Blasen-
ektopie auf Orund von Untersuchungen, die er im
Marburger anatomischen Institute angestellt hat
Für die Lehre von der Entstehung der Blasen-
ektopie ist das Wichtigste die Eloakenmembran.
Normaler Weise soll ein allmähliches Zurück-
weichen der leistenartigen Eloakenmembran in
proximal-distaler Richtung unter Vorlagerung des
Oenitalhöckers stattfinden. Fehlt dieses Zurück-
weichen und bleibt der Genitalhöcker im Wachs-
thum zurück, so sind die Bedingungen nicht nur
für eine Eröffnung an normaler Stelle gegeben,
sondern über diese hinaus, kopfwärts durch die
äusseren Genitalien und entlang der Mittellinie
bis zum Nabel. Je früher die Zeit liegt, in der
das Zurückweichen ausblieb, desto höher hinauf
wird die Spaltbildung reichen.
P. Wagner (Leipzig).
280. üeber intraperitonäale Baptaren der
Harnblase; von J. B. Seldowitsch. (Arch. f.
klin. Chir. LXXII. 4. p. 859. 1904.)
S. hebt zunächst hervor, dass die BubcutaDen
Blasenrupturen nicht so selten sind, wie gemeinhin
angenommen wird. Als die häufigste Ursache der
Bupturen kommen die gegen den unteren Theil
der vorderen Bauchwand gerichteten Contattonea
in Betracht Nach S.'s Meinung kann man sämmt-
liehe Fälle von intraperitonäaler Blasenmptur in
diagnostisdier Beziehung in 2 Oruppen eintheilen:
in frische Fälle, die innerhalb der ersten 24 Stun-
den nach der Verletzung zur Beobachtung gelangen,
und in spätere Fälle. In den Fällen der ernten
Qruppe treten die Erscheinungen der Blasenraptor
in den Vordergrund; sämmtliche Symptome der
Funktionstöning der Blase sind bestimmter aus-
gesprochen, und gewöhnlich ist es leicht, den Zu-
stand zu diagnoBticiren. In den Fällen der zweiten
Gruppe treten Erscheinungen von Peritonitis in
den Vordergrund, während diejenigen von Seiten
der Harnblase zurficktreten, und die Diagnose sehr
schwierig wird. In diesen Fällen gelangt man mit
dem Katheter sehr häufig in die Bauchhöhle and
entleert FlQssigkeitmengen, die die durchschnitt-
liche grösste Capadtät der Harnblase um das Mehr-
fache übersteigen.
Die Literatur enthält im Oanzen 39 Fälle von
subcutanen intraperitonäalen Bupturen, die in Oe-
nesung übergegangen sind. Eine eigene Beobach-
tung wird von S. ausführlich mitgetheill^ In der
Frage der Behandlung der subcutanen Blasennip-
turen besteht im Allgemeinen fast vollständige
Uebereinstimmung: sofortige Operation, Blasennaht
und Tamponade der Bauchhöhle, wenn eine Peri-
tonitis vermuthet wird, bez. vollständige Schlies-
sung, wenn das Peritonaeum gesund ist ; zum letz-
teren Verfahren greift man übrigens weniger gern.
Die Meinungen gehen nur in Beiug auf die Ope-
rationen selbst auseinander.
P. Wagner (Leipzig).
281. Bin seltener Fall von spontaner Bap-
tor der gesunden Harnblase; von Dr. Bar-
de s c u. (Oesellsch. d. med. Wissensoh. in Bukarest
Sitzung vom 12. Jan. 1904.)
Der Pat wurde plötzlich von heftigen SchmerzeD im
Bauche, von üebelkeit und Erbrechen befalleo. Es
bestand Annrie und mit der Sonde konnte eine geringe
Menge sangainolenter Flüssigkeit entleert werden. Palp»-
torisch and per rectum fand man eine elastische schmen-
hafte Oeschwalst, aas der durch Punktion eine blutige^
putride Flüssigkeit entleert warde. Die vorgenommeDe
Laparotomie zeigte eti^a 300 g einer ebensolchen Fiüang-
keit in der Bauchhöhle and als Ausgangponkt eine feine
Oeffhang in der Blasenwand, die nur nach Einspritinog
einer L&ang von Methylenblau gefunden werden konnte.
K Toff (Braila).
282. Bin neaer Blaaenachnitt (Cyatotomia
perinealis); von Dr. R Frank. (Arch. f. klin.
Chir. LXXI. 2. p. 448. 1903.)
Der hohe Blasensohnitt hat die Erwartungen,
die man auf ihn setzen zu können glaubte, bisher
nur unvollständig erfüllt; für alte, fetüeibige, herab-
gekommene Leute mit schlechten Urin- und Blasen-
Vn. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
213
Terh<oissen bedeutet er eine grosae Gefahr. Die
MorUlit&t dflrfte hier mit 20®/o nicht zu hoch ge-
schätzt sein. Auf Grund von Erfahrungen , die
Fr. im Laufe der Jahre mit der perin&alen Methode
der Mastdarmablösung nach 0. Zuokerkandl
in Bezug auf Blossl^nin? ^^^ hinteren unteren,
peritODaeomfreien BUsenwand gemacht hatte, legte
er sich folgendes Verfahren zurecht :
Querer perin&aler Schnitt und Ablösung des
Mastdarmes von der Prostata. Die Ablösung des
Mastdarmes wird stumpf mit den Fingern im Sep-
tum rectovesicale fortgesetzt, bis die hintere Blasen-
wand, die Samenbläschen und endlich die Douglas'-
sche Falte blossliegen. Die Douglas'sche Falte
]tot sich mit den Fingern noch ein Stück von der
Blase ablösen und hinaufdrftngen. Setzt man nun
laoge Spatel ein, so überblickt man die Prostata
und die von deren hinterem Rande bis zur Douglas'-
schen Falte in einer Ausdehnung von 6 — 7 cm
freiliegende Blase (Sanson'sches Dreieck). In dieser
Ausdehnung kann die Blase auf einem Itinerarium
median gespalten werden. Setzt man nun die
Spatel in die Blasenwunde ein, so kann man Ein-
blick in die Blase bekommen. Durch Eversion der
RSnder der Blasenwunde kann man die benach-
barten Theile der Blasenschleimhaut zur Ansicht
bringen.
Fr. hat naoh diesem Verfahren bisher 3mal operirt:
ein wabussgroBses, rechts oben von der rechten Üreter-
mündiuig sitzendes Papillom bei einem 63jähr., fett-
leibigen, anämischen Manne, der nach 14 Tagen voll-
stindig continent und in 4 Wochen ganz geheilt war;
einen 4.5: 3.5: 3 cm messenden Blasenstein bei einem
3t)jihr. Manne mit schwerer Cystitis; Continenz nach
12Tagen, vollständige Heilang in 3 Wochen. Der 3. Pat.,
ein 59|jähr. kaohektischer Mann mit schwerer Cystitis,
b» dem 7 Steine von Haselnuss- bis Nnssgrösse entfernt
worden waren, starb 7 Standen nach der Operation plöb^-
Ücb. Die Obduktion ergab fettige Degeneration des Herz-
moskels, Arteriosklerose, Schrampfniere and beiderseitige
Hydronephrose, Cystitis, Divertikelblase. Der als Shook
ao&QfassendeTod fällt wohl nicht der Operation zur Last
Was die Leistungsfähigkeit der Methode an-
l^gt, so glaubt F r., dass sie vielen Indikationen,
die heute auaschlieeslich der Sectio alta zufallen,
werde gentigen kOjanen. Fremdkörper jeder be-
liebigen Orösse werden sehr leicht auf diesem Wege
AUS der Blase entfernt werden können ; für Papil-
lome, die ja meist in der Umgebung des Trigonum
atxen, eigne die Methode sich gut; auch dürften
Blasencarcinome sammt der Blasenwand so ezci-
to werden können.
Fr. kommt zu folgenden Schlusssfttzen : Die
ptfinäale Oysioiomie ist geeignet, einer Anzahl von
Indikationen, die bisher ausschliesslich der Sectio
>lta zufielen, gerecht zu werden. Das Operation-
Verfahren stellt zwar etwas grössere Anforderungen
in Bezug auf Technik, als die Sectio alta, ist aber
Sodgnet, die Gefahren, die die Sectio alta ffir alte
fettleibige Leute mit sich bringt, durch Ver-
einfachung der Nachbehandlung, günstige Drainage-
verhAltnisse, Abkürzung der Heilungsdauer, wesent-
lich zu verringern.
Gegenüber der 8e4^io mediana und Seeiio laU-
ralis unterscheidet sich die perinäale Oysioiomie
anatomisch dadurch, dass sie ein wirklicher Blasen-
schnitt ist, die Blasen wand selbst eröffnet, wfthrend
die Sectio mediana die Urethra, die Sectio lateralis
den linken Prostatalappen durchtrennt
P. Wagner (Leipzig).
283. The treatment of stoneinthebladder
complicated with bypertrophy of the prostate ;
by R. Harriso n. (Arch. Internat, de Chir. L 4.
p. 379. 1904.)
H. berichtet über 6 Kranke, bei denen Blasen-
steine mit Prostatahypertrophie complioirt waren.
In solchen FAllen soll man die Sectio alta aus-
führen zur Entfernung der Steine und zugleich die
Prostata mehr oder weniger vollständig abtragen.
Die Blase kan*^ dann ihre Funktion wieder auf-
nehmen, auch wenn diese schon lange aufgehoben
war. Die 6 Kranken H.'s genasen nach dem ope-
rativen Eingriffe vollkommen.
Die Prostatahypertrophie trägt zur Bildung und
zum Wachsthum der Blasensteine bei : 1) weil sie
ein Hinderniss für die Elimination des Grieses und
der kleinen, aus der Niere kommenden und ge-
wöhnlich aus Uraten und Oxalaten zusammen-
gesetzten Blasensteine bildet ; 2) weil sie die Ent-
leerung des Blaseninhaltes hindert und so ammo-
niakalische Zersetzung des Harns, Cystitis und
Pbosphatsteinbildung zu Stande bringt Dieser
Process kann sich unbestimmt oft und in kurzen
Intervallen wiederholen, auch nachdem der Stein
durch Litholapaxie vollständig entfernt ist.
P. Wagner (Leipzig).
284. Zur Aaepais des Katheterismua und
der Gystoakopie ; von L. Casper. (Deutsche
med. Wchnschr. XXIX. 46. 1903.)
Die Aufgaben des aseptischen Xatheterismus
und der aseptischen Cystoskopie setzen sich aus
3 Theilen zusammen: 1) die Instrumente aseptisch
zu machen ; 2) sie aseptisch zu erhalten und 3) sie
aseptisch in die Harnblase hineinzubringen. 0. be-
spricht die verschiedenen Desinfektionmethoden
und empfiehlt als Gleitmittel ganz besonders das
Dr. Melzer'sche Kaiheterptmn : Tragac. 3.0;
Aq. dest. 100.0 ; Glyoerin. purissim. 20.0 ; Hydrarg.
oxycyan. 0.246. Dieses Eatheterpurin erfüllt nach
experimenteller Prüfung diejenigen Forderungen,
die an ein Gleitmittel theoretisch gestellt werden
müssen; es hält auch in der Praxis allen wün-
schenswerthen Anforderungen Stand. Es sind keine
Infektionen, die auf Einschmierung mit diesem
Stoff zurückgeführt werden könnten, vorgekommen.
Es reizt die Harnröhre nicht, macht die Instru-
mente ausserordentlich glatt und schlüpfrig; es ist
in Wasser löslich; es wirkt bei der Cystoskopie
nicht störend, da es sich alsbald in dem in der
Blase befindlichen Wasser löst, ohne die Klarheit
der Optik zu beeinträchtigen. Endlich kann es,
2U
VII. Chirurgie, Augen- und Okirenlieükunde.
in Zinntuben aufgehoben, ohne jede Vorbereitung
Verwendung finden. P. Wagner (Leipzig).
285. Lei flstole« de l^orfttre p*r oonttrio-
tion oiroulalre de la verge; par le Dr. Victor
Veau. (Arch. deM6d. des enf. p. 593. Oct. 1903.)
Im Anschlüsse an einen selbst beobachteten Fall
bespricht V. das Leiden, das häufig bei Kindern,
namentlich unter 10 Jahren, gefunden wird. Zur
ümschnürung werden Fftden, Haare, Ringe u. s. w.
benutzt; das peripherische Penisende schwillt an,
die Vorhaut wird stark Odemat^to und der um-
schnürende Körper kann in einer Falte der ge-
schwellten Haut verschwinden derart, dass sein
Vorhandensein gar nicht oder nur spät bemerkt
wird. Hittierweile treten ülceration der Haut,
ErOfifnung oder gänzliche Durchschneidung der
Urethra, endlich Durchsohneidung der Schwell-
kOrper auf.
Bezüglich der Behandlung ist hervorzuheben,
dass eine Radikalkur der Fistel vor gänzlichem Ver-
schwinden jedweder Entzündung nicht zu unter-
nehmen ist; hierüber kOnnen Monate vergehen.
Manchmal muss, wegen persistirenden Oedems des
Präputium, eine Phimosis- Operation vorgenommen
werden. Bestehende Strikturen müssen durch Bou-
girung erweitert werden. Im Allgemeinen ist V.
gegen Verweilsonden , da diese sich verstopfen,
inficirt werden, hinausfallen u. s. w. Bei partieller
Urethrorrhaphie soll mit Vorsicht sondirt werden,
bei totaler Urethrorrhaphie kann eine Verweilsonde,
trotz ihrer mannigfachen Nachtheile, schwer um-
gangen werden. In solchen Fällen ist das Anlegen
einer hypogastrischen OefFnung von Vortheil, die
nach Vernarbung der Operationwunde leicht ge-
schlossen werden kann.
Von den Operationen ist die DreikropkuUk am
vortheilhaftesten ; man l(tot die Ränder der Fistel
von der umgebenden Haut und den SchwellkOrpern
ab, frischt an und näht, während breite Hautlappen
mobil gemacht werden, um den Defekt zu über-
decken. Hauptsächlich muss darauf geachtet wer-
den, dass die Nähte nicht spannen und nicht ein-
schneiden; eine besondere Naht der Urethra ist
meist überfiüssig. Mehrere Zeichnungen erläutern
die von V. angegebene Lappenbildung.
ELToff (Braila).
286. Der Ureterenkatheteriemae in Ver-
bindang mit Methylenblau aar Featatellang
der Fanktionatüchtigkeit jeder Niere; von Dr.
P. Her esc u. (Spitalul. XXIIL 1. p. 1. 1903.)
Der iDteressante Fall, den H. in seiner EraDkenhaus-
abtheiluDg beobachten Iconnte, liefert einen weiteren Be-
weis für die Wichtigkeit der UreterensondiraDg, um den
Harn jeder Niere für sich gesondert aaffangen und
untersuchen za können. Die 42jähr. Pat litt seit etwa
8 Monaten an häufigem Harndrange, Schmerzen beim
Uriniren, dabei war der Harn blutig und eiterhaltig. Die
rechte Niere war gross, tiefstehend, ballotirend, etwas
empfindlich, während die linke Niere unfuhlbar war und
auch keine Schmerzen auf dieser Seite bestanden. Wäh-
lend also dieser Befund eher eine Erkrankung der rechten
Niere annehmen liees, zeigte die Sondirong der UratBiw
in Verbindung mit gleichzeitiger subcutaner Einspritnug
von 005 Methylenblau, dass diese voUkommen genmd
war, hingegen Tuherlndose der linken Niere bestind.
Der Harn der rechten Niere war normal, deijeoige der
linken zeigte verminderte Hamstoffmenge, viel fiwein
und Koch *8che Bacillen. Rechts erschien das Methylen-
blau im Harn nach 17t Stunden, während links nach
3Vt Stunden kaum eine leichte OrünArbung wahrzuneh-
men war. Da Pai ihre Einwilligung versagte, konnte
leider die Exstirpation der erkrankten Niere nicht aua-
geführt werden. E. T o f f (Braila).
287. Zar Symptomatologie der mereii-
veDenthromboae ; von Dr. H. Reesa (Arch. f.
klin. Med. LXXVIIL 5 n. 6. p. 588. 1903.)
Die Symptome der Nierenvenenthrombose sind
heute nooh wenig bekannt R theilt deshalb ans
der Baseler med. Uinik einen Fall mit (19jfthr.
Mftdohen), der auf dieses Gebiet ein ganz neues
Licht wirft und der zeigt, dass die Nierenvenen-
thrombose deutliche Symptome machen and eine
entschiedene klinische Bedeutung haben kann.
Bei einseiHger Nieienvmenthromboae stellt sich
das klinische Bild folgendermaassendar: Auftreten
von Schmerzen in der Nierengegend,, starke Alba-
minnrie, meistens auch Hämaturie, VergrOsaerang
der betroffenen Niere, vorübergehend Verminde-
rung der Harnmenge und Erhöhung des speciftschen
Gewichts, meistens Temperaturerhöhung. Im Falle
der Heilung verschwihden die Symptome allmSh-
lich, am längsten dauert die Albuminurie.
Bei doppelseitiger Thrambaee der Nurenotnen
tritt Anurie und Tod ein. Bei einseitiger Throm-
bose kann die gesunde Niere die Funkticm allein
übernehmen, so dasa später keine Störungen mehr
vorhanden sind. Bei langsamer AuBbildung des
Yenenverschlusses kOnnen sich die Collateralvenen
rechtzeitig entwickeln und die Cirkolatioa ver-
mitteln. Dadurch ist wohl die auffallende Tbat-
saohe erklärbar, dasa Nierensymptome bei Throm-
bose der y. Cava inf. fehlen kOnnen, anch wenn
die Thrombose in der Hohlader über die HOhe der
Einmündung der Nierenvenen hinaufgeht
Verschiedene Grundkrankheiten disponiren zu
Thrombosenbildung; in dem «Falle R*8 war die
Chlorose die primäre Erkrankung. In Besng auf
die Prognose kann man aus der Beobachtung ent-
nehmen, dass bei Chlorose selbst ausgedehnte
Thrombosen zur Heilung kommen kOnnen unddaas
die einseitige Nierenvenenthromboee trotz der an-
fänglich schweren Störungen an und für sich
quoad vitam eine günstige Prognose hat.
P. Wagner (Lieipsig).
288. Die ITephrektomie ; von Prof. Tema
Jonescu. (Revista de Chir. VH p. 193. 1903.)
J. hat seit 1897 dieee Operation 17mal aus-
geführt , 14 Heilungen und 3 TodeefUle an ver-
zeichnen gehabt Er zieht den tramperiUmänkm
Weg vor, da er damit die relativ geringste Sterb*
lichkeit hatte. Ausserdem muaa bei Benulanag
des lumbaren Schnittes fast immer drainirt
Vn« Chirurgie, Augen- und OhrenheiUninda
215
des, was oft die Heilung versOgertund langwierige
fisteln entstehen Usst Ferner erlaubt der trane-
peritonble Weg eine direkte Untersuchung der
loderen Niere; ee können selbst volnoatinOse Tumo-
ren leicht entfernt und ausgedehnte Adhftrenzen
gelöst werden.
Bei der hunbann Methode maoht J. einen lan-
gen Schnitt parallel zur 12. Rippe oder, falls diese
SD kort ist, Iftngs der 11. Rippe. Er giebt ein
Tiei besseres Lioht als alle anderen vertikalen oder
flohiefen Schnitte.
Zur Aasführung der parapetriUmäahn Nephr-
ektomie, die namentlich in Fftllen von üretero-
Yaginalfisteln angezeigt ist, führt man den Schnitt
rom Ende der 1 2. Rippe bis zur Mitte der Fallop'-
BDhen Arkade. Man lOet vorsichtig das Bauchfell
ab und gelangt in die Darmbeingrube und an den
Ureter. Ist eine lokale Wiederherstellung unmög-
lich, 80 wird letzterer nach oben hin verfolgt und
ammt der Niere entfernt
Bei WangpenUmäaler Nephrektomie wird der
Schnitt je nach den Bedürfnissen des Falles und
der OrOsse des zu entfernenden Tumor median,
hilb unter, halb über dem Nabel, oder lateral
liogs dem äusseren Rande des Rectus abdominalis
iQflgeffihrt Um einen Abschluss des Operation-
feides von der Peritonfialhüble zu erzielen, wird
Bach DorohtrcDnung des prärenalen Peritonaeum
oder besser gesagt des Peritonaeum latero-colicum,
das Colon von der vorderen Fläche der Niere ab-
gelöst, wodurch das Peritonaeum der hinteren
Abdominalwand auf eine grosse Ausdehnung gegen
die Wirbelsäule hin freigemacht wird. Dieses peri-
toniale Stück, enthaltend das Colon und dessen
OeOsse, wird gegen die abdominale Oelfnung ge-
hoben und hier mit Elemmzangen gehalten. Auf
dieselbe Weise wird der erste Theil des parietalen
Peritonaeum abgelüst, wodurch ein zweiter peri-
toiuUler Lappen gebildet wird, der ebenfalls in die
Biuchwunde gezogen und hier mit Zangen fest-
gehalten wird. Derart wird die renale Lage
gleichsam exteriorisirt und kann ein Ergiessen von
Btor ans der Niere in die Bauehhühle verhütet
Verden.
Die sehr interessante Arbeit enthält des Wei-
^eran die Krankengeschichten, die ausgeführten
Operationen, die makro- und mikroskopischen
uatomisch-pathologischen Befunde aller operirten
Knoken. B. Toff (Braila).
289. Die Nephrektomie; von Dr. Her esc u.
(Bevista de Ohir. VIL 2. p. 49. 1903.)
Damit eine Nephrektomie mit Aussicht auf
frfolg ausgeführt werden kann, muss die andere
Niere im Stande sein, die entfernte in ihrer Fnnk-
ti<ni zu ersetzen, llan muss daher vor Allem die
Fnnkt]ontü(^tigkeit der Nieren durch Oystoskopie,
Dreterenkatheterismus, Hamtheilung in der Blase,
Ketiijlenblaa- oder Flnorescinprobe und Kryoskopie
Bei einseitiger primitiver Niermtuberhdou ist
die Nierenexcision gerechtfertigt, einerseits weil
eine allgemeine Infektion des Körpers eintreten
kann und andererseits wegen der heftigen Schmer'
xen und der vorkommenden bedeutenden Eämai'
unen. Oft werden solche Erkrankungen mit Blasen-
aflSektionen verwechselt und lange vergeblich be-
handelt Dieses ist um so leichter müglich, als
oft, in Folge des von Ouyon beschriebenen reno-
vesikalen Reflexes, die Schmerzen nicht in der
Niere, sondern in der Bkue empfunden werden.
Bei bestehender tuberkulöser Kachexie ist die Ope-
ration zu unterlassen, da die geschwftchten Kranken
den EingriflT nicht überstehen.
Bei asepiiseher Hydronephrote soll eonservaHv
vorgegangen und wo mOglich der natQrliche Ab-
fluss des Harns wieder hergestellt werden. Bei
infißiriem InhaiU soll zunAchst die Nephrostomie
und dann die sekundftre Nephrektomie ausgeführt
werden.
Die Nephrektomie wegen Niermuteinm ist im
Allgemeinen verbotm, da die Krankheit meist
doppelseitig auftritt Bei aseptischen Steinen ist
die Nephrolithotomie vorzuziehen.
Bösartige Neubildungen geben für die Nephr-
ektomie eine gute Prognose, falls die Krankheit
frühzeitig erkannt wird. Es sind Fälle bekannt,
in denen das Leben durch die Entfernung einer
krebsigen Niere um 8 — 10 — 14 Jahre verlängert
wurde.
Für die Nephrektomie zieht H. den lumbaren
Weg vor, der den Vorzug hat, das Peritonaeum
unberührt zu lassen, ausserdem wird der Hohl-
raum viel leichter drainirt E. Toff (Braila).
290. Ueber Nephrektomie; von Dr.Herescu
in Bukarest (Spitalul. XXIIL 2. p. 52. 1903.)
H. hat zahlreiche Nierenoperationen ausgeführt
und fasst seine Erfahrungen in folgenden Schlüssen
zusammen : Bei Nierentuberkulose ist die Nephr-
ektomie angezeigt, wenn die Erkrankung einseitig
ist und der Allgemeinzustand es erlaubt Nephro-
stomie oder Abwarten sind vorzuziehen, wenn
der Allgemeinzustand ein schlechter ist oder aus-
gesprochene tuberkulöse Kachexie besteht
In Fällen von Pyonephrosis calculosa ist die
Nephrolithotomie die beste Operation ; nichtsdesto-
weniger kann man gezwungen sein, die Nephr-
ektomie auszuführen, wenn die Zahl der Steine
eine grosse ist, sie schwer zu entfernen sind, die
Nierensubstanz erheblich vermindert ist und man
die Oewissheit von der Funktiontüchtigkeit der
anderen Niere besitzt Der Ureterenkatheterismus
in Verbindung mit der subcutanen Anwendung
von Methylenblau geben hierbei eine Sicherheit,
die durch keine andere Methode erreicht werden
kann. E. Toff (Braila).
291. Die traneperitonäale Nephrektomie ;
von Dr. C. N. Theoharidi. (Inaug.-Diss. Buka-
rest 1903.)
216
Vn. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
Der günstigste Weg zur Entfernung der Niere
ist der transperitonäale. £r ist namentlich indicirt,
falls der Tumor gross ist und Adhärenzen mit den
Naohbarorganen bestehen, wie dies meist bei Hyda-
tideneysten der Fall ist. Ausserdem ist die trans-
peritonAale Operation von Vortheil, wenn die Dia-
gnose nicht sicher ist und man auch über den Zu-
stand der anderen Niere keine klare Vorstellung
hat. Ferner bei Hufeisenniere und bei abnormer
Entwickelung der Ureteren, wenn z. B. deren Yer-
einigung sehr hoch oben stattfindet und man
durch eine zu tiefe Unterbindung des Harnleiters
auch den Abfluss aus der gesunden Niere hem-
men würde. Der transperitonäale Weg führt am
schnellsten zum Hylus, ermöglicht dessen exakte
Präparirung und die Vornahme eines etwa nOthigen
Eingrififes, falls im Laufe der Operation die Nieren-
arterie, die Aorta oder die Cava angerissen oder
sonst beschädigt wurden. Ausserdem kann man
nur auf diesem Wege die Entfernung der Lymph-
drüsen bei malignen Tumoren vornehmen.
E. Toff (Braila).
292. Behandlung der Froatatahypertro-
phie mit perinäaler Prostatektomie; von Dr.
V 0 e 1 c k e r. (Arch. f. klin. Chir. LXXL 4. p. 100 1.
1903.)
Wie es nach den Literaturangaben scheint,
wurde in Deutschland die perinäale Prostatektomie
wegen Prostatahypertrophie zuerst von Czerny
1901 ausgeführt Das Resultat war so ermuthi-
gend, dass die Operation in geeigneten Fällen
wiederholt wurde. Im Ganzen verfügt die Heidel-
berger Klinik jetzt über 11 Fälle, die von V. mit-
getheilt werden.
Was die Indikationstellung zu dieser Operation
angeht, so wurden nur solche Fälle gewählt, in
denen die Eatheterbehandlung aus irgend welchen
Gründen, z. B. wegen schwerer Cystitis, häufiger
Blutungen, Incontinentia urinae, Schüttelfrösten,
Hodencomplikationen , Schwierigkeiten oder Un-
möglichkeiten des Eatheterismus u. s. w., nicht
durchgeführt werden konnte. Für die B o 1 1 i n i '-
sehe galvanokaustische Incision wurden im All-
gemeinen die kleineren, derben Formen der Pro-
statahypertrophie mit deutlichem Hindemisse für
den Katheter reservirt, während grosse, weiche,
leicht blutende Tumoren ohne schärferes Hinder-
niss für den Katheter von vornherein mehr für die
Prostatektomie geeignet scheinen. Besonders ge-
eignet scheint die perinäale Prostatektomie bei
dem gleichzeitigen Vorkommen von Prostatahyper-
trophie und Blasenstein.
Die Czerny 'sehen Kranken standen im Alter
von 62 — 80 Jahren, 2 von ihnen sind gestorben,
einer 10 Stunden nach der Operation an Herz-
schwäche [Narkosenwirkung?], der andere, bei
dem ein maligner Tumor vorlag, an Septikopyämie,
14 Tage nach der Operation. Von den übrigen
9 Pat. steht einer noch in Behandlung, von 8 Pat,
die im Alter von 62 — 80 Jahren stehen, sind 4
fistellos mit sehr guter Funktion und Gapaoität
der Blase geheilt, bei einem besteht eine kleine
ürinfistel nach dem Damme zu, die nur wenige
Tropfen im Tage entleert und wahrscheinlich sich
noch schliessen wird, bei 2 besteht eine dauernde
Communikation zwischen Rectum und Urethra,
wodurch die Patienten aber nicht sehr belftstigt
sind. Bei einem der Operirten hat sich nachtrSglioh
eine Verengerung an der Operationstelle ausgebil-
det, bei ihm war die Prostata in tote mitsammt der
Kapsel exstirpirt worden.
Bei der Operation selbst ist namentlich zweierlei
zu beachten : 1) muss man sich streng innerhalb
der sogen. Prostatakapsel halten und 2) muss man
eine quere Durchtrennung der HamrOhre vermä-
den. Der Defekt in Harnrühre und Blase wird
mit Catgutnähten verkleinert bis auf eine Lücke,
durch die ein dickes Gummirohr in die Blase ein-
gelegt wird. Die WundhOhle selbst wird durch
Tamponade offen behandelt Die perinäale Drai-
nage wird nach 6 — 8 Tagen entfernt, dann fBr
8 Tage ein Dauerkatheter eingelegt und in der
Folge durch regelmässiges Einführen dicker Instru-
mente das HarnrOhrenlumen modellirt
P. Wagner (Leipzig).
293. Ueber die TotalezBtirpatiOD derhyper-
trophiaohen Prostata; von Dr. 0. Zucker-
kand 1. (Wien. klin. Wchnschr. XVL 44. 1903.)
Z. theilt seine persönlichen Erfahrungen über
iniraeapstdäre Prosiatektomie mit Da nur Kranke
in den vorgeschrittensten Stadien desProatatiamas
zur Operation kamen, können die erzielten Resul-
tate immerhin als Maassstab für die Leistungs-
fähigkeit der Methode gelten.
Auf perinäalem Wege wurden 8 Kranke im Alter
von 62 — 74 Jahren operirt In allen Fällen war
die Noth wendigkeit der dauernden Anwendung des
Katheters die Indikation für den BingrifiE^ gleich-
gültig ob die Retention vollkommen oder unvoll-
kommen war. Die Endergebnisse der Operation
waren befriedigend ; alle Kranken haben nsch der
Prostatektomie die Fähigkeit der spontanen Harn-
entleerung, auch wenn sie seit 10 Jahren und
darüber erloschen war, wiedergewonnen, und iwar
in vollem Maasse.
Die IVostaUäomia suprapubiea, d. h. die Ent-
fernung der Prostata von der suprapubisoh erüff-
neten Blase aus, wurde in 2 Fällen vorgenommen.
Beide Fälle endeten lethal; Z. iat deshalb von
weiteren Versuchen abgestanden.
P. Wagner (Leipzig).
294. üeber die Ezoochleatio proatatae ; von
Prof. Riedel (Deutsche med. Wchnschr. XXOL
44. 1903.)
Nach R.'s Ansicht ist bei ProstatahyperCrophie
nur die Operation angezeigt, die, abgeeelien von
der Narkose, gar keine Oefahr Ar d«i Kimakea
herbeiführt, wenn sie auch nicht radikal iat xaA
Vn. Ohirorgie, Augen- und OhrenheOkunda
217
nicht vor Beoidiven schfltzt Qarantirt muss wer-
den, dass der Kranke Schlassffthigkeit der Blase
behftlt; wünschenswerth ist, dass seine HarnrOhre
nnrerletzt bleibt, damit keine dauernde Fistel am
Damme su Stande kommt Die besten Resultate
wird man natürlich bei solchen Kranken erzielen,
die noch keine stark geschwächte Blasenmuskulatur
haben.
Da die hypertrophirte Prostata am Lebenden
weich ist und sich leicht mit dem scharfen Löffel
entfernen Ifisst, so hat R bisher bei 5 Prostatikern
mBExeoehkaiioprosiatae vorgenommen in ähnlicher
Weise, wie dies schon frflher von Bydygier
geschehen ist Schwierig ist es besonders bei
groeaer Ph)stata, die Verletzung der Harnröhre zu
Tormeiden. Wird sie verletzt, so soll, die Blase
ohne Drainage behandelt werden. Die Blutung
inter ezoochleationem ist ausserordentlich gering.
Die Aassere Wunde wird offen gelassen.
P. Wagner (Leipzig).
205. Leaiona of the eye, which oocor in
the conrse of diaeaaea of thehearty theblood-
feaaelf and the kidneya; by Ch. St Bull.
(NewTork med. Beoord LXIV. 23. p. 881. 1903.)
B. stellt übersichtlich die Augenerkrankungen
xosammen, die im Verlaufe von Erkrankungen des
Henens, der Blutgefitese und der Nieren auftreten.
Wesentlich neue Thatsachen werden nicht vor-
gebracht Bergemann (Husum).
296. Bye leaions in haart and kidney
disease; by Francis Kinnicutt (New York
mei Beoord LXIV. 28. p. 884. 1903.)
In der Besprechung des vorstehenden Vortrages
erkennt E. im Wesentlichen die Darstellungen
BnlTs an; er ist jedoch anderer Auffassung über
die Prognose der Retinitis albuminurica. Bull
stellt sie quoad visum et vitam sehr ungünstig.
Vo& aeinen Kranken starben nach dem Auftreten
der Betinitis albuminurica 76^/o im ersten Jahre,
daTon 62^/o innerhalb der ersten 6 Monate. E.
tobt dag^n hervor, dass nicht selten bei albu-
Bünnrischer Betinitis die Veränderungen des Nie-
rengewebes weniger die Ursache sind, als allgemeine
Arteriosklerose. Er stellt die Prognose infaust nur,
wenn die Netzhautverftnderungen bei gleichzeitig
bestehender Nephritis und Arteriosklerose be-
obachtet werden. Besteht nur eines dieser beiden
Orandleiden , so ist quoad visum et vitam die
Prognose erheblich besser. Zur Bestätigung seiner
Aaf£u8ung fügt er 3 kurze Erankengeschichten
»na seiner Praxis an. Bergemann (Husum).
297. Ueber die Angenaymptome der mul-
tiplen fikleroaie; vonDr.Eampherstein. (Arch.
f. Angenhkde. XTiTX. 1. p. 41. 1904.)
E. berichtet über 87 neue Beobachtungen von
multipler Sklerose, von denen 32 aus der üht-
b off 'sehen, 5 aus der schlesischen Augenklinik
Med. Jahrbb. Bd. 28S. Hft 2.
(Dr. 0. Meyer) stammen. In 70% der Fälle be-
standen ophthalmoskopische Veränderungen : Imal
ausgesprochene Opticusatrophie , Imal Neuritis
optici ; atrophische Abblassung der ganzen Papille
2mal dopp^seitig, Imal einseitig; temporale Ab-
blassung beiderseits 8mal, einseitig Imal ; sektoren-
förmige Abblassung 2mal einseitig.
Die Mehrzahl der Eranken zeigte Qesichtfeld-
anomalien, vorzugsweise centrales Skotom, beson-
ders relatives. PupillenstOrungen wurden 4mal
beobachtet: 3mal Anisokorie, Imal bei gleicher
Pupillenweite träge Lichtreaktion der einen Seite
bei guter Reaktion der anderen. Augenmuskel-
paresen fanden sich bei 10*/o der Eranken, meistens
einfache einseitige Abduoenslähmung. Nystagmus
fand sich 80malKa81%, davon 26mal nystagmus-
artige Zuckungen in Endstellung; ausgesprochener
Nystagmus 4mal , davon 2mal auch in Primär-
stellung; in einem Falle war er nur zu erzielen
bei Bedecken des einen Auges, binocular nur bei
Fixiren in der Endstellung. Auffallend ist der
grosse Unterschied, den im Verhältniss zu anderen
Statistiken Alter und Qeschlecht der Eranken
zeigen.
Am Schlüsse giebt E. eine tabellarische Deber-
sicht über die sämmtlichen 160 Fälle, die jetzt aus
ühthoff's Beobachtungen vorhanden sind.
Bergemann (Husum).
298. Ueber Perioetitia nnd Oateomyelitla
dea Orbitaldaohea ; von Dr. v. Ammon. (Arch.
f. Augenhkde. XLIX. 1. p. 1. 1903.)
V. A. berichtet ausführlich über eine klinische
und anatomische Beobachtung von Osteomyelitis
des Orbitaldaches, die unter dem Bilde einer Phleg-
mone verlief und bis auf eine umschriebene In-
filtration abgeheilt zu sein schien. Nach 8 wöchigem
Wohlbefinden traten dann plötzlich Chehimerschei-
nungen auf. Bei der Sektion fanden sich ein Abscess
im Stimlappen, akute Leptomeningitis , Carlos
necrotica einzelner Stellen des Orbitaldaches. Die
Behandlung war unblutig gewesen, v. A. vertritt
jetzt den Standpunkt, dass die Fälle, in denen ein
Entzündungsherd im Orbitaldache oder in seiner
Nähe wahrscheinlich ist, frühzeitig chirurgisch in
Angriff zu nehmen seien. Er empfiehlt folgendes
Verfahren, das er bereits mit Erfolg einmal an-
gewendet hat: Schnitt in der Augenbrauenhohe bis
auf den Enochen, Abhebelung des Periostes mit
Raspatorium, bez. Elevatorium; wird ein be-
grenzter Herd nicht vorgefunden, dann bleibt das
Weitere unter Tamponade abzuwarten.
Bergemann (Husum).
299. üeberartlilolelleAiigenentiündangen;
von Dr. Herford. (SammL zwangl. Abhandi.
a. d. Geb. d. Augenhkde. V. 8. 1904.)
Neben der Fachliteratur dienten H. als Unter-
lage für die interessante Zusammenstellung Oe-
sundheitberichte der Marine und der preussischen,
28
218
Vn. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
bayrischen und sfichsischen Armee. Die Selbfit-
beechädiguDgen werden ausser bei Geistesgestörten
hauptsäohlioh bei Unfallverletzten und Militär-
pflichtigen beobachtet; sie kommen aber auch sonst
in jedem Alter und Beruf vor. Sie werden bewerk-
stelligt durch mechanische, chemische und ther-
mische Einwirkungen. Alle nur denkbaren Mittel
kommen zur Anwendung: Fingernigel, Holzstifte,
Nadeln, Raupenhaare, Aetzstoffe aller Art, mit Vor-
liebe Kalk, Eantbariden, Höllenstein, Sublimat u. A.
Eine bevorzugte Angriffstelle bieten wegen der
leichteren Zugänglichkeit die Hornhaut und die
Bindehaut der unteren Augenhälfte, vornehmlich
die untere üebergangsfalte; Verletzungen der tiefe-
ren Theile, z. B. der Linse, finden sich seltener.
Charakteristisch für die selbsterzeugten Entzün-
dungen ist ihr fast ausnahmelos einseitiges Vor-
kommen und Aufhören bei ausreichender üeber-
wachung. Zuweilen kann es recht schwer halten,
die Täuschung aufzudecken. Als beliebtes Versteck
für Eantbariden-Pflaster z. B. ist wiederholt der
Platz unter dem Nagel der grossen Zehe beobachtet
worden. Bergemann (Husum).
300. Astigmatismas der Hornhaat und
centrale Ohorioiditis der Myopen; von Dr. Senn.
(Arch. f. Augenhkde. XL VIII. 2. 3. p. 191. 213.
1903.)
S. hat bei seinen klinischen Beobachtungen die
Erftihrung gemacht, dass centrale Aderhauterkran-
kung bei Eurzsichtigkeit verhältnissmässig sehr
häufig vergesellschaftet ist mit Astigmatismus,
besonders höheren Grades, der Hornhaut Er
hat daraufhin die gesammten Krankengeschichten
seiner Praxis der letzten 8 Jahre geprüft und
in zahlreichen übersichtlichen Nebeneinanderstel-
lungen geordnet Er findet darin diese bisher
allgemein noch wenig gewürdigte Thatsaohe durch-
aus bestätigt, und zwar glaubt er nachweisen zu
können, dass der Homhautastigmatismus nicht
nur eine hervorragende selbständige Bedeutung für
die Entstehung der Hintergrunderkrankungen be-
sitzt, sondern auch wesentlich die Progression der
Eurzsichtigkeit begünstigt Als das beste Mittel
gegen diesen schädlichen Einfluss betrachtet er
neben den sonstigen hygieinischen und diätetischen
Maassnahmen die sorgfältigste Correktion des Astig-
matismus. Bergemann (Husum).
301. Klinisohes und Theoretisohea aar
Myopiefrage; von Dr. Heine. (Arch. f. Augen-
hkde. XLIX. 1. p. 14. 1903.)
H. unterzieht die mannigfachen Arbeiten, die
besonders in den letzten Jahren über das Wesen
und die Behandlung der Eurzsichtigkeit erschienen
sind, einer sachlichen Prüfung. Er kommt zu
etwa folgenden Schlüssen : Es giebt ganz verschie-
dene Formen der Eurzsichtigkeit, die sich vermuth-
lich in der Entstehung, sicher aber in ihrer Weiter-
entwickelung von einander trennen; es ist aber
ausgeschlossen, sie von vornherein klinisch genau
auseinander zu halten. Ein grosser Theii davon
ist bedingt durch Achsenverlängerung in Folge von
Dehnung der hinteren Bulbushüllen. Eine mangel-
hafte Anlage der Sklera ist vielfach nadigewiesen.
Entzündliche Veränderungen sind bisher nirgends
festgestellt; was man früher ophthalmoskopisch
so beurtheilte, wird nach den anatomischen Be-
funden jetzt als ein mechanischer, bez. degenera-
tiver Vorgang im Zusammenhang mit Zerreissongen
der Lamina elastica betrachtet Ob für das Eit-
stehen der Dehnung ein krankhaft gesteigerter
Binnendruck nüthig ist oder ob dazu schon die
mangelhafte Beschaffenheit der Augenhülien bei
physiologischem Druck genügt, ist heute noch
nicht zu entscheiden. Anomalien der äusseren
Augenmuskeln scheinen einen schädlichen Binfloss
auszuüben, die Accommodation sicher nidit. Die
Conusbildung ist eine Folge der ungleichmässigen
Dehnung der Bulbushüllen. Die beste Behandloog
der Eurzsichtigkeit besteht neben ausgiebiger Be-
rücksichtigung des üblichen diätetischen Verhaltens
in VoUcorrektion für Nähe und Feme von 3 D an;
1 — 2 D können für die Nähe unoorrigirt bleiben.
Die Qläsermitten sollen weiter von einander ent-
fernt stehen, als die Pupillenmitten bei Fempunkt-
einstellung. Von besonderem Werthe für die end-
gültige Beurtheilung derMjopiefrage würden nach
H. systematische Schuluntersuchungen sein, be-
sonders an höheren Lehranstalten. Der Einfluss
der Linsenentfernung ist nicht in Erwägung ge-
zogen. Bergemann (Husum).
302. On removal of the cryatalline lern in
high degrees of myopia, as illastrated iniixty
oaaea; by Simeon SnelL (Brit med. Joum.
Febr. 27. p. 486. 1904.)
Die Abhandlung beschränkt sich darauf, in
groben umrissen Sn.'s Standpunkt aur Myopie-
Operation darzustellen. S n. vermeidet die Primär-
extraktion ; er discidirt und läset nach etwa einer
Woche die gequollenen Linsenmassen durch einen
Lanzenschnitt austreten. Näheres über Indikation-
stellung und Endergebnisse wird nicht mitgetheilt
Bergemann (Husum).
303. Ueber die deflnitiven Brfolge der
Fhakolyae; von Dr. Qelpke. (Arch. f. Augen-
hkde. XLIX. 2. p. 123. 1904.)
G. berichtet ausführlich über 120 Augen, die
nach der Myopieoperation seit 2 — 9 Jahren unter
seiner Beobachtung stehen. Die Operationergeb-
nisse werden näher erörtert in ihrer Wirkung auf
das centrale und peripherische Sehen, auf die
sogen. Pseudoaocommodation, die Refraktion des
Oesammtauges, im Besonderen der Hornhaut, und
auf die spätere Refraktion, sowie auf die Hintsr-
gmndsveränderungen. Im Zusammenhang damit
werden gleichwerthige Zusammenstellungen aas
den Kliniken Sattler's, Pflüger's, v. Hip-
pe 1 's u. A. besprochen. O.'s IndikationstaUung,
Deutsch und Feistmantel, Impfstoffe und Sera. — Wenckebaoh, Arrhythmie. 219
Opentionverfahren und Beurtheilung der Compli>
kationen und Endergebnisse weichen in mancher
Hiosioht Ton Anderer Anschauungen ab. Den
inferessanten Einzelheiten vermag ein kurzer Aus-
sug niofat gerecht zu werden.
Bergemann (Husum).
304. Das kliniache Bild der asioolirteii
BUokl&hmuog and seine Bedeatang Ifir die
topisohe Diagnostik ; Ton Dr. Bielschowsky.
(Münchn. med. Wchnschr. L. 39. 1903.)
Im Anschluss an einen kurzen Auszug aus
der umfangreichen Literatur der associirten Blick-
lähmungen bespricht B. die wesentlichsten Merk-
male einer eigenen, sehr sorgfältigen, klinischen
Beobachtung ; im Zusammenhang damit erörtert er
Sitz und Mechanismus der Erkrankung. Seine von
bisherigen Auffassungen mannigfoch abweichenden
Schlussfolgerungen ergaben sich hauptsächlich auch
aus einem besonderen Untersuchungsverfahren. B.
empfiehlt vor Allem eine genaue Prüfung der
Erscheinungen bei passiver Drehung des Kopfes
und besondere Beobachtung der Pupillenbewegun-
gen. Bei sorgsamer Berücksichtigung aller ge-
gebenen klinischen üntersuchungsmittel dfirfte der
anatomische Befund mehr Aussicht haben, zum
Verständniss des interessanten Krankheitbildes bei-
zutragen als bisher. Bergemann (Husum).
C. BOcheranzeigen.
36. Die ImplBtoife and Sera. Qrundriss der
äiiologüehen Prophylaxe und Therapie der In-
fekHonskrankheiien. FlirAerxte,Thierärxieund
Skulirende; von L. Deutsch undC. Feist-
mantel. Leipzig 1903. Oeorg Thieme. 8.
285 S. (6 Mk.)
Der Zweck des Buches ist in erster Linie ein
pnktischer; es soll den Leser in eingehender
Weise mit den diagnostischen, prophylaktischen
mid therapeutischen Hülfsmitteln bekannt machen,
die durch die Bakteriologie erschlossen worden
Bind. Als Einleitung dient ein allgemeiner, 112 S.
umfassender Theil, der die Hauptsätze der moder-
nen Immunitätlehre behandelt Bei dem grossen
Um/ioge des Stoffes kann das nur in gedrängter
Kfirze geschehen, so dass sich dieser Theil des
Boches weniger für Anfänger eignet. Der specielle
Theil behandelt dann die einzelnen Krankheiten,
besonders ausführlich die Impfungen bei Lyssa,
Pest, Diphtherie, Tetanus, Typhus, Tuberkulose,
Rotz, das Antistreptokokkenserum , Milzbrand,
Schweinerothlauf, Binderpest und Rauschbrand,
sowie eine Anzahl weiterer, für die Praxis der
Sernmtherapie weniger wichtiger Krank hei ten. Die
»usffihrliche Behandlung aller Einzelheiten ist hier
Ton besonderem Werth, da sie den Praktiker nicht
allein in seinem Handeln unterstützt, sondern ihm
sach vielfache wissenschaftliche Anregungen giebt
und ihn am besten in die Theorie des schwierigen
Gebietes einführt. W o 1 1 e m a s (Solingen).
37. Die Arrhythmie ale Auedruck beetimmter
FnnktionMtörangen dee Henene. Eine
phfsiohgiaeh'kliniaehe Studie; von Dr. K. F.
Wenckebach. Leipzig 1903. Wüh. Engel-
mann. Or. 8. II u. 193 S. mit 7 Tafeln u.
20 Figuren im Text (11 Mk.)
Das Buch sucht einen neuen Orund zu legen
für die Pathologie und Therapie der Herzkrank-
heiten unter Anpassung an die moderne Herz-
physiologie. Diese wird dargestellt durch die
myogene Theorie der Herzthätigkeit , die eigent-
lich nicht mehr besagt, als dass der Herzmuskel
von anderer Art ist als der Skeletmuskel. Der
Herzmuskel ist ein rhythmisch automatisch thä-
tiger Muskel, der auch zur Reizleitung be^igt ist.
Die Ganglien, die in ihm enthalten sind, haben
Anderes zu thun, als die Thätigkeit für jede Systole
neu wachzurufen, es giebt kein excitomotorisches
und regulomotorisches Oangliensystem. Mit der
Kenntniss der principiellen Eigenschaften des Herz-
muskels (Brregbarkeitschwankungen während der
Thätigkeit, Marey's refraktärer Periode, Unfähig-
keit zum Tetanus, Bowditch's Gesetz der
maximalen Zuckungen, Erhaltung der physiolo-
gischen Reizperiode, Oaskeil und Engelmann)
lassen sich alle Thätigkeitäusserungen des aus
solchen Muskelzellen zusammengesetzten Organs
kritisch beherrschen und erklären. Die Theorie
ist also rationell, während die Oanglientheorie
lediglich analogisirt — eine Yerlegenheithypothese
ist Die Theorie reicht in ihren Anfängen weit
zurück, Ha 11 er nahm sie als selbstverständ-
lich, die ihm ja noch unbekannten Ganglien ver-
ursachten ihm keine Pein, Marey's und Bow-
ditch's Befunde weckten die Skepsis, die
dann, bei Qaskell ganz besonders zum Durch-
bruch kam. Engelmann, dem auch das vor-
liegende Buch gewidmet ist, ordnete Allee zur
regelrechten Theorie. Dass die myogene Theorie
auch in die allgemein biologischen Ideen der
Descendenzlehre und aufsteigenden Differenzirung
in der Thierreihe gut hineinpasst, sei nur nebenbei
erwähnt
220 Hofbauer, Semiologie und Diiferentialdiagiiose. — v. Criegern, Akute Bronchiektaflie.
Den Hauptraum des W.'schen Buches nimmt
die kritische Besprechung der einschlAgigen physio-
logischen Arbeiten ein, ein auch für den Physio-
logen äusserst dankenswerthes Beginnen. Es wer-
den vom besonderen pathologischen Standpunkte
behandelt die physiologisch möglichen Störungen
der Reizleitung, der Contraktilit&t, der Reizbarkeit,
der automatischen Reizerzeugung. Alle diese Ab-
schnitte sind auch von Bedeutung führ das Ver-
ständniss der normalen Physiologie, denn das
experimentelle Hülfsmittel- der Erforschung des
normalen Yerhaltens ist die wiUkflrlich erzeugte
Arrhythmie und das Studium ihrer Folgen (Methode
der Elztrasystole).
Ein weiteres Capitel ist der Kritik der kli-
nischen Typen der Arrhythmie, also der verschie-
denen Pulsformen, gewidmet; es wird versucht,
die beobachteten klinischen Erscheinungen auf
Orund der physiologischen Gesetze zu erklären.
Dabei stellt sich vor Allem heraus, dass der alt-
hergebrachte Name Pulsus bigeminus nunmehr
keinen Begriff mehr deckt. Ebenso werden die
zum Symptombild des Pulsus irregularis, inaequa-
lis, intermittens, deficiens, altemans, frequens und
rarus u. s. w. fflhrenden Zustandsänderungen des
Herzmuskels analysirt.
Es braucht wohl kaum gesagt werden, dass
das Buch eine erfreuliche Erscheinung ist und
durchaus geeignet erscheint, die Erkenntniss-
mehrung und den Fortschritt auf dem wichtigen
Gebiete anzubahnen. W. Straub (Leipzig).
38. Semiologie and Düferentialdiagnose der
vereohiedenen Arten von Karsathmigkeit
aafQrund der Athemcarve ; von Dr. Lud-
wigHofbauer. Jena 1 904. Gust Fischer.
Gr. 8. YI u. 150 S. mit 166 Curven im Text.
(8 Mk.)
Auf Grund sorgfältiger Aufnahmen von Athem-
curven bei verschiedenen die Respiration beein-
flussenden Erkrankungen, die durch 90 eingehend
geschilderte Erankenbeobachtungen erläutert sind,
kommt H. zu folgenden Schlössen : 1) Aetiologisch
verschiedene Fälle von Athemnoth bieten verschie-
dene, ätiologisch gleiche Fälle hingegen gleich-
sinnige Veränderungen der Athemcurve gegenüber
der Norm. Dadurch wird die stethographische
Untersuchung ein werthvoUes, diagnostisches Hülfs-
mittel, sicherlich gleichwerthig anderen klinischen
üntersuchungsmethoden. Die Form Veränderung der
Athemcurve bei Krankheiten bildet ein Symptom
von bedeutendem, bisweilen sogar aussschU^geben-
dem Werth. 2) Die verschiedenen Arten des Asthma
sind von einander zu trennen ; sie geben verschie-
dene Form der Athemcurve. Bei der Aufstellung
einer Theorie des asthmatischen Anfalles wird man
diese Trennung beachten müssen. 3) Die grosse
Athmung des Diabetikers darf mit der des Nephri-
tikers nicht zusammengeworfen werden ; sie ver-
laufen in verschiedenen Formen. 4) Die Athem-
curve bildet ein werthvoUes klinisches Lehrmittel
Die graphische Darstellung unterstützt nicht blos
das Gedäohtniss, sie lässt nicht blos Athmongs-
phänomene demonstriren, die ausserhalb der Yor-
lesungzeit zu Tage treten, sondern verfeinert auch
die Aufmerksamkeit des Hörers für Yeränderangea
der Athmungsform, so wie die Besichtigung der
Pulscurven ihn für die Betastung des Pulses vor-
bereitet Aufrecht (Magdeburg).
39. üeber akute Bronohiektasie and oasni-
•tische Stadien überBronohiektasieüber-
haapt, mit besonderer Berüoksiohtigiuig
der akaten Zustände bei derselben ; von
Dr. L. von Criegern in Leipzig. Leipzig
1903. Yeit & Co. Qr. 8. 142 S. mit 3 Taf.
(7 Mk. 50 Pf.)
V. Cr. versteht unter akuter Bronchiektasie ein
Erankheitbild, das anfangs sehr dem einer schwe-
reren lobftren Pneumonie ähnelt, sich von letzterer
aber dadurch unterscheidet, dass nicht das typische
rubiginöse Sputum beobachtet, vielmehr von vorn-
herein eiteriges Sputum producirt wird, dessen
Menge sehr bald enorm ansteigt Auch der spft-
tere Verlauf unterscheidet sich von der Lobär-
pneumonie: es tritt keine Krise ein, sondern,
indem allmählich die häufige Entleerung gerin-
gerer Mengen eiterigen Sputums in die seltenere
grosserer Mengen übergeht, entwickelt sich das
bekannte Erankheitbild der chronischen entzflnd-
liehen Bronchiektasie. Doch scheint dieser Aus-
gang nicht stationär bleiben zu müssen. Wenn
früh genug für genügenden Abfluss gesorgt wird,
kann Heilung eintreten.
Die Anamnese zahlreicher chronischer Brondii-
ektasiefälle lässt vermuthen, dass diese Bntstehungs-
weise gar nicht so selten ist Ein grosseres Mate-
rial (61) meist Jahre lang beobachteter FUle von
Bronchiektasie untersuchte v. Cr. daraufhin, ob
sich nicht unter den bei ihnen vorkommenden
akuten Zuständen solche finden, die den von
vornherein akut entstehenden BronchiektasieflÜlen
gleichen. Derartiges glaubt v. Cr. in der That
nachweisen zu kOnnen, und er hält es für erlaubt,
in gewissen Orenzen daraus auch Rückschlttese
auf die Pathogenese der akuten YUle zu machen.
Bezüglich der Entstehung der entzündlichen
Bronchiektasien überhaupt ist v. Cr. nicht von
der allgemeinen Richtigkeit der Cor rigan 'sehen
Anschauung überzeugt, wonach dem Zage einer
schrumpfenden Pleura die hauptsächliche Bedeu-
tung zukommen soll, sondern er schränkt sie auf
gewisse Fälle ein. Häufiger steht nach ihm die
Meinung Hof f mann 's zu Recht, derEnickungen
der Bronchialwand für die Anstauung des peri-
pherisch davon gelegenen Sekretes verantwortlich
macht Solche Knickungen kommen aber nicht
zu Stande bei intakter Elasticität der knorpeligen
und muskulären Bronchial wand , vielmehr moss
diese Eigensdiaft erst durch tiefgreifende Entzün-
tf uBgrave u. Glegg. — Jessner. — Levy-Dorn. — N^laton et OmbrMaDne. — Hofib. — Casper. 221
dang verloren gehen; zugleich liefert die mit einer
solchen Entzündung einhergehende Bronohoblen-
norrbOe die nOthige Menge von Sekret In dem
Zosammenwirken der beiden Prooeese erbliokt
T. Cr. die Örundbedingang für das Zustandekom-
men entzQndlicher Bronchiektasien überhaupt Be-
treffiB der Einzelheiten der Differentialdiagnose und
Therapie muss auf das Original verwiesen werden.
Noesske (Kiel).
40. TryiMinosoma and trypanosomiasla with
special refsrenoe to surra in the Philippine
Islaada; by W.KMusgrave andMosesT.
Gl egg. Manila 1903. Bureau of Public Prin-
ting. 8. 248 pp.
Der Bericht des Direktors des biologisohen
Laboratorium in Manila und seines Assistenten
enthält in überaus anschaulicher Beschreibung Alles,
WM bisher über diese Krankheit, die nächst der
Rinderpest die wichtigste in den tropischen Ländern
ist nnd der jährlich tausende von Thieren zum
Opfer fallen, bekannt ist Der Name Trypano-
miasis ist der Sammelname fQr alle die verschie-
denen Eiankheitformen bei den verschiedenen Thier-
arten, denen allen gemeinsam das Vorhandensein
des Trypanosoma im Blute ist Man sollte daher
alle verschiedenen Bezeichnungen, mit Ausnahme
rieUeicht von Surra, am besten ganz fallen lassen.
unter Beifügung von vielen Abbildungen wird
die Lebensgesohichte des Trypanosoma und seiner
einzelnen Abarten genau geschildert, ebenso Sym-
ptomatologie und pathologische Anatomie der da-
dnrch hervorgerufenen Thierkrankheiten. DieDeber-
tragnng auf die Thiere geschieht fast ausschliess-
lich durch wunde Hautstellen und den Biss und
Stich von Fliegen und Flühen. Der Schutz vor der
Krankheit kann nur in geeigneten Quarantäne-
maassregeln und Yemichtung derjenigen Thiere,
dieTräger des Trypanosoma sind, bestehen. Serum-
Miandlung zur Heilung und Prophylaxe ist er-
folglos. Auch alle anderen bisher versuchten
Methoden zur Heilung der Krankheit sind ohne
jeden Erfolg geblieben. J. M e y e r (Lübeck).
41. Die Syphilide (Syphäia der Baut und
SeUeirnkmU); von Dr. Jessner. 1. Theil:
Diagnose. [Dermatol. Yortr. für Praktiker.
Heft 11.] Würzburg 1904. A. Stuber's Verl.
(C. Kabitzsoh). 8. 74 S. (1 Mk. 20 Pf.)
In fliessender und klarer Darstellung behandelt
J- in diesem Hefte seiner bekannten Vorträge die
wichtige Frage der Syphilisdiagnose, wobei er ein-
leitend mit Recht betont, dass „die Ausbildung der
Aerzte heutzutage noch keine Gewähr für die ge-
nügende Kenntniss der Syphilis^' bietet, von diesem
Standpunkte ist auch die etwas zu pessimistische
Anfliassung J.'e von der Prognose der Lues ver-
ständlich. Die Darstellung der einzelnen Erschei-
nungsformen der Syphilis, soweit ihre Diagnose
und DifTerentialdiagnose in Frage kommt, ist für
den praktischen Zweck des Buches ausreichend
klar und erschüpfend. Da es sich in diesem Hefte
um das wichtigste Capitel aus der Dermatologie
handelt, dürfte damit Vielen ein willkommener
Dienst geleistet sein. B ä u m e r (Berlin).
42. Die Büntgenstrableii, ein Mittel snrBr-
kennnng und Heiliing von Krankheiten ;
von Dr.M.Levy-Dornin Berlin. Halle a. d. S.
1904. C. Marhold. 8. 18 S. (30 Pf.)
Das 3. Heft der „medicinischen Volksbücherei'^
enthält eine kurzgefasste , allgemeinverständliche
Beschreibung der Röntgenstrahlen und ihrer An-
wendung zur Erkennung und Heilung von Krank-
heiten. Für Laien ist diese Abhandlung sehr zu
empfehlen. P. W a g n e r (Leipzig).
43. La rhinoplaetie ; par leDr. Ch. N61aton
et Dr. L. Ombr6danne. Paris 1904.
a. Steinheil. Gr. 8. 438 pp. mit 891 Text-
abbildungen.
In diesem durch Druck und Abbildungen ganz
vorzüglich ausgestatteten Werke geben N. und 0.
eine eingehende Darstellung der Rhinoplaslik. Die
zahlreichen operativen Methoden, die für den
plastischen Nasenersatz angegeben worden sind,
werden je nach ihrem Werthe mehr oder weniger
genau besprochen, und, was den Hauptwerth des
Buches ausmacht, durch zahlreiche ausgezeichnete
Abbildungen erläutert P. W a g n e r (Leipzig).
44. Lehrbuch der Frakturen and Luxatio-
nen. Für Äerxte und Studirende; von Prof.
Dr. A. Hoffa. 4., vermehrte u. verbesserte
Auflage. Stuttgart 1904. Ferd. Enke. 8.
614 S. mit 664 Textabbildungen. (13 Mk.)
Das jetzt in 4. Auflage erschienene H.'sche
Lehrbuch bedarf keiner besonderen Empfehlung;
durch seine vortreffliche klare Darstellung hat es
sich schnell genug eingebürgert Seitdem die letzte
Auflage erschienen ist, hat die Lehre der Frakturen
und Luxationen durch die Einführung desBöntgen-
verfahrens und durch die Entwickelung der Unfall-
heilkunde in vielen Beziehungen grosse Fortschritte
gemacht AUe diese Fortschritte sind von H. natür-
lich eingehend berücksichtigt worden, so dass das
Buch auch diesmal wieder dem praktischen Arzte
ein zuverlässiger Führer auf diesem für ihn so
wichtigen Gebiete seiner Thätigkeit sein wird.
P. Wagner (Leipzig).
46. Lehrbnoh der Urologie mit Binachlass
der männlichen Sexaalerkrankungen; von
Dr. L. Casper in Berlin. 2. — 7. Lieferung
(Bogen 6 bis Sohluss). Berlin u. Wien 1903.
ürban & Schwarzenberg. Qr. 8. XI u. 616 S.
mit Abbild. (14 Mk.)
Yon dem C.'schen Werke, das jetzt vollständig
vorliegt, haben wir bereits früher die 1. Lieferung
kurz besprochen (s. Jahrbb. CCLXXIX. p. 106). Es
verdankt seine Entstehung dem Mangel an einem
Buche, das das gesammte Gebiet der Urologie in
222
Goldberg. — Gramer. — Erukenberg. — Menge.
übersichtlicher Form behandelt Die Urologie ist,
wie C. mit Recht hervorhebt, ein Zweig der Medicin,
bei dem wir es mehrfach im wahren Sinne des
Wortes mit einem Grenzgebiete zwischen dieser
und jener Disciplin zu thun haben. „Bald handelt
es sich um Krankheiten, die der Dermatologe, der
Gynäkologe, bald um solche, die der interne Medi-
ciner und der Chirurg als seine Domäne betrachtet."
C. fasst das Gebiet der Urologie weiter, als es
bisher geschehen ist. Er ist der Meinung, dass
z. B. eine völlige Beherrschung der sogenannten
inneren Nierenkrankheiten fflr den Urologen un-
entbehrlich ist. Sodann erfordern die Krankheiten
der Hoden, Nebenhoden und deren Umhüllungen,
femer die funktionellen Störungen des Sexual-
apparates eine Besprechung, weil diese Affektionen
zu denjenigen gehören, die dem Urologen bei Aus-
übung seiner Praxis häufig vorkommen.
Man kann sich mit dieser C.'schen Auffassung
der Ausdehnung des Gebietes der Urologie wohl
einverstanden erklären, nicht aber damit, dass er
in dem vorliegenden Lehrbuche der Urologie die
einzelnen Gebiete so ausserordentlich ungleich-
massig abhandelt, dass er z. B. den Krankheiten
der Niere, inneren und chirurgischen, 70 Seiten
widmet, die funktionellen Störungen des Sexual-
apparates aber auf 65 Seiten abhandelt. Die Nieren-
krankheiten sind hier entschieden viel zu kurz ge-
kommen; das ganze grosse Gebiet der Hydro-
nephrose wird auf 4 Druckseiten besprochen !
Dass C. sonst in seinem Buche ganz Ausge-
zeichnetes bringt, dafür bürgt sein Name und die
grosse Anzahl vortrefiflioher urologischer Arbeiten,
die wir ihm und seinen Schülern verdanken.
P. Wagner (Leipzig).
4 6. Die Verhütung der Harninfektion. Hand-
habung der Aaepsia und Antisepsia bei
der Behandlung der Hamkrankheiten ;
von Dr. B. G 0 1 d b e r g in Wildungen. Wies-
baden 1904. J.F.Bergmann. 8. 125 S. mit
30 Abbild, im Texte. (3 Mk.)
G., ein bekannter Specialarzt in Wildungen und
Cöln, hat den Versuch gemacht, aus den zahlreichen
neueren, experimentellen und klinischen Arbeiten
über Harninfektion die praktische Nutzanwendung
fQr Therapie und Prophylaxe zu ziehen. Denn
nicht nur für den Specialisten ist die Kenntniss
der urologischen Asepsis und Antisepsis unerläss-
lich. „In der Stunde der Gefahr ist es oft gerade
der „Universalist^* , der den ersten, den folgen-
schwersten Eingriff vorzunehmen hat. Ihm gerade
liegt es ob, in dem Augenblick zu handeln — man
denke an akute complete Retentionen, an bedroh-
liche Hämaturien — , in dem am ehesten die Harn-
infektion erfolgt. Und auf solche Fälle muss^a^^er
Arzt vorbereitet sein; es giebt aber dafür kein
besseres Rüstzeug, als eine gefestigte Kenntniss
der Grundlagen der urologischen Antisepsis. Nur
ßine lückenlose Antisepsis kann hier den Kranken
vor Siechthum und Tod, den. Arzt vor schweren
Vorwürfen bewahren.^'
Das Buch zerfällt in einen allgemeinen Theä, in
dem das Wesen der Harninfektion, die Erreger der
Harninfektion, die obligatorischen und die fakulta-
tiven Maassnahmen der Harninfektion besprochen
werden. Der speeieüe Theü enthält Capitel über die
Verhütung der Harninfektion bei den eizelnen Ein-
griffen, über die Verhütung der Ausbreitung der
Harninfektion und über die Verhütung der Harn-
infektion bei den einzelnen Krankheiten. Das
empfehlenswerthe Buch würde durch eine knappere
Fassung entschieden noch gewinnen.
P. Wagner (Leipzig).
47. Milit&risohe und freiwillige Kranken-
pflege in ihren gegenseitigen fiesiehimgen
unter besonderer Berüokeioiitigang doi
neuen Theils VI (vom 18. Deo. 1902) der
Kriegs- Sanitfltaordnung; von Dr. Herrn.
C r a m e r. Stuttgart 1 904. Ferd. Enke. 8.
40 S. (1 Mk. 20 Pf.)
In klarer gedrängter Darstellung bespricht Cr.
die militärische und die freiwillige Krankenpflege
in ihren gegenseitigen Beziehungen ; er heht dabei
ganz besonders die grossen Vorzüge der freiwilligen
Krankenpflege hervor, die sich ergftnsend in das
Gefüge der Militärsanität einfügt „Durch rege
moralische oder noch- besser thätige Dnterstützong
unserer mit dem Heere -innig verbundenen frei-
willigen Krankenpflege arbeitet man mit an einer
grossen vaterländischen Aufgabe."
P. W a g n e r (Leipzig).
48. Die Samariterin« Ein Baihgeber bei Dn-
glückaßUen und Krankheiten im Bauee; von
Dr. H. Krukenberg. Stuttgart 1904
Ferd. Enke. 8. 167 S. mit 88 Textabbil-
dungen. (3 Mk. 20 Pf.)
Wiederum ein neues Buch über Krankenpflege,
aber ein Buch, das sehr geschickt abgefasst ist und
nicht zu viel und nicht zu wenig bietet DasBüdi-
lein kann in der That ein Rathgeber bei Unglfloks-
fällen und Krankheiten im Hause sein, „um da,
wo eine vollständig geschulte Pfl^e nicht ror-
handen, oder wo sie sich mit der häuslidien Pflege
theilen muss, einen Anhalt zu geben für das, was
zu thun und zu lassen ist, um Verständniss zu
wecken für das, was dem Kranken noth thot, für
die Mühen und Sorgen des Arttes und fQr die
hohen und schweren Aufgaben des Pflegerinnen-
berufes'*. P. Wagner (Leipzig).
49. Ueber die Einwirkung einengender IQfli-
düng auf die Unterleibaorgane besonderi
die Fortpflaniungaorgane dea Weibes;
von Prof. Dr. Menge in Leipzig. Leipzig
1904. Georg Thieme. 8. 19 S. (80 Pt)
In diesem Vortrage erörtert M. ausfOhrlich,
dass „durch die einengende Kleidung, spedell
durch das Schnürcdrset, bei jungen Mädchen tot
Thiemioh. — Stoeltzner. — Marfan. — Hagenbach-Burokhardt — Liebmann.
223
und in der Entwickelungszeit, femer bei dem ge-
schleohtreifen Weibe in- und ausserhalb der
SchwiDgerschaft Bau, Lage und Funktionen der
Doterleibsorgane, besonders des Fortpflansungs-
apparates, mehr oder weniger schwer krankhaft
rerftndert werden*' kOnnen. Er fordert Abhülfe
durch Beseitigung der unzweokmftssigen Kleidung.
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
50. üeber die Bntaoheiduiig der StiUf&hIg-
keit nnd die theilweiie Muttermiloh-
emahroDg; von Dr. Martin Thiemich
in Breslau. Breslau 1904. Preuss & Jflnger.
8. 16 S. (30 Pf.)
Th. wendet sich mit dieser kleinen Schrift
direkt an die Mütter und ermahnt diese, niemals
auf das Stillen zu verzichten, weil der Erfolg un-
sicher und vielleicht nur von kurzer Dauer sei.
Bei nicht ausreichender 'Milchmenge ist die theil-
weise Muttermilchernfthrung der ausschlies8licl^
kflnstlichen Ernährung für die ersten Lebens-
wochen entschieden vorzuziehen. Als Beikost em-
pfiehlt Th. nur verdünnte und mit Milchzucker
rersetzte frische, kurz gekochte Kuh- und Ziegen-
milch. Er verwirft alle fabrikmftssig hergestellten
Prftparata
Th.'s Worte kOnnen an der Stelle, für die sie
bestimmt sind, nur Nutzen stiften.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
51. Pathologie and Therapie der Rhaohitia ;
von Dr. Wilhelm Stoeltzner in Berlin.
Berlin 1904. S. Karger. Qr. 8. 176 S. mit
3 Tafeln. (4 Mk.)
Der durch seine Untersuchungen über die
Histologie und Behandlung der Rhachitis rühmlich
bekannte Vf. hat in der vorliegenden Monographie
eine gründliche, ausführliche Darstellung alles
dessen gegeben, was wir über die hftufige, in ihrem
Wesen noch immer nicht klar erkannte Krankheit
wissen. Er stützt sich dabei auf eine fleissige
Verarbeitung der umfangreichen, am Schlüsse zu-
sammengestellten Literatur, die in der Hauptsache
bis zum Jahre 1896 berücksichtigt wurde, auf die
ttgene, an einem grossen Materiale gewonnene
Bohrung, sowie auf die werthvoUen, oben er-
wähnten, selbständigen Studien. Besonders inter-
essant nnd anregend sind diejenigen Capitel, die
^on der pathologischen Anatomie, sowie von der
Aetiologie und Pathogenese handeln. Wer sich in
Zukunft mit der Rhachitis ernsthaft beschäftigen
will, wird an der schönen Arbeit nicht vorüber-
gehen dürfen. Brückner (Dresden).
52. Handbuch der 8&aglingaemährang nnd
der Bmähmng im frühen Kindeaalter;
von Prof. A. B. M a r f a n. (Von der Akademie
der Wissenschaften preisgekröntes Werk.) Nach
der 2. Auflage des französischen Originals über-
setzt und mit Anmerkungen versehen von Dr.
Rudolf Fischl in Prag. Leipzfg u. Wien
1904. Franz Deuticke. Qr.8. 465 S. (12 Mk.)
Die deutschen Aerzte mögen es Fischl auf-
richtig Dank wissen, dass er ihnen das vorzügliche
Werk des französischen Pädiaters in einer muster-
haften Uebersetzung leicht zugänglich gemacht hat.
Auf den Inhalt im Einzelnen einzugehen, erscheint
nicht wohl angängig. Das Buch umfasst in seltener
Vollständigkeit alles, was in theoretischer und
praktischer Hinsicht bei der Ernährung der Säug-
linge und der dem Säuglingsalter nahe stehenden
Kinder in Betracht kommt, und wird von Fischl
in einer Reihe sehr treffender und werthvoller
Anmerkungen ergänzt Bei der nicht genug zu
betonenden Wichtigkeit des erschöpfend behandel-
ten Gegenstandes und der in der täglichen Praxis
leider noch recht oft zu Tage tretenden unzuläng-
lichen Vertrautheit mit demselben von Seiten einer
recht grossen Anzahl von Aerzten kann man dem
Buche aus vollster Ueberzeugung die weiteste Ver-
breitung wünschen. Brückner (Dresden).
53. lieber die hänaliche Pflege des kranken
Kindea. Vortrag, gehalten im Samariterinnen-
Curs; von Prof. Ed. Hagenbach- Burck-
hardt. Basel 1903. Benno Schwabe. 8.
39 S. (65 Pf.)
Die kleine Schrift lässt so Manches vermissen,
was man nach ihrem Titel erwarten könnte. Oleich-
wohl bietet sie auf der anderen Seite so viele
hübsche und wissenswerthe Dinge über den Um-
gang mit den Kindern, über zu bekämpfende Vor-
urtheile und allgemein verbreitete Unsitten, dass
ihre Lektüre bildungsfähigen Müttern und Pflege-
rinnen empfohlen werden kann.
Brückner (Dresden).
54. Stotternde Kinder; von A. Liebmann.
Berlin 1903. Reuther & Reichard. Qr. 8.
96 S. (2 Mk. 40 Pf.)
Das Stottern beginnt nach L. mit einer Ueber-
treibung des oonsonantischen Elementes der Sprache,
die in einer zu langen Dauer (tonisches Stottern)
oder in einer mehrmaligen Wiederholung (kloni-
sches Stottern) besteht und auf Orund einer ererb-
ten oder erworbenen nervösen Disposition durch
verschiedene Schädlichkeiten hervorgerufen wird.
Anfangs finden nur unwillkürliche incoordinirte
Sprachbewegungen statt, durch das verkehrte Ver-
halten der Umgebung kommt dann die Angst vor
dem Sprechen hinzu, die das Uebel bedeutend ver-
schlimmert, unsachgemässe Verordnungen haben
zur Folge, dass sich zu den unwillkürlichen auch
noch willkürliche falsche Athmungs- und Sprech-
bewegungen gesellen. Die Stärke desUebels wech-
selt ausserordentlich und wird vor Allem durch
psychische Momente beeinflusst. Die Behandlung
muss vorwiegend eine psychische sein ; es kommt
darauf an, die Schädigungen von Seiten der Um-
gebung zu verhindern und durch ein ruhiges, wohl-
224
Eoeppen. — Dübren« — Loygae.
wollendes, aufmunterndes Verhalten die stotternden
Kinder zu ermuthigen. Die Einzelheiten und even-
tuellen Modifikationen der Behandlung des Stottems
und seiner Complikationen mit anderen Sprach-
störungen werden durch eine Gasuistik von 16 Fftllen
erl&utert Woltemas (Solingen).
55. Sammlung Ton geriohtUohon Qataohten
aus der pByohiatrisohen Klinik der König-
liohen Oharite au Berlin; herausgegeben
von Prof. Dr. M. Koeppen. Mit einem
Vorworte von Oeb.-R JoUy. Berlin 1904.
8. Karger. Gr. 8. VUI u. 546 S. (15 Mk.)
Von den 46 Gutachten der vorliegenden Samm-
lung sind 3 von Prof. Westphal, die übrigen
vom Herausgeber erstattet forden, sie betreifen
Personen, die zu ihrer Begutachtung im Straf-
verfahren der Charit6 überwiesen worden waren,
und beziehen sich sämmtlich auf fragliche Zurech-
nuDgsfUiigkeit Nach den Krankheitformen be-
treffen 11 F&lle Schwachsinn, 5 Epilepsie, 8 Para-
noia, 3 Lues cerebri, 3 Degenerirte, 8 sexuelle
Perversität, 4 pathologische Lügner, 1 Alkoholis-
mus, 1 Puerperalpsychose und 2 Diagnosis incerta.
Die Delikte sind Diebstahl, Betrug^ Unterschlagung,
Urkundenfälschung, Sittlichkeitvergehen, Kuppelei,
Beleidigung, Bedrohung, Körperverletzung, Mord
und Brandstiftung. Zum Theil handelt es sich
um höchst merkwürdige Sachen, die interessanter
sind als die meisten Romane. Für Aerzte, die
selbst Gutachterthätigkeit ausüben, ist eine der-
artige, gut beobachtete und zum Theil sehr schwie-
rige Fälle umfassende Sammlung von grossem
Wertha Woltemas (Solingen).
56. Veae Forsohangen über den Ifarquia
de Sade und aeine Zeit; von Dr. Eugen
D Uhren. Berlin 1904. M. Harrwitz 8.
488 S. (10 Mk.)
Im 1. Theile des Buches (272 Seiten) wird die
Pariser Huren wirthschaft im 18. Jahrhundert ge-
schildert Der 2. Theil ist dem Marquis de Sade
gewidmet, und zwar wird besonders über ein neu
aufgefundenes Manuscript dieses Oraphomanen
„Die 120 Tage von Sodom'' berichtet In den
120 Tagen hat de Sade in Bomanform alle mög-
lichen geschlechtlichen Ungeheuerlichkeiten schil-
dern wollen, es ist aber nur ein Theil fertig ge-
worden, in dem die verhältnissmässig harmlosen
Abweichungen beschrieben werden, de Sade sei
demnach ein Vorläufer Krafft-Bbing's und
ein wissenschaftlicher Schriftsteller. Dabei ist
freilich zu bedenken, dass de Sade schreibt, um
geschlechtliche Erregung hervorzurufen und duB
seine Schreiberei im Gefängnisse ihm ein Ersats
für körperliche Ausschweifungen war. Man über-
schätzt leicht das, dem man viel Mühe gewidmet
hat, und es scheint, dass der Vf. seinen Marqais
zu ernst nehme. Er wehrt sich dagegen, daae
man ihn einen (Geisteskranken nenne und be-
zeichnet ihn als „Neurastheniker*^ Das wider
wärtige Wort ist gerade hier nicht angebracht,
denn bei de Sade war von Nervenschwäche gar
keine Bede. Er war ein Entarteter mit über-
mässiger geschlechtlicher Reizbarkeit und verbre-
cherischen Neigungen, nicht im gesellschaftUehen,
wohl aber im wissenschaftlichen Sinne ein Geistes-
kranker. Mübius.
57. Binde medioo-phyaiologique surDoato-
jewaky; par P.-G. Loygue. Thtee de
Lyon 1903. 8. 185 pp.
Dass Dostojewsky ein Entarteter war und an
Epilepsie gelitten hat, das ergiebt ein Blick auf
sein Leben und in die schwüle Atmosphäre Beiner
Bücher. Der Vf. schildert Dostojewsky's Zustand
ausführlich, und es ist bemerkenswerth, dass er bei
Besprechung der geistigen Person nicht mit den
Eintheilungen der Schulpsychologie auskommt,
vielmehr Abschnitte macht, die (ohne dass er es
weiss) recht an die b^^se Phrenologie erinnern: Ge-
schlechtstrieb, Lebenstrieb, Neugier, Eitelkeit, Stolz,
Freundschaft, Familiensinn, Patriotismus u. s. w.
Am interessantesten sind die psychiatrischen
Leistungen Dostojewsky's, denn er hat in der
That zu einer Zeit, als die officielle Psychiatrie
noch nicht daran dachte, die Verbrecher und die
Instablen vortrefflich besdirieben. Doch dürfte
das nicht gerade als eine Leistung des „Geniest
anzusehen sein. Dostojewsky's eigene Krankhaftig-
keit und sein eigenthümliches Lebenssdiicksal in
Verbindung mit seiner Gabe der Menschenbeobaoh-
tung erklären seine Leistungen. Es sind messt
Skizzen nach der Natur. Da, wo Dostojewsky
nicht nadi der Natur arbeitet, wird das Ergebnias
zweifelhaft Man kann z. B. zwar nicht aagen,
dass der vielbewunderte Baskolnikoff eine onmOg-
liche Figur sei, denn was ist nicht alles mOglioh?
aber man sollte zugeben, dass er (ebenso wie
Hamlet) zusammenphantasirt ist Die EMrtemngen
des Vfs. über die Beziehungen zwischen Genie und
Krankheit, die auf den Ansichten „der Schale von
Lyon'' beruhen, sind recht schwach. M 0 b i a a.
Für dio Redaktion veraatwortlich : Dr. P. J. M5Mm in Lelpsi«. — Verloff von 8. Wnel in LelpB%»
Druck Ton W«lt«r Wlfwi in UIrcI«,
JaßtrBucßet
der
i»f ttnb ausfSätt^ifcpen %<t\<mmhn QUe^icin.
B<L 282.
1904.
Hefta
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Neuere Beiträge zur Nierenchirurgie. ^)
ZusammeDgestellt von
Dr. Paul Wagner
in Leipzig.
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ü 1 1 m a n n (203) hat an Hunden eocperimenieüe
NiererUranaplarUatumm ausgeführt, und zwar hat
er die Niere in toto transplantirt , zuerst in die
Inguinalgegend, bei späteren Versuchen in die Hals-
gegend, weil sich die Thiere hier nicht lecken
können und so ana ehesten eine Verunreinigung
der Wunde vermieden wird. Die Experimente
gelangen vollkommen, da nicht nur die Lebens-
fähigkeit der transplantirten Niere, sondern auch
ihre physiologische Funktion erhalten blieb. Weitere
Versuche werden zeigen, ob es gelingt, die Niere
von einem Hund auf den anderen zu transplantiren,
femer, ob es gelingt, die Niere von einer Thier-
species auf eine andere Thierspecies mit Erhaltung
ihrer physiologischen Funktion zu übertragen, was
ja wenig wahrscheinlich ist ; endlich ob die trans-
plantirten Nieren im Stande sind, die ganze Ent-
giftung des Blutes zu übernehmen, d. h., ob die
Thiere am Leben bleiben, wenn ihnen die eigenen
Nieren entfernt werden und die transplantirte die
allein funktionirende bleibt
Ueber die Nephrotomie und ihre Folgen hat
Langemak(187) experimentelle Untersuchungen
angestellt. In der Annahme einer relativen Un-
geffthrlichkeit wurde, nachdem Tuf fier den Sek-
tionschnitt für die Oefifnung der Niere angegeben
hatte, die Nephrotomie nicht nur zur Entfernung
von Nierensteinen, sondern auch zu diagnostischen
Zwecken häufig ausgeführt. Erst in neuerer Zeit
erhoben sich Stimmen, die vor der zu häufigen
Anwendung der Nierenspaltung zu diagnostischen
Zwecken warnten. Bei der immerhin geringen
Zahl von Beobachtungen, die über die Wirkung der
Nephrotomie Aufschluss zu geben geeignet waren,
und bei der noch immer sehr verschiedenen Auf-
fassung, die die Autoren von der Schwere des Ein-
griffes hatten, schien es L. von Interesse, die Wir-
kung des Nierenschnittes auf experimenteUem Wege
lu Studiren.
L. hat deshalb bei 75 Kaninchen die linke
Niere durch einen, Rinde und Marl^ vom und
hinten trefi'enden Schnitt in der Mitte in querer
Richtung durchtrennt, die Schnittflächen sofort
wieder durch Catgutnähte adaptirt und das Organ
versenkt Die Thiere wurden zu verschiedenen
Zeiten getOdtet (Vi Stunde bis 212 Tage post
operbt) und es ergab sich als Folge dee Schnittes
regelmässig eine Infarktbildung, deren (hOsse dar
verletzten Arterie entsprach. Bei 3 weiteren Thie-
ren wurde die Niere durch den Sektionschnitt ge-
spalten ; es fanden sich ganz dieselben Verinde-
rungen, wie bei dem quer zur Längsachse geführten
Schnitt, nur mit dem Unterschied, daas eine der
Länge des Schnittes entsprechende grössere Aus-
dehnung der Infarktbildung hervorgerufen warde.
„Aus diesem BesuUai geht hervor, dass bei genügender
Tiefe jeder an beliebiger Stelle in die Niere, gleidt-
gültig in weikher Riehiung, geführte S^nüt einen
Infarkt erzeugt, dessen Grösse der der durchtremiten
Arterie entspricht/*
Unterliegt es also keinem Zweifel, dass die
Infarktbildung lediglich Schnittwirkung war, so
geht andererseits daraus hervor, dass die Wund-
heilung in der Niere mit dem Schicksal des In-
farktes in innigstem Zusammenhange steht Bei
der Nephrotomie ist nicht nur die Vermeidung
jeder stärkeren Blutung, sondern auch die mög-
lichst sorgfältige Entfernung des in das Nieren-
becken geflossenen Blutes anzuempfehlen, da die
Blutcoagula die Anlage zu Steinen bilden können.
Die Heilung einer Nierenwunde ist nie durdi un-
mittelbare Narbenbildung in dem Sinne einer Weioh-
theilswunde möglich ; die Narbe kommt erst nach
Resorption des durch die Schnittwunde verursach-
ten Infarktes zu Stande. Die Grösse der Narbe
entspricht nicht der Grösse des durch den Sdinitt
ausgefallenen Nierenparenchyms, sondern der Aus-
fall an Drüsengewebe ist ein viel grösserer. Das
Bindegewebe ist an der Resorption des Nekrotischen
unbetheiligt Das durch Nekrose ausgefallene Par-
enchym geht dauernd verloren ; excidirtes Gewebe
wird nicht ersetzt Jedenfalls geht aus den Unter-
suchungen L.'8 hervor, „dass die Nq^oiamie kein
harmloser Eingriff ist".
Langemak (189) spricht femer OberdieWir-
hang der Nephrotomie nach Nephrektomie. In der
Literatur ist eine Reihe von Fällen verzeichnet, in
denen die Nephrotomie an beiden Nieren mü Aue-
gang in völlige Heilung gemacht wurde. Die grössere
Mehrzahl dieser Kranken erlag allerdings früher
oder später, nämlich dann, wenn andere Krank-
heiten als Steinnieren vorlagen, der Operation.
Fernerhin finden sich in der Literatur ina Ganzen
wohl 16 Fälle« in denen die Ezetirpation dar einen
Niere der Nephrotomie folgte oder vorausging.
L. berichtet nun über Versuche an Kaninchen,
bei denen er die rechte Niere exstirpirte, die linke
spaltete und wieder vernähte. Das Ergebniss dieser
Versuche ist, dass die mit Nierenexstirpation ver-
bundene Nephrotomie ein sehr schwerer EÜngrüF
ist , der beim Menschen um so schwerere Folgen
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenchirurgiei
227
bat, als es sich in den meisten Fällen nicht wie
bei den Tbierversuchen um gesunde, sondern um
kranke Nieren handelt Die Operation wird in
vereinzelten Fällen statthaft sein, weil sie überlebt
werden kann. Jedenfalls empfiehlt es sich, erst
die Nephrotomie der einen Seite vorzunehmen und
dann die Nephrektomie der anderen, weil nach den
Untersuchungen Fiori's dieser Eingriff besser
ertragen wird, als wenn man den umgekehrten
Modus wählt
Anoh Barth (173) theilt eine neue Beobach-
tiiDgmit, die beweist, dass die diagnosiiseke Meren-
Spaltung niM immer ein ungeßkrlieher Eingriff ist.
Bei einem 43j9hr., fettleibigen Herrn wurde wegen
diiogenden Verdachtes auf Stein die rechte Niere hei"
^Icgt und gespalten. Ee fand sich aber weder in der
Niere, noch im Ureter ein Stein, sondern es handelte sieh,
wie die mikroskopische Untersuchung eines excidirten
Biodeostückes ergab, um schwere interstitielle Nephritis.
Naht der Niere und Reposition. 20 Tage später Erschei-
DODgeD einer schweren Lungenembolie. Bei einer Revision
der Wunde fand sich der untere Pol der Niere gangrfinös;
Eistirpation der Niere ; Heilung, Andere Niere ebenfalls
krank. B. führt die folgenschwere Oangrfin des unteren
Poles der gespaltenen Niere auf eine unläabeichtigte Oe-
ftss7er)etznng zurück, möglicher Weise in Folge von
Gefüssanomalien.
Jedenfalls ist die Indikation xmt diagnostischen
NiarenspaUung einxusehränken ; namentlich genügt
bei „Nephralgien^^ die blosse Aushülsung des
Organs.
In einem Vortrage über Nierenveränderungen
noA Nephrotomie hatSimmonds (201) eine Niere
demonstrirt, an der Tor 2 Jahren die Nephrotomie
gemacht worden war. Der Efifekt der Nephrotomie
var in diesem Falle völlig auf die Schnittfifiche
beschrfinkt geblieben; irgendwie nennenswerthe
Veränderungen des übrigen Parenehyms waren
fiiobt verursacht worden.
Fiori (182) hat seine schon früher erhobenen
Untersuchungen über den Einfluss der einseitigen^
^^ierenaussehaUung auf die gesunde Niere durch
veitere Experimente bestätigt gefunden. Nach
totaler Entfernung einer Niere findet man schon
Mb in der anderen gewisse Vorgänge, die auf eine
Schädigung deuten : fimktionelle Albuminurie, ver-
Biinderte Sekretion, Hämaturie, Verminderung des
HaroBtofifs ; histologisch Hyperämie , Blutungen,
Zellendegeneration und Karyolysen. Diese Er-
scheinungen nehmen allmählich ab, und es folgt
eine Hyperplasie des Organs, wahrscheinlich mehr
durch VergrOsserung als durch Vermehrung der
prtaistirenden Elemente. Nach Unterbindung
eioes Harnleiters sind die funktionellen Erschei-
finngen heftig, nach der Nephrektomie weniger
stark, neigen rascher zum Verschwinden. F. glaubt,
dass die anfängliche Hyperämie zu einer Deber-
ftlhing und dann zu einer Stockung in den Venen
f&hrt und dadurch zur Verminderung der Urin-
sekretion in Beziehung steht. Es ist auch mög-
lich, dass in der zurückgebliebenen Niere sich ab-
Borme Produkte des Zellenzerfalles bilden, dass die
interne Sekretion der Niere, an die auch F. glaubt,
ungenügend und besonders bei der Harnleiter-
unterbindung durch die grossere Menge cirku-
lirenden Qiftes neutralisirt wird, während bei
Nephrektomie die Compensation rascher eintritt
Eine neuere eingehende Bearbeitung der par-
tiellen Nephrektomie verdanken wir deRouville
und Soubeyran (199). Sie haben 32 Fälle von
partieller Nephrektomie zusammengestellt ; die Ur-
sache zur Operation gab dmal eine nicht ealeulöse
Pyonephrose; 3mal eine grosse seröse Oyste; 2mal
ein cysiiseher Niereniumor; 8mal eine feste Nieren-
geschwulst; 5mal eine Bydatideneyste der Niere;
Imal ein perirenales Fibrolipom; 2mal eine Ver-
ktxung der Niere; Imal eine Nieren fisiel ; 4mal
7\tberkulose der Niere.
de R undS. stellen folgende Schlusssätze auf:
1) Die Doppelseitigkeit einer chirurgischen Nieren-
erkrankung bildet eine strenge Contraindikation
gegen die totale Nephrektomie. Bei einseitiger
Nierenaffektion sind, wenn irgend möglich, oon-
servative Eingriffe zu versuchen, da man nie weiss,
wie sich die gesunde Niere später verhalten wird.
2) Dnter den conservativen Operationen nimmt die
partielle Nephrektomie eine bestimmte Stelle ein,
nachdem experimentelle, pathologisch-anatomische
und klinische Erfahrungen gezeigt haben, dass der
Substanzverlust gut vertragen wird. 3) Die Be-
dingung sine qua non, die die partielle Nephr-
ektomie verlangt, ist die, dass die Erkrankung auf
eine umschriebene Stelle der Niere begrenzt ist,
während das übrige Nierenparenchym normal und
aseptisch ist 4) Die Indikationen für die partielle
Nephrektomie sind verhältnissmässig selten und
sind meist erst nach Freilegung und genauer Be-
sichtigung der Niere mit einer gewissen Sicherheit
zu stellen. 6) Die operative Technik ist verhält-
nissmässig einfach ; sie richtet sich in der Haupt-
sache nach der Art und dem Sitze der Erkrankung.
Moynihan (195) theilt 3 sehr interessante Fälle
von partieller Nephrektomie mit: 1) wegen einer solitären
Nierencyste ; 2) wegen einer solitären Cyste in dem Ver-
bindangstüoke einer Hufeisenniere; 3) wegen eines Myzo-
Sarkoms des unteren Nierenpols; hier wurde die untere
Nierenhälfte vollkommen entfernt Alle 3 Kranke genasen.
F. Nierenverletxungen.
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Bei der Behandlung der subcutanen Nierene(mtU'
sianen kommt die eanservative Riehiung mehr und
mehr zur OeltuDg. In leichten und mittelediwerea
Fftllen genügt fast ausnahmelos die symptoma-
tische Behandlung. Bei lebensgefährlicher pri-
märer Blutung, sowie auch bei schweren Nach-
blutungen muss die Niere sofort lumbal freigelegt
werden ; die Verletzungen sind, wenn irgend mög-
lich, mit Naht und Tamponade, eventuell mit par-
tieller Nierenezstirpation zu behandeln. Auch bei
complicirenden Eiterungen ist die Niere baldigst
lumbal freizulegen und zu incidiren. Die totale
Nierenexstirpation sollte eigentlich nur in Frage
kommen bei schwersten ZertrQmmerungen der
Niere, bei Zerreissung der Nierengefässe und des
Ureters.
Delbet(214) stützt sich in einer Arbeit über
die NierenconUmcnen und ihre Behandlung auf
319 Fälle von Nierencontusionen (in der am Ende
der Arbeit zusammengestellten Casnistik sind aber
321 Beobachtungen aufgezählt). In 225 FUlen
wurde kein chirurgischer Eingriff vorgenommen:
122 Heilungen, 103 Todesfälle. In einer grossen
Anzahl dieser ungünstig ausgegangenen Fälle lageo
noch schwere anderweitige Yerletzungen vor; die
Nierencontusion war nicht die Todesursacha In
^60 Fällen wurde primär oder sekundär operativ
eingegriffen, sei es mittels Punktion, Inoision oder
partieller Nephrektomie. 48 Heilungen auf 2 Todes-
fälle. Bei 44 Er. wurde die primäre oder sekun-
däre Nierenexstirpation vorgenommen: 33 Hei-
lungen, 11 Todesfälle. Kein« dieser TodesßUe
ist der Nephrektomie selbst zur Last zu legen,
wohl aber sind mehrere dadurch verschuldet, daas
man die Operation zu spät ausgeführt hat
Auf Orund seiner Untersuchungen stellt D. fol-
gende Schlusssätze auf: Die Behandlung der Nieren-
contusion ist rein symptomatisch. Bin unmittd-
barer chirurgischer Eingriff ist nur dann angezeigt,
wenn man einen Einriss in das Bauchfell und eine
intraperitonäale Blutung vermuthet Die Blutung
an und für sich ist niemals Indikation für dnen
unmittelbaren Eingriff. Sekundär muss operativ
eingegriffen werden bei subperitonäalem andauOTid
wachsendem Bluterguss, bei Anurie und bei an-
dauernder Hämaturie. Auch bei sekundären Blu-
tungen sind operative Eingriffe indicirt Die ope-
rative Behandlung soll müglichst conserratiT seia,
Wagner, Neuere BeitrSge zur Nierenohirurgie.
229
Man entfernt die verletzte Niere nur dann, wenn
der Nierenetiel zerrissen ist, oder wenn die Niere
auf demDurohschnitte ein „braungelbes Aussehen'*
zeigt als sicheres Symptom einer schweren, tiefer-
gehenden Parenchy mveränderung. In allen anderen
fUlen legt man die Niere frei, tamponirt und Iftsst
die Hautwunde weit offen.
Riese (232) hat, soweit mOglioh, sAmmtliche
bisher veröffentlichten Fälle von uneamplicirier sub"
euianer Nierenverletxung im Anschluss an die letzte
grosse Statistik Ton Delbet gesammelt und unter
HinzufQgung von 8 selbst beobachteten F&Uen und
unter Abrechnung aller der Fälle, die mit ander-
weitigen schweren Verletzungen complioirt waren,
491 EUle zusammengetragen. Auf Orund der an
dieser Reihe von Nierenverletzungen gemachten
£rfahrnngen geht R. in erster Linie auf die diesen
Verletzten drohenden Gefahren ein und auf die
Therapie, die aus der kritischen Prüfung der Einzel-
beohacbtungen abzuleiten ist
Zweifellos sind in der letzten 2^it zahlreiche
Me veröffentlicht worden, die beweisen, dass die
Zahl der leichten Nierenverletzungen eine grosse
ist, und dass diese bei ezspektativer Behandlung
glatt heilen, dass bei vielen gar keine Blutungen,
sondern nur vorübergehende Albuminurien auf-
treten. Auch die schwereren Nierenverletzungen,
selbst viele der in den Hilus vordringenden Zer-
reisaungen heilen meistens bei ezspektativer Be-
handlung und sind hauptsächlich nur vor Eiterun-
gen zu schützen 9 bei deren Auftreten möglichst
bald operativ eingegriffen werden muss; Oanz
anders verhält sich die Sache hei den ganz echtoeren
Verletzungen mit querer Zerreissung, Zertrüm-
merung des Organs, Abreissung der Oefässe, Zer-
rassung des Peritonaeum. Hier kann in erster
Linie die Blutung verhängnissvoll werden, während
die Gefahr der Vereiterung erst in zweiter Linie
in Betracht kommt, die der Peritonitis überhaupt
kaum vorhanden ist, da eine solche bei Zerreissung
oder Zertrümmerung der Niere gar keine Zeit hat,
ach zu entwickeln, weil sich derartig Verletzte
primär verbluten, wenn nicht eingegriffen wird.
Die an Peritonitis Oestorbenen haben diese erst
bekommen, nachdem ein vereiterter renaler oder
perirenaler Blaterguss in die Bauchhöhle durch-
gebrochen war; sie wären also durch rechtzeitiges
Vorgehen gegen die Eiterung vor der Peritonitis
lu bewahren gewesen. Dass trotz Zerreissung des
Peritonaeum die Nierenverletzung mit geringer
Blutung einhergehen kann, dass eine Mitzerreissung
des Peritonaeum nicht ohne Weiteres die Prognose
der subcutanen Nieren Verletzungen zu einer absolut
schlechten macht, wie früher angenommen wurde,
dass auch bei ihnen conservative Behandlung zum
Ziele führt, haben die Beobachtungen von Roux,
Soultgoux-Fossard, de Quervain bewie-
sen« Die Gefahr rascher Verblutung ist aber bei
Mitzerreissung des Peritonaeum immer noch am
grOssten, weil der Blutung kein Widerstand von
den umgebenden Geweben geleistet wird, wie bei
den extraperitonäalen Verletzungen. Bei diesen
letzteren ist die Gefahr der Verblutung aber auch
immerhin noch eine beträchtliche. Da unter 327
unean^lieirten Nierenverletzungen, die exspektativ
behandelt wurden, von 69 überhaupt Gestorbenen
41 an Verblutung zu Grunde gingen, wird man
gut thun, in den Fällen ganz schwerer Blutung
früh einzugreifen, bei andauernden oder später
eintretenden schweren Blutungen nicht zu lange
mit dem Eingriff zu zOgem. Wie häufig schwere
Blutungen überhaupt sind, geht daraus hervor,
dass von 164 operativen Eingriffen 98 wegen pri-
märer oder sekundärer schwerer Blutung gemacht
werden mussten. Die Schwere der Blutung wird
angezeigt durch die allgemeinen und lokalen Sym-
ptome. Was die ersteren betrifft, so soll man
zunehmende Blässe, kleinen, frequenten, foden-
fOrmigen Puls, kühle Glieder, Unruhe bei sub-
cutanen Nierenverletzungen im Allgemeinen nicht
als Shocksymptome deuten, da Shock auch bei den
schwersten subcutanen Nierenverletzungen sehr
selten ist Von den lokalen Symptomen sind, ab-
gesehen von denjenigen der Nieren Verletzung über-
haupt : bei Mitzerreissung des Peritonaeum in erster
Linie nur das Auftreten einer verschieblichen Däm-
pfung in den abhängigen Partien des Leibes und
die allgemeine Schmerzhaftigkeit des Leibes zu
verwerthen; bei extraperitonäaler Verletzung die
schnell anwachsende Dämpfung und Geschwulst
um die verletzte Niere. Ist eine solche sehr schwere
Blutung zu diagnosticiren, oder tritt Verblutungs-
gefahr später durch Nachblutung ein, oder besteht
eine lang andauernde Hämaturie, die dem Leben
bedrohlich wird, so ist ein operativer Eingriff an-
gezeigt Dieser soll in Freilegung der Niere be-
stehen, die selbst möglichst conservativ mit Naht,
Tamponade, bei Zerreissung nur der Vene mit
Ligatur derselben zu behandeln ist Nur wenn
diese Maassnahmen aussichtlos erscheinen, ist die
Exstirpation angezeigt die selbst bei vollständiger
Abreissung des Nierenstiels in dem Falle von
Zeidler zur Genesung geführt hat Bei intra-
peritonäalen Verletzungen ist die Laparotomie die
Methode der Wahl, doch ist es auffallend, dass
die meisten Operateure ihr noch den Nieren-
schnitt hinzugefügt haben. R ist auch bei intra-
peritonäaler Verletzung mit einem Flankenschnitt
ausgekommen, von dem aus das Peritonaeum er-
öffnet werden kann. Für die meisten Fälle wird
jedenfalls ein ausgiebiger Flankenschnitt genügen.
Dass nach Nierenverletzungen noch häufiger Spät-
operationen wegen Aneurysma, Vereiterungen,
Nekrosen, falschen und wahren Sackbildungen
nüthig werden, ist zur Gtonüge bekannt Die Fälle
R.'s : zwei Nephrektomien, die eine wegen intra-
peritonäaler Verletzung sofort, die andere wegen
andauernder Hämaturie und schwerer Nachblutung
aus einem Riss der Arterie bei querer Zerreissung
und ausgedehnter Nekrose beider Nierenhälften
230
Wagner, Neuere Beitrftge zur Nierenohirurgie.
nach 16 Tagen ausgeführt; 3 oonservativ mit Tam-
ponade, bez. Naht, und 3 exspektiv behandelte
Kranke sind alle genesen.
Wieviel günstiger die Prognose der uncompli-
cirten subcutanen Nierenverletzungen sich in der
letzten Zeit gestaltet hat, zum Theil wohl in Folge
rechtzeitig vorgenommener operativer Eingriffe, er-
giebt sich daraus, dass von 491 Kranken 19.1®/o
starben, während die Küster 'sehe Statistik noch
einen Procentsatz von 30.18, die von D e 1 b e t noch
einen solchen von 27.6 Todten aufweist Von 27
exspektativ Behandelten starben 21.1<>/o. Von 85
conservativ chirurgisch Behandelten 11.7Vo* Von
79 Nephrektomirten IB.d^j^. Die Mortalität bei
71 nach dem Jahre 1890 ausgeführten Nephrek-
tomien beträgt 16.8^0*
Auf Qrund von 6 eigenen Beobachtungen be-
spricht Watson (246) die subperiUmäaien Ver^
leixungen der Niere, von denen er aus der Literatur
660 Fälle zusammengestellt hat, darunter 1 1 Fälle,
in denen die Nierenzerreissung allein durch Muskel-
wirkung zu Stande gekommen sein soll. Von
603 subcutanen Nieren Verletzungen endeten 191
= 31^0 tödtlich; und zwar von 487 nicht mit
anderweitigen Verletzungen complicirten 113 «»
23% » von 116 complicirten 78 — 67ö/o. Von
den 487 nicht complicirten Verletzungen wurden
273 exspektativ behandelt(81 -» 27% Todesfälle);
bei 99 kamen conservative Operationen in Anwen-
dung (7 ~ 70/0 Todesfälle); 115 Kr. wurden mit-
tels Nephrektomie behandelt (25 «s 25<>/o Todes-
fälle).
Ooldstein (219) berichtet über die in den
letzten 20 Jahren in der chirurgischen Abtheilung
des städtischen allgemeinen Krankenhauses im
Friedrichshain vorgekommenen Verkizungm der
Niere, im Ganzen 27 Fälle. Von diesen 27 Kranken
starben 6; in 4 von diesen Fällen trat aber der Tod
in Folge anderweitiger schwerer Verletzungen ein.
26mal handelte es sich um subcutane, nur Imal
um peroutane Verletzung der Niere (Schusswunde).
Die subcutane Nierenverletxung entstand fast immer
durch stumpfe, direkt einwirkende Gewalt Was
die verschiedenen Symptome anlangt, so waren
ganz constant spontane und Druckschmerzen auf
Seite der verletzten Niere; sehr häufig war ferner-
hin die Dämpfung auf der verletzten Seite, hervor-
gerufen durch die bei der Verletzung entstandene
Blutung. Mehrfach gelang es, und das ist für die
Diagnose besonders wichtig, bei Kranken, die bald
nach der Verletzung zur Beobachtung kamen, ein
langsames Fortschreiten der Dämpfung perku-
torisch festzustellen. Alle Kranken boten Hämat-
urie dar, deren Intensität und Dauer natürlich
ausserordentlich verschieden war. In mehreren
Fällen traten Nachblutungen auf; in einem Falle
führte diese trotz operativen Eingrififes zum Tode.
Die Prognose muss stets sehr vorsichtig gestellt
werden, einmal wegen der Allgemeinerscheinungen,
dann aber wegen eventueller Nachblutungen und
einer Mitverletzung des Feritonaeum. Für letztere
ist diagnostisch ganz besonders wichtig ein sich
allmählich über das ganze Abdomen verbreitender
Schmerz. In den Fällen Q.'s wurde dieser Schmen
4ma] beobachtet; 2mal konnte die angenommene
Mitverletzung des Feritonaeum durch die Autopsie
in vivo bestätigt werden.
Die Sehussverlelxung der Niere heilte bei oon-
servativer Behandlung glatt ; das Oesohoes wurde
später unter der Rückenhaut entfernt
Bei 4 Kranken mit subcutanen Nierenverletzun-
gen waren andere Organe mitverletzt (Leber,
Thorax); 3 von diesen Kranken wurden moribund
eingeliefert, auch der 4. starb.
Die meisten Kranken wurden symptomatisch
behandelt (Ergotin, Kampher, Champagner u. s. w.).
Nur in 2 Fällen wurde operativ eingegriffen und
die zerquetschte Niere entfernt Beide Kranke
starben (an Heus, bez. an diffuser Feritonitis).
Hahn dehnt die eonsenxiHve Behandhmg der
Nierenverletxungen so weit wie möglich aus und
beschränkt die Indikation zum chirurgischen Ein-
griff auf ganz dringende Fälle (abundante Blutung;
vüUige Zertrümmerung des Organs, dauernd fort-
schreitende Blutung).
Waldvogel (246) berichtet über 23 FÜle
von Nterenverletxung , die 189Ö — 1900 in der
Chirurg. Klinik der Charit^ beobachtet wurden,
unter den 23 Verletzten waren nur 4 Frauen, das
mittlere Alter der Kranken betrug 36 Jahre. Sturz
war die Ursache in 11 Fällen, Ueberfahren werden
in 7, Schussverletzung in 2 Fällen. In 3 FäUen
ist die Aetiologie nicht ganz klar, ob Sturz, Stoes
oder Schlag. Bezüglich der Entstehung der Nieren-
verletzungen richtet sich W. auf Omnd seiner &-
fahrungen und verschiedener eigener Thierexperi-
mente gegen die Küster 'sehe Annahme der
Rippenadduktion und hydraulischen Pressung. W.
m(Vchte glauben, dass die Nieren Verletzungen zum
grüssten Theile dadurch zu Stande kommen, dass
die Niere entweder direkt, z. B. vom Bade zer^
quetscht wird, oder dass, wie beim Sturze, die
Muskulatur nacbgiebt, die relativ feste Niere aber
die ganze Druckwirkung ausgleichen musa.
Die Nierenverletzung diagnostieiren wir aus
den Symptomen der Eluhmg. Nur in einem Falle,
in dem die Sektion Leber- und Nierenruptur nach-
wies, fehlte das Blut im Urin. Eiweiss ohne Blot
trat in 4 Fällen auf. Perirenale Blutergüsse fianden
sich in den 19 in Betracht kommenden Fällen
8mal ; dabei war ein Bluterguss zugleich im Bauehe
3mal, Imal fand sich ein grosser Bluterguss im
Bauche ohne perirenalen intra vitam festgestellten
Erguss. 3 Kranke «» 13<^/o starben. Aassehlag-
gebend für die Nothwendigkeit der OperaHon kann
nur die Stärke der Blutung sein, und swar nicht
nur die im Urin zu Tage tretende, sondern auek
der perirenale Bluterguss. In den 4 F&ll«a W.'a,
wo operativ eingegriffen wurde, lag der Omnd
hierzu wesentlich in den Complikationen, diedurdi
Wagner, Neuere Beitrftge zur Nierenchimrgie.
231
BlotQDg aus anderen Tbeilen des Bauchinhaltes,
als aus der Niere, gesetst waren. Es wurde des-
halb 3mal die Laparotomie gemacht (2 Todesf&lle),
Imal durch K5n ig 'sehen Schnitt die Niere ent-
fernt (Todesfall). „Wenn ich also — sagt W. am
Schlüsse — die etwa noth wendigen Spfttoperationen
aQSSohliesse, fOr die ja der Nierenschnitt allein in
Frage kommt, so glaube ich, dass, so absurd das
klingen mag, die bei schweren NiereuTerletsungen
am häufigsten in Betracht kommende Operation
die Laparotomie ist. Hält man aber trotzdem an
der Freilegung der verletzten Niere fest, so giebt
der Schnitt K 5n i g 's die beste Oelegenheit, Niere
Qod Bauch zugleich zugänglich zu machen. Die
Nephrektomie kann aber sicher oft durch Naht und
Tamponade ersetzt werden, einPat mit einer Niere
ist stets ein gelährdeterer Mensch, als der mit zweien.
Der grOsste Theil der Nierenverletzungen aber be-
darf nur oonservativer Behandlung, und, das be-
tone ich noch besonders, auch die Schussverletzun-
gen, wie die zwei von uns beobachteten.'*
Was die subcutanen Nierenverletxungen in der
Armee anlangt, so lassen sich nach den Angaben
TOQ S c h m i d t (236) aus der preussisch-deutschen
Heeressanitätgeschichte allein in dem Zeiträume
von 1882^1899 55 derartige Verletzungen an-
führen: 50 Nierenquetschungen (sämmtliche Er.
geheilt); 5 Nierenzerreissungen (sämmtliche Er.
starben). BezQglich der Entstehung der subcutanen
Nierenquetschungen macht Schm. ganz besonders
Ulf die durch Stoss mit dem Fechtgewehr ver*
orsachten Verletzungen aufmerksam.
Boari (208) behandelte einen 17jähr. Kr., der eine
^ifsmrerletxufig der linken Nierengegend erhalten hatte.
Beträchtliche Bluttug aas der Wände. In den nächsten
Tagen Hämaturie, Fieber mit Erbrechen, Auftreibung des
l^bes. Nach einigen Tagen hörte die Hämatarie aaf;
der Verband war mit Urin durchtränkt Am 9. Tage nach
der Verletzung lumbale Freilegung der linken Niere.
fotferouog grosser Blatgerinnsel ; che blutige Infiltration
«ntreckte sich bis in die rechte Fossa iliaca. Die Niere
Wdoich das verletzende Messer vollkommen in2Theile
lietrennt, die nur noch am Hilos durch ein Stück Nieren-
becken zusammenhingen. Das obere Nierensegment war
in begiooender Gangrän; eine Erhaltung des unteren,
Bonnal aosseheoden Nierentheiles hätte sicher zu einer
Ueibeoden Nierenfistel geführt Totale Nephrektomie;
Beümg.
Im Anschlüsse an diese Beobachtung bespricht
B. die operoitve Behandlung der verschiedenen For-
cen der Nierenverletzungen und berichtet Qber
nekrere Experimente, die er an Hunden über
<b Wiedervereinigung vollkommen durchtrennter
Nieren angestellt hat Die Nierenwunden wurden
^ ganz ähnlicher Weise angelegt, wie in dem er-
vihnten Falle. Sofort nach der Verletzung wur-
den die Nierenh&lften durch Catgut-Enopfnfthte
wieder vereinigt Das eine Thier wurde einen
Vonat nach der Operation getödtet ; die Niere war
'ollkommen verheilt und funktionfähig. Bei einem
tnderen Hunde entfernte B. einen Monat nach der
Verletzung der rechten Niere das linke Organ.
Ptt Thier überstand den Eingrifif. Bei der nach
mehreren Monaten vorgenommenen Tüdtung fand
sich eine ausgesprochene compensatorische Hyper-
trophie der früher verletzten Niere.
Diese wenigen Versuche, die noch weiter aus**
gedehnt werden müssen, sprechen sehr für eine
mögliehsi eonservative Therapie, besonders auch bei
Schnittwunden der Niere.
In einer grösseren Arbeit über subcutane intra-
peritonäale Nierenverleixung theilt de Quervain
(229) zunächst folgende eigene Beobachtung mit.
Der Er. war ein 8jähr. schwächlicher Knabe, der
unter einen schweren Schlitten gerathen und angeblich
3mai gerollt war. Am Verletzongstage reichliche Hämat-
urie, am 2. Tage weniger Blntharnen, dagegen Erbrechen.
Am 3. Tage Aufnahme in das Spital. Es fanden sich
Ekchymosen am rechten Obersofaenkel, über der rechten
Sp. iL a. B. und der recfaten Unterbancbgegend. Bauch
etwas aufgetrieben. Urin blutfrei, aber etwas eiweiss-
haltig. Temperatur normal, Puls 100—110. Abends
Temperatur 38.7^, Puls 120, klein, schwach, dazu zu-
nehmende Dyspnoe, Erbrechen, Bauch etwas ausge-
dehnter, diffus druckempfindlich. Deshalb Laparotomie
in der Linea alba. Keine Peritonitis, aber dunkles Blut
in der Bauchhöhle ohne Gerinnsel und ohne Harogerucb,
dessen Quelle, nachdem der Baucbschnitt quer nach rechts
herüber verlängert worden war, in einem Bauchfellriss
über der rechten Niere gefunden wurde, an der Flexura
coli dext, die von der Bauchwand abgelöst war. Blutige
Durchtränkung des Zellengewebes daselbst. Ein Nieren-
riss war nicht zu tasten. Laparotomie, Reinigung der
Bauchhöhle und Gazetamponade auf den Bauchfellriss
über der gequetschten Niere. Heilung durch rechtseitige
Pneumonie complicirt. Bei der nach ca. 3 Monaten er-
folgten Entlassung bestand noch leichte Albuminurie.
Die auf Qrund dieser, sowie anderer in der
Literatur niedergelegter Beobachtungen und auf
Grund von Thierexperimenten zu ziehenden
Schlüsse fasst de Qu. in folgenden Sätzen zu-
sammen: „1) Die Differeniialdiagnose der intra-
peritonäalen Nierenruptur bietet sowohl gegenüber
der extraperitonftalen Ruptur dieses Organs, als
auch gegenüber der Mitverletzung anderer Bauch-
organe erhebliche Schwierigkeiten, so dass man
sich oft mit einer Wahrscheinlichkeitsdiagnose
wird begnügen müssen. Weitere Fortschritte, be-
sonders bezüglich der Unterscheidung der Peri-
tonäalreizung durch einen Harn- und Bluterguss
von infektiöser Peritonitis in Folge von Darm-
verletzung, sind, abgesehen von der genauen Be-
rücksichtigung der gebräuchlichen diagnostischen
Hülfsmittel, am ehesten von neuen diagnostischen
Methoden, wie die Bestimmung der Leukocytose
und vielleicht auch einmal von der Serodiagnostik
zu erwarten. 2) Bezüglich der Prognose ist zu
unterscheiden zwischen schwerer Zertrümmerung
des Organs und leichteren Quetschungen desselben.
Bei beiden erhOht die Bauchfellverletzung die Blu-
tungsgefahr, da das Blut in der Bauchhöhle keinen
irgend erheblichen Widerstand findet; doch kommt
dieser Umstand hauptsächlich für die schwereren
Verletzungen in Frage. Die Oefahr der Peritonitis
durch hämatogene oder aufsteigende Infektion des
intraabdominalen Harnblutergusses kommt eben-
falls hauptsächlich für die schwereren Zertrümme-
232
Wagner, Neuere Beitrftge zur Nierenchirurgie.
rungen in Betraoht, da bei denselben die Aussicht
auf die Bildung von schützenden Adhäsionen ge-
ringer ist. Da aber diese schweren Verletzungen
in der Begel in Folge von Blutung und Shock rasch
zum Tode geführt haben, so spielt in Wirklichkeit
die Peritonitis als Todesursache eine geringere
Bolle, als man es den Angaben der meisten Autoren
nach annehmen könnte. In leichteren FftUen ist
sowohl die Gefahr der Blutung, als auch Dank
rasch sich ausbildender Verwachsungen diejenige
der Peritonitis gering. 3) Was die Therapie be-
trifift, so lässt das zweifellose Vorkommen von
solchen leichteren Formen eine abwartende Behand-
lung so gut als berechtigt und selbst als angezeigt
erscheinen, wie bei den leichteren extraperitonäalen
Verletzungen der Niere, vorausgesetzt, dass keine
Verletzung eines anderen Bauchorgans anzunehmen
ist. In den echweren Fällen dagegen ist so rasch
wie möglich zu operiren, da die Bauchhöhle der
Blutung keinen Widerstand entgegensetzt Ebenso
dringend ist ferner die Indikation, wenn die vom
Verletzten gebotenen Erscheinungen und die Natur
der traumatischen Einwirkungen anderweitige Ver-
letzungen des Bauchinhaltes als wahrscheinlich er-
scheinen lassen. Wird operiri und scheint der
Nieren Verletzung die Hauptbedeutung zuzukommen,
so beginne man mit Küster und König mit
einem Lumbaischnitt, um denselben, wenn nöthig,
nach vom zu verlängern. Ist die Diagnose un-
gewiss, so ist die mediane Laparotomie angezeigt,
die durch Hinzufügung eines queren seitlichen
Schnittes nicht nur die (womöglich zu vermeidende)
Nephrektomie, sondern besonders beim Kinde auch
alle durch die Umstände gebotenen conservativen
Maassnahmen gestattet.^*
B e 0 h 1 0 1 d (207) berichtet über 3 Fälle von sub-
etUaner Nierenquetschung , die sämmtiich in Genesung
aasgingen. Bemerkens werth ist besonders der eine Fall,
der einen 85jähr. Mann betraf und mit Rippenfrakturen
und anderen Nebenverletzangen verbunden war.
Boro WS ki (209) hat in 2 Fällen von subcutaner
Nierenxerreissung durch Tamponade Heilung erzielt
In einem 3. Falle (Operation 4*/t Monate nach dem Trauma
wegen Eiterung) Ibd im direkten Anschlüsse an die
Narkose.
Cahen (210)' berichtet über einen Fall von schwerer
NierenverletMing bei einem 17jähr. Kranken. Wegen
der andauernden heftigen Blutung wurde am 5. Tage die
zertrümmerte Niere freigelegt ; es wurden grosse Blut-
coagula, sowie ein grösseres haubenförmiges Stück yöUig
abgetrennten Nierengewebes ausgeräumt. Tamponade.
Kein günstiger Verlauf; Stagnation des Wundsekretes,
ürininfiltration. Deshalb Nephrektomie; Heilung, Die
entfernte Niere zeigte eine granulirte Oberfläche; der
untere Nierenpol fehlte und an dessen Stelle zeigte sich
eine unregelmässig zerklüftete Rissfläche, die von einem
ausgedehnten Infarkt begrenzt wurde. Auch am oberen
Nierenpole war es zu einem grossen, die ganze Nieren-
substanz von der dorsalen zur ventralen Seite durch-
setzenden Infarkt gekommen. In dem unteren Drittel
der Niere ein senkrecht zur Längsachse verlaufender,
3.5 cm langer Riss. Auch in den abgesprengten Nieren-
stückchen ausgedehnte Infarktbildungen.
Fahr (216) : Ein 16jähr. Zimmerlehrling war 2 Stock-
werke hoch vom Gerüste gestürzt; 24 Stunden später
Aufnahme in das Krankenhaus. Bei der Untersuchung
des Leibes fand sich in den abhängigen Partien starke
Dämpfung. Bei der sofort vorgenommenen lAparotomie
konnte auf einen mächtigen, in der linken Nierengegend
sich vorwölbenden Tumor nicht mehr eingegangen wer-
den, da der Zustand des Kr. hoffiiungslos war. 2bdL
Sektion: Linke Niere an der Orenze zwischen unterem
und mittlerem Drittel quer durchrissen; zwischeo bei-
den Stücken mäohtiee Blutooagula. Das untere Nieren-
stück war bereits völlig nekrot^h.
Die Steile der Ruptur ist etwas ongewöhnUch. Ver-
muthlich hatte sich in diesem Falle die Oewalteinwiiknng
auf einen Punkt der Lendengegend, der der Ruptursteile
entspricht, concenthrt und die Niere gegen einen im
Körper gelegenen Angriffspunkt etwa den Querfortsatz
des 1. Lendenwirbels, gedrängt
Grau er t (220) berichtet aus der Helfericb*-
sohen Klinik über einen 26jähr. Kr. mit linker Nieren-
quetschung, bei dem sich 5 Tage später eine sekuDdfire
Blutung in das paranephritiscne und retroperitooiale
Gewebe mit beginnender Zersetzung einstellte. Lumbale
Freilegung der Niere. Ausräumung der Blutmassen.
Tamponade ^iner an der Hinterseite der Niere befindlichen
6 cm langen, unregelmässigen Risswunde. Heilung.
Guibal (221) hat in 2 Fallen von subeutatur
Nierenquetschung und in einem Falle von Sekussver-
letxung der Niere rasch eintretende schwerste Symptome
beobachtet, die auf intraperitonäale Blutungen bezogen
werden mussten. Die eigentlichen Nierensymptome be-
standen nur in verhältnissmässig geringfügiger Hämat-
urie. In allen 3 Fällen wurde durch die £iaparotamie
und sorgCSltige Ausräumung der zwischen den Darra-
Bchlingen befindlichen Blutmassen Heilung erzielt; die
Nierenverletzung selbst bedurfte keines operativen fin-
griffes, da die Blutung bereits zum Stillstande gekom-
men war.
In den beiden OontusianflÜlen konnte keine pii-
renale Fissur des Peritonaeum nachgewiesen werden;
trotzdem stammte das in die Bauchhöhle ergossene Blat
zweifellos von dem subperitonäalen Hämatom her.
H e n s e e n (222) theilt 2 Fälle von Nierentferieium-
gen in- Folge übermässiger Muskeleontraklianen mit
Bei beiden Kranken, bei denen frühere Erkrankongeo
der Harn wege auszuschliessen waren, 'wkt ixe Hämaturie
durch Heben schwerer Lasten entstanden. Im 1. Falle
dauerte sie 3 Tage, dann völlige Genesung. Bei dem
2. Kr. währte diM Bluthamen 14 Tage, daran schloaa
sich eine ziemlich beträchtliche Albuminarie an. Die
Beobachtung ist noch nicht abgesohlossen.
H 0 n n e t h (223) : 33jähr. Kr. mit linksei tiger Nieren-
ruptur. Hämaturie, in den ersten Tagen peritoniaie
Reizungsymptome. Vollständige Ruhe, Muchdült, feuchte
Umschläge. Heilung,
Kellermann (224): Ein Füsilier erlitt beimXor-
neu am quergestellten Kuten einen plötzUcheo heftigeit
Schmerz in der linken Lendengegend. 2 Tage später
Hämaturie, leichtes Fieber. Starke DruckempfindUch-
keit unter dem linken Rippenbogen. 3 Wochen nach
dem Unfälle deutliche Anschwellung in der linken Lenden«
gegend. Die Probepunktion ergab Eiter. Entleerung von
1 Liter dicken Eiters mittels des S i m o n 'sehen SchrntteSb
Beim Abtasten der grossen Absoesshöhle ftlhlte man
untere Hälfte der Niere, die glatt and ohne
war. Vollkommene Heilung. Die Diagnose lautete
NierenverUtxung und paranephritiscker Abecees dunA
Muskelxug.
Lee (225): 19jähr. Kr. mit schwerer linker Kit
quetschung. 14tägige Hämaturie. Wachsende Oesoh
in der Unken Lumnalgegend. Incision, Eatleening
faulig riechendem Urm; die N^iere konnte nicht si
gefühlt werden. Bildung einer Hamfistel. 10 W
nach dem Trauma eoctraperitcnäale Nephrektomie,
lung [BesohafPenheit der exstirpirten liiere ?].
Einen seltenen Fall van Nierenverleixmtg beo
Lindner (226): Ein IQjähr. Mädchen fiel ron
Leiter auf die reehU Körperaeite. Schwere Blutnng
Wagner, Neuere Beitr&ge zur Nierenchirargie.
233
dem eingerissGoeD unteren Pole der linken Niere in das
Mesocolon descendens. Laparotomie^ Inoision des Meso-
coloD, Entleerang der ßlatmassen, Tamponade. 4 Tage
lang Urioabfloss durch die Wunde. Heilung. Es handelte
sich in diesem Falle cweifeUos um eine ^Abreiasungs-
verUixung'^»
Frei ndls berger (50): 28j^hr. Kr. mit Sttehver-
läxuag der reckten Niere. Der Stichkanal verlief durch
Pleora, Lunge, Zwerchfell in den oberen Nierenpol;
wahrecbeinlich war auch die Leber yerletzt worden.
Da die ganze Niere zerreisslich und morsch erschien,
die starke Hämaturie und der Verlauf des Stichkänals
eine Verletzung grösserer Nieren^Hisse wahrscheinlich
machten, wurde die Niere eocstirptrt. Heikmg,
Ricard (231): Zerreiseung der einen Niere bei
einer Frau, die yon einem Omnibus überfahren war.
Giwser perirenaler Bluterguss. Nephrektomie. Schwie-
rige Ligatur der in sklerotisches (}ewebe eingebetteten
Niereouierie. 486tündiges Liegenlassen einer Elemm-
pinoette. E^ung.
Rentier (234): Ein 3(yjähr. Mann hatte einen Huf-
schlag in die rechte Lumbaigegend erhalten; einige
Minnten später Erbrechen und Hämaturie. Zunehmendes
intiaperitonäales Blutextrayasat der rechten Seite. 5 Std.
nach der Yerletzunff iraneperitonäale [I] Ineieion bis
ad die in zwei Stiieke xerriesene Niere. Nephrektomie.
Naht der Bauch wunde mit Bronce- Aluminium draht Der
Kr. bekam Bronchitis und während eines Hustenanfalles
braohdtt die Drahtfäden, die Wunde platzte wieder auf
imd es kam au einem Eingeweideprolaps. Sofortige
Reposition u. s. w. Beüung.
Schloff er (235) : 24jähr. Mann. Tentamen suicidii,
Baitehsehuse mit Magen- und Nierenverletxung. 3 Std.
spiter Laparotomie. Naht der Ein- und Ausschussöffnung
des Magens. In der linken Niere, mehrere Centimeter
von ihnm unteren Pole entfernt, ein das Organ quer
durchsetzender Sohusskanal; beträchtliche Blutung, Tam-
ponade u. s. w. Heilung.
0. Schmidt (237) iheiM 2 Fälle subcutaner Nieren-
quetsehung mii günstigem Ausgange mit. Die Kranken
waren 8, bei. 31 Jahre alt, die Behandlung rein exspek-
taÜT. Bemerkenswerth war bei dem 2. Kr. die OompU-
katioD mit Hämothorax und bronohopneumonischen Vor-
igen, sowie der wechselnde Tast* und Perkussion-
befond in der betroffenen Nierengegend, die einmal aus-
f^rochene Dämpfung, dann wieder Darmschall ergab.
Es lag nahe, hier anzunehmen, dass die Oeffnung, die
ans der Blut- oderBluthamgeschwulst nach dem Nieren-
becken führte, bald frei, bald durch nach unten zu ge-
triebene Blutgerinnsel geschlossen war.
Stern (240) berichtet über 2 Fälle von subcutaner
I^ierenxerreissung im Anschlüsse an Quetschung der
Lendengegend. In dem einen Falle wurde die Nieren-
«nnde tamponirt, in dem anderen Falle wegen schwersten
Bhitverlustes die primäre Nephrektomie vorgenommen.
Beide Er. genasen,
Bland-Sntton (241) : 35jähr. Mann mit schwerer
rechter Nierenverletxung. Inoision in der rechten Linea
semilunaris. Das untere Nierendrittel war vollkommen
abgetrennt und hing nur noch an der Nierenvene und am
Ureter. Nephrektomie. Heilung. Die Verletzung war
dadurch entstanden, dass dem Kr. ein Wagen quer über
den Leib gegangen war.
Trowbridge (242): 43jähr. Kr. mit schwerer
Quetschung der redäen Niere. Schwere Hämaturie.
Hehrere Standen später lumbale Nephrektomie. Die
Niere war in 2 Stücke zerrissen, die nur noch lose zu-
sammenhingen. Heüung.
Tsohndy (243): 11 jähr. Mädchen mit rechter sub-
adaner Nierenrupiur. Hämaturie. Nach 14 Tagen Ent-
^ckelung eines perinäalen Abseesses. Incision über
dem lig. Ponpartii und in der Lumbaigegend. Drainage.
Naeh 2 Monaten vollkommene Heilung.
Tubenthal (244) beobachtete bei einem Unter-
officiere eine Stiehverlelxung der linken Niere durch das
Med. Jahrbb, Bd. 282. Hft. 3.
Seitengewehr. Die Wunde befand sich unterhalb der
11. Rippe 5 cm nach links von der Wirbelsäule. Aus
der Wunde, die anfangs heftig geblutet hatte, sickerte
eine dünnröthliohe Flüssigkeit Lockere Jodoformgaze-
tamponade. Am nächsten Tage Hämaturie; die Weich-
theile der Nierenge^end deutlich vorgetrieben und leicht
geröthet. Extrapentonäale Freilegung der Niere. Wäh-
rend nun die Aussenwunde in der (laut quergestellt war,
verlief die Nierenwunde im Längsdurchmesser der Niere,
uneefähr der Nierenmitte entsprechend. Einführen eines
Jodoformgazestreifens in die Nierenwunde. Tamponade
der grossen Aussenwunde. Vollkommene Heilung.
Wolf (247) berichtet aus der H e 1 f e r i c h 'sehen
Klinik über einen 31jähr. Kr. mit traumatischer sub-
ctäaner Nierenbeckenxerreissung , der erst am 4. Tage
nach der Verletzung in die Klinik aufgenommen wurde
und dort nach wenigen Stunden starb. Die Sektion er-
gab beginnende eiterige Peritonitis und beginnende eite-
rige Pleuritis mitCompression des linken unteren Lungen-
lappens.
SchOnwerth (238) berichtet über einen
traumatisehen Infarkt bei subcutaner Nierenruptur.
Der 22jähr. Kr. erhielt einen Hufsohlag in die linke
Nierengegend: Druckempfindlichkeit der Nierengegend,
Hämaturie, perirenales Hämatom. Am 4. Tage Schüttel-
frost, hohes Fieber. Freilegung der Niere mittels
Simon *schen Lendenschnittes. Niere vergrössert. An
der dorsalen und ventralen Fläche, circa einen Querfinger
unterhalb des Hilus, je eine 2 cm lange, quer verlaufende
Wunde. Von diesen beiden Wunden durch cyanotisches,
sonst nicht abnorm erscheinendes Gewebe getrennt ein
keilförmiger, markstückgrosser Infarkt, der sich durch
die ganze Dicke des Organs erstreckte. Da die Blutung
vollkommen stand, wurden die Nierenrisse, sowie die
äussere Wunde mit steriler Gaze tamponirt. Inter-
currirende linkseitige Unterlappenpneumonie [trauma-
tischen Ursprungs ?j. Heilung.
In neuerer Zeit hat Stern die Frage der
Nephriiia traumatiea in allgemein pathologischer
und klinischer Hinsicht eingehend behandelt und
das bisher bekannte Material gesichtet und ge-
ordnet. Er kommt zur Aufstellung verschiedener
Gruppen der Krankheit, unter denen als in ihrer
traumatischen Eigenart am besten begründet ganz
besonders eine hervorzuheben ist: nämlich die
Gruppe jener lange Zeit, über Jahresfrist, dauernden
Eiweiss- und Oylinderausscheidungen naeh Nieren^
läsionen traumatischer Art, bei denen es nie zur Aus-
bildung sonstiger nephriiischer Symptome kommt.
Einen hierher gehörigen Fall theilt Cursch-
mann (212) aus der Erb 'sehen Klinik mit
Der Kr. war von einer Windencurbel gegen die
rechte Bauchseite getroffen worden: schwerer Shock,
Erbrechen, Meteorismus. Grosse palpable Geschwulst
in der rechten Nierengegend, die noch einige Wochen
bestand und später vöUig zurückging. Direkt nach dem
Unfidle Anurie, dann Oligurie. Hämaturie wurde nicht
beobachtet. Mehrere Jahre lang bestehende, zeitweise
intermittirende Albuminurie ; constantes Auftreten spär-
licher granulirter und hyaliner Cylinder. Fehlen aller
Veränderungen der Kreislauforgane.
0. nimmt an, dass es sich in diesem Falle
um eine traumatische, eircumscripte , interstitielle
Nephritis handelt.
Zur Frage der posttraumatischen N^hritie theilt
auch Oberndorfer(228) eine interessante Beob-
achtung mit.
Ein 49jähr. Kr., der mit grosser Wahrscheinlichkeit
eine hämophile Ck)n8titution hatte, ging 3 i/t lochen- nach
30
234
Wagner, Neuere Beitrflge zur Nierenchirurgia
einer leichten Verletzung an Hämatarie nnd Koma zu
Grunde. Der Kr. hatte beim Treppensteigen seinen Halt
verloren und eine plötzliche kräftige Rücjcwärtsbewegang
des Rampfes ausgeführt. Bei der Sektion fand man in
der Muskulatur der beiden Reoti abdom. mehrere kleine,
braunrothe, blutig imbibirte Zerreissungsherde. Bei
Herausnahme der linken Niere eröffnete man einen, ihren
oberen Pol umgebenden subperitonäalen Bluterguss. Die
mächtigen Fet^apseln beider Nieren waren blutig imbi-
birt. Die grossen Nieren zeigten -nirgends Einrisse oder
Narben; beide Nierenbecken zeigten eine dunkelrothe,
blutige Unterlaufung ihrer Muoosa. Die mikroakopisehe
Untersuchung ergab eine akute parenchymatöse Nephritis,
bez. besser gesagt eine akute Fettdegeneration des Par-
enchyms, deren Dauer nur auf wenige Wochen berechnet
werden konnte.
Was diese Verftuderungen des NiereDparenohyms
betrifft, so dürfen wir sie wohl ohne Frage in Zu-
sammenhang mit dem Trauma bringen: Neben den
Veränderungen an den Nierenhüllen weisen darauf
hin die submukOsen Blutungen im Nierenbecken
und die HAmaturia „Eine Erklärung des Ent-
stehens der fettigen Degeneration der parenchyma-
tösen Elemente kann nur eine hypothetische sein,
da wir über die durch ein Trauma gesetzten Ver-
änderungen der Zellen selbst nichts wissen. Die
Hauptrolle dürfte aber auch hier die durch das
Aufpressen der 12. Rippen auf die Nieren erzeugte
Vermehrung des hydraulischen Druckes in den
Organen selbst sein, die, ohne grössere Verletzun-
gen zu setzen, yielleicht durch Störung der Inner-
vation genügte, die Vitalität der Zellen in hohem
Orade herabzusetzen.*'
Edle fsen (215) beobachtete emen-Faü von trau»
matücher Läsion beider Nieren, der in ungewöhnlicher
Weise fast ganz unter dem Bilde einer akuten Nephritis
verlief. Der Kr. war in nicht näher zu eruirender Weise
Yon einem herabrollenden Fasse gequetscht worden. Ent-
leerung von spärlichen Mengen röthlichen Urins. Wegen
zunehmender ünterleibsobmerzen musste der Kr. nach
2 Tagen die Arbeit einstellen. Der Kr. bekam vorüber-
gehend Oedeme; der spärliche Harn war längere Zeit
stark eiweisshaltig. Es trat vollkommene Eeäung ein.
VI, Niermgeaehwülste.
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Eine eingehende, ganz vorzügliche Bearbeitung
der festen Nkrmsfssehwüiais verdanken wir Albar*
ran und Imbert (249). Dae sehr gut aua-
gestattete und mit sehr guten Abbildungen ver-
sehene Werk zerfiUlt in 6 Hauptabschnitte: Oe-
sohwfilate des Nierenparenchyme bei Erwaohaenen ;
Nierengeachwülste bei Kindern; primftre Neubil-
dungen dee Nierenbeckens und Harnleiters ; Cysten
der Niere (aueechlieeslich der Echinokokken- und
Dermoidojsten); paranephritische Oesohwulst
A. undL haben in ihrem, Ouyon gewidmeten
Buche ein reiches casuietisches Material verarbeitet,
das lom Theil bisher noch nicht veröffentlicht
worden war. 1) Die OeschwtQste des Nieren-
parenofayms bei Erwachsenen. Pathologisch-ana-
tomieoh unterscheiden A. und L: a) Adenome
tuboUren , papillftren und alveolAren Charakters ;
b) Adenocaroinome ; c) Epitheliome; d) Lipome und
Paeciidolipome — Hypemephrome — ; e) Sarkome ;
0 Fibrome und subcapsuUre Fibrosarkome ; g) ge-
miflohte Qesohwtllste. Unter 380 von A. und L
aosammengestellten Fftllen waren 188 Epitheliome,
85 Hypemephrome, 82 Sarkome, 10 Adenome u. s. w.
In besonders eingehender Weise haben A. und I.
die pathologiadie Anatomie und Hietologie, sowie
die Pathogenese der verschiedenartigen Nieren-
neubildungen abgehandelt; zahlreiche gute Ab-
bildungen erleichtern das Verstftndnies. Sympto-
matologisoh unterscheiden A. und I. physikalische
Symptome: Hämaturie, Geschwulst; funktionelle
Symptome: Schmerzen, Urinveränderungen, Stö-
rungen der Miktion, Compressionerscheinungen ;
accessorische Symptome; Allgemeinerscheinungen.
Die Hämaturie ist das häufigste Symptom der bös-
artigen Nierengeachwülste bei Erwachsenen; in
64<^/e der Fälle war es auch das Anfangsymptom.
Die verschiedenen physikalischen Untersuchungs-
methoden werden in ausfflhrlicher Weise besprochen,
ebenso in dem Abschnitte Qber die Diagnose, den
wir ganz besonders zu einer eingehenden Lektflre
empfehlen mtehten, die verschiedenen funktionellen
Untersuchungsmethoden. Aus dem Abschnitte über
die operative Behandlung sei Folgendes hervor-
gehoben. Da Becidive auch noch 4 Jahre nach
der Operation beobachtet worden sind, kann man
nur die Operirten als radikal geheilt betrachten,
bei denen wenigstens 4 Jahre nach der Operation
recidivfrei verflossen sind ; solche „radikal Geheilte'^
zählen A. und L 26. Bei nicht zu ausgedehnten
Nierengeschwülsten und in Fällen, in denen die
Art der Nierenerkrankung diagnostisch nicht voll-
kommen sicher ist, bevorzugen sie die lumbale
Nephrektomie, wenn schon sie aus ihren statisti-
schen Berechnungen der letzten Jahre gefunden
haben wollen, dass die transperitonäale bei den
bösartigen Nierengeechwülsten nicht gefährlicher
ist, als die extraperitonäale. A. und L unter-
scheiden zwischen einer curativen oder radikalen
und einer palliativen Nephrektomie; die letztere
ist indicirt bei unerträglichen Schmerzen und
überreichen anhaltenden Blutungen. 2) Nieren-
geschwülste bei Kindern. Pathologisch-anatomisch
handelt es sich hier hauptsächlich um gemischte
Geschwülste, in denen das embryonäre Binde-
gewebe überwiegt. Bezüglich der Pathogenese
schliessen sich A. und L der Ansicht von G r awi t z
und Busse an, dass die gemischten Geschwülste
ihren Ursprung von normalen Elementen des Organs
nehmen. Das erste nachweisbare Symptom ist bei
Kindern fast ausnahmelos die Geschwulstbildung ;
Hämaturie ist bei Kindern selten, A. und I. fanden
sie nur in 16®/o ihrer Fälle. A. und I. haben
155 Nephrektomien zusammengestellt, von denen
123 seit 1890 vorgenommen worden sind. Die
operative Mortalität beträgt bei Kindern noch immer
25— 30<»/o Radikale Heilungen (3—11 Jahre
nach der Operation beobachtet) finden sich 7. Weder
das jugendliche Alter, noch die Ausdehnung der
G^eschwulst an und für sich bilden eine Gontra-
indikation gegen die Nephrektomie, die hier wohl
meist sicherer auf transperitonäalem Wege vor-
genommen wird. 3) Die primären Neubildungen
des Nierenbeckens und des Harnleiters. A. und I.
haben im Ganzen 65 Fälle dieser seltenen Neu-
bildungen zusammenstellen können. Pathologisch-
anatomisch unterscheidet man epitheliale Ge-
236
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenohirurgie.
sohwQlste — Papillome, papilläre und nicht papil«
läre Epitheliome — , die sehr seltenen vom Hesoderm
ausgehenden OeschwQlste : Endotheliome, Sarkome,
Myxome, Bhabdomyxome. Unter den Symptomen
ist sehr häufig das erste die Hämaturie. Für die
Diagnose sind folgende Punkte wichtig : a) Wenn
man neben den Symptomen einer Nierengeschwulst
den Nachweis einer Hydro- oder Hämatonephrose
fQhren kann und wenn man Qesch wulstseilen im
Urin findet b) Der Nachweis einer Hämato-
nephrose, auch wenn andere Symptome nicht
vorhanden sind, c) Wenn man in dem mittels
Hamleiterkatheter gewonnenen Nierenbecken-Urin
Qeschwulstzellen findet, d) Wenn man mittels
Cystoskops in der Blase papilläre Wucherungen
findet oder eine von der Harnleitermündung aus-
gehende polypöse Oeschwulst. Therapeutisch ist
bei allen papillären Geschwülsten, auch wenn sie
noch so gutartig erscheinen, die totale Nephrektomie
und eventuell auch die totale Ureterektomie vorzu-
nehmen. In den Fällen, in denen die Neubildung
nur den unteren Theil des Harnleiters einnimmt
und die dazu gehörige Niere anscheinend gesund
ist, macht man nach der Exstirpation des erkrank-
ten Harnleiterstückes , wenn irgend möglich , die
Ureterocystostomie. Ist diese Operation nicht mög-
lich, weil das erkrankte Harnleiterstüok zu lang
ist, so müssen Harnleiter und Niere vollkommen
exstirpirt werden. 4) Nierencysten. A. und I.
unterscheiden 6 Arten von Cysten : a) die Cysten
bei interstitieller chronischer Nephritis — sie haben
kein chirurgisches Interesse — ; b) die uni- oder
paucilokulären Cysten, die gewöhnlich als seröse
Cysten bezeichnet werden; c) die polycystische
Niere ; d) die Echinokokkencysten und e) die Der-
moidcysten der Niere. Die beiden letztgenannten
Cystenarten werden von A. und I. nicht mit in den
Bereich der Besprechung gezogen. Bei der Be-
handlung der seltenen serösen Cysten empfehlen
A. und I. mit vollem Rechte, möglichst conservativ
vorzugehen. Bei der polycystischen Niere unter-
scheiden sie die angeborene oystöse Nierendegene-
ration, die nur äusserst selten Gegenstand chir-
urgischen Eingreifens ist, und die cystöse Nieren-
degeneration bei Kindern und bei Erwachsenen.
Bei beiden ist die primäre Ursache der Erkrankung
in einem Entwickelungsfehler zu suchen ; epithe-
liale Proliferationen und Retentionen spielen eine
Rolle bei der Vergrösserung der Cysten. Bei der
cystösen Nierendegeneration der Erwachsenen
unterscheiden A. und I. klinisch eine urämische,
Bright'sche und renale oder chirurgische Form.
Bei letzterer bestehen die Hauptsymptome in
Hämaturie und Lendenschmerzen. Nur bei der
„chirurgischen** polycystischen Niere darf operativ
eingeschritten werden, und auch nur dann, wenn
man vollkommene Gewissheit über die Gesundheit
der anderen Niere erlangt hat. 5) Paranephritische
Geschwülste, lian kann hier 5 verschiedene Arten
unterscheiden: a) Lipome, Myxolipome u. s. w. ;
b) Fibrome, Fibromyxome u. s. w.; c) Sarkome,
Fibrosarkome u. s. w. ; d) MischgeschwQlste, Fibro-
myoosteosarkome u. s. w.; e) paranephritische
Cysten. Therapeutisch empfiehlt sich bei dea
festen Geschwülsten eine möglichst vollständige
Exstirpation, und zwar, wenn irgend thunlich, mit
Erhaltung der Niere.
Den Schluss des Buches bilden statistische
Zusammenstellungen über die von A. und L ope-
rirten Kranken: 413 Nierengesohwülste bei Er-
wachsenen; 172 Nierengeschwülste bei Kindern;
63 Nierenbecken- und Harnleiterneubildungen;
31 seröse Cysten; 53 cystöse Nierendegenen-
tionen; 72 paranephritische Geschwülste nnd
Cysten.
Der RiedeTschen Klinik entstammt eine
grössere Arbeit von G r o h 6 (263) : Uruere Nkreii'
tumoren in therapetUisekef , klinischer und paüuh
logisch' anatomischer Beleuchtung. In der Jenaer
Klinik sind seit 1888 von Riedel 15 Nuren-
tumoren operirt worden ; gestorben sind bald nach,
bez. in Folge der Operation 6 Kranke >» 40*/«
Mortalität. Transperitonäal wurden 13 (5 Todes-
fälle), lumbal 2 (1 Todesfall) operirt In 6 Fällen
(22 — öSjähr. Kr.) handelte es sich um unversMlh
liehe Nierenlumoren, bei denen stets transperitonflal
operirt wurde. 4 Kranke starben im direkten An-
schlüsse an die Operation ; 2 Kranke nach 3, bez.
8 Monaten an Recidiv. Ein vorübergehender Er-
folg ist hier nach G r.'s Meinung mehr werth, wie
mehrere Misserfolge. „Lehren sie nicht, dass es
sich bei unverschieblichen Tumoren gar nicht
voraussagen lässt, ob nicht doch eine relativ ge-
lungene Totalentfernung durchzuführen ist?" Die
Gruppe der verschiMichen Nier&niumoren weist
7 Fälle mit 1 postoperativen tödtlichen Ausgange
auf (14.2 lo/o Mortalität); in allen Fällen wurde
transperitonäal vorgegangen. 2 Kranke waren nodi
^/s, bez. 1 Jahr nach der Operation gesund ; eine
ÖSjähr. Frau war noch 5 Jahre nach der OperaUon
gesund und reddivfrei, Differentialdiagnoetiscil
boten die bisherigen Fälle keine allzu grossen
Schwierigkeiten ; fast durchweg waren es grössere
Tumoren, die unschwer als von der Niere aus-
gehend zu erkennen waren. Dagegen war in den
beiden letzten Fällen, in denen die Operation lumbal
vorgenommen wurde (1 Todesfall), der palpatorisohe
Befund ausserordentlich unsicher, obwohl in dem
einen Falle wenigstens schon sehr auegedehnte
pathologisch-anatomische Veränderungen vorlagen.
Zur genaueren pa^^^o^Me^notomisoften Thier-
suchung standen Gr. 11 Fälle zur Verfügung:
9 eigentliche Niereniumoren, nämlich 7 Strumae
suprarenaL aberratae, 1 Oysiadenom, 1 diffoses, in-
filtrirtes Gardnom. In 2 Fällen handelte es sich
um Tumoren des Nierenbeckens, Carcmoma fOfSlüf*
und Ädenoearcinom.
Bei den Strumen sind NisrenbikUiunQen fut
constant vorhanden ; dieses erklärt sieh leicht ans
dem grossen Gefftssreichthum der Geschwulst und
Wagner, Neuere BeitrAge zur Nierenohinirgie.
237
aus ihrer Tendenz, in die Blutbahnen vorzudringen
und weiterznwuchem. Ebenfalls sehr häufig, und
. zwar in öO^/q besteht die Hämaturie bei den an-
deren malignen Nierentumoren ; ausgeschlossen
sind dabei die embryonalen Adenocarcinome, über
die Gr. keine Erfahrung besitzt.
Als wichtig m(Schte Or. dann noch hervor-
beben, dass gerade bei den reinen echten Carci-
nomen, nämlich dem diffus infiltrirenden und dem
Carcinome des Nierenbeckens, die Kachexie beson-
ders auffiel, im Gegensätze zu den anderen Tumor-
arten, besonders Strumen, wo dieses nur selten der
Fall und lange nicht so ausgesprochen im Ver-
hältnisse zur Grösse und Dauer der Entwicke-
long war.
Die längste bis jetzt festgestellte DauerheUung
nach einer toegen Nierencarcinam ausgeführten
Nejpkrekiomie (paraperitonäaler Flankenschnitt) be-
trägt 18 Jahre 7 Monate,
Die damals 58jShr. £r. wurde im April 1885 von
Kroeolein (274) operirt; sie wurde zuletzt am 7. Nov.
1903 Dachuntersucht und re<^tr/re» gefunden. Die jetzt
?6jShr. Er. hat immer eine breite, gut passende Bauch-
binde getragen ; in Folge dessen ist die sehr lange Narbe
noch recht fest Trotz schlaffer Bauchdecken besteht
keine Narbenhernie.
Eine weitere Daiterheilung nach einer wegen iVtere»-
earcinom yon E r o e n 1 e i n ausgeführten Nephrektomie
beträgt 4 Jahre 5 Monate,
In einer Arbeit über multiple Papillome der
hamft^enden und der hambereitenden Wege der
i\^e berichtet Matsuoka(280) aus derScriba'-
schen Elinik in Tokyo über 2 Fälle multipler
Pc^nHombildung im Nierenbecken,
Bei beiden Er. (einer 48]ähr. Frau und einem öSj&hr.
Maooe) war niemals Hämaturie aufgetreten ; die klinische
Diagnose konnte beide Male nur auf «Pyonepbrose'' ge-
stellt werden. Erst durch die eodraperiUmäale Nephr-
däomie wurde der wahre Sachverhalt aufgeklärt. Der
53jihr. Er. ging 17 Tage nach der Operation an Tetanus
suGmode. Die Untersuchung der eocstirpirten Organe
orgsb ,die Schleimhaut des Nierenbeckens, der aus-
gedehnten Nierenkelche und des Anfangstheiles des
Ureters gleichmässig mit 1 — 12 mm langen, zarten, milch-
veiBsen, fast zerfliessenden, sich mehr oder weniger ver-
ästelnden, im Wasser flottirenden, dicht gedrängten,
pt^iüSeen Wucherungen bedeckt*^. Die multiple, rasen-
ßrmige Wucherung der Schleimhaut des Nierenbeckens
war in gleicher Weise auf einen grossen Theil der Schleim-
baat, bez. auf die Epithelauskleidung der harnführenden
imd hambereitenden Wege der Niere übergegangen. Es
war hierdurch zu einer chronischen, entzündlichen In-
filtration und Atrophie des Nierengewebes, sowie durch
die Geschwulstbildung im Ureter und Nierenbecken zu
Hydronephrose gekommen.
Pels-Leusden (286) berichtet aus der
König 'sehen Elinik über 2 Operationen von
^^erenbeekengesehuHUsten. In beiden Fällen han*
delte es sich um epitheliale Geschwülste von
papillärem Bau, die makroskopisch einen voll-
kommen gutartigen Charakter hatten, klinisch je-
doch und nach einer genaueren mikroskopischen
Untersuchung als bOsartige bezeichnet werden
mussten.
Fall 1. Frau, 72 Jahre. 4 Jahre vor der Operation
mm ersten Male Blut im Urin. Die Blutungen wiederholten
sich in verschiedenen Intervallen. Seit >/, Jahre ziehende
Schmerzen in der rechten Unterbauchseite, seit 6 Wochen
eine Geschwulst daselbst bemerkt Man fühlte eine nach
allen Richtungen bewegliche, kindskopfgrosse Geschwulst
in der rechten Nierengegend; der Urin enthielt wenig
Blut, etwas Ei weiss, weisse Blutkörperchen und Blasen-
epithelien, keine aus der Niere stemmenden Elemente.
Diagnose : Solider Tumor in der rechten Niere. Exstir-
pation auf transperitonäalem Wege. Normale Heilung.
Die Er. ist 5 Monate nach der Operation an Lebermeto-
stasen zu Grunde gegangen. Pathologisch-anatomischer
Befund : Papilläre epitheliale Geschwulst, fast das ganze
Nierenbecken sammt Kelchen einnehmend, die durch
Verlegung des Harnleiters zu einer starken Hydronephrose
Anlass gegeben hatte. Mikroskopisch im Wesentlichen
Oberflächen wachsthum, nur an einigen wenigen Stellen
Einwachsen von epithelialen Zapfen in die Tiefe.
Fall 2. Frau, 54 Jahre. Vor Vt Jahre zum ersten
Male Blut mit Urin entleert ; das wiederholte sich öfters,
und seit Wochen war der Urin dauernd blutig. Pat sehr
anämisch und heruntergekommen. Im Urin viel Blut,
einige Leukooyten, keine sonstigen Formbestandtheile.
Auf Grund des Ureterenkatheterismus stellte Casper
die Wahrscheinlichkeitdiagnose auf Tumor der rechten
Niere. Bei der Operation fand sich eine äusserlich ganz
normal aussehende Niere, auoh durch den Sektionschnitt
konnte zunächst eine Erkrankung der Niere und des
Nierenbeckens nicht festgestellt werden, erst die mikro-
skopische Untersuchung eines kleinen, aus dem Nieren-
becken entleerten Gewebestückohens brachte die Gewiss-
heit, dass irgend wo an der Niere eine Geschwulst ihren
Sitz haben müsse. Daher Ezstirpation der Niere. Nor-
male Heilung. Pat. seitdem gesund. Pathologisch-ana-
tomischer Befund: In der Tiefe mehrere Nierenkelche,
auf die Papillenspitzen übergreifend, kleine papilläre
Wucherungen, die an einigen Stellen deutliche Neigung
zum Wachsthum in die Tiefe haben, im Allgemeinen aber
in Gestalt feiner, dicht aneinander gedrängter zottiger
Ezkrescenzen die Grenzen des Nierenbeckens kaum über-
schreiten. Letzteres im Uebrigen normal, nicht erweitert.
Die Geschwulst war noch so geringfügig, dass sie auoh
in dem herausgeschnittenen Organ leicht übersehen wer-
den konnte. Wäre das kleine Gewebestückchen nicht
entleert worden, so würde die Niere wieder zugenäht und
versenkt sein, und man hätte den Fall wahrscheinlich
aufgefasst als einen von einseitiger Nierenblutung aus
einer normalen Niere.
Die multiplen paipiüärenNierenbeekengeschumtste
sind fast immer maligne und gebieten die radikale
Entfernung des Organs sammt dem Ureter, da es
in letzterem nicht selten zu einer Aussaat von Oe-
schwulstkeimen kommt Das hervorstechendste
Symptom derartiger Tumoren ist die Blutung;
hierzu kommen Schmerz und Oeschwulst Wird
der Ureter verlegt, so bildet sich eine inter-
mittirende Hydronephrose aus. Kann man wech-
selndes Volumen einer im Uebrigen nach den
sonstigen Symptomen tumorverdächtigen Niere
constatiren, findet man daneben zahlreiche aty-
pische Epithelzellen im Urin, so ist die Diagnose
nach den Erfahrungen von Israel, Albarran
u. A. fast gesichert. Ueber die Entstehung dieser
Tumoren ist eben so wenig bekannt, wie über die
der OeschwtJQste überhaupt; meist entstehen sie
im Alter von 40 — 60 Jahren. Die Qeschwülste
befielen 24mal Männer, 13mal Frauen ; Smal wur-
den Nierenbeckensteine beobachtet; 2mal hatten
sich die Neubildungen in congenital abnormeA
Ureteren entwickelt
1
238
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenchirurgie.
Die primären Neubildungen des Nierenbeckens
und des Hamieiiers sind nach den Untersuchungen
von Albarran (248) sehr selten. Nach der
histologischen Beschaffenheit unterscheidet man:
epitheliale Neubildungen (Papillome, Epitheliome)
und vom Mesodenn ausgehende Neubildungen (Sar-
kome, Myxome, Rhabdomyome).
I. Epitheliale Oesekwülste. Am häufigsten sind
hier die Papillome, von denen A. 18 Beobachtungen
zusam menstellen konnte. Sie entwickeln sich meist
imOrunde des Nierenbeckens und setzen sich dann
nach dem Harnleiter zu fort; primäre Harnleiter-
papillome sind ganz ausserordentlich selten. Die
Nierenbecken- und Hamleiterpapillome haben die
grOsste Aehnlichkeit mit denen der Blase; fast
stets handelt es sich um multiple Geschwülste.
Von nicht papillären Epitheliomen konnte A. nur
13 Fälle finden. Vom Drsprungsorte dieser Oe-
schwfilste gilt das Gleiche, wie von den Papillomen.
Meist handelt es sich um alveoläre, seltener um
cylindrische Epitheliome. Eine noch nicht ge-
nflgend bekannte Form des primären Nierenbecken-
krebses ist das aus Leukoplasien entstehende Epi-
thelioma pavimenteux. Die epithelialen Nieren-
becken- und Harnleitemeubildungen können auf
die benachbarten Organe weiter fortschreiten und
zu ausgedehnten Drüsenerkrankungen führen. Ent-
wickeln sich die Geschwülste an der oberen Mün-
dung des Harnleiters, so kommt es zu sekun-
därer Hydro-, Hämato- oder Pyonephrose. Die
epithelialen Geschwülste treten am häufigsten zwi-
schen dem 40. bis 60. Jahre auf und sind ver-
schiedene Male gleich'zeitig mit Nierenbecken-
steinen beobachtet worden.
Die Symptome der primären Nierenbecken- und
Harnleitemeubildungen sind in der Hauptsache die
gleichen, wie die der primären Nierengeschwülste :
Hämaturie, Geschwulstbildung, Schmerz. Manch-
mal gleichen die Symptome mehr denen der Nephro-
lithiasis, in vereinzelten Fällen endlich findet man
nur die Zeichen einer Harnretention aus zu-
nächst unbekannter Ursache. Dieser klinische
Polymorphismus hat bisher auch sehr erschwerend
auf die Stellung einer sicheren klinischen Diagnose
gewirkt. Nur in einem Falle von Israel und in
2 von A. mitgetheilten Beobachtungen konnte vor
der Operation die Diagnose auf Nierenbecken-
papillom gestellt werden, und zwar kann sich die
Diagnose namentlich auf 4 Thatsachen stützen:
1) Neben den Symptomen einer Nierengeschwulst
findet sich gleichzeitig eine Hydro- oder Hämato-
nephrose. 2) Es wird eine Hämatonephrose fest-
gestellt, ohne dass andere Nierenerscheinungen
vorliegen. Hierbei ist natürlich zu beachten, dass
eine solche Retention von blutigem Urin auch bei
Nierentraumen, Nierensteinen und einfachen Hydro-
nephrosen vorkommt. 3) Man findet in dem durch
Hamleiterkatheterismus erhaltenen Harne Ge-
schwttlstzellen, und zwar entweder Gylinder-, oder
Pflasterepithelzellen. 4) Man sieht direkt durch
das Cystoskop die aus der HamleitermOndang
herausquellenden Geschwulstzotten. Vorsicht vor
Verwechselung mit Blasenpapillomen, deren Im- |
plantationstelle im Niveau der Hamleitermflndong
sitzt Prognostisch sind sowohl die papillomatOsen,
als die nicht papillomatOsen epithelialen Nenlnl-
dungen als schwere Erkrankungen anzasdieD. Die
an und für sich gutartig«! Papillome kOnnen sich
jeder Zeit in bösartige Epitheliome umwandeln.
Hieraus ergiebt sich für die Therapie die wichtige
Folgerung , in allen Fällen , auch wenn sie ta-
scheinend noch so gutartig sind, wenn liegend mög-
lich, von vornherein die totale Nephrektomie vo^
zunehmen, eventuell in Verbindung mit der totalen
Ureterektomie. Man darf hierbei nicht vergessen,
dass die mittleren Partien des Harnleiters voll-
kommen normal sein können, während der unterste
Theil wieder Geschwulstmassen enthält Setzen
sich diese auch auf die Blasenschleimhattt fort, so
muss dieser Theil der Schleimhaut von einem
hohen Blasenschnitte aus resecirt.werden.
n. MesodennäU Neubildungen. Diese sind nooh
bedeutend seltener, als die epithelialen Qeechwülste.
A. konnte nur 7 hierher gehörige Beobachtungen
zusammenstellen. Diese Geschwülste entwickeln
sich entweder nach der Höhle des Nierenbeckens
zu (cavitäres Wachsthum), oder sie wachsen ex-
centrisch, ohne in das Nierenbecken oder den Harn-
leiter selbst einzudringen. Im ersteren Falle glei-
chen die Geschwülste mehr oder weniger gestielten '
Polypen und haben meist sekundäre renale Reten-
tionen im Gefolge, unter den 7 Fällen fanden
sich ihrer histologischen Struktur nach 4 Rhabdo-
myosarkome, 1 Myxom, 1 Angiosarkom and 1 Endo-
thelioma lymphaticum. Die Rhabdomyosarkome
betrafen Kinder von einigen Monaten bis zu 5 Jahren.
Im üebrigen gilt von den mesodermalen Ge-
schwülsten des Nierenbeckens und des Hamleiters
dasselbe, wie von den epithelialen.
Anhangsweise theilt A. noch eine neue Be-
obachtung vonNierenbeckenpapiUommit: Sdiwere,
anscheinend essentielle Hämaturie; erst dieN^>hr>
ektomie deckte die nähere Ursache der Blutung auf.
Tikhoff (204) bringt eine genaue pathologiseb-
anatomische Beschreibung eines Fafies von Papillom det
rechten Nierenbeckens. Der 4Qjähr. Kr. wnrde von R o u x
operirt : Nephrektomie. Nach 10 [l] Jahren Entwickelirag
eines Narbenrecidivs entsprechend der Stelle der 3 letztui
Rippen. Die yollkommene Ebcstirpation des mit der Vena
Cava zusammenhängenden Tumors war unmöglich. Tod
mehrere Monate später an Krebskachexie.
In einem Beitrage zur Kenntmss der Nieren-
kapselgesehwülste hat Bork (253) zunächst 22nile
aus der Literatur zusammengestellt und dann 2
neue Beobachtungen von May und Pfannen-
stiel hinzugefügt
Im i. Falle handelte es sioh um ein Ijihr. Mädefaeo
mit übermannskopfgrossem Lipom von der rechten Niereo-
kapsei aasgehend. Ezstirpation von einem ▼. Berg-
mann *8chen Schnitte aus mit Erhaltong der Ißeie.
Heilung, die nooh IVi Jshre spfiter constatirt wurde.
Im 2. Falle handelte es sioh nra eine 51jfihr. Fraa
mit fast zweiipannskopfgrossem Fibrom^xom von d«r
Wagner, Neuere Beiträge znr Nierenohinirgie.
239
Kapsel der linken Niere aoagehend. Laparotomie, Nar
wo der Tamor der Niere aufsitzt, zeigt er stärkere Ver-
waobsoog, 80 dass bei der LÖsang NiereDparenohym mit
«asreisst und eine st&rkere Blutang yerarsaoht. ^Im
Uebrigen Ifiast sich der Tamor aus seiner Kapsel leicht
amechfilen, wobei öfter gefSsshaltige Stränge and Venen
unterbunden werden müssen. Nach der Entfern ang des
Tomors wird der Defekt der Niere durch mehrere mit
dem Dechamps gelegte Nfthte gesohlossen und die noch
blnteodeo Stellen mit dem kaum rothglühenden PaqueÜn
oberfiächlich yerschorft. Sodann wird die Innenfläche
der Kapsel darch eine Tabaksbeutelnaht mit Catgut ge-
schlossen and darüber die Aussenfläche mit fortlaufender
Seide nach Art einer Lembert*8chen Naht gofasst und
über dem Stumpf so vereinig dass der freie Rand des
Sackes eingestülpt wird. Hethmg, noch nach l^t Jahren
Unter den 24 Fällen war 1 inoperabel; von
deo 230perirten starben 4 im direkten Ansohlusse
an die O|)eration. Bei 2 Kranken konnte die Ope-
ntioD nicht vollendet werden, 17 Kranke genasen.
Von 6 nachuntersuchten Operirten waren 5 noch
über 2 Jahre nach der Operation vollkommen ge-
sund, einer seigte nach 1 Jahre ein Reoidiv. 15mal
wurde gleichzeitig mit der Oeschwulst auch die
Niere ezstirpirt, die sich hinterher stets als gesund
erwies. In 1 Falle musste wegen Verwachsung
mit dem Tnmor das untere Drittel der Niere rese-
drt werden {Heilung). In 3 Fällen konnte die Niere
Id toto erhalten werden {Heilung).
DieSchlnsssätzeB.'s sind folgende : Die Nieren-
hfidgeechwiiUte sind entweder Lipome, bez. Fibro-
I lipome, oder Myxolipome, seltener Sarkome. Die
Lipome sind gutartige, die Sarkome selbstredend
bOttrtige Neubildungen, die Myxolipome stehen
auf der Grenze. Die Niere ist in allen Fällen von
Nierenkapselgeechwülsten als gesund befunden
worden. Die Elzstirpation der Oeschwulst lässt
sich meistens mit Erhaltung des hambildenden
Organs bewerkstelligen. Die Prognose der Opera-
tion ist heutzutage trotz der OrOese des Eingriffs
als eine gfinstige anzusehen.
Hartmann undLecene (264) berichten über eine
6^r.fhiu mit ausserordentlich grossem rechten jllimor
itr Capsula adiposarents, Coeliotomie, Die OeschtctUst
loMmte nur mittels Morcellement entfernt werden ; die in
ibr eiogeechlossene Niere musste mit entfernt werden.
&ibmg, 1 Jahr später inoperaMes Reeidiv,
Histologiech handelte es sich um eine Mische
gwkunäst — Lipo-Mgxo- Sarkom — , die aller Wahr-
ttbeislichkeit nach von der Capsula adiposa renis ihren
Aoagaog genommen hatte.
B. u. Lk haben aus der Literatur noch 82 ähn-
liche Beobachtungen zusammengestellt Von den
im Ganzen 33 Fällen betrafen 27 Weiber, 6 Männer.
Ke Mehrzahl der Kranken stand im Alter zwischen
30—60 Jahren ; 2mal bandelte es sich um Kinder
▼ool — 3 Jahren. i\i^fo^»Ms^ana(omiMfc handelte
es sieh am häufigsten um Fibromyxolipome und
ffint Upome. In dem Falle von H. u. L. fanden
sich inmitten der Bindegewebeelemente embryonaie
W6l(j^edie Drüaeneehläuehe.
KKnieeh zeichnen sich diese Oesohwülste durch
ein sehr langsames Wachsthum aus; die Tumoren
kfinnen hierbei eine ausserordentliohe QrOsse er-
reichen, ohne dass das Allgemeinbefinden erheb-
lich gestfirt wird, und ohne dass Störungen von
Seiten der Nierenfunktion auftreten. Die Hehrzahl
der Tumoren ist gutartiger Natur. Bei 18 Kr.
wurde die Oeschwulst mit der Niere entfernt
(4 Todesfälle) ; bei 9 Kr. geschah die Exstirpation
mit Erhaltung der Niere (3 Todesfälle).
Burkhardt (266) bespricht die kUnisehe
und patkohgiaeh-anatamieehe Stellung der häeartigen
NAennierenadenome der Niere, Er berichtet zu-
nächst über 4 von Schönborn beobachtete Fälle
dieser Oeschwulstform, die 40 — 67 Jahre alte Kr.
betrafen. Bei allen 4 Kr. wurde die retroperito-
näale NepkrekUmie vorgenommen; bei 2 Kr. trat
bereits nach 6 Monaten Reoidiv auf, 2 Kr. starben
im direkten Anschlüsse an die Operation an Urämie,
bez. Peritonitis in Folge von Colonverletzung. Bin
genaues Studium der in der Literatur nieder-
gelegten Beobachtungen von malignen Nebennieren'-
adenomen ergiebt, dass klinisch doch einzelne
Eigenthflmlichkeiten gegenüber den vom Nieren-
gewebe selbst ausgehenden malignen Tumoren
hervortreten, die wenigstens in einigen Fällen
eine Wahreeheinlichkeitdiagnoee gestatten dürften.
Was diese Geschwülste zunächst vor den anderen
malignen Nierentumoren auszeichnet, ist das meist
viele Jahre lange Bestehen, ehe sie bedrohliche Er-
scheinungen machen. Die Länge der Zeit vom
erstmaligen Auftreten solcher mehr oder weniger
geringfügigen Symptome bis zum Beginn bedroh-
licher, den Allgemeinzustand afficirender Erschei-
nungen beträgt nach den bis jetzt mitgetheilten
Fällen durchschnittlich 4 — 6 Jahre. Die Wuche-
rung der abgesprengten Nebennierenkeime ist zu-
nächst eine rein adenomatöse. Dieses gutartige
Stadium der Oeschwulst ist dasjenige, das ent-
weder, allerdings in den selteneren Fällen, gar
keine Symptome macht, oder aber bei allmählichem
Orösserwerden des Tumor die mehr oder weniger
geringfügigen Schmerzen in der Nierengegend und
das Oefühl der Schwere im Leibe verursacht Wie
dies allen einfachen Hyperplasien zukommt, ist
auch in diesem Stadium das Wachsthum langsam
und Jahre lang dauernd, führt aber schliesslich zu
sehr erheblicher Grösse des Tumor. Der üeber-
gang in das bösartige Stadium pflegt sich dann
klinisoherseits durch rascheres Wachsthum der Oe-
schwulst und, abgesehen von den rein mechanischen
Beschwerden, die die Grösse des Tumor macht,
z. Th. lediglich in Veränderungen des Harns oder
auch schon durch erheblichere Störungen des All-
gemeinbefindens kundzugeben. Speoiell die inter-
mittirenden Hämaturien werden ungleich viel häu-
figer angetroffen, als bei den übrigen malignen
Nierentumoren. Ist die Geschwulst nun einmal
in bösartige Wucherung übergegangen, so steht sie
auch klinisch den anderen malignen Tumoren in
keiner Weise nach. Das Wachsthum ist sehr
rasch; 6 — 6 Monate nach der ersten Hämaturie
treten Metastasen auf (Lungen, Knochen).
240
Wagner, Neuere Beiträge zur Nierenchirurgie.
Die einzige in Betracht kommende Therapie
besteht natürlich in möglichst frühzeitiger ExaHr-
paium der erkrankten Niere. B. hat 21 Nephrek-
tomien zusammengestellt; nur 3 Operirte waren
noch 2 Jahre, bez. 7 Jahre nach der Operation
ohne Reoidiv.
B. geht genauer auf die pcUhohgieche Änaionue
der Nebennierenadenome ein und folgert aus seinen
Untersuchungen die Nothwendigkeit , „die Neu-
bildungen der Nebennierenparenchymzellen den
Tumoren der anderen drüsigen Organe, bez. ihres
Parenchyms gleichzusetzen und gleichwerthig zu
erachten, und so lange wir die malignen Tumoren
der letzteren Carcinome nennen, erscheint es auch,
um der Einheitlichkeit willen, geboten, die malignen
Tumoren der ersteren keine Ausnahme machen zu
lassen, und dieselben ihrem Nomadenleben, das sie
bisher führten, zu entreissen. Ihnen allein eine
besondere Stellung einzuräumen, liegt kein triftiger
Qrund vor."
Jenckel(267) theilt aus der Braun 'sehen
Klinik einen neuen Fall von Nierenmüehgeschtvulat
mit, „welcher in doppelter Beziehung von Inter-
esse ist und in der Literatur kaum seines Oleichen
hat, einmal weil er den Typus reiner embryonaler
Drüsenmisohgeschwulst ohne maligne Entartung
(weder im pathologisch-anatomischen, noch im kli-
nischen Sinne) zeigt und ausserdem von einem
älteren Individuum, einer 43jähr. Frau, stammt".
Die Nephrektomie wurde von Braun iransperüonäal
ausgeführt; die Kranke genas und war noch nach
mehr als 2 Jahren gesund.
J. kommt zu dem Schlüsse, dass es nicht
nOthig ist, für nUe Nierenmieehge^chumlete nach
der Hypothese von Wilms eine Keimverspren-
gung aus frühester Fötalperiode anzunehmen, da
in der Nierenanlage selbst ein Gewebe vorhanden
ist, aus dem sich alle Bestandtheile, die die Misch-
geschwulst zusammensetzen, erklären, bez. ab-
leiten lassen. Das Vorkommen ektodermaler Be-
standtheile in diesen complicirt zusammengesetzten
Nierentumoren spricht eher gegen, als für die
Theorie von Wilms, da die Beziehungen zwi-
schen dem WolfiTschen Gange und dem Ektoderm
erst hervortreten zu einer Zeit, wo die Differen-
zirung des Hesoderm in Myo- und Nephrotom be-
reits durchgeführt ist. Jedenfalls lassen sich die
ektodermalen Bestandtheile durch Störungen in
dem späteren Stadium der Entwickelung als Pro-
dukte der Nierenkeimanlage selbst erklären.
Debuchy (259): 3jähr. Knabe mit Encephaloid-
aarkom der rechten Niere, TraDsperitonäale Nephr-
ektomie, lod 5 Std. nach der Operation.
V. £ n g e 1 e n (260) : lOjähr. Knabe mit linker weicher
Nierengeschwtdst, die im Anschlüsse an einen Sturz zu-
erst bemerkt worden war. Hämaturie. Lendenschnitt,
Eröffnung eines Blutergasses, in dem sich Gewebetrümmer
befanden, die sich mikroskopisch als Sarkam erwiesen.
Tamponade. Tod nach 3 Wochen.
He ästen (266): 24jähr. Er. mit reohtseitigem
Nierensarkom, Lumbale Nephrektomie, Heilung, Die
ezstirpirte, stark vergrösserte Niere enthielt zahlreiche
Cysten ; das Sarkom sass hauptsfichlich im Nierenbecken
und sandte einen längeren Ausläufer in den Ureter.
I m be rt (268) hat bei einem 37jähr. Er. mit Erfolg
ein Fibromyom der linken Niere entfernt Er giebt eine
eingehende histologische Besohreibuog dieser Viack-
geschwulst und schliesst daran den genauen mikrosko-
pischen Befund eines embryonalen Adenosarkoms der
Niere, das Sstor bei einem Einde entfernte.
Joseph (270) berichtet aus der Czerny'sckeo
Elinik über einen angeborenen Misehtumor der linken
Niere. Urin normal. C z e r n y *scher Nierenschnitt Die
Palpation der rechten Niere ergab normale Verhäitnine.
Exstirpation der linken Niere, Heilung bisher über
IVi Jahre festgestellt, obwohl bei der Operation ein be-
weglicher, aus Oesohwalstmassen bestehender Thrombu
in der Art renalis gefanden wurde.
Le Conte (275): 1) 3jähr. Enabe mit Adenosarkom
der rechten Niere, Mikroskopisch Hämaturie. Thnw-
periUmäale Nephrektomie, Heilung, 6 Monate spiter
inoperables Recidiv.
2) 2Viiähr. Mädchen mit Rundxellensarkom der reck-
ten Niere; keine Hämaturie. Transperitonäale Nephr-
ektomie, Heilung. iVt Monate später Tod an Broncho-
pneumonie. Die Sektion ergab Metastasen in den Lan-
gen, Mesenteriaidrüsen u. s. w. Linke Niere vergrösseit,
sonst normal.
Leo n te (277) : Adenosarkom der reektsH Niere bä
einer Frau. Seitliche Laparotomie. Ausserordentlich
schwierige Exstirpation. Einreissen der V. cava inferior.
Naht der Rissstelle. Heüung.
L i n d n e r (226) theilt 2 Fälle von Verletxmngen
der V, cava bei der Nephrektomie mit
In dem 1. Falle bandelte es sich um einen 6^lhr.
Er. mit rechtem Nierenearcinom, Bei der Ausldsung
der krebsigen Niere zerriss die von Garoinommassen
durchwachsene V. cava. Sofortige doppelte ünterbindaag $
des Oefässes. Tod durch Lufteintritt in das Hers knri
nach Vollendung der Operation.
Der 2. Fall betraf einen 35jähr. Er. mit reohtsdtixer
Nierentuberkulose, Bei der Nephrektomie enorme tfia-
tung, die aus derV. cava herrühren mnsste. Tampooade.
Heüung,
In der Literatur finden sich 7 EtUle von Cava-
Verletzung während der Nephrektomie.
Perm an (287): 57jähr. Er. mit linkem Hgper-
nephrom. Niemds Hämaturie ; seit 2 Jahren Abmage-
rung. Nephrektomie, Heilung, Die Geschwulst wir
innerhalb 3 Monaten sehr schnell gewachsen. Die noch
intakte Oeschwulstkapsel hatte den Durohbmch in d»
Nierenbecken verhindert, daher keine Hämaturie.
Petit (288) entfernte bei einem 20 Monate tüten
Mädchen ein Sarko - lükobdomyom der reckten Niere
mittels transperitonäaler Nephrektomie. Heüumg; sehr
bald Recidiv.
S c h ö n s t a d t (291) : 6monat Enabe mit linkseitiger,
mannsfaustgrosser, fester Nierengesehwutst, Ihmsperi-
tonäale NephrMomie. Heilung, bisher 7 Monate fest-
gestellt. Die Geschwulst erwies sich mikioskopisdi als
Adenoearcinom.
Tiling (295): 53jähr. Mann mit linkem Nieren-
earcinom. Vor 7 Jahren Anfall von heftigen Scbmenen
in der linken Bauchseite ; seitdem noch 2malige Wieder-
holung dieser Anfälle. Eein Abgang von Gonkrementaa.
Vor einigen Wochen 4. Anfall mit lOtägiger Hämatmie.
Nachweis eines linken Nierentumor. Lumbale Nephr-
ektomie, Heilung. Die Niere zeigte auf dem Durdi-
schnitte ein mehr als apfelgrosses Carcinom, das das
Nierenbecken ausfüllte; im Nierenbecken mehrere Steine.
Walker (296): 3 Jahre 10 Monate altes Midda
mit linkseitiffem Nierensarkom. ErtnipmUKdsk Nephr-
ektomie, Heilung.
W e b b (297) : 6jähr. Mädchen mit grossem
xeüensarkom der ruhten Niere. Thmsperitonöale
I. Anatomie und Physiologie.
241
raiüm. Hhd 2 Stunden spftter an Blntang. Die klinische
Diagnose war auf Peritonitis und rechtseitige peritoni-
tische abgesackte Eiterung gestellt worden.
In manohen Fällen von Varikoceh bei Nieren-
Umoren ist die Ursache sioher in einer Compres-
Bton des oberen Theiles der V. spermatica durch
die Nierengeschwulst selbst oder durch krebsig
oder sarkomatOs degenerirte und vergrösserte
LymphdrQsen zu suchen. Einen Fall der letzteren
Art theilt Raf i n (290) mit. Nach ihm sind Qbri-
geos auch Fälle von symptomatieeher Varikoeele
ohM Lymphdrüsenerkrankung bekannt geworden.
Eeen (272) machte bei einer 45jähr. Kr. die Nephr-
ektomie wegen eines falschen Aneurysma eines Astes der
Nierenarterte. Die Niere war durch Druck atrophisch.
Die klinische Wahrscheinlichkeitdiagnose war auf Hydro-
nephrose der rechten Niere gestellt worden.
Morris (282) theilt einen Fall von Aneurysma
der Nierenarterie mit
Der 36]ähr. Kr. hatte vor 5 Jahren eine schwere
Contusion der linken Niere erlitten. Hämaturie. All-
mählich entwickelte sich eine harte Geschwulst, die mit
der Zeit die ganze linke Bauchseite einnahm. Starke,
ausstrahlende Schmerzen. Geschwulst hart, glatt, voll-
ständig fizirt, nicht fluktuirend; schnelles Wachsthum.
Gelegentlich geringe Fluktuation, lautes systolisches Ge-
räusch über der Geschwulst Die klinische Diagnose
schwankte zwischen Aneurysma der Nierenarterie, rena-
lem Hämatom und renaler Neubildung. Sehr schwierige
Exstirpaiion des aneurysmatischm Sackes und der stark
gesohrumpften linken Niere, die schwere interstitielle
Veränderungen zeigte. Tod 5 Std. post operationem.
M. hat aus der Literatur 19 Fälle von Nieren"
arterienaneurysma zusammengestellt: 12 trauma-
tische und 7 spontane. Die uHihren Aneurysmen
stellen kleine sackförmige Ausbuchtungen des Oe-
fftsses dar, während die falschen Aneurysmen sehr
grosse Ausdehnung erlangen können.
(Fortsetzung folgt)
B. Auszüge.
i. Anatomie und Physiologie.
306. Ueber das Gehimrelief dea Soh&dela
bei Säugethieren ; von Q. Schwalbe. (Ztsobr.
f. MorphoL u. Anthropol. VII. p. 203. 1904.)
Der Vf. unterscheidet das von aussen sichtbare
Oehirnrelief und das Windungsrelief. Bei vielen
Thieren sieht man deutlich die Orenze zwischen
Gross- und Kleinhirn, sowie die drei Theile des
Kleinhirns. Die Windungen sind von aussen am
besten zu sehen und zu fühlen bei den kleineren
Ranbthieren (besonders beim Hardergeschlechte)
und bei Halbaffen. Bei grösseren Raubthieren ver-
lieren sich die Wölbungen. [Bei manchen grösseren
Katzen, besonders bei Leoparden, hat der Bef, Theile
der Sandwindungen sehr gut von aussen gesehen.]
Bei den Affen ist wenig zu sehen [bei manchen
Meerkatzen sind die Schläfen Windungen recht deut-
lich], insbeaondere bei den Menschenaffen sind kaum
Windungen wahrzunehmen [ausgenommen manche
jüngere Schimpansen]. Der Vf. vermuthet, da
dodi offenbar das wachsende Qehim den Schftdel
formt, dass bei den Anthropoiden das Oehirn-
wachathum frfih aufhöre, während der Schädel in
gewissem Orade noch weiter wächst.
In der Einleitung verwahrt sich der Vf. gegen
Verwechselang seiner Lehre mit der QalTs, denn
er beschränke sich auf das Morphologische. Das
ist wohl wahr, aber der Vf. betätigt eben doch
0 all 's Behauptung, dass man die Form Verschie-
denheiten des Oehirns von aussen mehr oder
weniger beortheilen könne. Früher hat „die Wissen-
schaft** durch Hyrtl's Mund erklärt: „Die anato-
Ifed. Jahrbb. Bd. 282» Hft. 3.
mische Wahrnehmung, dass den Erhabenheiten
des Schädels keine Erhabenheiten des Gehirns ent-
sprechen, hat über das Schicksal dieser Verirrung
des menschlichen Oeistes (der Phrenologie) für
immer den Stab gebrochen.'* M ö b i u s.
306. Ueber die Wirkung der Labyrinthe
und dea Thalamna optioaa auf die Zogourye
des Froaohea; von Gustav Emanuel. (Arch.
f. PhysioL XCIX. 7 u. 8. p. 363. 1903.)
Versuche von Ewald (1893) hatten ergeben,
dass beim Frosch ein Labyrinthtonus besteht.
Dieser liess sich in folgender Weise beobachten.
Nach dem Herabfedlen der mit einem Gewicht und
Hebel verbundenen hinteren Extremität des verti-
kal befestigten Frosches wird von dem Hebel eine
Curve geschrieben („Zugcurve*^). Diese zeigt cha-
rakteristische Unterschiede, als Folge verschiedener
Muskelspannung, je nachdem das Centralnerven-
System intakt oder zerstört ist („Tonuscurve" und
„Leichencurve'^). Nach Wegnahme beider Laby-
rinthe wird bei einem sonst normalen Frosch die
Leichencurve erhalten. Dasselbe Resultat trat ein,
wenn an einem normalen Frosch die Thalami optici
entfernt worden waren. Die hieraus gezogenen
Folgerungen für die Tonusfrage siehe im Originale.
Garten (Leipzig).
807. Zur Physiologie der längsgestreiften
(glatten) Moskeln der Wirbelthiere ; von Dr.
PaulSchultz. (Arch. f. Anat u. Physiol. [phy-
siol. Abth.] Suppl. p. 1. 1903.)
31
242
I. Anatomie und Physiologie.
In einer sehr ausführlichen Arbeit hat Seh.
alle die Resultate, die uns im Laufe der Zeit am
quergestreiften Muskel bekannt geworden sind,
nun auch nachgeprüft für den längsgestreiften
Muskel. (Diese neue Nomenclatur dürfte empfeh-
lenswerth sein, da die Muskeln nicht glatt sind,
im Oegentheil ihre L&ngsstreifung ein wesent-
liches Moment für die Verkürzungsmöglichkeit zu
sein scheint.) Er hat dabei an seinem Frosch-
magenriug manche Uebereinstimmuug, manche Ver-
schiedenheit festgestellt, auf die hier nicht näher
eingegangen werden kann, vor Allem aber hat er
gezeigt, dass manche Erscheinungen sich hier
besser studiren lassen, als am quergestreiften
Muskel. So macht er es z. B. wahrscheinlich, dass
der unbestimmte Begriff „Tonus'* sich thatsächlich
▼on zwei Erscheinungen ableitet : dem neurogenen
Tonus und, wenn dieser durch Atropin aufgehoben
ist, dem dann noch zurückbleibenden muskulösen
oder Substanz- Tonus. Dann ist es ihm gelungen,
an dem atropinisirten Präparat zuerst wirkliche
Einzelzuckungen hervorzurufen und an ihnen den
Einfluss von Spannung, Belastung, Reizstärke und
Ermüdung zu studiren. Es gelang ihm weiter,
die Reizsummation zu analysiren und die Kraft
und Arbeit der Gontraktionen zu berechnen. In
letzterer Beziehung ist es auffallend, dass, während
der quergestreifte Muskel eine Kraft entwickelt, die
500mal grösser ist als die des zugefQhrten Reizes,
beim längsgestreiften Muskel nur ^/^o bis ^/lo der
im Reiz zugeführten Energie wieder zum Vorschein
kommt. Es liegt nahe anzunehmen, dass für diese
Gebilde der elektrische Strom — es sind, um die
Elektricitätmengen bequem messen zu können, Con-
densatorentladungen verwandt — kein adäquater
Reiz ist. Von den mechanischen Eigenschaften
des längsgestreiften Muskels hat seine hier be-
wiesene ganz ausserordentlich geringe „vollkom-
mene Elasticität" auch eine praktische Bedeutung,
denn da dieselbe Länge des Muskels mit sehr ver-
schiedener Spannung verbunden sein kann, so er-
scheint dieses Gebilde, das Hohlräume von jeweilig
ausserordentlich verschiedenem Füllungzustande
umschliesst, dieser seiner Funktion in hervorragen-
dem Maasse angepasst, und wir können sagen, was
ja die klinische Erfahrung auch gelehrt hat, dass
der Druck, der in diesen Hohlräumen herrscht,
nicht ohne Weiteres als eine Funktion des Füllung-
zustandes anzusehen ist. G. F. N i c o 1 a i (Berlin).
308. Nervenreisang doroh Induktion ; von
M. Gildemeister. (Arch. f. Physich XCIX.
7 u. 8. p. 357. 1903.)
Durch eine passende Versuchsanordnung ge-
lingt es in einer einzigen, aus einem Nerven
eines Froschpräparates bestehenden Windung einen
zur Erregung des Nerven hinreichend starken In-
duktionstrom zu erzeugen. Der Versuch hat ein
gewisses historisches Interesse, da schon 1867
Du Bois-Reymond, damals freilich ohne posi-
tives Resultat, versucht hatte, einen Nerven durch
die in ihm selbst entstehenden Induktionströme zu
erregen. Garten (Leipzig).
309. On differenoes in the direotionof fhe
eleotrioal oonveotion of oertain firee oella and
nuolei ; by R a 1 p h S. L i 1 1 i e. (Amer. Journ. of
Physiol. VIII. 4. p. 273. 1903.)
fenn Gewebe aller Art zerrieben und in einer
örperflüssigkeiten isotonischen Zuckerlösuog
aufgeschwemmt werden, werden, wenn man einea
elektrischen Strom hindurch leitet, die viel Chro-
matin enthaltenden Zellen (vor Allem Spermato-
zoSnköpfe) in der Richtung des negativen Stromes
fortbewegt, während die hauptsächlich aus Gyto-
plasma bestehenden Zellen (z. B. rothe Blutkörper-
chen) mit dem positiven Strom wandern. L. scbliesst
daraus auf ein gegensätzliches elektrisches Ver-
halten von Kern und Plasma, bedingt durch die
Nucleinsauren und die basische Natur des Zellen-
leibes. Weiter bespricht er die Erklärungsmög-
lichkeiten, die eine solche Auffassung für die
Earyokinese bietet G. F. Nicolai (Berlin).
310. ZorBedentang derHaBaall'ohenKÖ^
perohen; von Maximilian Wallisch. (Arch.
f. mikroskop. Anat LXIII. 2. p. 274. 1903.)
W. hat unter der Leitung Ex n er 's dasQe-
sammtvolumen der HassalTschen Körperdien
bei älteren Embryonen, Neugeborenen und jungen
Kindern bestimmt und gefunden, dass es das
Volumen der ganzen Thymus im 3. Embryonal-
monat anfangs um das 7 — 30fache, später gar um
das 80 — ISOfache übertrifft. Wenn man nun an-
nimmt, dass im 3. Embryonalmonat bereits die
ursprüngliche epitheliale Anlage fast völlig zur(ick-
gebildet ist, erscheint es wahrscheinlich, dass die
Has sali 'sehen Körperchen nicht nur einzig und
allein Reste aus einer früheren Lebensperiode sind,
denn es lässt sich dann nur schwer erklären,
warum diese Zellen sich noch späterhin so bedeu-
tend vermehren. G. F. Nicolai (Berlin).
311. StoffWeohaelatadien über den Bin-
flnsB geistiger Thätigkeit and protrahirten
Wachens; von Dr. Mainzer. (Mon.-8chr. f.
Psych, u. Neurol. XIV. 6. p. 442. 1903.)
In einer früheren Arbeit hat M. gezeigt, dass
die geistige Arbeit einen Einfluss auf die Aus-
scheidung bestimmter Hambestandtheile besitzt,
und zwar wurde, ca. 2 Stunden vom Beginne der
Thätigkeit an und sie etwa so lange überdauernd,
eine vermehrte Stickstoff- bei relativ verminderter
Phosphorsäureausscheidung gefunden. In der auf
die Arbeit folgenden Ruhe setzt eine redproke
Veränderung der Ausscheidungen ein, die zu einem
ungefähren Ausgleiche führte. Die Grösse des
Ausschlages legte schon damals die Annahme nahe^
dass die Mengenverschiebungen nicht durch eine
Stoffwechseländerung des Cerebram unmittdbar
hervorgebracht würden, sondern durch den Ein*
I. Anatomie und Physiologia
243
iluBB des Gehirns auf den Stoifwechael des ganzen
Körpers. Diese Ansicht schien durch die That-
sache gestfitzt zu werden, dass man durch Hinaus-
scbiebea des Schlafes, wobei zweifellos nicht nur
eine nervöse Anstrengung, sondern ein veränderter
Zustand des ganzen EOrpers vorliegt, eine ana-
loge Erscheinung wenigstens für den Stickstoff
hervorrufen kann. Da jedoch bisher noch keine
den protrahirten Wachzustand betreffenden Unter-
suchungen vorlagen, in denen gleichzeitig Stick-
stoff- und Phosphors&ureanalysen angestellt wor-
den wftren, so unterzog sich M. dieser Aufgabe.
Das Resultat war das erwartete : es tritt thatsäch-
lich schon ziemlich früh eine Tendenz der Stick-
stoffcurve zum Aufstieg hervor und gleichzeitig
eine relative oder auch absolute Phosphorsfture-
verminderung gegenüber den Yerhftltnisaen an
Normaltagen. Ob in den Versuchen der Höhe-
punkt der Stoffwechselverschiebung erreicht wurde,
ist unsicher, da alle Experimente mit Schlafen
endigten. In diesem Schlafe aber wird weniger
Stickstoff und mehr Phosphor ausgeschieden als
unter gewöhnlichen Bedingungen. Vergleicht man
die ESrgebnisse mit dem Verhalten in gewöhnlichen
NAchten, wo eine verminderte Stickstoffmenge und
eine gegenüber dem Tage grössere Phosphorsäure-
menge ausgeschieden wird, so ergiebt sich, dass
die Bolle der Nacht nicht mit der Schonung der
Stoffe und dem Neuaufbau erschöpft ist ; sie hat
vielmehr die weitere Aufgabe, den Körper vor
Retention gewisser Stoffe zu bewahren. Das con-
gniente Verhalten der Curve bei geistiger Thätig-
keit und bei protrahirtem Wachen Iftsst vermuthen,
dass man es auch dort mit einer Ermüdungscurve
zu thun hat. S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
»
312. Bohte Gontraktilit&t and motorische
Innervation der Blntoapillaren ; von E. S t e i -
nach und R. H. Kahn. (Arch. f. d. ges. Physiol.
XCVIL 3 u. 4. p. 105. 1903.)
Sigmund Mayer konnte in neuester Zeit
die wenig bekannten älteren Angaben Beuget 's
bestfttigen, dass den Capillaren die Muskelfasern
durchaus nicht fehlen. Nach aussen von den
Endothelzellen und der strukturlosen Orundhaut
liegen discontinuirlich vertheilt Kerne parallel zur
Ungsachse der Capillare angeordnet. Die zu
diesen gehörige Zellensubstanz löst sich in feinste,
sich oft theüende Fädohen auf, die die Capillaren
umgreifen. Dass diese Oebilde thätsächlich con-
traktQ sind, dafür bringen St und E. den ex-
perimentellen Beweis. Besonders deutlich an der
Nickhaut des Frosches liess sich bei direkter Rei-
zung unter dem Mikroskope zeigen, dass die
Lumina der einzelnen Capillaren sich verengten.
Hierbei legte sich die Capillarwand in feinste
Längsfalten und das Oefäss wurde bei starker
Contraktion zu einem schmalen Strange. Eine
derartige Formftnderung war aber zu erwarten,
wenn die als Muskelfasern beschriebenen Gebilde
sich wirklich oontrahirten. Die Verengerung der
Capillaren konnte sowohl durch Reizung mit
tetanisirenden Induktionströmen wie mit unter-
brochenen Eettenströmen erzielt werden. Die
Contraktion, die keineswegs an allen Capillaren
gleichzeitig auftrat, hatte in günstigen Fällen eine
Latenzzeit von nur 1 — 3 Sekunden. Die Dilata-
tion nahm eine wesentlich lAngere Zeit in Anspruch.
Bei guten Präparaten war bis 20mal nach einander
in abnehmender St&rke eine Verengerung zu er-
zielen.
Ausser an Präparaten des Frosches liess sich
dasselbe Verhalten der Capillaren auch am Omen-
tum junger Katzen wahrnehmen. Die Abhängigkeit
der beschriebenen Muskelzellen von OeAssnerven
konnte am Frosche beobachtet werden. Wurde
der Sympathicus gereizt, so trat in den Capillaren
der Nickhaut dieselbe Verengerung ein, wie sie
bei der direkten Reizung erhalten wurda
Oarten (Leipzig).
313. Ueber Druck, Geschwindigkeit und
Widerstand in der Strombahn der Art. carotis
und ororalia, sowie in der Schilddrüse and
im Masoulus graoilia des Hundes; von J. A.
Tschuewsky. (Arch. f. d. ges. Physiol. XCVIL
5 u. 6. p. 210. 1903.)
Bei der für die Kenntniss der Blutversorgung
wichtigen Untersuchung diente zur Bestimmung
des Stromvolumens eine neue selbstthätig registri-
rende Stromuhr, die von Hürthle construirt war.
Gleichzeitig wurde durch ein Torsionfedermano-
meter der in der benutzten Arterie herrschende
Blutdruck registrirt. Der Widerstand der Strom-
bahn liess sich berechnen aus dem mittleren
Drucke am Anfange des Systems, der mittleren
Geschwindigkeit und der Viscosität der Flüssig-
keit. Der Widerstand der Strombahn in einem
bestimmten Organe wird dann am besten dar-
gestellt durch ein Rohr von 1000 mm Länge und
einem bestimmten, mit der Grösse des Wideiv
Standes abnehmenden Durohmesser. Im Schluss-
resultate werden die genannten Grössen zum be-
quemen Vergleiche auf 100 g des Organes reducirt.
Absolut zuverlässig können, wie Tsch. hervor-
hebt, die Zahlen nicht sein, da gewisse Grössen
nur durch Schätzung zu ermitteln sind. Insbeson-
dere konnte die Blutversorgung der Schilddrüse
und des Musculus gracilis nur indirekt gefunden
werden, da eine Einbindung der Stromuhr in die
sehr engen, zu jenen Organen führenden Gef&sse
nicht angängig war.
Von den Hauptergebnissen der Abhandlung sei
hier nur Folgendes angeführt Die Blutmenge, die
zu 100 g des untersuchten Organes fliesst, beträgt
im Durchschnitte in 1 Minute für die hintere Ex-
tremität 4.68 com, waren die Extremitätennerven
durchschnitten worden, so stieg sie auf 12.0 com.
Für den Kopf betrug schon ohne Eingriff die Blut-
menge 20.0 com, für den Musculus gracilis 12*12
244
U. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
und Dach Durchschneidung des zu ihm ziehenden
N. obturator. 26.50. Ganz auffallend hoch war
endlich die zur SchilddrOse strömende Blutmenge.
Sie betrug ohue Eingriff 565 und nach Yagus-
durchschneidung 876 com. Garten (Leipzig).
314. Ueber den Binflnss konidaaernder An-
ämie anf den Blntstrom ; von J. A. Tschue wsky.
(Arch. f. d. ges. PhysioL XCVII. 5 u. 6. p. 303. 1903.)
An einem normalen Gliede tritt nach einer
kurzdauernden ÄDämie eine Beschleunigung des
Blutstromes hervor, die das Doppelte des ursprüng-
lichen Werthes betragen kann. Nach Durchschnei-
dung der Nerven bleibt diese Beschleunigung aus.
Dieses begründet Tsch., wie hier des Näheren
nicht ausgeführt werden kann, mit der Annahme,
dass die der Anämie folgende Gef&sserweiterung
reflektorisch zu Stande kommt
Garten (Leipzig).
315. BeBohreibong einiger Apparate für
das physiologisohe Praktioom. L Modifikation
de8 Riva - Bocci'schen und Oaeriner 'sehen
Blutdruckmeasers. Vereinfachter Tonograph; von
F. Sehen ck. (Arch. f. d. ges. PhysioL XCVH
9 u. 10. p. 421. 1903.)
Die Verbesserung der klinisch am häufigsten
angewendeten Apparate für Blutdruckmessung wird
auch dem praktischen Arzte willkommen sein:
Die Absperrvorrichtungen (pneumatische Ringe)
fQr die Glieder, die bisher aus dem sehr vergäng-
lichen Gummi hergestellt wurden, sind durch ein
besonders präparirtes, aber haltbares gummirtes
Lieder ersetzt. Auch für Manometer und Druck-
vorrichtung empfiehlt Seh. sehr einfache Vorrich-
tungen, die man sich leicht selbst anfertigen kann
und die dasselbe leisten wie der käufliche und
vergängliche Apparat Garten (Leipzig).
316. Kritik der elastisohen Manometer;
von 0 1 1 0 F r a n k. (Ztschr. f. Biol. N. F. XX VI. 4.
p. 445. 1903.)
Diese ausgedehnte Untersuchung bildet den
1. Theil der zusammenfassenden Veröffentlichungen
Fr. 's über die Dynamik des Herzmuskels. Der
Plan dieses 1. Theiles ist der, eine auf streng
mechanischen Principien aufgebaute Theorie der
elastischen Manometer zu geben. F. geht von
der Prüfung des elastischen mit incompressibler
Flüssigkeit gefüllten Manometers aus, für das er
eine sehr einfache Form, das sogen. Stiftnum-
meier, angiebt Ohne Complikation von Schrab>
hebel u. s. w. wird die Bewegung eines anf einer
kräftigen Gummimembran angebrachten Stiftes
photographisch verzeichnet Die Constanten eines
solchen Manometers lassen sich, wie Fr. leigt,
durch Schwingungsversuche ermitteln. Die Methode
besteht darin, einen grossen, unter beeümmtem
Drucke stehenden Luftraum plützlich, durch Um-
drehen eines Hahnes mit dem mit Wasser geffillten
Stiftmanometer zu verbinden. Da der Druck in
dem grossen Lufträume hierdurch keine wesent-
liche Aenderung erfährt, sind die beobachteten
Nachschwingungen durch das Manometer und die
mit ihm in Verbindung stehende Flüssigkeitsftole
bedingt Die Dauer der Schwingungen ist abhftn^g
von den Dimensionen der schwingenden Flfiasig-
keitsäule.
In Bezug anf die Brauchbarkeit des Luftp
tonographen, wie er von Fick und v. Frey an-
gewendet wurde, kommt Fr. auf Grund seiner
theoretischen Deberlegungen zu einem günstigen
Drtheile. Der wesentliche Punkt der Arbeit, der
für alle Blutdruckuntersuchungen von Wichtigkeit
sein muss, ist die klare Darstellung der That-
sache: Wir besitzen keinen absolut zuverlässigen
Blutdruckzeichner. Will man mit einem Apparate
zuverlässige Resultate erhalten, so muss man an
ihm unter denselben Bedingungen wie beim Ver-
suche, also mit denselben Schlauchverbindon-
gen, derselben Flüssigkeitfüllung, unter ähnUchen
Druckverhältnissen u. s. w. einen Sohwingungs-
versuch ausführen (s. oben). Sind auf diese Weise
Schwingungsdauer und Dekrement der Schwin-
gungen gegeben, so lässt^ sich die Zuverlftssigkeit
der Curven beurtheilen. Zum Schlüsse giebt Fr.
die Formeln an, die es möglich machen, aas dem
regiatrirten Blutdrucke den wirkUch vorhandmm
zu berechnen. Garten (Leiptig).
317. Ueber einen für Unterriöhtiweoke
▼ereinfiaohten Qammitonographen ; von Dr.
M. Ishihara. (Arch. f. d. ges. PhysioL XCVII.
9 u. 10. p. 429. 1903.)
Is h. prüft den voo 8 o h e o k zanächst nur far Lehr-
zweoke- in sehr einfacher Weise hergesteUten Tod»-
graphen. Wie sich bei näherer UnterBnchnng ergiebt,
sind die NaohschwiogungeD nach plötzlioheD Dnick-
äodemogea sogar geringer als bei dem Hürthle 'sehen
und v. F r e y 'sehen Apparate. Garten (Leipsig).
IL Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
318. DieSerumdisgnoetik; von R. Rost oski.
[Würzb. Äbhandl. IV. 2.] Würzburg 1903. A.Stu-
ber's Verl. (C. Kabitzsch). Gr. 8. 81 S. (75 Pf.)
R giebt eine ausgezeichnete, für den Praktiker
bestimmte Darstellung der Serumdiagnostik. In
gesohiokter Weise ist das Wesentliche hervor-
gehoben, alle wichtigeren Arbeiten sind bis auf die
neueste Zeit berücksichtigt. Den breitesten Raum
nimmt selbstverständlich die Typhusdiagnose am
wobei neben den neueren Nährböden namentlickder
Paratyphus ausführlich besprochen wird. Ausser-
dem wird eine kurze Darstellung der Seroffl-
diagnose bei den übrigen Infektionen and der
forensischen Blutdiagnose gegeben. Das Sohiüt-
chen kann bestens empfohlen werden.
Wals (Stuttgart).
IL AJlgemeine Pathologie und pathologische Anatomia
245
319. Zur Trage Tom Verhalten Temohie«
doner Gewebe des thierlsohen Organiamiu
gegen dae TetanuBglft; von A. Ignatowsky.
(CeDtr.-BL f. Bakteriol. u. s. w. XXXV. 1 u. 2.
1903.)
Die Beziehungen des Tetanusgiftes zu den
ZeUen yerschiedener Oewebe sind bis jetzt von den
rerachiedenen Forschern verschieden aufgefasst
worden. Nach den Versuchen Ignat's besitzen
Leber, Milz, Gehirn und Rückenmark die Fähig-
keit, das Tetanusgift zU},binden", d. h. dasOift aus
wfeeeriger LGsung auszuziehen. Diese Fähigkeit
ist bei den einzelnen Organen verschieden stark.
Das Antitoxin ist im Stande, das Tetanusgift zu
neutralisiren, das mit der Organsubstanz verbunden
ist, aber unverhältnissmässig viel schwächer als
freies Oift Das Nervengewebe (Gehirn und Rücken-
mark) übt auf das mit dem Organe gebundene
Oi/t (Organemulsion -]- Toxin) keine giftneutrali-
sirende Wirkung aus. Die Organe vom Huhne
scheinen die giftbindende Fähigkeit in erhöhtem
Orade zu besitzen. Gehirn und Rüokenmarksub-
stanz üben nur bei vorheriger Mischung eine neu-
tralisirende Wirkung auf das Tetanusgift aus, nicht
aber bei getrennter Einspritzung. An der neutra-
iisirenden Wirkung des Nervengewebes hat wahr-
scheinlich das Lecithin und Cholestearin Antheil.
Gehirn, RQckenmark, Leber, Niere, Milz, Lunge
und Muskel von an Tetanus gestorbenen Thieren
waren im Stande, bei Mäusen Tetanusvergiftung
hervorzurufen, Galle und Harn tetanischer Thiere
enthalten normaler Weise kein Tetanusgift. *
Walz (Stuttgart).
320. Beitrag rar Agglutination der Sta-
phylokokken; von Dr. Elopstock und Dr.
Bockenheimer. (Arch. f. klin. Ohir. LXXU. 2.
p. 325. 1904.)
Die Ergebnisse der Versuche, die El. und B.
io der V. Bergmann 'sehen Klinik vorgenommen
haben, sind folgende: 1) Ein durch pathogene
Kokken erzeugtes Serum agglutinirt nicht nur den
homologen Stamm, sondern auch die meisten
anderen pathogenen Stämme. 2) Pathogene Sta-
phylokokken, die von einem epecifischen Serum
nor wenig mehr als von normalem Serum der-
selben Thierart agglutinirt werden (schwer agglu-
tinable Stämme), sind im Stande, ein Serum zu
eneugen, das sie selbst und andere pathogene
Staphylokokken stark agglutinirt. 3) Saprophy-
tische Kokken werden von einem Serum, das von
pathogenen Traubenkokken stammt, nicht agglu-
tinirt 4) Saphrophytische Staphylokokken kön-
nen Sera liefern, die zwar andere saprophytische,
aber nie pathogene Stämme in stärkerer Verdün-
nung agglotiniren. 5) Es giebt saprophytische
Staphylokokken, mit denen sich überhaupt kein
agglutinirendes Serum erzeugen läset
Die Agglutinationmethode ist mithin als ein
brauchbares Mittel zur Scheidung der pathogenen
von den saprophytischen Staphylokokken zu be-
trachten. P. Wagner (Leipzig).
321. Beiträge snr Biologie dea Milabrand-
baoillaa and aein Naohweia im Cadaver der
groaaen Haaathiere; von J. Bongert (Centr.-
Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIV. 6—8 ; XXXV.
1—2. 1903.)
In seinen eingehenden, durch ausfQhrliche
Tabellen belegten Untersuchungen kommt B. zu
dem Resultate, dass der morphologische Nachweis
der Milzbrandbacillen nur durch Ausstrich präpa-
rate in vielen Fällen keine sichere Gewähr für die
Diagnose bietet und dass die diagnostische Milz-
brandimpfung häufig in Folge antagonistischer Wir-
kung'^sekundärer Bakterien im Stiche lässt Die
beste Methode ist das Plattenverfahren. Im ein-
getrockneten Blute erhalten sich, in Bestätigung
der Versuche von Moment, Milzbrandbacillen
36—50 Tage lebensfähig, in faulendem eingetrock-
neten Blut oder Oewebesaft 8—20 Tage. Zur
Aufbewahrung behufs späterer Untersuchung eignet
sich daher Eintrocknen in dicker Schicht Bei
Stagniren bacillenhaltiger Abgänge auf undurch-
lässigem Boden gehen die Milzbrandbacillen unter
der Einwirkung der Fäulnisserreger zu Grunde, so
dass eine Sporenbildung nicht eintreten kann. Die
Sporenbildung überhaupt wird durch vorüber-
gehende Einwirkung einer Temperatur unter 12<^C.
erheblich gestört, während Eintrocknung nicht
schadet Vermehrung und Sporenbildung ist mög-
lich in stark mit destillirtem Wasser vermengter
Blutlösung. Das Stationärwerden des Milzbrandes
ist durch die verhältnissmässig lange Widerstands-
fähigkeit gegen Eintrocknung und das geringe
Nährstofifbedürfniss zur Vermehrung begünstigt.
Walz (Stuttgart).
322. Bin neaer Fall von Bipylidiam oanl-
nam (L.) beim Menaohen; von F. Zschokke.
(Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIV. 1. p. 42.
1903.)
Zsch. fügt den bisher bekannten 34 Fällen
von Vorkommen dieses Bandwurmes, die meist in
der Schweiz beobachtet wurden, einen neuen aus
Basel hinzu und fordert, namentlich auch wegen
des häufigen Vorkommens des Echinococcus in der
Schweiz, schärfere Ueberwachung der Hunde.
Walz (Stuügart).
323. Weitere Bemerkungen aor Entstehung
Ton Battenepisootieen ; von E. W i e n e r. (Centr.-
Bl. f. Bakteriol. u. s. w. XXXIV. 5. p. 406. 1903.)
Auf Orund von Versachen glaubt W., dass Ratten-
epizootieen durch vom Menschen stammende Typhus-
caltoren vorläufig kaum hervorgernfen werden köoDen ;
wohl aber werde die Frage aufzuwerfen sein, ob die
Ratten Dicht etwa bei Verbreitung von Typhusepidemien
eine gewisse Rolle spielen, da die Ratten etwaige mit
dem menschlichen Roth verschlungene Typhusbacillen
1 Monat und länger mit sich hemm&agen und mit ihren
Exkrementen weiter verschleppen können.
Walz (Stuttgart).
246
U. Allgemeine Pathologie und pathologiaohe Anatomie.
324. Weiteres über die Einwandenmg der
Ankylostomen iron der EEaot aas ; von A. L o o s.
(Centr.-BL f. Bakteriol. u. s. w. XXXIII. 5. p.330.
1903.)
L. hält gegenüber Grassi und Pieri an
seiner Behauptung fest, dass die Larven von An-
kylostomum duodenale f&hig seien, auoh von der
Haut aus nach Durchbohrung in den menschlichen
Darm zu gelangen und dort zur Geschlechtreife
heranzuwachsen. Nach seinen Beobachtungen ge-
nügt es bei Hunden, dass sie mit den Faeoes, in
denen sie sich aus den Eiern entwickelten und in
denen sie längere Zeit zu leben vermögen, des-
gleichen mit Schlamm oder feuchter Erde, auf die
nassen Haare ihres Wirthes gelangen, um. ihren
bisherigen Wohnort alsbald zu verlassen und in
die Haut einzudringen. Walz (Stuttgart).
325. 8ar le oylindrome de la peao; par
Nico lau. (Arch. de M6d. exp^rim. 1. S. XV.
6. p. 796. Nov. 1902.)
Charakteristisch für das Gylindrom ist nicht
sowohl die Anordnung in cylindrischen Balken, als
die Entwickelung von Hohlräumen im Inneren der
Zellenmassen und namentlich die hyaline Degene-
ration des Bindegewebes in der nächsten Nähe der
Zellenmassen. Die Gruppe der „adenoiden** Epi-
theliome (sudoripare Adenome V e r n e u i 1 's, Poly-
adenomeBroca's) mussrevidirt werden; zweifellos
gehOrt ein grosser Theil von ihnen zu den Cylin-
dromen. Die Haupttypen der Epitheliome können
eingetheilt werden in lobuläre, tubuläre Epithe-
liome und Cylindrome. Walz (Stuttgart).
326. Ueber das Chlorom; von St. Klein
und J. Steinhaus. (Centr.-Bl. allg. Pathol. u.
pathol. Anat. XIV. 2. 1904.)
In ihrer vorläufigen Mittheilang berichten El. u. St.
über einen Fall von Chlorom, in dem die grünen Oe-
Bchwalstmassen , im Gegensatz zu den bisherigen Be-
obaohtungen, nioht aas Lymphooyten, sondern grössten-
theils ans Myelocyten und mehrkörnigen Neu&ophilen
neben spärlichen grossen Lymphocyten bestand. Ebenso
war das Mark zusammengesetzt, dagegen erhielten die
Lymphdrüsen und die Milz keine Myelocyten. Der Fall
scheint darauf hinzuweisen, dass ausser dem vermuth-
lichen lymphocytären Chlorom — wofern die früheren
Fälle richtig beschrieben sind — noch ein gemischtzelliges
existirt, ähnlich den beiden Leukämieformen. Ausschlag-
gebend sind nicht die grüne Färbung, sondern die Lokali-
sation, die eminente Aggressivität, die Tendenz zur In-
filtration und der rapide Verlauf. Walz (Stuttgart).
327. üeber Hidradonoma und Adenoms
hidradenoides ; von Dr. L. P i ck in Berlin. (Yir-
chow's Arch. CLXXV. 2. p. 312. 1904.)
Adenome der SchweissdrOsen lassen sioh ausser
durch den unmittelbaren Zusammenhang mit letz-
teren auch durch ihren eigenen morphologischen
Charakter als solche feststellen. Diese morpho-
logischen Merkmale bestehen vor Allem in einer
weitgehenden üebereinstimmung mit der zelligen
Auskleidung der SchweissdrQseu (Doppelschichtig-
keit vom Typus des Sekretionkanales und der kos-
fflhrenden Drüsengftnge), die sioh in sftmmtliciieo
einschlägigen Fällen feststellen lässt , ferner in
einer häufigen Produktion elastiadier OienzmeB-
branen um die Schläuche des Adenoms und in da
Entstehung.
Die Adenome derSchweissdrüsen sind taboUre
oder tubulär -cystische Adenome. Sie weidea
zweckmässig geuetisoh geschieden: 1) in dasHidr-
adenoma tubuläre, dessen Ursprung aus fertigen
^Schweissdrüsen nachweisbar ist; 2) das Adenomi
hidradenoides tubuläre, dessen Schweissdrflaen-
charakter an sich feststeht, das aber direkt aus der
Epidermis oder rudimentär gebliebenen Schweiss-
drOsen hervorgeht oder, weil vOllig im Coriom
isolirt, die besondere Art seiner Abstammung nioht
mehr erkennen läset und 3) combinirte Formen.
Fflr diese Geschwülste ist der oongenitale Ur-
sprung aus missbildeten Sohweissdrflsenanlagen
wahrscheinlich. Unter den bisher vorliegenden
Fällen scheint das Adenoma hidradenoides tnbnlire
vulvae eine besondere Spedes danustellen, indem
es histologisch dem malignen Adenom ähnelt Doch
erweist es sioh durch den charakteristischen Ban
der Kanäle (Zweischichtigkeit vom SchweissdrOsen-
typus, elastische Membrana limitans) als gutartig.
Die epithelialen Wucherungformen der Schweise-
drflsen umfassen neben den hypertrophisch-hyper-
plastischen Zuständen und echten Adenomen auch
gutartige Epitheliome des Knäuels und Ausführungs-
ganges, femer Carcinome, die zum Theil im all-
gemeinen Bild des Hautkrebses aufgehen, aber
auch specifischen Charakter besitzen kOnnen.
Noesske (Kiel).
328. üeber einen Fall Ton Adenoms
oylindrooellulare papiilifemm pMtmmomalo-
sum der Sobilddrüse; von Dr. Wischmann
in Prag. (Prag. med. Wchnschr. XXVIII. 45. 1903.)
Es handelte sich um eine adeDomatöse Sohilddräsen-
geschwulst mit eigenthümlioher Ealkbildung bei einem
38jähr. Manne. Die etwa kindskopfgrosse Oeschwnlit
war zu 2 Dritteln resecirt worden. Der Kalk bnd eich
in Form von Kalkkörperchen, die den typischen PBam-
momkömern entsprachen. Einen malignen Chartkter
trug die Geschwulst nicht. Noesske (Kiel).
329. L üeber SohilddrOsenaplasie. ILQe-
sohwülste des Duotoa thyreogloaras. IIL Ueber
einige mensohliohe KiemenderiTate ; von J. Erd -
heim. (Beitr. z. pathol. Anat. u. allg. Pathol
XXXV. 2. p. 366. 1904.)
E. berichtet über 3 F&Ue von sporadisobem
Cretinismus, in denen die Schilddrüse voUkomoMn
fehlte, was ihm dafür zu sprechen aokeint, da«
der sporadische Cretinismus nicht auf einer zur
Atrophie oder Degeneration führenden I«rkrankuBg
der Schilddrüse, sondern auf angeborener Apiaäe
beruht. Stets war gleichzeitig die Thymus aaf-
fallend klein. In 5 Fällen, darunter einmal bei
Schilddrüsenaplasie, fand sich das seltene Thymus-
läppchen N, auch Thymusmetamer N genannt, das,
IL Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
247
ebenso wie das EpithelkOrperchen N, aus der
4. Schlondtasche hervorgeht. Diesee 4. Thymus-
l&ppchen stand stets in Verbindung mit einem
oder zwei oberen EpitbelkOrperchen. Ausser den
4BaQptepithelkOrperchen können zahlreiche acoes-
sorische vorkommen.
Im zweiten TheiU der Arbeit bespricht E. Ge-
schwfllste an der Zungenwurzel, die sich in den
3 FUlen von totaler Schilddrüsenaplasie, in einem
Falle von halbseitiger Aplasie und in einem blos
klinisch beobachteten Falle fanden und sich durch
grosse Mannigfaltigkeit des Baues auszeichneten,
indem alle Gewebearten vertreten waren, die am
Aufbau des Ductus lingualis und seiner Anhänge
betheiligt sind. Sie sind angeboren, gutartig, von
langsamem Wachsthum und scheinen mit der un-
vollkommenen Entwickelung der Schilddrüse ein-
henngehen.
Ikr dritte Theil beschäftigt sich mit Cysten-
bildung bei sporadischem Cretinismus, bei dem
die medialen und lateralen Schilddrüsenanlagen
aplastisch sind. An Stelle der fehlenden lateralen
Sdiilddrüse findet sich eine Cyste, die als indiffe-
renter Entodermrest jener Bucht aufzufassen ist,
ans der die laterale Schicht hervorzugehen pflegt
Neben dem oberen EpithelkOrperchen finden sich
in seltenen Fällen Epithelschläuche und Cysten,
die stets im Oefässhilus des EpithelkOrperchens
liegen, aus der hinteren Bucht der 4. Schlundtasohe
stammen und den Eindruck rudimentärer Aus-
führangsgänge machen. Häufiger sind Cysten
neben dem unteren, gelegentlich auch neben acces-
sohschen EpithelkOrperchen. In ganz derselben
Weise kOnnen die Hauptthymus III, das Thymus-
metamer N und dieaccessorischenXhymusläppchen
von Eiemenepithelcysten begleitet sein, deren Epi-
thel zuweilen von PigmentkOrnchen ganz erfüllt
ist Im EpithelkOrperchen des Menschen finden
Bich erst vom 30. Lebensjahre an coUoidführende
Follikel, die mit der Funktion des EpithelkOrper-
chens nichts zu thun haben und blos als Rückfall
zn dem ursprünglichen Bau desselben anzusehen
sind. Jedes eiweisshaltige Sekret, das in geschlos-
Benen Hohlräumen stagnirt, nimmt eine dem Schild-
drOsensekret gleiche Beschaffenheit an und kann
deshalb CoUoid genannt werden.
Walz (Stuttgart).
330. Beitirftge rar Kenntniaa der Saoral-
tnmoren; von Dr. Engelmann. (Arch. f. klin.
Ghir. TiXXTT. 4. p. 942. 1904.)
E. berichtet über die pathologisch-anatomische
Dntersuchung von 4 Sacraltumoren, die 3 weib-
lidien und einem männlichen Kinde entstammten
nnd im Laufe der letzten 2 Jahre durch Operation
in der y. Bergmännischen Klinik gewonnen
wurden.
Der von W i e t i n g vertretene Standpunkt, dass
die einfach zusammengesetzten Sacraltumoren einer
Wucherung versprengter MeduUarreste entstammen,
hat auch für die complicirter aufgebauten, für die
bisher eine bigerminale Entstehuug angenommen
wurde, seine Berechtigung, und zwar sind diese
herzuleiten aus Resten der fötalen MeduUaranlage
mit gleichzeitig verlagerten Theilen anderer Keim-
blätter. Die Herkunft der Sacraltumoren aus den
Besten der fötalen Neuralanlage giebt sich zu er-
kennen durch das üeberwiegen der Neuroglia. Die
innerhalb der Qlia sich differenzirenden Keim-
blätter, von denen in den von E. beschriebenen
Tumoren besonders die Elemente des Entoderms
hervortreten, liefern kraft der ihnen innewohnenden
Wachsthumtendenz zunächst gewisse, der Norm
entsprechende Bildungen (erste Anlage einer Darm-
schleimhaut) ; im Uebrigen sind jedoch die inner-
halb der Tumoren aufzufindenden organähnlichen
Oebilde nicht als gewollte Anlagen, sondern als
Zufallprodukte anzusehen, entstanden durch rast-
loses Weiterwachsen einesKeimes oder wirres Durch-
einanderwuchem mehrerer Keimblattelemente, über
deren endgültiges Aussehen sich eben nur Ver-
muthungen aufstellen kssen. Die bigerminale Ent-
stehung der Sacraltumoren ist somit nur für die
Tumoren anzunehmen, die wirkliche Doppelbil-
dungen und fertige, dem hinteren Stammesende
nicht entsprechende Organe* enthalten, während
für die übrigen Steissgeschwülste die umgermindle
Oeneee zweifellos erscheint
P. Wagner (Leipzig).
331. üeber Bermoidoysten und paraure-
thrale Q&nge der Qenitoperinftalrhaphe ; von
Dr. W. Wechselmann in Berlin. (Arch. f.
DermatoL u. Syph. LXVUI. 1 u. 2. p. 123. 1904.)
In der Haut der männlichen Qeschlechtorgane
kommen verschiedene Arten von cystischen Bil-
dungen vor, die man nach Gerulanos am ge-
nauesten eintheilt in traumatische Epithelcysten,
Adenomcysten, Atherome und Dermoide. Die inter-
essantesten darunter sind die Dermoidcysten ein-
mal wegen ihrer Entwickelungsgeschichte und weil
sie in enger Beziehung zu bestimmten paraurethra-
len Gängen stehen. Die Dermoide liegen meist
in der Oenitoperinäalrhaphe und bilden entweder
längliche, wurstfOrmige Stränge mit atherombrei-
artigem Inhalt oder zeigen sich als Schleimcysten,
die eine serOs-schleimige Flüssigkeit von gelblich-
weisser Farbe enthalten und deren Wand mit
Cylinderepithel bekleidet ist. Die Erklärung für
das Vorkommen dieser 2 Formen giebt die Ent-
wickelungsgeschichte.
Nach Bildung der Qenitalrinne rücken die
beiden sie auskleidenden Epithelwände an einander,
bis sie sich in ihrem unteren Abschnitte berühren
und verwachsen, während in der Mitte die Urethra
sich zum Kanal schliesst. Es bestehen also wäh-
rend eines gewissen Stadium gleichzeitig die Urethra
und die Rhaphe, beide verbunden durch eine aus
2 Lagen Epithel gebildete Brücke (pont conjonctiv).
Die Zellen dieser Verbindungsbrücke resorbiren
248
n. AUgemeiiie Pathologie und pathologische Anatomie.
sich normaler Weise. ZunSchst sieht man noch
Beste von Epithelanhftufungen am Boden der Urethra
und oberhalb der Bhaphe. Diese können bestehen
bleiben und den Keim zu Dermoidcysten geben,
und zwar werden aus den mit der Urethra in Ver-
bindung stehenden Zellen naturgemAss Cylinder-
epithelcysten, wfthrend die zur äusseren Haut ge-
hörigen sich zu gewöhnlichen Dermoiden umbilden.
Oeffnen sich diese langgestreckten wulstigen Cysten
an irgend einer Stelle durch gesteigerten Druck
oder durch Entzündung, so entstehen paraurethrale
Gänge, die W. demnach als genetisch mit den con-
genitalen Cysten identische Gebilde ansieht.
J. Meyer (Lübeck).
332. Eine unbekannte Art von Adeno-
myom des Uterus » mit einer kritischen Be-
sprechung derUrnierenhypothesev.Beckling-
haosen's; von Robert Meyer. (Ztschr. f. Ge-
burtsh. u. Gynäkol. XLIX. 3. p. 464. 1903.)
Die von einer 36jähr. Nollipara stammende Ge-
schwulst stellte sich als ein grosser, theil weise periphe-
risch verknöcherter Tumor von ebenso ungewöhnlichem,
wie charakteristischem Aussehen dar. Er ging vom
Uterushorn aus, war ohne Betheiligung des Myometrium
einheitlich aufgebaut aus epithelial kanalisirten, cylindri-
ßchen, stark gewundenen Strängen, deren fibromuskulöses
Gewebe in Schichten geordnet war, so dass eine unver-
kennbare Aehnlichkeit mit Urnierenkanälen und dem
Wolffschen Gange vorlag. Durch Dilatation der Kanäle
und ungleichseitiges Wachsthum der Wand waren Cysten
mit intrakanalikulären Fibromen entstanden. Das Fibrom-
gewebe war nirgends selbständig gewachsen, sondern
überall an die epithelialen Kanäle gebunden.
M. nimmt an, dass dieser Tumor ohne fremde Bei-
mengung aus Theilen der Urniere oder des Wolffschen
Ganges durch eine unbekannte Art embryonaler Ver-
lagerung entstanden sei ; er ahmt in völlig organoidem
Aufbau die Urnierenkanäle nach. Als das WesenÜiohe
hebt M. hervor, dass sein Tumor ohne Betheilignng des
Myometrium einen wirklich organoiden Baustil gezeitigt
hat, während die bisher als Urnierentumoren gedeuteten
Fälle keinerlei morphologische Charaktere besitzen, die
mit der Urniere in Vergleich kommen könnten.
Weitere Ausführungen M/s beziehen sich auf die
ümierenhypothese v. Becklinghausen's. M. be-
streitet die Morphologie der bisher bekannten Adeno-
myome (v. Recklinghausen 's paroophoraler Typus),
da sie nichts für und nichts gegen die mesonephrische
Herkunft der Epithelien beweise.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
333. Bas Synoytioma malignum iraginale
p. p« mator. ohne Gtosohwolstbildong im ütems
und seine Aeüologie; von Dr. Georg Schmauch.
(Ztschr. f. Geburtsh. u. GynftkoL XLIX. 3. p. 387.
1903.)
Soh. theilt einen Fall von Synoytioma malignam
vaginale mit, in dem sich die Geschwulstbildung
nach einer ausgetragenen Schwangerschaft ent-
wickelt hatte.
Eine 25jähr., kräftige, lebensfrische Yiertgebärende
erkrankte 3 Wochen nach normaler Geburt eines leben-
den Kindes mit Blutungen aus der Vagina, die mehrfache
operative Eingriffe nöthig gemacht hatten. Bei der Auf-
nahme in die Klinik wurde ein aus braunröthliohen, leicht
zerfallenden Massen bestehender Tumor festgestellt, der
bereits weit in das Parametrium vorgedrungen war. Bei
dem Versuche, diesen Tumor zu umschneiden, erfolgte
eine sehr starke arterielle Blutung; deshalb wurden die
Tumormassen rasch mit dem scharfen LöfiFei entfernt, die
Wundhöhle mit dem Thermokauter ausgebrannt, mit
Jodoform gaze tamponirt und die Labien darüber veniht
Wenige Stunden darauf Tod. Bei der Sektion wurde
allgemeine Metastasirung des Tumor über den giosen
Körper gefunden; das Endometrium und die Uterus-
muskulatur waren aber frei von Geschwulst Die patho-
logisch-anatomische Diagnose lautete : Synoytioma vigi-
nae e. metastas. renis utriusque, pulmonis utrinsqne,
lienis, encephali (cerebri et cerebelli). Anaemia nniTor-
salis. Embolia pulmon. sinistra. Thrombosis Ten. sper-
matic. dextrae.
Seh. nimmt an, dass es in seinem Falle keinen
Primftrtumor gab, sondern wahrscheinlich sab parUi
eine allgemeine Aussaat von Geachwulstkeimen
stattfand. Die Verschleppung von syncytialen
Zellen betrachtet Seh. als physiologischen Vor-
gang. Nach E h r 1 i c h 's Theorie muss man dem
Körper der schwangeren Frau die Fähigkeit lo-
schreiben, Syncytiolysine zu bilden, die etwa ver-
schleppte embryonale Zellen auflösen.
Die Wucherung der verschleppten Zellen wird
nach Seh., so lange derEOrper AntikOrper eneogt,
lokal bleiben, von Fibrin und Blutmassen um-
hüllt, begraben oder ausgestossen werden. „Lokale
Tumoren werden nur bei Damiederliegen der
Schutzkrftfte, wie nach hochgradigen Blutveriosteo,
möglich werden und operativ beseitigt werden
können. Eine Wiederkehr dieser Schutzkrftfte nach
Kräftigung des Körpers verhindert die Dissemina-
tion der Keime. Allgemeine Metastasirung ist aber
nur bei gänzlichem Mangel an Immunkörpern m<5g-
lich. Von der Masse der verschleppten Zellen
wird der zeitliche Verlauf der Geschwulst weniger
abhängen als von dem Umstände, ob der geschSr
digte Organismus im Stande ist, die genOgende
Menge von Receptoren neu zu bilden, um den
definitiven Verniditungskampf aufzunehmen."
Seh. schliesst mit folgenden Auafflhmngen:
Wenn man heute bereits die Möglichkeit in Be-
tracht zieht, das Carcinom durch Cytolysine la
vernichten, so liegt es viel näher, das Syncjrtioma
malignum, dessen Antikörper unserem Veretind-
nisse nicht mehr so fern liegen, in den Falko,
wo eine Operation aussichtlos ist, auf dem Wege
der Immunisirung zu bekämpfen, handelt es sieb
doch hierbei nur um den Ersatz der natürlidLSB,;
verloren gegangenen oder vielleicht auch nur der
Angriffspunkte mangelnden Schutzkrftfta
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
334. Osteogeneaifl Imperfecta; von Dr. f
Michel in Marburg. (Virchow's Ardi. GLXXill
1. p. 1. 1903.)
Die bisher nur selten beschriebene
imperfecta, von der M. einen weiteren Fall
theilt, ist ein anatomisch und klinisch gut
grenztes Bild einer fötalen Erkrankung. Sie
steht in einer über das ganze Skeletsystem
gedehnten mangelhaften Bildung von Knochea,
annähernd normalem Verhalten der vorbereii
Processe im Knorpel Eine Folge dieser
n. Allgemerne Pathologie und paihologlsohe Anatomie.
249
haften EDOchenentwiokeluDg sind zahlreiche Frak-
turen mit dem normalen Heilungevorgange ent-
sprechenden Veränderungen. Die Aetiologie der
&krankang ist unklar; jedoch handelt es sich
wohl nicht um eine Missbildung im engeren Sinne.
Eine Figurentafel veranschaulicht die histolo-
gischen Eigenthümlichkeiten dieser Enochenerkran-
kuog. N 0 e B s k e (Kiel).
335. DieBegeneratlon des Knorpelgewebes ;
von M. Matsuoka. (Virchow's Arqh. CLXXV.
1. p. 32. 1904.)
Entsprechend der Ansicht der meisten Autoren
kommt auch M. nach seinen Versuchen am Eanin-
chenohr, wo er durch Abkratzen von Perichondrium
Enorpelnekrosen hervorrief, zu dem Schlüsse, dass
der £norpel keine Begenerationfähigkeit besitzt
und dass in allen Fällen von traumatischen Sub-
staozFerlusten die Neubildung des Enorpelcallus
Tom Perichondrium ausgeht, das die einzige Matrix
bei der Wiedererzeugung des Enorpelgewebes ist.
Weiter schlieest M. aus seinen Befunden, dass die
Knorpelkapsel ein Produkt ist, das der Zwischen-
sohfitanz histochemisch gleichwerthig reagirt. Die
elastischen Fasern entstehen wohl durch einehisto-
chemische Umwandlung chondringebender Qrund-
substanz. FibrGses Perichondralgewebe wandelt
sich zunächst in homogenes um und dann, 35 Tage
nach der gesetzten Läsion, entwickeln sich die
elastiachen Fasern. Walz (Stuttgart).
336. Ueber die HeilongaYorg&nge nach
Sahnenplastik; von Dr. M. B o r s t in Wflrzburg.
(Beitr. z. pathol. Anat u- allg. Pathol. XXXIV. 1.
p. 41. 1903.)
Das Ausgangsmaterial dieser umfassenden ünter-
BQchnngen bilden 11 von Hoff a ausgeführte Sehnen-
plastiken, darunter eine beim Menschen, die übrigen
bei Bonden und Eatzen ; ausserdem eigene an
FriSachen, Eaninchen, Hunden und Eatzen vor-
goiommene Sehnenoperationen. Die wichtigsten
bgebnisse sind folgende.
An der Constituirung der Narbe betheiligen
sich sowohl das die Sehne umgebende und sie
dorchsetzende Bindegewebe als die Sehne selbst.
In manchen F&llen betheiligt sich auch das Binde-
g^ebe der weiteren Umgebung, besonders bei
mehrmaligen Operationen in kurzen Intervallen.
Den zuerst auftretenden polymorphkernigen Leuko-
cyten folgen bald wandernde und wuchernde Zellen
des Bindegewebes, die bereits am 2. Tage in grosser
Anzahl anzutreffen sind. Schon am 4. Tage ist
eine Yermehrang der Sehnenzellen erkennbar. Im
Allgemeinen geht die Mobilmachung des Binde-
gewebes derjenigen der Sehne voraus. Durch An-
sammlung von Leukocyten und jungen Qewebe-
seQen in dem Bindegewebe der Sehne wird dieses
MÜenreich nnd massig. Durch Vermehrung der
Sehnenzellen entsteht zunächst eine abnorm zellen-
raiche Sehne.
Med. Jahrbb. Bd. 282. Hft 3.
Der weitere Heilungsverlauf, die Intensit&t und
fiirtensität der Leukocyten Wanderung und der Proli-
feration, die Dauer der Anwesenheit von Leuko-
cyten, bez. von zelligem Granulationgewebe, der
Zeitpunkt der Umwandlung der zelligen Narbe in
die faserige, die prooentuale Betheiligung der binde-
gewebigen und der sehnigen Componenten an dem
Heilungsprooess — Alles das wechselt in den ein-
zelnen Fftllen innerhalb weiter Grenzen, ohne dass
man stets zureichende Gründe dafür auffinden
konnte. Die Art der Operation spielt dabei eine
grosse Rolle. Je geringer die primäre und sekun-
däre Schädigung des Operationgebietes, desto glatter
die Heilung. Gute Operationtechnik und Asepsis
bieten die beste Gewähr für die Raschheit der Hei-
lung, wie für die möglichst günstige Art der Vernar-
bung und clamit für den besten funktionellen Erfolg.
Die Umwandlung der zelligen Narbe in die
faserige geschieht durch Reduktion der Zellen und
Gef&sse des neugebildeten Gewebes und unter
fortschreitender Entwickelung fibrillärer Substanz
(Bindegewebefibrillen , Sehnenflbrillen , elastische
Fasern). Das gewucherte Bindegewebe gewinnt im
Bereiche der Narbe häufig ein dem Sehnengewebe
ähnliches Aussehen in Folge von paralleler Anord-
nung der langen spindeligen Zellen und der von
diesen gelieferten Fasern. Doch wird die elegante
Textur des neugebildeten Sehnengewebee von dem
Bindegewebe nicht erreicht. Ob sich gewöhnliches
Bindegewebe in echtes Sehnengewebe umwandeln
kann, ist schwer zu entscheiden ; jedenfalls geht
das neue Sehnengewebe zum grOssten Theile aus
dem alten hervor.
Die regenerirte Sehne, bez. die nach Sehnen-
plastik entstandene Sehnennarbe erlangt selbst nach
Jahren nicht wieder den schOnen Perlmutterglanz
der normalen Sehne. Im Allgemeinen dauert die
Heilung nach Faltungen der Sehne länger, als nach
den Verpflanzungen und treppenfOrmigen Durch-
schneidungen. Um die Seidenfäden dauert die
Reaktion am längsten, ist am stärksten im Binde-
gewebe, während die durch das Sehnengewebe
selbst geführten Nähte meist geringere Reaktion er-
regen. Dabei finden sich regelmässig Nahtnekrosen
der Sehne, um so ausgedehnter, je straffer die Nähte
angezogen sind. Doch wird durch sie — falls sie
nicht zu ausgedehnt sind — die Heilung nicht
wesentlich verzOgert. Durchblutete Sehnen zeigen
bedeutende Abschwächung, bez. völliges Ausbleiben
der Proliferation. N o e s s k e (Eiel).
337. Ueber meine Sohnellhärtunga- und
Sofanelleinbettungsmethode ; von Prof. 0. Lü-
bars ch in Posen. (Deutsche med. Wchnschr.
XXIX. 48. 1903.)
1) Die frischen Gewebestücke, deren Dickendnrch-
messer 7^ cm nicht gut überschreiten darf, werden in ein
weites Reagenzglas mit lOproo. Formalinlösang gethan
und auf 10 — 15 Minuten in den Paraffinofen von 50 — 53*
gebracht. Die Flüssigkeit wird während dieser Zeit
1 — 2mal gewechselt. 2) Uebertragen in 90 — 95proc.
32
250
m. Pharmakologie und Toxikologie.
Alkohol auf 5—10 Minuten. Einmaliges Wechseln der
Flüssigkeit. 3) Die Stücke gelangen in absoluten Alkohol
auf 10 Minuten. Zweimaliges Wechseln der Flüssigkeit.
4) Belassen in ganz klarem Anilinöl, bis die Stücke
völlig durchsichtig sind, was je nach der Qrösse in 10—
30 Minuten erreicht zu sein pflegt 5) Entfernen des
Anilinöls durch X^lol; Wechseln des letzteren, bis es
nicht mehr gelb wird (2 — 3mal), meist in 10 — 20 Minuten
vollendet S) Einbetten in Paraffin, 10 Minuten bis
1 Stunde. Auch bei 2 — 6 bleiben die Priparate im
Paraffinofen von 50--53«.
Auf diese Weise ist Härtung und Einbettang in
55 Minuten bis ca. 3 Stunden vollendet, so dass die Her-
stellung tadelloser Schnitte möglich wird, die JQgÜcbe
Art von Färbungen u. s. w. gestatten. Die Methode
eignet sich besonders für die Schnelleinbettung lebeod-
frischen Materiales, bei Leichenmaterial eneogt ae
manchmal starke Schrumpfung. N o e s 8 k e (£el).
III. Pharmakologie und Toxikologie.
338. Vergleichende experimentelle Unter-
saohangen lokalan&athesirender Mittel; von
Dr. F. M. Reoke. (Inaug.-Diss. Leipzig 1903.)
In dieser unter Braun's Leitung gearbeiteten
Dissertation kommt B. zu folgenden Ergebnissen :
1) Cocain wird von Eucain B, Tropooocain, Acoin
und Holocain in Bezug auf seinen anästhesirenden
Wertb in manchen Beziehungen erreicht, ja sogar
theilweise übertrofifen. 2) Subcutin und Nirvanin
stehen dem Cocain in jeder Hinsicht weit nach.
3) In der Eigenschaft, mit Adrenalin vereinigt,
dessen Wirkung unberührt zu lassen, steht Cocain
über allen anderen An&stheticis.
P. W a g n e r (Leipzig).
339. Cocain und Adrenalin (Saprarenin) ;
von Dr. H. Braun. (Berl. Klinik Heft 187. Jan.
1904.)
In dem vorliegenden Vortrage fasst B r. Alles
das zusammen, was wir über die anftsthesirende
Wirkung des Oocains und Adrenalins wissen. Der
Werth des Adrenalins für die Lokalanftsthesie be-
steht im Allgemeinen darin, dass verdünnte Cocain-
lOsungen auf Gewebe, die durch Adrenalin an-
ämisch gemacht worden sind, wie concentrirte
CocainlOsungen wirken, und dass die Dauer der
Anästhesie ausserordentlich verlängert wird. Mit
kleinen Cocaindosen können örtliche Wirkungen
erzielt werden, wie sonst nur mit grossen Cocain-
dosen ohne Adrenalin. Dadurch wird also eine
relative Verminderung der Oefahr der Cocainintoxi-
kation eingeleitet Auf allen Gebieten hat die
Lokalanästhesie durch die Einführung des Adrena-
lins eine Förderung erfahren ; ihre Grenzen sind
erweitert, ihre Erfolge sind sicherer, ihre Technik
ist vereinfacht, ihre Anwendung in einzelnen Dis-
ciplinen weniger gefährlich geworden.
P. Wagner (Leipzig).
340. L*aotion de l'adrönaline aar le sang ;
par Loeper et 0. Crouzon. (Arch. de M4d.
exp6rim. 1. S. XVL 1. p. 83. Janv. 1904.)
Während L. u. C. einerseits fonden, dass durch
wiederholte Injektionen von Adrenalin Verminde-
rung der rothen Blutzellen und Hypertrophie der
Nebennieren hervorgerufen wurde, zeigte sich
andererseits, dass die Exstirpation der Neben-
nieren und damit die Unterdrückung ihrer Sekre-
tion Hyperglobulie zur Folge hatte. Es scheint,
dass die Nebennierensekretion aufdie Vemichtung-
centren der' rothen Blutkörperchen wirkt ond da-
durch das Gleichgewicht der rothen Blutkö^pe^
eben und des Hämoglobins aufrecht erhält Diese
bis jetzt nicht gekannte Wirkung verschärft
noch den Antagonismus zwischen Nebennieren und
Schilddrüse: die Nebenniere enthält Fett, die
Schilddrüse keines; der Nebennierensaft wirkt
vasoconstringirend, der Schilddrfisensaft vasodüa-
tirend, Exstirpation der Nebennieren hat Hype^
globuÜe, der Schilddrüse Hypoglobulie zur Folge;
Injektion von Nebennierensaft und Adrenalin Te^
mindert, von Schilddrüsensaft vermehrt die Zahl
der rothen Blutkörperchen. Walz (Stuttgart).
341. Binige Worte über das AdrenaUn;
von Dr. Cosma. (SpitaluL 4. p. 115. 1904.)
Das Adrenalin hat sich als ein sehr gates
Hämostaticum bei Blutungen aus kleinen Oefissea
und bei direkter Anwendung auf die blutende Stelle
bewährt Hingegen sind bei interner Anwendung,
nachdem es den Sjreislauf passirt hat, seine biot-
stillenden Wirkungen nur sehr schwach und fehlen
oft auch ganz. Der Grund ist namentlich in dem
Umstände zu suchen, dass das Mittel in Folge
seiner leichten Oxydirbarkeit im Inneren des Kör-
pers zerstört wird. C. hat das Adr«kalin in
19 Fällen mit gutem Erfolge bei Epistaxis, HSma-
temesis und Hämaturie angewendet In letzterem
Falle, in dem es sich um Femwirkung handelte,
war auch diese gut Bei Hämoptoe, Metrorriiigie
und Darmblutungen schien der Erfolg iweifelhtft
Die Dosirung war für äussere Zwecke: 10 — 15g
der Iproa Lösung auf 150 — 200 g destUlirten
Wassers. Intern wurden 15 Tropfen der Original-
lösung pro die gegeben. E. Tof f (Braila).
342. Klinisohe BcflOirungen über die Dlgi-
talia-Dialyaate ; von Dr. A. Do eher t (Thenp.
d. Oegenw. N. F. VI. 4. 1904.)
D. empfiehlt die Digitalis- Dialysate von Oolai
als zuverlässig und gleichmässig wirkend. Einen
unterschied zwischen der D. purpurea und der
D. grandiflora konnte er nicht beobachten. Man
giebt 3— 5mal täglich 20 Tropfen. Dippa
343. Nähere« über die Werthbeatinimiuig
der DigitaUsbl&tter und über das Verhiltai«
des Giftwerthea anm Digitozingehalt ; von
C. F 0 c k e in Düsseldorf. (Aitdi. d. Pharm. CCXLL
9. p. 669. 1903.)
IIL Phannakologie und Toxikologie.
251
F. hat schon früher (1903) Zweck und Methode
der WerthbestiminuDg der DigitaliabUtter durch
das physiologische ESxperiment mitgetheilt, sowie
Aufklärung gebracht über die Ursachen des Schwan-
kens, bez. der Abnahme des Glykosidgehaltes beim
Aufbewahren des Vorrathes der Droge. Er theilt
nun Genaueres über die Methode der physiologi-
schen WerthbestimmuDg mit. Als Einheit des
Olykosidgehaltes wfthlt F. dasjenige Volumen des
10 prüfenden Blfttter-Infuses, das nach Injektion
in beide Schenkellymphsficke von Temporarien
ron 20—30 g Gewicht innerhalb 7—20 Minuten
den Ventrikel des freigelegten Harsens bis sum
systolischen Stillstände tüdtet. Die Werthsahl
berechnet F. dann nach der Formel X •» , ,
d . -[-
(Gewicht des Frosches dividirt durch Volumen der
injicirten Infusmenge. Zeit bis zum Eintritte des
systolischen Stillstandes).
Die weitere Untersuchung bezweckt die Prü-
fung der Frage, inwieweit der durch die bekannten
chemischen Methoden ermittelte Digitoxingehalt
der Droge mit den Werthen des physiologischen
Experiments übereinstimmt. Dabei ergab sich,
dass er dies in weitesten Grenzen nicht thut. F.
erklärt sich dieses damit, dass er annimmt, dass
äie das Digitoxin in Lösung haltenden anderen
Glykoside und Extraktivstoffe in uncontrolirbarer
Weise unbeständig seien.
W. Straub (Leipzig).
344. Digitalis and Hersarbeit ; von R Gott-
lieb und R. Magnus. (Arch. f. experim. Pathol.
u. Pharmakol. LI p. 30. 1903.)
0. u. M. arbeiteten am ausgeschnittenen über-
lebenden Katzenherzen, das durch Speisung seines
Corooarkreislanfes mit körperwarmem Blute (Lan-
gendorff's Methode) am Leben erhalten wird.
Eb werden die isometrischen und isotonischen
Curren verzeichnet In den Anfangstadien der
Vergiftung werden die Herzcontraktionen beträcht-
lich verstärkt und bei unregelmässiger Herzthätig-
keit regularisirt Die Druckwerthe der einzelnen
Systolen sind höher als vor der Vergiftung. Gleich-
falls tritt eine Vertiefung der Diastole ein. Die
Herzarbeit ist unter Digitaliswirkung um das
27i— SVjfaohe gesteigert.
W. S t r a u b (Leipzig).
345. lieber die BeeinfluMimg dee Ooronar«
kreislanfes dvreh einige Gifte; von Oswald
Loeb. (Arch. f. experim. Pathol. u. Pharmakol.
LI. p. 64. 1903.)
Im Anschlüsse an die vorstehend referirte
Arbeit von Q ottlieb und Magnus untersuchte
L. an demselben Präparate den Wechsel der Oe-
ßiasweite im Coronargebiete des Eatzenherzens.
Von Digitalisgiften wurden untersucht Digitoxin
und Strophanthin. Das Digitoxin hat einen deut-
lichen verengenden Effekt, der beim Strophanthin
kaum angedeutet ist Die angewandten Mengen
waren bezüglich der Herz Wirkung wirksam, Coffein
ist wirkungslos, während Theobromin offenbar den
Oesammtquerschnitt des Coronarkreislaufes ver-
grüssert, also die Cirkulation im Herzmuskel hebt
Analog wirken grössere Dosen Amylnitrit, die Wir-
kung zeigt sich schon bei solchen Mengen, die die
Herzthätigkeit noch nicht erheblich schädigen.
W. S t r a u b (Leipzig).
346. Ueber eine neue Applikationsmethode
von Collargol(Oollargolkly amen); von Dr. Hein-
rich LoebL (Ther. d. Oegenw. N. F. VI 4.
1904.)
L. gehurt zu den Anhängern der Cred6'schen
CoUargolbehandlung bei septischen Erkrankungen
und empfiehlt als besonders leicht anzuwenden
und wirksam Collargolklysmen. Man giebt ein
Wasserklystier und läset nach ^/^ Std. Collargol
0.5, Aq. 60.0 einlaufen. Die Klysmen werden früh
und Abends „mindestens 8, höchstens 14 Tage'*
gegeben. „Es ist wahrscheinlich, dass bei An-
wendung dieses Mittels bisweilen noch Kranke
mit septischen Processen gerettet werden, welche
sonst verloren wären.'* D i p p e.
347. Untenraohungen einiger Dauerhefe-
Präparate des Handels mit besonderer Be-
rüoksiohtigang ihrer biologischen Bigensohaf-
ten und therapeutischen Verwerihbarkeit; von
Dr. P a u 1 K r a u s e. (Ther. d. Oegenw. N. F. VI. 3.
1904.)
K r. hat die verschiedenen in den Handel ge-
kommenen Hefepräparate untersucht und geprüft
und kommt zu dem Ergebnisse: „vom Standpunkte
der therapeutischen Verwendbarkeit ist dasjenige
Hefepräparat als das beste anzusehen, welches
keine lebenden Hefezellen mehr besitzt, dagegen
bei geringem Wassergehalte die grOsste Oähr-
kraft, baktericide und verdauende Eigenschaften
aufweist*^ Das beste ist demnach das Zymin,
ihm folgt als allenfalls auch noch brauchbar Levure
de bi^re. D i p p e.
348. Ueber Nafalan und NafUanpräparate;
von Dr. E. S a a 1 f e 1 d in Berlin. ( Ailg. med. Centr.-
Ztg. LXXIII. 4. 1904.)
Nach S.'s Versuchen kommt die Wirkung des
Nafalan R M. (Retortenmarke) der des alten Naf-
talan gleich. Da die Herstellung dee Naftalan-
pflastermulls von Seiten der Fabrik aus tech-
nischen Gründen eingestellt wurde, veranlasste S.
die Nafalangesellschaft, aus dem billigeren Nafalan
einen Pflastermull nach seinen Angaben herzu-
stellen. Dieser besteht aus 50<^/o Nafalan, 35%
Pfiastermasse und 15<^/o Zinkozyd. Der Pflaster-
mull bewährte sich vorzüglich bei Furunkeln und
FoUiculitiden, bei Sycosis vulgaris parasit, femer
bei Hydrosadenitis axillaris und bei vereinzelten
grossen Acne-vulgaris-Knoten.
J. Meyer (Lübeck).
252
IV. Neuropathologie und Psychiatrie.
349. La gölatine oomme moyen de traite-
ment des diarrhees infantUes; par le Dr. A.
P a t r i 0 0 1. (Thöse de Lyon 1 903.)
Diese unter der Leitung von Weill ausgeführte
Arbeit giebt 18 Krankengeschichten und gelangt
zu dem Schlüsse, dass die Gelatine den anderen,
bei der Behandlung der einfachen EinderdiarrhOen
benutzten Mitteln überlegen ist Man giebt das
Mittel gelöst in physiologischer Kochsalzlösung
nach folgender Zusammensetzung : Kochsalz 7.0 g,
Gelatine 100.0, destillirtes Wasser 1kg. Man
giebt hiervon je lOccm in Eprouvetten und steri-
lisirt bei 110—1 20<>10 Minuten lang. Jedes HOhr-
chen enthält 1.0 g Gelatine und wird nach Er-
wärmung im Wasserbade einer Menge von 100.0 g
Milch zugesetzt Man verabreicht eine oder meh-
rere Dosen in 24 Stunden, auch können die Dosen
verdoppelt werden. Im Allgemeinen wurden 4 —
12g Gelatine per Tag benutzt; man sieht die
Stühle dichter und weniger häufig werden, auch
der Allgemeinzustand wird ein besserer. Bei
choleriformen Diarrhöen ist der Einfiuss auf die
Stühle ein guter, aber das Allgemeinbefinden
wird nicht so augenfällig beeinflusst Haupt-
sächlich musB darauf geachtet werden, nur eine
sehr reine Gelatine zu verwenden.
KToff (Braüa).
350. Die Behandlung gegen den fiiii
wüthender Wölfe ; von Dr. Stefan L Geor-
ge sc u. (Inaug.-Diss. Bukarest 1903.)
Diese unter der Leitung von Babes gemachte
Arbeit führt G. zu folgenden Schlüssen : Die Bisse
toller Wolfe sind als besonders gefährlich zu be-
trachten, da sie gewöhnlich sehr tief sind und
meist am Kopfe sich befinden. Es wurde in
der Behandlung das Princip der Serotherapie an-
gewendet, indem Blut und Serum immunisirter
Thiere zur Anwendung kamen. Diese Methode
wurde zum ersten Male im pathologisch-bakterio-
logischen Institute in Bukarest versucht Es warde
ausserdem gefunden, dass das Blut jener Personen,
die eine antirabische Kur durchgemacht haben,
eine bedeutende präventive Kraft habe und sogar
stärker als die Pas teur 'sehe Behandlung wirke.
Auf diese Weise konnte der Ausbruch der Krank-
heit bei den spät in Behandlung Gekommenen um
Vieles seltener gemacht Verden. Da aber immu-
nisirtes Menschenblut nur schwer zu haben ist,
hat Babes die Pasteur'sche Behandlung mit
der Injektion der von ihm entdeckten rabiachen
Toxine verbunden. Diese Behandlung hat eine
kräftigere und raschere Wirkung, die Behandlungs-
dauer wird um Vieles abgekürzt und die Mortalität
wurde auf Null reducirt E. T o f f (Braila).
IV. Neuropathologie und Psychiatrie.
351. Bor lee hömiapaames de laflaoe» hömi-
apaame faoiale Trai, hömiapasme faoial liyst^
rique; par Lannois et Porot (Lyon m6d.
XXX VI. 6. p. 233. 1904.)
L. u. P. gebrauchen die Bezeichnung „spasmes*^
und „tics^^ in demselben Sinne wie Brissaud
und Meige. Die Charaktidristica des Facialis-
krampfes sehen sie in der Halbseitigkeit der An-
fftlle, in der Beschränktheit auf das Innervation-
gebiet des N. facialis, in den klonischen und
serienweise auftretenden Anfällen, ferner in der
Unabhängigkeit vom Willenseinflusse und in der
häufig zu constatirenden Fortdauer während des
Schlafes. Sie theilen 5 Beobachtungen kurz mit
und geben Abbildungen. In ätiologischer Bezie-
hung unterscheiden sie h^mispasmes directs et
rSflexes ; die ersteren können ihre Ursache haben
in einer Läsion des oortikalen oder bulbären
Facialiscentrum oder in einem Reize, der den
Facialisstamm selbst trifft. Für alle diese Mög-
lichkeiten führen sie Beispiele aus der Literatur
an. Für die reflektorischen Formen bildet das
Trigeminusgebiet die oentripetale Bahn. Deshalb
findet man in der Vergangenheit der betrofiTenen
Personen fast stets ein Stadium heftiger Gesichts-
oder Zahnneuralgien. Oft besteht der Schmerz
noch neben dem Krämpfe fort Von diesem eigent-
lichen, organisch bedingten Facialiskrampfe ganz
verschieden ist der hysterische; von diesem wer-
den 2 Beispiele mitgetheilt Er stellt sich fast
stets als eine Contraktur dar, als ein auf eine Ge-
sichtshälfte beschränkter ionischer Krampf, den
man beim ersten Anblicke für einen auf eine pri-
märe Facialislähmung folgenden halten könnte.
Vor einer solchen Verwechselung wird aber stets
die Anamnese, oft auch die elektrische Präfong
schützen. Ferner ist der Beginn charakteristiacb :
der Krampf tritt fast immer im Anschlüsse an eine
Gemüthsbewegung auf und wird zuweilen vom Fat
schon vorher geahnt Manchmal geht ein Trauma
voraus. Oft gelingt der Nachweis von hysterischen
Stigmaten. S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
352. Beitrag aar Polyneuritis. (Ein Faä
von Polyneuritis plus Korsakow'seher Osre&ro-
pathie mit doppelseitiger Stauungspapille unddoppd-
seiiiger Kautnuskellähtnung. Heilung) ; von Dr. E
di Gaspero. (Mon.-Schr. f. Psych, n. Neurol.
XIV. 3. p. 161. 1903.)
Die KrankeDgesohiohte des 39jähr. Potatore bietet
insofern differentiaJ-diagnostisches Interesse, als man im
Anfange wegen der doppelseitigen Stauangspaialle nsA
der ausgeprägten psychischen Störungen an einen Hirn-
tumor denken musste. Aosserdem bot der Pat noch
das seltene Symptom der doppelseitigen Eaamoskel-
lähmuDg. Abgesehen von diesen bei einer Polyoeoritis
aussergewöhnlichen Erscheinungen bestanden noch Kopf-
schmerz, Schwindel, Aagenmuskelparesen, Nystagmiis,
Paresen aller Gliedermoskeln, starke Dmokempfiodlich-
koit fast aller Nervenaustrittpunkte, Herabsetzang der
Sensibilität fast am ganzen Körper, reissende Schmer-
zen, Parästhesien an verschiedenen Stellen, Polsveriaag-
samong. Schlack- and Sprachstönmgen, Steigerung diT
IV. Neuropathologie und Psychiatrie.
253
Fatellarreflexe und träge Lichtreaktion der Papillen.
Am Ende der 20. Woche konnte Pat völlig geheilt ent-
lassen werden. Die Papillitis erklärt 0. als einen durch
TeiBcbiedene Irritationen auf beide ßehnervenköpfe be-
schränkt gebliebenen Entzündnngzustand, als den ana-
tomisohen Ausdrack einer asoendirenden Nenritis beider
Seiinerveo. Höchst wahrscheinlich handelte es sich um
eine Sanimationwirkong von drei Oiften, dem alkoho-
lischen, dem rheumatischen und dem eoterotoxischen.
Von blonderer Wichtigkeit waren die gastrointestinalen
Störungen, wie aus der Anamnese hervorging. Die psy-
chischen Stornngen bestanden in einer Combination von
verändertem Bewusstsein zustande mit grosser Reizbar-
keit und intellektueller Schwäche, verbunden mit Sinnes-
täuschungen, Associationstörungen und Affektzuständeo.
Id der Epikrise weist G. auf die elektive Auswahl der
sensiblen Fasern der spinalen Nerven gegenüber den
motorischen hin. Während die sensiblen Fasern in allen
betroffenen Spinalnerven den Hauptantheü nahmen, wie-
sen die motorischen Fasern keine schwereren Läsionen
auf, wie man aus dem Fehlen von degenerativen Atro-
phien, von Muskelflimmern, von Herabsetzung der
Sehnenreflexe schliessen könnte. Der bei Gehirnnerven-
Polyneuritis relativ am regelmässigsten betroffene Nerv,
der Facialis, war bei diesem Pat gänzlich unversehrt
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
353. Bin atypischer Fall von Balbärlfth*
mnng ohne anatomisohen Befand; von Dr.
Helene Friederike Stelzner. (Aroh. f.
Psych. XXXVIII. 1. p. 171. 1904.)
8 t theilt die Krankengeschichte einer im 3. Schwan-
gerschaftmonate stehenden 35jähr. Pat mit, die nach
4wöGhiger Krankheit an centraler Respiratioulähmung zu
Grande ging. Makroskopisch waren am Gehirn und
Bäckenmark keine pathologischen Veränderungen nach-
zuweisen; eine mikroskopische Untersuchung scheint
nicht ausgeführt zu sein. Die Hauptsymptome während
des Lebens waren : akuter Beginn mit Verwirrtheit, Er-
regtheit und Desorientirtheit, sowie heftiges Erbrechen.
Bei der 14 Tage später erfolgten Aufnahme in die Gharite
w die Pat ruhiger, warf aber den Kopf noch unruhig
hin und her. Sprachstörung bulbären Charakters, keine
Ptosis; die Augäpfel konnten nicht in die extreme Stel-
lung gebracht werden. Leichte Parese des rechten unteren
^iclalis. Keine Zungenatrophie, keine Schluckstörungen.
Glieder schlaff; die Beine konnten nur wenig von der
Unterlage erhoben werden. Hypotonie. Patolla- und
Achillesreflexe nicht auszulösen. Puls andauernd 150.
Unter Zunahme der Sprachstörung, der Augenmuskel-
schwäche und Hinzutreten von Schluckstörungen trat
der Tod an Athemlähmung ein , nachdem schon einige
Tage vorher die Respiration mühsamer geworden war.
Da man an einen cerebralen Herd dachte, unterblieb die
Prnfang auf Entartungsreaktion und auf myotonische
Beaktion ; auch wurde die Untersuchung auf Ermüdung
bei Wiederholung der Bewegunc^n nur in unzureichender
Weise vorgenommen. St hält die Beobachtung wegen
des akuten Beginnes, des rasch vorschreitenden Verlaufes,
sowie wegen des Fehlens der Ptosis und des Freibleibens
des oberen Facialis und der oberen Extremitäten für einen
der unreinen FSÜe von myasthenischer Paralyse. Der
Beginn mit einer Psychose ist ja auch ungewöhnlich.
Fleisch-, "Wurst- und Fischvergiftung konnten übrigens
ansgeschloflsen werden. St ist geneigt, mit Rücksicht
aof die Gravidität der Pat anzunehmen, dass vielleicht
^wisse Toxine, Abbauprodukte des kindlichen Körpers
ni den Kreislauf gelangen, und möchte sie als Ursache
für eine derartige Erknmkung, wie auch für die Eklampsie
heranziehen. S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
354. Ueber einige seltener vorkommende
peripherisohe Lähmungen ; von M. Bernhardt.
{Berl. klin. Wchnsdir. XLI. 10. 1904.)
In dem ersten der von B. mitgetheilten Fälle
handelte es sich um eine isolirte Lähmung des
N. suprascapularis dexter.
Zu Beginn des Leidens bestanden Schmerzen in der
rechten Nackenseite und der rechten Schulter, die aber
bald verschwanden. Objektiv nachweisbare Sensibilität-
störungen waren weder an der rechten Schulter, noch
vorn an der Brust oder hinten im Bereiche der Schulter-
blätter oder sonst irgendwo vorhanden. Auch die Funk-
tion des Armes und der Schulter war nur wenig beeinflusst
Was dem Pat schwer fiel, war das Heben einer selbst
unbedeutenden Last (Teller, Kaffeetasse) und das Fort-
stellen solcher Gegenstände, wenn er sie sitzend zurSeito
stellen wollte. Der M. infraspinatas war weder direkt,
noch indirekt (vom Erb 'sehen Punkt aus), sei es für den
faradischen, sei es für den galvanischen Strom erregbar.
Eine elektrische Prüfung des M. supraspinatus war bei
Intaktheit des Trapezias nicht sicher zu verwerthen. Die
anfänglich vorhanden gewesenen Schmerzen und die
sichere Angabe des Kranken , dass er stets mit dem
rechten Arme die schwersten Arbeiten ausgeführt habe,
legten die Annahme einer neuritischen Affektion im Be-
reiche des rechten Plexus brachialis nahe. Ausserdem
fand sich bei dem Pat eine doppelte Halsrippe, die auch
durch Röntgenuntersuchung nachgewiesen wurde. B.
giebt aber zu, dass eine so isolirte Erkrankung des N. supra-
scapularis durch den von der Halsrippe ausgeübten Druck
oder die Zerrung der Erklärung Schwierigkeiten bereitet,
und meint, dass hier vielleicht nur ein zufälliges Zu-
sammentreffen an sich seltener Befunde vorliegt und dass
vielmehr die Üeberanstrengung des Kr. zur Erkrankung
geführt hatte, wenn auch die Casuistik lehrt, dass häufig
durch diese Anomalie motorische Nerven und die von
ihnen innervirten Muskeln erheblich geschädigt werden.
Die zweite Beobaohtung betraf eine isolirte
LähmuDg des linken N. muBOulo-cutaneus und der
von ihm innervirten MM. biceps und brachialis
internus.
Das Seil eines Fahrstuhles hatte sich um den oberen
Abschnitt des Oberarmes mehrfach umgewunden und
dort schwere Verletzungen mit Narben bildung verursacht
Es bestanden ein Gefühl von Taubheit am Nagelglied des
linken Daumens an der Yolarseite und abnorme Empfin-
dungen an der Radialseite des linken Unterarmes vom
Ellenbogen ab bis zur Handwurzel hin ; vor Allem aber
eine ärhebliche Schwäche im ganzen linken Arme, die
festes Zu- und Anfassen verhinderte. Der Kr. konnte
alle Bewegungen links im Schulter-, an den Hand- und
Fingergelenken in normaler Weise ausführen. Im linken
Ellenbogengelenke kamen zwar auch Beugungen und
Streckungen zu Stande, aber kraftlos und ohne dass man
die geringste Ck)ntraktion in den Beugern fühlte. Diese
wenig kraftvolle Beugung beruhte auf der vicariirenden
Funktion des linken M. supinator longus. Händedruck
Unks gegen rechts: 45 gegen 95. Weder vom Erhaschen
Punkte aus, noch bei direkter faradischer Reizung gelang
es, eine Contraktion der MM. biceps und brachialis int
auszulösen. Bei direkter galvanischer Reizung : typische
Entartungsreaktion. Bemerkenswerth ist, dass vor der
Untersuchung durch B. die Ansprüche des Pat an die
Unfallversicherung abgewiesen worden waren.
B. bespricht dann noch drittens eine Lähmung
des linken N. cruralis und N. ischiadicus im Ge-
folge unblutigen Repositionversuches einer an-
geborenen Hflftgelenksverrenkung bei einem 8 Jahre
alten Mädchen.
Nach der 7 Wochen vor der Aufnahme ausgeführten
Operation hatte sich eine Lähmung des ganzen linken
Beines eingestellt. Die Hüftbeugung gelang nur mangel-
haft ; im Knie und Fussgelenk unks war überhaupt jede
Bewegung unmöglich. Die faradische Erregbarkeit sämmt-
licher Unterschenkelmoskeln sowohl im Peronäus-, wie
254
IV« Neuropathologie und Psychiatria
im Tibialisgebiet war erlosohoD. Die galvanisohe Beizung
zeigte vollkommeDe EDtartungsreaktion. Die Sensibilität
war an allen Punkten von der Sohle bis zam Knie voll-
ständig aufgehoben. Eine duroh Wochen hindurch fort-
gesetzte galvanische Behandlung führte allmählich eine
gewisse Besserung herbei. Die Beugung im Hüftgelenk
wurde auseiebiger und die Streckung des Unterschenkels
im Kniegelenk wieder möglich. Die Bewegungen des
Fusses aber und der Zehen blieben duroh die Behandlung
unbeeinflusst. Die objektiven Sensibilitätstörungen ver-
schwanden zum grössten Theile.
B. betont, dass dieser Fall den von Lorenz
und von Taylor mitgetheilten F&llen gleicht, in
denen sich auch die Lähmung im Cruralisgebiet
schneller ausglich, als die im Ischiadiousgebiet vor-
handene, von der es zweifelhaft bleibt, ob sie über-
haupt zur Heilung gelangt Zur Erklärung der
merkwflrdigen Thatsache, dass bei Zerrungsaffek-
tionen des Ischiadicus immer in erster Linie der
N. peronaeus betroffen wird, stellt Lorenz (nach B.)
die Vermuthung auf, dass eine stärkere binde-
gewebige Fixirung des genannten Nerven am Gapit
fib. bei seinem Eintritt in die Insertionköpfe der
MM. peronaei ihn einem Zerrungsinsult in be-
sonderem Maasse aussetzt. Oerbardt's jim. Ex-
perimente und Untersuchung der Erregbarkeit der
genannten Nerven nach dem Tode führten zu dem
Resultate, dass eine geringere Widerstandsfähigkeit
des ganzen, zu den entsprechenden Muskeln ge-
hörenden nervOsen Apparates zu Grunde liegt und
dass es sich im Ischiadicusgebiet um ähnliche Ver-
hältnisse zu handeln scheint, wie wir sie beim
N. laryngeus inf. in der leichteren Läsionföhigkeit
der zu den MM. cricoaryt post führenden Zweige
kennen. M. Hof mann fand (nach B.), dass der
N. peronaeus während seines ganzen Verlaufes am
Oberschenkel nur 4, derN.tibialis auf der gleichen
Strecke 8, also die doppelte Anzahl Zuflüsse erhält
Bei ZerrungeA würde also im N. peronaeus Ischämie
viel früher und stärker auftreten, als imN.tibialis;
und nach Aufhören der Zerrung würde sich die
Cirkulation viel schwerer wieder einstellen, als im
Tibialis mit seiner doppelt so grossen Anzahl von
Zuflüssen. S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
355. Zur Symptomatologie centraler und
peripherer Beinlahmong; von Dr. E. Storch.
(Wien. klin. Rundschau XVIIL 4. 1904.)
St. berichtet über 3 Fälle von Lähmung des
rechten Beines ; 2 waren centraler Natur, der dritte
hatte peripherischen Charakter. In allen 3 Fällen
war höchstwahrscheinlich ein Trauma die Ursache.
Bei den beiden ersten Kranken ^aren die Beuger
der Hüfte und des Knies, sowie die Dorsalfiexoren
gelähmt, ihre Antagonisten völlig intakt. Ausser-
dem bestand Steigerung der Sehnenreflexe und Ver-
minderung der passiven Beweglichkeit. W er-
nicke, der diesen Lähmungstypus als Erster be-
schrieb, betrachtete ihn als charakteristisch für die
cerebrale Hemiplegie. Die hauptsächlich gelähm-
ten Muskeln, die man kurz als Yerkürzer des Beines
bezeichnen kann, nannte er Prädilektionmuskeln,
weil sie vorzugsweise den Sitz der hemiplegischen
Lähmung darstellen. So rein wie in den beiden
mitgetheilten Fällen ist dieser Typus nur äusserst
selten zu finden. Denn die Verlängerer des BeineB
waren hier durchaus nicht betroffen. Eb ist ein-
leuchtend, dass diese beiden Beobachtungen eine
wichtige Stütze der W e r n i c k e 'sehen Anschauang
bilden, dass die Lähmung der Prädilektionmuskeln
auf einer Läsion der Pyramidenbahn beruhe, dias
dagegen die Verlängerer des Beines, die ihre Kraft
behalten, gar nicht oder nur in geringem Onde
von dieser Bahn beherrscht werden. St weist
ferner darauf hin, dass die Kenntnias des Prl-
dilektionmuskeltypus eines der besten differeotial-
diagnostischen Hülfsmittel ist, um die organischen
Lähmungen von den funktionellen zu unter-
scheiden.
Die Stelle, wo nun in diesen beiden Fällen die Pyra-
midenbahn lädirt war, kann St nioht mit aller Bestimmt-
heit angeben. Eine reine Läsion der Pyramidenbahn ist
nur möglich an einer Stelle, wo die cortioothalamisohen
Fasern schon in den Sehhügel abgebogen sind, also
frühestens in der inneren Kapsel, wo die motorischen
Fasern für Bein, Arm und Gesicht noch getrennt neben
einander liegen. Im Himschenkelfuss sind die Fasern
für Arm, Bein und Oesicht schon wieder untermischt, so
dass ein hier gelegener Herd immer nur eine Hemiplegie,
niemals eine Monoplegie verarsachen würde. Letitere
könnte wieder erst durch einen Herd unterhalb der
Muskelkerne der oberen Extremität, etwa im oberan
Brustmarke, im Qebiete der Seitenstränge, entstehen.
Das Fehlen jeder SensibUitätstÖruns und aller Himsym-
ptome nöthigt dazu, diese Möglioluceit in Erwägung n
ziehen. Freilich verläuft hier im Brustmarke im ^retl
der Pyramide auch die Monakow'sohe Bahn. Im dritten
Falle waren die Beuger des Hüftgelenkes und die Dorsal-
flezoren erheblich weniger betroffen als ihre Antagonisten ;
man fand eine sehr bedeutende Abmagerung des rechten
Unterschenkels, eine nur massige des Oberschenkels. Die
Funktionprüfung ergab Lähmung des Glutaeus maximos
und des M. biceps. Am Unterschenkel waren nur der
M. tibialis anticus und der Eztensor hailucis longns er-
halten. Bei der elektrisohen Untersuchung fand sich in
allen funktionell ausgefallenen Muskeln totale Entartoogs*
reaktion. Die passive Beweglichkeit war, im rechten
Fussgelenk deutlich erhöht Der Achillesreflex fehlte
auf der rechten Seite, der Patellareflex war erhalten. Die
Schmerz- und Tenoperaturempflndung war am ganzen
Unterschenkel und Fusse, besonders aber in der äusseren
Hälfte, herabgesetzt, war aber nicht so scharf abgegrenzt,
dass sie sich zur Differentialdiagnose zwischen radikulirer,
spinaler oder neuritisoher Erkrankung verwerthen liess.
Bedenkt man aber, dass niemals im Verlaufe der Era&k-
heit Sphinkterstörungen auftraten, dass im Beginne der
Krankheit heftige Schmerzen bestanden, so konnte man
wohl mit grosser Sicherheit die Diagnose auf eineNeoiitis
des Plexus sacralis stellen.
8. Auerbach (Frankfurt a M.).
356. Ueber centrale Schwangenohaftt-
lähmongen der Matter; von Dr. v. HöbsHd.
(Manehn. med! Wchnsohr. LL 10. 1004.)
y. H. giebt eine Uebersicht über die centFalea
Lähmungen, die bei Schwangeren vorkommen, und
weist besonders auf die durch Myelitis, Poüomje-
litis, multiple Sklerose hin. Man müsse anndimeo,
dass Selbstgifte während der Schwangersohaft ent-
stehen und Erkrankung hervorrufen oder fordern
IV. Neuropatholo^e und Psychiatrie.
255
kßnnten. Nur eine eigene Beobachtung wird etwas
genauer mitgetheilt : spastische Lähmung, wieder-
holte Yerschlimmerung während der Schwanger-
schaft, daher künstliche Unterbrechung dieser.
M5bius.
357. Bemerkangen bot Faranoiafrage ; von
Ernst Schultza (Deutsche med. Wchnschr.
XIX. 3. 4. 1904.)
Seh. verficht in dieser Arbeit mit Geschick die
im letxten Jahrzehnt von einer immer noch wach-
senden Zahl von Autoren vertretene Anschauung,
dass die Paranoia in erster Linie durch eine St5*
rang auf affektivem Gebiete bedingt ist, wenn diese
auch nicht fOr jeden auf den ersten Blick erkenn-
bar ist Diese Zustände wurden früher bekannt-
lieh ausnahmelos als Vertreter des Yerstandesirre-
seina aufgefasst und den Affektpsychosen , der
Manie und Melancholie gegenübergestellt Wenn
man der Bntwickelung der Krankheit vom ersten
Beginn an nachgeht, so findet man — und darin
herrscht Uebereinstimmung — , dass es sich um
eine Störung handelt, die von dem Gefühl einer
andauernden, unbestimmten Unruhe begleitet wird.
Dieses Gefühl schärft die Aufmerksamkeit und
Usst die Kranken mehr sehen und hören, als unter
normalen Verhältnissen geschieht. Die starke ge-
müthliche Betonung lässt aber die schärfer erfass-
ten Eindrücke auch fester haften. Es wird diesen
sine Bedeutung untergeschoben, die ihnen in Wirk-
lichkeit nicht zukommt Hieraus entstehen dann
das Misstrauen und die Rathlosigkeit , die beim
Paranoiker eine so grosse Rolle spielen. Freilich
vird die gesammte Vorstellungsthätigkeit und das
Verhältniss zur Aussen weit verändert Seh. weist
darauf hin, dass die Pathologie der GrefQhle ein
noch wenig durchforschtes Gebiet ist, weil sie einer
tthlenmässigen Prüfung weniger zugänglich sind,
als die Abweichungen auf intellektuellem Gebiete.
Beb. zeigt an Analogien aus dem normalen Leben
(Liebe, Eifersucht, Wuth u. s. w.), dass das Gemüth
eine grössere Rolle spielt für dieEntwickelung der
geistigen Persönlichkeit, als die intellektuelle Ver-
ulagung, und dass die Vorstellungsthätigkeit' in
li^Hiaem Haasse von Seiten des Gefühls geleitet
vird, als man von vornherein glauben möchte.
IKese theoretischen Auseinandersetzungen haben
snch einen praktischen Werth. Nimmt man näm-
lich an, dass die Paranoia ein Process ist, der sich
^1^ auf dem Gebiete der Vorstellungen abspielt,
und der erst in zweiter Linie zu einer Alteration
des Qefühllebens führt, so erscheint es nicht unbe-
rechtigt, den Paranoiker für dM Handlungen zur
Verantwortung heranzuziehen, die mit dem Wahn-
system nichts zu thun haben. Glücklicherweise
wild diese Ansicht der partiellen Zurechnungs-
Ahigkeit der Paranoiker nur von Wenigen getheilt
Seh. zeigt dann an einigen Beispielen, zu welchen
Konsequenzen das führen kann.
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
358. Oontribution a Petade des folies de-
generatiires ; par le Dr. P a u 1 J a c o b y. (Policlin.
Xm. 4. p. 73. 1904.)
J. schildert in diesem interessanten Aufisatze
die Eigenthümlichkeiten einzelner russischer Sek-
ten, die im letzten Jahrzehnt Aufsehen machten
und wegen ihrer von dem orthodoxen Glauben
abweichenden religiösen Ceremonien zu schweren
Strafen verurtheilt wurden. Im Jahre 1901 gelang
es J. mit knapper Noth, eine grosse Zahl der Ein-
wohner der Ortschaft Soupenewo (in der Provinz
Orel), die sich der Sekte der Ehlysty (unpassender
Weise mit Flagellanten übersetzt) angeschlossen
hatten, vor einem ähnlichen Schicksale zu be-
wahren. Er überzeugte 2 hohe Tribunalbeamte
davon, dass die ganze Gesellschaft geisteskrank
sei, dass man eine psychische Epidemie hier vor
sich habe. Der Prophet erwies sich als ein schwer
belasteter Paranoiker, seine Frau war eine schwere
Hysterica, und der ganze Anhang bestand aus
Degenerirten, Epileptischen u. s. w. J. hebt her-
vor, dass dieses die erste religiös-psychische Epi-
demie in Russland sei ohne schwere richterliche
Strafen. Die erwähnte Sekte zeichnete sich aus
durch Negation eines persönlichen Gottes, jeglicher
socialer Verschiedenheit, ferner durch Verabscheu-
ung der Ehe. Sie verehrten einen heiligen Geist,
waren alle durch eine untrennbare Brüderlichkeit
verbunden und hatten völlige geschlechtliche Ge-
meinschaft. Bemerkenswerth ist, dass J. nicht nur
die Häretiker selbst krank fand, sondern dass die
ganze Bevölkerung auf den ersten Blick degenerirt
war und reif fürjede psychische Epidemie. J. zeigt
nun, dass dieser Geisteszustand und diese mora-
lischen Begriffe eine völlige Rückkehr zu einem
sehr alten, primitiven Culturzustand sind. Europa
hat keine historische Erinnerung davon bewahrt ;
in RuBsland jedoch bestand er im Centrum des
Landes im XII. Jahrhundert, bei den Völkern der
finnischen Rasse noch im XVIL Jahrhundert. J. be-
spricht dann noch ausführlich die Genese dieser
Epidemie , dann auch der von Tiraspol , wo sich
28 Menschen lebendig begraben Hessen, um dem
Jahre der Volkszählung zu entgehen. Sie hielten
es nämlich für Todsünde, sich registriren zu lassen.
J. beweist auch hier mit historischen Argumenten,
dass dieses furchtbare Schauspiel gleichfalls ein
Rückschlag zu der Geistesbeschaffenheit der Rasse
war, die in diese Landesgegend verpflanzt worden
ist Die Geschichte und die Volkskunde werfen
nach J., öfters als gewöhnlich angenommen wird,
ein helles Licht auf die Psychologie und zuweilen
auch auf die Psychiatrie der Völker. In ähnlicher
Weise sucht J. auch darzuthun, dass eine der
räthselhaftesten Formen der degenerativen Ver-
rücktheit, die sexuelle Anbetung des weiblichen
Schuhwerks nur eine atavistische Form einer sehr
alten und primitiven Psychologie ist, für die wir
kein Verständniss mehr haben.
S. Auerbach (Frankfurt a. M.).
256
T. Innere Hedidn,
V. Innere Medicin.
359. Ueber Inflaensa; von Dr. Walther
Voigt in Oeynhausen. (Vgl. Jahrbb. CCLXXIV.
p. 183.)
1) Ueber die Unfkuma- Epidemie 1889190 in der
bayerischen Armee ; von Dr. v o n V o g 1. ( Yerhandl. d.
XVin.Congr. f. innere Med. Wiesbaden 1900. J.F.Berg-
mann, p. 225.)
2) UivoUäion de lagrippeenl900danalaXeregim;
par D e 1 m a 8. ( Arch. de Med. et de Pharm, mil. XXXVII.
2. p. 84. Fevr. 1901.)
3) Evolution hcukiriologique d'une Spidhnie degrippe ;
par Sacquepee. (Arch. de Med. experim. etc. XIIL 4.
p. 562. Juillet 1901.)
4) The rekUion of etmshine to the prevalenee of in-
fluenxa ; by A n d e r s. (Med. News LXXIX. 19. p. 730.
Nov. 9. 190U
5) Ein Beitrag xur Kenntniss der Morphologie und
Pathologie des Influenxaba^siUus ; von Dr. H. Albrecht
u. Dr. A. 0 h 0 n. (Ztschr. f. Heilkde. XXII. 1. p. 29. 1901.)
6) A method of staining sptäum for haeteriological
examination; by W. H. Smith. (Boston med. and sorg.
Journ. CXLVII. 25. p. 665. Deo. 18. 1902.)
7) Eleven aeuie and sighteen chronie eases ofin-
fluenxa; by Lord. (Boston med. and sarg. Joom.
CXLVII. 25. p. 662. Deo. 18. 1902.)
8) Ueber Darminfluenxa; von Dr. D r a s o h e. (Wien,
med. Wchnsohr. L. 11. 1900.)
9) Ein Fall vofi Influenza- Endokarditis der Aorten-
klappen und des offenen Dtictus Botaüi; von Dr. Fr.
Schlagenhaafer. (Ztschr. f. Heilkde. XXII. 1. p.l9.
1901.)
10) Ueber die Meningitis bei der Influenxaerkran-
hing; von Dr. Ohon. (Wien. klin. Wohnschr. XV.
26. 27. 1902.)
11) Die Influenxa in ehirurgiseher Beziehung.
V. Nervensystem; von Dr. Perez. (Deutsche Ztschr.
f. Chir. LXIV. 1—3. p. 1. 1902.)
12) A ease of suppurative Otitis media foUowing
influenxa; Operation vnthoui opening of the antrum;
eomplete lack ofall eonstitutioniü Symptoms ofinflam-
mcUorydisease; by Watermann. (Med. News LXXIX.
19. p. 730. Nov. 9. 1901.)
1 3) Die chirurgischen Oomplikationen der Influenxa ;
von Dr. Ruhe mann. Sammelreferat. (Centr.-Bl. f. d.
Orenzgeb. d. Med. a. Chir. V. 9. 1902.)
14) Ueber die Rolle der Influenxa als Misehinfek-
tion bei den ^canthematischen Erkrankungenf und das
Vorkommen von Influenxabaeillen im Blut; von Dr.
LudwigJehle. (Ztschr. f. Heilkde. XXU. 5. p. 190.
1901.)
15) Die Influenxa bei Masern; von Dr. Süsswein.
(Wien. klin. Wchnschr. XIV. 47. 1901.)
Die Inftuenzcb-Elpidemie 1889/90 zeigte nach
V. Vogl (1) auch in der bayerischen Armee eine
sehr hohe Morbiditftt- und Mortalitätziffer und trat
hauptsfichlich in der nervösen, und zwar kardialen
Form auf. In der Mehrzahl der Fälle stellte sich
mit Abfall des Fiebers eine ausgesprochene Brady-
kardie, eine grosse Labilität der Herzthätigkeit,
auch Irregularität und Inaequalität ein. Seit dem
Einwandern der Influenza ist eine gewaltige Ver-
mehrung der Herzfehler und der Tuberkulose zu
beobachten.
Die Ausdehnung der Influenza -Epidemie im
Januar und Februar 1900 in mehreren französischen
Garnisonen, besonders in Rennes, war eine sehr
grosse. Die Influenza trat nach D e 1 m a s (2) Ton
Beginn an pandemisch auf, verbreitete sich auf-
fallender Weise am meisten gerade unter den
Regimentern, deren Qesundheitzustand sonst ein
besonders guter zu sein pflegte, bot jedoch im
üebrigen, den gewöhnlichen Verlauf nehnnend,
nichts Neues dar.
Auf Qrund der während dieeer Epidemie la
Bennos gesammelten bakteriologischen Erfahron-
gen kommt aber Sacqu6p6e (8) zu dem Schlosse,
dass der Pfeiffer 'sehe Bacillus mit Bestimmt-
heit nicht der alleinige specifische Erreger dieser
Epidemie gewesen sein kann. Im Anfange fand
man überall und fast ausschliesslich einen beson-
deren „Bacillus R". Dieser räumte nachl4Tsgen
dem Pneumococous und Streptococcus das Feld,
und erst in der zweiten Hälfte der Epidemie tnt
der Pfeif f er 'sehe Bacillus auf, ohne dass durch
das Erscheinen der verschiedenen Bakterien der
Charakter der Epidemie irgendwie sichtbar beein-
flusst worden wäre. Es scheinen also während
einer Influenza- Epidemie, je nach Art und Umstän-
den, sehr verschiedene Mikroorganismen zeitweilig
die Oberhand bekommen zu können, und so liegt
nach S. die Frage nahe, ob es wirklich einen speci-
fischen Erreger der Grippe giebt
Während Ruhemann annimmt, dass eine
direkte ursächliche Beziehung besteht zwischen
dem Mangel an sonnigen Tagen und der Intensität
und Extensität der Influenza, kann Anders (4)
auf Orund seiner Erhebungen nur feststellen, dass
allerdings eine leichte relative Verminderung der
Sonnenscheintage während der Orippe-BpidemisD
zu verzeichnen ist, dass aber wohl hauptsächlich
die Unbeständigkeit der Witterungsverhältnisse es
ist, die als begünstigender Faktor der Epidemien
angesehen werden kann.
Dass der InfluenxabaeiUus phlegmonöse Entzän-
dungsprocesse hervorrufen kann, ist schon nach
der Mittheilung Slawyk's bekannt. Auch Al-
brecht und Qhon (6) berichten über einen ähn-
lichen Fall, in dem ein 2>/iJähr. gesunder Knabe
ohne nachweisbare Veranlassung an einer schweren
Phlegmone des rechten Armee erkrankte und binnen
10 Tagen an Septikämie zu Orunde ging. Als Er-
reger der Phlegmone musste der in den Hant-
präparaten in Reincultur sich vorfindende Infloenza-
bacillus angesprochen werden, und zwar hatte er
hier wahrscheinUch primär Veranlassung lu der
Phlegmone gegeben, denn für die Annahme einer
Metastase, wie in dem S 1 a w y k 'sehen Falle, fehlte
jegliche Orundlage. Was die Frage anbetrifft, ob
es wirklich ausser dem echten Pfeiffer'eohen
Bacillus noch einen sogen. PseudoinfltmixahaeiäuM
giebt, wie er mehrfach beschrieben ist, so ver-
halten sich A. u. Oh. im Ganzen ablehnend. Die
Frage ist noch nicht entschieden, und sich dabei
V. Innere Medicin.
257
eiofach nach Grössen- und Formverschiedenheiten,
Scheinf&denbildung u. s. w. der einzelnen Bakterien
EU richten, ist nach ihrer Ansieht nicht richtig,
denn darin wechselt der echte Influenzabacillus
selbst sehr oft. In einem Falle z. B. (bei einem
6 Monate alten Kinde, das 3 Wochen nach den
Masern an Influenzapneumonie erkrankte und starb)
widien die gezüchteten Stäbchen in einer Reihe
Ton Generationen an Grösse und Formen sehr von
den gewöhnlichen Infiuenzabacillen ab, und doch
war die Diagnose Influenza zweifellos richtig.
Smith (6) weist darauf hin, dass man h&ufig
in der Lage ist, Infiuenzabacillen zu finden in
Flllen, in denen man sie von vornherein kaum als
Krankheiterreger vermuthet hätte. S m. verlangt,
dass man bei allen chronischen Lungenleiden das
Sputum, wie auf Tuberkelbacillen , so auch auf
andereMikroorganismen, insbesondere auf Infiuenza-
bacillen, untersuchen müsse. Er erläutert an einigen
Beispielen den klinischen Werth der Sputumunter-
suchong und giebt an, wie diese rationell ausgeführt
wird. Als zweckmässige Färbemethode der Deck-
glasprftparate empfiehlt er : Vorfärbung mit Anilin-
Oentianaviolett über der Flamme, danach Jodjod-
bliumlÖBung , 95proc. Alkohol , Alkoholäther,
Wasser, Färbung in gesättigter wässeriger Eosin-
lOsung, danach in Löffler's Blau, leichte Ent-
erbung in 95proc. Alkohol, absolutem Alkohol,
Xylol und Einbettung in Canadabalsam.
Lord (7) fand in einer epidemiefreien Zeit bei
beliebig ausgewlüilten, nicht tuberkulösen Büsten-
hrtmkm unter 100 Fällen nicht weniger als 60mal
Infiuenzabacillen, und zwar 29mal in solcher Ueber-
uhl, bez. Reincultur, dass in diesen Fällen mit
Sicherheit die Diagnose auf akute oder chronische
Influenza gestellt werden konnte. Das Vorkommen
d^ Influenza in epidemiefreien Zeiten ist also
danach durchaus nicht selten. Das klinische Bild
dieser Fälle, das Verhalten der Infiuenzabacillen in
morphologischer und cultureller Hinsicht unter-
scheidet sich in nichts von dem der epidemischen
Influenza. Für gewöhnlich überschreiten Husten
und Auswurf nach einer akuten Influenza nicht
die Dauer von 6 Wochen , doch können die Er-
scheinungen auch Monate oder Jahre anhalten.
Die Diagnose ist nur möglich durch Nachweis der
Infiuenzabacillen im Sputum. Manche Fälle, die
man sonst als chronische Bronchitis bezeichnete,
sind in Wirklichkeit chronische Influenza und nicht
selten wird diese auch mit Lungentuberkulose ver-
wechselt In 4 Fällen war die Diagnose wegen
paroxysmaler Anfälle von Dyspnoe anfangs fälsch-
lich auf Bronchialasthma gestellt.
Dräsche (8) entwirft ein klinisches Bild der
^^ormnftuenxa, die in der Form einfacher Durch-
flUle bis zu schwerer Enteritis mit blutig-schlei-
migen Stühlen verlaufen und unter Umständen dem
Symptomenoomplex des Abdominaltyphus oder dem
des Brechdurchfalls sehr ähnlich sein kann. Die
Prognose ist viel günstiger^ als bei der Influenza
Med. Jahrbb. Bd. 282. Hft. 3.
der Athmungsorgane. Gegen die Diarrhöen haben
sich am besten die Tanninpräparate in Verbindung
mit Opium, bei stark blutigen Entleerungen be-
sonders der Alaun bewährt.
Influema- Endokarditis ist klinisch oft. be-
schrieben ; aber der pathologisch-anatomische Nach-
weis des Influenzabacillus als thatsächlichen Er-
regers der Endokarditis ist nach Schlagen*
h a u f e r (9) erst 3mal erbracht. Ihm selbst gelang
dieses mit grösster Wahrscheinlichkeit in einem
4. Falle bei einem ISjähr. Knaben, der an Endo-
carditis reorudescens der Aortenklappen, sowie des
offenen Ductus Botalli zu Grunde gegangen war.
Das Herz war mächtig vergrösaert; die rechte
Kammer und der linke Ventrikel waren etwas dilatirt, die
Muskulatur des letzteren stark hypertrophisch, das Fora-
men ovale geschlossen, die Aortenklappen mit starken
WucheniDgen besetzt und der 5 mm lange, kanalartige
Dnctus Botalli mit Vegetationen erfüllt Ausser den
Influenzabacillen Hess sich eigentlich nur der Diplococcas
lanceolatus in vereinzelten Exemplaren in den Klappen-
vegetationen nachweisen, in grösserer Anzahl in den
Lungen, die mit zahlreichen Infarkten durchsetzt und in
deren Umgebung pneumonisch verdichtet waren.
0 h 0 n (10) berichtet über 2 Fälle von Menmgüia
hei Influenxa. In dem ersten Falle handelte es sich bei
einem 33jähr. Manne um eine von einem Empyem der
rechten Stirn- und Highmorshöhle fortgeleitete, akute,
fibrinös-eiterige Leptomeningitis der rechten Grosshirü-
hemisphäre, und zwar um eine Mischinfektion mit einem
besonderen Streptococcus. Im Exsudat der Meningen
und der Stirn- und High morshöhle, im Bronchialsekret,
sowie in den Oehirnschnitten und denen der Dura mater,
der Schleimhaut der Highmorshöhle und der Lunge waren
neben den grampositiven Kokken reichlich Influenza-
bacillen nachweisbar. Culturell gelang der Nachweis der
letzteren anstandslos aus dem Empyem der Highmors-
höhle und dem Bronchialsekret, unerklärlicher Weise
aber nicht aus dem Exsudat der Meningen, obwohl anzu-
nehmen war, dass durch die reichlich vorhandenen Strepto-
kokken hinreichend günstige Bedingungen für das Wachs-
thum der Influenzabacillen gegeben waren. Im Saft der
hyperämisohen Milz und der Niere (trübe Schweliung)
wurden nur Kokken gefunden; die Schnitte der Leber
(trübe Schwellung) erwiesen sich ebenso wie die Blut-
gefässe als bakterienfrei.
Der zweite Fall bot eine primäre oder metastatische
Entzündung der Hirnhäute bei einem 8 Monate alten
Kinde. Die Sekiion ergab eiterige Cerebrospinalmenin-
gitis mit reichlicher fibrinarmer Exsudatbildung, Lobulär-
pneumonien, eiterige Bronchitis und trübe Schwellung
des Herzmuskels, der Leber und Nieren (Paukenhöhlen,
Nase, Rachen frei). In der vor dem Tode durch Lumbal-
punktion gewonnenen Flüssigkeit wurden Influenzabacillen
in Reincultur nachgewiesen, ebenso im Exsudat der
Meningen an der Leiche, indessen zeigten hier die Blut-
agarplatten nur dann Influenzacolonien, wenn gleichzeitig
noch Staphylokokken mit ausgesät waren. Im pneumo-
nischen Saft fanden sich neben den Influenzabacillen
Diplo- und Streptokokken und in den Ausstrichpräparaten
der Milz wurden nur wenige Influenzabacillen nach-
gewiesen.
Die Diagnose Influenza-Meningitis oder -Ence-
phalitis sollte nach Oh. mit Vorsicht gestellt
und nur auf die entzündlichen Veränderungen be-
zogen werden, die thatsächlich durch den Influenza-
bacillus bedingt sind. Von den bisher verMent-
lichten Fällen von Oehirninfluenza sind nach seiner
Ansicht nur 10 als sichergestellt anzusehen ; das
33
268
V. Innere Medioin.
wären mit seinen beiden zusammen im Ganzen
also 12 Fftlle, nnd zwar 7 Rein- und 5 Misoh-
infektionen.
Perez (11), der das 5. Capitel seiner Arbeit
über Influenza dem Nervensystem widmet, hat ex-
perimentell an Thieren einmal die Wirkung der
Influenza-Mikroorganismen auf bestimmte Stellen
des Nervensystems und dann die Einwirkung der
Toxine auf die Nervenoentren erforsoht. Es ist
naoh diesen Yersuohen als erwiesen anzusehen,
dass die Influenzabacillen lokal als Entzündungs-
erreger wirken künneo, ferner, dass sie an und für
sieh und unabhängig von irgend weloher anderer
Ursache vermöge derToxinbildung auf die Nerven-
oentren eine ungünstige, meist deprimirende Wir-
kung zu entfalten vermögen, und dass diese Wir-
kung der Toxine bei jeder Influenzaerkrankung in
einer mehr oder weniger ausgeprägten und deut-
lich naoh weisbaren Schädigung der Zellenelemente
besteht.
Watermann (12) behchiet über einen Fall von
eiteriger MittelohrentzündaDg, die wahrscheinlich (?) nach
Influenza aufgetreten war und sich dadaroh aaszeichnete,
dass trotz schwerer lokaler Processe Allgemeinerschei-
nangen völlig fehlten and dass trotz völliger Zerstörung
des Proc. mastoideas das Antrum selbst völlig gesund
befanden wurde and somit eine Eröffnung nicht erforder-
lioh war.
Naoh J e h 1 e ( 1 4) spielt die Influenza als sekun-
däre Infektion bei den Krankheiten im Kindesalter
eine sehr grosse Bolle. Er konnte unter den
exanthematischen Erkrankungen in 48 Scharlach-
fällen 19mal, unter 23 Masernkranken 18mal, bei
9 Yarioellen 9mal und unter den nichtexanthema-
tischen Erkrankungen in 24 Keuchhustenfällen
stets und in 16 Diphtheriefällen 9mal pulmonale
Influenzainfektionen nachweisen. Bei den Sohar-
lacherkrankungen wurde eine auffallende zeitliche
Schwankung in der Häufigkeit der Influenzacompli-
kationen, ein epidemieartiges Anschwellen, sowie
eine deutliche Erhöhung der Mortalitätziffer be-
obachtet. Die Thatsache, dass Jehle bei Schar-
lach (und Imal bei Masern) ausserdem in 7 Fällen
die Influenzabacillen im Blut, und zwar 3mal dabei
in den Tonsillen vorfand, ohne dass eine gleich-
zeitige Infektion des Respirationtraotus vorgelegen
hätte, führt zu der Annahme, dass die Influenza-
keime sich lokal in den Tonsillen festsetzen und
auch von dort direkt in die Blutbahn auswandern
können. Der Nachweis der Influenzabacillen im
Blut gelang bei Scharlach im Ghinzen 22mal (4mal
negativ), bei Masern 13mal (ömal negativ), bei
Yarioellen ömal (4mal negativ), bei Keuchhusten
nur 2mal (22mal negativ), bei Diphtherie Imal
(8mal negativ) und in 20 Fällen von Lungen-
influenza Erwachsener nur 3mal : es kommt also
bei den exanthematischen Erkrankungen sehr häuflg
zu einem Einwandern der Influenzabacillen in die
Blutbahn, bei allen anderen Erkrankungen dagegen
nur höchst selten.
Auch Süss wein (15) hält die Influenza für
eine sehr häufige Nebenerkrankung bei Maaern.
Er konnte bei 21 Masemkranken im Naaensekret
oder post mortem im Bronchialinhalt, im pneumo-
nischen oder pleuritischen Exsudat lOmal mit
Sicherheit Influenzabacillen nachweisen. Niemals
gelang der Nachweis im Blut. Meist übte die In-
fluenza einen ungünstigen Eiofluss auf den Verlaof
der Masern aus, insofern das Fieber länger als nor-
maler Weise andauerte, oft hoch anstieg und ana-
gedehnte Bronchitiden, Bronchopneumonien oder
Pleuritiden das Krankheitbild verschlimmerte,
doch verlief die Maserninfluenza manchmal auch
so mild wie uncomplicirte Masern. In einigen
der 10 Fälle konnte ein Milstumor nachgewiesen
werden. 5 der zumeist schlecht ernährten Kinder
erlagen der Krankheit. S. empflehlt, in den Spi-
tälern die an Influenzamasem Erkrankten von den
anderen Masern- und Influenzakranken zu trennen.
360. Zar Kenntnias derLeakonyohie; von
Dr. Th. Bruns in Dessau. (Arch. f. DermatoL u.
Syph. LXVII 3. p. 63. 1903.)
Es handelt sich nach unseren bisherigen Kennt-
nissen um grössere Mengen von Luftbläschen in
der Nagelsubstanz, für deren Entstehung Br. para-
keratitische Vorgänge annimmt Ihre Ursache wird
in Ernährungstürungen der Nagelmatrix oder auch
in leichten Traumen des Nagelfalzes gesucht Es
ist nach B r. nicht berechtigt, die Leukonyohie als
eine Krankheit sui generis von der Leucopathia
unguium trennen zu wollen ; besser wäre es, nicht
nach der Form eine Leuconyohia punctata, macu-
lata, striata, partialis, totalis zu unterscheiden,
sondern nach dem Erscheinungsmodus eine Leuco-
nyohia acuta oder simplex und eine Leuconychia
chronica oder perstans.
W. Friedländer (Schüneberg)^
361. üeber den Haattalg beim Gtotonden
and bei einigen Haaterkranknngen ; von Dr.
P. L i n s e r. (Deutsches Arch. f. klin. Med. LXXX.
3 u. 4. p. 201. 1904.)
Der gesunde Hauttalg ist ein neutrales, nicht
den Fetten, sondern den Waohsarten nahestehendes
Produkt, das sich aus 2 Gomponenten susammen-
setzt: den ätherlOslichen Substanzen des Hom-
gewebes und dem Sekrete der Talgdrüsen. Die
ersteren entstammen nicht besonderen Drüsen,
sondern den gewühnlichen Epithelzellen des Stra-
tum Malpighi. Das gesammte Plattenepithel der
Hautoberfläche, Stratum Malpighi und Talgdrüsen,
hat die Fähigkeit ätherlüsliche Stoffe zu bilden.
Bei manchen Hauterkrankungen ist je nach-
dem der eine oder der andere Beetandüieil des
Hauttalges vermehrt Bei Ichthyosis, bei Psoriasis
überwiegen die Substanzen des Homgewebes, bei
Seborrhöe handelt es sich wahrscheinlich um one
primäre, nicht durch Bakterien hervorgerufene
Sekretionstürung der Talgdrüsen. Für die Be-
handlung haben L's Dntersnchangen nichts Be-
sonderes ergeben. D i p p e>
V. Innere Medicin.
259
362. L^aone hypertrophiqae da nes et
son tnitement ohirargioal ; par le Dr. W. D u -
breuilh, Bordeaux. (Ann. de Dermatol. et de
SyphillV. 11. p. 785. 1904.)
Hypertrophische Akne der Nase ist ein zwar
nicht häufiges, aber ffir den damit Behafteten sehr
peinliches Leiden, weil es das Qesicht in hOchst
nnangenehmer Weise entstellt und in schweren
Fällen sogar die Athmung und die Nahrungs-
aufnahme hindert Bei der im Uebrigen gutartigen
Natar des Leidens ist man indessen bisher nur in
exoessiven ItLIlen zur operativen Behandlung des
Leidens geschritten und erst seit den YerOfifent^
lichungen von Olli er im Jahre 1867 finden
wir eine Anzahl von operativ behandelten Fällen
veneichnet
Die hypertrophische Akne beginnt mit der ein-
fachen pustulSsen Form. Allmählich erweitern
sich während des Verlaufs der gewöhnlichen Akne-
erkrankung die Ausfflhrungsgänge der Talgdrüsen
und vermehren ihre Absonderung. Die Haut wird
immer dicker und unebener, namentlich um die
Nase herum und die Hypertrophie beginnt meist
gleichzeitig in den Drüsen und in dem Haut-
gewebe, in dem sie eingebettet sind. Die hyper-
trophische Akne geht meist von der Nasenspitze
aus und ergreift dann erst die beiden Flügel.
Selten fiberschreitet sie den knorpeligen Theil der
Nase. Wegen dieses dreifachen Ursprunges er-
scheint der Tumor meistentheils als ein drei-
lappiger. Man unterscheidet zwei Hauptformen
der Hypertrophie. Bei der ersten Form ist die
Hypertrophie eine allgemeine; die Nase bildet
einen einzigen Tumor, der die OrOsse einer Faust
annehmen kann. Dieser Tumor ist immer mehr
oder weniger gelappt und durch Furchen in klei-
nere Tumoren von Baselnuss- bis Wallnussgrösse
eingetheilt, seine Farbe ist roth, die Consistenz
weich bei zarter Berührung und zähe, wenn man
fester drückt Bei Bewegungen des EOrpers zit-
tert er wie eine Gallerta An jedem einzelnen
Lappen unterscheidet man wieder sekundäre Fur-
chen und trichterförmig erweiterte Oeffnungen der
Talgdrüsen. Die ganze Oberfläche ist besät mit
solchen Oeffnungen und man kann durch Druck
ans den meisten eine fettige, weisse, wurm förmige
Masse, aus manchen auch Eiter entleeren. Im
Uebrigen ist die Nase glatt und man sieht selten
ein Haar in den FoUikelOffhungen.
Die zweite Form besteht einfach in einer über-
ndflsigen Vergrüsserung der Lappeneintheilung.
Einige Lappen bilden deutliche, mehr oder weniger
gestielte Tumoren, die bis auf Lippe, Mund oder
sogar Kinn herabhängen kOnnen. In einigen Fällen
^r der Kranke genOthigt seinen Tumor mit einer
Hand aufzuheben, um essen zu können. Die Hyper-
trophie kann sich nur auf einen ganz circumscrip-
ten Theil der Nase beschränken und doch einen
gestielten, sehr voluminOsen Tumor bilden. In
anderen F&Uen greift die Erkrankung auch auf die
Nachbarschaft, hauptsächlich auf die Wangen über
und in solchen Fällen kOnnen die Vorsprünge so
stark sein, dass sie das Sehen behindern.
Die hypertrophische Akne wird im Allgemeinen
als eine Folge des Alkoholmissbrauchs angesehen
und der Einwirkung der Schädlichkeiten von Wind
und Wetter zugeschrieben. Beide Ursachen treffen
indessen nicht immer zu, denn sie kommt auch
bei Nichttrinkern vor und bei Personen, die durch
ihren Beruf dauernd an das Zimmer gefesselt sind.
Auffallend ist es, dass die Erkrankung fast nur bei
Männern auftritt. D. hat in der Literatur nur
2 Fälle bei Frauen auffinden kOnnen. Die Acne
hypertrophica ist eine Erkrankung des reiferen
Alters (im Mittel des 47. Jahres), sie entwickelt
sich meistens sehr langsam, hält aber nicht inne,
wenn sie einmal begonnen hat Im Uebrigen bleibt
der Tumor immer gutartig, die Schwere der Er-
krankung liegt hauptsächlich in seiner Orüsse be-
gründet und in dem unangenehmen Aussehen, das
er dem Gesichte verleiht.
Pathologisch-anatomisch ist die Erkrankung
als eine doppelte Hypertrophie anzusehen, nämlich
der Talgdrüsen und des interstitiellen Binde-
gewebes. Sie beginnt mit der Hypertrophie der
Drüsen. Je länger die Krankheit bestanden hat
und je voluminöser die Tumoren geworden sind,
um so mehr Bindegewebe findet man.
Ganz im Beginn des Leidens fällt die Behand-
lung mit der der gewöhnlichen Akne zusammen.
Man muss die Congestionen zum Gesicht, die
meistens Folge von Verdauungstürungen und von
Alkoholmissbrauch sind, vermeiden und die Eite-
rungen der Talgdrüsen beseitigen. Die Eiterungen
bekämpft man am besten durch BestAubung mit
natürlichem oder künstlichem Schwefelwasser. Man
giesst in das Glasgefäss eines gewöhnlichen Dampf-
sprayapparates einen halben TheelOffel einer con-
centrirten Lösung von polythionsaurem Kali und
füllt das Gefäss mit gewöhnlichem Wasser auf.
Dieses starke Schwefelwasser wird durch den
Dampf des Zerstäubers aufgelöst und man führt
damit 2mal am Tage eine 5 Minuten dauernde Be-
stäubung der Nase aus. Man kann ganz im An-
fange der Erkrankung damit eine deutliche Wir-
kung erzielen. In diesem Stadium kann man auch
nach Brocq die Elektrolyse der Talgdrüsen ver-
suchen. Man führt in die erweiterten Ausführungs-
gänge der Drüsen eine feine Nadel ein, die als
negative Elektrode dient, die positive Elektrode
hält der Kranke in beiden Händen. Der Strom
muss ziemlich stark und von ziemlich lange an-
haltender Wirkung sein. Die reaktive Entzündung
ist recht erheblich und die Heilwirkung in Fällen
von wirklicher Acne hypertrophica nicht bedeutend.
Wenn die Krankheit deutlich ausgesprochen
ist und sich Deformationen und Tumoren der Nase
entwickelt haben, kann nur die operative Behand-
lung in Frage kommen. Die ersten angegebenen
Operationen betrafen meist nur gestielte Tumoren
260
V. Innere Medlotn.
^
und bestanden einfach in einer elliptisohenlncision
um die Basis des Tumor und Vereinigung der Haut-
ränder durch die Naht Der Erfolg war nur ein
vorflbergehender, denn die Narbe retrahirte sich
und die benachbarten Partien bildeten dann neue
Tumoren. Abschälung ist der technische Ausdruck,
den 0 1 1 i e r ffir eine Operation vorgeschlagen hat,
die darin besteht, die ganze Oberfläche der Nase
mit ihrer hypertrophischen Haut abzuschälen und
aus der zurückbleibenden Masse eine Nase von
normaler Form und Gr()sse zu bilden. Er bediente
sich dazu des Glflheisens oder des Messers mit
nachfolgender Aetzung zur Blutstillung. D. führte
die Operation bei den von ihm behandelten und be-
schriebenen Kranken in folgender Weise aus :
Naoh AnästhesiroDg durch Chloroform maoht er mit
dem Thermokaater eioeD Schnitt in der Mittellinie, der
den ganzen Tumor in 2 Hälfton theilt. Bann zertheilt er
jede einzelne Hälfte des Tumor, der die Nasenspitze be-
deckt, während er sich durch einen in die Nasenhöhle
eingeführten Finger jeder Zeit vergewissert, wie weit er
noch von der Nasenhöhle entfernt ist Er lässt eine
Schicht von 7 — 8mm stehen, eher mehr als weniger.
Dann verföhrt er ebenso mit den Tumoren, die die Nasen-
flügel bedecken. Es ist schwer, sofort genau die ooth-
wendige Menge zu entfernen. Man muss daher naoh
Entfernung der Hauptmasse der Tumoren sich eine Nase
von den gewünschten Dimensionen formen. Dazu bedient
man sich am besten des Messers, indem man gleich
hinterher die Schnittfläche immer mit dem Thermokauter
berührt, um die Blutung zu beherrschen. Der in die
Nase eingeführte Finger unterrichtet den Operateur an-
dauernd über die noch vorhandene Wandfläche, die
schliesslich ungefähr Vs om betragen muss, etwas mehr
an den Nasenflügeln, etwas weniger an der Spitze. Im
Verlaufe der Operation bemerkt man, dass in dem grössten
Theile der abgesfchälten Partie und namentlich dort, wo
die Dicke der Oewebe eine massige war, noch Talgdrüsen
übrig bleiben. Man kann natürlich nicht erwarten, dass
eine solche Wunde aseptisch bleibt wegen der Talgdrüsen,
die sich in ihr befinden und die mehr oder weniger als
inficirt anzusehen sind, und weil es schwer ist, einen
kunstgerechten Occlusivverband anzulegen. Nach 6 bis
7 Tagen stösst sich der Brandschorf ab. Ein Theil der
Wunde ist meist schon unter dem Schorf geheilt, nament-
lich derjenige, in dem noch Talgdrüsen übrig geblieben
waren. Die noch nicht über häuteten Theile werden dann
durch die Transplantation nach T h i e r s c h zur Heilung
gebracht. Nach einem Monate, wenn die Heilung voll-
kommen eingetreten ist, sieht man, dass diejenigen Stellen,
wo noch Talgdrüsen übrig geblieben waren, einen ganz
normalen Anblick bieten und sich in nichts von der ge-
sunden Umgebung unterscheiden. Die transplantirten
Stellen haben eine rosarothe Farbe und im üebrigen den
Charakter der Hautstelle, von der sie entnommen sind.
Das Resultat ist ein dauerndes. Von keinem
Autor wird Ober ein Recidiv naoh der Operation
berichtet Man kann daher wohl annehmen, dass
der eigentliche Ursprung der Krankheit ein ganz
oberflächlicher ist unddassesdiesubepidermischen
Schichten sind, die die Hypertrophie einleiten. Es
ist daher nicht gerechtfertigt, mit der Operation zu
warten, bis der Kranke mehrere Jahre einen grossen
Tumor mit sich herum getragen hat, sondern die
Operation ist angezeigt, sobald sich die Diagnose
sicher hat stellen lassen. Unter solchen Umstän-
den hat man dann bei der Abschälung des Tumor
ein ganz vorzQgliches Heilungsresultat, weil man
überall auf der Wundflftohe noch Talgdrüsen hinter-
lässt und die Heilung daher ungemein schnell und
glatt eintritt J. Meyer (Lübeck).
363. Bin Fall von Acne hypertrophioa der
Nase (Bhinophy ma) ; von L. S t r o m i n g e r and
N. Pisani.
Die Krankheit ist relativ selten. Gewöhnlich ist sie
von Acne rosacea begleitet, so dass Viele sie als eine
Varietät dieser ansehen and sie mit dem Namen Acne
teleangiectatica bezeichnen. Bei der SOjfthr. Pat derVff.
bestand sie seit 10 Jahren und war die Nase sehr ?er-
frössert, namentlich gegen die Spitze hin und am rechten
lügel, von roth-violetter Farbe mit kleinen rotheD Er-
höhungen, während die übrige Oberfläche der Nase glitt
und matt erschien. Im ganzen hypertrophischen Theile
bestand eine bedeutende venöse Vaskularisation. Es
wurden intern leichte Abführmittel und Ergotin gegeben,
ausserdem oft wiederholte Skarifikationen vorgenommeo.
Nach 26 Skarifikationen war die Nase auf ein Drittel ibrM
Umfanges redncirt. Die Krankheit besteht in einer Hyper-
trophie der Talgdrüsen und des dermalen Zellengewebes.
£. Toff(Brula).
364. Lymphangiektaaien der Waace; von
Dr. C. Bruhns in Berlin. (Aroh. f. DermatoL o.
Syph. LXVm. 1 u. 2. p. 147. 1904.)
Eine 34jähr. Buchbinderfraa bemerkte seit 6 bis
7 Jahren Röthung. der linken unteren Oesichtshalfte, seit
3 Jahren Schwellung, seit 1 Jahre nach Entferooog
cariöser Backenzähne Wulstbtldung der Wangenschleim-
haut, Anschwellung der Wange b^nders in der Oegeod
der Snbmazilla^rüse bei gleichzeitiger cyanotischer Ver-
färbung der äusseren Wangen haut. Eine Veraalassong
für die Bildung oder ein Zusammenhang mit einer All-
gcmeinerkrankung liessen sich nicht nachweisen. Histo-
logisch boten die aus der Wangenschleimhaut exstirpirteo
Stücke folgendes charakteristische Bild: Man sah eine
Anzahl grösserer und kleinerer Lymphränme meist im
subpapillaren Stratum, stellenweise bis an das Rete Mal-
pighi reichend. Die Lymphräume waren meist mit ein-
fachem Endothel bekleidet und enthielten theil weise ge-
ronnene Lymphe, theilweise ein Conglomerat Ton Zellen.
Zwischen den Lymph räumen waren oironmsoripteZelleo-
infiltrationen sichtbar. Ferner fanden sich sowohl inner-
halb wie ausserhslb der Lymphräume Riesenzellen. Die
Therapie, bestehend in Umschlägen, sowie Arseodar-
reichung und elektrolytisoher Behandlang der WuJst-
bildungen, war völlig erfolglos. J. Meyer (Lübeck).
365. Ueber Liohen sorophalosoram; von
Dr. F. Porges in Prag. (Aroh. f. DermatoL o.
Syph. LXVL 3. p. 401. 1903.)
In der nooh unentschiedenen Frage, ob der
Liohen soropholosorum zu den wahren tuberkolöeen
Erkrankungen der Haut, oder zu den durch die
Toxine des Tuberkelbaoillus bedingten Tnbeika-
liden zu rechnen ist, bringt P. den Beridit über
2 in Pick 's Klinik klinisch und histologisch untere
suchte Fälle. Im I.Falle handelte es sich um einen
typischen Liehen sorophulosorum bei einem taber-
kulOs-scrofulOsen Individuum; daa histologische
Bild zeigte übereinstimmend mit frfiheren Unter-
suchungen das Auftreten von wahren, an die Fol-
likel gebundenen Tuberkeln mit allen ihnen gebüh-
renden Charakteristiois : Rundsellen, epitheioidea
Zellen, Riesenzellen. Im 2. Falle wurde das kli-
nische Bild eines Liehen scrophuloaorum, aof*
y. Innere Medioin.
261
getreten nach einer Tuberkulin -Injektion, vor-
getftnsoht durch einfach entzündliche Processe,
deren histologisches Bild sich anlehnt an die Bilder
der erythematOe-ezsudativen Processe: frische Ent-
sflndung, die von den Gefftssen, Haarbftlgen, Talg-
and Sohweissdrüsen ausgehend, zu kleineren und
grOraeren Rundzellenanhäufungen im Papillar-
Urper geführt hat Letzterer Fall darf also nicht
ale latenter Liehen scrophulosorum, der auf Tnber-
kofin reagirte, gedeutet werden, sondern gehOrt in
die Ornppe der Toxicodermien. Zum „Liehen
scrophuloBorum*' darf man nur die Fälle rechnen,
deren klinische Erscheinung durch den histologi-
schen Befund von Tuberkeln bestätigt wird.
W. Friedländer (SchOneberg).
36G. Vitiligo nach Abheilung einer liche-
noiden Iraption; von Dr. Felix Pinkus in
Berlin. (Dermatol. Ztschr. X. 2. p. 169. 1903.)
P. beobachtete nach Abheilen eines streng einsei-
tigen typischen Liehen simplex ohronicas circamsoriptas
Vidal (Nenrodermitis chronica circumscripta Brooq),
dflss die Hantstellen, die der Liehen verlassen hatte, die
normale Beschaffenheit nicht völlig wieder annahmen:
sie warden zwar weich nnd im Niveau nicht anter-
scheidbar von der normalen Umgebung, aber sie hatten
ihr Pigment verloren. Je kleiner die lichenisirte Partie
wurde, desto grösser warde derdepigmentirteHof. Seine
aosseren Grenzen waren genau dieselben, die vorher die
licfaeoisirte Partie gehabt hatte. Die eigenartige Lokali-
satioo (ijoks am Hinterkopfe, in die behaarte Kopfhaut
hioeioreichend) und am Nacken (bis zum 5. Halswirbel-
domfortsatze), die scharfamgrenzte Einseitigkeit giebt
P. den Gedanken ein, eine nervöse Grandlage zu suchen,
da das befallene Oebiet einen typischen, leicht mitNerven-
^Dzen in Beziehung zu bringenden Sitz hat. Die Affek-
tioD nimmt nach dem Head 'sehen Schema die medialen
Pftrtieo des Hautgebietes des 3. und 4. Cervikalsegments
eio, and zwar streng anf die linke Seite beschränkt.
Daher darf P. seinen Fall mit Recht zu den von Brissaud
herrorgehobenen Fällen von systematisirter, im Gebiete
bestimmter Dermatome gelegener Neurodermitis rechnen
(Derroatome sind Hantgebiete, innervirt von den ent-
sprechenden Rückenmarksegmenten).
W. Friedländer (Schöneberg).
367. Ueber atrophische Formen des Liohen
planoa; von Prof. Wladislaw Reiss. (Arch.
f. Dermatol. u.Syph. LXVIIL 1 u. 2. p. 137. 1904.)
B. berichtet über einen Fall von liehen planus atro-
phictis pigmentosus. 21 Jahre alter Mann aus gesunder
Familie, keine venerischen Krankheiten. Beginn der Haut-
affektion vor 8 — 9 Jahren an den Beinen, niemals Juck-
ttftlle. Der Kr. kam in die Klinik wegen seiner scheckigen
HsQt Fast der ganze Körper war bedeckt mit narben-
äholichen, beim auffallenden Lichte glänzenden Flecken,
die überall eine seichte Depression zeigten. Jeder Fleck
war umgeben von einer sepiabraun gefärbten, deutlich
^iär gestreiften Zone und stellenweise mit kleinen
gllQzenden Schüppchen bedeckt, die sich nur mit Mühe
eotfemen Hessen. Die Haare waren an den erkrankten
Stellen erhalten. Schleimhäute normal, ebenso innere
Organe. Histologisch zeigte sich eine Anhäufung von
oondzellen in den oberen Cutislagen und im Epithel.
£• ist nicht zu entscheiden, ob diese Zellen als Lympho-
§rthen oder als kleine Plasmazellen zu bezeichnen sind.
efloDg war nicht zu constatiren. Die Arsenbehand-
l^Qg hatte nur das Ausbleiben neuer Planusknötchen
m Folge. J. M e y e r (Lübeck).
368. The rationale of and the indioationa
for the therapeatio nee of Boentgen raye ; by
William Allen Pusey, Chicago. (Transact.
of the Amer. dermatol. Assoa Washington 1903.
p. 84.)
Die therapeutische Ver wendharkeit der Röntgen-^
strahlen beruht auf der Wirkung, die sie auf Ge-
wehe und auf Bakterien ausüben. Ihre Wirkung
auf das Gewebe besteht darin, dass sie anfangs die
Zellenthätigkeit anregen und bei stärkerer und an-
haltender Wirkung sie aufheben. Die Verände-
rungen entstehen zuerst im Epithel und dann in
den Blutgefässen. Die Wirkung auf das patho-
logische Gewebe besteht im Wesentlichen in Zer-
störung der erkrankten Theile durch Strahlen, die
noch nicht stark genug sind, um die gesunde
Grundlage anzugreifen. Auf Bakterien in Bein-
culturen in leblosen Medien üben die Strahlen
keinen nachtheiligen Binfluss aus. Dagegen wer-
den Bakterien im lebenden Gewebe unter dem Ein-
flüsse der Röntgenstrahlen zerstört
Die Wirkung der X-Strahlen giebt Gelegen-
heit zu folgenden therapeutischen Anwendungen :
1) Wirkung auf die Nebengebilde der Haut (Sohweiss-
drüsen und Haar) ; 2) Zerstörung von Organismen
im lebenden Gewebe; 3) Wirkung auf die Lebens-
energie der Gewebe ; 4) Zerstörung von patholo-
gischem Gewebe; 5) schmerzstillende Wirkung bei
Neuralgien und juckenden Hautkrankheiten.
J. Meyer (Lübeck).
369. Some obaervations on the uae of
Boentgen raya in dermatology; by Henry W.
Stelwagon, Philadelphia. (Transact. of the
Amer. dermatol. Assoc. Washington 1903. p. 74.)
Die Art der Maschine zur Herstellung der Röotgen-
strahlen ist nur von antergeordoeter Bedeutong. Statische
Maschinen und iDfluenzmaschinen geben dieselben thera-
peutischen Resultate, erstere müssen mindestens einen
8zölli^en, letztere einen 6zölligen Funken erzeugen können.
Von grosser Wichtigkeit ist die Vacuumröhre, deren Luft-
leere am besten regulirbar ist. Ueber den Grad der An-
wendung gehen die Ansichten noch sehr auseinander.
Einige halten die Anwendung bis zum Eintreten einer
reaktiven Dermatitis für noth wendig, Einzelne wollen
sogar eine zerstörende Wirkung der Strahlen hervor-
rufen, während Andere Heilerfolge gesehen haben ohne
stärkere Nebenwirkung. Zum Schutze der Umgebung
empfiehlt St. eine hölzerne Scheibe, 15 Zoll im Durch-
messer, auf der einen Seite bedeckt mit einer Bieifolie.
Die Scheibe hat in der Mitte eineOeffnung, die verkleinert
werden kann durch daranhängende Scheiben mit kleineren
Oeffnungen. Zum Schutze der Hände des Operateurs
dienen 2 Paar Handschuhe, das zweite einige Nummern
grösser als das erste, mit dazwischen genähter Zinnfolie.
Die erfolgreichste Anwendung finden die Rönt-
genstrahlen bei dem Bpithelioma, besonders von
der Art des Ulcus rodens. St. beginnt die Be-
handlung mit einem ROhrenabstande von 10 bis
12 Zoll 5 Minuten lang 2mal wöchentlich, 2 Wo-
chen lang. Wenn keine Besserung eintritt, werden
die Beleuchtungen 3mal wöchentlich 10 Minuten
lang mit einem Röhrenabstande von 8 Zoll, all-
mählich herabgehend auf 5 Zoll, fortgesetzt. Ein
262
VI. Geburtshülfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
leichter Orad von Dermatitis veranlasst die Patienten
häufig zu einer Unterbrechung der Behandlung.
Die Besserung des Leidens schreitet indessen in
der Regel auch noch lange nach dem AufhOren der
Behandlung fort. Bis zur völligen Heilung muss
jedoch die Behandlung mit Röntgenstrahlen sehr
lange fortgesetzt werden. Vorhergehendes Gurette-
ment ist daher sehr zu empfehlen.
Beim Lupus scheinen günstige Erfolge vorzu-
liegen, doch ist nicht zu verkennen, dass es bei
manchen günstigen Krankheitberichten sich gar
nicht um Lupus gehandelt hat, sondern um Epi-
theliome. St. hat nur 2 Fälle von wirklichem
Lupus mit X-Strahlen behandelt, einer zeigte deut-
liche Besserung, der andere blieb unbeeinflusst
Bei Akne, Psoriasis und Ekzem zeigte sich bei
sehr vorsichtiger Anwendung der Strahlen keine
genügende Besserung, um zu einer weiteren An-
wendung zu ermuthigen. Günstige Erfahrungen
hatte St. bei Keratosis und Hyperhidrosis der
Hände. J. M e y e r (Lübeck).
370. Die Böntgeno • therapentisohe Vor-
reaktion; von Dr. Guido Holzknecht in
Wien. (Arch. f. Dermatol. u. Syph. LXVL 1 u. 2.
p. 77. 1903.)
Während die echte Röntgenreaktion an der
Haut tiefgreifend ist und nach einer auffallend
langen Latenzzeit entsteht (mehrere Tage bis 1 —
2 — 3 wöchiger Latenzzeit), trennt H. von dieser
echten die sogen. „rOntgeno - therapeutische Yor-
reaktion^S ^i® schon sehr bald, unter Umständen
1 Stunde nach der Belichtung, auftritt als leichte,
oberflächliche Entzündung der bestrahlten Haut.
Massige ROthung, leichtes Brennen, geringe Be-
rührungsempfindlichkeit charakterisiren sie. Als
Ursache des Eintrittes der Yorreaktion spricht H.
jenen starken violetten Belag der Röntgenröhren
an , der bekanntlich bei längerem Gebrauche in
der Innenfläche der Röhre sich bildet und aus dem
in feiner Yertheilung versprühten Metalle der Anti-
kathode bestehen soll. Die Yorreaktion beeinflimt
die später auftretende echte Röntgenreaktion im
Sinne der Yerstärkung des Processee in den ober-
flächlichen Schichten und wird vermuthlich durch
eine von den Röntgenstrahlen völlig versdiiedene,
ihrem Wesen nach bis jetzt unbekannte StrahluDg
erzeugt. W. Friedländer (Schöneberg).
371. Fieberhafte Allgemeinerkrankang mit
Exanthem bei Böntgendermatitis ; von Dr.
Guido Holzknecht in Wien. (Arch. f . Der-
matoL u. Syph. LXVL 1 u. 2. p. 77. 1903.)
Man beobachtet bisweilen auf der Höhe starker
oder ausgebreiteter Röntgenreaktionen einen tox-
ämischen Symptomencomplex, bestehend aus hohem
Fieber mit auffallend geringen febrilen Allgemein-
erscheinungen mit oder ohne Exanthem und sehr
günstiger Prognose. Immerhin sind gleichzeitige
Reaktionen an grossen oder zahlreidien Stellen
des Körpers zu vermeiden. Als ürsaohe der be-
schriebenen Erscheinungen erscheint H. nicht etwa
die Invasion septischen Materiales durch die ex-
coriirte Hautstelle, sondern die Bildung von Giften
im Gebiete der reagirenden Haut. Dieses Toxin
der Röntgendegeneration der Gewebe, das übrigens
mit jenem grosse Aehnlichkeit zeigt, das die Yer^
brennung erzeugt, mag starken Einfluss auf Wärme-
regulirung und Gefässe haben, ohne des Weiteren
schwere Yergiftungserscheinungen zu bewirken.
Es erzeugt erstens an der Stelle, an der es ent-
steht, eine Entzündung der Haut (eben die bekannte
Röntgenreaktion) und zweitens, wenn es im Blute
cirkulirt, eine allgemeine kleinherdige Demap
titis, das Exanthem.
W. Friedländer (Schöneberg).
VI. Geburtshfllfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
372. Bakteriologisohe und experimentelle
Untersaohangen über Oyatitis nach gynäkolo-
gisohen Operationen; von E. Bai seh. (Beitr.
z. Geburtsh. u. Gynäkol. VIII. 2. p. 297. 1904.)
Nach Darlegung des klinischen Bildes der post-
operativen Gystitis giebt B. zunächst einen ge-
schichtlichen Ueberblick Ober die Ansichten vom
Zustandekommen dieser Erkrankung. Er selbst ge-
langte durch eigene Untersuchungen in 40 Fällen
von Gystitis, die sicher vor der Operation nicht be-
standen hatte, zu dem Ergebnisse, dass nicht, wie
vielfach angenommen wird, Golibacillen, sondern
zumeist Staphylokokken, seltener Streptokokken
die Erreger der postoperativen Gystitis darstellen,
während die Golibacillen erst sekundär eindringen.
Dasselbe Verhältniss konnte B. auch in einem Falle
von Pyelonephritis nach postoperativer Gystitis
feststellen. Was nun die Art der Infektion anlangt,
so liegt nach B. nicht der geringste Beweis für die
Annahme vor, dass sie vom Darme aus erfolga
Die postoperative Gystitis ist vielmehr eine Eathete^
cystitis, indem die bei zu Bett liegenden Frauen
fast regelmässig in der Harnröhre angetroffenen
Mikroorganismen (zuerst meist Staphylokokken,
später daneben fast immer Golibacillen) in Folge
der Ischurie nicht durch den Harnstrahl heraot-
gewaschen, sondern auch bei peinlichster Säabening
der Harnröhrenmündung durch den sterilen Katheter
in die Blase hinaufgetragen werden. Die blosse
Anwesenheit der Bakterien in der Blase madit aber
noch keine Gystitis, es sind vielmehr, wie B. durch
Thierversuche erkannte, noch einige Hülfsfaktorea
dazu nöthig. Die ürinverhaltung schlechthin ist
kein solcher, wohl aber die mangelhafte ESntleenuig,
so dass immer eine bestimmte Hammenge ak
flüssiger Nährboden zurückbleibt, und vor Allem
die der Blasenaussenfläche bei der Operation zu-
gefügte Verletzung.
VI. Qeburtshülfe, Frauen- und Einderheilkunde.
263
Um den geiUhrliohen wiederholten Eatheteris-
mos zu vermeiden, wendet B. folgendes Ver-
fahren an.
Er iojiciit bei postoperativer Ischuriejam Abend des
Operatiootages mittels Nel a ton -Katheters und Stempel-
gpiitze 20 com 2proo. sterilen Borglycerins, ohne vorher zu
katheterisiren , in die volle Blase. Die nahezu regel-
mässige Wirkung ist, dass meist schon nach 5 Minuten
die erste spontauoe Urinentleerang erfolgt. Die Kr. uri-
oireD dann auch weiter spontan. Selten ist eine Wieder-
holoDg der Einspritzung nöthig. Nachtheile wurden keine
beobachtet, nur muss, fidla nach spätestens Vi Stunde
keioe Uhoentleerung eintritt, katheterisirt werden. Völlig
wirkungslos ist dieses Verfahren nur bei der abdominalen
Radikaloperation nach Wertheim, bei der die Inner-
Tatioastomng der Blase offenbar eine ausnehmend schwere
Qod langdauemde ist Hier wird der sonst fast aus-
Dahmelos eintretenden schweren Cystitis vorgebeugt durch
Anschloss einer gründlichen Blasenspülung mit min-
destens Vt Liter 3proc. Borsäure an jeden peinlich sauber
ausgeführten Katheterismus und durch Fortsetzen der
Bü^nspülungen auch beim snontanen Uriniren, bis die
Patientin die Blase wirklich vollständig entleert.
Kart Kamann (Breslau).
373. Bor erste Fall von Myopertthelioma
uteri mallgmanL Ein Beilrag zur malignen Ent-
artung der üterusmyome ; von Dr. Sigmund
Qottschalk in Berlin. (Ztschr. f. Oeburtsh. u.
OjoäkoL XLIX. 3. p. 442. 1903.)
Bei der 61 jähr. Fat waren im November 1901 ganz
kleine, eben wahrnehmbare multiple Uterusmyome fest-
gestellt worden. Diese Oeschwulstknötchen waren in den
folgenden 3 Monaten so schnell gewachsen, dass sie ein
IÜ8 fast zum Nabel reichendes Geschwulstconglomerat
laldeten. Totalexstirpation des Uterus durch ventrale
Goliotomie. Genesong. Derexstirpirtemyomatöse Uterus
wog 1090 g. Die innere Oberfläche der Gebärmutterhöhle
war im Bereiche der vorderen Wand ganz unregelmässig
zottig. Weiche, leicht abbröckelnde Wucherungen von
grauothlicher Farbe erfüllten die Höhle. Papilläre £x-
üresoenzen mit zwisohenliegenden unregelmässigen Ver-
tiefungen hatten die Mucosa im Bereiche der vorderen
Wand ' zerstört und ersetzt. Ein grosser Myomknoten
var nach dem Gavnm uteri zu zerstört und von dieser
selben zottigen Neubildung ersetzt; im Bereiche des
ooteren Dritttheiles war eine Kapsel nicht mehr wahr-
zunehmen und stellte sich der Tumor als diffuses oder
iofiltrirtes Myom dar. Mikroskopisch baute sich diese
zottige diffuse Neubildung in ihrer einfachsten Grundlage
aof ans einzelnen, in sich einheitlichen Strängen. Diese
Strioge setzten sich zusammen aus einem mehr oder
weniger dicken Zellenmantel und einem axialen Blut-
geßiffi, und zwar dergestalt, dass der Zellenmantel den
peripherisehenTheil der Gefösswandung selbst verkörperte.
Die bezeiohnenden Merkmale der bösartigen Ge-
sohwulst traten in der Hauptsache in den als Pnmär-
typns beschriebenen Partien zu Tage. Das besondera
figenartige der Neubildung bestand hier in dem Aufbau
als eine Vielheit der beschriebenen Geschwulstgefäss-
>tr&Dge. Gefiässwand und die zugehörigen Geschwulst-
sellen neuer Bildung sind nach G. primär histogenetisch
ein untrennbares Ganzes. Wegen des perithelialen Ur-
spmnges der auf den Bereich des befallenen Myoms
lokaliurt erscheinenden Neubildung bezeichnet G. den
Tomor als Myoperithelioma uteri malignum.
Klinisch ist das überaus rasche Wachsthum
der Gteechwulst bemerkenswerth. Die maligne
Neubildung rief keine Blutungen hervor, sondern
nur r(^thlichen wässerigen Ausfluss. Dieses be-
weise, dass ein rasch fortschreitender maligner
Prooees im Uterus ohne Blutungen bestehen kann.
Der sur Zeit der Operation bestehende relativ gute
Ernfthrungzustand der Pat. zeigt femer, dass der
allgemeine Ernfthrungzustand für die Entscheidung
der Frage der Bösartigkeit ein nur sehr unsicheres
Kriterium bildet Schliesslich ergiebt die Be- ,
obachtung G.'s, dass Myomkranke im klimakteri-
schen Lebensabschnitte ungeachtet des AufhOrens
der menstruellen Blutungen auf das Ernsteste ge-
fährdet sein kOnnen.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
374. Zur Frage der Deoidnabildong bei
PhoaphorvergUtiing ; von Fr. Hitschmann u.
0. Lindenthal. (Arch. f. Oynäkol. LXIX. 3.
p. 580. 1903.)
Auf Grund der mikroskopischen Untersuchung
von 9 uteri an Phosphorvergiftung gestorbener
Frauen, bei denen Schwangerschaft sicher ausge-
schlossen war, treten H. und L. der Behauptung
von Overlach (Arch. f. mikroskop. Anat. XXY.
1885) entgegen, dass sich nach Phosphorvergiftung
eine Decidua im Uterus finde. Dagegen stiessen
sie in einem Falle von Phosphorvergiftung bei
Tubengraviditat an den Theilen des Endometrium,
wo eine typische Decidua fehlte, auf die von
Overlach beschriebenen Bilder, nftmlich Zellen-
ansammlungen im unveränderten interglandulären
Bindegewebe, die ihrer Abstammung nach vom
Epithel abgeleitet werden müssen und eine ziem-
liche Aehnlichkeit mit Deciduazellen besitzen : ge-
quollene, zum Theil nekrotisirende Zellen in De-
squamation, die die oft kaum abgegrenzten Drüsen-
räume erfüllen. Diese Veränderungen sind nach
der Ansicht H.'s und L.'8 weder Folge der Phos-
phorvergiftung, noch der Tubenschwangerschaft.
Marchand betrachtet sie als Erscheinungen eines
desquamativen Katarrhs.
Kurt Kamann (Breslau).
375. Ueber Anatomie und Pathologie der
Plaoenta. Synoytium in dem sohwangeren
Uterus. Wirkung der Heri- ond Nieren-
krankheiten auf die Muskulatur und Plaoenta«
Atonie des'UteruBt Plaoentaradhärenii Uterus-
ruptur; von P. Kworostansky. (Arch. f.
Gynäkol. LXX. 1. p. 113. 1903.)
Kw. untersuchte sorgfältigst 22 theil weise
wegen Garcinom, Peritonitis, Sepsis u. s. w. exstir-
pirte oder durch Sektion gewonnene Uteri, aus den
verschiedensten Zeiträumen der Schwangerschaft,
wovon 16 noch'diePlacentaenthielten und 6 patho-
logisch veränderte Placenten, und kommt su folgen-
den Schlüssen:
Fötale Elemente, syncytiale Riesenzellen und
Langhans 'sehe Zellen finden sich in der Musku-
latur aller schwangeren uteri vom 1. bis 10. Monate
und können noch einige Wochen nach der Geburt
im puerperalen Uterus gefunden werden. Unter
dem Einflüsse von Herz- und Nierenleiden, Uterus-
geschwülsten, Mangel an Schleimhaut, kurzum bei
für die Placenta schlechten Emährungsverhält-
264
VI. Geburtshülfe, Frauen- und Einderheilkunda
niasen waohsen von der Oberfl&che der Mucosa die
fötalen Elemente üppig in die Tiefe der Muskulatur
und können von dort auch im Blutkreislaufe in die
Lungen und KOrpergef&sse gelangen. Sie erzeugen
normaler Weise nur ein leiohtes Aufquellen des
Bodens, auf den sie eu sitzen kommen, aber keine
Nekrose. Die Diagnose auf Syneytioma malignum
kann unter Umständen sehr schwer sein und darf
nur auf Grund sehr genauer Studien aller Qewebe-
elemente des Uterus gestellt werden. Nur bei
grenz- und formloser Wucherung des fötalen Epi-
thels in der Muskulatur in Gestalt mehrschichtiger
Qewebemassen ist die Diagnose sicher. Dabei ist
auch die destruirende Wirkung der Neubildung auf
die Muskulatur zu beachten, die Form und Be-
schaffenheit des Epithels, die morphologische Ver-
änderung seiner Struktur, wie auch bei den anderen
Garcinomen des Uterus. Gesellen sich zum fötalen
Epithel die Mengen von Chorionzotten, die in
grossen Gefässen sitzen und innig mit der Muskulatur
verwachsen sind, so entsteht neben der Placenta-
adhärenz auch Atonie des Uterus, die zum Tode
fQhren kann. Normaler Weise bilden sich unter
der Gravidität keine neuen Muskelzellen ; die alten
hypertrophiren vielfach, behalten aber ihre physio-
logische Fähigkeit zur Dehnung und Contraktion
bei. Unter dem Einflüsse von Herzkrankheit,
Nephritis, Anämie, Eklampsie, Sepsis hypertrophirt
die Muskulatur Qber das sonst in schwangeren
Uteri fiblicheMaass hinaus und unterliegt der hya-
linen Entartung, fibrillärem und molekularem Zer-
falle und der Vacuolenbildung. Fettige Entartung
findet sich in jedem puerperalen Uterus. Unter
Entartungsformen von allerlei Art verliert die
Muskulatur ihre Fähigkeit zur Dehnung und Con-
traktion, was wiederum zu tödtlicher Atonie und
Uterusruptur führen kann. Die Placenten zeigen
ein höchst entwickeltes Anpassungsvermögen an
die Raum- und Ernährungsverhältnisse und com-
pensatorische Steigerung der Funktion gewisser
Theile bei durch Krankheiten der Mutter oder des
Kindes verursachter Ausschaltung der Thätigkeit
anderer Theile. Bei Infarcirung der Placenta zeigt
der gesund bleibende Theil starke Wucherung
des Epithels, wie auch starke Verzweigung der
Chorionzotten und Stauung in den Gefässen. Die
Infarktbildung mit Blutgerinnung in der Placenta
ist ein ständiger Befund bei Herz- und Nierenkrank-
heiten, Eklampsie, sogar bei Herzfehlern des Kindes.
Die Nekrose der Placenta entsteht auch bei vor-
zeitiger Ablösung derselben unter Hämatombildung
zwischen Uterus und Placenta.
20 Abbildungen veranschaulichen die beschrie-
benen Veränderungen. KurtKamann (Breslau).
376. BlMenmole und Bierstook, Ein Bei-
trag xur Pathologie des Oorptu luteum; von J. Jaff6.
(Arch. f. Gynäkol. LXX. 3. p. 462. 1903.)
J. beobachtete in der Landau 'sehen Frauen-
klinik folgenden Fall.
Bei einer Frau, die 9mal geboren hatte, entwickelte
sieh eine Blasenmolenschwangerschaft. Die Mole wurde
nach heftigen Blutungen spontan geboren, doch hörten
die Blatangen nicht auf und die Pat verfiel zusehends
unter schneller Oewichtabnahme. Gleichzeitig bestand
blutiger Ausfluss. Von einer Probeausschabung wurde
angesichts einer erneuten profusen Hämorrhagie beim
Versuohe dazu. Abstand genommen. An dem vergrösseiteo
weichen Uterus wurde in der rechten Fundusecke eine
Verdickung getastet Dieser Befand liess in Zusammen-
hang mit derKackexie, den andauernden Blutungen nach
Ausstossung der Mole und mit dem blutigen Auswurf aof
ein Chorioepithelioma malignum schliessen. Unter diesen
Umständen wurde die vaginale Badikaloperation aas-
geführt. Am aufgeschnittenen Organe fand sich in der
That eine geschwulstartige , auf die Vorderwand des
Uteniskörpers übergreifende Wucherung hämorrhagi-
schen Charakters im rechten Uterushom. Mikroskopisch
fanden sich in den Biutmassen und Inseln des mehr oder
weniger nekrotischen endometrischen Gewebes die aben-
teuerlichen Formen der ohorioepithelialen WanderzeUen,
die bis in das innere Drittel des Myometrium vordrangen,
das intrafasoikuläre Bindegewebe zerstörten, die Muskel-
fasern aufwühlten und in das Lumen der Blutgefässe eio-
draneen : Chorioepithelioma atypicum. Die Kr. überataDd
den Eingriff, erholte sich gut und blieb völlig gesund.
Die mitentfemten Ovarien enthielten beide eine An-
zahl Corpus iuteum-Cysten. Das rechte Ovarium war in
eine apfelgrosse polycystische Geschwulst von blasig
buckeligem Aussehen verwandelt Die einzelnen Cysten
waren wie die verschiedenen Hohlräume im linken Ovariom
von einer Luteinmembran ausgekleidet; es waren also
echte Corpus-luteum-Cysten.
Die Beziehungen zwischen Blasenmolenschwan-
gerschaft und Corpus Iuteum-Cysten werden auf
Orund dieses Falles und einer Ajizahl in der Lite-
ratur niedergelegter, kurz besprochener Beobach-
tungen, eingehend erörtert und J. kommt zu fol-
gendem Ergebnisse : In manchen Fällen von Blasen-
mole giebt es eigenartige, vielblasige oder traubige
meist doppelseitige BierstockgeBohwfllste, es sind
vielkammerige Corpus Iuteum-Cysten ; die einzelne
Cyste schwankt zwischen mikroskopiacher and
Apfelgrosse. Zuweilen bestehen nebenher Cysten-
bildungen aus 0 r a a f 'sehen Follikeln oder Ly mph-
ektasien. Die blasigen Cysten haben eine glatte,
nicht gef&rbte InnenflAchei keine abziehbare Innen-
membran, serösen ungefärbten Inhalt, Elinachich-
tung und Abplattung des Luteinlagers, undifferen-
cirte und gelegentlich freiliegende CyBtenwand.
Corpus Iuteum-Cysten können sich nicht bloa aus
den Corpora lutea vera und spuria, sondern auch
aus ungeplatzten Follikeln entwickeln. Bei schnelier
und reichlicher Bildung von Luteingewebe kann
durch einwachsende Oefässe der Innensohicht etne
Absprengung von Luteinzellen und eine Verlage-
rung über das gesammte Eierstockgewebe erfolgen.
Dabei sind oft Uebergänge von ZeUen der Innen-
sohicht in Luteinzellen festzustellen. Der Vorgang
der Luteinzellen Verlagerung ist nicht ffir die Blasen-
mole eigenthümlich, sondern wird auch am Corpus
luteum verum bei gewöhnlicher Schwangendiaft
oder bei Corpus Iuteum-Cysten ausserhalb der
Schwangerschaft angetroffen. Andereraeita kann
er auch an den Corpus Iuteum-Cysten bei Blasen-
mole fehlen. Auoh die kleincystiBoheDegeiientioa
VI. Qeburtshülfe, Frauen- und EinderheiUninde.
265
der Corpoia lutea mit Bildung makroskopisoher
Cysten ist nicht für Blasenmole eigenthümlich und
kommt ähnlich auch bei Niohtschwangeren vor.
Nor die traubigen oder vielblasigen Luteinkystome
Bind bisher ausschliesslich bei Blasenmole be-
obsohtet Andererseits findet sich in allen genau
mikroskopisch untersuchten Ovarien bei Blasen-
mole die kleinoystische Degeneration der gelben
KOrper, wenn sie auch nicht immer oder nur auf
einer Seite zu umfangreicheren Cystenbildungen
füiirt Nicht in dieser, sondern in der Ueber«
enengang von Luteingewebe dürfte das Wesent-
liciie der Ovarialverftnderungen bei Blasenmole
liegen. Weitere mikroskopische Untersuchungen
mfissen diese Gesetzmässigkeit erhftrten.
Da der Binfluss des Corpus luteum verum auf
die Eiansiedelung (innere Sekretion: Born-
L Fraenkel) thatsäohlich experimentell ge-
Bichert ist, da ferner der Ansiedelungsvorgang
durch Trophoblastthfttigkeit bewirkt wird und für
die Blasenmole ein abnormes Verhalten des Tropho-
blasts betreffs der Proliferation und Funktion die
Begel ist, so begründet sich die Anschauung, dass
durch die übermftssige Erzeugung von Lutein-
gewebe eine übermftssige, bez. abnorme Tropho-
blastaküon und dadurch die Entartung des Chorion
inr Blasenmole bewirkt wird. Die für die An«
Biedelung und Weiterentwickelung des Eies er-
forderliche innere Sekretion geschieht dabei nicht
unzureichend, wie L.Fraenkel annimmt, sondern
im Uebermaasse. Die Entstehung der primären
Trophoblastwucherung bei der Blasenmole auch
auf anderer Grundlage ist dadurch nicht aus-
geschlossen. Positive Befunde sprechen dafür, dass
die lebhafte chorioepitheliale Wucherung auch beim
Chorioepithelioma malignum durch eine Ueber-
eneugong von Luteingewebe wenigstens in be-
stimmten Fällen bedingt sein kann. Die Hypo-
thesen von der Entstehung der Blasenmole aus
einem befruchteten kranken Ei, das aus einem
kranken Follikel stamme, und von dem endometri-
tisohen Zustande des Uterus als Folge primftrer
Ovarialerkrankung, der zur Blasenmolenentartung
des Eies fahren soll, sind gegenüber der vorstehen-
den Aaffiassung nicht genügend durch Thatsaohen
866tQtzt Kurt Kamann (Breslau).
377. Blasenmole bei einem ZwiUingaei
vadLuteiiiBellenTerlagening in einem Blaaen-
molen-Orariiun; von R Birnbaum. (Mon.-
Schr. f. Qeburtsh. u. Gynäkol. XIX. 2. p. 1 75. 1904.)
B. fügt den wenigen in der Literatur vorhan-
denen und von ihm angeführten Fällen von gleioh-
seitig;em Vorkommen einer Blasenmole neben einem
gesunden Ei folgende eigene Beobachtung hinzu.
Es handelte sich um eine durch starke onregel-
iDiBsige Blatongen äusserst anämische 37jähr. Zweit-
gebirende, die vorher weder an Endometritis, noch an
Allgemeinerkrankongen gelitten hatte. Die bestehende
Nephritis begann erst naä Eintritt der Schwangerschaft.
Die Diagnose Blasenmole konnte vermuthet werden aus
Med. Jahrbb. Bd. 282. Hft. 3.
den subjektiven und objektiven SchwaDgerschaftzeichen,
den an regelmässigen Blatungeo, dem raschen Waohsthum
der Gebärmutter, dem Mangel an Herztönen, sowie
schliesslich der Albuminurie. Es wurde erst eine grosse
Blasenmole von 2 kg Gewicht ohne Andeutung eines
Embryo and dann nach Sprengen einer eigenen Fracht-
blase ein 30 cm langer wohlgestalteter Foetas ausgeetossen.
Die zugehörige Placenta war marginata and mikroskopisch
normal. 6 Wochen nach der Gebart ging die Frau an
einer schweren Myokarditis zu Grande. Der Uterus war
in entsprechender Rückbildung, seine Schleimhaut ohne
krankhafte Veränderungen. Beide Ovarien unwesentlich
vergrössert, im linken ein grösseres und ein kleineres
Corpus luteam, sowie ein kirschkerngrosser and mehrere
kleinere blaterfüUte Bäume. Mikroskopisch zeigte das
grössere Corpus luteum die gewöhnliche Rückbildung;
bei dem kleineren war dagegen die übrigens von der
Luteinschicht schlecht gesonderte Tunica propria mehr-
fach unterbrochen und es bestanden längs Gelassen
zweifellose Verlagerungen von Lateinzeilen in das Ovarial-
stroma, hervorgerufen hauptsächlich durch Absprengung
einzelner Luteinlamellen. Der kirschkerngrosse blut-
erfüllte Raum war eine Luteincyste, die kleineren Blut-
räume waren einfache Retentioncysten von Follikeln. Eine
Degeneratio polycystica luteinalis (Pick) bestand nicht.
Die Entstehung des seltenen gleichzeitigen Vor-
kommens von Blasenmole und gesunder Frucht
denkt sich B. folgendermaassen : Das eine Ei war
von vornherein geschfldigt, vielleicht wie Kalten-
bach annahm, in Folge einer mangelhaften Aus-
bildung der Eizelle am Ende des zeugungsfähigen
Alters [Fat war freilich erst 37 Jahre alt. Bef.]^
möglich auch, dass gewisse, nicht nachweisbare
Veränderungen in den Ovarien die Eizelle schädigen.
Wenn das innere Sekret des Luteingewebes die
Wucherung und die nutritive Funktion des Chorion-
epithels regelt (L. Fraenkel), kann man mit
Pick annehmen, dass durch eine überreiche Sekre-
tion eine exoessive Wucherung des Chorionepithels
und degenerative Veränderungen im Zottenstroma
also eine Blasenmole entstehen. Die Uebererzeugung
von Luteinsubstanz genfigt aber allein nicht zur
Bildung einer Blasenmole, sonst müssten ja bei
ZwiUingschwangersohaft beide Eier diesem Ein-
flüsse unterstehen. Es bedarf noch der geschil-
derten Schädigung des einen Eies in seiner ersten
Anlage, während das andere gesund angelegte Ei
trotz vermehrter Luteinsubstanz einer gehörigen
Entwickelung entgegen geht.
Die im Verlaufe der Blasenmolenschwanger-
sohaft sich entwickelnde Nephritis, die nach der
Entleerung bald wieder abklingt, erklärt St. durch
einen der Ohorionepithelwucherung entsprechenden
vermehrten Austausch zwischen kindlichem und
mfltterlichem Gewebe. Die Abbaustoffe kehren in
grösserer Menge zur Mutter zurück und vergiften
das ausscheidende Nierengewebe.
Kurt Eamann (Breshiu).
378. Ueber aohnelle Erweiterung des
Muttermundee.
Ueber die foreirte ErtDeüerung des Mtätermundea
müteU des DikUatorium von Bossi; von 0. Lederer.
(Arch. f. Gynäkol. LXVII. 3. p. 711. 1902.)
Bericht über 10 mit dem dreiarmigen B o s s i *-
sehen Instrument in der deutschen geburthfllflichen
34
266
TL Geburtshfllfe, Frauen- und Einderheilkunde.
Klinik zu Prag ausgeführte Operationen. Imal
handelte es sieh um Plaoenta praevia, Imal um
primäre, Imal um sekundäre Wehensch wache und
Rigidität des Muttermundes, Imal um vorgeschrit-
tene Phthise, 5mal um Eklampsie, Imal um kQnst-
liche Frühgeburt Auch ein grübchenf5rmiger
Muttermund bei zapfenförmiger, noch fingerglied-
langer Portio stellt kein Hindemiss dar, den
Muttermund zur Vornahme zunächst der Wendung
in der Zeit von längstens einer halben Stunde voll-
kommen aufzusohliessen. Von den Kindern kamen
nur 2 lebensfrisch zur Welt, 1 starb, 3 konnten
zwar aus tiefer Asphyxie wiederbelebt werden,
starben aber auch bald; perforirt musste 4mal
werden, und zwar 2mal am nachfolgenden Kopfe.
Das Zusammenfallen des Muttermundes nach der
Erweiterung war hier am auffallendsten ; es ent-
stand geradezu eine den Tod des Kindes zur Folge
habende Striktur. Es wird sich also empfehlen,
mit RQcksicht auf das Kind fOr die manuelle Ex-
traktion die Erweiterung etwas weiter auszudehnen,
wenn man nicht unter geeigneten Verhältnissen
von vornherein die Zange wählt. Die Erweiterung
nahm wenigstens 7 bis höchstens 30 Minuten,
durchschnittlich 20 — 25 Minuten in Anspruch.
Tiefgreifende Verletzungen kamen nie vor. Doch
hält L. solche nicht für ausgeschlossen, wenn das
Instrument von ungeübter Hand gebraucht wird.
Für den Erfolg des Verfahrens erscheint es nicht
gleichgültig, ob es als ultima ratio oder von vorn-
herein zielbewusst und für sich allein zur Anwen-
dung kommt. Nur in letzterem Falle dürfte es
für allfällige Misserfolge verantwortlich gemacht
werden.
Erfahrungen über die schnelle DikUation der Cervix
nach Bossi; von Keller. (Arch. f. Gynäkol. LXVII.
3. p. 728. 1902.)
K. berichtet über 15 mit dem dreiarmigen
B OS si 'sehen Originalinstrument in der Berliner
Charit6 ausgeführte Operationen. Die Indikation
gab ab 9mal Eklampsie, 2mal Vitium cordis (Imal
verbunden mit Phthise), Imal schwere Pyelitis,
Imal Fieber der Mutter und Sinken der kind-
lichen HerztOne, Imal doppelseitige Pneumonie und
Imal Hinterscheitelbeineinstellung. In 6 Fällen
war die Cervix ganz oder theilweise verstrichen,
der Muttermund 10- Pfennig- bis 5-Markstück gross;
die Dilatation bis zur Möglichkeit sofortiger Ent-
bindung dauerte 10 — 30 Minuten, durchschnitt-
lich 17 Minuten. In den übrigen 7 Fällen war
das Collum ganz oder zum grOssten Theile erhalten
und für 1 — 3 Finger durchgängig. Die Erweite-
rung nahm hier 7 — 44 Minuten, durchschnittlich
28 Minuten in Anspruch. Das Verstreichen des
Collum kann durch keine mechanische Erweiterung,
sondern allein durch Wehen erzielt werden, diese
werden aber gerade durch das Instrument in
hohem Maasse angeregt. Für die Schnelligkeit
der Erweiterung ist nicht allein die Dringlich-
keit des Falles, sondern auch der mit dem Finger
zu überwachende Spannungsgrad des Gewebei
maassgebend. Nennenswerthe CervixzerreissuDgsii
kamen in keinem Falle vor. Angezeigt ist das
Verfahren überall da, wo es im Interesse der
Mutter dringend erwünscht ist, behufs baldiger
Entbindung das geschlossene oder mangelhaft ge-
öffnete Collum zu erweitem; die Rücksicht auf dis
Kind kann nur dann bestimmend sein, wenn die
Erweiterung und die Entbindung aller Vorausaoht
nach leicht sind. Bei Placenta praevia hält K die
Methode auch der Nachprüfung fürwerth. Für den
praktischen Arzt hält K. das Instrument nickt fOr
geeignet, nur für den geburthülflich beeonders er-
fahrenen Arzt. An sich erblickt er aber inBcssi'e
Verfahren einen bemerkenswerthen Fortschritt der
modernen Qeburthülfe, besonders der Behandlung
der Eklampsie.
lieber die Anwendung von Boasi's Dilaiatar; von
C. HahL (Arch. f. Gynäkol. LXXI. 3. p. 509. 1901)
H. theilt ausführlich 11 Fälle mit, in denen
das B 0 s s i 'sehe Originalinstrument in der Univer-
sitätklinik zu Helsingfors zur Anwendung kam.
6mal handelte es sich am Fälle schwerer Skhunpne,
in denen die üblichen Maassnahmen ohne Wirkung ge-
blieben waren, und die einzige Bettung in rascher Entfer-
nung des Kindes zu liegen schien, Imal um dnen sich
wochenlang hinziehenden Abort, bei dem sich der nar-
bige Mattermnod nicht öffnete; Imal um vorzeitige LÖsang
der Plaoenta. 2mal wnrde dilatirt, um die Zange anlegen
zu können, und zwar je Imal wegen drohender Uterus-
ruptur und nach Symphyseotomie wegen starker Beckeo-
verengeruDg. Imal endlich wnrde mit dem Instrument
die ktinstliche Frühgeburt in der 36. Woche eingeleitet
und das schiefgelegene Kind durch Wendung nnd Ex-
traktion entwickelt. Nur in diesem letzteren Falle er-
eignete sich ein tiefer Cervixriss, der aber nicht dem
Instrument, sondern der gewaltsamen Extraktion des
nachfolgenden Kopfes zur lAst fiel.
Als entbindende Operation nach der Dilatation
zieht H. die Zange der Wendung bei Weitem ?or,
auch bei hochstehendem Kopfe, indem man bei
ersterer die Bntwickelung so langsam ^or sich
gehen lassen kann, wie man will und indem die
Weiohtheile bessere Gelegenheit haben, sich der
neuen Gewalt anzupassen, während hei der Ex-
traktion am Beckenende der Muttermund durch
den nachfolgenden Kopf eine plötzliche starke An-
spannung erfährt Die Gebärmuttercontrmktionen
wurden durch die Dilatation kaum beeinfloast; es
traten aber keine atonischen Nachblutungen auf.
Das Bossi'sche Instrument erfQllte in H.*8
Fällen alle Anforderungen; es stellt in NothfUlen,
wie die geschilderten es waren, eine unschätsbare
Hülfe dar, und wird, mit Vorsicht angewandt,
sicher dem praktischen Arzte in vielen schwierigen
Fällen gut zu Statten kommen. Yor unnGthiger
Anwendung muss aber wegen der Möglichkeit
tiefer Oervixrisse gewarnt werden.
Tarnier'siksarteur uUrin und seine Ameembrng;
yon 0. Heckel. (Arch. f. Gynäkol. LXXI. 3. p. 522.
1904.)
H. berichtet eingehend über 40 Fälle to& Be-
schleunigung der Erweitemngsperiode mit den
VL Qeburtshülfe, Frauen- und Einderheilkunda
267
1888 Yon Tarnier angegebenen Ecarteur du col
Dieser ist ein aus drei in ihrer Mitte leicht gebogenen
BnncheD bestehendes Instrument Die Branchen ftihren
«0 der Bengungstelle gegen einander, ohne sich zu krea-
jßüy und endigen mit einer löffelformig aasgebogenen
Scheibe von 2 cm Breite, die oberhalb des Mattermundes
eingelegt wird. Auch das andere Ende der Branchen ist
hakenförmig auswärts gebogen, um Gummiringen zum
Halt zu dienen, die diese Enden einander nähern, indessen
die intrauterinen auseinander drängen und den inneren
MattermuDd anspannen. Das Instrument wird bei stehen-
der Blase in der Wehenpause ohne Narkose meist un-
schwer eingelegt Die erzeugte Anspannung des inneren
VnttermuDdes bezweckt viel weniger eine mechanische
Srweiterung, als die Anregung stärkerer Uteruscontrak-
tiooen. Nicht durch die Gewalt, sondern durch die
gleichmlssige lange Wirkung überwindet der elastische
Iheil des Instruments den Muskel. Der Ecarteur ermüdet
langsam den Sphincter cervicis, während er gleichzeitig
wie ein Fremdkörper in der Gebärmutter deren Ontrak-
tionen verstärkt Ohne Wehen hat der Ecarteur keine
Wirkung, er verstärkt dagegen vorhandene Wehen ; die
angewandte Kraft muss im Einklänge mit der Wehen-
stärke stehen. Bei Tetanus uteri muss die Anzahl der
Gummirioge vermindert oder die Reizbarkeit der Gebär-
mutter durch Opiate herabgesetzt werden. Für die ge-
waltsame mechanische Dehnung des Muttermundes ist der
Ecarteur nicht eingerichtet ; derartige Versuche müssten
zn schweren Cervixrissen führen.
Die Indikation für die Anwendung bestand
unter den 40 F&llen H.'s 7mal in Eklampsie; in
3 Fällen war der Zustand des Foetus derart, dass
die Entbindung beschleunigt werden musste, in
1 Falle kam dazu noch Fieber der Frau. In den
übrigen 29F&lIen wurde die Entbindung beschleu-
nigt, da sie besonders langwierig verlief und da-
durch Mutter wie Kind ernsten Gefahren aussetzte.
In der Hauptsache handelte es sich um ältere Erst-
gebärende und harten, unnachgiebigen Muttermund.
Vor Qummiballons hatte der Ecarteur den Vor-
theil, dass er auch bei fest gegen den Muttermund
gedrücktem Kopfe leicht einlegbar war; ferner
baftete ihm nicht, wie dem Ballon, die Gefahr des
Nabelschnur- oder GliedervorfaUes und einer Ver-
äoderong der Fruchtlage an.
Die Wirkung war verschieden : in 14 F&llen
m sie keine besondere, in den Qbrigen verstärkte
das Instrument die Wehen und erweiterte den
Muttermund, und zwar Eiemlich schnell in 10 FU-
len. Der Erfolg war also nicht glänzend. In
m^ireren Fällen hätte das unter der Geburt ab-
gestorbene Elind gerettet werden können, wenn
der Ecarteur rascher gewirkt hätte. Gilt es rasch
zu entbinden, so vertrödele man also nicht die Zeit
nut dem Ecarteur, sondern erweitere den Mutter-
mund rasch mechanisch oder incidire ihn. Liegt
aber keine Eile vor, dann hat das Instrument doch
Vorzüge vor den gebräuchlichen Ballons und ist
in diesem Sinne besonders zweckmässig für den
pnktischen Arzt.
Üeber schnelle Enoeiterung des Muttermundes mich
Bonnair e; von R. M e u r e r. (Mon.-Schr. f. Oeburtsh.
u. GynikoL XVÜ. 6. p. 1299. 1903.)
M. ist da, wo eine Geburt bei noch nicht ge-
o&gend eröffnetem Muttermund beendet werden
muss, kein Freund der Metreuryse. Die Erwei-
terung mit dem Bossi 'sehen Instrument hält er
für gut, aber das Instrument ist zu theuer. Er
empfiehlt auf Grund der in der Literatur nieder-
gelegten Berichte und eigener Erfahrungen, warm
die von Bonnaire angegebene Erweiterung mit
erst 1, dann 2, dann 3 Finger jeder Hand in seit-
licher Richtung und von vom nach hinten. Er
wandte das Verfahren 29mal erfolgreich an, und
zwar 9mal als Vorversuch ohne besondere Indik^
tion, 14mal bei Nabelschnur verfall , Ekhimpsie,
Plaoenta praevia und 6mal nicht aus vitaler In-
dikation, sondern weil eine rasche günstige Geburt-
beendung nach dem Verlaufe früherer Entbindun-
gen und der jetzigen Geburt erwünscht erschien,
so bei Querlage, Bigidität des Muttermundes, aus-
nahmeweise nur bei aussergewöhnlich schmerz-
haften Wehen.
Beürag xur mechanischen Erweiterung des Öervikal-
kanals und des Muttermundes während der Schwanger-
schaft und der Oeburt. (Ein neuer Uterusdilatator für
geburtshülfliehe und gynäkologische 2koeeke); von B. de
Seigneux. (Arch. f. Gynftkol. LXX. 3. p. 614. 1903.)
de S. liess bei Hausmann in St Gallen ein Instru-
ment bauen, das die Erweiterung der Gervix und des
Muttermundes mögliohst parallel der Beckeneingangs-
ebene erfolgen lässt, damit die Erweiterung möglichst
den natürlichen Oeburtvorgang nachahmen kann. Der
Dilatator genügt allen Ansprüchen der modernen Chir-
urgie, läset sich leicht reinigen und sterilisiren, ist bequem
zu handhaben und hat nicht die umständlichen Schutz-
kappen — alles Vorzüge, deren das alte Bossi'sohe
Instrument entbehrt, de 8. berichtet über 7 Fälle, in
denen sein Instrument experimenti causa zur Anwendung
kam, 4mal bei Schwangeren und 3mal bei Gebärenden.
Stets war es ohne Narkose, ohne Schmerzen und ohne
Gefahr möglich, die Erweiterung des Muttermundes so
weit zu erzielen, dass man im Falle der Noth die künst-
liche Entbindung hätte ausschliessen können, d e 8. ist
ein begeisterter Freund der instrumenteilen Muttermund-
erweiterung und stellt die Indikationen auffallend weit
Kurt Kamann (Breslau).
379. Beiträge rar Lehre von derBhachitia.
1) Die ErbHehkeU der Rhaehüis; von F. Siegert
in Strassburg. (Jahrb. f. Einderhkde. 3. F. YIU. 6.
p. 929. 1903.)
S. hat den Binfluss der Erblichkeit auf das
Auftreten der Rhachitis an seinem Strassburger
poliklinischen Materiale untersucht Br fand Fol-
gendes: In 31 Familien, in denen die Rhachitis
der Mutter 29mal nachgewiesen, 2mal fraglich,
aber nicht ausgeschlossen erschien, waren die
sämmtlich von den Müttern gestillten Kinder
rhachitisch, aum Theil sogar sehr schwer. In
12 Familien, in denen die rhachitisfreien Mütter
stillten, blieben die Kinder trotz schlechter hygiei-
nischer Verhältnisse rhachitisfrei. In 12 gegen
Rhachitis immunen Familien traten vereinzelte
Rhachitisfftlle auf bei künstlicher Brnährung oder
nach Erkrankungen des Respirationtractus. Hohes
Alter der Mütter und übermässig langes Stillen
waren ohne Binfluss. In 14 F&llen, in denen nicht
gestillt wurde, fand sich die erbliche Rhachitis
ganz gew()hnlich und frühzeitig. Zuweilen wurden
268
VL Qeburt8hülfe, Frauea- und Einderheilkunde.
auch unter ung;ün8tigen äusseren Verhältnissen
rhachitisfreie Kinder gefunden, und zwar waren
dies relativ häufig uneheliehe, S. sohliesst aus
seinen Befunden: „Die Heredität ist einer der
wichtigsten ätiologischen Faktoren der Rhaohitis.
Sie wird hauptsächlich durch die Mütter ver-
mittelt Die hereditäre Rhachitis tritt milder und
später auf bei Brustkindern als bei künstlich er-
nährten, nur in seltenen Ausnahmen vor dem
8. Monate. Aber auch schwerste Rhachitisformen
finden sich bei hereditär belasteten Brustkindern,
während die natürliche Ernährung bei hereditärer
fehlender Disposition das relativ beste Schutz-
mittel gegen Rhachitis bildet Ungewöhnlich langes
Stillen und hohes Alter der Mutter sind an und
für sich keine Ursache der Rhachitis. Die Infek-
tion als ätiologisches Moment ist ausgeschlossen.
Sociales Elend und Krankheiten des Digestions-
und Respirationstractus sind nächst der Heredität
die hauptsächlichsten Ursachen der Rhachitis.
Zahnung und statische Funktionen des Kindes
sind von oonstitutionellen erblichen Einflüssen ab-
hängig.^'
2) Natürlv^ Ernährung und Skachüis; von
F. Siegertin Strassburg. (Jahrb. f. Kinderhkde.
IX. 2. p. 237. 1904.)
Die Ernährung an der Brust schützt am sicher-
sten vor Rhachitis. Wenn erbliche Veranlagung
vorliegt, so bietet auch die Mutterbrust keinen
Schutz. Da aber bei Brustkindern seltener Ver-
dauungsstörungen auftreten, so verläuft die Rha-
chitis bei Brustkindern im Allgemeinen leichter
als bei Flaschenkindern. Sehr schwere Rhachitis
findet sich bei Brustkindern verhältnissmässig sel-
ten, und zwar nur bei erblicher Belastung. Ge-
rade beim rhachitischen Kinde ist die natürliche
Ernährung für die Erhaltung des Lebens wichtig.
Ueberianges Stillen an sich bildet keine Ursache
der Rhachitis. Brückner (Dresden).
380. Die diphtherische Angina; von Ren 6
Cruchet (Arch. de M6d. des Enfants p. 821.
Juni 1908.)
G. ist der Ansicht, dass trotz der bakterio-
logischen Diagnose bei Angina es doch hauptsäch-
lich auf die richtige Würdigung des klinischen
Bildes ankomme. Eine klassische Beschreibung
der Krankheit ist zuerst von Bretonneau ge-
geben worden und sie ist auch heute als muster-
gültig anzusehen. Es ist nicht immer nothwendig,
dass Kleb s-Loeff 1er 'sehe Bacillen gefunden
werden ; oft findet man ganz verschiedene Mikro-
organismen und doch bietet die Krankheit das
klassische Bild der diphtherischen Angina. In
anderen Fällen wieder findet man die specifischen
Diphtheriebacillen , ohne dass die Krankheit die
Bretonneau'schen Charaktere aufweist Die Viru-
lenz der Mikroorganismen ist nicht immer gleich,
sondern zeigt die grössten Verschiedenheiten. Prak-
tisch sind in erster Linie die klinischen Symptome
wichtig, während die bakteriologischen Befunde
erst in zweiter Reihe in Betracht kommen.
E.Toff(Braik).
881. Zar Kenntniss der Angina exsudativa
oloerosa (Angina Vinoenti a. diphtheroidei);
von Dr. C. Baron in Dresden. (Arch. f. Kinder-
hkde. XXXV. 8 u. 4. p. 161. 1902.)
B. hatte Gelegenheit, im Dresdener FindelhaoBO
vom 1. April 1899 bis zum 1. Mai 1902 38 F&Ue
von exsudativen Halsentzfindungen nicht diphthe-
rischer Natur SU beobachten. Die Erkrankungen
waren im Aussehen der Diphtherie sehr ähnlich,
im weiteren Verlaufe jedoch sowohl von dieser, als
auch von der lakunären Angina sehr verschieien.
Das Aligemeinbefinden war meist wenig ge-
stört, die Temperatur gar nicht oder nur wenig
erhöht Subjektive Beschwerden fehlten meist,
ebenso schmerzhafte Drüsenschwellungen. Meist
auf einer, nicht selten auch auf der anderen Mandel
bestanden unregelmässig begrenzte Beläge von
weissgelber bis graubiäunlicher Farbe, schmieriger
Beschaffenheit, rundlicher oder ovaler Form, die
in einigen Fällen auch auf das Zäpfchen und die
Uvula fibergingen. Die Umgebung war nicht be-
sonders gerOthet. Die Beläge hafteten fest an der
Unterlage. Beim Versuche der Ablösung blutete
die Schleimhaut leicht Der Grund der Qeschwüre
war hOckerig, der Rand zackig, wie angefressen.
2mal bestand Herpes. Der Verlauf war ein sehr
langwieriger. Eine gewisse Disposition schienen
kurz vorher flberstandene Anginen zu sdutffen.
Die Therapie vermochte sehr wenig. Nach Ab-
stossung der Beläge heilten die Geschwflre lang-
sam ab. Die Erkrankung schien nur bei sehr
inniger Berührung ansteckend zu sein. Gonstita-
tionelle Störungen schienen keine Disposition la
schaffen. Die bakteriologische Untersudiung er-
gab in der Cultur nur Kokken, keine Diph-
theriebacillen. Im Ausstrichpräparat sah man in
frischen Fällen zwei Organismen: a) Stäbchen,
b) Spirillen. Später traten daneben Kokken und
Mundbakterien auf. Die spindelförmigen Stäbchen
färben sich gut mit Loeffler's Blau. und Garbol-
fuchsin, auch nach Gram, sofern man längere
Alkoholwirkung vermeidet Sie haben Geisseln
und wohl auch Eigenbewegung. Die Spirochäten
färben sich weniger stark und besitzen lebhafte
Eigenbewegung. ZQchtungen haben noch zu kei-
nem einwandfreien Ergebnisse geführt Die ätio-
logische Bedeutung der Gebilde ist noch nicht
sicher erwiesen, aber in hohem Grade wahrschein-
lich. Aus dem Befunde von Bacillen und Spi-
rillen kann man mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit
auf einen ulcerOsen Process im Munde echliesseo,
der mit Diphtherie und Lues nichts zu thun hat
Brückner (Dresden).
382. Zur Sohwellang der peripheren lormph-
drfiaen im SäagUngvalter ; von Dr. Arthur Baer.
(Jahrb. f. Kinderhkde. 8. F. VI. 6. p. 814. 1902.)
Vn. Ohlmrgie, Augea- und Ohrenheillrande.
260
Deber die Bedeutang der nicht akut oder auf
wrofnlOeer Grundlage entstandenen Drüaensohwel-
lungen derSftuglinge herrscht noch keine Einigkeit
B. giebt einen Ueberbliok Aber die verschiedenen
An&ichten und Ober eigene Untersuchungen an
350 Kindern in dem Garolinen-Einderspitale zu
Wien, sowie an 25 Neugeborenen aus Schauta's
Klioik. Er fand kein einziges Kind ohne fühlbare
Drtlsen, die hirsekorn- bis haselnussgross waren.
Bald waren sftmmtliche Drüsen, bald nur diejenigen
anielaer Regionen geschwollen. In sehr vielen
Men war keine Ursache nachzuweisen. B. kommt
ZQ dem Schlüsse, „dass die Tastbarkeit der peri-
pherischen Drüsen auch im Säuglingsalter an sich
nichts Pathologisches bedeute und keine vorher-
gegangene Erkrankung nothwendiger Weise voraus-
setze. Wo allerdings die Orenze zwischen nor-
malen, doch fühlbaren Drüsen einerseits und zwi-
schen pathologisch angeschwellten andererseits ist,
das dürfte wohl schwer zu bestimmen sein^^ Die
OrOsse hängt theils vom Alter ab (die Drüsen
wachsen parallel dem OesammtkOrper), theils von
indiTidttellen Eigenthümlichkeiten.
Brückner (Dresden).
383. Erfahrungen über die Bülau'aohe
Aipirationadrainage bei der Behandlang eite-
riger BrnetfellergÜBBe ; von Dr. Paul Ol off.
(Jahrb. f. Kinderhkde. 3. F. VI. 2. p. 156. 1902.)
0. berichtet über 15 Kr. aus der Einderabthei-
long der Charit6, die mit Bü lau 'scher Aspira-
tiondrainage behandelt wurden. Es wurde 7mal
Heilung, 2mal Besserung erzielt. 2 Kinder wur-
den ungeheilt entlassen, davon eins nach nachträg-
licher Rippenresektion, 5 starben an Gomplika-
tionen. Das Verfahren ist nicht zu empfehlen bei
Uteren Empyemen, bei kleineren oder mehrfachen
Ergüssen. Zuweilen schliesst sich die Punktion-
Oflhung vorzeitig; alsdann hat nachträglich In-
cision und Drainage zu erfolgen. Bei jauchigen
oder sehr dickflüssigen fibrinreichen Empyemen
ist die Rippenresektion angezeigt Verstopfung
des Abflussrohres wird am besten durch eine an-
geschlossene Spritze beseitigt. Vermeiden kann
man sie, wenn man nach der Empfehlung von
Curschmann immer dickere Drainrohre nimmt.
Ein grosser Vorzug des Verfahrens ist die schnelle
Entfaltung der comprimirten Lunge. Es ist daher
sehr zu empfehlen für Kranke, bei denen eine
gleichzeitige Erkrankung der Lungen einen er-
heblichen Theil der Athemfläche ausgeschaltet hat.
Bei richtiger Ausführung darf kein Pneumothorax
entstehen. Brückner (Dresden).
384. De la balneation dana lee maladiea
aiguäs de Tenfanoe; par le Dr. J. Laurent.
(Inaug.-Diss. Paris 1908.)
Die interessante Frage der bydrotherapentischen
BehaodluDg akat fieberhafter ErkraDkangea des Kiodes-
alters ist von L. eingehend untersacbt worden and er ist
zn folgenden Schlüssen gelangt. Die Hauptindikationen
geben: Typhus, Masern, Scharlaoh, Bronchopneumonie,
Pneumonie und Meningitis cerebrospinalis. Man wendet
kalte, laue, warme Bäder, feuchte Einpackungen an. Die
Bäder vermehren die Sauerstoffaufnahme der Lungen,
steigern die innere Verbrennung, erhöhen die Ausschei-
dungen des Körpers und bringen Blutstockungen zur
Zertheilung. Das kslte Bad ist namentlich bei ataxo-
adynamischen Zuständen, bei Hyperthermie, bei Vergif-
tungen des Organismus und bei normaler Nierenthätig-
keit angezeigt. Doch soll bei ganz jungen Kindern das
kalte Bad nur mit besonderer Vorsicht gebraucht werden.
In diesen Fällen sind Waschungen und feuchte Ein-
packungen vorzuziehen. Die lauen Bäder haben eine
beruhigende Wirkung, sie werden von allen Kranken gut
vertragen und genügen für alle Fälle von mittlerer In-
fektion. Sie haben eine gute Wirkung auf Erregung-
zustände und Schlaflosigkeit. Warme Bäder wirken eut-
zündungwidrig und sind bei allen Entzündungen innerer
Organe, bei Hyperämien der nervösen Centren, bei
Meningitis cerebro- Spinalis u. s. w. angezeigt. Auch üben
sie eine gute Wirkung in allen Fällen von AUgemein-
intozikation aus. E. Toff (Braila).
VII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
385. Ueber die aogenannte menaohliohe
Botryomykoae ; von Dr. J. F r 6 d 6 r i o. (Deutsche
med. Wchnschr. XXX. 15. 16. 1904.)
Im Jahre 1897 haben Poncet and Der die
orsteMittheiliing über eigenartige, kleine, gestielte,
dorchauB gutartige, meistens an den Händen und
Fingern, seltener an anderen Stellen sitzende Oe-
BchwQlste gemacht, die sie als identisch mit der
BotryamykoäB der Tfnere ansahen und als „Botrya-
fi^yeote kumame'* beseichneten. Fr. hat nun die
verschiedenen Arbeiten über diese Botryomykose
einec kritischen Durchsicht unterworfen und theilt
gleichzeitig 3 hierher geh()rende Beobachtungen
aus der Strassburger chirurgischen Klinik mit
Wenn man alles zusammenfasst, was thatsSch-
lieh erwiesen ist, so bleibt von der Po nee t-
Dor 'sehen Entdeckung folgendes immerhin inter-
essante Brgebniss übrig: Beim Menschen kommen
an den Fingern und an den Hftnden, seltener an
anderen Stellen, eigenartige, erbsen- bisnussgrosse,
rothe, weich-elastische, leicht blutende, von Epi-
dermis bedeckte oder oberflächlich ulcerirte, ge-
stielte Geschwülste vor, die durchaus gutartig sind.
Sie entwickeln sich meist einige Wochen oder
Monate nach einer vorangegangenen Verletzung.
Histologisch bestehen sie aus einem an neugebilde-
ten Blutgefässen sehr reichen Oranulationgewebe.
Von ihrer Schnittfläche werden in der Regel, doch
nicht immer, Kokken gezüchtet, die grosse Aehn-
lichkeit mit dem Staphylococcus pyogenes aureus
aufweisen und nur in wenigen Punkten sich von
ihm unterscheiden. Ihre bakteriologische Stellung
ist zunächst nicht sichergestellt, eben so wenig wie
ihre ätiologische Bedeutung für die Pathogenese
der Oeschwülste erwiesen ist. Inwiefern eine Be-
ziehung zur Botryomykose der Thiere besteht oder
270
YIL Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
nicht, musB durch weitere Untersuchungen erforscht
werden. Will man die von Poncet-Dor ein-
geführte Benennung Botryomycose humaine nicht
beibehalten, so wird es sich empfehlen, eine rein
anatomisch-klinische Bezeichnung, wie z. B. gut-
artige gestielte Oranulationgeschwülste — Oranu-
loma pedieukUum henignum — , zu wählen.
Die Prognose ist durchaus gut; nach gründ-
licher Exeisian kehren die Oesohwfilstchen nicht
wieder. Die Diagnose ist leicht; nur mit Haut-
sarkomen können Verwechselungen vorkommen.
P. Wagner (Leipzig).
386. Die Erfolge der Therapie der Aktino*
mykose ; von Dr. J. Ö 1 2. (Öasopis 16kaf ü £esk^ch.
Nr. 7—8. 1904.)
Die Erfahrungen in 15 Ffillen von Aktino-
mykose (9mal des Kopfes und Halses, Imal der
Haut, 5mal des Bauches) lehren, dass die Prognose
bei Erkrankungen der Bauchorgane durchaus un-
günstig, sonst günstig zu stellen ist. Der Qrund
liegt darin, dass bei der Bauchaktinomykose ein
chirurgisches Vorgehen gegen die letzten Ausläufer
unmöglich ist. Die Behandlung muss eine vor-
wiegend chirurgische sein: Incision der Abscesse
und Gänge, Ezcochleation und Kauterisation der
Wände, eventuell Exstirpation der tumorartigen
Formen ; daneben 3 — 4 g Jodkalium pro die.
O.Mühlstein (Prag).
387. Ein Beitrag aar weiteren Differen-
Biriing der Gangrene foadroyante; von Dr.
R. K r 0 p ä 6. (Arch. f. kUn. Chir. LXXII. 1. p. 1 1 1.
1903.)
Im Anschluss an einen in der May dl 'sehen
Klinik beobachteten Fall von foudroyanter Gangrän
hat K. eingehende bakteriologische und experimen-
telle Untersuchungen über diese Erkrankung an-
gestellt Er kommt zu dem Schlüsse, dass die
von ihm nach einer Schussverletzung beobachtete
Oasnekrose aus dem Rahmen der Oasphlegmonen
im Allgemeinen auszuscheiden hat und als Qar^
grine foudrogante Fraenkel oder als Neerosis
emphysematosa Fraenkel bezeichnet werden muss.
K. schlägt folgende Eintheilung der Oasphleg-
monen und -Nekrosen vor : /. Oangrene foudroyante
Fraenkel s, Neorosis emphysematosa Fraenkel.
Sie ist eine Infektionkrankheit, die durch Infektion
einer Wunde durch einen specifischen Mikroorga-
nismus, den Au;, emphysemaiosus Fraenkel, ent-
steht und die charakterisirt ist durch die primäre
Entwickelung von Oas mit fortschreitender Nekrose,
die oft in Oangrän übergeht, aber ohne alle Ent-
zündungserscheinungen verläuft.
IL Phlegmone emphysematosa. Hierher ge-
hören die eigentlichen Phlegmonen, bei denen es
durch gemischte Infektion (Bact. coli, Bact. proteus,
Staphylo-Streptococcus) gewöhnlich nach einem
Trauma (complicirte Frakturen) unter deutlichen
Symptomen einer akuten Entzündung zunächst zur
Entwickelung von Eiter und später auch von Oas
kommt, oft gesellt sich zu diesen Formen auch
Oangrän. Für diese Fälle schlägt K. die Bezeich-
nung vor: Oangrene foudroyanie s, Phlegmone
emphysematosa gangraenosa.
III. Oedema malignum* Dieses muss aus dem
Rahmen der gasbildenden Erkrankungen gänzlich
ausgeschaltet und als selbständige Infektionkrank-
heit, bei der Oedem und hämorrhagische Infiltra-
tion überwiegen, hingestellt werden ; die Qaseot-
wickelung tritt nur als ein nebensächliches und
nicht constantes Symptom auf.
Zum Sohluss giebt K. noch eine kurze Da^
Stellung der klinischen Symptome der Neerosis
emphysematosa Fraenkel
P. Wagner (Leipzig).
388. Zar Klinik Qnd Therapie des malignen
Oedema; von Dr. Oeorg Lotheissen. (Mfia-
chener med. Wchnschr. LI. 13. 1904.)
Früher unterschied man nicht zwisdien Gas-
brand und malignem Oedem, sondern alleFälle von
Oangrene foudroyante wurden als „malignes Oedem^
angesehen. Später stellten Hitschmann und
Lindenthal fest, dass die Oangrdne foudroyante
eine gashaltige, progrediente Nekroee sei, hervor-
gerufen durch den Bacillus des Oasbrandes (Butter-
säurebaoillus) , den Proteus Hauser 's und bei
Diabetischen durch das Baoterium ooli oommuna
Freilich sollte auch der Bacillus des malignen
Oedems dabei eine Rolle spielen, was sich aber als
unrichtig erwies. Oasbrand und malignes Oedem
sind lokalisirte Infektionen und die schweren Allr
gemeinerscheinungen auf Resorption von imKürper
gebildeten Toxinen zurückzuführen. Die Erankheit-
erreger sind zwar einander ähnlich, aber deutlich
von einander unterscheidbar. Ebenso zeigen die
sich ähnelnden Symptome deutliche VeraohiedeD-
heiten. Beim Oasbrand erinnert das Bild der von
der Infektion betroffenen Partie an das Aussehen
fauler Leichentheile mit dem Hauptsymptom der
Oasbildung, die sich äusserlich als Hautemphysem
offenbart, aber auch in den Muskeln stattfindet,
namentlich überall da, wo sich lockeres inter-
stitielles Gbwebe befindet Beim malignen Oedem
dagegen bleibt das Aussehen der Haut, die Odema-
tös ist, bis zuletzt normal ; die später auftretende
Oangrän ist auf kleine Bezirke beschränkt Oas-
bildung ist jedoch nirgends zu finden.
Die Therapie des malignen Oedems und des
Oasbrandes ist im Princip dieselbe, d. h. man wird
den jeweiligen Process müglichst zu umgrenzen
suchen. Nur wenn durch bakteriologische Unter-
suchung des Sekretes die Diagnose des malignen
Oedems gesichert ist, soll man möglichst Mh
excidiren. Das Berieseln der Wunden mit Wasser-
stoffsuperoxyd wird den Process müglioher Weise
zeitweilig beschränken, immerhin wird aber nur
eine vollkommene Heilung davon zu erwarten sein,
dass man das betroffene Olied opfert and zur
Vn. Ghirargie, Augen- und Ohrenheilkunde.
271
Amputation schreitet Infektionen am Rumpf haben
daher eo ipeo als unheilbar zu gelten.
Der Yon L. beobachtete Fall von bakteriologisch
erwiefleoem maligneD Oedem betraf einen Arzt, der sich
bei der Operation eines Kieferhöhlenempyems mit dem
Draht eioes Sohlingenschnürers genngfagig am rechten
Daumen verletzt hatte. Es gelang zwar, den Pat. am
Leben zu erhalten, doch musste der ganze Oberarm
ampatirt werden. N e u m a n n (Leipzig).
389. üeber die Abaoease des Spatium
praeTeaioale (Betsii); von Dr. B. Hon seil.
(Beitr. z. klin. Chir. XU. 2. p. 491. 1904.)
E will mit seinen Ausführungen zeigen, dass
entgegen einer noch heute viel verbreiteten An-
nahme, die Ahseease des Spattum praevesicale Beizii
nknuüs autoehikoner Natur sind, sondern stets von
mm infidrenden Trauma oder von einer Entxün-
hng der Umgebung herrühren. Diese Abscesse
lassen sich daher auch nicht als ein einheitliches
Krankheitbild auffassen, für das eine bestimmte
Art des Beginnes und Verlaufes typisch ist, son-
dern es handelt sich um ganz verschiedenartige
Aifektionen, denen nur einzelne Symptome, so der
hypogastrische Schmerz, der suprapubisohe Tumor
und die Störungen der Miktion in der Regel ge-
meinsam sind.
Den Ausgang der Arbeit bildet ein bisher noch
nicht veröffentlichter Fall von tuberkulösem Ab-
Boess des Spatium Retzii, der in der v. Bruns'-
Bchen Klinik zur Operation kam.
Die Diagnose der Abscesse des prävesikalen
Baumes ist insofern leicht, als die Erkennung eines
snpra- und retrosymphys&r gelegenen Abscesses
dnrch Palpation und Perkussion des Abdomens,
wie durch vaginale, bez. rectale Untersuchung
immer gelingen muss, wenn der Tumor eine ge-
wisse Grösse erreicht hat Recht schwierig, ja
nnmöglich kann es sein, die Unterscheidung gegen-
über von retromuskul&ren , prft- und intraperito-
nSalen Eiterungen zu treffen. Olücklicher Weise
ist es für die Behandlung ganz gleichgültig, ob wir
einen retromuskulftren , prävesikalen, prft- oder
intraperitonftalen Entzündungsprocess vor uns
haben. In allen 4 F&llen muss, sobald wir über-
haupt aus Fieber, Schmerzhaftigkeit, Fluktuation
oder entzündlichem Oedem der Haut auf eine Eite-
nmg in der Tiefe schliessen dürfen, die breite
Spaltung des Abscesses vorgenommen werden.
P. Wagner (Leipzig).
390. Die Behandlung der Hypospadie nach
derBeck*8ohenHethode; von Dr. A. Martina.
(Deutsche Ztschr. f. Chir. LXXI. 1 u. 2. p. 179.
1903.)
M. berichtet aus der Qrazer chirurgischen Kli-
nik über 4 Kranke mit Hypospadie, die nach der
gewöhnlichen Methode von Beck, nämlich der
Dislokation der frei prftparirten HarnrOhre nach
▼ome durch einen Schlitz in der Olans penis ope-
nrt wurden und ein zufriedenstellendes Resultat
ergaben, bis auf einen Fall, in dem erst die zweite
Methode von Beck, die Bildung einer HamrOhre
aus der Penishaut, den gewünschten Erfolg brachte.
Unter den behandelten 4 Kranken waren 2 Kinder
und 2 Erwachsena Im Allgemeinen sind die Aus-
sichten der Operation und die kosmetischen Resul-
tate im Kindesalter günstiger als bei Erwachsenen.
P. Wagner (Leipzig).
391. Die Dauererfolge der Orchidopexie
nach Nlcoladoni; von Dr. 0. Burkard. (Beitr.
z. klin. Chir. XL. 3. p. 707. 1903.)
Im Jahre 1895 hat Nicoladoni eine Modi-
fikation der Seh Uli er 'sehen Orehidopesvie be-
schrieben. Er befestigt den Leistenhoden nicht
wie Schul 1er einfach durch Nähte im Hoden-
sacke, sondern bildet aus dem Reste des Proc. vagi-
nalis ein Qubernaculum, mit dessen Hülfe er den
in das Scrotum verlagerten Leistenhoden am un-
nachgiebigen Perinftum fixirt, um so der vielfach
beobachteten Retraktionneigung des Hodens und
der damit oft erfolgenden handschuhfingerfOrmigen
Einstülpung des Hodensackes zu begegnen.
Diese modificirte Orchidopexie scheint bisher
wenig bekannt und geübt worden zu sein. In der
Grazer Klinik sind nach ihr 18 Kranke im Alter
von 5 — 52 Jahren operirt worden. 12 Operirte
konnten nachuntersucht werden. Die LageerhaUung
darf unter diesen 12 Fallen 4mal — 33^$% als
gelungen bezeichnet werden ; für die übrigen Fälle
kann man höchstens von einer Lageverbesserung
sprechen, insofern als der Hode sich dauernd vor
dem Leistenkanale in einer weniger labilen und
geschützteren Lage befindet. In 6 Fällen ist bei
etwa normaler Consistenz des Hodens ein lebhaf-
teres Wachsthum nach der Operation sicher nachzu-
weisen.
Wenn man auch an die Orchidopexie niemals
mit allzu grossen Erwartungen herantreten darf,
so kann man doch mit dieser Operation in den
weitaus meisten Fällen mindestens eine werthvolle
Besserung erzielen, auch dann, wenn der Hode
sich wieder retrahirt. „Denn ein grosser Vortheil,
der durch die Orchidopexie fast immer geschaffen
wird, liegt in der Behebung der Labilität und der
fortwährenden Lageschwankungen des Leisten-
hodens, sowie in der Beseitigung der beständigen
Traumen durch die Bauchpresse, die insgesammt
die schmerzhaften Entzündungen, die Torsion- und
Incarcerationgefahren des Leistenhodens und in
ihrem Gefolge die mannigfachen nervösen Schä-
digungen des Allgemeinbefindens bedingen und
sicher auch an sich das Hodenparenchym schädigen
und sein Wachsthum stören.^'
P. Wagner (Leipzig).
392. Ueber die Behandlung dee Kryptor-
chiamaa; von Prof. Riedel. (Arch. f. klin. Chir.
LXXL 2. p. 568. 1903.)
In neuerer Zeit sind von Hahn, Katzen-
stein und Longard verschiedene Methoden
angegeben worden, um den Leistenhoden im Hoden-
272
Vn. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
sacke zu fixiren. Wenn wirklich die Fixation des
Hodens im Hodensacke Schwierigkeiten macht,
wenn die gewöhnliche Matratzennaht an der Wurzel
des Penis nicht genügt, so wird man sich gewiss
mit Yortheil eines der erwähnten Verfahren be-
dienen. Bei den von R. operirten 6 Kranken be-
stand diese Schwierigkeit nicht; R. hatte lediglich
damit zu kämpfen, dass der Hode sich nicht nach
unten verschieben Hess; als er verschiebbar ge-
macht worden war, bot seine Fixation im Hoden-
sacke keine Schwierigkeiten mehr. Unverschiebbar
war der Hode, nicht weil der Samenstrang sich
anspannte, sondern weil die Vasa spermatica nicht
nachgaben; sie mussten vom Samenstrange ge-
trennt, hoch oben retroperitonäal bis in die Becken-
schaufel verfolgt und dort von den umgebenden
Qeweben gelöst werden, um sie dehnen zu können.
Erst dann konnte der Hode heruntergeholt und
mittels Matratzennaht befestigt werden. Alle Fat.
wurden dauernd von ihren Hernien befreit und
brauchten keine Bruchbänder zu tragen.
P. Wagner (Leipzig).
393. Ueber angeborene Krankheiten des
Auges; von Dr. Leitner. (Jahrb. f. Kinderhkde.
3. F. vn. 3. p. 326. 1903.)
L. beobachtete bei einem Neugeborenen neben
einem kleinen grauen Hornhautflecken ein reizloses
Leukom mit eingeheilter Iris. Das Auge war im
Uebrigen ebenso wie das andere gesund. Er be-
trachtet die Veränderungen als die Folgen einer
intrauterinen eiterigen Keratitis ; als mögliche Ur-
sache dieser mOchte er eine intrauterine Oono-
kokkeninfektion annehmen.
Zwei andere Kinder von 4 Mon., bez. 3 ^/^ Jahren,
die blind geboren waren, boten das Bild der ab-
gelaufenen Iridochorioideitis : Atrophie der Iris,
hintere Verwachsungen, Linsentrübung, GlaskOrper-
exsudate und NetzhautablOsung. Zwei ältere Oe-
schwister dieser Kinder sind gesund. L. möchte
diese Veränderungen als Folgen einer specifischen
intrauterinen Entzündung der Uvea auffassen, indem
er voraussetzt, dass die Mutter nach dem zweiten
Wochenbette Syphilis erworben habe.
Bergemann (Husum).
394. Beitrag inr Frage der Leberophthal-
mie; von Dr. Vollbracht. (Ztschr. f. Heilkde.
XXIV. 10. 1903.)
V. beschreibt genauer die klinische und ana-
tomische Beobachtung eines Falles von Hanot'-
scher hypertrophischer Lebercirrhose, in deren Ver-
lauf beiderseits Bindehautentzündungen und Horn-
hautgeschwüre auftraten. Aus seinen Untersuchun-
gen und den zugehörigen Thatsachen aus der
Literatur zieht er folgende Schlüsse : „Im Verlaufe
von Lebererkrankungen mit schwerem IkteniB
kommt es in Folge der allgemeinen Ernährong-
Störung zu einer chronisch progressiven Kachexie.
Die in manchen Fällen dabei beobachteten, meiir
oder weniger intensiven pathologischen Verände-
rungen des Auges verdanken ihre Entstehung wohl
kaum in erster Linie dem durch GallenbeimischoDg
veränderten Blute. Diese Veränderungen sind viel-
mehr, zum grdssten Theile wenigstens, auf Rech-
nung der Ernährungstörung des Oesammtorganis-
mus (der allgemeinen Kachexie), welche durch die
Orundkrankheit bedingt ist, zu setzen. Manchmal
kommt es in Folge einer Gelegenheitursache zur
bakteriellen Invasion und damit zu entzündiichen
Erscheinungen und deren Folgen."
Bergemann (Husum).
395. Etade itiologiqne des atropbieadu
nerf optiqae; par Qeorges Oörard. (Echo
m6d. du Nord. VU. 45. 46. 1903.)
0. theilt die Ursachen der Opticusatrophie in
folgende Klassen : I. Congenitale Opticusatrophie.
IL Opticusatrophie mechanischen Ursprungs, s. B.
nach Traumen des Augapfels, der Orbita oder des
Schädels. IlL Opticusatrophie durch allgemeine
Erkrankungen, z. B. Diabetes, Influenza u. A.
IV. Opticusatrophie durch Vergiftungen, s. B.
Alkohol, Blei, Chinin u. A. V. Opticusatrophie
durch physikalische Einwirkungen, Blitz, conoen-
trirtes Licht. VL Opticusatrophie durch Erkran-
kungen des Centralnervensystems. VU. Opticos-
atrophien, die durch Schädigungen aus der Nach-
barschaft zu Stande kommen, z. B. Erysipel, Sinu-
sitis frontalis. VIIL Opticusatrophie in Folge von
Erkrankungen im Auge selbst, z. B. Glaukom,
Sympathie, Tumoren.
Die einzelnen Formen dieser Abtheilungen wer-
den kürzer oder ausführlicher besprochen und theil-
weise durch kurze Krankengeschichten erläutert
Vollkommen ist diese Eintheilung nicht
Bergemann (Husum).
396. Doppelseitige hysteriBohe ▲maoroie,
spontan geheilt nach fünftägiger Daoer; von
Dr. Stanculeanu u. Dr. N. Costin. (Bominia
m6d. Nr. 6. p. 77. 1903.)
Die Fat. hatte das Sehvermögen plötzlich naoheineiB
vorhergehenden Aerger verloren. Coi^anctiva und Hoin-
haat hatten normales Aussehen, aaoh waren die Papillen
gleich und reagirten auf Licht, doch bestand keineriei
LiohtperceptioD. Die Sensibilität der Haat, dw An^
und Schleimhäute war vollstäDdig erhalten. Am 2. iSi^
des Spitalaufenthaltes begann allmähliohe Lichtempfin-
dang aufzutreten, doch war das Gesichtfeld far Weiss nad
Farben concentrisch eingeschränkt Das Oeeichtfdd for
Roth war grösser, das für Blau erheblich grösser, während
im Normalzastande das Umgekehrte der Flall ist ICt
dem Augenspiegel konnte nichts Abnormes nachgewieeeB
werden. E. To f f (Bnila).
Mediomiache Bibliogtaphie des In- und AusUnds.
I.
273
C. Medicinische Bibliographie des In- und Auslands.
Sämmtliche Literatur, bei der kerne besondere Jahreszahl angegeben ist, ist vom Jahre 1904.
I. MediciiÜBche Physik, Chemie
und Botanik.
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Abderhalden, Emil, a. P. Rena, Die Abban-
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Graessner, JSugelt Lambret, Le Fhvre, Schuler, Vogel,
VI. Raymond. VII. Brohi, Sjögren. VIII. Lehndorff.
X. Oreeff^ Heyerdahl, Pardo, XIII. 2. Caspari, Traey.
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Edsall, Ehrsam, Eliasz, Emery, Flügge,
Gaffky, Grawitz, Heanley, Herbert, Hoke,
Jancso, Jochmann, Eolle, Erause, La Fetra,
LeDentu, Lipschütz, Mo Dill, Meyer, Munch,
Qaadrone, Bosenthal, Ruhemann, Schröder,
Schwarzkopf, Shiga,Siven, Stern, Warfield,
Wladimiroff; 3. Finckh, Muus, Pitt, Stern-
berg; 4.Fowler, Warfield; 5.Hoppe, Eimura,
Badinger, Salge, Stahl, Stoerk; 6. Alfieri,
Kornfeld, Litten; 7. Beatti; 8. Baied, Bee-
▼or, Qrouzon, Elien, Eölpin, Meinhold; 10.
Buschke, Frederic, Herxheimer, Eopy-
towski, Löwenbach, Sereni, Stanziale, Sü-
ber; 11. FraDceschini,Horand. V.2. b. Nicola-
doni; 2. c. Brion, Bythell, Qhoo, Panzacchi,
Stewart; 2. d. Müller, Rafin; 2. e. Paterson.
VLAnspach, Baisch, Costa, Eisskalt, Pick.
VII.Bumm, Liepmann, Opitz, Reeb, Schenk,
Zangemeister» IX. Bayon, Bergonzoli, Bri-
dier, Enapp, Eronthal, Meyer, Weygandt
X. Awerbaoh, Baas, Ischreyt, Quakenboss,
finge, Schieck. XI. Orunert, Zuckerkandl,
Zuppinger. XIII. 2. Eooh, Eonridi. XV. Chri-
Btiani, Hueppe. XVLHauser. XVIII. Lev ad iti,
Harek, Wooley.
IV. Innere Medieuu
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Albu, 21. Congress f. innere Med. in Leipzig vom
1& bis 21. April. Berl. khn. Wchnschr. XLI. 17.
Orunmach,E., üeber d. Leistungen d. X-Strahlen
2ar Bestimmung d. Lage u. Grenzen d. Herzens. Deutsche
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niDg d. Stethoskops. Münchn. med. Wchnschr. U. 12.
E 0 b 1 e r , G., Mittheilungen aus d. internen Abthei-
luog d. bosn.-hercegow. Landesspitales in Sarajewo f. d.
J. 1897— 1000. Sarajewo im Landesdruckerei. Gr. 8.
82 S.
Lenhartz, Herm., Mikroskopie u. Chemie am
Erankenbett Berlin. J. Springer. Gr. 8. XIII u. 377 S.
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Petretto; 3. Cnrlo, Laignel; 4. Alexander,
Feilchen feld, Grossmann, Hooheisen,Eidd,
Marcozzi, Minnich, Morison, Rehfisch;
5. Abbott, Donati, Geissler, Richartz, Rosen-
baoh; 6.Bouvert,Newman,Öuckling; 7. Bruce,
Edg6worth;9. Äkromegalie, Myxödem, Hoch sin ger;
10. White; 12. Adams, Sambon. V. 1. Vignard;
2. a. Chirurgie d. Nervensystems; 2. b. Abdi, broca,
Brook, Ehret, Jamben, Lovett; 2.c.Franke,
Patel, Starok; 2. d. Goldmann, Simon, Tidey;
2. e. Durante, Sejour, Thiem, Vautrin. VII.
Ahlfeld, Blumreich, Douglas, Hirst, Lith-
gow, Meyer, Mouton, PoUak, Seydel, Szili,
Ty8on,Walter,Weichardt,Westphal,Wolff,
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Koenig, Eronthal, Macpherson, Westphal.
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Xin.2.Kramer, Livingston, Mori. XV.Pfeiffer.
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1) Bäder und Kurorte; Klknatologie,
Bad Ems, Koohsalzhaltige Natronthermen tob
33— 50<* C, bearb. von H, Freseniuty Menxel, Schsrrtr
u. d. Aerztecoliegium zu Ems, herausgeg. von d. köo.
Staatsregierung. 8. 1. o. a. 8. 112 S. mit Abbild.
Bäder tag, d. 32. Bchlesisohe u. seine Verhand-
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Sach-Register.
Abscess, paranephritischer, Spaltnog. 138. — , im Spa*
tiam praeveBicale 271.
Acne hypertrophica d. Nase 259. 260.
Adams-Stokes'scher SymptomeaoomplexlSÖ.
Adenom, bösartiges d. Niere 239. — , d. Nebennieren
239. 240. — , d. Schweissdrüsen 246. — , d. Schild-
drüse 246.
Adenomyom, im Tabenwiokel 84. — , d. Uterus 248.
Adenosarkom d. Niere 240.
Aderhaut s. Chorioidea.
AdipoBitas s. Fettsucht.
Adrenalin, als Haemostatioum 187. — , Wirkung u.
Anwendung 250.
Aethernarkose, Tropf narkose 2. — , mit Morphium-
injektion 2. — , mit Codeinin jektion 2. — , Modifikationen
63. — , mit Scopolaminiojektion 63.
Aetherrausch, Operation in solch. 1.
Agglutination, d. Meningoooccus intracellulitris 57.
— , d. Streptokokken 245.
Agglutinine, Unterscheidung einzelner Hefearten
durch solche 55.
Aktinomykose, d. Niere 132. ~, Behandlung 270.
Albuminurie, im Pubertätalter 1 70. 192. — , fieber-
hafte 171. — , physiologische 191. — , cyklische, Ab-
hingigkeit von d. Cirkmation 191. 192. — , orthosta-
tische 191. 192. — , b. Appendicitis 193.
Alkaloide, Eindringen in lebende Zellen 173.
Alkohol, Injektion gegen cavemöses Angiom d. Fin-
ger 94.
Amaurose, mit Idiotie, familifire 68. — , doppelseitige
hysterische 272.
Amnesie, retrograde, nach Strangulationversuch u.
Kopfverletzung 178.
Amputation, d. Obersohenkels, doppelseitige 96.
Anämie, künstliche 60. — , b. Syphilis, Pathogenese 82.
— , von kurzer Dauer, Einfl. auf d. Blutcirkulation 244.
Anästhesie, lokale, Mittel zur Herstellung 250. —
S. a. Eältesinn ; Tastsinn.
Aneurysma, Behandlung (operative) 94. 95. 190.
(Gelatineinjektion) 191. — , Häufigkeit 188. — , d. Aorta
(Pathogenese) 188. 189. (Symptome) 188. 189. (laten-
tes) 188. (Unterbindung d. Carotis) 189. (Ruptur in
einen Bronchus, in d. Vena cava, in d. Pleurahöhle)
189. (b. einem Knaben) 189. (Entstehung durch Un-
fall) 189. — , d. Carotü interna 95. 190. — , d. Dtuitus
Botaüi 189. — , d. Qlutaea, Ruptur 190. — , d. Hepa-
tiea 189. 190. — , d. Innominata 190. — , d. Nieren-
arterie 189. 241. — , d. Occipitalia 95. — , d. Spleniea
190. — , d. Subclavia 190. 206. — S. a. Ranken-
aneurysma.
•Angina, abdominis 181. — , exsudativa ulcerosa 268.
— , diphtherisohe 268.
Angiom , cavernöses d. Finger 94.
Ankylostoma, Einwanderung von d. Haut aus 246.
Anthrasol, neues Theerpräparat 61.
Anthropologie s. Criminalanthropologie.
Antilysin, ehem. Verhalten 49.
Antimorphinserum 63.
Antipyrin, Exanthem durch solch, erzeugt 174.
Antisepsis, b. Behandlung d. Harnkrankheiten 222.
Antitoxin, physikal. Chemie 49. — , d. Diphtherio-
bacillus, Wirkung auf d. Blut 167.
A n u r i e , b. Nierenkrankheiten 132.
Aorta s. Arteria.
Aortenaneurysma, Pathogenese 188. 189. — , Sym-
ptome 188. 189. — , latentes 188. — , Unterbindung d.
Carotis 189. — , Durchbruch (in d. rechten Bronchus)
189. (in d. Vena cava) 189. (in d. Pleurahöhle) 189.
— , b. einem Knaben 189. — , Entstehung durch Un-
fall 189. — , Behandlung (Einführung von Silberdraht)
189. (chirurgische) 191.
Aortenklappen, temporäre relative Insufficienz 182.
— , traumat. Zerreissnng 184.
Aortitis abdominalis 182.
Aphasie u. Hemiplegie b. Embolie d. Art fossae Sylvii
183.
Apoplexie,d. Gehirns b. hereditärer Syphilis 26.
Appendicitis, operative Behandlung 4. 5. — , Dia-
gnose 5. — , Complikationen 5. — , Albuminurie b.
solch. 193.
Arm, Phlebarteriektasie 97.
Arrhythmie, als Ausdruck bestimmter Funktion-
störungen d. Herzens (von K, F. Wenckebach) 219.
Arteria, aorta (angeb. Stenose) 77. (Tuberkulose d.
Intima) 78. (vorübergehende Insufficienz d. Semilunar-
klappen) 182. (Entzündung) 182. (Zerreissung) 184.
(Erkrankung b. Tabes dorsalis) 185. (abdominalis, Com-
pression b. Laparotomie) 185. (Aneurysma) 188. 189.
191. — , carotis^ interna (Erweiterung b. Geisteskranken)
75. (Verlauf am Boden d. Trommelhöhle) 76. (Aneu-
rysma) 95. externa, Unterbindung 185. communis,
Aneurysma 190. Druck u. Geschwindigkeit d. Cirku-
lation in solch. 243. — , coranaria cordis, Verschluss
181. Blutcirkulation in solch. (Druck u. Geschwindig-
keit) 243. (Beeinflussung) 255. — , femoraiis (Embolie
d. Beines) 184. (Unterbindung) 185. — , fossae Sylvii,
Embolie nach Typhus 183. — , ghäaeaj Aneurysma,
Raptur 190. — , hepatiea, Aneurysma 189. — , üiaca
communis, Unterbindung 185. — , innominaicty Aneu-
rysma 190. — , oecipüalis, Aneurysma 95. — , oph-
thalmicaj Rankenaneurysma 190. — , pulmofuUis
(Atresie d. Conus) 77. (Zerreissung) 184. (peripher.
Verengung) 185. — , renalis (Topographie) 141.
(Aneurysma) 189. — , spleniea, Aneurysma 190. — ,
subclavia, Aneurysma 190. 206. — , umbilicalis, Bau
u. Verschluss 77. — , vertebralis, Erweiterung b. Geistes-
kranken 77.
Arterien, Verletzung, Häufigkeit 3. — , Verkalkung
d. Media 77. — , Enoohenbildung in d. Wänden 77.
— , Drucksteigerung vor d. Sklerose 182. — , Ruptur
d. Intima als Ursache von Gangrän 207. — S. a. End-
arteriitis ; Phlebarteriektasie.
Arteriitis obliterans als Ursache von Brand 181.
Arteriosklerose, Verhalten d. Blutdrucks 73. — , im
jugendl. Alter 78. — , Aetiologie u. Syptomatologie 180.
— , Verlauf 180. — , Bezieh, zu intermittirendem Hin-
ken 180. 182. — , b. Greisen 180. — , Bezieh, zu Him-
erschütterung 180. — , Magendarmstörungen b. solch.
181. — , d. Herzens 181. — , d. Nieren 181. — , d. Ver-
dauungsorgane 181. 182. — , d. Nerven 181. — , im
350
Sach-Begister.
Gehirn 181. — , d. Coronararterien d. Herzens 181.
— , Behandlung 182. — , Verhütung 182. — , Bezieh,
zu Syphilis 182. — , Voiläufer 182. — , Folgezustände
182.
Arthritis, chronische b. Kindern 95. —, Muskel-
atrophie b. solch. 97. — S. a. Osteoarthritis.
Arzneibehandlung s. Lehrbuch.
A 8 e p 8 i 8 , b. Behandlung d. Hanüorankheiten 222.
Associationlähmung d. Augen 64.
Asthma b. Kindern 118.
Astigmatismus d. Cornea b. Myopie 218.
Ataxie, Friedreich'sche b. hereditärer Syphilis 31. 32.
— , vasomotorische 185.
Athemcurven, Bedeutung 220.
Athmung s. Respiration.
Atlas, Stereoskop, gerichtsärzt). (von Ä. Leaser, IL) 1 12.
— S. a. Lehrbuch.
Augapfel, Lähmung d. seitl. Bewegung 64. — , Mit-
bewegung b. Lichtreaktion d. Pupille 65.
Auge, Associationlähmungen 64. — , Spannung in solch.
99. — , sichtbare Cirkulation in solch. 100. — , Ver-
knöcherungen u. Kalkablagerungen 101. — , d. Funk-
tion prüf ung dess. (von 0. Schtcarx) 111. — , Wirkung
kurzer Oesichtsreize 165. — , Tic an solch. 176. — ,
Affektion (b. multipler Sklerose) 217. (b. Krankheiten
d. Herzens u. d. Nieren) 217.
Augen entzündung, künstl. Erzeugung 217.
Augenhöhle, Periosteitis u. Osteomyelitis d. Dachs
217.
Augenkrankheiten, angeborene 272. — , b. Leber-
krankheiten 272.
Augenlid, Reaktion d. Pupille b. Schluss 65. — , bräun-
liche Färbung b. Basedow'scher Krankheit 175. — ,
Krampf 176.
Augenmuskeln, Störungen (b. hereditärer Syphilis)
34. (verschiedene) 64. — , Bewegnngserscheinungen an
gelähmten 65. — , Lähmung b. Basedow'scher Krank-
heit 175. — S. a. Ophthalmoplegie.
Auskultation, d. Herzens u. d. grossen Gefässe 185.
Auswurf s. Sputum.
Bacillus, d. Rotzes 56. — , d. Enteritis, pathogene
Bedeutung 168. — , icteroides b. Gelbfieber 169. — ,
pertussis Eppendorf 169.
Bad, Wirkung auf d. Blutdruck 74. 75. — , b. Basedow'-
scher Krankheit 175. — , b. akuten Krankheiten d. Kin-
der 269. — S. a. Moorbäder.
Bakterien, Ausscheidung aus d. Körper 54. — , Ver-
halten in Buttermilch 55. 114. — , Einwirkung auf ver-
schied. Zuckerarten 55. — , Wachsthum in Salz-
lösungen 55. — , akut wirkendes Toxin 56. — , specif.
Substanzen in solch. 167. — , Katalasen in Filtraten
von solch. 167. — , b. Gelbfieber 168. 169. — , Associa-
tionen b. Epidemien 169.
Bakterienfett, Naphtholblau als Reagens 55.
Bakteriengifte 166.
Bakteriurie b. Kindern 205.
Bandwurm s. Dipylidium.
Barlow'sche Krankheit 115.
Basedo wasche Krankheit, Verhaltend. Blutdrucks
74. — , Veränderungen im Gehirn 174. — , Complika-
tionen 175. — , b. Vater u. Sohn 175. — , mit folgender
Sklerodermie 175. — , Vorkommen u. Häufigkeit 175.
— , abortive Form 175. — , Verhalten d. Körpertempe-
ratur 175. ~, Behandl. (Bettruhe, gute Ernährung) 175.
(Schilddrüse, Serum) 175. (Bäder) 175. (Rodagen) 176.
Bauch, Sohussverletzung, Behandlung 3. — S. a.
Unterleib.
Bauchfell s. Peritonaeum.
Becken, Abreissung d. muskulösen Bodens als Urs. von
Genitalprolaps 87. — , bleibende Erweiterung durch
Hebotomie 203.
Bein, akute Trophoneurose 91. — , Varices an solch.
183. — , Gangrän b. Embolie d. Art femoralis 184.
— , peripher, u. centrale Lähmung 254.
Bekämpfung d. üteruskrebses (von Oeorg Winter) 106.
Bericht über d. Fortschritte (d. Chirurgie) 1. (d. Kinder-
heilkunde) 113.
Bettruhe, b. Basedow'scher Krankheit 175.
Beulenpest s. Pest
Bewegungen s. Mitbewegungen.
Bewegungstörungen, b. hereditärer Syphilis 37.
Bindehaut s. Conjunctiva.
Birkenblätterthee, Wirkung auf Nierensteine 173.
Biss toller Wölfe, Behandlung 252.
Blasen, Bildung auf d. Haut (durch Streptokokken ver-
ursacht) 80. (b. Dermatitis) 197. — S. a. Epidermolysis.
Blasenmole, Bezieh, zu Corpus-luteum-Cysten 264.
265. — , neben gesunder Frucht 265.
Blasenschnitt, perinäaler 212.
Blasenstein, mit Hypertrophie d. Prostata, Behand-
lung 213. — S. a. Nephrolithiasis.
Bleivergiftung, Nephritis b. solch. 193.
Blennorrhoe s. Ophthalmoblennorrhoe.
Blepharospasmus 176.
Blicklähmung, associirte 219.
Blut, Verhalten b. Pellagra 79. — , Beschaffenheit b.
Kindern 115. — , b. Diphtherie 119. — , osmot Druck
150. — , Bestimmung d. Gefrierpunktes, di^ost Be-
deutung 150. 151. 152. 153. 157. 158. — , Wirkung d.
Toxine u. Antitoxine b. Diphtherie 167. — , GerioDung,
Morphologie 172. — , Wirkung d. Adrenalins 250. —
S. a. Cholämie.
Blutcapillaren, Gontraktilität u. motor. Innervatioo
243.
Blutcirkulation, üebergang d. Glycerins in solch.
58. — , Störungen b. akuten Infektionkrankheiten 71.
— , Wirkung verschied. Heilmittel 75. 76. — , sichtbare
im Auge 100. — , Druck u. Geschwindigkeit in d.
Carotis, Cruralis, in d. Schilddrüse u. im Muse, grecilis
243. — , Einfiuss kurzdauernder Anämie 244.
Blutdruck, Messung u. Bedeutung 73. — , Verhalten
b. Arteriosklerose 73. — , diagnost Bedeutung 74. — ,
Instrumente zur Messung 74. 244. — , physioiog. Ver-
halten 74. — , Veränderungen (b. Krankheiten) 74.
(b. Basedow*8oher Krankheit) 74. ~, Verhalten nach
hydrotherap. Maassnahmen 74. 75.
Blutdruckmesser yoü Rtva-Roeeit Modifikation 244.
Blutgefässe, Physiologie 72. 73. — , d. Nabeb, Baa
u. Verschluss 76. 77. — , Versuche über Transplan-
tation ders. 77. — , Naht 94 — , Entwickelungd. Throm-
ben 172. — , traumat Erkrankungen 184. — , grosse,
Auskultation 185. — , cirkuläre Vereinigung mit reeor-
birbaren Prothesen 206. — 8. a. Phlebarteriektasie.
Blutharnen S.Hämaturie.
Blutleere, künstliche 60.
Blutserum, Bedeutung f. d. Nierendiagnoatik 160.
Blutung, multiple in d. Haut 184. — , Stillung durch
Gelatine 185. 186. — , im Pankreas, Pathogenese u.
Therapie 211.
Botryomykose b. Menschen 269.
Brand s. Gangrän.
Bright'sche Krankheit, operative Behandlung 133.
— , Durchgängigkeit d. Niere b. solch. 193.
Bronchiektasie, überdies, (von L. mmOt^er») 220.
Bronchopneumonie, b. Kindern 169. — , b. Keuch-
husten 169.
Bronchus, Durohbruch eines Aortenaneurysma in
solch. 189.
Brustdrüse, Beschaffenheit b. Neugeborenen 163.
Bubonenpest s. Pest
Bulbärparalyse, b. Basedow'soher Krankheit 175.
— , ohne anatom. Befund 253.
Buttermilch, Verhalten pathogen. Baktwien in solch.
55. 114. — , als Säuglingsnahrung 114.
Capillaren s. Blutcapillaren.
Carcinom s. Nierenkrebs.
Caries, d. Zähne als Urs. von Thrombophlebita d.
Sinus cavernosus 183.
Saoh-Register.
351
Carotis s. Arteria.
Gentrainervensystem, multiple Skleroee, Aagen-
symptome 217.
Gerebrospinalflüssigkeit, quantitative Eiweiss-
bestimmuDg 49.
Cerebrospinalmeningitis, epidemische, Meningo-
coocus intraoallularis als Erreger 57.
Cheilophagie 176.
Chinin, himostat Wirkung 187.
Chirurgie, Forschungsergebnisse auf d. Gebiete ders. 1 .
— 8. a Kriegschirurgie.
Chirurgische Untersuohungsarten (vonO.Manx)
109.
Chlorcalcium, als Haemostaticum 187.
Chlornatrium s. Kochsalz.
Chloroformnarkose mit Sauerstoff 2.
Chloroffl, Wesen 246.
Chlorose, Thrombose d. Hirnsinus nach solch. 184.
Cholämie, phy siolog. b. d. Mutter u. b. d. Neugeborenen
201.
Cholera nostras, Entstehung 168.
Chorea, b. hereditärer Syphilis 8. — , rheumatische,
Behandlung 93. 120.
Chorioideitis, centrale b. Myopie 218.
Cirkulation s. Blutcirkulation.
Cirrhose, hypertrophische d. Leber, Erkrankung d.
Auges 272.
Cocain, anSsthesirende Wirkung 250.
Codein, subcutane Injektion zur Beförderung d. Nar-
kose 2. — -, Wirkung längerer Anwendung 63.
Coli ar gel, Klystire mit solch. 251.
Condylom, -spitzes, X- Zellen dess. 57.
Conjunotiya, Injektionen unter dies. 99. 100. — , Blut-
cirkulation in ders. 100.
Cornea, Umsatz u. Wanderung von Fett in solch. 59.
— , traumat Erkrankungen 100. — , Herpes 100. — ,
Bichtbare Cirkulation in ders. 100. — , Astigmatismus
b. Myopie 218.
Corpus luteum, Bezieh, d. Cysten zur Blasenmole 264.
265.
CretinismuB, sporad., Cystenbildung b. soloh. 247.
Criminalanthropologie 104.
Cy linder im Harne, Bedeutung 171.
Cylindromd. Haut 246.
Cypressenöl gegen Keuchhusten 61 .
Cyste, d. Niere, Pathologie u. Therapie 128. 132. 135.
— , Bildung b. Aplasie d. Schilddrüse 247. — , d. Cor-
pus luteum 264. 265. — 8. a. Dermoidcyste.
Cystenentartung, d. Niere 128. 133. 135.
Cystinephrosis 134.
Cystinurie 195.
Cystitis, nach i^ynäkolog. Operationen 262.
Cystonephrosis 128.
Cysto tom i a perinaealis 212.
Dammnaht, Ausführung 89. — , Entbindung nach
froher vorhergeganger 89.
Dammriss, Behan<Uung d. frischen 88. 89.
Dampf s. Vaporisation.
Darm, Tuberkuloseinfektion von solch, aus 111. — S. a.
Dünndarm; Gastroenteritis.
Darmarterien, Angiosklerose 182.
Darmkrankheiten, b. Säuglingen 114. — , b. Arterio-
sklerose 181.
Decidua, Bildung b. Fhosphorvergiftung 263.
Dementia paralytica s. Piuralyse.
Dermatitis, poly morpha dolorosa 197. — , recurrirende,
progressive, bullöse 197.
Dermoidcysten in d. Oenitoperinäalsphäre 247.
Diftt,b. Nephritis 193.
Diätetik b. d. Syphilisbehandlung 83.
Diaphragma, perforirende Lymphgefässe 58.
Diarrhoe, b. Basedow'scher Krankheit 175. — , b.Kin-
dem, Belumdlung mit Oelatine 252.
Digitalis, Anwendung d. Dialysats 250. — , Werth-
bestimmung d. Blätter 250. — , Wirkung auf d. Herz
251.
Digitoxin, Gehalt d. Digitalisblätter an solch. 250. — ,
Wirkung auf d. Coronararterien d. Herzens 251.
Diphtherie, Intubation 118. — , Tracheotomie 118.
— , Serumtherapie 118. 119. — , Verhalten d. Blutes u.
d. Harns 119. — , Angina b. solch. 268.
Diphtheriebacillen, Immunität durch solche er-
zeugt 167. — , Wirkune d. Toxine u. Antitoxine auf d.
Blut 167. — S. a. Pseudodiphtheriebaoillen.
Diphtherietoxin, Wirkung auf Blut u. Hämoglobin
167. 168.
D i p 1 e g i a spastioa infantilis, Reflexbewegungen 66.
Diplooocous s. MeningococcuB.
Dipylidium oaninum b. Menschen 245.
Diuretica. Wirkung 164. — , Theocin 173.
Draht s. Silberdraht
Drainage s. Heberdrainage.
Druck, mtrabdominaler, Bszieh. zur Respiration 53. — ,
Messung im rechten Vorhof 73. — S. a. Blutdruck.
Drüsen, Soheidevermögen 52. — S. a. Lymphdrüsen ;
Schilddrüse; Submaxillardrnse ; Thränendrüse.
Ductus, arteriosus Botalli (Persistenz) 77. (Aneurysma)
189. — , choledochus, Narbenverengung, Operation 210.
— , thyreoglossus, Geschwülste 247.
Dünndarm, Resorption d. Fettes u. d. Seifen in solch.,
Einfluss d. Senföls 53. — , Erkrankung b. Säuglingen 1 14.
Durchfall s. Diarrhöe.
Bchinocoocus d. Niere 129. 137. 138.
Einreibungskur gegen Hydrocephalus 92.
'Eiter, Stauung b. Pyelonephritis 127.
Eiterzellen, Fettpranula in solch. 59.
Ei weiss, quantitative Bestimmung 49. — , subcutane
Ernährung mit solch. 60. — , Bezieh, d. Concentration
d. Harns zur Ausscheidung 194.
Eklampsie, b. hereditärer Syphilis 11.
Elektricität, Wirkung auf d. Zellen 242. -< S. a. In-
duktionstrom.
E m b 0 1 i e , d. Art fossae Sylvü nach Typhus 183. — ,
d. Art femoralis, Gangrän d. Beines 184.
Embryo s. Foetuis.
Encephalitis, b. hereditftrer Syphilis 27. — , hämor-
rhag. b. Basedow'scher Krankheit 147. — S. a. Meningo-
Encephalitis.
Endarteriitis b. hereditärer Syphilis 23.
Endokarditis b. Influenza 257.
Endophlebitis d. Pfortader 78.
Endoskopie d. Harnblase 148. 155. 213.
Endothelzellen in serösen Ergüssen, Bedeutung f.
d. Phagocytose 54.
England, Geschlechtsleben 104.
Entbindung, Regeneration d. üterusschleimhaut nach
ders. 49. — , nach früher vorhergegangener Uterus-
ruptur 88. — , b. Uteruaruptur 88. — , normale, dop-
pelte Zerreissung d. Nabelvene 184. — , schädl. Folgen
tiefer Cervixeinrisse 202. — , b. Steisstumoren 203. ^)4.
— , Erweiterung des Muttermundes 265. 266. 267. —
S. a. Geburt; Manuel.
Entwickelungsgeschichte, Einführung in d. ex-
perimentelle (von Otto Maas) 1()2.
Entzündung b. niederen wirbellosen Thieren 169.
Epidemie, bakterielle Associationen b. solch. 169. —
S. a. Scarlatina.
Epidermolysis bullosa hereditaria 80.
Epilepsie b. hereditärer Syphilis 8. 9. 10.
Epinephritis, Pathologie u. Therapie 133.
Epi t h el d. Niere (Wirkung d. Diuretica) 164. (Wirkung
d. Kochsalzlösung) 171.
Erblichkeit, krankhafter Zustände 81. 82. 162. — ,
b. Rhaohitis 267. — S. a. Syphilis.
Erbrechen b. Basedow*scher Krankheit 1 75.
Erfahrungen aus einer 40!jähr. neurolog. Praxis (vou
F. von Eohf) 103.
Erhenken s. Strangulation.
353
Saoh-Register.
£rnähruDg, Bedeutang des Salzes "53. — , sabcntane
mit eiweisshalügen Nährlösungen 60. — , d. Säuglinge
(mit Muttermilch) 89. 113. 223. (gemischte) 90. 114.
223. (künsüicbe) 114. (Störungen) 1 14. ~, b. Basedow*-
scher Krankheit 175.
Erythema, nodosum 71. — , pemphigoides 196.
Erythro melalgie mit folgender Gangrän der Glied-
maassen 68.
Etüde medico-pathologique sur Dostojewski (pär P. O.
Loygue) 224.
Evisoerationd. Kindes b. üterusruptur 88.
Exanthem, durch Antipyrin erzeugt 174. — , Behand-
lung mit Röntgenstrahlen 262.
Extremitäten s. Arm; Bein.
facialis s. Nervus.
Farbe, Bestimmung d. Helligkeit an Papieren 166.
Femur, Osteotomie b. Oenu valgum 98.
Fett, Resorption im Dünndarm, Einfl. d. Senföls 53. — ,
Umsatz u. Wanderung in d. Cornea 59. — , in Wander-
zellen u. Eiterzellen 59. — , in Pigmenten 59. — , Ver-
halten b. chron. Marasmus u. akuten Hungerzuständen
172. — S. a. Bakterienfett.
Fettentartung, Morphologie u. Chemie 59.
Fettgewebe, Nekrose (multiple) 59. (abdominale) 211.
Fettsucht b. Kindern, Stoffwechsel b. solch. 205.
Fibroid d. Uterus b. Schwestern 85.
Fibromyom, d. Tuba Fallopiae 84. — , d. Niere 238.
240.
Fibromyxolipom d. Nierenkapsel 239.
Fieber, Hauttemperatur b. solch. 58. —, Stoffwechsel
170. — , b. Albuminurie 171.
Finger, cavernöses Angiom 94. — S. a. Trommel-
schlägelfinger.
Fische, Reaktion auf Töne 165.
Fistel, metroabdominale in Folge von subtotaler ab-
dominaler Hysterektomie 84. — , d. Harnröhre nach
Constriktion d. Penis 214.
Fleischvergiftung, Entstehung 168.
Fliegenschwamm, Vergiftung mit solch. 63.
Foetus, Syphilis, Behandlung 83. — , Riesenniore bei
solch. 164. — , Tod im Uterus, Urobilinurie als Zeichen
201. — , Accommodation an d. Form d. Uterus 201.
— , Mittelscheitellage 202.
Fraktur, Diagnose mittels Röntgenstrahlen 3. — S. a.
Lehrbuch.
Frauenkrankheiten, Heissluftbehandlung 197.
Fremdkörper, Diagnose mittels Röntgenstrahlen 3.
— , im äusseren Gehörgang mit einseit. Mydriasis 64.
Friedreich'sohe Ataxie bei hereditärer Syphilis
31. 33.
Fusssohlenreflex Babinski^s^ klin. Bedeutung 67.
Oalle s. Cholämie.
Oallenwege, Zerreissung 209.
Gangrän, symmetrische b. hereditärer Syphilis 35. — ,
d. Gliedmaassen nach Erythromelalgie 6o. — , d. Haut,
artificielle 170. — , in Folge von Arteriitis obliterans
181. — , d. Beins nach Emoolie d. Art. femoralis 184.
— , nach Ruptur d. Intima d. Arterien 207.
Gangrene foudroyante 270.
Gasphlegmone, Arten 270.
Gastroenteritis, akute, Entstehung 168.
Gebärmutter, Fistel zwischen solch, u. d. Bauch wand
84. — , Adenomyom 84. 248. — , Leiomyoma malignum
85. — , Fibroid b. Schwestern 85. — , bösart. Entartung
d. Stumpfes nach Hysterektomie 85. — , Myom, Ope-
ration 86. — , Vorfall 87. — , Zerreissung (Entbindung
b. solch.) 88. (Einfl. auf spätere Entbindungen) 88. — ,
Veränderungen in d. Schwangerschaft 106. — , Vapori-
sation 198. — , Erosion d. Portio vaginalis 198. — ,
Torsion 199. — , Inversion, Aetiologie 200. — , Retro-
deviation während d. Schwangerschaft 200. — , Accom-
modation d. Foetus an dies. 201. — , Zurückbleiben d.
Kindeskopfes in ders. 203. — , Myoperithehoma mali-
gnum 263. — , Synoytium in d. schwangeren 263. —
8. a. Hysterektomie.
Gebärmutterhals, schnelle Erweiterung des Kanals
(nach Basst) 202. 265. 266. (mit Tamier's Ecarteur)
267. (nach Bonnaire) 267. (mittels d. Dilatators tod
Seigneux) 267. — , naohtheillge Folgen tiefer Einschnitte
202.
Gebärmutterkrebs, Bekämpfung 108.
Gebärmutterschleimhaut, Regeneration nach d.
Entbindung 49. — , Polypen 84.
Geburt, I^ben vor ders. 202. — 8. a. Entbindung;
Sturzgeburt.
Geburthülfe b. Grundriss; Handbuch; Polikliniken;
Vademecum.
Gefässgeränsch in d. Lunge 185.
Gefrierpunkt, des Harns, Bestimmung u. diagnost
Bedeutung 150. 151. 152. 154. 156. — , d. Blutes, Be-
stimmung u. diagnost Bedeutung 150. 151. 152. 153.
157. 158. — , d. Nierengewebes 165.
Gefühl s. Kältesinn ; Tastsinn.
Gehirn, Syphilis b. Kindern 22. — , Sklerose b. heredi-
tärer Syphilis 23. 24. 25. — , Mikrogyrie b. hereditärer
Syphilis 23. — , Weite der dass. versorgenden Blut-
gefässe 77. —, Hypertrophie b. Kindern 92. —, Gewicht
b. Kindern 115. — , hypertroph, tuberöse Sklerose mit
multiplen Nieren geschwülsten 171. — , Veränderungen
b. Basedow'soher Krankheit 174. — , Arteriosklerose
181. — , Bezieh, zum Schädel 241. — S. a. Ence-
phalitis; Himapoplexie; Hirnerschütterung; Himstnus;
Kinderlähmung; Meningo- Encephalitis.
Gehörgang, äusserer, Fremdkörper in solch, mit ein-
seit. Mydriasis 64.
Geistesstörung, Simulation G8. — ; Weite d. Carotis
interna u. d. Art vertebralis 77. — , nach fiebeiiiaften
Erkrankungen bei Kindern 90. — , bei Basedow'soher
Krankheit 175. — , b. Entarteten 255.
Geistesthätigkeit, Einfl. auf d. Stofifweohsel 242.
Gelatine, als Haemostaticum 75. 185. — , Injektion
fegen Aneurysmen 191. — , gegen Diarrhöe b. Kindern
52.
Gelbfieber, Entstehung u. üebertragung, Prophylaxe
168. 169.
Gelenk s. Hüftgelenk; Kniegelenk; Osteoarthritis.
Gelenkentzündung, chronische b. Kindern 95. — ,
Muskelatrophie b. solch. 97. — S. a. Arthritis; Osteo-
arthritis.
Gelenkmaus, Pathologie u. patholog. Anatomie 99.
Gelenkrheumatismus b. Kindern 121.
Genitalien s. Geschlechtsorgane.
G e n u valgum, Osteotomie d. Femur 98.
Gerinnung d. Blutes, Morphologie 1 72.
Geruoh, Erzeugung durch riechende Flüssigkeiten 165.
Geschichte d. Gynäkologie 106.
Geschlecht, Ursachen d. Bildung 162.
Geschlechtscharaktere, Entetehung 162.
Geschlechtsleben, ethische Forderungen (von V,
Onyrim) 104. — , in England (von Eugen Darm) 104.
Geschlechtsorgane, beim Weibe (elast Gewebe in
solch.) 50. (Vorfall) 87. (Bezieh, d. Erkrankungen zu
Wanderniere) 195. — , b. Manne, Dermoidcysten 247.
— 8. a. Gynatresie.
Geschmack, Unabhängigkeit vom Trigeminus 51. 65.
Gesohwür s. Ulcus.
Geschwulst s. Adenom ; A denomyom ; Angiom ; Chlo-
rom; Cylindrom; Ductus; Fibroid; Fibromyom; Fibro-
myxolipom; Hidradenom; Knoohengescbwulst; Leio-
myoma; Lipom; MyoperitheUom; NeQbildangen;Nier»;
Nierenbecken; Papillom; Steissgeechwolst
Gesichtskrampf, einseitiger ^2.
Gewebe, elastisches in d. weibl. Genitalien 50. — , Wir-
kung d. Suprarenins auf solche 60. — , schnelle Här-
tung u. Einbettung 249.
Gewicht s. Körpergewicht
Gifte d. Mikroorganismen 166. ~ S. a. Schlangeogift;
Wuthgift
Sach-Register.
363
Gliedmaasse, Brand nach Erythromelalgie 68. —
S. a. Arm; Bein.
Glottiskrampf b. Kindern 92.
Glat6ine48.
Glutin , d. Sehnen 48. — , im Knorpel 48.
Glycerin, Wirkung d. Injektion 58.
Granula d. Zellen, Verhalten b. Marasmus u. akuten
Hangerzostlbiden 172.
Greis, Arteriosklerose 180.
Grippe s. Influenza.
Orundriss zum Studium d. Oeburthülfe (von Ernst
Bummy 2. Aufl.) 207.
Gammi, hereditär syphilitisohes 21. 22. 23.
Gutachten s. Sammlung.
Gynäkologie, Geschichte 106.
Gynatresie, Hämatosalpinx b. solch. 199.
Haar, feinerer Bau 50. — , u. d. Haarkrankheiten (von
J. Pohl, 5. Aufl.) 110.
Haarscheibe 51.
Hämatosalpinx b. Oynatresien 199.
Hämaturie b. Nierenkrankheiten 280.
Hämoglobin, Wirkung d. Diphtherie- u.Tetannsvirus
15a
Hämolyse, ehem. Verhalten 49.
Hämostatica, Suprarenin, Adrenalin 60. 187. 250.
-, Gelatine 75. 185. 186. — , Chinin 187. — , Chlor-
calcium 187. — , Sohilddrusenextrakt 187.
Haifische, Zwischenniere b. solch. 163.
Handbuch, d. Therapie innerer Krankheiten (von Pen-
xokU u. Sttntxing, 3. Aufl.) 103. — , d. patholog. Ana-
tomie d. Nervensystems (von FlcUau, L. Jaeobsohn u.
L MmoTy 2.-5. Abth.) 105. — , d. Geburthälfe (von
F, von Winekel, I. 1.) 106. — , d. Röntgenlehre (von
Eermann Oocht, 2. Aufl.) 110. — , d. Säuglingsemäh-
rang (von A, B, Marfan) 225.
Harn, Uroferrinsäure in solch. 48. — , quantitative Be-
stimmung d. Salicylsäure 48. — , Stickstoff u. stickstoff-
haltige ^ibstanzen 113. 169. — , Verhalten b. Diph-
therie 119. — , Äbscheidung b. Nierenkrankheiten 132.
— , gesonderte Abnahme aus jeder Niere 146. 147. 148.
149. — , Bestimmung; d. Gefrierpunkts 150. 151. 153.
154 155. 156. — , Bedeutung d. Cylinder 171. — , Aus-
scheidung d. Veronals 173. — , diagnost. Bedeutung d.
Untersuchung 194. — , Bezieh, d. Ooncentration zur
Eiweissausscbeidung 194. — S. a. Anurie ; Bakteriurie ;
Gystinurie-, Diuretioa; Hämaturie; Oligurie; Phos-
phaturie.
Harnblase, Endoskopie 148. 155.213. — , Diagnose
d. Krankheiten von Nierenkrankheiten 160. — ,£ktopie,
Aetiologie 212. — , Zerreissung 212. — , asept. Kathe-
terismus 213. — , Abscess vor ders. 271. — 8. a. Gystitis ;
Cystotomia.
Harninfektion, d. Verhütung ders. (von B, Qoldherg)
222.
Harnkrankheiten, Antisepsis u. Asepsis b. d. Be-
handlung 222.
Harnleiter, angeb. Anomalien 113. 1 43. — , Steine in
solch. 132. — , Erkrankungen 133. — , Katheterismus
zur funktionellen Nierendiagnostik 134. 143. 146. 147.
148. 149. 151. 153. 156.157.214. — , überzähliger 143.
— , Erweiterungen, Gysten 143. — , Fistel, operative
Behandlung 155. — , Neubildungen an solch. 238.
Harn Organe s. Lehrbuch.
Harnröhre, asept. Katheterismus 213. — , Fistel nach
Constriktion d. Penis 214.
Harnsecrregator, Harnseparator 147.
Hassall sehe Körperchen, Bedeutung 242.
Haut, seröse, Endothelzellen in d. Ergüssen 54. — , In-
fektion von solch, aus 54. — , Verfärbung nach der
Injektion von Nebennierenextrakt 60. — , Blasenbildung
• durch Streptokokken verursacht 80. — , künsü. Gangrän
170. — , Weohselbezieh. zwischen d. Thätigkeit ders.
u. d. Niere 170. — , Braunfärbung b. Basedow'scher
Krankheit 175. — , multiple Blutungen 184. — , Ein-
Med. Jahrbb. Bd. 282. Hft 3.
Wanderung von Ankylostomen von ders. aus 246. — ,
Gylindrom 246.
Hautkrankheiten, b. Kindern 121. — , therapeutische
Anwendung d. Röntgenstrahlen 261. 262. — S. a. Der-
matitis ; Epidermolysis ; Erythem ; Exanthem ; Liehen ;
Lymphangiektasie ; Pemphigus; Sklerodermie ; Vitiligo.
Hautreize, Verhalten d. Spinalreflexe 51 .
Hauttalg, Beschaffenheit 258.
Hauttemperatur b. Fieber 58.
Hebammen s. Leitfaden; Manuel.
Hebammenschulen, Errichtung geburthülfl. Poli-
kliniken 108.
Heberdrainage, Biilau's^ b. pleurit. Erguss 269.
Hebotomie mit bleibender Erweiterung d. Beckens 203.
Hefe, Unterscheidung einzelner Arten mittels d. Agglu-
tinine 55. — , therapeut. Anwendung 251.
Heissluftbehandlung b. Frauenkrankheiten 197.
Helligkeit, Bestimmung b. farbigen Papieren 166.
Hemianopsie, PupiUenstarre b. solch. 65.
Hemikranie s. Migräne.
Hemiplegie, Verhalten d. Gculomotorius 64. — , Ver-
halten d. homolateralen Pyramidenfasern 66. — , bei
Embolie d. Art. fossae Sylvii 183.
Hemispasmus facialis 252.
Heroin, Wirkung auf d. Blutdruck 75.
Herpes, zoster mit Trochlearislähmung 64. —, d. Cornea
100.
Herz, Messung d. Druckes im rechten Vorhof 73. — ,
Neurosen, Nutzen d. Valyls 173. — , Arteriosklerose 181.
— , Verschluss d. Coronararterien 181. — , Auskultation
185. — , Verletzung, Naht 209. — , Bedeutung der
Arrhythmie 219. — , Beeinflussung d. Cirkulation in
d. O>ronararterien 251. —, Wirkung d. Digitalis 251.—
S. a. Endokarditis.
Herzklappen, traumai Zerreissung 184.
Herzkrankheiten, nach Verletzung 184. — , Trom-
melschlägelfinger b. solch. 185. — , Augenaffektionen
b. solch. 185.
Hidradenom, Bau 246.
Hinken, intermittirendes 178. 180. 182. 189.
Hirnapoplexie b. hereditärer Syphilis 26.
Hirnarterien, Sklerose 181.
Hirnersohütterung, Bezieh, zu Arteriosklerose 180.
Hirnhaut s. Meningitis.
Hirn sin US, autochthone Thrombose 183. 184.
Histologie s. Lehrbuch.
Hochgebirge, Einfluss auf d. Wundheilung 93.
H 0 d e s. Kryptorchismus ; Orchidopexie ; Testikel.
Hohlvene s. Vena.
Hornhaut s. Cornea; Keratitis.
Hüftgelenk, juvenile Osteoarthritis deformans 96.
Hufeisenniere, angeborene 141. 142.
Hunger s. Inanition.
Hydrargyrum, chloratum corrosivum, subconjuncti-
vale Injektion b. Ophthalmoblennorrhoe d. Erwachsenen
100. — S. a. Einreibun^kur; Merkuriolöl.
Hydrocephalus, Bezieh, zu hereditärer Syphilis 1 7 .
18. 19. 20. ~, specif. Behandlung 92. — , chron. in-
ternus, Nutzen d. Lumbalnunktion 92.
Hydronephrose, Pathologie u. Therapie 131. — ,
intermittirende 135. — , operative Behandlung 135.
136. 137. 138. 139. — , Diagnose 155.
Hydrotherapie, Wirkung auf d. Blutdruck 74. — ,
b. akuten Krankheiten d. Kinder 269.
H y g i e i n e , b. d. Syphilisbehandlung 83. — , d. Nerven
u. d. Geistes (von Äug, Forel) 104.
Hyperämie s. Stauungshyperämie.
Hyperalgesie nach Sohussverletzung d. Schädels 208.
Hyperthermie, Stoffwechsel b. solch. 170.
Hypnotica, Isopral 62. 173. — , Veronal 173.
Hysterektomie, totale vaginale 84. — , subtotale,
metroabdominale Fistel nach solch. 84. — , bösart. Ent-
artung d. Stumpfes nach solch. 85.
Hysterie, b. hereditärer Syphilis 8. — , zeitweiliges
Fehlen d. Patellarreflexes 67. — , b. Kindern 92. 121.
45
364
Sach-Register.
— , Hemispasmos fnoialia 252. — , doppelseit. Amaurose
b. solch. 272.
Jlahresbericht über d. Fortschritte in d. Lehre d.
pathogenen MikroorgaDismen (von P. tfon Baumgarten
XL R Tangl, 17. Jahrg. 1901) 103.
Idiotie, Bezieh, zu hereditärer Syphilis 15. 16. — , mit
Atrophie d. Opticus 20. — , familiäre amaurotische 68.
Ikterus b. Syphilis 82.
1 1 e u s , in Folge von Thrombose d. Vena mesenterica 184.
Immunität, natürliche 54 — , ^^^^ Milzbrand 56.
— , gegen Pest 56. — , gegen Syphilis 81. — , passive
167. — , gegen Staphylooooous 167. — , durch Diph-
theriebacillen erzeugt 167.
Immunkörper, andoge Wirkung d. colloidalen Kiesel-
säure 55.
Impfstoffe u. Sera (von L, Deutsch u. C, Feieimaniel)
219.
Inanition, akute, Verhalten d. Fettes u. d. Zellgranula
172.
Indigooarmin, Verwendung zur funktionellen Nieren-
diagnostik 160.
Induktionstrom, Nervenreizung durch solch. 242.
Infektion, von d. Haut aus 54. — , b. Scarlatina 70.
— S. a. Haminfektion.
Infektionkrankheiten, Girkulationstörungen bei
akuten 71. — , Erkrankung d. Knochenmarks 120. — ,
Vertheilung d. stickstoffhaltigen Substanzen im Harn
169.
Influenza, mit Meningitis 90. 257. — , Epidemien 256.
— , Mikroorganismen &6. — , Einfl. dl Witterung 256.
— , Diagnose 257. — , Endokarditis b. solch. 257. — ,
neben Masern 258. — , b. Kindern 258. — , Affektion
d. Nervensystems 258.
Influenzabacillen, b. eiteriger Meningitis 90. — ,
pathogene Wirkung 256. — , im Auswurf 257.
Innervation, d. Thränendrüse 51. — , d. Blutoapiilaren
243.
Instrumente zum gesonderten Auffangen des Harns
aus jeder Niere 146.
Interoostalnenralgie b. Aortenaneurysma 188.
Intubation b. Diphtherie 118.
Inunktionkur b. Hydrocephalus 92.
Jedipin, Wirkung auf d. Blutdruck 75.
Ischiadicus s. Nervus.
Isolation b. d. Wundbehandlung 93.
Isopral als Hypnotioum 62. 173.
Jugend, Arteriosklerose in solch. 78.
HL ä 1 1 e s i n n , gekreuzte Lähmung 1 77.
Kalk, Ablagerung am Auge 101. — S. a. Verkalkung.
Katalasen in Bakteriennltraten 167.
Katalepsie b. hereditärer SypbiUs 12.
Katatonie, Pseudoodem b. solch. 68.
Katheterismns, d. Harnleiter 134 143. 146. 147.
148. 149. 151. 153. 156. 157. 214 --, d. Hamr&hre
213.
Kaumuskeln, Lähmung b. Polyneuritis 252.
Keratitis disoiformis, traumatisohe 100.
Keuchhusten, Pathologie, Pathogenese 60. 118. 169.
— , Behandlung (Cypressenöi) 60. (verschied. Mittel)
118. 122. (Serumtherapie) 169. ~, Ophthalmoplegie b.
solch. 64. — , Bronchopneumonie b. solch. 169.
Kieselsäure, coUoidale, analoge Wirkung mit den
Immunkörpern 65.
Kind, Gehirn deas. (Syphilis) 22. (Hypertrophie) 92.
(Hydrocephalus) 02. (Gewicht) 115. — , Tabes dorsalis
29. 30. — , in geburthülfl. Beziehung (Binfi. d. V»-
haltens d. Mutter während d. Sobwangersohaft auf d.
Gewicht) 87. (Evisceration, Spondylotomie, Wendung
u. Perforation b. üterusruptur) 83. (Mittelscheitellage)
202. (Riesenvnichs, Verlauf d. Geburt) 202. (Zurück-
bleiben d. Kopfes im Uterus) 203. (Geburt b. Steiss-
gesch wulst) 203. 204. — , Psychosen u. Sprachstörungen
nach fieberhaften Erkrankungen 90. — , Polymyositis
. 91. — , Diastase d. Recti abdominis 92. — , Hysterie
92. 121. — , Glottiskrampf 92. — , ehren. Arthritis 95.
--, d. Körper dess. (von CK Stratx) 106. — ,Bailow^-
Bche Krankheit 115. — , Assimilation von Zucker 115.
— , Beschaffekheit d. Blutes 115. — , Wachsthnm 116.
—, Tuberkulose 116. 117. — , Lungenkrankheiten 117.
118. — , Asthma 118. — , Typhus 120. — , Gelenk-
rheumatismus 121. — , Nervenkrankheiten 121. — ,
Hautkrankheiten 121. — , Knoohenkrankheiten 121.
— , Theocin alsDiureticum 173. — , akute Osteomyelitis
204. — , Fettsucht, Stoffwechsel b. solch. 205. — ,
Phosphaturie 205. — , Bakteriurie 205. — , Emähning
223. — , d. häusliche Pflege kranker (von Ei. Bagm-
haeh'Burekhardt) 223. — , stotterndes (von A, IAA-
mann) 223. — , Diarrhöe, BehandL nut Gelatiae 252.
— , Influenza 258. — , Hydrotherapie d. akuten Kraok-
heiten 269. — S. a. Foetus; Neugeborene; Säugling;
Ziehkinderwesen.
Kinderheilkunde, Fortschritte 113.
Kinderlähmung, cerebrale (PupilloDstarre) 20. (Be-
zieh, zu hereditäror Syphilis) 20. — S. a. Diplegie.
Kleidung, einengende, Einwirkung (von Mmge) 222.
Klima, Snfluss auf d. Wundheilung 93.
Klinik, psychiatrische d. Charitein Berlin, Gutachten
224.
Klump fu SS, Behandlung 121.
Klystier mit Ck^Uargol 251.
Kniegelenk, Anatomie d. Streckapparats 50. — , Zer-
reissung d. Kreuzbänder 97. — , Erkrankungen, Patho-
logie u. Therapie 97. ~, osteoplast. Operation an solch.
98. — S. a. Genu.
Kniereflex s. Patellareflez.
Kniescheibe s. Patella.
Knochen, Bildung in Arterienwänden 77. — , Verände-
rungen b. Rhaohitis 116. — , unvollkommene Bilding
248. — S. a. Osteomyelitis; Verknöoherung.
K noch engeschwulst d. Niere 135.
Knoohenkranheiten b. Kindern 121.
Knochenmark, Erkrankung b. Infektionkrankheiten
120.
Knorpel, Glutin in solch. 48. — , VerkndchemBg h.
Rhaohitis 205. — , Regeneration 249.
Kochsalz, Wirkung d. Idsungen auf d. Nierenepithel
171.
Körperohen, .BiMto/Tsche, Bedeutung 242.
Körpergewicht d. Kindes, Einfl. d. Verhaltens d.
Mutter während d. Schwangerschaft 87.
Körpertemperatur, Wirkung d. Wuthgiftee 59. — ,
Steigerung b. Basedow*scher Krankheit 175. — ä a.
Hauttemperatur; Hyperthermie.
Kolpoperinäorrhaphie, Entbindung nach vorher-
gegangener 89.
Kopf, d. Kindes, Zurückbleiben im ülems 203. — ,
hypenüget Zonen nach Schussverletxung 208.
K 0 p f V e r 1 e t z u n g , retrograde Amnesie nach solch. 178.
Krampf, d. Facialis, charakteristische Symptome 176.
— , d. Augenlider 176. — S.a.Ge6ioht8krampf; Glottis-
krampf ; fiemispasmus.
Krankenpflege, militär. u. freiwillige (von EsTm,
Gramer) 222.
Kranzarterien d. Herzens, Erkrankungen 18.
Krebs s. Nierenkrebs.
Kreislauf s. Blutoidculation.
Kreuzbänder, d. I[nies, Zerreissung 97.
Kriegsohirurgie, Wundheilung 3.
Kropf, Bzstirpation während d. Schwangerschaft 200.
Kryoskopie, d. Harns 129. 150. 151. 15a 154. 156.
— , d. Blutes 150. 151. 152. 153. 157. 158. — , thie-
rischer Organe 165.
Kryptorohismus, Behandlung 271.
Kuchenniere 141.
Kuhmilch, phy8ik.-ohem. Beschaffenheit 90.
Kurzathmigkeit, Semiologie u. DiffiBrentialdii^;Boee
d. verschied. Arten (von Luimg BofboMer) 228.
Kurzsiohtigkeit, Behandlung 218. — , Aatigmitis-
moa d. Hornhaut n. centrale Ghorioideitis 218,
Sach-RegisteF.
855
Iiabyrinth, Fanktion 241.
Lähmung d. N. facialis (aogeb.) 64. ^rheumatiaohe) 176.
— , d. N. trochlearia b. Herpes zoster 64. — , d. Angeo-
muskeln b. Basedow'scher Krankheit 175. — , akate d.
TaatsinoB 177. — , gekreuzte d. Kältesinofi 177. — ,
iflolirte d. Nerv, snprasoapolaris 253. — , d. Beins,
oeotrale u. peripher. 254. — , d. Isohiadions u. Cnindis
253. — ^ während d. Sohwangerschaft 254. — 8. a.
AssociatioiilihmuDg; Bliokläbmung; Bulbärpandyse ;
Hemiplegie; Kinderlähmung; OphSialmoplegie; Para-
plegie; Pseudoparalyse; Bpinalparalyse.
Laparotomie, Gompression d. Bauchaorta 185. — ,
zu Operationen am Pankreas 211.
Larynx, Intubation b. Diphtherie 118.
Leben vor d. Oeburt 162.
Leberarterien, Aneurysmen 189. 190.
Lebercirrhose, hypertrophische, Augenaffektionen
b. solch. 272.
Lecithin, in Schlangengift 174.
Le h r b u c b , d. Histologie d. Menschen (von Ä. Ä. Böhm
TL M. E. Dcundoffy 3. Aufl.) 101. — , d. klin. Arznei-
behandinng (von Fram, Pemoldt, 6. Aufl.) 103. — , u.
Atlas d. Zahnheilkunde (von 0. Preiswerk) 110. — , d.
Frakturen u. Luxationen (von A. Hoffa^ 4. Aufl.) 221.
— , d. Urologie (von L, Ckisper, 2. — 7. lief.) 221.
Lehrbücher, d. Chirurgie 1 . — , d. Nierenohirurgie 1 26.
Leimstof f e, thierisohe 48.
Leiomyoma maUgnum uteri 85.
Leitfaden, f. d. Nachprüfungen d. Hebammen (von
Karl WaiM) 107.
Leukonyohie 258.
Liehen ruber pemphigoides 196. — , scrophulosorum
260. — , planus 261. — , Auftreten, Formen 261.
Ligamenta cruciata d. Knies, 2torrei88ung 97.
Ligatur, d. Vena femoralis, Folgen 96. — , d. Art
femoralis 185. — , d. Carotis externa 185. — , d. Art.
iliaca communis 185. — , d. Vena jugularis 185. — , d.
Vena saphena, ßegeneration 206.
Linse, Entfernung b. Myopie 218. — S. a. Phakolyse.
Lipom, d. Nierenkapsel 238.
Lippe, Tic an solch. 176. 177.
Lippenkauen 176.
Lithotomie s. Blasenstein ; N ephrolithotomie ; Pyelo-
lithotomie.
Little'sche Krankheit, Bezieh, zu tertiärer Sy-
philis 21.
Lambalpunktion b. Hydrocephalus ohron. internus
b. Kindern 92.
Lange, Syphilis 82. — , Oefässgeräusch in ders. 185.
Lungenarterie, Atresie d. Conus 77. — , Zerreissung
184. — , peripher. Verengung 185.
Lungenentzündung, b. Kindern 118. — S. a.
Bronchopneumonie.
Lungenkrankheiten b. Kindern 117. 118.
Lungentuberkulose, Phlebitis als Frühsymptom
183.
Lateinzellen in einem Blasenmolenovarium 265.
Laxation,d. Patella, habituelle 98. — S. a. Lehrbuch.
Lymphangiektasie an d. Wange 263.
Lymphdrüsen, Entwiokeluog 163. — , Schwellung im
Sfiuglingsalter 268.
Lympbgefässe, perforirende d. Zwerchfells, patholog.
Bedeutung 58.
Lysin, ohem. Verhalten 49.
Hagen s. Gastroenteritis ; Pylorus.
Magenkrankheiten, b. Arteriosklerose 181.
Mais, Bezieh, zur Entstehung d. Pellagra 78. 79.
Manometer, elastisches 244.
Manuel d'aocouchement ä Tusage des sagee-femmes
(par 0. Bapm) 106.
Marasmus, ohron., Verhalten d. Fettes u. d. Zellen-
gianula 172.
Marquis de Sade, neuere Forschungen (von Bkigen
Düren) 224.
Masern s. MorbillL
Massage, Wirkung auf d. Blutcirkulation 76.
Meohanotherapie, Wirkung auf d. Blutcirkulation 76.
Melaena neonatorum, Behan<U. mit Gelatineinjektionen
185.
Meningitis, b. hereditärer Syphilis 26. 27. — , oere-
brospinalis epidemica, Meningooooous intracellularis
als Erreger 57. — , b. Neugeborenen 90. — , eiterige,
Influenzabacülen b. solch. ^. — , b. Influenza 257. —
8. a. Paohymeningitis.
Meningococcus, intraoellularis, Agglutination 57. — ,
ätiolog. Bedeutung 57.
Meningo* Encephalitis, b. hereditärer Syphilis b.
einem Neugeboren 90.
Merkuriolöl, gegen Syphilis 83.
Mesotan, Wirkung auf d. Nieren 172.
Methylenblau, Verwendung zur fnnktioDellen Nieren-
diagnostik 149. 214.
Migräne, b. hereditärer Syphilis 7. — , b. Ophthalmo-
plegie 64.
Mikrogyrie.d. Gehirns b. hereditärer Syphilis 26.
Mikroorganismen, Arten u. Abarten, Bezieh, zu
höheren Organismen 54. — , d. Wuthkrankbeit 56. — ,
b. Scharlach 119. — , intracelluläre Gifte 166. — ,
anaerobe 166. — , Symbiose 166. — , Gifte ders. 166.
— , als Urs. von akuter Gastroenteritis 168. — , b. Keuch-
husten 169. — , b. Influenza 256. — , b. Cystitis 262.
— S. a. Jahresbericht
M i k r 0 p s i e , voruberaehende 179.
Mikroskopische Technik (von R.Ledertnann) 101.
Milch, Haltbarkeit, Sterilisation 114. — , als Säuglings-
nahrung 114. 115. — , Uebertragung d. Scharlachs
durch solche 120. — S. a. Buttermilch; Kuhmilch;
Muttermilch.
Milz, Exstirpation, Veränderungen d. Pankreas 52.
Milzarterie, Aneurysma 190.
Milzbrand, natürL u. künstl. Immunität 56.
Milzbrandbaoillus, Biologie, Nachweis 245.
Milzbrandsporen, Lebensdauer 56.
Missbildunff, d. centralen Nervensystems b. here-
ditärer Syphüis 35. 36.
Mitbewegung (von Otfried Förster) 105.
Mittelscheitellage d. Foetus 202.
Mole 8. Blasenmole.
Moorbäder, Einfl. auf d. Blutdruck 75.
Morbilli, Diagnose 120. — , Influenza b. solch. 258.
Morphium, zur Unterstützung d. Narkose 2. — , Ver-
halten im Organismus, Urs. d. Angewöhnung 62. — ,
Serum gegen dass. 63.
Morphium-Soopolaminnarkose 3. 63.
Mouches volantes, Physiologie u. Pathologie 100.
M u s 0 ar in , Vergiftung 63.
Musculus, rectus abdominis, Diastase b. Kindern 92.
— , graoilis, Blutcirkulation in dems. 243.
Muskelatrophie, arüiritisohe 97.
Muskeln, d. Beckenbodens, Abreissung als Urs. von
Genitalprolaps 87. — , glatte, Physiologie 241. — S. a.
Augenmuskeln; Kaumuskeln; Myotonie; Polymyositis.
Mutter, Fähigkeit zum Stillen 89. 113.
Mu ttermilch, Ernährung d. Säuglinge mit solch. 89.
113. 223. — , als Vorkehrungsmittel gegen Rbachitis 268.
Mydriasis, einseitige b. Fremdkörper im Gehörgange 64.
Mykose s. Botryomykose.
Myodesopsie 100.
Myom, d. Uterus (malignes) 85. (Operation) 86. — S. a.
Adenomyom; Fibromyom; Leiomyom.
Myomektomie an d. schwangeren Uterus 86.
Myoperithelioma malignum d. Uterus 263.
Myopie s. Kuxzsichtigkeit
Myositis s. Polymyositis.
Myotonie, b. hereditärer Syphilis 37.
Myxödem, angeborenes, Diagnose 91 .
Mabelgefässe, Bau, Verschluss 76.
Nabelschnur, Zerreissung b. Sturzgeburt 203.
356
Sach-Regifiter.
Nabelvene, doppelte Zerreissung b. normaler Geburt
184.
N a f a 1 a n , therapeui Anwendung 251.
Nagel 8. Leukonychie.
N a h r u n g 8 m i 1 1 e 1 , d. animalischen (von (7eory jSßAftßufe-
müM, m u. IV) 111.
Naht, d. Blutgefksse 94. — , d. Vena femoralis 185. — ,
b. Herzverletzung 209. — S. a. Dammnaht.
Naphtholblau,al8 Reagens auf Bakterienfette 55.
Narbenstenosed. Ductus choledochus, Operation 21 0.
Narkose, neuere Fortschritte 1. — , Instrument zur
Untersuchung d. Pulses 78. — S. a. Aethemarkose ;
Aetherrausch ; Chloroform narkose ; Morphium-Scopol-
amin-Narkose ; SauerstofF-Chloroform-Narkose ; Tropf-
narkose.
Nase, Aone hypertrophica 259. 260.
Nebenniere, Extrakt, Hautverftrbung nach d. Injek-
tion 60. — , Bau 163. — , Adenom 239. 240.
Nekrose, multiple d. Fettgewebes 59. — , emphysema-
tose 270.
Nephralgie, Pathologie u. Therapie 132. 187.
Nephrektomie, Indikationen 129. 130. 131. 134.135.
136. 137. 138. 139. 140. 142. 151. 152. 155. 215. 227.
232. 237. 238. 240. — , Statistik 134. 135. 136. — , Aus-
führung, Methoden 139. 140» 215. —, Nephrotomie nach
solch. 226. — , einseitige, Einfluss auf d. gesunde Niere
227. — , partielle 227. — , Verletzung d. Vena cava b.
solch. 240. 241.
Nephritis, b. Scharlach 119. — , ohirurg. Behandlung
137. 155. — , Heilungsvorgänge 171. — , Theocin als
Diureticum 173. — , b. Basedow^scher Krankheit 175.
— , b. Perityphlitis 193. — , b. Bleivergiftung 193. — ,
Diät b. solch. 193. — , Durchgängigkeit d. Niere b.
solch. 193. — , traumatische 233. — 8. a. Pyelo-
nephritis.
Nephrolithiasis s. Nierenstein.
Nephrolithotomie 128. 137. 138. 139.
Nephropexie 134. 138.
Nephrotomie, Indikationen 129. 130. 131. 135. 136.
137. 138. 140. — , Folgen 226. 227. — , nach Nephr-
ektomie 226.
Nerven, Arteriosklerose 181. — , Reizung durch Induk-
tion 242.
Nervenkrankheiten, organische, diagnost. Bedeu-
tung d. Unregelmässigkeiten d. Pupillenrandes 65. — ,
b. Kindern 121.
Nervensystem, Erkrankungen b. hereditärer Syphilis
6 flg. — , Hemmungsbildungen, Missbildungen b. here-
ditärer Syphilis 35.36. — S.a. Ataxie; Augenmuskeln;
Chorea; Eklampsie; Encephalitis; Epilepsie; Gangrän;
Gehirn; Gummi; Handbuch; Himapoplexie ; Hydro-
cephalus; Hysterie; Idiotie; Katalepsie; Kinderläh-
mung; LitÜe'sche Krankheit; Migräne; Mikrogyrie;
Myotonie; Neuritis; Retinitis; Rückenmark; Spinal-
paralyse; Tetanie.
Nervus, eruralis, Lähmung 253. — , facialüy Läh-
mung (angeborene) 64. (rheumatische) 176. Krampf,
diagnost. Kennzeichen 176. — , üehiadicusj Lähmung
253. — , oeuhmotortus, Verhalten b. Hemiplegie 64.
— , optteu8(A.iro^\ne) 20. 212. (Stauungspapille b. Poly-
neuritis) 252. — , suprcueapularis, isolirte Lähmung
253. — , trtgeminus, Abhängigkeit d. Geschmackfasem
von solch. 51. 65. — , iroMearis, Lähmung b. Herpes
zoster 64.
Netzhaut s. Retina; Retinitis.
Neubildungen d. Nieren 129. 133. 135. 171. 234.
237. 238.
Neugeborene, Meningitis 90. — , Meningo-Encepha-
litis b. hereditärer Syphilis 90. — , Beschaffenheit d.
Brustdrüse 163. — , Melaena, Behandlung mit Gelatine-
injektionen 185. — , physiolog. Cholämie 185.
Neuralgie s. Erfahrungen ; Intercostalneuralgie.
Neurasthenie, Verhalten d. Pulses 76.
Neuritis, multiple b. hereditärer Syphilis 33.
Neurose, d. Herzens, Nutzen d. Valyls 1 73. — 8. l
Trophoneurose.
Niere, Syphüis 127. 132. — , Cysten 128. 132. 135. -,
funktionelle Diagnostik 129. 134. 146 flg. 156% 194.
195. 214. — , Neubildungen u. Geschwülste 129. 133.
135. 171. 234. 237. 238. — , Parasiten in solch. 129.
— , angeborene Veränderungen u. Missbildungen 130.
131. 141. 142. 163. 164. (rudimentäre) 14L (Ektopie)
142. — , bewegliche 130. 131. 134. 135. 13a 195. -,
Verletzungen (subcutane) 131. 227. 228. 229. 230.231.
232. (Sohussverletzungen) 230. (Blutung b. solch.) 290.
(Stichverletzung) 231. (Zerreissung) 231.232.233. (auf
beiden Seiten) 234. — , Aktinomykose 132. — , Ent-
zündung d. Fettkapsel 133. — , polycyst EnttrtoDg
133. 135. — , eiterige Prooesse insolcb. 134. — , Resek-
tion 136. 138. 227. — , Bchinocoocüs 137. 138. -,
ProbefreUegung 138. — , Topographie, chirarg. Bedea-
tung 141. — , Gestalt 141. — , angeb. Verlagerung 141.
— , Mangel der einen 141. 143. — , Erschütterung be-
huifis d. Diagnose von Nierenkrankheiten 161. — , on-
symmetrische 164. — , Wirkung d. Diuretica aaf d.
Epithel 164. — , Gefrierpunkt d. Gewebes 165. ~,
Wechselbezieh, zwischen d. Thätigkeit ders. u. der d.
Haut 170. — , Wirkung d. Kochsuzlösung auf d. Epi-
thel 171. — , Wirkung d. Sidicylpräparate 172. ~,
Arteriosklerose 181 . — , Durchgfingigkeit b. Bright'scher
Krankheit 193. — , T^ansplaotation, Experimente 226.
— , Veränderungen nach Nephrotomie 226. 227. — , dia-
gnost Spaltung 227. — 8. a. BrifHbt*8che Krankheit;
Cystinephrosis ; Cystonephrosis ; Epinephritis; Huf-
oisenniere; Kuchenniere; Nebenniere; Nephritis; Para-
nephritis; Perinephritis; Pyelonephritis; Rieseaoiere;
Schrumpfniere ; Zwischenniere.
Nierenarterien, Topographie 141. — , Anenrysmea
189. 241.
Nierenbecken, Goschwülste 237.
Nierenohirurgie, Fortschritte, Entwickeluog 126.
133. 134. 135. — , allg. Grundsätze 141.
Nieren kapsei. Geschwulste 238. 239.
Nierenkolik, rathologie u. Therapie 1 32.
Nierenkrankheiten, Diagnose 129. 130. 146flg.
156 flg. 160. 194. 195. 214. —, angeborene 130. -,
Veränderungen d. Hammenge 132. — , patholog. ioa-
tomie 140. — , AugenafFektionen b. solch. 217.
Nierenkrebs, operative Behandlung 156. 237. 240.
Nierenstein, operative Behandlung 128. 130. 136.
137. 138. 139. — , Diagnose 134. 154. 155. >, auf-
lösende Wirkung d. Birkenblätterthees 173.
Nierentuberkulose 127. 132. 135. 136. 137. 138.
140. 155.
Nierenvenen, Topographie 141. — , Thrombose, Sym-
ptome 214.
Nonnengeräusoh, diagnost Bedeutung 185.
Obduktionprotokoll (von 0. Busse) 112.
Oberschenkel, doppelseit Amputation 96. — S.a.
Femur.
Oculomotorius s. Nervus.
Oedem, malignes 270. — S. a. Pseudoodem.
Oel 8. Cypressenöl; MerkuriolÖl; SenföL
Oligurie, b. Nierenkrankheiten 132.
Operation, im Aetherrausch 1. — , gynäkologische,
vaginale oder abdominale 84. — , osteoplastisohe am
Knie 98.
Ophthalmie s. Augenentzündung.
Ophthalmoblennorrhoe, b. Erwachsenen, Behasd-
lung 100.
Ophthalmoplegie, b. hereditärer Syphilis 34. — , b.
Keuchhusten 64. — , laterale 64. — , mit Hemikraoie
64. — , Bewegungserscheinungen an d. gelähmteo
Muskeln 65. — , b. Basedow*scher Krankheit 175. —
S. a. Assooiationlähmung.
Orbita s. Augenhöhle.
Orchidopexie, Dauererfolge 271.
Sach-Register.
357
Orthopädische Therapie (von Ludwig Hasslauer)
109.
Orthostatische Albuminnrie 191. 192.
Osteoarthritis deformans, joyeDÜe d. Hüftgelenks 96.
Osteogenesis, imperfecta 248.
Osteom yelits, aknte b. Kindern 204. — , d. Orbital-
daohs 217.
Osteoplastik s. Operation.
Osteotomie, d. Femor b. Genu valgum 96.
Pachymeningitis haemorrhagica als Ursache von
Hydrooephalns 17.
Pankreas, Einflnss d. Milzexstirpation 52. — , nor-
males Sekret 210. — , ohinirg. Eingriffe 210. 211. — ,
Blutung, Pathogenese u. Behandlung 211.
Papillom d. Niere, Behandlang 238.
Paralyse, allgem. progressive d. Irren, Beziehung zu
hereditärer Syphilis 12. 13. 14. 15. — S. a. Bulbär-
paralyse; Lähmung; Pseudoparalyse; Spinalparalyse.
Paranephritis, Pathologie u. Therapie 133.
Paranoia, Wesen u. Symptome 255.
Paraplegie, spasmed. familiale 178.
Parasiten d. Niere 129.
Paratyphusbaoillus alcalifaciens 168.
P a t e 1 1 a , habituelle Luxation 98.
Patellareflex, zeitweiliges Fehlen b. Hysterie 67.
Pellagra, Aetiologie u. Pathologie 78. — , Verhalten d.
Blutes 79. — , Pathogenie u. Behandlung 196.
Pemphigus, Vorkommen, Arten 79. — , neonatorum,
oontagiosus 80. — , syphiliticus 80. — , vegetans 197.
Penis, Constriktion als Urs. von Hamröhrenfistel 214.
Perinäorrhaphie 88. 89.
Perinaeum, Behandl. d. frischen Bisses 88. 89.
Perinephritis, Pathologie u. Therapie 133.
PeriOsteitis, d. Orbitaldaohs 217.
Peritonaeum, Transsudation 57.
Peritonitis, Behandlung 6. — , eiterige diffuse, Pleu-
ritis b. solch. 58.
Perityphlitis, operative Behandlung 4. — , akute
Thrombose u. Embolie b. solch. 184. — , Nephritis b.
solch. 193.
Pertussis s. Keuchhusten.
Pest, Immunität gegen solche 56.
Petroleum, therapeut Anwendung 61.
Pfortader, Erkrankungen 78.
Phagocytose, Bedeutung d. Endothelzellen in serösen
Ergüssen 54.
Phakolyse, Erfolge 218.
Phlebarteriektasie, genuine diffuse am Arme 97.
Phlebitis, wandernde 182. — , symmetrische 182. — ,
als Frühsymptom d. Lungentuberkulose. 183. — S. a.
Endophlebitis; Thrombophlebitis.
Phlegmone, emphysematosa 270. — S. a. Oasphleg-
mone.
Phlorhizin, Anwendung zur funktionellen Nieren-
diagnostik 129. 157. 158. 159.
Phosphaturie 196. 205.
Phosphorvergiftung, Deciduabildung b. solch. 263.
Physiologie s. Unterricht
Pigment, fetthaltiges 59.
P 1 a c e n t a , Anatomie u. Pathologie 263.
Plastik, d. Sehnen, Heilungsvorgänge 249. — S. a.
Operation.
Pleurahöhle, Durchbruch eines Aortenaneurysma in
dies. 189.
Pleuritis, b. eiteriger diffuser Peritonitis 58. — , mit
Ergnss, Anwend. d. BiÜ^tu^schen Heberdrainage 269.
Polikliniken, geburthülfliche, Errichtungen an Heb-
ammenschulen fvon Fntx Frank) 108.
Polymyositis d. Kindern 91.
Polyneuritis, mit Stauungspapille u. Kaumuskel-
lähmung 252. — S. a. Neuritis.
Polyp, d. Gebärmutterschleimhaut 84.
Präoipitinreaktion, Vererbung 55.
Processus vermiformis s; Appendicitis.
Prostata, Hypertrophie (b. Blasenstein) 213. (Prostat-
ektomie) 216. — , Exoochleation 216.
Prostatektomie 216.
Prothesen, resorbirbare, zur Vereinigung von Blut-
gefössen 206.
Pseudodiphtheriebacillus 168.
Pseudoinfluenzabacillus256.
Pseudoödem, katatonisches 68.
Pseudoparalyse, syphilit b. einem Neugeborenen 91.
Psychiatrie s. Klinik.
Psychologie s. Etüde.
Psychopathologie, d. Alltagslebens (von Sigrn,
Freund) 104.
Pubertät, Albuminurie b. Eintritt 170. 192.
Puls, Instrument zur Ueberwachung während d. Narkose
73. — , Verhalten b. Neurasthenie 76. — , unregel-
mässiger 76. — , paradoxer 76.
Pupille, Veränderungen nach d. Tode 51. —, Licht-
reaktion, Mitbeweguog d. Augapfels 65. — , diagnost
Bedeutung d. Unregelmässigkeiten d. Randes 65. — ,
Lidschlassreaktion 65. — S. a. Mydriasis.
Pupillenstarre, b. cerebraler Kinderlähmung 20. — ,
b. hereditärer Syphilis 64. — , hemianopische 65.
Pyelolithotomie 128. 137.
Pyelonephritis, Pathologie u. Therapie 131. 134. — ,
operative Behandlung 136. — , Diagnose 155.
Pylorus, Stenose b. Säugling 114.
Pyonephrose, Pathologie u. Therapie 131. —, ope-
rative Behandlung 136. 137. 138. — , Diagnose 155.
Pyramiden fasern, benachbarte, Verhalten b. Hemi-
plegie 66.
9aocksilber s. Merkuriolöl ; Schmierkur.
Bankenaneurysma d. Art. ophthalmica 190.
Ratten, Epizootien b. solch. 245.
Rausch s. Aetherrausch.
Rectus s. Musculus.
Reflexe, Verhalten zu Hautreizen 51. — , spinale 165.
— S. a. Fusssohlenreflex; Patellareflex; Unterscheokel-
reflex.
Reflexbewegungen b. Diplegia spastica iofaotilis 66.
Resektion d. Niere 136. 138. 227.
Respiration, Bezieh, zu d. intraabdominal. Drucke 53.
Respirationscurve, Bedeutung 220.
Retina, sichtbare (Zirkulation in ders. 106.
R e t i n i t i 8 b. hereditärer Syphilis 33.
Rhachitis, Ursachen, Veränderungen b. solch. 116.
— , Symptomatologie 116. — , Behandlung 116. -— , an-
gebome 205. — , VerknÖcherung d. Knorpels b. solch.
205. — , Schaukelsessel f. an solch. Leidende 205. — ,
Pathologie u. Therapie (von Wilhelm Stoeltxner) 213.
— , Erblichkeit 267. — , Bezieh, zur Ernährung 268.
Rheumatismus s. Chorea.
Rhimophyma259. 260.
Rhinoplastie (par L, Ombridanne) 221.
Riechorgan, direkte Erregung durch riechende Flüs-
sigkeiten 165.
Riesenniere, fötale, 164.
Riesenwuchs d. Kindes, Verlauf d. Geburt 202.
Rind, Uebertragung d. Tuberkulose auf d. Menschen 116.
R 0 d a g e n , gegen Basedow'sche Krankheit 176.
Röntgenstrahlen, Anwendung in d. Chirurgie 3. — ,
(von if. Levy'Dom) 221. — , therapeut. Anwendung
261. 262. — S. a. Handbuch.
Rotz, Bacillus dess. 56.
Rückenmark, Erkrankungen bei hereditärer Syphilis
28. 29. 30. — , Reflexe 51.165. — , Verhalten d. homo-
latenden Pyramidenfasem bei Hemiplegie 66.
ftackniere 128. 134.
Sacralgesohwulst, Bau 247.
Säugling, Ernährung (natürliche mit Muttermilch) 89.
113. 223. (gemischte) 90. 114. 223. (Physiologie) 113.
(künstiiche) 114. 115. — , Stoffwechsel 113. 114. — ,
Ernährungsstörungen 114. — , Darmstörungen 114. — ,
358
Saoh-Register.
Pylorosstenose 114. — , VerminderaDg d. Sterblichkeit
115. — , Lymphdrüsensohwellnng b. soloh. 268.
Salicylsäure, quantitative BeBtimmang im Harn 48.
— , Wirkung d. Präparate auf d. Nieren 172.
Salz, Bedeutung f. d. Ernährung 53.
Salzlösung, Wachsthum von Bakterien in solch. 55.
Samariterin (von JET. Krukenberg) 223.
Sammlung von Outachten aus d. psyohiatr. Klinik d.
Charite in Berlin (von M, Koeppen) 224.
Sarkom d. Niere 240.
Sauerstoff, therapeut Anwendung 122.
Sauerstoff-Chioroformoarkose 2.
Schädel, primäre Plastik 207. —, tranmat. Defekte,
Deckung 207. — , Bezieh, zum Oehirn 241.
Schambein, Durohsägung zur Erweiterung d. Beckens
203.
Schanker s. Ulcus.
Scharlachfieber s. Scarlatina.
Schaukelsessel f. kranke Kinder 205.
Scheitellage s. MittelscheiteUage.
Schilddrüse, neue Forschungen über d. VerridituDg
ders. (von C Lmdstädi, 2. Aufl.) 102. — , therapeut.
Anwendung d. Präparate (b. Basedow'scher Krankheit)
175. (gegen Blutungen) 187. — , Blutcirkulation in ders.
243. — , Adenom 246. — , Aplasie 246.
Schlafmittel, Isopral 62. 173. — , Yeronal 173.
Schlangengift, Lecithin in dems. 174.
Schleimhaut s. Oebärmutterschleimhaut.
Schmerz s. Hyperaigesie.
Schmierkur gegen Hydrooephalns 92.
Schrumpfniere, Aetiologie u. Behandlung 193.
Sohussverletzung, d. Unterleibes, Behandlung 3.
— , Sondirung 3. — , d. Kopfes, hyperalget. Zonen 208.
— , d. Thorax 208. — , penetrirende d. Unterleibes 209.
Schwangerschaft, Myomektomie b. solch. 86. — ,
Symptome vor ders. 87. — , Einfluss d. Ruhe u. Be-
schäftigung auf d. Gewicht d. Frucht 87. — , Anatomie
u. Physiologie 106. 107. — , Betrodeviation d. Uterus
während ders. 200. — , Tetanie während ders. 200. — ,
Strumektomie während ders. 200. — , Urobilinurie201.
— , Accommodation d. Foetus an d. Uterus 201. — ,
Lähmung während ders. 254. — , Synoytium im Ute-
rus 263.
Schwefel in StofFwechselprodukten d. thier. Organis-
mus 48.
Schweissdrüsen, Adenom 246.
Schwestern, Uterusfibroide b. soloh. 85.
Scarlatina, Bedeutung d. Streptokokken b. solch. 69.
— , bösartige Epidemie 70. — , latente 70. — , Infek-
tion 70. — , Serumthei-apie 70.71. 119. — , Nephritis b.
solch. 119. — , Aetiologie 119. — , Uebertragung durch
Müch 120.
Scopolamin zur Unterstützung d. Narkose 3. 63. — ,
therapeut. Verwendung 173.
Scrofulose s. Liehen.
Sehnen, Olutin in solch. 48. -— , Plastik, Heilungsvor-
gänge 249.
Sehorgan, Abklingen d. Erregung nach kurzer Rei-
zung 165.
Seifen, Resorption im Dünndarm, Einfi. d. Senfols 53.
Senföl, Einfluss auf d. Resorption von Fett u. Seifen
im Dünndarme 53.
Serosa s. Haut.
Serum, Beschaffenheit b. Gelbfieber 168. 169. — , dia-
gnost Verwendung 244. — 8. a. Antimorphinserum ;
Blutserum ; Impfstoffe.
Serumtherapie b. Scharlach 70.71.119. — , b. Diph-
therie 118. 119. — , b. Keuchhusten 169. — , b. Base-
dow'scher Krankheit 175.
Sessel s. Schaukelsessel.
Silberdraht, Einführung in Aneurysmen behufs Hei-
lung 189.
Simulation von Geistesstörung 68.
Sinus cavernosus, Thrombophlebitis in Folge von Zabn-
caries 183.
Sklerodermie nach Basedow'scher Kfaokh«it 175.
Sklerose, d. Gehirns (b. hereditärer Syphilis) 23.24.
25. (mit Nierengesch Wülsten) 171. — , multiple d«6
Centralnervensystems, Augensymptome 217. — 8. a.
Arteriosklerose.
Skotom, bewegliches, Physiologie u. Pathologie 100.
Sondirung b. Schussverletzungen 3.
Sonnenschein, Mangel an solch., Benehung zu In-
fluenza 256.
Spasmus laryngis bei Kindern 92. — 8. a. Blepharo-
spasmus; Hemispasmus.
Spatium praevesicale, Absoess in solch. 271.
Speicheldrüse s. Sabmaxillardrnse.
Sphygmograph zur Ueberwachnng d. E^ilses während
d. Narkose 73.
Sphygmomanometer, Verbindung mit dem Tono-
meter 73.
Spinalrefleze s. Reflexe; Rückenmark.
Spinalparalyse, spast b. hereditärer Syphilis 32.
Spondylotomie b. d. Entbindung b. Uteruaraptor 88.
Sporen s. Milzbrandsporen.
Sprachstörung nadi fieberhaften ErknuiknogeD bei
Kindern 90.
Sputum, Influenzabaoillen in solch. 257.
Stadt u. Land, Wechselbeziehungen in gesundheitl. Be-
ziehung (von E. Roth) 111.
Staphylokokken, Immooität gegen eolohe 167. — ,
Agglutination 245.
Statistik d. Erkrankungen d. Nervensystems b. heradü
Syphilis 7.
Stauungshyperämie, therapeut Anwendung 94.
Stauungspapille b. Polyneuritis 252.
Stein s. Blasenstein; Harnleiter; Nierenatein.
Steissgesohwulst b. Kinde als Geburtshindemiss
203. 204. — Bau 247.
Stenokardie, Symptome 181.
Sterblichkeit, d. Säuglinge, VerminderoDg 115.
Stereoskopie s. Atlas.
Stich Verletzung d. Thorax 206. — , penetrirende d.
Unterleibes 209.
Stickstoff, im Harn (Nachweis) 113. (b. Infektions-
krankheiten) 169. — , Stoffwechsel dess. b. Fettancfat
b. Kindern 205.
Stillfähigkeit, d. Mutter 89. 113. — , über d. Eot-
scheidung ders. (von Marim Tkiemieh) 223.
Stoffwechsel, schwefelhaltige Produkte dess. 48. —,
d. Säuglinge 113. 114. — , b. Hyperthermie 170. — ,
b. Fettsucht b. Kindern 205. — , Binfluas geistiger
Thätigkeit 242.
Stottern b. Kindern, Behandlung 223.
Strangulation, retrograde Amnesie nach venachter
178.
Streptokokken, Bedeutung b. Scharlach 69. — , ab
Ursache von Blasenbildung auf d. Haut 80.
Strophanthin, Wirkung auf die Cirkulaitioii in den
Coronararterien d. Herzens 201.
Strumektomie während d. Schwangerschaft 200.
Sturzgeburt mit Zerreiasung d. Nabelschnur 203.
Subclavia s. Arteria.
Submaxillardrüsen, Transplantation 163.
Suprarenin, Wirkung auf d. Gewebe 60. — , blut-
stillende Wirkung 60. — , Wirkung u. Anwendung 250.
S u r r a s. Try panosoma.
Syncytiomamaliffnum in d. Vagina 248.
Synoytium im schwangeren Uterus 263.
Syphilide (von Jessner, 1. Theii) 221.
Syphilis, hereditäre, Erkrankungen d. Nervensyateois
b. solch. (Statistik) 7. (Migräne) 7. (Chorea) 8. (Hyslerie)
8. (Epilepsie) 8. 9. 10. (Eklampsie) U. (Tetanus) U.
(Katalepsie) 12. (progrees. Paralyse) 12. 13. 14. 15.
(Idiotie) 15. 16. (Hydrooephalus) 17. 18. 19. 20. (cere-
brale Kinderlähmung) 20. (Iittle*8ofae Krankheit) 21.
(Gummi) 21. 22. 23. (Endarterütia, Sklerose) 23. 24
25. 26. (Mikrogyrie) 26. (Meningitis, Menineoenoepba-
litis) 20. 27. 90. (Hirnapoplexie) 26. (Encephalitis) 27.
Saoh-Register.
359
00. (Tabes dorsalis) 29. 30. (Friedreich'sohe Ataxie)
31. 32. (des RückenmarkB) 28. 29. 30. (spast Spinal-
paialyse) 32. (PolynevnAia) 33. (Betimtis) 33. (Stö-
nugen d. Aogeftmoakeln) ii. (symmeb*. OangriUi) 35.
(HemmangsbildangeD, Miasbildangen) 35. 30. (Ptoiido-
paialyae) 36. (Myotonie) 37. (in d. 3. Oenoration) 38.
(PopUlenatarre b. solch.) 64. (Modus d. Voierbcing,
Uebertraffung) 81. 117. (später Ausbrach) 82. — , des
Oehims b. Eindani 22. — , Pemphigus b. soloh. 80.
— , Immanität 81. — , üebertragongs weise 82. — , An-
ämie b. solch. 82. — , Ikterus b. soloh. 82. — , d. Lunge
82. — , Prognose 82. — , Hygieine u. Diätetik d. Be-
handlung 83. — , fötale, Behandlung 83. — , Pseudo-
paralyse b. einem Neugeborenen 91. — , d. Niere 127.
132. — , Bezieh, zu Arteriosklerose 182.
Tabes dorsalis (b. hereditär syphilit Kindern) 29.
30. (Erkrankung d. AorU) 185.
Talg 8. Hauttalg.
Tastsinn, akute reine Lähmung 177.
Technik, mikroskopische 101 .
Temperatur s. Hauttemperatur; Körpertemperatur.
T e B t i k e 1 im Leistenkanal, Operation 27 1 .
Tetanie b. hereditärer Syphilis 11. — , in d. Schwanger-
schaft 200.
Tetanus nach Gelatineii\jektion 76. 76.
Tetanustozin, Wirkung auf d. Hämoglobin 168. — ,
Wirkung auf yersohied. Gewebe 245.
Thalamus opticus, Funktion 241.
Thee ans Birkenblättern, Wirkung auf Nierensteine 173.
Theocin als Diureticum 173.
Therapie, orthopädische 109. — 8. a. Handbuch.
Thiere, wirbelloae, Entzündung b. solch. 169.
Thorax, Stioh- u. Schuasverletzung 208. — , doppelte
Perforation von einer Seite zur andern 209.
Thränendrüse, Innerration 51.
Thrombophlebitis d. Sinus caYcmosus in Folge von
Zahncaries 183.
Thrombose, Entstehung 172. — , autochthone d. Him-
sinns 183. 184. — , d. Vena mesenterica, Ileus 184. — ,
b. Typhus 184. — , d. Nierenyeneo 214.
Tic an d. Augen 176. — , an d. Lippen 176.
Tod, Veränderungen d. Pupille nach solch. 51. — , durch
Verbrennung 170.
Töne, Reaktion d. Fische auf solche 165.
Tollwuth, Mikroorganismen ders. 56. — , Wirkung d.
Oiftes auf d. Temperatur 57.
Tonograph toq Gummi 244
Tonometer, Verbindung mit d. Sphygmomanometer 73.
Tonsillen als Eingangspforte d. Tuberkuloseinfektion
117.
Toxine, physikal. Chemie 49. — , akut wirkendes 56.
— , d. Diphtheriebacillua, Wirkung auf d. Blut u. d.
Hämoglobin 167. 168. — , d. Tetanns, Wirkung auf d.
Hämoglobin 168.
Traoheotomie b. Diphtherie 118.
Transplantation Yon Blutoefässen 77. 94. — , der
Submaxillardrdse 163. — , d. Niere 226.
Transsudate, quantitative Eiweissbestimmung in solch.
49. — , peritonäale, Entstehung 57.
Tripper s. Ophthalmoblennorrhoe.
Trochlearis s. Nervus.
Trommelhöhle, Verlauf d. Carotis am Boden ders. 76.
Trommelschlägelfinger bei Erkrankung d. Her-
zens 185.
Tropfnarkose 2. 63.
Trophoneurose eines Beines 91.
Trypanosoma and trypaoosomiaais (by Mtugrwe and
Ölegg)221.
Tuba Fallopiae, Fibromyom 84. — 8. a. Hämatosalpinx.
Tuberkulose, d.Intima d. Aorta 78. — , Uebertragung
vom Rinde auf d. Mensehen 116. 117. — , b. Kindern
117. — , Eingangspforten 117. — , d. Niere 127. 132.
135. 136. 137. 138. 140. 155. — S. a. Lungentuber-
kulose.
Tussis convulsiva s. Keuchhusten.
Typhus abdominalis (b. Kindern) 120. (Embolie d. Art.
fossae Sylvii nach solch.) 183. (Thrombose b. solch.) 184.
Ulcus molle, Anwendung d. Xeroforms 62.
Unterbindung s. Ligatur.
Unterleib, Verletzungen (Schussverletzung) 3. 209.
(Stichverletzung) 209. — , Bezieh, d. Druckes in solch,
zur Respiration 53. — , Uterusfistel an solch. 84. — ,
Diastase d. Mm. reoti b. Kindern 92. — , Fettgewebe-
nekrose 211.
Unterricht, d. physiologische (von J. RoaefUhal) 102.
Untersohenkelreflex 0pp&nh6im*8, klin. Bedeu-
tung 67.
Ureter s. Harnleiter.
Urobilinurie in d. Schwangerschaft 201.
Uroferrinsäure 48.
Urologie s. Lehrbuch.
Wademecumd. Geburtshülfe (von M. Lange, 3. Aufl.)
107.
Vagina, Operationen von solch, aus 84. — , Abreissuog
87. — , Vorfall 87. —, Syncytioma malignum 248.
V al V u 1 a semilunaris, relative temporäre Insuffloienz 182.
Valyl, Wirkung u. Anwendung 173.
Vaporisation d. Uterus 1^.
Varicesand. Beinen, Entstehung 183.
Vena, cava, inferior (Varietäten) 77. (Verschluss) 184.
superior, Obliteration 78. Durchbruch eines Aorten-
aneurysma in dies. 189. Verletzung b. Nephrektomie
240. — , femaralü (Unterbindung, Folgen) 96. (Naht)
185. — , jugularia, Unterbindung 1&. — , magna
Oaleni, Thrombose 183. — , mesenterica^ Thrombose,
Ileus b. soloh. 184. — , portae, Erkrankungen 78. — ,
saphena, Unterbindung, Regeneration 206. — , umbt-
liealis, doppelte Zerreissuog b. normaler Entbindung
184.
Venen, Transplantation 94. — , d. Niere (Topographie)
141. (Thrombose) 214. — , Erkrankung d. Wandungen
182. — S. a. Phlebarteriektasie ; Phlebitis ; Thrombo-
phlebitis.
Verbrennung, Tod durch solche 170.
Verdauungsorgane, Arteriosklerose 181.
Vererbung d. Präcipitinreaktion 55.
Vergiftung s. Bleivergiftung; Fleischvergiftung; Flie-
genschwamm ; Muscarin ; Phosphor Vergiftung.
Verkalkung d. Media d. Arterien 77.
Verknöcherung am Auge 101. — , d. Knorpel bei
Rhachitis 205. — , unvollkommene 248.
Verletzung s. Aortenklappen ; Arterien ; Blutgefässe ;
Cornea; Herzklappen; Herzkrankheiten; Kopfver-
letzung; Niere; Schussverletzung.
Veronal, als Schlafmittel 173. — , Ausscheidung durch
d. Harn 173.
V i t i 1 i g 0 nach einer lichenoiden Affektion 261.
achsthum, d. Kindes 116.
Wärme, Wirkung auf d. Blutcirkulation 76.
Wanderniere, Behandlung, Operation 134. 135. 138.
— , Bezieh, zu Genitalerkrankungen 195.
Wanderzellen, Fettgranula in solch. 59.
Wanffe, Lymphangiektasie an solch. 260.
Wochenbett, sekundäre Dammnaht in solch. 39.
Wolfe, wuthkranke, Behandl. d. Bisses 252.
Wundbehandlung im Kriege 3. — , nach biolog.
E^ncip 93. —, durdi Isolation u. Eintrocknung 93.
Wunde s. Stichverletzimg; Schussverletzung; Ver-
letzung.
Wundheilunf^, Einfluss d. Hochgebirges 93.
Wuthgift, Wirkung auf d. Temperatur 56. 57.
Wuthkrankheit, Mikroorganismen ders. 56. — S. a.
Wölfe.
SLerof orm gegen Ulcus moUe 62.
X-Strahlen s. Röntgenstrahlen.
X-Zellen d. ipitzen Condyloms 57,
360
Na men-Register.
Sahncaries als Ursache yod Thrombophlebitis des
Sin OS oavernosiis 183.
Zahnheilkaode s. Lehrbuch.
Zellen, Oranola, Verhalten b. Marasmus u. Hunger 172.
— , Eindringen von Alkaloiden in lebende 173. — ,
elektr. Richtung 242. — S. a. Eiterzellen ; Endothel-
Zellen ; Luteinzellen ; Wanderzellen ; X-ZeÜen.
Ziehkinderwesen 115.
Zoster s. Herpes.
Zucker, Wirkung d. Bakterien auf verschied. Arten ^.
— , Assimilation b. Kindern 115.
Zungenwurzel, Oesohwülste 247.
Z u r e 0 h n u n g s f ä h i g k e i t , Criminalanthropologie (von
H. SureOa) 104.
Zwangserscheinungen, d. psychischen (von L. Lo«-
tomfild) 105.
Zwerchfell s. Diaphragma.
Zwischenniere b. Haifischen 163.
amen-Register.
Abel, Karl, 84.
Abercrombie, J., 21. 40.
Abnor 40.
Abrajanoff, A., 140. 142.
Abt 116. 123,
Abuladse, D., 89.
Adrian, C, 144. 149.
Agote, Luis, 91.
Albarran, J., 144. 234. 235. 238.
Albers-Sohonberg 3.
Aibrecht, H., 256.
Alessandri, R., 225.
Alfaro 40.
Alison, H., 8. 40.
Allbutt, T. Clifford, 72. 73. 179.
Alter, W., 173.
Althaus 9. 21. 40.
Alzheimer 12. 13. 40.
Ambline 40.
Amiois, Tommasi de, 21. 40.
V. Ammon 217.
Anders 256.
Andre 188. 191.
Ankle 40.
Anton 105*.
d'Antona, A., 234.
Antonelli 40.
Apelt 179. 180.
Armann 121. 125.
Arnheim, G., 73. 77. 169.
Arnold, J., 59.
Amsperger, Hans, 187. 188.
Aronheim 120. 124.
Aronstamm 113. 122.
Arrhenius, Svante, 49.
Arulani 180. 185.
Aschaffenburg 121. 125.
Ashbey 21. 40.
Asher, Leon, 52.
d'Astros 17. 18. 20, 36. 40.
Aubertin 119. 120. 124.
Aubiniere 119. 124.
Auclair, J., 166.
Audeout 17. 41.
Audry, Gh., 196.
Austerlitz, Lothar, 50.
Babes, V., 54. 56.
Babinsky 30.
Baoon 41.
Bade 98.
Baer, Arthur, 268.
* bedeutet Büoheranzeige.
Y. Bärensprung 17. 41.
Badnsky, A., 21. 36. 41.
Bau, 0., 56.
Baisch, K., 262.
Balacescu 98.
Balance, Charles A., 188. 190.
Ballet 106*.
BaUin 115. 118. 122. 124.
Bandi, J., 169.
Banze 41.
Barazer 46.
Barbe 41.
Bardescu 212.
Barlow, Th., 21. 41.
Baron, C, 268.
Barrat 56.
Bartenstein 121. 124.
Barth 144. 157. 225. 227.
Barthelemy, Fr., 38. 39. 40. 41. 120.
124.
Bartlett 41.
Bary, J. L., 15. 16. 41.
Baudouin 41.
Bauer 140.
Baum, a, 122. 125.
Baumgarten,, P. v., 103*. 234.
Bayet 31. 41.
Bazy, M. P., 144. 160.
Beaoh 41. 47.
Bechterew, W. von, 25. 41. 105*.
Beohtold, C., 227. 232.
Beck, C, 164.
Beddo 41.
Bednaf 36. 41.
Bohrend 41.
Behring, E. v., 117. 123.
Bein, 0., 73. 76.
Bell 41.
Belli, d M., 53.
Benda 106*.
Bendiz, Ernst, 170.
Benett, W., 179. 183.
Berbez 31. 41.
Berger, E., 64.
Berger, Heinrich, 72. 75.
Bemard, Leon, 43. 193.
Bernhard, 0., 93.
Bernhardt, M., 253.
Bemson 87.
Bertelsmann 3.
Bertin 7.
Bettmann 80.
Beattner, Oscar, 84.
Bezy 41.
Biedert- Vogel 17.
Biel, H., 114. 122.
Bjeiyakow 41.
Bielschowsky 219.
Bienenfeld, Bianca, 52.
Bienstook 166.
Bierlreund 41.
Binkerd, A. D., 61.
Birnbaum, R., 265.
Binswanger, 0., 10. 16. 41.
Bisohoff 114. 122.
Blair 180. 187.
Blake, J. A., 126.
Blanche de la Roche, A. W., 62.
Blanck 165.
Bland-Sutton, J., 228. 233.
Blauel, a, 95.
Bloch 29. 41. 114. 122.
Block, Felix, 83.
Blocq 41.
Blomquist, A., 83.
Blumer 140.
Boari, A., 227. 231.
Bockenheimer 245.
Boeck41.
Böhier 234.
Böhm 101*.
Boemer, E., 99.
Boettiger, A., 27. 41.
Bogdan 203.
Bokay, Johan v., 92. 122. 125.
Bondi, J., 73. 76.
Bongert, J., 245.
Bonnet, L. IL, 73. 77.
Bork, L., 234. 23a
Bomikoel 175.
Borowski 227. 232.
Borst, M., 249.
Borszeky, E., 208.
Bosanquet, W. C, 180. 184. '
Bouchaud 235.
Bouchut 41.
Bouma, Jac., 63.
Bouroart 119. 124.
Bourges 41.
Bourneville 41.
Boyd, 0., 234.
Brasch 41. 106*.
Bratz 10. 41.
Braun, H., 250.
Braun, L., 73. 76.
Bresler, Joh., 6. 41.
Briggs, John Bradford, 72. 73.
Broadbent, W. H., 41. 191.
Brooa, A., 91.
Brodel, M., 225.
/
Namen-Register.
361
Broo1[sban][ 41.
Brown 16.41.
Brown, F. Tilden, 144.
Brown, Th. R., 225.
Browning, William, 181.
Bnice-Porter, E., 179. 182.
Brückner, A., 166.
Brüning 8. 41.
Brugsch, Theodor, 172.
Brahns, C, 35. 41. 260.
Bninn, W. v., 96. 98. 207. 225.
Bruns, L., 105*. 121. 125. 175.
Bnins, Th., 258.
Bachholz 25. 41.
Buchsbanm 41.
Back, M., 100.
Bucura, Constantin J., 73. 77. 88. 89.
Buday 73. 78.
Bürger, Oskar, 197.
Bdkley 41.
BuU, Ch. St, 217.
Ballen, J., 24. 41.
Bomm, Ernst, 107*.
Bunge 207. 211.
Barckhardt, L., 234. 239.
Barghart 142.
Barkard, 0., 271.
Barr 41.
Boss 24. 41.
Baase, 0., 112*. 234.
Butler, Genthwoorth R., 180.
Baxbaam 122. 125.
Cahen, F., 227. 232.
Camerer sen. 113. 122.
Cameron, 8., 73. 77.
Campani, Arthur, 179. 183.
Campbell 179. 182.
Cantwell, F. V., 126. 139.
Caro, Walter J., 27.
Carpenter 41.
Carr, J. W., 41.
Carreras-Arago 41.
Carrier 41.
Caspar 64.
Casper, L., 126. 144. 148. 149. 150.
157. 213. 221*.
CasseMl.
Oassirer 105*.
Castaigne 171.
CatheUn, F., 140. 142. 144. 146. 147.
Caubet 39.
Caudron 41.
Caatley, E., 73. 77.
Cawardine, Th., 144.
Caziot, P., 41. 69. 70.
Cestan, B., 64.
Charoot 10. 42.
Charrin 36. 42.
Chaomier 42.
Chavialle, £., 92.
Chevassu, M., 234.
CheTrier 234.
Chiari, Hans, 23. 42.
Christofoletti, Robert, 202.
Churchill 120. 124.
fei, J., 270.
Clegg, Moses T., 221*.
aoetta, M., 62.
CloostoD 42.
Cnopf 22. 42.
Cnyrim, V., 104*.
Gobb 42.
Coho, J., 144. 147.
Cohn, Michael, 116. 123.
Med. Jahrbb. Bd. 282. Hft 3.
Cohn, Th., 140. 143. 144. 158.
Gohnheim 115. 123.
Coli y ßoYÜl 42.
Collins, W. J., 227.
Colt, G. H., 187. 189.
Comby, J., 42. 64.
Concetti 116. 123.
Condamin, R., 86.
Cook, Henry Wiremann, 72. 73.
Corben, C, 144.
Cordero 225.
Cosma 250.
Costea, Constantin, 169.
Costilhes 42.
Costin. N., 272.
Couvelaire, A., 88.
Cowen, John M., 179. 181.
Gramer 106*. 113. 122.
Gramer, Hermann, 222*.
Criegern, L. v., 180. 184. 220*.
Crile, George, 72. 73.
Gritchett 42.
Crohn 30.
Croisier 140.
Gronheim, W., 114. 122.
Gropper, J., 144.
Crouzon, 0., 250.
Cruchet, Rene, 268.
Cuno 118. 124.
Gurcio 42.
Curschmann, H., 4.
Gurschmann jun., H., 227. 233.
Gashing, Harvey, 51.
Cuvilher, H., 122. 125.
Cyhlarz, E. v., 180. 185.
Gzempin, A., 86.
Czerny 117. 121. 123. 125.
Damianos, N., 117. 123. 179. 183.
Darkschewitsch 106*.
DarmanescQ, Theodor, 78. *
D'Astros 17. 18. 20. 36. 40.
Davasse 39.
Davidoff 42.
Davidoff, M. von, 101*.
Davidsohn, G., 140. 142.
Davis, T. A., 227.
Dawson 47.
Debuohy, A., 234. 240.
Decastello, A. v., 225.
Declerc 42.
Dees 42.
Delamare, Gabriel, 114. 122. 162.
Delbet, P., 228.
Delille, A., 64.
Delmas 256.
Delore, Xavier, 140. 142.
Demme 22. 35. 42.
Deschamps, M., 144.
Descroizilles 42.
Desolaux 64.
Deutsch, L., 115. 123. 219*.
Devay 42.
Dewis, J. W., 140.
Dickinson, W. Lee, 187. 180.
Dide, Maurice, 68.
Didrichson 42.
Dieulafoy, G., 193.
Disse 117. 123.
Doebert, A., 250.
Dom berger 42.
Dolgow, A. M., 225.
DoU 120. 124.
Dopter 54.
Douglas 45. 47.
Down, Langdon J., 42.
Downie, W., 42.
Dowse 22. 42.
Dräsche 256. 257.
Dreist, Karl, 180. 186.
Dreyfous 42.
Dubreuilh, W., 258.
Duolaux, H., 234.
Dühren, Eugen, 104*. 224*.
V. Düring 81. 117. 123.
Duguet 42.
Durante 42.
Dureoil 39.
Dutü 42.
DydyÄski, L. v., 29. 30. 42.
Ebstein, Wüh., 121. 125.
Edel, Paul, 192. 193.
Edlefeen, G., 228. 284.
Eemann 118. 124.
Ekholm 120. 124.
Elliesen 140. 143.
Elschnig 106*.
Elsenberg 35.
Eisner, H., 17. 18. 42.
Emanuel, Gustav, 241.
Enderlen 212.
Engel, C. S., 118. 123.
van Engelen 234. 240.
Engelberg 17.
Engelmann, F., 144. 160.
Engelmann, R., 42. 247.
Engel-Reimers 42.
Engelstedt 42. \
Engström, 0., 140.
Epstein, Alois, 205.
Erben, Franz, 169.
Erdheim, J., 246.
Eremia, D., 144. 147.
Erlenmeyer 9. 42.
Eschenbach, M., 53.
Escher, C, 205.
Esoherich, Theodor, 69. 70. 119. 124.
Esohle 173.
Etienne 39. 42.
Ettinghaus, J., 202.
Exner, A., 73. 77.
Exner, S., 133.
Wahr 228. 232.
Falck 2.
Fano, G., 42. 165.
Faure, J. L., 199.
Fedoroff, S. v., 144.
Feistmantei, G., 219*.
Fellenber^, R., 200.
Ferrannini, Andrea, 179. 182.
Fichera, G., 52.
Finger, E., 38. 196.
Finkeinburg, Rud., 64.
Finkelstein, H., 115. 122.
Fiori 144. 225. 227.
Fischer, Emil, 173.
Fischer, G., 72. 74.
Fischl, Rudolf, 11. 42. 223*.
Fitechen, Eleonore, 114. 122.
Flatau, E., 3. 105*. 106*.
Fletcher-Beach 17. 42.
Foä, Mauricio. 42. 188. 189.
Focke, C, 250.
Foerster 26. 42.
Förster, Otfried, 105*.
Forel, August, 104*.
Fossard 228.
Fournier, A., 20. 21, 25. 38, 40. 42.
46
362
Namen-Register.
Foarnier, E., 20. 38.
Fränkel, E., 120. 124.
FraDk, Fritz, 108*.
Frank, Otto, 244.
Frank, P., 8.
Frank, B., 212.
Franke, F., 42. 209.
y. Frankl-Hoohwart 42.
Frederic, J., 269.
Freud, 0., 42.
Frend, Sigm., 104*.
Fröndenberg, A., 144. 147.
Freund 65. 114. 122.
Freyer, 0., 29. 42. 234.
Friedjung, Josef K., 92. 115. 123. '
Friedländer, A., 65.]
Friedländer, W., 82.
Friedmann, M., 32. 42. 105*.
Frisch, A. V., 126. 133.
Fröhlich, Th., 121. 125.
Frnginele 43.
Fruhinshols 43.
Fuchs 2.
Fuchs, A., 73. 76.
Fuchs, Th., 43.
Fuhrmann, B., 180. 186.
Füller 180. 187.
Funke 84.
Ctoertner, Oustav, 72. 73.
Galasescu, F., 79.
Oaiezowski 35. 38. 43.
Oaihausen 234.
Oanghofner 43. 117. 123.
Gangitano 36. 43.
Gardiner, W. A., 228.
Garrd 144. 147.
Gasne 28. 43.
Gaspero, H. di, 252.
Gasten 39.
Gaucher 43.
Gaus 113. 122.
Gebele, H., 209.
Gee43.
Geigel 11. 43.
Gelpke 218.
Georgescu, Stefan L, 252.
Gerard, Georges, 188. 189. 272.
Ghiladuooi, F., 43.
Ghon, A., 256.
Giani, R., 225.
Giannulli 43.
Gilbert, A., 201.
Gildemeister, M., 242.
Gilles de laTourette 21. 28. 38. 42. 43.
GiUot, V., 188. 189.
Girod, Ad., 170.
Glasgow 43.
Gmeiner 53.
Gocht, Hermann, 110*.
GöbeU, B., 144. 158.
Gönner, A., 106*. 107*.
Goldberg, B., 222*.
Goldflam 30. 43. 144. 161.
Goldreioh, Ludwig, 90.
Goldscheider, A., 106*.
Goldstein 228. 230.
Gombault 29. 43.
Gonser, Budolf, 204.
Gontsoharukow, N., 175.
Gossner 225.
Gottlieb, Arnold, 187. 189.
Gottlieb, B., 251.
Gottsohalk, Sigmund, 263..
Gould, A. H., 140,
Gowers, W. B., 10. 43. 65.
Gowring, B. W., 64.
Gradenwitz, B., 84.
V. Gräfe 35. 43.
Grauert, H., 228. 232.
Grawitz 91.
Greenfield 115. 123.
Greiffenbagen, W., 126.
Griesinger 16.
Grigorescu, Maria C, 79.
Gröndahl, N. B., 195.
Grobe, B., 126. 138. 234. 236.
Gross, A., 72. 74. 170.
Gross, Fr., 188. 191.
Grünbaum 121. 125.
Grünenwald, Th., 58.
Grunert 188. 190.
Gudden, J., 43.
Günther 69. 70.
Guibal, F., 228. 232.
Guillain, Georges, 66.
Guislain 16.
Guiteras, R, 144.
Gumpertz 43.
Gutmann, Bernhard, 173.
Gutsohy, L., 172.
rel7.
Haase, C. F., 43.
Habs 94. •
Hadden, W. B., 43.
Hagenbach-Burokhardt, E., 80. 121.
125. 223*.
Hahl, G., 266.
Hahn, F., 209.
Halban, Joseph y., 7. 30. 43. 162.
Halberstaedter, L., 96.
Hallaner, Benno, 194.
Hampeln, F., 72. 73.
Halpem, M., 188. 191.
Hansen^ E., 73. 76.
Haussen, Klaus, 195.
Hantke, B., 198.
yan Harlinjen 43.
Harmsen, £., 63.
Harris, M. L., 144.
Harrison, R, 126. 213.
Hart, C, 59.
Hartmami, Henry, 126. 133. 144.
234. 239.
Hartog, C, 63.
Hasenknopf 69. 119. 124.
Hasslauer 109*.
Hauner 43.
Hauser 192.
Heath, Christopher, 187. 189.
Hecht, A., 60. 90. 115. 122. 123. 125.
180. 186.
Heckel, 0., 266.
Hecker 43.
Hegar, Karl, 88.
Heiden hain 1.
Heim, Emil, 120. 121. 124.
Heine 218.
Heinemann, M., 90. 121. 125.
Helferich, H., 1.
Heller, J., 43. 106*.
Heliesen, E., 205.
Hendriz 43.
Hengge, A., 80.
Henoch 12. 21. 43.
Hensen, H., 72. .
Hensgen 228.
Herescu, F., 144. 147. 149. 214. 215.
225.
Herford 217.
Hering, H. E., 73. 76.
Herz, Hans, 180. 185.
Herzberg, J., 120. 124.
Herzog, M., 234.
Hess, C., 165.
Hess, Ed., 178.
Hesse 116. 123.
Hessing 109*.
Heubner, Otto, 7. 9. 11. 17. 21. 26.
43. 57. 113. 115. 119. 120. 123. 124.
Heuston, F., 225. 234. 240.
Hichens, P. S., 179. 184.
Hildebraudt 3. 29. 43.
Hippel, Eugen y., 82.
Hirsch 43. 72. 75. 179. 180.
Hirschberg, J., 33. 34. 43.
Hirschfeld 179. 181.
Hirschl 43.
Hirt, W., 144.
Hirtz 179. 180.
Bis, W., 43.
Hitschmann, Fr., 263.
Hnatek 179. 181.
Boche, A., 105*.
Hoche, L., 126. 140.
Hochsinger 11. 18. 36. 37. 43. 118.
123.
Hock, A., 144. 147.
Honig, A., 82.
Höpfner, Edm., 94.
y. HössUn 254.
Hof, 117. 123.
Hofbauer, Ludwig, 220*.
Hoffa, A., 97. 117. 123. 221*.
Hoffmaon, J., 7. 32. 43.
Hofmann, C, 63.
Hofmeier, Max, 202.
Hogge, A., 144.
Holst, V. V., 103*. 175.
Holzknecht, Guido, 262.
Homen 10. 15. 24. 34. 43. 44. 106*.
Hommey 42.
flonneth, A., 228. 232.
Honsell, B., 271.
Hopfengfirtner 122. 125.
Horwitz 22.
Hostairich 20. 44.
HoU90.
Howitz 17. 44.
Brach 179. 183.
Huchard, H., 179. 182.
Hudoyernig 31. 44.
Hugelshofer 117. 123.
Huguenin 36. 44.
Hundt 173.
Hutchinson 10. 16. 28. 34. 44.
JTaboulay 180. 186.
Jackson, J. Hughlings, 28. 44.
Jacobaens, H. C., 171.
Jaoobsohn, L., 44. 105*. 106*.
Jacobson 192.
Jacobson, D. E., 26.
Jaoobsthal, H., 94. 95. 188. 190.
Jacoby, Paul, 255.
Jadassohn 44.
Jäger, H., 57.
Jaenicke 173.
Jaffe^ J., 264.
Jagie, N., ^.
Jidcubowitzsoh 44
Jamie80Q44.
Japha, Al&ed, 92.
Jariadiü.
Namen-Register.
363
lotamanoff 39.
Idelsohn, H., 44. 178. 179. 180.
JeUe, Ludwig, 256. 258.
JeUinek, 8., 175.
Jenckel, A., 234. 240.
Jessner 221*.
Jeesop, T. R, 126. 139. «
IgnatowBky, A., 245.
iHiig, L., 93.
nberg 35. 36. 44.
lUyes, G. de, 144. 145. 149. 159.
Imbert, L., 234. 235. 240.
ImmelmanD 3.
Joachim, J., 167.
Joachimsthal 106*.
Joohmann, Geoif, 69. 118. 124. 169.
179. 184,
Jodlbauer, A., 53.
Jolly, F., 8. 15. 44. 106*. 224.
Jonescn, Tema, 126. 133. 214.
Jordan 82.
Jordan, A., 187. 189.
Joseph, E., 146. 159. 234. 240.
Josephson, C. D., 126. 140.
Jourdin, Gh., 72. 74.
Ishihara, M., 244.
Israel, J., 126. 130. 131. 145. 157.
Jürgens 21. 44.
JaUien 7. 39. 44.
Jung, C. G., 68.
Kahler 29. 44.
Kahn, R. H., 44. 243.
Kalischer, 8., 31. 44.
Kampherstein 217.
Kaplan 18. 44.
Kaposi 35.
Käppis, A., 95.
Kapsammer, G., 121. 125. 145. 148.
160.
Karcher 44.
Karo, W., 145.
Karpias, F., 14. 44.
Karth44.
Kassowitz, Max, 119. 124.
Katzenstein 17. 44.
Kaufmann 179. 181. 234.
Kayser, F., 207.
Keen, W. W., 234. 241.
Kdffer 87.
Keller 120. 124. 266.
Kellermann 228. 232.
KeUog 29.
Kempner 65.
Kennedy, D., 145.
Keydel 145.
Kichenski 234.
Killian6.
KinniouttFranois, 217.
Kisskait, K, 54. '
Kittel 122.
Klein, 8t., 246.
Kleine, F. E., 56.
Küen 174.
Klieneberger, Carl, 193.
Kliny, Karl A., 163.
Klopstook 245.
Knapp, Albert, 44. 177.
Knapp, H. G., 179. 184.
Knies, D., 34. 44.
Eober 116. 123.
Kobrak, Erwin, 93. 120. 124.
Kocher 1.
Köhler, Alban, 44. 179. 182.
König 121. 125.
Eoenig, W., 20. 44.
Koeppe, H., 133. 145. 156.
Koeppen, M., 44. 224"^.
Körte, W., 210.
Röster, H., 193.
Kövesi, G., 145. 159.
Eohts 12. 22. 23. 24. 44.
Kolisoher, G., 145. 148.
EoUe, W., 56.
Eollmann, A., 145.
Eompe, Karl, 72. 179.
Eophk 117. 120. 123. 124.
KorÄoyi, A. v., 145. 149.
Eorff, B., 3. 63.
Komilow, A. v., 64«
Eowalewsky 9. 44.
Eraske, P., 145.
Eraos, F., 122. 125.
Eraos, R., 133. 167.
Erause, Paal, 251.
Eraoss, R., 56.
Erauss, William G., 187. 189.
Erebs, W., 122. 125.
Ereps, M., 145. 148.
Ereatz, A., 188. 190.
Erieger, H., 175.
Erisowski, M., 35. 44.
Eroenlein, U., 234. 237.
Eronfeld, Robert, 121. 125.
Eropäö 270.
Erug 72. 76.
Erukenberg, H., 222*.
Encharzewski, H., 168.
Eümmel, H., 2. 145. 151. 152. 153.
Eüster, E., 126. 127. 133. 134.
Eüttner, H., 1. 58.
Eah, 8., 44.
Euhn, Ph., 71. 121. 125.
Eohnemann, W., 176.
Eurella, H., 104*.
Eutner 44.
Eworostansky, P., 263.
Eyes, Preston, 174.
I^aache, 8., 145.
Labbell9.124.
Labbee, M., 44.
Ladinski, L. J., 126.
Läwen 97.
Lagagere 43.
Laianne 44.
Lancereaux, E., 29. 44.
Landolt, H., 51.
Landsteiner, E., 55.
Lang 31.
Lange, Cornelia de, 205.
Lange, Emil v., 116. 123.
Lange, J., 44.
Lange, M., 107*.
Langelon-Down 17.
Langemak, 0., 225. 226.
Lannelongue 39.
Lannois 68. 252.
Lashkevitch 44.
Lauenstein 2.
Laurent, J., 269.
Laurent, 0., 188. 191.
Lawford 35. 44.
Lawrie,'MaophersoD, 85.
Lebar, L, 195.
Le Boutillier, Theodore, 187. 189.
Lec^ne, P., 234. 239.
Le Conte, R G., 234. 240.
Ledderhose, G., 206.
Lederer, Camillo, 69. 70.
Lederer, 0., 265.
Ledermann, R, 101*.
Lee, D., 228. 232.
Leguen 225.
Lejars, Felix, 234.
Leiner 118. 124.
Leitner 272.
Leloir 45.
Lemonnier 40.
Leonte 234. 240.
Lepidi 45.
Lepilear 45.
L6pine, Jean, 45. 175.
Lequeux 126.
Lerebonllet, P., 201.
Lesser, A., 112*.
Leubusoher 45.
Levy-Dom, M., 15. 45. 221*.
Lewandowsky, F., 55.
Lewis, B., 145.
Lewis, D., 234.
Lichtenstein, £., 187. 188.
Lichtenstern, R., 145. 147.
Liohtwitz, L., 53.
Liebmann, A., 223*.
Liepelt, E., 173.
Lilienfeld, 8., 94.
LiUie, Ralph 8., 242.
Lindenthal, 0., 263.
Lindner, H., 228. 232. 240.
Lindstädt, C, 102*.
Linser, P., 45. 117. 123. 170. 258.
Lipstein, A., 167.
Lissaaer, W., 113. 122.
Liston 45.
Lobstein, E., 126. 138.
Loeb, Oswald, 251.
Loebel, Arthur, 72. 75.
Loebl, Heinrich, 251.
Loeper, M., 250.
Loewenfeld, L., 105*.
Loewenstein, E., 167.
Löwy, Earl, 174.
Loewy, Robert, 64.
Lommel, Felix, 170.
Longo 118. 124.
Loos, A., 246.
Lord, F. T., 57. 256. 257.
Lotheissen, Georg, 270.
Lotze 187. 189.
Lower, W. E., 145. »
Loygue, P.-G., 224*.
Lubarsch, 0., 59. 249.
Luce, Hans, 180. 185.
Lührmann 45.
Lüth 41.
Lüthge, Hugo, 171.
Lugaro 106*.
Luys, G., 144. 145. 146.
Luzenberger 33. 45.
Luzzatto 234.
Lyon, Irving Phillips, 181.
Haas 45.
Maas, Otto, 102*.
Ifaooallum, W. G., 175.
Mo Carthy 47.
Maofadyen, A., 166.
Mo Farland, J., 234.
Maokenzie 45.
Mo Weeney 180. 184.
Madelung 180. 186.
Mader 180. 185.
Madsen, Th., 49.
Magnus, R., 251.
364
Namen-Register«
Mai, Ernst, 177.
Mainzer 242.
Malcolm, J. D., 234.
Malinin 45.
Mallet 29. 43.
Mangianti 45.
Manicatide, M.« 169.
Mankiewicz 140. 141.
Mann 225.
Manz, 0., 109*.
Marburg 30.
Marchand, F., 45. 47.'
Marchoax 168.
Mareen 45.
Marfan, A. B., 45. 64. 223*.
MargODiner 72. 75.
Margalies, M. v., 145. 149.
Marie, Pierre, 45. 66.
Markuse, Gotthelf, 72. 74.
Marsh, F., 35. 45.
Marshall, J. N., 180. 186.
Martin, Alfred, 73. 76. 145.
Martin, L., 119. 124.
Martina, A., 271.
Masing, E., 72. 74.
Massa 6.
Massen 42.
Matchett 45.
Mathewson, 6., 23. 45.
Matsuoka, M., 234. 237. 249.
Matzenauer, Rud., 81. 117. 123.
Mauthner, J., 133.
Maate 146.
Mayer, G., 82.
Mayer, M., 167.
Maygrier, Gh., 45. 115. 123. 201.
Mayon, Stephen, 3.
Mayr 45.
Medin 45.
Meige, Henry, 176.
Meissl 115. 123.
Mellin, Georg, 205.
Meltzer, S. J., 225.
Mendel, E., 12. 17. 29. 33. 45. 106*.
Mendelsohn, M., 140.
Mendl, Josef, 62.
Menge, C., 222*.
Mensi 118. 124.
Mensinga 38. 45.
Mering, J. v., 173.
Merkel, H., 55.
MerlettrC., 201.
Mery 120. 124.
Mesnil, R., 89. 113.122.
Messing, G., 169.
Mettler, L. H., 8. 45.
Meurer, R., 267.
Meyer 13. 44.
Meyer, A., 55.
Meyer, Adolf, 181.
Meyer, E., 140. 163.
Meyer, Robert, 248.
Meynet, Paul, 197.
Michaelis 2.
Michel, F., 248.
Michels, E., 179. 181.
Michon, E., 225.
Mikulicz, J. V., 210.
MUier, Th., 45.
Minella 179. 181.
Minor, L., 105*. 106*.
Mirallie, Gh., 64.
Mitteldorpf 179. 184.
Möli 45.
Möller, Magnus, 83.
Mönckeberg, J. G., 73. 77.
Molenes, A. R., 45.
Molon, Carlo, 64.
Moltrecht 118. 124. 169.
Moncorvo 26. 45.
Money, Angel, 45.
Monrad 120. 124.
Moore, Frederick Craven, 164.
Morel, L., 234.
Morgagni 6.
Morgenroth 63.
Morris, H., 126. 130. 234. 241.
Morton 35.
Moser, Paul, 69. 70. 71. 119. 124.
Messe 121^125.^
Mott 45.
Mouohet 126. 225.
Moynihan, B. G. A., 225. 227.
Mühsam, R , 96.
Müller, A., 202.
Müller, Benno, 60.
Mueller, Erich, 114. 122.
MüUer, Ernst, 187. 188.
Müller, Ottfried, 72. 74.
Müllerheim, R., 140.
Musgrave, W. E., 221*.
Mya 121. 125.
Mathan 118. 123.
Naunyn 24.
Nebelthaa 117. 123.
Negrie 45.
Neisser 179. 182,
Nelaton, Gh., 221*.
Neter 121. 124.
Nettleship 35. 45.
Neamann 17. 18. 45.
Neurath, Rudolf, 116. 118. 123. 124.
Neusser, Edm., 179. 181.
Newman, David, 126.
NicoUu 246.
Nioolich, G., 145. 148.
Nobl, G., 45.
Noetzel, W., 54.
Nonne, M., 7. 15. 26. 30. 33. 34. 67.
V. Noorden 122.
Norris, George William, 72. 73.
Nove-Josserand 228.
Oberndorfer, Siegfried, 73. 77. 228.
233.
Oberst 206.
Oberwarth 36. 45.
Odde, C., 45.
d'Oelsnitz 235.
Oertel 2. 3.
Oleff, Paul, 269.
Ombredanne, L., 221*.
Oppenheim, H., 17. 27. 31. 45. 66.
105*. 121. 125.
Orfansky 45.
Ortner, Norbert, 179. 181.
Osler, William, 78. 187. 189.
Otto, R., 56.
Ottolenghi 163.
Owen, E., 140.
Oxon 45.
Pacchioni, Dante, 116. 123. 205.
Pässler 71.
Paflfenholz 113. 115. 122. 123.
Page, Herbert W., 188. 190.
Pagenstecher 97.
Paltchikovsky, J. M., 167.
Papanicol 203.
Papavassilion 119. 124.
Paracelsus 6.
Parrot 36. 46.
Parry, T. Wilson, 180. 187.
Pasteau 225. 235.
Patel, M., 225.
Paterson, P., 225.
Patricot, A., 252.
Pauchet 235.
Pauli 179. 181.
Payr, E., 4. 206.
Peeters 46.
Pehu, Maurice, 197.
Peiser 204.
Pel, K., 180. 185.
Peli, G., 73. 77.
Pellanda 145. 147.
Pellizzari 46.
Pels-Leusden, F., 211. 235. 237.
Penzoldt, Franz, 103*.
Perez 256. 258.
Perlin, Anna, 115. 123.
Perman, E. 8., 235. 240.
Pernet 39.
Perret 113. 114. 122.
Perthes 3.
Peters, A., 100.
Petersen 23.
Petit Paul, 199. 235. 240,
Petren, Karl, 106*.
Petrescu, Gh. Z., 196.
Petroff, N., 228.
Petterssen, A., 56.
Pfahler, G. E., 187. 188.
Pfannenstiel, J., 106*.
Pfaundler, M., 116. 123.
Pfeifer, B., 67.
Pfister, H, 115. 123. 179.
Pfleger 46.
Pic 46.
Piohevin, R., 84.
Pick, A., 106*.
Pick, Friedel, 29. 44. 40. 72. 76.
Pick, L., 246.
E^cque, L., 235. ^
PieHcke, 0., 145. 159.
Piery 46.
Pilcz 46.
Pütz, J., 65.
Pinard 39.
Pinkus, FeHx, 50. 264.
Piper 46.
Pipping, W., 27. 46. 118. 124.
Pisani, N., 260.
Placzek 51.
Plenk 6.
Pogne, M. E., 46.
Pohl, J., 110*.
Politzer 8. 46.
Pell, Heinrich, 163.
Pollak 37. 46.
Penticaccia 46.
Popow, L., 179. 182.
Perges, F., 260.
Perot, A., 68. 252.
Porter, E. Bruce, 179. 182.
Pospischill, Dionys, 119. 124.
Pouey, H., 200.
Pousson 160.
Power, d'Arcy, 187. 189.
Praetorius 121. 125.
Preciado y Nadal 145.
Preindlsberger, J., 140. 143. 233.
Preiswerk, G., 110*.
Pribram, Alfred, 192.
Namen-Kegister.
365
Priflsmann, S., 79.
Proca, G., 78.
Prochownik" 126. 140.
ProokBch, J. K., 6. 46.
Fusey, William Alleo, 261.
Pütter, R, 115. 123.
Quervain, F. de, 1. 228. 231.
1labl46.
Bacaz 119. 124.
V. Rad 30. 46.
Radcliffe 46.
Baecke 65.
Rafin 145. 235. 241.
Baimondi 114. 122.
fiamadier 46.
RankiD, Guthrie, 188. 191.
Rapin, 0., 108*.
Rathery, F., 171.
Raubitschek, H., 163.
Rauscher, Gustav, 199.
Raymond, F., 46. 64. 106*. 178.
Recke, F. M., 250.
Reese, H., 214.
Regis 14. 15. 46.
RegoH 180. 187.
Rehn 4.
Reichardt 46.
Reiher, R, 118. 124.
Reimar 100.
Reinach 114. 121. 122. 125.
Reiner, M., 121. 125.
Reiss, £., 48.
Reiss, Wladislaw, 261.
Reitzenstein, A., 179. 184.
Remak 29. 46.
Renaut 54.
Reuter 37. 46.
Reynolds 46.
Ribbert 59.
Ricard 228. 233.
Richardiere 120. 124.
Richelot, L. G., 85.
Richon 46.
Richter, P. F., 144. 149. 157.
Ricord 12.
Riedel 4. 216. 271.
Riegler, £., 195.
Riese, H., 228. 229.
Riesmann, David, 187. 18ü.
Roberts, J. B., 228.
Rocca 46.
Bochester, de Lancey, 180.
Röchet 126. 145. 147.
Rochon 46.
Reeder 120. 124.
Rohmer, F., 73. 77.
RoUy 71.
Rommel 114.
Rommiceano 46.
Rone 140.
V. Rosen 17. 46.
Roeenstein, Nils Rosen v., 7. 46.
Rosenthal 118. 124.
Rosenthal, J., 102*.
Rosinski 46.
Rossolimo 105*.
V. Rosthom 106*. 107*.
Rostoski, R, 244.
Roth 2. 46.
Roth, E., 111*.
Rothschild, A., 145.
Routier 228. 233.
RouviUe, G. de, 126. 226. 227.
Roux46.
Rovland, S., 166.
Rubino 46.
Rubinstein, S., 55. 114. 122.
Ruhemann 256.
Rullmann 116. 123.
Rumpel, 0., 145. 150. 155.
Rumpf 7. 46.
Rumschewitsch 101.
Ruta 46.
Saalfeld, £., 251.
Saavedra 46.
Sabrazes, J., 64.
Sachs, B., 68.
Sachs, M., 7. 22. 28. 33. 46.
Sack, Arnold, 61.
Sacquepee 256.
Sadikoff, Wl. S., 48.
Saiki 46.
Sailer, Joseph, 187. 188.
Salant, W., 225.
Salge, B., 69. 113. 114. 119. 122.
Salimbeni 168.
Samberger, F., 82.
Sanchez 6.
Sandoz, G., 17. 46.
Sandras 46.
Saporito 46.
Sarbo, A. v., 176.
de Sard 145.
Sattler, M., 180. 186.
Sauvineau 42. 46.
Savage 46.
Savard 46.
Saxer, Fr., 73. 78.
Schatz, Fr., 87.
Schauta, F., 200.
Schede, M., 126. 130. 136. 137. 138.
Scheele, L., 180. 185.
Schenck, F., 244.
Schenk, Ferd., 50.
Schenkel, G., 164.
Scherer 37. 46.
Schick, Bela, 92.
Schilling 115. 123.
Schlagenhaufer, Fr., 256. 257.
Schlesinger 106*.
SchlofPer, H., 228. 233.
Schmauch, Georg, 248.
Schmid, Julius, 170.
Schmidt, G., 228. 231. 233.
Schmidt, Georg, 50.
Schmidt, L. E., 145. 148.
Schmidt, M. B., 179. 184.
Schmieden, V., 126. 136. 226.
Schneidemühl, Georg, 111*.
Schönstadt, A., 235. 240.
Schönwerth, Alfr., 180. 186. 228. 233.
Scholder 121. 125.
Schott 21. 46.
SchoUmüller 168.
Schrader, G., 57.
Schramm, H., 121. 125.
Schreiner, Maximilian, 122. 125.
Schrötter, L. v., 187. 188.
Schubert 46.
Schücking, A., 60.
Schüller, Arthur, 91. 118. 124.
Schütze, A., 55.
Schuhmacher, S. v., 140.
Schultz, Paul, 241.
Schultze, Ernst, 255.
Schultze, Oskar, 162.
Schupfer, F., 25. 46.
Schuster 11. 46.
Schwalbe, G. 241.
Schwartz 235.
Schwarz 46.
Schwarz, 0., 111*.
Seh woner, J., 168.
Scudder, C. L., 140.
Secheyron 46.
Segin, A., 55.
Seibert 46.
Seigneux, R. de, 267.
Seldowitsch, J. B., 212.
Seiter 113. 114. 122.
Senator, H., 145. 148. 194.
Senn 218.
Shaw, Balty, 175.
Sheldon, John G., 188. 189.
Sherrington, C. S., 51.
Shukowsky 36. 47. 80.
Shuttleworth 16. 47.
Sibelius 29. 47.
Siegert, F., 114. 116. 122. 123. 267.
268.
Siemerling 23. 47.
Silex 47.
Simmonds 226. 227.
Simnitzky, S. v., 73. 78.
Simon 27. 118. 124.
Simon, L. G., 167.
Simond 168.
Singer 179. 183.
Sinion 47.
Sippel, Fr., 118. 120. 124.
Skladny, R., 47.
Smimoff 47.
Smith, W. H., 121. 124. 256. 257.
Snell, Simeon, 218.
Sobieranski, W. v., 164.
Soeltner, Franz, 196.
Sörensen 120. 124.
Soetbeer 115. 123.
Sokor, G., 99.
Sollier 47.
SolovtzoflF 17. 47.
Soltmann, 0., 8. 12. 35. 36. 47. 61.
Sommer, August, 188. 189.
Sonnenburg 4.
Sorel 47.
Soubeyran, P., 226. 227.
Souligoux 228.
Speyr, Th..de, 100.
Speyr, W. v., 15. 47.
Spiethoff, B., 72. 74.
Spiller 27. 47.
Spiridonoff-Nedensky 122. 125.
Spitzy 95.
Sprengel 4.
Square 47.
Ssamochotzki, S. 0., 126.
Stadelmann 121. 125.
Stanouleanu 272.
Stanley 118. 123.
Stanton, William, 72. 74.
Stanziale, R., 197.
Stark, W. v., 121. 125.
Steffen 17. 26. 47.
Stein, Mlle., 201.
Steinaoh, E., 243.
Steinhaus, J., 246.
Steinitz 114. 122.
Stelwagon, Henry W., 261.
Stelzner, Helene Friederike, 253.
Stern 228. 233.
Stewart, P., 14. 47.
Stillmark, H., 72. 75.
Stintzing, R., 103*.
366
Namen-Begister.
Stookmann, F., 145. 158.
Stockton, Charles G., 181.
Stöber 47.
Stoeltzner, Wilhelm, 116. 123. 223*.
Stokis, E., 170.
Stolz, M., 12. 47. 84.
Stone 47.
Storch, E., 254.
Stoss 115. 123.
Strassmann, P., 106*. 162.
Stratz, C. H., 106*.
Straub, "W., 173.
Straus 47.
Straus, F., 145. 146. 155. 156. 159.
Strczminski 38.
Stroebe, H., 106*.
Strominger, L., 260.
Strümpell, Ad. v., 29. 47.
Soarez, L., 146. 148.
Suarez de Mendoza 39.
Sudeok 1.
Süsswein 256. 258.
Sar&nyi, N., 145.
Suter, F. A., 173.
Sutherland 17.
SuttOD, J. Bland, 228. 233.
Swanzy 47.
Swoboda 122.
Syers, H. W., 187. 189.
Szekely, August ?on, 56. 69. 70.
Szl&vik 47.
Szontagh 47.
Tangl, F., 103*.
Tanten 140.
Tappeiner, H. v., 53.
Tamowsky 38. 39.
Tarozzi, Giulio, 188. 190.
Taylor, William, 188. 189.
Teissier 179. 182.
Thaussig, R., 72. 75.
Theoharidi, C. N., 215.
Thiele 0. 48.
Thiemich',' Martin, 121. 124. 223.*
Thiersoh 47.
Thiry 47.
Thomson 47.
Thorel 171.
Thumim, L., 141.
Tiokell, H. M., 180. 186.
Tikhoff 235. 238.
Tiüng 235. 240.
Tinker, M. B., 146. 226.
Todd 47.
Tosetti 47.
Toulouse 47.
Toussaint 47.
Traina, B., 172.
Treves, Fr., 188. 190.
Trolldenier 60.
Trepp, E., 52.
Trowbridge, G. R., 228. 233.
Tschudy, £., 141. 142. 228. 233.
Tsohuewsky; J. A., 243. 244.
Tubenthal 228. 233.
Tuffier 146.
Tugendreioh, G., 90. 117. 123.
Turner, Daniel, 7.
IJlesko-Stroganowa, K. P., 85.
Ullmann, E., 226.
Unna, P. G., 57.
Urstein, M., 62.
ühthofiE, W., 47.
UthmöUer 203.
Valentine, F. C, 146.
Vandervelde, Th. H., 21. 47. 203.
Vaquie 47.
VasilieflP 40.
Veau, Victor, 214.
Veress, Ehmer, 165.
Verhoogen 187. 189.
Vignes 47.
Vincent, Swale, 163.
Virchow 17. 47.
VizioU 21. 47.
Voelcker 146. 159. 216.
Voelker, H., 200.
Voemer, Hans, 83. 198.
Vogel, Gustav, 88.
V. Vogl 256.
Voigt, Walther, 256.
Voix, Georges, 90. 114. 122.
Vollbracht 272.
Vulpius, 0., 121. 125.
Vurpas 45. 47.
IVachsmuth 16. 47.
Wagner 47.
Wagner, Paul, 126. 225.
Wahl 47.
Waibel, Karl, 107*.
Waldvogel 146. 228. 230.
Walker, Th. J., 235. 240.
Walko, Karl, 179. 183.
Wallis, Edward, 180. 187.
Wallisch, Maximilian 242.
Warner 47.
Warschauer, E., 126. 141. 146. 148.
159.
Watermann 256. 258.
Watson, F. S., 228. 230.
Webb, J. E., 235. 240.
Weber, F. Parkes, 179. 181.
Weber, L. W., 106*.
Weohselmann, W., 247.
Weil, L., 146.
Weinberger, Maximilian, 180. 185.
Weiss ISB. 191.
Weiss, Siegfried, 119. 124.
Welsch 47.
Wenckebach, K. F., 219*.
Werner 226.
Wessely 99.
West, Samuel, 192.
Westphal, A., 47. 65.
Westphalen, R. v., 180. 184.
White, Charles J., 197.
Widal54.
Widowitz 120. 124.
Wieland 118. 124.
Wiener, E., 245.
Wiener, J., 226.
Wildermuth 16.
Williams, E. H., 47.
Wüms, M., 30. 47. 208.
Wilson 31.
Wilson, Th., 146.
Winokel, F. v., 106*. 107*.
Winkler, Ferdinand, 53.
Winkler, M., 80.
Winter, G. J., 141. 143.
Winter, Georg, 108*.
Wisohmann 246.
Witzel2.
Wohlgemuth, J., 48.
Wolf, H., 228. 233.
Wolff209.
Wood 81.
Wormser, E., 49.
Wossidlo, H., 145.
Wright, A. E., 179. 184.
Würtz 113. 122.
Wyss, M. 0., 115. 123. 126. 135.
Young, H., 141. 143.
Baager, J. H., 146.
Zahn 47.
Zangemeister, W., 115. 123.146.158.
Zappert, J., 12. 34. 36. 47.
Zappulla, A., 226.
Zaufal, E., 180. 186.
Zavaldi 72. 75.
Zeigan, F., 48.
Zennek, J., 165.
Ziegler, Paul, 188. 189. 235.
Ziehen 16. 47.
Zondek, M., 141.
Zschokke, F., 245.
Zuckerkandl, E., 133.
Zuckerkandl, 0., 126. 133. 216.
Für die Bodaktion vorantwortlich : Dr. P. J. MaUvi in Lelpilf . — Vorlag von S. Htnel in Lelptlg«
Druok von Walter Wlgsod in Leipzig,
S06l8t 83 J